Rede von
Dr.
Ernst
Falkner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BP)
Meine Damen und Herren! Der uns vorliegende vom Beamtenrechtsausschuß erarbeitete Entwurf eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bundes stehenden Personen weist vielleicht Schwächen und Mängel auf; aber er bewahrt doch grundsätzlich den Gedanken des Berufsbeamtentums. Ich kann deshalb namens meiner Fraktion erklären, daß wir uns gern für die Annahme der Vorlage aussprechen möchten.
Aber ich muß auf § 3 des Gesetzes hinweisen, der im Ausschuß folgende Fassung erhalten hat:
Die im Dienste des Bundes stehenden Personen müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der im Grundgesetz festgelegten demokratischen Staatsordnung bekennen. Sie haben auch außerhalb des Dienstes Angriffen auf diese Staatsordnung, die in ihrer Anwesenheit erfolgen, entgegenzutreten.
Diese Fassung, die sich von dem Text der Regierungsvorlage sehr wesentlich unterscheidet, ist im Ausschuß auf Antrag der SPD-Fraktion zustande gekommen. Der Gedanke, der dazu Veranlassung gegeben hat, ist zweifellos richtig und zu bejahen. Man hat sich gesagt, daß es in den Jahren von 1918 bis 1933 Beamte und Offiziere gegeben hat, die in einem besonderen Treueverhältnis zum Staat standen und trotzdem offen und heimlich gegen diesen Staat, gegen die Demokratie gewirkt haben. Das sollte ein zweites Mal
nicht geschehen. Diese Überlegung hat, wie gesagt, in einer Beratung des Ausschusses für Beamtenrecht Anlaß für die Fassung dieses § 3 gegeben. Meine Fraktion steht aber auf dem Standpunkt, daß die jetzige Fassung nicht gut ist. Denn es ergibt sich daraus zweifellos für einen Beamten die Pflicht, in dem Augenblick, in dem irgend etwas geschieht oder in dem er irgend el-was hört, was sich gegen das Grundgesetz wendet — sei es in einer Versammlung oder bei einer sonstigen Gelegenheit —, dagegen aufzutreten.
Nehmen Sie das Beispiel einer Versammlung. Es tritt ein Redner auf — es braucht gar keine politische Versammlung zu sein —, er spricht gegen das Grundgesetz; es fällt eine abfällige Äußerung gegen die Verfassung. Nun müßte der kleine Beamte, der als Zuhörer drin sitzt, auftreten und einschreiten.
— Mit dem Hinausgehen ist es nicht getan; dann wäre er ja feige. Ein Beispiel, das noch weitergehender ist: Wenn eine Zeitung mit einem Artikel, der sich gegen das Grundgesetz richtet, erscheint, müßte der Beamte, meinetwegen der Landrat, einschreiten. Wir haben vor kurzem in einer Pressekonferenz darüber gesprochen. Es wurde von journalistischer Seite - meines Erachtens mit Recht — erwähnt, daß der Beamte, der eine solche Zeitung nur liest, schon gegen sie einschreiten müßte. Wir glauben also, daß diese Fassung, deren gute Absicht wir anerkennen, untragbar ist.
Ich möchte deshalb namens meiner Fraktion den Antrag stellen, den ich auch dem Herrn Präsidenten schriftlich eingereicht habe, für den § 3 dieses Gesetzes die Fassung der Regierungsvorlage zu wählen, die einfach lautet:
Die im Dienst des Bundes stehenden Personen müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zur demokratischen Staatsauffassung bekennen.
Wenn jemand glaubt, daß diese Fassung nicht
scharf genug sei, so möchte ich darauf hinweisen,
daß ja schon im nächsten Paragraphen, im § 4,
die Ablegung des Diensteides des Beamten festgelegt ist, wo es heißt: „Ich schwöre, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland zu
wahren." Wenn trotzdem noch Bedenken bestehen sollten und man einen Vergleich oder
Hinweis auf die Situation von 1931, 1932 und 1933
bringen sollte, dann möchte ich sagen: ich glaube
nicht, daß die sogenannte nationalsozialistische
Revolution deshalb erfolgreich war, weil damals
vielleicht einige 5000 Beamte Mitglieder dieser Partei waren, sondern ich glaube viel eher,
man hätte damals in der Demokratie den Mut
haben sollen, denjenigen politischen Organisationen, die sich nicht zur Demokratie bekannten,
auch die Rechte der Demokratie abzuerkennen.
Ich befinde mich dabei in guter Gesellschaft. Ich erinnere an das Buch, das in diesen Tagen aus der Feder des früheren sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Braun erschienen ist, der das, was ich jetzt kurz gesagt habe, bestätigt.
Es geht nicht darum, daß man den Beamten jetzt, wie es hier geschehen soll, zum Büttel des Staates macht. Wenn wir je in eine ähnliche Situation kommen sollten, wie die deutsche Demokratie sich im Jahre 1931 und 1932 befunden hat, dann müßte meiner Ansicht nach der demo-
kratische Staat, der Gesetzgeber, den Mut haben, zu erklären: In der Demokratie kann nur derjenige die Rechte eines Demokraten für sich in Anspruch nehmen, der auch gewillt ist, die Pflichten eines Demokraten zu erfüllen.
Eine nichtdemokratische politische Organisation hat im demokratischen Staat keine Existenzberechtigung. Sie können aber nicht eine Berufsgruppe des Volkes, nämlich den Beamten allein durch ein Gesetz oder durch eine Verordnung binden, daß er nun gegen irgendwelche Vorgänge einschreiten soll, die ihm nicht demokratisch erscheinen; sondern wir müßten den Mut haben, durch Gesetz zu verhindern, daß antidemokratische Organisationen im Staate entstehen.
Aus diesen Erwägungen bitte ich insbesondere die Regierungsparteien, sich dem Antrag der Bayernpartei anzuschließen, der ja nichts anderes besagt, als die von der Bundesregierung vorgelegte Fassung des § 3 dieses Gesetzes anzunehmen.