Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige Bemerkungen zu den SPD-Anträgen, um auf eine Seite der Situation aufmerksam zu machen, die bisher noch nicht dargestellt worden ist. Für mein Verständnis gehen die Anträge der sozialdemokratischen Fraktion auf zwei Ziele hinaus. Einmal sollen in das Beamtenrecht gewisse materielle Regelungen hineingebracht werden, zu denen ich jetzt keine Stellung nehmen möchte, obwohl ich den Ernst der in diesen Anträgen berührten Probleme in keiner Weise verkenne. Ich möchte vielmehr insoweit auch jetzt meine von Anfang an vertretene Linie innehalten und sagen, daß diese Dinge bei dem endgültigen Gesetz auszutragen sein werden. Es geht hinsichtlich der materiellen Dinge nur um das im Augenblick Notwendige, und auch das wird nur vorläufig geregelt.
Nun sehe ich aber in den Anträgen der sozialdemokratischen Fraktion noch ein anderes Ziel enthalten. Mir scheint, daß mit diesen Anträgen die Absicht verfolgt wird, das vorläufige Beamtengesetz in seiner Wirksamkeit hinauszuzögern. Ich habe vor dem gesetzestechnischen Geschick, mit dem dieses Ziel in den 16 Anträgen verfolgt wird, größte Hochachtung.
Aber die sozialdemokratische Fraktion wird es
mir nicht verübeln, wenn ich diese etwas undurchsichtige Zielsetzung in etwa charakterisiere.
Meine Damen und Herren! Wenn wir uns vorstellen würden, daß die Regierungsvorlage oder die Ausschußvorlage mitsamt den 16 Änderungs-
anträgen der sozialdemokratischen Fraktion angenommen würde, so muß ich Sie fragen: was hätten wir dann? Ich muß antworten: wir hätten gar nichts in der Hand, womit wir von seiten der Bundesregierung arbeiten könnten!
Das liegt darin begründet, daß bei Annahme der sozialdemokratischen Anträge zunächst einmal zwei ergänzende Beschlüsse notwendig werden würden. Das ergibt sich aus dem Antrag 1 und aus dem Antrag 2. Im Antrag 1 wird davon gesprochen, daß der Ausschuß des Bundestags für Beamtenrecht Prüfungen vornehmen müßte, um den endgültigen Gesetzestext festzulegen. Im Antrag 2 wird davon gesprochen, daß „ein" Ausschuß des Bundestags diese selbe überprüfende Feststellung bei den in § 2 Absatz 1 c genannten Gesetzesmaterien vornehmen soll. Merkwürdig, daß in diesem Antrag 2 der zuständige Bundestagsausschuß überhaupt nicht genannt wird. Es müßte also der Bundestag nach Inkrafttreten des Gesetzes offenbar erst einen Ausschuß bestimmen, wahrscheinlich den Ausschuß für Beamtenrecht. Er müßte ihn jedenfalls noch besonders bestimmen, um klarzustellen, wer denn diese verbindliche Feststellung sollte treffen können.
Unter diese Feststellungen fallen, wenn nicht das Beamtengesetz selbst, so doch seine Durchführungs- und Ausführungsbestimmungen, die Dienststrafordnung, die Anstellungsgrundsätze und eine ganze Reihe von anderen überaus wich- tigen Stücken, so daß ohne diese beiden ergänzenden Beschlüsse mit dem Gesetz nichts anzufangen wäre.
Die Vorlage will diese Dinge durch die Ermächtigung des § 6 lösen. Ich erkläre hier noch einmal gegenüber allen Einwendungen, die insbesondere von Herrn Dr. Menzel vorgetragen wurden, daß diese Ermächtigung lediglich auf redaktionelle Dinge abzielt. Die materiellen Änderungen sind abgeschlossen mit dem Mantelgesetz, das hier zur Erörterung steht. Im übrigen, Herr Dr. Menzel, sollte es doch wohl einmal interessant sein, einen Blick auf § 84 des Gesetzes Nr. 15 zu werfen. Welche Ermächtigungen sind denn da seinerzeit dem Personalamt für die Aufräumung des alten Rechts gegeben worden?
Endlich stelle ich hierzu fest: dein Beamtenrechtsausschuß des Bundestags wurde die Neufassung des Beamtengesetzes, so wie sie sich nun ergeben soll, bereits am 15. Dezember überreicht. Die Anträge der SPD basieren auf dieser Neufassung. Gleichzeitig wurde die Neufassung der Dienststrafordnung überreicht, und es dreht sich jetzt zusätzlich allenfalls noch um Ausführungs-
und Durchführungsbestimmungen, die ebenso korrekt textiert werden wie die Stücke, die der Beamtenrechtsausschuß schon in Händen hat.
Ein zweites Argument für meine Beurteilung der SPD-Anträge ist folgendes: Das ganze Gesetz würde nicht wirksam, wenn nicht nachträglich ein weiteres Gesetz über das Personalamt hinzukäme. Der Antrag 12 der sozialdemokratischen Fraktion besagt nämlich, daß das von ihr angestrebte Personalamt „nach Maßgabe eines Gesetzes" in Tätigkeit treten soll. Frage: was passiert denn nun, bis dieses Personalamtsgesetz vorliegt? Antwort: große Stücke der Mantelgesetzgebung, um die es hier geht, sind, wenn man den sozialdemokratischen Antrag 12 akzeptiert,
undurchführbar. Zum Beispiel der ganze Trottelparagraph kann nicht angewandt werden, weil in in dem Antrag 5 der sozialdemokratischen Fraktion die Mitwirkung des Personalamts vorgesehen ist. Die Außenseiterbestimmungen nach dem Antrag 7 ,der SPD sind an das Personalamt geknüpft. Die Befreiung von der öffentlichen Ausschreibung verknüpft Antrag 8 mit dem Personalamt. Und nun kommt das vielleicht Wichtigste: die ganzen Stellenbesetzungen, die ja nun die Bundesregierung alsbald wird vornehmen müssen, und auch die Beförderungen, würden nach dem Antrag 12 der sozialdemokratischen Fraktion zu § 42 a Absatz 3 an die Mitwirkung des Personalamts gebunden sein. Also mit anderen Worten: wir kämen überhaupt nicht vom Fleck, solange dieses ergänzende Gesetz nicht da wäre. Ich meine, daß wir dann lieber das endgültige Beamtengesetz anstreben sollten, als nun nach diesem Mantelgesetz noch ein Personalamtsgesetz dazwischenzuschalten und dann erst auf das eigentliche Ziel loszugehen.
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Das Dritte und Letzte ist folgendes. Es wird in dem Antrag 6 der SPD ausgedrückt, daß das Dienststrafrecht durch ein neues Gesetz unverzüglich festzustellen sei. Das würde nichts anderes bedeuten, als daß bis zum Erlaß dieses Dienststrafgesetzes irgendwelche Verfahren gar nicht durchgeführt werden könnten. Wenn wir uns vorstellen, daß etwa am 1. April die Masse der Bundesbahnbeamten, der Postbeamten usw. auf den Bund übergeht, so würden allein in diesem Bereich alle anhängigen Verfahren völlig stillstehen. Bei Bahn und Post handelt s sich jährlich um 40 000 Strafverfügungen, mit denen dann überhaupt nicht vom Fleck zu kommen wäre, wenn wir nach Übernahme dieser großen Dienststellen auf den Bund kein funktionables Dienststrafrecht hätten.
Auch der Trottelparagraph, auf den die Sozialdemokratische Partei — im übrigen in Übereinstimmung mit mir — großen Wert legt, würde ohne das Dienststrafrecht nicht praktikabel werden, weil in Ihrem Antrag 5 gesagt wird, daß die letzte Klage an den Dienststrafgerichtshof zu richten ist.
Kurz und gut, meine Damen und Herren, wenn Sie sich vorstellen, daß wir die Vorlage des Beamtenrechtsausschusses mitsamt den SPD-Anträgen annähmen, hätten wir nichts in der Hand, um praktisch arbeiten zu können, weil zusätzliche Bundestagsausschußbeschlüsse notwendig sind, weil ein Gesetz über das Personalamt und ein Gesetz über das dann geltende Dienststrafrecht notwendig werden.
Ich bitte deshalb die sozialdemokratische Fraktion, von diesen ihren Anträgen überhaupt abzusehen, wenn sie behilflich sein will, daß wir zu einer sofort brauchbaren Arbeitsgrundlage kommen. Die Arbeit an dem endgültigen Beamtengesetz ist in vollem Gange, und diese Dinge können schnell hantiert werden.
Ich muß darauf aufmerksam machen, daß die bisher in die Bonner Ministerien hereingeholten Beamten ja nur kommissarisch tätig sind. Auch sie haben doch wohl ein Anrecht darauf, daß nun alsbald klare Rechtsverhältnisse geschaffen werden. Vor allen Dingen legen die entsendenden Behörden, also die Landesregierungen etwa
von Niedersachsen oder von Bayern oder von Nordrhein-Westfalen entscheidenden Wert darauf, daß sie nun endlich zu hören bekommen, ob die kommissarisch hierher einberufenen Beamten wirklich vom Bund übernommen weiden oder nicht. Die Landesregierungen, die kommunalen Stellen usw. wollen wissen, woran sie sind. Sie können die Ersatzleute nicht bestellen, wenn nicht klar ist, daß die nach Bonn entsandten Bediensteten hier verbleiben und übernommen werden.
Der Herr Abgeordnete Baur von der SPD hat zur Begründung des Antrages 13 darauf hingewiesen, daß die Ungeregeltheit der Rechtsverhältnisse der in den Bundestag gewählten Beamten unerträglich sei. Das akzeptiere ich. Aber noch viel unerträglicher ist jetzt nach fünf Monaten Bundesregierung die ungeklärte Rechtssituation der hier amtierenden Beamten, die aus ganz Deutschland hierher geholt worden sind.
Deshalb bitte ich, den Nachdruck der Rücksichtnahme jetzt einmal voll und ganz auf die Bedürfnisse der Arbeitsfähigkeit der Bundesregierung zu legen und dieses vorläufige Beamtengesetz ohne Zusatzanträge anzunehmen. Mit den Zusatzanträgen ist es für uns restlos wertlos.
Im übrigen darf ich dem Herrn Abgeordneten Nowack bestätigen, daß die Arbeit an dem Artikel 131 in vollem Gange ist. Auch das betrachte ich als wesentlich vordringlicher als alle die Dinge, die nun auf das endgültige Beamtengesetz gut und gern verschoben werden können, wenn der ernste und allseitige Wille besteht, der Bundesregierung eine Grundlage ihrer Arbeitsfähigkeit zu geben.