Gesamtes Protokol
Ich eröffne die Sitzung.
Ich begrüße Sie sehr herzlich zur Fortsetzung unserer
heutigen Beratungen, bei denen es um die weitere Aus-
sprache zur Regierungserklärung der Bundeskanzle-
rin geht. Ich erinnere daran, dass wir am Dienstag für
heute dreieinhalb Stunden vorgesehen haben.
Wir beginnen mit dem Themenbereich Gesundheit.
Als erstem Redner erteile ich das Wort dem Bundesmi-
nister für Gesundheit Dr. Philipp Rösler.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Gesundheit ist für die Menschen in Deutschlandein enorm hohes Gut. Die Koalition aus CDU/CSU undFDP steht dafür, dass jeder, unabhängig von Einkom-men, Alter, sozialer Herkunft und gesundheitlichen Risi-ken, den Zugang zu unserem Gesundheitssystem erhal-ten kann und dass unsere Gesundheitssysteme auchzukünftig finanzierbar bleiben. Das ist das erklärte Zieldieser neuen Regierungskoalition.
In den letzten 20 Jahren gab es alle zwei bis drei JahresDalsgs2iWWwRedeteine Gesundheitsreform. Allzu häufig hatten die Men-schen das Gefühl, dass es zwar teurer, aber nicht immerbesser geworden ist. Wir sind angetreten, genau das zuändern.Die meisten Reformen waren der Versuch, die Lohn-zusatzkosten, die Beitragssätze zu senken oder wenigs-tens stabil zu halten. Aber angesichts der demografi-schen Entwicklung und des medizinisch-technischenFortschrittes mussten diese Versuche immer wieder inKostendämpfungsgesetzen enden.Wer aber wirklich will, dass die künftigen Kostenstei-gerungen im Gesundheitssystem nicht automatischzulasten des Faktors Arbeit gehen, muss zutestgehenden Entkopplung von den Krankerungskosten und den Lohnzusatzkosten kommweil wir den Arbeitgebern einen Gefallen tun
ondern weil wir Arbeitslosigkeit verhindern müssen.
eswegen ist es richtig, den sogenannten Arbeitgeber-nteil festzuschreiben. Das schafft nicht nur neue Mög-ichkeiten im Krankenversicherungssystem,
ondern sorgt insgesamt für Wachstum und Beschäfti-ung.
Die Gesundheitsbranche ist mit über 4 Millionen Be-chäftigten und einem Jahresumsatz von mehr als50 Milliarden Euro heute schon der größte Arbeitgebern Deutschland. Es gibt darüber hinaus erheblicheachstumspotenziale.
er diese Potenziale heben will, der braucht ein wettbe-erbliches System.ext
Es gibt in Deutschland kaum ein System, das regulierterund mit mehr Bürokratie belastet ist als das deutsche Ge-sundheitssystem. Das gilt es in dieser Legislaturperiodezu ändern.
Wir brauchen in der Krankenversicherung ein klaresSystem der Ordnung, das sich aber nicht anmaßt, allesständig lenken zu wollen. Der freie und faire Wettbe-werb ist auch in der Krankenversicherung der bessereWeg,ünast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-t denn wieder jemand die sozialenktür aufgemacht?)einer wei-nversiche-en. Nichtwollen,
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Ich habe angefangen, Medizin zu studieren, weil ichmit Menschen zu tun haben wollte, die sich auch so be-nehmen.
Nach meinem Studium musste ich feststellen, dass Qua-litätssicherungsbögen und Arbeitsdokumentationen of-fensichtlich wichtiger sind als die Qualität und die Ar-beit am und mit den Menschen.
Da habe ich mich entschieden, in die Politik zu gehen,die Bürokratie zu beenden und endlich mehr Zeit fürMenschen zu schaffen.
Wir vertrauen den Menschen, die Leistung in An-spruch nehmen, aber wir vertrauen auch den Menschen,die Leistung erbringen, immerhin mit dem hohen ethi-schen Ziel, Menschen in Not zu helfen.Wettbewerb in der Krankenversicherung, im Bereichder Gesundheit heißt Wahlfreiheit für Patienten undVersicherte, aber auch für Leistungserbringer.
Wer Kosten wirklich dämpfen will, der braucht keineGesetze, Verordnungen und Vorschriften, sondern sollteauf den aufgeklärten und mündigen Patienten und aufden eigenverantwortlich Versicherten setzen.
Frau Bundeskanzlerin Merkel hat am Dienstag in derRegierungserklärung für diese Koalition deutlich auf denZusammenhang zwischen Freiheit und Verantwortunghingewiesen. Verantwortung heißt eben auch, zu erken-nen, dass es einen Unterschied zwischen einem freienund wettbewerblichen Gesundheitssystem als Teil einessozialen Sicherungssystems auf der einen Seite und ei-nem beliebigen wettbewerblichen System auf der ande-ren Seite gibt.
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ir setzen auf die Eigenverantwortung. Wir wissen aber,ass jeder in eine Situation kommen kann, in der er aufie Solidarität der anderen angewiesen ist. Solidaritäteißt: Der Starke hilft dem Schwachen; nicht mehr, aberben auch nicht weniger. In Bezug auf das Krankenver-icherungssystem heißt das eben, dass die starken Ge-unden den schwächeren Kranken helfen müssen. Diesesusgleichssystem gehört in die gesetzliche Krankenver-icherung.
ber den weiteren Ausgleich, den es dort gibt, den Aus-leich zwischen Arm und Reich, halten wir in der Ge-undheitsversicherung für wenig treffsicher und deswe-en für sozial ungerecht.
Ich möchte hier ausdrücklich festhalten: Es wird in je-er Gesellschaft einen Ausgleich zwischen Arm undeich geben müssen, aber eben nicht im Gesundheits-ystem. Dieser Ausgleich ist besser aufgehoben imteuer- und Transfersystem; denn im Gesundheitssystemibt es einen einheitlichen Beitragssatz von 14,9 Pro-ent, und die Solidarität endet bei der Beitragsbemes-ungsgrenze. Im Steuersystem hingegen wird jeder mitll seinen Einkünften nach seiner Leistungsfähigkeit be-teuert,
nd jeder, übrigens auch die privat Versicherten, wird fi-anziell für die Gemeinschaft verpflichtet. Für CDU,SU und FDP enden Solidarität und Gerechtigkeit ebenicht bei einer Beitragsbemessungsgrenze von 3 750 Euro.
Verantwortung heißt aber auch, die Frage zu beant-orten, wie wir das bestehende System in ein neuesberführen können, ohne dabei die Menschen und dieozialen Sicherungs- und Transfersysteme zu überlasten.eder von uns weiß: Das wird nicht von heute auf mor-en geschehen. Aber trotzdem muss man den Mut ha-en, in dieser Legislaturperiode zu beginnen. Angesichtser demografischen Entwicklung stehen wir in der Ver-ntwortung, für mehr als 80 Millionen Menschen ein ro-ustes Krankenversicherungssystem auf den Weg zuringen. Robust heißt, dass die Menschen die Gewissheitaben können, dass das Geld, das sie heute einzahlen,
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Bundesminister Dr. Philipp Röslerauch morgen für Vorsorge und Versorgung zur Verfü-gung steht. Diese Gewissheit ist ein wesentliches Ele-ment einer erfolgreichen Gesundheitsreform.
Ebenso müssen wir unsere Pflegeversicherung refor-mieren. Nicht jeder von uns hat Kinder, aber jeder vonuns hat Eltern. Genauso wie Verantwortung in der Ge-sellschaft heißt, dass Eltern für ihre Kinder Verantwor-tung übernehmen, müssen auch Kinder eines Tages, inAlter und Pflege, für ihre Eltern Verantwortung überneh-men. Darauf müssen wir unser Pflegeversicherungssys-tem ausrichten. Die Einführung der PflegeversicherungMitte der 90er-Jahre hat vielen Menschen geholfen.Aber jetzt ist es dringend an der Zeit, das Umlageverfah-ren Pflegeversicherung um eine kapitalgedeckte Zusatz-versicherung zu ergänzen;
denn Solidarität in der Pflege heißt, dass die Jungen denÄlteren helfen. Aber wir brauchen nicht nur Solidarität,sondern auch Gerechtigkeit. Deswegen ist es richtig, diePflegeversicherung endlich generationengerechter aus-zugestalten als bisher.
Die Reformen der Krankenversicherung und der Pfle-geversicherung werden in dieser Legislaturperiode viel-leicht nicht die einfachsten Aufgaben für diese Koalitionsein. Aber wenn es einfach wäre, dann hätten ja auch Sieregieren können.
Der Wähler hat anders entschieden. Das Ziel ist klar. Pa-cken wir es an.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Elke Ferner für die
SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen!Sehr geehrter Herr Rösler, zunächst einmal möchte ichSie im Namen der SPD-Bundestagsfraktion zu Ihrer Er-nennung beglückwünschen. Ich hätte Ihnen auch gernviel Erfolg für Ihre Arbeit gewünscht, aber Ihre Gesund-heitspolitik ist so grundlegend falsch, dass man das beimbesten Willen nicht machen kann.
Ich muss sagen: Ich war bei Ihrer Rede schon etwaserstaunt, dass Sie als Arzt nicht den Patienten und diePatientin in den Mittelpunkt Ihrer Gesundheitspolitikstellen,smrdrvwDswSSSEkbSsKBabwrdwhqSuIwwstunvElldaljk
ondern eine Kopfpauschale, die zu einer Dreiklassen-edizin führen würde.
Sie haben eine Koalitionsvereinbarung für den Be-eich Gesundheit und Pflege gemacht, die eine Aneinan-erreihung von Formelkompromissen ist. Offenbar wa-en alle, die da zusammengesessen haben, so berauschton ihrem Wahlsieg, dass sie gar nicht gemerkt haben,as sie da aufgeschrieben und unterschrieben haben.ann war der Kater über die künftige Gesundheitspolitiko groß, dass das alles sehr unterschiedlich interpretiertorden ist.Ich möchte eine kleine Auswahl vortragen. Markusöder: „Der Fonds ist Geschichte. Es wird ein neuesystem etabliert.“ Alexander Dobrindt: „Es steht keinystemwechsel an.“ Ronald Pofalla: „Der Fonds bleibt.r ist der richtige Weg.“ Birgit Homburger: „Der Fondsann nicht bleiben. Das ist ganz klar vereinbart. Wirrauchen einen schnellen Systemwechsel.“ Horsteehofer: „Ein Gesundheitssystem, in dem die Lastenolidarisch verteilt sind, gehört zu meinem Marken-ern. Der steht nicht zur Disposition. Punkt.“ Das ist dieandbreite in dieser Koalition. Herr Schäuble sagt dannuch noch: „Im Koalitionsvertrag steht, was wir anstre-en.“ Ich füge hinzu: Aber nicht das, was wir machenerden. – Das ist die Politik, die Sie hier der Bevölke-ung bieten.
Sie wollen vor der NRW-Wahl die Katze nicht ausem Sack lassen. Auch haben Sie keinen Gestaltungs-illen. Denn diese Koalition stützt auch in der Gesund-eitspolitik eine Regierung, die die Probleme konse-uent ausblendet, liegen lässt und sogar noch verschärft.ie machen Politik gegen die Mehrheit der Menschen innserem Land. Das ist das Schlimmste an dem, was inhrem Koalitionsvertrag steht.
Wer den Anspruch erhebt, unser Land regieren zuollen, muss sich den Aufgaben stellen und die Verant-ortung für politische Entscheidungen übernehmen, an-tatt sich hinter Regierungskommissionen und Prüfauf-rägen zu verstecken. Konkret werden Sie dann, wenn esm die Begünstigung Ihrer eigenen Klientel geht. In ei-er Zeit, in der Menschen um ihren Arbeitsplatz bangen,iele bereits arbeitslos oder in Kurzarbeit sind oder aufinkommen verzichten, um Arbeitsplätze zu retten, stel-en Sie Ärzten, Apothekern und Pharmaindustrie zusätz-iche Einkünfte in Aussicht.Die Rechnung für diese Wahlgeschenke geht allein anie gesetzlich Versicherten; denn die Arbeitgeber sollenn den Ausgabensteigerungen künftig nicht mehr betei-igt werden. Sie haben vereinbart – Herr Rösler sagte dasa eben –, den Arbeitgeberbeitrag einzufrieren. Damitündigen Sie das bisher tragende Prinzip der paritäti-
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Elke Fernerschen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversiche-rung auf.
Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Rentner undRentnerinnen müssen dann deutlich tiefer in die Taschegreifen. Aber auch die privat Versicherten kommen nichtungeschoren davon; denn sie müssen bei den ohnehinschon ständig überproportional steigenden Versiche-rungsprämien mehr zahlen, weil auch ihr Arbeitgeberzu-schuss eingefroren wird. Sie wälzen damit alle künftigenKostensteigerungen, ob wegen des demografischenWandels oder wegen des medizinischen Fortschritts, al-leine auf die Versicherten ab. Das bedeutet, dass sich inZukunft kaum einer noch eine vernünftige Krankenver-sicherung wird leisten können.
Sie entlassen die Arbeitgeber auch aus der Kostenver-antwortung. Bisher hat die Arbeitgeberseite über dieVerwaltungsräte in den Krankenkassen immer mit daraufgeachtet, dass die Kosten nicht aus dem Ruder laufen.Das wird künftig anders sein. Das heißt, die Versichertenwerden noch mehr belastet. Das ist alles andere als mehrNetto vom Brutto. Das ist weniger Netto vom Brutto.
Besser, als Norbert Blüm es am 26. Oktober dieses Jah-res gesagt hat: „Die Sozialpartnerschaft wird langsam,aber stetig plattgemacht“, kann auch ich das nicht cha-rakterisieren.Sie gehen noch einen zweiten Weg, nämlich den Weg„Privat vor Staat“. Sie wollen das größte Lebensrisiko,das Risiko, krank oder pflegebedürftig zu werden,Schritt für Schritt privatisieren, koste es den oder dieEinzelne, was es wolle, Hauptsache, die eigene Klientelist gut versorgt. Bei der FDP kennen wir das nicht an-ders, das wundert niemanden, aber CDU und CSU ver-abschieden sich in der Gesundheitspolitik gerade von ih-rem Status als Volkspartei.
Es sollte Ihnen zu denken geben, dass Ihr Koalitions-vertrag nur von der Arbeitgeberseite, der Ärzteschaft,der Apothekerschaft und der Pharmaindustrie gelobtwird, aber nicht von den Krankenkassen, den Gewerk-schaften, den Sozial- und Patientenschutzverbänden undden Verbraucherverbänden. Die lassen an Ihrem Koali-tionsvertrag kein gutes Haar. Sie machen eine Gesund-heitspolitik gegen mehr als 70 Millionen gesetzlich Ver-sicherte in unserem Land. Sie wollen das solidarischsteSozialversicherungssystem, das wir haben, dem Ellenbo-genprinzip preisgeben.
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as untere Drittel unserer Gesellschaft wird zu Bittstel-ern, um die von Ihnen geplante unsoziale Kopfprämieberhaupt bezahlen zu können. Das zweite Drittel – die-enigen, die noch genug Geld haben und noch gesundenug sind, um sich zusätzlich zu versichern – kannann vielleicht gerade noch am medizinischen Fort-chritt teilhaben. Und die privat Versicherten nehmenach wie vor im Erste-Klasse-Wartezimmer mit schnel-er Terminvereinbarung Platz. Sie planen nichts anderesls den Kahlschlag in unserem Gesundheitssystem
um das uns viele im Ausland beneiden –, nur um Ihreeoliberale und marktradikale Ideologie durchzusetzen.
Die FDP ist wenigstens so ehrlich gewesen, dies vorer Wahl klipp und klar zu sagen, die CDU hat, ohne esen Wählern zu sagen, auf ihr Kopfprämienmodell zu-ückgegriffen, und die CSU, deren Vorsitzender Horsteehofer immer gegen die Kopfprämie gewesen ist, istach der Wahl umgefallen wie ein nasser Sandsack.
as alles läuft nach dem Motto: Vor der Wahl links blin-en, nach der Wahl rechts abbiegen. Das haben Sie sichn Nordrhein-Westfalen abgeguckt. Das werden Ihnenie Wählerinnen und Wähler aber nicht durchgehen las-en.
Ihre unsoziale Kopfprämie heißt im Klartext, dass dielleinerziehende Sekretärin in Zukunft genauso viel fürhre Krankenversicherung bezahlt wie der Bankdirektor.er Unterschied zwischen den beiden ist, dass der Bank-irektor weniger bezahlt als vorher, durch den ungerech-en Kinderfreibetrag mehr Familienförderung erhält undurch Ihre unfinanzierbaren Steuersenkungen auch nocheutlich stärker entlastet wird als seine alleinerziehendeekretärin. Mehr Netto vom Brutto für den Bankdirek-or, weniger Netto vom Brutto für die Sekretärin, das isthre Politik.
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Elke FernerSie von der FDP bezeichnen den Gesundheitsfondsals Bürokratiemonster. Erklären Sie uns doch einmal,wie Sie dafür sorgen wollen, dass für mehr als70 Millionen Versicherte Konten bei den Krankenkassenund bei der Sozialausgleichsbehörde, die Sie einrichtenwollen, verwaltet werden und wie die Anträge von20 bis 30 Millionen Versicherten auf Gewährung einesSozialausgleichs bearbeitet und beschieden und die ent-sprechenden Widersprüche bearbeitet werden sollen!Wie wollen Sie das denn machen? Wer den Gesundheits-fonds, wo 21 Leute arbeiten, um 170 Milliarden Euro zuverteilen, ein Bürokratiemonster nennt, der kann das,was Sie hier vorhaben, nur noch als Bürokratiewahnsinnbezeichnen.
Dieses Geld brauchen wir dringend für die medizinischeVersorgung der Patientinnen und Patienten, und nicht,um zusätzliche Bürokratie aufzubauen.Ich sage Ihnen: Ihre unsoziale Kopfprämie ist sofalsch wie ungerecht. Ich sage Ihnen auch: Sie wird– das werden wir am Ende der vier Jahre sehen, HerrRösler – nicht kommen. Dann sehen wir uns hier wieder,und dann werden die Wählerinnen und Wähler entschei-den können, wer die bessere Gesundheitspolitik für siemacht.Wir werden die Kopfprämie verhindern. Wir werdenden Weg in die Dreiklassenmedizin nicht mitgehen. Ichbin mir ganz sicher, dass die Mehrheit der Bevölkerungda an unserer Seite steht.
Was der Sozialtransfer, der nötig wird, wenn Sie aufdie Kopfprämie umstellen, kosten würde, ist diese Wo-che in den Zeitungen eingehend behandelt worden. Siebrauchten für diesen Sozialausgleich zusätzlich 24 bis35 Milliarden Euro. Wo Sie dieses Geld herzaubern wol-len, erst recht, da Sie Steuersenkungen im Umfang von24 Milliarden Euro vornehmen wollen, bleibt Ihr Ge-heimnis. Aber Sie können uns im Laufe dieser Wahlpe-riode darlegen, wie Sie das machen wollen.Ihre Fantasie ist an dieser Stelle noch nicht erschöpft:Sie wollen auch noch die Beitragseinnahmen regiona-lisieren. Das geht, wenn es nach den Vorstellungen derCSU geht, nach dem Motto: Mein Geld gehört mir. –Wie das in Bayern so ist: Wenn ich etwas kriegen kann,dann nehme ich es, und wenn ich etwas geben soll, dannbehalte ich es. – Das ist das, was Sie unter Solidaritätverstehen. Mit gleichen Lebensverhältnissen in Ost undWest, von denen Frau Merkel diese Woche gesprochenhat, hat das nichts zu tun, auch nicht damit, dass die Star-ken für die Schwachen einstehen. Das ist eine Politik,die sich insbesondere gegen die Versicherten in denneuen Ländern, aber auch gegen die Versicherten instrukturschwachen Ländern im Westen richtet. Das wer-den Ihnen die Menschen nicht durchgehen lassen.WdDuBLLeiDvemdrGkdbgfKWdgntvdszeilmKgAd
er dann glaubt, eine solche Politik machen zu müssen,amit sich die Ärzte am Starnberger See auch noch denrittporsche leisten können
nd vielleicht die Versicherten in Bayern etwas wenigereitrag zahlen, der irrt sich; denn wenn in den neuenändern oder in strukturschwachen Regionen der altenänder AOKen in die Knie gehen, muss die AOK Bay-rn mit haften. Das haben Sie bei den Egoismen, die Siemmer bedienen, offenkundig nicht bedacht.
Sie wollen den Risikostrukturausgleich zurückführen.en haben wir erst eingeführt, damit die Kassen, dieiele Kranke und Ältere unter ihren Versicherten haben,inen gerechten Ausgleich für ihre Ausgaben bekom-en. Wenn es nach Ihnen geht, sollen die Kassen, dieie Alten und Kranken versichern, schauen, wie sie zu-echtkommen, während die Kassen, die die Jungen undesunden versichern, in Geld schwimmen. Das ist dochein Wettbewerb, Herr Rösler. Bei Wettbewerb muss esoch um die beste Versorgung gehen und nicht um dieilligsten Versicherten.
Dann wollen Sie auch noch an den Leistungsumfangehen. Was wir davon zu halten haben, werden wir hof-entlich im Laufe dieser Wahlperiode erfahren. In Ihremoalitionsvertrag heißt es:Die Versicherten sollen auf der Basis des bestehen-den Leistungskatalogs so weit wie möglich ihrenKrankenversicherungsschutz selbst gestalten kön-nen.as soll das heißen? Wollen Sie vielleicht auch nochen Leistungskatalog einfrieren? Soll man die Versor-ung mit einem künstlichen Hüftgelenk abwählen kön-en? Was ist damit gemeint? Dazu steht in Ihrem Koali-ionsvertrag überhaupt nichts. Sie wollen die Einführungon Festbeträgen prüfen – das wäre endgültig der Weg inie Dreiklassenmedizin –, und sie wollen die Kostener-tattung einführen.Bei der PKV bedanken Sie sich umgehend für dieahlreichen Wahlkampfspenden, die Sie in diesem Jahrrhalten haben,
ndem Sie ihr die bisher gesetzlich Versicherten schnel-er zuführen: Schon nach einem Jahr soll der Wechselöglich sein. Wer wechselt denn? Es wechseln nicht dieranken, es wechseln die, die jung und gesund sind undut verdienen. Die anderen bleiben allein zurück. Dieusgaben der gesetzlichen Krankenversicherung werdeneshalb nicht geringer. Das ist eine Entsolidarisierung,
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Elke Fernereine Schwächung der Finanzbasis der gesetzlichen Kran-kenversicherung. Das scheint Ihr vorrangiges Ziel zusein.
Bei der Pflege wollen Sie eine private Zwangszusatz-versicherung einführen, um einen Kapitalstock zu bil-den. Ich weiß nicht, was Sie reitet. In der jetzigen Situa-tion, wo jeder Cent zur Stärkung der Binnennachfragegebraucht wird, Geld aus dem Wirtschaftskreislauf zuziehen und in ein privates Versicherungssystem zu lei-ten, in dem die Abschlusskosten hoch sind und Renditefür die Aktionäre erwirtschaftet werden muss, ist, ge-linde gesagt, absurd. Ich sage Ihnen: Auch das wird kei-nen Erfolg haben.Wenn man dem Gedanken, einen Kapitalstock aufzu-bauen, nähertreten wollte, könnte man sagen: Wir ma-chen das im System. – Aber wenn Sie eine Bürgerver-sicherung Pflege und Gesundheit einführen, in derprivate und gesetzliche Krankenversicherung die Risi-ken solidarisch ausgleichen, dann brauchen Sie keinenKapitalstock, dann können Sie alles finanzieren, auchdas, was an demografischer Entwicklung und an medizi-nischem Fortschritt auf uns zukommt und die Kosten na-türlich erhöhen wird.Sie sind ganz klipp und klar ein Sicherheitsrisiko fürunseren Sozialstaat.
– Da Sie hier so aufbegehren, scheine ich genau denPunkt zu treffen.
Sie entsolidarisieren unsere Gesellschaft und bauen inunserem Land neue Mauern auf. Sie bürden die Kosten-steigerungen alleine den Versicherten auf, Sie belastendie Bezieher unterer Einkommen und entlasten die Be-zieher höherer Einkommen, und Sie schwächen auch diewohnortnahen Versorgungsstrukturen. Das Einzige, wasSie machen, ist, Ihre Klientel zu bedienen.
Eigentlich müssten die Patienten und Patientinnen imMittelpunkt Ihrer Politik stehen.
Das ist leider nicht der Fall. Das Schlimmste ist: Siewerden unser Gesundheitssystem ruinieren. Wir werdendas nicht zulassen.Herr Rösler, ich sage Ihnen: Sie sind schon geschei-tert, bevor Sie angefangen haben.
Wir werden uns hier regelmäßig wieder sprechen.
Ich glaube, Sie sollten Ihren Koalitionsvertrag einfach inden Müll werfen. Damit wäre dem deutschen Gesund-hbWKgg–wdnksddwfuthlbpsfsAa
Für die CDU/CSU-Fraktion spricht nun der Kollege
olfgang Zöller.
Grüß Gott, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undollegen! Liebe Kollegin Ferner, Ihre Rede war so ge-lückt wie die Terminierung des SPD-Parteitages. Er be-innt am Freitag, dem 13., und endet am Volkstrauertag.
Auf Ihren Zwischenruf habe ich schon ganz lange ge-artet, Frau Künast. – Ich möchte Ihnen nur eines zu be-enken geben: Menschen, die verunsichert werden, kön-en krank werden. Wer dies bewusst macht, der istrank.
Jetzt komme ich zu dem, was im Koalitionsvertragteht. Bisher war es doch so, dass bei Diskussionen überas Thema Gesundheit ausgerechnet über die Gruppe,ie es am meisten betroffen hat, am wenigsten geredeturde, nämlich über die Patienten. Das wird jetzt er-reulicherweise drastisch geändert. Lesen Sie, was alsnser Ziel im Koalitionsvertrag steht. Ziel ist, die Patien-ensouveränität und die Patientenrechte zu stärken. Da-er haben wir im Koalitionsvertrag ausdrücklich formu-iert:Im Mittelpunkt der medizinischen Versorgung stehtdas Wohl der Patientinnen und Patienten.
Was ist denn der beste Schutz für die Patienten? Dereste Schutz für die Patienten ist nach wie vor ein freies,luralistisch organisiertes und sozial abgesichertes Ge-undheitswesen. Das wichtigste Patientenrecht ist derreie, ungehinderte und zeitnahe Zugang zu medizini-chen Leistungen, unabhängig von Alter, Geschlecht,bstammung und Einkommen.
Wir wollen eben keine Selektion, und wir wollenuch keine Wartelisten.
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Wolfgang ZöllerDie Patienten brauchen Sicherheit, dass sie bei einerschweren Krankheit eine rasche und wirksame Behand-lung erhalten. Die Patienten vertrauen mit Recht auf einegewissenhafte und qualitätsorientierte Ausführung dernotwendigen medizinischen Leistungen. Deshalb mussim Gesundheitswesen in erster Linie die Deckung desmedizinischen Bedarfs berücksichtigt werden.Die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen me-dizinischen Versorgung ist das Leitprinzip des deutschenGesundheitswesens, und die finanziellen Mittel müssensich am Versorgungsbedarf orientieren und nicht umge-kehrt. Deshalb wollen wir keine Budgetierung.Die Beibehaltung von bestehenden Rechten, wiefreier Arztwahl und freier Krankenhauswahl, ist eineelementare Voraussetzung für eine vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung. Der Staat und die Krankenkassendürfen die Patienten bei der Wahl der von ihnen in An-spruch genommenen Behandler nicht bevormunden.Deshalb lehnen wir eine Einschränkung der freien Arzt-wahl und eine Pflicht zur Zuweisung an bestimmteKrankenhäuser ab.
Damit die Patienten diese Wahlrechte ausüben kön-nen, brauchen wir ein flächendeckendes Angebot medi-zinischer Leistungen in Deutschland. Hier sind wir alleaufgefordert. Wir müssen alle Anstrengungen unterneh-men, um die drohende und zum Teil schon eingetreteneUnterversorgung besonders in den ländlichen Gebietenzu verhindern.
Daneben brauchen wir Transparenz über Qualität,Leistung und Preise. Die Patienten sollen auch über Artund Ausmaß der bei ihnen erforderlichen medizinischenMaßnahmen wesentlich mitbestimmen können. Bei die-sem Entscheidungsprozess werden die Patienten durchvielfältige Ansprechpartner im Gesundheitswesen unter-stützt. Wir haben uns vorgenommen, die unabhängigeBeratung von Patientinnen und Patienten auszubauen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Patientenrechtehaben in Deutschland durch Gesetze und Rechtspre-chung einen hohen internationalen Standard. Dennochgilt: Wie bei allen guten Systemen gibt es auch bei denPatientenrechten Verbesserungsmöglichkeiten. Dies be-trifft insbesondere Rechte bei der Transparenz, derMitwirkung an Steuerungsentscheidungen im Gesund-heitswesen und der Auswahl von unterschiedlichen Ver-sicherungen und Versicherungsleistungen.
Wir wollen die Patientenrechte in einem eigenenPatientenschutzgesetz bündeln, das wir in Zusammen-arbeit mit allen Beteiligten am Gesundheitswesen erar-beiten werden. Ich möchte auf einige Punkte hinweisen,die in der Diskussion angesprochen werden müssen.kwmwEaöPdchkleeslmksksgdPvsRhHtbCFdmphintVdhrd
Unser Gesundheitswesen braucht daher sowohl mehrkonomische als auch medizinische Transparenz. Jederatient sollte einen einfachen Zugang zu Informationenarüber erhalten, was seine Behandlung kostet und wel-he Leistungen zum Beispiel der Arzt oder das Kranken-aus mit der Krankenkasse abrechnet.Jeder Patient sollte sich künftig darüber informierenönnen, welche Qualifikation, Erfahrungen und Behand-ungsergebnisse ein von ihm aufgesuchter Leistungs-rbringer aufzuweisen hat. Der jeweilige Leistungs-rbringer, seine Berufsvertretung oder die Krankenkassenollen dann darüber Auskunft erteilen.Jeder Patient hat auch bei anderen Stellen die Mög-ichkeit, sich über Untersuchungs- und Behandlungs-ethoden informieren zu lassen. Dazu sollen Kranken-assen und anerkannte Patientenselbsthilfegruppen odertaatliche Organisationen eine Verpflichtung zur Aus-unft erhalten. Diese Stellen müssen – soweit dies nichtchon heute der Fall ist – vermehrt als Dienstleister ge-enüber den Patienten agieren.Auf der anderen Seite ist der Schutz der Patienten-aten sicherzustellen. Wir brauchen keinen gläsernenatienten. Der Schutz der Patientendaten sollte Vorrangor den Informationsansprüchen mancher Krankenkas-en haben.
Ein weiterer Punkt sind die Mitwirkungsrechte. Imahmen der Selbstverwaltung der Krankenkassen beste-en schon heute Beteiligungsrechte der Versicherten.ierbei muss allerdings sichergestellt werden, dass künf-ig auch einzelne Versicherte oder Versichertenverbändeei der sogenannten Friedenswahl überhaupt einehance haben, in diese Gremien gewählt zu werden.Ebenso müssen die versicherten Patienten bei derestlegung des Leistungskatalogs oder bei der Entschei-ung über die Aufnahme oder Herausnahme bestimmteredizinischer Maßnahmen in die bzw. aus der Leistungs-flicht der Krankenkassen mehr Mitwirkungsrechte er-alten. Hier stellt sich die Frage, ob die Patientenvertreterm Gemeinsamen Bundesausschuss ausreichend Einflussehmen können oder ob man dies verbessern kann.Wir lassen den Versicherten mehr Wahlmöglichkei-en. Die Union hat schon in der letzten Legislaturperiodeerbesserungen erzielt, zum Beispiel die Möglichkeiter Kostenerstattung oder die Möglichkeit von Selbstbe-alten. Wenn man aber den Versicherten zubilligt, aus-eichende sozialpolitische Kompetenz zu haben, und sieurch eine verbesserte Information und Transparenz
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Wolfgang Zöllerdazu in die Lage versetzt, dann sollte man den Versicher-ten auch vermehrt Verantwortung übertragen und für siemehr Wahlmöglichkeiten erwirken. Hier müssen dieKrankenkassen mehr unterschiedliche Versorgungsange-bote machen.
Lassen Sie mich einen Bereich ansprechen, der unbe-dingt einer Verbesserung bedarf: die Organspende. BeiOrganspende und Organtransplantation haben wir wirk-lich dringenden Handlungsbedarf.
Wenn man sieht, dass wir es nach dem letzten Gesetz,das schon 1997 beschlossen wurde, nicht geschafft ha-ben, mehr freiwillige Spenden zu akquirieren, dann mussman sagen, dass es notwendig ist, dass wir eine kritischeBestandsaufnahme machen. Als erste Maßnahme wärewichtig, dass man die organisatorischen und strukturel-len Rahmenbedingungen im Krankenhaus so gestaltet,dass man unserem Ziel näherkommen kann.
Wir werden zudem mit einer umfassenden Kampagne inder Bevölkerung weiterhin dafür werben, durch Organ-spende Leben zu retten.
Lassen Sie mich noch einen anderen Punkt anspre-chen, der uns sehr am Herzen liegt. Es ist uns ein großesAnliegen, die Diagnose- und Therapiefreiheit wieder-herzustellen. Listenmedizin und enge Behandlungsricht-linien werden dem nicht gerecht. So ist zum Beispiel derArzneimittelbereich völlig überreguliert. Es muss dieFrage beantwortet werden: Wird mit den Rabattverträgendas politisch gewollte Ziel erreicht, bei patentgeschütztenArzneimitteln oder anderen Nichtfestbetragsarzneimit-teln Wirtschaftlichkeitsreserven zu erschließen? Stehendie erreichten Einsparungen im richtigen Verhältnis zuden Problemen, die mit der Umstellung auf Rabattver-träge bei Patienten und in den Apotheken entstandensind? Ich bin fest davon überzeugt – das ist nun einmalleider eine Tatsache –: Die Verunsicherung der Patientendarüber, in den Apotheken regelmäßig ein anderes Arz-neimittel bekommen zu müssen, ist mit ausschlaggebendfür die große Verunsicherung. Wenn wir ganz ehrlichsind: Letztendlich bestimmt zurzeit die Krankenkasseper Rabattvertrag, welches Arzneimittel der Versicherteerhält. Dies ist mit unseren Vorstellungen von Thera-piefreiheit nicht vereinbar.
Liebe Kollegin Ferner, Sie werden vielleicht anhandmeiner Ausführungen bemerken, dass wir nicht nur überPatienten reden, sondern dass wir auch schon im Koali-tionsvertrag richtungsweisende Punkte für die Patientenfestgelegt haben. Wir sollten in diesem Haus gemeinsamversuchen, unser Gesundheitswesen ideologiefrei zu ge-sPFdwfgdndclvgTcw1gSNSmsdhhssdsKuwuSdVbd
Die Gesundheit aller ist der Linken zu wichtig, alsass wir auch nur einen Schritt in diese Richtung mitge-en. Wir werden dafür streiten, das Schlimmste zu ver-indern. Wir werden Ihrer Marktradikalisierung unsereolidarische Ausgestaltung als Alternative gegenüber-tellen.
Ihre Lösung ist die Aufkündigung der Solidarität. Mitem Einfrieren der Beiträge für die Arbeitgeber entlas-en Sie diese vollends aus der Solidarität. Durch dieopfpauschale in der gesetzlichen Krankenversicherungnd durch den Kapitalstock in der Pflegeversicherungird die Zeche allein den Versicherten und Patientinnennd Patienten aufgebürdet. Das ist ein sozialpolitischerkandal.
Den Gutverdienenden machen Sie Geschenke. Aberie Niedrigverdiener sind künftig keine selbstbewusstenersicherten mehr, sondern sie werden zu Bittstellerneim Staat. Herr Minister, das machen Sie ganz bewusst,as haben Sie gerade bestätigt. Sie geben die Gesund-
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Dr. Martina Bungeheitspolitik vollends in die Fänge des Finanzministers.Er hat schon gestöhnt, dass die Gesundheitspolitik seingrößtes „Sorgenkind“ ist. Was dann von einer qualitativhochwertigen Gesundheitsversorgung übrig bleibt, liegtauf der Hand.Wie könnte es anders sein, gibt es in Ihrem Koali-tionsvertrag doch ein klares Bekenntnis zur privatenKrankenversicherung. Für dieses einzigartige Konstruktin Europa, neben der gesetzlichen einen eigenständigenVollversicherungszweig der privaten Versicherung zuhaben, schaffen Sie wieder erleichternde Bedingungen.So können sich Gutverdienende weiter aus der Solidari-tät verabschieden.
Wir stellen all dem unseren Vorschlag einer solidari-schen Bürgerinnen- und Bürgerversicherung entge-gen. Alle zahlen in diese Versicherung ein. Damit wirddie Beitragslast auf mehr Schultern verteilt. Alle Ein-kommen, also auch Miet-, Pacht- und Kapitalerträge,werden einbezogen. Das bringt eine breitere Basis.
Die Arbeitgeber sind mit hälftigen Beiträgen auf Lohnund Gehalt paritätisch dabei. Auf dieser neuen Basiswürde ein Beitragssatz von 10 Prozent, also 5 Prozentfür die Arbeitgeber und 5 Prozent für die Versicherten,ausreichen, um all das zu bezahlen, was heute bezahltwird. Die Zuzahlung und die Praxisgebühr könnten so-gar abgeschafft werden.
Sicherlich ist das ein diametral entgegengesetzter An-satz, aber dieser Ansatz ist gerecht und bildet die gegen-wärtigen Verhältnisse ab. Dieser Vorschlag knüpft an dasLeistungsvermögen der Versicherten an, an das, wovonheutzutage gelebt wird, einer der konstituierenden Ge-danken für die solidarische Sicherung.Davon wird nicht viel übrig bleiben, wenn Sie, HerrMinister, in Bälde Ihre Regierungskommission einset-zen. Schaut man sich den Hintergrund der Namen an, dieda inzwischen den Ticker durchschwirren, dann kannman nur empört sein. Eng mit der von den Arbeitgebernfinanzierten Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft undmit Versicherungsunternehmen verquickte Persönlich-keiten werden geradezu eingeladen, das Schlachtfest dersolidarischen Krankenversicherung auszurichten.
Das Geschreibsel dieser Versicherungslobbyisten fin-det sich im schwarz-gelben Koalitionsvertrag wieder. Eskommt so nett daher: Es würden mehr Wahl- und Ent-scheidungsspielräume eingeräumt; auch Sie, Herr Zöller,haben es gerade gesagt. Man muss sich aber einmal klar-machen: Wer hat eigentlich die Wahl und wer nicht?Wenn von „Festzuschüssen“ und „Mehrkostenregelun-gen“ die Rede ist, dann heißt das doch übersetzt, dass esfür bestimmte Leistungen nur noch eine Grundversor-gung gibt. Wer eine Versorgung nach dem jeweils aktu-ellen medizinischen Standard haben will, muss privatzß–i–sdwdGzmadfftizGhmskGSldÄitlgEaLdwHdwsnBctA
Man kann auch einmal drei Jahre weiter denken. Dannst die Wirkung so, Herr Spahn.
Das werde ich Ihnen gleich darlegen. – Wer eine Ver-orgung nach dem jeweils aktuellen medizinischen Stan-ard haben will, muss privat zuzahlen. Das wird klarerden. Damit wird die Versorgung vom Portemonnaieer Versicherten abhängig. Der Arme kann sich nur dasünstigste leisten. Das ist das Ende des freien Zugangsu Leistungen für alle. Das ist Zwei- oder Dreiklassen-edizin in Reinkultur. Die Linke lehnt das entschiedenb.
Sicher wird sich die Regierungskommission auch mitem Gesundheitsfonds beschäftigen, sich ihn vorknöp-en. Dieser ist nicht per se schlecht, sondern er ist unter-inanziert und sozial ungerecht, müssen den Zusatzbei-rag doch allein die Versicherten tragen. Wenn Sie jetztm Koalitionsvertrag festhalten, dass es mehr – ichitiere – „regionale Differenzierungsmöglichkeiten“ imesundheitsfonds geben muss und Bayerns Gesund-eitsminister in Ihrer Kommission sein soll, dann weißan, wohin die Reise gehen soll. Es wird Hand an denogenannten Morbi-RSA gelegt werden, der den Kran-enversicherungen mit mehr und teuren Kranken mehreld brachte. Damit würde aber die gerade erst erreichteolidarität des reichen und gesünderen Südens Deutsch-ands mit dem ärmeren und kränkeren Norden aufgekün-igt. Doch damit stellen Sie die Honorarangleichung fürrztinnen und Ärzte in den neuen Bundesländern wiedernfrage. Diese hat gerade eine Trendwende in der Bewäl-igung des Ärztemangels eingeläutet. Wollen Sie wirk-ich den Osten in eine dramatische medizinische Versor-ungskrise hineinsteuern? Das kann doch wohl nicht Ihrrnst sein.
Wenn ich mir Ihre Rezepte gegen den Ärztemangelnschaue, dann ist sichtbar, wie weit weg Sie vom realeneben sind. Ihre Lösung heißt „Ausbau der Anreize beier Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten“. Vor Ortird aber über neue Versorgungsformen nachgedacht.aben Sie schon einmal etwas von der Feminisierunges Arztberufes gehört? Mehr und mehr Absolventinnenollen sich nach dem Medizinstudium nicht niederlas-en, sondern sie streben auch im ambulanten Bereichach Möglichkeiten, angestellt zu arbeiten, um damiteruf und Familie vereinbaren zu können. Aber was ma-hen Sie? Sie stellen die medizinischen Versorgungszen-ren infrage. Unseres Erachtens gehört dieser bisherigensatz novelliert, aber nicht abgeschafft.
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Dr. Martina BungeNeue Ideen, für die der Osten ein „Labor“ ist, wie dieFinancial Times letzte Woche schrieb, finden in IhremKoalitionsvertrag keine Widerspiegelung. Im Gegenteil:Ihre Weichenstellung zur Marktradikalisierung, deutlichin dem Postulat, dass das „allgemeine Wettbewerbsrechtals Ordnungsrahmen grundsätzlich auch im Bereich dergesetzlichen Krankenversicherung Anwendung“ findensoll, steht neuen Versorgungsformen diametral entgegen;denn diese setzen auf Kooperation. Ihre Vorhaben sinddamit auch fortschrittsfeindlich.
Gesundheitsförderung und Prävention einen ganzanderen Stellenwert zu geben, wäre auch ein Zukunfts-vorhaben. Der Begriff der Gesundheitsförderung fehltim Koalitionsvertrag völlig. Fremd ist dieser Koalition,dass Gesundheit mit mehr zusammenhängt als nur mitWissen über Ernährung und Sport. Sie verlieren keinWort über die unterschiedliche Lebenserwartung vonArmen und Reichen. Die Reichen leben zehn Jahre län-ger als die Armen. Sie verlieren kein Wort dazu, dassdies empörend ist und endlich beseitigt werden muss.
Man fragt sich doch wirklich, ob die Regierung dieDebatte um die Gesundheitsförderung und Präventionder letzten 20 Jahre völlig verschlafen hat. Für die Linkesind Gesundheitsförderung und Prävention ein Beitragzur gesundheitlichen Chancengleichheit. Angesetzt wer-den muss in den Lebenswelten der Menschen, in Kinder-gärten, in Schulen, in Stadtteilen und vor allem am Ar-beitsplatz. Aber von einem Präventionsgesetz will dieKoalition bekanntlich nichts hören. Mit ein paar Schön-heitsreparaturen wursteln Sie weiter wie bisher. Das ha-ben die unzähligen Engagierten, die dringend auf einPräventionsgesetz warten, nicht verdient.
Auch in der Pflegeversicherung betreibt die neueKoalition reine Klientelpolitik. Mit dem Kapitalstock,der allein von den Versicherten zu tragen ist, wird diePflegeversicherung den Risiken des Kapitalmarktes aus-gesetzt. Es ist nicht zu fassen! An die wirklichen Pro-bleme will Schwarz-Gelb nicht herangehen. Die Pflege-versicherung leidet an chronischer Unterfinanzierung,und zwar jetzt. Pflegebedürftige Menschen, ihre Ange-hörigen und die Pflegekräfte bekommen das täglich zuspüren. Pflege ist aber mehr als die drei „s“: still, sattund sauber.
Pflege und Assistenz müssen ein Leben in Würde undSelbstbestimmung ermöglichen. Dazu brauchen wir end-lich ein neues Verständnis davon, was Pflege ist. DerVorschlag zum neuen Pflegebegriff liegt auf dem Tisch.Der Beirat hat ihn im Januar 2009 vorgelegt. Was wollenSie prüfen? Es muss umgesetzt werden. Der politischeWille dazu ist notwendig; aber die Union hat schondurchblicken lassen, dass sie nur eine kostenneutraleUmsetzung anvisiert. Das ist eigentlich nicht zu machen.Mehr Leistungen für mehr Menschen erfordern mehrGeld.
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Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat
un das Wort die Kollegin Birgitt Bender.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schönchwätzen kann er ja, der neue Gesundheitsminister;ber er vertritt ein hässliches Politikmodell.
assen Sie mich sagen, warum.Herr Minister, Sie sprechen vom gleichen Zugang al-er Menschen zum Gesundheitssystem. Aber wissen Sie,it der Gleichheit ist das so eine Sache: Die Gleichheitmfasst sowohl das Recht, unter Brücken zu schlafen,ls auch, in Palästen zu wohnen. Das heißt, bei Ihnenuss man sich diese Gleichheit leisten können. Das Ge-undheitssystem, das Sie anstreben, wird für viele Men-chen nicht mehr bezahlbar sein.
Wie ist es denn mit einem Kopfgeldsystem, wie Sie esnstreben? Das würde für jeden dritten Menschen imesten dieser Republik bedeuten, dass der Kranken-ersicherungsschutz teurer wird. Im Osten der Repu-lik würde das für jeden zweiten Menschen gelten.
elbst wenn Sie den sozialen Ausgleich durch Steuernrnst meinen, dann würde es immer noch bedeuten, dassenschen mit geringem Einkommen, die jetzt 7,9 Pro-ent ihres Einkommens für den Gesundheitsschutz auf-enden müssen, prozentual mehr zahlen müssten alsenschen, die bisher Höchstbeiträge gezahlt haben; beienen wären es dann gerade noch 3,8 Prozent, also nurtwa die Hälfte.
as ist Umverteilung von unten nach oben. Man kannuch sagen: Klassenkampf von oben.
Dass so etwas in Deutschland nicht wirklich gut an-ommt, das hat die Kanzlerin schon seit einer Weile ver-
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Birgitt Benderstanden. Sie wollte ein solches Modell seit dem Leip-ziger Parteitag. Aber für die Union hieß die Parole imWahlkampf: Gesundheitspolitik findet bei uns nichtstatt; da legen wir uns in die Ackerfurche. Vielleicht hät-ten Sie einmal untereinander darüber diskutieren sollen;jetzt werden Sie es jedenfalls müssen.
Herr Minister, Sie gelten als das, was man in Baden-Württemberg „ein Käpsele“ nennt; das ist jemand, derbesonders schlau ist. Ich will Ihnen das gerne zugeste-hen. Ich will Ihnen aber auch sagen: Sie können nichtrechnen, oder Sie wollen nicht rechnen.
Sie streben ein System mit Kopfgeld und Steueraus-gleich an, von dem Ihnen die Experten bereits jetzt sa-gen, dass es schon bei der Einführung 22 MilliardenEuro kostet. Gleichzeitig geht die Regierung mit derhöchsten Staatsverschuldung aller Zeiten spazieren. ZuBeginn senkt sie die Steuern und verspricht weitereSteuersenkungen. Das Ganze geht nicht auf. Entwederhaben Sie ein Pisa-Problem, weil Sie das nicht begreifen,oder Sie meinen es mit dem steuerlichen Ausgleich garnicht ernst und wollen den Krankenversicherungsschutzfür Millionen von Menschen unbezahlbar machen. So-wohl das eine wie auch das andere wäre eine schlechteNachricht.
Im Übrigen habe ich gehört, Herr Minister, Sie streb-ten Bürokratieabbau an.
Dazu muss ich erst einmal sagen: Wenn Sie als Stabsarztbei der Bundeswehr so viel Bürokratie erfahren habenund daran jetzt etwas ändern wollen, hätten Sie vielleichtVerteidigungsminister werden sollen. Aber das nur amRande.
Wenn man nun ein solches System anstrebt, sollteman zuvor einmal in andere Länder schauen, wo es derSpur nach schon so etwas gibt. Nehmen Sie zum Bei-spiel die Niederlande. Da gibt es ein System mit Kopf-pauschale; allerdings gibt es da nicht zusätzlich nocheine private Krankenversicherung. In diesem System be-kommen die Menschen steuerlichen Ausgleich. Zurzeitbekommen 60 Prozent der Menschen in den Niederlan-den diesen Ausgleich; das heißt, sechs von zehn Men-schen müssen dort in Kontakt mit Ämtern treten, um ei-nen Ausgleich zu bekommen. Sie würden demnachähnlich viele Menschen mit Anträgen zum Amt schickenund eine Vielzahl an bürokratischen Bearbeitungsverfah-ren hervorrufen. Dazu kann ich nur sagen: Um Bürokra-tieabbau ging es vielleicht gestern in Ihrem Wahlkampf,aber nicht in Ihrem jetzt vorgelegten Politikmodell.SSblvdnlmwFBKAmEnkttdzdhDMw
Seien wir doch einmal ehrlich: Herr Minister Rösler,ie haben bereits bei einem Vortrag, den Sie letztenommer vor niedersächsischen Zahnärzten gehalten ha-en, gesagt, worauf das Ganze hinauslaufen soll, näm-ich auf einen Abbau der Leistungen. Sie haben dort da-on gesprochen, dass man erst einmal 10 Prozent dererzeitigen Leistungen aus dem Solidarsystem heraus-ehmen könne. Ich glaube, daran merkt man, wo esanggehen soll.Anders gesagt: Ihre Kopfprämie ist eine Abwrackprä-ie für das Solidarsystem. Dass es dazu kommt, werdenir nicht zulassen, meine Damen und Herren.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Ulrike Flach für die
DP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frauender, es ist wirklich erstaunlich, was Sie alles ausoalitionsverträgen herauslesen.
nsonsten sagen Sie ja gemeinhin, sie seien so allge-ein, dass man damit überhaupt nichts anfangen könne.ine gehörige Portion Fantasie muss man wohl den Grü-en genauso wie den Linken und den Roten zugestehen.Liebe Kollegen, die Gesundheitspolitik bedarf wieaum ein anderes Feld der Verlässlichkeit und des Ver-rauens der Bürger. Wir brauchen eine Kultur des Ver-rauens anstelle einer Kultur der ständigen Kontrolle under Zwangsmaßnahmen. Das ist genau der Unterschiedu dem, was wir in den letzten Jahren erlebt haben.
Wir müssen unseren Bürgern die Gewissheit geben,ass im Krankheitsfall alle gut versorgt sind. Dafür ste-en wir.
as mögen Sie noch so polemisch angehen, das ist dieaxime der schwarz-gelben Koalition. Daran werdenir uns in den nächsten vier Jahren messen lassen.
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Ulrike FlachWas auch immer heute hier gesagt und draußen in derPresse verkündet wird: Diese Koalition wird dafür sor-gen, dass dieser elementare Grundsatz unserer Gesell-schaft beibehalten wird. Es ist gelebte Solidarität, liebeKollegen, dass jeder Bürger die Möglichkeit habenmuss, über einen bezahlbaren Krankenversicherungs-schutz zu verfügen. Das bedeutet aber nicht, dass manden Fehler einer Bürgereinheitszwangsversicherung be-gehen muss.
Wir gehen einen anderen Weg: Wir wollen unseren Bür-gerinnen und Bürgern mehr Möglichkeiten geben, dasssie ihren Krankenversicherungsschutz optimal auf die ei-genen Bedürfnisse hin gestalten können.
Das deutsche Krankenversicherungssystem ist durchdie letzten Reformen deutlich in Richtung eines zentra-listischen, staatsgesteuerten Einheitskassensystems ver-schoben worden. Genau das, liebe Frau Ferner, werdenwir ändern.
Wir wollen zudem dafür sorgen, dass die Beiträge aufeine andere, gerechtere Grundlage gestellt werden. Dersoziale Ausgleich ist viel besser über das Steuer- undTransfersystem zu organisieren als in einer Versiche-rung, die dazu da ist, den Ausgleich zwischen Krankenund Gesunden herzustellen.Wir sind da in guter Gesellschaft, liebe Frau Bender.Ich erinnere mich an einen bemerkenswerten Artikel derhochgeschätzten ehemaligen Kollegin und Gesundheits-ministerin Frau Fischer – sie ist bekanntlich Mitglied derGrünen –, die vor wenigen Tagen Folgendes gesagt hat:Es ist im Prinzip kein falscher Gedanke, mit einersolchen Prämie für jeden Menschen festzulegen,welchen Preis er für seine Gesundheit in einem soli-darischen System aufbringen muss.
Die Umverteilung ist eine sozialpolitische Aufgabedanach – und getrennt von der Gesundheitspolitik.Mit diesem für alle gleichen Betrag sollte niemandüberfordert werden, nicht die Einkommensarmen,nicht die Menschen mit Familie. Das Steuersystemist der Ort, an dem die gesamte finanzielle Situationeines Menschen erfasst
und wo er entsprechend seiner Leistungsfähigkeitzu Abgaben verpflichtet wird. Eigentlich also ge-nau das richtige System, um Solidarität konkretwerden zu lassen.
Das sagt Frau Fischer.RlsdssdwwwkudskaubadhgFrKFsWGnFRVs
as Sie verklausuliert in Ihrem Koalitionsvertrag zuresundheit und Pflege hineingeschrieben haben, istichts anderes als die Aufgabe der paritätischeninanzierung und die Privatisierung gesundheitlicherisiken.
Die Lasten sollen zukünftig einseitig allein auf dieersicherten abgewälzt werden in Form von Kopfpau-chalen, von höheren Zuzahlungen und von privaten Zu-
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Dr. Carola Reimannsatzzwangsversicherungen in der Pflege. Dieser Koali-tionsvertrag hat ein entsolidarisiertes Gesundheitssystemzum Ziel. Das wird auf unseren entschiedenen Wider-stand stoßen.
Im Gesundheitsbereich hat sich eine unheilvolleAllianz zusammengefunden. Die CDU hat kein Konzeptund überlässt ihren Partnern von CSU und FDP das ge-sundheitspolitische Feld. Das bedeutet: zahlreiche baye-rische Extrawürste auf Kosten anderer Bundesländerdank der CSU
und die Privatisierung gesundheitlicher Risiken auf brei-ter Front, wie es die FDP seit Jahren und heute FrauFlach angekündigt haben.Das alles wird noch getoppt von einer Klientelpoli-tik, wie wir sie im Gesundheitsbereich noch nie erlebthaben. Die Lobeshymnen von Pharmaherstellern, Ärzte-verbänden und privaten Krankenversicherungsunterneh-men sprechen Bände. Sie können sich wahrlich nichtbeklagen. Bei den Ärzten wird nach zweistelligen Ein-kommenszuwächsen in diesem Jahr erneut draufgesat-telt, und unliebsame Konkurrenz durch medizinischeVersorgungszentren wird eingeschränkt. Der privatenKrankenversicherung wird die Abwerbung von Gutver-dienern aus der gesetzlichen Krankenversicherung wie-der erleichtert. Der Basistarif – eingeführt, damit nie-mand mehr ohne Versicherungsschutz ist – soll geprüftwerden.Ganz besonders freuen kann sich die Pharmaindustrie.Unliebsame, weil wirksame Preisregulierungsinstru-mente wie Rabattverträge, Festbeträge und Höchstbeträgesollen überprüft werden. Man muss kein Gesundheits-experte sein, um zu wissen, was das bedeutet: teurereArzneimittel und steigende Gewinne für die Unterneh-men, selbstverständlich auf Kosten der Beitragszahlerund der Versicherten.
Sie geben ein wichtiges Instrument zur Förderung desWettbewerbs im Sinne der Versicherten freiwillig ausder Hand und riskieren dabei, dass die Kostenentwick-lung im Gesundheitswesen völlig aus dem Ruder läuft.
All diese Geschenke an Ihre Klientel lassen Sie sichteuer von den Versicherten bezahlen. Süße Medizin fürIhre Klientel und bittere Pillen für die Patienten – sosieht Ihr gesundheitspolitischer Neuanfang aus.
Ich sage Ihnen: Damit werden Sie nicht weit kommen;denn so viel süße Medizin, wie im Gesundheitswesenvon allen Interessenverbänden gefordert wird, werdenSie gar nicht aufbringen können. Deshalb ist dieser Neu-start komplett misslungen.vusSuaddtcbclEdnnenmreRDetFhmdwDadVs
Diese Kostensteigerungspolitik wird noch dadurcherschärft, dass der Arbeitgeberbeitrag eingefroren wirdnd somit alle zusätzlichen Kosten – das haben wir heutechon gehört – auf die Versicherten abgewälzt werden.ie kündigen damit das bewährte paritätische Prinzipnd entlassen Wirtschaft und Arbeitgeber aus ihrer Ver-ntwortung. Und als ob das nicht genug wäre, krönen Sieieses Sammelsurium der sozialen Spaltung noch miter Kopfpauschale. Egal ob Sekretärin oder Bankdirek-or, Mechaniker oder Managerin, alle zahlen den glei-hen Beitrag. Das ist unsozial und ungerecht.
Dann wird natürlich der Sozialausgleich ins Spiel ge-racht. Aber abgesehen davon, dass Millionen Versi-herte plötzlich zu Bittstellern beim Staat werden – in al-en Staaten, die dies eingeführt haben, sehen wir diesentwicklung –, frage ich mich, wo Sie angesichts dererzeitigen Haushaltslage die von den Experten berech-eten 22 Milliarden Euro – IGES hat das schon berech-et – herholen wollen. Gleichzeitig wollen Sie die Steu-rn senken. Das passt, mit Verlaub, vorne und hintenicht zusammen. Weil das alles nicht so ganz zusam-enpassen will und weil die Landtagswahl in Nord-hein-Westfalen ins Haus steht, schieben Sie das alles inine Kommission. Oder soll ich besser sagen: „in eineegierungskommission“?
enn diese Regierungskommission wird von einer CSU-igenen Kommission begleitet, die diesen Prozess kri-isch verfolgt.
ür Herrn Bahr ist das ein ganz normaler Vorgang. Des-alb schlage ich vor, dass auch die FDP eine FDP-Kom-ission einberuft,
amit die Arbeit der CSU-Kommission kritisch begleitetird.
as ist mal ein zielgerichtetes Vorgehen.
Man könnte sich ja blendend über dieses Schauspielmüsieren. Aber es geht hier um nicht weniger als umie Zukunft der Gesundheitsversorgung von Millionenersicherten. Da hört der Spaß auf. Mit Ihrer „Kommis-ionitis“, mit Ihren immer neuen Vorschlägen, die dann
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Dr. Carola Reimannam nächsten Tag vom Koalitionspartner relativiert wer-den,
und mit immer neuen Interpretationsmöglichkeiten be-züglich des Koalitionsvertrags verunsichern Sie die Bür-gerinnen und Bürger und zerstören Vertrauen in ein gutfunktionierendes solidarisches Gesundheitssystem.
Eigentlich wäre es Aufgabe des zuständigen Minis-ters, Ordnung in dieses gesundheitspolitische Chaos zubringen. Aber das Gegenteil ist der Fall: erst das Durch-einander bei der elektronischen Gesundheitskarte, dannnoch das zögerliche Vorgehen bei der Schweinegrippe.Angesichts der Infektionszahlen hätte man schon vorzwei Wochen einen Impfgipfel einberufen müssen, stattin Interviews, Herr Rösler, den Eindruck zu erwecken,die Schweinegrippenimpfung sei zweitrangig.
Als ehemaliger stellvertretender Ministerpräsident inNiedersachsen hätten Sie wissen müssen, wie schlecht esum die Vorbereitungen in den Ländern, insbesondere inNiedersachsen, steht. Souveränes Krisenmanagementsieht anders aus.
Das, was wir in den vergangenen Wochen von derneuen Regierung geboten bekommen haben, war tages-politisch äußerst dürftig, ganz zu schweigen von den In-terpretationsmöglichkeiten, die die Pläne im Koalitions-vertrag eröffnen. Die SPD und Ulla Schmidt haben inden letzten Jahren eine Politik im Sinne der Versichertenverfolgt, häufig auch gegen den erbitterten Widerstandder zahlreichen Lobby- und Interessengruppen. Wir ha-ben dafür gesorgt, dass unser solidarisch finanziertesGesundheitssystem auch unter sich verändernden Rah-menbedingungen funktioniert. Wir setzen mit unserenKonzepten in der Pflege- und der Gesundheitspolitikkünftig auf solide, solidarisch finanzierte Sicherungssys-teme. Das heißt, alle zahlen nach ihrer Leistungsfähig-keit. Niemand wird aus der Verantwortung entlassen,und alle können sicher sein, dass sie eine gute medizini-sche Versorgung auf neuestem Stand erhalten. Das ist so-lidarisch und gerecht.
Genau das setzt Schwarz-Gelb aufs Spiel. Mit Solida-rität hat das, was Sie vorgelegt haben, nichts mehr zutun. Profiteure Ihrer Klientelpolitik sind Pharmaunter-nehmen, Ärzteschaft, Apotheker und private Versiche-rungsunternehmen; bezahlen müssen es die Versichertenund dank der Kopfpauschale auch noch diejenigen invbdCHpW7rdeBttwEtUAvawvhvedktpurpbA
Das Wort erhält nun der Kollege Dr. Rolf Koschorrek,
DU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen underren! So richtig Angst hat uns dieser Angriff der Op-osition in den letzten Minuten natürlich nicht gemacht.enn man meint, mit Konzepten, die sich schon in den0er- und 80er-Jahren als überholt erwiesen haben, unse-en zukunftsweisenden Weg angreifen zu können,
ann wird es in den nächsten Monaten sicherlich nochine sehr spannende Auseinandersetzung geben.
Es gibt kaum ein Thema, das die Bürgerinnen undürger so interessiert, wie das Thema Gesundheitspoli-ik. Hier ist, wie alle wissen, jeder betroffen. Gleichzei-ig wissen wir, dass wir so nicht weitermachen könnenie in den letzten zehn, elf Jahren. Wir brauchen mehrigenverantwortung und mehr Transparenz im Sys-em. Aber eines brauchen wir mit Sicherheit nicht: denmbau des Bundesgesundheitsministeriums zu einemmt für Volksgesundheit, wie es in den letzten Jahrenorangetrieben worden ist.
Unsere christlich-liberale Koalition hat die Weichennders gestellt. Wir haben uns klar entschieden: gegeneitere Zentralisierung und für die Stärkung von Eigen-erantwortung und Transparenz im deutschen Gesund-eitswesen. Diese Begriffe sind untrennbar miteinandererbunden. Eigenverantwortlich handeln kann nur, werin System durchschaut und es versteht. Die Regelungs-ichte im SGB V lässt eigenverantwortliches Handelnaum zu. Ich spreche hier ausdrücklich von Verantwor-ung, nicht von Egoismus, nicht, wie meine Vorrednerolemisch behaupten, von Selbstbedienungsmentalitätnd schon gar nicht von einer Aufkündigung der Solida-ität im Sozialsystem.
Im Gesundheitswesen haben sich viele in der Intrans-arenz sehr gut eingerichtet. Kontrollmechanismen undürokratische Auswüchse sind bisher oft die einzigentwort darauf gewesen. Seit Jahrzehnten befinden wir
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Dr. Rolf Koschorrekuns in einem Teufelskreis von Regulierung und Bürokra-tie.
Herr Kollege Koschorrek, gestatten Sie – –
Nein.
Die Koalitionsvereinbarung von CDU/CSU und FDPweist einen anderen, einen neuen Weg. Wir werden dasSystem einfacher und verständlicher machen. Die dreigroßen Bereiche, die wir in den kommenden Jahren an-gehen werden, sind: zunächst die Finanzen auf eine si-chere Basis zu stellen, einen fairen Wettbewerb im Sys-tem zu stärken sowie überflüssige Bürokratie abzubauenund Transparenz und Qualität im Gesundheitssystem zusteigern.Zum Bereich Finanzen: Für die Union war von An-fang an klar, dass wir den Gesundheitsfonds, wie es dieKanzlerin auch vor der Wahl schon eindeutig sagte, inseiner Grundstruktur erhalten und weiterentwickeln,
weil er eine gute Basis für die verlässliche Finanzierungder gesundheitlichen Versorgung in Deutschland ist undein beachtliches Gestaltungspotenzial bietet.
Er hat dafür gesorgt, dass die Verschuldung der Kran-kenkassen geordnet abgebaut werden konnte, dass dieKassen heute wesentlich effektiver kooperieren undauch fusionieren können. In der Wirtschaftskrise hat derFonds einen unkomplizierten und schnellen Ausgleichvon konjunkturbedingten Einnahmedefiziten durch Steu-ermittel ermöglicht und damit letztendlich auch Beitrags-erhöhungen erübrigt.Zukünftig werden wir den bundeseinheitlichen Bei-tragssatz auflösen, indem die Arbeitgeberbeiträge fest-geschrieben werden und wir den Kassen wieder einewettbewerblich relevante Beitragsgestaltung ermögli-chen werden. Dazu werden wir eine Kommission auspolitischem und externem Sachverstand einsetzen, diedie Details in den kommenden Monaten erarbeiten wird.Bei der Weiterentwicklung der Finanzierung derGKV werden wir sehr sorgsam darauf achten, dass esnicht zu sozialen Schieflagen kommt.
Das hohe Niveau unserer Gesundheitsversorgung wirdauch weiterhin den Bürgerinnen und Bürgern unabhän-gig von ihrem persönlichen Geldbeutel zugänglich sein.Wettbewerb im Gesundheitswesen ist kein Selbst-zweck, sondern dient der bestmöglichen Versorgung.Unsere Grundposition heißt: Im Mittelpunkt stehenPatienten und Versicherte, stehen Menschen, die nichtzur Verschiebemasse egoistischer oder wirtschaftlicherInteressen werden dürfen.dfvianVtssbindadSuCZrSMwtürÄsdPFwrscdzwlnvzVKidwls
Bei allen Reformen gilt: Regeln müssen sein, aber woie keinen Sinn mehr ergeben oder sich gar selbst blo-kieren, müssen sie weg. Transparenz ist dringend erfor-erlich, nicht zuletzt, um die Qualität besser definierenu können und deren Einhaltung und Steigerung zu ge-ährleisten. Wir werden das Zusammenspiel von zentra-er Rahmengesetzgebung und regionaler Ausgestaltungeu beleben, sei es in der Bedarfsplanung oder bei Inno-ationen, bei der Vertragsgestaltung oder der Telemedi-in. Gerade hier haben wir ein großes Potenzial in dererbesserung der Versorgung.Basis der Qualitätssicherung ist eine möglichst guteenntnis der Versorgungssituation. Hier haben wir abern Deutschland erheblichen Nachholbedarf. Der Ausbauer Versorgungsforschung muss dringend vorangebrachterden. Es ist eine Querschnittsaufgabe mehrerer betei-igter Ministerien. Nur auf Basis valider Daten lassenich zukunftsfeste Systeme entwickeln, lässt sich Quali-
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Dr. Rolf Koschorrektät definieren, und nur auf dieser Basis können wir un-sere Planungen für die hochwertige medizinische Ver-sorgung optimal am Bedarf unserer Bevölkerungausrichten.Telematik in der Medizin ist eine Riesenchance. Siedarf nicht zum Synonym für übertriebene Datensamm-lung und gläserne Ärzte bzw. Patienten werden. OhneTelemedizin werden wir die Herausforderungen aus me-dizinisch-technischem Fortschritt, veränderter demogra-fischer Basis und zunehmender Versorgung chronischKranker nicht bestehen können. Wir werden auf diesemGebiet ganz besondere Anstrengungen unternehmen, zu-sammen mit der Industrie und den Leistungserbringernverlässliche, zukunftsfeste und akzeptierte Lösungen zuentwickeln.
Wir haben uns viel vorgenommen. Unsere gemeinsa-men Vereinbarungen tragen deutlich über eine Legisla-turperiode hinaus. Ich freue mich auf die Auseinander-setzung in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren,nicht zuletzt mit der Opposition. Da muss man allerdingssagen: Sicherlich ist, wer lesen kann, klar im Vorteil.
Den Koalitionsvertrag haben Sie sicherlich auch gele-sen. Unbedingt dazu gehört aber, dass man das, was mangelesen hat, auch versteht, und da haben Sie offensicht-lich ein wenig Nachholbedarf.
Bisher ist in den Reden der Opposition wenig Erhel-lendes gesagt worden. Panikmache, substanzlose Schlag-worte und völlig überholte Konzepte wie der LadenhüterBürgerversicherung
sind nun wirklich nicht das, was die deutsche Öffentlich-keit braucht und was das deutsche Gesundheitswesen inden nächsten Jahren nach vorne bringen wird.Ich freue mich aber vor allem auf die Zusammenar-beit mit unserem neuen Minister, mit den Staatssekretä-ren und Staatssekretärinnen im Ministerium sowie mitden Kolleginnen und Kollegen von FDP, CDU und CSUin den Arbeitsgruppen. Wir werden gemeinsam dafürsorgen, unser Gesundheitswesen in den nächsten Wo-chen und Monaten nachhaltig zu verbessern, für alle Be-teiligten im System, für alle Bürger und Bürgerinnen inunserem Lande. Ich freue mich auf die Arbeit. An dieArbeit!Ganz herzlichen Dank.
Die Kollegin Elisabeth Scharfenberg hat nun dasWort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.NgnttlkcduwsetvlUgslnng6wllALlDlnhSnk
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-en! Sehr geehrter Herr Minister, Schwarz-Gelb setztun also auch im Bereich der Pflege den Kurs fort undritt wie bei vielem anderen für mehr soziale Ungerech-igkeit ein. Schwarz-Gelb will den Ausstieg aus dem So-idarsystem organisieren, und Sie, Herr Minister, habeneine zehn Minuten gebraucht, um uns das klarzuma-hen.
Im Koalitionsvertrag heißt es, dass „eine Ergänzungurch Kapitaldeckung, die verpflichtend, individualisiertnd generationengerecht ausgestaltet sein muss“, ge-ährleistet sein muss.
Die Kanzlerin selbst hat am Dienstag hier erklärt, dasei nötig, um die Akzeptanz der Pflegeabsicherung zurhalten und für mehr Solidarität zwischen den Genera-ionen zu sorgen.
Die FDP hat in der Rheinischen Post vom 5. No-ember näher erörtert, wie die Koalition das bewerkstel-igen will. Man konnte dort lesen:Es wäre sinnvoll, die kapitalgedeckte Säule derPflegeversicherung über eine kleine Prämie proVersichertem aufzubauen.nion und FDP wollen also eine einkommensunabhän-ige Pauschale einführen, und die Koalition findet dasolidarisch. Wenn Sie, Herr Minister, genauso viel zah-en wie eine Friseurin, die, wenn es nach Ihnen ginge,icht einmal einen Mindestlohn bekommen soll, ist dasicht solidarisch.
Die FDP beruhigt uns damit, dass dabei von einstelli-en Eurobeträgen pro Monat ausgegangen werden kann.,99 Euro für die Pflege im Sonderangebot wird dochohl jeder übrig haben. Leider verschweigen die Libera-en, dass einstellige Prämien in allen bekannten Model-en nur möglich sind, wenn Leistungen gekürzt werden.ll diese Modelle sehen eine Kürzung der stationäreneistungen vor. Sie verschweigen weiter, dass es natür-ich nicht bei einstelligen Beträgen bleibt.
ie Prämien steigen nämlich in all diesen Modellen jähr-ich an und sind ruck, zuck zweistellig.Die Koalition wird alle Versicherten verpflichten, ei-en individuellen Kapitalstock aufzubauen. Solidaritäteißt bei Schwarz-Gelb also nicht mehr: Starke fürchwache, Jung für Alt und Alt für Jung, sondern nuroch: Jeder für sich. Nicht starke Schultern, sondernräftige Ellbogen werden zukünftig gefragt sein.
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Elisabeth Scharfenberg
Wer sich diese Solidarität nicht leisten kann, der darfbeim Finanzamt einen Sozialausgleich aus Steuern be-antragen. Zugleich will die Koalition Steuern senken.Ich frage mich: Wie soll das überhaupt zusammenge-hen?
Das ist Solidarität auf Pump. Diese Schuld muss ein-mal zurückgezahlt werden, und zwar von der jungen Ge-neration, für die Sie das angeblich alles machen. Es wirdimmer deutlicher: Die schwarz-gelbe Solidarität richtetsich in Wirklichkeit nur an ausgesuchtes, handverlesenesPublikum.
Die Arbeitgeber müssen sich an den steigenden Pflege-kosten nicht beteiligen. Die Privatversicherungen freuensich schon jetzt auf ihr – grotesk genug – staatlich ver-ordnetes Zusatzgeschäft. Bei denen stoßen Ihre Pläne si-cherlich auf große Akzeptanz.Besonders pikant ist, dass das Geld der Versichertenauf den Kapitalmärkten angelegt wird, die uns derzeitsehr nachhaltig vorführen, dass sie von nachhaltigemWirtschaften überhaupt nichts verstehen.
All das ist Klientelpflege. Ansonsten hat das mit Pflege-politik nichts zu tun.
Herr Minister, reformieren Sie lieber vernünftig dasbestehende System. Denken Sie an die betroffenen Men-schen. Als Erstes wäre doch jetzt eine Neujustierung desPflegebedürftigkeitsbegriffs notwendig. Das ist die Auf-gabe, die Sie zu erledigen haben, bevor Sie an die Finan-zierung gehen. Ich glaube, dieser Weg muss eingeschla-gen werden, damit der zukunftsweisende Weg, den sieerwähnt haben, Herr Koschorrek, nicht ganz schnell eineSackgasse wird und Ihnen, Herr Minister, nicht das La-chen ganz schnell im Halse steckenbleibt.
Die Vorschläge von uns Grünen kennen Sie. Wir wol-len erstens die solidarische Bürgerversicherung undzweitens die solidarische Demografiereserve. Das istauch eine Form der Kapitaldeckung, aber auf gerechte,solidarische und nachhaltige Art und Weise.Vielen Dank.
KKRbdddDwlnsgudtzrdmggdfidM
nd die gelungene, weil grundsätzlich tiefgründige und
ie Zukunftsthemen benennende Antrittsrede des Minis-
ers anders zu reagieren als mit linkem Überschriftenge-
eter oder einer Parteitagsbewerbungsrede – etwas ande-
es war das gerade ja wohl nicht, Frau Kollegin Ferner –,
as zeugt von großer Kleinkariertheit und ist ein Ar-
utszeugnis.
Frau Kollegin Hendricks hat eine Zwischenfrage,
laube ich.
Ich bin gerade dabei, ein geordnetes Verfahren zu Be-
inn der Legislaturperiode einzuüben. Ich stelle fest,
ass die Bereitschaft zur Beantwortung einer Zwischen-
rage besteht. – Sie haben das Wort.
Herr Kollege Spahn, halten Sie Ihre ersten Sätze für
ntellektuell redlich?
Ja.
Ich könnte die Beantwortung eigentlich damit been-en: Ja, dafür halte ich sie. Das Einzige, was wir heuteorgen gemerkt haben, ist, dass Sie Ihre Reden ge-
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Jens Spahnschrieben haben, lange bevor Sie dem Minister zugehörtund den Koalitionsvertrag gelesen haben. Das Einzige,was wir gehört haben, waren linke Überschriften mit we-nig Substanz.
Frau Kollegin Bunge, ich kann Ihnen folgende Be-merkung nicht ersparen: Ich weiß, wie die Zustände beider Dialyseversorgung in der ehemaligen DDR waren,wie es in den Altenpflegeeinrichtungen ausgesehen hatund wie die Versorgung chronisch kranker Menschenwar.
Ich weiß auch, dass für die Nomenklatura der SEDheimlich Arzneimittel aus Westdeutschland und West-europa importiert worden sind. Ich lasse mir von Vertre-tern einer Partei, die etwa in Brandenburg jetzt genaudieser Nomenklatura und den Mittuern dieses Systemswieder in Ämter und Funktionen hilft, nicht Zweiklas-senmedizin vorwerfen, nicht heute und auch morgennicht.
In unserem Koalitionsvertrag haben wir – der Minis-ter hat darauf hingewiesen – drei entscheidende Zu-kunftsfelder benannt, die wir in den nächsten vier Jahrenangehen wollen:Der erste wichtige Punkt – der war in den letzten vierJahren mit Ihnen leider nicht zu regeln – ist der Einstiegin die ergänzende Kapitaldeckung in der Pflegeversi-cherung.
In einer Gesellschaft, in der auch der Anteil der Pflege-bedürftigen in den nächsten 10, 20, 30 Jahren enormsteigen wird, haben wir die Verantwortung – eigentlichstehen wir gemeinsam davor, aber Sie wollen ja nichtmitmachen –, das System auf diese Entwicklung vorzu-bereiten und zukunftsfest zu machen.
Das ist nicht nur gerecht gegenüber den nachfolgendenGenerationen, sondern auch vorausschauend und zeugtdavon, dass wir für diejenigen, die in 30 oder 40 Jahrenpflegebedürftig sein werden, mitdenken.
Auch diese Menschen haben nämlich einen Anspruchdarauf, dass wir uns schon heute Gedanken darüber ma-chen, wie wir die Pflege in 20 oder 30 Jahren finanzierenwollen. Deswegen ist dieser Schritt wichtig.
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Es ist interessant, zu sehen, wie Sie immer wiederleich in reflexartiges Gezeter verfallen.
ch kann mich noch daran erinnern, dass wir 2004/2005,brigens gemeinsam, die 0,9 Prozent vom Beitragssatzllein in die Verantwortung der Arbeitnehmer gestelltaben. Frau Ministerin Schmidt, Sozialdemokratin,enn ich mich richtig erinnere, hat den Schritt, die Ar-eitskosten in Deutschland zu entlasten, befürwortet;ch habe ein Spiegel-Interview mit Ministerin Schmidtus dem Jahr 2005 vorliegen. Darin hat sie das als richtigeschrieben. Sie hat gesagt, dass es sozial gerecht ist, beien Arbeitskosten eine Grenze einzuziehen und eineeränderung beim Beitragssatz von 0,9 Prozentpunktenorzunehmen, weil das Arbeitsplätze in Deutschland si-hert und schafft. Am Ende ist das, was wir tun wollen,eswegen sozial gerecht.
Ein dritter Paradigmenwechsel besteht in der Rheto-ik – auch das war wohltuend beim neuen Minister –:ir haben ein klares Bekenntnis und wollen – nicht alselbstzweck – diejenigen klar unterstützen, die unterroßem Einsatz im Gesundheitswesen tätig sind: dierztinnen und Ärzte, die Pflegerinnen und Pfleger, diepotheker, die Physiotherapeuten und viele mehr. Dennuch Sie wissen aus vielen Gesprächen in den Wahlkrei-en und den Diskussionsrunden: Uns droht, dass diese
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Jens SpahnMenschen, die tagtäglich ihren Dienst am Patienten undfür die Versicherten leisten, die Lust und Freude am Be-ruf verlieren,
unter anderem weil es zu viel Bürokratie gibt. Wir müs-sen in der Bezahlung – wir haben da schon erste richtigeSchritte gemeinsam gemacht – Neuerungen einführen.
Um die Bürokratie zu verringern, ist es wichtig, die Be-deutung der Freiberuflichkeit und der nötigen Unabhän-gigkeit,
die im Übrigen das Leitmotiv dieser Koalition „Freiheitin Verantwortung“ sehr passgenau beschreibt, in denMittelpunkt zu stellen und diesen Berufsgruppen nichtweiterhin Vorwürfe zu machen.
Deswegen bin ich für die nächsten vier Jahre sehr zu-versichtlich. Ich biete Ihnen, Herr Minister Rösler – ichdenke, auch im Namen der Unionsfraktion –, für dienächsten vier Jahre eine gute Zusammenarbeit an. Wirwollen die von Ihnen aufgezeigten Zukunftsthemen inden nächsten vier Jahren aufgreifen und angehen. Vor al-lem wollen wir Ihr Denken in linken Überschriften der80er-Jahre widerlegen, indem wir deutlich machen, dassdas, was wir aufgeschrieben haben, zum Wohle der Ver-sicherten, zum Wohle der Patienten in der Praxis tatsäch-lich funktioniert.Ich freue mich jedenfalls auf diese Arbeit.
Weitere Wortmeldungen zu diesem Themenbereichliegen nicht vor.Ich rufe nun die Themenbereiche Finanzen undSteuern und im gleichen Zusammenhang Tagesord-nungspunkt 2 sowie Zusatzpunkt 5 auf:2 Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten Entwurfs einesGesetzes zur Beschleunigung des Wirt-
– Drucksache 17/15 –Überweisungsvorschlag:Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und TechnologieAusschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutzAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendZmgWzFfpmdiüafhsGgikdgrggRwKRzwVgQd
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Gleichzeitig wird das Kindergeld ab dem 1. Januar 2010für jedes Kind um 20 Euro erhöht. Das ist wirklich einesozial ausgewogene Maßnahme, die auch der Stärkungder privaten Nachfrage dient.
Ich habe in den Debatten der letzten Jahre eigentlichnie gehört, dass irgendjemand in diesem Hause bezwei-felt, dass Verbesserungen beim Familienleistungsaus-gleich sozial angemessen und im Übrigen auch die pri-vate Nachfrage stärkend seien.
Zweitens werden wir es den Unternehmen durch ge-zielte, in ihren haushaltsmäßigen Auswirkungen nochbegrenzte, aber dringend notwendige Korrekturen imBereich der Unternehmensbesteuerung erleichtern, diezum Zeitpunkt der Unternehmensteuerreform und übri-gens auch zum Zeitpunkt der Erbschaftsteuerreform sonicht voraussehbare dramatische Wirtschaftskrise bes-ser zu überstehen. Deswegen sind diese Korrekturen indieser Krise notwendig.
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nd sie in konjunkturell schwierigen Zeiten zu entlastennd zu stärken.
Ein weiteres Beispiel ist die Regelung zur Sofortab-chreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern bis zu10 Euro,
ie übrigens auch ein Stück weit Bürokratieentlastungnd Steuervereinfachung ist.
adurch, dass wir das Wahlrecht zur Bildung eines Sam-elpostens für alle Wirtschaftsgüter zwischen 150 und000 Euro zulassen,
rhalten die Unternehmen bei der Wahl zwischen denbschreibungsmodalitäten mehr Flexibilität; das kannedes Unternehmen für sich am besten entscheiden.
Zur Erbschaft- und Schenkungsteuer: Wer sich dientwicklung der Lohnsummen in diesem Jahr anschaut,ird nicht ernsthaft bestreiten können, dass bei den Re-elungen, die wir insbesondere zur Ermöglichung dernternehmensnachfolge im Bereich der Erbschaftsteuereschlossen haben, Korrekturbedarf besteht. Deswegenlaube ich, dass das angemessen ist.
s ist übrigens auch im Hinblick auf Art. 6 des Grundge-etzes richtig, den Fehler der Erbschaftsteuerreform, Ge-chwistern und Geschwisterkindern keinen ermäßigtenteuersatz zuzugestehen, mit dem Wachstumsbeschleu-igungsgesetz zu korrigieren.
Um es offen zu sagen: Natürlich war die Frage des er-äßigten Mehrwertsteuersatzes für Beherbergungsleis-ungen im Hotel- und Gastronomiebereich auch inner-alb der Koalitionsfraktionen streitig und ist intensiviskutiert worden. Das gehört zu Volksparteien. Warumuch nicht? Aber im Ernst: Man kann nicht bestreiten,ass die Gastronomie und der Beherbergungsbereich imettbewerb mit Anbietern überall in Europa und da-über hinaus stehen, für die geringere Mehrwertsteuer-ätze gelten. Deswegen ist die Senkung des Umsatzsteu-
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Bundesminister Dr. Wolfgang Schäubleersatzes bei Beherbergungsleistungen im Hotel- undGastronomiebereich eine Maßnahme, die unter Wettbe-werbsgesichtspunkten vertretbar ist und die richtig undangemessen ist. Deswegen schlagen wir das vor.
Ich bitte für das Gesetz, das wir heute in erster Lesungberaten, um zügige Beratung, damit es vor Weihnachtenverabschiedet und im Bundesgesetzblatt verkündet wer-den kann und dann zum 1. Januar 2010 in Kraft tretenkann. Wir werden in dieser Legislaturperiode, wie es inunserem Koalitionsvertrag vereinbart ist, im Steuersys-tem weitere strukturelle Vereinfachungen und Verbesse-rungen vornehmen. Darüber werden wir im nächstenJahr zu reden haben. Heute geht es darum, in einem ers-ten Schritt das zu beraten, was zum 1. Januar 2010 inKraft gesetzt werden muss.
Meine Damen und Herren, für diese Regierung stehtsteuerliche Wachstumspolitik nicht in Widerspruch zuder genauso notwendigen Konsolidierungspolitik. Wirmüssen beides hinbekommen.
– Klar, Frau Hendricks: Das ist schwierig – das wissenSie, das wissen wir –;
aber beides ist notwendig. Auf Dauer werden wir nurdann erfolgreich konsolidieren können, wenn wir dieBedingungen für robustes Wirtschaftswachstum in die-sem Land schaffen. Deswegen ist das kein Gegensatz.
Kein Land ist mit dem Rest der Welt wirtschaftlich soeng verflochten wie die Bundesrepublik Deutschland.Deswegen sind wir gerade bei der Durchführung undFormulierung unserer Finanzpolitik auf internationaleAbstimmung angewiesen. Finanzpolitischer Handlungs-rahmen ist für uns nicht nur Deutschland, sondern dergesamte europäische Binnenmarkt. Dabei müssen politi-sche Maßnahmen – in Verwirklichung des Subsidiari-tätsprinzips – in der Sache und auf den Zeitpunkt bezo-gen der länderspezifischen Situation angepasst werden.Wir müssen immer wissen: Die Exportnation Deutsch-land ist essenziell auf offene Märkte und funktionieren-den Welthandel mit klaren Regeln angewiesen.
Deswegen schaden protektionistische Tendenzen derWeltgemeinschaft insgesamt.Ich hatte am Freitag/Samstag der vergangenen Wochebeim G-20-Finanzministertreffen und am Montag/Dienstag bei der Eurogruppe und der Ecofin-Gruppe inBdnkmbdfSsmFFsVU3wBsHswddKdrreuGmBGrutddnEMh–csdaDdtd
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Bundesminister Dr. Wolfgang Schäublekeit –, einen koordinierten Ausstieg, also eine Exitstra-tegie, vorzubereiten; denn je besser das koordiniert wird,umso geringer sind die wettbewerbsverzerrenden Wir-kungen, wie sie bei einem nichtkoordinierten Ausstiegauftreten.Die momentanen expansiven Schritte waren unver-meidlich; aber sie sind auf Dauer – auch das muss manklar sagen – nicht durchhaltbar, und sie sind auch nichtnachhaltig, weil sonst die Geldwertstabilität und dieTragfähigkeit der öffentlichen Haushalte gefährdet wä-ren, um es vorsichtig zu formulieren – im Übrigen mitdann unvermeidlichen Konsequenzen für die Zinspolitikder Zentralbanken. Das Risiko, jetzt die Basis für künf-tige Blasenbildung auf den Finanzmärkten zu legen, dür-fen wir im Sinne der Krisenprävention ebenfalls nichtaus den Augen verlieren. Die Chance ist gut, dass sichnicht wiederholen wird, was sich vor zwei Jahren ereig-net hat; aber ganz ausgeschlossen ist die Gefahr nochnicht.Vor diesem Hintergrund habe ich meinen Kollegen inBrüssel am Montag und Dienstag etwas zugesagt, wasfür Deutschland selbstverständlich ist und was übrigensauch in unserem Koalitionsvertrag ganz ausdrücklichformuliert ist, dass wir nämlich den Stabilitäts- undWachstumspakt einhalten werden.
Wenn Deutschland ihn nicht einhalten und verteidigenwürde – das habe ich den Kollegen in Europa gesagt –,dann würden wir die Grundbedingung, die wir bei derSchaffung der Währungsunion festgelegt haben, miss-achten. Das ist eine Weile her; aber wir mussten denMenschen in Deutschland erklären, dass eine europäi-sche Währung so stabil sein wird, wie die D-Mark war.Die Grundvoraussetzung ist die Einhaltung des Stabili-täts- und Wachstumspaktes.Also werden wir, wie von der EU-Kommission emp-fohlen, 2011 mit der Konsolidierung beginnen, wenn einselbsttragender Aufschwung bis dahin eingetreten ist,wovon wir heute ausgehen können. Damit werden wirdas Defizitkriterium von 3 Prozent des Bruttoinlands-produkts bis 2013 wieder unterschreiten. Das bedeutetdann auch, dass alle weiteren wachstumspolitischenMaßnahmen – das steht auch so in unserer Koalitions-vereinbarung – unter Vorbehalt der Vereinbarkeit mit eu-ropäischen und nationalen Haushaltsregeln stehen. ImÜbrigen muss dieser Koalition niemand sagen, dass dasGrundgesetz in allen seinen Teilen gilt. Das, was wir inder Föderalismuskommission II umgesetzt haben, warrichtig und notwendig und wird eingehalten.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie michzum Abschluss noch einen kurzen Blick auf Folgendeswerfen: Es gibt Untersuchungen – diese möchte ich in die-sem Zusammenhang wenigstens angesprochen haben –zum Beispiel der EU-Kommission, die darauf hindeuten,dass unser Potenzialwachstum durch die Krise sinkt.Also sind Strukturreformen notwendig, um das Poten-zTizngdnssu2ndsgustbrs–tk–sskpsn–wdlDdlkd
Ich schicke Ihnen meine Schulzeugnisse mit den Ma-hematiknoten, Herr Bonde. Seien Sie vorsichtig! Ichann ziemlich gut rechnen. Ich habe es nicht verlernt.
Wissen Sie, ich habe gelegentlich zu Ihrem Parteivor-itzenden, dem ich auch persönlich verbunden bin, ge-agt: Wenn zwei plus zwei gleich vierzig wären, dannönnte man mit Lafontaine Finanzpolitik machen. Zweilus zwei ist aber vier.
Zu Beginn der Legislaturperiode wird unsere gemein-ame Aufgabe sein, im demokratischen Streit ein ver-ünftiges Maß zu finden.
Ja, ja, Sie hören nicht gerne etwas über Aufgaben; Sieollen nur Versprechen machen, von denen Sie hoffen,ass Sie sie nicht selber realisieren müssen. Ich sprecheieber von unserer gemeinsamen Aufgabe.
iese Aufgabe wird sein, ein vernünftiges Maß zu finden,as sowohl den berechtigten Wünschen der gesellschaft-ichen und politischen Akteure und den Bedürfnissen zu-ünftiger Generationen als auch den Notwendigkeitenes Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes und
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Bundesminister Dr. Wolfgang Schäubleunseres Grundgesetzes Rechnung trägt. Dazu zähle ichauf Ihrer aller Unterstützung.Herzlichen Dank.
Für die SPD-Fraktion erhält nun der Kollege Joachim
Poß das Wort.
Guten Morgen, Herr Präsident! Meine Damen undHerren! Herr Bundesfinanzminister, lieber Herr Schäuble,ich wünsche Ihnen für Ihre schwierige Aufgabe eineglückliche Hand. Sie haben vorhin schon eine Kost-probe dafür geliefert, was wir in den nächsten Wochenund Jahren erwarten dürfen und wie Sie versuchen, dieGratwanderung zwischen Frau Merkel und HerrnWesterwelle zu bewältigen.Sie haben gerade aber auch bewiesen, dass Sie in derLage sind, ökonomisch unnötige Steuergeschenke wort-reich zu begründen. Diese Fähigkeit wird, denke ich, beiIhrer Schuldenpolitik an Grenzen stoßen.Ihr ernst gemeintes Bekenntnis zu Europa auch in derFinanz- und Stabilitätspolitik relativiert sich durch Ihrekonkreten Absichten oder durch das, was Sie noch nichtaussprechen. Denn diese Bekenntnisse sind nicht durchkonkrete Politik unterlegt, ganz im Gegenteil: Alles, wasSie – insbesondere bei Ihrer Steuersenkungspolitik –verkünden, steht im Gegensatz zu diesen Bekenntnissen.In der Regierungserklärung von Frau Merkel war das of-fenkundig. Das werden wir Ihnen bei aller Kooperation,die nötig ist, nicht durchgehen lassen.
Wir verstehen unsere neue Rolle sicherlich nicht so, dasswir blindwütige Angriffe gegen Sie unternehmen. Sieselber sollten allerdings möglichst versuchen, die Liniedessen, was in der Großen Koalition gemeinsam erreichtwurde, um Wachstum und Stabilität anzustreben, auchfortzusetzen.Sie sind ganz klar dabei, diese Linie zu verlassen. DerGesetzentwurf, den wir heute beraten, ist ein eindeutigerBeleg dafür, dass es Ihnen nicht nur um Steuersenkun-gen zur Wachstumsbelebung geht, sondern dass Sie of-fenkundig auch Gefangener der Steuersenkungsverspre-chen Ihrer Partei und insbesondere der von HerrnWesterwelle geworden sind. Das ist keine komfortableLage für eine solide Politik, Herr Schäuble, selbst wennSie beabsichtigen sollten, eine solche zu betreiben. Manmuss bei Ihnen sehr genau hinhören.
In den Debatten der letzten Tage ist zu Recht die man-gelnde Klarheit der Koalitionsvereinbarung kritisiertworden. Fast alle wichtigen Themen werden in Kommis-sionen oder Arbeitsgruppen verschoben, auf jeden Fallaber hinter das Datum der Landtagswahl in Nordrhein-WcdsddeWrLDdKtzgrSAosssHtrs–tbmtsEjKrHddmFMtdrSg
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Viel wichtiger wäre es dagegen gewesen, sich Gedan-ken zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes zu machenund durch weitere Maßnahmen die Nachfrageseite unse-rer Wirtschaft zu stärken. Wir fordern zu diesem Zweckdie Verlängerung der geförderten Altersteilzeit um fünfJahre und werden beantragen, den Entwurf des Wachs-tumsbeschleunigungsgesetzes um unseren diesbezügli-chen Gesetzentwurf zu ergänzen.
Ich komme zu Schwindel Nummer 3: Auf der Ebeneder Länder und Gemeinden, also genau dort, wo die un-mittelbar vor Ort beschäftigungswirksamen öffentlichenInvestitionen getätigt werden, werden die Wachstums-kräfte durch die Regelungen Ihres Gesetzentwurfs nichtnur nicht gestärkt. Sie werden geschwächt und konter-kariert. Es ist doch absurd: Während sich Städte undGemeinden auf der einen Seite auch im kommenden Jahrnoch aus dem kommunalen Investitionsfonds des Kon-junkturpaketes II bedienen können, werden ihnen auf deranderen Seite von der neuen Bundesregierung gleichzei-tig Steuereinnahmen in Milliardenhöhe entzogen. Das istWachstumsverhinderung, nicht Wachstumsbeschleuni-gung.
Die Zahlen der Steuerschätzung, Herr Schäuble, sindgut eine Woche alt. Selbst ohne die neuerlichen Maßnah-men fehlen den Ländern in 2010 gegenüber 2008 gut20 Milliarden Euro und den Städten gut 10 MilliardenEuro. Jeder Euro weniger an Steuereinnahmen heißt ei-nen Euro weniger Investitionen oder einen Euro mehrSchulden. Wer Ländern und Kommunen nur die Wahlzwischen Investitionskürzung und noch mehr Schuldenlässt, der gestaltet Zukunft nicht – diesen Anspruch ha-ben Sie in Ihrer Regierungserklärung deutlich gemacht,Frau Merkel –, sondern verhindert sie. Das ist doch ge-nau die Art von Steuer- und Finanzpolitik, die unserLzhJsWodktPsdbBwzlMtKeblKZuMvgnwrdVWdtLb
etzt fangen Sie das gleiche Spiel wieder an. Deswegentehen Sie nicht in der Kontinuität einer auf Solidität undachstum angelegten Politik der Großen Koalition.
Nun mag der Bund in der Lage sein, in 2010 mit denhnehin vorgesehenen 86 Milliarden Euro neuen Schul-en auch seinen Anteil an den zusätzlichen Steuersen-ungen zu finanzieren. Aber nun ein Wort zum Stabili-äts- und Wachstumspakt in Europa und zur zukünftigenolitik, Herr Schäuble: Auch beim Bund erhöhen die zu-ätzlichen Einnahmeausfälle das strukturelle Defizit,as nach den Regeln der Schuldenbremse bis 2016 abge-aut werden muss. Das heißt, allen Bürgerinnen undürgern, die jetzt mit Entlastungen beglückt werden,ird die Rechnung dafür noch präsentiert werden, undwar in Form höherer Steuern oder – das ist wahrschein-icher – in Form von Leistungskürzungen. Das ist eineogelpackung. Das wird die heute scheinbar Begünstig-en, die sich freuen, noch teuer zu stehen kommen.
Dabei geht es nicht darum, dass wir den Familien mitindern nicht ein höheres Kindergeld wünschen, wenns denn solide finanziert würde. Aber was ist denn dasitte schön für eine Entlastung für Familien, mit der, al-en Bekenntnissen hier zum Trotz, sehenden Auges denindern selbst die vollen Kosten zuzüglich Zins undinseszins aufgebürdet werden? Das kann doch nichtnser Weg in die Zukunft sein. Kehren Sie um, Frauerkel und Herr Schäuble, bevor es zu spät ist.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Das Wort hat jetzt der Kollege Carl-Ludwig Thiele
on der FDP-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrten Kolle-innen und Kollegen! Finanzminister Schäuble, zu-ächst möchte ich Ihnen in dem neuen Amt viel Erfolgünschen. Ich habe es begrüßt, dass Sie in Brüssel wa-en.Wir, CDU, CSU und FDP, haben damals gemeinsamen Euro eingeführt. Wir haben uns gemeinsam für denertrag von Maastricht mit seinen Kriterien eingesetzt.ir wollten unsere Währung stabil halten und sind froh,ass es uns gelungen ist, das international zu implemen-ieren. Wenn es derzeit Schwierigkeiten gibt, in unseremand wie auch in anderen europäischen Ländern, dannesteht unser Weg, anders als das unter rot-grüner Regie-
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Carl-Ludwig Thielerungszeit der Fall war, nicht darin, die Kriterien zu ver-ändern, sondern er besteht darin, zu den Kriterien zu ste-hen und in diesen schwierigen Zeiten gleichwohl dafüreinzutreten, dass diese Kriterien Bestand haben. Dassind wir den Bürgern und der Wirtschaft unseres Landesschuldig.
Ich freue mich natürlich auch darüber, dass die FDPnach elf Jahren die Zukunft unseres Landes wieder mit-gestalten darf. Ich gestehe allerdings ganz freimütig,dass ich mir wirtschaftlich schönere Zeiten gewünschthätte, als wir sie derzeit haben. Aber das ist eine Heraus-forderung mehr. Wir erleben allerdings auch gerade inder Koalition eine Premiere in der Geschichte unseresLandes. Frau Merkel ist die erste Bundeskanzlerin unse-res Landes, die in einer neuen Koalition Kanzlerinbleibt. Das hat es in der Geschichte unseres Landes nochnicht gegeben, auch nicht bei Beendigung der GroßenKoalition 1969. Diese Tatsache hat Auswirkungen:Weite Teile der Union sehen sich weiterhin in der Konti-nuität des bisherigen Regierungshandelns,
die FDP will aber einen politischen Neuanfang, undden brauchen wir in unserem Land, sowohl in der Sacheals auch bei den Personen. Wir sind froh, dass unserePersonen neu in das Kabinett eingezogen sind.
Aber – auch das sage ich ganz klar – ich bekenne michzu dieser Koalition. Wir wollen gemeinsam in dieserKoalition in schwierigen Zeiten jetzt Politik neu gestal-ten. Das ist die Aufgabe, die wir haben.
Anfang des Jahres wurde noch mit einem Wirtschafts-einbruch von 6 Prozent gerechnet. Wir haben derzeitVoraussagen, dass es 3,9 Prozent sind. Das ist immernoch der stärkste Wirtschaftseinbruch in der Geschichteunseres Landes. Durch diesen Wirtschaftseinbruch ha-ben viele Menschen ihre Arbeitsplätze verloren, vielesind in Kurzarbeit, und viele Bürger haben Angst um ih-ren Arbeitsplatz. Ziel liberaler Politik und der Politikdieser Koalition ist es daher, die Rahmenbedingungenfür Wachstum zu verbessern, damit die bestehenden Ar-beitsplätze sicherer und Voraussetzungen dafür geschaf-fen werden, dass neue Arbeitsplätze in unserem Landeentstehen können.
Die Bürger hatten bei der Bundestagswahl die Wahlzwischen Parteien, die in der Krise die Steuern erhöhenwollten, und zwischen Parteien, die die Steuern senkenwollten. Die Bürger haben sich klar für die Parteien ent-schieden, die die Steuern senken wollen. Damit die Bür-ger aber auch sehen, dass Union und FDP nicht nur vonWachstum und „mehr Netto vom Brutto“ sprechen, son-dern auch wirklich entsprechend handeln, freue ichmrdwAgwOdcbebMbedpdmwfssBhbEtEwgKKsldPIBfwsdetrt
Außerdem werden wir Fehler bei der Unternehmen-teuerreform korrigieren, die für die Betriebe krisenver-chärfend wirken und Arbeitsplätze gefährden, wie zumeispiel die steuerpolitisch völlig verfehlte Heranzie-ung von Kosten als Bemessungsgrundlage für die Erhe-ung von Steuern. Wir werden ferner im Bereich derrbschaftsteuer zwei Maßnahmen der Großen Koali-ion direkt korrigieren. Geschwister wurden durch dierbschaftsteuerreform der Großen Koalition steuerlichie völlig Fremde behandelt. Dazu wurde ein neuer Be-riff eingeführt, nämlich der Begriff der sogenanntenernfamilie. Zur Kernfamilie sollten nur noch Eltern,inder, Großeltern und Enkel zählen. Welches gesell-chaftspolitische Bild steckt hinter einer solchen Fami-iendefinition? Geschwister sind diejenigen Personen,ie uns die längste Zeit durch das Leben begleiten. Dieseersonen zählten für die FDP schon immer zur Familie.ch freue mich darüber, dass mit unserer Forderung eineresserstellung der Geschwister bei der Union – trotzinanzieller Auswirkungen – offene Türen eingerannturden; denn auch dort hat es vielen überhaupt nicht ge-chmeckt, welcher Unfug mit der Erbschaftsteuer aufen Weg gebracht worden war.
Ferner werden wir im Bereich der Erbschaftsteuerine erste Entlastung von Erben mittelständischer Be-riebe durch eine deutliche Erleichterung der Fortfüh-ungsklausel beschließen. Die Benachteiligung der mit-elständischen Betriebe gegenüber börsennotierten
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Carl-Ludwig ThieleKapitalgesellschaften bei der Erbschaftsteuer muss aller-dings weiter abgebaut werden.Wir wollen die Wachstumsbedingungen dadurchverbessern, dass geringwertige Wirtschaftsgüter wiederabgeschrieben werden können. Das erspart Bürokratieund hilft gerade den kleinen Betrieben.Auch über das Beherbergungsgewerbe – MinisterSchäuble hat es angesprochen – gab es eine Diskussion.Ich glaube, es ist richtig, dass wir versuchen, diesen Teilunserer Wirtschaft international gleichzustellen. Deshalbhaben wir diese Regelung in den Gesetzentwurf aufge-nommen.
Nun kritisiert die Opposition den Entwurf des Wachs-tumsbeschleunigungsgesetzes und unsere weiteren steu-erpolitischen Vorhaben als Steuersenkung auf Pump.
Sie wollen dadurch anscheinend suggerieren, Sie hättenin Ihrer Regierungszeit – das betrifft auch die Regie-rungszeit von Rot-Grün, Herr Trittin – Steuersenkungennur beschlossen, wenn der Staat Überschüsse erwirt-schaftet hat. Das hat er aber nicht.
Das heißt, auch Ihre Steuersenkungen gingen mit einerNeuverschuldung der öffentlichen Haushalte einher. Dasmuss man an dieser Stelle sehen.Schauen wir uns die letzten Jahre an: Zuletzt wurdenzwei Konjunkturprogramme in einer Größenordnungvon mehr als 80 Milliarden Euro aufgelegt. Diese Kon-junkturprogramme wurden ausschließlich – das sage ichganz deutlich an die Adresse der SPD – durch eine Erhö-hung der Neuverschuldung finanziert. Das ist der Grund,warum Finanzminister Steinbrück im Sommer diesesJahres einen Haushaltsentwurf für das Jahr 2010 einge-bracht hat, in dem sämtliche Schuldenrekorde unseresLandes gebrochen werden; das nächste Jahr sollte miteiner Neuverschuldung von 86,1 Milliarden Euro ange-gangen werden.
Dass wir in der Krise etwas für die Konjunktur tunmüssen, ist vollkommen richtig. Aber wir wollen konso-lidieren, und wir wollen Wachstum fördern. Das gehörtfür uns zusammen. Das sind zwei Seiten derselben Me-daille, und dafür werden wir uns einsetzen.
In den letzten vier Jahren hat die Große Koalitionüber die Verhältnisse unseres Landes gelebt.
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Das Wort hat die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch von der
raktion Die Linke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrtenamen und Herren! Herr Schäuble, Sie haben gemeint,ier über die Rechenkünste von Herrn Lafontaine spre-hen zu müssen. Ihn muss ich nicht verteidigen; dasann er selber ganz gut.Aber an Ihre Rechenkünste möchte ich gerne erin-ern. Sie und Ihr Freund, Helmut Kohl, haben vor0 Jahren geglaubt, die deutsche Einheit könne aus derortokasse bezahlt werden. Da haben Sie bewiesen, wiechlecht Sie rechnen können.
Die Kanzlerin hat von der schwersten Krise in dereschichte der Bundesrepublik gesprochen. Da hat sieecht. Die Bürger haben zu Recht erwartet, dass sich dieanzlerin gleich nach der Vereidigung an sie wendet,m Sofortmaßnahmen zur Bekämpfung der Krise vor-ustellen. Nötig wären die sofortige Einführung einerörsenumsatzsteuer, die sofortige Rücknahme der De-egulierungsgesetze für den deutschen Finanzmarkt, dieofortige direkte Kreditvergabe an kleine und mittlerenternehmen durch den Staat und die sofortige Erhö-ung der Hartz-IV-Sätze für Kinder. Das alles ist nichteschehen, und das ist verheerend.
Stattdessen flog die Kanzlerin lieber über den Großeneich, um erst einmal alles mit dem Großen Bruder inmerika abzusprechen. Gerade im Osten sah ich da einchmunzeln in den Gesichtern vieler Menschen, die sag-en: Na, das kennen wir doch. Erich Honecker mussteuch erst in Moskau erscheinen, um den Bürgern dannitteilen zu können, wie es im Lande weitergeht.
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Dr. Gesine Lötzsch– Die Reflexe funktionieren – ich sehe das – sehr gut.Weil wir ja nun seit einem Jahr den Mauerfall feiernund jetzt ein weiteres Jahr die Deutsche Einheit, will ichnoch kurz etwas zu diesem Thema sagen: Die Ostdeut-schen hatten in der letzten Zeit viel zu schmunzeln.
Überhaupt: Ich kenne keine Jammerossis, ich kenne vorallem Schmunzelossis. „Das kennen wir doch!“, sagendie schmunzelnden Ostdeutschen.Die Kanzlerin hat vor der Wahl nicht gesagt, wer dieKosten der Krise bezahlen soll, und sie hat es auch in derRegierungserklärung nicht gesagt. Die Menschen kön-nen mit der Wahrheit umgehen, und sie können auch mitschlechten Nachrichten umgehen, sie können es abernicht ertragen, wenn die Regierung sie belügt.
Schon die Koalitionsverhandlungen machten deutlich,welche Schwierigkeiten die Regierung mit der Wahrheithat. In einem Schattenhaushalt sollten die Wahlge-schenke an die Unternehmen und an die Erben großerVermögen versteckt werden.
Aber die Proteste gegen diese Klientel- und Verschleie-rungspolitik waren so groß, dass der Schattenhaushalterst einmal zurückgezogen werden musste. Das Ergebnisallerdings ist: Der gesamte Bundeshaushalt ist jetzt eineinziger großer Schattenhaushalt. Alles, was die Bundes-regierung im Schattenhaushalt verstecken wollte, wirdsie im nächsten Bundeshaushalt verstecken. Da frage ichmich: Ist Herr Schäuble vielleicht nur ein Schattenminis-ter?Die Kanzlerin verteidigte in ihrer Rede noch einmaldie Steuersenkungen auf Pump. Sie wolle die Arbeitneh-mer in der Krise nicht zusätzlich belasten. Auch das isteine Lüge. Es ist eine Lüge, weil Sie von der Koalitiondie Beiträge zur Arbeitslosen- und Krankenversicherungerhöhen werden. Sagen Sie den Menschen doch wenigs-tens die Wahrheit!
Wir als Linke sagen: Es gibt eine andere Möglichkeit,die die Kanzlerin allerdings verschwiegen hat: die Anhe-bung der Steuern auf große Vermögen, Dividenden, Boniund unanständig hohe Gehälter. Mit diesen Mehreinnah-men hätte die Bundesregierung die Kosten der Krise fi-nanzieren können. Der vorliegende Entwurf eines Wachs-tumsbeschleunigungsgesetzes ist in Wirklichkeit derEntwurf eines Umverteilungsbeschleunigungsgesetzes.Meine Damen und Herren, Sie bedienen Ihre Klientel wieschon in der letzten Legislaturperiode, bloß dass Sie jetztnoch dreister und schneller von unten nach oben umver-teilen wollen. Dem stellen wir uns entgegen.
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ir wissen, wie diese Sache ausgegangen ist. Auch iner Krise braucht eine Regierung wenigstens eine mittel-ristige Strategie; es reicht kein Hüpfen von Jahr zu Jahr.Meine Damen und Herren, zu der von Herrn Schäubleiederum aufgestellten Behauptung, dass die Finanz-ärkte nur international reguliert werden können, ist zuagen: Das ist eine weitere Lüge. Natürlich brauchen wirnternationale Regeln, aber Sie müssen doch einsehen,ass ein Teil der Finanzkrise hausgemacht ist. Wir brau-hen also nicht zu warten, bis alles international geregeltst. Wir müssen heute schon in unserem eigenen Hausieder Ordnung schaffen.
Der Finanzminister – Sie haben das gesagt, Herrchäuble – muss im nächsten Jahr 86 Milliarden Euro aneuen Schulden aufnehmen, um die dramatischen Aus-irkungen der Krise in den Griff zu bekommen. Aberleichzeitig entlasten Sie Manager, Erben und Bankdi-ektoren, die für diese Krise mit die Verantwortung tra-en. Und Sie wälzen in unverantwortlicher Weise dieasten auf die Länder und Kommunen ab. Ich nenne Ih-en nur einmal ein Beispiel: Meine Heimatstadt, dasundesland Berlin, wird durch Ihre Steuerpolitik00 Millionen Euro weniger haben. Das entspricht ei-em Gegenwert von 100 000 Kita-Plätzen. Da reden Sieier von Familienfreundlichkeit? Das ist doch ein Wi-erspruch.
Meine Damen und Herren, ab 2011, so haben wir ge-esen, soll wieder gespart werden. Dazu gibt es schonine Menge an Vorschlägen von sogenannten Expertenie Herrn Sinn, der den Hartz-IV-Satz regionalisieren,lso wieder eine Mauer zwischen Ost- und Westdeutsch-and aufbauen will. Wir sagen Ihnen: Dieser Vorschlagst nicht nur unsinnig, er ist auch juristisch nicht haltbar,r ist unsozial und spalterisch – und das angesichts der0-Jahr-Feiern, die wir gerade erleben. So geht dasicht.
Eine wirkliche finanzpolitische Linie ist weder imoalitionsvertrag noch in den Reden der Regierungsmit-lieder zu erkennen. Nur wenn man zwischen den Zeileniest, was wir ja gelernt haben, findet man heraus, dassiese Regierung nicht das Wohl der Menschen in diesemand im Auge hat, sondern ausschließlich das Wohl voneuten wie Herrn Ackermann, mit denen sie auch gernem Kanzleramt Geburtstagspartys feiert.
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300 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2009
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Dr. Gesine LötzschWir als Linke werden in dieser Legislaturperiode denBundeshaushalt gut ausleuchten und die Bürger über dieSchattenspiele der Regierung ausführlich informieren.Darauf können Sie sich verlassen.
Das Wort hat jetzt der Kollege Alexander Bonde vom
Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Herr Finanzminister Schäuble, als Mitglied der Opposi-tion will ich Ihnen zu Ihrem neuen Amt gratulieren undIhnen viel Glück in diesem schwierigen Amt, das Sieübernommen haben, wünschen. Denn Glück werden Sieangesichts der Widersprüche, die Sie in der Finanz- undHaushaltspolitik von Ihrem Koalitionspartner in einerwirtschaftlich schwierigen Zeit ins Gepäck gelegt be-kommen haben, brauchen.Diese Koalitionsverhandlungen waren ein denkwür-diges Ereignis. Man muss sich einmal daran erinnern:Einen Kassensturz hat die neue Koalition nicht vorge-nommen. Sie alle sagen: Wir fahren jetzt auf Sicht. Aberjeder in diesem Haus weiß, wo eine Strategie „Auf Sichtfahren und die Augen zumachen“ endet.
Mit einem faulen Trick haben Sie versucht, die wirklichschwierige Situation unter den Teppich zu kehren. Einriesiger Schattenhaushalt war Ihre Antwort, um sichaus der Verantwortung zu stehlen.Man kann sich einmal eine Auswahl der öffentlichenMeinung anschauen: Die Frankfurter Rundschau schriebam 6. November „An den Jungen bleibt es hängen“. DieFinancial Times Deutschland schrieb am 20. Oktober„Schwarz-Gelb spendiert auf Pump“, und die FAZschrieb am 2. November „Mit Vollgas in den finanzpoli-tischen Nebel“. Diese Liste ließe sich beliebig weiter-führen. Finanz- und haushaltspolitische Solidität siehtanders aus als das, was Sie hier an wochenlangem Haus-haltschaos inszeniert haben.
Die Liste der Zitate über Ihr Unvermögen ließe sich,wie schon gesagt, beliebig fortsetzen. Schwarz-gelbeLandesminister – ich denke an Herrn Linssen in NRW –,schwarze Oberbürgermeisterinnen – ich denke an FrauRoth aus Frankfurt –, Ministerpräsidenten – ich denke anHerrn Tillich aus Sachsen – und viele mehr haben be-griffen, dass Sie einen Rest an Solidität nur durch dasVerschieben der Lasten auf andere Ebenen bewahrenwollen: verschieben zulasten der Länder und der Kom-munen, also dorthin, wo wirklich Investitionstätigkeitder öffentlichen Hand stattfindet. Sie schieben denSchwarzen Peter also den Ländern und Kommunen zu.
Die Strategie der Schattenhaushalte ist erst einmalgrandios gescheitert. In Ihrem Koalitionsvertrag ist die-ssCWwDBFSmndVHdmSaWmtDFSphamWaldcSdEFDWeaS
is kurz vor Ende der Legislaturperiode gab es dieöderalismuskommission II. Ich kann mich an unsereitzungen noch gut erinnern. Besonders gut kann ichich an die Vertreter der FDP in diesem Gremium erin-ern, die jedes Mal lautstark ein Schuldenverbot gefor-ert haben. Ich präzisiere: ein vollständiges Verbot vonerschuldung.
err Burgbacher war einer der Fürsprecher eines Schul-enverbots. Er ist heute Staatssekretär beim Wirtschafts-inister Brüderle. Der Minister hat uns gestern an diesertelle erklärt, es gebe nichts Besseres für das Wachstumls Steuersenkungen auf Pump, es gebe nur eine Chance,achstum zu erreichen, nämlich durch Verschuldung. Jeehr Verschuldung, desto besser sei dies für das Wachs-um.
iesen Spagat, liebe Kolleginnen und Kollegen von derDP, sollten Sie uns einmal erklären. Ich verstehe, dassie Angst davor haben, dass die Leute begreifen, was daassiert ist. – Da Sie sich so aufregen, Herr Thiele: Ichabe daheim zwei kleine Kinder. Ich weiß, wie einerussieht, der die Hose voll hat. Das sehe ich genau.
Lassen Sie mich auf die Kanzlerin zu sprechen kom-en. Hier gibt es ja ähnliche Fragestellungen. Vor derahl haben Sie uns erklärt, die Defizite der Bundes-gentur für Arbeit seien kein Problem; das sei ein Dar-ehen. Jetzt geben Sie zu: Dies ist kein Darlehen. Nacher Wahl ist klar: Das führt zu einer zusätzlichen jährli-hen Verschuldung im Rahmen des Bundeshaushaltes.ie wissen, das führt jährlich zu einer massiven Milliar-enlücke. Sie addiert sich bis 2013 auf 40 Milliardenuro.Deshalb ein Merksatz an die FDP zum Mitschreiben:ür einen Steuerzuschuss brauche ich Steuereinnahmen.as ist mathematisch zu erklären.
enn ich Steuereinnahmen brauche, kann ich die Steu-rn nicht senken. Ihre Refinanzierungskurven werdenm Ende dazu führen, dass die Handlungsfähigkeit destaates abnehmen wird.
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Alexander Bonde
Sie argumentieren immer damit, dass uns Wachstumretten wird. Sie müssen aber absurd hohe Wachstums-raten generieren, um das hinzubekommen, was Sie hierimmer behaupten. Wenn Sie an Ihre Steuersenkungs-pläne denken und gleichzeitig Ihr Bekenntnis zu denMaastricht-Kriterien ernst nehmen – das bedeutet zumBeispiel, dass Sie, was die Staatsverschuldung angeht,60 Prozent des BIP nicht überschreiten –, dann bräuch-ten Sie bis ins Jahr 2030 ein jährliches Wirtschafts-wachstum von 4,2 Prozent, um Ihre Pläne und dieMaastricht-Kriterien unter einen Hut zu bekommen. Damuss man wirklich fragen: Wo leben Sie denn eigent-lich?
Das sind keine Zahlen, die wir erfunden haben, son-dern die hat UniCredit berechnet, die nicht als volkswirt-schaftliche Unterabteilung der grünen Parteizentrale be-kannt ist. Das, was Sie hier machen, ist Traumtänzerei.Das Wachstum, das Sie zur Umsetzung Ihrer Pläne brau-chen, muss das Doppelte bis Dreifache des deutschenPotenzialwachstums sein. Die Gefahren, die darin beste-hen, hat der Bundesminister ausgeführt, nämlich daseher zu erwartende Sinken des Potenzialwachstums. WasSie hier versprechen, passt hinten und vorne nicht zu-sammen.Die Entlastung bei den Beherbergungsleistungen istein teures Wahlgeschenk. Es kostet Ihrer Meinung nach1 Milliarde Euro. Die von Ihrer Partei regierten Ländersprechen von 3 bis 4 Milliarden Euro; dies wurde schonausreichend kommentiert. Der Wachstumsimpuls istnull.Ungerecht ist, was Sie bei den Familien planen. Zu-künftige Generationen sollen es bezahlen. Die Eltern be-kommen jetzt 20 Euro pro Kind mehr im Monat. 1,8 Mil-lionen Kinder bekommen überhaupt nichts, weil Ihnenarme Kinder nichts wert sind. So viele Kinder leben inHartz-IV-Familien. Und da wird das Kindergeld kom-plett angerechnet.
Ähnlich ungerecht gehen Sie bei den Kommunen vor.Wenn Sie schon auf uns von der Opposition nicht hö-ren, dann hören Sie zumindest auf die Notenbanken, dieinzwischen laut vor Ihrem Kurs warnen. LuxemburgsPremierminister Jean-Claude Juncker sagt zu Recht: DerStabilitätspakt gilt. Er lässt Flexibilität zu, lässt aber Ver-antwortungslosigkeit nicht zu.Sehr geehrte Koalition, er lässt Verantwortungslosig-keit nicht zu. Nehmen Sie deshalb endlich eine verant-wortungsbewusste Position ein! Stampfen Sie den Ent-wurf Ihres Wahlgeschenkebeschleunigungsgesetzes, denSie heute einbringen, ein! Hören Sie auf, eine Haushalts-politik auf Pump zu machen, die die soziale Spaltungdieses Landes vorantreibt und die Investitionsfähigkeit,die wir gerade in dieser Krisensituation brauchen, be-schädigt! Drehen Sie um! Sie haben heute keine Antwortauf die wirklichen Fragen der Finanz- und Haushaltspo-lduwlavusnkezsIwFsganbmvmKsbcSwdwzwdrK–mwbg
Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Michael Meister
on der CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnennd Kollegen! Wir führen diese finanzpolitische Grund-atzdebatte über die neue Wahlperiode mitten in der Fi-anz- und Wirtschaftskrise. Wir sollten uns als Ersteslarmachen, dass eine positive Antwort auf die Frage, obs uns gelingt, ein Fundament für die neue Wahlperiodeu legen, indem wir Vertrauen auf dem Finanzsektorchaffen und dafür sorgen, dass sich ein Ereignis wie diensolvenz von Lehman Brothers vor gut einem Jahr nichtiederholen kann, die Basis für alle Überlegungen in derinanzpolitik ist. Wenn uns ein Lehman II passiert, dannind alle Debatten, die ich heute Morgen gehört habe,egenstandslos. Deshalb betrifft die Frage, die als erstengegangen werden muss, die Konsolidierung der inter-ationalen Finanzmärkte, Stabilisierung und Vertrauens-ildung. Darauf werden wir Wert legen.
Ich glaube nicht, dass die internationalen Finanz-ärkte bereits stabil sind. Die Gesundung geht langsamoran. Es ist nach wie vor Labilität zu erkennen. Deshalbüssen wir mit den Instrumenten, die wir in der Großenoalition beschlossen haben und die nach wie vor gültigind, an dieser Stabilisierung und Vertrauensbildung ar-eiten und die Finanzmärkte als öffentliches Gut si-hern, aber für die Zeit nach der Krise – dies hat Herrchäuble aus meiner Sicht richtig beschrieben – solltenir über eine intelligente Exitstrategie verfügen, miter wir uns von dem Eingriff des Staates, der notwendigar, um Vertrauen zu bilden, zurückziehen und die so-iale Marktwirtschaft auch im Bereich der Finanzmärkteieder wirksam werden lassen. Das ist die Aufgabe, vorer wir stehen. Das heißt, wir müssen darüber diskutie-en: Wie sieht diese intelligente Exitstrategie nach derrise aus?
Wir haben in der Krise die Notwendigkeit erkanntdas ist der mittel- und langfristige Auftrag, der im Rah-en von G 20 und EU, aber auch national diskutierterden muss –, eine bessere Ordnung für die Märkte zuekommen. Es geht nicht darum, Märkte aufzuheben; eseht auch nicht darum, Ordnung zu beseitigen. Vielmehr
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Dr. Michael Meisterdiskutieren wir über die Frage: Wie können wir eine bes-sere Finanzmarktverfassung bekommen?Dabei geht es für uns zum Ersten um mehr Informa-tion, um mehr Transparenz für die Verbraucher, weil wirals Koalition vom mündigen Bürger ausgehen und des-halb Verbraucherschutz für einen mündigen Bürger or-ganisieren wollen. Zum Zweiten geht es um die Frage,wie wir Defizite in der internationalen Finanzmarkt-regulierung beseitigen können, damit früher solchePhänomene erkannt werden können, die zu dieser Krisegeführt haben, sodass sie sich nicht wiederholen kann.Zum Dritten müssen wir überlegen, wie wir nach derKrise die Eigenkapitalanforderungen an die Finanzinsti-tutionen erhöhen können. Aus meiner Sicht ist dies allesdringend notwendig. Erst dann können wir über unsereAufgaben in der Haushaltspolitik und der Steuerpolitikdiskutieren. Deshalb möchte ich die Bundesregierung er-mutigen, die internationalen Aufgaben, aber auch die na-tionalen Hausaufgaben mutig anzupacken.
Wenn wir aus der Krise herauswollen, dann darf dieSchlussfolgerung nicht sein, dass wir in Zukunft die Fi-nanzmärkte überregulieren. Wir brauchen mehr Unter-nehmensgründungen und mehr Wachstumskapital inDeutschland. Deshalb müssen wir die Finanzmärkte soorganisieren, dass Gründungskapital und Wachstumska-pital zur Verfügung gestellt werden kann, dass kleineund mittelständische Unternehmen sich entwickeln undwachsen können.
Ferner müssen wir im Zusammenhang mit dem Pro-blem der Kapitalknappheit bei mittelständischen Unter-nehmen überlegen, wie wir hohe qualitative Standardsfestschreiben können, sodass Verbriefungen wiedermöglich sind: Ich meine nicht Verbriefungen von Schrott-papieren, sondern Verbriefungen von hochwertigen Mit-telstandskrediten aus Deutschland. Unter Zugrundele-gung von hohen Qualitätsstandards müsste dies möglichsein, um so die Finanzknappheit im deutschen Mittel-stand dauerhaft zu überwinden.
Meine Damen und Herren, ich danke dem Bundes-finanzminister ausdrücklich dafür, dass er in Brüssel einklares Signal an alle Partner in der EU gegeben
und deutlich gemacht hat: Die Bundesrepublik Deutsch-land bekennt sich zum Maastricht-Vertrag.
Das ist ein klares Signal an die anderen Mitgliedstaaten,die damit bei dieser Debatte einen Anker haben. Es istaber auch ein klares Signal im Hinblick auf die Geld-wertstabilität unserer gemeinsamen Währung. An dieserStelle möchte ich sagen: Es wird ja sehr oft ein Wider-spruch zwischen Haushalts- und Sozialpolitik gesehen.Meine Einschätzung ist: Geldwertstabilität ist das Fun-dament jeder Sozialpolitik. Wer Inflation befördert, han-delt in hohem Grad unsozial. Dies wollen wir nicht.wdutsmnmfzrKAiudbwdsnqdrsureDsWdikBghsfgnnwi
Jetzt wird zu Recht gesagt, dass zu einer Konsolidie-ungsstrategie Sparen gehört. Ich bin immer für eineparsame Haushaltsführung,
nd ich bin auch der Meinung, dass zu einer Konsolidie-ungsstrategie gehört, dass wir schauen, wo wir die Steu-rgelder unserer Bürger effizienter einsetzen können.
a werden wir uns die Strukturen unseres Staates an-chauen müssen, nicht die einzelnen Haushaltstitel.
ir müssen sehen, ob wir Strukturen schaffen können,ie effizienter funktionieren, als es heute der Fall ist. Dasst die Aufgabe, die vor uns liegt.Wer jetzt sagt, wir sollten einfach nur sparen, greift zuurz. Ich erinnere an das Platzen der Dotcom-Blase zueginn dieses Jahrzehnts. Damals gab es eine Bundesre-ierung, die ausschließlich mit Sparen darauf reagiertat. Die Folgen waren mehrere Jahre Nullwachstum,teigende Arbeitslosigkeit und steigende Haushaltsde-izite. Deshalb ist aus meiner Sicht Sparen zwar zwin-end notwendig, aber es reicht zur Lösung des Problemsicht aus; es ist notwendig, aber nicht hinreichend.Wir sind der Meinung, dass Sparen durch Investitio-en, Arbeitsplatzpolitik und Wachstumspolitik flankierterden muss. Erst mit diesem Gesamtkonzept sind wirn der Lage, die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren.
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Dr. Michael MeisterDeshalb sind wir für Sparen, für Wachstum und für Ar-beit.
Ich unterstreiche ausdrücklich: Wir sind auch derMeinung, dass eine Politik für mehr Wachstum und Ar-beit nicht im Widerspruch zur Haushaltskonsolidierungsteht, sondern sie unterstützt. Deshalb bringt unsereFraktion heute das Wachstumsbeschleunigungsgesetzmit ein; denn damit wollen wir einen Beitrag zur Haus-haltskonsolidierung leisten und vermeiden helfen, dassHaushaltslücken vergrößert werden.
– Nein, das machen wir nicht. Herr Schäuble hat deutlichangekündigt, dass es noch vor Weihnachten einen Haus-haltsentwurf des neuen Kabinetts geben wird.
Wenn ich es richtig vernommen habe, hat er angekün-digt, dass in diesem Haushaltsentwurf für 2010 die Net-tokreditaufnahme nicht höher liegen soll als im Kabi-nettsentwurf für 2010 vom Juli dieses Jahres. Das heißt,wir tun etwas für Wachstumsbeschleunigung und fürmehr Arbeit, ohne die Nettokreditaufnahme zu steigern.
Das ist die richtige Politik, und damit sind wir auf demrichtigen Weg.
Das ist doch keine Umkehr. Wenn ein Unternehmenin der Krise in die Situation geraten ist, dass die Erträgesinken und Finanzierungslasten wachsen, kann man dasbei den Themen Verlustbesteuerung oder Zinsschrankenicht einfach ignorieren. Das wirkt sich doch unter denRahmenbedingungen geringerer Erträge und höherer Fi-nanzierungskosten anders aus als in normalen Zeiten.
Deshalb ist es richtig, dass wir die Wachstumsbremsen,die Arbeitsplätze kosten und das Wachstum behindern,entfernen, und zwar nicht irgendwann, sondern sehr zeit-nah, um damit an die Wirtschaft das Signal zu geben,dass die Mitarbeiter in den Unternehmen gehalten undnicht bei der Bundesagentur für Arbeit auf die Payrollgesetzt werden.
Ich komme zum Punkt Erbschaftsteuer. Da habenwir dieselbe Situation. Wir alle wollen den Unternehmendie Möglichkeit geben, den Weg in die nächste Genera-tion zu schaffen, sodass Arbeitsplätze erhalten werden.Wir haben im Zusammenhang mit dem Generationen-ümmrmsUgdwolKbarSgÜNtddsdNswntWGsmSzokWDPnm
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Bernd ScheelenIch will noch etwas zu einem Thema sagen, das in derRegierungserklärung der Bundeskanzlerin nicht vorge-kommen ist, nämlich zu der Lage der Kommunen. DieBundeskanzlerin hat uns vorgestern eine Stunde langihre Regierungserklärung vorgetragen. Darin kam dasWort „Kommunen“ ein einziges Mal vor, und zwar in ei-ner Aufzählung, wie schlimm die Krise für die Haus-halte von Bund, Ländern und Kommunen sei. Das wardie einzige Aussage zur Lage der Kommunen. Es gab inder Regierungserklärung keine Hinweise darauf, wo dieBundesregierung Wege aus der Krise für die Kommunensieht. Stattdessen gibt es eine Vielzahl von Hinweisendarauf, wie Sie die Krise für die Kommunen noch ver-schärfen wollen. Das werden wir kritisieren.Das bezieht sich im Wesentlichen auf das Problem derMittel. Die Steuersenkung, die ich eben angesprochenhabe, spielt beispielsweise eine Rolle. Das, was Sie mitIhrem „Wachstumsverhinderungsgesetz“ vorlegen, be-lastet Kommunen mit 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zu-sätzlich und belastet die Länder mit 2,2 Milliarden Eurozusätzlich. Wer weiß, wie die Länder mit den Kommu-nen umgehen, der weiß auch, dass es für die Kommunennicht bei den minus 1,5 Milliarden Euro bleiben wird.Sie werden vielmehr auch durch verminderte Zuweisun-gen und Ähnliches mehr unter dieser Finanzpolitik lei-den. Das werden wir deutlich machen. Wir sind an derSeite der Kommunen.
– Ihr nicht, Otto. Ihr seid nicht an der Seite der Kommu-nen, um es ganz deutlich zu sagen. Also die FDP schonmal nicht; das steht auf alle Fälle fest.
Das wesentliche Thema ist die Gewerbesteuer.
Diese Einnahmequelle macht für viele Kommunen fastdie Hälfte ihres Haushaltes aus. Sie ist also wichtig fürdie Kommunen, wenn es darum geht, die Erledigung vonAufgaben für den Bürger zu finanzieren. Die Kommu-nen verlassen sich auf das, was die Bundeskanzlerin am13. Mai vor dem Städtetag in Bochum gesagt hat. Sie hatwörtlich gesagt: Die Gewerbesteuer bleibt unangetastet. –Dem könnten wir zustimmen, wenn es denn so bliebe.Was Sie heute jedoch vorlegen, ist der erste Wort-bruch. Das werden wir kritisieren.
Diesen ersten Wortbruch begehen Sie, indem Sie dieHinzurechnung bei den Mieten von 65 auf 50 Prozentabsenken. Das heißt, die Gewerbesteuer bleibt schon beidiesem ersten Zugriff nicht unangetastet.Der zweite Wortbruch in diesem Zusammenhang liegtin dem Hinweis auf die Einrichtung einer Kommission.Wer sagt: „Die Gewerbesteuer bleibt unangetastet“, derbKiHbEbdlnhimluwisDfdzsbKvSmMbdda–nsSgdssct
Sie müssen den Koalitionsvertrag einmal lesen.
Ihre Aussagen sind sehr widersprüchlich. Auf der ei-en Seite sagen Sie, dass Sie die Daseinsvorsorge nichtteuerlich belasten wollen. Auf der anderen Seite sagenie aber, dass das zum Beispiel im Abfallbereich nichtelten solle. Was ist denn Daseinsvorsorge, wenn nichter Abfallbereich? Was soll denn dann noch Daseinsvor-orge sein? Das ist ein klassisches Feld der Daseinsvor-orge. Da wollen Sie die Bürger belasten, und das ma-hen wir nicht mit.
Auch zur U-3-Betreuung gibt es im Koalitionsver-rag keinen wirklich verwertbaren Hinweis. Sie sagen
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Bernd Scheelennebulös, dass Sie die Qualität der Ausbildung der Erzie-herinnen und Erzieher verbessern wollen. Wenn Sie dazukonkrete Schritte vorschlagen, werden Sie uns an IhrerSeite haben. Zur Erhöhung der Quantität sagen Sie abernichts. Auch das ist eine Kehrtwende um 180 Grad undein Wortbruch; denn wir waren uns eigentlich einig, dassdie Betreuung der unter Dreijährigen, die wir gemein-sam auf die Schiene gesetzt haben, nur ein Anfang seinsollte. Das sollte ausgebaut werden. Dazu findet sich inIhrer Vereinbarung nichts.Frau von der Leyen ist gerade leider nicht anwesend.
– Hallo, Frau von der Leyen! Sie haben in den letztenvier Jahren – das muss man neidlos anerkennen – einesehr gute Familienpolitik gemacht.
Ja, die hat sie gemacht. Aber sie konnte diese Familien-politik nur mit uns machen. Das ging nur mit der SPD.
Sie hat 100 Prozent unserer Familienpolitik umgesetzt.Sie hat geschaut, was in den Schubladen von RenateSchmidt übrig geblieben ist. Wir haben es sehr begrüßt,dass Sie das getan haben. Manchmal haben wir das auchetwas kritisch beäugt, weil Sie das medial sehr gut rüber-gebracht haben.
Aber jetzt schweigen Sie. Sie machen eine Kehrt-wende um 180 Grad. Über die U-3-Betreuung wird nichtmehr geredet. Stattdessen kommt jetzt das Betreuungs-geld, das Sie selbst als Katastrophe bezeichnet haben.Ich hätte von Ihnen ein klares Wort erwartet, dass es derfalsche Weg ist, dass es vielmehr Eltern dazu verleitet,ihre Kinder nicht in Einrichtungen zu bringen, und siedafür belohnt, dass ihre Kinder nicht mit anderen ge-meinsam lernen. Das ist der falsche Weg.
Wenn Sie uns das nicht glauben, empfehle ich Ihneneinen Blick in die Zeitungen.
In der Financial Times Deutschland, die nicht gerade imVerdacht steht, uns besonders nahezustehen, liest man:„Zusätzliches Kindergeld verfehlt Kinder“. Oder: „Gol-dene Zeiten für reiche Eltern“. Das ist die Klientelpoli-tik, die Sie betreiben, und die werden wir nicht mitma-chen.Vielen Dank.
Das Wort hat jetzt der Kollege Otto Fricke von der
FDP-Fraktion.
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Geschätzter Vizepräsident! Meine lieben Kolleginnennd Kollegen! Zu Ihrer Pauschalkritik in den letzten Ta-en sage ich: Wenn Sie intelligente Kritik anbringenürden, wäre es ja gut. Aber bei Ihnen ist das doch so:elbst wenn die Kanzlerin und der Vizekanzler überasser laufen könnten, dann würde Ihnen nur einfallen:uckt mal, die können nicht schwimmen. So ungefährst inzwischen Ihre Kritik an dieser neuen Koalition.
Eine Analyse der Lage betreiben Sie gar nicht. Dasätte ich von Rot-Grün und auch von den Linken ein we-ig erwartet; von den Linken natürlich weniger. Wieieht denn die Analyse der Lage aus? Die Verschuldunges Bundes wird dieses Jahr über 1 Billion Euro hinaus-ehen, und zwar nicht deswegen, weil das die neueoalition so gemacht hätte, sondern weil es insbeson-ere eine Hinterlassenschaft von elf Jahren SPD-Regie-ung ist. Das darf man doch auch noch einmal deutlichagen.
50 Milliarden Euro Neuverschuldung gab es unter deregierung der SPD. Die Grünen haben kräftig mitge-acht.Schauen wir uns noch an, welche Verschuldung Siens für die nächsten Jahre mitgegeben haben. Herr Kol-ege Scheelen, Sie haben es richtig gesagt: Das hätte je-en getroffen, der als Nächster Finanzminister gewordenäre. Aber schauen wir uns die von der SPD mitbe-chlossene Finanzierungslücke für den Finanzplan derächsten Jahre an. Das sind noch einmal 300 Milliardenuro, mit denen Sie diese neue Koalition belasten.
usammen sind das 650 Milliarden Euro, für die diePD nach gegenwärtigem Stand Verantwortung trägtnd gegen die wir arbeiten müssen.
Woran liegt denn das? Was ist denn das eigentlicheroblem? Jetzt tun hier alle auf einmal so, als sei das ei-entliche Problem die Steuersenkungen.
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306 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2009
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Otto FrickeDas Problem ist die Verschuldung der Vergangenheit,die man uns hinterlassen hat. Das Problem sind dieSchulden der Vergangenheit.
Die Steuersenkungen dagegen, meine lieben Kollegin-nen und Kollegen von der Opposition, sind ein Teil derLösung. Das einzusehen, sind Sie aber nicht bereit.
Was müssen wir tun? Wir müssen auf Wachstum set-zen. Wir müssen uns über die Qualität des Wachstumsunterhalten; das ist gar keine Frage. Wir dürfen nicht anWachstum alleine glauben, aber ohne Wachstum werdenwir es nicht schaffen. Nun komme ich zum Unterschiedzwischen Ihrem Denken und unserem Denken. Wir set-zen beim Wachstum auf den Bürger, auf den Unterneh-mer und damit auf den Markt und nicht auf den Staat,der vorgibt, wie Wachstum entstehen soll. Denn das– das hat die Vergangenheit gezeigt – funktioniert nicht.
Ich will Ihnen zur Erklärung der aktuellen Situationnoch ein Bild nennen, auch um das für die Zuschauer einbisschen zu verdeutlichen.
Dieses Land steht vor einem Graben, der durch eineFinanz- und Wirtschaftskrise entstanden ist. Was ma-chen Sie, wenn Sie vor dem Graben stehen? Die Linkensagen erst einmal: Den Graben gibt es gar nicht, das istalles Quatsch, und dahinter fließen Milch und Honig. –Die Grünen diskutieren erst einmal über die Frage, ob ir-gendetwas Schützenswertes in dem Graben ist. Die SPDgeht einfach einen Schritt vorwärts und fällt hinein.
Was macht die Koalition? Die Koalition sagt: Wenn manvor einem Graben steht, dann muss man erst zwei Schrittezurückgehen und Anlauf nehmen, um darüber zu kom-men. Dies ist nur durch Entlastung der Bürger und derUnternehmen möglich. Auch deswegen wollen wir dieseEntlastung.
Noch ein weiterer Punkt: Was ist unsere Aufgabe imRahmen der Finanz- und Wirtschaftspolitik in Europa?Sie erinnern sich doch bestimmt noch daran, wie vonDeutschland gesprochen wurde: Wir seien der krankeMann, wir seien der große Tanker, den man mitschlep-pen müsse. Das haben wir geändert; das sage ich auchanerkennend in Richtung SPD.
Durch Reformen auf dem Arbeitsmarkt, durch Einbrin-gung von Ansätzen einer Kapitaldeckung im Bereich derAltersvorsorge und durch vieles andere mehr haben Siemit dafür gesorgt – das wird sicherlich einmal in den Ge-srJgnDrswSitlAlMbgGIwSstwgsdvunind
Herr Minister Schäuble, auch ich beglückwünsche Sien dem Maße, in dem ein Haushälter einen Finanzminis-er zu einem solchen Amt beglückwünschen kann, zu al-edem, was da noch kommen wird. Sie haben bei Ihrermtseinführung – ich habe Ihren Worten sehr wohl ge-auscht – sehr klar und präzise gesagt: Ich bringe denitarbeitern des Finanzministeriums Vertrauen entgegenis zum Beweis des Gegenteils. – Für die FDP-Fraktionilt im Verhältnis zu unserem Finanzminister genau dasleiche.
ch bin mir sicher, dass das Gegenteil niemals eintretenird.
Zum Schluss zum Steuersystem. Herr Ministerchäuble, Sie haben gesagt – das ist heute in der Rheini-chen Post zu lesen –, ein grundlegend neues Steuersys-em sei nicht Teil der Vereinbarung. Natürlich könnenir in semantischer Hinsicht über das Wort „grundle-end“ streiten. Wenn aber in der Koalitionsvereinbarungteht, ohne Bedingung und ohne Konjunktiv, dass wiren Umbau des Steuersystems hin zu einem Stufentarifornehmen werden,
nd wenn die Kanzlerin sagt, dass wir ein einfacheres,iedrigeres und gerechteres Steuersystem wollen, dannst das, jedenfalls für die FDP-Fraktion, ein grundlegendeues Steuersystem. Darauf freuen wir uns.Herzlichen Dank.
Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Barbara Höll voner Fraktion Die Linke.
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Herr Fricke, Sie beklagen als Erstes das Erbe vonSchwarz-Rot: die hohen Schulden. Was aber ist Ihreerste Gesetzesinitiative? Sie treiben die Schulden weiternach oben.
Das Ganze nennen Sie dann Wachstumsbeschleuni-gungsgesetz und Konjunkturpaket III. So verkaufen SieIhre eiligst zusammengeschusterte erste Initiative. Dasist von vorn bis hinten Etikettenschwindel.
Konjunkturpolitisch ist dieses Gesetz nahezu wir-kungslos. Führende Wirtschaftsinstitute, zum Beispieldas Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsfor-schung, sehen keinerlei Anlass, ihre Konjunkturprogno-sen für 2010 deswegen zu korrigieren. Ich zitiere fernerJoachim Scheide, den Konjunkturchef des Kieler Insti-tuts für Weltwirtschaft. Er sagt:Die von der Bundesregierung beschlossenen Maß-nahmen sind vor allem Sozialtransfers und Subven-tionen. Das ist nicht das, was wir Ökonomen alsWachstumspolitik bezeichnen.Der Gipfel der Dreistigkeit ist, dass die Sozialtrans-fers und Subventionen zum allergrößten Teil an Reiche,Vermögende und große Unternehmen gehen werden.
Die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger und derkleinen und mittleren Unternehmen wird tatsächlich mitAlmosen abgespeist oder geht gänzlich leer aus. StattWachstum beschleunigen Sie damit nur die Spaltungzwischen Arm und Reich.
Skandalös ist, wie eilig Sie es mit dieser Umvertei-lung von unten nach oben haben. Reiche, Vermögendeund große Unternehmen schlagen sich angesichts diesesEifers der schwarz-gelben Koalition auf die Schenkel.Zudem bekannte sich die Bundeskanzlerin am Dienstagdieser Woche auch noch ausdrücklich zur Einführung ei-nes Stufentarifs bei der Einkommensteuer.
Wie auch immer er gestaltet ist, die Besserverdienendendürften schon heute Eurozeichen in den Augen haben.
Was ist mit der Gegenfinanzierung? Herr Solms, mitVerlaub: Gestern verwiesen Sie hier allen Ernstes auf diesogenannte Laffer-Kurve. Ich glaube, Sie sind mittler-weile der Letzte, der noch glaubt, dass sich Steuersen-kungen im Zeitablauf selber finanzieren. Das ist so über-holt, dass sogar im Gabler Wirtschaftslexikon, demdeutschsprachigen Standard-Wirtschaftslexikon, steht– ich zitiere –: „Die Realität hat dies widerlegt.“vvShkKcfDdegDhuBMkahr2aamdsunUIlzeditElnvsssk
Den Skandal, dass dem Staat nicht alle Kinder gleichiel wert sind, gehen Sie überhaupt nicht an, sondernerschärfen ihn sogar noch. Das Kindergeld erhöhenie um nur 20 Euro pro Monat. Wer aufgrund seines ho-en Einkommens den Kinderfreibetrag ausnutzenann, wird von Ihnen weitaus großzügiger bedacht.napp 37 Euro pro Monat sind für die Bezieher entspre-hend hoher Einkommen drin, fast doppelt so viel wieür einen Kindergeldempfänger.
ie große Mehrheit der Kinder erhält allerdings nur Kin-ergeld; laut der Einkommensteuerstatistik 2001 warens 86 Prozent. Wer gar Hartz IV oder Sozialhilfe bezieht,eht völlig leer aus.
as ist ein riesengroßer Skandal.Herr Schäuble, ich sage Ihnen ganz deutlich: Sie er-öhen das Kindergeld für die Kinder von Millionärenm 37 Euro pro Monat, Sie erhöhen das Kindergeld zumeispiel für die Kinder einer Lehrerin um 20 Euro proonat, aber eine arbeitslose alleinerziehende Mutter be-ommt null Komma nichts. Das haben Sie eben „sozialusgewogene Politik“ genannt. Wo leben Sie denn? Wasaben Sie denn für christliche Vorstellungen?
Die großen Unternehmen dagegen werden durch Ih-en Gesetzentwurf mit Steuergeschenken in Höhe von,4 Milliarden Euro bedacht. Damit knüpfen Sie nahtlosn die Politik von Rot-Grün und der Großen Koalitionn. Große Unternehmen werden seit zehn Jahren immerehr aus der Steuerpflicht entlassen. Allein die Senkunger Körperschaftsteuer im Rahmen der Unternehmen-teuerreform 2008 entlastete die großen Unternehmenm über 10 Milliarden Euro. Nun werden selbst die we-igen Maßnahmen, die zur Gegenfinanzierung diesernternehmensteuerreform verabschiedet wurden, vonhnen aufgeweicht oder abgeschafft. So werden die Ver-ust- und Zinsabzugsbeschränkungen entschärft, wasu Steuervermeidung und Steuerhinterziehung geradezuinlädt. Zur Erinnerung: Die Zinsschranke sollte verhin-ern, dass Konzerne zwecks Steuerersparnis die Verlustem Inland geltend machen und die Gewinne ins Auslandransferieren.Die Höhe der alten Zinsschranke beträgt 1 Millionuro. Laut Schätzung des DIW waren von den 3,5 Mil-ionen Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschlandur etwa 1 000 – das sind nicht einmal 0,03 Prozent –on der Zinsschranke betroffen. Jetzt soll die Zins-chranke bei 3 Millionen Euro dauerhaft bleiben. Dannind noch viel weniger Unternehmen von der Zins-chranke betroffen. Und das nennen Sie Entlastung fürleine und mittelständische Unternehmen? Das ist ab-
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Dr. Barbara Höllsurd; diese Unternehmen haben doch überhaupt nichtsdavon.
Zudem sollen die großen Unternehmen jetzt auch nochdie Möglichkeit bekommen, Zinsaufwendungen überfünf Jahre so zu verrechnen, dass sie noch weniger Steu-ern zahlen.Die Erbschaftsteuer höhlen Sie weiter aus. Dabeiwäre gerade die Erbschaftsteuer ein zentrales Instrumentfür steuerliche Mehreinnahmen und für mehr Gerechtig-keit. Auf diesem Wege könnte man erreichen, dass auchdie Vermögenden ihren Beitrag zur Bezahlung der Zechefür die Krise leisten. Doch das wollen Sie nicht, datrauen Sie sich nicht ran. Wenn wir eine hohe Verschul-dung haben, brauchen wir doch Instrumente, um dasSteueraufkommen zielgerichtet wieder zu steigern. Ver-mögensteuer als Millionärsteuer, Börsenumsatzsteuer,Erbschaftsteuerreform – von all dem lassen Sie die Fin-ger, weil Sie sich da in Ihrer Klientelpolitik nicht heran-trauen.
Alles in allem muss man sagen: Schwarz-Gelb bleibtseinem Ruf treu. Die Reichen sollen ungestört reicherwerden, der Rest zählt nicht; soll er doch sehen, wo erbleibt. Ich sage Ihnen: Mit uns nicht.Herr Schäuble, Sie treiben die Staatsverschuldung inschwindelerregende Höhen – auf Kosten der Länder, derKommunen und der Mehrheit der Bevölkerung. Wirwerden Ihnen weiter aufzeigen, wo und wie Sie Geldeinnehmen können, um mehr soziale Gerechtigkeit zuerzielen. Wir lassen Sie da nicht in Ruhe; das versprecheich Ihnen von dieser Stelle aus. Was es mit Ihrer Auffas-sung von sozial ausgewogen auf sich hat, werden wirhier weiter entlarven.Ich danke Ihnen.
Als nächster Redner hat das Wort der KollegeDr. Thomas Gambke von Bündnis 90/Die Grünen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrtenDamen und Herren! Dies ist meine erste Rede vor die-sem Hohen Haus. Bitte gestatten Sie mir deshalb, gleich-sam als eine kurze Vorstellung, mit einer persönlichenBemerkung anzufangen: Ich bin vor vier Jahren in diePolitik gegangen, nach mehr als 20 Jahren Tätigkeit füreinen internationalen Technologiekonzern. 15 Jahre da-von habe ich ein internationales Geschäft aufgebaut.Eine Erfahrung habe ich dabei gemacht, die immer wie-der bestätigt worden ist: Wer ein erfolgreiches Geschäftaufbauen will, der muss die Märkte kennen und zielge-richtet die in diesen Märkten nachgefragten Produkteentwickeln, produzieren und vertreiben.gdggwü–tKWCkzdSteGmodnneD2cbElflft
Jetzt hören Sie einmal zu! – Innovation und Nachhal-igkeit: Finden wir hierfür wirklich Substanz in Ihremoalitionsvertrag?
irkt so das Wachstumsbeschleunigungsgesetz? Dasredo des Bundeswirtschaftsministers in seinem überausurzen und nicht gerade von Inhaltsschwere gekenn-eichneten Vortrag war,
er Schlüssel zum Wachstum liege in der Steuerpolitik.chauen wir uns doch einmal Ihre steuerpolitischen De-ails anhand einiger Beispiele an.
Abmilderung der Zinsschranke: Im Prinzip ist dasine richtige Entscheidung.
erade in Zeiten mit zusätzlichem Fremdkapitalbedarfüssen wir weg von einer Substanzbesteuerung. Aberhne Gegenfinanzierung entziehen Sie den Kommunenamit das Geld, das gerade die Kommunen für eineachhaltige Bildungspolitik und für die energetische Sa-ierung kommunaler Gebäude so dringend brauchen.
Ich bin Stadtrat in Landshut. Am Dienstag fand dierste Verhandlung über den nächsten Haushalt statt.
er Kämmerer hat seinen Offenbarungseid für die Jahre011 und 2012 schon angekündigt.Die Zahlen in der Bundesrepublik sind schon erschre-kend. Den deutschen Kommunen fehlen bei der Gewer-esteuer in diesem Jahr voraussichtlich 7,4 Milliardenuro – das sind 18 Prozent von den bisherigen 41 Mil-iarden Euro –, und da kommen Sie mit Gesetzentwür-en, durch die die Kommunen noch einmal erheblich be-astet werden! Damit werden Sie Ihrer Verantwortungür das gesamte Gemeinwesen dieser Republik in keins-er Weise gerecht.
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Dr. Thomas GambkeErmäßigter Mehrwertsteuersatz für Übernachtun-gen: Wachstumsimpuls? – Fehlanzeige! Soziale oderökologische Lenkungswirkung? – Fehlanzeige! Steuer-vereinfachung? – Fehlanzeige! Im Gegenteil: Das Steu-ersystem wird komplizierter. Ich bin gespannt auf dieDarstellung des zusätzlichen Bürokratieaufwandes beider Abrechnung der Reise- und Bewirtungsrechnungen.
Die Steuerung der Konjunktur durch die Mehrwertsteuerist schlicht Unsinn. Dieser Gesetzentwurf ist nicht nach-haltig, er hat keine konjunkturelle Wirkung, und er istordnungspolitisch kontraproduktiv.
In Ihrem Koalitionsvertrag beschreiben Sie richtiger-weise Handlungsbedarf beim ermäßigten Mehrwertsteu-ersatz. Wenn Sie da herangehen wollen, brauchen Sieaber klare Grundsätze; sonst landen Sie da, wo Sie heuteschon sind und wo Sie mit der vorgeschlagenen Rege-lung noch tiefer hineinkommen: in einem Wirrwarr vonRegelungen, das von einzelnen Lobbygruppen bestimmtwird.
Zum Schluss eine Bemerkung zum Stufentarif. Siehaben uns jetzt ja einen ganz bunten Strauß an Vorge-hensweisen vorgestellt. Die FDP sagt, er komme. In demKoalitionsvertrag steht ganz präzise, er solle möglichstzum 1. Januar 2011 in Kraft treten. Der Finanzministersagt: Er kommt nicht in der nächsten Legislaturperio-de. – Frau Merkel sagt in ihrer Regierungserklärung,dass er kommt, schweigt sich aber über die Details aus.
Ich kann nur eines sagen: Wenn Sie sich des Problemsder kalten Progression wirklich annehmen wollen, dannverbauen Sie sich gerade mit dem vorgelegten Wachs-tumsbeschleunigungsgesetz und den daraus resultieren-den Belastungen für die Haushalte die Möglichkeit,irgendetwas in Richtung einer gerechteren Einkommen-steuer zu tun. Sie werden so nichts erreichen.
Übrigens sehe ich in Ihrem Wachstumsbeschleuni-gungsgesetz durchaus schon einen Stufentarif, nur in ei-ner vollkommen falschen und unsozialen Art. Ich meinedie soziale Schieflage bei der vorgeschlagenen Anhe-bung des Kinderfreibetrages und des Kindergeldes.1,8 Millionen Kinder, die in Bedarfsgemeinschaften le-ben, erhalten nichts. Kinder in Familien mit mittleremEinkommen erhalten monatlich zusätzlich 20 Euro, undmit der Anhebung des Kindergeldfreibetrages erhaltenKinder in wohlhabenden Familien zusätzlich rund40 Euro im Monat.
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Meine Damen und Herren, wir fordern die Bundesre-ierung auf, das Wachstumsbeschleunigungsgesetz miter Klientelpolitik und den ordnungspolitisch unsinni-en Steuerregelungen schnellstmöglich zurückzuziehen.tattdessen wollen wir das Kindergeld für Kinder, die inedarfsgemeinschaften leben, um 20 Euro erhöhen.ies wäre unmittelbar wirksam für die Konjunktur. Esürde die Haushalte weit weniger belasten als die teurenteuergeschenke, die Sie vorhaben, und es wäre vor al-em ein Schritt in Richtung von mehr sozialer Gerechtig-eit.Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Kollege Gambke, ich darf Ihnen im Namen des
anzen Hauses zur Ihrer ersten Rede im Deutschen Bun-
estag gratulieren. Herzlichen Glückwunsch!
Nächster Redner ist der Kollege Bartholomäus Kalb
on der CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen underren! Die Haushalts-, Finanz- und Steuerpolitik wirdweifellos das zentrale Themenfeld der Politik in dieseregislaturperiode sein. Schon in den letzten 15 Monatenat uns die Haushalts- und Finanzpolitik in besonderereise beschäftigt. Ich denke dabei an die Maßnahmenur Finanzmarktstabilisierung, zur Stützung der Kon-unktur und zur Abwendung der schlimmen Folgen derirtschaftskrise. Hier haben Regierung und Parlamentuch in den zurückliegenden Monaten ein Höchstmaß anerantwortungsbewusstsein an den Tag gelegt und ent-prechend gehandelt. Man würde sich wünschen, dass soanche Akteure auf dem Finanzmarktsektor zumindestetzt Konsequenzen zögen und in ähnlicher Weise bereitären, verantwortungsbewusst zu handeln, um Gefahrennd solche Ereignisse, wie wir sie erlebt haben, für dieukunft abzuwehren.
Jetzt geht es darum, dass die erkennbaren wirtschaftli-hen Erholungstendenzen gestützt werden und dass wirie Wachstumskräfte, die sich zeigen, stärken. Wir müs-en jetzt alles daransetzen, dass die Kriterien des euro-äischen Stabilitätspaktes und die Vorschriften unseresrundgesetzes zur Schuldenbegrenzung so bald wie
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Bartholomäus Kalbmöglich eingehalten werden. Deswegen sind wir Bun-desminister Schäuble sehr dankbar, dass er in Brüsseldeutlich gemacht hat, dass spätestens ab 2013 die Krite-rien des Europäischen Stabilitäts- und Wachstums-paktes eingehalten werden.
Ich denke, das steht auch uns Deutschen in besondererWeise gut an; denn wir waren es, oder, genauer gesagt,der damalige deutsche Finanzminister Theo Waigel wares, der den Stabilitäts- und Wachstumspakt in Europakonzipiert hat.
Ich füge hinzu: Die Bürger erwarten von uns zuallererst– noch vor der Frage der Steuersenkungen und der Leis-tungsausweitungen –, dass wir alles tun, um Inflations-gefahren abzuwehren und sicherzustellen, dass unsereWährung stabil bleibt.Wir haben jetzt eine total veränderte Situation. Diedemografische Entwicklung, die voranschreitende Glo-balisierung, die weltweit arbeitsteilige Wirtschaft unddie Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise werden unsvor völlig neue Herausforderungen stellen. Dadurchwird sich auch die Frage der Wettbewerbsfähigkeit derBundesrepublik Deutschland neu stellen. Es ist wichtig,zu erkennen, dass unter dem Begriff Wettbewerbsfähig-keit nicht mehr nur die Wettbewerbsfähigkeit der Pro-dukte gesehen werden muss, sondern dass es auch einenWettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter geben wird.Deshalb kommt der Haushalts-, Finanz- und Steuerpoli-tik eine immer größere Bedeutung im Hinblick auf diedauerhafte Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit Deutsch-lands zu. Haushalts-, Finanz- und Steuerpolitik werdenzum zentralen Schlüssel für die Sicherung von Wettbe-werbsfähigkeit und Wohlstand für die Menschen in un-serem Land.
Mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz setzenwir das um, was wir zugesagt und worauf wir uns in derKoalition verständigt haben. Wir senden ein klares Zei-chen an Wirtschaft und Bürger, damit sie wissen, woransie sind, worauf sie sich einstellen müssen und woraufsie sich verlassen können. Es handelt sich also um einZeichen der Verlässlichkeit, das Vertrauen schafft.Der größte Posten ist – darauf wurde vorhin abgezielt –die Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderfrei-betrages. Ich gebe offen zu, dass man als Haushälterzweimal durchatmet, wenn man die finanzielle Dimen-sion sieht. Aber die Koalition wollte hier bewusst ein fa-milienpolitisches Zeichen zur Stärkung der Familien set-zen. Die Bedeutung der Familien ist vorhin zumAusdruck gebracht worden.
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ie jeden Tag versuchen, ihrer Verantwortung gerecht zuerden und mit dem Geld, das sie einnehmen, auszu-ommen, die arbeiten und solide wirtschaften und ihremrziehungsauftrag gerecht werden.
atürlich weiß ich als Kommunalpolitiker, dass es auchroblemfälle gibt. Auf diese müssen wir achten. Aberir dürfen nicht die ganz große Mehrheit der Eltern under Familien entmutigen, entmündigen, sie der Verant-ortung berauben und bevormunden. Wir müssen ihnenei der Erfüllung ihrer Aufgaben Mut machen. Unsereolitik leistet einen Beitrag dazu.
Da viel Falsches zum Kindergeld und zum Kinder-reibetrag gesagt wurde, will ich daran erinnern, dass dasundesverfassungsgericht in den 90er-Jahren zu Rechtntschieden hat, dass nicht jener Anteil des Einkommensesteuert werden darf, den andere, die nur von Transfer-inkommen leben, steuerfrei bekommen, und dass dieesteuerung erst ab der Grenze des Existenzminimumsinsetzen darf. Das ist der Hintergrund für die Anhebunges Steuerfreibetrages.Natürlich fragt man sich, wenn man Kinder hat, oban selber dem Erziehungsauftrag gerecht wird. Ichalte es hier mit dem Grundgesetz. In Art. 6 Abs. 2 desrundgesetzes steht:Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürli-che Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen ob-liegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht diestaatliche Gemeinschaft.o ist es, und nicht umgekehrt.
Herr Kollege Kalb, bitte kommen Sie zum Schluss.
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Es tut mir leid, Frau Kollegin. Ich hätte Ihre Zwi-
schenfrage gern noch zugelassen.
Herr Kollege Kalb, Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Herzlichen Dank.
Frau Kollegin Hendricks zur Kurzintervention, bitte
schön.
Herr Kollege Kalb, ich möchte Sie und das Hohe
Haus darauf aufmerksam machen, dass die Begründung
für die Anhebung des Kinderfreibetrages nicht das Exis-
tenzminimum ist. Es gibt nämlich keinen neuen Exis-
tenzminimumsbericht. Wenn Ihre Begründung tatsächlich
zuträfe, müssten Sie unmittelbar die Transferleistungs-
sätze für Kinder erhöhen; denn dann wäre das Existenz-
minimum für die Betreffenden nicht mehr abgedeckt.
Ihre Begründung ist einfach falsch und nicht zutreffend.
Wollen Sie erwidern, Herr Kollege Kalb? – Bitte
schön.
Frau Kollegin Hendricks, das trifft momentan zu. Ich
habe aber gesagt, dass diese Koalition bewusst einen fa-
milienpolitischen Akzent setzen will. Unabhängig davon
habe ich den Hintergrund für die Existenz des Kinder-
freibetrages dargelegt, nämlich die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichtes.
Nicht mehr und nicht weniger habe ich gesagt.
Das Wort hat jetzt der Kollege Carsten Schneider von
der SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wirsind hier in der neuen Legislaturperiode in der Debatte imAnschluss an die Regierungserklärung. Herr Bundesmi-newnsdddcFsgmwDwsiMgiSs3lmetgGnvzuIagwwNwmisHtsb
Wir befinden uns in der Situation, dass die öffentli-hen Haushalte extrem angespannt sind. Wir haben vominanzminister ein Bekenntnis zur europäischen Verfas-ung, zu den Stabilitätskriterien und zum Grundgesetzehört. Es wäre ja noch schöner, wenn Sie das nicht ge-acht hätten. Sie haben aber keinen Ton dazu gesagt,ie Sie das Finanzierungsdefizit zurückführen wollen.azu kam kein Vorschlag, keine Ankündigung.Ich will Ihnen einmal die Zahlen nennen. Neben dem,as in der mittelfristigen Finanzplanung schon beschlos-en wurde, was also die Vorgabe für die Kreditaufnahmest, ist im Finanzplanungszeitraum noch eine Globaleinderausgabe von insgesamt 40 Milliarden Euro ein-eplant. Dieses Geld müssen Sie aufbringen. Sie habenn Ihren Koalitionsverhandlungen nicht beschlossen, wieie diese Lücke decken. Sie haben vielmehr beschlos-en, diese Lücke zu vergrößern, nämlich um noch einmal8 Milliarden Euro. Das macht zusammen etwa 80 Mil-iarden Euro in vier Jahren. Nicht schlecht! Ich frageich nur: Wie wollen Sie dies abtragen?Wie kann man sich dieser Notwendigkeit zu Beginniner Koalition nicht stellen und stattdessen mit Schat-enhaushalten arbeiten, obwohl doch alles auf den Tischehört? In der FAZ war richtigerweise von „Schwarz-eld“ die Rede. Von diesem Schwarzgeld hört man zwarichts mehr, aber das steht immer noch im Koalitions-ertrag. Jetzt ist es an der Zeit, die Fakten auf den Tischu legen, Maßnahmen zu besprechen, sie durchzusetzennd der Bevölkerung zu erklären. All das tun Sie nicht.ch wünsche Ihnen viel Erfolg in Ihrem Amt. Ich glaubeber, dass Sie Ihrer Aufgabe auf dieser Grundlage nichtewachsen sein werden.
Die Frage ist: Wer wird die Zeche bezahlen? Alles,as Sie bisher vorlegen, führt zu neuen Schulden. Ichill Ihnen nicht den Titel des Schuldenkönigs anhängen.eue Schulden hätte es so oder so gegeben. Die FDPar ja immer für ein Verbot von Schulden. Ich frageich, wie Sie das hätten durchsetzen wollen. Sie habenmmer viel gefordert und jedes Jahr ein Buch mit Ein-parvorschlägen vorgelegt, das Liberale Sparbuch.
err de Maizière hat im Fernsehen während der Koali-ionsverhandlungen gesagt: Die FDP hat diese Vor-chläge in die Verhandlungen noch nicht einmal einge-racht.
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Carsten Schneider
Ich habe einmal in dieses Buch hineingeschaut, um zusehen, was drinsteht.
Da steht, dass Sie die Zahl der beamteten Staatssekretäreverringern wollen. In Ihren Ressorts finden sich acht sol-cher Stellen. Sie haben sie alle besetzt. Herr Westerwellehat darüber hinaus den dritten Posten eines Staatssekre-tärs im Auswärtigen Amt zur Koordinierung der Minis-ter geschaffen.
– Natürlich, das gebe ich zu. Aber was war die Forde-rung? Abschaffen! Weg damit! Das brauchen wir nicht! –Was macht Herr Westerwelle? Er besetzt diesen Postenmit seinem FDP-Büroleiter. So viel ist von Ihren Einspa-rungen übrig geblieben. Herzlichen Glückwunsch!
Darüber hinaus wollten Sie immer das Entwick-lungshilfeministerium abschaffen. Ich gebe zu, fürdiese Forderung hatte ich sogar Sympathie. Sie wolltendie Aufgaben dieses Ministeriums ins Auswärtigen Amtintegrieren. Jetzt sind Sie mit an der Regierung. Was ma-chen Sie? Es bleibt dabei: Es gibt einen neuen Minister.Herr Niebel wird entsorgt. Herzlichen Glückwunsch,liebe FDP.
Und wie wollen Sie aus der Krise herauskommen?Außer Sonntagsreden, in denen Sie zusagen, keine neuenSchulden zu machen und die Zukunft der Kinder nichtzu belasten, kommt nichts. Herr Fricke, Sie haben immergesagt: Kinder können auf Schuldentürmen nicht spie-len.
– Schuldenberge. – Das hat eine gewisse Logik. Jetzt be-schließen Sie die Erhöhung des Steuerfreibetrages fürKinder. Man kann im Einzelnen darüber reden. Aber woist die Gegenfinanzierung? Wächst dadurch die Kredit-aufnahme des Bundes, oder sinkt sie? Sie wächst.
Nichts von dem, was Sie in der Opposition angekündigthaben, haben Sie umgesetzt. Das ist ein Dokument desVersagens, liebe FDP.
Dann zur Steuerreform und zum Stufentarif. Der sollWachstum bringen; darüber kann man im Einzelnen re-den. Ich habe bisher noch nicht gehört, wo das Wachs-tum sonst herkommen soll. Bei der Finanzplanung habenSie ein Wachstum von 2 Prozent unterstellt, und selbstbahWlwWnwdhs4gsseHbiDtauseItdskDbIzwiFSzdIdeddrnr
Schauen Sie auf die Homepage der Bundeskanzlerin.a steht – Zitat –: Steuerermäßigungen führen nicht au-omatisch zu Preissenkungen. – Das wäre ein Argument;ber nicht einmal das fordern Sie von den Hotelkettennd deren Investoren. Dies ist einfach nur ein Wahlge-chenk, das mit 4 Milliarden Euro dauerhaften Minder-innahmen bezahlt wird.
ch fordere Sie auf: Zahlen Sie wenigstens die Zinskos-en an den Bund aus Ihren Parteikassen zurück! Es scha-et nichts, wenn Sie ein paar Blättchen weniger drucken.
Wir werden eine Haushaltspolitik machen, die Sub-tanz hat und auf Konsolidierung abzielt. Wir werdeneine Voodoo-Ökonomie betreiben, sondern für uns gilt:ie öffentlichen Haushalte müssen stark bleiben. Wirrauchen einen Staat, der finanzkräftig ist und der nichthrer puren Ideologie des schwachen Staates anheimfällt.Es wird sich die Frage stellen, wer wirklich die Zecheahlt. Ich vermute, Ihre politische Strategie ist, irgend-ie über die NRW-Wahl zu kommen, weil die wichtigst, und mit dem Haushalt 2011 beginnen Sie dann. Dierage ist: Wer zahlt es dann? Steuererhöhungen habenie ausgeschlossen. Wir haben hohe Defizite in den So-ialversicherungssystemen, angefangen von der Bun-esagentur für Arbeit bis hin zur Rentenversicherung.ch vermute, dass Sie, da aus dem Darlehen an die Bun-esagentur für Arbeit ein Zuschuss wird – das war dieinzige Sparmaßnahme, die wir noch drin hatten –, anie Sozialversicherungsbeiträge gehen werden. Wie istie ökonomische Wirkung, wenn Sie die Sozialversiche-ungsbeiträge erhöhen? Diejenigen, die wenig verdie-en, zahlen am meisten, weil es bei der Sozialversiche-ung eine Beitragsbemessungsgrenze gibt.
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Carsten Schneider
Das heißt, es werden vorwiegend diejenigen belastet, dieab dem ersten Euro Sozialversicherungsbeiträge zahlen.Sie senken die Steuern für diejenigen, die viel zahlen.Wer viel Steuern zahlt, wer leistungsfähig ist, zahlt beieiner Entlastung natürlich weniger. Das ist logisch.Das heißt, es kommt zu einer Umverteilung von Armnach Reich, und es kommt zu einer ökonomischen Wir-kung, die vollkommen unsinnig ist; denn wer ohnehinviel hat, der spart und legt vielleicht noch bei Lehmanan, möglicherweise verliert er dabei etwas, aber er wirdjedenfalls nicht dafür sorgen, dass die Binnennachfragegestärkt wird. Daran hat es in den letzten Jahren ge-krankt, daran hat es unserem Land gefehlt. Die Stärkungder Binnennachfrage konterkarieren Sie. Dies ist keinAuftakt für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes, diesist bisher ein Zeichen der Mutlosigkeit, der Verzagtheitund der Zerstrittenheit. Sie werden sehen, dass Sie mitdieser Politik, die Sie hier eingeschlagen haben, nichtdurchkommen werden. Das prophezeie ich Ihnen.
Das Wort hat jetzt der Kollege Frank Schäffler von
der FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Herr Schneider, Sie haben hier über Ihren Ord-nungsrahmen gesprochen. Ich glaube, Sie haben, was so-ziale Marktwirtschaft betrifft, Heinz Erhardt mit LudwigErhard verwechselt. Das ist nicht die Art, wie wir dieProbleme künftig lösen wollen. Ich glaube, wir müssen,wenn wir über den Ordnungsrahmen und über das reden,was wir jetzt auf den Finanzmärkten tatsächlich errei-chen wollen, die richtigen Weichen stellen.Das macht dieser Koalitionsvertrag. Er macht es zumBeispiel, was die Bankenaufsicht betrifft. Wir ziehen dieLehren aus der Finanzkrise in Deutschland. Die zweige-teilte Bankenaufsicht, die wir in Deutschland erlebt ha-ben, hat in verschiedenen Bereichen versagt. Deshalb ha-ben wir gesagt: Wir müssen wieder eine konsistenteBankenaufsicht in Deutschland bei der unabhängigenBundesbank haben. Das macht nicht nur im Hinblick aufdie Solvenz der Institute Sinn, sondern auch aus geldpo-litischer Sicht; denn die Bundesbank ist nach wie vor ei-ner der Spieler, wenn es um die geldpolitischen Weichen-stellungen in Europa geht.Erstens. Die weltweite Krise, die wir bisher erlebt ha-ben, ist letztendlich eine Vermögensgüter-Preisinflation.Es ist richtig, dass diejenigen, die über eine Vermögens-güter-Preisinflation wachen müssen, künftig auch dieBanken beaufsichtigen müssen. Entscheidend ist, dasswir die Bankenaufsicht ausschließlich bei der unabhän-gigen Bundesbank in Frankfurt ansiedeln.Zweitens. Wir benötigen im Bankenbereich ein kon-sistentes Insolvenzrecht. Dafür zu sorgen, ist etwas, wasdKukmsczsddgfgsgwdsmDkbrRmcDaDbsmddFdlznd
Angesichts der drohenden Kreditkrise – sie wirdwangsläufig eintreten, weil die Banken eigenkapital-chwach sind – müssen die Eigenfinanzierungskräfte iner deutschen Wirtschaft gestärkt werden. Es ist gut,ass wir die Instrumente der Förderpolitik nutzen undleichzeitig die Wachstumskräfte hinsichtlich der Eigen-inanzierung stärken. Dazu gehört, dass wir das Beteili-ungskapital in Deutschland ausbauen und die Substanz-teuer entsprechend dem Koalitionsvertrag mildern; dieseschieht mit der Verabschiedung dieses Gesetzent-urfs. Ein ganz entscheidender Punkt in dieser Phase ist,ass wir die Eigenfinanzierungskräfte der Unternehmentärken.Drittens. Wir brauchen ein konsistentes Finanz-arktrecht. Durch die Schieflage eines letztendlich ineutschland beheimateten Hedgefonds, K1, wird unslar, dass die Marktanbieter Ausweichmöglichkeiten ha-en; denn wir haben kein einheitliches Versicherungs-echt, kein einheitliches Bankenrecht, kein einheitlichesecht in Bezug auf Zertifikate und den grauen Kapital-arkt. Deshalb ist es wichtig, dass wir hier ein einheitli-hes Regelwerk schaffen.
Entscheidend ist auch, dass wir dem kleinen Sparer ineutschland in dieser Krise keine zusätzlichen Lastenufs Auge drücken.
as, was in der politischen Linken, aber teilweise auchei Konservativen diskutiert wird – Finanztransaktions-teuer, Börsenumsatzsteuer, Tobin-Steuer; wie immeran es nennt –, ist im Kern der völlig falsche Ansatz;enn letztendlich muss diese Steuer der kleine Sparer,er Lebensversicherungssparer, der Riester-Sparer, derondssparer, zahlen.
Herr Fahrenschon, der bayerische Finanzminister, hatargestellt, dass der durchschnittliche Riester-Sparer al-ein 5 000 Euro für eine solche Finanztransaktionssteuerahlen müsste. Diese Steuer bezahlten am Ende alsoicht diejenigen, die sie eigentlich treffen soll, sonderner kleine Sparer.
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314 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2009
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Das halten wir für ein falsches Konzept.Wir wollen den Rahmen für ein konsistentes Finanz-dienstleistungsrecht in Deutschland schaffen.
Wir wollen keine zusätzlichen Steuern für die Bürger,sondern wir wollen sie von Steuern entlasten.Vielen Dank.
Das Wort hat jetzt der Kollege Leo Dautzenberg von
der CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! LiebeKolleginnen und Kollegen! Wir haben es heute zum ei-nen mit der Einbringung des Wachstumsbeschleuni-gungsgesetzes zu tun, zum anderen steht aber auch dieallgemeine Aussprache zu den Bereichen Finanzmarkt,Finanzen, Steuern und Haushalt auf der Tagesordnung.Die Sofortmaßnahmen, die wir nun gemäß Koali-tionsvertrag im steuerlichen Bereich ergreifen, sind diekonsequente Umsetzung von dem, was wir kurzfristigfür erforderlich halten. Es ist schon, verehrte Kollegenvon der SPD, erstaunlich, dass Sie die Ergänzung des-sen, was wir in der alten Koalition auch mit Wirkungzum 1. Januar 2010 auf den Weg gebracht haben,
nun nicht mehr für sinnvoll halten. Es muss mir mal je-mand erklären, warum das jetzt so sein soll.
Die Bereiche, Herr Kollege Poß, die wir jetzt im Un-ternehmensrecht angehen – –
– Was haben wir denn gemacht? Wir haben doch schoneine Abflachung des sogenannten Mittelstandsbaucheserreicht, indem wir die Rechtsverschiebung, wie es soschön heißt, innerhalb der Proportionalzone vorgenom-men haben.
– Das ist schon einmal ein erster Ansatz. – So könnendoch die entlastenden Maßnahmen, die wir jetzt zusätz-lich noch vorsehen, nicht falsch sein.ehnnvfmDgfEdlw–PasmMeamknMlmIgfdamgswAi
Zu dem, was wir jetzt im Bereich Unternehmensteu-rn – ein weiterer Bereich – machen, ist vom Grundsatzer zu sagen, dass das für uns von der Unionsfraktionicht auf neuen Erkenntnissen beruht: Wir versuchenur, die Folgen der Krise, die sich jetzt immer weitererschärft, abzumildern. All dieses kannte ich schon ausrüheren Diskussionen, aber diese Maßnahmen warenit Ihnen nicht umsetzbar.
eshalb müssen hier jetzt einige Punkte dringend korri-iert werden, damit sie nicht noch weiter krisenverschär-end wirken.
Wir haben also keinen neuen Erkenntnisstand. Dieserkenntnisse gab es damals schon. Nur war damals alleser fiskalischen Zielsetzung unterworfen, dass eine Ent-astung um maximal 5 Milliarden Euro vorgenommenird.
Auch jetzt haben wir fiskalische Ziele, Herr Kollegeoß. Sie haben sie eben gehört, von Herrn Meister undnderen.
Wir dürfen doch, wenn sich gewisse Dinge krisenver-chärfend auswirken, nicht einfach zusehen, sondern wirüssen das korrigieren und abmildern. Deshalb sind dieaßnahmen, die wir im Bereich der Unternehmensteu-rn treffen, der richtige Weg.
Meine Damen und Herren, da es hier ja auch um diellgemeine Aussprache über den Finanzbereich geht,öchte ich mich noch auf einige Finanzmarktaspekteonzentrieren.Ich möchte zunächst feststellen, dass wir auch inter-ational überzeugend für unser Modell der sozialenarktwirtschaft eintreten müssen. Mit diesem ist näm-ich auch ein Ordnungsrahmen für internationale Finanz-ärkte verbunden. Herr Minister, wir werden Sie undhre Regierung unterstützen, dass die Absichtserklärun-en, die bisher im Rahmen von G 20 und anderen Tref-en abgegeben wurden, in konkrete Maßnahmen mün-en. Wir müssen das Zeitfenster nutzen, denn derngelsächsische Raum ist jetzt noch offen für Maßnah-en zu mehr und besserer Regulierung. Wenn der an-elsächsische Raum das demnächst nicht mehr seinollte und sich dieses Zeitfenster wieder schließen sollte,erden wir es nicht mehr schaffen, all die vernünftigenbsichtserklärungen, die in die richtige Richtung gehen,n konkrete Maßnahmen münden zu lassen. Dann kann
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Leo Dautzenberges sogar passieren, dass sich das in einer Art und Weisekrisenverschärfend auswirkt, wie wir es bisher über-haupt nicht erwarten.
Deshalb gilt es, dieses Zeitfenster jetzt zu nutzen.Wir von deutscher Seite müssen zugleich bereit sein, ineinzelnen Fragen – ich denke da zum Beispiel im Banken-bereich an die Frage der Eigenkapitalunterlegung undder Qualität des Eigenkapitals – nationale Interessen überdie europäische Ebene gegenüber dem angelsächsischenRaum durchzusetzen. Es darf nämlich nicht dazu kom-men – erste Ergebnisse der Basel-Verhandlungen deutenallerdings darauf hin –, dass die Qualität des Eigenkapi-tals, das Banken zur Unterlegung ihres Geschäftes auf-bringen müssen, sogar für den deutschen und europäi-schen Bereich gesenkt wird.
Das Mezzanine-Kapital und stille Beteiligungen, die inunserem Bankensektor eine dominierende Größe haben,sollen zukünftig nicht mehr als sogenanntes Kernkapitalberücksichtigt werden. Das dürfen wir nicht akzeptieren,sonst ist der deutsche und europäische Bankenbereichgegenüber dem angelsächsischen Bereich benachteiligt.
Wir haben zukünftig noch weitere Anforderungen, wasdie Unterlegung mit Eigenkapital angeht. Deshalb darfes für unsere Banken in diesem Bereich keine Nachteilegeben.Der zweite wichtige Bereich: Regulierung, Aufsicht.Es ist schon gesagt worden, dass wir von der Union ge-meinsam mit dem Koalitionspartner die Bankenaufsichtbei der Bundesbank ansiedeln wollen. Man muss sichdarüber unterhalten, in welcher Organisationsform dieAufsicht erfolgen soll. Man kann vorschnelle Vorschlägedes Bundesbankvorstandes, die kurzfristig erarbeitetworden sind, nicht eins zu eins übernehmen. Wir müssensorgfältig beraten, wie wir hier vorgehen.
Wir müssen schauen, wie die Eingriffsverwaltung beider Bundesbank erfolgen kann.Wir müssen zu einer qualifizierten und differenziertenAufsicht kommen. Es ist ein Unterschied, ob eine Spar-kasse, eine Genossenschaftsbank, die in der Fläche tätigist, oder ob eine systemische Bank beaufsichtigt werdensoll.
Wenn eine systemische Bank beaufsichtigt werden soll,dann müssen andere Kriterien gelten. Die Aufsicht mussdurchaus Anmerkungen zur Geschäftspolitik und zu Ge-schäftsmodellen machen können, wenn die Gefahr be-steht, dass Märkte nachhaltig gestört werden. Deshalbmuss die Aufsicht die Frage prüfen: Muss ein risikorei-cheres Geschäft nicht mit einem wesentlich höheren Ei-genkapital unterlegt werden, als das bei Geschäften einernormalen Bank, die regional verankert ist, der Fall ist?DhmsWTnnsdmbkttfdIdKfhdktaDtdrngkdIdHdfgb
Es ist auch ein wichtiges Signal nach draußen, dass inieser Debatte ein Haushälter das letzte Wort haben darf.ch will an dieser Stelle erinnern, dass das Hohe Hausas Königsrecht des Parlaments ausübt, nämlich dasaushaltsrecht. Das ist keine Kleinigkeit; denn wer eineemokratische Staatsform auf ihre Qualität hin überprü-en will, muss zuallererst schauen, wie es um das Bud-etrecht bestellt ist.
Lassen Sie mich an dieser Stelle daran erinnern, dassereits 1849 die Mitglieder der Nationalversammlung in
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316 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 12. November 2009
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Norbert Barthleder Frankfurter Paulskirche das Budgetrecht in der Ver-fassung verankert haben – das war ein wichtiger Schritt –
und dass nicht durch Zufall die Nazis 1933 dies demParlament wieder genommen haben. An dieser Stellewird also deutlich, wie wichtig dieses Budgetrecht füruns alle, für das Parlament ist.Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, auf einigegrundsätzliche Zusammenhänge hinzuweisen; denn indieser Woche wurde sehr viel von Wachstum gespro-chen. Das hat sich wie ein roter Faden durch alle Debat-ten gezogen.
Die Bundeskanzlerin hat deutlich darauf hingewiesen,dass ohne Wachstum keine Investitionen, keine Schaf-fung neuer Arbeitsplätze, keine Bereitstellung von Mit-teln für Bildung und keine Hilfen für die Schwachenmöglich sind. Wachstum schafft die Voraussetzung fürdie notwendigen Spielräume in der Politik.
Wachstum ist für uns kein Selbstzweck, sondern der ein-zige Schlüssel, aus dieser Krise herauszukommen.
Gleichzeitig ist immer von Sparen die Rede. LassenSie mich deshalb die Ausgabenseite unserer Haushalteim Hinblick auf eine mögliche Haushaltskonsolidierungkurz beleuchten. Der Mann auf der Straße sagt immerzuerst: Spart einfach mal! Nun lernt man als Haushälterrelativ schnell, dass sehr große Bereiche unseres Haus-halts – 300 Milliarden Euro – festgeschrieben sind. Dasist kein großer Haufen Geld, in den man beliebig hinein-greifen kann, sondern da gibt es zum Beispiel laufendeZuweisungen und Zuschüsse insbesondere zur Sozial-versicherung bzw. zur Rentenversicherung. In diesemJahr sind dadurch rund 175 Milliarden Euro sofort ge-bunden. Rechnet man dann die Zinsausgaben und diePersonalausgaben – das sind noch einmal rund 70 Mil-liarden Euro – hinzu, so kommt man zu dem Ergebnis,dass ein relativ großer Teil des Bundeshaushalts festge-schrieben ist. Das heißt, die verfügbare Masse umfasstvielleicht noch etwa 20 Prozent. Dazu gehören Mittel fürdie Bildung sowie Investitionen in den Verkehr und indie Infrastruktur. Gerade dort wollen wir nicht sparen.Im Gegenteil, das wäre schädlich für jede konjunkturelleEntwicklung. Nichtsdestotrotz werden wir im kommen-den Bundeshaushalt jede Ausgabenposition sorgfältigdahin gehend überprüfen,
ob es noch Einsparmöglichkeiten gibt; das ist gar keineFrage.Wenden wir uns jetzt der Einnahmeseite zu. Bei denEinnahmeverbesserungen gibt es grundsätzlich dreiMbsls–mdDsAgWbJdrsDnzDhBWeSsdrDHu
Der kommt schon.Das Zweite – höhere Schulden – ist nur begrenztöglich. Wir wollen die Verschuldung zurückführen;as haben wir uns selbst auferlegt.
ie Schuldenbremse steht unverrückbar im Grundge-etz. Diese Schuldenbremse ist – erlauben Sie mir diesenmerkung –, historisch betrachtet, wahrscheinlich dierößte Leistung der vergangenen Koalition.
ir haben nun die Aufgabe, eine mit dieser Schulden-remse zu vereinbarende Lösung für die im kommendenahr sicherlich exorbitant hohe Neuverschuldung zu fin-en, um wieder auf den Pfad der Tugend zurückzukeh-en. Das wird nur möglich sein, wenn wir um den Kri-enherd herum sozusagen eine Umgehungsstraße bauen.afür braucht es die Kreativität von uns Haushältern ge-auso wie die des Finanzministers.
Nun komme ich zur dritten und letzten Möglichkeit,um Wachstum.
ie ersten zwei Wege sind uns ja nahezu versperrt. Des-alb lautet die Faustformel: Wachstum generieren. Dasundesfinanzministerium sagt uns immer: 1 Prozentachstum erzeugt mindestens 1 Prozent höhere Steuer-innahmen.
chaut man sich das gute Wachstumsjahr 2006 an, sotellt man fest: Da war das sogar deutlich mehr.Lieber Herr Kollege Bonde, Sie haben in Ihrer Redearauf hingewiesen, dass wir absurd hohe Wachstums-aten bräuchten. Erinnern Sie sich bitte an das Jahr 2006.a hat uns das Wachstum Steuermehreinnahmen inöhe von fast 40 Milliarden Euro beschert. Das warenm 2,5 Prozent höhere Steuereinnahmen pro Prozent-
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Norbert Barthlepunkt des Wachstums: eine wunderschöne Rate, die zuhöheren Steuereinnahmen geführt hat. Das Schöne ist:Wachstum wird auch auf der Ausgabenseite wirksam,weil wir weniger Geld zur Finanzierung der Arbeitslo-sigkeit und der sozialen Sicherungssysteme benötigen.Wachstum ist also der Schlüssel zum Erfolg.
Herr Kollege Barthle, erlauben Sie eine Zwischen-
frage des Kollegen Schneider?
Aber immer.
Bitte schön, Herr Schneider.
Herr Kollege Barthle, Sie haben eben gesagt,
1 Prozent Wachstum führe zu 1 Prozent Steuermehrein-
nahmen. Die Quelle dieser Angaben im Finanzministe-
rium ist mir bisher verborgen geblieben. Ich möchte es
ökonomisch betrachten: 1 Prozent Wachstum bedeutet,
dass das Bruttoinlandsprodukt insgesamt um etwa
25 Milliarden Euro steigt. Die Steuerquote liegt bei etwa
25 Prozent, also etwa bei einem Viertel. Wie kommen
Sie dann darauf, dass die Selbstfinanzierung höher aus-
fallen soll? Mir ist das jedenfalls nicht bekannt. Bisher
wurde das von keinem Ökonomen in irgendeiner Art und
Weise bestätigt.
Ist es richtig, dass der Finanzplan, den die Große
Koalition mit der Kanzlerin an der Spitze beschlossen
hat, von einer realen Wachstumsquote von 2 Prozent
ausgeht, das Potenzialwachstum aber darunter liegt? Wie
wollen Sie dann die Steuermehreinnahmen darstellen?
Herr Kollege Schneider, wenn Sie sich beim BMF
oder bei den einschlägigen Wirtschaftsforschungsinstitu-
ten kundig machen, werden Ihnen alle sagen, dass die
Faustformel gilt: 1 Prozent Wachstum erzeugt etwa
1 Prozent Steuermehreinnahmen. Genau dies habe ich
dargelegt; so finden Sie es in allen Unterlagen wieder.
Ich habe dargelegt, dass diese Quote im Jahr 2006 mit
seinem Ausnahmewachstum sogar höher war: In diesem
Jahr gab es ein Wachstum von 3 Prozent, aber Steuer-
mehreinnahmen von annähernd 40 Milliarden Euro. Da-
mit hat 1 Prozent Wachstum in diesem Jahr 2,5 Prozent
Steuermehreinnahmen erzeugt. Das war eine Ausnahme-
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enn wir im kommenden Jahr 2 Prozent Wachstum er-
eichen, können wir etwa 24 Milliarden Euro Steuer-
ehreinnahmen erzielen; das wäre eine tolle Sache.
Lassen Sie mich zur Frage eines nachhaltigen, verant-
ortlichen Wachstums zurückkommen. Ein solches
achstum kennt nur Gewinner: uns, die Menschen in
iesem Lande. Ich komme zum Wachstumsbeschleuni-
ungsgesetz zurück, das hinsichtlich des Wachstums als
reibsatz wirken wird. Dieses Gesetz entlastet insbeson-
ere die Familien. Wer sich das Finanztableau anschaut,
er sieht sehr schnell, dass der größte Teil des Geldes,
as wir in die Hand nehmen, bei den Familien landet.
ie Entlastungen werden also bei den Menschen in die-
em Lande wirksam und führen zu einem größeren
achstum.
Herzlichen Dank.
Weitere Wortmeldungen zu diesem Themenbereich
iegen nicht vor. Ich schließe deshalb die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
en Drucksachen 17/15 und 17/16 an die in der Tages-
rdnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind
ie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind
ie Überweisungen so beschlossen.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf Mittwoch, den 25. November 2009, 13 Uhr,
in.
Die Sitzung ist geschlossen.