Protokoll:
17047

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 47

  • date_rangeDatum: 11. Juni 2010

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 15:23 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/47 DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kathrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) . . . . . . . . . . . . . Florian Bernschneider (FDP) . . . . . . . . . . . . . Kai Gehring (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . Dorothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) . . . . . . . . . . DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Lange (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Werner Simmling (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister 4821 B 4822 B 4823 D 4824 D 4826 C 4827 C 4828 A 4829 A 4829 D 4832 D 4834 B 0000 A4835 C 4836 C 4837 C 4839 A 4842 B 4842 C 4842 D Deutscher B Stenografisch 47. Sitz Berlin, Freitag, den I n h a l Tagesordnungspunkt 26: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung wehr- und zivildienstrechtlicher Vorschriften 2010 (Wehrrechtsänderungsgesetz 2010 – WehrRÄndG 2010) (Drucksache 17/1953) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Bundesminister BMVg . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . . Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/ T a b D 4815 A 4815 B 4817 A 4818 C 4819 C Markus Grübel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Sönke Rix (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4830 D 4831 D undestag er Bericht ung 11. Juni 2010 t : agesordnungspunkt 27: ) Antrag der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Winfried Hermann, Bettina Herlitzius, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Durch eine neue Investitionspolitik zu mehr Verkehr auf der Schiene (Drucksache 17/1988) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Sabine Leidig, Herbert Behrens, Thomas Lutze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Grundlegende Neuausrichtung der Ver- kehrsinvestitionspolitik für Klima- und Umweltschutz, Barrierefreiheit, soziale Gerechtigkeit und neue Arbeitsplätze (Drucksache 17/1971) . . . . . . . . . . . . . . . r. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ 4832 C 4832 C BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin Burkert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4843 A 4843 D II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 47. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Juni 2010 Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Lenkert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Gustav Herzog (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Matthias Lietz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 28: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Film- förderungsgesetzes (Drucksachen 17/1292, 17/1938) . . . . . . . . . . Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU) . . Angelika Krüger-Leißner (SPD) . . . . . . . . . . Dr. Claudia Winterstein (FDP) . . . . . . . . . . . . Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) . . . . . . Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dorothee Bär (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) . . . . . . . . . Marco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 29: a) Große Anfrage der Abgeordneten Ulrich Kelber, Marco Bülow, Rolf Hempelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Verlängerung von Restlaufzei- ten von Atomkraftwerken – Auswir- kungen auf die Entwicklung des Wett- bewerbs auf dem Strommarkt und auf den Ausbau der Erneuerbaren Ener- gien (Drucksache 17/832) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Ulrich Kelber, Marco Bülow, Rolf Hempelmann, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Laufzeitverlängerung nicht mehr durchsetzbar – Energiekonzept neu jus- tieren – Energiepolitische Bremse lösen (Drucksache 17/1980) . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Bareiß (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dorothée Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M S F M K J D J T B s t K o S F R ( P K D M D P T a b D R W 4845 A 4845 C 4846 D 4847 C 4848 D 4850 A 4850 B 4851 C 4853 B 4854 A 4855 A 4856 A 4856 D 4857 C 4858 D 4858 D 4859 A 4860 B 4861 C 4862 C 4863 C ichael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ranz Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . arco Bülow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . laus Breil (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ens Koeppen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . r. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ens Koeppen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 30: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Arbeit und Soziales zu dem An- rag der Abgeordneten Matthias W. Birkwald, laus Ernst, Heidrun Dittrich, weiterer Abge- rdneter und der Fraktion DIE LINKE: Zur tabilisierung des Rentenniveaus: Riester- aktor streichen – Keine nachholenden entendämpfungen vornehmen Drucksachen 17/1145, 17/1804) . . . . . . . . . . eter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . atja Mast (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . atthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . r. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . aul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 31: ) Antrag der Fraktionen SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Evaluierung der deutschen Beteiligung an ISAF und des deutschen und internationalen Engage- ments für den Wiederaufbau Afghanis- tans seit 2001 (Drucksache 17/1964) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Burkhard Lischka, Karin Roth (Esslingen), Dr. Sascha Raabe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Stärkung der humanitären Lage in Afghanistan und der partnerschaftli- chen Kooperation mit Nichtregierungs- organisationen (Drucksache 17/1965) . . . . . . . . . . . . . . . r. h. c. Gernot Erler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . oderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . olfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . 4864 D 4865 A 4865 C 4866 D 4868 A 4869 A 4870 C 4871 A 4871 C 4871 C 4873 A 4874 B 4875 C 4876 B 4877 A 4878 C 4878 D 4879 A 4880 B 4881 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 47. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Juni 2010 III Dr. Bijan Djir-Sarai (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Holger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4882 B 4883 C 4884 B 4885 B 4885 D 4886 C 4887 A 4887 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 47. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Juni 2010 4815 (A) ) )(B) 47. Sitz Berlin, Freitag, den Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 47. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Juni 2010 4887 (A) ) )(B) sierung der Finanzmärkte befördern. Dr. Röttgen, Norbert CDU/CSU 11.06.2010 setzgeberischen Maßnahmen muss es sein, einen unabhängigen, transparenten und objektivierten Rating- prozess zu gewährleisten, dessen Ergebnisse zu einer nachhaltigen und effizienten Allokation der finanziellen Ressourcen beitragen und auf diese Weise eine Stabili- Polenz, Ruprecht CDU/CSU 11.06.2010 Remmers, Ingrid DIE LINKE 11.06.2010 Anlage 1 Liste der entschuldigt A 2 A n – – ß 2 1 z V r l Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.06.2010 Bender, Birgitt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.06.2010 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 11.06.2010 Bosbach, Wolfgang CDU/CSU 11.06.2010 Drobinski-Weiß, Elvira SPD 11.06.2010 Gerdes, Michael SPD 11.06.2010 Glos, Michael CDU/CSU 11.06.2010 Göring-Eckardt, Katrin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.06.2010 Goldmann, Hans- Michael FDP 11.06.2010 Groschek, Michael SPD 11.06.2010 Dr. Harbarth, Stephan CDU/CSU 11.06.2010 Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 11.06.2010 Haustein, Heinz-Peter FDP 11.06.2010 Hempelmann, Rolf SPD 11.06.2010 Herlitzius, Bettina BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.06.2010 Höfken, Ulrike BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.06.2010 Juratovic, Josip SPD 11.06.2010 Kopp, Gudrun FDP 11.06.2010 Kunert, Katrin DIE LINKE 11.06.2010 Lühmann, Kirsten SPD 11.06.2010 Lutze, Thomas DIE LINKE 11.06.2010 Piltz, Gisela FDP 11.06.2010 D S S S D D W D Z Z A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten nlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 871. Sitzung am 4. Juni 010 beschlossen, zu den nachstehenden Gesetzen einen ntrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes icht zu stellen: Zweites Gesetz zur Änderung des Vorläufigen Ta- bakgesetzes Ausführungsgesetz zur Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über Rating- agenturen (Ausführungsgesetz zur EU-Ratingver- ordnung) Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschlie- ung gefasst: Der Bundesrat sieht in der Verordnung (EG) Nr. 1060/ 009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2009 über Ratingagenturen und dem hier ur Beratung stehenden Ausführungsgesetz zu dieser erordnung einen wichtigen, aber bei weitem nicht aus- eichenden ersten Schritt zu einer angemessenen Regu- ierung von Ratingagenturen. Ziel der notwendigen ge- r. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 11.06.2010 chmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 11.06.2010 cholz, Olaf SPD 11.06.2010 üßmair, Alexander DIE LINKE 11.06.2010 r. Tackmann, Kirsten DIE LINKE 11.06.2010 r. Westerwelle, Guido FDP 11.06.2010 icklein, Andrea SPD 11.06.2010 r. Wiefelspütz, Dieter SPD 11.06.2010 apf, Uta SPD 11.06.2010 immermann, Sabine DIE LINKE 11.06.2010 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 4888 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 47. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. Juni 2010 (A) ) )(B) Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, a) die Regulierung von Ratingagenturen weiter zu ver- bessern, vor allem indem die Abhängigkeit der Ra- tingagenturen von ihren Auftraggebern verringert wird, indem die wirtschaftliche und finanzielle Ver- flechtung von Ratingagenturen und Finanzmarkt- akteuren ausgeschlossen wird und indem mögliche Marktmanipulationen durch die Finanzdienstleis- tungsaufsicht nicht nur strenger kontrolliert, sondern – wenn nötig – auch geahndet werden können. b) die Gründung einer Europäischen Ratingagentur zu befördern, deren Ratings, etwa von europäischen Staatsanleihen, nicht nur allein den Grundsätzen der Unabhängigkeit, Transparenz und Objektivität gehor- chen sollten, sondern auch für aufsichtsrechtliche Zwecke maßgeblich sein sollten. Dieses ist auch er- forderlich, um die Marktmacht einiger weniger Agen- turen zu brechen. c) die Anbindung aufsichtsrechtlicher Regelungen an Ra- tings, wie sie etwa für Kreditinstitute, Wertpapierfir- men, Versicherungsunternehmen oder Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung bei der Berechnung ihrer gesetzlichen Eigenkapitalanforderungen oder der Berechnung der Risiken ihres Anlagegeschäfts gilt, so zu überarbeiten, dass die prozyklischen, spe- kulationsfördernden und tendenziell systemgefähr- denden automatischen Wirkungen von Herabstufun- gen erheblich verringert werden. d) den Anleger- und Verbraucherschutz als eigenständi- ges Ziel zu verfolgen und eine verbraucherorientierte Überwachung von Finanzprodukten sicherzustellen und gesetzliche Regelungen einzuführen, die es den Verbraucherinnen und Verbrauchern ermöglichen, das Risiko von Finanzprodukten adäquat einzuschätzen. Begründung: Ratingagenturen erfüllen in den modernen Volkswirt- schaften eine wichtige Funktion. Verlässliche Ratings erlauben es den Marktteilnehmern, insbesondere auch den Verbraucherinnen und Verbrauchern, das Risiko von Finanzprodukten einzuschätzen und fundierte Anlage- und Finanzentscheidungen zu treffen. Das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Ratings aber war, wie die Finanz- und Wirtschaftskrise gezeigt hat, allzu oft nicht gerechtfertigt. Die Ratingagenturen ha- ben dadurch entscheidend zu einer Verschärfung der Krise beigetragen. Ursachen dieser Fehlentwicklung waren unzutref- fende Modellannahmen, Interessenskonflikte, falsche Anreize, fehlender Wettbewerb und mangelnde Kon- trolle. Um hier dauerhaft und nachhaltig Abhilfe zu schaffen, ist eine Doppelstrategie vonnöten. Zum ei- nen muss die Regulierung der Ratingagenturen ver- bessert werden. Dabei ist insbesondere sicherzustel- len, dass Ratingentscheidungen nicht im Sinne der Auftraggeber verzerrt oder sogar – im schlimmsten Fall – manipuliert werden. Zum anderen sollte eine Europäische Ratingagentur eingerichtet werden, de- ren Ratings, beispielsweise von Anleihen europäi- scher Staaten, Ergebnis eines unabhängigen, transpa- renten und objektivierten Ratingprozesses und – m S z m U n (C (D insofern auch für die entsprechenden aufsichtsrechtli- chen Regelungen maßgeblich sein sollten. Es kann allerdings nicht die Aufgabe einer solchen Europäischen Ratingagentur sein, für alle angebote- nen Finanzprodukte Ratings bereitzustellen. Nicht zu- letzt deshalb ist es erforderlich, dass die allgemeine Anbindung aufsichtsrechtlicher Regelungen an Ra- tings überarbeitet wird. Deshalb ist es aber auch erfor- derlich, dass eine verbraucherorientierte Überwa- chung von Finanzprodukten stattfindet. Es muss gewährleistet sein, dass Informationen über Finanz- produkte, die sich an private Anleger richten, einfach und verständlich sind, eine Vergleichbarkeit mit Kon- kurrenzprodukten erlauben und es den Verbraucherin- nen und Verbrauchern ermöglichen, das Risiko von Finanzprodukten adäquat einzuschätzen. Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Er- richtung einer Stiftung „Deutsches Historisches Museum“ Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 atz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung u der nachstehenden Vorlage absieht: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Inter- parlamentarischen Union 121. Versammlung der Interparlamentarischen Union vom 18. bis 21. Oktober 2009 in Genf, Schweiz – Drucksachen 17/647, 17/1485 Nr. 1 – Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Tech- nikfolgenabschätzung (18. Ausschuss) gemäß § 56a der Geschäftsordnung Technikfolgenabschätzung (TA) Transgenes Saatgut in Entwicklungsländern – Erfah- rungen, Herausforderungen, Perspektiven – Drucksachen 16/13874, 17/591 Nr. 1.22 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden nionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- er Beratung abgesehen hat. Haushaltsausschuss Drucksache 17/1492 Nr. A.16 Ratsdokument 7275/10 Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Drucksache 17/178 Nr. A.22 Ratsdokument 15461/09 Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Drucksache 17/592 Nr. A.5 Ratsdokument 5056/10 47. Sitzung Berlin, Freitag, den 11. Juni 2010 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704700000

Die Sitzung ist eröffnet.

Nehmen Sie bitte Platz. Guten Morgen, liebe Kolle-
ginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie alle herzlich.

Wir können heute ohne zusätzliche Ankündigungen
oder Veränderungsmeldungen gleich in unsere Tagesord-
nung eintreten.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 26 auf:

Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und der FDP eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Änderung wehr- und zivildienst-

(Wehrrechtsänderungsgesetz 2010 – WehrRÄndG 2010)


– Drucksache 17/1953 –
Überweisungsvorschlag:
Verteidigungsausschuss (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 75 Minuten vorgesehen. – Dazu gibt es

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keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält der
Bundesminister der Verteidigung, Dr. Freiherr zu
Guttenberg.

Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Bun-
desminister der Verteidigung:

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-
gen! Am 19. Mai dieses Jahres hat die Bundesregierung
den Entwurf eines Wehrrechtsänderungsgesetzes 2010
beschlossen, um den Wehrdienst und in dessen Folge
auch den Zivildienst auf sechs Monate zu verkürzen. Ich
bin dankbar, dass dieser Gesetzentwurf von
Fraktionen der CDU/CSU und FDP aufgegri
und jetzt auch aus der Mitte des Parlaments e
wird. Damit sind wir in der Lage, das Gesetzg

(C (D ung 11. Juni 2010 0 Uhr ahren zu beschleunigen. Dies entsprach und entspricht er Zielsetzung der Bundesregierung. Bei dem Wehrrechtsänderungsgesetz ging es immer uch um Planungssicherheit für die betroffenen jungen änner. Es ist mir daher besonders daran gelegen, dass ir das Verfahren auch im Interesse der Betroffenen öglichst rasch zum Abschluss bringen. Frühzeitige lanungssicherheit ist für die von Wehrpflicht und Zivilienst betroffenen jungen Männer ungemein wichtig. Mit dem Gesetzentwurf liegt zudem ein tragfähiges onzept zur Ausgestaltung des ambitionierten kürzeren ehrdienstes vor, das auch die Anliegen des Zivildiens es, wie insbesondere die vorgesehene Möglichkeit der reiwilligen Verlängerung des Zivildienstes, entsprehend berücksichtigt. Das ist ein Anliegen, für das die rau Kollegin Schröder gekämpft hat, die sich dazu siher auch noch äußern wird. Ungeachtet der aktuellen Entwicklungen behält der esetzentwurf seine Aktualität. Gerade angesichts der nstehenden Reform der Bundeswehr, die zu einem geissen Zeitpunkt auch einen Anpassungsbedarf bei der ehrform zur Folge haben kann, ist es wichtig, dass die b 1. Juli dieses Jahres Einberufenen auch für ihre priate Lebensplanung jedenfalls Klarheit darüber haben, ie lange sie zu dienen haben. Diese Klarheit und ent ext sprechend auch diese Planungssicherheit sind wir unseren Wehrpflichtigen schuldig. Allein deshalb hatten wir den Kompromiss zur Stichtagsregelung ab 1. Juli 2010 für die erstmalige Einberufung zu W 6 akzeptiert – wir haben das intensiv auch zwischen und mit den Fraktionen diskutiert –, obwohl hierdurch – das muss man sagen – auch die Anstrengungen für die Bundeswehr bei der Umsetzung spürbar erhöht werden; aber es ist machbar und durchführbar. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die allgemeine Wehrpflicht war in der über 50-jährigen Geschichte der Bundeswehr immer die richtige Wehrform und weitest folgsgeschichte. Die Zusammensetzung äfte aus Berufsund Zeitsoldaten, Grund freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst ie Reservisten hat entscheidend zu den seiten der ffen wurde ingebracht ebungsver gehend eine Er unserer Streitkr wehrdienst und Leistenden sow Bundesminister Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg )





(A) )

beiden auch international anerkannten Markenzeichen
der Bundeswehr beigetragen: hohe Professionalität und
feste Verankerung in Volk und Staat.

Ich war und bin daher ein grundsätzlicher Befürwor-
ter der allgemeinen Wehrpflicht. Es ist gerade die Ziel-
setzung der Verkürzung des Grundwehrdienstes, die
allgemeine Wehrpflicht auch unter den modernen Rah-
menbedingungen und einer möglichst geringen Belas-
tung aufrechtzuerhalten.

Sie wissen aber auch, dass Grundlage für unsere bis-
herigen Planungen ein Streitkräfteumfang von insge-
samt 225 000 Soldatinnen und Soldaten war.

Nun sind zwei Gesichtspunkte miteinander in Verbin-
dung zu bringen: zum einen eine grundlegende Struktur-
reform, die bereits zu Beginn auch meiner Amtszeit in
ihrer Ausgestaltung und mit Blick auf die Einrichtung ei-
ner Kommission auf den Weg gebracht wurde – es ist
unbestritten, dass die Bundeswehr strukturell reformiert
werden muss –, und zum anderen der Umstand, dass
auch der Verteidigungshaushalt seinen Beitrag zur allge-
meinen Haushaltskonsolidierung leisten muss. Auch
die Bundeswehr bleibt nicht von den gegebenen finanz-
politischen Zwängen und Entwicklungen unberührt.

Allerdings dürfen nicht die finanzpolitischen Zwänge
und Entwicklungen allein die künftige Struktur der Bun-
deswehr bestimmen, sondern die künftige Struktur der
Bundeswehr muss sich letztlich aus ihrem Auftrag, ihren
Zielsetzungen und den künftigen Herausforderungen de-
finieren. Das ist der entscheidende Punkt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich vertrete von daher die Position, dass letztendlich
der entscheidende Maßstab für die Bundeswehr erfüllbar
bleiben muss, nämlich die Fähigkeit zum Einsatz im
Rahmen des gegebenen und auch des künftigen Aufga-
benspektrums. Ein Denken vom Einsatz her ist etwas,
was wir letztlich schon seit 20 Jahren als Realität begrei-
fen müssen, auch wenn wir uns einige Male unglaublich
schwergetan haben, dieser Realität nachzukommen. Es
ist Realität, und es wird Realität bleiben.

Wenn ich von der Fähigkeit zum Einsatz spreche,
dann ist es für mich selbstverständlich, dass Einsätze un-
serer Soldatinnen und Soldaten nicht nur rechtlich und
politisch legitim, sondern immer auch militärisch ver-
tretbar und verantwortbar sein müssen. Dies bedeutet
nicht allein eine angemessene Ausrüstung – das selbst-
verständlich in besonderer Weise –, sondern auch hin-
reichende Ausbildungs- und Trainingsmöglichkeiten,
richtige Laufbahn- und Personalstrukturen sowie best-
mögliche soziale und materielle Rahmenbedingungen.
Gerade letztere haben eine bedeutende Auswirkung auf
die Sicherstellung der Motivation und damit auf die Fä-
higkeit, im Einsatz zu bestehen und richtig zu handeln.
Dies unter den gegebenen wie künftigen nicht nur finan-
ziellen Bedingungen zu leisten, ist eine erhebliche He-
rausforderung.

Entsprechend der Beschlussfassung, die wir in der
Bundesregierung einvernehmlich getroffen haben, wer-

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(C (D en jetzt Konsequenzen und Auswirkungen von struktuellen Überlegungen und von Einsparleistungen im erteidigungsetat auf die sicherheitspolitische Hand ungsfähigkeit unseres Landes, auf den möglichen Peronalumfang der Bundeswehr, ihre Struktur und die ehrform geprüft und bewertet. Feststellen kann ich schon jetzt, ohne hier ein endgüliges Ergebnis vorwegnehmen zu können, dass Einspaungen im Verteidigungsetat, die kurzfristig wirksam erden, in nennenswertem Umfang kurzfristig nur im ereich des Personals zu erzielen sind. Von daher führt ller Wahrscheinlichkeit nach an einer erheblichen Peronalreduzierung kein Weg vorbei. Wenn wir über ünftige Strukturen nachdenken und eine entsprechend ut ausgestattete, aber auch den Einsätzen nachkomende Bundeswehr haben wollen, ist es allerdings wich ig, dass der Weg in diese Richtung weist und wohl auch eisen muss. Das kann durchaus zur Folge haben, dass it Blick auf das Gesamtpersonalgefüge sich der Grundehrdienst nicht, jedenfalls nicht mehr in der jetzt voresehenen Form, aufrechterhalten lässt. Aber wir nehen uns Zeit, die künftige Ausgestaltung entsprechend rgebnisoffen zu diskutieren. Wir werden – das ist wichig – dieses Thema in den nächsten Wochen und Monaen gemeinsam mit dem Parlament diskutieren. Aber bei geringer werdendem Gesamtumfang und leichzeitig unverändertem Fortbestand der Wehrpflicht uss berücksichtigt werden, dass möglicherweise zu iele der länger dienenden Soldaten durch rein wehrflichtspezifische Aufgaben wie Ausbildung und Fühung der Rekruten gebunden wären. Die damit verbunene enorme Kraftanstrengung würde an die Grenze hrer Vertretbarkeit, aber auch ihrer Vermittelbarkeit in er Truppe stoßen. Auch diese Diskussion ist zu führen. ir müssen aufpassen, dass wir keine Ressourcen blo kieren. Wir müssen darauf achten, dass wir nicht solche essourcen blockieren, die zwingend für kritische Ein ätze oder deren Vorbereitung benötigt werden. Ich habe daher in meinem Hause auch dazu eine erebnisoffene Prüfung angewiesen, die aber auch keine abus und Denkverbote enthält. Ich glaube, das ist wich ig und richtig. Von daher lässt sich zum jetzigen Zeitunkt nicht voraussehen, für wie lange wir den heute orliegenden Gesetzentwurf wirklich in der Praxis umetzen. Umso erforderlicher ist es aber, ihn zügig umzuetzen, gerade mit Blick auf die Planungssicherheit für ie betroffenen jungen Männer. Ich bitte Sie, das Gesetzgebungsverfahren, wie vorgeehen, weiter zu betreiben. Wir entsprechen damit dem iel der Rechtsund Planungssicherheit für diese jungen änner. Es steht dann in jedem Fall fest, dass die zum . Juli Einberufenen nur noch einen Grundwehrdienst der Zivildienst von sechs Monaten ableisten müssen. Herzlichen Dank. )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704700100

Nächster Redner ist der Kollege Rainer Arnold für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Rainer Arnold (SPD):
Rede ID: ID1704700200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

letzten paar Wochen, Herr Minister, haben gezeigt, dass
Sie ein vollwertiges Mitglied dieser Bundesregierung
sind. Sie haben das allgemeine Chaos in dieser Regie-
rung endgültig auch in Ihr Ressort geholt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie reden heute so, vorgestern anders. Sie irritieren die
Öffentlichkeit, das Parlament und vor allen Dingen die
Soldaten, die in diesen schwierigen Zeiten Orientierung
statt Irritation bräuchten.

In Ihrer heutigen Rede haben Sie viermal das Wort
„Planungssicherheit“ in den Mund genommen. Das
finde ich ziemlich abenteuerlich. Einerseits nehmen Sie
das Wort „Planungssicherheit“ in den Mund, anderer-
seits wollen Sie ein Gesetz im Schweinsgalopp durch die
parlamentarischen Gremien peitschen. Das Wort
„Schweinsgalopp“ ist angesichts der Titulierungen, die
Sie inzwischen untereinander gebrauchen, durchaus
mehrdeutig.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)


Sie sprechen von Planungssicherheit, kündigen aber in
derselben Rede an, dass das, was wir heute beschließen
und was der Bundeswehr in der Umsetzung bis 1. Juli
große Mühe bereitet, im September möglicherweise
schon nicht mehr stimmt.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Planungssicherheit!)


Was ist das für eine Planungssicherheit, meine Damen
und Herren von der Koalition?


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)


Herr Minister, das, was in den letzten 14 Tagen abgelau-
fen ist, ist in Wirklichkeit eine Demütigung aller seriö-
sen Außenpolitiker und Sicherheitspolitiker in der
Union. Dies finde ich unerträglich.


(Beifall bei der SPD)


Sie haben das Parlament und sich selbst unabge-
stimmt unter Druck gesetzt. Warum? – Sie haben zwei
Gründe, dieses Gesetz durchzupeitschen. Erstens sagen
Sie, dass es so im Koalitionsvertrag steht. Darin steht
aber viel Unsinn, den Sie zwischenzeitlich korrigieren
mussten. Sie merken jeden Tag, dass das, was Kurt
Schumacher in den 50er-Jahren gesagt hat, auch heute
noch gilt: Nichts ist lehrreicher als die Wirklichkeit.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Deshalb sollte man sich nicht auf diesen Koalitionsver-
trag berufen.

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(C (D Der zweite Grund, aus dem Sie das Gesetz durchpeitchen wollen, sind Sie selbst. Sie haben beim Verbandsag der Reservisten – wieder einmal aus der Lamäng heaus, um Überschriften zu produzieren – den 1. Juli 2010 ls Stichtag öffentlich versprochen, zu einem Zeitpunkt, ls dies weder in der Ausplanung der Bundeswehr gereelt war noch Klarheit mit Ihrer eigenen Ministerkollein aus dem Familienministerium über die entsprehende Ausgestaltung des Zivildienstes bestand. Dies enne ich unverantwortlich. So dürfen wir mit den Resourcen der Bundeswehr wirklich nicht umgehen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Minister, ich habe mir Ihre Hamburger Rede
ehr genau angeschaut. Ich finde es schon witzig. Über
wanzigmal haben Sie sich in dieser Rede selbst gelobt
nd über sich gesagt, dass Sie der Herr der klaren Worte
ind. Es ist sehr interessant, dass Sie sich so oft selbst lo-
en. Vielleicht reicht es Ihnen auf Dauer doch nicht
ehr, dass nur noch die Zeitungen mit den großen bun-

en Bildern positiv über Sie berichten.

Aber leider stimmt dieses Selbstlob nicht. Klartext re-
en wäre etwas anderes. Klartext wäre, angesichts der fi-
anziellen Debatte für Präzision zu sorgen. Dazu gehört:
atürlich kann die Bundeswehr nicht von den Sparbe-
ühungen ausgenommen werden; das würde auch gel-

en, wenn Sozialdemokraten die Regierung führten.
ber zur Wahrheit gehört auch: Ein Teil der Schulden-
rise ist von Ihnen selbst verursacht.

Wenn Sie nicht bereit sind, für vernünftige Einnah-
en zu sorgen, dann weinen Sie bitte auch keine Kroko-

ilstränen vor den Soldaten und erklären Ihnen nicht, al-
es sei so schlimm, und Sie könnten nicht anders. Es ist
hre Partei, die CSU, die die Absenkung der Mehrwert-
teuer für Hoteliers beschlossen hat, es ist Ihre Partei, die
afür gesorgt hat, dass Erben weniger Steuern bezahlen
üssen. Auch diese Wirklichkeit müssen die Soldaten

ennen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: 5 Milliarden Euro für die Abwrackprämie!)


In der Debatte der letzten Tage habe ich gelernt, was
ie unter intelligentem Sparen verstehen, Herr Minister.
ie sparen über 8 Milliarden Euro im Bereich des Vertei-
igungshaushaltes. Wenn man das Kleingedruckte liest,
tellt man aber fest: Mehr als die Hälfte des Betrages soll
m Jahr 2014 aufgebracht werden, in einem Jahr, in dem
s zuvor eine Bundestagswahl gegeben hat, Sie wahr-
cheinlich nicht mehr Minister sind und diese Koalition
ängst so deutlich abgewirtschaftet hat, dass sie kein Ver-
rauen mehr bei den Bürgern hat. Das heißt, intelligentes
paren ist für Sie, die Lösung der Probleme auf die
ächste Legislaturperiode und die nächste Bundesregie-
ung zu schieben. Ich könnte auch sagen: Es ist eine
uftnummer, eine Luftbuchung, die nur dazu da ist,
eutlich zu machen, dass Sie die 8 Milliarden Euro errei-
hen.





Rainer Arnold


(A) )


)(B)

Mit der Wirklichkeit hat das alles nichts zu tun, und
zwar deshalb nicht, weil eine Absenkung des Personal-
umfangs bei der Bundeswehr um 40 000 Zeitsoldaten
nicht nur die Bundeswehr verändern würde – dazu sage
ich noch etwas –, sondern auch der Bedeutung und den
Interessen unseres Landes in Europa und innerhalb der
NATO in keiner Weise gerecht würde. Ich glaube schon,
dass es zu einer moderaten Absenkung des Personalum-
fangs kommen muss. Aber wer den Personalumfang um
40 000 auf 150 000 senken will, der muss eines wissen:
Ja, dies kann man machen. Die Briten machen es ähn-
lich. Es lohnt sich aber, genau zu schauen, was es für das
innere Gefüge einer Armee bedeutet, wenn Soldaten
häufig und langandauernd im Einsatz sind, herausgelöst
aus Familie, sozialem Umfeld, Elternbeirat, Kirche und
Verein. Dies ist dann eine Armee, die mit der deutschen
Tradition und Kultur, mit Staatsbürgern in Uniform und
innerer Führung, am Ende nichts mehr zu tun hat. Dies
alles haben Sie nicht abgewogen und nicht diskutiert.


(Beifall bei der SPD)


Hinzu kommt: Selbst wenn Ihre Kommission am
Ende sagt, eine Absenkung um 40 000 Mann sei absurd,
und es zu einer moderaten Absenkung des Personalum-
fangs kommt, ist das in keiner Weise mit Ihrem vorge-
legten Entwurf des Wehrrechtsänderungsgesetzes kom-
patibel. Wenn wir die Zahl der Zeit- und Berufssoldaten
senken, brauchen wir logischerweise auch weniger
Wehrpflichtige, damit es im Lot ist und keine zu großen
Ausbildungskapazitäten gebunden werden. Aber das
können Sie gar nicht. Das Bundesverfassungsgericht
wird Ihnen die Rote Karte zeigen, wenn Sie immer weni-
ger junge Menschen einberufen. Wir haben schon jetzt
das Problem, dass ein einfaches „Weiter so“ bei der
Wehrpflicht – die Union wollte ursprünglich nach dem
Motto „Augen zu und durch“ verfahren – in keiner
Weise machbar ist, und zwar nicht nur in verfassungs-
rechtlicher Hinsicht.


(Beifall bei der SPD)


Auch die veränderte Berufs-, Ausbildungs- und Studien-
welt ist in keiner Weise mehr kompatibel mit der derzei-
tigen Einberufungspraxis.

Nun reden Sie häufig davon, dass Sie Gemeinsamkeit
und Konsens suchen. Die Wehrpflicht wäre ein Muster-
beispiel für die Organisation eines Konsenses in der Ge-
sellschaft. Sie ist mehr als eine Einzelentscheidung der
gerade vorhandenen Mehrheit. Vielmehr geht es um
Grundüberzeugungen vieler Menschen sowie die innere
Verfasstheit und Struktur der Bundeswehr. Herr Minis-
ter, wir bieten Ihnen nochmals an: Reden Sie mit uns
auch über den Vorschlag, den meine Partei seit langem
auf den Tisch gelegt hat! Dieser Vorschlag bedeutet im
Kern: Lasst uns in allen – in allen! – gesellschaftlichen
Bereichen die Freiwilligkeit stärken – das ist eine ak-
zeptierte, positive Idee – und beruft diejenigen jungen
Männer zur Bundeswehr ein, die sich freiwillig entschie-
den haben, ihren Grundwehrdienst zu leisten. Das funk-
tioniert in anderen Ländern im Norden Europas recht
gut. Darüber müssen wir reden; denn dieses Modell bie-
tet die Chance, ohne Ärger mit den Gerichten weniger
junge Menschen einzuziehen. Das Modell bietet eine

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(C (D eitere Chance. Die eigentlich richtige, gute Idee der ehrpflicht, die im Kern bedeutet, dass man in unserem and nicht alles kaufen kann und es eine gemeinsame, ollektive Verantwortung der Gesellschaft zur Wahrung er Sicherheit gibt, bliebe erhalten. Es ist uns sehr ernst, und wir bitten Sie eindringlich: toppen Sie den Schweinsgalopp! Reden Sie mit der Oposition und lassen Sie uns miteinander eine intelligente nd verträgliche Regelung suchen! Das heißt im Klarext: Nehmen Sie den vorliegenden Gesetzentwurf vom isch! Wenn Sie, Herr Minister, nicht zur Einsicht komen, hoffe ich sehr, dass die Bundeskanzlerin Sie stoppt, o wie sie es in den letzten Tagen schon ein paar Mal achen musste. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD – Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: So ein Unsinn!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704700300

Die Kollegin Elke Hoff erhält nun das Wort für die

DP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Elke Hoff (FDP):
Rede ID: ID1704700400

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen

nd Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Kollege
rnold, ich schätze Sie sehr aus der Zusammenarbeit im
erteidigungsausschuss. Sie reklamieren immer wieder
eriosität bei der Beurteilung der Verteidigungspolitiker.
as hätten Sie heute selbst an dieser Stelle, also in dieser
irklich wichtigen Debatte, zum Ausdruck bringen kön-
en.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Diskussion der vergangenen Wochen in der Öf-
entlichkeit, aber auch unter den Kolleginnen und Kolle-
en des Deutschen Bundestages hat sehr deutlich ge-
acht, dass die Bundeswehr einen weiteren Schritt auf

inem sehr schwierigen Weg hin zu den Einsatzrealitäten
nd den voraussichtlichen Sicherheitsszenarien der Zu-
unft eingeschlagen hat. Ich glaube, dass diese Diskus-
ion trotz aller Kontroversität wichtig und richtig ist.
en Menschen wird nämlich die Möglichkeit gegeben,
arüber nachzudenken, ob sich die zukünftigen Struktu-
en der Bundeswehr an Szenarien der Vergangenheit
der an Szenarien der Zukunft orientieren sollten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Viele Kolleginnen und Kollegen haben bei ihren Besu-
hen im Einsatz oder auch bei Standortbesuchen die Er-
ahrung machen können, dass die heutigen Anforderun-
en an die Bundeswehr die an eine professionelle Armee
ind. Bis heute hat mir noch niemand erklären können,
arum Grundwehrdienstleistende in diesem Kontext eine
erart wichtige Rolle spielen, dass die Einsatzfähigkeit
er Bundeswehr durch eine Verkürzung der Wehrdienst-
auer beeinträchtigt wird.


(Beifall bei der FDP)






Elke Hoff


(A) )


)(B)

Ich würde mich sehr freuen, wenn wir das, was bisher
Gültigkeit hatte, zur Kenntnis nähmen. Ich habe hohen
Respekt vor jedem Kollegen, der sagt, dass in seiner
Wahrnehmung, dass nach der Tradition, in der er aufge-
wachsen ist, in der er die Bundeswehr wahrgenommen
hat, in der er selber an der Bundeswehr teilgenommen
hat, es für ihn schwer ist, diesen Paradigmenwechsel zu
vollziehen. Wenn wir uns die Aufgaben anschauen, die
zurzeit nicht nur auf die Bundeswehr, sondern auch auf
andere nationale Armeen zukommen, dann können wir
feststellen, dass die Wehrpflicht den geringsten Anteil an
einer angemessenen Ausrichtung der Streitkräfte auf die
Zukunft hat.


(Beifall bei der FDP)


Es ist bereits an vielen Stellen gesagt worden: Diese
Frage darf nicht vor dem Hintergrund der finanziellen
Zwänge und der Haushaltskonsolidierung betrachtet
werden. Ich möchte Sie an dieser Stelle gern an Art. 87 a
Abs. 1 des Grundgesetzes erinnern. Dort steht:

Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf.
Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer
Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan
ergeben.

Insofern halte ich die Diskussion auch in der Verknüp-
fung mit dem, was wir für die Zukunft unserer Bundes-
wehr leisten können und wollen, für unabdingbar.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Selbst wenn man sich dazu entschließen würde, die
Bundeswehr um 40 000 Zeit- und Berufssoldaten zu re-
duzieren, ergäbe sich daraus zwingend, dass die Wehr-
pflicht nicht mehr zu erhalten ist,


(Johannes Kahrs [SPD]: Eine Bankrotterklärung! – Rainer Arnold [SPD]: Warum machen Sie dann ein solches Gesetz?)


weil die Möglichkeiten der Ausbildung von Grundwehr-
dienstleistenden nicht gegeben sind. Ich darf Ihnen drin-
gend ein Gespräch mit dem Generalinspekteur und den
Inspekteuren der Bundeswehr empfehlen, damit Sie sich
einmal mit den Grundlagen für unsere Entscheidung sehr
intensiv und auch vertieft beschäftigen können.

Wir werden den heute von der Bundesregierung einge-
brachten Gesetzentwurf, der auf den Koalitionsvereinba-
rungen zwischen CDU/CSU und FDP fußt, verabschie-
den. Wir sind nämlich der Auffassung, dass es notwendig
ist – die Bundesregierung hat uns davon überzeugt –, den
jungen Männern Planungssicherheit zu gewährleisten.
Wir reden hier über eine Größenordnung von etwa 10 000
Grundwehrdienstleistenden, die am 1. Juli ihren Dienst
antreten. Auch von den Verantwortlichen in der Bundes-
wehr habe ich bis heute keine Signale bekommen, dass
man nicht in der Lage sei, die Verkürzung des Wehrdiens-
tes zu bewältigen. Wir glauben, dass wir den jungen Män-
nern diese Sicherheit einfach schuldig sind, bis innerhalb
der Regierung eine endgültige Vereinbarung, wie es mit
der Wehrpflicht in Zukunft weitergeht, gefunden ist.

Wir als FDP-Fraktion werden dem vorgelegten Ge-
setzentwurf deshalb zustimmen.

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(C (D Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704700500

Das Wort erhält nun der Kollege Paul Schäfer für die

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Paul Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704700600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist

chon ein tolles Schauspiel, das diese schwarz-gelbe Ko-
lition, eine Wunschkoalition, seit Beginn ihrer Regie-
ungszeit bietet. Das Rad der Tollheiten dreht sich immer
chneller. Beispiel: Bundeswehrreform. Es wird eine
trukturkommission eingesetzt. „Alles auf den Prüf-
tand“, heißt es. Später hört man nach dem Motto „Darf
s ein bisschen weniger sein?“: Es geht um die Optimie-
ung der Führungsstrukturen. Jetzt, nach den Sparbe-
chlüssen, sieht alles schon wieder ganz anders aus.
leichzeitig wird ein wichtiger Bereich aus diesem Re-

ormprojekt ausgegliedert, nämlich die Wehrpflicht, also
ie Frage, ob man Zehntausende von jungen Männern
inrücken lässt. Das ist eine wichtige Stellschraube, wenn
s um den Personalumfang der Bundeswehr geht. Das
lso wird herausgelöst, weil man sagt: Wir müssen ganz
chnell etwas präsentieren.

In dieser Frage ist die Koalition aber tief gespalten.
ie einen wollen aussetzen, und die anderen wollen aus-

itzen, das heißt, alles so lassen, wie es bisher ist. Was
ommt dabei heraus? Ein Gesetzentwurf, mit heißer Na-
el gestrickt: drei Monate Verkürzung des Wehrdienstes
nd des Zivildienstes. Der CDU-Finanzminister erhebt
inspruch. Der FDP gefällt es nicht. Kaum liegt der Ge-
etzestext auf dem Tisch, kommt die Finanz- und Euro-
rise über uns. Das kann man wirklich schon sagen: Der
orliegende Gesetzentwurf ist bereits heute Makulatur,
nd das ist ganz deutlich gesagt worden.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


esser gesagt: Die Finanzkrise ist nicht über uns gekom-
en; sie ist Ergebnis der falschen Politik der letzten

ahrzehnte.


(Beifall bei der LINKEN)


eil man mit dreistelligen Milliardenbeträgen die Ban-
en retten muss, Finanzmärkte stabilisieren muss, stei-
en die Staatsschulden exorbitant.

Jetzt heißt es: Sparen, bis die Schwarte kracht. Seit-
em dämmert auch Ihnen die Erkenntnis, dass der Ver-
eidigungsetat als drittgrößter Batzen im Bundeshaushalt
benfalls zur Ader gelassen werden muss. Es dämmert
uch Ihnen ein bisschen die Erkenntnis: Bei Beschaffung
nd Personal kann man nur längerfristig Einsparungen
rzielen. Deshalb – das ist genau der Vorgang, mit dem
ir es zu tun haben – ist plötzlich die Wehrpflicht kein
abu mehr. Deshalb wird jetzt zart angedeutet: Wir wer-
en uns zwar noch ein bisschen Zeit lassen, aber im
runde genommen – das pfeifen die Spatzen von den





Paul Schäfer (Köln)



(A) )


)(B)

Dächern – wird das Gesetz, das uns jetzt vorliegt, eine
Halbwertszeit von einigen Monaten – nicht mehr! – ha-
ben, und dann wird etwas Neues kommen.

Was Sie produzieren, ist, finde ich, ein ziemliches
Durcheinander. Sie selber haben untereinander schon so
schöne Worte wie „Rumpelstilzchen“ und „Gurken-
truppe“ gefunden. So weit muss man gar nicht gehen. So
scharf muss man das gar nicht formulieren. Aber „Chao-
tentruppe“ stimmt allemal.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nun gibt sich der Minister sehr entscheidungsstark
und sagt: „Weiter so!“ kann es nicht geben. Folgt man
der Presse in den vergangenen Tagen, scheint er nicht
davor zurückzuschrecken, einer ganz beachtlichen
Herde heiliger Kühe die Schlachtbank zumindest zu zei-
gen. Das ist auch richtig. Das BMVg hat lange genug
über seine Verhältnisse gelebt. Da muss etwas geändert
werden. Herr Minister, solange Sie sich aber nicht von
solch heiligen Kühen verabschieden wie dem A400M,
dem Transportflugzeug, das viele Milliarden kosten
wird, oder dem Afghanistan-Einsatz, der, wie neue Be-
rechnungen gezeigt haben, 3 Milliarden Euro im Jahr
verschlingt, wird es mit den großen Einsparungen
nichts.


(Beifall bei der LINKEN)


Richtig ist, dass wir heute über die Beiträge des Wehr-
etats zur Entlastung des Bundeshaushalts reden müssen.
Die Linke hat dazu schon bei den letzten Haushaltsberatun-
gen Vorschläge unterbreitet und aufgezeigt, wo der Rotstift
angesetzt werden kann und muss und wie ein – das ist ein
wichtiger Punkt – sozialverträglicher Rückbau der Bun-
deswehr zu gestalten ist. Wir reden hier über die Beendi-
gung der Auslandseinsätze, und wir reden über die Ein-
stellung der großen Beschaffungsprojekte, mit denen
die Bundeswehr zur globalen Eingreifarmee umgerüstet
werden soll.

Die Abschaffung der Wehrpflicht steht auf der Liste
ziemlich oben; denn, wie gesagt, wenn man eine kurz-
fristige Entlastung will, dann ist das die Stellschraube,
an der man etwas verändern kann. Hierbei geht es um
über 1 Milliarde Euro, wenn man allein die Besoldungs-
gelder für die Wehr- und Zivildienstleistenden zusam-
mennimmt.

Es geht aber nicht nur um Sparen. Die Wehrpflicht ist
sicherheitspolitisch überflüssig. Wenn sie sicherheits-
politisch nicht zu begründen ist oder nicht mehr zu be-
gründen ist, dann darf nicht durch diese Art Zwangs-
dienst in elementare Rechte junger Staatsbürger
eingegriffen werden.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Auch an diesem heutigen Freitag werden mehr als
2 Millionen junge Männer der Wehrüberwachung un-
terworfen und dürfen, was viele gar nicht wissen, das
Land nicht einfach für mehr als drei Monate verlassen.
Das ist eine Konsequenz dieser Wehrüberwachung.

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(C (D benfalls heute hoffen mehrere Hunderttausend, dass er Kelch der Wehrpflicht an ihnen vorübergeht und sie hr Leben, ihre Ausbildung und ihren Berufseinstieg hne große Unterbrechung vernünftig planen können. eshalb muss die Wehrpflicht fallen. Wenn wir uns dem vorliegenden Gesetzentwurf zuenden, der wahrscheinlich als letzter Versuch zur Ret ung der Wehrpflicht in die Geschichte eingehen wird, uss erstens gesagt werden: Der Gesetzentwurf liefert eine Antwort darauf, wofür die Wehrpflichtigen überaupt gebraucht werden. Für die Aufgaben der Einsatzrmee werden sie nicht gebraucht. Bewaffnete Einsätze m Inneren sind zum Glück verboten. Für die Landesvereidigung braucht man sie – mangels realer militärischer edrohung – auch nicht. Es bleibt nur die Verwendung ls billige Arbeitsund Servicekräfte für die professioellen Soldaten, zum Beispiel im Stabsund Fahrdienst. Zweitens. Die Verkürzung der Wehrdienstzeit auf echs Monate ändert nichts an der derzeitig schreienden ehrungerechtigkeit. Zurzeit leisten nur knapp 12 Proent eines Altersjahrgangs den Wehrdienst. Sie wollen adurch mehr einziehen, dass Sie die Zeit verkürzen. ach der Reform werden es sage und schreibe 14 Pro ent sein. Das ist wahrlich ein toller Zuwachs, der an der ehrungerechtigkeit aber nichts ändert. Wenn die Wehrpflicht heute mit der Nachwuchswerung bzw. Nachwuchsrekrutierung für die Bundeswehr egründet wird, kann man dazu nur sagen: Das ist nicht erfassungskonform, es ist unverhältnismäßig. Es könen nicht mehrere Hunderttausend junge Männer nur um er Begründung willen der Wehrpflicht unterworfen erden, dass die Bundeswehr neue Männer braucht. Es geht bei dem Gesetzentwurf aber nicht nur um die undeswehr, sondern auch um den Zivildienst. Die artnäckigkeit, mit der man lange Zeit an der Wehrflicht festgehalten hat, erklärt sich nicht zuletzt daraus, ass man auf die billige Arbeitskraft der Zivildienstleisenden nicht verzichten will. Dieser Zustand ist nicht änger akzeptabel. Es gibt die Situation, dass die sogenannten Zivis chon lange als Minilöhner im sozialen und pflegerichen Bereich missbraucht werden. Das muss beendet erden. Die Alternative ist klar: Es müssen neue regu äre, tariflich bezahlte Arbeitsplätze geschaffen werden. Viele der Einrichtungen im Sozialbereich möchten as auch, aber ihnen fehlen die Mittel, um entsprechend ezahlen zu können. Daraus wird klar, wie fatal es in den etzten Jahren war, den öffentlichen Dienst kaputtzuspaen und auszutrocknen. Hier muss eine neue Politik ommen, die diesen öffentlichen Dienst entsprechend en gesellschaftlichen Notwendigkeiten wieder ausbaut. uch ein öffentlich geförderter Beschäftigungssektor im ereich Pflege könnte sehr hilfreich sein. Denn Men chen brauchen Arbeit, die tariflich und auskömmlich ezahlt wird, ihnen ausreichende Sicherheit bietet und Paul Schäfer )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

für die sie bestens ausgebildet sind. Das ist die Aufgabe,
die jetzt bei der Organisierung ansteht.


(Beifall bei der LINKEN)


An dieser Stelle enthält der Gesetzentwurf geradezu
eine fatale sozialpolitische Weichenstellung. Mit diesem
Gesetz wird nämlich ein neues öffentlich-rechtliches
Dienstverhältnis begründet, das dem der Beamten auf
Zeit vergleichbar ist. Es geht hier um die freiwillig län-
ger dienenden Zivildienstleistenden. Hier gibt es, wenn
man es sich genau ansieht, öffentlich-rechtliche Beschäf-
tigungsverhältnisse mit Pflichtdienststrukturen, in de-
nen weit unterhalb tariflich vereinbarter Löhne bzw. aus-
gehandelter Mindestlöhne gearbeitet werden muss. Im
Rahmen dieses Dienstverhältnisses sollen Leute mit ei-
nem Stundenlohn von 3,75 Euro beschäftigt werden. Der
Mindestlohn, den der Gesetzgeber im Bereich Pflege-
hilfskräfte für verbindlich erklärt hat, beträgt im Westen
8,50 Euro und im Osten 7,50 Euro. So viel zum Thema
Dumpinglöhne und zu dem, was Sie mit diesem Gesetz
mit den Zivildienstleistenden vorhaben. Das ist einfach
nicht zumutbar und nicht akzeptabel.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Mit der Freiwilligkeit wird es auch nicht weit her
sein. Das Gesetz liefert eher eine Steilvorlage dafür, dass
Zivildienstplätze nur vergeben werden, wenn sich die
Zivildienstleistenden von Anfang an länger – statt für
sechs für zwölf Monate – verpflichten. Auch das ist in
dieser Weise nicht hinnehmbar.


(Beifall bei der LINKEN)


Zu diesem Gesetz ließe sich noch einiges sagen. Das
werden wir sicherlich noch in den Beratungen machen,
die Sie jetzt im Schweinsgalopp angesetzt haben. Das
gilt auch für die Anhörung am Montag. Auch in dieser
Anhörung wird man sich dazu noch äußern können.

Grundsätzlich stelle ich fest: Leider wird mit dem
vorliegenden Gesetzentwurf nicht damit gebrochen, dass
man junge Menschen – aufgrund des Versagens der Poli-
tik – weiter als Verschiebemasse behandelt. Die Aufhe-
bung der Wehrpflicht wäre die konsequente Zäsur, die
jetzt fällig ist. Das wäre haushaltspolitisch vernünftig.
Das wäre gerecht, und das wäre ein guter Einstieg in
eine überfällige Abrüstung in diesem Land.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704700700

Das Wort erhält nun die Kollegin Agnes Malczak für

die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704700800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser

Tage muss die deutsche Politik den einen oder anderen
Rettungseinsatz durchführen. Auch die Verkürzung der
Dauer des Wehrdienstes auf sechs Monate ist so ein Ret-
tungseinsatz, allerdings kein besonders geglückter. Mit

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(C (D ieser Reform versuchen Sie, liebe Kolleginnen und ollegen von der Koalition, das marode Gebäude der llgemeinen Wehrpflicht zu zementieren, obwohl es ängst nicht mehr von einem Fundament sicherheitspoliischer Begründungen getragen wird. Auch einer der entscheidenden Grundpfeiler, die ehrgerechtigkeit, ist längst eingebrochen. Weniger ls 50 Prozent der jungen Männer eines Jahrgangs weren überhaupt zum Dienst herangezogen. Von einer allemeinen Wehrpflicht kann also schon lange nicht mehr ie Rede sein. Der vorgelegte Gesetzentwurf hat viele Irrungen und irrungen hinter sich; das wissen Sie wahrscheinlich och viel besser als ich. Im Herbst letzten Jahres konnen Sie sich in fast allen Politikfeldern nicht einigen. So ndete die Liebesheirat in einem Koalitionsvertrag, der in Sammelsurium von 84 Prüfaufträgen ist. Nur bei einigen wenigen Punkten bestand Einvernehen zwischen Ihnen. So haben Sie sich auf einen durch ichtigen Kuhhandel verständigt. Beim Streitthema ehrpflicht sollte die Verkürzung der Dienstzeit auf echs Monate schwarz-gelbe Einigkeit und Koalitionsrieden sicherstellen. Schon kurz darauf war aber von Eiigkeit nichts mehr zu hören: Sagte der Verteidigungsinister: „Die Verkürzung der Wehrpflicht ist kein instieg in den Ausstieg“, antwortete die Kollegin Hoff on der FDP: „Unverändert halten wir als Partei daran est, dass die Wehrpflicht ausgesetzt werden sollte.“ (Beifall des Abg. Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP] – Elke Hoff [FDP]: Richtig! Genau!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


er eine sagt Hü, die andere sagt Hott. Mit dieser Hü-
nd-Hott-Politik haben Sie das größtmögliche Maß an
nsicherheit für alle Betroffenen hergestellt.


(Beifall des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Aber damit nicht genug: Noch Ende März hat Vertei-
igungsminister zu Guttenberg kategorisch behauptet
Zitat –: „Mit mir ist eine Abschaffung der Wehrpflicht

icht zu machen.“ Dann kam die Kehrtwende. Jetzt hö-
en wir auf einmal teilweise grüne Argumente aus dem

unde des Ministers. Angesichts der Haushaltsnotlage
atte endlich auch der Verteidigungsminister erkannt,
ass hohe Ausgaben für eine überkommene Wehrform
icht mehr gerechtfertigt sind. Leider entfachte dieser
eistesblitz bisher kaum mehr als ein Strohfeuer der
ernunft, das ganz schnell von den Traditionsbataillonen
er Union gelöscht wurde. Die Wehrpflicht habe sich in
er Vergangenheit bewährt – dieses Argument war für
ie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, offenbar
berzeugend genug, um die dringend notwendige und
irklich zeitgemäße Weiterentwicklung der Bundeswehr
orerst zu verhindern.

Während Sie auf der einen Seite Ihren W-6-Kompro-
iss durch das Parlament prügeln, soll jetzt bis Septem-

er geprüft werden, ob die Wehrpflicht ausgesetzt wer-





Agnes Malczak


(A) )


)(B)

den soll. Damit ist einer der wenigen Punkte, auf die Sie
sich zu Beginn der Regierungszeit einigen konnten, nur
ein weiterer Prüfauftrag und ein weiterer Zankapfel von
Schwarz-Gelb.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sicherheitspolitisch ist die Wehrpflicht schon lange
nicht mehr zu rechtfertigen. Es ist die reinste Ver-
schwendung, die knappen Ressourcen für diesen konser-
vativen Ladenhüter einzusetzen. Dabei wäre es schon
vor Jahren höchste Zeit gewesen, sich nicht nur aus
haushalterischen, sondern vor allem auch aus sicher-
heitspolitischen und militärischen Erfordernissen die
Frage zu stellen, wie die Bundeswehr heute aussehen
muss.


(Christoph Schnurr [FDP]: Auch unter RotGrün! – Ernst-Reinhard Beck [Reutlingen] [CDU/CSU]: Rot-Grün hat es auch nicht gemacht! Sie waren an der Regierung!)


Bis zum September wollen Sie nun über die Wehr-
pflicht diskutieren. An dem vorliegenden Gesetzentwurf
halten Sie dennoch fest, angeblich – das wurde heute
mehrfach gesagt –, um Rechtssicherheit und Planungs-
sicherheit für die Wehrpflichtigen herzustellen. Herr
Minister, es ist doch keine besonders kluge Herange-
hensweise an die Lösung politischer Probleme, erst eine
Reform zu verabschieden und sich danach zu fragen, ob
sie sinnvoll ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Welcher der jungen Männer wird durch dieses Hin und
Her nicht verunsichert werden? Auch die betroffenen
Organisationen – ob zivile oder militärische – müssen
noch lange auf einen klaren Weg warten. Ich bedauere
daher Ihren Mangel an Mut. Aber ich habe die Hoffnung
noch nicht aufgegeben, dass Sie am Ende vielleicht doch
noch die Struktur der Bundeswehr und ihre Wehrform
gestalten. Die hier vorgelegte Dienstzeitreform macht
aus dem Wehrdienst jedenfalls endgültig eine Aufbe-
wahrungsstation für junge Männer und stellt für die Bun-
deswehr ein Problem und keine Lösung dar.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Für uns Grüne bleibt es dabei: Die Wehrpflicht muss
abgeschafft werden. Die Wehrform der Gegenwart und
der Zukunft ist eine Freiwilligenarmee.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704700900

Nächste Rednerin ist die Bundesministerin Frau

Dr. Kristina Schröder.

Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In
einem Punkt halte ich es genauso wie meine Vorgänge-

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(C (D innen, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit: Ob es ie Wehrpflicht gibt oder nicht und, wenn es sie gibt, ie lange sie dauert oder ob sie verkürzt werden muss, st nicht mein Thema. Die Wehrpflicht muss allein vereidigungspolitisch begründet und allein aus verteidiungspolitischen Erwägungen abgeschafft oder verkürzt erden. (Beifall des Abg. Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP])


n diesen Diskussionen beteilige ich mich als Abgeord-
ete oder als Staatsbürgerin, aber nicht als für den Zivil-
ienst zuständige Ministerin.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie sind doch Jugendministerin! Da sind Sie doch auch für junge Männer zuständig!)


Ich bin eigentlich für alle zuständig, außer für mittel-
lte unverheiratete Männer.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Vergessen Sie Ihren eigenen Mann nicht!)


rotzdem muss die Wehrpflicht verteidigungspolitisch
nd kann auch nicht jugendpolitisch begründet werden.

Ich stelle fest: Es gibt junge Männer, die von ihrem
rundrecht, den Dienst an der Waffe zu verweigern,
ebrauch machen. In diesem Fall bin ich gefordert. So-

ange es den Zivildienst zur Sicherung dieses Grund-
echtes geben muss, so lange ist es meine und unsere
ufgabe, allen Beteiligten einen qualitativ hochwertigen
ivildienst anzubieten und zu ermöglichen.

Mit dieser Zielsetzung bin ich auch in die Verhand-
ungen zum Wehrrechtsänderungsgesetz gegangen. Weil
ir uns aus verteidigungspolitischen Gründen für die
erkürzung des Wehrdienstes entschieden haben, voll-
ieht der Zivildienst diese Kürzung mit.


(Rainer Arnold [SPD]: Es ist aus Koalitionsgründen entschieden worden!)


abei war und ist es mein Ziel, auch unter veränderten
ahmenbedingungen die Qualität des Zivildienstes und

einer in knapp 50 Jahren gewachsenen Strukturen zu si-
hern. Genau das ist nach meiner festen Überzeugung
it der Einführung eines freiwilligen zusätzlichen
ienstes im Wehrrechtsänderungsgesetz 2010 gelungen.

m Sinne der etwa 90 000 jungen Männer, die Jahr für
ahr Dienst an unserer Gesellschaft leisten, im Sinne der
und 38 000 Zivildienststellen, die mit circa 111 000 Zi-
ildienstplätzen bundesweit ein dichtes Netz der Für-
orge geknüpft haben,


(Sönke Rix [SPD]: Sie können doch den Zivildienst nicht sozialpolitisch begründen!)


nd im Sinne der vielen hilfsbedürftigen Menschen, die
iese Fürsorge gern und dankbar annehmen, habe ich in
en letzten Monaten für die Möglichkeit der freiwilligen
erlängerung der Zivildienstdauer gekämpft. Ich freue
ich, dass wir uns am Ende auf diese Option verständi-

en konnten.





Bundesministerin Dr. Kristina Schröder


(A) )


)(B)


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich gehe davon aus, dass ich hier weder die bekannten
Fakten noch die bekannten Bewertungen wiederholen
muss. Stattdessen will ich die Gelegenheit nutzen, end-
lich einmal mit drei Mythen um den Zivildienst aufzu-
räumen, die aus meiner Sicht eine sachliche Diskussion
hin und wieder erschwert haben.

Zivildienst für Profit heißt der erste Mythos, den wir
zum Beispiel eben wieder von dem Redner der Linken
gehört haben.


(Steffen Bockhahn [DIE LINKE]: Wieso Mythos?)


Ich meine damit die Behauptung, 30 Prozent der Zivil-
dienstleistenden, vor allen Dingen Zivis in Kranken-
häusern, würden nicht für das Gemeinwohl, sondern für
den Profit privater Unternehmen arbeiten. Ich denke, Sie
alle wissen aus Ihren Wahlkreisen, dass es heute fast
keine Krankenhäuser mehr in der Trägerschaft einer
Kommune gibt.


(Steffen Bockhahn [DIE LINKE]: Doch! Zum Glück gibt es das noch! – Caren Marks [SPD]: Sie sollten mal ein bisschen mehr rumreisen! Reisen bildet! – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Sie haben wirklich keine Ahnung!)


Die meisten Kreiskrankenhäuser sind heute als eigen-
ständige GmbH organisiert und landen in den Berech-
nungen schon deshalb in der Schublade mit dem Label
„gewinnorientierte Einrichtung“. Dadurch, dass recht-
lich selbstständige Krankenhäuser und in diesem Zuge
ebenfalls der Zivildienst als profitorientiert eingeordnet
werden, kommen auch die genannten 30 Prozent zu-
stande.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht es doch nicht besser!)


Diese Argumentation greift aber zu kurz.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt!)


Man kann über Trägerstrukturen lange streiten; das ist
eine gesundheitspolitische Diskussion. Aber die Praxis
im Zivildienst ist absolut klar und einfach und im Übri-
gen auch mehrfach gerichtlich bestätigt worden. Als Zi-
vildienststellen werden nur Einrichtungen anerkannt, die
entweder vom Finanzamt von der Körperschaft- und
Umsatzsteuer befreit sind oder die in den Krankenhaus-
bedarfsplan eines Landes aufgenommen wurden. Das
Bundesamt für den Zivildienst hält sich strikt an diese
vor Ort getroffenen Einschätzungen zur Förderungswür-
digkeit einzelner Einrichtungen.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Das ist eine Vorlesung!)


Dem zweiten Mythos will ich entgegenhalten: Reali-
tätsfern ist auch die Diskussion um die Arbeitsmarkt-
neutralität des Zivildienstes. Es ist natürlich ganz klar:
Wenn man von einem Tag auf den anderen diejenigen
aus dem Sozialbereich abziehen würde, die dort ohne

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(C (D lanstelle beschäftigt sind, dann gäbe es in Deutschland n der Tat ein ernstes Problem. Darüber kann man weitchweifig diskutieren, aber bitte im richtigen Zusamenhang. Arbeitsmarktpolitische Diskussionen auf dem Rücken es Zivildienstes auszutragen, ist weder fair noch sachemäß. enn die Frage der Arbeitsmarktneutralität wird gerade eim Zivildienst am schärfsten kontrolliert. Anders als eim Freiwilligen Sozialen Jahr wird jeder einzelne latz streng auf seine Arbeitsmarktneutralität überprüft. (Sönke Rix [SPD]: Das ist etwas ganz anderes! Freiwilligendienst ist kein Zivildienst!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


00 Außendienstmitarbeiter des Bundesamtes für den
ivildienst sind ständig bundesweit unterwegs, um die
inhaltung dieser strikten Vorgabe zu kontrollieren. Da-
it haben wir im Zivildienst das engmaschigste Netz an
ontrollen, viel engmaschiger als bei jeder anderen
ngagementform in Deutschland.


(Iris Gleicke [SPD]: Das zieht einem die Schuhe aus!)


Für sachlich unbegründet halte ich auch den dritten
ythos, der in den Diskussionen der letzten Wochen im-
er wieder bemüht wurde. Es wurde teilweise der Ein-

ruck erweckt, dass man junge Männer sozusagen vom
och des Zivildienstes befreien müsste. Da frage ich
ich schon, mit wie vielen Zivildienstleistenden diejeni-

en, die sich als Befreier der jungen Männer vom Joch
es Zivildienstes geben, eigentlich gesprochen haben.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704701000

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

ollegin Vogler?

Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami-
ie, Senioren, Frauen und Jugend:

Ja.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704701100

Bitte schön.


Kathrin Vogler (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704701200

Liebe Frau Ministerin, was Sie berichten, hört sich

ehr schön an. Aber Sie haben sicherlich genauso wie
ch diese Woche die Zeitschrift Der Zivildienst aus Ih-
em Hause auf den Tisch gelegt bekommen. Wenn man
ie aufschlägt, dann findet man darin einen ausführli-
hen Artikel über einen Zivildienstleistenden, der den
rößten Teil seines Zivildienstes mit Laubkehren,
chneeschieben und Rasenmähen verbracht hat. Da
ann ich aber, ehrlich gesagt, die Arbeitsmarktneutra-
ität nicht so richtig erkennen; denn auch dann, wenn es
eine Wehrpflicht gibt, muss eine Grünanlage von Laub
nd die Wege von Schnee befreit werden und muss der
asen gemäht werden.





Kathrin Vogler


(A) )


)(B)

Ich möchte Sie bitten, mir folgende Fragen zu beant-
worten: Kennen Sie diese Publikation aus Ihrem Hause?
Haben Sie sie gelesen? Wie stehen Sie zu dieser Art von
Zivildienststellen?


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Dr. Kristina Schröder, Bundesministerin für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend:

Frau Kollegin, so ganz aufmerksam haben Sie die Pu-
blikation aus meinem Hause leider nicht gelesen, sonst
hätten Sie den Artikel anders zusammengefasst. Aber es
ändert nichts an der Tatsache, dass bei jedem einzelnen
Zivildienstplatz die Arbeitsmarktneutralität strikt über-
prüft wird.


(Caren Marks [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)


Wenn die Arbeitsmarktneutralität verletzt wird, dann be-
kommt der Zivildienstträger seine Zulassung aberkannt.
Dieses Regime ist das strengste bei allen Engagement-
formen, die wir in Deutschland haben.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Tolle Antwort!)


Sachlich unbegründet ist auch der dritte Mythos, der
immer wieder bemüht wird, dass man die Zivis sozusa-
gen aus dem „Joch des Zivildienstes“ befreien müsste.


(Caren Marks [SPD]: An der Stelle waren wir schon!)


Wer da den Befreier gibt, den frage ich, ob er überhaupt
schon einmal mit Zivildienstleistenden gesprochen hat.
Wenn Sie mit Zivildienstleistenden am Ende ihres
Dienstes sprechen, dann wissen Sie, dass sie alle beto-
nen, dass der verpflichtende Charakter des Zivildienstes
eher eine untergeordnete Rolle spielt. Für sie steht viel-
mehr die Prägung der eigenen Persönlichkeit durch den
Zivildienst im Zentrum.

Wichtig ist, dass jedem Zivildienstleistenden eine
Vielzahl unterschiedlicher Angebote offen steht. Rund
98 Prozent aller Zivildienstpflichtigen suchen sich selbst
ihre Dienststelle und vereinbaren die Einzelheiten des
Dienstes direkt mit der Einrichtung. Das ist eine Selbst-
steuerung, die hervorragend funktioniert. Das sorgt für
eine hohe Motivation der jungen Männer. Das sorgt auch
für einen Wettbewerb der Dienststellen um die jungen
Männer. Das führt dazu, dass fast alle Zivis am Ende ih-
res Dienstes ein ausgesprochen positives Fazit ziehen.


(Sönke Rix [SPD]: Aber damit kann man den Zivildienst doch nicht begründen!)


Deshalb sind auch die Unkenrufe zum freiwilligen
zusätzlichen Dienst fehl am Platz. Solange es einen
Wettbewerb der Einrichtungen um die jungen Männer
gibt, so lange müssen wir uns keine Sorgen machen, dass
an irgendeiner Stelle Zivis in größerer Zahl unbemerkt
unter Druck gesetzt werden.

Im Übrigen, meine Damen und Herren, gibt es viele
Personen des öffentlichen Lebens, die in jungen Jahren

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(C (D ivildienst geleistet haben. Wissen Sie zum Beispiel, as an Jogi Löws Auswahl wirklich bemerkenswert ist? as ist nicht der hohe Anteil ganz junger Spieler im Kaer, sondern der hohe Anteil ehemaliger Zivis im Kader. eider ist kein aktiver Zivi dabei. Ich hatte mich schon arauf gefreut, in Zukunft einem Zivi gratulieren zu düren, so wie das der Kollege zu Guttenberg bei den Biatheten der Sportkompanien der Bundeswehr macht. Aber er Zivildienst ist auch ohne Medaillengewinner eine roßartige Institution in unserer Gesellschaft. (Beifall bei der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sind Zivis die besseren Fußballspieler? – Zuruf von der LINKEN: Hurra!)


(Zuruf von der SPD: Ach Gott!)


Man kann zur Wehrpflicht stehen, wie man will. Aber
wei Dinge müssen klar sein: Der Zivildienst kann und
arf die Wehrpflicht nicht begründen. Aber umgekehrt
arf derjenige, der sich über die Wehrpflicht ärgert, nicht
uf den Zivildienst einprügeln.


(Iris Gleicke [SPD]: Jetzt haben Sie vier Minuten überzogen, aber das hat nicht zur Qualität beigetragen!)


m Interesse der jungen Männer, die so viel für unsere
esellschaft leisten und die auch künftig etwas von ih-

em Zivildienst haben sollen, will ich die hohe Qualität
es Zivildienstes erhalten und den Zivis auch in Zukunft
ute und interessante Angebote machen. Ich bitte Sie,
nabhängig von Ihrer Haltung zur Wehrpflicht, mich da-
ei zu unterstützen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Rainer Arnold [SPD]: Wer hat diese Rede aufgeschrieben? – Iris Gleicke [SPD]: Zivildienst ist ein Ersatzdienst für einen Pflichtdienst! Es ist absurd, was Sie da gesagt haben!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704701300

Dr. Hans-Peter Bartels ist der nächste Redner für die

PD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hans-Peter Bartels (SPD):
Rede ID: ID1704701400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

olleginnen und Kollegen von den Koalitionsfraktio-
en, wir könnten es uns leicht machen, da Sie es schon
chwer genug haben.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Elke Hoff [FDP]: Uns geht es blendend!)


ber wir haben natürlich ein eigenes Interesse daran, zu
iner guten Lösung zu kommen. Wir erkennen Ihre
weifel an der vorliegenden Lösung und verfolgen mit

nteresse die öffentliche Auseinandersetzung über die
orschläge aus dem Verteidigungsministerium. Sie ha-
en recht, Frau Ministerin: Das Verteidigungsministe-





Dr. Hans-Peter Bartels


(A) )


)(B)

rium ist bei der Wehrpflicht federführend, der Zivildienst
ist davon abgeleitet.

Da wird die Wehrpflicht vor der Sparklausur der
Bundesregierung einfach so infrage gestellt. Daraufhin
muss die Bundeskanzlerin selbst sagen: Eine solche Ent-
scheidung trifft man jetzt nicht hoppla-hopp in drei Ta-
gen. Wenn man darüber reden will, dann muss man sich
Zeit nehmen – und gute Argumente bereithalten; aber
das hat sie so nicht gesagt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Der Parteivorsitzende Seehofer muss darauf hinwei-
sen, dass die CSU – das begrüßen wir – eine Partei der
Wehrpflicht ist und dass man die Wehrpflicht nicht mal
eben so abschafft. Auch der ehemalige Verteidigungs-
minister Jung hat in diesen Tagen Gelegenheit gefunden,
noch einmal darauf hinzuweisen, was für eine gute, be-
deutende, traditionsreiche und erfolgreiche Errungen-
schaft die Wehrpflicht für unsere Armee in der Demo-
kratie ist. Vielen Dank dafür! Dieser Konsens bestand
auch damals in der Großen Koalition.

Das, was wir jetzt von dieser Koalition erleben, ist
auch nach den Reden der beiden Minister, die wir gerade
gehört haben, der Einstieg in den Ausstieg aus der Wehr-
pflicht. Sie argumentieren schon so, dass Sie in einem
halben Jahr oder in neun Monaten daran anschließen
könnten und die Idee des Ausstiegs nicht vollständig de-
mentieren müssten. Diese Reden sind schon der Einstieg
zur Abschaffung der Wehrpflicht. Ich hoffe, den Kol-
leginnen und Kollegen von den Koalitionsfraktionen ist
klar, wozu sie in der nächsten Woche – das ist ein Ver-
fahren im Schweinsgalopp – die Hand heben wollen: um
eine Veränderung vorzunehmen, die nur ein Übergangs-
stadium sein soll.

Die Gründe für den Übergang sind in der Hamburger
Rede des Verteidigungsministers relativ deutlich gewor-
den. Noch deutlicher als die Rede war die Punktation,
also das Thesenpapier, das das Verteidigungsministe-
rium – das war offenbar hochoffiziell – danach verbreitet
hat. Da heißt es – ich zitiere das einmal; das muss man
sich auf der Zunge zergehen lassen –:

Der mittelfristig höchste strategische Parameter,
quasi als Conditio sine qua non,

– wir sprechen Latein! -

unter dem die Zukunft der Bundeswehr gestaltet
werden muss, … ist das globalökonomisch gebo-
tene und im Verfassungsrang verankerte Staatsziel
der Haushaltskonsolidierung …

– Also die Schuldenbremse! Das heißt, entscheidend für
die Strategie der Bundeswehr ist die Schuldenbremse.
Das ist eine absurde Definition sicherheitspolitischer In-
teressen der Bundesrepublik Deutschland.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Warum halten wir an der Wehrpflicht fest; warum
glauben wir, dass die Wehrpflicht die bessere Wehrform
für unsere Armee ist?


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(C (D (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist neu bei der SPD!)


Nein. – Warum verweise ich darauf, dass wir in der
roßen Koalition gemeinsam festgestellt haben: „Wir
ollen daran festhalten“?


(Elke Hoff [FDP]: Das versteht keiner! Das kann man noch hundertmal erklären, und dann versteht es auch keiner!)


as haben wir auf unserem Parteitag, der das Wahlpro-
ramm für diese Wahlperiode beschlossen hat, erneut
estgestellt. Für die SPD gehört das zu den guten Errun-
enschaften der Bundesrepublik Deutschland, dass sich
ie Wehrpflicht in der Demokratie bewährt hat, weil sie
ie intelligentere Armee hervorbringt, weil sie die Ar-
ee in der ganzen Gesellschaft verankert und weil es da-

über übrigens auch einen Konsens in der Bevölkerung
ibt. Die große Mehrheit der Bevölkerung, etwa Zwei-
rittel, unterstützt die Wehrpflicht. Das ist – zugegeben –
llerdings altersabhängig unterschiedlich.

Wer glaubt, dass die Aussetzung oder die Abschaf-
ung der Wehrpflicht zu einer günstigeren Freiwilligen-
rmee führt, der möge sich anschauen, wie das in ande-
en Ländern, die die Wehrpflicht abgeschafft haben,
eute tatsächlich aussieht. Haben sie keine Budget-
robleme? Haben sie die bessere Armee? Bekommen sie
as Personal, das sie wirklich brauchen? Sind sie dort in
er Gesellschaft breit verankert? Wenn wir nach Spanien
der Großbritannien schauen und hören, was uns die
ort Verantwortlichen sagen, dann sehen wir: Es gibt er-
ebliche Probleme, die wir bisher nicht hatten. Wir wol-
en aber offenbar experimentieren, also werden wir diese
robleme sehenden Auges in Kauf nehmen.

Ich sage: Ja, wir brauchen eine Veränderung der ge-
enwärtigen Wehrpflichtpraxis. Wir brauchen dann auch
ine rechtliche Veränderung. Wir brauchen aber ganz be-
timmt nicht diese Veränderung, die der Einstieg in den
usstieg sein soll; nicht diese Veränderung, die dazu

ührt, dass in der Bundeswehr erst einmal die ganze Or-
anisation umgebaut werden muss.

Sie müssen den Ausbildungsbetrieb verändern. Sie
rauchen mehr Ausbilder. Das wird dann sicherlich billi-
er, wenn Sie für einige Monate mehr Ausbildung
urchführen müssen. Die Wehrpflichtigen werden weni-
er einsetzbar sein. Wer für sechs Monate kommt, ist
icht nur etwa zu einem Drittel weniger für die Bundes-
ehr einsetzbar als derjenige, der neun Monate da ist,

ondern er wird ja auch drei Monate ausgebildet. Danach
st er aber nicht mehr sechs Monate, sondern nur noch
rei Monate in der Truppe. Das ist also kein Vorteil für
ie Bundeswehr.

Wir sagen aber: Es braucht eine Veränderung, weil es
icht sein kann – Kollegin Hoff hat darauf auch schon
ingewiesen –, dass mit der gegenwärtigen Praxis fast
ie Hälfte der jungen Männer als untauglich ausgemus-
ert wird. Ich glaube, das entspricht nicht dem Gemüts-
nd Gesundheitszustand unserer Bevölkerung. Es ist
icht die Hälfte für den Dienst in den Streitkräften un-
auglich. Das ist eher an den Bedarf der Streitkräfte an-





Dr. Hans-Peter Bartels


(A) )


)(B)

gepasst, der geringer geworden ist. Wir brauchen also
Veränderungen.

Zum Zivildienst, Frau Ministerin. – Die ist jetzt ge-
rade nicht mit dabei.


(Caren Marks [SPD]: Doch, wenn sie anwesend ist, ist sie mit dabei!)


– Okay, sie ist anwesend und dabei.

Wir können uns beim Zivildienst auch nicht darauf
berufen, dass es bei den jungen Leuten populär sei, dass
sie etwa forderten, sie wollten nur noch sechs Monate
Zivildienst leisten. Der Bundesbeauftragte für den Zivil-
dienst, Kreuter, der die Einrichtungen in der Bundes-
republik kennt, hat selbst darauf hingewiesen, dass es die
Forderung: „Macht das kürzer!“, gerade nicht gibt. Das
ist keine populäre Forderung aus den Reihen derer, die
betroffen sind, sondern das ist ein rein koalitionstakti-
scher Kompromiss.

Daneben steht unser Modell, das wir zur Diskussion
anbieten und von dem wir hoffen, dass wir darüber wirk-
lich noch einmal reden können. Herr Minister, finden Sie
ein Format dafür. Debatten im Parlament kann man je-
derzeit führen. Im Ausschuss kann man darüber reden.
Das ist kein Zugeständnis von Ihnen, sondern so ist die
parlamentarische Demokratie konstruiert. Wir können
natürlich sagen, was wir meinen. Wenn Sie wirklich
wollen, dass es einen Austausch gibt und dass die Dis-
kussion zu einem veränderten Ergebnis führt, müssen
Sie ein Format finden, in dem wir uns darüber austau-
schen können, in dem wir unsere und Ihre Vorschläge
nebeneinanderlegen und schauen können, was praktika-
bel ist.

In der heutigen Zeit, in der die Bundeswehr tatsäch-
lich weniger junge Leute braucht – nicht mehr einen
ganzen Jahrgang von 400 000 jungen Leuten, nicht mehr
250 000 W-15er wie zur Zeit des Kalten Krieges, son-
dern sehr viel weniger –, haben wir die Möglichkeit, den
Ersatzbedarf der Bundeswehr über Freiwilligkeit zu de-
cken, können aber die Grundlage der Wehrpflicht beibe-
halten. Von den tauglich Gemusterten werden dann die-
jenigen eingezogen, die sich bereit erklären, freiwillig
diesen Dienst zu leisten. So ist es schon bei den Reser-
visten: Obwohl Reservisten verpflichtet werden können,
Reserveübungen zu machen, wird heute keiner mehr ge-
gen seinen Willen verpflichtet; sie kommen freiwillig.

Ähnlich ist es bei den freiwillig länger dienenden
Wehrdienstleistenden. Dieses Element der Freiwilligkeit
haben wir schon heute bei der Wehrpflicht eingeführt. So
wollen wir es auch für die Grundwehrdienstleistenden
haben: freiwilligen Grundwehrdienst. Das ist rechtlich
möglich; das wäre die Lösung des Problems, für das wir
– ich glaube, da sind wir einer Meinung – eine Lösung
brauchen. Dabei geht es um Wehrgerechtigkeit, aber
auch um den Nutzen für die Truppe. Der freiwillige
Grundwehrdienst muss für die jungen Männer und für
die Bundeswehr von Nutzen sein. Auch den jungen
Frauen soll der Grundwehrdienst nicht als Pflicht, son-
dern als Möglichkeit offenstehen.

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(C (D Wir bieten Ihnen an, miteinander über dieses Modell u reden und zu einer vernünftigen gemeinsamen Löung zu kommen. Es wird immer viel vom Sparen gereet: Sparen Sie sich diesen Gesetzentwurf jetzt! (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Paul Schäfer [Köln] [DIE LINKE])


inter dem Titel des Gesetzes, über das wir heute bera-
en, steht in Klammern „Wehrrechtsänderungsgesetz
010“. Das weist auf eine gewisse Jährlichkeit hin, so als
b wir auch ein Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 zu er-
arten hätten. Ich glaube, wenn wir ein Wehrrechtsände-

ungsgesetz beschließen, sollte seine Geltung von Dauer
ein. Wir sollten einen Konsens in diesem Haus finden.
inden Sie ein Format dafür! Wir sind bereit.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704701500

Der Kollege Florian Bernschneider hat das Wort für

ie FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Florian Bernschneider (FDP):
Rede ID: ID1704701600

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Die Dauer der Wehrdienstzeit ist sicher seit jeher
ine Frage der Abwägung. Mit der Verkürzung der
ehrdienstzeit um drei Monate trifft die Koalition aus
nion und FDP diese Abwägung im Sinne der indivi-
uellen Freiheit der jungen Männer. Dieser individuellen
reiheit räumen wir einen größeren Stellenwert ein, als
s bisher der Fall war. Die Verkürzung der Dienstzeit gilt
icht nur für den Wehrdienst, sondern in der Folge auch
ür den Zivildienst als Ersatzdienst. Damit können sich
owohl die jungen Wehrpflichtigen als auch die jungen
ivildienstleistenden zukünftig über ein Mehr an indivi-
ueller Freiheit freuen.

Es ist kein Geheimnis, dass wir Liberale uns bei die-
em Thema durchaus mehr hätten vorstellen können.
eil es im Kern der Debatte vor allem um die Interessen

er jungen Menschen in diesem Land geht, darf es in
ieser Frage kein Denkverbot geben. Deswegen freuen
ich natürlich die Signale des Bundesverteidigungs-
inisters und der Unionsfraktion.

Solange es den Zivildienst gibt, stehen wir in der Ver-
ntwortung, ihn sinnstiftend auszufüllen. Uns als FDP
ing es in der Debatte deswegen auch darum, nicht nur
rei Monate Freiheit für die jungen Menschen zu gewin-
en, sondern eben auch darum, sechs Monate sinnstif-
enden Zivildienst für sie zu erhalten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es überrascht mich schon, wenn ich dann lese, dass in
reisen der Opposition behauptet wird, dies alles sei
ichts als ein fauler Kompromiss; in nur sechs Monaten
ivildienst könne man gar nichts Vernünftiges lernen.





Florian Bernschneider


(A) )


)(B)

Ich möchte aus einer Statistik des Bundesarbeitsministe-
riums zitieren. In dieser Statistik geht es um Praktika in
Deutschland. Darin wird festgestellt, dass zwei Drittel
aller Praktikanten in Deutschland ein Praktikum absol-
vieren, das kürzer als sechs Monate ist. Die Hälfte der
Praktikanten absolviert sogar ein Praktikum, das kürzer
als drei Monate ist.


(Sönke Rix [SPD]: Praktikanten sind auch keine Altenpfleger!)


Ich bin schon gespannt, ob Sie bereit wären, diesen Prak-
tikanten zu sagen, dass ein Einsatz, der kürzer als sechs
Monate dauert, nicht sinnstiftend ist.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Unterschied ist: Der Praktikant macht das freiwillig!)


Ich würde schon gerne sehen, dass Sie den Praktikanten
direkt ins Gesicht sagen, dass sie da nichts lernen kön-
nen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Eine Verkürzung des Zivildienstes auf sechs Monate
bedeutet sicherlich nicht, dass nicht einige Zivildienst-
leistende ein Interesse daran haben können, länger in ei-
ner Einrichtung tätig zu sein. Wir als FDP haben uns die-
ser Möglichkeit nie versperrt; aber Sie wissen: Es gab
kontroverse Diskussionen der Koalitionspartner darüber,
wie ein solch längerer Einsatz ausgestaltet wird. Für uns
als Liberale war immer klar: Wenn sich ein Zivildienst-
leistender nach seinem Zivildienst entscheidet, länger in
einer Einrichtung tätig zu sein, dann muss das freiwillig
sein. Mit den Regelungen, die wir in den Gesetzentwurf
aufgenommen haben, wird für Freiwilligkeit gesorgt. Ich
als Liberaler sage Ihnen: Das ist genau der richtige
Schritt.

Betrachtet man die Herausforderungen, vor denen wir
angesichts des demografischen Wandels stehen, wird
deutlich, dass das freiwillige Engagement in den kom-
menden Jahren immer wichtiger sein wird. Es ist beruhi-
gend, schon heute zu sehen, dass sich viele junge Men-
schen freiwillig engagieren. Schon heute ist die Zahl der
Jugendlichen, die sich für den Freiwilligendienst bewer-
ben, höher als die Zahl der Zivildienstleistenden im Ein-
satz. Ich mache kein Geheimnis daraus, dass wir als Li-
berale in den Freiwilligendiensten durchaus Potenzial
sehen, um den Zivildienst ablösen zu können.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Wir stellen in der Diskussion fest, dass es durchaus
sinnvoll ist, junge und engagierte Menschen als eine tra-
gende Säule zu haben, und zwar unabhängig von der
Wehrpflicht. Deswegen haben wir in den Koalitionsver-
handlungen, aber auch in den Verhandlungen über die
Verkürzung der Dauer der Wehrpflicht und damit des Zi-
vildienstes deutlich festgehalten, dass wir die Freiwilli-
gendienste in Zukunft quantitativ wie qualitativ stärken
wollen.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und noch immer nicht gemacht!)


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(C (D ch glaube, das ist der richtige Schritt. Das brauchen wir. as werden wir in Angriff nehmen, genauso wie wir, ie im Koalitionsvertrag vereinbart, die Verkürzung der auer des Zivildienstes und der Wehrpflicht in Angriff enommen haben. Ich freue mich auf die weiteren Beraungen im Interesse der jungen Menschen in unserem and. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704701700

Das Wort erhält der Kollege Kai Gehring, Bündnis 90/

ie Grünen.


Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704701800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

erkürzung der Dauer von Wehr- und Zivildienst ist ein
eiteres Paradebeispiel dafür, dass die Bundesrepublik
eutschland noch nie so schlecht regiert worden ist wie
eute.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


In den Koalitionsverhandlungen präsentierten sich
DU/CSU und FDP als allerletzte Verteidiger der völlig
ntiquierten Wehrpflicht. Die FDP knickte ein und op-
erte den jahrelang geforderten Ausstieg aus der Wehr-
flicht auf dem Koalitionsaltar. Dann folgte ein halbes
ahr Koalitionskrach über die Verkürzung der Dauer der
ehrpflicht und die Verlängerung der Dauer des Zivil-

ienstes.

Um mit den Worten der Koalitionäre zu sprechen: Erst
anken Union und FDP wie die Rumpelstilzchen, dann le-
en sie hoppladihopp – wohl nicht zufällig auf dem Höhe-
unkt der Guttenberger Kunduz-Affäre – den vermurksten
esetzentwurf einer Gurkentruppe vor, und wenige Tage
evor die Dienstzeitverkürzung im Schweinsgalopp
oder besser: im Wildsautempo – durchs Parlament ge-
eitscht werden soll, bringt zu Guttenberg die Ausset-
ung der Wehrpflicht ins Spiel. Das ist kein seriöses
egierungshandeln. Das ist dreist und schlichtweg dilet-

antisch.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leichtmatrosen!)


as ist schlicht schlechtes Handwerk und Bad Gover-
ance.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704701900

Lieber Kollege Gehring, der Kollege Koppelin würde

hnen gern eine Zwischenfrage stellen.


Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704702000

Gern.






(A) )


)(B)


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1704702100

Herr Kollege, können Sie meine Erinnerung auffri-

schen? Ich erinnere daran: Als Sie mit der SPD in einer
Koalition regiert haben, waren Sie für die Abschaffung
der Wehrpflicht. Wir wollen sie lediglich aussetzen. Die
Sozialdemokraten sind für die Wehrpflicht. Können Sie
mir sagen, was die Grünen damals in der Koalition mit
der SPD beim Thema Wehrpflicht erreicht haben?


Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704702200

Darauf gebe ich Ihnen sehr gerne eine Antwort. Wir

haben intensiv dafür gekämpft, dass die Wehrpflicht auf-
gehoben wird. Sie wissen, dass es in diesem Hohen
Hause nach vielen Jahren der Diskussion einen großen
Konsens darüber gibt, dass wir die Wehrpflicht ausset-
zen können. Die Mehrheit des Hauses muss darum wer-
ben, um das gegen die CDU/CSU durchzusetzen.


(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Was haben Sie in der Koalition denn erreicht?)


Inzwischen gibt es entsprechende Beschlüsse von der
FDP, den Linken, den Grünen und der SPD. Man kann
also sagen: Wir haben erstmals die parlamentarische
Mehrheit, um den Ausstieg aus der Wehrpflicht hinzube-
kommen.


(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Was haben Sie denn erreicht?)


Wir debattieren heute über Ihre lausige Vorlage zur
Dienstzeitverkürzung.


(Sönke Rix [SPD]: Die Wahrheit tut weh, Herr Koppelin!)


Herr zu Guttenberg, Frau Schröder, ich fordere Sie auf,
diesen Gesetzentwurf zu stoppen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Legen Sie dem Deutschen Bundestag lieber ein Konzept
vor, wie sich der Ausstieg aus der ungerechten Wehr-
pflicht tatsächlich organisieren lässt; denn sie ist sicher-
heitspolitisch längst überflüssig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ihr Vorschlag einer Dienstzeitverkürzung beruht auf
keinem Konzept. Es ist ein vermurkster Koalitionskom-
promiss, der niemandem etwas bringt. Das gilt auch für
die optionale Verlängerung des Zivildienstes. Das ver-
schlimmert das Ganze nur noch.

Was richten Sie eigentlich damit an, Frau Schröder?
Sie sorgen dafür, dass der Zivildienst künftig in der Re-
gel doppelt so lange dauert wie der Wehrdienst. Sie las-
sen zu, dass junge Zivildienstanwärter von Einrichtun-
gen reihenweise Absagen kassieren, wenn sie sich nicht
für mehr als sechs Monate verpflichten wollen. Sie füh-
ren ein neues öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis mit
Pflichtdienststrukturen im Sozialbereich ein. Diese op-
tionalen Mitarbeiter werden einen Dumpinglohn von
3 bis 4 Euro pro Stunde erhalten. Das ist skandalös, weil
dieser Betrag deutlich unter dem Mindestlohn im Pflege-

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(C (D ereich liegt. Sie riskieren im Übrigen auch die Verfasungswidrigkeit, da der Zivildienst laut Grundgesetz nur rsatz für nicht geleisteten Grundwehrdienst sein kann. eshalb ist Ihr Verlängerungskonstrukt rechtlich sehr ragwürdig. Im Übrigen müssen die Länder hierbei über en Bundesrat beteiligt werden. Es ist ein Unding, dass er für den Zivildienst federführend zuständige Famiienausschuss noch nicht einmal die Möglichkeit hat, daüber in einer eigenen Anhörung zu beraten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


enn man das alles zusammennimmt, dann ist das eine
erdammt lange Mängelliste für das erste Gesetz über-
aupt, das Sie als Ministerin zu verantworten haben.

Wir Grüne wissen: Der Zivildienst ist untrennbar mit
er Wehrpflicht verbunden, weil er davon abgeleitet ist.
enn die Wehrpflicht fällt, dann muss man auch den Zi-

ildienst verantwortungsvoll beenden. Deshalb lässt sich
er Zivildienst eben nicht, wie Sie das hier heute ge-
acht haben, sozialpolitisch begründen, sondern immer

ur auf der Basis der Wehrpflicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deshalb denken wir weiter und zeigen Ihnen, wie der
ystemumbau geht. Wir wollen auch den Ausstieg aus
em Zivildienst verantwortlich gestalten. Die Zivitätig-
eiten, die dann wegfallen würden, können durch einen
ix aus neuen, zusätzlichen sozialversicherungspflichti-

en Arbeitsplätzen, einem verlässlichen sozialen Ar-
eitsmarkt und einem massiven Ausbau der Freiwilli-
endienste ersetzt werden. Darum muss es jetzt gehen.
ie dafür notwendigen Mittel stehen im Übrigen zur
erfügung, wenn man aus den Pflichtdiensten aussteigt.
ieser Systemwechsel ist machbar. Man muss nur den
ut dazu haben und eine langfristige Politik beschrei-

en. Das machen Sie eben gerade nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Familienministerin ignoriert diese Notwendigkeit
nd greift stattdessen zu verschiedenen Buchungstricks.
ie haben vor ein paar Wochen sogar verkündet, dass es
ngeblich zu einer Aufstockung der Freiwilligendienst-
ittel um 35 Millionen Euro gekommen wäre. Das ist

ber nichts anderes als das Umschichten von Geld. Die-
es Geld wäre nach dem Zivildienstgesetz sowieso aus-
egeben worden. Insofern ist das Gerede von einer Auf-
tockung blanker Hohn.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Agnes Malczak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Steffen Bockhahn [DIE LINKE])


ie haben noch nichts getan, um die Freiwilligendienste
n diesem Land zu stärken und auszubauen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704702300

Herr Kollege.






(A) )


)(B)


Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704702400

Ich möchte abschließend betonen, dass Sie das Pro-

jekt der Großen Koalition – Zivildienst als Lerndienst –
mal eben nonchalant zur Seite geschoben haben. Die
Bildungsansprüche, die hier im letzten Jahr verabschie-
det worden sind, werden nicht umgesetzt, sondern auf
den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben. Deshalb sage
ich noch einmal ganz klar: Ziehen Sie Ihren Gesetzent-
wurf zurück! Beenden Sie endlich den Eingriff in die
Grundrechte, Lebensplanungen und Bildungsbiografien
junger Männer! Organisieren Sie endlich den planvollen
Ausstieg aus den Pflichtdiensten und stärken Sie statt-
dessen die Jugendfreiwilligendienste! Denn in der Frei-
willigkeit liegt die Zukunft und nicht in den antiquierten
Pflichtdiensten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704702500

Dorothee Bär ist die nächste Rednerin für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1704702600

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Koppelin, zu-
nächst einmal möchte ich die Frage beantworten, die
Herr Gehring nicht beantworten konnte:


(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Sehr gut!)


Die konnten an dieser Stelle nichts durchsetzen. So viel
dazu.


(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Das musste mal gesagt werden!)


In den letzten Tagen wurde sehr viel und medial sehr
aufgeregt über den Wehrdienst debattiert.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist ja zum Aufregen!)


In den Monaten zuvor haben wir – hauptsächlich leider
auch medial – eher über den Zivildienst gesprochen, da
die bevorstehende Verkürzung des Zivildienstes und die
Option einer freiwilligen Verlängerung in den letzten
Monaten für sehr viel Aufregung gesorgt haben.


(Sönke Rix [SPD]: Vor allem bei Ihrem Koalitionspartner!)


– Es geht überhaupt nicht um die Aufregung in unseren
eigenen Reihen, Herr Kollege Rix. Wir müssen etwas
mehr an diejenigen denken, für die wir das Ganze hier
machen, und wir sollten etwas weniger auf unsere eige-
nen Empfindlichkeiten schauen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es geht um die Einrichtungen, besonders in pflege-
und betreuungsintensiven Bereichen. Diese Einrichtun-
gen haben befürchtet, dass sich eine intensive Einarbei-
tung der jungen Männer bei sechs Monaten Zivildienst
nicht mehr lohnt. Für viele junge Männer schien sich die
Gefahr einer biografischen Lücke zwischen dem Ende

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(C (D es Zivildienstes und dem Beginn der Ausbildung zu erschärfen. Besonders CDU und CSU haben immer für ine freiwillige Anschlusslösung plädiert, um auch bei iner Verkürzung die sinnvolle Durchführbarkeit des Ziildienstes sicherzustellen und den Interessen sowohl er jungen Männer als auch der Einsatzstellen entgegenukommen. Ich bin sehr froh, dass wir uns darauf einien konnten. Mich ärgert an den Reden der Opposition, dass hier auernd das Wort „Kompromiss“ madig gemacht wird. (Sönke Rix [SPD]: Es ist ein fauler! – Caren Marks [SPD]: Es gibt gute und schlechte!)


elbstverständlich muss man in einer Demokratie Kom-
romisse machen und kann nicht immer allein seine
ehre durchsetzen. Ich finde, dass CDU/CSU und FDP
einen faulen Kompromiss, wie Sie es nennen, sondern
inen sehr positiven Kompromiss ausgearbeitet haben;
enn die Verlängerungsoption dient sehr stark der Stabi-
ität dieses Systems. Sie liegt im Interesse der Zivil-
ienstleistenden, die so das Zeitfenster zwischen dem
nde des Pflichtdienstes und dem Beginn der Ausbil-
ung sinnvoll nutzen können.

Natürlich wollen auch die Betroffenen das. Reden Sie
inmal mit den jungen Männern und nicht nur hier unter-
inander. Diese sagen: Meine Biografie ist erst abge-
chlossen, wenn ich die Möglichkeit habe, einen Dienst
m Sozialbereich ein Jahr lang durchzuführen. Sie fühlen
ich nach einem halben Jahr eben noch nicht sicher und
efestigt. Diese jungen Männer gibt es zuhauf.

Die Option liegt auch im Interesse der zu betreuenden
enschen, zum Beispiel im Interesse von Kindern mit
ehinderungen und älteren Menschen, die eine feste Be-
ugsperson haben wollen. Dort muss Vertrauen über län-
ere Zeit entstehen und wachsen können.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704702700

Frau Kollegin Bär, darf der Kollege Bartels Ihnen

ine Zwischenfrage stellen?


Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1704702800

Eigentlich habe ich meiner Kollegin versprochen,

eine zuzulassen, da sie früh heimfahren möchte.


(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Oh!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704702900

Also, was nun?


Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1704703000

Entschuldigung, Sibylle. – Bitte schön, Herr Bartels.


Dr. Hans-Peter Bartels (SPD):
Rede ID: ID1704703100

Frau Kollegin, Sie kennen den Bundesbeauftragten

ür den Zivildienst, Jens Kreuter. Er musste sich in den
etzten Wochen mit den Fragen, ob die Zivildienstleis-
enden das angemessen finden, ob sie etwas davon haben
der ob sie das fordern, auseinandersetzen, weil er bei
einen Reisen ständig mit Zivildienstleistenden spricht.





Dr. Hans-Peter Bartels


(A) )


)(B)

Er hat in einem dpa-Gespräch gesagt, dass die geplante
Verkürzung des Zivildienstes wenig Rückhalt bei den
Betroffenen findet. Ich zitiere wörtlich:

Die große Mehrheit ist dagegen, weil ihnen der
Zeitgewinn nichts bringt.

Was halten Sie davon?


Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1704703200

Das hat doch jetzt überhaupt nichts mit dem zu tun,

was ich hier gerade ausgeführt habe.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der LINKEN: Jawohl!)


– Nein, überhaupt nicht. Wer zuhören kann, ist klar im
Vorteil, Herr Kollege.

Ich bin mit dem Herrn Kollegen Kreuter dauernd im
Gespräch. Ich empfehle Ihnen, das, was ich gerade aus-
geführt habe, nachher im Protokoll nachzulesen; das
wird Sie weiterbilden.


(Lachen bei der SPD)


Er sieht das an dieser Stelle überhaupt nicht so. Deswe-
gen werde ich jetzt meine Rede weiterführen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Setzen! Sechs!)


Die Verlängerungsmöglichkeit ist im Interesse der
Träger und der Einsatzstellen; denn so können sie den
Zivildienstleistenden endlich anspruchsvolle Tätigkeiten
anbieten. Das wird zu einer Akzeptanz führen. Deswe-
gen war die Aufregung Ihrerseits bezüglich der Verlän-
gerungsoption nicht nachvollziehbar.

Der Vorwurf, die Freiwilligkeit sei nicht sicherge-
stellt, ist mehrfach gemacht worden. Die Unterstellung,
die Träger würden die Jugendlichen zwingen, sich zu
verpflichten, möchte ich zurückweisen. Das ist nicht fair
gegenüber denjenigen, die im karitativen Bereich groß-
artige Arbeit leisten. Da sich an diesem Punkt die hef-
tigste Kritik entzündet hat, möchte ich noch einmal
betonen, dass wir in unserem Gesetzentwurf alles Erfor-
derliche vorgesehen haben, um die echte Freiwilligkeit
sicherzustellen. Auch wenn sich der junge Mann nach
zwei Monaten Pflichtdienst für die Verlängerung ent-
schließt, kann er später nach sechs Monaten Pflicht-
dienst seinen Einsatz jederzeit beenden. Mehr Freiwil-
ligkeit geht an dieser Stelle nicht.


(Zuruf von der LINKEN)


Hinzu kommt: Wenn bekannt wird, dass Einsatzstel-
len den Zivildienstleistenden nur anstellen, wenn dieser
bereit ist, länger als sechs Monate zu bleiben, dann ris-
kieren diese Träger die Anerkennung als Zivildienst-
stelle durch das Bundesamt für den Zivildienst.


(Steffen Bockhahn [DIE LINKE]: Super nachweisbar!)


– Natürlich ist das nachweisbar, und das wird auch ge-
macht. Wissen Sie, man sollte nicht immer nur sagen:

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(C (D issbrauch, Missbrauch, Missbrauch. Wir müssen den enschen Vertrauen entgegenbringen. Dafür stehe zuindest ich. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der LINKEN: Ha, ha, das kommt von Ihnen!)


Sie alle können die Augen vor der Realität verschlie-
en, aber ich finde, dass die Regierungskoalition von
DU/CSU und FDP hier einen ganz großartigen Ent-
urf vorgelegt hat. Wir werden in der nächsten Woche in

iner Anhörung weiter darüber sprechen.

Ich kann an dieser Stelle nur sagen: Erstens werden
ich die Zivildienstleistenden dafür bedanken.


(Lachen bei der LINKEN)


weitens sind auch die Träger für die Lösung, die wir
efunden haben, sehr dankbar. In diesem Sinne binde ich
ie Opposition gerne konstruktiv ein, aber nicht mit die-
em Affengebrüll wie heute.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD und der LINKEN – Sönke Rix [SPD]: Na, na! Das war aber nicht parlamentarisch! Wir sind keine Affen! – Gegenruf des Abg. Markus Grübel [CDU/CSU]: Das hat ja keiner gesagt!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704703300

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der

ollege Markus Grübel für die CDU/CSU-Fraktion.


Markus Grübel (CDU):
Rede ID: ID1704703400

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-

en! Vor 32 Jahren, am 1. Juli 1978, habe ich meinen
ehrdienst bei der Bundeswehr angetreten. Ich habe
ehrdienst aus Gewissensgründen geleistet. Andere ha-

en sich für den Zivildienst entschieden. Ich glaube,
eide Positionen hatten und haben unser vollstes Ver-
tändnis verdient. Ob Wehr- oder Zivildienst, hier leisten
unge Männer einen wertvollen Beitrag für unsere Ge-
ellschaft, und dies verdient unser aller Respekt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Bundeswehr ist eine Wehrpflichtarmee. Wehr-
flichtige prägen den Charakter unserer demokratischen
treitkräfte seit ihrer Gründung. Zusammen mit dem In-
trument der Inneren Führung, dem Staatsbürger in
niform, hat der beständige personelle Austausch zwi-

chen Gesellschaft und Armee dafür gesorgt, dass unsere
undeswehr fest in der Mitte unserer demokratischen
esellschaft verankert ist.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch dafür, dass sie eine Parlamentsarmee ist!)


Die Erfahrungen der Länder, die die Wehrpflicht ab-
eschafft haben, sind nicht so berauschend. In Frank-
eich zum Beispiel kann man beobachten, dass sich die
rmee stückweise von der Gesellschaft entfernt.





Markus Grübel


(A) )


)(B)


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch!)


Das Kernargument für die Wehrpflicht und den Wehr-
dienst ist die Sicherstellung der Landesverteidigung. Zu-
gleich ist die Wehrpflicht ein schwerer Eingriff in die
persönliche Freiheit junger Menschen und in die Lebens-
planung der jungen Männer.


(Zuruf von der LINKEN: Hört! Hört!)


Daher müssen wir immer wieder aufs Neue abwägen,
wie weit und wie lange wir die Freiheit der jungen Män-
ner einschränken. Dieser Grundfrage trägt die geplante
Verkürzung des Wehrdienstes Rechnung.

Die aktuell günstige Sicherheitslage in Europa erlaubt
den Schritt hin zu W 6. Dieser Schritt ist so maßvoll,
dass er die Vorzüge des Wehrdienstes nicht unverant-
wortlich gefährdet. Auch in sechs Monaten können
junge Männer einen sinnvollen Wehrdienst leisten und
militärische Grundfertigkeiten erlernen. Voraussetzung
ist, dass dieser Dienst sinnvoll ausgestaltet wird.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir wollen, dass W 6 und Z 6 ein Gewinn für den
einzelnen jungen Mann und für die Dienst- und Einsatz-
stellen ist. Die inhaltliche Ausgestaltung obliegt nun den
Praktikern und richtet sich nach den Bedürfnissen der
einzelnen Truppengattungen und Einsatzstellen. In je-
dem Fall muss der verkürzte Wehrdienst so strukturiert
werden, dass er attraktiv ist und auch die Bereitschaft
fördert, länger zu dienen.

Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass unsere
Grundwehrdiensteinheiten nahe an den Einsatzeinheiten
angesiedelt werden. Dann kann die Bundeswehr auch
künftig die besten jungen Männer für einen längeren
Dienst gewinnen, und die jungen Männer wissen, auf
was sie sich einlassen, wenn sie den Soldatenberuf erler-
nen.

Gleiches gilt für den Zivildienst. Viele junge Männer
kommen erst durch den Zivildienst mit sozialen Berufen
wie Altenpfleger oder Krankenpfleger in Kontakt und
erlangen so eine hohe soziale Kompetenz, eine Kompe-
tenz, die sie auch brauchen, wenn sie später einen techni-
schen oder kaufmännischen Beruf ausüben. Gleichzeitig
stellen wir fest, dass der größte Teil der jungen Männer,
die sich zum Beispiel für den Beruf des Altenpflegers
oder Krankenpflegers entscheiden, durch ihren Zivil-
dienst zu dieser Berufswahl gekommen ist. Bislang
konnten nur die Wehrdienstleistenden ihren Wehrdienst
freiwillig verlängern. Künftig können dies auch die Zi-
vildienstleistenden tun. Hier haben wir eine Ungerech-
tigkeit gegenüber den Zivildienstleistenden abgebaut.


(Steffen Bockhahn [DIE LINKE]: Das ist ja abenteuerlich!)


Herr Schäfer von den Linken, Ihre Anmerkung, hier
handele es sich um Dumpinglöhne, ist Unsinn. Nach die-
ser Argumentation müssten Sie das Freiwillige Soziale
Jahr von heute auf morgen abschaffen,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei Abgeordneten der SPD und w v l J b b k d w s M v B z S w – M s k s L z W I e k v R (C (D der LINKEN – Sönke Rix [SPD]: Das ist doch etwas ganz anderes! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein freiwilliger Dienst und kein Pflichtdienst!)


eil auch dies Ausbeutung wäre. Nein, das sind sinn-
olle freiwillige Dienste. Ob ein junger Mann freiwillig
änger Zivildienst leistet oder ein freiwilliges soziales
ahr macht,


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie dürfen Zivildienst nicht mit Praktikum und Freiwilligkeit vermischen!)


eides sind sinnvolle Dienste.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Kollege Gehring, Ihnen darf ich sagen: Immer wieder
etonen Sie, dass junge Männer gezwungen werden
önnten, freiwillig länger zu dienen. Mindestens seit
em 26. März dieses Jahres liegt den Grünen der Ent-
urf des Gesetzes vor. In § 43 Abs. 3 des Zivildienstge-

etzes soll ausdrücklich geregelt werden, dass ein junger
ann jederzeit sagen kann: „Die Weiterführung des Zi-

ildienstes bedeutet für mich eine Härte“ und dass das
undesamt nicht das Recht hat, dies nachzuprüfen. Er-
ählen Sie diese Geschichte nicht immer weiter. Wenn
ie es nicht glauben, dann schauen Sie in den Gesetzent-
urf.


(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den kenne ich besser als Sie!)


Dann dürften Sie nicht so reden.

Durch die freiwillige Verlängerung können die jungen
enschen jedenfalls ihre Lebensplanung besser ausge-

talten und biografische Lücken schließen. Wir schaffen
ünftig also mehr Freiheit als seither.

Die Regelung ist auch für die Dienststellen und Ein-
atzstellen ein Gewinn, weil sie zum Beispiel freiwillig
ängerdienende ins Ausland schicken können. Das gilt
um Beispiel auch für die Marine. Wenn – –


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704703500

Sie müssen nicht erschrocken sein. Es gibt den
unsch einer Zwischenfrage des Kollegen Sönke Rix.

ch wollte Sie fragen, ob Sie dem zustimmen.


Markus Grübel (CDU):
Rede ID: ID1704703600

Ja, gern.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704703700

Das ist offenkundig der Fall. – Bitte schön.


Sönke Rix (SPD):
Rede ID: ID1704703800

Herr Kollege Grübel, schönen Dank, dass Sie mir

ine Zwischenfrage erlauben.

Sie haben gerade darauf hingewiesen, dass die Tätig-
eit nach dem Zivildienst – Sie nennen das den freiwillig
erlängerten Zivildienst – absolut freiwillig und anderen
egeln unterstellt ist. Wie erklären Sie sich dann, dass





Sönke Rix


(A) )


)(B)

nach § 59 des Zivildienstgesetzes, in dem die Diszipli-
narmaßnahmen stehen, unter anderem Ausgehbeschrän-
kungen und Geldbußen auch für diejenigen vorgesehen
sind, die den Zivildienst freiwillig verlängern? Hat das
etwas mit Freiwilligkeit zu tun? Ist das nicht eine Ein-
schränkung?


Markus Grübel (CDU):
Rede ID: ID1704703900

Auch für diesen Dienst gelten bestimmte Regeln. Die

eigentlichen Zwangsregeln nach § 52 bis § 58 sind für
die freiwillig Längerdienenden aufgehoben.


(Sönke Rix [SPD]: Ein Ausgehverbot!)


– Ja, wenn es durch den aktuellen Dienst bzw. die aktu-
elle Tätigkeit zwingend ist, zum Beispiel durch eine Be-
reitschaft oder Ähnliches.


(Ingrid Fischbach [CDU/CSU]: Das sollte man hier im Plenum auch einführen! – Zuruf von der LINKEN: Was hat das mit der Freiheit zu tun?)


Ich fahre fort. – Die Wehrpflicht hat sich bewährt.
Wir schlagen heute eine praktikable und maßvolle Wei-
terentwicklung vor. Nun gilt es, W 6 erfolgreich in die
Praxis umzusetzen.

Meine Damen und Herren, die Wehrpflicht wurde im
Rahmen der Preußischen Heeresreform 1813 eingeführt.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704704000

Herr Kollege Grübel, ich fürchte, dass Sie diese aus-

führliche historische Darstellung der Entwicklung im
Rahmen der vereinbarten Redezeiten jetzt nicht mehr
werden bewältigen können.


Markus Grübel (CDU):
Rede ID: ID1704704100

Jawohl. – Schon damals war sie umstritten, und

200 Jahre später ist dies nicht anders.

Wir werden im Herbst sachlich, zügig und ohne Hetze
auf der Grundlage unserer Verfassung die weiteren Ent-
scheidungen treffen. Darum ist es auch sinnvoll, dass wir
diesen Gesetzentwurf bald verabschieden. Damit wird
mittelfristig Planungssicherheit bestehen.


(Paul Schäfer [Köln] [DIE LINKE]: Für sechs Monate!)


Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704704200

Ich schließe die Aussprache.

Frau Kollegin Bär, wenn Sie nachher die Mitschrift
Ihrer Rede erhalten, dann werden Sie vermutlich in der
Schlusspassage auf eine Formulierung stoßen, von der
ich vermute, dass sie bei der Vorbereitung Ihrer Rede gar
nicht vorgesehen war, und zu der ich uns empfehlen
würde, sie auch bei temperamentvollen Auseinanderset-
zungen und heftigen Zwischenrufen im Interesse eines
wechselseitigen Respekts besser zu vermeiden.

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(C (D (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. h. c. Gernot Erler [SPD]: Ein sehr charmanter Ordnungsruf!)


Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-
urfs auf der Drucksache 17/1953 an die in der Tages-
rdnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt
s dazu andere Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.
ann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich bitte, den mit dem neuen Thema verbundenen
chichtwechsel hier im Plenum zügig zum Abschluss zu
ringen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 27 a und 27 b auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Anton Hofreiter, Winfried Hermann, Bettina
Herlitzius, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Durch eine neue Investitionspolitik zu mehr
Verkehr auf der Schiene

– Drucksache 17/1988 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Sabine
Leidig, Herbert Behrens, Thomas Lutze, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Grundlegende Neuausrichtung der Verkehrs-
investitionspolitik für Klima- und Umwelt-
schutz, Barrierefreiheit, soziale Gerechtigkeit
und neue Arbeitsplätze

– Drucksache 17/1971 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

Auch diese Debatte soll nach einer interfraktionellen
ereinbarung 75 Minuten dauern, was, wenn ich mir
iesen nachrichtlichen Hinweis erlauben darf, bei dem
orherigen Punkt nicht ganz gelungen ist. – Dazu gibt es
ffenkundig keinen Widerspruch. Dann können wir so
erfahren.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst
er Kollege Dr. Anton Hofreiter für die Fraktion Bünd-
is 90/Die Grünen.


Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704704300

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Die Bahn ist der zweitwichtigste Verkehrsträ-
er nach der Straße. Die Bahn ist gleichzeitig das klima-
nd umweltfreundlichste Verkehrsmittel. Des Weiteren
st die Bundesrepublik als bedeutende Export- und Im-
ortnation und größte Handelsnation innerhalb Europas
entral auf funktionierende Verkehrswege angewiesen.
nser Wohlstand und unsere Arbeitsplätze hängen von

inem funktionierenden Verkehrssystem ab. Zudem lässt





Dr. Anton Hofreiter


(A) )


)(B)

sich kein Verkehrsmittel leichter auf regenerative Ener-
gien umstellen und so umbauen, dass wir vom Öl weg-
kommen, als die Bahn.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wird aber die Bahnpolitik der real existierenden
schwarz-gelben Koalition dieser Bedeutung gerecht?
Betrachten wir die Maßnahmen, die in den ersten Mona-
ten der schwarz-gelben Koalition ergriffen wurden. Als
erste große Maßnahme im Bereich der Bahn ist wohl das
Angebot anzusehen, für 2,7 Milliarden Euro den briti-
schen Verkehrskonzern Arriva zu übernehmen und da-
mit zu verstaatlichen. Angesichts der Maßnahmen, die
die Schwarzen gegenüber den Banken ergriffen haben,
ist es nicht weiter erstaunlich, dass diese Verstaatlichun-
gen für ein probates Mittel halten, um mit Problemen
fertig zu werden. Aber dass ausgerechnet die FDP der
größten Verstaatlichung der letzten 20 Jahre zustimmt,
ist absurd. Es wird noch absurder, wenn man sich daran
erinnert, wie Sie sich über das in der Tat etwas seltsame
Programm der NRW-Linken aufgeregt haben. Wenn Sie
noch einmal etwas gegen Verstaatlichung sagen, dann
haben Sie jede Glaubwürdigkeit verloren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was haben Sie als nächstes getan? Als nächstes wollen
Sie im Zuge des sogenannten Sparpaketes dem System
Bahn 500 Millionen Euro entziehen, die als sogenannte
Dividende an den Bund abgeführt werden sollen.
Selbstverständlich werden Sie jetzt einwenden, dass die
500 Millionen Euro aus dem Gewinn aufgebracht wer-
den; aber wir alle wissen, wie die Bahn strukturiert ist.


(Patrick Döring [FDP]: Nein! Das weißt du nicht!)


Welche Folge wird es haben, wenn der Bahn in ihrer jet-
zigen Struktur 500 Millionen Euro entzogen werden?
Die Folge wird sein, dass die Töchter noch massiver aus-
gepresst werden. Die Berliner S-Bahn lässt grüßen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie erhöhen mit Ihren Maßnahmen den Druck auf die
Bahn, ihre Konzerntöchter, die Infrastruktur und die Nah-
verkehrsgesellschaften noch stärker auszupressen. Wer
muss das ausbaden? Der Kunde.

Was haben Sie des Weiteren getan? Alles zusammen
– gerechnet – die Gatzer-Liste usw. – müssen Sie auf-
grund des Sparpakets in Ihrem Ressort in diesem Jahr
über 400 Millionen Euro, im nächsten Jahr 700 Millio-
nen Euro und im Jahr darauf fast 900 Millionen Euro
einsparen. Diese Einsparungen werden sicherlich bei
den Investitionen erfolgen; denn an die anderen Bereiche
trauen Sie sich bekanntermaßen nicht heran.

Schauen wir uns die Lage bei den Investitionen an:

Ihre Bundesregierung hat in ihrer Antwort auf unsere
Anfrage selbst zugestanden, dass allein für die Maßnah-
men des vordringlichen Bedarfs im Bundesverkehrs-
wegeplan 24 Milliarden Euro fehlen – und das schon bei
der alten Bundeshaushaltslinie und unter der Vorausset-
zung, dass Sie keinerlei Kostensteigerungen haben. In

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(C (D er Vergangenheit war bei den Planansätzen in der Regel it Kostensteigerungen um den Faktor 2 zu rechnen. ber selbst ohne all dies zu berücksichtigen, fehlen Ihen 24 Milliarden Euro. Erst vorgestern hat uns der Beirat bei der Bundesnetzgentur der DB AG dargestellt, dass noch im Jahr 2008 0 Prozent der Mittel für sogenannte laufende Vorhaben erausgabt wurden. Was heißt das? Was bedeuten lauende Vorhaben im Bahnbereich? Dabei handelt es ich weitgehend um Maßnahmen aus dem Bundesverehrswegeplan von 1992 oder früher. Das heißt: Fünf ahre nach der Verabschiedung des Bundesverkehrsweeplans 2003 stehen nur 10 Prozent der Mittel für diesen undesverkehrswegeplan zur Verfügung. Wie wollen ie da auf Entwicklungen reagieren? – Sie tun es gar icht. Sie reagieren einfach nicht auf neue Entwicklunen. In den nächsten Jahren werden Sie nach Ihren Plaungen einen Großteil der Gelder für ganz wenige roßprojekte verausgaben, sodass für die wirklich ichtigen Maßnahmen kein Geld mehr vorhanden sein ird. Der Minister führt gern das große Wort. Im letzten ahr hat er vor Weihnachten davon gesprochen, dass er inen Großteil des Güterverkehrszuwachses auf die chiene verlegen will. Das sind schöne Worte. Ihre Ta en sprechen aber eine andere Sprache. Sie entziehen em System Schiene Milliarden von Euro. Wie wollen ie da etwas erreichen? Nicht an Ihren Worten werden ir Sie messen, sondern an Ihren Taten, wie es so schön eißt. Jetzt erkennt man leider Ihre Taten. Wie können Sie Ihren Ankündigungen Taten folgen assen? Wir haben Ihnen ein umfangreiches Maßnahenpaket aufgeschrieben, mit dessen Umsetzung Sie Ih en Worten Taten folgen lassen könnten. Was sind die ichtigsten Maßnahmen? Die erste Maßnahme muss die Aufhebung der Beerrschungsund Gewinnabführungsverträge zwichen den Töchtern der DB AG und der Holding sein, amit der Anreiz entfällt, die Töchter – S-Bahn Berlin sw. – auszuplündern. Das steht auch so in Ihrem Koaliionsvertrag. Aber das allein hilft nichts. Papier ist geuldig. Man muss die geplanten Maßnahmen auch umetzen. Wir loben Sie sogar für diese eine sinnvolle assage in Ihrem Koalitionsvertrag. Aber bei der Umsetung machen Sie genau das Falsche. Des Weiteren ist nötig, die Planungen für den Persoenverkehr am sogenannten Deutschland-Takt auszuichten. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre gut! – Patrick Döring [FDP]: Das entzieht dem System noch mehr Geld!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


as bedeutet das? Wenn ich einen Zug benutze, müssen
ie Anschlüsse funktionieren. Es hilft nämlich nichts,
illiarden von Euro auszugeben, um mit einem ICE

0 Minuten schneller von A nach B fahren zu können,





Dr. Anton Hofreiter


(A) )


)(B)

wie jetzt vielfach geplant ist, wenn die Anschlüsse nicht
funktionieren und ich zwangsweise eine halbe Stunde
am Bahnhof verbummele.

Des Weiteren muss dringend für einen vernünftigen
und fairen Wettbewerb gesorgt werden. Wir verstehen
unter einem vernünftigen und fairen Wettbewerb, dass
gleiche und gerechte Zugangsbedingungen für jeden ge-
schaffen werden, der Schienenverkehr organisieren
möchte. Für uns ist es nicht entscheidend, ob ein roter
oder ein gelber Zug fährt. Entscheidend für uns ist, dass
für die Kunden pünktliche und saubere Züge fahren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Des Weiteren ist es nötig, die Investitionspolitik so zu
verändern, dass, statt Millionen zu versenken, nur noch
Maßnahmen ergriffen werden, die Engpässe beseitigen,
schnell wirken und sowohl den Kunden im Personenver-
kehr als auch den Kunden im Güterverkehr helfen.

Deshalb fordere ich Sie auf: Setzen Sie unsere Maß-
nahmen um! Wir haben sie Ihnen aufgeschrieben, weil
Sie selbst nur planlos und orientierungslos in der Gegend
herumirren. Wir haben Ihnen einen großen Gefallen ge-
tan. Wenn Sie unsere Maßnahmen umsetzen, dann haben
Sie die Chance, den Worten Ihres Ministers gerecht zu
werden.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704704400

Das Wort erhält nun der Kollege Ulrich Lange für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Ulrich Lange (CSU):
Rede ID: ID1704704500

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Lieber Kollege Hofreiter, Sie fordern heute eine neue In-
vestitionspolitik für mehr Verkehr auf der Schiene. Die-
ser Forderung in der Form, wie Sie sie gerade vorgetra-
gen haben, werden wir uns nicht anschließen.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schade!)


Nein. – Wir werden uns nicht anschließen, weil sich in
der Bahnpolitik seit der Übernahme des Verkehrsminis-
teriums durch die CSU, durch Peter Ramsauer, bereits
sehr vieles zum Positiven verändert hat.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Lachen beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Martin Burkert [SPD]: Was denn?)


Wir wollen keine Wende rückwärts. Nein, wir wollen ein
Weiter-so, weil es noch viele Baustellen gibt und weil
wir davon überzeugt sind, dass wir diese mit unserem
Verkehrsminister erfolgreich abarbeiten werden.


(Zuruf des Abg. Florian Pronold [SPD])



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(C (D Ich habe es Ihnen schon vorgerechnet, Herr Pronold. ch muss nicht ständig darauf hinweisen, was Ihre Verehrsminister uns nach 4 000 Tagen hinterlassen haben. Es geht natürlich nicht an, nur die kaufmännischen ielsetzungen der Bahn im Auge zu haben. In diesem unkt, Herr Kollege Hofreiter, gebe ich Ihnen recht: Verehrswege und insbesondere die Bahn sind Lebensdern unserer Volkswirtschaft. Diese Adern brauchen ir in einem exportorientierten und von Wirtschaftskraft eprägten Land wie Deutschland ganz besonders. Ich ebe Ihnen noch ein zweites Mal recht: Die Bahn ist ich lasse das Fahrrad außen vor – eines der umwelt reundlichsten Verkehrsmittel, die wir haben. Danke. Heute wird es richtig schön. – Weder Pkw noch kw noch Flugzeug sind so klimaschonend wie die ahn; denn sie weist unter dem Gesichtspunkt der Enerieeffizienz eindeutige Vorteile auf. Das haben wir auch m Sparpaket zum Ausdruck gebracht. Lassen Sie mich auf die Gleichbehandlung des Flugerkehrs zu sprechen kommen. Im internationalen Flugerkehr war die Besteuerung von Flugbenzin kurzfristig icht durchsetzbar. Aber bis zur Einbeziehung des Lufterkehrs in den bereits vereinbarten CO2-Emissionshanel werden wir eine nationale ökologische Luftverkehrsbgabe für Passagiere erheben, die im Inland abfliegen. etzt erwarte ich von den Grünen und insbesondere vom ollegen Hofreiter einen besonderen Applaus für uns. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auf Bestellung klatschen wir nicht!)


(Zuruf von der SPD)


Schade.

Nun komme ich auf den zweiten Teil Ihres Antrags zu
prechen. Ihre Argumentation ist in dem Bereich, wo Sie
ber die Fortschreibung der Finanzierung von Schienen-
rojekten im Verkehrswegeplan bis 2040 reden, schlicht
nd ergreifend scheinheilig und Ihre Kritik unehrlich;
enn die Neu- und Ausbauprojekte des vordringli-
hen Bedarfs hat die rot-grüne Bundesregierung 2004
m Bundesschienenwegeausbaugesetz auf den Weg ge-
racht und damals mit Finanzmitteln in Höhe von
,5 Milliarden Euro pro Jahr unterlegt. Ich bin vielleicht
ein guter Rechner, aber über den Daumen gerechnet
ürde man mit der von Ihnen beschlossenen Ausbaupo-

itik mit diesen Projekten 2035/2036 fertig. Damit wäre
an gerade einmal vier Jahre schneller. Ihre Kritik greift

ier also deutlich zu kurz. Zu diesem Schluss kommt
an insbesondere dann, wenn man die heutige Krise der
inanzmärkte und des Euros mitberücksichtigt. Wir kön-
en jeden Euro nur einmal ausgeben. Auch Sie können
s nicht anders machen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das war früher schon so! – Martin Burkert [SPD]: Deswegen muss man es intelligent machen!)


Ihr Antrag weist weitere Schwachpunkte auf. Sie ha-
en – der Ideologie geschuldet – nur die Bahn im Blick.





Ulrich Lange


(A) )


)(B)

Das ist ein Fehler. Zukunftsorientierte Verkehrspoli-
tik bedeutet, alle Verkehrsträger im Blick zu haben und
diese optimal miteinander zu verzahnen. Natürlich liegt
es in unserem Interesse – das hat unser Verkehrsminister
bereits zu Beginn der neuen Koalition zum Ausdruck ge-
bracht –, möglichst viel vom Verkehrszuwachs sowohl
im Güter- als auch im Personenverkehr auf die Bahn zu
verlagern. Aber es wird uns definitiv nicht gelingen, al-
les oder zumindest den größten Teil auf die Schiene zu
bringen. Deswegen sollten wir auch hier Realisten blei-
ben.

Mit unserer Investitionspolitik reagieren wir ange-
messen und bleiben auf dem Boden der Realität. Wir
spielen nicht das Spiel „Wünsch dir was“. Wir betreiben
keine Politik, wie Sie selbst sie in den Jahren Ihrer Re-
gierungsverantwortung definitiv nie gemacht hätten. Ich
kann also auch Sie nur zu etwas mehr Realismus ermah-
nen.

Wer die Bedeutung der Schuldenbremse ab 2011 und
die Beratungen um den Bundeshaushalt 2011 aufmerk-
sam verfolgt, weiß – das muss heute ebenfalls gesagt
werden –, dass auch auf den Verkehrshaushalt schwieri-
gere Zeiten zukommen. Ich möchte unserem Verkehrs-
minister nochmals ausdrücklich dafür danken, dass die
Investitionen auf hohem Niveau verstetigt werden konn-
ten. Das ist und war nicht selbstverständlich. Wir wissen,
dass Investitionen ein Teil der Wirtschaftsförderung, ein
Beitrag zur Mobilität in unserem Lande sind. Genau in
diesem Sinne haben wir bei der Aufstellung des Sparpa-
kets gehandelt.

Auch uns ist daran gelegen, dass das Zugleit- und
Zugsicherungssystem ERTMS/ETCS in Europa so
schnell wie möglich weiter ausgebaut wird. Auch wir
wollen, dass Trassenerlöse und Stationsentgelte in die
Infrastruktur investiert werden. Auch wir wollen mehr
Gleisanschlüsse. Auch wir wollen mehr Güterverkehr
auf der Schiene und deswegen mehr Gleise.


(Martin Burkert [SPD]: Dann machen Sie es doch!)


Das Ganze muss aber – das festzustellen, gehört zu einer
ehrlichen Politik einfach dazu – im Rahmen des zeitlich
und finanziell Möglichen umgesetzt werden. Wie ich be-
reits gesagt habe, kann man den Verkehrshaushalt auf-
grund der Verzahnung der verschiedenen Bereiche nicht
auf einen einzigen Verkehrsträger ausrichten.

Die Beseitigung von Engpässen, die Setzung von Pri-
oritäten, all das werden wir auch in den nächsten Mona-
ten erfolgreich vornehmen; da bin ich sicher. Es geht da-
rum – das wurde ja gerade gesagt –, eine intelligente
Verkehrspolitik unter Einbeziehung der Bahn und der
Bahninfrastruktur zu machen. Ich kann Sie nur auffor-
dern, auf dem Boden der Tatsachen daran mitzuarbeiten.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704704600

Der Kollege Beckmeyer ist der nächste Redner für die

SPD-Fraktion.

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(C (D Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en! Erst einmal möchte ich den Kollegen von den Grüen und der Linksfraktion dafür danken, dass wir heute iese Debatte führen können. Wir müssen zu diesem eitpunkt nämlich konstatieren, dass der Verkehrsbe eich an den Sparbemühungen der Bundesregierung n den nächsten vier Jahren mit gut 9 Milliarden Euro eteiligt wird. Diese Größenordnung verblüfft und weist arüber hinaus darauf hin, dass der Verkehrsbereich in inem unerträglichen Ausmaß, in einer nicht akzeptalen Art und Weise und ohne erkennbaren Nutzen an iesen Sparbemühungen beteiligt wird. Das ist etwas eues. Im Grunde signalisiert es, dass die Verkehrspoli ik für diese Bundesregierung dramatisch an Bedeutung erloren hat. Nicht umsonst haben vor zwei Tagen ein wichtiger erband und ein wichtiges Unternehmen, nämlich der DA und die Deutsche Bahn AG, gemeinsam ein The enpapier – es klingt fast wie ein Pflichtenheft – für die eutsche Verkehrspolitik erstellt. In diesem Papier urde wohl zum ersten Mal in dieser Form ein vermut ich auf uns niederkommendes Übel richtig beschrieben nd beklagt. Unter der Überschrift „Gemeinsam die olle der Verkehrspolitik stärken“ wird ganz vorsichtig ormuliert: Der Stellenwert der Verkehrspolitik muss gemäß ihrer zentralen Bedeutung für die Mobilität unserer Gesellschaft sowie als zentrale Säule der Wirtschaftsund Standortpolitik weiter entwickelt werden. Die Zusammenarbeit der Verkehrspolitik mit anderen Politikbereichen … ist gezielt auszubauen. Infrastrukturpolitik ist als politische Querschnittsaufgabe zu verstehen. Anknüpfungspunkte zu anderen Politikbereichen müssen verdeutlicht und stärker vernetzt werden. Eine engagierte Vertretung deutscher Interessen in der EU-Verkehrspolitik ist dringend erforderlich. es Weiteren erfolgen Aussagen zur Höhe der Investiionen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ein ppell von einem Verband, der der Bundesregierung, enke ich, gar nicht so fernsteht, und von der Deutschen ahn AG. Beide fragen sich: Oh Gott, was passiert da eientlich in Berlin? – Das ist schon dramatisch. Sie beschließen eine Luftverkehrsabgabe, eine Air raffic Tax, national, nicht europäisch. Dafür gibt es ielleicht gute Gründe. Man könnte ja sagen: Das Geld, as wir dadurch einsammeln, wollen wir dem Umweltchutz zur Verfügung stellen oder dem Bereich Luftverehr zurückgeben oder, wie heute durchaus üblich, für ntwicklungshilfeprojekte vorsehen. Aber was machen ie? Sie nehmen 2 Milliarden Euro ein – die Passagiere ezahlen es – und schieben das Geld in den allgemeinen aushalt, den Sie vorher geschröpft haben, um Herrn Uwe Beckmeyer )


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1704704700




(A) )

Mövenpick und anderen Hoteliers das Geld in den Hin-
tern zu stecken. Das ist doch die aktuelle Situation.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Man kann durchaus der Meinung sein, dass die DB
AG als Aktiengesellschaft, die Dividendenfähigkeit be-
sitzt, ihrem Eigentümer eine Dividende zu zahlen hat.
Diese Auffassung kann man vertreten. DAX-Unterneh-
men schütten regelmäßig Dividenden aus. Ich bitte Sie
aber, einmal zu überlegen, in welcher Größenordnung
DAX-Unternehmen dies tun. Sie zahlen nicht von jetzt
auf gleich 500 Millionen Euro pro Jahr, also eine halbe
Milliarde Euro, festgelegt für die nächsten vier Jahre,
sondern das wird nach und nach entschieden, maximal
übrigens 30 Prozent des Gewinns. Das sind die normalen
Größenordnungen, die für Ausschüttungen von DAX-
Unternehmen gelten. Was macht der Finanzminister? Er
fordert 500 Millionen Euro pro Jahr von jetzt bis 2014.

Sie, meine Damen und Herren, propagieren immer
verkehrsträgerimmanente Finanzierungskreisläufe.
Was bedeutet das nun für die Schiene? Das bedeutet,
dass Sie die Fähigkeit der DB AG, Investitionen in die
Schiene zu tätigen, für die Zukunft einschränken.


(Patrick Döring [FDP]: Quatsch!)


Auch da zeigt sich die Konzeptionslosigkeit Ihrer Ver-
kehrspolitik. Ihnen fehlt der Kompass in der Verkehrs-
politik. Die Situation kann dramatischer nicht sein.

Der Minister, Herr Dr. Ramsauer, wurde von uns im
Ausschuss befragt: Wo sparen Sie? Antwort: Bei den
disponiblen Mitteln. – Es war schon dramatisch, zu hö-
ren, welche Ansätze halbiert werden, vor allen Dingen in
Bereichen, die bisher, auch von der Großen Koalition,
konjunkturpolitisch als sehr wichtig eingestuft wurden
mit der Begründung: Wir brauchen in schwierigen Zei-
ten Impulse für das Handwerk. – Und jetzt: überall Hal-
bierungen!


(Beifall bei der SPD)


Also: Sie machen eine Politik gegen die Konjunktur,
Sie machen eine Politik gegen die Verkehrsträger, und
das alles in einer Situation, in der sich Deutschland ge-
rade in diesen Bereichen – das ist eine gemeinsame Er-
kenntnis des Verkehrsausschusses – verstärkt engagieren
müsste. Ich muss ganz ehrlich sagen: Es ist gravierend,
was da momentan unter dem Strich alles zusammen-
kommt.

Da hilft auch nicht der Hinweis: „Wir haben
10 Milliarden Euro als Investitionslinie für die Verkehrs-
träger gerettet.“ – Diese 10 Milliarden Euro werden
überall angeknabbert, weil man in den nächsten Jahren
Geld beim Bundesfinanzminister abzuliefern hat.
Schließlich landet man – Anton Hofreiter hat das vorhin
gesagt – bei über 950 Millionen Euro. Das hat zur Kon-
sequenz, dass uns dann fast 1 Milliarde Euro fehlt – mit
all den Konsequenzen, die wir zu gewärtigen haben.

Das ist auch noch vor dem Hintergrund zu sehen, dass
wir Priorisierungen vornehmen müssen. So wird es
überall in den Regionen Heulen und Zähneklappern ge-

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(C (D en. Wir als Sozialdemokraten werden deutlich machen, ass Sie, die Liberalen und die Christdemokraten, dafür ie Verantwortung tragen, und zwar komplett. Der deutchen Öffentlichkeit muss klipp und klar gesagt werden: ie sind in der Verkehrspolitik auf der Versagerstraße. as ist bedauerlich. Ich kann Ihnen nur zurufen: Nehmen Sie endlich Ihen Mut zusammen und versuchen Sie, in dem Bereich inen Common Sense in Deutschland zu erzeugen, damit erkehrspolitik wieder eine höhere Priorität gewinnt. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704704800

Als nächster Redner spricht der Kollege Werner

immling für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Werner Simmling (FDP):
Rede ID: ID1704704900

Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kolle-

en! Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich unse-
em Verkehrsminister Peter Raumsauer ausdrücklich
anken, dass er in einer solch schwierigen Situation eine
erstetigung der Verkehrsinfrastrukturausgaben auf gu-

em Niveau erreicht hat.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Lachen bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Florian Pronold [SPD]: Da muss der Ramsauer selber lachen!)


as muss man nach dieser Polemik einfach mal sagen.

Ich glaube, wir alle sind uns einig: Nicht die Mittel im
erkehrsbereich wurden bisher verstetigt, sondern die
nterfinanzierung. Das wissen wir zwar nicht erst seit
er Veröffentlichung des Verkehrsinvestitionsberich-
es 2009; dass der Investitionsdruck aber eine solche
ualität hat, ist erschreckend. Auch Sie von Bündnis 90/
ie Grünen sehen richtigerweise, dass die identifizierten
ngpässe nicht mit den Investitionsschwerpunkten über-
instimmen. Wir reden hier also in erster Linie über
trukturelle Probleme des rot-grünen Verkehrswege-
lans, den wir geerbt haben.

Nun fordern Sie: Mehr Verkehr auf die Schiene!
Schwarz-Gelb sagt deutlich Ja dazu – wo dies sinnvoll
t.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


er Zusatz „Wo dies sinnvoll ist“ bedeutet keine A-pri-
ri-Einschränkung, es handelt sich vielmehr um eine
luge Richtungsentscheidung schwarz-gelber Verkehrs-
olitik. Nehmen Sie aber bitte auch zur Kenntnis, dass
icht jeder Verkehr von der Straße auf die Schiene verla-
erbar ist.

Bei Veränderungen im Modal Split gibt es kein Ent-
eder-oder. Nettovorteile ergeben sich, wenn ein Ver-
ehrssystem im Ganzen effizienter, schneller und um-





Werner Simmling


(A) )


)(B)

weltfreundlicher wird, eben optimaler, um Wachstum
und Beschäftigung zu ermöglichen statt zu behindern.

Mit der Überarbeitung des Masterplanes „Güterver-
kehr und Logistik“ schwenken wir auf eine Infrastruk-
turpolitik um – auch und vor allem für die Schiene –, mit
der Güterverkehr und Logistik echte Angebote gemacht
werden. Bezüglich des Ausbaus von Schieneninfrastruk-
tur besteht der wichtigste Schritt in der Neupriorisie-
rung von Investitionsvorhaben. Im Koalitionsvertrag
ist dies vereinbart, aktuell befindet es sich in der Erarbei-
tung. Geplante Infrastrukturvorhaben werden nach den
Kriterien volkswirtschaftlicher Nutzen, Beseitigung von
Engpässen, Ausbau von Knoten und Hinterlandanbin-
dungen etc. beurteilt. Bereits im Sommer bzw. im Herbst
werden uns hierzu entsprechende Vorschläge vorliegen.
Dieser Punkt ist auch eine zentrale Forderung des An-
trags von Bündnis 90/Die Grünen. Damit zitieren Sie
aber nur ein weiteres Mal den Koalitionsvertrag.

Außerdem haben wir im Koalitionsvertrag die An-
reizregulierung bei Trassen- und Stationspreisen ver-
einbart. Eine solche regulatorische Maßnahme wird sich
deutlich positiv auf den Netzbetrieb auswirken. Echte
Marktpreise entstehen nämlich dort, wo bisher wenig
Verkehre stattfinden. Durch niedrigere Preise wird eine
Stärkung des Angebotes ermöglicht. Der Wettbewerb
auf der Schiene wird damit gefördert. In unserem Koali-
tionsvertrag steht auch, dass wir im Zuge dieser Maß-
nahmen die Bundesnetzagentur stärken.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Was die Engpassbeseitigung im Bestandsnetz an-
geht, sollten wir darüber diskutieren, ob und wie wir die
Überlegungen des Netzbeirates aufgreifen, und die stär-
kere Kombination von Instandhaltung und punktuellem
Ausbau des Netzes in Aussicht stellen. Ziel muss es sein,
möglichst zügig zusätzliche Kapazitäten im Netz zu
schaffen – natürlich nur innerhalb des Finanzrahmens.

Mit weiteren Veränderungen in der DB Holding si-
chern wir eine größere Einflussnahme des Eigners Bund
im Hinblick auf die Infrastrukturmaßnahmen der DB
AG. Im Rahmen der Neuverhandlung der Gewinnabfüh-
rungsverträge wollen wir, dass in Zukunft die Gewinne
aus dem Netz in den Eisenbahninfrastrukturunternehmen
bleiben, damit deren Investitionskraft gestärkt wird.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Um dem zukünftigen Verkehrsaufkommen nachhaltig
zu entsprechend und im europäischen Wettbewerb mit-
halten zu können, sind also Effizienzsteigerungen und
ein Mehr an Verkehrsleistung notwendig. Entscheidende
Schritte sind von uns bereits angestoßen. Weitere
Schritte werden folgen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1704705000

Das Wort für die Fraktion Die Linke hat die Kollegin

Sabine Leidig.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es st dringend notwendig, dass mit einer zielgerichteten olitik die Weichen im Verkehrsbereich umgestellt weren. Vor zwei Tagen wurde im Ausschuss der Bericht ber die Verkehrsinvestitionen von 2003 bis 2008 präentiert. Der Berichterstatter lobte, dass viele Milliarden erbaut worden sind, und bedauerte, dass nicht alle öpfe ausgeschöpft werden konnten. Ich meinte, dass ja icht das Geldausgeben an sich von Vorteil sei, und ragte nach den Zielen, worauf der zuständige Staatsseretär erwiderte, dass es die Leute, die bauen würden, lücklich mache, wenn sie Beton in die Landschaft gieen könnten. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Gero Storjohann [CDU/CSU]: Das war richtig zitiert!)

Sabine Leidig (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704705100

Genau. Sie freuen sich ebenfalls. Ich dachte, ich höre
icht recht. Aber tatsächlich hat diese Ziellosigkeit lei-
er System.

Der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen beruht
uf einer Prognose, die das politische Nichtstun und ei-
en viel zu niedrigen Ölpreis voraussetzt. Nach dieser
rognose wird der Straßengüterverkehr bis 2025 um
0 Prozent steigen. Dies geschieht auf Kosten der Bahn.


(Patrick Döring [FDP]: Stimmt ja nicht!)


uch der motorisierte Individualverkehr werde wachsen
nd die Eisenbahn bei einem Anteil von 7 Prozent ste-
ken bleiben. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn Sie diesem vermeintlichen Bedarf hinterherbe-
onieren, dann verschärfen Sie alle Krisen, mit denen wir
s derzeit zu tun haben, zuallererst und vor allem die
mwelt- und Klimakrise, die für die Menschheit, für
ns alle, zur Überlebensfrage wird. Fakt ist, dass in den
ergangenen 20 Jahren die Klimabelastung durch den
erkehr in Deutschland um 12 Prozent zugenommen
at – und das, obwohl die Motoren viel effektiver und
chadstoffärmer sind. Das Problem ist: Der Lkw-Verkehr
at sich seither fast verdoppelt. Es werden dreimal so
iele Güter durch die Luft geflogen. In einem Joghurtbe-
her stecken heute 50 Prozent mehr Transportkilometer
ls vor 30 Jahren, und eine Person legt eine doppelt so
ange Wegstrecke zurück. Ist das ein Vorteil? Immer
ehr, immer höher, immer weiterer Verkehr? Das ver-

essert doch nicht die Lebensqualität.


(Patrick Döring [FDP]: Die Länder, in denen die Menschen eingesperrt worden sind, sind gescheitert, Frau Kollegin!)


Das hat doch mit der Lebensqualität und dem Joghurt
ichts zu tun. Entschuldigung!


(Patrick Döring [FDP]: Individuelle Freiheit schon! – Gegenruf der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Zulasten der Umwelt!)


Die Lebensqualität wird nicht verbessert, eher das
egenteil ist der Fall: 44 Prozent der Menschen in Eu-





Sabine Leidig


(A) )


)(B)

ropa leiden unter zu viel Autoverkehr. Während sich die
Konzerne die Gewinne aufgrund der Globalisierung in
die Tasche stecken, muss die ganze Gesellschaft die Fol-
gen von Luftverschmutzung, Lärm und Naturzerstörung
sowie die Folgen von Lohndumping tragen.

Nun hat die Bundesregierung im Kioto-Protokoll zu-
gesagt, den CO2-Ausstoß bis 2020 um mindestens
40 Prozent zu reduzieren. Im Verkehrsbereich ist davon
überhaupt nicht die Rede. Eine Strategie aber zur Ver-
meidung von Verkehr ist längst überfällig und genauso
eine zur Verlagerung von Verkehr auf den Fußweg, auf
das Fahrrad, auf den öffentlichen Nahverkehr und auf
die Eisenbahn.


(Beifall bei der LINKEN)


Allerdings muss man, wenn man dieses Ziel verfolgt,
wahrscheinlich erst das Führungspersonal der Deut-
schen Bahn AG austauschen.


(Beifall bei der LINKEN – Martin Burkert [SPD]: Schon wieder!)


Der Vorstand Herr Dr. Karl-Friedrich Rausch, der übri-
gens von der Lufthansa kommt, verlangt, die Verände-
rung des Modal Splits, also der Aufteilung zwischen den
Verkehrsträgern, zulasten eines Verkehrsträgers – in
Klammern: der Straße – zu vermeiden. Er will die ge-
zielte Förderung des Güterverkehrs als Wachstumsmo-
tor, übrigens gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Ver-
bandes der Automobilindustrie. Das heißt, er will in die
gleiche falsche Richtung weiterfahren. Herr Ramsauer,
Sie sollten dafür sorgen, dass dieser Herr zusammen mit
den anderen Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern,
die Spitzenmanager von Beton-, Energie-, Auto- und
Flugzeugkonzernen waren oder sind, seinen Hut nimmt.
Denn wir brauchen an der Spitze des größten öffentli-
chen Unternehmens Leute, die das Gemeinwohl im Sinn
haben, mehr Verkehr auf die Schiene bringen und die
Bahn für alle weiterentwickeln.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Bahn hat schon heute – das haben wir gehört –
eine mit Abstand bessere Umweltbilanz als Kraftfahr-
zeuge oder Flieger, obwohl derzeit noch viel zu viel
Kohlestrom verfahren wird und es keine Abwrackprämie
für Diesellokomotiven gegeben hat. Aber Bahnstrom
könnte aus regenerativen Energiequellen kommen. Elek-
tromobilität findet als Massenverkehr auf der Schiene
statt. Diese muss ausgebaut werden. Wenn man die Kli-
makrise entschärfen will, dann ist ziemlich klar, wohin
die Reise gehen muss. Das gilt auch für die schwelende
Krise im Hinblick auf die Verteilungsungerechtigkeit,
mit der die soziale Basis in den Gesellschaften weltweit,
aber auch hier untergraben wird.

Selbst im hochmotorisierten Deutschland besitzt ein
Viertel der Haushalte kein Auto, die meisten, weil sie es
sich nicht leisten können. Jetzt sehen wir, dass seit Wo-
chen Millionen Liter Öl in den Golf von Mexiko ausströ-
men, weil BP das Risiko einer Tiefseebohrung eingegan-
gen ist. Die vorhandenen Ölreserven auf diesem
Planeten werden immer schwerer zugänglich, die Förde-
rung wird riskanter und teurer, und das wird sich unter

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(C (D nderem in drastisch steigenden Spritpreisen bemerkbar achen. Alle, denen das Autofahren zu teuer ist oder die daauf verzichten wollen, sind auf ein gutes öffentliches ahund Fernverkehrsangebot angewiesen. aran mangelt es vielerorts, vor allem im ländlichen aum. (Beifall bei der LINKEN – Patrick Döring [FDP]: Europäisch das beste Bahnsystem!)


(Patrick Döring [FDP]: Das haben wir doch!)


as wäre ein wichtiges Ziel der Verkehrspolitik: Sie
uss dafür Sorge tragen, dass in einer mobilen Gesell-

chaft niemand abgehängt wird.

Zurzeit stecken wir mitten in der Finanzmarkt- und
chuldenkrise, in der jetzt sogenannte Sparprogramme
rzwungen werden. Diese Krise könnte im Verkehrs-
ereich als Chance genutzt werden, als Gelegenheit, auf
ie Bremse zu treten, damit man wenden kann:

Verzichten Sie auf den Baubeginn von Autobahnab-
chnitten und auf fragwürdige Großprojekte, bevor nicht
in Entwicklungsplan auf dem Tisch liegt, in dem die
kologischen und sozialen Ziele der Verkehrspolitik
estgelegt sind! Bis dahin ist kleckern statt klotzen das
ebot der Stunde.


(Beifall bei der LINKEN)


Streichen Sie als Erstes die Straßenbauprojekte, die
m wenigsten Nutzen und am meisten ökologische Schä-
en bringen! Die Umweltverbände haben eine Liste er-
tellt. Damit würden in den nächsten Jahren 30 Milliar-
en Euro gespart.

Für den Neu- und Ausbau von Schienenwegen müs-
en jährlich mindestens 2,5 Milliarden Euro von der
traße auf die Schiene umgeschichtet werden.

Stocken Sie die Regionalisierungsmittel auf, die den
chienenpersonennahverkehr finanzieren,


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


nd sorgen Sie dafür, dass in diesem Bereich mehr in-
estiert wird!


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Das ist aber nicht kleckern, das ist klotzen!)


ir wissen, dass die Fahrgastzahlen um ein Vielfaches
teigen, wenn das Angebot gut und zuverlässig ist.

Legen Sie ein Sonderprogramm „Barrierefreiheit“
uf, damit in naher Zukunft tatsächlich alle die öffentli-
hen Bahnen und Busse nutzen können, auch diejenigen,
ie alt sind, im Rollstuhl sitzen oder einen Kinderwagen
chieben!


(Beifall bei der LINKEN)


azu gehört auch, dass an den 3 500 herrenlosen Bahn-
öfen im Land wieder Menschen am Schalter sitzen.

Zu guter Letzt weise ich darauf hin: Es gibt keinen
eweis dafür, dass hierzulande die wirtschaftliche Ent-
icklung zwangsläufig mit dem Bau von Straßen ver-





Sabine Leidig


(A) )


)(B)

bunden ist. Es gibt Beispiele dafür, und genauso gibt es
Gegenbeispiele. Aber es gibt eine aktuelle Studie der
Universität Wien, in der nachgewiesen wird, dass man,
wenn man 1 Milliarde Euro öffentlicher Investitionen
in die Schieneninfrastruktur steckt, eineinhalbmal so viel
Arbeitsplätze schafft, wie wenn man sie in den Auto-
bahnbau steckt. Wenn man die gleiche Summe benutzt,
um Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung zu organisie-
ren, dann kann man sogar zweieinhalbmal so viel gute
und sinnvolle Arbeitsplätze schaffen.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704705200

Das Wort hat jetzt der Bundesminister Dr. Peter

Ramsauer.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung:

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Meine Damen und Herren! Die heutige De-
batte über die beiden vorliegenden Anträge nutze ich
gerne, um die fundamentale Bedeutung von hinreichen-
den Investitionen in unsere Verkehrsinfrastruktur für
die gesamte Wirtschaft, aber auch für die gesamte Ge-
sellschaft zu beleuchten.

Investitionen in unsere Straßen, in unsere Schienen, in
unsere Wasserstraßen und natürlich auch in einem ge-
wissen Umfang in den Luftverkehr – er trägt sich wei-
testgehend selbst; das wird immer wieder übersehen –
sind Investitionen in die wichtigsten Lebensadern unse-
rer Wirtschaft und unserer Gesellschaft und bilden die
bestmögliche Grundlage für Wachstum und für Arbeits-
plätze.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Auf genau diese Aufgabe konzentriert sich die Bundes-
regierung mit aller Ernsthaftigkeit.

An die Adresse der Antragsteller, also der Grünen
und der Linken, möchte ich einige ganz kurze Bemer-
kungen machen. Sie listen – hier spreche ich die Grünen
an – in Ihrem Forderungskatalog zur Investitionspolitik
im Bereich Schiene durchaus einige Forderungen auf,
die wir jetzt mit allem Nachdruck angehen.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Echt?)


Ich nenne nur die geforderte Konzentration auf Investi-
tionsschwerpunkte in Form von Projekten, die ein
möglichst hohes Nutzen-Kosten-Verhältnis aufwei-
sen. Herr Hofreiter, wir haben uns erst vorgestern im
Ausschuss darüber unterhalten. Auch die Kollegin
Leidig hat dies angesprochen. Mir als Verkehrs- und
Bauminister und als gelerntem Ökonomen braucht doch
niemand die Erkenntnis als neu zu verkaufen, dass man
gefälligst nicht solche Investitionen tätigt, die hinterher
mehr Schaden als Nutzen bewirken. Für die Bewertung
von Projekten gibt es ein Instrument – das wissen Sie
doch alle –, nämlich die Nutzen-Kosten-Analyse.

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(C (D (Lachen des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


emäß unserer Prioritätensetzung investieren wir nur in
olche Projekte, die mehr volkswirtschaftlichen Nutzen
ringen, als sie ursprünglich kosten. Das ist unsere klare
arschrichtung. Danach handeln wir.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Noch eine Bemerkung sei erlaubt. Wir alle sind uns
chnell einig, wenn es um die Notwendigkeit der Verla-
erung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene geht.
as ist heute schon einige Male angesprochen worden.
ber wenn es dann bei den einzelnen Projekten ernst
ird, dann schlagen sich nicht wenige schlicht und

rgreifend in die Büsche. Ich kann einfach nur lapidar
eststellen, dass bei Protesten gegen viele Schienen-
nfrastrukturprojekte gerade auffallend viele Grüne in
er ersten Reihe der Protestierenden stehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


a kann ich nur sagen: Holen Sie, lieber Herr Hofreiter,
iese Streiter für falsche Ziele zurück.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie nennen es ein falsches Ziel, für den Lärmschutz der Menschen zu streiten? Was fällt Ihnen eigentlich ein? Das ist eine Unverschämtheit!)


s geht nicht, dass Sie hier im Parlament dafür kämpfen,
twas für die Schiene zu tun, aber dann bei den Protesten
n der ersten Reihe stehen, gegen die man sich nur mit
undertschaften der Polizei zur Wehr setzen kann.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo wohnen Sie denn eigentlich?)


an tut etwas für die Schiene, aber Sie stehen mit ande-
en Grünen in der ersten Reihe der Protestierenden. Die
eutsche Öffentlichkeit muss wissen, was die Wahrheit
st, was Ihre Worte und was Ihre Taten sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die deutsche Öffentlichkeit kann gerne wissen, dass wir für den Lärmschutz der Menschen und die Gesundheit der Menschen streiten!)


um Thema Worte und Taten kann ich nur sagen: Im
undestag sagen Sie das eine, aber draußen machen Sie
twas ganz anderes. Das ist alles andere als überzeugend
nd glaubwürdig.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Unverschämtheit! Sie haben offensichtlich noch nie mit jemandem gesprochen, der an einer Schienenstrecke wohnt! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ziehen Sie doch mal an eine Autobahn oder Schienenstrecke! Selber im Luxus wohnen!)


An die Adresse der Linken: Ihre Vorstellungen kann
nd will ich nur ganz kurz ansprechen. Was Sie in Ihrem
ntrag vorschlagen, ist ein Sammelsurium von staatsdi-





Bundesminister Dr. Peter Ramsauer


(A) )


)(B)

rigistischen Eingriffen. Sie setzen – das ist von gesell-
schaftspolitischer Bedeutung – beim Thema Mobilität
schlicht und einfach auf die Bevormundung der Bürge-
rinnen und Bürger in unserem Lande.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Hahaha! Aus welcher Mottenkiste kommen Sie denn?)


Mobilität meint vor allen Dingen Bewegungsfreiheit.
Diese wollen wir sichern, anstatt sie mit lauter Auflagen,
wie Sie sie vorschlagen, ständig zu beschneiden. So viel
zu den vorliegenden Anträgen.

Ich möchte aber einiges von dem korrigieren, was
sich in die bisher gehaltenen Reden eingeschlichen hat,
aber so zum großen Teil nicht stimmt. Herr Hofreiter,
das Projekt Arriva als größte Verstaatlichung seit, ich
weiß nicht mehr, welchen Zeitraum Sie genannt haben,
zu bezeichnen, ist eine fundamentale Verkennung der
politischen und der ökonomischen Realitäten.

Ich erkläre heute noch einmal das, was ich schon ei-
nige Male hier an diesem Redepult erklärt habe: Ich
stehe voll und ganz hinter der Unternehmensstrategie der
Deutschen Bahn AG, unseres Unternehmens,


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die ist also nicht staatlich?)


sich auf diese Weise im Ausland zu betätigen, denn
Schienenverkehre sind inzwischen ein europäisierter
Markt geworden. Wer die Deutsche Bahn AG dem Wett-
bewerb aussetzt, der muss auch zulassen, dass sich die
Deutsche Bahn AG auf dem europäisierten Verkehrs-
markt dem Wettbewerb stellt und die Chancen des Wett-
bewerbs nutzt. Dazu gehört auch eine solche Akquisition
wie Arriva.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ließe man dies nicht zu, würde man unserem Unter-
nehmen, der Deutschen Bahn AG, zumuten, zu schrump-
fen. Die Deutsche Bahn AG hat in Deutschland bereits
320 Wettbewerber. Eine Schrumpfung der Deutschen
Bahn AG würde eine Vernichtung von Arbeitsplätzen
bedeuten: 250 000 gute Arbeitsplätze, davon 90 000 im
Ausland, 160 000 im Inland. Ich will, dass diese guten
Arbeitsplätze bei der Bahn AG erhalten bleiben. Das
schaffen wir nur, wenn wir der Bahn AG die Wahrneh-
mung der ökonomischen Chancen im Ausland garantie-
ren und ihr Rückendeckung geben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sie kritisieren, dass eine Dividende von 500 Millio-
nen Euro ausgeschüttet werden soll. Diese Vorgabe muss
natürlich vom Aufsichtsrat der Bahn bestätigt werden.
Für das Geschäftsjahr 2010 wird es haushaltswirksam
im Jahr 2011 ausgezahlt. Ich bin froh, dass die Bahn AG
Gewinne erwirtschaftet. Die Bilanz wird im Jahr 2010
noch einmal besser ausfallen, als dies im Jahr 2009 oh-
nehin der Fall war.

Im Grundgesetz ist festgehalten, dass die Bahn wirt-
schaftlich betrieben werden und den Erfordernissen des
Gemeinwohls folgen muss. Wirtschaftlich betreiben

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(C (D eißt für den Verkehrsminister, dass er von der Bahn Geinne erwarten kann. Dazu kursieren die unsinnigsten hilosophien, nämlich dass es etwas Anrüchiges sei, ass die Bahn AG Gewinne erwirtschaftet. Ich erwarte as, und zwar nicht zuletzt aus zwei Gründen. Erstens. Wir als Eigentümer sind es den Steuerzahern, also all unseren Bürgerinnen und Bürgern in eutschland, schuldig, dass sich das im Unternehmen ahn AG gebundene Kapital hinreichend verzinst. Das st eine kaufmännische Binsenweisheit. Zweitens. Ich erwarte, dass Gewinne erzielt werden, amit die Gewinne ordentlich reinvestiert werden. Ohne ewinnerzielung gibt es keine Reinvestition. Das lernt an in jeder kaufmännischen Lehre. Deswegen sind Geinne nichts Unanständiges, sondern sie müssen erwirt chaftet werden. Genau das tun wir. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Können Sie jetzt einmal zum Thema reden, statt hier eine kaufmännische Ausbildung im ersten Lehrjahr zu machen! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Einige finden es auch schon wieder anrüchig, dass
usweislich der Investitionstableaus der Deutschen Bahn
G in den kommenden fünf Jahren jedes Jahr etwa
Milliarden Euro mehr investiert werden sollen, als dies

m Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Fall war.

Ich habe mich mit der neuen Führung der Bahn auf
ine Investitionsoffensive verständigt. Damit einher
eht beispielsweise eine Akquisition wie Arriva. Wir
auen auf Qualität. Ich sage immer: Schnelligkeit, Si-
herheit, Zuverlässigkeit. An all diesen Punkten arbeiten
ir. Die Bahn wird die Investitionen aus diesem Grund
eutlich erhöhen.

Diese zwei Dinge gehören zusammen. Wenn ich in
en eigenen Laden zu Hause investiere, dann kann ich
uch im Ausland unternehmerisch tätig werden. Das
ine und das andere gehören untrennbar zusammen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


An dieser Stelle greife ich die Forderung der Kollegin
eidig auf, das Führungspersonal der DB AG auszu-
echseln. Ist Ihnen denn entgangen, dass in den letzten

wölf Monaten das Führungspersonal der Deutschen
ahn AG praktisch komplett ausgewechselt wurde?


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Vielleicht sind wir noch nicht zufrieden!)


ir haben dafür gesorgt – und ich an verantwortlicher
telle –, dass von den zehn Eigentümervertretern im
ufsichtsrat der Bahn nur ganze vier geblieben sind und
ie anderen sechs nach der Bundestagswahl ausge-
auscht worden sind.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Aber was ist besser geworden?)


as ist ein richtiger Schritt. Denn ich als Vertreter des
igentümers Bund will im Aufsichtsrat von Persönlich-
eiten und Personen vertreten werden, die die Neuaus-





Bundesminister Dr. Peter Ramsauer


(A) )


)(B)

richtung der Bahnpolitik im Aufsichtsgremium genau so
vertreten.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das stellen wir infrage!)


Deswegen haben wir diesen Austausch vorgenommen.
Deshalb steht jetzt ein anderer an der Aufsichtsrats-
spitze. Deshalb steht auch seit dem 1. Mai des letzten
Jahres jemand anderer an der Spitze des Vorstandes, mit
dem ich mich blendend verstehe und in der Bahnpolitik
abspreche.

Ich kümmere mich auch ordentlich um dieses Unter-
nehmen, zumindest mehr als dies in der Vergangenheit
der Fall war. Denn es ist für mich eine Selbstverständ-
lichkeit, dass man sich dann, wenn einem ein Unterneh-
men gehört – jetzt amtlich – und man dafür federführend
zuständig ist, gefälligst auch darum zu kümmern hat.
Nicht miteinander zu reden, ist der falsche Weg, meine
Damen und Herren. Man muss sich um die Bahn küm-
mern!

Deshalb steht jetzt auch jemand anderes an der Spitze
des Vorstandes. Der Vorstand ist ein ganz anderer gewor-
den. Das klappt gut, und wir arbeiten bestmöglich zu-
sammen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Zahlen zu den Einsparungen: Da hat sich eine fal-
sche Zahl hineingefressen! Ich habe das doch vorgestern
im Ausschuss geklärt.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Versucht vielleicht!)


Es geht um die globale Einsparung von 200 Millionen
Euro: Irgendwer behauptet ständig, das seien 200 Millio-
nen und 200 Millionen und dann ansteigende Zahlen. Da
hat sich eine falsche Zahl hineingefressen. Ich habe im
Ausschuss klargestellt, dass die korrekten Zahlen sind:
Jedes Jahr 200 Millionen Euro: 200, 200, 200 und 200.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann kennen Sie Ihren eigenen Finanzstaatssekretär nicht! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


– Sie schütteln schon wieder mit dem Kopf. Das ist aber
so, nehmen Sie mir das einfach ab. Wenn ein ehemaliger
SPD-Staatssekretär falsche Zahlen aufschreibt, kann ich
nichts dafür. Das ist inzwischen korrigiert. Ich habe das
im Ausschuss klargestellt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der SPD)


Herr Beckmeyer, wo Sie Ihre 9 Milliarden Euro Be-
teiligung an den Sparbemühungen hernehmen, ist mir
völlig schleierhaft. Wie Sie auf 2 Milliarden aus der
Luftverkehrsabgabe kommen, ist mir auch schleierhaft.
Hier sehen wir ein Aufkommen von etwa 1 Milliarde.


(Zuruf des Abg. Uwe Beckmeyer [SPD])


– 2 Milliarden, hatten Sie gesagt, lieber Herr Beckmeyer.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Insgesamt 9 Milliarden aus dem Verkehrsbereich!)



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(C (D Nein. Ich rede jetzt von der Luftverkehrsabgabe. Sie prachen von 2 Milliarden Euro pro Jahr aus der Luftverehrsabgabe. Es ist aber nur 1 Milliarde. (Uwe Beckmeyer [SPD]: 4 Milliarden in vier Jahren!)


Ich will Sie doch, wie Sie wissen, gar nicht kritisieren,
ch will das nur klarstellen. Man kann sich auch einmal
inen Versprecher leisten. Es ist also 1 Milliarde.

Und hier möchte ich auch noch eines klarstellen: Die
bgabe ist ein Vorläufer zum Emissionshandel. Wenn
er Emissionshandel im Flugverkehr kommt, ist das
eg. Zur Klarstellung zitiere ich jetzt einmal aus dem
apier, das in der Klausur der Bundesregierung be-
chlossen worden ist. Hier heißt es:

Bis zur Einbeziehung des Luftverkehrs in den be-
reits vereinbarten CO2-Emissionshandel wird eine
… ökologische Luftverkehrsabgabe … erhoben …

ota bene: bis zur Einbeziehung und nicht länger! Damit
st dies auch klargestellt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Weil wir gerade bei dem Thema sind: Fachlich ist das
atürlich im Bereich des Verkehrsministeriums angesie-
elt; aber das Bundesfinanzministerium ist federführend
uständig. Damit sind die Zuständigkeiten klipp und
lar.

Ich appelliere an alle Verkehrspolitiker in diesem
ause, sich bei der Klärung der materiellen Ausgestal-

ung dieser Luftverkehrsabgabe, die ökologisch orien-
iert ist, hinreichend einzubringen. Da sind natürlich
och viele Details zu besprechen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Herr Beckmeyer, Sie haben „Impulse für das Hand-
erk“ angesprochen. Ja, wir haben im Bereich des CO2-
ebäudesanierungsprogramms gekürzt. Die Frage ist,

b man das bei einem historisch niedrigen Zinsniveau
die Zinsen liegen beim Baugeld unter 3 Prozent – oder

ei einem Zinsniveau von 6, 7 oder 8 Prozent beim Bau-
eld – das hat es auch schon gegeben – tut. Ich meine,
as historisch niedrige Zinsniveau ist der beste Impuls
ür das Handwerk und die beteiligten Wirtschaftszweige.
eswegen halte ich es für vertretbar, dass wir das Aus-
aß der Zinssubventionen im Rahmen dieser Förderpro-

ramme entsprechend dem extrem niedrigen Zinsniveau
n den Kapitalmärkten vermindern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Uwe Beckmeyer [SPD]: Halbiert ist halbiert!)


Eine Bemerkung zur Kollegin Leidig. Sie sind wieder
it der Forderung gekommen – ich fasse es zusammen –:
ildung statt Beton.


(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Das habe ich gar nicht gesagt!)


etzt sage ich Ihnen eines: Ich rede sehr viel mit jungen
euten. Junge Menschen haben ein fundamentales An-

echt auf bestmögliche Bildung, egal in welchem Be-





Bundesminister Dr. Peter Ramsauer


(A) )


)(B)

reich: im beruflichen Bildungsbereich genauso wie im
akademischen. Beide Bereiche sind mir übrigens gleich
wichtig: Man kann nicht immer nur von der akademi-
schen Bildung reden und so tun, als sei die berufliche
Bildung etwas Minderwertiges.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Sieht das die Bundesregierung auch so?)


Dies nur als Nebenbemerkung; ich bin zufällig auf bei-
den Spuren groß geworden. Wenn aber bestausgebildete
junge Menschen eine verrottete Infrastruktur vorfinden,
dann können sie uns allen berechtigte Vorwürfe machen
und uns fragen, warum wir ihnen eine Infrastruktur ser-
vieren, mit der sie trotz bester Bildung nicht vernünftig
wirtschaften können.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir können und müssen Vorsorge tragen, dass best-
möglich ausgebildete junge Menschen auf eine exzel-
lente Infrastruktur zugreifen können, mit der sie – auch
die nachfolgenden Generationen – in Deutschland als
exportorientiertem Land ihre Chancen in der weltweit
verflochtenen Wirtschaft bestmöglich nutzen können.
Deswegen gilt nicht: Bildung statt Beton. Vielmehr
brauchen wir beides: exzellente Bildung und eine exzel-
lente Infrastruktur, also Straßen, Wasserstraßen, Schiene
und Luftverkehr. All das gehört zusammen. Unsere Leit-
linie ist: super Bildung in einer super Infrastruktur.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704705300

Mir liegen drei Meldungen zu Kurzinterventionen

vor, und zwar vom Kollegen Dr. Anton Hofreiter, von
der Kollegin Sabine Leidig und vom Kollegen
Beckmeyer. Ich werde diese drei Kurzinterventionen
hintereinander aufrufen und dann dem Minister Gele-
genheit geben, im Zusammenhang zu antworten, falls er
das möchte.

Herr Hofreiter, Sie haben als Erster das Wort.


Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704705400

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, Sie ha-

ben den Einsatz, das massive Engagement für besseren
Lärmschutz – ich nehme an, Sie beziehen sich insbe-
sondere auf das Engagement grüner Abgeordneter an der
Rheintalschiene –


(Gero Storjohann [CDU/CSU]: Nein! Auf Schleswig-Holstein!)


als Verhinderung von Schienenverkehr diskriminiert.
Damit irren Sie sich grundsätzlich. Sie können vernünf-
tigen Schienenverkehr an Strecken, wo 300 Güterzüge
oder mehr pro Tag fahren sollen, nur mit einem vernünf-
tigen Lärmschutz durchsetzen und umsetzen, und zwar
gemeinsam mit den Bürgern und nicht gegen sie.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


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(C (D as als Verhinderung von Schienenverkehrsmaßnahmen u diskriminieren, ist nicht nur eine Unverschämtheit geenüber den Bürgern, sondern Sie schaden damit auch em Schienenverkehr. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704705500

Ich erteile das Wort der Kollegin Sabine Leidig. Bitte

chön.


Sabine Leidig (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704705600

Herr Minister Ramsauer, ich habe verstanden, dass

ie uns vorwerfen, wir wollten mit dirigistischen Maß-
ahmen die Menschen zwingen, in einer ganz bestimm-
en Art und Weise zu verkehren. Ich kann Ihnen versi-
hern: Das Gegenteil ist der Fall.


(Patrick Döring [FDP]: Da werden die Menschen beruhigt sein!)


ie Möglichkeiten, den öffentlichen Nahverkehr zu nut-
en, sind in diesem Land vielerorts eingeschränkt.


(Patrick Döring [FDP]: Kein EU-Land ist so gut!)


ch kann das aus meinem Wahlkreis berichten, der im
denwald liegt. Dort gibt es Ortschaften mit Tausenden
on Einwohnern, die nur durch die Schulbusse an den
ffentlichen Nahverkehr angeschlossen sind. Diese
enschen haben nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie

enutzen ein Auto, oder sie bleiben zu Hause. Das ist
irigismus, Herr Ramsauer.

Ich möchte ergänzen, dass es Ortschaften gibt, in de-
en die Eltern ihre Kinder zur Schule fahren. Warum? Es
st zu gefährlich, die Kinder mit dem Fahrrad fahren zu
assen, weil es keine Fahrradwege gibt.


(Patrick Döring [FDP]: Das ist Sache des Landes!)


as ist Dirigismus. Die Menschen werden gezwungen,
it dem Auto zu fahren. Die Freiheit, die Sie schaffen
ollen, nämlich zwischen Verkehrsträgern zu wählen,
ezieht sich lediglich auf die Konzerne und Unterneh-
en, die Güter transportieren, aber nicht auf die Men-

chen, denen wir diese Wahlfreiheit gewähren wollen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704705700

Schließlich erteile ich das Wort dem Kollegen Uwe

eckmeyer.


Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1704705800

Herr Minister, Sie haben in Ihrem Vortrag eben pau-

chale Äußerungen gemacht, die möglicherweise von
0 Prozent dieses Hauses unterschrieben werden kön-
en, aber ich vermisse konkrete Aussagen von Ihnen.





Uwe Beckmeyer


(A) )


)(B)

Ich habe Sie vorhin in meiner Rede darauf angespro-
chen, was Sie zu dem Aufmerksamkeit erheischenden
Papier des VDR und der DB AG sagen. Es wurde doch
nicht umsonst zwei Tage, nachdem das Kabinett die ent-
sprechenden Beschlüsse gefasst hat, geschrieben. In dem
Papier werden klare Forderungen an die Verkehrspoliti-
ker der Bundesrepublik Deutschland gestellt. Von Ihnen
war dazu kein einziges Wort zu hören. Hier gibt es Klä-
rungsbedarf. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie als ver-
antwortlicher Verkehrsminister zu solchen Forderungen
Stellung nehmen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704705900

Ihre Antwort, Herr Minister.

Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
wäre gerne noch einmal ans Rednerpult gegangen, um
weiter auszuholen, aber die vorgetragenen Kurzinterven-
tionen brauchen nicht mehr als eine kurze Erwiderung.

Herr Hofreiter, ich diskriminiere niemanden, garan-
tiert nicht. Eines meiner interessantesten Erlebnisse in
den ersten acht Monaten als Bundesminister für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung war folgendes:


(Ute Kumpf [SPD]: Sie sollen nicht von Ereignissen erzählen, sondern Fakten vortragen! – Gegenruf der Abg. Daniela Raab [CDU/CSU]: Aus der Praxis kann man lernen!)


Ich habe eine Baumaßnahme für ein großes Schienen-
projekt eröffnet. Diese Eröffnung konnte nur durchge-
führt werden, weil vier Hundertschaften der Polizei uns
gegen Tausende von Randalierern und Demonstranten
schützten.


(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


– Das ist die Realität.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist das denn? Demonstranten und Randalierer? Die Menschen dürfen doch ihre Interessen vertreten! Wir leben in einer Demokratie!)


Das passt schlicht und einfach nicht zusammen. Ich will
niemanden diskriminieren.

Würden Sie unsere Politik verfolgen, Herr Hofreiter,
wüssten Sie genau, dass wir uns dem Lärmschutz ver-
schrieben haben. Es geht um den Abbau des Schienen-
bonus, das heißt, die Lärmschutzstandards sollen verbes-
sert werden. Wir haben mit der Umrüstung von
5 000 Güterwaggons auf Flüstertechnik begonnen. Wir
investieren erhebliche Mittel in den Lärmschutz. Sie
wissen ganz genau – vielleicht so gut wie ich –, wo die
neuralgischen Punkte im Lärmbereich liegen. Fahren Sie

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(C (D inmal in das obere oder mittlere Rheintal und verbrinen Sie in den schönen Pensionen, die es dort gibt, die ine oder andere Nacht als Tourist. Dann wissen Sie, wie otwendig Lärmschutz ist. Frau Leidig, Sie haben eine eigentümliche, geradezu onträre Philosophie, was manches in der Verkehrspoliik anbelangt. Wissen Sie, Sie brauchen mir nicht zu erlären, wie wichtig bestmöglicher Nahverkehr ist. Ich omme aus der Kommunalpolitik. Ich weiß das. Aber es ibt schlicht und einfach Landesteile, in denen das nicht unktioniert, egal wie viele Angebote im Bereich chiene Sie machen. Sie können die Menschen nicht hieinprügeln. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Aber die Menschen leben da!)


ch kann Ihnen Regionen nennen, wo seit Jahren viele
ngebote im Bereich Schiene gemacht werden. Trotz-
em verkehren dort Geisterzüge mit Sitzladefaktoren
on 1,4 Prozent. Da frage ich mich, ob das Geld des
teuerzahlers dort tatsächlich bestmöglich und verant-
ortbar angelegt ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Noch ein Wort zu Herrn Beckmeyer: Das Papier, von
em Sie sprechen, kenne ich schon lange. Ich habe mit
enjenigen, die es geschrieben haben, intensiv gespro-
hen. Mir ist das recht. Ich kenne aber nicht nur dieses
apier, sondern viele Papiere. Wenn ich alle Papiere, die

ch seit Montagmittag, nach Abschluss der Klausur des
abinetts, gelesen habe – sie sind zum Teil von toller
ualität –, hier kommentieren würde, dann würden wir
or Mitternacht nicht fertig. Deshalb habe ich kein ein-
elnes herausgezogen. Ich hoffe, dass es mir abermals
elungen ist, Sie von der Richtigkeit unserer neuen Ver-
ehrs-, Infrastruktur- und Investitionspolitik zu überzeu-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704706000

Das Wort hat der Kollege Martin Burkert von der

PD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Martin Burkert (SPD):
Rede ID: ID1704706100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine sehr verehrten Damen und Herren auf der Tri-

üne! Der Schiene kommt in der künftigen Verkehrspoli-
ik eine immer bedeutendere Rolle zu. Die Eisenbahn ist
nd bleibt der effektivste und klimafreundlichste Ver-
ehrsträger, den wir haben. Es wird in Zukunft darum
ehen, trotz der immensen Staatsverschuldung, die wir
aben, durch eine vernünftige, intelligente Politik mehr
erkehr auf die Schiene zu bringen. Ich finde, der An-

rag der Grünen enthält hierzu einige gute Ansätze. Man
ann aber auch sagen: Licht und Schatten wechseln sich
b, wie so oft bei den Grünen.

Ich möchte an dieser Stelle ein paar wichtige Punkte
ufgreifen. Die Schiene muss im Wettbewerb der Ver-
ehrsträger endlich fair behandelt werden. Hier sind





Martin Burkert


(A) )


)(B)

die Bahnen im Augenblick vor allem hinsichtlich der
Steuern und der Abgaben gegenüber anderen Verkehrs-
trägern klar benachteiligt. Wir brauchen endlich die
volle Einbeziehung aller externen Kosten – Stichworte:
Klimaschäden, Luftschadstoffe oder Gesundheitskosten –
bei allen Verkehrsträgern. Auch hier sind die Bahnen ak-
tuell klar benachteiligt.

Wir benötigen dringend wieder eine Aufstockung der
Mittel für den kombinierten Verkehr. Die Halbierung der
Gelder durch die Koalition konterkariert vollkommen
die Absicht des Ministers, mehr Güterverkehr auf
die Schiene zu verlagern. Ich sage Ihnen, Herr
Dr. Ramsauer: Das passt nicht zusammen. Dieser Wider-
spruch passt aber zu dem Bild, das die Bundesregierung
derzeit abgibt. Sie ist in der Verkehrspolitik völlig kon-
zept- und planlos. Wenn die Bundesregierung überhaupt
eine Strategie verfolgt, dann die, einzig und allein auf
den Verkehrsträger Straße zu setzen. Auch die Pläne, die
Einnahmen der Lkw-Maut nur noch in den Straßenver-
kehr fließen zu lassen, sprechen eine deutliche Sprache.
Diesbezüglich teilen wir die Forderung der Grünen nach
einem bedeutenden Anteil für die Schiene.

Die Vertaktung des Schienenpersonenfernver-
kehrs in ganz Deutschland muss ebenfalls deutlich ver-
bessert werden. Keine Frage – auch hier sind wir bei Ih-
nen –: Wir brauchen ein langfristiges Gesamtkonzept.
Um das Bahnfahren im Vergleich mit dem Autofahren
und vor allem im Vergleich mit dem Flugverkehr attrak-
tiver zu machen – das möchte ich an dieser Stelle hinzu-
fügen –, brauchen wir auch Hochgeschwindigkeitstras-
sen wie beispielsweise Stuttgart–Ulm–Wendlingen und
München–Nürnberg–Erfurt–Berlin. Ich teile Ihre Funda-
mentalkritik an dieser Stelle nicht.

Man muss sich das einmal vor Augen führen. Mün-
chen–Berlin in vier Stunden, München–Köln in dreiein-
halb Stunden, das ist schon etwas. Das ist tatsächlich
eine Konkurrenz zum Flugzeug. Das ist attraktiv. So
kommen die Leute vom Flugzeug auf die Schiene. Das
ist sozialdemokratischer Verkehrspolitik geschuldet. Das
ist ökologisch sinnvolle Verkehrspolitik.


(Beifall bei der SPD)


Um einen weiteren Punkt aufzugreifen: Sie reden ge-
nauso wie Teile der Union, aber vor allem wie die FDP
immer von dem Ziel, mehr Wettbewerb in Bezug auf die
Schiene zu schaffen. Sie sprechen dann immer von der
Einführung einer Anreizregulierung. Ich kann Ihnen
versichern: Auch wir sind für faire Chancen auf dem
Schienenmarkt. Auch wir sind nicht grundsätzlich gegen
eine Anreizregulierung.


(Zuruf von der CDU/CSU: Aber gegen Wettbewerb!)


Aber ich frage mich immer: Ist Deutschland in Sachen
Schienenwettbewerb wirklich so rückständig?


(Patrick Döring [FDP]: Kommt darauf an!)


Schauen wir uns einmal den Liberalisierungsindex des
Schienenverkehrs der EU an. Da zeigt sich eindeutig,
dass Deutschland zu den Ländern gehört, in denen die
Liberalisierung am weitesten fortgeschritten ist.

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(C (D eutschland liegt hinter Großbritannien und Schweden uf dem dritten Platz. Problematisch ist vielmehr, dass nsere Nachbarländer, beispielsweise Frankreich, mit er Öffnung der Schienennetze deutlich hinterher sind. ier brauchen wir endlich – auch für deutsche Unternehen – faire Wettbewerbsbedingungen. Das ist aus mei er Sicht dringend erforderlich. Dafür muss die Bundesegierung sorgen. Es ist Ihre Aufgabe, Herr Minister, in uropa tätig zu werden. Ein letzter Punkt, der mir als Eisenbahner besonders ichtig ist. Anreizregulierung hin oder her, wenn Sie mmer von mehr Wettbewerb sprechen, dann müssen Sie uch endlich einmal sagen, wie Sie diesen Wettbewerb ozial gestalten wollen. Hier habe ich sowohl von den rünen als auch von FDP und Union bis jetzt noch gar ichts gehört. Fakt ist: Wir brauchen endlich europaeite Standards bei der Vergabe im Schienenpersonenerkehr. Gerade im Schienenpersonennahverkehr forern die Auftraggeber für weniger Geld immer mehr eistung. Das führt zu einem enormen Unterbietungsettbewerb der Bahnunternehmen. Dieser Unterbie ungswettbewerb zieht letztlich immer niedrigere Lohnnd Sozialstandards für die Beschäftigten nach sich. Ein Beispiel: Mecklenburg-Vorpommern schreibt im ugenblick das sogenannte Warnow-Netz mit gut Millionen Zugkilometern um Rostock aus. Hierauf beirbt sich eine Tochtergesellschaft der DB Regio mit ersonalkosten, die 30 Prozent unter dem Tarifniveau iegen. Die Begründung lautet: Sonst habe sie keine hance auf dem Markt. Gleichzeitig schreibt die DB Reio im Amtsblatt der Europäischen Union genau diese trecke aus und sucht ein Subunternehmen. Zu welchen ohnkosten das dann stattfindet, kann man sich vorstel en. Was sind wir für ein Land, das so etwas zulässt? Das uss ich hier einmal deutlich sagen. (Beifall bei der SPD – Patrick Döring [FDP]: Soziale Marktwirtschaft!)


Ich will noch etwas sagen. Der soziale Schutz der Be-
chäftigten bleibt auf der Strecke. Ich habe heute gehört,
ass Sie, Herr Ramsauer, der neue Kümmerer sind. Hier
aben Sie sich zu kümmern. Das ist Aufgabe der Bun-
esregierung. Sie dürfen nicht nach dem Motto verfah-
en: Cash in the Täsch is the name of the game. So lautet
er Slogan der Union und der FDP. Wir Sozialdemokra-
en rufen den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in
er Bahnbranche zu: You never walk alone.


(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU/ CSU und der FDP: Oh!)


as ist dringend nötig angesichts der Sommersalat-
ruppe, die wir hier haben.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD – Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704706200

Das Wort hat jetzt der Kollege Patrick Döring von der

DP-Fraktion.





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1704706300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! An-

gesichts der englischsprachigen Debattenanteile des
Kollegen Burkert habe ich gerade überlegt, ob das eine
Bewerbung war, um Arbeitsdirektor bei Arriva zu wer-
den, wenn dieses Unternehmen aus Großbritannien end-
lich zum Konzern gehört.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Martin Burkert [SPD]: Dann müssen die mich ja einstellen! – Florian Pronold [SPD]: Er könnte auch Außenminister werden!)


Ich nehme das einmal als Beweis dafür, dass diese
Debatte in gewisser Weise harmonisch und mit gemein-
samen Zielen geführt werden kann, auch wenn einige
Zwischenrufe zwischenzeitlich einen etwas anderen Ein-
druck erweckt haben.

Ich will bei dem bedauernswerten ökonomischen Ro-
mantizismus anfangen, den die Kollegin Leidig hier vor-
getragen hat.


(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN – Sabine Leidig [DIE LINKE]: Das werden wir noch sehen!)


Es ist nun einmal so, dass die Bundesrepublik Deutsch-
land als soziale Marktwirtschaft in besonderem Maße
von der Globalisierung profitiert. Es ist nun einmal so,
dass in diesem Land mehr Güter produziert werden, als
wir selbst verbrauchen, und dass viele Menschen in die-
sen exportorientierten Industrien arbeiten und davon le-
ben.


(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Das ist in ganz Europa so!)


Wenn Sie die Intensivierung des Güterverkehrs, die
boomenden Zeiten in unseren Seehäfen und das Wachs-
tum des Güterverkehrs auf Straße und Schiene per se in
dieser Art und Weise verteufeln, dann ist das für die Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land eine
Verelendungsstrategie, die wir ganz sicher nicht mittra-
gen werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Zweite Bemerkung. Es ist nachgerade zynisch, ge-
schätzte Frau Kollegin, dass Sie die gestiegenen indivi-
duellen Mobilitätswünsche der Menschen in dieser
Weise kritisieren und diffamieren.


(Lachen der Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE])


Von jemandem, der 1982 Mitglied der DKP geworden
ist, kann ich vielleicht nichts anderes erwarten; aber wir
sind froh, dass sich die Menschen frei bewegen können,
meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Lachen der Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE] – f g d t a D E s a L d t i b b s h d n G r K d m I r a e p R d e s m D (C (D Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Ach du meine Güte! Was für ein Argument!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704706400

Herr Kollege Döring, erlauben Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Lenkert?


Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1704706500

Unbedingt. Ja, gerne.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704706600

Bitte.


Ralph Lenkert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704706700

Herr Kollege Döring, vielen Dank. – Ich habe eine

anz kurze Frage an Sie. Sie sprachen gerade davon, dass
ie Wirtschaftlichkeit der Regionen durch die Bahnpoli-
ik der Bundesregierung erhalten werden soll. Ich komme
us dem Wahlkreis Gera-Jena-Saale-Holzland-Kreis.
urch die Neubaustrecke bzw. die ICE-Verbindung über
rfurt wird der prosperierende Wirtschafts- und For-
chungsstandort Jena von jeder Fernverkehrsverbindung
bgekoppelt. Die Bahn AG ist momentan nicht in der
age, auch nur einen Plan vorzulegen, wie der Anschluss
er Stadt Jena und der gesamten Region an den interna-
ionalen Verkehr gewährleistet werden kann.

Ich möchte Ihnen eine andere größere Stadt nennen,
n der Sie Ihre Politik schon erfolgreich praktiziert ha-
en; sie heißt Chemnitz. Chemnitz hat keinerlei Fernver-
indung mehr. Wenn Ihre Politik zum Schutz der Wirt-
chaft in der Bundesrepublik so aussieht – die Stadt Jena
at übrigens eine Exportquote von über 60 Prozent –,
ann tut es mir um unsere Zukunft leid.


Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1704706800

Das hat mit meinen Ausführungen von eben zwar

ichts zu tun. Ich will aber gerne darauf eingehen.

Mir ging es grundsätzlich um die Entwicklung der
üterverkehrsintensität. Aber Sie haben natürlich

echt: Wenn neue Schnellbahnstrecken entstehen – der
ollege Burkert hat in eindrucksvoller Weise dargestellt,
ass dies nötig ist, um die Schiene wettbewerbsfähig zu
achen –, werden bestimmte Zentren von den neuen

CE-Strecken vielleicht nicht direkt und unmittelbar er-
eicht. Aber insbesondere im Regionalverkehr gibt es
ndere Verkehre, die sinnvoll und gut vertaktet sind und
in gutes Konzept verfolgen. Das wird überall in der Re-
ublik erfolgreich praktiziert, und das wird auch in Ihrer
egion gelingen.

Ich formuliere es einmal positiv: Bis zur Realisierung
er Fernverkehrsstrecke Nürnberg-Erfurt-Berlin dauert
s noch ein bisschen. Ich bin ganz sicher: Bis zur Fertig-
tellung dieser Strecke wird man zu einer Lösung kom-
en; denn wir alle wollen, dass mehr Menschen in
eutschland Bahn fahren.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Sabine Leidig [DIE LINKE]: Wir auch!)






Patrick Döring


(A) )


)(B)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, es
ist nicht die Strategie dieser Koalition und der Bundesre-
gierung, einseitige Politik für einen Verkehrsträger zu
machen, wie es uns immer wieder gerne vorgeworfen
wird. Übrigens kann man beiden Anträgen, sowohl dem
der Grünen als auch dem der Linken, vorhalten, dass da-
rin gefordert wird, eine Politik ausschließlich und einsei-
tig für einen Verkehrsträger zu machen.

Uns geht es darum, auch in der Bahnpolitik dort, wo
es sinnvoll ist, die richtigen Konzepte durchzusetzen. Je-
der weiß – auch das hat der Kollege Burkert eben ange-
sprochen –, dass man eine Diskussion über Investitions-
projekte nicht nach dem Motto führen kann: Was teuer
ist und den Verkehr schneller macht, ist böse. Wenn wir
innerhalb des Systems für Effizienzsteigerungen sorgen,
ist das allerdings per se gute Investitionspolitik. – Viel-
mehr gibt es sowohl in dem einen Topf als auch in dem
anderen Topf sehr gute Projekte. Das beweisen zum Bei-
spiel die Verkehrsprojekte Hamburg–Berlin, Hanno-
ver–Berlin und Köln–Frankfurt. Auf allen drei Strecken
gibt es heute keinen innerdeutschen Luftverkehr mehr,
weil es leistungsfähige Eisenbahnangebote im Schnell-
bahnbereich gibt. Man kann beklagen, dass die Errich-
tung dieser Strecken teuer war. Aber der volkswirt-
schaftliche Nutzen ist immens, liebe Kolleginnen und
Kollegen. Dieses Thema ist nicht so einfach, wie es sich
einige, auch Sie in Ihren Anträgen, machen.

Zur Wahrheit gehört, dass wir bei der Investitionstä-
tigkeit zumindest im Hinblick auf die Verkehrsanteile
keine Unterfinanzierung der Schiene zu verzeichnen ha-
ben. Seit der Organisationsprivatisierung der Deutschen
Bahn wird in diesem Land für den Sektor Schiene mehr
Geld aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt als
in den Jahrzehnten zuvor. Neben den Mitteln für Investi-
tionen müssen Sie nämlich natürlich auch den Zuschuss
des Bundeshaushalts zum Bundeseisenbahnvermögen
und die Regionalisierungsmittel, die zu über 80 Prozent
von Tochterunternehmen der DB Regio AG entgegenge-
nommen werden, als Staatsaufwand für den Schienen-
verkehr hinzuzählen. Das alles kommt ja dem System
Schiene zugute.

Ich bin sehr froh, dass die Wettbewerbssituation im
Nahverkehr so ist, wie sie ist, weil es den vielen Wettbe-
werbern ebenso nützt, dass die Bundesrepublik Deutsch-
land fast 8 Milliarden Euro aus Steuermitteln aufwendet,
um den von Frau Kollegin Leidig zu Recht eingeforder-
ten Nahverkehr zu finanzieren und zu realisieren. Das ist
eine gewaltige Summe, die übrigens nicht eingespart
oder gekürzt wird.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


In der Philippika des Kollegen Hofreiter – er hat auch
vieles Richtige gesagt; im Antrag steht ja auch vieles aus
dem Koalitionsvertrag – wurde das beliebte Thema Divi-
dende – auch der Kollege Beckmeyer hat das angespro-
chen – noch einmal vertieft. Wie man hier ökonomische
Zusammenhänge in so krasser Weise falsch darstellen
kann, ist mir nachgerade ein Rätsel. Deshalb beziehe ich
mich jetzt ausschließlich auf den veröffentlichten Ge-
schäftsbericht des Jahres 2009, um zu beweisen, wie die
Zusammenhänge sind.

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(C (D In der Bilanz des Jahres 2009 findet sich ein Jahresberschuss nach Steuern in Höhe von 830 Millionen uro. Das Unternehmen hat flüssige Mittel in Höhe von ,47 Milliarden Euro und eine Ergebnisrücklage in Höhe on 5,596 Milliarden Euro. Das ist der Vermögensstand es Unternehmens. Das Unternehmen hat im Jahre 2009, also bevor man 30 Millionen Euro Jahresüberschuss ausgewiesen hat, ,813 Milliarden Euro in die Infrastruktur investiert. Das ind die Komplementärmittel zu den öffentlichen Miteln. Daneben hat es 932 Millionen Euro aufgewendet, m seine Nettoschulden zu verringern. Es hat also insgeamt 2,745 Milliarden Euro aufgewendet, um investiv ätig zu sein oder Schulden zu tilgen, und dennoch 30 Millionen Euro Jahresüberschuss nach Steuern in er Bilanz ausgewiesen. Dadurch wird eindeutig bewiesen, dass es keinen Zuammenhang zwischen der Investitionskraft des Unterehmens, der Kraft, Schulden zu tilgen, und der wirtchaftlichen Geschäftstätigkeit gibt, sondern dass die ysteme entsprechend aufgestellt sind. Ich habe das uch schon im Ausschuss gesagt und kann das hier nicht ertiefen, weil das Unterlagen sind, die nicht veröffenticht wurden. Diese Punkte – Investitionskraft und chuldentilgung – sind in der Bilanz auszuweisen und erden bei der Ergebnisermittlung berücksichtigt. (Abg. Uwe Beckmeyer [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Ja, bitte sehr.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704706900

Ja, der Herr Kollege Beckmeyer möchte eine Zwi-

chenfrage stellen. Der Herr Döring genehmigt das, wie
ch höre. – Bitte schön.


Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1704707000

Erstens. Herr Döring, sind Sie mit mir der Meinung,

ass die von Ihnen angesprochene Reserve des Unter-
ehmens von über 5 Milliarden Euro nicht durch Ge-
inne, sondern durch die Neubewertung von Grundstü-

ken zustande gekommen ist?

Zweitens. Sind Sie mit mir der Meinung, dass nor-
ale DAX-Unternehmen zurzeit eine Dividendenaus-

chüttung von durchschnittlich ungefähr 30 bis 35 Pro-
ent des Jahresüberschusses vornehmen und dass nicht
chon im Vorwege bestimmt wird, dass auch die Aus-
chüttungen der nächsten Jahre zum Beispiel bei
00 Millionen Euro liegen werden, was ja außerordent-
ich ungewöhnlich ist?

Drittens. Ich darf feststellen – das darf man zitieren –,
ass der operative Cashflow im Jahre 2009 um 16,7 Pro-
ent zurückgegangen ist. Wie bewerten Sie das?


Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1704707100

Erstens. Zu den Rücklagen ist zu sagen, dass es in der

at auch eine Neubewertung der Grundstücke gab. Diese
at allerdings keinen Einfluss auf die Ergebnisrück-
age, sondern hat zu Veränderungen bei den materiellen





Patrick Döring


(A) )


)(B)

Vermögenswerten geführt. Die Ergebnisrücklage ist ja,
wie der Name schon sagt, eine Rücklage aus vorherigen
Ergebnissen.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Falsch!)


Das kann man in den Bilanzunterlagen übrigens auch
nachverfolgen.

Zweitens. Der operative Cashflow ist zurückgegan-
gen, weil in den Kennzahlen des Unternehmens für den
Umsatz ebenfalls eine Verringerung ausgewiesen wird.
Die reine prozentuale Verringerung des operativen Cash-
flows ist übrigens überhaupt gar kein Problem. Das Un-
ternehmen muss nicht in dem Maße liquide sein – das ist
meine feste Überzeugung –, wie es das in der Vergan-
genheit war, weil es einen relativ stabilen Geschäftsgang
hat. Es kommt jeden Tag „Kohle“ rein und geht jeden
Tag „Kohle“ raus. Deshalb muss man keine großen Li-
quiditätsreserven vorsehen.

Drittens. Sie haben in der Tat recht: Es ist ungewöhn-
lich, dass der Eigentümer unabhängig von den Ergebnis-
sen, die erzielt werden, eine Dividendenerwartung in ei-
ner solchen Klarheit formuliert. Ich habe aber schon im
Ausschuss darauf hingewiesen, dass es eine Ergebnis-
planung gibt, die vom Aufsichtsrat – übrigens noch un-
ter der alten Bundesregierung – beschlossen wurde.

Im Übrigen entscheidet nicht der Aufsichtsrat über
die Dividende, sondern es ist ausschließlich die Haupt-
versammlung, die über die Verwendung des Ergebnisses
entscheidet. Die Hauptversammlung besteht aus einer
Person: Bundesminister Peter Ramsauer. Insofern ist es
kein Widerspruch, wenn derjenige, der ohnehin ent-
scheidet, im Vorfeld deutlich macht, wie er entscheiden
wird.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Er schädigt die Bahn!)


– Nein. Die Hauptversammlung entscheidet über die Er-
gebnisverwendung. In der Hauptversammlung entfallen
100 Prozent der Stimmen auf den Bund, und dieser wird
durch den Bundesminister oder einen seiner Staatssekre-
täre vertreten.

Abschließend kann man zu beiden Anträgen feststel-
len: Sie zeichnen ein Zerrbild von der Bahnpolitik dieser
Bundesregierung, und sie verkennen, dass wir uns insge-
samt in einem marktwirtschaftlichen und arbeitsteiligen
System befinden und dass diese Bundesregierung keine
Politik gegen einzelne Verkehrsträger macht, sondern an
der Seite der Bahn steht und den Bahnverkehr fördern
wird, wo dies sinnvoll ist. Sie wird unser Netz auch wei-
terhin mit hohen Investitionen leistungsfähig halten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704707200

Das Wort hat jetzt der Kollege Gustav Herzog von der

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! assen Sie mich um kurz vor 12 Uhr an diesem Freitag m Ende einer bewegten Woche mit einem Kompliment n die Koalition beginnen. Doch, ich beginne mit einem Kompliment an die Kolition. Denn Sie haben es geschafft, über eine Stunde hre politischen Positionen zu präsentieren, ohne sich zu auen, zu stechen, zu treten oder zu kratzen. Ich finde as erwähnenswert. (Heiterkeit bei der SPD – Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gustav Herzog (SPD):
Rede ID: ID1704707300

(Zuruf von der SPD: Oh nein!)


as hat vielleicht etwas mit dem Thema Verkehrspolitik
u tun, bei dem Sie sich, wie ich den Beiträgen ent-
ehme, überwiegend als Nebelwerfer betätigen und auf
nsere konkreten Fragen sehr ausweichend antworten.

Ich habe nur die Bitte – das beziehe ich auf viele Re-
ktionen aus dem Wahlkreis und von Besuchern hier in
erlin –: Dämpfen Sie sich bitte im Umgangston mitei-
ander! Sich als „Wildsäue“ und „Gurkentruppe“ zu be-
eichnen,


(Zuruf von der CDU/CSU: Was hat das jetzt mit der Verkehrspolitik zu tun?)


irkt sich auf das Ansehen dieses Parlaments aus. Sie
iffamieren damit auch ein sehr wertvolles Tier und ein
ohlschmeckendes Gemüse.

Ich sage das nicht nur mit Ironie; denn ich habe selbst
iner Koalition angehört – in diesem Falle mit den Grü-
en –, in der es nicht immer ruhig zuging. Aber unser
amaliger Bundeskanzler hat diese Form der Auseinan-
ersetzung Kakophonie genannt. Ich glaube, wir haben
ns in unserer Koalition nicht nur rhetorisch, sondern
uch intellektuell auf einem anderen Niveau bewegt als
ie.


(Zuruf von der CDU/CSU: Wenn man sonst nichts zu sagen hat, muss man seine Redezeit so rumbringen!)


Zur Debatte will ich mit dem beginnen, was der Kol-
ege Hofreiter gesagt hat. Sein leidenschaftliches Plädo-
er für die Schiene kommt einem Rheinland-Pfälzer ver-
tändlicherweise sehr entgegen. Wir haben schließlich
en Rheinland-Pfalz-Takt – er wurde noch unter einem
DP-Verkehrsminister eingeführt, Herr Kollege Döring,
er damals unter der Führung eines sozialdemokrati-
chen Ministerpräsidenten gute Arbeit geleistet hat –,
er die bundesweit höchsten Steigerungsraten aufweist,
as das Angebot und auch die Nutzung des Angebots

ngeht.

Wir verstehen durchaus etwas von Verkehr, Struktur-
olitik und Mobilität. Wir wollen einen Quantensprung
achen und den Schienenverkehr erweitern. Wir wollen

icht nur Hessen und Baden-Württemberg, sondern auch
as Saarland mit einbeziehen. Herr Kollege Hofreiter,
ch bitte Sie, noch einmal mit Ihren Kollegen Hermann
nd Tressel zu reden. Denn uns fehlt noch ein Stückchen
chiene im Saarland.





Gustav Herzog


(A) )


)(B)

Die lauten Reden hier reichen nicht aus, wenn es Ih-
nen von den Grünen um Glaubwürdigkeit geht. Es geht
um Taten, die Sie in Regierungsverantwortung vollbrin-
gen. Darüber müssen Sie mit Ihrer Ministerin und Ihrem
Staatssekretär reden. Verstecken Sie sich nicht hinter be-
triebswirtschaftlichen Kennzahlen! Sorgen Sie dafür,
dass die S-Bahn Rhein-Neckar, eines der erfolgreichsten
Nahverkehrssysteme auf der Schiene, seine Anbindung
durch das Saarland nach Zweibrücken findet!


(Patrick Döring [FDP]: So ist es!)


Sorgen Sie bitte dafür! Das wäre gut für die Schiene.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Patrick Döring [FDP])


Ich will mich kurz mit dem Antrag der Linken aus-
einandersetzen. Allein seine Überschrift überfrachtet das
Thema Verkehrspolitik. Sie haben die eierlegende Woll-
milchsau in der Verkehrsinvestitionspolitik entdeckt. Es
fehlt nur noch, dass Sie auch den Weltfrieden darin ein-
beziehen.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist unter Ihrem Niveau!)


Kritik verdient aber vor allem die Arroganz, mit der
Sie sagen, in der früheren Verkehrspolitik und Verkehrs-
planung habe es fragwürdige Grundannahmen gegeben
und seien fragwürdige Methoden angewandt worden.
Die Methodik des Bundesverkehrswegeplanes ist inter-
national zum Standard geworden. Wir haben diesbezüg-
lich Maßstäbe gesetzt, und das sollten auch Sie zur
Kenntnis nehmen.

Wenn Ihnen ein Ergebnis nicht schmeckt, muss offen-
bar einfach die Mathematik geändert werden. Sie kön-
nen sich darauf verlassen, dass sowohl unsere Annah-
men als auch unsere Ableitungen richtig waren und dass
wir sehr genau darauf achten werden, ob die derzeitige
Koalition bei ihrer angekündigten, etwas ominösen Neu-
bewertung auf einem sauberen Weg bleibt.

Schon meine Vorredner haben festgestellt, dass die
Intention Ihres Antrages ist, die Menschen im Hinblick
darauf zu erziehen, ob sie fahren wollen und wie sie fah-
ren sollen. Das wird nicht funktionieren.


(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Das ist nicht die Intention! Nehmen Sie das mal zur Kenntnis!)


Frau Leidig, Sie wohnen in Heidelberg und haben einen
ländlichen Wahlkreis. Sie sollten wissen, dass die Men-
schen nicht nur in die Zentren, sondern auch in den länd-
lichen Raum fahren wollen. Überwiegend ist es aber
noch der Individualverkehr, mit dem dieses organisiert
wird.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Weil sie keine Alternative haben! – Sabine Leidig [DIE LINKE]: Dann reden Sie doch mal mit den Leuten!)


Unter Punkt sechs im Feststellungsteil Ihres Antrags
schreiben Sie, dass Sie „eine weitgehende Abkehr vom
Neu- und Ausbau von Straßen“ wollen. Wissen Sie, was
das für eine Region bedeutet, in der die Menschen erst

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(C (D inmal 30 Kilometer fahren müssen, um zu einem Verehrsknoten oder zur Schiene zu kommen? (Sabine Leidig [DIE LINKE]: Schauen Sie sich die Bürgerinitiative in Darmstadt an!)


ie verweigern diesen Menschen den entsprechenden
ortschritt.

Ich halte ein klares Plädoyer für den ländlichen
aum: Wir brauchen dort noch den Aus- und Neubau
on Straßen, allerdings auch den Erhalt der Schiene. Im
brigen fahren auch die Busse im ländlichen Raum über
traßen. Deshalb sollten Sie den Straßenausbau nicht
erteufeln.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich bitte Sie, auf einer vernünftigen Basis für Investi-
ionen in alle Verkehrsträger einzutreten.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704707400

Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt

rteile ich dem Kollegen Matthias Lietz von der CDU/
SU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Matthias Lietz (CDU):
Rede ID: ID1704707500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

olleginnen und Kollegen! „Grundlegende Neuausrich-
ung der Verkehrsinvestitionspolitik für Klima- und Um-
eltschutz, Barrierefreiheit, soziale Gerechtigkeit und
eue Arbeitsplätze“ lautet der Titel des Antrags der
raktion Die Linke. Die Kolleginnen und Kollegen er-
lären in ihrem Antrag die Verkehrspolitik der Bundes-
egierung für gescheitert und möchten einfach alles vom
opf auf die Füße stellen.

Frau Leidig, Sie erwähnen die Klimabelastung durch
en EU-weiten Verkehr, sprechen von einem unkoor-
inierten Ausbau von Regionalflughäfen, von einer Ver-
achlässigung bestimmter Personengruppen und be-
eichnen die Verkehrsprognose 2025 als ungeeignet,
ealitätsfremd und ohne Aussagekraft. Sie möchten auf
500 unbesetzten Bahnhöfen der Deutsche Bahn AG
tellen schaffen und wollen Großprojekte infrage stel-

en, weil sie in der Regel erst nach mehreren Jahren eine
erkehrswirkung erzielen. Diese und viele weitere
unkte listen Sie auf, um dann die Forderung nach einer
Neuausrichtung der Verkehrsinvestitionspolitik“ zu
tellen.

Wenn Sie die bisherige Politik der Bundesregierung
erfolgt haben, werden Sie feststellen: Seit Antritt der
hristlich-liberalen Koalition verfolgen wir konsequent
ine neue nachhaltige Verkehrspolitik. Wir behalten
ie Zukunftsfähigkeit, die Umwelt- und Klimafreund-
ichkeit, die Wahrnehmung sozialer Verantwortung so-
ie Wirtschaftlichkeit und Effizienz klar im Blick.





Matthias Lietz


(A) )


)(B)

Künftig stehen wir vor der Herausforderung, eine
Verkehrspolitik zu gestalten, die den aktuellen und künf-
tigen Erfordernissen unserer Gesellschaft gerecht wird,
die den zu erwartenden weiteren Anstieg der Verkehrs-
belastung bewältigt und die auch die Auswirkungen auf
kommende Generationen einbezieht. Wir brauchen ein
Verkehrssystem, das keinen Verkehrsträger von vornhe-
rein ausschließt, sondern die verschiedenen Verkehrs-
träger optimal miteinander verknüpft und das darauf
setzt, die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger zu be-
rücksichtigen.

Wir müssen weg von ideologischen Ansätzen und
stattdessen auf klare Umsetzung setzen. Wir sind in un-
serer Koalition daher nicht der Ansicht, dass wir den
Aus- und Neubau von Straßen verhindern müssen. Ich
mache Ihnen das am Beispiel meines Bundeslandes
deutlich. Wenn ich die Alleen in Mecklenburg-Vorpom-
mern erhalten will, dann muss ich für den Ausbau größe-
rer Straßensysteme sein, um die Verkehre dorthin zu len-
ken. Wir werden innerhalb der nächsten Jahre auf den
Bau neuer Autobahnabschnitte sowie auf größere Was-
ser- und Schienenprojekte nicht verzichten können. Aus
diesem Grund wollen wir nicht bestimmte Verkehrsträ-
ger durch unangemessene Umschichtungen benachteili-
gen. Genauso werden wir uns nicht von vornherein alter-
nativen Finanzierungsmodellen wie den öffentlich-
privaten Partnerschaften verweigern. Wir wollen den
Verkehr nicht verhindern, liebe Kolleginnen und Kolle-
gen der Linksfraktion.

Uns geht es vielmehr darum, Verkehr als Vorausset-
zung für Wohlstand und Beschäftigung zu begreifen. Da-
mit nehmen wir auch soziale Verantwortung wahr. Un-
sere Verkehrsinvestitionspolitik hat da klare Prioritäten:
Investitionen dort tätigen, wo sie die größten Impulse für
Wachstum und Beschäftigung bringen. Wir werden da-
her – das ist heute schon mehrmals deutlich gesagt wor-
den – trotz Konsolidierungsprogramms keine Abstriche
bei zentralen Zukunftsinvestitionen machen. Die unter-
schiedlichen Verkehrsträger Wasser, Schiene und Straße
sind Grundlage für Wachstum und damit Grundlage für
Arbeitsplätze und soziale Sicherung in unserer Gesell-
schaft.

Mit den Umorganisationen im Verkehrsministerium
hat Minister Dr. Ramsauer klare organisatorische Vo-
raussetzungen für diese Politik geschaffen. Ich erinnere
an die Umorganisation der Grundsatzabteilung, die Er-
richtung einer Unterabteilung „Klima- und Umwelt-
schutzpolitik“ sowie die Schaffung einer EU-Direktion.
Der Minister hat eine Neuausrichtung der Verkehrspoli-
tik vorgenommen, die darauf zielt, Mobilität zu ermögli-
chen, statt sie schlechtzureden oder zu behindern.


(Florian Pronold [SPD]: Weniger Geld in die Bahn zu stecken! Das ist die Neurausrichtung!)


Natürlich wollen wir vor dem Hintergrund des zu er-
wartenden Verkehrswachstums den Verkehr auf die
Schiene und das Binnenschiff verlagern. Das werden wir
überall dort tun, wo es sinnvoll ist. Wir werden aber
nicht einzelne Verkehrsträger gegeneinander ausspielen

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(C (D nd den Verkehrsträger Straße mit Hinweis auf den Umeltund Klimaschutz verteufeln. Am Ende – das ist Ihen allen sicherlich bewusst – müssen für alle Verkehrsräger umweltund klimafreundliche Ziele erreicht erden. Jeder Verkehrsträger ist zu einem speziellen eitrag zum Schutz der Umwelt verpflichtet. In ihrem Antrag, der die Verkehrsinvestitionspolitik om Kopf auf die Füße stellen will, verkennt die Linksraktion sehr deutlich die Realitäten. So führt das Miniserium derzeit Gespräche mit dem Güterverkehrsgeerbe, um den Masterplan „Güterverkehr und Logistik“ eu auszurichten. Ich kann Ihnen versichern: Diese espräche werden ergebnisoffen geführt. Um die Emis ionen der Verkehrsträger zu senken, ist ein Innovationsrogramm zur Förderung der Anschaffung emissionsrmer schwerer Lkw in Angriff genommen. Ein weiteres esentliches Element zur Bewältigung der wachsenden erkehrsströme wird die Gestaltung integrierter Verehrssysteme sein. Ein Schwerpunkt bisheriger christich-liberaler Verkehrspolitik war von Anfang an der mweltund Klimaschutz. Das Ministerium hat sich ieser Herausforderung gestellt. Ein kleiner Baustein ist ie Elektromobilität. Dies ist ein großes Projekt unserer emeinsamen Koalition. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Über die Bahnpolitik hat mein Kollege Lange bereits
usführlich berichtet. Ich möchte in Anbetracht der Zeit
ur noch darauf hinweisen, dass sich unsere gemeinsame
oalition auf eine ganze Reihe von Maßnahmen verstän-
igt hat, die den Schienenverkehr und insbesondere den
ffentlichen Personennahverkehr stärken und attraktiver
achen werden. Ich verweise dabei auf die Stärkung der
echte des Bundes bei der Initiierung und Umsetzung
on Infrastrukturprojekten, die Einführung der Anreizre-
ulierung für Trassen- und Stationspreise, die Prüfung,
b ein integrierter Taktplan eingeführt werden kann, die
rhöhung der Transparenz bei der Finanzierung des öf-

entlichen Personennahverkehrs, die Erprobung neuer
etreibermodelle im öffentlichen Personennahverkehr
nd die Zulassung von Buslinienfernverkehren.

Meine Damen und Herren, es bedarf der Anstrengung
ller. Ich rufe Sie auf, sich daran zu beteiligen. Unsere
oalition wird alles Mögliche dafür tun.


(Florian Pronold [SPD]: Das Mögliche ist möglicherweise zu wenig!)


Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704707600

Herr Kollege Lietz, ich gratuliere Ihnen zu Ihrer ers-

en Rede im Deutschen Bundestag im Namen des ganzen
auses. Herzlichen Glückwunsch!


(Beifall)


Ich schließe die Aussprache.





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 17/1988 und 17/1971 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 28 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Sechsten
Gesetzes zur Änderung des Filmförderungs-
gesetzes

– Drucksache 17/1292 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Kultur und Medien (22. Ausschuss)


– Drucksache 17/1938 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Marco Wanderwitz
Angelika Krüger-Leißner
Dr. Claudia Winterstein
Kathrin Senger-Schäfer
Claudia Roth (Augsburg)


Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. Gibt es
Widerspruch dagegen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist
das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner das Wort dem Kollegen Wolfgang Börnsen von der
CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Wolfgang Börnsen (CDU):
Rede ID: ID1704707700

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Um die Filmrolle, die bald der Vergangenheit angehören
wird, geht es heute. Mit der heutigen Ergänzung des
Filmförderungsgesetzes geht es um die Zukunft der Fas-
zination Film in den Kinos unseres Landes. Während der
Film boomt, kriselt es bei den Kinos. Die großen Ketten
bestimmen immer stärker den Markt. Das mittelständi-
sche Kino bleibt auf der Strecke, wenn wir nicht han-
deln. Deshalb sind wir von der Union für das Stark-
machen des Films wie des Kinos. Fast 150 Millionen
Besucher pro Jahr belegen: Der Film als kulturelles Mas-
senmedium bleibt auch im 21. Jahrhundert hochaktuell.
Für uns von der Union ist er Kultur- wie Wirtschaftsgut.
Für den Film in Deutschland gilt nicht die flotte Bemer-
kung: Wenn er Erfolg hat, ist er ein Geschäft; wenn er
ein Flop ist, wird er der Kunst zugerechnet.

Der Film in Deutschland schreibt Rekordzahlen. Un-
sere nationale Filmwirtschaft befindet sich im stetigen
Aufwind. Wir sind auf dem Weg, zum Spitzenland des
Films in Europa zu werden. Das ist imposant und hat
Anerkennung verdient.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


– Von allen Beifall, bitte.

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(C (D Bereits 2009 war ein Filmjahr im Hollywood-Format. ehn Merkmale, Trends, Tendenzen sind dafür kenneichnend: Erstens: 146 Millionen Kinobesuche – so viel wie seit 0 Jahren nicht mehr. Zweitens: ein Marktanteil des deutschen Films von 7,4 Prozent – so hoch wie seit 40 Jahren nicht mehr. ast jeder dritte Film ist eine Eigenproduktion. Drittens: eine Umsatzentwicklung an den Kinokassen it 976 Millionen Euro – ein Plus von 22,8 Prozent in inem Jahr. Vermutlich geht dies darauf zurück, dass 3D as neue Interesse am Film mitbestimmt. Viertens: eine neue Filmbegeisterung in unserem and. Man geht bewusst wieder in den deutschen Film. as gilt gerade für die junge Generation, so eine Image tudie der FFA. Trotz Fernsehen, Handy und Internet – er Film in der Sprache unseres Landes boomt. Fünftens: eine noch nie dagewesene Vielfalt an spanenden Themen, eine Breite an renommierten Regisseuen und eine Vielzahl großartiger Schauspieler. Der deutche Film ist zu einem Gesellschaftsereignis geworden; r ist ein Kulturerlebnis, ohne zu belehren. Sechstens. So viel Weltoffenheit im deutschen Film at es noch nie gegeben. Filme aus unserem Land und rehbuchprojekte, die vom BKM aktuell gefördert woren sind, befassen sich mit Liebesgeschichten aus der asachischen Steppe, mit der argentinischen Militärdikatur in den 50er-Jahren, mit Kuba, dem Kosovo und Koea. Weitsichtige Produzenten und Verleiher setzen auf nternationalität. Innerhalb unseres Landes leisten deutsche Filme eien immer wichtigeren Beitrag zur Praxis der Integraion und zur interkulturellen Verständigung. Denken Sie ur an Fatih Akins Gegen die Wand, an Protagonisten ie Züli Aladag, an Sibel Kekilli und viele andere mehr! er Film setzt Zeichen für Vernunft und Verständigung. Siebtens. So viele Besuchermillionäre unter den Prouktionen aus unserem Land, nämlich 14, gab es noch ie. Achtens. Es gab auch noch nie so viele neue Filme in nseren Kinos insgesamt, nämlich 513, Kurzfilme und okumentarfilme eingerechnet. Spitzenleistung im Reordjahr 2009! Neuntens. Noch nie war die Anzahl von Arbeitspläten in der Filmwirtschaft so hoch wie jetzt mit 56 000 – 5 000 mehr innerhalb von zehn Jahren. Und zehntens. Zu nennen sind die vielen Erfolge für ilme aus Deutschland auf den internationalen Festivals, b in Cannes oder Venedig, ob der Oscar für Christoph altz oder der Silberne Bär der Berlinale. Können, Qua ität, Klasse – „Made in Germany“ ist für Filme internaional längst ein Gütesiegel geworden. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


(Heiterkeit)






Wolfgang Börnsen (Bönstrup)



(A) )


)(B)

Verantwortlich für diese Trümpfe sind natürlich vor-
rangig erstklassige Schauspieler, Autoren, Regisseure
und Produzenten, eine hochmotivierte Könnerschaft.
Auch das Filmförderungsgesetz, das wir heute novellie-
ren, gehört dazu, ganz besonders der von Staatsminister
Bernd Neumann initiierte Deutsche Filmförderfonds so-
wie die Filmförderung der Länder und der FFA. Sie alle
haben zu diesem Erfolg geführt.

„Kooperation von Film und Politik“ ist das Schlüssel-
wort – bei absoluter Achtung der Freiheit von Kunst und
Kultur. Unser Land praktiziert eine öffentliche Filmför-
derung aus einem Guss als gesellschaftliche Aufgabe.
Die Filmbranche anerkennt ohne Wenn und Aber die
neue Filmpolitik von Bernd Neumann und weiß es zu
schätzen, dass fast alle Fraktionen des Deutschen Bun-
destages dessen Konzept stützen und stärken.

Ganz wesentlich hat zu diesem rasanten Aufstieg der
DFFF, der Deutsche Filmförderfonds, beigetragen.
302 Filmproduktionen wurden in drei Jahren mit insge-
samt rund 178 Millionen Euro gefördert. Sie haben einen
Wertzuwachs von rund 1 Milliarde Euro ausgelöst – eine
fünffache Veredelung von klug eingesetztem Steuergeld.

Während der Film blüht, welken die Kinos. Erstmals
seit 40 Jahren liegt die Anzahl der Kinostandorte, also
der Städte und Gemeinden mit Kinos, unter 1 000.
170 Schließungen gab es in den vergangenen Monaten.
Besonders im ländlichen Raum hat ein Kinosterben ein-
gesetzt. Extrem gefährdet sind Kulturkinos sowie Pro-
gramm- und Filmkunstkinos, besonders die, die den
Jungfilmern, dem experimentellen Film Vorführchancen
bieten.

Während die großen Ketten die digitale Umstellung
problemlos leisten, ist das mittelständische Kino durch
die hohen Kosten existenziell betroffen. Eine branchen-
interne Lösung, mit der man es seit Jahren versucht hat,
hat versagt.

Alle Kompromissvorschläge, ob vom Staatsminister
oder vom Filmpräsidenten Eberhard Junkersdorf, sind an
der Unnachgiebigkeit der großen Ketten gescheitert, so
die Kenner der Szene. Die Ketten wollen eine Marktbe-
reinigung, sagen die Beobachter.

Das Neumann-Modell kann jetzt die Rettung der klei-
nen Kinos bedeuten. Eine Anstoßfinanzierung von uns
sowie die Förderung durch die FFA, durch Verleiher und
Länder bei einem Eigenanteil durch die Betreiber bieten
die Gewähr, dass der Sprung in das digitale Zeitalter ge-
schafft werden kann; denn die Epoche der Filmrolle ist
vorbei.

Mit diesem Konzept machen wir unsere Kinokultur
zukunftsfähig, sichern wir die Vielfalt unserer Kinoland-
schaft und sorgen dafür, dass der Filmerfolg weiter von
fast 150 Millionen Besuchern ortsnah erlebt werden
kann. Die Faszination Film stärkt nicht nur das Wir-Ge-
fühl der Menschen und ist nicht nur ein Freizeitvergnü-
gen. Der Film ist und bleibt ein Kulturerlebnis besonde-
rer Art.

Zum Schluss möchte ich eine Sorge loswerden. Eine
Lösung im Rahmen der kleinen Novellierung ist die

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(C (D etzte Chance für alle Beteiligten – von den Verleihern is hin zur Kinowirtschaft. Aber wenn das nicht gechieht, müssen wir bei der großen Novellierung des ilmförderungsgesetzes mit den Beteiligten ganz anders ber die Zukunft sprechen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704707800

Das Wort hat die Kollegin Angelika Krüger-Leißner

on der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Angelika Krüger-Leißner (SPD):
Rede ID: ID1704707900

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Wir beraten heute abschließend den Gesetz-
ntwurf der Bundesregierung zur Änderung des Filmför-
erungsgesetzes, die sogenannte kleine Novelle. Ich
offe, dass wir heute einen wichtigen Schritt hin zur Sta-
ilisierung der Filmförderungsanstalt machen; denn für
ie stehen die Zeiger inzwischen auf fünf vor zwölf.
eine Fraktion – das will ich vorweg sagen – trägt den

orliegenden Gesetzentwurf aus guten Gründen mit. Da-
auf komme ich zurück.

Lassen Sie mich aus aktuellem Anlass zunächst auf
ine andere Vorlage Bezug nehmen, die auch für die
ilmförderung von Bedeutung ist. Ich meine das Sparpa-
et der Koalition, das wir aus ebenfalls guten Gründen
ls völlig unzureichend und sozial unausgewogen ableh-
en. Wir wissen, dass viele Kritiker auch aus den Reihen
er Koalition kommen. Was den Kulturbereich angeht,
erweise ich nur auf die Debatte um das Humboldt-Fo-
um.

Ich möchte den ermäßigten Mehrwertsteuersatz für
ulturelle Leistungen – und damit auch für die Kinos –
nsprechen. Hier wird es keine Änderung geben. Das ist
uch angesichts der großen Herausforderungen, vor de-
en die Kinobetreiber stehen, in Ordnung. Allerdings
chießt der Hauptverband Deutscher Filmtheater in sei-
er Schlussfolgerung über das Ziel hinaus, wenn er dies
ls eine grundsätzliche Bestätigung des reduzierten
ehrwertsteuersatzes für die Kinos wertet. Denn diese

ergünstigung ist nicht nur ein erhebliches Zugeständ-
is, sondern zugleich eine Erwartung. Es ist nicht in
tein gemeißelt, dass alle Kinos nur 7 Prozent statt
9 Prozent abführen müssen.

Der ermäßigte Umsatzsteuersatz gilt für kulturelle
ngebote, die die kulturelle Vielfalt in unserem Lande

icherstellen. Das könnte man zum Beispiel an der Pro-
rammgestaltung der Kinos festmachen. Da müssen wir
och genauer hinschauen. Es ist nämlich vorstellbar,
ass die Steuerreduzierung an einen bestimmten Anteil
eutscher und europäischer Filme beim Abspiel gebun-
en wird.


(Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Noch eine Regelung mehr!)






Angelika Krüger-Leißner


(A) )


)(B)

Das haben wir aber heute nicht zu beantworten. Wir soll-
ten erst einmal die Finanzierung der Filmförderungsan-
stalt auf sichere Füße stellen, um dann die Digitalisie-
rung der Kinos über die Bühne zu bringen. Wie die
Kinos sich bei der Stabilisierung der FFA einbringen,
wird ganz entscheidend dafür sein, welche Kinos weiter-
hin den Steuervorteil genießen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist kein Geheim-
nis: Die Filmförderung auf der Grundlage des Filmför-
derungsgesetzes ist maßgeblich am Erfolg des deutschen
Films im In- und Ausland beteiligt. Ich wirke im Verga-
begremium der Filmförderungsanstalt mit, und es erfüllt
mich mit Stolz, zu verfolgen, wie erfolgreich die Filme
sind, die wir mit dem FFG fördern. Herausragendes
Beispiel ist Das weiße Band von Regisseur Michael
Haneke und dem deutschen Koproduzenten Stefan Arndt
von X-Filme. Dieser Film wurde im Ausland hochdeko-
riert, und zwar mit der Goldenen Palme in Cannes. Der
Oscar wurde nur ganz knapp verpasst. Beim Deutschen
Filmpreis wurde er mit Lolas überschüttet. Mit
640 000 Besuchern war dieser Film auch ein Erfolg an
der Kinokasse. Ohne die FFA wäre das so nicht möglich
gewesen.

Die FFA fördert auch die Produktion von Filmen, die
von vornherein auf gute Unterhaltung und hohe Besu-
cherzahlen setzen. Wir fördern ebenso Projekte mit
künstlerischem Anspruch. Der Nachwuchs findet eben-
falls Berücksichtigung. Und wir fördern internationale
Koproduktionen mit deutscher Beteiligung, wie zum
Beispiel den mit vielen Preisen ausgezeichneten Vorle-
ser. Wir haben eine wirklich gute Zusammenarbeit mit
den Franzosen, den Österreichern und den Schweizern
aufgebaut. Ich hoffe sehr stark, dass wir das auch mit
den Russen schaffen.

All das zusammen macht den deutschen Film in sei-
ner ganzen Breite und Vielfalt aus. Ich wiederhole: Ohne
die Förderung auf der Grundlage des Filmförderungsge-
setzes wäre das so nicht möglich. Deshalb haben wir als
Gesetzgeber das FFG im Laufe von inzwischen über vier
Jahrzehnten weiterentwickelt und immer wieder an die
veränderten Rahmenbedingungen angepasst. Beachtlich
dabei sind die Kontinuität und die Gemeinsamkeit über
die Fraktionen hinweg; das passiert – das wissen wir –
nicht so oft in diesem Haus. Gemeinsam haben wir so
der Branche den Rücken gestärkt.

Es ist noch gar nicht so lange her: Ende 2008 haben
wir die fünfte Novelle beschlossen. Damals sind wir alle
davon ausgegangen, dass sie wie vorgesehen für fünf
Jahre Bestand hat. Aber es kam anders. Im Februar 2009
hat das Bundesverwaltungsgericht einen Beschluss ge-
fasst, der auch mich überrascht hat. Das Gericht wertete
es als mit der Verfassung nicht vereinbar, dass die Zah-
lergruppen ihre Beiträge auf unterschiedlicher Grund-
lage leisten, dass die Sender ihre Leistung vertraglich
geregelt erbringen und die Kino- und Videowirtschaft
dazu gesetzlich verpflichtet ist. Ich kann den Gerechtig-
keitssinn der Einzahler, die eine gesetzliche Grundlage
für alle verlangen, durchaus nachvollziehen. Die Kinos
fordern seit Jahren Gleichbehandlung in dieser Frage.
Wegen der föderal geordneten Zuständigkeit der Länder

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(C (D ür die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten war das icht so einfach zu erreichen. Also klagten einige Kinoetten seit 2004. Das Urteil des Bundesverwaltungsgeichtes liegt seit 2009 vor. Ich finde, wir müssen nun ndlich handeln, wenn wir die Filmförderungsanstalt icht gefährden wollen. Mit der Einführung eines geetzlichen Abgabemaßstabs für die Fernsehveranstalter chaffen wir Rechtssicherheit für die FFA, und das rückirkend. Die Bundesregierung hat mit dem vorliegenden Geetzentwurf einen Vorschlag gemacht, der mit den Beteiigten weitgehend abgestimmt ist. Das ist auch gut so. So omme ich gemeinsam mit meiner Fraktion zu dem Erebnis, dass dieser Vorschlag geeignet ist, die Beanstanungen des Bundesverwaltungsgerichtes aus der Welt zu chaffen. Allerdings hätten wir diese Novelle schon vor inem Jahr haben können; ich habe darauf gedrängt. eute zeigt sich leider auch, dass die Verknüpfung der FG-Problematik mit der Finanzierung der Kinodigitaliierung offensichtlich ein falsches Vorgehen war. Es hat ns zähe und fruchtlose Verhandlungen mit den Kinos ebracht, die am Ende gescheitert sind, übrigens auch um Nachteil der Kinodigitalisierung, die sich damit eiter verzögert hat. Allerdings ist es immer leicht, im achhinein klüger zu sein. Wir sollten dies aber bei den ächsten Schritten beachten. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird das Junkim im sogenannten Gesamtpaket des Kulturstaatsminisers aufgelöst. So können wir heute das FFG novellieren, nd morgen – vielleicht auch erst ein paar Tage später – eht es an die Kinodigitalisierung. Die aktuellen Urteile der Verwaltungsgerichte zur ilmabgabe geben klare Hinweise, dass die Rechtsprehung unsere Bemühungen als Gesetzgeber zunehmend ürdigt, indem die Anträge der Kinobetreiber auf Aus etzung der Abgabezahlungen an die FFA abgewiesen erden. Das stimmt mich zuversichtlich mit Blick auf as Bundesverfassungsgericht. Möglicherweise – das ist ein Wunsch – wird die Vorlage schon im Vorfeld einer efassung zurückgezogen. Das wäre die beste Anerkenung für unser Bemühen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will Ihnen nicht erschweigen, was mir große Sorgen macht. Ich fürchte, ass mit der kleinen Novelle nicht alle Probleme gelöst erden. Ich habe die Ahnung, dass dafür die eigentli hen Motive der klagenden Kinos verantwortlich sind: ie wollen sich der Abgabe entledigen. Deshalb haben ie zusätzlich zu ihrer Klage in Brüssel Beschwerde ween des Verstoßes des FFG gegen das Beihilferecht einelegt. Ich möchte betonen, dass das nicht von allen Kinoetten betrieben wird. Mir ist durchaus bewusst, dass ein eil der Multiplexe begriffen hat, dass auch sie von der örderung des deutschen Films profitieren. Solange aber as solidarische System der Filmförderung mit Klagen, eschwerden und Vorbehalten torpediert wird, wird der onflikt weiter schwelen. Die Klagen haben sich übriens bis heute sehr zersetzend auf die Arbeit der Filmörderungsanstalt ausgewirkt. Greifbar wird das insbeondere an den in der Folge der Klage zunehmenden orbehaltszahlungen, die das Aufstellen eines Haushal Angelika Krüger-Leißner )





(A) )

tes für die FFA immer schwieriger machen. Über die
Hälfte der Filmabgabe wird inzwischen unter Vorbehalt
gezahlt. Dabei war es aus meiner Sicht sehr bedauerlich,
dass der HDF und die anderen Kinos sich nicht entschie-
den von der Klage distanziert haben. Zum Teil wurde
das mitgetragen. Das verstehe ich übrigens bis heute
nicht. Welche Interessen werden da eigentlich vertreten?


(Beifall der Abg. Brigitte Zypries [SPD])


Ich gebe zu bedenken, dass die wirtschaftliche Lage
der Kinos bei der Novelle 2004 möglicherweise nicht
angemessen berücksichtigt worden war. Daraus jedoch
die Konsequenz zu ziehen, das Filmförderungsgesetz
und die Filmförderungsanstalt selbst zur Disposition zu
stellen, halte ich für total überzogen und verantwor-
tungslos. Ich bin jedenfalls bereit, die Lage auch der Ki-
noketten genauer unter die Lupe zu nehmen. Ich möchte
wegkommen vom Schwarz-Weiß-Denken, von der Ein-
teilung in „gute“ und „böse“ Kinos.

Lassen Sie mich prognostizieren, dass die heutige
kleine Novelle sehr schnell zeigen wird, wie sich die Ki-
nos verhalten werden, die sich bisher verweigern: Ent-
weder verharren sie in ihrer Verweigerungshaltung, oder
sie kommen zurück zur Geschäftsgrundlage der Filmför-
derung in Deutschland. Wir jedenfalls haben heute un-
sere Hausaufgaben erledigt. Was beanstandet worden ist,
ist geheilt. Entweder kommen alle wieder zurück ins
Boot, oder wir müssen einen klaren Schnitt machen. Ich
werde nicht um Solidarität betteln. Solidarisch ist man
aus Überzeugung und Verantwortung für das Ganze.

Ein klarer Schnitt würde nicht etwa heißen, dass wir
die Filmförderung in Deutschland einstampfen; nein, auf
keinen Fall. Aber dann müssen wir einen anderen Weg
finden. Ich hoffe sehr, dass es nicht so weit kommt. Mit
der heutigen Verabschiedung des Gesetzentwurfes kom-
men wir unserer Pflicht nach. Jetzt sind die anderen am
Zug.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704708000

Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Claudia

Winterstein.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Claudia Winterstein (FDP):
Rede ID: ID1704708100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Mit 27 Prozent Marktanteil feierten deutsche
Filme 2009 ein Rekordergebnis an den Kinokassen. Im
gleichen Jahr gewann der Film Das weiße Band die Gol-
dene Palme in Cannes, und erst vor kurzem wurde der
deutsche Film Die Fremde bei dem renommierten
Tribeca-Filmfestival in New York als bester Spielfilm
ausgezeichnet. Der deutsche Film schwimmt national
und international auf einer Erfolgswelle, und das ist auch
ein Ergebnis der Filmförderung in Deutschland.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Das Filmglück wäre fast perfekt, wäre da nicht der
eit Jahren währende Streit um die Filmabgabe an die
ilmförderungsanstalt, die FFA. Ich bin froh, dass wir
un eine Kleine Novelle zum Filmförderungsgesetz vor-
iegen haben, die diese Problematik aufgreift und feste
bgabesätze auch für die Fernsehsender vorsieht. Ich
erbinde damit die Hoffnung, dass auch jene Kinoketten,
ie ihre Zahlungen an die FFA bislang unter Vorbehalt
eleistet haben, nun wieder in vollem Umfang zur Film-
örderung beitragen.

Wir brauchen eine arbeitsfähige und effektive FFA,
m die erfolgreiche Entwicklung des deutschen Films
eiter unterstützen zu können. Denn neben der klassi-

chen Filmförderung spielt die FFA auch bei dem aktuell
ichtigsten Thema der Filmpolitik eine zentrale Rolle,
ämlich bei der Digitalisierung der Kinos in Deutsch-
and. Es ist unausweichlich, dass, wie bereits in anderen

edienformaten geschehen, auch das Abspielen von Fil-
en im Kinosaal zukünftig mit digitaler Technik erfolgt.

n wenigen Jahren werden Filmkopien nur noch in digi-
aler Form verbreitet werden. Die Digitalisierung bietet
udem große Chancen für die Kinos, ihr Angebot zu er-
eitern, etwa durch die Präsentation von Sportveranstal-

ungen oder großen kulturellen Ereignissen.

In Deutschland gibt es etwa 3 700 Kinoleinwände.
200 Leinwände gehören zu kleineren Kinos im ländli-

hen Raum oder zu Programm- und Arthouse-Kinos.
iese sind aufgrund ihrer schwachen Umsätze nicht in
er Lage, die Umstellung auf den digitalen Standard
elbst zu finanzieren. Ohne eine Unterstützung dieser
äuser würden wir in den nächsten Jahren ein Kinoster-
en erleben, das äußerst negative Auswirkungen auf den
ultur- und Filmstandort Deutschland hätte.

Ich bin Ihnen, Herr Staatsminister Neumann, dankbar
ür die Eckpunkte eines Konzeptes, das zeigt, wie die
mstellung auf digitale Technik in den Kinos organisiert
nd finanziert werden kann. Das Konzept trägt mit sei-
er Zwei-Säulen-Struktur auch dem Umstand Rechnung,
ass nur ein Teil der Kinos – nämlich genau diese 1 200
einwände –, die dies nicht aus eigener Tasche zahlen
önnen, von der Förderung profitieren. Ich halte es auch
ür wichtig, dass der Finanzierungsanteil des Bundes auf
in Viertel der Kosten begrenzt ist. Weitere Mittel sollen
on den Ländern, den Verleihern und der FFA kommen,
odass die Kinos insgesamt bis zu 80 Prozent der Kosten
rstattet bekommen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


An dieser Stelle sehe ich aber den entscheidenden
ritikpunkt an dem jetzt vorliegenden Konzept. Es fehlt
isher an konkreten Vereinbarungen, in welcher Höhe
ich die Filmwirtschaft und die Länder an den Kosten
er Digitalisierung beteiligen und wie die einzelnen För-
ermaßnahmen miteinander wirken. Der Deutsche Bun-
estag hat in den Beratungen zum Haushalt 2010
Millionen Euro bereitgestellt. Wir haben die Freigabe

ieser Mittel aber unter den Vorbehalt gestellt, dass sich





Dr. Claudia Winterstein


(A) )


)(B)

die Länder und die Filmwirtschaft an den Kosten beteili-
gen.

Ich gehe davon aus, dass wir von Herrn Staatsminister
Neumann ein konkretes Konzept zur Umsetzung der Di-
gitalisierung vorgelegt bekommen. Die Digitalisierung
muss in allen Kinos Einzug halten – im Interesse des Fil-
mes und der kulturellen Vielfalt in Deutschland.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704708200

Das Wort hat jetzt die Kollegin Kathrin Senger-

Schäfer von der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704708300

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Als Filmkritikerin habe ich die Möglichkeit, viele neue
deutsche Filmproduktionen zu sehen, was eine hoch
spannende Aufgabe darstellt. Auch für die Linke ist der
deutsche Film ein wertvolles Kulturgut, dessen finan-
zielle Förderung wir ausdrücklich begrüßen; denn allein
auf marktwirtschaftlicher Grundlage ist heute keine Pro-
duktion von Qualitätsfilmen mehr denkbar. Die Filmför-
derung des Bundes und der Länder hat sich durchaus be-
währt.

Der deutsche Film hat sich in den letzten Jahren na-
tional und international einen Namen gemacht. Von den
Oscar gekrönten Verfilmungen wie Die Blechtrommel
oder Das Leben der anderen bis zu unterhaltsamen Pu-
blikumsrennern wie Der Schuh des Manitu oder Kein-
ohrhasen – keiner dieser Filme wäre denkbar ohne das
Instrument Filmförderung.


(Angelika Krüger-Leißner [SPD]: Das war nicht ganz richtig!)


Das Filmförderungsgesetz wird regelmäßig den aktu-
ellen Gegebenheiten angepasst. Dabei geht es um die
grundlegenden Rahmenbedingungen der Filmproduktion
in den kommenden fünf Jahren. Die nächste Novelle
wäre eigentlich erst 2014 erforderlich geworden. Doch
heute beraten wir über eine Novellierung aus besonde-
rem Anlass. Es gibt eine Klage. Bislang wird die Film-
förderung zu etwa einem Drittel durch die sogenannte
Filmabgabe der Kinobetreiber und Videotheken finan-
ziert, eine gesetzliche Pflichtabgabe. Die anderen zwei
Drittel der Finanzierung kommen von den öffentlich-
rechtlichen und den privaten Fernsehanbietern. Dies
aber sind bisher freiwillige Beiträge auf Vertragsbasis.

Pflichtabgaben standen also freiwilligen Abgaben ge-
genüber. Die Kinobetreiber empfanden das als unge-
recht. Genau deshalb klagten sie gegen das Gesetz und
bekamen im Februar vergangenen Jahres vom Bundes-
verwaltungsgericht recht. Daraufhin brachte die Bundes-
regierung nach erfolglosen Zwischenschritten die soge-
nannte Kleine Novelle zum Filmförderungsgesetz auf
den Weg, um die es hier geht. Dadurch werden erstmals
gesetzlich festgeschriebene Abgaben auch für die Fern-

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(C (D ehveranstalter beabsichtigt, sprich: Auch sie sollen ortan Pflichtbeiträge leisten. Die Linke hält dies durchaus für einen richtigen Weg; ber wir sehen in dieser Gesetzesnovelle eine Reihe andwerklicher Fehler und rechtlicher Probleme. So kriisieren wir vor allem die Ungleichbehandlung von öfentlich-rechtlichen und privaten Fernsehsendern. Die egelungen des sogenannten Abgabenmaßstabes sind chon erstaunlich. Zwar werden Prozentsätze an den Relkosten bzw. Nettowerbeumsätzen für die Ausstrahlung on Kinofilmen festgelegt. Aber es gibt als Grundlage eder Modellrechnungen noch kalkulatorische Annahen. So lautete zumindest die Antwort der Bundesregie ung auf eine Kleine Anfrage der Linken mit dem Titel Zukunft der Filmförderung und Digitalisierung der Kios“. Angesichts der nunmehr vorgeschlagenen Abgabeätze für die Fernsehanstalten dürfte der Ertrag aber ereblich unter ihren freiwilligen Zahlungen liegen. Damit tünden der Filmförderung künftig sogar weniger Mittel ur Verfügung. Für den Vergleichszeitraum 2004 bis 008 wären das nach dem neuen Abgabenmaßstab über 5 Millionen Euro weniger. Es gibt ein weiteres Problem: Während bei privaten ree-TV-Anbietern Abgabenstufen nach tatsächlicher utzung von Kinofilmen berechnet werden, erfolgt im ay-TV – bisher nur der Murdoch-Sender Sky – eine unerechtfertigte Pauschalisierung der Abgaben. Diese baiert nicht einmal auf empirischen Untersuchungen, sonern auf Befragungen des Programmanbieters. Das wäre o, als ob der Herr Staatsminister seinen privaten Steueratz selber festlegen könnte. (Hans-Joachim Otto, Parl. Staatssekretär: Eine gute Idee!)


urch weitere geschickte Rechenmodelle dürfte er sogar
erschiedene Einnahmen gegenrechnen.

Wie gesagt, die Linke begrüßt zwar die gesetzlich
erankerte Filmförderung. Wegen der dargestellten er-
eblichen Mängel der vorliegenden Novelle zum Film-
örderungsgesetz können wir aber leider nicht zustim-
en.


(Christoph Poland [CDU/CSU]: Schade!)


us unserer Sicht besteht noch erheblicher Nachbesse-
ungsbedarf.


(Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Worin denn?)


uch wir würden uns freuen, wenn es künftig statt „Wo
itte geht’s nach Hollywood?“ noch öfter hieße: „Wo
itte geht’s nach Babelsberg?“.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704708400

Das Wort hat die Kollegin Claudia Roth von

ündnis 90/Die Grünen.






(A) )


)(B)

Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu-
allererst möchte ich sagen: Wir freuen uns, dass die Be-
ratungen zur vorliegenden Novelle zum Filmförderungs-
gesetz in einem, wie ich finde, vertrauensvollen Klima
zwischen den Fraktionen und auch mit dem BKM, Herrn
Neumann, stattgefunden haben. Das ist ein gutes Signal
dafür, dass man in der Politik an einem Strang ziehen
kann. Das passiert in der Tat nicht allzu oft.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Wir Grüne – das ist in dieser Frage klar – wollen un-
seren Beitrag leisten, damit eine sehr breite und ganz
deutliche Mehrheit im Bundestag diese Novelle mitträgt;
denn es ist sehr wichtig, dass wir gemeinsam signalisie-
ren, welche Bedeutung die FFA hat. Die Botschaft dieses
Tages von dieser Stelle aus muss sein: Erstens. Der Er-
halt und die Entwicklung der FFA sind wirklich zentrale
Grundlagen für den kulturell anspruchsvollen Kinofilm
in Deutschland. Zweitens. Die Sicherung der FFA hat für
uns hier im Bundestag eine hohe kulturpolitische Priori-
tät, und zwar über die Fraktionsgrenzen hinweg.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Wir wissen doch, was los war. Wir alle wissen, dass
große Kinobetreiber ihre Beitragszahlungen an die FFA
nur noch unter Vorbehalt geleistet haben. Dabei haben
sie das Argument der Ungleichbehandlung vorgebracht,
weil die Beitragsordnung für Fernsehveranstalter und
Vermarkter von Pay-TV-Programmen bisher nicht ge-
setzlich fixiert war. Das Bundesverwaltungsgericht hat
dem entsprochen. Mit dieser Novelle wird eine klare Re-
gelung vorgelegt, die wir unterstützen. Wir gehen davon
aus – darum geht es; darauf haben die Kolleginnen und
Kollegen schon hingewiesen –, dass die Finanzsicherheit
der FFA damit wiederhergestellt ist und eines der wich-
tigsten Filmförderinstrumente im Sinne der Filmproduk-
tion in Deutschland gesichert wird.

Ich möchte aber darauf hinweisen, dass uns das nicht
ausreicht. Wir sehen bei der FFA einen deutlich größeren
Reformbedarf, nicht zuletzt – Sie wissen, was kommt –
hinsichtlich der Rolle der Kreativen in der FFA. Nun
will ich nicht sagen, dass die Film- und Kinowirtschaft
und alle übrigen Beteiligten nicht kreativ sind. Herr
Neumann ist nun definitiv ein kreativer Mensch.


(Beifall des Abg. Andreas Mattfeldt [CDU/ CSU] – Bernd Neumann, Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien: Na ja!)


– Doch, schon. – Wenn er es will, dann ist er es.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das wollte ich aber gar nicht sagen.

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(C (D Die Filmund Kinowirtschaft und alle übrigen Beteiigten sind ein ganz wichtiger Teil der Kreativwirtschaft, ber die zu Recht viel gesprochen wird. Aber die Kreatien im engeren Sinne, die Künstlerinnen und Künstler, rauchen endlich ein deutlich größeres Gewicht in der FA. Ihre Beteiligung muss weiter aufgewertet werden. ir finden, dass ein Sitz für einen Kreativen-Vertreter der eine Kreativen-Vertreterin im FFA-Präsidium defiitiv überfällig ist. ie machen schließlich die Filme; sie schaffen die groen Bilder, über die einige Kollegen schon richtig ins chwärmen geraten sind. Es gibt noch weitere Unterstützungsmaßnahmen für reative, über die wir konstruktiv nachdenken sollten, um Beispiel die Förderung von Regisseurinnen und Reisseuren aus der Referenzmittelförderung. Wir haben azu ein Modell vorgelegt, das kostenneutral ist und der roduktion von Filmen keine Fördermittel entzieht, Reisseurinnen und Regisseuren aber in der sehr schwierien Phase der Pre-Production, bevor es also überhaupt osgeht, hilft. Ich gebe jetzt sehr diplomatisch nachdrücklich unseer Hoffnung Ausdruck, dass diese Punkte bei der nächsen, großen FFG-Novelle mit realisiert werden. Wir haen schon oft darüber geredet. Ich hoffe sehr, dass das mgesetzt werden kann – auch für die Macherinnen und acher der Filme, die im eigentlich kreativen Bereich ätig sind. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen das Sinal setzen, dass wir sehr entschlossen sind, die Filmnd Kinolandschaft unseres Landes gerade in den gegenärtigen technischen und wirtschaftlichen Umbrüchen u verteidigen. Wer glaubt, dass er die anstehende Kinoigitalisierung für eine Schwächung des kulturell anpruchsvollen Films aus Deutschland und Europa und ür eine Marktbereinigung der Kinolandschaft im Sinne ines einseitig profitorientierten Mainstreamkinos nuten kann, der hat uns Grüne als Gegner und muss sich das kündige ich an – warm anziehen nd der sollte im Übrigen uns alle als Gegner haben. Das ilt auch für Versuche, die FFA juristisch und verbändeolitisch zu schwächen. Wir Grüne kämpfen entschlossen dafür, dass das Kino m Dorf bleibt. Ich komme vom Dorf und weiß, wie ichtig das war – zwar nicht unbedingt, Winnetou steren zu sehen, und im ersten Teil ist Nscho-tschi gestoren. Aber für meine politische Entwicklung war es ichtig, dass es bei uns im Dorf ein Kino gab. – Wir ollen also, dass das Kino im Dorf bleibt, dass eine reite Kinoinfrastruktur in unserem Land erhalten bleibt benso wie Filmförderstrukturen, auf die kulturell anpruchsvoller Film angewiesen ist – und um den geht es ns vor allem. Vielen herzlichen Dank. Claudia Roth )


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





(A) )

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704708500

Das Wort hat jetzt die Kollegin Dorothee Bär von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dorothee Mantel (CSU):
Rede ID: ID1704708600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Präsident, ich hoffe, dass Sie mit mir zufriedener
sein werden als Ihr Kollege heute Morgen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir beraten heute
über das Sechste Gesetz zur Änderung des Filmförde-
rungsgesetzes. Das ist notwendig geworden, weil die
obersten Gerichte entschieden haben, dass die bisherige
Filmabgabenregelung eine Ungleichbehandlung dar-
stellt. Das heute zur Abstimmung stehende Änderungs-
gesetz soll diese Abgabengerechtigkeit wiederherstellen.

Grundsätzlich orientieren sich die Abgaben der Fern-
sehveranstalter wie bisher bei den Kinobetreibern zu ei-
nem festen Prozentsatz an der Höhe der jeweiligen Ein-
nahmen. Sender mit einem Spielfilmanteil von unter
2 Prozent oder einem Gesamtumsatz mit Programmen,
die auch Spielfilme enthalten, von unter 750 000 Euro
im Jahr sind von der Abgabe befreit.

Wir müssen jetzt Änderungen vornehmen, damit wir
auf diesem Gebiet weiterhin so erfolgreich sein können,
wie es meine Vorrednerinnen und Vorredner schon be-
tont haben. Ich glaube, wir alle konnten in den letzten
Jahren feststellen, dass der deutsche Film nicht nur er-
folgreich ist – die Zahlen sind vom Kollegen Börnsen
genannt worden –, sondern auch cool geworden ist.


(Beifall der Abg. Monika Grütters [CDU/ CSU])


Die Verleihungen sind besser geworden, nicht nur beim
Deutschen Filmpreis, sondern auch beim Bayerischen
Filmpreis und bei allen anderen. Das sind coole Veran-
staltungen mit Glamour. Man kann mit Fug und Recht
sagen, dass wir uns hier in Deutschland nicht hinter
Hollywood verstecken müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Auch die Themen der Filme wurden angesprochen.
Sie sind nicht nur bildend, sondern auch gesellschafts-
abbildend. Das weiße Band wurde schon mehrfach ange-
sprochen; auch ich möchte den Film hervorheben. Ich
glaube, dass viele in diesem Land, denen ein solches
Drehbuch vorgelegt worden wäre, erst einmal überlegt
hätten, ob man so etwas machen kann, ob so etwas Er-
folg haben kann. Ich finde es absolut beeindruckend, wie
ein in Schwarz-Weiß gedrehter Film uns alle begeistert
hat.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir blicken hier auch dank des fraktionsübergreifen-
den Engagements, aber vor allem dank des BKM, Bernd
Neumann, und des DFFF auf eine großartige Erfolgsge-

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(C (D chichte zurück. Eine Erfolgsgeschichte drückt sich imer in vielen Zahlen, auch in Euro aus. 2009 wurden lle Mittel ausgeschöpft; seit 2007 konnten wir über 00 Projekte ganz unterschiedlicher Art realisieren, mit itteln in Höhe von über 178 Millionen Euro. Die da aus hervorgegangenen Filmproduktionen haben allein n der deutschen Filmwirtschaft Investitionen in Höhe on 1,1 Milliarden Euro ausgelöst. Darauf kann man ehr stolz sein. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich bedanke mich bei der Kollegin Claudia Roth für
en schönen Ausdruck, den sie gerade gewählt hat – bes-
er kann man es eigentlich nicht in einem Satz zusam-
enfassen –: Das Kino soll im Dorf bleiben. – Mir ge-

ällt der Satz sehr gut, weil er genau zu unserem
nspruch passt. Wir wollen die kulturelle Grundversor-
ung flächendeckend gewährleisten, nicht nur in den
roßstädten, sondern, wo es möglich ist, wirklich in je-
em einzelnen Dorf. Jetzt kann man sagen, dass die Ro-
antik durch die Digitalisierung etwas verloren geht,
eil es keine zerrissenen Filmrollen mehr gibt und es
icht mehr vorkommt, dass die Spulen nicht rechtzeitig
ewechselt werden, weil der Vorführer anderweitig be-
chäftigt ist. Das finde ich persönlich ein bisschen
chade. Trotzdem ist es ein großes Anliegen, das wir alle
nterstützen, dafür zu sorgen, dass diejenigen, die viel
eld und Leidenschaft in den Betrieb eines kleinen oder
ittleren Kinos stecken, weiterhin vertreten sein kön-

en.


(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten – ich hoffe,
as tun Sie auch –: Ich schenke Ihnen die letzte Minute
einer Redezeit, damit wir früher nach Hause kommen

nd wir alle heute Abend, wenn möglich, in ein ländli-
hes Kino gehen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Heute ist doch Fußball!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704708700

Das Wort hat der Kollege Burkhardt Müller-Sönksen

on der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Burkhardt Müller-Sönksen (FDP):
Rede ID: ID1704708800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

etzt hat Kollegin Bär natürlich Zeitdruck ausgelöst.
uch ich will Sie nicht davon abhalten, heute Abend in

hr ländliches Kino zu gehen.

Mit der vorliegenden Novelle ist unter der Modera-
ion von Staatsminister Neumann ein richtungsweisen-
er Kompromiss gelungen, der die deutsche Filmwirt-
chaft in die Lage versetzt, die Filmförderung vor allem





Burkhardt Müller-Sönksen


(A) )


)(B)

aus eigenen Mitteln – das unterscheidet uns von den Lin-
ken – voranzutreiben. Diesen Kompromiss begrüßen wir
ausdrücklich. Wir freuen uns auch darüber, dass gemein-
sam mit der SPD und den Grünen die breite Mehrheit
dieses Hauses dem Gesetzentwurf zustimmen wird. Das
ist ein deutliches Signal in Richtung Karlsruhe: Nicht die
Gerichte, sondern wir hier im Parlament machen Film-
politik in Deutschland.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Um aber den Film zu fördern – ich möchte einen an-
deren Bereich ansprechen und mich den vielen Gedan-
ken der anderen anschließen –, bedarf es aus unserer
Sicht weiterer Maßnahmen. Der Schaden durch Raubko-
pien und illegale Downloads betrifft nicht, wie häufig
angenommen, nur die großen Produktionen aus den
USA, sondern schadet auch den deutschen Produktionen
und damit dem Mittelstand immens. Hier ist neben dem
Engagement der Branche in jedem Fall auch die Politik
gefragt.

Für uns Liberale ist die Wahrung des Urheberrechts
eine staatspolitische Aufgabe.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir beobachten daher seit einigen Monaten die Grün-
dungsbemühungen einer Partei, die das Urheberrecht
gänzlich infrage stellt, mit großer Sorge. Wer den Schutz
geistigen Eigentums nicht anerkennt, der wird auch in
anderen Bereichen vor Rechtsbrüchen nicht haltmachen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir ermutigen die Branche, auch im Kampf gegen die
Piraterie an einem Strang zu ziehen. Ein zentrales Mittel
zur Bekämpfung der Piraterie ist aus unserer Sicht die
Entwicklung attraktiver Geschäftsmodelle, die den Nut-
zerinnen und Nutzern interessante Alternativen zu ille-
galen Downloads bieten.


(Beifall der Abg. Brigitte Zypries [SPD])


Ebenso wie wir die Bekämpfung der Piraterie als ge-
meinsame Aufgabe mit der Privatwirtschaft begreifen,
müssen wir die Zusammenarbeit mit der Filmwirtschaft
intensivieren, um die Filmförderungsanstalt an die Be-
dingungen einer modernen Mediengesellschaft anzupas-
sen. In Deutschland wird großes Kino geboten. Sorgen
wir dafür, dass das so bleibt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wie Sie wissen, schlägt mein Herz für alle Medien
gleichermaßen, also nicht nur für das Kino. Ich schließe
mich den Grünen und hier Claudia Roth gerne an: Die
immer noch sogenannten neuen Medien entwickeln sich
rasant, und der Prozess der Medienkonvergenz schreitet
unaufhaltsam voran. Weil die Grenzen zwischen den ein-
zelnen Medien verwischen, ist es im Sinne einer konse-
quenten Weiterentwicklung nur zeitgemäß, auch über die
Möglichkeit einer übergreifenden Förderung für die ge-

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(C (D amte deutsche Kreativwirtschaft im Bereich der Conent-Erstellung nachzudenken. Besonders im Blick habe ch dabei die Herstellung und den Vertrieb von Compuerspielen – auch andere Medien sind in diesem Zuammenhang gefragt –, die vielfach Vorbild für die Digialproduktionen im Kino gewesen sind. Hier könnte die FA weitere Einzahlergruppen gewinnen, die sie, wie as laufende Verfahren vor dem Bundesverfassungsgeicht zeigt, dringend benötigt. Abschließend wünsche ich mir daher, dass wir geeinsam die FFA als wichtigste bundesweite Förde ungsanstalt für die Kreativwirtschaft zukunftsfähig mahen. Gehen Sie heute Abend ins Kino um die Ecke! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1704708900

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

un der Kollege Marco Wanderwitz von der CDU/CSU-
raktion das Wort.


Marco Wanderwitz (CDU):
Rede ID: ID1704709000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In

nserem täglichen Leben sind Medien im Allgemeinen
nd Filme im Besonderen so präsent, dass sie die Gesell-
chaft ein ganzes Stück weit beeinflussen. So weit kann
an, glaube ich, gehen. Unser Bild von der Welt wird

urch das Medium Film, besonders durch die großen Ki-
ofilme, geprägt.

Ich finde es toll, dass der Film – das ist schon ange-
prochen worden – immer neue Rekordzahlen erreicht.
m letzten Jahr gab es 146 Millionen Kinobesucher; das
st die höchste Besucherzahl seit 20 Jahren. Fast ein
rittel der Produktionen sind deutsche Produktionen; so
iele waren es noch nie. 14 der in Deutschland produ-
ierten Filme haben es im letzten Jahr geschafft, ein Mil-
ionenpublikum zu erreichen. Das ist großes Kino.

Einen wesentlichen Beitrag zu diesem erfreulichen
ufstieg des Kultur- und Wirtschaftsgutes Film hat der

n der vergangenen Legislaturperiode von Kulturstaats-
inister Bernd Neumann initiierte Deutsche Filmförder-

onds geleistet. Das war eine große Erfolgsgeschichte,
ie auch in der Breite anerkannt wird. Die wichtigste
äule für die Filmförderung in Deutschland ist jedoch
ie Filmförderungsanstalt, die FFA, ein Eigenentwick-
ungsinstrument der Filmwirtschaft. Die Mittel werden
ben nicht aus dem Staatshaushalt, sondern durch Bei-
ragszahlungen der Verwerter von Kinofilmen aufge-
racht, also von den Kinos, der Videowirtschaft, den öf-
entlichen und privaten Fernsehveranstaltern sowie den
ermarktern von Bezahlfernsehen. Als Gesetzgeber ha-
en wir lediglich den gesetzlichen Regelungsrahmen
orgegeben, und zwar deshalb, weil die Branche uns da-
um gebeten hat.

Weil der Kino- und Videosektor seine Abgaben bisher
uf gesetzlich festgeschriebener Grundlage leisten
usste und die Fernsehveranstalter freiwillige Abgaben





Marco Wanderwitz


(A) )


)(B)

auf vertraglicher Basis geleistet haben, sah das Bundes-
verwaltungsgericht hier ein verfassungsrechtliches Pro-
blem. Wir haben uns entschlossen, vorbeugend tätig zu
werden. Das heißt nicht – das sage ich bewusst für das
Protokoll –, dass wir uns der Meinung des Bundesver-
waltungsgerichts anschließen. Wir wollen vielmehr
Rechtssicherheit schaffen und die FFA – die Problematik
wurde schon beschrieben – schnell vollständig hand-
lungsfähig machen. Eine grundsätzliche Veränderung
der Finanzierungssystematik, an die man in diesem Zu-
sammenhang denken könnte, lehnen wir aber ganz be-
wusst ab.

Wir glauben, dass durch die Einführung des neuen ge-
setzlichen, vorteilsgerechten Abgabemaßstabes Abga-
bengerechtigkeit für die Fernsehveranstalter und die An-
bieter von Bezahlfernsehprogrammen gewährleistet
wird. Auch die rückwirkende Geltung ab dem 1. Januar
2010 halten wir für verfassungsrechtlich einwandfrei.

Die Kläger gegen das derzeitige FFG hätten somit das
von Ihnen vorgegebene Ziel der Einzahlergerechtigkeit
theoretisch erreicht. Dennoch wird die Klage aufrecht-
erhalten, dennoch werden ständig neue Forderungen und
Begründungen nachgeschoben. Für mich ist der Ein-
druck ganz klar: Es geht um mehr als das, was jetzt vor-
getragen wird. Das System der Filmwirtschaft wird ein
Stück weit infrage gestellt. Dazu passt es, dass sich die
großen Kinos gar nicht auf unser Angebot zur Kinodigi-
talisierung eingelassen haben.

Frau Kollegin Krüger-Leißner, sicherlich sind wir
hinterher ein Stück schlauer, aber ich glaube trotzdem,
dass es richtig war, noch einmal ein Angebot vonseiten
der Politik, vonseiten der Bundesregierung zu unterbrei-
ten. Wir haben gesagt: Wir versuchen es mit einer Ver-
handlungsrunde. Das wird die letzte gewesen sein. Ich
glaube, darüber sind wir uns alle einig. Aber zumindest
haben wir noch einmal den Versuch gemacht. Das war
richtig, auch wenn er nicht fruchtbar war.


(Angelika Krüger-Leißner [SPD]: Ein bisschen Zeit haben wir aber verloren!)


– Wir haben ein bisschen Zeit verloren, zweifellos.

An dieser Stelle möchte ich eine andere Replik brin-
gen. Frau Kollegin Senger-Schäfer, es gibt durchaus
Filme – so war das vielleicht gemeint –, die sich refinan-
zieren. Sprich: Es ist schwer, fast unmöglich, ohne För-
derung zu produzieren. Es sollte aber nicht der Eindruck
entstehen, dass es keine Filme gebe, die sich rechnen. Es
gibt durchaus eine ganze Menge Filme, die sich rechnen.
Da wir gerade dabei sind, will ich noch einen Satz dazu
sagen: Das Beispiel mit dem Steuersatz des Ministers
hielt ich in diesem Zusammenhang für zumindest nicht
angebracht.


(Beifall der Abg. Dorothee Bär [CDU/CSU])


Mit dem nun geplanten Förderkonzept „Digitalisie-
rung der deutschen Kinos“ schaffen wir es, unter Einbin-
dung der Länder und der FFA mit aufeinander abge-
stimmten Fördermaßnahmen bis zu 80 Prozent der
Digitalisierungskosten für die kleinen und mittelständi-
schen Kinos abzubilden. Das ist ein Vorhaben aus unse-

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(C (D em Koalitionsvertrag, das wir damit umsetzen. Im Buneshaushalt 2010 stehen dafür bereits 4 Millionen Euro ur Verfügung. Die Politik – wie wir vorhin gehört haben, ist die Zutimmung in diesem Haus breit verteilt – übernimmt mit er heutigen Novelle und dem Förderkonzept Verantortung für die Zukunftsfähigkeit der deutschen Kinond Filmwirtschaft. Wir verbinden damit die eindringlihe Hoffnung und Erwartung, dass auch die großen inoketten dieser Verantwortung wieder nachkommen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704709100

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
esregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Ände-
ung des Filmförderungsgesetzes. Der Ausschuss für
ultur und Medien empfiehlt in seiner Beschlussemp-

ehlung auf Drucksache 17/1938, den Gesetzentwurf der
undesregierung auf Drucksache 17/1292 in der Aus-

chussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
em Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
ollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –
er enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist damit in zwei-

er Beratung bei Enthaltung der Fraktion Die Linke und
ustimmung der übrigen Fraktionen des Hauses ange-
ommen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz-

ntwurf ist mit den Stimmen der Unionsfraktion, der
PD-Fraktion, der FDP-Fraktion und der Fraktion
ündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion Die
inke angenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 29 a und 29 b auf:

a) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten
Ulrich Kelber, Marco Bülow, Rolf Hempelmann,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Verlängerung von Restlaufzeiten von Atom-
kraftwerken – Auswirkungen auf die Entwick-
lung des Wettbewerbs auf dem Strommarkt
und auf den Ausbau der Erneuerbaren Ener-
gien

– Drucksache 17/832 –

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrich
Kelber, Marco Bülow, Rolf Hempelmann, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Laufzeitverlängerung nicht mehr durchsetz-
bar – Energiekonzept neu justieren – Energie-
politische Bremse lösen

– Drucksache 17/1980 –





Vizepräsidentin Petra Pau


(A) )


)(B)

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Ulrich Kelber für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1704709200

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Schwarz-Gelb hat sich in eine atomare Wagen-
burg geflüchtet. Wenn sich die Anführer dieser schwarz-
gelben Truppe umsehen, sehen sie, dass sie ein kleines,
verlorenes Häuflein geworden sind. Um die Wagenburg
herum sind längst nicht mehr nur die Rothäute, die India-
ner,


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Auch die Kälber!)


nein, auch die eigene Kavallerie ist schon auf der an-
deren Seite, und bei einem der eigenen Anführer, dem
Umweltminister, weiß man nie, ob er innerhalb oder au-
ßerhalb der Wagenburg ist. Das scheint sich im Stunden-
rhythmus zu ändern.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meist ist er weg! Wo ist Herr Röttgen überhaupt?)


Wie damals bei Cowboys und Indianern sind auch hier
diejenigen in der Wagenburg die Friedensbrecher, die
Eindringlinge, die ihre eigenen Interessen brutal durch-
setzen wollen.

Das Interessante ist: Seit Beginn der Diskussion ha-
ben sich die Warnungen an dieses schwarz-gelbe Häuf-
lein in der Wagenburg massiv verstärkt. Allein schon die
Debatte über eine Verlängerung der Laufzeiten von
Atomkraftwerken und die Verzögerung der Entscheidun-
gen führt zu einem Zusammenbruch der Investitionen.
Es sind Ihre eigenen Bürgermeister und Kommunalräte,
die Sie auffordern, diesen Unsinn zu unterlassen,


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


der Deutsche Städtetag mit einer CDU-Oberbürgermeis-
terin an der Spitze. Die kommunalen Stadtwerke machen
deutlich, welche Verluste es für Stadtwerke in Bürger-
hand geben würde, wenn die Laufzeiten der Atomkraft-
werke der großen Energiekonzerne verlängert würden.
All diese Warnungen aus der Praxis interessieren die
schwarz-gelbe Atomwagenburg nicht.

Vor der Zementierung der Monopole wird gewarnt.
Jeder weiß, was Monopole bedeuten: ungerechtfertigt
hohe Preise und geringe Innovationen. Gibt es Ihnen
nicht zu denken, dass die letzten drei Präsidenten des
Bundeskartellamts unisono vor der Verlängerung der
Laufzeiten warnen? Herr Böge warnt in einem Gutach-
ten für die Stadtwerke. Der frühere Chef, Herr Heitzer,
warnt in seinem letzten Interview in diesem Amt vor ei-
ner Verlängerung der Laufzeiten, bevor er als Staatsse-
kretär im Wirtschaftsministerium in diese Regierung
wechselt. Auch der aktuelle Präsident – er wurde auf

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(C (D icket der FDP dorthin geschickt – warnt vor einer Verängerung der Laufzeiten. Wenn Sie nicht auf die Oposition hören, dann hören Sie an dieser Stelle zuminest auf die eigenen Leute. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das können Sie denen in dieser Koalition nicht zumuten!)


Vor einigen Wochen mussten Sie feststellen, dass aus
er Wagenburg wieder ein Wagen herausgebrochen
urde, nämlich der nordrhein-westfälische Wagen. Statt
ie Wagenburg zu öffnen, wurde sie noch kleiner zusam-
engefasst. Jetzt hat man sich entschieden: Wir umge-

en die verlorene Bundesratsmehrheit, obwohl es einen
rief der Ministerpräsidenten Koch und Oettinger gibt,

n dem steht, dass dies verfassungsrechtlich nicht mög-
ich ist, obwohl das Umweltministerium ein Gutachten
es bisherigen Verfassungsgerichtspräsidenten Papier in
ie Hand bekommen hat, in dem steht, dass das nicht
eht, obwohl BMI und BMJ als Verfassungsressorts
sie haben sie geradezu gezwungen, Ihnen eine Stel-

ungnahme zu liefern, in der steht, dass man ohne Bun-
esratszustimmung verlängern kann – zu dem Ergebnis
ommen, dass eine solche Entscheidung mit einem nicht
nerheblichen verfassungsrechtlichen Risiko verbunden
äre.

Das heißt, Sie wollen bewusst die Verfassung bre-
hen, um dann auf Zeit zu spielen. Sie hoffen, dass die
ntscheidung des Bundesverfassungsgerichtes nicht so-

ort fällt, sondern erst nach einigen Jahren. Ich sage Ih-
en: Wir bekämpfen das politisch, wir engagieren uns in
er Zivilgesellschaft, die dagegen aufsteht, wir werden
agegen klagen, und wir werden eine Eilentscheidung
es Bundesverfassungsgerichtes beantragen. Wir lassen
hnen das nicht durchgehen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kauch, ich bin insbesondere verwundert, wie die
DP im Widerspruch zu den eigenen Werten steht.


(Michael Kauch [FDP]: Tun wir doch nicht!)


arum schützen Sie einen Verfassungsbruch? Sie waren
inmal eine Rechtsstaatspartei. Warum schützen Sie die
entrale Energieerzeugung, anstatt den Bürgerinnen und
ürgern Freiheit mit dezentraler Energieerzeugung zu-

ückzugeben? Warum schützen Sie Monopole, statt den
ettbewerb zu fördern? Hören Sie denen zu, die Sie
arnen!

Die hohen Preise kann man ablesen. Ich habe mir die
erte noch einmal besorgt. Allein die Gewinne der bei-

en größten Energiekonzerne betragen über 16 Milliar-
en im Jahr.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das erinnert mich an Gazprom!)


as sind mehr als 200 Euro pro Bürgerin und Bürger.
ie beiden zusammen haben wohl mehr verdient als alle

nderen börsennotierten deutschen Unternehmen ge-
einsam. Das ist die Größenordnung, in der diese Mo-





Ulrich Kelber


(A) )


)(B)

nopole, deren Kraftwerke Sie jetzt über den bisherigen
gesetzlichen Rahmen hinaus verlängern wollen, übermä-
ßige Preise von den Privathaushalten und unserer Wirt-
schaft – zulasten der Wettbewerber und zulasten der Ver-
braucherinnen und Verbraucher – verlangen.

Ich hoffe, dass Sie mit dem Atomausstieg endlich Ih-
ren Frieden machen. Irgendwann muss man einsehen,
dass die Wagenburg so klein geworden ist, dass man
nicht mehr lange durchhalten kann. Jeder Tag, den Sie in
der Wagenburg verbringen, ist nicht nur ein parteitakti-
sches Problem für Schwarz-Gelb, sondern auch ein Pro-
blem für Deutschland; denn solange Sie auf dieser
Bremse stehen, wird nicht investiert. Selbst die Großen
wie RWE stellen andere Investitionen zurück. Die Stadt-
werke schreiben Ihnen doch: Wir investieren nicht, be-
vor wir wissen, wie das Umfeld ist, und wir werden
nicht investieren, wenn Sie die Atomkraftwerkslauf-
zeiten verlängern. – Andere Länder investieren jetzt in
diese Zukunftstechnologien und beginnen, uns zu über-
holen. Aber Sie stehen in Sachen Technologieentwick-
lung auf der Bremse und sorgen so dafür, dass Deutsch-
land seine Technologieführerschaft verliert. Das
erkennen immer mehr Menschen in unserer Gesell-
schaft.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich will Ihnen ein letztes Beispiel nennen. Auf meine
Initiative hin wurde in den Bonner Stadtrat der Antrag
eingebracht, die Abgeordneten der Region aufzufordern,
wegen der Verluste für die Städte nicht für eine Laufzeit-
verlängerung zu stimmen; zu den Abgeordneten in der
Region gehören neben mir unter anderem Norbert
Röttgen und Guido Westerwelle.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh! Armer Uli!)


Über diesen Antrag wurde mit den Stimmen von SPD,
Grünen, Linkspartei und CDU Beschluss gefasst. Das
heißt, Sie werden Post von Ihren eigenen Leuten bekom-
men und aufgefordert, diesen Unsinn zu lassen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und was hat Guido gemacht? – Gegenruf des Abg. Ulrich Kelber [SPD]: Das weiß ich nicht! Er ist ja kein Mitglied des Stadtrats!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704709300

Das Wort hat der Kollege Thomas Bareiß für die

Unionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Thomas Bareiß (CDU):
Rede ID: ID1704709400

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen!

Meine Herren! Lieber Herr Kelber, ich rate Ihnen, etwas
weniger Bonanza zu schauen und vielleicht einmal die
Realität anzuerkennen.

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(C (D Wenn Sie heute Mittag wirklich ernsthaft die Frage ufwerfen wollen, woran es liegt, dass wir in Deutschand weniger in die Energiewirtschaft investieren als otwendig wäre, dann rate ich Ihnen: Fragen Sie Herrn rittin, warum er in NRW gegen eine der modernsten WK-Anlagen in Europa eintritt und sagt, Datteln muss estoppt werden. Fragen Sie 50Hertz, einen der Übertraungsnetzbetreiber in den neuen Ländern, warum das nternehmen beim dringend notwendigen Leitungsausau in Thüringen nicht vorankommt. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil Sie keine Erdverkabelung zulassen! Das ist doch ganz einfach!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ragen Sie RWE und EnBW, warum sie es nicht schaf-
en, im Schwarzwald ein großes Projekt, das notwendig
st, um die erneuerbaren Energien auszubauen, nämlich
as Schluchseeprojekt, das Pumpspeicherkraftwerk, vo-
anzubringen. Es sind überall rot-grüne Allianzen, die
egen diese Investitionen stimmen. Überall versuchen
ie, diese Investitionen zu verhindern. Das ist das Pro-
lem, das wir in unserem Land haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Aha! Selbst in schwarzgelb regierten Ländern sind es also die Roten und die Grünen! Das ist ja interessant! So machtlos sind Sie? – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer blockiert denn in Baden-Württemberg?)


Sie haben die Frage gestellt: Brauchen wir die Lauf-
eitverlängerung? Ich möchte ganz kurz grundsätzlich
uf diesen Punkt eingehen. Meine Damen und Herren,
as ist mir sehr ernst: Wir sind seit zwei Jahren in der
chlimmsten Finanz- und Wirtschaftskrise in der jüngs-
en Geschichte unseres Landes.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da machen diese Unternehmen 60 Milliarden Euro Gewinn!)


iese Finanz- und Wirtschaftskrise hat einen Ursprung.
m Kern ist sie eine Verschuldungskrise.


(Ulrich Kelber [SPD]: Ist das die einzige Ursache?)


Ein Hauptbestandteil der Finanzkrise ist die Verschul-
ungskrise.

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass weltweit ein
roßteil unseres Wachstums und unseres Wohlstands in
en letzten Jahren auf Schulden basierte. Die große He-
ausforderung der nächsten drei bis fünf Jahre wird sein,
nsere Wachstums- und Wohlstandsimpulse aus anderen
otoren zu bekommen. Hier wird unter anderem die

nergiepolitik ein ganz zentraler Bestandteil sein. Ein
esentlicher Punkt wird sein, dass wir die erneuerbaren
nergien ressourcenschonend und effizient ausbauen


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen?)






Thomas Bareiß


(A) )


)(B)

und dass wir zu einer klimafreundlichen Energiepolitik
übergehen. Aber das schaffen wir nicht so schnell, wie
wir es bräuchten.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil Sie die ganze Zeit blockiert haben! Sie können doch nicht zehn Jahre blockieren und sich dann wundern, dass das so lange dauert!)


Die Kernfrage bei der Laufzeitverlängerung ist, ob
wir es schaffen, die Kernenergie bis 2022, wie Rot-Grün
beschlossen hat, durch erneuerbare Energien zu ersetzen.
Wir werden das bis 2022 nicht schaffen, weil wir enorme
Herausforderungen zu bewältigen haben; das müssen
auch Sie einmal anerkennen. Wir müssen das Netz aus-
bauen, und wir müssen Speichertechnologien aufbauen;
sonst werden wir die erneuerbaren Energien gar nicht ins
Netz integrieren können. Das sind die Themen, die wir
angehen müssen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Dann gehen Sie sie doch bitte einfach einmal an!)


Wir müssen uns jetzt die Frage stellen, wie lange wir da-
für brauchen, auch unter Berücksichtigung des Zieldrei-
ecks, dass wir auch zukünftig saubere, günstige und si-
chere Energie bereitstellen.

Unter diesen Prämissen müssen wir schauen, wie wir
bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir die Kernenergie durch
die erneuerbaren Energien ersetzen, diese Brücke gestal-
ten können.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hochmoselbrücke!)


Über diese Frage werden wir in den nächsten Wochen
diskutieren. Es geht nicht um Zahlenspielereien, ob das
also noch 4, 8, 12 oder 16 Jahre dauert, sondern wir wer-
den diese Frage in den nächsten Monaten fundiert und
sachgerecht beantworten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es wird dann auch darum gehen, wie wir die Bundes-
länder einbeziehen und wie wir vielleicht auch mehr Ge-
winne abschöpfen können, um in erneuerbare Energien
und auch in Netze zu investieren, und es wird auch um
die Sicherheit gehen. Über all diese Fragen werden wir
in den nächsten Wochen zielgerichtet diskutieren, und
wir werden sie beantworten, um relativ schnell zu einer
Entscheidung darüber zu kommen, wie lange wir die
Kernenergie noch brauchen.

Im Herbst werden wir uns dann mit den wirklich
wichtigen Themen beschäftigen, nämlich mit der Frage,
wie wir es schaffen, die Herausforderungen, die ich eben
beschrieben habe – Netzausbau, Speichertechnologien,
Gestaltung des Mix aus erneuerbaren Energien –, zu be-
wältigen. Diese Frage, über die wir hoffentlich sachge-
recht mit Ihnen diskutieren können, werden wir in den
nächsten Monaten beantworten.

Insofern freue ich mich auf die Diskussion über den
zukünftigen Energiemix. Ich glaube, die Kernenergie
wird und muss dabei eine wichtige Rolle spielen, auch
über die nächsten zehn Jahre hinaus.

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(C (D Herzlichen Dank. Das Wort hat die Kollegin Dorothée Menzner für die raktion Die Linke. Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! err Kollege Bareiß, ich fürchte ja fast, dass Sie das, as Sie hier erzählen, wirklich selber glauben. (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704709500

(Beifall bei der LINKEN)

Dorothee Menzner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704709600

ch frage mich dann allerdings, wieso sich die Bundesre-
ierung einen Sachverständigenrat für Umweltfragen
eistet,


(Franz Obermeier [CDU/CSU]: Da haben Sie recht!)


er vor wenigen Wochen ein umfangreiches Gutachten
orgelegt hat, wenn Sie noch nicht einmal dort hinein-
chauen, geschweige denn einmal darüber nachdenken.

Dieser Sachverständigenrat legt dezidiert klar, dass
ine Laufzeitverlängerung nicht notwendig, sondern
ontraproduktiv ist, und zwar sowohl ökologisch als
uch ökonomisch. Dieser Sachverständigenrat bestätigt
as, wofür die Mehrheit der Bevölkerung längst ist und
as sie fordert, nämlich den schnellstmöglichen Atom-

usstieg. Dieser ist sehr wohl unter Beibehaltung der
nergiesicherheit und unter Gewährung einer sicheren
ersorgung zu machen.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben nicht das Problem, dass die Grundlast
icht erreicht werden könnte, wir haben vielmehr das
roblem, dass Sie immer noch in Richtung der Grundlast
enken und glauben, die Atomkraft sei bei dem Umfang,
en die erneuerbaren Energien inzwischen angenommen
aben, mit ihnen zu kombinieren.


(Beifall des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ie Realität ist doch, dass Windanlagen und andere An-
agen für erneuerbare Energien inzwischen häufig abge-
chaltet werden, weil zu viel Strom vorhanden ist. Atom-
raftwerke sind dagegen – wir alle wissen das – nicht so
chnell und leicht regelbar.


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Das stimmt nicht! Nehmen Sie einmal zur Kenntnis, dass das nicht stimmt!)


olglich besteht hier ein Systemkonflikt zwischen den
nlagen für erneuerbare Energien und den Grundlast-
raftwerken, die Sie weiterlaufen lassen wollen.

Ich komme noch einmal zu dem Märchen, Atomstrom
ei so billig. Natürlich ist die Erzeugung von Atomstrom
n alten, abgeschriebenen Kraftwerken, bei denen man





Dorothée Menzner


(A) )


)(B)

darauf verzichtet hat, sie auf die neuesten Sicherheits-
standards nachzurüsten, billig. Sie vergessen daneben
immer wieder, dass der Steuerzahler seit Jahrzehnten
Abermilliarden Euro für diese Hochrisikotechnologie
gezahlt hat.

175 Milliarden Euro an Subventionen sind in den
letzten Jahren für die Atomenergie geflossen. Das sind
über 2 000 Euro je Bürger, vom Baby bis zum Greis.
Hierbei ist zum Beispiel das, was uns das Desaster der
Asse kosten wird, noch gar nicht eingerechnet. Das ist
also überhaupt nicht billig für die Bürgerinnen und Bür-
ger, von den Unsicherheiten und Gefahren einmal ganz
zu schweigen.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In den 17 Reaktoren sind in den letzten Jahren im
Schnitt 140 meldepflichtige Ereignisse und Störfälle auf-
getreten. Je älter ein Reaktor ist, desto mehr Risiken gibt
es; das ist nachgewiesen. Bei einer Laufzeit von über
20 Jahren steigt die Kurve exponentiell.

Es wird auch immer wieder das Märchen erzählt, wir
bräuchten die Atomkraft, weil wir CO2 sparen und ange-
sichts des Klimawandels dort aktiv werden müssten.
Wenn man die Gesamtbilanz berücksichtigt und die Ge-
winnung und den Transport der benötigten Rohstoffe mit
einbezieht, dann hat ein Atomkraftwerk eine schlechtere
CO2-Bilanz als jedes fossile Erdgas-Blockheizkraftwerk.


(Franz Obermeier [CDU/CSU]: Das ist Akrobatik!)


– Nein, das sind ganz normale Grundrechenarten.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulrich Kelber [SPD]: Das nennt man Wissenschaft, Herr Obermeier!)


Ich werde Sie an dieser Stelle nicht noch einmal auf
die Gefahrenpotenziale im laufenden Betrieb hinweisen.
Ich werde auch nicht über die Gefahren der Endlagerung
sprechen, auch wenn wir das immer wieder ausgiebig
tun müssen. Aber jede Bürgerin und jeder Bürger weiß
genau, mit welchen Gefahren die Endlagerung verbun-
den ist. Es zeigt sich tagtäglich im Asse-Untersuchungs-
ausschuss, welche Desaster mit ungewissem Ausgang
und vor allem mit ungewissen Kosten dadurch verur-
sacht werden.

Eine Laufzeitverlängerung ist nicht nur ökologisch
Schwachsinn, sondern auch ökonomisch. Sie behindert
den Ausbau erneuerbarer Energien und ist eine Rolle
rückwärts.

Sie können gerne Politik gegen die Mehrheit der Be-
völkerung machen. Das machen Sie in vielen Bereichen.
Aber ich prophezeie Ihnen, das wird Ihnen nicht beson-
ders gut bekommen. Das, was wir in den letzten Wochen
und Monaten in Berlin oder mit der Menschenkette er-
lebt haben, war nur ein sanfter Auftakt. Das können wir
gerne weiterführen, und das werden die Menschen auch
weiterführen; denn sie lassen sich nicht für dumm ver-
kaufen.

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(C (D (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Von daher unterstützen wir den SPD-Antrag. Wir hät-
en ihn gerne im Ausschuss noch etwas ausführlicher be-
aten, aber es ist auch in Ordnung, wenn Sie ihn heute
ur Abstimmung stellen wollen. Ich gebe aber die Hoff-
ung nicht auf, dass auch die Kolleginnen und Kollegen
er Union und der FDP noch dazulernen. Von daher
äre die Debatte hilfreich gewesen. Zumindest zum
hema Biosprit als Ersatz für fossile Brennstoffe hätten
ir noch Diskussionsbedarf. Dennoch werden wir zu-

timmen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Die Zeit drängt!)


Lassen Sie mich aber noch eine Bemerkung machen.
osehr ich Ihre Forderung unterstütze, die Gewinne der
KW-Betreiber abzuschöpfen, müssen Sie doch die
rage erlauben, warum das nicht schon in den elf Jahren
hrer Regierungszeit passiert ist.

Ich danke.


(Beifall bei der LINKEN – Ulrich Kelber [SPD]: Die Frage ist Ihnen aber in den elf Jahren schon ein paar Mal beantwortet worden!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704709700

Das Wort hat der Kollege Michael Kauch für die

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1704709800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Diese

oalition will den Weg in das regenerative Zeitalter ge-
en,


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Blockieren!)


nd wir werden diesen Weg auch gehen. Ich glaube, dass
s möglich ist, bis zum Jahr 2050 tatsächlich zu einer
ollversorgung mit erneuerbaren Energien zu kommen.
ber: Bis 2050 ist es noch 40 Jahre hin. Wir müssen uns
berlegen, wie wir in der Zwischenzeit die Energiever-
orgung sichern können. Darauf gibt die Opposition
eine Antwort, und wenn ein Vorschlag kommt wie von
en Grünen, dann der, als Puffer noch ein paar Gaskraft-
erke zu bauen. Damit machen wir uns weiter von Russ-

and abhängig. Das ist keine verantwortbare Energiepoli-
k.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Auch die SPD sollte sich zurückhalten. Sie haben es
n elf Jahren Regierungszeit nicht geschafft, ein Energie-
onzept vorzulegen,


(Ulrich Kelber [SPD]: Schmarrn!)


nd jetzt wollen Sie uns sozusagen in der Endphase des
rstellens unserer Energiekonzeption Vorgaben machen,
ie wir das Energiekonzept ausgestalten und rechnen

assen sollen. Wir als Koalition haben den Auftrag gege-
en, verschiedene Varianten, beispielsweise mit mehr
der weniger Atomenergie, berechnen zu lassen.





Michael Kauch


(A) )


)(B)


(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist nicht wahr!)


Dann werden wir sehen, was das für die Versorgungssi-
cherheit bedeutet und welche Kosten für die Bürgerin-
nen und Bürger entstehen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Sie sagen gerade die Unwahrheit, Herr Kauch!)


Uns geht es darum, einen Weg in das regenerative
Zeitalter zu finden, durch den wir die Bürgerinnen und
Bürger mit sicherer und bezahlbarer Energie versorgen
und dabei die Klimaschutzziele erfüllen. Das wird dieses
Energieprogramm leisten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren von der SPD, wir brauchen
keine Nachhilfe zur Verfassungsmäßigkeit. Unsere Jus-
tizministerin, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, steht
für die Verfassung. Sie wird dafür sorgen, dass es in die-
ser Frage eine verfassungsfeste Lösung geben wird, Herr
Kelber.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Sie hat auch ein gutes Gutachten abgegeben!)


Die Regierungsentscheidung, auf welchem Wege und
ob eine Lösung mit oder ohne Zustimmung des Bundes-
rates herbeigeführt wird, ist noch nicht gefallen. Das
Gutachten zeigt auf, dass eine maßvolle Laufzeitverlän-
gerung eine Möglichkeit ist.


(Ulrich Kelber [SPD]: Da steht drin, dass das mit einem nicht unerheblichen verfassungsrechtlichen Risiko verbunden ist!)


Es ist die Frage, was eine maßvolle Erhöhung der Lauf-
zeiten ist. Die Bundesjustizministerin wird dafür sorgen,
dass dieses Gesetz verfassungsfest sein wird. Im Gegen-
satz zu Ihnen werden wir nicht ein Scheitern vor dem
Bundesverfassungsgericht in Kauf nehmen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Jetzt schießt die Wagenburg aber wieder wild um sich!)


Bei der Pendlerpauschale, bei den Hartz-IV-Sätzen für
Kinder und als Sie Passagierflugzeuge abschießen lassen
wollten, haben Sie die Verfassung gebrochen. Das hat
das Bundesverfassungsgericht Ihnen bescheinigt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: In welcher Partei ist Herr Wolf noch einmal?)


Wir raten der Bundesregierung, die Koalitionsfraktionen
frühzeitig in die Entscheidung zur Laufzeitverlängerung
einzubeziehen. Es geht um die Dauer der Laufzeitverlän-
gerung sowie zusätzliche Sicherheitsanforderungen.

Genauso deutlich, wie Herr Bareiß es getan hat, sage
ich: Die Brennelementesteuer leistet einen Beitrag zur
Sanierung des Haushalts. Das ist die Begründung, mit
der sie im Kabinett beschlossen wurde. Sie kann aller-
dings nicht das letzte Wort zur Abschöpfung der Ge-
winne sein. Wir stehen dazu, dass die erneuerbaren
Energien Mittel aus diesem Bereich bekommen müssen.

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(C (D ll diese Fragen müssen im Zusammenhang mit dem nergiekonzept entschieden werden. Vielen Dank. Das Wort hat die Kollegin Sylvia Kotting-Uhl für die raktion Bündnis 90/Die Grünen. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin! aufzeitverlängerungen sind schlecht für den Ausbau er erneuerbaren Energien und der Kraft-Wärme-Koppung, für die Entwicklung fairer Wettbewerbsbedingunen, für die Dezentralisierung der Stromversorgung und ür die Sicherheit vor Atomunfällen und Störfällen, deen Risiko mit dem Alter der Atomanlagen steigt. Gut sind sie für die Taschen der Konzerne. Vielleicht ind sie auch gut für das Klima innerhalb der Koalition der zumindest der Union. Schlecht sind sie für das lima im eigentlichen Wortsinn, weil sie den Umbau zu iner nachhaltigen, effizienten Energieversorgung aufalten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704709900
Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704710000

Herr Kauch, vom Ziel her denken ist die Maßgabe,
ie nicht nur die Bundeskanzlerin immer vorgibt, son-
ern die uns auch alle Wissenschaftler vorgeben, wenn
s um Energie und Klimaschutz geht. Das bedeutet, eben
eine falschen Wege einzuschlagen. Das hat uns das
etzte Gutachten des SRU noch einmal eindringlich vor
ugen geführt.

Ich war immer der Meinung, der Kalte Krieg sei vo-
über. Wer von uns hat eigentlich jahrzehntelang geschla-
en? Deshalb erscheint mir die immer wieder beschwo-
ene Abhängigkeit von Russland als deutlich weniger
espenstisch als die Abhängigkeit von einer Risikotech-
ologie und die unendliche Vermehrung des Atommülls
ei einer völlig ungelösten Endlagerungsfrage.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Hälfte des Urans kommt übrigens auch aus Russland!)


Uran kommt übrigens – völlig richtig; danke schön,
ein Fraktionsvorsitzender – zum großen Teil auch aus
ussland.


(Heiterkeit)


Habe ich einen Fehler gemacht?


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Die meisten Kommunisten kommen da her!)


Die Redezeit ist knapp. – Zum Thema: Wir haben
eute bereits 5 800 Tonnen hochradioaktiven Atommüll.
800 Tonnen werden bis zum Ende des Atomausstiegs

azukommen. Die bis zum Ende des Atomausstiegs pro-
nostizierte Menge werden Sie bei einer Laufzeitverlänge-





Sylvia Kotting-Uhl


(A) )


)(B)

rung um 28 Jahre, die immer noch als Wunsch bei Ihnen
herumgeistert, verdoppeln, und das bei einer ungelösten
Frage der Endlagerung und einer dadurch provozierten
ungelösten Frage der Zwischenlagerung. Denn die Zwi-
schenlagerkapazitäten reichen schon bei einer Laufzeit-
verlängerung um zehn Jahre nicht aus; das müssten Sie ei-
gentlich wissen.

Nach der Vermehrung des Atommülls will ich noch
zur Vermehrung der Konzerngewinne kommen. Auch
das ist nicht ganz unwichtig.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Für Sie ist das wichtig!)


Die Landesbank Baden-Württemberg – die Baden-
Württemberger sind immer sehr interessiert am Rechnen;
ich komme auch aus Baden-Württemberg – hat ausge-
rechnet, dass bei einer Laufzeitverlängerung um 10 Jahre
76 Milliarden Euro zusätzliche Gewinne bei den Konzer-
nen anfallen. Bei 25 Jahren sind es 201 Milliarden Euro
zusätzliche Gewinne. Sie haben sich überlegt, wie Sie ei-
nen Teil davon bekommen können; das haben Sie bereits
im Koalitionsvertrag so festgelegt.

Die Landesbank Baden-Württemberg hat das übri-
gens deshalb ausrechnen lassen, weil sie ihren Kunden
empfehlen möchte, Aktien von EVU zu erwerben, weil
bei Laufzeitverlängerungen hohe Renditen zu erwarten
sind. Sie rechnen also völlig richtig. Es gibt Geld, und
die entscheidende Frage lautet: Wie kommt man daran?

Nun ist Ihnen die Brennelementesteuer eingefallen.
Diese wurde schon von anderen ins Spiel gebracht, wenn
auch aus anderen Gründen. Inzwischen gibt es wunder-
bare neue Entwicklungen. Das Handelsblatt berichtet
heute – ich zitiere –:

Im Kampf gegen die geplante Brennelementesteuer
sehen sich die Kernkraftwerksbetreiber gut gerüs-
tet. Sie verweisen auf die Atomausstiegsvereinba-
rung, die die rot-grüne Bundesregierung im Juni
2000 mit den Unternehmen geschlossen hat.


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulrich Kelber [SPD]: Das ist doch nur ein Gentlemen’s Agreement, Frau Reiche, oder?)


Aus ihrer Sicht schließt sie eine Besteuerung der
Brennelemente aus. Branchenmanager sagten dem
Handelsblatt, man werde notfalls gegen die Einfüh-
rung der Steuer klagen.


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen
lassen: Diejenigen, die seit der erhofften Übernahme der
Bundesregierung durch Sie nichts anderes zu tun haben,
als den Atomkonsens mit allen Mitteln, die ihnen zur
Verfügung stehen, zu brechen, berufen sich nun auf den
Atomkonsens. Dazu kann ich nur sagen: Wunderbar!
Welcome! Endlich erkannt, dass der Atomkonsens sein
Gutes hat!

Ich will Ihnen unsere Position zu einer Brennelemen-
testeuer darlegen. Selbstverständlich haben Sie recht,

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(C (D enn Sie behaupten, dass diese Steuer nicht in Zusamenhang mit einer Laufzeitverlängerung steht. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre auch nur verfassungswidrig!)


er käme auch auf eine solche Idee? Das steht ja nur im
oalitionsvertrag, der, wie wir wissen, in weiten Teilen
icht mehr gültig ist. Eine Brennelementesteuer ist si-
herlich richtig und hat in der Tat nichts mit einer Lauf-
eitverlängerung zu tun. Eine solche Steuer dient dazu,
ie immensen volkswirtschaftlichen Gewinne, die die
tomkraftwerksbetreiber inzwischen angehäuft haben,

bzuschöpfen. Das muss der Sinn einer Brennelemente-
teuer sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Frau Präsidentin, Herr Kauch meldet sich zu einer
wischenfrage. Zu spät?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704710100

Richtig, zu spät. Beachten Sie bitte das Signal an Ih-

em Rednerpult! Ihre Redezeit ist abgelaufen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Dann müssen Sie mich an anderer Stelle fragen, Herr

auch. Ich werde Ihnen gerne antworten.

Ich hoffe, dass Sie alle Warnungen, die Sie sowohl
on Ihren eigenen Gutachtern als auch aus allen anderen
reisen bekommen, ernst nehmen, dass Sie realisieren,
ass niemand in der Bevölkerung – außer Ihren Kon-
ernfreunden – eine Laufzeitverlängerung will, und dass
ie endlich richtig reagieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704710200

Zu einer Kurzintervention hat der Kollege Kauch das

ort.


Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1704710300

Frau Kollegin, Sie haben gesagt, dass im Koalitions-

ertrag die Einführung einer Brennelementesteuer zur
bschöpfung der Gewinne vorgesehen sei. Ich möchte
ie darauf hinweisen, dass diese Aussage falsch ist. Im
oalitionsvertrag steht, dass wir die Gewinne bei einer
aufzeitverlängerung abschöpfen wollen. Unabhängig
on dieser Frage hat das Kabinett die Einführung einer
rennelementesteuer im Zusammenhang mit dem Spar-
aket beschlossen.

Ich möchte Sie ausdrücklich darauf hinweisen, dass
ie Grünen in sieben Jahren Regierungszeit die anfallen-
en Gewinne der Atomwirtschaft – um in Ihrem Sprach-
uktus zu bleiben – nicht mit einer Brennelementesteuer
bgeschöpft haben. Wir haben im Koalitionsvertrag ver-
inbart, dass beispielsweise die Kosten der Asse-Sanie-
ung von den Kernkraftwerksbetreibern mitzutragen
ind. Genau das ist unter anderem die Begründung für
ie Brennelementesteuer, die das Kabinett beschlossen





Michael Kauch


(A) )


)(B)

hat. Es sind deshalb nicht unsere „Freunde in den Kon-
zernen“. Vielmehr haben Sie – die SPD elf Jahre und die
Grünen sieben Jahre – deren Gewinne geschützt; denn
Sie haben diese Gewinne zum Beispiel dadurch produ-
ziert, dass man im Emissionshandel erst sehr spät zu
Versteigerungen übergegangen ist und dass dann Emis-
sionsrechte dort eingepreist wurden, wo es – beispiels-
weise für die Kernkraftwerke – gar keine einzupreisen
gab.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist auch der Grund, warum bis 2005 nicht abgeschöpft werden konnte!)


Es ist diese Koalition – und nicht die jetzigen Opposi-
tionsfraktionen –, die an die Zusatzgewinne der Unter-
nehmen herangeht, die diese auf Kosten der Stromver-
braucherinnen und -verbraucher erzielt haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Willkommen in der Realsatire! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Kauch als Antikapitalist!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kauch, die Vorgaben der EU kennen Sie als er-
klärter Europäer sicherlich mindestens genauso gut wie
ich; diese muss ich also jetzt nicht erklären. Natürlich ist
in Ihrem Koalitionsvertrag nicht von einer Brennelemen-
testeuer die Rede. Ihr Denken war damals weit entfernt
von einem solchen Begriff. Aber Sie haben gesagt: Die
Zusatzgewinne sollen abgeschöpft werden. Richtig! Ab-
geschöpft werden sollen diejenigen Gewinne, die durch
die Laufzeitverlängerung zusätzlich erzielt werden.

Selbstverständlich hat Rot-Grün keine „Zusatzge-
winne“ abgeschöpft; schließlich war von einer Laufzeit-
verlängerung überhaupt nicht die Rede. Ich darf daran
erinnern: Wir wollten die Laufzeiten nicht verlängern.
Wir wollen das auch heute nicht, und wir werden ge-
meinsam in diesem Haus gegen eine Laufzeitverlänge-
rung eintreten. Ich gebe Ihnen Brief und Siegel darauf,
dass Sie mit Ihrer Absicht, die Laufzeiten zu verlängern,
nicht durchkommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die Notwendigkeit der Einführung einer Brennele-
mentesteuer ergibt sich für mich daraus – ich sage es Ih-
nen noch einmal –, dass die Atomwirtschaft auch in den
letzten zehn Jahren bis heute – Stichworte: Morsleben,
Asse, Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe; es gab auch
andere enorme Kostensteigerungen – immense Schulden
bei der Bevölkerung aufgehäuft hat. Damit diese Schul-
den nicht von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern,
sondern von den eigentlichen Verursachern getilgt wer-
den, wollen wir die Brennelementesteuer. Sie haben
richtig benannt: Es geht darum, die Privilegien der
Atomwirtschaft und ihre durch den CO2-Emissionshan-
del erzielten ungerechtfertigten Gewinne abzuschöpfen.

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(C (D (Michael Kauch [FDP]: Genau das steht im Kabinettsbeschluss!)


as hat aber überhaupt nichts mit den Laufzeitverlänge-
ungen zu tun.

Dass Sie gestern auf die Idee kamen, jeglichen Zu-
ammenhang zu bestreiten, das mag Ihnen glauben, wer
ill. Ich tue es, mit Verlaub, Herr Kauch, nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704710400

Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Franz

bermeier das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Franz Obermeier (CSU):
Rede ID: ID1704710500

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Wir

üssen uns darauf einstellen, dass uns in der vor uns lie-
enden Zeit jede Woche irgendein Antrag aus der rot-
rünen Ecke vorgelegt wird, der sich mit dem Thema
aufzeitverlängerung auseinandersetzt.


(Ulrich Kelber [SPD]: So ist es! Da können Sie sicher sein!)


ie gesamte Debatte, auch die erste Halbzeit dieser Aus-
prache, wird mit wenig faktenreichen und nur mit ideo-
ogischen, nicht sachgerechten Argumenten geführt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann bringen Sie doch einmal Fakten! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb sind Sie als Redner vorgeschlagen! – Ulrich Kelber [SPD]: Zahlen! – Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollen Fakten!)


Ich möchte Beweise dafür liefern, dass die SPD im
rinzip völlig unfähig ist, die Probleme unseres Landes

n der Stromversorgung von der Priorität her richtig ein-
uordnen. Wenn wir gemeinsam das Ziel verfolgen wol-
en, in den nächsten Jahren die erneuerbaren Energien
ernünftig voranzubringen, dann wäre es wesentlich
pannender, darüber zu debattieren, wie wir die Pro-
leme in unserem Land, die sich aus dem Zusammen-
irken der erneuerbaren Energien insgesamt ergeben,

ösen. Wir alle miteinander haben in den zurückliegen-
en Jahren den Fehler gemacht, dass wir die Volatilität
esentlicher Formen der erneuerbaren Stromerzeugung
iel zu wenig gewürdigt haben.


(Ulrich Kelber [SPD]: Sie haben persönlich die Förderung behindert!)


Jetzt haben wir das Problem, dass wir bei der For-
chung und bei den Methoden hinsichtlich moderner und
ffizienter Speichertechnologien weit hintenanstehen
nd dass wir Jahre brauchen, um unsere Probleme so zu
ösen, dass wir die erneuerbaren Energien in ihrer Volati-
ität an die Grundlast heranführen können.





Franz Obermeier


(A) )


)(B)


(Frank Schwabe [SPD]: Sie wollen sie doch gar nicht!)


Das einzig Sinnvolle im SPD-Antrag ist die Behand-
lung der Frage – sie wurde im Übrigen bis jetzt noch gar
nicht diskutiert; schließlich ist sie für Sie als Linke unbe-
deutend –,


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


wie wir im Falle einer Laufzeitverlängerung Wettbe-
werbsverzerrungen für die anderen Betreiber im Hin-
blick auf Mittel- und Grundlast vermeiden können.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie doch mal was zu den 7 Milliarden, die den Stadtwerken verlorengehen!)


Jetzt komme ich darauf zu sprechen, dass wir mit den
Atomstromerzeugern darüber verhandeln müssen, wie
wir die sich aus einer Laufzeitverlängerung ergebenden
Vorteile so nutzen können, dass auf der einen Seite keine
Nachteile für die sonstigen Produzenten entstehen und
dass auf der anderen Seite eine vernünftige und zu recht-
fertigende Abschöpfung des zusätzlichen Gewinns er-
folgt, ohne dass es zu erhöhten Strompreisen kommt.


(Ulrich Kelber [SPD]: Was ist mit Investitionen?)


Liebe Koleginnen und Kollegen, der von SPD und
Grünen immer wieder erhobene Vorwurf, dass wir der
Stromwirtschaft mit der Laufzeitverlängerung den Zu-
gang zu den erneuerbaren Energien erschweren, geht
völlig an der Sache vorbei.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir haben die erneuerbaren Energien bis zum heutigen
Tag nicht dem Markt und Wettbewerb ausgesetzt. Sie
sind Markt und Wettbewerb nicht unterworfen. Wir ha-
ben per Gesetz die Preise festgelegt, und wir haben per
Gesetz festgelegt, dass es einen Einspeisezwang für er-
neuerbare Energien gibt. Wer hier mit Blick auf her-
kömmliche Stromerzeugungsarten von Wettbewerbsver-
zerrung spricht, betreibt pure Volksverdummung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Das ist eine arme Haltung zu den Erneuerbaren! Wenn das Herr Röttgen wüsste! Er ist nicht da, weil er wusste, dass der Obermeier redet!)


Die Leute müssen wissen: Auch die christlich-liberale
Regierung will es dabei belassen, dass die Stromerzeu-
gungsformen auf der Basis erneuerbarer Energien den
Vorzug des Einspeisevorrangs behalten, bis wir sie an
die Marktfähigkeit herangeführt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Machen Sie mal den Markt Erneuerbaren-fähig und nicht umgekehrt!)


Jetzt reden wir noch über die Preisgestaltung. Der be-
schleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien wird
auch dazu führen – darüber müssen wir alle uns im Kla-
ren sein –, dass der Preisaufschlag auf den Strom durch

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(C (D ie erneuerbaren Energien, der bis jetzt einigermaßen arginal war, für die kleinen Haushalte eher zu vernach ässigen war, in den nächsten Jahren in eine Größenordung kommt, die wir beachten müssen, insbesondere für ie mittelständische Wirtschaft. Ich habe das einmal ein bisschen nachgerechnet. Wir erden im laufenden Jahr beim Aufschlag in die Gröenordnung von 2 Cent für die Kilowattstunde kommen. m Laufe der nächsten paar Jahre wird es zu einem Aufchlag von 3 Cent kommen. (Ulrich Kelber [SPD]: Die AKWs machen 5 Cent Gewinn!)


as ist der Zuschlag, zu dem es kommen wird, wenn wir
en Ausbau wie geplant weiterbetreiben.

Jetzt bitte ich Sie, zu bedenken, dass das für unsere
ittelständische Wirtschaft, die auch Strom verbraucht
da gibt es Branchen, die viel Strom verbrauchen –, zu

iner Größenordnung wird, die uns zu Reaktionen veran-
assen könnte; ich bin da noch recht vorsichtig. Es wird
ine relevante Größe werden, und dann müssen wir uns
berlegen, wie wir Wettbewerbsnachteile, beispiels-
eise in der Nahrungsmittelindustrie, ausgleichen kön-
en.

Ich rate uns allen, dass wir die Diskussion über die
rage, wie wir die Stromwirtschaft gesetzlich begleiten,
achlicher führen als in den zurückliegenden Wochen
nd Monaten und dass wir alles im Auge haben, auch die
erechtigten Sorgen der Kernkraftgegner; denn das ist
eboten und angezeigt. Wir von der christlich-liberalen
oalition jedenfalls werden alles tun, dass wir diese Dis-
ussion auf sachlicher Ebene führen können.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704710600

Das Wort hat der Kollege Marco Bülow für die SPD-

raktion.


(Beifall bei der SPD)



Marco Bülow (SPD):
Rede ID: ID1704710700

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Die Laufzeitverlängerung als Brücke ins Solarzeital-
er“, so titeln Sie. Aber die Brücke ist eine Krücke, näm-
ich eine Krücke, um die alte Atompolitik noch irgend-
ie zu rechtfertigen, ihr irgendeinen modernen Touch zu
eben, um an ihr festhalten zu können. Das ist es: keine
rücke, sondern eindeutig eine Krücke.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Genau diese Krücke sollten wir uns einmal an-
chauen. Es wird ja immer gesagt: Wenn die Atomkraft-
erke jetzt nacheinander abgeschaltet werden müssen,
ehen bei uns die Lichter aus. Es wird von der sogenann-
en Stromlücke gesprochen. Schauen wir uns doch ein-
al an, wie viel Strom die AKWs überhaupt produzie-

en!





Marco Bülow


(A) )


)(B)

Die sieben ältesten AKWs haben in den letzten vier
Jahren zusammen 6,9 Prozent unseres Stroms produ-
ziert; im Jahr 2007 waren es sogar nur 4,8 Prozent, weil
eine Vielzahl der Atomreaktoren gar nicht in Betrieb
war, weil AKWs wegen Pannen abgeschaltet worden
waren. Sie tragen also nicht zu einer sicheren Versor-
gung bei, sondern bringen nur 4,8 Prozent. Das ist exakt
die Menge an Strom, die wir schon heute, ohne den Zu-
bau von erneuerbaren Energien, ohne weitere Effizienz-
gewinne, exportieren. Diese Atomkraftwerke gehören
endlich abgeschaltet!


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulrich Kelber [SPD]: Das sind Zahlen, Herr Obermeier, was? Da müsst ihr mal zuhören! – Gegenruf des Abg. Franz Obermeier [CDU/CSU]: Das ist so irrational!)


In der Diskussion wird als zweites Argument ange-
bracht: Die Erneuerbaren sind noch nicht so weit. Wir
brauchen noch viel Zeit, damit die Erneuerbaren in den
Markt integriert werden. – Herr Obermeier, Sie haben
gerade dazu Stellung genommen. Ich frage mich nur,
warum die CDU/CSU seit Jahren blockiert hat, dass die
Markt- und Netzintegration eingeführt wird. Warum sind
Sie überhaupt erst in den letzten Jahren auf den Zug auf-
gesprungen und haben gesagt: „Das EEG bzw. die Er-
neuerbaren sind der richtige Weg“? Wenn wir die Dis-
kussion vor zehn Jahren geführt hätten, wären wir mit
der Markt- und Netzintegration schon deutlich weiter.


(Franz Obermeier [CDU/CSU]: Da war RotGrün dran! Das hättet ihr ohne uns machen können!)


Wir als SPD-Fraktion sprechen nicht nur über den Er-
satz durch Erneuerbare, sondern auch darüber, dass wir
die Effizienz steigern müssen. In Bezug auf Effizienz ha-
ben wir vier Jahre mit Ihren Wirtschaftsministern – es
waren zwei – gerungen, dass überhaupt einmal ein Effi-
zienzgesetz auf den Tisch gelegt wurde, das diesen
Namen überhaupt verdient. Es gab da kein bisschen Effi-
zienz.

In Ihrem neuen Koalitionsvertrag ist das Wort „Kraft-
Wärme-Kopplung“ noch nicht einmal enthalten. Auch
das ist ein Symptom, das deutlich macht, dass wir die
Lücke füllen können, die durch fehlende Atomkraft-
werke entstehen würde. Das wird sehr, sehr schnell ge-
hen. Man muss nur die richtigen Maßstäbe setzen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Als ich anfing, mich mit den Erneuerbaren zu be-
schäftigen – daran kann ich mich gut erinnern, ich war
damals noch nicht im Bundestag –, hatte ich eine Dis-
kussion mit einem Landtagsabgeordneten der FDP, ei-
nem Vertreter der großen Stromkonzerne sowie einem
Kommunalpolitiker der CDU. Die waren alle 20 oder
30 Jahre älter als ich. Sie haben mich ausgelacht, als ich
sagte, man könne mit den Erneuerbaren die Strommenge
in einigen Jahren verdoppeln und ihren Anteil deutlich
über 10 Prozent bringen. Sie alle haben mir mit der

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(C (D eisheit ihres Alters erklärt: Das wird niemals gelingen, echnisch ist es überhaupt nicht möglich, die Erneuerbaen über 10 Prozent zu bringen. Heute haben wir einen Anteil von über 16 Prozent. ittlerweile lacht niemand mehr darüber. Jetzt versu hen Sie, neue Ausreden zu finden, warum wir die tomenergie noch brauchen und Erneuerbare auf die ange Bank schieben sollten. Das ist die Realität. Außerem manifestiert und festigt das Weiterlaufen der Atomraftwerke – Herr Kelber hat das schon angesprochen – ie Monopolstruktur. Gerade der Städtetag bzw. viele ommunen und kommunale Versorger regen sich da über auf, dass die Atomkraftwerkslaufzeit verlängert erden soll. Sie wollten nämlich in kleinere, effizientere raftwerke bzw. in erneuerbare Energien investieren. iese Investitionen werden jetzt nicht stattfinden. Und enau das verhindert den Ausbau der erneuerbaren Enerien. Deswegen passt es nicht zusammen, zu sagen: Wir ollen die Laufzeitverlängerung, aber trotzdem die Ereuerbaren fördern. Beides geht nicht. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es wäre wenigstens ehrlich, wenn Sie sagen würden:
as ist keine Brücke für uns, sondern für uns ist die
tomenergie die wichtigste Energiequelle. Dann könn-

en wir uns wenigstens auseinandersetzen. Sie tun immer
o, als ob Sie irgendwie noch für Atomenergie sind, aber
ur noch während einer Übergangszeit. In Wirklichkeit
ind Sie weiter große Freunde der Atomenergie. Es liegt
uf der Hand, warum. Denn jedes Atomkraftwerk, das
bgeschrieben ist, bringt täglich 1 Million Euro. Bei
7 Atomkraftwerken bedeutet das über 6 Milliarden
uro Reingewinn im Jahr. Damit ist klar, warum Sie
ufseiten der Lobby stehen und mit aller Macht versu-
hen, eine Verlängerung zu erreichen, obwohl der größte
eil der Bevölkerung dagegen ist.

Dass Sie jetzt mit dem Pflaster Brennelementesteuer
ommen – das ist unsere Idee, die Sie kopiert haben; wir
ollten sie aber einführen, ohne dass die Laufzeiten ver-

ängert werden –, wird im Endeffekt nicht viel ändern.
or allen Dingen deshalb wird sich nicht viel ändern,
eil Sie – das habe ich jetzt gehört, Herr Kauch – das
eld für den Haushalt benutzen und nicht für erneuer-
are Energien einspeisen wollen. Insofern frage ich
ich, wo das Geld herkommen soll, mit dem die Er-

euerbaren gefördert werden sollen.

Zum Schluss: Wir brauchen keine Krücke, sondern
ine solide und starke Brücke ins Solarzeitalter. Dazu
ehört, aus der Atomenergie auszusteigen, die fossilen
raftwerke langsam zurückzufahren und vor allem die
rneuerbaren massiv auszubauen und die Energieeffi-
ienz zu steigern. Das ist die Brücke, die wir brauchen,
nd daran sollten wir gemeinsam arbeiten.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)







(A) )


)(B)


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704710800

Der Kollege Klaus Breil hat für die FDP-Fraktion das

Wort.


(Beifall bei der FDP)



Klaus Breil (FDP):
Rede ID: ID1704710900

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

legen! Das Heraufsteigen einer Leiter geht nur Stufe um
Stufe, so sagt es ein Sprichwort. Sie hingegen wollen aus
dem Stand auf die oberste Sprosse springen. Dieser
Sprung wird – ebenso wie Ihre Forderungen – ins Leere
gehen.

Zu Ihrer Forderung 3 Prozent mehr Energieprodukti-
vität pro Jahr von 1990 bis 2020. Schon 20 dieser
30 Jahre sind ohne große Erfolge vorbei. 11 Jahre davon
hat die SPD regiert. Erreicht hat sie nur einen Bruchteil.
Jetzt sollen wir in 10 Jahren alles richten. Ich danke für
Ihr Vertrauen; denn Sie wissen, dass nur wir das geregelt
bekommen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Die FDP hat diesen Beschluss mit gefasst!)


Bis 2020 sollen 35 Prozent des Stroms aus erneuerba-
ren Energien erzeugt werden. Ihr früherer Umweltminis-
ter Gabriel hat immer 30 Prozent vorgegeben. Es ist ein
typischer Oppositionsreflex: Bei den anderen darf es im-
mer etwas mehr sein. So gehen Sie in Ihrem Antrag vor.
Im Vergleich zu Ihren Meseberg-Beschlüssen aus der
Regierungszeit wird immer etwas draufgesattelt. Das
hört sich gut an, ist aber fern der Realität. Für Sie scheint
Deutschland eine Insel, eingebettet in ein Meer der ener-
getischen Glückseligkeit, zu sein. Sie meinen, Deutsch-
land müsse bei dem bedingungslosen Ausstieg vorange-
hen, egal was der Rest der Welt macht.


(Ulrich Kelber [SPD]: 160 andere Staaten haben auch keine Atomkraft!)


Aus meiner Sicht ist das gefährlich. Historisch sind wir
mit solchen Ansichten nie gut gefahren. Tatsachen schei-
nen Sie zudem völlig auszublenden: 129 Kernkraftwerke
werden um Deutschland herum betrieben, 25 weitere
sind im Bau.


(Ulrich Kelber [SPD]: Wo? – Marco Bülow [SPD]: 40 wurden abgeschaltet in den letzten Jahren!)


Weltweit sind derzeit 438 Kernkraftwerke in Betrieb. In
absehbarer Zeit werden es über 600 sein,


(Ulrich Kelber [SPD]: Das sagt ja noch nicht einmal die Internationale Energie-Agentur! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


nur nicht in Deutschland, wenn es nach Ihnen ginge. Es
mag klappen, bei der Energieerzeugung bis 2050 auf
100 Prozent erneuerbare Energien zu kommen. Aber wir
brauchen verantwortbare Übergangsszenarien. Die
Kernkraft ist eine CO2-freie und kostengünstige Brücke
zu den erneuerbaren Energien in der Übergangszeit.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


m die Brückenfunktion zu erreichen, müssen aber ei-
ige Anforderungen erfüllt werden, um zu 100 Prozent
rneuerbare Energien zu kommen.

Sie verschweigen vor allem zwei Pferdefüße: Sie set-
en ein funktionierendes und intelligentes Stromnetz vo-
aus. Doch dies benötigt europaweit Investitionen von
irca 1 000 Milliarden Dollar allein bis zum Jahr 2020,
o die Zahlen der Internationalen Energie-Agentur. Des-
alb brauchen wir ein klares Bekenntnis zu einem massi-
en Netzausbau, und dies sowohl qualitativ als auch
uantitativ.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie ignorieren, dass die vorausgesetzten Speicher-
öglichkeiten für Strom bisher nur als Utopie existieren.
eshalb brauchen wir eine nationale Offensive für die
peicherforschung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


enn der Sachverständigenrat für Umweltfragen, auf
en Sie sich beziehen, rechnet sich einiges schön: Man
önne in Deutschland unter Zuhilfenahme von Druck-
uftspeichern zu jeder Stunde des Jahres die Stromnach-
rage decken, und das, ohne auch nur eine Kilowatt-
tunde Strom zu importieren. Der Sachverständigenrat
etzt dabei in seinen Darstellungen Druckluftspeicherka-
azitäten von 32 bzw. 37 Gigawatt in Deutschland als
egeben voraus. Darstellbar ist das derzeit nicht, glaub-
ürdig noch weniger. Denn der einzige in Deutschland

xistierende Druckluftspeicher hat eine Leistung von
,3 Gigawatt, also von gerade einmal 1 Prozent des ge-
orderten Volumens.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Das zum Thema Zahlen! – Zuruf des Abg. Ulrich Kelber [SPD])


Hören Sie zu. – So schreibt das Gutachten wörtlich:

Die bisher in Deutschland vorhandenen Druckluft-
speicherkapazitäten sind damit im Vergleich zum
erforderlichen Speicherbedarf in der Größenord-
nung von Terawattstunden praktisch unbedeutend.

Wir hingegen erarbeiten ein Energiekonzept, das
ehr ist als ein Wunschzettel zum Klimaschutz. Unser
onzept hat die ökonomischen Wirkungen verschiede-
er Handlungsoptionen fest im Blick und macht diese
erechenbar.


(Marco Bülow [SPD]: Ihr Konzept ist von Lobbyisten geschrieben!)


ir hängen Preisschilder an unsere politischen Ziele. Je-
er soll wissen, was ihn erwartet. Deshalb beziehen wir
tomenergie in unsere Rechnungen mit ein. Das fordert
ie Verantwortung, das verlangt die Vernunft.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)






Klaus Breil


(A) )


)(B)

Vernunft ist im Übrigen ein Aspekt, der mir in dieser
Diskussion bei Ihnen am meisten fehlt. Vernünftig wäre
es von Ihnen, allen Bürgern zu sagen, was sie ein starres
Festhalten am Atomausstieg kosten wird.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704711000

Das Wort hat der Kollege Jens Koeppen für die

Unionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Jens Koeppen (CDU):
Rede ID: ID1704711100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir leisten uns in Deutschland immer noch eine völlig
irrationale Technikfeindlichkeit, und Sie leisten sich im-
mer noch eine Ignoranz der Realität,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


und das in einem Industrieland, in dem Ingenieurswesen,
Handwerkskunst, Technologieoffenheit und Innova-
tionsfreude uns zu Wohlstand und Ansehen gebracht ha-
ben.


(Marco Bülow [SPD]: Es sind die Erneuerbaren und nicht die Atomkraftwerke!)


– Das können Sie nicht wissen; Sie sind Journalist, Herr
Bülow.


(Marco Bülow [SPD]: Alle Journalisten sind also doof! Danke schön!)


Die Technikfeindlichkeit zieht sich durch alle Berei-
che: Die Gentechnik, ob es die rote, grüne oder weiße
ist, wird verteufelt.


(Ulrich Kelber [SPD]: Sie sind gefangen in Ihren eigenen Vorurteilen!)


Die ganz neue Nanotechnologie wird verteufelt. Gestern
hatten wir die Debatte über ITER. Auch dieses Projekt
wird verteufelt, ohne zu forschen, ohne zu überlegen,


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie? Ohne zu überlegen?)


ohne zu schauen, was es für uns bringen könnte. Die
chemische Industrie wird verteufelt, die Automobil-
industrie wird verteufelt


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach!)


und letztendlich auch zum Beispiel der Transrapid. Wir
sind nicht einmal in der Lage, ein paar Kilometer Trans-
rapid-Strecke zu bauen, wollen diese Technologie aber
in die Welt exportieren.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen doch keinen Fortschritt! Alles soll so bleiben, wie es ist! Sie sind doch der Fortschrittsverhinderer!)


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(C (D Das setzt sich fort bei der Energie. Sie sind gegen ernenergie. (Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Blasen Sie sich doch nicht so auf! – Sie sind gegen
ohleenergie. Teilweise sind Sie sogar gegen die Wind-

nergie. Ihre Kollegen in der Uckermark, in meinem
ahlkreis, wo es sehr viel Windenergie gibt, haben Bür-

erinitiativen gegen die Windkraftanlagen ins Leben ge-
ufen, weil diese nicht so gut aussehen und nachts blin-
en. Was ist das denn?


(Franz Obermeier [CDU/CSU]: Da schau her! Hauptsache dagegen!)


Auch gegen die Solarenergie sind Sie; denn auch da-
urch könnten ja „Tank oder Teller“-Diskussionen her-
orgerufen werden. Sie sind gegen Biomasse, gegen
CS und gegen Netzausbau, wodurch letztendlich
indenergie in den Süden transportiert werden soll.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind vor allem gegen die CDU!)


Wenn sich diese Verteufelung vor dem Hintergrund
er jeweiligen Ideologie und ohne Sachverstand, gepaart
it Unwissenheit sowie Falsch- und Fehlinformationen

o fortsetzt, ist das ein Zeichen von partikularem Egois-
us. Das können wir uns in Deutschland nicht leisten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh!)


Dieses Szenario findet sich überall: Man will die Pro-
uktion, aber nicht die Produkte. Im Falle der Energie ist
s so, dass man die Energie will, aber nicht die Produk-
ion. Sie wollen den Strom aus der Steckdose, sagen aber
icht, wie er dorthin gelangen soll.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tata, tata, tata! – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt ist es nicht mehr Satire, jetzt ist es nur noch peinlich!)


as ist der typische NIMBY-Effekt: Not in my back
ard, nicht in meinem Hinterhof! Das weitet sich immer
ehr aus. Setzt sich dieser Trend fort, werden wir in
eutschland weder industriepolitisch vorankommen
och unsere Klimaschutzziele erreichen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nun zu Ihrer Anfrage. Sie haben 38 Fragen gestellt.
ch fasse sie einmal zu einer Frage zusammen: Soll
eutschland Industrieland bleiben, ja oder nein?


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Lachen des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


eisten wir uns eine Deindustrialisierung mit allen Kon-
equenzen im Wirtschaftsbereich,


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau, Morgenthau-Plan! Deutsch Jens Koeppen )





(A) )

land muss wieder zur Wiese werden! So sieht
das aus!)

dem Verlust von Arbeitsplätzen, Herr Trittin, weniger
Wohlstand und – das dürfte auch Sie interessieren – we-
niger Umwelt- und Naturschutz in den Ländern, wo die
Energie dann erbracht wird? Das wollen wir nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Lassen Sie mich zum Kern der Anfrage kommen. Ich
akzeptiere ja, wenn Sie in Bezug auf eine bestimmte
Technologie besonders skeptisch sind. Ich akzeptiere
aber nicht, wenn Sie die Notwendigkeit eines Energie-
mixes leugnen. Richtig ist: Wir wollen erneuerbare
Energien. Aber in Ihrem Antrag steht, dass der Anteil
der erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2020 wahr-
scheinlich 35 Prozent beträgt. Jetzt müssen Sie mir ein-
mal sagen, wie Sie die Stromlücke von 65 Prozent inner-
halb der nächsten zehn Jahre schließen wollen. Wollen
Sie das mit russischem Erdgas erreichen? Russland ver-
stromt dann mit seiner eigenen Kohle bei einem Wir-
kungsgrad der Kraftwerke von 34 Prozent; bei uns liegt
der Wirkungsgrad bei 44 bis 47 Prozent. Das hätte mit
Umwelt- und Klimaschutz nichts, aber auch gar nichts
zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wollen Sie die Stromlücke mit polnischem Kohlestrom
oder mit der Kernenergie aus Frankreich oder Tsche-
chien schließen?

Ich habe mir den Energiemix anders vorgestellt. Wir
brauchen mindestens bis zum Jahre 2020 noch Alternati-
ven. Denn wenn es beim Atomausstieg bliebe, dann wür-
den wir nicht aus der Kernenergie aussteigen, sondern
aus der Kernenergieerzeugung. Das ist ein himmelweiter
Unterschied. Wir kaufen fleißig weiter Strom aus Frank-
reich


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


und Polen ein. Das ist typisch für die „Käseglocke
Deutschland“. Wir haben dann zwar keine Kernkraft-
werke mehr, aber wir kaufen fleißig Kernenergie ein.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich wusste gar nicht, dass die Uckermark eine Hochburg des Karnevals ist! – Ulrich Kelber [SPD]: Die Franzosen kaufen jede Kilowattstunde, die wir ihnen geben können!)


Ich will nicht, dass Energie zum Luxusgut wird, dass
wir unsere Kraftwerke abschalten und dann die Auslas-
tung veralteter, unsicherer Anlagen in den osteuropäi-
schen Ländern erhöhen. Meine Bitte ist: Warten wir die
Studie mit der Szenarienrechnung ab! Dann können wir
realistisch über Restlaufzeiten sprechen.

Meine Damen und Herren, wir brauchen dringend ei-
nen ideologiefreien Energiemix,

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU – Lachen des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Ulrich Kelber [SPD]: Sie haben keine Ahnung! Wir sind Exporteuropameister beim Strom!)


nd zwar im Zieldreieck, Herr Kelber, von Versorgungs-
icherheit, von Wettbewerbsfähigkeit und von Klima-
chutz. Wenn wir dies beachten, dann sind wir erfolg-
eich.


(Ulrich Kelber [SPD]: Die Leitungen nach Frankreich glühen, so viel Strom verkaufen wir dahin!)


Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Ihr habt doch zwei oder drei, die die richtigen Zahlen kennen! Schickt doch die als Redner und nicht den! Unglaublich!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704711200

Zu einer Kurzintervention hat der Kollege Ott das

ort.


Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704711300

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege

oeppen, das war eine wirklich „fortschrittliche“ Rede,
ie Sie hier gehalten haben. Sie hätte vielleicht ins vor-
etzte Jahrhundert gepasst angesichts der Dinosaurier-
echnologien, die Sie uns hier als Hochtechnologie emp-
ehlen.


(Marco Bülow [SPD]: Trotzdem wären die Zahlen falsch gewesen!)


Ich möchte Sie daran erinnern: Obwohl im Jahre 2008
indestens vier bis zeitweise sieben Atomkraftwerke

bgeschaltet waren, war Deutschland dennoch Strom-
xporteur. Unter anderem wurde Strom nach Frankreich
xportiert.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das können Sie nachlesen, Herr Koeppen!)


as heißt also, wir brauchen die Atomkraftwerke nicht.
m Gegenteil: Wir können es uns leisten, alle Atomkraft-
erke bis 2020/21 abzuschalten.

Wir kennen die Vorhersagen des Sachverständigenra-
es für Umweltfragen. Sie waren bei der Präsentation im
mweltausschuss anwesend. Ich weiß nicht, was Sie da
emacht haben. Wahrscheinlich haben Sie die gesamte
eit in irgendwelchen Unterlagen geblättert. Es gibt die
rojektionen des Sachverständigenrates für Umweltfra-
en, und es gibt die Projektionen der Branche selber, die
orgerechnet hat, dass sie bis zum Jahr 2020 47 Prozent
es deutschen Stromverbrauchs mit erneuerbaren Ener-
ien decken kann. Andere Vorhersagen gehen noch da-
über hinaus.

Ich bitte Sie also, sich das nächste Mal etwas besser
u informieren, bevor Sie hier solche Wahrheiten aus
em vorletzten Jahrhundert präsentieren.





Dr. Hermann Ott


(A) )


)(B)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen nicht antworten! Das wird nur peinlich! – Ulrich Kelber [SPD]: Korrigieren Sie mal Ihre falschen Zahlen! Wer exportiert denn jetzt? Wir nach Frankreich oder Frankreich nach Deutschland?)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704711400

Sie haben das Wort zur Erwiderung.


Jens Koeppen (CDU):
Rede ID: ID1704711500

Lieber Herr Ott, ich habe die Projektionen im Um-

weltausschuss sehr wohl zur Kenntnis genommen und
festgestellt, dass sie interessant sein können. Aber Sie
kennen sicherlich das Märchen „Drei Haselnüsse für
Aschenbrödel“.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie erinnern mich eher an Pechmarie!)


Sie verhalten sich ähnlich wie Aschenbrödel. Sie neh-
men eine Haselnuss, wünschen sich etwas, aber um Mit-
ternacht sind Sie wieder verschwunden.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt ist Mitternacht für SchwarzGelb!)


In zehn Jahren einen Anteil der erneuerbaren Ener-
gien in Höhe von 47 Prozent zu haben, wird nicht mög-
lich sein. Nehmen Sie doch einfach einmal zur Kenntnis:
Selbst wenn wir das schaffen würden, was sollen wir
dann im Hinblick auf die restlichen 50 Prozent machen?
Es gäbe in zehn Jahren immer noch eine Stromlücke von
50 Prozent. Würden Sie einmal die Frage beantworten,
wie Sie diese Lücke schließen wollen?


(Ulrich Kelber [SPD]: Importieren oder exportieren wir jetzt Strom?)


Wenn Sie diese Frage nicht beantworten, dann bleibt es
bei meiner Einschätzung, dass Sie technikfeindlich und
realitätsfern sind. So kommen wir industriepolitisch und
klimapolitisch nicht weiter.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Ich stelle die Frage noch schriftlich, ob wir importieren oder exportieren! So kommen Sie aus der Sache nicht heraus!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704711600

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
Fraktion der SPD auf Drucksache 17/1980 mit dem Titel
„Laufzeitverlängerung nicht mehr durchsetzbar – Ener-
giekonzept neu justieren – Energiepolitische Bremse lö-
sen“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dage-
gen? – Der Antrag ist abgelehnt.

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(C (D Ich rufe den Tagesordnungspunkt 30 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales ten Matthias W. Birkwald, Klaus Ernst, Heidrun Dittrich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Zur Stabilisierung des Rentenniveaus: RiesterFaktor streichen – Keine nachholenden Rentendämpfungen vornehmen – Drucksachen 17/1145, 17/1804 – Berichterstattung: Abgeordneter Anton Schaaf Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege eter Weiß für die Unionsfraktion. Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle en! Die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland asiert auf einem sehr wichtigen Prinzip, nämlich auf em Prinzip der Solidarität der Generationen untereinaner. Deswegen sage ich mit großem Ernst: Wer diese Soidarität unter den Generationen zerstört, der zerstört uch das Rentenversicherungssystem. (Beifall bei der CDU/CSU – Katja Mast [SPD]: Das machen Sie doch gerade!)


(11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordne-


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1704711700

Die Linken wollen mit ihrem Antrag, der heute bera-
en wird, ein Stück aus dem solidarischen System der
entenversicherung herausreißen und damit Solidarität
erstören. Deswegen gibt es darauf von uns eine klare
ntwort: Nein zur Entsolidarisierung im deutschen Ren-

enversicherungssystem.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Richtig ist, dass sich wegen der vor allen Dingen in
ot-grüner Regierungszeit in das Rentensystem einge-
ügten sogenannten Dämpfungsfaktoren eine Erhöhung
er durchschnittlichen Löhne nicht mehr in vollem Um-
ang auf die Erhöhung der Renten auswirkt. Das hat ei-
en einzigen Grund: Die Rente muss für diejenigen, die
eute, und erst recht für diejenigen, die morgen und
bermorgen in die Rentenversicherung einzahlen, finan-
ierbar bleiben. Die Beitragssätze dürfen nicht ins Uner-
essliche steigen, sondern werden auf 20, maximal

2 Prozent begrenzt, damit es jungen Menschen noch
paß macht, arbeiten zu gehen und Rentenversiche-
ungsbeiträge zu zahlen.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Und eine Hungerrente zu kriegen!)


as ist der einzige Grund.





Peter Weiß (Emmendingen)



(A) )


)(B)


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf von der LINKEN: Ein Ausspielen der Generationen!)


Solidarität ist eben keine Einbahnstraße. Das Prinzip der
Solidarität fußt darauf, dass diejenigen, die ein Leben
lang gearbeitet haben, durch eine angemessene Renten-
zahlung eine Anerkennung dieser lebenslangen Leistung
erhalten und denjenigen, die fleißig Steuern und Bei-
träge zahlen, genug zum Leben übrig bleibt, gleichzeitig
aber die Finanzierung der solidarischen Rentenversiche-
rung wie auch der anderen Sozialversicherungssysteme
leistbar bleibt. An dieser Solidarität wollen wir festhal-
ten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Im Übrigen müssen – das ist jetzt nur ein freundlicher
Hinweis – die sogenannten Dämpfungsfaktoren der Ren-
tenformel nicht immer zu einer Verminderung bei der
Rentenanpassung führen. Ich darf daran erinnern, dass
der sogenannte Nachhaltigkeitsfaktor – so heißt einer
dieser Dämpfungsfaktoren – in den Jahren 2007 und
2008 angesichts der guten Entwicklung auf dem deut-
schen Arbeitsmarkt dazu geführt hat, dass die Renten
leicht gestiegen sind.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Aber nicht der Riester-Faktor!)


Deswegen ist es eine falsche Behauptung, die Dämp-
fungsfaktoren würden bei einer möglichen Rentenanpas-
sung immer zu einer Senkung führen.

Der Antrag, den die Linke vorlegt, ist aktuell-populis-
tisch auf dieses Jahr gemünzt, ein Jahr, in dem wir die
Krise zu spüren bekommen. Wenn der Antrag angenom-
men würde, würde das bedeuten, dass sich bei der Ren-
tenanpassung dieses Jahr rein gar nichts ändern würde.
Es handelt sich also um einen sogenannten Nullantrag.
Eine großartige Leistung der Linken! Auch deswegen
werden wir ihn ablehnen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wir denken nicht populistisch, sondern langfristig!)


Die wichtigste Botschaft heute ist: Der 1. Juli, von
dem wir nur noch wenige Tage entfernt sind, ist immer
der Tag, an dem die Rentenanpassung durchgeführt
wird, also die Veränderung beim Zahlbetrag der Renten
eingeleitet wird. Die krisenhafte Entwicklung, ausgelöst
durch die Finanz- und Kapitalmarktkrise, hat dazu ge-
führt, dass in Deutschland im vergangenen Jahr das
durchschnittliche Lohnniveau leider nicht gestiegen,
sondern gesunken ist. Das würde nach der schon seit
Jahrzehnten geltenden Rentenformel bedeuten, dass wir
am 1. Juli dieses Jahres zum ersten Mal in der Ge-
schichte unseres Landes die Zahlungen an die Rentnerin-
nen und Rentner nicht nur nicht erhöhen könnten, son-
dern wir sie senken müssten. Für genau diesen
Augenblick haben wir bereits in Zeiten der Großen Ko-
alition vorgesorgt, und zwar mit der sogenannten Ren-
tengarantie. Obwohl das sinkende Lohneinkommen der
Deutschen im vergangenen Jahr nach der Logik unseres

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(C (D entensystems, das seit Jahrzehnten gilt, dazu führen ürde, dass man die Rente absenken müsste, wird es am . Juli eine Nullrunde geben. Eine Nullrunde ist nicht oll. Aber eine Nullrunde ist besser als eine Absenkung. eswegen ist das eine großartige Leistung. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die großartige Solidarität unter den Generationen be-
teht darin, dass die Beitragszahlerinnen und Beitrags-
ahler, die selber wenig in der Tasche haben, und der
taat mit seiner Unterstützung dafür sorgen, dass die
entnerinnen und Rentner vor den negativen Auswir-
ungen der Krise geschützt werden und wissen, dass an
hrer Rente nicht herumgedoktert wird, obwohl wir in
eutschland schwere Zeiten durchmachen. Das ist Soli-
arität mit den Rentnerinnen und Rentnern, mit den älte-
en Menschen in unserem Land. Das bedeutet aber auch
mgekehrt, dass die Rentnerinnen und Rentner die not-
endige Solidarität mit den Jungen zeigen müssen, da-
it es denen in Zukunft wieder besser geht und sie von

em, was sie erarbeiten, zukünftig auch wieder mehr ha-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der LINKEN: Verteilen Sie gerecht! Dann haben die Jungen was davon!)


Ich finde, heute ist nicht der Tag, um irgendwelche
eeren Versprechungen zu machen. Wir sollten vielmehr
esthalten: Die großartige Stabilisierung der Sozialversi-
herungssysteme, die uns in dieser Krise mit massiver
taatlicher Unterstützung gelungen ist, hat dazu geführt,
ass wir in diesem Jahr in Deutschland einen Rückgang
er Arbeitslosigkeit erleben, wogegen es in allen ande-
en Mitgliedstaaten der Europäischen Union einen Zu-
achs an Arbeitslosigkeit gibt. Diese großartige Solida-

ität der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler und des
taates führt dazu, dass die Renterinnen und Rentner in
eutschland zwar keine großen Sprünge machen können
das ist wahr –


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704711800

Herr Kollege Weiß, achten Sie bitte auf die Zeit und

as Signal!


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1704711900

– jawohl. Ich bin doch schon beim Schlussakkord –,


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704712000

Ja, aber das schon seit über einer Minute.


(Heiterkeit)



Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1704712100

– aber dass sie auch keinen Verlust erleiden. Ich finde,

uf diese großartige Leistung können wir zu Recht stolz
ein.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )


)(B)


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704712200

Das Wort hat die Kollegin Katja Mast für die SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Katja Mast (SPD):
Rede ID: ID1704712300

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Der Kollege Peter Weiß hat vieles gesagt, was rich-
tig ist. Ich glaube aber, dass wir die unsozialen Kür-
zungsvorschläge, die uns die Bundesregierung in dieser
Woche vorgelegt hat und die letztendlich im Kern den
Generationenvertrag an ganz anderer Stelle aufkündigen,
nicht außer Acht lassen dürfen. Es schreit deshalb gera-
dezu danach, dass ich im Hinblick auf die Generationen-
gerechtigkeit etwas zu diesen Kürzungsvorschlägen
sage.


(Zurufe von der CDU/CSU)


Nach vier Tagen, seitdem das Sparpaket von
Schwarz-Gelb bekannt ist, weiß jeder in Deutschland:
Gekürzt wird bei den kleinen Leuten, und die Gutverdie-
ner verdienen weiter gut. Selbst aus Ihrer Fraktion
schallt ein Chor von Stimmen: So nicht! – Der Sozial-
und Bildungspolitik, also unser aller Zukunft, ziehen die
Streichungen von Schwarz-Gelb den Boden unter den
Füßen weg. Frau Merkel verspricht – wir alle haben es
gehört –: Bei der Bildungspolitik wird nicht gekürzt.


(Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Im Gegenteil, hier wird sogar angehoben!)


– Es wird sogar angehoben, sagt der Kollege.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es freut mich, wenn wir in die Zukunft investieren. Aber
bei dieser Kürzungsdiskussion wird vergessen, dass der
wirkliche Bildungshaushalt im Bund nicht das Ministe-
rium von Annette Schavan betrifft, sondern das Ministe-
rium für Arbeit und Soziales; denn dort wird über die
tatsächlichen Bildungsinvestitionen entschieden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Es wird wieder bei den Ärmsten der Armen gekürzt!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, es
werden bis zu 20 Milliarden Euro im Bereich der aktiven
Arbeitsmarktpolitik eingespart. Das betrifft den Haushalt
von Bundesministerin von der Leyen. Ich frage mich,
warum sie das zulässt. Gerade sie müsste doch wissen,
dass wir am Arbeitsmarkt das Fordern und Fördern brau-
chen. Das gehört zusammen.

Wir haben in der Großen Koalition gemeinsam im
Bereich der Arbeitsmarktpolitik viele Rechtsansprüche
auf Bildung geschaffen. Wir haben den Rechtsanspruch
auf den Hauptschulabschluss geschaffen. Wir haben den
Rechtsanspruch auf Spracherwerb geschaffen. Wir ha-
ben den Rechtsanspruch von Altbewerbern auf Ausbil-
dung geschaffen. Vor diesem Hintergrund muss man die
Formulierung verstehen, dass Pflicht- in Ermessensleis-
tungen umgewandelt werden. Das sind Kürzungen im
Bildungsbereich. Da nehme ich Sie beim Wort: Sie bege-

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(C (D en mit diesen Kürzungen Wortbruch; denn obwohl Sie esagt haben, dass Sie nicht bei der Bildung kürzen, tun ie das sehr wohl, und zwar im Haushalt für Arbeitund oziales. Dazu sage ich Ihnen: Nein. Im Ausschuss sagten Sie – wir haben in dieser Woche chon darüber diskutiert; der Staatssekretär sitzt auf der egierungsbank –, dass Sie die Pflichtleistungen, das echt auf Bildung, in Ermessensleistungen umwandeln. as hört sich zunächst einmal gut an: Vor Ort kann nach rmessen entschieden werden. Schauen wir uns das aber enau an: Wenn Sie 20 Milliarden Euro sparen möchten, ann führt das Ermessen zu einem Nein zum Recht auf ildung, Ausbildung und Weiterbildung. Sie wollen icht mehr fördern, sondern nur noch fordern: Das ist er Kern Ihrer Kürzung. Insofern begehen Sie mit Ihren aushaltskürzungen einen Wortbruch. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


iese Kürzungen gehen zulasten von Jugendlichen,
rauen, Migrantinnen und Migranten sowie Arbeitslosen.
er Wortbruch führt auch dazu, dass Menschen weniger
ut Arbeit finden. Letztendlich führt er dazu, dass – das
etrifft die Rente – weniger Menschen ihren Beitrag zum
enerationenvertrag leisten können.

Damit sind wir wieder bei unserem Thema.


(Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Jetzt hat sie die Kurve gekriegt!)


ir von der SPD-Bundestagsfraktion lehnen den Antrag
er Linksfraktion ab, und zwar deshalb, weil wir ein Ge-
amtkonzept zur Stabilisierung der Rente wollen; wir
ollen nicht an Einzelfaktoren herumdoktern. Man kann

m Zusammenhang mit einem Gesamtkonzept darüber
iskutieren, ob man etwas am Riester-Faktor ändert.
ber das muss eben im Rahmen eines Gesamtkonzepts
eschehen, nicht als Einzelmaßnahme. Deshalb lehnen
ir Ihren Antrag ab.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wenn wir ein Gesamtkonzept vorlegen, sprechen Sie von Sammelsurium!)


Uns geht es in der gesamten Debatte – das ist ein
ichtiger Hinweis an die Koalition – um die Generatio-
engerechtigkeit. Wir wollen Generationengerechtigkeit,
amit die Jungen die gleichen Möglichkeiten zum Ein-
tieg in den Beruf und die gleichen Möglichkeiten, durch
hrer Hände Arbeit ihr Leben zu finanzieren, wie diejeni-
en erhalten, die heute in Rente sind. Wir wollen es den
ungen genauso ermöglichen, ihren Beitrag zum Genera-
ionenvertrag zu leisten.

Ich weiß, dass viele Rentnerinnen und Rentner einen
ktiven Beitrag dazu geleistet haben und weiterhin leis-
en, indem sie jungen Menschen helfen, einen Ausbil-
ungsplatz zu finden, ihre Enkel unterstützen oder in der
achbarschaftshilfe aktiv sind. Dafür möchte ich von
ieser Stelle für meine Fraktion, die SPD-Bundestags-
raktion, ein herzliches Dankeschön sagen. Wir verges-
en viel zu oft, dass sich gerade die Älteren in unserer
esellschaft um die Jungen kümmern und dafür sorgen,
ass sie einen Ausbildungsplatz bekommen.





Katja Mast


(A) )


)(B)

Ich finde, die jungen Menschen sollten ein Recht auf
Ausbildung haben; auch das wollen Sie natürlich nicht.


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Ich wollte fast schon klatschen, Frau Mast!)


Sie wollen den Rechtsanspruch zugunsten des Ermes-
sens aufgeben und keine Haushaltsgrundlage dafür
schaffen, dass ein Ermessensspielraum wahrgenommen
werden kann. Das ist Ihre Politik; damit begehen Sie
Wortbruch. Ich will Sie an unsere Tradition in der Gro-
ßen Koalition erinnern: Denken Sie noch einmal darüber
nach, was Sie mit diesen Sparbeschlüssen auf den Tisch
gelegt haben! Denken Sie darüber nach, ob es wirklich
falsch ist, den Menschen im Bereich der Arbeitsmarkt-
politik ein Recht auf Bildung zu gewähren! Treiben Sie
Ihre Ministerin Frau von der Leyen, die diesen Kür-
zungsvorschlägen zugestimmt hat, vor sich her!


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Das hat sie nicht nötig! Sie läuft voran!)


Sie machen falsche Politik. Sie kündigen den Generatio-
nenvertrag. Sie nehmen den Menschen die Chance auf
Bildung. Denken Sie um! Kehren Sie um! Vielleicht fal-
len dann die Kürzungen nicht so unsozial aus, wie es
heute geplant ist. Ich habe nicht viel Hoffnung; aber ich
weiß, dass es einige von Ihnen so sehen wie ich. Ich
hoffe, dass diese sich in ihren Fraktionen durchsetzen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704712400

Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Dr. Heinrich

Kolb das Wort.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1704712500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich will gern auf die Anregung der Kollegin Mast einge-
hen, uns noch ein paar Gedanken zum Thema der Woche
zu machen. Ich halte das für einen verantwortlichen
Weg; der Antrag, über den wir heute diskutieren, lag uns
hier schon so oft vor – mit leichten Modifikationen –,


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Gut so!)


dass absehbar ist, dass wir uns auch in nicht allzu ferner
Zukunft bei einer Debatte zu diesem Thema wiedersehen
werden.

Frau Kollegin Mast, wenn Sie sagen, in Deutschland
breche jetzt der Sozialstaat zusammen, dann wirkt das
auf mich aus zweierlei Gründen wie aufgesetzt.


(Katja Mast [SPD]: Habe ich das gesagt?)


– Sie haben den Eindruck erweckt, als sei in dieser Wo-
che alles furchtbar. Jetzt werde so gespart, dass kein
Stein mehr auf dem anderen bleibe.

Erstens. Ich will Ihnen die Fakten nennen: In
Deutschland wurden im Jahre 1991, im Jahr nach der
deutschen Einheit, von Bund, Ländern und Kommunen,
im Bereich der Sozialversicherung insgesamt 423 Milliar-

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(C (D en Euro für soziale Zwecke ausgegeben. Im Jahr 2009 aren es 750 Milliarden Euro. Das ist ein Plus von rund 0 Prozent. Die Istzahlen für dieses Jahr kennen wir och nicht – sie können erst Ende des Jahres ermittelt erden –, aber es spricht vieles dafür, dass wir Ende die es Jahres wegen der großzügigen Förderung beispielseise der Kurzarbeit rund 765 Milliarden Euro aufbrinen müssen. Frau Kollegin Mast, Sie wollen den parbetrag von 5 Milliarden Euro im sozialen System ls sozialen Kahlschlag verkaufen. Das glauben Sie doch elbst nicht. Deswegen ist es heuchlerisch, was Sie eben ortragen haben. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Nein, das war die Wahrheit! – Katja Mast [SPD]: Sie kürzen bei der Bildung und sagen es uns nicht!)


Zweitens. Es ist umso aufgesetzter und heuchleri-
cher, als von den 5 Milliarden Euro, die im Bereich So-
iales gespart werden, der größte Teilbetrag in Höhe von
,8 Milliarden Euro auf die Einsparungen für die Ren-
enbeiträge für die Bezieher von Arbeitslosengeld II ent-
ällt.


(Bettina Hagedorn [SPD]: Das ist ein Verschiebebahnhof! Das ist kein Einsparen!)


Frau Kollegin Hagedorn, Ihr Zwischenruf wundert
ich, weil man der SPD im Jahr 2006 in der Großen Ko-

lition die gleiche Maßnahme mit dem gleichen Betrag
erkauft hat, was dann offensichtlich die Zustimmung
er Mehrheit in der SPD gefunden hat. Sonst hätte das
icht geschehen können.


(Pascal Kober [FDP]: Hört! Hört! – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Da hat er ausnahmsweise recht! – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist wahr!)


„Das ist wahr“, sagt der Kollege Kurth. – Das darf
uch nicht vergessen werden. Ich sage das vor dem Hin-
ergrund, dass Sie sich daranmachen, Punkt für Punkt
inter Ihre eigene politische Vergangenheit in diesem
aus einen Haken zu machen. Sie machen die Rolle

ückwärts. Aber, Frau Kollegin Hagedorn, Sie kommen
a nicht heraus.


(Katja Mast [SPD]: Sie begrüßen die Bildungskürzungen!)


ie haben das Gleiche vor vier Jahren auf den Weg ge-
racht. Sie wollen doch nicht behaupten, dass das, was
ie damals beschlossen haben, heute absolut unsozial
ei. Das glaubt Ihnen niemand.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich denke, dass wir mit Augenmaß handeln. Ich
laube, dass genau das, was in den vergangenen Jahren
n der Rentenpolitik geschehen ist, ein Handeln mit Au-
enmaß war. Die Linke will mit der Streichung des
iester-Faktors und des Nachhaltigkeitsfaktors errei-
hen, dass dämpfende Wirkungen entfallen und Nullrun-
en verhindert werden. Sie wollen – das ist der Duktus





Dr. Heinrich L. Kolb


(A) )


)(B)

Ihres Antrags – ein ausreichendes Versorgungsniveau im
Alter, unabhängig von den eigenen Beitragsleistungen.
Wie so oft bei Ihren Anträgen stellt sich die Frage: Wie
soll das am Ende finanziert werden?


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: So ist es!)


Am Ende läuft es auf eine steuerfinanzierte Grundsiche-
rung auf höherem Niveau hinaus, was aber schlicht und
einfach nicht finanzierbar ist.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Eben nicht! Beitragsfinanziert!)


Deswegen plädiere ich sehr dafür, dass wir weiter an un-
serer gut konstruierten Altersversorgung mit einer star-
ken gesetzlichen Säule der gesetzlichen Rentenversiche-
rung sowie privater und betrieblicher Vorsorge festhalten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Alle drei Faktoren zusammengenommen müssen den
Lebensstandard im Alter sichern.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das funktioniert doch nicht, Herr Kolb!)


– Das funktioniert sehr gut, Herr Birkwald. Ich stehe
völlig zu dem, was in der Vergangenheit auf den Weg ge-
bracht wurde.

Die Aussetzung der Dämpfungsfaktoren hat zu dem
Ergebnis geführt, dass Rentenkürzungen in der Vergan-
genheit vermieden wurden. Eine solche Maßnahme ist
nicht einfach – das will ich sagen –, aber sie hat dazu bei-
getragen, dass die Kaufkraft der Rentner in einer wirt-
schaftlich schwierigen Situation stabilisiert wurde. Da-
durch wurde die Konjunktur insgesamt stabilisiert. Wenn
man eine ausgewogene, nachhaltige Rentenfinanzierung
im Blick hat, muss man auch dafür eintreten, und wir tun
das. Wir sind dafür, dass nachholend Dämpfungen vorge-
nommen werden, wenn sich neue Spielräume ergeben.
Ansonsten gerät eines aus dem Blickwinkel, Herr Kol-
lege Birkwald, nämlich die Generationengerechtigkeit.

Das ist das, was ich Ihnen vorwerfe. Sie argumentie-
ren immer vom kurzen Ende her und treten mit entspre-
chenden Anträgen an. Sie wollen am liebsten jetzt und
hier und gleich Sozialleistungen verbessern. Dabei über-
sehen Sie, dass das, was heute nicht nachhaltig finanziert
wird, in 20, 30 Jahren von der dann steuer- und beitrag-
zahlenden Generation getragen werden muss.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Das ist genau der Punkt!)


Diese Generationengerechtigkeit im Auge zu behalten,
ist aus unserer Sicht wichtig. Deswegen lehnen wir Ihren
Antrag ab. Ich hoffe ein Stück weit auf Ihre Einsicht und
darauf, dass Sie uns künftig nicht im vierwöchigen
Rhythmus mit Anträgen dieser Art überziehen. Dafür
wäre ich Ihnen dankbar.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Das Wort hat der Kollege Matthias W. Birkwald für ie Fraktion Die Linke. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten amen und Herren! Im Gegensatz zu den beiden Kolleen möchte ich heute nicht über das unsägliche Kürungspaket der Bundesregierung sprechen – um Sparen eht es dabei ja nicht –, das bar jeder sozialen Balance st; dafür gibt es andere Gelegenheiten. Ja, wir Linken wollen den Riester-Faktor, also den rivaten Altersvorsorgefaktor aus der Rentenformel treichen. Ich weiß, dass Ihnen das nicht gefällt. Aber ragen Sie doch einmal diejenigen, die sich tagtäglich m die Sorgen und Nöte der Menschen kümmern, die on Erwerbslosigkeit und Armut betroffen sind und ngst um ihre Zukunft haben: die Sozialverbände und ie Gewerkschaften. Die fordern nämlich ebenfalls, den iester-Faktor zu streichen. as gilt für den Sozialverband Deutschland, SoVD, die olkssolidarität, die Gewerkschaft Verdi und den Sozialerband VdK. Bleiben wir doch einmal beim VdK. Der Sozialverand VdK ist ein wichtiger und starker Verband mit eininhalb Millionen Mitgliedern. Seine Präsidentin, Ulrike ascher, wurde kürzlich mit 90 Prozent der Stimmen iedergewählt. Auf der Festveranstaltung zum 60-jährien Bestehen des VdK sprach sie deutlich an, worum es eht. Herr Kolb, Sie waren dabei. Ich zitiere Frau ascher, die sagte: Wir brauchen eine Rückbesinnung auf die ‚dynamische Rente‘. Durch viele Eingriffe in die Rentenformel und die Einführung diverser Kürzungsfaktoren ist die dynamische Rente nämlich still und heimlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu Grabe getragen worden. … Wir jedenfalls fordern die Abschaffung des Riester-Faktors, des Nachhaltigkeitsund des Ausgleichsfaktors und damit die Rückkehr zur dynamischen Rente. echt hat sie, die Frau Mascher. (Beifall bei der LINKEN – Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Und die Frau hat Ahnung vom Rentenrecht!)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704712600

(Beifall bei der LINKEN)

Matthias W. Birkwald (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704712700

(Beifall bei der LINKEN)


So ist es.

Armut, auch Altersarmut, fällt nicht vom Himmel. Sie
st politisch gemacht. Das hat auch das Deutsche Institut
ür Altersvorsorge, DIA, in seiner neuesten Studie über
ie Kaufkraft der Renten in der Zukunft eindrucksvoll
argelegt. Das Deutsche Institut für Altersvorsorge ist
brigens jeder Nähe zur Linken völlig unverdächtig. Die
inanzbranche, die Deutsche Bank AG und andere, tra-
en dieses Institut. In dieser Studie wird von Kaufkraft-
erlust gesprochen. Das klingt harmlos. Dabei bedeutet
s nichts anderes als drohende Altersarmut und sozialen





Matthias W. Birkwald


(A) )


)(B)

Abstieg; denn es geht um Summen von bis zu rund
500 Euro für ein typisches Rentnerpaar. Die beiden Au-
toren reden von einer Einkommenslücke im Alter.
Sprich: Das Geld ist schneller zu Ende als der Monat.
Das hat zwei zentrale Ursachen:

Erstens. Die Preise für alltägliche Dinge – das bezieht
sich zum Beispiel auf die Bereiche Gesundheit, Pflege
und Freizeit – steigen schneller als die durchschnittli-
chen Preise. Genau dafür müssen aber insbesondere
Rentnerinnen und Rentner ihr Geld ausgeben. Zweitens.
Die Rentenpolitik der vergangenen zehn Jahre – das gilt
für alle Bundesregierungen dieser Zeit – hat wesentlich
dazu beigetragen, diese Einkommenslücke zu vergrö-
ßern. Die DIA-Studie zeigt deutlich, dass die Riester-Re-
form und alle nachfolgenden Einschnitte in die Rente
eine verheerende Wirkung haben. Diese Diagnose teilen
wir Linken.


(Beifall bei der LINKEN)


Doch die Therapie, die das Bankeninstitut empfiehlt
– noch mehr private Altersvorsorge –, teilen wir aus-
drücklich nicht. Das Deutsche Institut für Altersvorsorge
handelt aus unserer Sicht wie ein Arzt, der die falsche
Medizin verschrieben hat und meint, die Dosis sei zu
klein. Das ist aus unserer Sicht eine verhängnisvolle
Suchtlogik. Die erhoffte Wirkung der Riester-Reform
bleibt aus. Die Einkommenslücke wird dank Riester so-
gar größer. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Wir ha-
ben kein Problem mit der Dosierung. Nein, die Therapie
ist schlicht falsch.


(Beifall bei der LINKEN)


Eines ist klar: Die private Altersvorsorge nützt vor al-
lem der Versicherungswirtschaft, aber nicht den Men-
schen, die nach langjähriger Erwerbstätigkeit ein gutes
Leben im Alter führen wollen. So sieht es aus. Darum
müssen wir den Riester-Faktor streichen, die Rentenga-
rantie zu einem echten Schutz vor Rentenkürzungen ma-
chen und nicht nur die Kürzungen in die Zukunft verla-
gern, Herr Weiß, und wir müssen uns auf das besinnen,
was die gesetzliche Rente leisten soll: Armut vermeiden
und vor sozialem Abstieg schützen. Darum geht es.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704712800

Das Wort hat der Kollege Dr. Wolfgang Strengmann-

Kuhn für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Peter Weiß hat gerade von der Solidarität in der Renten-
versicherung gesprochen. Ihm persönlich nehme ich das
ab. Ich glaube auch, dass es in der CDU/CSU-Fraktion
eine Gruppe gibt, die das so sieht wie er. Aber die Politik
der Bundesregierung ist eine völlig andere. Das sieht
man gerade in dieser Woche.

Die Streichung der Rentenbeiträge für die Langzeitar-
beitslosen ist schon erwähnt worden. Diese führt nicht

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(C (D ur dazu, dass Kosten von heute in die Zukunft – da hat ie Kollegin Hagedorn völlig recht – und wegen höherer rundsicherungszahlungen Kosten vom Bundesetat auf ie Kommunen verlagert werden, sondern es ist darüber inaus auch ein Griff in die Rentenversicherungskassen; enn über 2 Milliarden Euro – neben den Rentenversiherungsbeiträgen für Langzeitarbeitslose in Höhe von ,8 Milliarden Euro sollen jetzt ja auch noch 0,3 Milliaren Euro für ehemalige Ostreichsbahner nicht mehr aus teuermitteln finanziert werden – fehlen den Rentenkasen ab sofort. Nun hat Herr Brauksiepe im Ausschuss gesagt: Dann eduzieren wir einfach die Monatsrücklagen der Rentenersicherung. (Zuruf von der LINKEN: Das hatten wir schon mal!)


as ist ein beliebter Trick in der Politik. Das Problem
st, dass es sich hier um dauerhafte Kürzungen handelt.
as heißt, jedes Jahr muss man erneut 2 Milliarden Euro

us dieser Rücklage nehmen, und sie wird dann bald
icht mehr vorhanden sein. Wer muss dann zahlen? Die
eitragszahlerinnen und Beitragszahler. Das ist keine
erechte Lösung und vermindert die Solidarität zwi-
chen den beiden Gruppen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Es gibt eine gewisse Einigkeit zwischen dem, was Sie
uf der Regierungsbank vorschlagen, und dem, was die
inke vorschlägt. Die Linke schlägt in ihrem Antrag vor,
ie Ziele der Beitragssatzdeckelung aus dem Sozialge-
etzbuch VI zu streichen.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Allerdings!)


ußerdem – Herr Birkwald sagte das eben – sollen keine
achholenden Rentendämpfungen vorgenommen wer-
en. Zudem soll der Riester-Faktor aus der Rentenanpas-
ungsformel gestrichen werden. Gerade eben haben Sie
arüber hinaus auch die Forderung von Frau Mascher
nterstützt, alle Rentenkürzungsfaktoren zu streichen. –
ie nicken. Das heißt, alles soll gestrichen werden. Das
ätte zur Folge, dass alle zukünftigen Lasten auf die Bei-
ragszahlerinnen und Beitragszahler geschoben werden.
iese Position teilen wir nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Position von Bündnis 90/Die Grünen ist, dass wir
inen gerechten Ausgleich zwischen Rentnerinnen und
entnern auf der einen Seite und Beitragszahlerinnen
nd Beitragszahlern auf der anderen Seite brauchen. Wir
aben deswegen unter Rot-Grün den Nachhaltigkeitsfak-
or eingeführt, der genau das leistet: in guten und auch in
chlechten Zeiten einen gerechten Ausgleich zwischen
en beiden Gruppen. Peter Weiß hat eben und Kollege
chaaf hat in der letzten Debatte deutlich gemacht, dass
as in den letzten Jahren dazu geführt hat, dass die Ren-
en stärker gestiegen sind, als sie ohne Nachhaltigkeits-
aktor gestiegen wären.


(Zuruf des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])






Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn


(A) )


)(B)

Vor dem Hintergrund dieser unserer Position könnte
man tatsächlich über die Streichung des Riester-Faktors
reden. Das würde zu einer Vereinfachung der Rentenfor-
mel führen. Man müsste schauen, ob man allein mit dem
Nachhaltigkeitsfaktor die Beitragssatzziele einhalten
kann. In dieser Frage unterscheiden wir uns fundamen-
tal. Sie wollen auf die Beitragssatzziele komplett ver-
zichten. Das ist nicht unsere Position. Wir wollen stabile
Beitragssätze und einen gerechten Ausgleich zwischen
den Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern und Rent-
nerinnen und Rentnern. Deswegen werden wir Ihren An-
trag ablehnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704712900

Für die Unionsfraktion hat der Kollege Paul

Lehrieder nun das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1704713000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen!

Liebe Kollegen! Liebe Kollegen von der Linken, was
Sie in Ihrem Antrag fordern – ich habe ihn genau durch-
gelesen – ist ein rentenpolitischer Blindflug zurück in
die Zeiten der – Frau Präsidentin, Sie mögen entschuldi-
gen – SED, der alten Ostrente,


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ich wusste, dass das kommt!)


die im Durchschnitt 270 Ostmark betrug; davon konnte
man sich nichts kaufen. Das können wir gern machen.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ganz originell!)


– Sie wissen, dass ich Ihren historischen Ursprung nicht
ganz ignorieren kann. In Ihren Anträgen sieht man es ja
auch immer wieder: Es geht um Sozialisierung und da-
rum, dass alles der Staat regeln soll.

Wir sollen den Riester-Faktor und den Nachhaltig-
keitsfaktor aussetzen, um den Bestandsrentnern ein
Stück weit eine bessere Zukunft vorzugaukeln. Aber die
Zukunft der jetzigen Beitragszahler, unserer Kinder und
unserer zukünftigen Enkel ist Ihnen eigentlich wurscht.


(Widerspruch bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Die wollen später auch eine Rente haben!)


Mit Blick auf diese müssen wir aber – nolens volens – an
diesen Faktoren festhalten. Ich bin sehr dankbar und
froh, dass auch die SPD diese in den letzten Jahren mit
uns gemeinsam betriebene Politik weiterhin mitträgt.


(Zurufe von der LINKEN)


Frau Kollegin Mast, Sie haben kritisiert, dass wir im
Rahmen des Sparpakets die Beitragszahlungen für Ren-
tenanwartschaften von Hartz-IV-Empfängern kappen
wollen.


(Katja Mast [SPD]: „Bildungskürzungen“ habe ich gesagt!)


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(C (D arauf entgegne ich – auch der Kollege Kolb hat darauf ereits hingewiesen –: Die SPD leidet an kollektiver mnesie. ie haben wohl vergessen, dass wir die erste Kürzung ereits in der Großen Koalition vorgenommen haben, eil es damals nicht anders ging. Man muss den Zuschauerinnen und Zuschauern auf er Besuchertribüne und vor den Fernsehgeräten auch erdeutlichen, was es damit auf sich hat. Ein Jahr artz-IV-Bezug führt derzeit zu einer monatlichen entenanwartschaft von 2,19 Euro. Von einer Rente in ieser Höhe wird ein Hartz-IV-Empfänger sich auch in 0, 20 oder 30 Jahren nicht autonom ernähren können. ine Rente in dieser Höhe wird auch nicht zur Folge haen, dass das Niveau des SGB XII überschritten wird. as muss man den Leuten sagen. Wir haben deshalb entschieden, in diesem Bereich zu ürzen. Es wäre natürlich populärer gewesen, Steuern zu rhöhen. (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Es wäre vor allen Dingen klüger gewesen!)


(Katja Mast [SPD]: Wortbruch bei Bildung!)


s wäre auch populärer gewesen, wenn alle Ministerien
eplante Investitionen gestrichen hätten. Aber wir haben
as Gegenteil getan. Wir haben die Mittel für Bildung
nd Forschung erhöht. Zukunftsbereiche haben wir vom
paren bewusst ausgenommen, um in Zukunft Gestal-

ungschancen zu haben.


(Beifall der Abg. Gitta Connemann [CDU/ CSU] – Katja Mast [SPD]: Bildungskürzungen!)


Die Mittel für Bildung haben wir erhöht, Frau Kolle-
in. – Ich finde, jetzt kann man auch einmal klatschen.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Ist es schon so schlecht um die Koalition bestellt, dass man sogar zum Klatschen auffordern muss? – Katja Mast [SPD]: Ja! Die wollen schon gar nicht mehr!)


Herr Kollege Birkwald, aufgrund der Vorlagen mei-
er Vorredner fühlte ich mich zu dieser Bemerkung gera-
ezu herausgefordert. Sie war nicht nötig. Denn wir re-
en nicht über das Sparpaket – das ist völlig richtig –,
ondern über die Stabilisierung des Rentenniveaus.

Lieber Herr Birkwald, eigentlich sollten Sie die ma-
hematischen Grundrechenarten beherrschen.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Die können wir!)


Das, was in Ihrem Antrag steht, erweckt aber nicht die-
en Eindruck. – Es ist so, dass sich die Rente des Folge-
ahres an den Abschlüssen des Vorjahres orientiert. Sie
erden mir recht geben – hier werden Sie mir nicht

rnsthaft widersprechen wollen –, dass die Lohnab-
chlüsse des Jahres 2009 an und für sich zu einer Ren-
enkürzung hätten führen müssen. Wir haben die Renten-
arantie ganz bewusst zusammen mit der SPD auf den





Paul Lehrieder


(A) )


)(B)

Weg gebracht, um den Rentnern, auch den Bestandsrent-
nern, Planungssicherheit zu geben. Auch sie müssen
wissen, wovon sie ihre Miete und ihre sonstigen Ausga-
ben im nächsten Jahr bezahlen.

Aus Gründen der Generationengerechtigkeit muss
man aber auch dafür sorgen, dass dieses zinsfreie Darle-
hen mit möglichen Rentensteigerungen in der Zukunft
ein Stück weit verrechnet wird. Nicht mehr und nicht
weniger haben wir in der Großen Koalition mit der Ren-
tengarantie getan.


(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Die Rentengarantie wollen wir ja auch nicht streichen! Wir wollen sie zu einem positiven Schutz ausbauen!)


– Ja. Sie haben dazu sogar etwas Positives gesagt. Eine
Absenkung des Rentenniveaus in der Krise zu verhin-
dern, war richtig. Sonst wäre die Kaufkraft und damit die
Binnennachfrage weiter geschwächt worden. In man-
chen Bereichen sind Sie ja gar nicht so weit weg von
uns. Aber das, was in Ihrem Antrag steht, ist so weit
weg, dass ich nur den Kopf schütteln kann.

Meine Damen und Herren, meine Fraktion kritisiert,
dass die Arbeitnehmer die Aussetzung der Dämpfungs-
faktoren in der Rentenanpassungsformel durch höhere
Beiträge finanzieren müssten. Das ist richtig. Die jetzige
Rentenformel ist der Versuch eines vernünftigen und ge-
rechten Ausgleichs zwischen den Rentenerwartungen
der Bestandsrentner, die, weil sie schon Rente beziehen,
an ihrem Lebensstandard im Alter nichts mehr ändern
können, und der Belastung zukünftiger Generationen.
Deshalb wurden verschiedene Faktoren eingeführt, die
in Zukunft allerdings auch einmal ausgesetzt werden
müssen.

Wir werden das Thema „Demografie und Rentenent-
wicklung“ auch in den nächsten Jahren in kurzen Ab-
ständen immer wieder auf dem Schirm haben. Wir wis-
sen noch nicht, wie sich die Arbeitsmarktsituation in den
nächsten Monaten und Jahren entwickeln wird. Wir wis-
sen auch nicht, wie sich die Geburtenzahlen in den
nächsten Jahren und Jahrzehnten entwickeln werden.
Was das Thema Rente angeht, werden wir auf diese Ent-
wicklungen reagieren müssen. Sich nun festzulegen und
zu sagen: „Wir geben das Geld jetzt aus, sodass es zu-
künftige Generationen nicht mehr zur Verfügung ha-
ben“, wäre fahrlässig. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag,
zum Glück gemeinsam mit allen Fraktionen außer der
antragstellenden Fraktion, ab.

Die letzte Minute meiner Redezeit schenke ich Ihnen
im Hinblick auf das heute Nachmittag beginnende Eröff-
nungsspiel der Fußball-WM.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: In 20 Jahren gibt es ein Viertel weniger Renten! Das ist die Wahrheit!)


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(C (D Damit haben Sie das Redekonto innerhalb Ihrer Frak ion wieder ausgeglichen. (Vereinzelt Heiterkeit – Paul Lehrieder [CDU/ CSU]: Ja! Peter Weiß hat ja etwas überzogen! – Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Das war in diesem Fall Solidarität zwischen CDU und CSU!)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704713100

ch bedanke mich recht herzlich und schließe die Aus-
prache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
chusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der
raktion Die Linke mit dem Titel „Zur Stabilisierung des
entenniveaus: Riester-Faktor streichen – Keine nach-
olenden Rentendämpfungen vornehmen“. Der Aus-
chuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
rucksache 17/1804, den Antrag der Fraktion Die Linke

uf Drucksache 17/1145 abzulehnen. Wer stimmt für
iese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
er enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den

timmen der Unionsfraktion, der FDP-Fraktion, der
PD-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
egen die Stimmen der antragstellenden Fraktion Die
inke angenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 31 a und 31 b auf:

a) Beratung des Antrags der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Evaluierung der deutschen Beteiligung an
ISAF und des deutschen und internationalen
Engagements für den Wiederaufbau Afghanis-
tans seit 2001

– Drucksache 17/1964 –

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Burkhard Lischka, Karin Roth (Esslingen),
Dr. Sascha Raabe, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD

Stärkung der humanitären Lage in Afghanis-
tan und der partnerschaftlichen Kooperation
mit Nichtregierungsorganisationen

– Drucksache 17/1965 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (f)

Auswärtiger Ausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
r. h. c. Gernot Erler für die SPD-Fraktion.





)

)(B)


Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1704713200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Vor dreieinhalb Monaten, am 26. Februar 2010, hat der
Deutsche Bundestag einem neuen Afghanistan-Mandat
zugestimmt. Vorausgegangen war ein intensiver Diskus-
sionsprozess – ganz besonders auch bei den Sozialdemo-
kraten. Unsere Vorschläge sind damals von der Regie-
rungskoalition weitgehend übernommen worden und in
das neue Afghanistan-Mandat eingeflossen.

Wichtigste Punkte waren dabei: Neufestsetzung der
Prioritäten auf die Ausbildung von afghanischen Sicher-
heitskräften – sowohl Polizei als auch Soldaten – durch
eine Erhöhung der Ausbildungskapazitäten mit dem
Ziel, dass die afghanischen Sicherheitskräfte so rasch
wie möglich selber in den Stand versetzt werden, sich
gegen die Aufständischen zu verteidigen; Erstellung ei-
nes Stufenplans zum Abzug aus Afghanistan mit einer
ersten Übergabe von einzelnen Distrikten in die Verant-
wortung Afghanistans ab 2011 und einem Abschluss
möglichst in einem Zeitkorridor zwischen 2013 und
2015; Verdoppelung der zivilen Anstrengungen für den
Aufbau, damit die Bevölkerung mehr Vertrauen in die
eigene Zukunft gewinnt; Verbesserung der Regierungs-
führung in Kabul, um eine größere Zustimmung der ei-
genen Bevölkerung zu erreichen – nach der Londoner
Afghanistan-Konferenz sollte eine Afghanistan-Konfe-
renz in Kabul stattfinden, auf der entsprechende Krite-
rien und Zwischenschritte verbindlich vereinbart werden
sollten –; schließlich verstärkte Unterstützung des inter-
nen Versöhnungs- und Wiedereingliederungsprozesses,
für den auch erhebliche finanzielle Mittel zur Verfügung
gestellt werden und wozu die Ende Mai in Kabul stattge-
fundene Friedensjirga einen entsprechenden Beitrag ge-
leistet hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese erheblichen
Veränderungen des Einsatzkonzeptes sind auf der Lon-
doner Afghanistan-Konferenz auf breite Zustimmung
gestoßen. Parallel dazu hat auch die amerikanische Re-
gierung erhebliche Veränderungen an ihrem Afghanis-
tan-Konzept vorgenommen. All das kommt aber nicht
von ungefähr. So viel ändert man nur, wenn das bishe-
rige Konzept zu wenig erfolgreich war, wenn also ein
entsprechender Druck entstanden ist, das eigene Vorge-
hen kritisch zu überprüfen. Das war in der Tat der Fall
und sichtbar an der erschreckenden Zunahme von soge-
nannten sicherheitsrelevanten Zwischenfällen, deren
Anzahl allein im Jahr 2009 im ganzen Land um
80 Prozent gestiegen ist – in den Nordprovinzen in
Afghanistan sogar um 300 Prozent –, sichtbar an den zu-
nehmenden Verlusten von afghanischen und internatio-
nalen Sicherheitskräften, aber auch sichtbar an den
wachsenden Vertrauenslücken zwischen der afghani-
schen Bevölkerung und der afghanischen Führung; diese
erkennt man insbesondere an der Tatsache, dass die Un-
terstützung für die Aufständischen leider nicht abnimmt,
sondern in bestimmten Regionen sogar zunimmt.

Das ist nach der Afghanistan-Konferenz in London
aufgrund der zögerlichen Regierungsbildung von Präsi-
dent Karzai und der mehrfachen Verschiebung dieser
wichtigen Afghanistan-Konferenz in Kabul auch nicht
besser geworden. Sie sollte erst im Mai und dann im Juni

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(C (D tattfinden. Jetzt können wir nur hoffen, dass sie im Juli atsächlich stattfinden wird. Ausbleibende Erfolge des Afghanistan-Einsatzes eröhen auch die Kritik und Skepsis im eigenen Land. Das ird in den Umfragen in der deutschen Öffentlichkeit eutlich sichtbar. All das muss uns klarmachen, worin in dieser Situaion unsere Verantwortung liegt. Wir haben im Februar onzeptionelle Veränderungen und neue Prioritätensetungen vorgenommen. Wir haben aber in der Verganenheit die Erfahrung gemacht, dass viele gute Ansätze nd Pläne an mangelnder oder fehlerhafter Umsetzung or Ort gescheitert sind. Wir wissen, dass der Preis sehr och wäre, wenn uns das im Rahmen des Neuansatzes rneut passieren würde. Die Konsequenz daraus ist, dass wir nicht einfach abarten können, was am Ende bei den von uns gefassten eschlüssen zur Veränderung des Mandates herausommt. Wir müssen vielmehr seitens des Bundestages en gesamten Afghanistan-Einsatz einer systematischen nd regelmäßigen Untersuchung unterziehen. Genau das at der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier n unserer Debatte am 26. Februar hier gefordert und anekündigt, dass wir dazu einen entsprechenden Vorchlag vorlegen werden. Mit dem gemeinsamen Antrag von SPD und ündnis 90/Die Grünen zur Evaluierung der deutschen eteiligung an ISAF und des deutschen und internatioalen Engagements für den Wiederaufbau Afghanistans eit 2001 haben wir diese Ankündigung wahrgemacht. ieser Antrag zielt auf eine wissenschaftlich fundierte valuierung der Umsetzung unserer eigenen Beschlüsse, ei der wir auch auf Expertise von außen angewiesen ind. Diese Expertise gibt es. Sie ist wertvoll und wichig für uns. Sie besteht in den Erfahrungen und vor Ort ewonnenen Erkenntnissen von Experten, Aktivisten nd Mitgliedern engagierter Nichtregierungsorganisatioen und der Zivilgesellschaft. Wir müssen so vorgehen, damit wir nicht in einigen onaten womöglich erneut und ohne Vorwarnung vor ollendeten bzw. nicht vollendeten Tatsachen stehen und amit wir jederzeit die Möglichkeit zur Nachsteuerung nd Feinjustierung unserer eigenen Beschlüsse haben, enn rote Lampen aufleuchten, was die Umsetzung aneht, und damit wir eine sichere Grundlage für eine neurliche Debatte über dieses Mandat haben, welche ohne weifel kommen wird – vielleicht schneller als erwartet. Deshalb wollen wir nicht auf ein irgendwann vorzuleendes Gutachten warten; vielmehr fordern wir in unseem Antrag, dass der Deutsche Bundestag eine Kommision einsetzt, die die gesamte Evaluierungsaufgabe egleitet. Sie soll den Kontakt mit den Experten und enagierten Truppen von außen halten und im Abstand von rei bis vier Monaten Zwischenergebnisse vorlegen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Koalitionsraktionen, es ist bedauerlich, dass Sie die Möglichkeit, uf der Basis dieses Antrags zügig zu einem gemeinsaen Ergebnis zu kommen, nicht genutzt haben. Wir ha en Ihnen das alles am 18. Mai zugeleitet. Es ist schade, Dr. h. c. Gernot Erler )


(A)





(A) )

weil dadurch die Chance, dass wir weiter gemeinsam die
Verantwortung tragen, nicht in dem Maße genutzt wird,
wie es möglich gewesen wäre.

Aber wir haben quasi unmittelbar vor unserer Debatte
erfahren, dass Sie sich einer intensiven und wissen-
schaftlich fundierten Begleitung des Strategiewechsels
im Afghanistan-Einsatz nicht völlig versperren wollen.
Das begrüßen wir selbstverständlich. Allerdings helfen
uns dabei Hinweise auf die ohnehin bestehenden Be-
richtspflichten der Bundesregierung und Kontrollrechte
des Bundestages nicht wirklich weiter. Für uns ist es
wichtig, dass wir bei der Bewertung und Begleitung der
Umsetzung der neuen Strategie zu belastbaren Kriterien,
sogenannten Benchmarks, kommen. Dabei brauchen wir
auch die wissenschaftliche Expertise von außen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Darüber sollten wir in allernächster Zeit reden. Wir
haben Ihr Angebot so verstanden, dass Sie dazu bereit
sind. Deswegen macht es Sinn, dass wir jetzt die beiden
Anträge an die Ausschüsse überweisen, damit wir die
Zeit dort nutzen können, um zu prüfen, ob wir zu ge-
meinsamen Ergebnissen kommen können. Ich glaube,
das wäre im Sinn der Sache.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704713300

Das Wort hat der Kollege Roderich Kiesewetter für

die Unionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Roderich Kiesewetter (CDU):
Rede ID: ID1704713400

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon er-
freulich, wenn ein Brückenschlag stattfindet, auch wenn
er etwas verklausuliert formuliert wurde. Nicht nur, weil
wir als Bundestag den ISAF-Einsatz unserer Streitkräfte
zum zehnten Mal nacheinander verlängert haben, sind
wir uns einig, was die Bilanzierung der deutschen ISAF-
Beteiligung angeht. Wir brauchen dazu die vor Ort vor-
liegenden Informationen. Auch in London sind die Be-
wertungen des COMISAF und ziviler Organisationen
mit eingeflossen. Wir müssen wissen, was die internatio-
nale Gemeinschaft sagt. Wir wollen einen ganzheitlichen
sicherheitspolitischen Ansatz, also zivile und militäri-
sche Erkenntnisse vor Ort mitverwerten.

Aber eine Evaluierung ist nur eine Entscheidungs-
hilfe. Sie nimmt uns die politische Entscheidung nicht
ab. Evaluierung ist nie ein Selbstzweck, sondern es geht
um die Umsetzung unserer zentralen Sicherheitsinteres-
sen. Wir sollten deshalb erst einmal die Auswirkungen
der Umsetzung der in London beschlossenen neuen Stra-
tegie abwarten. Dabei dürfen wir unser Ziel nicht außer
Acht lassen, nämlich die Übergabe in Verantwortung.
Diese kann nur stattfinden, wenn die Sicherheit und Sta-
bilität vor Ort selbsttragend sind.

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(C (D Nebenbei gesagt, es hilft nichts, mit mathematischem alkül geostrategische und regionale Kontexte außer cht zu lassen. Der wesentliche Unterschied zwischen nserer Auffassung und der in Ihrem Antrag vertretenen, err Kollege Erler, liegt darin, dass wir glauben, dass er Bundestag nicht die Aufgabe der Exekutive leisten arf und leisten kann. s ist Aufgabe der Bundesregierung, die wesentlichen enchmarks vorzustellen. Wir als Bundestag wollen die ntsprechenden Informationen. Die Evaluierung kostet ber Zeit und Geld, wenn sie solide und aussagekräftig ein soll. (Katja Mast [SPD]: Alles andere kostet auch Geld!)


(Zuruf von der FDP: Richtig!)


Ich möchte zwei Beispiele nennen. In der Entwick-
ungszusammenarbeit – der Kollege Haibach wird das
och ansprechen – haben wir zwei Jahre gebraucht, um
u einem sinnvollen Ergebnis zu kommen. Im Einsatz-
auptquartier SHAPE der NATO wurde über anderthalb
ahre an Evaluationskriterien gearbeitet, um dann festzu-
tellen, was das für Konsequenzen hat. Nun ist diese
ufgabe nach Afghanistan delegiert worden. Von der
valuierung dürfen wir uns daher nur Entscheidungshil-

en erwarten; wir können uns die Entscheidung aber
icht abnehmen lassen.

Für uns als Regierungskoalition ist es wichtig, dass
ir ressortübergreifende Benchmarks für die Umsetzung
es aktuellen Mandats entwickeln. Dabei geht es um die
fghanische Armee, aber auch um die afghanische Poli-
ei und den Fortschritt in anderen Bereichen. Wir sind
erne zu einer öffentlichen Anhörung unter Beteiligung
issenschaftlicher Experten bereit. Wir bauen aber auch
arauf, dass die bewährte jährliche Unterrichtung des
undestags über die Entwicklung in Afghanistan fortge-

etzt wird. Das betrifft Regierungsführung, Innenpolitik,
ustiz, Entwicklung und vor allen Dingen Sicherheit als
oraussetzung für die Übergabe in Verantwortung.

Ich möchte aber auch einen Punkt ansprechen, den
ir Abgeordnete sicher etwas anders sehen als die Re-
ierung. Die wöchentliche Unterrichtung des Parlaments
urch das Verteidigungsministerium – eine sehr fleißige
rbeit – könnte auf eine breitere Basis gestellt werden.
ir könnten uns durchaus vorstellen, dass unter Beteili-

ung von AA, BMI und BMZ ein etwas weiter ausgrei-
ender Bericht vorgelegt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Herr Ströbele, als Anfänger ehrt mich ein Zwischenruf
on Ihnen.

Die Bundesregierung wird vor Februar 2011 einen
ericht über die Umsetzung des laufenden Mandats vor-

egen. Daraus können wir auch den Änderungsbedarf bei
ünftigen Mandaten entwickeln.

Aber wir sehen auch Ihren Brückenschlag, und gerade
ei Auslandseinsätzen sollten wir die Gemeinsamkeiten





Roderich Kiesewetter


(A) )


)(B)

im Bundestag betonen. Wir sind deshalb sehr dankbar
für den Briefaustausch zwischen den Koalitionsfraktio-
nen und den Fraktionen der Antragsteller. Wir stellen es
uns so vor, dass uns im Sommer 2011, 18 Monate nach
London, eine Wirkungsanalyse, gerne mit wissenschaft-
licher Expertise, vorgelegt wird. Zunächst einmal müs-
sen wir aber die Auswirkungen der Umsetzung der Be-
schlüsse von London abwarten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ihr Vorschlag, einen solchen Bericht bereits Ende des
Jahres vorzulegen, ist sehr ehrgeizig. Aber das ist so
kurzfristig nicht wissenschaftlich vernünftig machbar.


(Zuruf von der FDP: So ist es!)


Sie wecken damit überzogene Erwartungen.

Ich möchte gerne, dass wir eine wissenschaftlich va-
lide und ressortübergreifende Benchmark-Diskussion
führen. Wir können uns darüber in den anstehenden Ge-
sprächen verständigen. Unser Angebot, bis zum Sommer
2011 eine wissenschaftlich begleitete und geprüfte Ana-
lyse erstellen zu lassen, ist, glaube ich, zielführend. Un-
ser Interesse besteht darin, dass wir in Vorbereitung der
Übergabe in Verantwortung, die nächstes Jahr beginnen
soll, klare Vorgaben haben. Wir laden Sie ein, diesen
Weg einer systematischen Wirksamkeitsanalyse mitzu-
gehen. Wir setzen dabei allerdings auf eine bessere, um-
fassendere und vor allen Dingen ganzheitlichere Unter-
richtung des Bundestages. Hilfreich wäre auch ein
Fortschritts- und Mängelbericht. Daneben ist es wichtig,
dass wir in die Öffentlichkeit wirken. Wir brauchen Ak-
zeptanz in der Bevölkerung; wir alle wissen, worum es
geht. Deshalb ist entscheidend, dass wir unsere Kommu-
nikationsstrategie entsprechend anpassen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich fasse zusammen. Evaluierung kann nur begleiten.
Sie kann uns die Verantwortung nicht abnehmen. Ent-
scheidend ist, dass wir unsere politische Verantwortung
behalten und wahrnehmen, aber nicht die Aufgabe der
Exekutive übernehmen; das ist Sache der Regierung.
Wir müssen auch auf Kompetenzen vor Ort zurückgrei-
fen. Wir müssen uns darüber austauschen: Was wollen
die Afghanen, und was erwarten die Afghanen von uns?

Lassen Sie uns also gemeinsam für eine parlamentari-
sche Kontrolle durch unser Parlament arbeiten, aber
nicht für eine exekutivische Durchführung, die wir nicht
leisten können.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704713500

Das Wort hat der Kollege Wolfgang Gehrcke für die

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! an kann feststellen, dass die Tonalität der Debatten ier im Plenum anders geworden ist, dass eine größere achdenklichkeit eingezogen ist – das kann ich nur berüßen – und dass etwas mehr geprüft wird, (Karl-Georg Wellmann [CDU/CSU]: Bei Ihnen dann auch?)

Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704713600

elche Grundlagen wir uns als Parlament wirklich ver-
chaffen können. Sie brauchen keine Angst zu haben,
ass sich das Parlament anmaßt, etwas zu übernehmen,
as die Regierung leisten müsste. Das Parlament muss
ber in die Lage versetzt werden, seine Rechte wahrzu-
ehmen.

Wir hatten im Auswärtigen Ausschuss vorgeschlagen,
ass der Außenminister bis zum Ende des Jahres eine
ilanz vorlegt. Ich finde den Vorschlag von SPD und
rünen, eine Überprüfungskommission einzusetzen,

ntschieden besser, weil dadurch das Parlament der Ak-
eur wird und wir dann hier entscheiden, was passiert.
as finde ich außerordentlich vernünftig.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sehen Sie, Herr Kiesewetter! Ein paar Ihrer Argu-
ente ziehen einfach nicht; sie tragen nicht. Wir können

och nicht fortwährend Soldaten in solche Einsätze schi-
ken und gleichzeitig sagen: Ob die Einsätze erfolgreich
nd richtig sind, klären wir später. – Entweder das eine
der das andere. Ich finde, es ist höchste Zeit, dass dem
eutschen Bundestag eine solche kritische Bilanz vorge-

egt wird, die er selber miterarbeitet und im Zuge dessen
ann darüber vor allen Dingen mit Nichtregierungsorga-
isationen debattiert.


(Beifall bei der LINKEN)


ch lese, was beispielsweise VENRO und medico schrei-
en; diese teilen auch nicht immer die Positionen der
inken. Ich habe auch das neue Buch von Frau
äßmann mit außerordentlichem Interesse gelesen. Ich
öchte, dass solche Positionen in eine gründliche Be-
ertung miteinfließen.

Ich will Ihnen ehrlich sagen – man soll sich ja immer
ine Option offenhalten –: Ich denke seit längerer Zeit
arüber nach, ob das Parlament nicht erstmalig von § 8
es Parlamentsbeteiligungsgesetzes Gebrauch machen
nd sich anmaßen sollte, was ihm zusteht, nämlich zu
rüfen, ob es notwendig ist, die Bundeswehrtruppen zu-
ückzuholen, weil das bisherige Mandat nicht mehr den
insatz in Afghanistan abdeckt. Meine Auffassung ist,
ass das ISAF-Mandat nicht mehr die neue Strategie in
fghanistan abdeckt. Wenn das der Fall ist, dann hat der
undestag das Recht und, wie ich meine, auch die
flicht, einen Rückholantrag gemäß § 8 zu stellen. Das
ätte eine interessante juristische und politische Debatte
ur Folge.


(Beifall bei der LINKEN)


ir geht es um politische Bewegung.





Wolfgang Gehrcke


(A) )


)(B)

Ich kann das, was ich für Afghanistan möchte, relativ
einfach in ein, zwei Sätzen auf den Punkt bringen. Ich
bitte darum, sich gegenseitig Zweifel zuzugestehen. Kei-
ner von uns wird garantieren können, dass Frieden und
Stabilität in Afghanistan einziehen, wenn das, was er
sich selber vorstellt, gemacht wird. Aber sicher ist:
Wenn man in der Sackgasse ist, hat es keinen Sinn, ein-
fach die Losung „Weiterso“ auszugeben. Vielmehr muss
man sich dann zurückbewegen und neue Überlegungen
anstellen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich möchte gern, dass darüber nachgedacht wird, wie
wir dafür sorgen können, dass das sinnlose Töten und
Morden in Afghanistan – und nicht nur dort – endlich
aufhören, dass keine Bundeswehrsoldaten mehr ihre Ge-
sundheit oder ihr Leben in einem solchen Krieg riskieren
und dass die Menschen in Afghanistan, soweit es über-
haupt möglich ist, in Sicherheit leben können. Das ist
das, was wir erreichen müssen. In diese Richtung müs-
sen wir Überlegungen anstellen. Dazu brauchen wir eine
politische Grundlage. Wir müssen kritisch all das über-
prüfen, was bisher gemacht worden ist. Wenn das ge-
schehen ist, kommt man zu einem Urteil. Man muss die
Courage haben, die Konsequenzen aus diesem Urteil zu
ziehen. Ich finde, das sollte der Bundestag machen.

Ich bedauere, dass die SPD beim Schreiben ihrer An-
träge – darin steht durchaus Vernünftiges geschrieben –
immer auf einem Auge blind ist. Reden Sie nicht von in-
terfraktionellen Anträgen, wenn eine wirkliche interfrak-
tionelle Zusammenarbeit zwar möglich wäre, Sie sie
aber nur aus ideologischen und Konkurrenzgründen
nicht eingehen. Sie verbauen sich selber Zugänge.

Zum Schluss. Ich will Sie gern noch dazu auffordern,
das vorliegende Friedensgutachten 2010 zu lesen. Man
kann dem Gutachten der Friedensforschungsinstitute
eine ganze Menge neuer Ideen für Afghanistan entneh-
men. Wir werden sehen, was sich in den Ausschüssen
durchsetzt.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704713700

Das Wort hat der Kollege Dr. Djir-Sarai für die FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Bijan Djir-Sarai (FDP):
Rede ID: ID1704713800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit

2001 engagiert sich Deutschland in Afghanistan. Dort
gibt es Erfolge, und dort gibt es auch Misserfolge. Es
liegt in der Natur der Sache, dass wir als Parlamentarier
uns sehr intensiv und sachlich mit diesem Einsatz be-
schäftigen müssen. Wenn ich mir die Stimmung in der
Bevölkerung anschaue, dann erkenne ich, dass sie, was
den Einsatz in Afghanistan betrifft – das ist hier vorhin

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(C (D ngesprochen worden –, alles andere als positiv ist. Die amalige Unterstützung unserer Bevölkerung für diesen insatz ist seitdem zurückgegangen. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die ist weg!)


Laut FAZ waren im Juni 2010 nur noch 22 Prozent
er Bevölkerung in Deutschland für die Beteiligung un-
eres Landes am internationalen Afghanistan-Einsatz.
as liegt auch daran, dass wir als Politiker die Notwen-
igkeit des Einsatzes in der Vergangenheit nicht immer
usreichend erklärt haben.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)


ir als Parlamentarier und die Bundesregierung müssen
iesen Einsatz in der Öffentlichkeit besser kommunizie-
en.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


iele unserer Bundeswehrsoldaten haben mir vor Ort ge-
agt – ich war in Afghanistan und habe mir die Mühe ge-
acht, ihre Meinung anzuhören –, dass sie darüber ent-

äuscht sind, dass der Wert ihres Einsatzes in der Heimat
n Deutschland nicht verstanden wird. Unsere Aufgabe
ls Parlament ist es, die Menschen in diesem Land bei
inem so wichtigen Thema gut zu informieren. Um diese
ufgabe erfolgreich zu erfüllen, müssen wir selbst über
en Einsatz umfassend informiert sein.

Es ist völlig richtig, dass wir uns anschauen, was wir
it unserem Einsatz bisher erreicht haben. Dies ist auch
eil der Fürsorgepflicht gegenüber den Soldatinnen und
oldaten und notwendig, wenn wir über das Mandat zu
ntscheiden haben.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


iese Fürsorgepflicht gilt übrigens für alle in diesem
aus – unabhängig vom parteipolitischen Hintergrund.
aher ist es grundsätzlich richtig, den Einsatz sachlich
nd nüchtern zu bewerten. Dabei muss diese Bewertung
or allem frei von Polemik und Parteitaktik durchgeführt
erden. Ich bin mir nicht bei allen Vorschlägen in die-

em Antrag sicher, ob sie zielführend sind. Die im An-
rag aufgezeigten Zeitvorgaben sind von vornherein
icht einzuhalten. Das gesamte hier vorgestellte Zeitkon-
ept ist absolut nicht realistisch.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Nach den Aussagen des Ministeriums für wirtschaftli-
he Zusammenarbeit und Entwicklung, das eine Eva-
uierung für seinen Bereich schon einmal durchgeführt
at, wird allein für die Ausschreibung einer solchen ex-
ernen Evaluierung ein Zeitrahmen von bis zu einem
ahr benötigt.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Aber Soldaten schicken wir schneller dahin!)


ir halten uns durch die vierteljährliche Unterrichtung
ber die Entwicklung in Afghanistan und die erweiterte
öchentliche Unterrichtung des Parlaments über die





Dr. Bijan Djir-Sarai


(A) )


)(B)

Auslandseinsätze der deutschen Bundeswehr bereits für
gut informiert. Es ist ja nicht so, als ob nichts passieren
würde. Hier wurde die Informationslage schon ausge-
weitet.

Dass weiter gehandelt werden sollte, steht außer
Frage. Eine parlamentarische Begleitung dieses Einsat-
zes ist nach wie vor notwendig, damit das Ziel der
schrittweisen Übergabe der Verantwortung erfolgen
kann.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir sind in eine neue und entscheidende Phase des
Einsatzes gekommen. Dafür brauchen wir eine erwei-
terte Unterrichtung des Deutschen Bundestages. Das
machbare Maß einer Unterrichtung sieht unserer Mei-
nung nach allerdings anders aus, als es die beiden Oppo-
sitionsfraktionen in ihrem Antrag skizzieren.

Wir müssen uns als Parlamentarier ein Bild der Situa-
tion im Istzustand machen. Daher sind wir der Meinung,
dass eine Überweisung des hier vorliegenden Antrages
in den Ausschuss sinnvoll ist. So können wir schon in
dieser Sitzung von der Bundesregierung umfassender
unterrichtet werden. Das Thema ist jetzt auf der Agenda.

Wir sagen klar: Wir wollen den Einstieg in den Aus-
stieg. Wir wollen einen ressortvernetzenden Ansatz.
Wenn Ergebnisse da sind, wenn sich Wirkungen zeigen,
werden diese natürlich geliefert und kommuniziert. Wir
sehen in den konkreten Vereinbarungen der Londoner
Konferenz auch die Kriterien für eine Bewertung des
Einsatzes, allerdings nicht in der Rückschau für den Ein-
satz ab 2001.

Nach der Kabuler Konferenz im Herbst dieses Jahres
ist es dann an der Zeit, dass ressortübergreifende Bench-
marks für die Umsetzung des aktuellen Mandats vorge-
legt werden. Nach der Kabuler Konferenz möchten wir
in einer öffentlichen Veranstaltung aller damit befassten
Ausschüsse die vorgelegten Benchmarks diskutieren,
auch unter einer möglichen Einbeziehung wissenschaft-
licher Experten. Das ist unser Ansatz einer Evaluation.
Er hat den großen Vorteil, dass wir unsere Verantwor-
tung nicht outsourcen. Der Deutsche Bundestag führt
diese Aufgabe durch und handelt damit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ende des Jahres sollte dann die Bundesregierung ei-
nen Bericht für die kommende Mandatsverlängerung
vorlegen. Darin sollen Ergebnisse zur Umsetzung des
aktuellen Mandates aufgeführt sein. Darin sollen not-
wendige Änderungen im neuen Mandat ebenfalls darge-
stellt werden.

Es muss schlussendlich deutlich werden, welche Ver-
änderungen der Neuansatz in Afghanistan erbracht hat
und welche weitere Anpassung der Strategie für erfor-
derlich erachtet wird. Dies, meine Damen und Herren,
sind realistische Ziele.

Wir sollten im Rahmen dieser Diskussion nicht den
Fehler machen, die Glaubwürdigkeit dieses Einsatzes
durch ein Hin und Her bei der Bewertung einzelner Ein-
satzfragen zu gefährden. Die Mehrheit in diesem Hause

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(C (D eiß, dass wir aus den Fehlern der Vergangenheit lernen nd besser werden müssen. Deshalb ist eine parteipolitiche Diskussion an der Stelle absolut nicht zielführend. (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Wovor haben Sie eigentlich Angst?)


Wir haben schon eine gute Vorstellung davon, wie die
nformation der Bundesregierung über den Einsatz aus-
ehen sollte, vom Umfang her und mit realistischen Zeit-
orgaben.

Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre
ufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704713900

Das Wort hat der Kollege Frithjof Schmidt für die

raktion Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

eit über acht Jahren ist die Bundeswehr Teil eines Sta-
ilisierungseinsatzes in Afghanistan. Es sind acht Jahre,
n denen wir gemeinsam mit unseren internationalen
artnern und gemeinsam mit den Afghanen gerade auch
eim zivilen Aufbau einiges erreicht haben, acht Jahre,
n denen aber leider nicht erreicht wurde, den Schwer-
unkt vom militärischen Engagement auf das zivile zu
erlagern, acht Jahre, in denen auch die Zustimmung
um Einsatz in der Öffentlichkeit immer weiter gesun-
en ist. Eine Evaluierung dieses Einsatzes ist also wirk-
ich überfällig. Wer jetzt sagt: „Damit fangen wir mal in
inem Jahr an“, der verkennt, ehrlich gesagt, den Ernst
er Situation.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Eine Evaluierung soll helfen, Konsequenzen aus dem
isherigen Engagement zu ziehen, damit die letzte
hance auf Erfolg – die letzte Chance auf Erfolg! – auch
irklich genutzt wird. Da kann man doch nicht ein Jahr
arten!

Ich hätte mir gewünscht, dass wir heute einen ge-
einsamen Antrag aller Fraktionen dazu beschließen,

uch weil die Evaluierung von vielen Politikern aus der
oalition immer wieder gefordert wurde. Einen möchte

ch hier besonders hervorheben. Er hat in der Frankfur-
er Allgemeinen Zeitung im Juni 2008 gefordert,

… nach kanadischem Vorbild eine unabhängige
Kommission über Deutschlands – nicht nur militä-
risches – Gesamtengagement und seine künftige
Rolle in Afghanistan einzurichten.

Dieser Satz stammt nicht etwa von dem Grünen
inni Nachtwei. Nein, er stammt von unserem heutigen

erteidigungsminister Herrn zu Guttenberg. Insofern
abe ich gehofft, dass unser Vorschlag auf offene Türen
rifft. Denn Herr zu Guttenberg weiß schon seit zwei
ahren, dass das sinnvoll wäre. Wir wundern uns, dass





Dr. Frithjof Schmidt


(A) )


)(B)

Sie, nachdem wir einen Vorschlag gemacht haben, wo-
chenlang geschwiegen haben. Wir hatten schon befürch-
tet, dass Sie jetzt in dieser ernsten Frage völlig mauern.
Insofern hat es mich gefreut – allerdings hat es mich
auch überrascht, dass es so lange gedauert hat; immer-
hin, besser spät als gar nicht –, dass sich gestern die
Fraktionsvorsitzenden der Regierungskoalition endlich
mit Vorschlägen gemeldet haben. Wir sind gerne bereit,
darüber zu reden, damit wir vielleicht doch noch zu einer
gemeinsamen Position kommen. Es wäre dem Ernst der
Lage angemessen, dass wir das hinkriegen.

Allerdings reichen Ihre Vorschläge so noch nicht aus.
Ich glaube, Sie wissen das auch. Sie beinhalten keine
Evaluierung des bisherigen Engagements, sondern be-
stehen zum größten Teil aus parlamentarischen Selbst-
verständlichkeiten – aus Dingen, die die Opposition so-
wieso durchsetzen kann oder die Regierung sowieso tun
muss – wie Anhörungen und Berichten der Regierung.

Wir nehmen das als Signal des guten Willens wahr.
Lassen Sie mich auch das klar sagen: Uns ging es nie da-
rum, einseitig die zweifellos auch vorhandenen Defizite
in der Afghanistan-Politik der aktuellen Regierung he-
rauszuarbeiten. Wir wollen die Afghanistan-Politik aus
den Jahren 2001 bis 2005, also aus der rot-grünen Regie-
rungszeit, ebenso einbeziehen wie die der Jahre 2005 bis
2009, also der Zeit der Großen Koalition.

Es geht um den ernsthaften Versuch, aus der Ge-
schichte unseres Engagements Lehren für die Zukunft zu
ziehen. Ich finde, das sind wir alle, die diesen Einsatz
mit verantwortet haben, der deutschen Öffentlichkeit,
vor allem aber auch den deutschen Soldatinnen und Sol-
daten sowie den zivilen Helfern in Afghanistan schuldig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie ha-
ben es in der Hand. Werden Sie Ihrer Verantwortung ge-
recht. Machen Sie das möglich, machen Sie mit bei dem,
was wir Ihnen vorschlagen.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704714000

Das Wort hat der Kollege Holger Haibach für die

Unionsfraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1704714100

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte an
das anknüpfen, was Herr Schmidt zum Schluss gesagt
hat. Insofern greife ich die Frage der Evaluation sowie
die Frage auf, was da wann und wie sinnvoll ist. Ich
finde, es reicht allein ein Blick auf die Zeitschiene, um
festzustellen, dass ein Bericht in diesem Jahr zumindest
die aktuellen Entwicklungen nicht wird abbilden kön-
nen.

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(C (D Die Londoner Konferenz, die zu Recht den von Herrn rler dargestellten Wechsel sowohl der Zielsetzung als uch der Methodik beim Afghanistan-Einsatz gebracht at, fand am 28. Januar statt. Die Kabuler Folgekonfeenz wird in einigen Wochen stattfinden. Was für Veränerungen soll es denn in drei oder vier Monaten geben? s ist nicht sehr sinnvoll, einen Prozess, der gerade erst ngelaufen ist, zu evaluieren und zu glauben, man käme u wirklich belastbaren Ergebnissen. Deswegen sagen wir Ihnen: Wir sind überhaupt nicht agegen, zu evaluieren. Aber lassen Sie uns das zu eiem Zeitpunkt machen, der richtig und sinnvoll ist und n dem wir sehen können, ob das neue Konzept bzw. die eue Strategie, die sowohl in der internationalen Geeinschaft als auch von der Bundesregierung verfolgt ird, wirklich trägt. Sie haben das Beispiel Kanada gebracht. Ich habe daals mit Herrn zu Guttenberg und vielen anderen das espräch mit den Kanadiern, die diese Kommission einesetzt haben, gesucht. Wir haben uns sehr intensiv inormiert. Der Kollege Kiesewetter hat vorhin darauf hinewiesen, dass das eine Entscheidung nicht ersetzt. Ich inde es sehr spannend – das gilt auch für den Kollegen ouripour –, dass die Kanadier diese Kommission zwar ingesetzt haben, aber am Ende des Tages doch etwas nderes gemacht haben. Das bedeutet für uns: Evaluation ist kein Selbstweck; es ist ein Prozess. Dies betrifft übrigens auch das ür die Beendigung der Evaluation vorgesehene Datum. s ist ja nicht so, als würde jetzt nichts passieren. Selbst enn wir sagten: „Wir setzen das Ende der Evaluation u einem anderen Zeitpunkt an“, würde dies trotzdem edeuten, dass wir jetzt damit anfangen müssten. Dies ird ja auch gemacht. Insofern liegen wir gar nicht so eit auseinander. Aber dies enthebt uns am Ende des Taes nicht einer politischen Entscheidung. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Frithjof Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat auch niemand behauptet!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir haben es heute mit zwei verschiedenen Anträgen
u tun. Es geht zum einen um die Frage der Evaluation
nd zum anderen um die Frage, was getan werden kann,
m die humanitäre Situation in Afghanistan zu verbes-
ern.


(Tom Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


ch habe mir den Antrag der SPD angesehen. Ich sage
on vornherein: Ich kann vielem von dem, was darin
teht, zustimmen.


(Tom Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)


ber vieles ist auch nicht neu. Wenn man sich das
fghanistan-Konzept der Bundesregierung anschaut,
ird man vieles von dem, was dort gefordert wird, wie-
erfinden.





Holger Haibach


(A) )


)(B)

Ich will einen Gedanken herausgreifen: den Gedan-
ken der Kooperation mit den Nachbarstaaten, den Ge-
sichtspunkt, wie wir zum Beispiel Pakistan mit in den
Prozess integrieren. Diesen Aspekt führen wir alle seit
Jahren im Mund. Ich habe dies gemacht; viele von de-
nen, die auf der anderen Seite dieses Hauses sitzen, tun
das. Ich frage Sie: Was – außer dass wir sagen, es sei
notwendig – ist unser Beitrag dazu? Wir alle haben uns
sehr viele Gedanken darüber gemacht. Aber am Ende
müssen wir uns über eines im Klaren sein: Unser Ein-
fluss an dieser Stelle ist begrenzt. Der Schlüssel, was
Pakistan betrifft, liegt woanders. Wir alle wissen ganz
genau, wo er liegt. Insofern ist es richtig, darauf hinzu-
weisen, dass man die regionale Kooperation braucht. Sie
hätten auch etwas über den Iran, über China oder Indien
sagen können. Aber nichtsdestoweniger ist dies kein
wirklich neuer, origineller Gedanke.

Genauso wenig neu und originell ist der Gedanke,
man möge sich in der Entwicklungszusammenarbeit be-
sonders um die ländlichen Regionen kümmern. Als wir
hier über eine neue Afghanistan-Strategie gesprochen
haben, haben wir gesagt: Es ist ein besonderes Zeichen
der neuen Strategie der Bundesregierung, die ländlichen
Räume stärker in Betracht zu ziehen.

Ich will eines darüber hinaus ansprechen – dies ist
wichtig –: Es ist gut, dass wir mehr Geld für den Aufbau
in Afghanistan zur Verfügung haben. Aber das bringt
nichts, wenn es nicht die entsprechenden Strukturen gibt,
die das tatsächlich implementieren können. Eines der
größten Probleme in Afghanistan ist, dass man aufgrund
der Strukturen vor Ort offensichtlich nicht in der Lage
ist, das Geld unterzubringen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704714200

Kollege Haibach, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Nouripour?


Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1704714300

Mit großer Freude.


Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1704714400

Herzlichen Dank. – Herr Kollege Haibach, sind Sie

imstande, der deutschen Bevölkerung, deren Akzeptanz
für den Einsatz sinkt – damit sind wir alle konfrontiert –,
zu erklären, welche zivilen Projekte, finanziert durch
deutsche Steuermittel, in den letzten zwei Jahren bei-
spielsweise im Raum Kunduz erfolgreich abgeschlossen
worden sind, vor dem Hintergrund, dass wir nicht nur
schlechte, sondern auch gute Nachrichten verbreiten
sollten, wenn wir die Akzeptanz der deutschen Bevölke-
rung für den Einsatz gewinnen wollen?


Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1704714500

Herr Kollege Nouripour, es kommt ganz darauf an, ob

Sie das Eröffnungsspiel der Fußballweltmeisterschaft se-
hen wollen oder nicht.


(Heiterkeit)


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(C (D Es gibt durchaus sehr viele erfolgreiche Projekte. Mir ing es eben darum – ich kann Ihnen eine entsprechende uflistung liefern, wenn Sie das möchten –, (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nennen Sie doch mal zwei Beispiele oder auch eines!)


arauf hinzuweisen, wo in Zukunft Notwendigkeiten für
eue Aufgaben liegen. Ich habe nicht so sehr über das
esprochen, was wir gemacht haben, sondern darüber,
as in Zukunft vor uns liegt. Ich sehe durchaus viele
ufgaben, die bis jetzt noch nicht hinreichend angegan-
en worden sind. Das wird auch keiner bestreiten.

Einer der Punkte ist: Es gibt zum Beispiel Untersu-
hungen darüber, wie die Ministerien in Kabul interna-
ionale Hilfsgelder einsetzen. Das Spannende ist, dass
er durchschnittliche Mittelabfluss bei etwa 40 Prozent
iegt. Das ist eines der größten Probleme. Es nützt nichts,
uf der einen Seite Geld zur Verfügung zu stellen, wenn
an auf der anderen Seite vor Ort nicht in der Lage ist,

as Geld entsprechend einzusetzen. Aber auch das
wenn ich das in aller Freundlichkeit sagen darf – ist

ein wirklich origineller, neuer Gedanke.

Ich kann vieles von dem unterstützen, was im Antrag
teht; aber ich sehe nicht, wo er einen entscheidenden
euen Akzent setzt. Über die vorgelegten Punkte haben
ir alle schon einmal diskutiert oder sie angesprochen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704714600

Kollege Haibach, gestatten Sie eine weitere Zwi-

chenfrage, dieses Mal vom Kollegen Raabe?


Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1704714700

Aber klar.


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1704714800

Herr Kollege Haibach, Sie sagten, dass es nicht neu

ei, dass es in den ländlichen Regionen Entwicklungszu-
ammenarbeit gebe, und taten so, als sei das auch die
osition des Entwicklungsministers. Wie verträgt sich
as aber mit der Aussage des Entwicklungsministers,
ass Entwicklungszusammenarbeit nur noch dort geför-
ert werden soll, wo die Bundeswehr stationiert ist? Und
alten Sie es eigentlich für richtig, dass die Nichtregie-
ungsorganisationen nur noch dort tätig sein dürfen, wo
ie Bundeswehr ist? Bedeutet das in Ihren Augen nicht
ine Militarisierung der Entwicklungszusammenarbeit?


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ja!)



Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1704714900

Ich habe Herrn Niebel nicht so verstanden, dass Ent-

icklungshilfeorganisationen und Bundeswehr sozusa-
en Seit an Seit tätig sein sollen. Vielmehr geht es um
ie Frage der Koordination und Abstimmung. Aber ich
anke Ihnen für die Zwischenfrage; sie bringt mich näm-
ich zu dem Punkt der Evaluierung des Einsatzes.

Da gibt es keinen Widerspruch: Der Norden von
fghanistan besteht nicht nur aus städtischen Gebieten,

ondern ebenso aus ländlichen Regionen, wie es auch im





Holger Haibach


(A) (C)



(D)(B)


Süden der Fall ist. Damit sind Militär und Nichtregie-
rungsorganisationen durchaus in derselben Region im
Einsatz. Es gibt schon eine Evaluierung, die das BMZ
gemeinsam mit der Wissenschaft, mit der FU in Berlin,
erstellt hat. Darin finden sich vier wichtige Punkte:

Erstens muss man anerkennen, dass das, was die
Menschen in Afghanistan am meisten wollen, physische
Sicherheit ist.

Zweitens soll man die Entwicklungszusammenarbeit
auf sichere Regionen konzentrieren.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Unseriöse Auseinandersetzung! Das ist unseriös und unernst!)


– Sie wollten eine wissenschaftliche Evaluation, und
jetzt sind Sie mit den Ergebnissen nicht zufrieden.

Drittens sollen zivile und militärische Akteure ge-
meinsam Regionen der Zusammenarbeit identifizieren.

Viertens sollte man anerkennen, dass diese Zusam-
menarbeit von zivilen und militärischen Akteuren im
Zweifelsfall am ehesten dazu geeignet ist, die Glaubwür-
digkeit insgesamt zu erhöhen.

Insofern sehe ich da keinen Widerspruch. Ich bin
auch gar nicht gegen Ihren Antrag. Ich finde nur, er
bringt nicht viele neue Aspekte. Was die Frage der Eva-
luierung betrifft, so sind wir gerne bereit, weiter darüber
zu diskutieren.

Danke.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann stimmen Sie doch zu!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1704715000

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlage auf
Drucksache 17/1964 zu überweisen: zur federführenden
Beratung an den Auswärtigen Ausschuss und zur Mitbe-
ratung an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenar-
beit und Entwicklung, den Ausschuss für Menschenrechte
und humanitäre Hilfe und den Verteidigungsausschuss.
Die Vorlage auf Drucksache 17/1965 soll an die in der
Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse überwiesen
werden. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist
nicht der Fall. Dann sind die Überweisungen so be-
schlossen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind damit am
Schluss unserer heutigen Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf Mittwoch, den 16. Juni 2010, 13 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen trotz
aller Wahlkreisaktivitäten genügend Muße für Fußball,
Sommerwetter und andere Dinge.