Protokoll:
16017

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 17

  • date_rangeDatum: 10. Februar 2006

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 14:53 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/17 Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Abgeordneten Winfried Hermann, Peter Hettlich, Cornelia Behm, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN: Den Schutz der An- wohner vor Fluglärm wirksam verbessern (Drucksache 16/551) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sigmar Gabriel, Bundesminister BMU . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Petzold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Lutz Heilmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ (Drucksache 16/543) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE) . . . . . . . . Patrick Meinhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Nicolette Kressl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Hirsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE) . . . . . . . . Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) . . . . . . . . . 1197 B 1197 C 1199 D 1201 B 1202 D 1209 B 1209 C 1210 C 1211 A 1212 D 1214 D 1216 A 1217 C 1218 D 1219 C Deutscher B Stenografisch 17. Sitz Berlin, Freitag, den 1 I n h a l Tagesordnungspunkt 15: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flug- plätzen (Drucksache 16/508) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Michael Kauch, Horst Friedrich (Bayreuth), Birgit Homburger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Das Fluglärmge- setz unverzüglich und sachgerecht mo- dernisieren (Drucksache 16/263) . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit N C J T a b 1197 A 1197 B DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marko Mühlstein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1204 A 1205 C undestag er Bericht ung 0. Februar 2006 t : orbert Königshofen (CDU/CSU) . . . . . . . . hristian Carstensen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . osef Göppel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 6: ) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Berufsbildungsbericht 2005 (Drucksache 15/5285) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Uwe Schummer, Ilse Aigner, Michael Kretschmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Willi Brase, Jörg Tauss, Nicolette Kressl, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der SPD: Neue Dynamik für Ausbildung 1206 C 1207 C 1208 C 1209 A Alexander Dobrindt (CDU/CSU) . . . . . . . . . Cornelia Hirsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 1221 D 1222 A II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 17. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Februar 2006 Tagesordnungspunkt 17: Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Axel Troost, Werner Dreibus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: Elternbeitragsfreie Kinderbetreuung aus- bauen (Drucksache 16/453) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Abgeordneten Ekin Deligöz, Volker Beck (Köln), Grietje Bettin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: Leben und Ar- beiten mit Kindern möglich machen (Drucksache 16/552) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Eva Möllring (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Ina Lenke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Caren Marks (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Eva Möllring (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . Jürgen Kucharczyk (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Irmingard Schewe-Gerigk, Grietje Bettin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Gleich- stellung der eingetragenen Lebenspartner- schaft vollenden (Drucksache 16/497) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Jörg van Essen, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Michael Kauch, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion der FDP: Gleiche Rechte, gleiche P p ( V U S C D J T A ( t S b ( i Z A P F N f r ( H R H R D Z A d t d F K 1223 C 1223 C 1223 D 1224 C 1226 B 1227 C 1228 A 1229 B 1229 C 1229 D 1230 A 1230 B 1231 A 1232 A 1233 B flichten – Benachteiligungen von Lebens- artnerschaften abbauen Drucksache 16/565) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . te Granold (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . abine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hristine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . Norbert Geis (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . ohannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 19: ntrag der Abgeordneten Horst Friedrich Bayreuth), Jan Mücke, Patrick Döring, wei- erer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: onderprogramm „Kommunale Brücken- auwerke“ auflegen Drucksache 16/261) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 11: ntrag der Abgeordneten Winfried Hermann, eter Hettlich, Dr. Anton Hofreiter und der raktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- EN: Bestandssanierung der Verkehrsin- rastruktur ausweiten und effektive Sanie- ungsstrategie vorlegen Drucksache 16/553) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . orst Friedrich (Bayreuth) (FDP) . . . . . . . . . enate Blank (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eidrun Bluhm (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . ita Schwarzelühr-Sutter (SPD) . . . . . . . . . . r. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 12: ktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion es BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Bei- rag der deutschen Politik zur Deeskalation es Konfliktes um den Karikaturenstreit ritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) arl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1233 C 1233 C 1235 A 1237 A 1238 A 1238 C 1239 A 1239 B 1240 B 1241 A 1242 A 1242 A 1242 B 1243 A 1244 A 1245 B 1246 D 1248 D 1250 A 1251 C Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 17. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Februar 2006 III Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . Niels Annen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Norman Paech (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Joachim Hörster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lale Akgün (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Günter Gloser, Staatsminister AA . . . . . . . . . Kristina Köhler (Wiesbaden) (CDU/CSU) . . . Sebastian Edathy (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Monika Griefahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1252 C 1253 D 1254 D 1255 D 1256 D 1257 C 1258 C 1259 D 1261 C 1262 C 1263 D 1264 D 1265 A 1265 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 17. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Februar 2006 1197 (A) ) (B) ) 17. Sitz Berlin, Freitag, den 1 Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 17. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Februar 2006 1265 (A) ) (B) ) DIE GRÜNEN – Drucksachen 16/21, 16/135 Nr. 1.4 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über den Stand der Un- terzeichnung der Ratifikation europäischer Abkommen und Konventionen durch die Bundesrepublik Deutsch- land für den Zeitraum Juli 2003 bis Juni 2005 Möller, Kornelia DIE LINKE 10.02.2006 Müller (Köln), Kerstin BÜNDNIS 90/ 10.02.2006 Anlage 1 Liste der entschuldigt A m S z Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 10.02.2006 Bahr (Münster), Daniel FDP 10.02.2006 Brase, Willi SPD 10.02.2006 Burgbacher, Ernst FDP 10.02.2006 Dr. Däubler-Gmelin, Herta SPD 10.02.2006 Dörmann, Martin SPD 10.02.2006 Eichel, Hans SPD 10.02.2006 Ernst, Klaus DIE LINKE 10.02.2006 Freitag, Dagmar SPD 10.02.2006 Fricke, Otto FDP 10.02.2006 Dr. Geisen, Edmund FDP 10.02.2006 Haustein, Heinz-Peter FDP 10.02.2006 Hemker, Reinhold SPD 10.02.2006 Herzog, Gustav SPD 10.02.2006 Hilsberg, Stephan SPD 10.02.2006 Hintze, Peter CDU/CSU 10.02.2006 Höger-Neuling, Inge DIE LINKE 10.02.2006 Jelpke, Ulla DIE LINKE 10.02.2006 Dr. Jung, Franz Josef CDU/CSU 10.02.2006 von Klaeden, Eckart CDU/CSU 10.02.2006 Kossendey, Thomas CDU/CSU 10.02.2006 Kröning, Volker SPD 10.02.2006 Lafontaine, Oskar DIE LINKE 10.02.2006 Laurischk, Sibylle FDP 10.02.2006 Lötzer, Ulla DIE LINKE 10.02.2006 Mantel, Dorothee CDU/CSU 10.02.2006 D R R S S S S S D T U W A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten nlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass die Ausschüsse gemäß § 80 Abs. 3 atz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung u den nachstehenden Vorlagen absehen: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Euro- parates für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2004 – Drucksachen 16/19, 16/135 Nr. 1.2 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Euro- parates für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2004 – Drucksachen 16/20, 16/135 Nr. 1.3 – r. Paziorek, Peter CDU/CSU 10.02.2006 auen, Peter CDU/CSU 10.02.2006 oth (Heringen), Michael SPD 10.02.2006 cheelen, Bernd SPD 10.02.2006 chmidt (Nürnberg), Renate SPD 10.02.2006 chneider (Erfurt), Carsten SPD 10.02.2006 chultz (Everswinkel), Reinhard SPD 10.02.2006 eehofer, Horst CDU/CSU 10.02.2006 r. Tabillion, Rainer SPD 10.02.2006 hiele, Carl-Ludwig FDP 10.02.2006 lrich, Alexander DIE LINKE 10.02.2006 eißgerber, Gunter SPD 10.02.2006 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 1266 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 17. Sitzung. Berlin, Freitag, den 10. Februar 2006 (A) ) (B) ) Haushaltsausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushalts- und Wirtschaftsführung 2005 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 12 02 Titel 532 51 – Ausgaben für den Einzug der streckenbezogenen Straßenbenutzungsgebühr für Lkw durch Private – – Drucksachen 16/314, 16/413 Nr. 1.7 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushalts- und Wirtschaftsführung 2005 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 15 09 Titel 681 01 – Versorgungsbezüge für Beschädigte – – Drucksachen 16/317, 16/413 Nr. 1.8 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushalts- und Wirtschaftsführung 2005 Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 17 10 Titel 681 01 – Überplanmäßige Erziehungsgeld – – Drucksachen 16/354, 16/480 Nr. 1.36 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden EU- Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- tung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 16/150 Nr. 2.268 Drucksache 16/288 Nr. 1.4 Innenausschuss Drucksache 16/150 Nr. 2.165 Finanzausschuss Drucksache 16/150 Nr. 2.3 Drucksache 16/150 Nr. 2.5 Drucksache 16/150 Nr. 2.31 Drucksache 16/150 Nr. 2.38 Drucksache 16/150 Nr. 2.37 Drucksache 16/150 Nr. 2.40 Drucksache 16/150 Nr. 2.41 Drucksache 16/150 Nr. 2.43 Drucksache 16/150 Nr. 2.63 Drucksache 16/150 Nr. 2.64 Drucksache 16/150 Nr. 2.80 Drucksache 16/150 Nr. 2.81 Drucksache 16/150 Nr. 2.87 Drucksache 16/150 Nr. 2.96 Drucksache 16/150 Nr. 2.104 Drucksache 16/150 Nr. 2.109 Drucksache 16/150 Nr. 2.126 Drucksache 16/150 Nr. 2.127 Drucksache 16/150 Nr. 2.142 Drucksache 16/150 Nr. 2.144 Drucksache 16/150 Nr. 2.192 Drucksache 16/150 Nr. 2.239 Drucksache 16/150 Nr. 2.240 Drucksache 16/150 Nr. 2.255 Drucksache 16/288 Nr. 2.8 Drucksache 16/288 Nr. 2.10 Drucksache 16/288 Nr. 2.11 Drucksache 16/288 Nr. 2.18 Drucksache 16/288 Nr. 2.25 Drucksache 16/288 Nr. 2.36 Haushaltsausschuss Drucksache 16/150 Nr. 2.35 Drucksache 16/150 Nr. 2.48 (C (D Drucksache 16/150 Nr. 2.78 Drucksache 16/150 Nr. 2.85 Drucksache 16/150 Nr. 2.227 Drucksache 16/150 Nr. 2.237 Drucksache 16/150 Nr. 2.263 Drucksache 16/150 Nr. 2.278 Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Drucksache 16/150 Nr. 2.12 Drucksache 16/150 Nr. 2.27 Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 16/150 Nr. 1.19 Drucksache 16/150 Nr. 2.1 Drucksache 16/150 Nr. 2.2 Drucksache 16/150 Nr. 2.11 Drucksache 16/150 Nr. 2.13 Drucksache 16/150 Nr. 2.28 Drucksache 16/150 Nr. 2.47 Drucksache 16/150 Nr. 2.53 Drucksache 16/150 Nr. 2.57 Drucksache 16/150 Nr. 2.68 Drucksache 16/150 Nr. 2.71 Drucksache 16/150 Nr. 2.86 Drucksache 16/150 Nr. 2.99 Drucksache 16/150 Nr. 2.101 Drucksache 16/150 Nr. 2.103 Drucksache 16/150 Nr. 2.136 Drucksache 16/150 Nr. 2.139 Drucksache 16/150 Nr. 2.145 Drucksache 16/150 Nr. 2.146 Drucksache 16/150 Nr. 2.147 Drucksache 16/150 Nr. 2.148 Drucksache 16/150 Nr. 2.153 Drucksache 16/150 Nr. 2.177 Drucksache 16/150 Nr. 2.178 Drucksache 16/150 Nr. 2.187 Drucksache 16/150 Nr. 2.188 Drucksache 16/150 Nr. 2.189 Drucksache 16/150 Nr. 2.190 Drucksache 16/150 Nr. 2.195 Drucksache 16/150 Nr. 2.216 Drucksache 16/150 Nr. 2.228 Drucksache 16/150 Nr. 2.244 Drucksache 16/150 Nr. 2.245 Drucksache 16/150 Nr. 2.246 Drucksache 16/150 Nr. 2.273 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 16/150 Nr. 1.36 Drucksache 16/150 Nr. 2.172 Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Drucksache 16/150 Nr. 1.61 Drucksache 16/150 Nr. 1.62 Drucksache 16/150 Nr. 2.264 Drucksache 16/288 Nr. 2.40 Drucksache 16/288 Nr. 2.41 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 16/150 Nr. 1.2 Drucksache 16/150 Nr. 1.3 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 16/150 Nr. 2.6 Drucksache 16/150 Nr. 2.233 Drucksache 16/150 Nr. 2.248 17. Sitzung Berlin, Freitag, den 10. Februar 2006 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2
Gesamtes Protokol
Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601700000

Die Sitzung ist eröffnet. Ich begrüße Sie alle sehr

herzlich.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 15 a und 15 b so-

wie den Zusatzpunkt 8 auf:
15 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbes-
serung des Schutzes vor Fluglärm in der Um-
gebung von Flugplätzen
– Drucksache 16/508 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael
Kauch, Horst Friedrich (Bayreuth), Birgit
Homburger, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP

Das Fluglärmgesetz unverzüglich und sachge-
recht modernisieren
– Drucksache 16/263 –
Überweisungsvorschlag:

A
W

d

s

D
i
F
s
d
s

d
u
h
d
s

Redet
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Winfried
Hermann, Peter Hettlich, Cornelia Behm, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN

Den Schutz der Anwohner vor Fluglärm wirk-
sam verbessern
– Drucksache 16/551 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reakto

(C (D ung 0. Februar 2006 0 Uhr Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Verteidigungsausschuss Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen iderspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat für die Bunesregierung Bundesminister Gabriel. Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Naturchutz und Reaktorsicherheit: Guten Morgen, Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten amen und Herren! Die Bundesregierung bringt heute hre Gesetzesnovelle zur Verbesserung des Schutzes vor luglärm ein. Die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtchaft haben ein gemeinsames großes Interesse daran, ass wir diese Novelle zügig beraten und für Rechtsicherheit sorgen. Wenn ich die Anträge und die Positionierungen zu iesem Vorhaben richtig verstanden habe, dann sind wir ns fraktionsübergreifend einig, dass der Gesetzgeber andeln muss. Diese Meinung kommt jedenfalls auch in en Anträgen der Oppositionsfraktionen FDP und Grüne ehr dezidiert zum Ausdruck. (Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ ext NEN]: So ist es!)


Denn Millionen Menschen, die in der Nähe von Flughä-
fen leben, werden durch Fluglärm nicht nur gestört, son-
dern auch einem erhöhten Gesundheitsrisiko ausge-
setzt. Wir wissen alle, dass wissenschaftliche Studien
seit langer Zeit Lärm als eine der großen Ursachen für
Herz-Kreislauf-Erkrankungen belegen.

Wir wissen gleichzeitig, dass wir hier gleichsam zwei
Seelen in einer Brust haben. Es gibt diejenigen, die, so-
fern sie sich das leisten können, zu jeder Zeit mit Flug-
zeugen möglichst weit wegfliegen wollen, diejenigen,
die vom Lärm betroffen sind und die Flughafennutzung

er Lärmminderung einschränken wollen.
elen spiegeln sich natürlich auch in dem

wider. Wir alle – jedenfalls die, die sich
it diesem Thema befasst haben – wissen,
rsicherheit (f)


zum Zwecke d
Diese beiden Se
Gesetzentwurf
länger als ich m






(A) )



(B) )


Bundesminister Sigmar Gabriel
dass in den letzten sechs Jahren immer wieder der Ver-
such unternommen wurde, beides zu einem ausgewoge-
nen und vertretbaren Kompromiss zu führen.

Lassen Sie mich deshalb eine Bemerkung vorab ma-
chen. Ich habe bei der Vorbereitung des Gesetzentwurfes
bemerkt, dass wir – wie alle das gelegentlich tun – im-
mer noch quasi reflexartig das wiederholen, was wir in
der Vergangenheit, als wir entweder in der Regierung
oder in der Opposition waren, zu bestimmten Themen
gesagt haben. Ich schlage vor, dass wir, weil es sich hier
um eine sehr schwierige Suche gehandelt hat – sonst
hätte es nicht sechs Jahre gedauert, bis man zu einem
Gesetzentwurf gekommen ist –, versuchen, in den Aus-
schussberatungen sehr dezidiert darauf einzugehen, wel-
che denkbaren Kritikpunkte es gibt und was zu den vor-
liegenden Kompromissen geführt hat. Es ist ja ein
Gesetzentwurf, der eins zu eins den Kompromiss der al-
ten Bundesregierung wiedergibt. Ich kann gut verstehen,
dass sich diejenigen, die damals in der Opposition waren
– zum Teil sind sie es ja auch heute noch –, an das erin-
nern, was sie zu jener Zeit gesagt haben. Das würde uns
nicht anders gehen. Aber vielleicht können wir es schaf-
fen, noch einmal genau zu überprüfen, ob das, was ge-
gen den Gesetzentwurf eingewandt wird – einerseits von
den Vertreterinnen und Vertretern derjenigen Bürgerini-
tiativen, die die Belastung noch weiter verringern wol-
len, andererseits von den Vertretern der Fluggesellschaf-
ten oder Flughäfen –, ob also diese Maximalpositionen
wirklich durchgesetzt werden sollten oder ob wir nicht
mit diesem Gesetzentwurf einen Stand erreicht haben,
der gewährleistet, dass wir das inzwischen frei entwi-
ckelte Richterrecht als Parlament wieder einfangen und
eine wirklich verlässliche gesetzliche Grundlage schaf-
fen.

Wir sollten ehrlich zugeben, dass unser Gesetzent-
wurf, der den Versuch unternimmt, beide Seiten zu re-
spektieren, noch nicht all das beinhaltet, was die Recht-
sprechung in Deutschland abdeckt. Es gibt Hinweise
darauf, dass auch Rechtsprechung stattfindet, die weit
über das hinausgeht, was selbst der Kompromissentwurf
von Rot-Grün aus der letzten Legislaturperiode enthält.
Auf der anderen Seite gibt es Flughafenbetreiber, die
insbesondere ihre Neubauten, aber auch ihre Erweite-
rungsbauten bereits heute schon gemäß den Richtlinien
dieses Gesetzentwurfs errichtet haben.

Derzeit läuft ein Verfahren vor dem Bundesverwal-
tungsgericht um den Flughafen Berlin-Brandenburg In-
ternational. Ich will in diesem Zusammenhang auf einen
Punkt hinweisen, der für diejenigen, die dieses Projekt
wollen, wichtig ist: Die Seite, die diesen Flughafen
bauen will, bezieht sich vor Gericht auf diesen Gesetz-
entwurf mit seinen Lärmgrenzwerten und nimmt sie als
Argument für die Bewilligung der Planungen. Diesen
Punkt muss man wissen, wenn man den Gesetzentwurf
wesentlich verändern will.

Die Bayern liegen, was den Bereich Lärmschutz an-
geht, wieder einmal weit vorne. Der Flughafen Mün-
chen ist heute einer der wirtschaftlichsten Flughäfen, die
wir in Deutschland haben. Dort gibt es aber überhaupt

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(C (D eine Probleme, die im Gesetz vorgeschriebenen Grenzerte einzuhalten. Man sollte aber auch offen ansprechen, dass es bei eiem Flughafen Schwierigkeiten gibt, nämlich beim lughafen Frankfurt/Main. Dort entstanden die Proleme, weil über einen langen Zeitraum zu wenig unterommen worden ist. Man hat sich darauf verlassen, dass ie gesetzlichen Regelungen entweder nicht kommen der nicht so scharf ausfallen werden. Deshalb ist der Inestitionsbedarf in Hessen höher als an jedem anderen tandort. Übrigens hat Leipzig überhaupt keine Proleme mit der Einhaltung dieser Grenzwerte. Darüber freuen sich die Leipziger. Wir haben also an einem Flughafen Probleme, über ie wir offen reden müssen. Aber wir sollten nicht so un, als ginge es einfach von der Hand, alle Probleme urch eine wesentliche Änderung des Gesetzentwurfes u lösen. Meine Bitte wäre also, sehr intensiv in die Beatungen einzusteigen. Ich will dem Ausschuss dafür erne zur Verfügung stehen. Das gilt natürlich auch für ie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses. ir wollen diesen Gesetzentwurf nicht durchpeitschen, ondern wir wollen dafür sorgen, dass wir sachgerecht ber die Probleme reden, die sich bei der Suche nach ompromissen natürlich immer ergeben. Dass es diese robleme gibt, sollte weder die eine noch die andere eite verschweigen. Das geltende Gesetz stammt aus dem Jahre 1971. Wir lle können uns vorstellen, dass es längst nicht mehr up o date ist. Damals gab es in Deutschland 2 500 Starts nd Landungen pro Tag; heute sind es 6 000. 1971 wuren 32 Millionen Passagiere befördert. 2005 waren es 65 Millionen. Das 35 Jahre alte Gesetz entspricht nicht ehr den Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung. ie Lärmschutzzonen reichen kaum über die Flughafenelände hinaus. Das noch geltende Fluglärmgesetz eraubt sogar, ein Krankenhaus oder einen Kindergarten nmittelbar am Zaun der großen deutschen Flughäfen zu rrichten. Das wird niemand von Ihnen für sinnvoll halen. Aus diesem Grund müssen wir das inzwischen durch ichterrecht in der beschriebenen Art und Weise sehr nterschiedlich geregelte Problem beim Lärmschutz neu ösen. Einige Stimmen sagen, dass dies bitte schön nicht n einem neuen Fluglärmgesetz geregelt werden sollte, ondern im Luftverkehrsgesetz. Ich will niemandem nterstellen, dass er damit gezielt versucht, in eine Bunesratsdebatte einzusteigen. Man muss aber Folgendes issen: Wenn wir Entbürokratisierung wollen, dann acht es nicht viel Sinn, ein Gesetz zweimal zu beraten, ämlich das Fluglärmgesetz für den Bereich des Bestanes und das Luftverkehrsgesetz bei wesentlichen Ausnd Erweiterungsbauten. Denn es sind die gleichen Reelungen. Der Verweis im vorliegenden Gesetzentwurf uf § 8 des Luftverkehrsgesetzes ist nach meiner Auffasung wirklich eine exzellente Möglichkeit zur Minimieung unnötiger Bürokratie. Auf anderen Wegen würden Bundesminister Sigmar Gabriel wir dies nicht erreichen. Mehr Rechtssicherheit gibt es durch eine andere Vorgehensweise nicht. Das ist alles durch die Verfassungsrechtler geprüft worden. Daher glaube ich, dass wir hier eine sinnvolle Lösung gefunden haben. Ich will auf die Einzelheiten des Gesetzentwurfs nicht intensiver eingehen; das werden wir in den Ausschussberatungen tun. Im Gesetz sind erweiterte Schutzzonen vorgesehen. Im Antrag der FDP-Fraktion, aber auch im Antrag der Grünen wird darauf hingewiesen, dass man bei Hauptund Nebenflugbetriebsrichtungen gleiche Regelungen in Bezug auf den Lärmschutz haben sollte. Unser Vorschlag, erweiterte Schutzzonen einzurichten, stellt einen guten Kompromiss dar. Man muss nur wissen, dass diese erweiterten Schutzzonen ganze Gemeindeteile betreffen. Ich war lange genug in der Kommunalpolitik tätig, um zu wissen, was ein absolutes Bauverbot in einer Gemeinde für den Bürgermeister bedeutet. Auch da sind uns als Parteien die kommunalpolitischen Probleme unserer Bürgermeister und Landräte nicht fremd. Es geht vielmehr darum, mit entsprechenden technischen Maßnahmen zu versuchen – in diesem Fall zugegebenermaßen gestreckt über zehn Jahre –, weiterhin vorhandene Baumöglichkeiten zu nutzen. Auf die Kosten will ich allerdings noch eingehen. Im Vorfeld sind gigantische Kosten veranschlagt worden: am Anfang um die 5 Milliarden Euro. Dann gab es in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten eine Untersuchung darüber, welche Kosten in den kommenden zehn Jahren ausgelöst werden. Ich glaube, dass wir diesen Kostenschätzungen deshalb trauen können, weil alle Beteiligten an dieser Untersuchung teilgenommen haben. Bei Verkehrsflugplätzen entstehen Kosten von 600 Millionen bis 740 Millionen Euro, bei Militärflugplätzen Kosten von 75 Millionen bis 95 Millionen Euro. Umgelegt auf den Zeitraum von zehn Jahren bedeutet dies eine Verteuerung um 1 Euro pro Ticket. Bei einer Verteuerung um 1 Euro pro Ticket kann ich, ehrlich gesagt, keine Gefährdung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit erkennen, jedenfalls dann nicht, wenn Freunde von mir für einen Flug nach Barcelona weniger bezahlen als für ein S-Bahn-Ticket in Berlin. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall des Abg. Ulrich Kelber [SPD])


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)


Das sollte man also realistisch sehen.

Ich gebe zu: Es gibt ein Problem; das ist der Flugha-
fen Frankfurt. Dort gibt es einen sehr großen Nachholbe-
darf. Deshalb sind die Kosten dort relativ hoch. Ich bin
gern bereit, auch darüber noch zu reden. Aber an sich ha-
ben wir einen guten Kompromiss gefunden.

Eine abschließende Bemerkung zum Thema „Un-
gleichbehandlung des militärischen Flugverkehrs und
des zivilen Flugverkehrs“. Wir haben uns in unserem
Kompromiss dazu entschieden, den Vorschlag, beide
Verkehre gleich zu behandeln, nicht zu übernehmen. Es

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(C (D ibt ja insbesondere aus der FDP-Fraktion Forderungen ach einer Gleichbehandlung. Sie wissen so gut wie ich, ass der Grund dafür, dass wir für eine differenzierte Beandlung waren, der ist, dass die Tagesrandbelastung bei ilitärflughäfen bzw. Militärflugzeugen am Morgen, m Abend, in der Nacht und vor allen Dingen am Wohenende, also gerade dann, wenn sich Menschen in iher Erholungsphase befinden, weit geringer ist als bei ivilen Flughäfen. Wir sind der Überzeugung, dass für ie zivile Luftfahrt schärfere Grenzwerte gelten müssen, ls es bei Militärflugplätzen nötig ist. Das ist der Grund afür, dass wir uns im Kompromisswege für eine Diffeenzierung der Werte entschieden haben. Ich glaube, nach sechs Jahren Debatte – es ist ein chwieriges Feld; mit Sicherheit sind nicht alle Probleme elöst – haben wir einen vertretbaren Kompromiss gechlossen, bei dem wir eine wirklich überalterte Rechtsituation sowohl zugunsten der Luftverkehrswirtschaft sie hat jetzt Planungssicherheit – als auch zugunsten er Anwohnerinnen und Anwohner haben erneuern könen. Ich freue mich auf die Ausschussberatungen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601700100

Das Wort hat nun der Kollege Michael Kauch, FDP-

raktion.


Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1601700200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Ge-

chichte der Novellierung des Fluglärmgesetzes ist lang
nd leidig. Bereits die Vorgängerregierung hat in ihrer
oalitionsvereinbarung von 1998 den Menschen in den
influgschneisen versprochen, es werde sich jetzt etwas
ndern. Eingehalten wurden diese Versprechungen bis
um Schluss jedoch nicht.

Jetzt legt die neue Regierung endlich einen Gesetz-
ntwurf vor. Das begrüßen wir ausdrücklich.

Viel zu lange haben nicht nur die Anwohner darauf
ewartet, dass der Lärmschutz an die aktuellen Erkennt-
isse der Lärmwirkungsforschung angeglichen wird.
iel zu lange haben auch die Flughafenbetreiber darauf
ewartet, dass es endlich Rechtssicherheit, Planungssi-
herheit und vor allen Dingen Wettbewerbsgleichheit
nter den Flughäfen gibt. Denn die Vielzahl der unter-
chiedlichen Urteile hat dazu geführt, dass die Wettbe-
erbssituation der einzelnen Flughafenstandorte nicht
ehr fair geregelt ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Tatsächlich wird heute an den meisten Flughäfen ent-
eder freiwillig oder durch Auflagen der Betriebsgeneh-
igung mehr für den Schallschutz getan, als es das Ge-

etz von ihnen verlangt. Wenn es nach der heutigen
echtslage, nach dem heutigen Fluglärmgesetz, ginge,
ann wäre beispielsweise an meinem Heimatflughafen






(A) )



(B) )


Michael Kauch
in Dortmund die Schutzzone 1 an der Startbahn und die
Schutzzone 2 am Terminal zu Ende. Das ist der Stand
des Fluglärmgesetzes von 1971. Deshalb haben wir er-
heblichen Handlungsbedarf.

Ich möchte an dieser Stelle aber auch den Sorgen be-
gegnen, die Bürger im Blick darauf haben, was denn
passiert, wenn wir jetzt ein Gesetz verabschieden, es
aber eine Betriebsgenehmigung gibt, die einen stärkeren
Lärmschutz vorsieht. Ich denke, alle – auch die Schutz-
gemeinschaften gegen Fluglärm – sollten dazu beitra-
gen, dass in der Diskussion Sachlichkeit einkehrt. Wenn
wir hier ein Gesetz verändern, das Mindeststandards
setzt, dann hebt das natürlich nicht die bestehenden
Betriebsgenehmigungen auf.

Wir begrüßen, dass die Bundesregierung einen Ge-
setzentwurf vorgelegt hat. Wir begrüßen aber ausdrück-
lich nicht, dass sie diesen Gesetzentwurf vorgelegt hat;
denn sie macht damit nichts anderes, als die Fehler der
Vorgängerregierung eins zu eins zu übernehmen.


(Beifall bei der FDP)


Herr Gabriel, Sie sind mit Ihrem Entwurf eines Flug-
lärmgesetzes weiter gekommen als der Kollege Trittin,
der heute ebenfalls unter uns weilt. Inhaltlich ist es aber
kein Fortschritt gegenüber der Einigung vom Mai, die
das Kabinett nie erreicht hat. Dieses Fluglärmgesetz ist
weit davon entfernt, einen angemessenen Interessenaus-
gleich zwischen den betroffenen Anwohnern, den Nut-
zern und den Flughafenbetreibern zu leisten. Vor allem
müssen wir feststellen: Auch Sie begehen mit Ihrem Ge-
setzentwurf den trittinschen Fehler, beim Lärmschutz
Bürger erster, zweiter und dritter Klasse zu schaffen.


(Beifall bei der FDP)


Anwohner von Militärflughäfen sollen lediglich bei
Grenzwerten geschützt werden, bei denen nach einhelli-
ger Einschätzung der Lärmwirkungsforschung eine Ge-
sundheitsgefährdung besteht. Sie argumentieren, das sei
durch die besondere Situation in den Tagesrandlagen be-
gründet. Natürlich ist das Lärmbild an einem Militär-
flughafen ein anderes als an einem Verkehrsflughafen.
Die Grenzwerte, über die wir reden, sind aber bereits
Mittelwerte. Das heißt: Wenn man in den Tagesrandla-
gen eine niedrigere Belastung als an den Verkehrsflughä-
fen hat, dann ist sie während des Tages umso größer. Es
gibt in diesem Land auch Menschen, die nachts im Spät-
dienst oder frühmorgens arbeiten und während des Tages
ihre Ruhephasen brauchen. Deshalb müssen alle An-
wohner, wenn es um Mittelwerte über den Tag geht,
gleich behandelt werden.


(Beifall bei der FDP)


An den neuen und auszubauenden Flughäfen wollen
Sie Schallschutzmaßnahmen schon deutlich früher be-
zahlen lassen als an Bestandsflughäfen. Es ist ein durch-
aus diskussionswürdiges Argument, zu sagen: Wenn je-
mand einen neuen Flughafen baut, dann muss es einen
Interessenausgleich zwischen ihm und den Anwohnern
geben. Die Frage aber ist: Was ist das Schutzziel des
Fluglärmgesetzes? Das Fluglärmgesetz hat das Ziel, Ge-
sundheitsschutz sicherzustellen; das Luftverkehrsrecht

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(C (D at das Ziel, den Interessenausgleich herzustellen. Desalb sind wir der Meinung, dass die Frage der Ausbaulughäfen angemessen im Luftverkehrsrecht zu klären st, weil es andere Schutzziele als das Fluglärmgesetz at. Das, was ich gerade aufgeworfen habe – Anwohner rster, zweiter und dritter Klasse –, umschreibt die zenralen Kritikpunkte unsererseits an diesem Gesetzenturf. Da es um den Gesundheitsschutz der Menschen eht, müssen die Grenzwerte für alle gelten. Deshalb erden wir, die FDP-Fraktion, uns dafür einsetzen, dass m Ausschuss eine Anhörung mit Fachleuten aus der ärmwirkungsforschung stattfindet, um insbesondere ie Argumente bezüglich der Militärflughäfen auszuäumen. Es stellt sich folgende Frage: Besteht nicht das wirklihe Argument der Bundesregierung dafür, die Anwohner n Militärflughäfen schlechter zu stellen – Herr Gabriel, s ist vielleicht nicht Ihr Argument, sondern das Ihrer abinettskollegen –, darin, dass die Militärflughäfen die inzigen Flughäfen sind, wo der Bund die Maßnahmen elber bezahlen muss, während ansonsten mit dem Flugärmgesetz ein Gesetz geschaffen wird, für dessen Umetzung andere zahlen müssen, nämlich die Kommunen, ie Länder oder die privaten Eigentümer der Verkehrslughäfen? Wenn es den Bund selber Geld kostet, ist er icht bereit, diese Kosten zu tragen. Das dürfte der tieere Sinn dessen sein, was hier im Hinblick auf die Miliärflughäfen beschlossen wird. (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der FDP)


Wir, die FDP-Fraktion, wollen anspruchsvolle Grenz-
erte, die dem aktuellen Stand der Lärmwirkungsfor-

chung entsprechen. Wir wollen, was die Schallschutz-
aßnahmen angeht, eine Gleichbehandlung des zivilen

nd des militärischen Fluglärms. Wir wollen die Einfüh-
ung strenger Nachtschutzzonen. Dabei sollten wir in
en Ausschussberatungen noch einmal darüber nachden-
en, ob es möglicherweise sinnvoll ist, im Gesetz die
rage der Einzelschallereignisse gegenüber dem Dauer-
challpegel stärker zu gewichten; denn gerade die Auf-
achreaktionen in der Nacht, die gesundheitsgefährdend

ind, kommen nicht so sehr durch den Dauerschallpegel,
ondern durch laute Einzelereignisse zustande. Da soll-
en wir uns das Gesetz noch einmal genauer anschauen.


(Beifall bei der FDP)


Die Grünen haben die so genannte 100/100-Regelung
n ihrem Antrag wieder aufgewärmt, obwohl Herr Trittin
ie bereits aus dem Gesetzentwurf gestrichen hatte. Wir
itten die Bundesregierung daher, bei ihrem Kurs zu
leiben; denn es muss darum gehen, realistische und
icht hypothetische Belastungsszenarien in das Gesetz
ufzunehmen.


(Beifall bei der FDP)


Es ist wichtig, zu fragen: Wie wollen wir die Sied-
ungssteuerung betreiben, um nicht die Zahl derjenigen
u erhöhen, die durch Lärm belastet werden? Deshalb






(A) )



(B) )


Michael Kauch
wäre es sinnvoll, die Bauverbote im Fluglärmgesetz zu
verschärfen. Die Bundesregierung macht in ihrem Ge-
setzentwurf das Gegenteil: Die Bauverbote werden gelo-
ckert. Auch darüber müssen wir im Ausschuss noch ein-
mal dringend reden; denn es kann nicht sein, dass, um
den von Ihnen angesprochenen Bürgermeistern Gutes zu
tun, Bauvorhaben genehmigt und Häuser errichtet wer-
den, in denen später Menschen wohnen, die erneut
Schallschutzmaßnahmen einfordern, die finanziert wer-
den müssen.

Eines ist an diesem Vorgang bemerkenswert: Der Mi-
nister hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, dem die CDU/
CSU auch zugestimmt hat. Noch vor der Entscheidung
im Kabinett hat die Kollegin Reiche jedoch eine so
grundsätzliche Kritik an diesem Gesetzentwurf in einer
Pressemitteilung verbreitet, dass man sich fragen muss,
ob dieser Gesetzentwurf überhaupt in der Koalition ab-
gestimmt wurde. Darüber hinaus muss man die Kollegin
Reiche fragen, ob sie sich jemals mit diesem Thema be-
schäftigt hat; denn über ihre Argumente zur Kosten-
schätzung wurde in den letzten Monaten ausführlich dis-
kutiert und die Probleme sind einvernehmlich zwischen
den Betreibern und den Fluglärmgegnern geklärt wor-
den.

An dieser Stelle möchte ich dazu aufrufen, die sachli-
chen Fragen des Gesetzentwurfs zu klären. Die liberale
Opposition wird sich für einen angemessenen Interes-
senausgleich einsetzen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601700300

Ich erteile das Wort dem Kollegen Ulrich Petzold,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ulrich Petzold (CDU):
Rede ID: ID1601700400

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kauch,
selbstverständlich können wir manchem Argument fol-
gen. Sie haben die Militärflughäfen angesprochen. Dazu
möchte ich Ihnen etwas sagen. Wenn Sie die DLR-Stu-
die und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster
richtig lesen, dann kommen Sie nicht umhin, der Rege-
lung zuzustimmen, die wir gefunden haben.

Lärm ist eine Geißel der modernen Zivilisation.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Genau!)


In einer Zeit, in der Hektik und Stress immer mehr den
Lebensrhythmus sehr vieler Menschen bestimmen, steigt
das Bedürfnis nach Erholung und Ruhe. Waren Ruhe
und Stille in den vergangenen Jahrhunderten noch etwas
Selbstverständliches, wurde das Recht auf akustische
Ungestörtheit in den letzten Jahren immer mehr zum
Luxusgut.

Ein wesentlicher Störfaktor für die meisten Bürger ist
der Verkehrslärm, vor allem die Geräusche, die durch
den zunehmenden Luftverkehr entstehen. Die Zahl der

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(C (D avon betroffenen Menschen steigt ständig und die Menchen fragen die Politik zu Recht nach Antworten für ihr roblem. Es wird immer wieder angeführt, dass das gültige luglärmschutzgesetz aus dem Jahr 1971 stammt, die etzte Aktualisierung 1984 vorgenommen wurde und ich seitdem nichts getan hat. Das ist, wie Herr Bundesinister Gabriel bereits ausgeführt hat, nur die halbe ahrheit. Eine ganze Reihe von Gesetzen, Verordnun en und europäischen Richtlinien haben in Randbereihen immer wieder auf das Problem des Fluglärms Beug genommen und sich positiv auf die Lärmminderung usgewirkt. Man darf ebenso nicht vernachlässigen, dass erkehrsflughäfen und Fluggesellschaften sehr viele echnische Vorleistungen zur Lärmminderung erbracht aben. So wurden von ihnen bis zum Jahr 2002 rund 50 Millionen Euro für passive Lärmschutzmaßnahmen er Anwohner aufgewandt, 420 Millionen Euro wurden avon allein auf freiwilliger Basis ausgegeben. Das heute eingesetzte fliegende Material verursacht m Vergleich zu dem in der Zeit, in der das noch gültige ärmschutzgesetz verabschiedet wurde, einen um 0 Dezibel verminderten Lärm. Auch lärmmindernde nund Abflugverfahren mit neuen Technologien und ptimierten Flugroutenplanungen haben sich sehr positiv usgewirkt. Nicht umsonst werden die Lärmwerte pro lugbewegung, die 1971 für Wohngebiete eingefordert urden, heute schon auf dem Flugplatzgelände erreicht. Doch muss man natürlich auch feststellen: All die loenswerten lärmmindernden Maßnahmen wurden durch en dramatisch gewachsenen Flugverkehr deutlich komensiert. Deshalb gab es bereits 1997 eine Anhörung im Deutchen Bundestag, in der ein dringender Handlungsbedarf estgestellt wurde. Dieser mündete im Februar 1998 in inen Bundestagsbeschluss mit dem Auftrag an die Bunesregierung, eine Novellierung des Fluglärmgesetzes um Schutz der Bevölkerung vorzunehmen. Im Mai 005 legte der vorherige – seit 1998 im Amt befindiche – Bundesumweltminister den Entwurf eines Flugärmschutzgesetzes vor, der jedoch der Diskontinuität nheim fiel. Umso höher ist es zu bewerten, dass Bunesminister Gabriel nach der Vereinbarung im Koaliionsvertrag das Problem Fluglärm so kurzfristig und ielstrebig in Angriff genommen hat. Wir werden seine emühungen, durch die Novellierung Rechtsfrieden und echtssicherheit für die Betroffenen herzustellen, unter tützen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


s muss unser Ziel sein, den Gesetzgebungsvorgang in
inem überschaubaren Zeitraum abzuschließen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Wohl wahr!)


Mit wachsender Sorge sehe ich jedoch ein Problem,
ber das gesprochen werden muss. Die Rechtsabteilung
hres Hauses, Herr Minister Gabriel, hat die Gesetzge-
ungskompetenz für den vorliegenden Gesetzentwurf





)


(B) )


Ulrich Petzold
mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 und Art. 73 Nr. 6 des Grundge-
setzes begründet. Dagegen steht die Auffassung der
Bundesländer. Sowohl das Fluglärmgesetz aus dem Jahr
1971 als auch dessen zwischenzeitliche Änderungen
wurden mit Zustimmung des Bundesrates verabschiedet.
Mit der Novelle sollen die den Ländern im Rahmen der
Bundesauftragsverwaltung übertragenen Vollzugsaufga-
ben mit den entsprechenden Kostenfolgen erheblich aus-
geweitet bzw. neu begründet werden. Damit würde das
Gesetz unmittelbar in die Verwaltungskompetenz der
Länder im Sinne von Art. 84 Abs. 1 des Grundgesetzes
eingreifen und es bedarf daher nach Auffassung der Län-
der zwingend der Zustimmung des Bundesrates.

Herr Bundesminister, ich habe die Befürchtung, dass
sich die Rechtsabteilung Ihres Hauses in der Frage der
Zustimmungsbedürftigkeit durch die Länder etwas
vergaloppiert hat. Ich unterstelle nicht einmal, dass Ihre
Juristen Unrecht haben, das nicht. Aber wir haben in der
vorherigen Legislaturperiode auch schon versucht, das
Hochwasserschutzgesetz – daran können Sie sich sehr
gut erinnern, Herr Trittin – zustimmungsfrei durch den
Bundesrat zu bekommen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! War es auch!)


Das Ende vom Lied war, dass der Bundesrat mit einer
Zweidrittelmehrheit seine Kompetenz für das Hochwas-
serschutzgesetz erklärte. Dadurch war es mit der geplan-
ten Zustimmungsfreiheit vorbei. Sie wissen das ganz ge-
nau.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dadurch wurde es nicht zustimmungspflichtig!)


Da halfen dann auch keine Appelle an die Parteidisziplin
Ihrer rheinland-pfälzischen Umweltministerin Conrad.
Es hatte sich eine Phalanx von Ländern gebildet, die ein
Jahr Verhandlungen zur Folge hatte, uns also ein Jahr
Stillstand gekostet hat.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leider! Ja!)


Dies hätte bei rechtzeitigen, vertrauensvollen Gesprä-
chen sicherlich vermieden werden können. Genau das
fordern wir ein.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir brauchen diese vertrauensvollen Gespräche auch
in unserer Fraktion. Ich denke an die nicht gerade pri-
ckelnde Unterrichtung durch einen Ihrer Abteilungsleiter
am Dienstag. Ich denke, der Umgang Ihres Hauses – das
haben Sie bewiesen – kann ein ganz anderer sein. Ich
hoffe auf eine sehr gute Zusammenarbeit in den nächsten
Wochen.

Ich gehe mit Sicherheit davon aus, dass sich die Posi-
tionen nicht so wesentlich unterscheiden und durchaus in
Übereinstimmung gebracht werden können. Deswegen
muss es uns in den nächsten Wochen darum gehen, fol-
gende Fragen frühzeitig auszuräumen: Inwieweit dürfen
in Fluglärmzonen überhaupt noch Wohngebäude oder
lärmsensible Einrichtungen errichtet werden? Muss es

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(C (D icht eine Haftung für Bauherren und -planer geben, die en Lärmschutz vernachlässigt haben? Ist es möglich, eitere positive Anreize für einen verstärkten Einsatz ärm mindernder Flugzeuge zu setzen? Sind ohne wei ere Änderungen im Luftverkehrsgesetz tatsächlich alle nterpretationsspielräume und alle Anlässe für Rechtstreitigkeiten beseitigt? Welche Erkenntnisse der Lärmirkungsforschung sind so gesichert, dass sie bei gesetz ichen Regelungen berücksichtigt werden können? Zu einigen dieser Fragen wird sich in ein paar Wohen die Judikative in Leipzig im Rahmen des Mammutrozesses um den Großflughafen Schönefeld äußern. elchen Zielpunkt sie dabei setzt, sollte uns nicht egal ein: Es geht zum Beispiel darum, ob die Forderung des eipziger Regierungspräsidiums erfüllt wird, im Rahen der Planfeststellung für den Leipziger Flughafen uch den Aspekt des Wiedereinschlafens in Nachtchutzzonen zu berücksichtigen, und um die Frage, welhe Wirkung die Ergebnisse der DLR-Studie im Rahmen ukünftiger juristischer Verfahren entfalten werden. Wir ollten uns durchaus überlegen, wie wir in den nächsten ochen mit den Betroffenen umgehen und in welcher orm wir gemeinsam mit ihnen beraten. Danke schön. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601700500

Das Wort hat nun der Kollege Lutz Heilmann, Frak-

ion Die Linke.


Lutz Heilmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601700600

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

as lange währt, wird leider nicht immer gut. Seit Jahr-
ehnten wird über die Novellierung des Fluglärmgeset-
es gesprochen. Rot-Grün hat sieben Jahre lang ange-
ündigt, einen neuen Gesetzentwurf vorzulegen. Jetzt
ürfen wir im Bundestag über diesen Gesetzentwurf de-
attieren. Eine lange Lagerung führt zwar meist zu ei-
em guten Wein, nicht aber zu einem guten Gesetzent-
urf.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein reiner „Schall-
chutzfenster-Fördergesetzentwurf“. Kein einziger Flug-
afen wird dadurch leiser und kein Anwohner wird wirk-
ich vom Fluglärm entlastet. Dieser Gesetzentwurf ist
in reiner Erstattungsgesetzentwurf, in dem die Zahlun-
en der Flughäfen an die Anwohner geregelt werden.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen fordern Sie ja auch einen Flughafen in Neuhardenberg! Sagen Sie dazu auch mal etwas! Der dortige Bürgermeister von den Linken ist da ja ganz vorne mit dabei!)


Wenn wir über Fluglärm reden, dürfen wir aber nicht
ur über Schallschutzfenster oder technischen Fortschritt
prechen. In der Tat würde zwar das einzelne Flugzeug
wenn auch zu langsam, so aber doch kontinuierlich –

eiser. Gleichzeitig würde sich jedoch die Anzahl der
lüge verdoppeln, in Deutschland in etwa alle 20 Jahre.

(A)







(A) )



(B) )


Lutz Heilmann
Die Folge wäre, dass der Fluglärm insgesamt deutlich
zunehmen würde.

Noch dramatischer sind die Klimafolgen des Flug-
verkehrs: Er ist auf dem besten Weg, zum Klimakiller
Nummer eins zu werden. So überstiegen die Klimafol-
gen des Luftverkehrs bereits im Jahre 2000 die der welt-
weiten PKW-Flotte.

Der Anteil des Flugverkehrs am globalen Treibhaus-
effekt beträgt bereits 9 Prozent; die Tendenz ist steigend.
Aufgrund massiver Subventionen sind im Luftverkehr
sehr hohe Wachstumsraten zu verzeichnen. Gleichzeitig
allerdings schädigt er die Umwelt am meisten. Daher
fordern wir den Abbau aller Subventionen für den Flug-
verkehr.


(Beifall bei der LINKEN)


Denn der Abbau der Subventionen würde selbst nach der
niedrigsten Berechnung jedes Jahr mehr Geld einbringen
als das Fluglärmgesetz in den nächsten zehn Jahren an
Kosten verursacht.

Noch immer gibt es keine Kerosinsteuer, noch immer
zahlt der internationale Luftverkehr keine Mehrwert-
steuer und noch immer werden die Billigflieger von
Flughäfen massiv subventioniert. All dies ist nicht län-
ger hinnehmbar. Denn im Gegensatz dazu sind in den
Ticketpreisen der wesentlich umweltfreundlicheren
Bahn Mineralölsteuer-, Stromsteuer- und Mehrwertsteu-
erzahlungen enthalten.


(Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Richtig! Das ist der entscheidende Punkt!)


Allein diese Bestandteile kosten die Kunden oft mehr als
ein Flugticket. Wir hoffen, dass die EU ihre Planungen
hinsichtlich der Einbeziehung des Luftverkehrs in den
Emissionshandel nun umsetzt und dass die Bundesregie-
rung dieses Vorhaben aktiv unterstützt.

Werte Kolleginnen und Kollegen, das Fluglärmgesetz
bringt einige Verbesserungen für die betroffenen Men-
schen. Es ist aber bei weitem nicht ausreichend. Für
wirklichen Lärmschutz müssten echte Grenzwerte ein-
geführt werden, die nicht überschritten werden dürften.


(Beifall bei der LINKEN)


Diese würden die Flughafenbetreiber zwingen, aktive
Maßnahmen zur Senkung des Fluglärms durchzuführen,
zum Beispiel Beschränkungen für laute Flugzeuge und
Nachtflugverbote. Leider schafft der vorliegende Ge-
setzentwurf keine rechtliche Grundlage für Nachtflug-
verbote. Die gewählten Grenzwerte für die Tagschutz-
zonen sind nicht ausreichend. Ein wirksamer
Gesundheitsschutz der Anwohner ist somit nicht ge-
währleistet.

An einigen Flughäfen – der Minister sprach es an –
wurden in letzter Zeit Grenzwerte für den Schallschutz
festgelegt, die strenger sind als die, die im jetzt vorgeleg-
ten Gesetzentwurf enthalten sind. In der Praxis sind
niedrigere Grenzwerte also machbar. Die vorgesehenen
Grenzwerte führen, wie der Minister richtig sagte, zu
Mehrkosten von umgerechnet maximal 1 Euro. Ich bin
mir sicher, unsere und auch Ihre Wähler zahlen gerne

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(C (D uch 2 Euro pro Flugticket mehr. Ja, mehr kostet ein anpruchsvoller Gesundheitsschutz im Flugbereich nicht. (Beifall des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


Die vorgesehene Einführung einer Nachtschutzzone
ehe ich zwar als eine deutliche Verbesserung an, die
ierfür vorgeschlagenen Grenzwerte sind aber noch zu
och. Statt des Wertes von 50 dB (A), der überdies erst
b 2011 gelten soll, muss schnellstmöglich ein Grenz-
ert von 45 dB (A) angesetzt werden. Nur so kann ga-

antiert werden, dass Anwohnern Schlafstörungen er-
part bleiben. Eine Übergangsregelung bis 2011
iderspricht doch dem gesunden Menschenverstand.
bergangsfristen von bis zu 13 Jahren für den Anspruch

uf Schallschutz verhöhnen die Betroffenen, die teil-
eise seit Jahrzehnten auf eine Minderung der Lärmbe-

ästigung warten. Ich empfehle allen Schöpfern dieser
egelung, in die Nähe eines Flughafens zu ziehen.


(Beifall bei der LINKEN)


ort können Sie einen Praxistest durchführen; ich wün-
che Ihnen ein gutes Durchhaltevermögen.

Die Festsetzung der Tagschutzzone 2 hat fast keine
echtlichen Konsequenzen. Wir fordern deswegen, dass
ie in der Tagschutzzone 1 Erstattungssysteme einge-

ührt werden. Die Bauverbote in Schutzzonen werden
urch viele Ausnahmeregelungen ausgehebelt. Statt die
ebauung einzuschränken, werden die Baumöglichkei-

en mit diesem Gesetz sogar ausgeweitet. Damit entfällt
in wesentlicher Vorteil des Fluglärmgesetzes für die
lughafenbetreiber, die zu Recht darauf hinweisen, dass
iele der heute von Lärm Betroffenen in die Nähe eines
estehenden Flughafens gezogen sind.

Die so genannte 100/100-Regelung zur Messung des
luglärms ist im Gegensatz zum Referentenentwurf des
MU von 2004 entfallen. Die stattdessen vorgeschla-
ene Sigma-Regelung wird bei der Lärmmessung zu bis
u 4 dB (A) niedrigeren Nominalwerten führen. Die
olge ist, dass die Schutzzonen um bis zu 30 Prozent
leiner ausfallen. Da sich die FDP-Fraktion in ihrem An-
rag explizit gegen die Anwendung der 100/100-Rege-
ung ausspricht, können wir diesem nicht zustimmen.

Zum Antrag der Grünen. Auf Dauer werden Sie Ihren
pagat zwischen Regierung und Opposition nicht durch-
alten. Die niedrigeren Lärmgrenzwerte für Militärflug-
äfen sind sachlich nicht zu begründen. Die Differenz
on 3 dB (A) hört sich zwar wenig an, entspricht aber ei-
er Verdoppelung des Verkehrs. Anwohner von Militär-
lughäfen haben außerdem nur einen Anspruch auf
challschutzfenster, Anwohner von Zivilflughäfen hin-
egen haben zusätzlich einen Anspruch auf Belüftungs-
nlagen.

Herr Minister, da Sie auf die Kommunalpolitiker hin-
eisen, würde ich gern erwähnen, dass viele Kommunen
om Tourismus leben, auch in meiner Gegend, um Lü-
eck, wo regelmäßig Tiefflüge auf der Tagesordnung
tehen. Ich bitte, in der Debatte über das Gesetz darauf
och einmal zu sprechen zu kommen.






(A) )



(B) )


Lutz Heilmann
Die Bevorzugung von Militärflughäfen soll einzig
den Bundeskriegsminister


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU und der SPD)


wohl gesonnen stimmen, dem der Schutz der heimischen
Bevölkerung anscheinend wenig am Herzen liegt und
der das Geld eher für kriegerische Einsätze der Bundes-
wehr benötigt.

Werte Kolleginnen und Kollegen, über diese und an-
dere Regelungen des Gesetzentwurfs werden wir im
Ausschuss sicher ausführlich beraten. Ich verspreche Ih-
nen, dass wir uns dabei massiv für den Schutz der Lärm-
betroffenen einsetzen werden.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601700700

Ich erteile das Wort dem Kollegen Winfried

Hermann, Bündnis 90/Die Grünen.


Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601700800

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Um es vorweg zu sagen: Wir Grünen begrüßen
es außerordentlich, dass der jetzige Bundesumwelt-
minister Gabriel den unter Rot-Grün erarbeiteten Ge-
setzentwurf, den Jürgen Trittin durch das Kabinett und in
den Bundesrat gebracht hat, hier einbringt. Das freut
uns; das bekennen wir ganz offen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir waren davon überrascht.

Wir werden uns nicht aus der Verantwortung stehlen,
wie es andere machen. Damit will ich zum „Spagat“
kommen: Kollege Heilmann, der schlimmste Spagat,
den es gibt, ist der, den die PDS im Osten macht nach
dem Motto „Wir im Osten haben das gleiche Recht auf
Fluglärm wie der Westen“. Ihre Bürgermeister im Osten
kämpfen, aber um Fluglärm und um Flughäfen, während
Sie hier im Bundestag so tun, als seien Sie die vorderste
Front der Lärmschutzinitiativen. Das ist nicht glaubwür-
dig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Wir begrüßen diesen Gesetzentwurf. Ein solches Ge-
setz wird einen Fortschritt gegenüber dem rechtlichen
Zustand der vergangenen 35 Jahre bedeuten; das kann
man doch nicht übersehen. Das alte Gesetz ist in jeder
Hinsicht unzulänglich. Um es bildlich zu sagen: Es wäre
so, als wenn es im Automobilbereich noch heute die Ab-
gasnormen und Grenzwerte der 60er-Jahre gäbe. So ist
in etwa die derzeitige Situation im Bereich Fluglärm. Es
kann uns Parlamentarier doch nur ärgern, wenn in
Deutschland in unserer parlamentarischen Demokratie
nicht mehr das Parlament Recht setzt, sondern die Rich-
ter das tun. Insofern ist es wichtig, dass wir bei der Erar-
beitung eines solchen Gesetzes endlich in die Gänge
kommen.

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(C (D Ein Wort zur früheren Opposition aus CDU/CSU und DP und zu ihren Ländervertretern: Sie hätten in den etzten Jahren immer wieder die Möglichkeit gehabt, ieses Projekt nach vorne zu bringen. Es war zuletzt der undesrat, der ein solches Gesetz pauschal abgelehnt at, obwohl es eigentlich gar nicht zustimmungspflichtig st. Das Problem ist, dass zwar von vielen wohlfeil geagt wird, für die Anwohner müsse beim Lärmschutz etas getan werden, dass aber aufgrund der Interessen vor rt gegen ein Lärmschutzgesetz gekämpft wird. Bevor ich auf die Details dieses Gesetzes zu sprechen omme, möchte ich noch Folgendes feststellen: Es ist ine Illusion – das haben wir immer gesagt –, zu glauen, mit einem Gesetz den Fluglärm insgesamt bekämpen zu können. Dieses Gesetz konzentriert sich vor allem uf die Bereiche Entschädigung und Lärmschutzonen. Das ist auch gut so. Darüber hinaus gibt es uropäische Richtlinien wie zum Beispiel die zu lärmbeingten Betriebsbeschränkungen. Im Rahmen ihrer Umetzung in deutsches Recht kann man viel besser aktive ärmschutzmaßnahmen oder Nachtflugverbote durchetzen. In diesem Zusammenhang kann viel besser eine esetzliche Verankerung von aktivem Lärmschutz vorenommen werden als in dem Fluglärmgesetz. ie europäische Umgebungslärmrichtlinie verlangt, dass uch an Flughäfen in Ballungsräumen Lärmschutzund ärmminderungspläne erarbeitet werden, dass also beim challschutz aktiv eingegriffen wird. Auch das steht och an. Nun zum Gesetz selber. Jahrelang haben wir um diees Gesetz gerungen und gekämpft, wir wissen, wer daan mitgewirkt hat und wo wir nachgeben mussten. Desegen ist uns bewusst, dass dieses Gesetz Schwächen at und dass es Stellen gibt, an denen nachgebessert weren muss. Weil wir nun in der Opposition sind, werden ir selbstverständlich nicht aufhören, zu denken. Das äre ja auch absurd. Was sind unsere Kritikpunkte? Zunächst zu den renzwerten. Es ist richtig und gut, dass das Gesetz bei euund Ausbau ambitionierte und am Stand der Wis enschaft orientierte Grenzwerte vorsieht. Falsch aber ist s, bei den bestehenden Flughäfen niedrigere Grenzerte und damit mehr Lärm zuzulassen – und das auf auer. Wir wollen, dass die neuen besseren Grenzwerte us der Lärmwirkungsforschung sukzessive auf die alten lughäfen angewendet werden. Auch dort brauchen wir mbitioniertere Grenzwerte. Wir wollen, dass die Grenzwerte regelmäßig überrüft werden. Das muss dann aber auch zu der Konseuenz führen, dass sie korrigiert werden, wenn die Wirungsforschung sagt, sie seien nicht mehr richtig, heute isse man mehr darüber, was Krankheiten verursacht. Zum Themenbereich Hauptflugrichtung und Nebenlugrichtung. Kollege Kauch, wir haben in unserem Anrag nicht die alte 100/100-Regel aufgegriffen, sondern Winfried Hermann haben nur festgestellt, dass es nicht sein kann, dass man ein Verfahren wählt, das diejenigen, die sich in der Nebenflugrichtung befinden, rechnerisch so benachteiligt, dass sie fast keinen Schutz bekommen. An diesem Verfahren üben wir Kritik. Das wollen wir korrigieren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Das sagt die 100/100-Regel aber nicht aus!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


Uns stört auch, dass die zeitliche Streckung für Ent-
schädigungszahlungen viel zu lang ist. Menschen, die
schon seit 20 oder 30 Jahren auf Maßnahmen warten,
können nicht noch weitere zehn Jahre warten, bis sie
endlich Geld für Schallschutzmaßnahmen bekommen.

Schließlich ist es – da bin ich mit Ihnen, Herr Kauch,
einer Meinung – nicht angemessen, dass Bürgerinnen
und Bürger, die von militärischem Fluglärm betroffen
sind, schlechtere Entschädigungsregeln haben. Da haben
Sie vollkommen Recht. Der Verteidigungsminister
möchte natürlich nichts aus seinem Etat hergeben. Das
muss das Parlament zurückweisen und sagen: Wir wol-
len Gleichheit zwischen beiden Lärmbelastungen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ein weiterer Punkt. Das Gesetz rechnet nach einer
Methode, die in Europa nicht mehr gängig ist. Die Um-
gebungslärmrichtlinie definiert die neuen Lärmindizes
„Lden“ und „Lnight“. Diese sollten wir heutzutage nicht
mehr unterbieten; denn das ist der moderne messtechni-
sche Standard. Wir wissen, dass wir an der alten Me-
thode festgehalten haben, weil man mit dieser Methode
etwas verstecken kann. Ich meine, das Parlament, das
immer sagt, dass es das europäische Recht eins zu eins
umsetzen will, sollte das auch bei den Messmethoden
tun. Es muss eins zu eins und nicht eins zu minus eins
umgesetzt werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Unser letzter Kritikpunkt betrifft die Bauverbote.
Auch die Flughafenbetreiber sagen, in den letzten Jahren
sei immer näher an die Flughäfen herangebaut worden.
Das treibe die Kosten hoch. Man muss den Mut haben,
Bauverbote auszusprechen. Das ist durch das Gesetz zu-
nächst einmal möglich. Zusätzlich enthält es aber zahl-
reiche Ausnahmen, durch die das Bauverbot so unterlau-
fen wird, dass es damit praktisch kaputtgeschossen ist.
Auch hier muss nachgebessert werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Ich komme zum Schluss. Wir brauchen ein neues
Fluglärmgesetz mit besseren und anwohnerbezogenen
Grenzwerten. Wir sagen es ganz offen: Bei einer solchen
Regelung müssen wir eine Balance zwischen dem Flug-
verkehr, der Flugwirtschaft und den Anwohnern finden.
Sie darf eben nicht dauerhaft zulasten der Anwohner ge-
hen. Man darf nicht immer zuallererst nur an die Interes-
sen der Flughäfen und nicht an die der Anwohner den-
ken.

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(C (D Ein Letztes. Minister Gabriel, Sie haben gesagt, insesamt koste das Ganze nicht viel. Das ist vollkommen ichtig. Die Belastungen für die Flugwirtschaft und die liegenden durch dieses Gesetz sind absolut zumutbar. as ist der Preis, den die Leute für die Belastung anderer ahlen müssen. Dass ausgerechnet der Flughafen Frankfurt besondere robleme haben soll, kann ich nicht nachvollziehen. Das st nämlich der Flughafen mit den größten Profitraten nd dem stärksten Wachstum in den letzten Jahren. Der hef von Fraport kann vor Kraft fast nicht laufen. Dies st in dieser Woche beim Verkehrsforum Deutschland ieder zu beobachten gewesen. Man hat mit dem geworen, was man ist und kann. Angesichts der großen Zahl n Flügen in Frankfurt ist der Einzelflug gar nicht so tark belastet. Nicht einmal hier gibt es also einen beechtigten ökonomischen Einwand. Ich meine, wir sollten den Mut aufbringen, ein ambiioniertes Gesetz zu verabschieden. Vielen Dank. Ich erteile dem Kollege Marko Mühlstein, SPD-Frak ion, das Wort. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen nd Kollegen! Am Beginn meiner Rede möchte ich den ollegen Petzold von dieser Stelle aus doch einmal kriti ieren. (Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Was? Wir sind doch Freunde! – Marie-Luise Dött [CDU/ CSU]: Reden Sie mal, dass wir klatschen können!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601700900
Marko Mühlstein (SPD):
Rede ID: ID1601701000

s gab sehr wohl nicht nur im Bundesumweltministe-
ium, sondern natürlich auch in den zuständigen Häusern
undesinnenministerium und Bundesjustizministerium
ine juristische Prüfung.

Wir sprechen heute hier über ein in den vergangenen
ahren gewachsenes Umweltproblem in der Bundesrepu-
lik, die Lärmemissionen. Insbesondere der Fluglärm
at sich durch den stetigen Anstieg des Flugverkehrs zu
inem ernsthaften Problem entwickelt. So fühlen sich
aut Umweltbundesamt 12 Prozent der Gesamtbevölke-
ung durch Fluglärm wesentlich belästigt. In einigen
undesländern sind es sogar 41 bzw. 44 Prozent der Ein-
ohner.

Aus der Belastung durch Fluglärmemissionen ist für
iele Menschen ein ernstzunehmendes Umweltrisiko
eworden. Umso mehr freue ich mich, dass wir heute in
er ersten Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ver-
esserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung
on Flugplätzen das mittlerweile 35 Jahre alte Gesetz
um Schutz gegen Fluglärm den aktuellen Erfordernis-
en anpassen können. Aus meiner Sicht ist es sehr zu be-
rüßen, dass durch die Neufassung des Gesetzes zum
chutz gegen Fluglärm wesentlich mehr Bürgerinnen






(A) )



(B) )


Marko Mühlstein
und Bürger in der Umgebung der Flughäfen Ansprüche
auf Schallschutz erhalten werden. Außerdem wird für
eine weitblickende Siedlungsplanung in lärmbelasteten
Bereichen um Flughäfen gesorgt, um zukünftigen Lärm-
konflikten besser vorzubeugen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, in der Novelle sind
die Grenzwerte für die Lärmschutzzonen deutlich he-
rabgesetzt worden. Zugleich wird mit der Neuregelung
auf eine stärkere Harmonisierung mit den Lärmschutz-
standards beim Neu- und Ausbau von Straßen- und
Schienenwegen abgezielt. Hierfür gibt es mit der
16. Bundes-Immissionsschutzverordnung ja bereits seit
1990 eine analoge Lärmschutzregelung.

Schauen wir zurück auf das Gesetz zum Schutz gegen
Fluglärm von 1971, das derzeit noch gilt. Danach besteht
ein Anspruch auf baulichen Schallschutz für Wohnungen
erst, wenn der Fluglärm 75 Dezibel überschreitet. Bei
derart hohen Belastungen müssen die Menschen nicht
nur massive Störungen und Beeinträchtigungen ihrer Le-
bensqualität hinnehmen, in unterschiedlichen wissen-
schaftlichen Studien wird auch aufgezeigt, dass derarti-
ger Lärm vor allem zu Herz-Kreislauf-Störungen führt.

Die vom Bundeskabinett am 1. Februar dieses Jahres
verabschiedete Novelle des Fluglärmgesetzes sieht daher
vor, den Grenzwert für die Tagschutzzone 1 bei Ver-
kehrsflugplätzen auf 65 Dezibel zu senken. Wird ein
Verkehrsflughafen wesentlich ausgebaut, soll der An-
spruch auf baulichen Schallschutz für Wohnungen im
Flughafenumland bei einem fluglärmbedingten Mitte-
lungspegel von 60 Dezibel einsetzen.

Diese notwendigen Verschärfungen der Lärmgrenz-
werte für die Tagschutzzonen um 10 bis 15 Dezibel
orientieren sich maßgeblich an den Empfehlungen des
Sachverständigenrates für Umweltfragen. Diese Pflich-
ten sollen künftig für alle Verkehrsflugplätze gelten und
darüber hinaus für die größten Verkehrslandeplätze. Ne-
ben den zivilen Verkehrsflugplätzen erfasst der Gesetz-
entwurf auch die militärischen Flugplätze. Erstmals wer-
den für Flughäfen mit relevantem Nachtflugbetrieb auch
nachts Schutzzonen festgelegt. Ziel dieser Neuregelung
ist es, die von Nachtfluglärm betroffenen Menschen vor
gesundheitsrelevanten Schlafstörungen zu schützen.

Das novellierte Fluglärmgesetz wird in den nächsten
zehn Jahren Investitionen in den Lärmschutz auslösen.
Bundesminister Gabriel sprach vorhin von den zu erwar-
tenden Kosten und erwähnte, dass ein Flugticket da-
durch in Zukunft um circa 1 Euro teurer werden wird.
Diese Kostenbelastungen können angesichts von Kero-
sinzuschlägen und Sicherheitsgebühren in beträchtlicher
Höhe aus meiner Sicht nicht als Wettbewerbsnachteil ge-
genüber anderen Verkehrsträgern oder gegenüber Flug-
häfen im Ausland bewertet werden.


(Beifall bei der SPD)


Zukünftig werden nicht mehr Gerichtsurteile landauf
und landab entscheiden, wie die Flughäfen ausgebaut
werden können. Mit den verbindlich geregelten Eckda-
ten dieser Gesetzesnovelle gewährleisten wir als Gesetz-
geber nach 35 langen Jahren eine verlässliche Planungs-
und Rechtssicherheit, wovon der Standort Deutschland

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(C (D ls Flugverkehrsstandort in Mitteleuropa, aber auch die ls Anwohner betroffenen Bürgerinnen und Bürger deutich profitieren werden. Der allseits bekannte Spruch „Viel Lärm um nichts“ ann maximal für die Anträge der Fraktion der FDP und es Bündnisses 90/Die Grünen gelten, (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was?)


icht aber für die vorliegende Novellierung des Flug-
ärmgesetzes. Schließlich haben wir mit dem Gesetzent-
urf einen angemessenen Interessenausgleich erzielt,
ei dem das Ziel der Ausgewogenheit mit hoher fachli-
her Präzision erreicht wurde.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601701100

Ich erteile das Wort dem Kollegen Norbert

önigshofen, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Norbert Königshofen (CDU):
Rede ID: ID1601701200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ir sind uns einig: Das Fluglärmgesetz aus dem

ahre 1971 muss novelliert werden. Wachstum des Flug-
erkehrs und gestiegene Sensibilität der Menschen – all
as spricht dafür: Es besteht dringend Handlungsbedarf.
ie Rechtsprechung der deutschen Gerichte ist weit über
ie Regelungen des Gesetzes hinweggegangen. Wir
rauchen also eine grundlegende Modernisierung der
luglärmgesetzgebung. Unser Ziel ist, einen fairen
usgleich zwischen Ökologie und Ökonomie zu schaf-

en.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der Luftverkehr ist für uns alle wichtig. Deswegen
das müssen wir bei aller Koalitionsfreundschaft

agen – ist es natürlich ein Jammer, dass wir sieben
ahre lang nur Versprechungen gehört haben


(Ute Kumpf [SPD]: Na, na, na!)


nd es erst jetzt zu einer Novellierung dieses Gesetzes
ekommen ist. Nun wissen wir: Die SPD hat es mit den
rünen nicht immer leicht gehabt. Da hat häufig der
chwanz mit dem Hund gewackelt.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer ist denn jetzt der Schwanz?)


ber wir müssen jetzt zu einem Ergebnis kommen.

Wir nehmen in Kauf, dass dieser Entwurf aus rot-grü-
er Regierungszeit heute eingebracht wird. Wenn ich
age, dass wir das in Kauf nehmen, dann heißt das nicht,
ass wir diesen Entwurf für das Nonplusultra halten.
ein, wir sind der Auffassung, dass dieser Entwurf an
ielen Stellen unausgewogen ist, bei dem es also






(A) )



(B) )


Norbert Königshofen
Verhandlungs- und Diskussionsbedarf gibt, nach unserer
Meinung auch Veränderungsbedarf.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir haben in den letzten Jahren immer wieder die
Vorstellungen insbesondere der Grünen in einigen Punk-
ten kritisiert. Daran hat sich auch nichts geändert, seit
wir in die Regierung gekommen sind. Im Gegenteil: Wir
haben dadurch vermehrt die Möglichkeit, unser Gedan-
kengut mit einzubringen.

Das Gesetz muss also zeitgemäße Lärmschutzstan-
dards vorsehen. Es muss Rechts- und Planungssicherheit
für die Flughäfen garantieren; es muss aber auch die
Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Luftverkehrswirt-
schaft sichern.


(Beifall der Abg. Dr. Martina Krogmann [CDU/CSU])


Wir haben stolz zur Kenntnis genommen, dass wir
wieder Exportweltmeister sind. Man muss in diesem Zu-
sammenhang berücksichtigen, dass rund 40 Prozent der
deutschen Ausfuhren per Luftfracht abgewickelt wer-
den. Der Status als führende Exportnation setzt insofern
ein funktionierendes Luftverkehrswesen voraus.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Darüber hinaus hängen allein 750 000 Arbeitsplätze
direkt und indirekt vom Luftverkehr ab. Der Luftverkehr
ist also eine Jobmaschine. Auch das müssen wir bei der
Neufassung des Gesetzes berücksichtigen.

In dem Gesetzentwurf werden Entschädigungsrecht
und Fachplanungsrecht vermischt. Darüber müssen wir
reden. Einigen der heutigen Beiträge war zu entnehmen,
dass auch von anderer Seite Diskussionsbedarf besteht.

Des Weiteren müssen die bestehenden Ausnahmere-
gelungen bei Bauverboten eingeschränkt werden. Es ist
doch unsinnig, den Menschen zu ermöglichen, immer
näher an die Flughäfen heranzubauen, und dann von den
Flughafenbetreibern zu fordern, Lärmschutzmaßnah-
men zu finanzieren. Ein solches Vorhaben kann nicht
ernsthaft verfolgt werden. In diesem Punkt muss nachge-
arbeitet werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Mein Kollege Petzold hat auf einige weitere Punkte
hingewiesen, die ich nicht wiederholen will. Wir stehen
am Anfang der parlamentarischen Beratungen. Die Dis-
kussion wird zeigen, ob eine Anhörung erforderlich ist.

Die Union geht mit der Absicht in die Verhandlungen
hinein, einen fraktionsübergreifenden Kompromiss zu
erzielen. Wir wollen im Luftverkehr nicht nur mit dem
Koalitionspartner allein, sondern – wie es unserer Tradi-
tion entspricht – mit allen gemeinsam etwas auf den Weg
bringen. Wir hoffen auf gute Gespräche und ein gutes
Ergebnis für die lärmgeplagten Menschen und für die
Wirtschaft, die sich im weltweiten Wettbewerb behaup-
ten muss. Sie muss sich auch in unserem Interesse be-
haupten.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601701300

Ich erteile das Wort dem Kollegen Christian

arstensen, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Christian Carstensen (SPD):
Rede ID: ID1601701400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der

uftverkehr ist einer der herausragenden Wachstums-
ärkte in unserem Land. Das ist bereits festgestellt
orden. Allein im vergangenen Jahr wurden über
65 Millionen Passagiere befördert. Das entspricht ei-
em Plus von über 6 Prozent gegenüber 2004.

Etwa 270 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
ind direkt in der Luftverkehrswirtschaft tätig. Dazu
ommen durch indirekte Effekte noch eine weitere halbe
illion zusätzliche Arbeitsplätze.

Das ist gut für die beschäftigten Menschen und die
etroffenen Regionen und es ist gut für unser Land ins-
esamt,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


umal ein Ende des Wachstums und damit auch des Auf-
aus zusätzlicher Beschäftigung in diesem Bereich in
aher Zukunft nicht zu erwarten ist. Im Gegenteil: Für
ie nächsten 15 Jahre wird sogar von einer weiteren Ver-
oppelung der Luftverkehrsleistungen und einer entspre-
hend positiven Beschäftigungsentwicklung ausgegan-
en.

Verkehrspolitisch werden wir auch im Rahmen dieser
esetzgebung darauf achten, den Wachstumsbereich
uftverkehr zu unterstützen. Allerdings hat auch dieser
rend eine Kehrseite. Mehr Flugverkehr schafft nicht
ur mehr Arbeitsplätze und zusätzliche Mobilität, son-
ern bringt leider immer zusätzliche Lärmbelastungen
ür die betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner mit
ich. Das ist schon mehrfach angesprochen worden und
ch kenne das auch aus meinem eigenen Wahlkreis Ham-
urg-Nord/Alstertal sehr genau.


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Die fliegen jetzt von Kopenhagen!)


Wenn sich inzwischen mehr als jeder dritte Bürger in
eutschland von Fluglärm gestört fühlt, dann macht dies
en bestehenden Handlungsbedarf überdeutlich. Eine
eufassung des Gesetzes ist insofern dringend erforder-

ich. Sie muss zeitgemäße Lärmschutzstandards eindeu-
ig festlegen und so den Schutz der Bevölkerung vor
esundheitsbeeinträchtigendem Lärm verbessern, Kon-
likte bei der Siedlungsplanung im Flughafenumfeld
ermeiden, Rechts- und Planungssicherheit für die Flug-
afenbetreiber schaffen und gleichzeitig die Wettbe-
erbssituation erhalten.


(Beifall bei der SPD)


arin sind sich grundsätzlich alle Beteiligten einig, von
en Flughafenbetreibern bis hin zu den Vertretern von






(A) )



(B) )


Christian Carstensen
Umwelt- und Anwohnerverbänden und offensichtlich
auch alle Fraktionen hier im Haus. Ich finde, das ist eine
gute Grundlage für die weitere parlamentarische Arbeit,
die mit der heutigen ersten Lesung eingeleitet wird.

Dabei sollte es uns um die Sache gehen. Unnötige,
fast schon albern-reflexhafte Sticheleien wie von der
FDP gegen die rot-grüne Vorgängerregierung sind aus
meiner Sicht wenig hilfreich.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Man kann zwar meinen, dass man in der Opposition so
etwas in Anträge schreiben oder hier im Plenum so sa-
gen müsse. Ich bin mir aber ziemlich sicher, das bringt
Ihnen in der Bevölkerung keine Sympathien und ver-
stellt eher den Blick auf das Wesentliche, die Diskussion
über die unterschiedlichen Argumente. Natürlich gibt es
noch Diskussionsbedarf im Detail.

Zum Schluss möchte ich noch dem Kabinett und ins-
besondere unserem Bundesumweltminister für die heu-
tige Vorlage des Gesetzentwurfes herzlich danken. Es
war richtig, hinsichtlich der Gesetzesvorlage keine wei-
tere Zeit verstreichen zu lassen, nur um etwa angesichts
einer neuen Regierungszusammensetzung in langwieri-
gen regierungsinternen Abstimmungen einen geänderten
Gesetzesvorschlag zu entwickeln, der dann wieder von
allen Seiten kritisch hinterfragt und beleuchtet worden
wäre. Der vorliegende Gesetzestext ist nun lange genug
auf Arbeitsebene beraten und abgestimmt worden. Er
bietet uns eine gute Grundlage für die weiteren Beratun-
gen.

Das Ziel guter Politik muss es in diesem Fall sein, den
beschriebenen Ausgleich zwischen den berechtigten In-
teressen der Anwohnerinnen und Anwohner, die einer
ständigen Lärmbelastung ausgesetzt sind, und den eben-
falls berechtigten Interessen der Wachstumsbranche
Luftverkehr zu erreichen. Im weiteren parlamentari-
schen Verfahren werden wir Sozialdemokraten versu-
chen, diesen Ausgleich – hoffentlich in Übereinstim-
mung mit unserem Koalitionspartner und den
Oppositionsfraktionen – herzustellen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601701500

Herr Kollege Carstensen, das war Ihre erste Rede in

diesem Haus. Ich gratuliere Ihnen dazu sehr herzlich und
wünsche Ihnen weiterhin alles Gute.


(Beifall)


Nun hat als letzter Redner in dieser Debatte das Wort
der Kollege Josef Göppel, CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Meine Damen und Herren! Ich möchte zuerst meinem andesgruppenvorsitzenden zum Geburtstag gratulieren. lles Gute! Mir ist aufgefallen, dass unser Umweltminister in der roßen Koalition voll angekommen ist, und zwar wegen eines empfindsamen Eingehens auf die Hinweise zum nderungsbedarf, den einige bei dem vorliegenden Ge etzentwurf noch sehen. Ich bin der Meinung, dass der Gesetzentwurf, der om Bundeskabinett verabschiedet wurde, ein großer chritt nach vorn ist. Das Gesetz sorgt für eine Synthese us florierender Luftverkehrswirtschaft und mehr Schutz ür die Menschen in einem dicht besiedelten Land. Das rauchen wir dringend. Mich hat übrigens die Rede meines Kollegen önigshofen sehr beeindruckt. Ich denke, wir Umweltolitiker können von den Verkehrspolitikern noch viel an elbstbewusstsein lernen. Das brauchen wir hier auch; enn viele Menschen sind von den Auswirkungen, die lugplätze mit sich bringen, betroffen. Wir können einige positive Entwicklungen durch en Gesetzentwurf vermelden. Erstmals gibt es Nachtchutzzonen und einen Anspruch auf Entschädigung uch im Außenbereich. Zudem werden die zulässigen renzwerte gesenkt. Im Detail sehe ich – genauso wie ie, Herr Kollege Kauch – Diskussionsbedarf bei der nterscheidung zwischen militärischen und zivilen lugplätzen. Hierüber sollten wir im Ausschuss noch inmal beraten; denn der Lärm für die Menschen lässt ich nicht teilen. Der zweite große Bereich betrifft die Rechtssicherheit ür die Luftverkehrswirtschaft und die Betreiber. Sie ird durch die Festlegung von Grenzwerten auf formalesetzlicher Grundlage gefördert. Das ist ein wichtiger chritt angesichts der bisherigen großen Unterschiede in er Rechtsprechung. In Bezug auf die Flugplatzbetreiber öchte ich jetzt schon die Anregung geben, dass wir rüfen müssen, ob wir bei kleinen Flugplätzen schon 5 000 Flugbewegungen als Maßstab nehmen. Auch da ehen wir Änderungsbedarf. Der dritte Bereich ist mir als Kommunalpolitiker, der 2 Jahre selber in einem Stadtrat saß, besonders wichtig. (Ute Kumpf [SPD]: Da müssen Sie aber sehr klein gewesen sein!)

Josef Göppel (CSU):
Rede ID: ID1601701600

(Beifall)


Was, das glauben Sie nicht? – Es geht um die Balance
wischen kommunaler Planungshoheit und der not-
endigen Siedlungslenkung. Diese Balance muss im
inzelfall gefunden werden. Die abgestuften Baube-
chränkungen und die Ausnahmen davon gehören zu den
unkten, die wir in diesem Gesetz im Detail ernsthaft
berprüfen müssen.

Das, was wir auf jeden Fall ändern wollen, Herr
inister Gabriel, und ändern müssen, sind die 20 ver-

chiedenen Kriterien für die Definition der Lärm-
chutzzonen. Es kann weder ein Bürger noch ein






(A) )



(B) )


Josef Göppel
Kommunalpolitiker genau feststellen und selber nach-
vollziehen, was gemeint ist. Die Klarheit fehlt an dieser
Stelle.

Insgesamt ist das Gesetz ein Schritt nach vorn. Ich
denke, dass wir die Abwägungen, die zwischen dem
Schutz der Bevölkerung, der Luftverkehrswirtschaft und
der Kommunalpolitik zu treffen sind, in den Ausschuss-
beratungen richtig justieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601701700

Ich schließe die Aussprache zu diesem Tagesord-

nungspunkt.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
auf den Drucksachen 16/508, 16/263 und 16/551 an die
in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
schlagen. Die Vorlagen auf den Drucksachen 16/508 und
16/263 sollen zusätzlich an den Ausschuss für Wirt-
schaft und Technologie überwiesen werden. Sind Sie da-
mit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann sind die
Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 6 a und 6 b auf:

a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Berufsbildungsbericht 2005

– Drucksache 15/5285 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Tourismus

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Uwe
Schummer, Ilse Aigner, Michael Kretschmer,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU sowie der Abgeordneten Willi Brase,
Jörg Tauss, Nicolette Kressl, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion der SPD

Neue Dynamik für Ausbildung

– Drucksache 16/543 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre dazu kei-
nen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Frau Bundes-
ministerin Dr. Annette Schavan für die Bundesregierung
das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


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(C (D Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bilung und Forschung: Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eine Damen und Herren! Wir beraten den Berufs ildungsbericht 2005, der über die Entwicklungen auf em Ausbildungsstellenmarkt 2004 Auskunft gibt. Wir erden – das füge ich gleich hinzu – schon in wenigen ochen den Bericht über die Entwicklungen des ahres 2005 vorliegen haben, über den bereits erste Melungen veröffentlicht wurden. 2004 ist das erste Jahr der Umsetzung des Paktes für usbildung gewesen. Es gab Zuwachsraten im Verleich zum Jahr 2000. Mit Blick auf die Ausbildungsverräge insgesamt betrug die Zuwachsrate 2,8 Prozent. Die uwachsrate von Verträgen im Bereich der betrieblichen usbildung betrug insgesamt 4,5 Prozent. Zugleich gab s einen Rückgang der öffentlich finanzierten Ausbilungsplätze um rund 10 Prozent. Wenn wir den nächsten erufsbildungsbericht vorliegen haben, dann werden wir eststellen, dass dies eine erfreuliche erste Etappe geween ist, die aber noch nicht verspricht, dass sich daraus ine generell positive Entwicklung auf dem Ausbilungsmarkt ergeben wird. Das wird sich erst in den ächsten Jahren zeigen. Wir werden in diesen Jahren mit einer zunehmenden ahl von Schulabsolventen zu tun haben; sprich: mehr ugendliche suchen eine Lehrstelle. Deshalb ist unbetritten, dass die Zahl der Unternehmen in Deutschland, ie ausbilden, größer werden muss. Unbestritten ist, dass wir uns um die Nahtstelle zwichen Schule und Beschäftigung zur Stabilisierung der usbildungsreife kümmern müssen. Unbestritten ist uch, dass wir die Modernisierung der Ausbildungsbeufe – damit verbunden ist ein besonderes Augenmerk uf Einstiegsqualifikationen, auf eine Modernisierung, ie eine Berufsbildungsbiografie nach dem Bausteinrinzip ermöglicht – zügig voranbringen müssen. Entsprechend sind die Aussagen im Koalitionsverrag. Wer diesen Vertrag liest, spürt: Berufsbildungspoliik, die Modernisierung, die Weiterentwicklung der trukturen der beruflichen Bildung werden in dieser Leislaturperiode vorangebracht. Um es in einem Satz zu agen: Wir können mit der bisherigen Bilanz nicht zurieden sein; es reicht nicht im Hinblick auf die Jugendlihen, die eine qualifizierte Ausbildung brauchen. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Ulrike Flach [FDP] und der Abg. Cornelia Hirsch [DIE LINKE])


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich mache klare Aussagen: Erstens. Kein Jugendli-
her bis zum Alter von 25 Jahren soll länger als drei Mo-
ate ohne Ausbildung und Arbeit bleiben.

Zweitens. Wir setzen den Nationalen Pakt für Ausbil-
ung und Fachkräftenachwuchs fort. Wir werden uns
ber gleichzeitig um die Weiterentwicklung, um die Ver-
nderung und auch um die Modernisierung der Struktu-
en der beruflichen Bildung kümmern. Kurz gesagt: Die






(A) )



(B) )


Bundesministerin Dr. Annette Schavan
duale Ausbildung wird sich auch in den nächsten Jah-
ren nicht per Naturgesetz stabil weiterentwickeln. Es
braucht neue Impulse, neue Dynamik, damit die duale
Ausbildung das Herzstück der beruflichen Bildung
bleibt. Wir dürfen keine weitere Verstaatlichung der be-
ruflichen Bildung – übrigens mit erheblichen Kosten für
die 16 Länder – zulassen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Ulrike Flach [FDP])


Wir müssen den hohen Stellenwert der beruflichen
Bildung für die Integration der Jugendlichen mit Mi-
grationshintergrund sehen. Wer sich Zahlen aus
Deutschland anschaut, stellt fest: Bei Jugendlichen im
Alter von 15 Jahren ist vieles an Integration noch nicht
gelungen. Der Anteil derjenigen in der Bevölkerung mit
einem Sekundarstufen-II-Abschluss liegt – quer durch
alle Altersgruppen – bei 83 Prozent. Im OECD-Durch-
schnitt liegt dieser Anteil bei 64 Prozent. Das heißt,
Deutschland hat im internationalen Vergleich einen au-
ßerordentlich hohen Anteil an hoch qualifizierten Ab-
schlüssen. Dies ist der beruflichen Bildung zu verdan-
ken. Sie ist ein äußerst geeignetes Instrument zur
Integration. Sie ist ein äußerst geeignetes Instrument, um
Jugendlichen, die in ihrer bisherigen Bildungsbiografie
noch nicht erfolgreich waren, Erfolge zu ermöglichen,
zum Beispiel zu einem qualifizierten Schulabschluss zu
kommen. Deshalb sollten wir auch das Instrument der
beruflichen Bildung für eine bessere Integration, für eine
bessere Qualifizierung der Jugendlichen mit Migrations-
hintergrund nutzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Worauf werden sich unsere Maßnahmen konkret be-
ziehen? Im Ausschuss haben wir es in dieser Woche kurz
angesprochen: Es geht um eine strukturelle Weiterent-
wicklung. Es geht um die Stärkung der dualen Ausbil-
dung. Es geht darum, dass wir nicht zulassen dürfen,
dass immer mehr Jugendliche im Bereich der berufli-
chen Bildung 13, 14 oder 15 Schuljahre erleben. „Erle-
ben“ ist eigentlich das falsche Wort; denn sie sind völlig
entmutigt. Sie sind nicht mehr motiviert, weil sie den
Eindruck haben, in Warteschleifen zu sein, die nicht zu
einer wirklichen beruflichen Qualifikation führen.

Deshalb werden wir seitens der Bundesregierung jetzt
in einem nächsten Schritt prüfen: Wo wird das, was das
Berufsbildungsgesetz an Möglichkeiten bietet, genutzt
und welche Impulse müssen wir setzen, damit es eine
bessere Verzahnung zwischen beruflicher Vollzeitschule
und dualer Ausbildung gibt? Alle Partner der beruflichen
Bildung müssen sich darauf einigen, zügig eine vernünf-
tige berufliche Bildung zu ermöglichen. Es kann nicht
sein, dass Jugendliche, die ein zweijähriges kaufmänni-
sches Berufskolleg absolviert haben, dann, wenn sie eine
Lehrstelle bekommen, wieder von vorn beginnen müs-
sen. Wir brauchen einen verantwortungsbewussten Um-
gang mit der Lebenszeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


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(C (D Frau Bundesministerin, gestatten Sie eine Zwischen rage des Kollegen Keskin? Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bilung und Forschung: Bitte schön. Könnten Sie uns vielleicht sagen, wie viele Jugendli he trotz dieses Ausbildungspakts keinen Ausbildungslatz bekommen haben? Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bilung und Forschung: Sie meinen die aktuellen Zahlen 2005. Die reiche ich hnen gern nach. Sie wissen, dass es bis zum Ende des ahres Nachvermittlungen gegeben hat. Die Zahlen von nde Dezember werden gerade ausgewertet. Beim Verleich zwischen 2004 und 2005 können Sie feststellen, ass die Zahl der nicht vermittelten Jugendlichen zugeommen hat. Ich kann es Ihnen auch in einem Satz saen: Unabhängig davon, wie exakt die Zahl ist – ich abe sie nicht im Kopf –: Es sind zu viele. (Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Ich kann Ihnen helfen: 11 000! – Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 11 500!)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601701800
Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601701900

Herr Rossmann ruft mir gerade zu, dass es 11 000 sind.
s sind 11 000 zu viel.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 11 500!)


Erster Punkt der strukturellen Veränderung: bessere
trukturelle Verzahnung.

Zweiter Punkt: weitere Modernisierung der Ausbil-
ungsberufe.

Drittens. Im Kontext der Modernisierung von Ausbil-
ungsberufen: mehr gestufte Ausbildung. Für gestufte
usbildungen gelten zwei Kriterien; auch darüber soll-

en wir im politischen Raum Konsens erreichen. Erstes
riterium: Die gestufte Ausbildung muss auch Teil einer
eiter gehenden Ausbildung werden können. Sie darf
icht Sackgasse sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


weites Kriterium: Bevor wir eine gestufte Ausbildung
ulassen, müssen wir im Interesse der Jugendlichen si-
herstellen, dass es danach eine Berufstätigkeit geben
ann. Wenn diese beiden Kriterien erfüllt sind, dann
davon bin ich überzeugt – werden wir deutlich mehr

estufte Ausbildungen zulassen können, auch als eine
eise der Einstiegsqualifikation. Wenn diese beiden
riterien nicht erfüllt sind – auch das sage ich ganz klar –,

st gestufte Ausbildung Schwindel, weil sie nicht zu ei-
er Berufstätigkeit der Jugendlichen führt.

Ein weiterer Punkt: europäische Öffnung, nationaler
ualitätsrahmen, Leistungspunkte in der beruflichen






(A) )



(B) )


Bundesministerin Dr. Annette Schavan
Bildung. Dieser Prozess, der bereits läuft, wird uns Gele-
genheit geben, auch im internationalen Vergleich die
Stärken der beruflichen Bildung festzustellen und von da
ausgehend die Modernisierung der beruflichen Bildung
voranzubringen.

Zwei Drittel aller Jugendlichen durchlaufen einen
Weg in der beruflichen Bildung. Deshalb entscheidet
sich hier viel über die Zukunftschancen der jungen Ge-
neration. Auch deshalb ist dieses Thema ein Schwer-
punkt der Bildungs- und Innovationspolitik der Bundes-
regierung.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat man der Rede aber nicht angemerkt! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Diese Rede war super!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601702000

Das Wort hat nun der Kollege Patrick Meinhardt,

FDP-Fraktion.


Patrick Meinhardt (FDP):
Rede ID: ID1601702100

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Frau Ministerin Schavan, dieser Berufsbildungsbe-
richt ist das beste Dokument für das, was in Deutschland
falsch läuft: Bürokratie pur, Vorschriften ohne Ende, Re-
gelungswut bis ins letzte Detail. Damit müssen wir in
der Bundesrepublik Deutschland endlich Schluss ma-
chen.


(Beifall bei der FDP)


Ich darf einmal ein schillerndes Beispiel aus dem Be-
rufsbildungsbericht vorlesen:

Die Ermächtigungsnorm zum Erlass von Ausbil-
dungsordnungen in § 4 in Verbindung mit § 5 BBiG
fußt im Kern auf der bisherigen Ermächtigungs-
norm in § 25 des Berufsbildungsgesetzes von 1969.

Wir haben es alle verstanden.


(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Kennen Sie das nicht? Soll ich Ihnen das erläutern?)


Wir haben in diesem Land in allererster Linie ein
mentales Problem: Solange wir in Normen, Vorschriften
und Erlassen denken bzw. – noch viel schlimmer – in der
Bildungspolitik auch so handeln, werden wir die Zu-
kunftsperspektiven in diesem Land nicht nachhaltig ver-
bessern. Deswegen die klare Schlussfolgerung für uns:
Entrümpeln wir endlich die Bildungsbürokratie!


(Beifall bei der FDP)


Die neue Bundesregierung ergänzt jetzt den rot-grü-
nen Bericht durch einen schwarz-roten Koalitionsantrag.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU-
Fraktion, wir von der FDP haben volles Verständnis.
Wenn Sie nämlich nur diesen Berufsbildungsbericht ver-
treten müssten, hätten Sie nun wohl arge Argumenta-
tionsnöte. Wir sehen Ihnen schon jetzt an, dass Sie sich

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(C (D nnerlich verbiegen müssen, weil Sie nicht sagen könen, was Sie eigentlich sagen wollen. Wir haben in der Bundesrepublik Deutschland von 999 bis 2005 1,35 Millionen sozialversicherungspflichige Arbeitsplätze verloren. Wir haben im Augenblick ,4 Millionen junge Erwachsene im Alter von 20 bis 9 Jahren ohne Ausbildung. (Jörg Tauss [SPD]: Man muss nicht so laut reden!)


ast jeder vierte Auszubildende bricht seine Ausbildung
orzeitig ab und bei der beruflichen Weiterbildung sind
ir weit abgeschlagen Schlusslicht. Über eine halbe
illion Schüler werden nicht ihren Talenten entspre-

hend optimal gefördert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von Rot-

rün, Sie haben in unserem Land sieben wertvolle Jahre
erspielt.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wie sieht das denn eigentlich in Baden-Württemberg aus?)


ie haben der Generation sieben Jahre Zukunft verbaut.
hre Wirtschafts- und Bildungspolitik war für Deutsch-
and eine Katastrophe.


(Beifall bei der FDP – Nicolette Kressl [SPD]: Laut ist nicht gut genug!)


etzt ist es Aufgabe dieser schwarz-roten Koalition,
eine kleinen Trippelschritte zu machen,


(Jörg Tauss [SPD]: Große Trippelschritte!)

ondern wirklich eine große Koalition zu werden.

Unser Hauptproblem ist, dass wir zu wenige Lehr-
tellen haben. Zugleich sehen wir, dass die Wirtschaft,
nsbesondere der Mittelstand, ihre soziale Verantwor-
ung wahrnimmt und selbst dann ausbildet, wenn der
ewinn des Unternehmens es eigentlich nicht zulässt.
llen Unternehmerinnen und Unternehmern, die bereit

ind, junge Menschen in ihrem Betrieb auszubilden,
ierfür – hoffentlich in Ihrer aller Namen – ein herzli-
hes Dankeschön.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Hat die FDP auch Auszubildende? – Nicolette Kressl [SPD]: Was tut Ihre Fraktion?)


Die Gewerkschaften hinken ja wohl mehr hinterher,
as die Ausbildung angeht.
Die Frage ist: Woran liegt es, dass es zu wenige Lehr-

tellen gibt? Heinrich von Pierer, der Regierungsberater,
nalysiert die fünf Ausbildungshemmnisse sehr treffend:
angelnde Vorbildung der Schulabgänger, zu hohe Aus-

ildungskosten, die tariflichen Übernahmeverpflichtun-
en, die oft zu lange Ausbildungsdauer, viel zu starre
erufsbilder. Gerade weil Heinrich von Pierer wie der
ufer in der Wüste dieser großen Koalition wirkt, ein
lares Signal von der FDP: Recht hat er!


(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Fünfmaliger Blödsinn!)


Sagen Sie das Ihrem eigenen Regierungsberater.






(A) )



(B) )


Patrick Meinhardt
Jetzt das Programm: Deutschland muss flexibler wer-
den. Wissen Sie was? Deutschland ist schon viel fle-
xibler, als Sie alle denken. Schauen wir nach Bayern:
Hier feiert das Azubi-Sharing mit massiver Unterstüt-
zung der bayerischen Liberalen Erfolge.


(Lachen bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: 2 Prozent!)


Mehrere Kleinbetriebe, die jeder für sich nicht die nöti-
gen Kapazitäten haben, teilen sich einen Auszubilden-
den.

Schauen wir nach Nordrhein-Westfalen: Kaum ist
dort Schwarz-Gelb im Amt, schon gibt es ein Werk-
stattjahr, das eben nicht die duale Ausbildung aushe-
belt, sondern sie ergänzt und in der Verbindung von
Schule, Praktikum und Beruf Zusatz- und Einstiegsqua-
lifikationen ermöglicht.

Schauen wir nach Baden-Württemberg: Regionale
Pakte für Ausbildung sind dort erfolgreich. Der Natio-
nale Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs, den
wir unterstützen, läuft nur so gut, wie er in der Region
aktiv umgesetzt wird. Deswegen haben wir in Baden-
Württemberg eine erheblich höhere Zunahme der Be-
werberzahlen für eine Lehrstelle.


(Nicolette Kressl [SPD]: Der Bewerberzahlen!)


Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg zeigen es
halt: Schwarz-Gelb kann es besser.


(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Die Bewerberzahlen können wir auch steigern! Das kriegen wir hin!)


Schauen wir in die neuen Bundesländer: Sie machen
uns vor, wie wir durch ein kleines Stück mehr an Fle-
xibilität ein Mehr an Ausbildungsplätzen hinbekom-
men. Der Tarifvertrag zwischen dem Verband der Me-
tall- und Elektroindustrie in Sachsen, Sachsen-Anhalt
und Thüringen und der Christlichen Gewerkschaft Me-
tall zeigt, wie es anders geht. Im Kern beinhaltet der Ta-
rifvertrag eine niedrigere Grundvergütung. Diese lässt
sich durch Zulagen erhöhen, die für gute Leistung in der
Berufsschule gezahlt werden. Einen Bonus gibt es noch
obendrauf für einen erfolgreichen Abschluss der Ausbil-
dung. Diese Belohnung guter schulischer Leistungen hat
sich bisher äußerst positiv auf die Lernergebnisse der
Auszubildenden ausgewirkt. Denn der Anreiz, die Höhe
des Gehaltes selbst beeinflussen zu können, motiviert
und belohnt den Fleiß der Auszubildenden. Das ist ein
vorbildlicher Weg.


(Beifall bei der FDP)


Die Idee fußt auf dem Vorschlag, dass sich drei Aus-
zubildende zwei Lehrstellen teilen sollen. Diese Idee
wurde jetzt von dem DIHK und seinem Präsidenten
Braun in die Diskussion wieder eingeführt,


(Jörg Tauss [SPD]: Deswegen wird sie nicht intelligenter!)


sie wurde aber schon viel früher geboren, Herr Tauss,
nämlich im Herbst 1995. Auch damals gab es eine große

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(C (D oalition, allerdings eine Koalition zweier Ministerpräidenten: Der eine war Kurt Biedenkopf und der andere ar Gerhard Schröder. Beide haben damals zumindest rkannt, dass wir mehr Flexibilität im Ausbildungsmarkt rauchen, auch wenn es der eine von beiden später dann ergessen hat. (Jörg Tauss [SPD]: Mäkeln Sie nicht an Herrn Biedenkopf rum!)


Deswegen unser liberaler Tipp an die große Koali-
ion: Statt noch ein weiteres Sonderprogramm, ein wei-
eres JUMP, JUMP plus oder Start-Up sollten wir den

eg der sächsischen Wirtschaft und der Christlichen
ewerkschaft energisch unterstützen und ihn zum politi-

chen Programm machen: „Aus zwei mach drei!“


(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Bei der FDP heißt es: Aus drei mach zwei!)


Wenn wir mehr Freiheit wagen wollen, dann müssen
ir in Deutschland flexibler werden. Nur so werden wir

u einer Gesellschaft der wirklichen Chancen werden.
Aus zwei mach drei!“ ist ein schlechtes Motto für die
ehrwertsteuererhöhung, aber das beste Motto für mehr
usbildung in Deutschland.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD: Oh! – Jörg Tauss [SPD]: Patrick, das war mittelpeinlich! Da musst du dich steigern!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601702200

Nun hat die Kollegin Nicolette Kressl, SPD-Fraktion,

as Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Nicolette Kressl (SPD):
Rede ID: ID1601702300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Kollege
einhardt, Ihr Beitrag war ein Beispiel dafür, dass laut

icht unbedingt inhaltsvoll bedeutet.


(Beifall bei der SPD – Patrick Meinhardt [FDP]: Sie meint Tauss! – Weiterer Zuruf von der FDP)


Nein, nicht automatisch, Herr Kollege. – Wenn Sie
hre Energie ein bisschen mehr darauf verwendet hätten,
inmal ernsthaft


(Jörg Tauss [SPD]: Ja, ernsthaft!)


n den Berufsbildungsbericht hineinzuschauen, dann hät-
en Sie gemerkt, dass gerade im Bereich der Ausbil-
ungsvergütung schon heute eine extrem differenzierte
truktur beispielsweise zwischen Branchen und zwi-
chen Ost und West vorhanden ist. Das liegt unter ande-
em daran, dass im Berufsbildungsgesetz Möglichkeiten
ur Flexibilisierung auch im Bereich der Vergütung be-
eits verankert sind.


(Ulrike Flach [FDP]: Aber nicht ausreichend, Frau Kressl!)


ie sollten sich also diese populistischen Überschriften
paren und sich ernsthaft mit der Thematik befassen.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Nicolette Kressl
Gemäß der Tagesordnung reden wir heute über den
Berufsbildungsbericht und über einen Antrag zum Aus-
bildungspakt. Damit verbunden reden wir aber auch über
Zukunftschancen junger Menschen. Von diesen Chancen
hängt es ab, wie stark sie sich mit dieser Gesellschaft
und mit diesem politischen System identifizieren. Denn
es wird sie für ihr ganzes Leben prägen, ob wir ihnen
Zukunftschancen geben oder verweigern.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir reden auch über die Zukunftsfähigkeit der Wirt-
schaft; denn es ist völlig klar, dass es sich niemand leis-
ten kann, die Potenziale, die in den Köpfen junger Men-
schen stecken, zu verschwenden. In diesem Punkt stehen
wir, aber auch die Unternehmen ganz stark in der Pflicht.
Wir werden die Unternehmen an ihre Verantwortung im
Ausbildungsbereich erinnern, wenn sie später über Fach-
kräftemangel jammern sollten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir reden natürlich auch über die Zukunftsfähigkeit
– Frau Ministerin Schavan hat es angesprochen – des
dualen Systems an sich. Ob wir es schaffen, uns hin-
sichtlich Quantität und Qualität nach vorne zu bewegen,
wird die Zukunft des dualen Systems entscheidend be-
einflussen. Entscheidend ist, dass wir es schaffen, für
eine Bewegung nach vorne zu sorgen, und dass sich
nicht immer weniger Unternehmen an diesem System
beteiligen und damit zu seiner Aushöhlung beitragen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich habe gerade schon gesagt, dass wir uns sowohl die
Qualität als auch die Quantität in diesem Bereich an-
schauen müssen. Lassen Sie mich zuerst etwas zur Frage
der Quantität sagen. Die unbefriedigende Situation auf
dem Ausbildungsstellenmarkt vor ein paar Jahren hat
unter der rot-grünen Regierung zu einer intensiven De-
batte über die Zukunft von jungen Leuten geführt. Sie
alle wissen, dass wir uns dann entschlossen haben, den
Weg zu einer gesetzlichen Umlagefinanzierung frei zu
machen.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])


Das war zugegebenermaßen eine umstrittene Diskus-
sion. Aber diese Diskussion hat dann zu dem geführt,
was heute „Ausbildungspakt“ genannt wird. Es darf
nicht vergessen werden, wie er zustande gekommen ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Im ersten Jahr des Ausbildungspaktes hatten wir ein
zwar noch nicht ausreichendes, aber erfreuliches Ergeb-
nis. Wir konnten nämlich feststellen, dass sich bei den
betrieblichen Ausbildungsplätzen ein Zuwachs um
4,8 Prozent einstellte. Die Zahl der außerbetrieblichen
Ausbildungsplätze ist zwar zurückgegangen. Aber ins-
gesamt gab es bei den abgeschlossenen Ausbildungsver-
trägen einen Zuwachs um 2,8 Prozent. Das war die Um-
kehr des Trends des Abbaus von Ausbildungsplätzen.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir sehen jetzt, dass sich dieser positive Trend ab-
chwächt. Ich kann an all diejenigen, die am Ausbil-
ungspakt beteiligt waren und sind, nur appellieren: Alle
ollten bitte dafür sorgen, dass nicht diejenigen Recht
ekommen, die befürchtet haben – oder dies interpretie-
en könnten –, dass nur ein ständiger massiver Druck mit
wangsmaßnahmen dazu führt, dass etwas passiert.
itte strafen Sie dies Lügen!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


orgen Sie dafür, dass die Freiwilligkeit nicht nur ein
ahr, sondern auch mehrere Jahre danach akzeptiert
ird! Es wird eine entscheidende Frage sein, wie wir in
ukunft bei Vereinbarungen, was diesen Bereich angeht,
iteinander umgehen können.


(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Freiwilligkeit ist gut!)


Vonseiten der Koalitionsfraktionen begrüßen wir aus-
rücklich die Entscheidung, die Dauer des Paktes zu ver-
ängern. Aber wir begrüßen auch die Entscheidung, den
akt weiterzuentwickeln.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


an muss wissen: Dieser Pakt ist in sehr kurzer Zeit ent-
ickelt und entworfen worden. Da macht es natürlich
inn, sich Einzelregelungen noch einmal anzuschauen.
ch möchte – wir reden heute ja auch über einen Antrag
u diesem Thema –, dass die Gedanken des Parlaments
ierzu nicht nur in Form von Anträgen auf dem Tisch
iegen. Wir wollen vielmehr ausdrücklich an die am Pakt
eteiligten Verhandlungspartner appellieren, diesen An-
rag ernst zu nehmen und ihn in die Debatten über den
usbildungspakt aufzunehmen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben im Koalitionsvertrag auch festgelegt, dass
n das Thema des Ausbildungspaktes Fragen der Ausbil-
ungsfähigkeit und Möglichkeiten der tariflichen Ver-
inbarung einbezogen werden. Das halte ich für eine
anz wichtige Aussage.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ür uns Sozialdemokraten – ich gehe fast davon aus,
ass auch Sie diese Position teilen; aber ich kann nicht
ür die andere Fraktion sprechen –


(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Für uns selbstverständlich auch!)


st es völlig unverständlich – das will ich deutlich sa-
en –, dass einige Bereiche der Arbeitgeberseite und der
rbeitgeberverbände sich konsequent weigern, auf tarif-

icher Ebene über die Steigerung der Zahl der Ausbil-
ungsplätze zu verhandeln.






(A) )



(B) )


Nicolette Kressl

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Dies ist für mich nicht verständlich. Im Bereich der
IG BCE und der IG BAU gibt es Beispiele dafür, dass
Unternehmensführer selbst sagen: Das ist für uns eine
gute Lösung. – Wir appellieren deutlich daran, Gesprä-
che über eine tarifliche Vereinbarung zu führen; denn
dies wäre eine massive Unterstützung dessen, was im
Pakt vereinbart worden ist.

Eines ist doch klar: Vor Ort und auf Bundesebene ha-
ben sich beispielsweise die Industrie- und Handelskam-
mern


(Jörg Tauss [SPD]: Die Handwerkskammern auch!)


– auch die Handwerkskammern –


(Beifall bei Abgeordneten der FDP sowie des Abg. Jörg Tauss [SPD])


mit großem Engagement – das will ich anerkennen – in
den Pakt eingebracht. Aber dass eine tarifliche Vereinba-
rung die Akzeptanz des Paktes wesentlich unterstützen
und die Verbände nicht allein lassen würde, liegt doch
auf der Hand und wäre ein wesentlich besserer Weg.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zurück zum Pakt selbst. Ich habe gesagt, dass wir die
Frage der Ausbildungsfähigkeit mit einbeziehen wol-
len. Mir ist auf der einen Seite wichtig, dass das Thema
der Ausbildungsfähigkeit nicht als Alibi benutzt wird,
damit Unternehmen sagen können: Wir können nicht
einstellen. – Auf der anderen Seite können wir natürlich
auch nicht den Kopf in den Sand stecken.


(Beifall der Abg. Ulrike Flach [FDP])


Ich glaube, es gibt eine realistische Betrachtungs-
weise in diesem Bereich. Deshalb ist es auch so wichtig,
dass Bund, Länder und Wirtschaft in dieser Frage zu-
sammenarbeiten. In diesem Zusammenhang sei mir eine
Anmerkung zu einem anderen Themenbereich erlaubt:
Es ist fraglich, ob es wirklich sinnvoll ist, dass Zusam-
menspiel von Bund, Ländern und Wirtschaft zu erschwe-
ren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Ulrike Flach [FDP])


Ich will im Zusammenhang mit dem Thema der Aus-
bildungsfähigkeit etwas zu den Einstiegsqualifizierun-
gen sagen. Die Einstiegsqualifizierungen, ein neues In-
strument, zeigen offensichtlich Wirkung. Bei der
Auswertung des Paktes ist deutlich geworden ist, dass
57 Prozent aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer an
Einstiegsqualifikationen anschließend in eine berufliche
Ausbildung vermittelt werden konnten. Das ist eine gute
Zahl.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


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(C (D ie übertrifft Zahlen, die uns von anderen Qualifizieungsmaßnahmen bekannt geworden sind. Meiner Meinung nach ist ein betrieblicher Ansatz esser als ein rein schulischer. eshalb ist es wichtig, dass wir uns in Bezug auf die eiterentwicklung dieses Instruments die Frage stellen: ie kann seine Akzeptanz noch verbessert werden? Ich ill aber ebenfalls darauf hinweisen, dass die EQJs nicht ur den Anteil der Wirtschaft am Pakt darstellen; vielehr wird die Finanzierung der EQJs durch den Staat eleistet. Das heißt, hier gibt es ein Zusammenspiel. Wir üssen uns gemeinsam die Frage stellen, auf welche eise dies am besten weiterentwickelt werden kann. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall der Abg. Ilse Aigner [CDU/CSU])


Ich bin davon überzeugt – das ist heute auch von an-
eren Rednern gesagt worden –, dass wir eine Weiterent-
icklung, etwas mehr Dynamik brauchen. Wir müssen
ns Detail- und Einzelfragen anschauen. Aber das Ziel,
ungen Menschen Zukunftschancen zu eröffnen, lohnt
ede Anstrengung in diesem Bereich allemal.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601702400

Das Wort hat nun die Kollegin Cornelia Hirsch, Frak-

ion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Cornelia Hirsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601702500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ehr geehrte Frau Ministerin Schavan, die Fraktion Die
inke stimmt Ihnen in einem Punkt ausdrücklich zu: Ja,
ir brauchen neue Dynamik für Ausbildung.


(Beifall bei der LINKEN)


ber weder das, was bisher vorgetragen wurde, am aller-
enigsten das, was von der Fraktion der FDP geäußert
urde,


(Jörg Tauss [SPD]: Aber besser können die es nicht! Sie werden noch merken: Die können es nicht besser!)


och der Inhalt des vorliegenden Antrags lassen solch
ine neue Dynamik für Ausbildung erwarten.

Zuerst einige Punkte zum Antrag. Erstens – ganz
rundsätzlich – liegen dem Antrag offensichtlich wieder
ie gleichen unrealistischen Zahlen und Einschätzungen
ur aktuellen Ausbildungssituation zugrunde, über die
ir an dieser Stelle schon einmal diskutiert haben. Ein
eispiel, weil eben schon danach gefragt wurde: Die
usbildungslücke wird im Antrag mit 11 500 Plätzen
eziffert. Unsere Fraktion hatte Ende Januar eine Sach-
erständigenanhörung und es bestand unter allen einge-
adenen Sachverständigen – darunter war auch ein Ab-
eilungsleiter aus dem Bundesinstitut für Berufsbildung,






(A) )



(B) )


Cornelia Hirsch
der die Zahlen wirklich kennen müsste – Konsens da-
rüber, dass die tatsächliche Ausbildungslücke bei rund
100 000 Plätzen liegt.


(Beifall bei der LINKEN)


Die übrigen knapp 90 000 Jugendlichen verschwinden
bei Ihnen in Angeboten der zweiten oder dritten Wahl.


(Nicolette Kressl [SPD]: Das stimmt nicht!)


Dazu, Frau Kressl, gehören eben auch die Einstiegsqua-
lifizierungen. Eine solche Einstiegsqualifizierung ist
aber kein Ausbildungsplatz; es ist ein billiges Praktikum.


(Beifall bei der LINKEN)


Mehr als ein Drittel der Jugendlichen steht danach wie-
der auf der Straße. Diese Jugendlichen brauchen einen
Ausbildungsplatz. Sie tauchen aber in der Statistik nicht
auf. Das ist schlicht falsch.


(Jörg Tauss [SPD]: Aber zwei Drittel haben einen! Das ist auch nicht schlecht, oder?)


Deshalb fordern wir Sie auf: Legen Sie endlich eine rea-
listische Ausbildungsbilanz vor!


(Beifall bei der LINKEN)


Der zweite Punkt. Wir können nach wie vor – auch
wenn es mittlerweile schon um eine Weiterentwicklung
geht – Ihre Begeisterung über den Ausbildungspakt
nicht teilen. Die Wirkungslosigkeit müsste auch für Sie
offensichtlich sein. In Ihrem eigenen Antrag steht – ich
zitiere –:

Die Bundesregierung hat den Ausbildungspakt mit
den Spitzenverbänden der Wirtschaft geschlossen,
um das Ausbildungsverhalten der Betriebe positiv
zu beeinflussen.

Das klingt gut. Dem steht aber die Presseerklärung des
Bundesinstituts für Berufsbildung zur Ausbildungsbi-
lanz 2005 gegenüber. Dort steht – wieder Zitat –:

Die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze sinkt
auf den tiefsten Stand seit der Wiedervereinigung.


(Beifall bei der LINKEN)


Wo sehen Sie hier eine positive Auswirkung auf das
Ausbildungsverhalten der Betriebe? Für uns ist klar: Der
Ausbildungspakt ist kein Erfolg. Die Gewerkschaften
haben unsere volle Unterstützung, bei einer solchen Lü-
gengeschichte nicht einzusteigen.


(Beifall bei der LINKEN)


Dritter Punkt: Durchlässigkeit der Bildungswege.
Dieses an sich vollkommen richtige und längst überfäl-
lige Vorhaben wird zwar nicht durch diesen Antrag, aber
durch die geplante und mehrfach diskutierte Föderalis-
musreform konterkariert. Wenn die Möglichkeiten einer
gesamtstaatlichen Bildungsplanung weiter eingeschränkt
werden, dann ist die geforderte und auch angekündigte
Durchlässigkeit zur Hochschule nur eine Worthülse. Was
nützt es, wenn einem der Zugang zukünftig nicht mehr
aufgrund eines fehlenden formalen Abschlusses, son-
dern aufgrund eines Kapazitätsmangels verweigert wird?
Für denjenigen, der versucht, an die Hochschule zu kom-

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(C (D en, ist das Ergebnis das gleiche. Deshalb lautet unser ppell an die Vernunft aller Beteiligten, sich gegen die orliegenden Vorschläge aus der Koalitionsvereinbarung ur Föderalismusreform im Bildungsbereich zu wenden. Vierter Punkt: das Jobstarter-Programm. Sie sprehen im Antrag von „Bündelung und Fortentwicklung“ er bisherigen Programme. Ganz nebenbei – das wird ben nicht gesagt – werden die Bundesmittel deutlich ekürzt. Auch dieses Programm ist damit eine reine uftnummer. Eine nachhaltige Förderpolitik sieht anders us. Liebe Kolleginnen und Kollegen, um Dynamik in die usbildung zu bringen, sind andere Schritte notwendig. iese vermissen wir in Ihrem Antrag. Ich möchte einige unkte erwähnen, die aus unserer Sicht an oberster telle stehen müssen. Erster Punkt: Einführung einer gesetzlichen Umlaefinanzierung. rau Kressl, Sie haben wieder darauf aufmerksam geacht, dass Sie auf Freiwilligkeit, dass Sie auf Appelle n die Tarifpartner setzen. Bei unserer Sachverständienanhörung, von der ich bereits sprach, herrschte auch onsens darüber, dass, wenn auf Branchenebene tarifli he Vereinbarungen getroffen werden sollen, im ersten chritt eine gesetzliche Grundlage vorhanden sein muss. ir können nicht verstehen, dass in Ihrem Antrag eine olche Möglichkeit überhaupt nicht mehr in Betracht geogen wird. (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Zweiter Punkt: eine bessere und gezielte Förderung.
s ist mittlerweile fast zynisch, dass Sie immer wieder
chreiben, an dem Ziel festzuhalten, dass kein junger
ensch länger als drei Monate arbeitslos sein darf. Sie

ennen die Zahlen doch genauso gut wie ich. Eine halbe
illion Jugendlicher steht ohne Arbeit auf der Straße.
us unserer Sicht ist das Jobstarter-Programm keine
ösung. Nicht die Vernetzung von regionalen Partnern

st die entscheidende Aufgabe, vielmehr müssen erst ein-
al Förderangebote selbst finanziert und erhalten wer-

en.

Dritter Punkt: Geschlechtergerechtigkeit. Im vorlie-
enden Berufsbildungsbericht wird mehrmals auf die be-
tehende geschlechtsspezifische Diskriminierung einge-
angen. Im Antrag tauchen diese Fragen überhaupt nicht
ehr auf. Frau Ministerin Schavan, auch von Ihnen habe

ch dazu nichts gehört. Dynamik für Ausbildung muss
ber auch mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Ausbil-
ung bedeuten.


(Beifall bei der LINKEN)


Vierter und letzter Punkt: Europäisierung der Be-
ufsbildung. Auch dazu steht nur sehr wenig im Antrag.






(A) )



(B) )


Cornelia Hirsch
Frau Ministerin, Sie sind darauf eingegangen. Das fin-
den wir richtig; denn es ist sinnvoll, diese Debatte nicht
an uns vorbeilaufen zu lassen. Dieser Prozess ist gestalt-
bar und sollte daher diskutiert und gestaltet werden. Ein
großes Problem ist – ich beziehe mich dabei auf unsere
Erfahrungen im Hochschulbereich –, dass in diesem Zu-
sammenhang verstärkt die Modularisierung und die vor
allem von der FDP befürwortete Stufenausbildung ins
Gespräch gebracht werden. Wenn Stufenausbildung fak-
tisch weniger Ausbildung bedeutet, dann ist das definitiv
der falsche Weg.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Dynamik für Ausbildung muss für uns Dynamik im
Interesse der Jugendlichen und Dynamik für die immer
größer werdende Zahl benachteiligter Jugendlicher sein.
In diesem Sinne freuen wir uns auf die Ausschussbera-
tungen.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601702600

Das Wort hat nun die Kollegin Priska Hinz, Bünd-

nis 90/Die Grünen.

Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die
Kollegin Kressl hat zu Beginn ihrer Rede gesagt, dass
wir über die Zukunftschancen der Jugend in unserem
Land sprechen. Gerade deshalb waren wir auf Ihren ers-
ten Antrag zur beruflichen Bildung sehr gespannt. Er ist
nämlich der Eckpfeiler dessen, was in den nächsten Jah-
ren zur Schaffung von Ausbildungsplätzen für Jugendli-
che passieren soll. Normalerweise sagt man: Was lange
währt, wird endlich gut. In diesem Fall sind Sie diesem
Sprichwort nicht gerecht geworden. Der Antrag ist ge-
nauso enttäuschend wie das Treffen des Lenkungsaus-
schusses zum Ausbildungspakt, das Ende Januar stattge-
funden hat.

Schauen wir uns den Antrag einmal an. Sie begrüßen
darin, dass die Bundesregierung den Pakt weiterführt.
Dabei sprechen Sie noch nicht einmal davon, dass er
weiterentwickelt werden soll.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nein, er soll mit allen Mängeln, über die hier schon dis-
kutiert wurde, weitergeführt werden.

Sie begrüßen das Jobstarter-Programm. Das ist im
Moment das einzig neue Programm und wurde unter
Rot-Grün entwickelt.


(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD] – Jörg Tauss [SPD]: Das war eine liebe Koalition!)


Von den Schwarzen ist bislang gar keine Initiative in
diese Richtung ausgegangen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie begrüßen auch – man höre und staune – die An-
kündigung der Bundesregierung, eine Initiative in An-

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(C (D riff zu nehmen; das ist die Wortwahl in Ihrem Antrag. ie heißt dann auch noch „Initiative zur strukturellen ortentwicklung der beruflichen Bildung an den Nahttellen der Bildung und zwischen Bildung und Beschäfigung unter Einbeziehung aller für die berufliche Bilung Verantwortlichen“. Jetzt kann sich jeder vorstellen, o wie viele Ausbildungsstellen in diesem Land ge chaffen werden! So sieht Ihre Berufsbildungspolitik us. (Uwe Schummer [CDU/CSU]: Geht es noch tiefer in Ihrer Argumentation?)


Beschämend war auch die Rede der Bundesbildungs-
inisterin, und zwar nicht nur, weil sie hier keine neue

nitiative vorgestellt hat,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ondern auch, weil sie nicht einmal wusste, über wie
iele unvermittelte Jugendliche wir hier eigentlich spre-
hen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


s ist beschämend, dass Sie gesagt haben, dass Sie erst
m Jahr 2007 mit neuen Programmen beginnen wollen.
as ist ein Jahr zu spät. Im Sommer werden wieder Aus-
ildungsplätze gebraucht. Sie müssten jetzt mit Initia-
iven beginnen, damit wir im Sommer mehr Ausbil-
ungsplätze haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE])


Viele Gründe für die Probleme, die Sie jetzt erst er-
itteln wollen, zum Beispiel warum Betriebe nicht aus-

ilden, liegen doch bereits auf dem Tisch. Da Sie bislang
eine Initiativen in Angriff genommen haben, verwun-
ert es auch gar nicht, dass die Vereinbarung zum Pakt
m Vergleich zum Vorabdruck verändert wurde. Im Vor-
bdruck vom 30. Januar war noch die Rede davon, dass
ls letztes das Kapitel „Weiterentwicklung und Zukunft
es Paktes“ eingefügt werden soll. In der endgültigen
eröffentlichung ist dies verschwunden. Es gibt keine
eiterentwicklung des Paktes. Das heißt, Sie haben

eine Idee, Frau Ministerin, welche Initiativen in diesem
ahr gestartet werden sollen, damit den Jugendlichen
hre Zukunftschancen nicht mehr genommen werden
nd ihre Lebenszeit nicht weiter verschwendet wird. Das
st ein Armutszeugnis.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE])


Dabei könnte die Bundesregierung viel machen. Sie
önnte europarechtskompatible gesetzliche Grundlagen
chaffen, die vorsehen, dass Ausbildungsbetriebe bei der
ergabe öffentlicher Aufträge bevorzugt werden kön-
en. Sie könnten Programme weiterentwickeln, die von
igranten geführte Betriebe unterstützen, zum Beispiel

ndem sie die Ausbildereignung bekommen und Ausbil-
ungsplätze anbieten können. Das würde gerade für Mi-
rantenkinder die Schwelle senken, Ausbildungsstellen
u bekommen.






(A) )



(B) )


Priska Hinz (Herborn)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE])


Dann könnte man auch die Herkunftssprache als beson-
dere Kompetenz einbringen.

Sie könnten auf die Bundesagentur für Arbeit Ein-
fluss nehmen zugunsten einer besseren Berufsorientie-
rung und Berufsberatung und zum Beispiel bewirken,
dass kein Verschiebebahnhof mehr zwischen Arbeitsge-
meinschaften, Jugendhilfe und Kommunen bei der Be-
rufsberatung stattfindet. Sie könnten darauf Einfluss
nehmen, dass Elemente des modernisierten Berufsbil-
dungsgesetzes, zum Beispiel die gestufte Ausbildung
und die Anerkennung der Abschlüsse vollschulischer
Ausbildungsgänge, endlich besser umgesetzt werden.


(Beifall der Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Auch könnten Sie den Ausbildungspakt gemeinsam mit
den Ländern weiterentwickeln, um die Schulabbrecher-
quote zu senken.

Der Präsident des DIHK beabsichtigt, außerhalb des
Paktes ein eigenes Programm zur Förderung der Schüler,
zur Verbesserung ihrer Ausbildungsreife auf den Weg zu
bringen. Diese Initiative hat er vor dem Treffen des Len-
kungsausschusses angekündigt. Da frage ich mich doch:
Warum haben Sie diese Idee nicht aufgegriffen, Frau
Schavan, und gemeinsam mit den Ländern und den an-
deren Partnern des Ausbildungspaktes entsprechende
Vereinbarungen getroffen? Warum versagen Sie hier auf
der ganzen Linie?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Na, na! Ein bisschen ruhiger vielleicht!)


Man kann zusätzliche Initiativen ergreifen – Initiativen
von Betrieben für Betriebe, die ausbilden – und die Aus-
bildungsverbünde und die überbetrieblichen Ausbil-
dungsstätten stärken.


(Ute Kumpf [SPD]: Aber das machen wir doch! – Weiterer Zuruf von der SPD: Ja, genau! Das tun wir!)


Meine Damen und Herren, interessant ist, was nicht
in Ihrem Antrag steht, wohl aber in Ihrem Koalitionsver-
trag. Ich nenne als Stichworte die branchenbezogene
Umlagefinanzierung und die zweite Chance, welche
von der Ministerin immer so betont wird. Diejenigen, die
keinen Schulabschluss haben, sollen eine zweite Chance
bekommen und entweder ihren Schulabschluss nachho-
len oder eine Ausbildung machen können.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Das steht da doch drin! – Jörg Tauss [SPD]: Ja, sogar explizit!)


– Das steht aber nicht in dem Teil Ihres Antrags, in dem
Sie die Bundesregierung auffordern, aktiv zu werden.


(Uwe Schummer [CDU/CSU]: Das steht drin! Sie müssen es nur nachlesen!)


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(C (D bwohl die Bundesregierung in diesem Bereich etwas un könnte, fordern Sie das von Ihrer eigenen Ministerin icht ein. Das ist ein Armutszeugnis. Meine Damen und Herren, Appelle, wie sie in Ihrem ntrag zu finden sind, reichen nicht mehr aus. Nun ist ntschlossenes Handeln gefragt. Wir und auch die Juendlichen erwarten deutliche Verbesserungen, und war bereits zu Beginn des kommenden Ausbildungsjahes. Wir werden genau überprüfen, welche Initiativen ie einleiten und wie viele Ausbildungsplätze zusätzlich ur Verfügung gestellt werden. Dann werden wir über eue Instrumente wie eine branchenspezifische Umlageinanzierung und die dafür notwendigen rechtlichen rundlagen nachdenken. Danke schön. Das Wort hat nun der Kollege Uwe Schummer, CDU/ SU-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Frau ollegin Hinz, jemanden, der sich schlafend stellt, kann an natürlich nicht aufwecken, und demjenigen, der den nhalt eines Antrags nur selektiv wahrnimmt, kann man ein umfassendes Verständnis davon vermitteln. Daher ate ich Ihnen: Lesen Sie genauer! Dann können wir funierter diskutieren. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601702700

(Beifall bei der CDU/CSU)

Uwe Schummer (CDU):
Rede ID: ID1601702800

Der Berufsbildungsbericht 2005 macht eines klar:
er mehr Ausbildungsplätze will, der muss viele Hebel

n Bewegung setzen. Die Probleme auf dem Ausbil-
ungsmarkt haben die verschiedensten Ursachen. So
ibt es unterschiedliche Akteure, die zusammengeführt
erden müssen. Wir müssen also die beteiligten Akteure

m Rahmen eines Ausbildungspaktes zusammenführen,
ie verschiedenen Instrumente abwägen und sie dann
uch umsetzen. Aber man darf nicht, wie es teilweise
on den Rednern der Linkspartei getan wird, auf nur ein
nstrument setzen und alle anderen weitgehend ausblen-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Auch aufgrund des Ausbildungspaktes wurden in den
etzten beiden Jahren 123 300 neue Ausbildungsplätze
eschaffen.


(Cornelia Hirsch [DIE LINKE]: Aber keine zusätzlichen!)


3 000 Betriebe bilden nun erstmals aus. Die Vereinba-
ung, die im Rahmen des Ausbildungspaktes getroffen
urde, ist also eingehalten worden. Wer damit nicht






(A) )



(B) )


Uwe Schummer
zufrieden ist, muss sagen, dass wir andere Vereinbarun-
gen brauchen.


(Cornelia Hirsch [DIE LINKE]: Richtig!)


Das wäre dann die Konsequenz.


(Cornelia Hirsch [DIE LINKE]: Genau richtig!)


Aber das, was wir durch den Ausbildungspakt leisten
wollten, haben wir erreicht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Zuruf von der LINKEN: Dann lassen wir uns doch mal überraschen!)


Es ist richtig: Legt man die Zahlen vom Dezember
letzten Jahres zugrunde, stieg die Ausbildungsplatz-
lücke im Jahresvergleich von 9 500 auf 11 500 Stellen.
Daran wird deutlich, dass der Ausbildungspakt eine neue
Dynamik braucht. Allerdings muss man, wenn man
diese Feststellung trifft, berücksichtigen, vor welchem
Hintergrund diese Entwicklung stattgefunden hat: In den
Jahren 2004 und 2005 wurden aufgrund der wirtschaftli-
chen Situation in Deutschland 776 420 sozialversiche-
rungspflichtige Arbeitsplätze abgebaut. 77 200 Betriebe
gingen in Insolvenz. Außerdem gab es im letzten Jahr
bei den Schulabgängern ein Plus von 9 000. – Vor die-
sem Hintergrund zeigt sich die wahre Leistung des Aus-
bildungspaktes.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulrike Flach [FDP])


Dies wird aber nicht ausreichen. Der Pakt muss ergänzt
werden. Deshalb haben wir in der letzten Wahlperiode
einstimmig die Berufsbildungsreform verabschiedet.


(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Nein! Die FDP hat sich enthalten!)


– Die FDP hat sich der Stimme enthalten. Sie hat nicht
mit Nein gestimmt. Das heißt für uns: einstimmig.

Es ist eine alte Erkenntnis des früheren Mainzer Ar-
beiterbischofs von Ketteler, dass jeder Zuständereform
eine Gesinnungsreform vorauseilen muss.


(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gesinnungsreform, das ist ja klasse!)


Von daher ist es richtig, dass der Ausbildungspakt durch
eine Strukturkommission ergänzt wird. Auf der einen
Seite muss das Denken appellativ verändert werden, auf
der anderen Seite müssen aber auch die Strukturen in der
Berufsbildung verändert werden. Der Ausbildungspakt
leistet Ersteres, die Strukturkommission hat Letzteres zu
leisten. Gut ist, dass sowohl die Länder als auch die Ge-
werkschaften beteiligt sind.

Zur Gesinnungsreform gehört der Appell an die Wirt-
schaft: Erwartet keine olympiareifen Bewerber! Nehmt
die Menschen, die auf dem Ausbildungsmarkt sind!
Schaut auf ihr Entwicklungspotenzial und darauf, wie
ihr sie in den Betrieben entsprechend fördern könnt! –

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(C (D ie Wirtschaft sollte in dem Maße, wie sie in Maschinen nvestiert, auch in Menschen investieren. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


enn bei einer IHK-Befragung 71 Prozent der Unter-
ehmer antworten, sie hätten Ausbildungsplätze nicht
esetzt, weil keine geeigneten Bewerber vorhanden
eien, dann ist dies keine gute Antwort. Aber auch an die
ugendlichen muss appelliert werden: Wartet nicht, bis
ich der Wunschberuf oder der Wunschbetrieb findet!
ümmert euch rechtzeitig und flexibel um einen Ausbil-
ungsplatz! Ein mäßiger betrieblicher Ausbildungsplatz
st besser als jede Ersatzmaßnahme.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Bei den türkischstämmigen Deutschen bleibt jeder
weite ohne eine berufliche Ausbildung. Von denen, die
n Ausbildung sind, verteilen sich 44 Prozent auf zehn
erufe – es gibt aber 360 Berufsbilder. Laut Berufsbil-
ungsbericht brechen 25 Prozent der Jugendlichen ihre
usbildung ab.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601702900

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Dr. Keskin von der Fraktion Die Linke?


Uwe Schummer (CDU):
Rede ID: ID1601703000

Wenn es eine gute ist, ja.


(Jörg Tauss [SPD]: Die letzte war schon nicht gut! Dann wollen wir mal hören!)



Dr. Hakki Keskin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601703100

Herr Kollege, wie wir gerade gehört haben, sind es

ehntausende Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz
efunden haben. Eigentlich wollte man mit dem Ausbil-
ungspakt allen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz
erschaffen. Das ist nicht geschehen. Nun frage ich Sie:
st es gerecht, dass manche Betriebe Jugendliche ausbil-
en, wovon alle Betriebe profitieren, und manche dies
icht tun? Wäre es nicht erforderlich, mit einem Gesetz
lle Betriebe zu verpflichten, ihren Beitrag zur Ausbil-
ung zu leisten?


Uwe Schummer (CDU):
Rede ID: ID1601703200

Es gibt beispielsweise im Bauhauptbereich bereits

eit mehr als 30 Jahren eine tarifliche Umlagefinanzie-
ung der Ausbildungskosten. Wir müssen aber feststel-
en, dass die Zahl der Ausbildungsplätze in diesem Be-
eich von etwa 100 000 in 1998 auf jetzt 39 000 massiv
ingebrochen ist. Eine zentralistische Abgabe wäre also
benso wie eine tariflich vereinbarte Abgabe keine Lö-
ung. Wir müssen ein Bündel an Maßnahmen entwi-
keln. Die Antwort, die Frau Schavan bzw. die große
oalition gibt, ist: Wir brauchen eine neue Dynamik des
usbildungspaktes, und zwar durch verschiedene Instru-
ente, die Strukturkommission genauso wie den Ausbil-

ungspakt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Uwe Schummer
Zwei Drittel der Jugendlichen, die ihre Ausbildung
nach einem oder eineinhalb Jahren abgebrochen haben,
sagen, dass es der falsche Beruf oder der falsche Betrieb
war. Dies zeigt, dass wir bereits in der Schule die Be-
rufsorientierung und die Berufsberatung verbessern
müssen.

42 Prozent der Betriebe sind nicht ausbildungsberech-
tigt: weil sie nicht die Breite eines Berufsbildes vermit-
teln, weil sie zu klein oder zu spezialisiert sind. Von den
ausbildungsberechtigten Unternehmen bilden 40 Prozent
aus. Diese Zahl zu erhöhen, ist die gemeinsame Aufgabe
der Strukturkommission.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Hierfür gibt es zwei Ansätze: qualifizierte Ausbil-
dungsverbünde und Stufenausbildungen. Beide In-
strumente wurden durch die Berufsbildungsreform auf-
gewertet. Mit dem Jobstarter-Programm wird die
Förderung von Verbundsystemen weiter forciert. Durch
Ausbildungsverbünde hat sich die Zahl der ausbildungs-
fähigen Betriebe um 3 Prozent erhöht.

1,2 Millionen Schulabgänger bis 29 Jahre sind – das
müssen wir zur Kenntnis nehmen – ohne berufliche Qua-
lifizierung. Immer mehr Berufsbilder werden immer
stärker theoretisch ausgerichtet. Ich möchte aus einem
Schreiben des Verbandes für Gartenbau in NRW vorle-
sen, wie der Beruf Gärtner dargestellt wird – ich zitiere –:

Gärtner ist einer der schwierigsten Ausbildungsbe-
rufe.

Bewerber müssen über

qualifizierte Kenntnisse in den Bereichen Mathe-
matik, Physik, Chemie, Biologie und auch Latein
verfügen.

Sie sollten also – das füge ich an – möglichst jede
Pflanze mit ihrem lateinischen Namen kennen. Wenn wir
Berufsbilder aus guten Gründen immer weiter aufwerten
und theoretisch ausrichten, dann müssen wir aber auch
überlegen, wie wir die praktisch Begabten durch Zwi-
schenzertifizierungen ins Boot hineinholen,


(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!)


wie wir für sie Bildungsstufen organisieren, die dauer-
haft zu einer Bildungstreppe werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich glaube, dass die vorliegenden Anträge, mit einer
Ausnahme, dazu geeignet sind, dass wir im Deutschen
Bundestag in der Tradition der Berufsbildung auch über-
parteilich einen gemeinsamen Weg finden können. Bitte
betrachten Sie unseren Antrag als ein Gesprächsangebot.
Wir brauchen keine Rituale, sondern neues Denken, Ge-
sinnungs- und Zuständereform.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601703300

Nun hat das Wort der Kollege Ernst Dieter Rossmann,

SPD-Fraktion.

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(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! s ist, wenn man sich an die zurückliegenden Debatten ur beruflichen Bildung und zur Ausbildungsplatzverorgung erinnert, in denen es immer eine Phalanx des rotestes gab, schon ein Erlebnis der besonderen Art, iterleben zu können, dass diese Phalanx nun aufgebro hen ist. (Ilse Aigner [CDU/CSU]: Weil Sie auf uns eingegangen sind!)

Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1601703400

s gibt jetzt ein Zentrum von Vernunft, und zwar nicht
ur bei CDU/CSU und SPD, sondern auch bei den Grü-
en; die schließe ich ausdrücklich mit ein.


(Beifall bei der SPD)


Liebe Frau Hinz, Sie haben eben an dem, was Frau
chavan zu dem Antrag gesagt hat, vieles kritisiert. Aber
anz nüchtern: Wenn SPD und Grüne weiter regiert hät-
en, dann wäre in ihren Positionen vieles von dem ent-
alten, was nun zwischen SPD und CDU/CSU verein-
art worden ist.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Dann wären wir weiter!)


ieles von dem, was Sie in Ihrem Antrag eingebracht
aben, ist deckungsgleich mit dem, was zwischen SPD
nd CDU/CSU vereinbart worden ist.

Aber ist das so schlimm? Ist es nicht eher gut, dass
ir eine Kontinuität im Grundverständnis haben, eine
ontinuität darin, dass wir wissen, dass die Fixierung

uf eine Schlüsselmaßnahme im komplexen Bereich der
erufsbildung nicht ausreicht? Wenn die CDU/CSU frü-
er gesagt hat, alle Probleme seien bei einem höheren
irtschaftswachstum gelöst, haben wir immer die Posi-

ion vertreten, dass das nicht so einfach ist. Während an-
ere an eine Ausbildungsplatzumlage gedacht haben,
aren wir diejenigen, die gesagt haben, dass das alleine

uch nicht ausreicht. Es ist also gut, dass es ein neues
entrum gibt. Dieses neue Zentrum hat sich dokumen-

iert, als wir das Berufsbildungsgesetz verabschiedet
aben, bei dem es zwischen SPD, CDU/CSU und Grü-
en eine breite Übereinstimmung gab. Darauf können
ir aufbauen.

Trotzdem darf nichts unter den Tisch fallen. Wir von
en Sozialdemokraten müssen klar machen und viel-
eicht auch nachfragen, welches die vereinbarten Leit-
lanken bei unserem Berufsbildungsverständnis waren.
enn das Leitbild einer Berufsausbildung bleibt immer
och das Berufsbild.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


as ist nicht durch Modularisierung oder durch das Bau-
teinprinzip aufzulösen. Damals haben wir verabredet,
ass die Stufung von Ausbildung zur Strukturierung,
icht zur Dequalifizierung führen muss.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie Stufung von Ausbildung soll nicht die Hintertür
ein, um zu erreichen, dass die dreijährige Ausbildung






(A) )



(B) )


Dr. Ernst Dieter Rossmann
die Ausnahme und zweijährige Ausbildung die Regel
wird, an die man dann vielleicht ein Jahr anschließen
kann. Alles das ist von uns damals im Berufsbildungsge-
setz, das wir gemeinsam verabschiedet haben, klarge-
stellt worden. Wir gehen davon aus, dass das auch jetzt
gilt und dass wir auf dieser Basis zumindest während
dieser Legislaturperiode arbeiten können.

Es ist auch wichtig, was Ministerin Schavan ange-
sprochen hat, dass wir erkennen, dass wir Bildung über
den gesamten Lebensweg brauchen. Diese beginnt bei
der vorschulischen Bildung, geht über die Bildung in der
Schule und in der Berufsvorbereitung bis zur Bildung
beim Einstieg in den Beruf und bei der beruflichen Wei-
terbildung. Wenn wir an der Stelle in Modulen, in Bau-
steinen denken, dann kann das mit dem Berufsprinzip
zusammenpassen, aber nur dann.


(Beifall bei der SPD)


Das war noch einmal die Klarstellung unseres Ver-
ständnisses, das in der letzten Legislaturperiode mit brei-
tester Mehrheit gesetzlich verankert wurde. Wir haben
allerdings nicht nur eine Kontinuität beim Verständnis,
sondern leider auch eine bei den Problemen und dement-
sprechend beim komplexen Zugang zu diesen Proble-
men. Auch dazu muss man ehrlich Stellung nehmen. Der
Pakt ist eine gute Sache, aber er reicht nicht aus und
muss weiterentwickelt werden.

Da ich gerade auf die Kontinuität der Probleme zu
sprechen gekommen bin, möchte ich ein bestimmtes
Problem noch einmal herausarbeiten. Ich will Frau
Hirsch und den Vertretern der Linkspartei ausdrücklich
Recht geben,


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Was?)


dass die Lücke bei der Versorgung mit Ausbildungsplät-
zen mehr als die genannten circa 11 500 beträgt. Es
handelt sich natürlich bei dieser Zahl nicht um die der
fehlenden vollwertigen beruflichen Ausbildungsverhält-
nisse, sondern bei dieser Zahl sind die Personen mitbe-
rücksichtigt worden, die sich in der Berufsvorbereitung,
in EQJ-Praktika und in vielen anderen Maßnahmen bis
hin zu Maßnahmen zur Unterstützung von Beschäfti-
gung befinden. Die Lücke bei der Zahl von Ausbil-
dungsverhältnissen beträgt 100 000. An dieser Stelle
dürfen wir also nichts schönreden, sondern müssen die
Dinge beim Namen nennen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Ich darf zur Linkspartei allerdings auch sagen: Wir
bitten sie herzlich, die breit gefächerten Unterstützungs-
maßnahmen, die entwickelt werden – damals von der
SPD-Grünen-Regierung, jetzt auch von der neuen Re-
gierung –, nicht zu disqualifizieren. Es geht um 100 Mil-
lionen Euro für Jobstarter. Das sind keine Luftblasen,
Frau Kollegin.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn Sie das hier im Bundestag nicht überzeugt, dann
gehen Sie dahin, wo Sie als Linkspartei, als PDS, Regie-
rungsverantwortung tragen,

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(C (D ämlich nach Mecklenburg-Vorpommern und nach Berin. Dort werden Sie keine diffamierenden Äußerungen n Bezug auf die 100 Millionen Euro für das Jobstarterrogramm hören. hre Kräfte in der Regierungsverantwortung werden sich ort genauso konstruktiv und engagiert einbringen wie ir hier. Lassen Sie uns mit dieser Scharadenspielerei hier aufören. Wir wissen doch, wie wir uns an den verschieensten Stellen wechselseitig positiv auf Dinge beziehen önnen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr gut!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Das führt zu den wirklichen Problemen. Es bleibt ein
irkliches Problem, dass es zu wenige Betriebe gibt, die

usbilden, und dass die Zahl der ausbildungsbereiten
etriebe leider sinkt. Ich will das knapp so beleuchten:

Erster Hinweis. Wir haben 2 Millionen ausbildungs-
ähige Betriebe, von denen 50 Prozent nicht ausbilden.
00 000 von denen, die nicht ausbilden, haben unter
ehn Beschäftigte, 100 000 von denen haben über zehn
eschäftigte. Das muss man sich einmal vorstellen:
00 000 Betriebe in Deutschland, die über zehn Be-
chäftigte haben und ausbildungsfähig sind, bilden nicht
us.

Frau Schavan, ich darf Ihnen sagen, wie unser Blick-
inkel ist: Wir von der SPD wünschen uns ausdrücklich,
ass Sie beim Pakt für Ausbildung den Fokus auch auf
iese Betriebe richten, weil es schon sehr starker Argu-
ente der Betriebe mit zehn und mehr Beschäftigten da-

ür bedarf, dass sie sich der Ausbildung verweigern. Das
eht wirklich nicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Man könnte viel bewegen, wenn man an dieser Stelle
ine gezielte Initiative durchführen würde. Unter Ein-
chluss des Jobstarterprogramms, der Industrie- und
andelskammern, der Gewerkschaften und der Betriebs-

äte könnte man hier mehr bewegen, als wenn man sich
uf die 400 000 Betriebe konzentriert, die leider nur
anz wenige Beschäftigte haben.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Zweiter Hinweis. Die nicht so gut auf eine Ausbil-
ung Vorbereiteten bleiben ein kontinuierliches Pro-
lem. Damit meinen wir nicht ausschließlich Jugendli-
he mit Migrationshintergrund, aber sie sind mit
emeint. Hier muss eine stärkere Verknüpfung erfolgen,
ndem man sich um die entsprechenden Betriebe küm-
ert. Sie haben konstruktiv angekündigt, dass Sie bis

010 10 000 zusätzliche Betriebe aus dem wachsenden
ereich der von Migrantinnen bzw. Migranten geführten
etriebe gewinnen wollen. Das unterstützen wir voll und






(A) )



(B) )


Dr. Ernst Dieter Rossmann
ganz und ausdrücklich. Wir finden, dass das eine gute
parteiübergreifend gestützte Initiative sein kann.


(Beifall bei der SPD)


Das ist das eine und das andere gehört natürlich dazu:
Diese Jugendlichen müssen natürlich auch eine Ein-
stiegsqualifizierung und Berufsvorbereitung erhalten.
Sie müssen an die betriebliche Wirklichkeit herangeführt
werden. Wir haben Sie im Ausschuss so verstanden, dass
Sie das nicht betriebsfern durchführen, sondern in den
Betrieb hineinbringen wollen. Das unterstützen wir aus-
drücklich. Das kann ein wegweisender zusätzlicher
Punkt sein.


(Beifall bei der SPD)


Ich will ausdrücklich auch ein sich neu stellendes
Problem ansprechen: 2004 und 2005 mussten wir leider
feststellen, dass junge Frauen die Verliererinnen bei
den zusätzlichen Ausbildungsanstrengungen sind.


(Iris Gleicke [SPD]: Leider wahr!)


Es gab ja 30 000 bis 40 000 zusätzliche Plätze. Diese
werden zu über 75 Prozent von jungen Männern einge-
nommen, was sich auch schon darin ausdrückt, dass sich
weniger junge Frauen als Männer im dualen Ausbil-
dungssystem befinden, obwohl es von der Bevölke-
rungsrelation her gerade andersherum ist. Das können
wir nicht hinnehmen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Das ist eine Diskriminierung in Bezug auf weitere
Berufschancen, die gerade vor dem Hintergrund, dass
die duale Berufsausbildung als sehr wichtig angesehen
wird, aufgearbeitet werden muss. Wir erleben gerade,
dass der ganze tertiäre Betriebs- und Arbeitsbereich eine
zunehmende Zahl an Arbeitsplätzen bietet, aber die Zahl
der Ausbildungsplätze nicht in gleichem Maße zunimmt.
Schon an dieser Stelle zeigt sich, dass die Gleichung,
mehr Wachstum und mehr Arbeitsplätze bedeuten zu-
gleich mehr Ausbildungsplätze, so nicht stimmt. An-
sonsten müssten wir im tertiären Bereich einen drama-
tischen Zuwachs an Ausbildungsplätzen haben. Den
haben wir aber nicht.


(Beifall bei der SPD)


Was Ministerin Schavan im Bereich Logistik, Touris-
mus, Luftfahrt, Nachrichtenübermittlung, Unternehmens-
dienstleistungen und Sozialberufe angedeutet hat, näm-
lich sich mehr um die Ausbildungsordnungen und die
Entwicklung von Ausbildungsberufen zu kümmern,
wird für eine wachsende Zahl von Ausbildungsplätzen
wichtig sein. Dies bietet auch speziell jungen Frauen zu-
sätzliche Chancen im tertiären Bereich und kann viel-
leicht dann das ausgleichen, was an anderer Stelle fehlt.

Frau Hinz, Sie sprachen an, dass der Bericht nicht viel
Neues bietet. So viel Neues konnte auch bei den guten
Vorgaben, die wir mit Ministerin Bulmahn geschaffen
haben, nicht über Nacht hinzukommen. Das werden Sie
uns doch sicherlich zugestehen wollen.

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(C (D Um einen Punkt haben wir – dies ist jetzt von der Miisterin ausdrücklich als Perspektive herausgestellt woren – immer gerungen, nämlich das Programm der weiten Chance. Das Thema zweite Chance sollte auch er Linkspartei wichtig sein. Sich auf die über 1 Million ungen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren ohne Beufsausbildung oder ohne schulischen Abschluss zu konentrieren, ist jede Anstrengung wert. Herr Kollege Rossmann, bitte kommen Sie zum chluss. Dies ist es auch wert, dass wir in der großen Koalition it Ihnen und anderen zusammen mit unserer Ministerin ier zusätzlich Akzente setzen. Das sehen wir gewähreistet. Deshalb freuen wir uns darauf, dass wir eine gute erufsbildungspolitik mit all unseren Anstrengungen eiterführen können. Danke fürs Zuhören. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601703500
Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1601703600


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601703700

Das Wort hat jetzt der Kollege Alexander Dobrindt

on der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Alexander der Große! – Jörg Tauss [SPD]: Alles Wesentliche ist eigentlich gesagt!)



Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1601703800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als

ir uns in diesem Haus vor zwei Monaten zum letzten
al über berufliche Bildung unterhalten haben, lag als

orlage für die Debatte ein rückwärts gewandter Antrag
er PDS mit der Forderung nach einer Ausbildungs-
latzabgabe vor.


(Widerspruch bei der LINKEN)


ir alle können froh sein, dass wir heute eine positive
ebatte führen und uns ein zukunftsorientierter Antrag
er CDU/CSU und der SPD vorliegt. Das ist eine gute
erspektive für die jungen Menschen, die einen positi-
en Blick in die Zukunft werfen wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der LINKEN)


Aber darum geht es. Das ist das Entscheidende. Junge
enschen brauchen in Freiheit und Selbstbestimmung

erspektiven. Natürlich besteht ein wesentlicher Teil da-
in, einen Beruf zu erlernen und eine Aufgabe zu haben.
afür müssen wir in der Politik die Rahmenbedingungen

chaffen. Selbstverständlich werden wir in dieser De-
atte auch die Unternehmen, die mitverantwortlich sind
nd ihre gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahrnehmen
ollen, daran erinnern. Aber all dies geschieht – das ist
er Hauptpunkt – auf Basis einer freiwilligen Verpflich-
ung und nicht, wie es gerne immer wieder gefordert






(A) )



(B) )


Alexander Dobrindt
wird, auf Basis einer Zwangsabgabe. Für uns ist eine
freiwillige Verpflichtung in Form des Ausbildungs-
paktes das Richtige.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601703900

Herr Kollege Dobrindt, erlauben Sie eine Zwischen-

frage der Kollegin Hirsch?


Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1601704000

Selbstverständlich.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601704100

Frau Hirsch, bitte schön.


Cornelia Hirsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601704200

Herr Kollege, können Sie mir noch einmal konkret er-

läutern, worin aus Ihrer Sicht die Rückwärtsgewandtheit
in der Forderung nach einer Ausbildungsplatzumlage be-
steht?


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Eine schöne Frage! Darüber könnte man stundenlang reden!)



Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1601704300

Liebe Kollegin, wissen Sie, in unserer Debattenkultur

haben wir uns in diesem Haus Gott sei Dank seit langer
Zeit Gedanken darüber gemacht, wie wir junge Men-
schen in Arbeit bringen können, wie wir Ausbildungs-
plätze schaffen und wie wir damit umgehen können,
dass die Situation vor Ort für viele Menschen in ihrem
ganz persönlichen Bereich unglaublich schwierig ist.
Wir haben uns lange Zeit überlegt, was hier der richtige
Weg ist. Gemeinsam mit allen Fraktionen hier im Deut-
schen Bundestag, mit der deutschen Wirtschaft, mit den
Unternehmen und den Verbänden haben wir eine Mög-
lichkeit gefunden, junge Menschen in Arbeit zu bringen.
Was wir aber bei dieser freiwilligen Aufgabe, die wir
gemeinsam schultern wollen, nicht brauchen, ist, dass je-
mand die Unternehmen mit staatlichen Vorgaben zwangs-
verpflichten will, etwas zu tun, was sie freiwillig wesent-
lich leichter machen können.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Unsere Ansicht von der Welt und von der Situation in
diesem Lande ist, dass Freiheit und Selbstbestimmung
wichtiger sind als Zwangsvorgaben und all das, was Sie
sich so ausdenken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Bravo!)


In der deutschen Wirtschaft haben in einem erhebli-
chen Maße die Kleinbetriebe und der Mittelstand diese
Aufgabe wahrgenommen. Sie haben diese Kraftanstren-
gung freiwillig auf sich genommen und von September
bis Januar die Lehrstellenlücke um 25 700 Ausbil-
dungsplätze verringern können. Das ist eine riesige Zahl.
Diese enorme Aufgabe wurde vor allem von den kleinen
und mittelständischen Betrieben geschultert. Denn 50 Pro-
zent der Ausbildungsplätze entstehen in Unternehmen,

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(C (D ie unter 50 Mitarbeiter haben. Ich glaube, dass das eine esonders gute Nachricht ist. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


In der Nachvermittlungsphase konnte 93 Prozent
er Jugendlichen – auch diese Zahl sollte in diesem Zu-
ammenhang genannt werden – ein Ausbildungsangebot
emacht werden. Ich halte das für eine großartige Leis-
ung und glaube, dass wir uns an dieser Stelle bei den
nternehmen, die sich für diese gesamtgesellschaftliche
ufgabe engagieren, nachdrücklich bedanken sollten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich will einen Punkt hervorheben, der in unseren De-
atten nicht sehr häufig diskutiert wird, nämlich die
usbildungssituation behinderter und schwerbehin-
erter Frauen und Männer. Auch in dieser Hinsicht
irkt sich der Ausbildungspakt enorm positiv aus.
7,4 Prozent der behinderten Jugendlichen haben da-
urch einen Ausbildungsplatz erhalten. In diesem Be-
eich konnte eine enorme Verbesserung erreicht werden.
ieser Erfolg kann sich sehen lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Selbstverständlich befürworten wir weitere Anstren-
ungen. Die Ausbildungssituation kann noch verbessert
erden. Dabei müssen aber die Rahmenbedingungen be-

ücksichtigt werden. Dazu gehören erstens ein modernes
erufsbildungsgesetz und zweitens eine Mittelstandsof-

ensive, die Signale für den Aufschwung setzt.

Die erste Rahmenbedingung, das Berufsbildungsge-
etz, haben wir im vergangenen Jahr gemeinsam ge-
chaffen. Das Gesetz beginnt, seine Wirkung zu entfal-
en. Wir haben die Verbundausbildung geschaffen.
ngesichts der hohen Spezialisierung können immer
eniger Betriebe in der Ausbildung ein komplettes
erufsbild abdecken. Durch den Zusammenschluss
ehrerer Betriebe können Ausbildungseinrichtungen ge-

chaffen werden, die die Bildungsinhalte arbeitsteilig
ermitteln können.

Wir haben des Weiteren die Stufenausbildung be-
chlossen. Sie braucht zwar Zeit – das steht außer Frage –,
ber sie ermöglicht gerade den theorieschwächeren Ju-
endlichen eine attraktive Ausbildung und bietet ihnen
inen Arbeitsplatz, damit sie sich nicht beim Arbeitsamt
iederfinden, wie es vielleicht bei der vollzeitschuli-

chen Ausbildung der Fall wäre. Die Stufenausbildung
ietet ihnen die riesige Chance auf einen richtigen Ar-
eitsplatz.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich glaube, wir haben mit dem Berufsbildungsgesetz
twas sehr Wichtiges geleistet. Wir haben nämlich in den
ntschließungsantrag zu dem Gesetzentwurf zum ersten
al betriebliche Bündnisse für Ausbildung aufge-

ommen. Wir fordern auch, dass diese Chance genutzt
ird, damit in Zukunft flexiblere Regelungen hinsicht-






(A) )



(B) )


Alexander Dobrindt
lich der Arbeitszeit und der Vergütung möglich sind. Ich
glaube, dass das durchaus vor Ort in den Betrieben gere-
gelt werden kann. Auch darin liegt eine Chance für mehr
Ausbildung.

Lieber Kollege Meinhardt, ich habe Ihnen sehr genau
zugehört, als Sie von der Initiative „Aus 2 mach 3!“ ge-
sprochen haben. Ich glaube, dass dies nicht von uns ge-
regelt werden muss. Aber die Arbeitnehmer vor Ort wä-
ren durchaus in der Lage dazu. Sie können dabei mit
unserer Hilfe rechnen.

Ich bin der Überzeugung, dass Solidarität unter den
Auszubildenden in der heutigen Zeit durchaus eingefor-
dert werden kann.


(Jörg Tauss [SPD]: Na ja!)


– Gegen Solidarität unter Auszubildenden ist zunächst
einmal nichts zu sagen, Herr Kollege Tauss.


(Jörg Tauss [SPD]: Erst kommt die Solidarität der Arbeitgeber! Dann reden wir weiter!)


Wenn drei statt zwei Auszubildende eine Chance in
einem Unternehmen bekommen, dann ist das eine gute
Nachricht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn wir die Möglichkeit schaffen, dass diese Chance
vor Ort geboten wird, dann gibt es keinen Anlass, das zu
kritisieren.


(Jörg Tauss [SPD]: Aus zwei mach’ drei Abgeordnete!)


Als weitere wichtige Weichenstellung sind die erfor-
derlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu
schaffen. Das müssen wir mittelfristig auf den Weg brin-
gen. Im Koalitionsvertrag ist eine ganze Reihe von
entsprechenden Punkten zu diesem Thema enthalten.
Vorgesehen sind beispielsweise bessere Finanzierungs-
möglichkeiten, Abbau von Bürokratie und Förderung
von Forschung und Technologie. Diesen Maßnahmen-
mix müssen wir gemeinsam auf den Weg bringen. Damit
verbessern wir die Chancen für mehr Ausbildungsmög-
lichkeiten.

Der Ausbildungspakt greift. Wir wollen gemeinsam
dazu beitragen, ihn weiter zu optimieren.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601704400

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 15/5285 und 16/543 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 17 sowie den
Zusatzpunkt 9 auf:

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(C (D 17 Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Axel Troost, Werner Dreibus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN Elternbeitragsfreie Kinderbetreuung ausbauen – Drucksache 16/453 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Finanzausschuss Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Haushaltsausschuss P 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ekin Deligöz, Volker Beck terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Leben und Arbeiten mit Kindern möglich machen – Drucksache 16/552 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Finanzausschuss Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Rederin das Wort der Kollegin Dr. Barbara Höll von der raktion Die Linke. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! un hat es auch die Regierung begriffen. Nachdem Frau on der Leyen in Genshagen mit ihrem Vorschlag zur teuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungsosten gescheitert ist, musste sie Farbe bekennen. Sie at den Finger durchaus auf die Wunde gelegt. Wir brauhen eine beitragsfreie Kinderbetreuung. Aber wir brauhen zuerst ein Angebot, das es ermöglicht, dass alle Elern, die es wollen, ihre Kinder betreuen lassen können. em ist bisher nicht so. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601704500

Schauen wir uns die Realität an. Erstens. Nur 85 von
000 Kindern unter drei Jahren haben in der Bundes-

epublik die Möglichkeit, eine Betreuung in Anspruch
u nehmen. Im Westen sind es 27 von 1 000, während es
n den neuen Bundesländern immerhin 370 sind. Dies ist
atal für die Berufstätigkeit insbesondere von Frauen;
as ist allen klar. Aber ich finde, das Problem wird ver-
ürzt dargestellt, wenn darüber nur noch unter diesem
spekt diskutiert wird; denn es geht auch um die Rechte
on Kindern: frühkindliche Bildung, Spracherwerb und
ie erzieherische Vermittlung sozialer Kompetenzen.
as alles fiel in den Diskussionen in den letzten Wochen
öllig unter den Tisch.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dr. Barbara Höll
Zweitens. Das verbriefte Recht auf einen Kinder-
gartenplatz hat durchaus zu einer Verbesserung des An-
gebotes geführt. Neun von zehn Kindern im Alter von
drei bis sechseinhalb Jahren besuchen einen Kindergar-
ten oder eine ähnliche Einrichtung. Das ist erst einmal
gut. Da wir das im Bund beschlossen haben, aber nicht
gleichzeitig dafür gesorgt haben, dass die Kommunen
eine stetige Finanzierung zur Erledigung dieser Aufgabe
erhalten, sieht es aber nur auf dem Papier relativ gut aus;
denn von vier Plätzen in den alten Bundesländern ist ge-
rade einer ein Vollzeitplatz. Das muss man sich einmal
vorstellen! Ein Teilzeitplatz verwehrt Frauen oft sogar
die Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung.

In den neuen Bundesländern beträgt der Versorgungs-
grad bei den Vollzeitplätzen 90 Prozent. Auch das ist
gut. Aber Länder und Kommunen versuchen, aufgrund
der angespannten Finanzsituation, das Recht und das
noch vorhandene Angebot massiv einzuschränken. Per-
sonelle und räumliche Standards werden aufgeweicht
bzw. außer Kraft gesetzt. Wir kennen ja die Beispiele aus
Thüringen, wo 1-Euro-Jobber in der Kinderbetreuung
eingesetzt werden. Außerdem erleben wir, dass Kommu-
nen versuchen, nicht beitragszahlende Eltern von den An-
geboten massiv auszugrenzen, nach dem Motto: Sie sind
arbeitslos bzw. arbeiten nur in Teilzeit; dann brauchen Sie
Ihr Kind doch nicht sechs, sieben oder acht Stunden im
Kindergarten unterzubringen; dann reichen vielleicht vier
Stunden. Das ist in der Tendenz eine Ausgrenzung. Ich
sage Ihnen: Wir haben in Leipzig schon Kämpfe bestehen
müssen! Es ist uns zwar gelungen, Betreuungsplätze zu
erhalten, aber es ist ein ständiger Kampf.

Bei der Hortversorgung ist die Situation völlig kata-
strophal. Nur für 5 Prozent aller Grundschüler und nur
noch für 1 Prozent der 11- bis 14-Jährigen besteht über-
haupt eine Betreuungsmöglichkeit am Nachmittag. Hier
kann von einem bedarfsgerechten Angebot nach § 24
SGB VIII nicht mehr die Rede sein. Diese traurige Rea-
lität, dieses völlig unzureichende Angebot insbesondere
in den alten Bundesländern, in denen wir wirklich ein
Aufbauprogramm West für diesen Bereich bräuchten,
führt dazu, dass wir uns dieser Aufgabe stellen müssen.


(Beifall bei der LINKEN)


Dazu müssen wir verschiedene Schritte unternehmen.
Wir müssen ein flächendeckendes, bedarfsgerechtes,
qualitativ hochwertiges Angebot zur Verfügung stellen.
Das schließt auch die Qualifizierung der Menschen, die
dort arbeiten, ein. Wir müssen die Beitragsfreiheit für
die Eltern sicherstellen, wenn sie ihre Kinder in diese
Einrichtungen geben. Diese Aufgabe können wir nicht
den Kommunen überlassen, die aufgrund der Steuer- und
Finanzpolitik der rot-grünen Regierung in den letzten
Jahren massive Einnahmeverluste hatten. Die Anteile an
der Einkommensteuer sind gesunken. Wir müssen uns
dazu bekennen, dass das eine Bundesaufgabe ist. Des-
halb fordern wir die Bundesregierung auf, ein Konzept
vorzulegen, wie diese Finanzierung sichergestellt wer-
den kann. Ich lade Sie dazu ein und ich hoffe, dass dazu
Vorschläge aus Ihren Reihen kommen.

Danke schön.

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(C (D Das Wort hat jetzt die Kollegin Eva Möllring von der DU/CSU-Fraktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen nd Herren! Die Fraktion Die Linke fordert von der undesregierung, schnellstmöglich ein vielschichtiges roblemfeld zu ordnen. Die Bundesregierung soll den ändern und Kommunen vorgeben, wie sie kostenlose, mfassende und flächendeckende Kinderbetreuung oranisieren sollen. Man sieht auf den ersten Blick, dass es ich um einen Antrag der Opposition handelt, die wenier daran interessiert ist, ein wirklich ernstes Problem rnsthaft zu lösen, als vielmehr daran, in einem ziemlich urchsichtigen Manöver die Familienministerin herausufordern. (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Nicolette Kressl [SPD])


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601704600

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Eva Möllring (CDU):
Rede ID: ID1601704700

ie soll jetzt schnellstmöglich eine Aufgabe lösen, die in
en letzten 20 Jahren nicht bewältigt werden konnte.

Die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen fordert,
en Kommunen zeitnah für Kinder unter drei Jahren eine
anztagsbetreuung vorzuschreiben, obwohl wir vor Ort,
ie alle wissen, gerade erst versuchen, überhaupt Plätze

inzurichten. Das ist eine Aufgabe, die für unsere Kolle-
en auf kommunaler Ebene schon eine echte Herausfor-
erung ist.

Ich glaube, die Familien haben nicht viel davon, wenn
ir ihnen Luftschlösser bauen. Eltern lassen sich näm-

ich kein X für ein U vormachen und merken das.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ch selbst bin noch nicht lange Abgeordnete im Bundes-
ag. Vorher hatte ich manches Mal das Gefühl, dass die
amilie als Spielball schöner Sprüche benutzt wurde.


(Ina Lenke [FDP]: Jetzt auch!)


as waren praktisch zwei Welten: echte Familie und Fa-
ilie im politischen Sinn. Deshalb bin ich froh, dass

iese Bundesregierung kein hohles Gesetz in die Welt
ringt.


(Ina Lenke [FDP]: Ein chaotisches!)


ie Ministerin hat vielmehr Ziele gesetzt und sie hat uns
ine Perspektive aufgezeigt. Wir werden ganz realistisch
acheinander die vielen Schritte gehen, die notwendig
ind, um diese Ziele zu erreichen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die CDU/CSU-Fraktion will eine bessere Infrastruk-
ur für Familien. Wir werden deshalb den Ausbau der
inderbetreuung vorantreiben. Das haben wir schon

m Koalitionsvertrag festgelegt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Eva Möllring
Aber wir müssen auch ehrlich sein. Von heute auf mor-
gen rund um die Uhr staatliche Betreuung zum Nulltarif
vorzuhalten, ist finanziell einfach eine Illusion, egal was
man sonst davon halten mag. Es geht nicht, dass wir die
Länder und Kommunen mit einer Hauruckmethode
überfallen.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Denn das ist nicht unser Handlungsfeld, sondern ihre ur-
eigenste Entscheidungskompetenz. Das steht in
Art. 104 a des Grundgesetzes.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Weil wir aber die Familien nach vorn bringen wollen,
weil wir unsere Kinder stärken wollen und weil uns bei-
des wirklich wichtig ist, haben wir gleich zu Beginn der
Wahlperiode einen anderen Weg gewählt.


(Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Bei der ersten Rede machen wir keine Zwischenfragen!)


– Frau Kollegin, ich wäre dankbar, wenn ich meine Rede
heute so zu Ende bringen könnte.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir haben einen anderen Weg gewählt. Wir machen un-
sere Hausaufgaben. Die Koalition hat in den wenigen
Monaten drei Maßnahmen ergriffen. Erstens: Wir erstat-
ten den Kommunen das versprochene Geld für das
Arbeitslosengeld II. Das ist immerhin ein Betrag von
circa 2,5 Milliarden Euro, also mehr als das, was Eltern
in Deutschland für Kitas bezahlen müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Nun können Sie natürlich sagen, das sei eine Selbstver-
ständlichkeit. Aber, liebe Kollegen von den Grünen, Sie
haben diese Zahlung in der alten Koalition noch im Ok-
tober verweigert, obwohl Sie sie selber ausdrücklich für
die Schaffung von Kinderbetreuung vorgesehen hatten.

Zweitens: Die Familienministerin hat gefordert, dass
Kitagebühren gesenkt, am besten ganz abgeschafft wer-
den. Dazu hat die Bundesregierung einen wichtigen Bei-
trag geleistet. Sie bringt ein Gesetz ein, das es jeder Fa-
milie ermöglicht, zwei Drittel der Betreuungskosten
von der Steuer abzusetzen. Wenn man im Monat
200 Euro für einen solchen Platz zahlt, dann kann man
130 Euro von der Steuer absetzen. Das ist ja wohl eine
klare Senkung der Kosten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir wissen aber, dass die Öffnungszeiten von Kitas
für die Ausübung einer Berufstätigkeit oft nicht ausrei-
chen – das hat auch die Kollegin von den Grünen festge-
stellt –; deshalb sind Eltern zusätzlich auf flexible Be-
treuungsangebote angewiesen. Das kostet Geld, und
zwar in der Regel mehr, als die staatliche Kita verlangt.
Deshalb ist es gut, dass man jetzt nicht mehr nur
1 500 Euro von der Steuer absetzen kann, sondern
4 000 Euro. Dadurch werden viele Eltern in der Lage

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(C (D ein, sich eine Betreuung zu leisten, die zu ihrer Arbeitseit passt. Letzter Punkt hierzu. Sie haben zu Recht festgestellt, ass wir zu wenige Krippenplätze haben. Durch den eburtenrückgang haben viele Gemeinden Luft, um Be reuung für Kinder unter 3 Jahren anzubieten; aber das st durch den Personalschlüssel einfach sehr teuer. Man kann hier natürlich mit der Autorität des Hohen auses verkünden: Die Kommunen sollen das trotzdem uppen und der Gesetzgeber soll für einen Anspruch der ltern sorgen. Wichtiger ist es meiner Meinung nach, ass wir diesen Eltern jetzt ganz praktisch unter die rme greifen und ihnen sagen, dass sie einen großen eil der entstehenden Kosten von der Steuer absetzen önnen. Das ebnet nämlich den Weg, um solche Angeote einzurichten. Ich komme zu einem weiteren wichtigen Punkt. Diese undesregierung und diese Familienministerin haben ie niemand vorher eine Diskussion in Gang gesetzt, die berall Früchte trägt. Wir haben es wirklich geschafft, ass die Vorschläge für bessere, umfassendere und günsigere Kinderbetreuung landauf, landab wie Pilze aus em Boden schießen. Ministerpräsidenten versuchen, sich damit für Wahlen u qualifizieren und Bürgermeister entdecken Wettbeerbsvorteile für ihre Gemeinden. Die ersten Nachbaremeinden werden schon nervös. So kommen wir im ettbewerb – jeder mit seinen eigenen Mitteln – voran nd wir orientieren uns dabei am echten Bedarf. Diesen eg müssen wir konstruktiv begleiten. Das kostenlose dritte Jahr, das alle Kinder bildet Sie haben es angesprochen, Frau Kollegin – und auf ie Schule vorbereitet, steht jetzt wirklich im Raum. Ich in überzeugt: Wir werden es demnächst in ganz eutschland verwirklicht haben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)


ann haben wir wirklich einen wichtigen Schritt ge-
acht.

Ich möchte am Schluss noch zwei Dinge sagen.
eine Damen und Herren von der Fraktion Die Linke,

ie wissen ja wohl, dass Sie mit Ihrem Antrag nicht die
rmut bekämpfen, auch wenn das darin steht. Es gibt
90 SGB VIII. Danach werden Eltern nur dann zu Kita-

ebühren herangezogen, wenn ihnen das aufgrund ihres
inkommens zumutbar ist, sodass ein erheblicher Pro-
entsatz der Eltern diese Kosten nicht tragen muss. Sie
etzen sich mit Ihrem Antrag nur für diejenigen Eltern
in, die ordentlich verdienen und die die gestaffelten Ge-
ühren bezahlen können.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ina Lenke [FDP]: Das ist richtig, was Sie sagen! Stimmt! Ist mir auch aufgefallen! – Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Wir setzen uns für die Kinder ein!)


Ich bekomme sogar von der Opposition Zustimmung.






(A) )



(B) )


Dr. Eva Möllring
Ich möchte noch darauf hinweisen, dass der CDU-
Ministerpräsident des Saarlandes, Müller, schon seit
2000 das dritte Kindergartenjahr kostenlos anbietet.


(Nicolette Kressl [SPD]: Dafür hat er aber die Lernmittelfreiheit in der Schule aufgehoben!)


– Warten Sie ab! – Wenige Jahre vorher wurden in Nie-
dersachsen von der rot-grünen Landesregierung die Vor-
schulen abgeschafft. Das war ein herber Schlag für viele
Kommunen, zumal diese kostenlose Vorbildung in den
Schulen hervorragend angenommen wurde.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann war denn das? – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vor 16 Jahren!)


Von den Baukosten will ich gar nicht sprechen.


(Zurufe von Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


– Ich erkläre es Ihnen gleich. Fragen Sie den Kollegen
doch einfach! – Ich weiß nicht, ob Herr Trittin – ich
glaube, er ist nicht hier – damals im Landtag oder im
Bundestag war. Ich weiß aber, dass immerhin zwei Ihrer
Fraktionskollegen an dieser Entscheidung beteiligt wa-
ren. Das hat wehgetan. Deswegen sollten Sie sich jetzt
nicht hier in diesem Hause als Helden der Kinderbetreu-
ung aufführen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich möchte noch mit einem Satz auf etwas eingehen,
was mir am Herzen liegt. Wir sollten in dieser ganzen
Diskussion nicht vergessen, dass auch Eltern verantwor-
tungsvoll Kinderbetreuung betreiben.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601704800

Frau Kollegin Dr. Möllring, ich beglückwünsche Sie

im Namen des ganzen Hauses zu Ihrer ersten Rede im
Deutschen Bundestag.


(Beifall)


Das Wort hat jetzt die Kollegin Ina Lenke von der
FDP-Fraktion.


Ina Lenke (FDP):
Rede ID: ID1601704900

Liebe Frau Möllring, auch als Niedersächsin gratu-

liere ich Ihnen sehr herzlich. Das war eine super Rede.
Wir werden noch weiter fighten. Dazu will ich Ihnen sa-
gen: Aus der Opposition heraus wird die FDP allen gu-
ten Anträgen, die von der Koalition kommen, zustim-
men, aber erst einmal werden wir sie prüfen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kinder-
betreuung und Bildung sind der Schlüssel zu einer
frauen- und kinderfreundlichen Gesellschaft. Dazu ge-
hört selbstverständlich mehr Bildung für Kinder vor der

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(C (D chulzeit. Die FDP will gleiche Bildungschancen für inder von Anfang an. Wir wollen aber auch – das will ich ganz deutlich saen – verlässliche Rahmenbedingungen für Frauen, amit die endlich – endlich! – die Vereinbarkeit von Failie und Beruf hinbekommen können. Auf der Tribüne ind einige Herren von der Bundeswehr. Ich habe geört, dass es nicht ganz einfach ist, als Soldatin bei der undeswehr Kinder betreuen zu lassen. Von daher bitte ch auch Sie um Unterstützung. Vielleicht können Sie inmal mit dem Verteidigungsminister reden, um zu ereichen, dass das besser wird. (Heiterkeit bei der SPD – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das kann doch Frau Homburger machen!)


s kommt zu immer mehr Ehen zwischen Soldaten und
oldatinnen und da wird es mit der Vereinbarkeit von
amilie und Beruf bei der Bundeswehr recht schwierig.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Frau Lenke, Frau Homburger übernimmt das!)


Das macht Frau Homburger sowieso; da brauche ich
ie gar nicht besonders anzusprechen. Aber den Verteidi-
ungsminister müssen wir in dieser Angelegenheit an-
prechen. – Das war nur eine Bemerkung am Rande.

Der Antrag der Fraktion Die Linke hat die Gießkan-
enmethode zum Inhalt und zielt ab – das bedauere ich
ußerordentlich, ist bei Ihnen aber wohl normal – auf ein
usschließlich staatliches Kinderbetreuungsangebot


(Widerspruch bei der LINKEN)


doch, das steht darin –, verbunden mit der Forderung,
ie Steuern massiv zu erhöhen, und das lehnt die FDP
b.

Der Antrag der Grünen enthält erstaunlicherweise
orderungen, liebe Frau Deligöz, die Sie während der
ieben Jahre, die Sie in der Regierung waren, hätten
urchsetzen können. Stattdessen erheben Sie erst jetzt in
er Opposition diese Forderungen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum haben Sie nicht zugestimmt? Sie hätten zustimmen können! Die Frage ist, warum Sie nicht zugestimmt haben!)


hre Forderung nach einem Finanzierungskonzept,
err Beck – ich spreche Sie an; Sie sind ja Geschäftsfüh-

er –, zeigt, dass Sie in Ihrer Regierungszeit keines hat-
en.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben die ersten Schritte gemacht!)


ch denke da nur an die 1,5 Milliarden Euro, von denen
ie und die damalige Familienministerin geredet haben.

Also: Beide Anträge, sowohl der von der Fraktion der
inken als auch der von der Fraktion der Grünen, bein-
alten weder ein ausgereiftes Konzept noch neue Ideen.






(A) )



(B) )


Ina Lenke

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist Ihr Konzept?)


Nun zum Konzept der großen Koalition. Das ist,
finde ich, ein steuerpolitisches Chaos. Steuerberater und
Steuerberaterinnen werden Gewinner dieses Durchei-
nanders sein.


(Beifall der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Mal sollen Kinderbetreuungskosten als Werbungskosten
gelten, dann wieder als Sonderausgaben und in Sonder-
fällen sollen sie über den § 35 a Einkommensteuergesetz
berücksichtigt werden.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist denn Ihr Konzept, Ihr Antrag?)


Es kommt noch etwas hinzu, was viele nicht wissen.
In einer bestimmten Familienkonstellation dürfen Kin-
derbetreuungskosten nur für Kinder zwischen drei und
sechs Jahren abgezogen werden, in einer anderen Fami-
lienkonstellation für Kinder bis zum 14. Lebensjahr und
von Geburt an. Dieses Konzept, liebe Kollegen von der
Regierung, ist ein Meisterstück an Bürokratie – und das
in einer Zeit, in der wir alle von Deregulierung und Ent-
bürokratisierung reden! Liebe CDU-Kollegen, was ist
eigentlich von Ihrem Bierdeckel, auf dem Ihr Kollege
Merz eine Steuererklärung ausfüllt, übrig geblieben?
Schon all diesen Kram bei der Kinderbetreuung bringen
Sie nicht auf einem Bierdeckel unter.


(Beifall bei der FDP)


Also: Wir erwarten von der Bundesregierung ein kla-
res, einfaches und für die Bürger wirklich verständliches
Familienkonzept.


(Beifall der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN], zur FDP gewandt: Klatscht doch mal!)


Die FDP hat ihr Modell heute noch nicht vorgelegt.
Es ist in Planung. Wir haben aber schon grundsätzlich
entschieden: Unser familienpolitisches Konzept wird
erstens Familien nachhaltig steuerlich entlasten, zwei-
tens alle Lebensgemeinschaften mit Kindern – es gibt ja
eine Vielfalt solcher Lebensgemeinschaften – im Steuer-
recht gleich behandeln, drittens die Kinderbetreuungs-
kosten nur an einer einzigen Stelle im Einkommensteu-
errecht andocken, und zwar bei den Sonderausgaben,
und viertens hauswirtschaftliche Dienstleistungen im
privaten Haushalt steuerlich anerkennen.

Liebe Kollegen und Kolleginnen, pädagogische Bil-
dungsstandards in Kindertagesstätten müssen weiter-
entwickelt werden. Auch die Aus- und Weiterbildung
des Personals muss gestärkt werden. Die Bildung – nicht
die Betreuung – im Kindergarten muss genau wie in der
Schule gebührenfrei sein.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Da besteht zwischen Ihnen und uns ein inhaltlicher Un-
terschied.

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(C (D Wir Liberale fordern gleichzeitig mehr Wettbewerb uf dem Kinderbetreuungsmarkt; das gibt es nämlich och nicht. Ich erinnere daran, dass wir die Forderung ach Bildungsgutscheinen für jedes Kind hier schon getellt haben; das bedeutet Subjektfinanzierung statt Obektfinanzierung. Wir wollen im Sinne der Vereinbarkeit on Familie und Beruf mehr Flexibilität bei den Öffungszeiten. Deshalb erwarten wir, Herr Dr. Kues, von er Bundesregierung kein Flickwerk, sondern ein umfasendes Konzept frühkindlicher Bildung, Erziehung und etreuung. Als Fazit sage ich als Oppositionspolitikerin: Die ersen Beschlüsse der großen Koalition sind der kleinste ge einsame Nenner. Sie reichen nicht aus, weder den Bürern noch der Opposition. Das Wort hat jetzt die Kollegin Caren Marks von der PD-Fraktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Meine Damen und Herren! In der Reihe popuistischer Anträge hat die Fraktion Die Linke die Famiienpolitik entdeckt. Herzlich willkommen, kann ich nur agen! (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601705000
Caren Marks (SPD):
Rede ID: ID1601705100

ie, meine Damen und Herren von der Linken, zeigen
it Ihrem Antrag einmal mehr, dass Sie außer Forderun-

en nichts zu bieten haben.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Umverschämt!)


eine Antwort bezüglich der Umsetzung, keine Antwort
ezüglich der Finanzierbarkeit. So sitzt es sich bequem
uf den Sesseln der Opposition, dem Lieblingsplatz Ihrer
o genannten Frontmänner; denn da, wo sie einmal Ver-
ntwortung hatten, haben diese sich in die Büsche ge-
chlagen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Linken,
ie Familienpolitik der letzten beiden Wahlperioden zur
enntnis genommen und verstanden hätten, wüssten Sie,
ass der Ausbau der quantitativen und qualitativen Kin-
erbetreuung bei der rot-grünen Regierung ganz oben
uf der Agenda stand und in der großen Koalition fortge-
etzt wird.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


it unserer Familienministerin Renate Schmidt haben
ir entscheidende Impulse für die Vereinbarkeit von Fa-
ilie und Beruf gegeben und insbesondere die Bedeu-

ung des Ausbaus der frühkindlichen Betreuung und Bil-
ung thematisiert. Wir haben die Familienpolitik zum
esellschaftsthema gemacht und zum Beispiel mit der






(A) )



(B) )


Caren Marks
„Allianz für die Familie“ viele wichtige Bündnispartner
in die Verantwortung genommen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601705200

Frau Kollegin Marks, erlauben Sie eine Zwischen-

frage der Kollegin Dr. Höll?


(Iris Gleicke [SPD]: Sie hat offensichtlich getroffen! Das war der Schuss ins Schwarze!)



Caren Marks (SPD):
Rede ID: ID1601705300

Ja.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601705400

Bitte schön, Frau Höll.


Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601705500

Frau Kollegin Marks, da Sie eben frontal gegen die

Linksfraktion geschossen haben, indem Sie gesagt ha-
ben, wir hätten die ganze schöne Familienpolitik nicht
zur Kenntnis genommen: Haben Sie zufällig einmal
nachgelesen, dass die PDS-Fraktion damals, zum Bei-
spiel im Jahr 1999, im Jahr 2000, im Jahr 2001, ver-
schiedene Anträge hier eingereicht hat, in denen wir den
Ausbau der Kinderbetreuung in Krippe, Kindergarten,
Hort gefordert haben, wozu wir auch Finanzierungsan-
sätze vorgelegt haben, ebenso einen umfassenden Antrag
zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, und Sie nichts
anderes getan haben, als das abzulehnen? Wir haben
zum Beispiel, als das Gesetz zum Kindergeld hier verab-
schiedet worden ist, einen Änderungsantrag zur vollstän-
digen steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungs-
kosten vorgelegt. Ich weiß noch, wie Kolleginnen zu mir
kamen und sagten, sie müssten mit Nein stimmen, aber
sie wüssten, dass unser Antrag eigentlich richtig sei. Das
war unsere Familienpolitik, zu der Sie nie den Mut hat-
ten.


(Beifall bei der LINKEN – Iris Gleicke [SPD]: Mit der Geschichtsschreibung ist es so eine Sache!)



Caren Marks (SPD):
Rede ID: ID1601705600

Werte Frau Kollegin, auch Ihre jetzigen Ausführun-

gen haben deutlich gemacht, dass Ihr Hauptaugenmerk
auf Forderungen liegt. Antworten, wie diese Dinge um-
zusetzen sind, haben Sie bisher nicht gefunden. Rot-
Grün hat das in den letzten sieben Jahren getan und wir
werden das in der großen Koalition fortsetzen. Das ist
der Unterschied zwischen Fordern und erfolgreicher Bi-
lanz.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, das seit 2005 gül-
tige Tagesbetreuungsausbaugesetz wird bis 2010
230 000 zusätzliche Plätze für unter Dreijährige schaf-
fen. In diesem Zusammenhang will ich nicht unerwähnt
lassen, dass die Zusammenlegung von Sozial- und Ar-
beitslosenhilfe die Kommunen jährlich um 2,5 Mil-
liarden Euro entlastet, wovon 1,5 Milliarden Euro jähr-
lich für den Ausbau der Kinderbetreuung vorgesehen

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(C (D ind.Obwohl wir als Bund nicht zuständig sind, helfen ir da, wo wir können, und sorgen für finanziellen Ausleich; denn ohne diesen lassen sich keine noch so gut emeinten Forderungen umsetzen. Das sind kreative Ideen, die den Kommunen finanielle Möglichkeiten schaffen. Wo sind – ich kann diese rage nur wiederholen – Ihre Vorschläge? Ich kann, eine Damen und Herren von der Linken, Ihrem Antrag iesbezüglich keine Vorschläge entnehmen. Die angestrebte Beitragsfreiheit für Kindertagestätten, eine SPD-Initiative, ist ein weiterer wichtiger amilienund bildungspolitischer Schritt. Es ist eine onsequente Verbindung von Bildung und Betreuung. ur: Im Gegensatz zu Ihnen, meine Damen und Herren on der Linken, gehen wir mit diesem Thema verantortlich um. Wir wissen um die jeweiligen Zuständigeiten von Bund, Ländern und Kommunen. Auch Sie ollten Kenntnis darüber besitzen, dass Einrichtung und nterhaltung von Betreuungsangeboten für Kinder im uständigkeitsbereich der Kommunen liegen. Es gibt eine direkte Finanzbeziehung zwischen Bund und ommunen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und er Linken, entgegen Ihren Befürchtungen und Behaupungen wirken wir, wie auch in der letzten Legislatureriode, der Finanznot der Kommunen entgegen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es!)


o entstehen Freiräume für so wichtige und notwendige
ufgaben im Bereich Bildung und Betreuung.

Dass die SPD es ernst meint mit der Beitragsfreiheit
ür Kindertagesstätten, hat der sozialdemokratische Mi-
isterpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, ein-
rucksvoll gezeigt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


eit Januar 2006 gilt die Beitragsfreiheit in Rheinland-
falz für das letzte Kindergartenjahr. Das Entscheidende

st: Das Land übernimmt die entsprechenden Elternbei-
räge in Höhe von circa 25 Millionen Euro. Das CDU-
egierte Nordrhein-Westfalen schlägt gerade leider einen
nderen Weg ein. Das Land hat vor, sich aus der Finan-
ierung zurückzuziehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, in
er letzten Legislaturperiode haben wir gemeinsam das
agesbetreuungsausbaugesetz auf den Weg gebracht.
er aktuelle Antrag greift genau die Punkte auf, die rot-
rüne Familienpolitik erfolgreich ausgemacht hat. Ich
age nicht ohne Stolz: Sie werden von uns in der großen
oalition konsequent weiterverfolgt. Sie müssten es ei-
entlich besser wissen, liebe Kolleginnen und Kollegen:
ie Forderung, einen Rechtsanspruch auf einen Ganz-

agsbetreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren zeit-
ah zu verankern, würde die Kommunen in ihrer Leis-
ungsfähigkeit überfordern. Kommen die Kommunen






(A) )



(B) )


Caren Marks
ihrer Verpflichtung allerdings bis 2010 nicht nach, wer-
den wir – so sieht es der Koalitionsvertrag vor – den
Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab
dem zweiten Lebensjahr ausweiten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ihre Forderung nach einer Qualitätsoffensive für Betreu-
ung ist durch das TAG bereits umgesetzt. Wir wissen, es
geht immer um Bildung, Betreuung und Erziehung.

Ich komme zum Schluss. Die SPD will, dass Deutsch-
land ein kinder- und familienfreundliches Land wird.
Dabei muss jedes Kind, unabhängig von der sozialen
Herkunft, gleiche Chancen erhalten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Im Gegensatz zu Ihnen, meine Damen und Herren von
der Linken, reden wir nicht nur. Denn wir haben eine er-
folgreiche Bilanz aufzuweisen. Populistische und über-
holte Anträge Ihrerseits helfen den Familien in Deutsch-
land jedenfalls nicht weiter.

Ich bedanke mich ganz herzlich für die Aufmerksam-
keit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601705700

Zu einer Kurzintervention erteile ich der Kollegin

Dr. Barbara Höll das Wort.


Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601705800

Sehr verehrte Frau Kollegin Möllring, ich wollte Sie

während Ihrer ersten Rede nicht unterbrechen, zu der ich
Ihnen gratuliere. Im Nachgang möchte ich aber klarstel-
len, dass in unserem Antrag die in der heutigen Situation
einzig mögliche Lösung behandelt wird, die sozial ge-
recht ist.

Kinderbetreuung ist ein knappes Gut. Wenn man
knappe Güter verteilt, sieht der Verteilende zu – in die-
sem Fall die Kommune –, dass sich aus der Verteilung
nicht noch zusätzliche Kosten ergeben. Sie haben richtig
gesagt, dass für die Eltern, die keine Elternbeiträge be-
zahlen können, die Kommunen diese übernehmen. Des-
halb wird sich natürlich jede Kommune gerade dann,
wenn sie hoch verschuldet ist – im Regierungsbezirk
Chemnitz gibt es nur zwei kleine Kommunen, die schul-
denfrei sind; alle anderen Kommunen sind selbst in dem
Musterland Sachsen, das sich in einer relativ guten Situ-
ation befindet, verschuldet –, fragen: Gebe ich den Kin-
dergartenplatz oder den Krippenplatz als Vollzeitplatz
dem Kind eines Beitragszahlers, beispielsweise eines gut
situierten Ehepaars, oder dem Kind einer arbeitslosen
ALG-II-Empfängerin? Letzteres würde dazu führen,
dass die Kommune noch den Elternbeitrag zu zahlen hat.
Die heutige Regelung, dass die Elternbeiträge zu zahlen
sind, ist sozial ungerecht.

Wir sollten dazu kommen, diese Spanne – sie macht
derzeit etwa 2 Milliarden Euro aus – anders zu finanzie-
ren. Wir haben die Regierung aufgefordert, sich dazu et-
was zu überlegen. Ich sage nebenbei: Wir diskutieren

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(C (D erzeit auch über den Umzug des BND von Pullach nach erlin. (Martin Zeil [FDP]: Ja, das ist der größte Quatsch!)


r kostet etwa 1,5 Milliarden bis 2 Milliarden Euro. Das
st die Größenordnung, über die wir hier sprechen.

Wenn wir es jetzt so regeln, dass die Elternbeiträge
bernommen werden, dann kommen wir auch dazu, dass
in knappes Gut sozial gerecht verteilt wird.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


ch sage auch: Soziale Gerechtigkeit besteht darin, dass
ie Gutverdienenden im Rahmen des Steuersystems an
er Finanzierung unseres Gemeinwesens entsprechend
hrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beteiligt sind.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


azu brauchen wir eine Reform der Einkommensbesteue-
ung, der Erbschaftsteuer und der Vermögensteuer. Dann
aben wir soziale Gerechtigkeit in einem Paket.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601705900

Frau Kollegin Möllring zur Erwiderung, bitte schön.


Dr. Eva Möllring (CDU):
Rede ID: ID1601706000

Frau Kollegin, Sie haben meine Rede eben dazu ge-

utzt, sich über § 90 SGB VIII zu informieren. Die
berraschung stand Ihnen eben geradezu im Gesicht ge-

chrieben.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


ch mache Sie darauf aufmerksam – Sie sollten diesen
aragraphen gut durchlesen –, dass das eine Sollvor-
chrift ist, die nur einen ganz schmalen Ermessensspiel-
aum zulässt. Bei uns profitieren etwa 20 Prozent der El-
ern davon.

Sie können sich gerne darum bemühen, in den Kom-
unen mehr Verantwortung zu tragen und dafür zu sor-

en, dass diese Vorschrift vor Ort vernünftig angewandt
ird und wirklich alle betroffenen Eltern Gebührenfrei-
eit genießen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601706100

Zu einer weiteren Kurzintervention erteile ich das

ort der Kollegin Britta Haßelmann.


Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601706200

Sehr geehrter Herr Präsident, vielen Dank, dass Sie

ir zu einer Kurzintervention das Wort erteilen. – Sehr
eehrte Frau Kollegin Dr. Höll, zu Ihrer Rede hier im
arlament und zu Ihrem Antrag betreffend die elternbei-

ragsfreie Kinderbetreuung möchte ich Folgendes an-
erken: Mit welcher Energie Sie diese Forderung hier

ngesichts dessen vortragen, dass Sie als PDS in Berlin






(A) )



(B) )


Britta Haßelmann
gleichzeitig mitverantworten, dass die Gebühren in un-
glaublichem Maße gestiegen sind,


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: So ist es!)


finde ich wirklich beeindruckend. Alle Achtung für die-
jenigen, die hier sitzen!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601706300

Nun haben Sie wieder das Recht, darauf zu antwor-

ten, Frau Kollegin Höll. Ich bitte aber darum, genauso
kurz, wie es bei der Kurzintervention der Fall war, zu
antworten.


(Martin Zeil [FDP]: Jetzt werden die Gebühren gleich gesenkt!)



Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601706400

Sehr geehrte Frau Kollegin, wir können jetzt gerne

über das Berliner System detailliert diskutieren. Die
Berliner haben sich in der jetzigen Situation einer Haus-
haltsnotlage, in der sie keine Gebührenfreiheit für Eltern
einführen können, dazu entschlossen, ein sozial gerech-
tes System zu verwirklichen.


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)


Das System ist ausgeprägt gestaffelt: Es gibt natürlich
die Gruppe, bei der die Kommune die Gebühren über-
nimmt, sprich: Für sie gilt Gebührenfreiheit. Dann gibt
es die Gruppe mit niedrigem Einkommen; über die reden
wir hier. Für diese Gruppe haben sich die Beiträge auf-
grund der Berliner Regelung verringert. Das sollten Sie
einmal zur Kenntnis nehmen.


(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben sich nur für diejenigen mit einem wirklich ho-
hen Einkommen erhöht. Es gibt also eine ausgeprägte
Staffelung. Wir können uns gern zusammensetzen und
dann erkläre ich Ihnen, wie selbst in der schwierigen Si-
tuation einer Haushaltsnotlage soziale Gerechtigkeit im
Konkreten möglich ist.

Im Übrigen hat Berlin im Bildungsbereich beschlos-
sen, ab 2007 das Vorschuljahr kostenfrei für die Eltern
zu realisieren.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Eva Möllring [CDU/CSU]: Ab 2007!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601706500

Jetzt erteile ich das Wort der Kollegin Ekin Deligöz

vom Bündnis 90/Die Grünen.


Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601706600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

möchte direkt zur Sache kommen. An sich ist die Dis-
kussion um die vollständige Beitragsfreiheit in der Kin-

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(C (D erbetreuung richtig. Aber sie kommt definitiv viel zu rüh. Denn unsere vordringliche Aufgabe ist es im Auenblick nicht, zu klären, wie wir mit den Elternbeiträen umgehen. Viel dringlicher ist derzeit die Aufgabe, rst einmal eine flächendeckende, qualitativ hochwerige Kinderbetreuung im ganzen Land zu schaffen. Das uss bei all den Debatten, die wir hier führen, Vorrang aben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Eva Möllring [CDU/CSU])


In der Vorgängerregierung haben wir mit dem Tages-
etreuungsausbaugesetz wichtige Schritte dazu eingelei-
et. Das war notwendiger denn je.

Frau Möllring, wenn das nicht richtig wäre, warum
aben Sie das denn jetzt als einen Kernpunkt im Koali-
ionsvertrag festgeschrieben?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


uch wenn Sie dem TAG damals nicht zugestimmt ha-
en und sich gerade einmal dazu durchgerungen haben,
ich der Stimme zu enthalten, haben Sie uns im Grunde
n der Sache zugestimmt. Ihr Handeln jetzt beweist, dass
ir damals richtig gehandelt haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


or allem haben wir eines damit geschafft: Wir haben
iese Debatte in das Bewusstsein der Gesellschaft hi-
eingetragen und damit in diesem Land mehr verändert,
ls man es jemals mit Gesetzen hätte tun können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dennoch möchte ich sagen: Es reicht nicht. Deshalb
aben wir auch unseren Antrag vorgelegt. Wir sind beim
usbau hochwertiger Betreuungsangebote noch am An-

ang. Wir können nicht so tun, als ob diese Frage bereits
elöst wäre und wir zum nächsten Kapitel übergehen
önnten. Vielmehr ist es im Gegenteil so, dass das
hema der guten Betreuungsansätze nicht abgeschlossen

st. Wir brauchen mehr Entschlossenheit und mehr
andlungswissen, weil wir mehr flächendeckende An-
ebote in diesem Land bekommen müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ir brauchen ebenfalls mehr Mittel dafür. Das ist die
ernfrage. Da die Mittel begrenzt sind, müssen wir
rioritäten setzen. Diese Priorität kann nur lauten:
chaffung von neuen Kinderbetreuungsplätzen für unter
reijährige, Schaffung von Ganztagsbetreuungsmög-

ichkeiten in den Kindergärten und Erweiterung von
anztagsangeboten in den Schulen. Das muss Priorität
enießen und nicht die Abschaffung der Elternbeiträge.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Höll, Sie machen sich das alles ein bisschen zu
eicht. Mit Ihrem Antrag verhält es sich so: Sie wollen
lles, und zwar sofort. Wie das finanziert wird, ist egal.
ie jonglieren mit Milliarden und sagen uns gar nicht,
oher Sie die Milliarden nehmen. Sie setzen keine Prio-

itäten und sagen: Es ist alles gleich gut; daher muss






(A) )



(B) )


Ekin Deligöz
alles sofort her. Sie verkennen dabei die Realitäten. In
Berlin beträgt der niedrigste Elternbeitrag 70 Euro; das
ist zu hoch.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Nein, 23!)


Der höchste Beitrag sind 500 Euro; auch das ist zu hoch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Lassen Sie uns nicht über die Elternbeiträge hier in
Berlin oder in Mecklenburg-Vorpommern reden, wo sie
mindestens genauso hoch oder noch höher sind und wo
die Menschen noch weniger als in Berlin verdienen!
Lassen Sie uns doch über die Qualität der Kinderbe-
treuung reden! Darum muss es doch gehen.


(Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Bitte, stellen Sie eine Frage. Das ist wunderbar.


(Heiterkeit)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601706700

Frau Kollegin Höll, bitte schön.


Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601706800

Herr Präsident, ich danke dafür, dass Sie mir das Wort

erteilen. – Frau Kollegin, wenn Sie hier reden, dann ver-
wenden Sie bitte die richtigen Zahlen. In Berlin beträgt
der Elternbeitrag für die Gruppen mit niedrigem Ein-
kommen 23 Euro pro Monat. In Berlin macht der Anteil
der Elternbeiträge an den Gesamtkosten nur 10 Prozent
aus, während es im Bundesdurchschnitt 20 Prozent sind.
In Berlin werden durch die Elternbeiträge nur
70 Millionen Euro eingenommen, während ungefähr
750 Millionen Euro für die Kinderbetreuung ausgegeben
werden. Das ist die Realität. Ich bitte darum, dass wir,
wenn wir hier Zahlen verwenden, die Zahlen nehmen,
die im Haushalt nachzulesen sind.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Frage!)


– Würden Sie das zur Kenntnis nehmen?


Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601706900

Frau Höll, wenn ich Ihnen antworten darf. Ich be-

danke mich herzlich für diese Frage; etwas Besseres
hätte mir nicht passieren können.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Aber doch! Da gibt es was Besseres!)


– Ja, von Ihnen vielleicht. Herr Westerwelle, nur zu!

Sie sprechen von 23 Euro. Darauf entgegne ich: Die
Realität ist ja, dass die Eltern nicht nur die Beiträge für
die Kinderbetreuung bezahlen; vielmehr zahlen sie in
der Regel auch für das Mittagessen. Dann sind wir bei
einem Beitrag von 70 Euro. Das ist das, was die Eltern
de facto bezahlen. Es geht hier ja um die Realität und
nicht um das, was wir als politische Maßgabe in irgend-
welchen Schriftstücken haben. Ihre Argumentation

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(C (D ürde Sinn machen, wenn Sie sagten: Die Eltern sollen icht die Ganztagskinderbetreuung nutzen, sondern nur ür einen halben Tag und ihre Kinder um 12.30 Uhr abolen. Dann wären es nur 23 Euro; das mag sein. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Das ist ja peinlich!)


ber ist das eine politische Maßgabe?


(Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE] nimmt wieder Platz)


Ich bin noch nicht fertig, Frau Höll. Ich bin noch nicht
ertig, Herr Präsident.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601707000

Frau Kollegin, Frage wie Antwort sollen kurz und

räzise sein. In Anbetracht der Tatsache, dass wir jetzt
reitagmittag haben, bitte ich Sie, sich daran zu halten.


Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601707100

Vielen Dank. Es folgt jetzt auch eine präzise Antwort. –

ie reden davon, dass Sie die Zahl der Kinderbetreu-
ngsplätze in Berlin gesteigert hätten. Was aber deutlich
esunken ist, ist die Qualität. Das sagen Ihnen alle Er-
ieherinnen und Erzieher, alle Eltern; das sagen Ihnen
lle, die in diesem Bereich tätig sind. Die Qualität des
ngebotes in Berlin musste bluten; sie hat sich erheblich
erschlechtert. Das geht zulasten der Kinder,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


lso derjenigen, um die es eigentlich gehen sollte. Da
önnen Sie sich nicht herausreden; darauf müssen Sie
ntworten geben. Sie machen eine Politik auf dem Rü-

ken der Kinder in diesem Land;


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Peinlich!)


ie machen eine Politik gegen soziale Gerechtigkeit und
egen Chancengerechtigkeit. Das haben Sie zu verant-
orten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was wollen wir Grünen? Wir möchten Zielstrebigkeit
nd mehr Entschlossenheit. Wir möchten den Rechtsan-
pruch auf unter Dreijährige ausweiten. Dafür ist der
und zuständig. Das können wir leisten. Ich weiß nicht,
ovor Sie Angst haben. Auch viele Kommunen fordern
en Rechtsanspruch. Ebenso wurde in der Fachanhörung
m Bundestagsausschuss zum Tagesbetreuungsausbau-
esetz mehr Entschlossenheit in Form des Rechtsan-
pruchs gefordert. Wir möchten die Erzieherinnenausbil-
ung aufwerten, damit diesem Berufsbild eine bessere
nerkennung zugute kommt. Das fordert auch der
wölfte Kinder- und Jugendbericht.


(Nicolette Kressl [SPD]: Das ist alles auf gutem Wege!)


ir möchten mehr Qualität in den Einrichtungen. Bund,
änder und Kommunen haben jetzt die Chance, die For-
erungen der Grünen umzusetzen.






(A) )



(B) )


Ekin Deligöz
Liebe Regierung, Sie sollten nicht reden und Vor-
schläge in Interviews machen, sondern handeln. Das ist
Ihre Aufgabe.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601707200

Ich wollte nur darauf hinweisen, dass neben Zwi-

schenfragen auch Zwischenbemerkungen zulässig sind.
Das heißt, es muss nicht unbedingt eine Frage gestellt
werden. Schauen Sie in § 27 Abs. 2 der Geschäftsord-
nung, da können Sie das genau nachlesen.

Jetzt hat der Kollege Jürgen Kucharczyk von der
SPD-Fraktion das Wort.


Jürgen Kucharczyk (SPD):
Rede ID: ID1601707300

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Es freut mich, dass die Fraktionen Die Linke
und Bündnis 90/Die Grünen durch ihre Anträge die pas-
senden Überschriften zur aktuellen Familienpolitik der
Bundesregierung liefern. „Leben und Arbeiten mit Kin-
dern möglich machen“ und „Elternbeitragsfreie Kinder-
betreuung ausbauen“ sind genau unsere Themen.

Wir müssen den Frauen und Männern mit Kindern
das Leben erleichtern. Das wollen wir in der Koalition in
den nächsten vier Jahren erarbeiten und sind schon mit-
tendrin. Grundsätzlich gilt: Unser Ziel ist es, nicht nur
eine kleine Maßnahme auf den Weg zu bringen. Viel-
mehr ist ein Bündel von komplexen Aufgaben erforder-
lich, welche inhaltlich und finanziell aufeinander abge-
stimmt sein müssen.

Dabei ist es von Vorteil, dass die neue Bundesregie-
rung auch in diesem Bereich an die Arbeit der Vorgän-
gerregierung anknüpfen kann. Ich nenne nur einige
Stichpunkte: 4 Milliarden Euro für den Aus- und Aufbau
von Ganztagsschulen,


(Beifall bei der SPD)


das Tagesbetreuungsausbaugesetz – der Grundstein für
eine gute und bedarfsgerechte Kinderbetreuung für die
unter Dreijährigen –,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


das Projekt „Allianz für die Familie“, welches eine Ba-
lance von Familie und Arbeitswelt zum Ziel hat, und die
Unterstützung der Kommunen vor Ort durch die bundes-
weite Initiative „Lokale Bündnisse für Familie“.


(Beifall bei der SPD)


So weit in Ansätzen das bereits Angepackte und auf den
Weg Gebrachte.

Sie alle haben den Koalitionsvertrag der neuen Bun-
desregierung gelesen. Er bildet eine gute Grundlage für
die Arbeit der nächsten vier Jahre, insbesondere in dem
Bereich Kinder-, Jugend- und Familienpolitik. Damit
bessere Zeiten für den Nachwuchs anbrechen, werden
wir ab 2007 das Elterngeld einführen. Dann können
junge Familien mithilfe des Elterngeldes in Höhe von
67 Prozent des letzten Nettoeinkommens ihren Lebens-
standard auch dann halten, wenn sie wegen der kleinen

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(C (D inder ihre Berufstätigkeit unterbrechen müssen. Wir rgänzen jetzt das Elterngeld um ein Leistungselement ür Eltern mit geringem Einkommen, sodass alle Erzieenden eine Mindestleistung erhalten. Keine Frage: In Deutschland gibt es einen großen achholbedarf bei den Angeboten für unter Dreijährige. aher werden wir mit dem Tagesbetreuungsausbauge etz bis 2010 rund 230 000 zusätzliche Betreuungsplätze ür Jungen und Mädchen in dieser Altersstruktur zur erfügung stellen. ür diese Aufgabe werden Länder und Kommunen vom und jährlich um 1,5 Milliarden Euro entlastet. Wir als SPD halten an unserem Ziel fest, dass alle inder das Recht auf einen Kindergartenplatz ab dem weiten Lebensjahr haben. Dass sich auch bei der Finanierung der Kindergärten etwas ändern muss, ist uns alen dabei klar. Gemeinsam mit den Ländern werden wir aher nach Lösungen suchen. Die in einigen Ländern orgesehene bzw. umgesetzte Gebührenbefreiung der ltern für das letzte Kindergartenjahr kann uns Vorbild ür die bundesweite Realisierung sein. Nur nebenbei: Auch die gefundene Regelung zur teuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungsosten ist ein Schritt zur stärkeren finanziellen Beteiliung des Staates. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und er Linken, was teilen uns eigentlich Ihre Anträge im ern mit? Ich sage Ihnen, Ihre Botschaft ist, dass Einigeit zwischen uns herrscht, nd zwar Einigkeit in dem Punkt, dass die Förderung on Familien eine der wichtigsten Investitionen in die ukunft unseres Landes darstellt. Nur die Antwort auf ie Frage nach den konkreten Umsetzungen bleiben Sie chuldig. Wir dagegen in der Koalition sind dabei, die inzelnen Aspekte – wie eben genannt – konkret anzuassen und umzusetzen. Wir sehen die öffentliche Kinerbetreuung schon längst als gesamtgesellschaftliche ufgabe an. Daher reden wir nicht nur darüber, wir haneln auch. Wir wollen die Kommunen mit dieser Aufgabe nicht llein lassen. Deshalb werden wir uns mit den Ländern nd Kommunen darüber verständigen, wie wir gemeinam Kindergartenplätze ohne eine finanzielle Beteiliung durch die Eltern erreichen können. Wir gehen im esetz verantwortungsvoll mit diesem Thema um. Wer ostenfreie Kindergärten und Kitas haben möchte, der uss sie auch finanzieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, ich ürde mich freuen, wenn Sie in den zuständigen Fachremien zukunftsorientiert an diesen Themen mitarbeien. Der Antrag vom Bündnis 90/Die Grünen ist zwar etas essenzieller, bietet aber nichts Neues. Vielmehr eilen die Kolleginnen und Kollegen unsere Auffassung, ass die Senkung der Elternbeiträge wichtig ist. Dazu Jürgen Kucharczyk zitiere ich aus Ihrem Antrag: „… sie darf aber den Aufbau von bedarfsdeckenden, hochwertigen Betreuungsplätzen nicht gefährden.“ Genau diesen Aufbau verfolgen wir – wie eben geschildert – in der Koalition konsequent weiter. Unsere Wertschätzung frühkindlicher Bildung findet in unseren Forderungen nach verbesserter Qualität der Betreuung durch qualifizierte Ausbildung der Fachkräfte und bessere Ausstattung der Einrichtungen ihren Ausdruck. Sicher ist, dass Bund und Länder diesen Prozess nur gemeinsam gestalten können. Ich möchte an dieser Stelle das Bekenntnis der SPD-Bundestagsfraktion für starke und finanzkräftige Kommunen erneuern. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihre Anträge lehnen wir ab. Im Nationalen Aktionsplan „Für ein kindergerechtes Deutschland 2005–2010“ aus der vergangenen Legislaturperiode haben wir die wichtigsten Etappen und Meilensteine hin zu einem der familienfreundlichsten Länder aufgezeigt. Der NAP, der Ihnen allen ja bekannt ist, hat nichts von seiner Aktualität eingebüßt. Er ist im Koalitionsvertrag berücksichtigt. Lassen Sie uns diesen Nationalen Aktionsplan gemeinsam realisieren! Lassen Sie uns die Ärmel hochkrempeln; denn es lohnt sich. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601707400

Herr Kollege Kucharczyk, ich gratuliere Ihnen zu Ih-

rer ersten Rede im Deutschen Bundestag im Namen des
ganzen Hauses.


(Beifall)


Weil es Ihre erste Rede war, haben Sie einen großzügi-
gen Zuschlag auf Ihre Redezeit bekommen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 16/453 und 16/552 an die in der Tages-
ordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Die
Vorlage auf Drucksache 16/453 soll federführend im
Ausschuss für Familien, Senioren, Frauen und Jugend
beraten werden. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? –
Das ist nicht der Fall. Dann sind die Überweisungen so
beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 sowie Zusatz-
punkt 10 auf:

18 Beratung des Antrags der Abgeordneten Volker
Beck (Köln), Irmingard Schewe-Gerigk, Grietje
Bettin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Gleichstellung der eingetragenen Lebenspart-
nerschaft vollenden

– Drucksache 16/497 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss

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(C (D Finanzausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend P 10 Beratung des Antrags der Abgeordneten Jörg van Essen, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Michael Kauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Gleiche Rechte, gleiche Pflichten – Benachteiligungen von Lebenspartnerschaften abbauen – Drucksache 16/565 – Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Innenausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die raktion des Bündnisses 90/Die Grünen fünf Minuten rhalten soll. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so eschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Reder dem Kollegen Volker Beck vom Bündnis 90/ ie Grünen das Wort. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Spanien ut es, Kanada und Belgien tun es auch, die Niederlande un es schon länger – sie ermöglichen schwulen und lesischen Paaren den Zugang zur Ehe. In Südafrika hat das erfassungsgericht die Öffnung der Ehe angeordnet. Eng and hat 2005 die eingetragene Partnerschaft eingeführt. schechien will es tun. In der Schweiz haben in einer olksabstimmung 58 Prozent das Partnerschaftsgesetz estätigt. Gleichstellung liegt im Trend der westlichen Welt. enn es geht um fundamentale Werte der Demokratie, m Respekt für unterschiedliche Lebensweisen und die leichheit vor dem Gesetz. In Deutschland haben wir mit dem Lebenspartnerchaftsgesetz im Jahr 2001 gut angefangen. Damals laen wir in der internationalen Entwicklung relativ weit orne. Im Jahr 2004 hat die rot-grüne Koalition nachgeegt: bei der Hinterbliebenenversorgung, der Stiefkinddoption usw. Jetzt geht es um den verbliebenen Rest. lle Parteien bis auf die Union haben im letzten Wahlampf erklärt, für die Gleichstellung von eingetragener ebenspartnerschaft und Ehe zu sein. Dieser Schritt wird lso von einer breiten Mehrheit hier im Haus unterstützt. aher fordere ich die Abgeordneten aller Parteien auf, ier am selben Strang zu ziehen und dafür zu sorgen, ass diese hier im Hohen Hause vorhandene Mehrheit uch in unseren Gesetzesbeschlüssen zum Ausdruck ommt. Gleiche Rechte und gleiche Pflichten – nur das ist ein aires Prinzip. Wir verlangen von den Lebenspartnern, ie Ehegatten die im Familienrecht bestehenden Unteraltsverpflichtungen in vollem Umfang zu übernehen. Das halten wir ihnen vor, wenn sie Sozialhilfe, Volker Beck Arbeitslosengeld II oder andere Sozialleistungen beantragen. Das ist auch völlig korrekt. Aber gegenwärtig tun wir im Steuerrecht so, als wüssten wir von der Übernahme all dieser Verpflichtungen nichts. Das ist nicht korrekt, sondern grob unfair. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der FDP)

Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601707500

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


Ein Beispiel: die Erbschaftsteuer. Partnerinnen und
Partner, die in einer Lebensgemeinschaft füreinander
sorgen, ihren kranken Lebenspartner pflegen, für ihn
Unterhalt zahlen und seine soziale Unterstützung finan-
zieren, werden zwar, wenn ihr Partner verstirbt, im Sinne
des Erbrechts wie ein Ehegatte als Erbe berücksichtigt,
aber dann kommt der Staat daher und steuert alles weg:
Beim Freibetrag und beim Steuersatz werden sie behan-
delt, als seien sie Fremde. Das, meine Damen und Her-
ren, ist Enteignung von Staats wegen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und der FDP)


Das ist unsozial und unchristlich. Deshalb appelliere ich
an Sie von der Union: Öffnen Sie Ihr Herz und gehen Sie
fair mit den schwulen und lesbischen Paaren um, die
sich in einer solchen Lebenssituation befinden.

Durch die Gesetzgebung von Rot-Grün in diesem Be-
reich haben wir einen enormen gesellschaftlichen Fort-
schritt eingeleitet: Die Akzeptanz schwuler und lesbi-
scher Lebensgemeinschaften ist enorm gewachsen. In
ganz bürgerlichen und ländlichen Gebieten werden Le-
benspartnerschaftszeremonien gefeiert. Auch die Fami-
lien, die Kollegen und die Nachbarn nehmen daran teil.
Niemand stört sich oder regt sich auf. Ich bin stolz auf
unser Land, dass es diese tolerante Entwicklung genom-
men hat,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der FDP)


die, als wir Grüne diese Debatte im Jahr 1989 angesto-
ßen haben, von vielen nicht für möglich gehalten wurde.

Auch beim Adoptionsrecht haben wir einiges erreicht.
In der letzten Wahlperiode sind wir den ersten Schritt zur
Stiefkindadoption gegangen. Wir waren uns sicher, dass
die Aufregung, die von vielen befürchtet wurde, ausblei-
ben und dieses Vorhaben gesellschaftlich akzeptiert
würde. So ist es auch gekommen. Vor einigen Tagen hat
sogar der Bundespräsident deutlich gemacht, dass
gleichgeschlechtliche Partnerschaften und Familien mit-
tlerweile eine Selbstverständlichkeit sind. Am 18. Januar
dieses Jahres hat er gesagt:

Kinder auf das Leben vorzubereiten, partnerschaft-
liche Lebensentwürfe zu verwirklichen, das kann in
ganz unterschiedlichen Strukturen gelingen: in der
Ehe, in nicht ehelichen und auch gleichgeschlecht-
lichen Familien, in Patchwork- oder Einelternfami-
lien.

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(C (D Das zeigt, wo wir inzwischen mit diesem Thema anekommen sind: mitten in der Gesellschaft. Deshalb önnen wir jetzt beim Adoptionsrecht den nächsten chritt wagen und die volle Gleichstellung von Lebensartnerschaften und Ehepaaren in Angriff nehmen. Denn ei solchen Diskussionen ist es immer wichtig, die ehrheit der Gesellschaft diskursiv mitzunehmen und ie eigenen Überzeugungen ins Land zu tragen. Das ist ns bei diesem Thema eindeutig gelungen. Meine Damen und Herren, ich nenne Ihnen einen eiteren Indikator dafür, dass der Fortschritt nicht auf uhalten ist: Als Rot-Grün dieses Gesetz im Jahre 2000 uf den Weg brachte, waren wir noch relativ allein; die nderen Fraktionen haben uns aus unterschiedlichen ründen nicht unterstützt. Der Kollege Westerwelle hat n seiner Rede seinerzeit vorgetragen, unser Gesetzenturf sei verfassungswidrig, weil durch ihn der besonere Schutz von Ehe und Familie beschädigt werde. (Christine Lambrecht [SPD]: Ja, ja, Herr Westerwelle! Das müssen Sie einmal nachlesen! – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Nein! Das stimmt nicht!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ber wie man an dem Antrag, den die FDP-Fraktion
eute vorgelegt hat, sehen kann, hat hier ein Meinungs-
andel stattgefunden. Ich halte es in diesem Zusammen-
ang mit Lukas 15, Vers 7: „Im Himmel ist mehr Freude
ber einen reuigen Sünder als über 99 Gerechte, die der
uße nicht bedürfen.“


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD)


eshalb ist es gut, dass wir heute eine breite Mehrheit
afür haben. Es wäre schön, meine lieben Kolleginnen
nd Kollegen von der FDP, wenn Sie in den beiden Län-
ern, in denen Sie mitregieren, Baden-Württemberg und
heinland-Pfalz, die Standesämter endlich für schwule
nd lesbische Paare öffneten, wenigstens landesrecht-
ich, bis wir das mit dem Lebenspartnerschaftsgesetzer-
änzungsgesetz bundesrechtlich regeln.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601707600

Herr Kollege Beck, kommen Sie bitte zum Schluss!


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601707700

Dort sind Sie in der Verantwortung und dort können

ie landespolitisch zeigen, was der Antrag, den Sie heute
ier im Bundestag gestellt haben, für Sie bedeutet. Las-
en Sie uns bei diesem Thema zusammenarbeiten und
ür eine entsprechende Mehrheit hier im Hause sorgen.
ch glaube, dann können wir den Bundesrat auch davon
berzeugen, noch einmal nachzudenken über das, was er
000/2002 nicht gewollt hat, und ob er sich den gesell-
chaftlichen Realitäten nicht stellen will.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601707800

Herr Kollege, bitte, strapazieren Sie nicht – –






(A) )



(B) )


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601707900

Ich bedanke mich für Ihre Geduld.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601708000

Das Wort hat jetzt die Kollegin Ute Granold von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ute Granold (CDU):
Rede ID: ID1601708100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Herr Beck, ich kann Ihre Wahrnehmung nicht teilen.
Über den Himmel möchte ich mich jetzt nicht äußern,
aber ich glaube, die Wahrnehmung in Deutschland ist
eine andere.

Aber lassen Sie mich der Zeit wegen gleich zum
Thema kommen: Wir befassen uns heute erneut mit den
eingetragenen Lebenspartnerschaften. Gerade vor ei-
nem Jahr haben wir es zuletzt getan. Damals hat die Ver-
abschiedung des Gesetzes ohne die Stimmen der CDU/
CSU stattgefunden. Wir waren vehement dagegen, ins-
besondere dass die Stiefkindadoption als Kernstück in
das Gesetz aufgenommen werden sollte. Wir haben uns
auch im Jahre 2001, als das eigentliche Gesetz geschaf-
fen wurde, dagegen gewandt, und nicht umsonst wurde
das Bundesverfassungsgericht damit befasst. 2002 hat
es entschieden – der Inhalt ist hinlänglich bekannt –: Die
Rechte und die Pflichten der eingetragenen Lebenspart-
nerschaft können vom Gesetzgeber gleich denen der Ehe
festgelegt werden. Wir als Union akzeptieren diese Ent-
scheidung.

Die Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts im
Jahre 2004 ist nun seit dem 1. Januar 2005 in Kraft. Da-
mit wurden weitere rechtliche Ausgestaltungen vorge-
nommen, die wir auch nicht akzeptiert haben: Im We-
sentlichen wurden Unterhaltspflichten begründet – Herr
Beck hat es ausgeführt –, also die Gleichstellung mit der
Ehe. Das eheliche Güterrecht, der Versorgungsausgleich,
das Verlöbnis wurden eingeführt und vieles andere mehr.

Wir haben dagegen gestimmt, zum einen weil die Re-
gelungen aus dem Familienrecht eins zu eins in das Le-
benspartnerschaftsrecht übernommen wurden – obwohl
im Familienrecht bekanntermaßen erheblicher Re-
formstau besteht – und weil, viel gravierender, die Stief-
kindadoption eingeführt wurde; sie war und ist für die
Union völlig inakzeptabel.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Warum?)


Aber darauf möchte ich gleich zurückkommen.

Zunächst möchte ich mich mit den Lebenspartner-
schaften selbst befassen. Ich muss sagen, wir leben in
einer Zeit, in der sich die Lebensentwürfe geändert ha-
ben, in der viele neuartige Verbindungen eingegangen
werden. Weil in diesem Zusammenhang der Bundesprä-
sident zitiert wurde, will ich klarstellen: Der Bundesprä-

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(C (D ident hat lediglich beschrieben, in welch unterschiedlihen Lebensentwürfen Menschen in Deutschland, auch it Kindern, leben. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe ihn wörtlich zitiert!)


eine Situationsbeschreibung bietet keine Legitimation
ür ein Recht auf Adoption.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum hat sich die CSU dann so aufgeregt über das, was er gesagt hat?)


Ich denke, wir alle begrüßen es, wenn sich Menschen
azu entschließen, füreinander einzustehen und einander
nterhalt zu gewähren. Wir unterstützen das – zumal da-
it eine Entlastung der Gemeinschaft einhergeht, zum
eispiel wenn keine Sozialleistungen gewährt werden
üssen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie nehmen also hin, dass Kinder benachteiligt werden, weil ihre Eltern mehr Steuern als andere Eltern zahlen!)


Nachdem nun Rechte und Pflichten der Lebenspart-
erschaften begründet worden sind, müssen wir ein
tück weit Anpassungen vornehmen; insofern geben
ir Ihnen Recht, Kollegen von der FDP und von
ündnis 90/Die Grünen. Diese Anpassungen betreffen
as Steuerrecht, das Erbschaftsteuerrecht und auch das
eamtenrecht. Es gibt auch entsprechende Entscheidun-
en der Gerichte, durch die wir zu solchen Anpassungen
ufgerufen sind. Wir müssen uns bei den Beratungen in
en Ausschüssen eingehend damit befassen, in welchem
mfang hier Anpassungen vorgenommen werden müs-

en.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wenn wir die Gleichstellung vorantreiben, müssen
ir aber auch Privilegien angehen. Ich denke zum Bei-

piel an das BAföG, bei dem es eine Bevorzugung der
ebenspartnerschaften gibt. Auch hier müssen dann
orrekturen vorgenommen werden.

Sie haben die unterschiedliche Zuständigkeit für die
egründung der Lebenspartnerschaften angesprochen:
ie Standesämter bzw. die Notariate. Das war eine Län-
erentscheidung. Es gibt aufgrund des Vorhandenseins
er Strukturen und Daten gute Gründe dafür, das Stan-
esamt zu favorisieren. Gute Gründe sprechen aber auch
ür die Wahl des Notars. Diese haben die Bayern ange-
ührt. Die Bayern sehen die Lebenspartnerschaft als ein
liud zur Ehe,


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Verfassungsgericht sieht das anders! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Es gibt keinen guten Grund dafür!)


emzufolge müsse es erlaubt und möglich sein, zu diffe-
enzieren, ohne zugleich vorgeworfen zu bekommen,
an stigmatisiere und diskriminiere. Wir sollten über die
rage der Zuständigkeit in Ruhe sprechen.






(A) )



(B) )


Ute Granold
Wir sind gesprächs- und kompromissbereit was die
Frage des Steuerrechts angeht – das habe ich schon ge-
sagt –, aber nicht, was den Bereich der Adoption betrifft.
Hier ist eine Grenze zu ziehen. Diese Grenze wird von
der Union auch nicht überschritten. Wir haben uns da-
mals massiv gegen die Stiefkindadoption ausgesprochen.
Bayern hat in dieser Frage das Bundesverfassungsge-
richt angerufen, das, wie Sie wissen, noch nicht darüber
befunden hat. Bevor unser höchstes deutsches Gericht
nicht entschieden hat, sollten wir in diesem Haus kein
Gesetz mit noch weitergehenden Regelungen, nämlich
der vollen Adoption, verabschieden. Das ist nicht lauter.
Wir sollten die Entscheidung des Bundesverfassungsge-
richts abwarten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Darüber hinaus gibt es, wie Sie wissen, auf europäi-
scher Ebene ein Übereinkommen, das besagt, dass
Adoptionen nur verheirateten Paaren erlaubt sind. Wenn
Sie das Übereinkommen nicht akzeptieren, weil sich die
Situation geändert habe, dann sollten wir den Weg im
europäischen Kontext gehen und dort, wo man zuständig
ist, darüber diskutieren, ob das geändert werden muss.
Aber dies über ein nationales Gesetzgebungsorgan ein-
zuführen, wie Sie das gerne möchten, ist der falsche
Weg. Wir sollten Europa als eine Rechts- und Werteein-
heit sehen und sollten hier zu einer Entscheidung kom-
men.

Das Lebenspartnerschaftsgesetz muss bei Ihnen einen
sehr hohen Stellenwert haben. Wir haben uns 2001 damit
befasst, haben 2004 darüber debattiert und beschäftigen
uns heute wieder damit, obwohl wir in diesem Land
drängende Probleme haben; ich denke nur an die Be-
kämpfung der Arbeitslosigkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist das für ein Argument? – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Totschlagargument! So hat die SED damals argumentiert!)


Stattdessen müssen wir uns wieder damit befassen. Man
hätte erst einmal Ruhe einkehren lassen müssen.

Es gibt – das war in der letzten Beratung unstrittig –
weder in Deutschland noch in Europa noch weltweit Er-
hebungen darüber, wie sich das Leben in einer gleichge-
schlechtlichen Partnerschaft auf die Kinder auswirkt.
Wir sollten erst einmal solche Erhebungen durchführen
und die Ergebnisse abwarten, bevor wir solch weit rei-
chende Schritte wie die Einführung der vollen Adoption
gehen.


(Kai Boris Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann sehen wir doch in andere europäische Länder!)


Das Bundesverfassungsgericht hat die eingetragene
Lebenspartnerschaft als zulässig neben dem Institut der
Ehe anerkannt. Es hat zugelassen, dass Lebenspartner
untereinander Rechtsbeziehungen aufnehmen können.
Das gilt aber nicht in Bezug auf Dritte. Dritte sind Kin-
der. Kinder haben keine Lobby. Kinder müssen die Ent-

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(C (D cheidungen, die von Erwachsenen für sie getroffen weren, akzeptieren, und das ein Leben lang. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die Adoption wird mit dem Kindeswohl begründet!)


ine Adoption reicht über die Volljährigkeit hinaus. Kin-
er, auch adoptierte Kinder, werden zum Beispiel mit
nterhaltslasten gegenüber den Eltern konfrontiert. Die
echte der Kinder und das Kindeswohl müssen an
berster Stelle stehen.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist bei jeder Adoptionsentscheidung selbstverständlich!)


ir waren uns in diesem Hause einig, als wir 1998 die
indschaftsrechtsreform durchgeführt haben, dass das
indeswohl für uns an oberster Stelle steht.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für uns auch!)


as sehen wir bei der Volladoption nicht als gewährleis-
et an.

Jedes Kind hat ein Recht auf Vater und Mutter, ein
echt darauf, in einer gesicherten Rechtsbeziehung le-
en zu können und vom Staat geschützt zu werden. Ich
erweise auf Art. 6 des Grundgesetzes. Die Union steht
icht alleine da. Wenn wir mit Vertretern von Verbänden
nd Kirchen, mit Fachleuten und Psychologen sprechen,
ann können wir stets hören: Den Kindern muss die
öglichkeit gegeben werden – insofern muss der Staat

andeln –, sich frei zu entfalten und ihrem Wohl entspre-
hend zu leben.

Es ist eine Errungenschaft der 70er-Jahre, dass beim
doptionsrecht die Interessen der Erwachsenen zurück-
estellt und das Kindeswohl in den Vordergrund gestellt
urden. Mit der Einführung der Volladoption würden
ir das Rad wieder ein Stück zurückdrehen.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unsinn!)


eshalb wird es mit der Union keine Adoption im Rah-
en einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft geben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Prüfungsmaßstab ist doch der gleiche!)


inder, die heute schon in einer solchen Partnerschaft le-
en, sind ausreichend materiell und sozial abgesichert,
odass wir auch die Stiefkindadoption nicht benötigen.
ber warten wir die Entscheidung unseres obersten Ge-

ichtes ab!

Herr Kollege Beck, ich muss Ihnen sagen: Die frühere
izepräsidentin dieses Parlaments, Frau Vollmer, hat

ich hier in der letzten Debatte klar und eindeutig geäu-
ert. Auch sie ist der Auffassung, dass die Stiefkind-
doption den Interessen des Kindes nicht gerecht wird.
ch darf auch die Kollegin von Renesse zitieren, die sich
n gleicher Weise geäußert und gesagt hat: Das Interesse
er Lebenspartner, ihre Bindung durch ein Kind zu festi-






(A) )



(B) )


Ute Granold
gen und ein Stück weit mehr zu legitimieren, darf nicht
im Vordergrund stehen.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tut es auch nicht!)


Das Interesse und das Wohl des Kindes müssen im Vor-
dergrund stehen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


In diesem Sinne bitte ich Sie, dass wir die Beratungen
in den Fachausschüssen aufnehmen. Änderungen im
Steuerrecht und Anpassungen in gutem Maße sind in
Ordnung, eine Volladoption wird es mit der Union aber
nicht geben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir beraten es also und Sie wissen schon, was herauskommt!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601708200

Das Wort hat jetzt die Kollegin Leutheusser-

Schnarrenberger von der FDP-Fraktion.


Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP):
Rede ID: ID1601708300

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Die Debatte über die, die Verantwortung in unserer
Gesellschaft übernehmen wollen, verantwortungsbe-
wusst zu führen, heißt, dass nicht unterschiedliche For-
men des Zusammenlebens gegeneinander ausgespielt
werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Vielmehr muss jeder, der an seinem Platz und nach sei-
ner Lebensvorstellung und Lebensweise bereit ist, Ver-
antwortung für sich und andere in unserer Gesellschaft
zu übernehmen, gefördert werden. Das brauchen wir
mehr als derzeit. Wir müssen dazu ermuntern und hier
die Debatten führen, damit sich niemand ausgegrenzt
fühlt, dessen Lebensvorstellung vielleicht nicht einer
möglichen Mehrheit in diesem Hause entspricht.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich denke, deshalb sollten wir diese Debatte auch
heute hier führen. Es ist der richtige Zeitpunkt. In den
letzten Jahren haben wir eine erhebliche Veränderung
des gesellschaftlichen Klimas und damit einhergehend
die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaf-
ten erlebt. Ich kann mich noch an die Debatten hier im
Deutschen Bundestag erinnern – es war damals noch in
Bonn –, als es um die Abschaffung des § 175 Strafge-
setzbuch gegangen ist. Die Fortschritte, die sich in der
Folge in weiten Teilen der Bevölkerung entwickelt ha-
ben, waren doch nur möglich, weil die Politik den Mut
hatte, hier voranzugehen und zu überzeugen. Sie hat da-
bei aber nicht gegen die Familie, die Ehe und die Allein-
erziehenden argumentiert, sondern sie ist dafür eingetre-

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(C (D en, dass für alle, die ihren Weg wählen, auch die ichtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, und war so, (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ass Rechte und Pflichten in einem richtigen Verhältnis
ueinander stehen.

Da das im Zusammenhang mit der eingetragenen
artnerschaft bis heute noch nicht der Fall ist, haben wir
ls FDP diesen Antrag hier in den Bundestag einge-
racht. Herr Beck, hier teilen wir Ihre Auffassung: Im
nterhaltsrecht, im Beamtenrecht und gerade auch im
teuerrecht – Stichwort: Freibeträge bei der Erbschaft-
teuer – herrscht in weiten Teilen der Bevölkerung das
efühl, dass hier diskriminiert wird.


(Beifall bei der FDP)


err Beck, deshalb bitte ich Sie: Verdrehen Sie nicht die
arstellung der geschichtlichen Entwicklung der De-
atte über gleichgeschlechtliche und eingetragene Part-
erschaften. Wir als FDP haben immer dazu gestanden,
ass wir den Zustand, den wir hier vor 20 Jahren hatten,
ls nicht richtig für eine offene plurale Gesellschaft an-
esehen haben. Wir haben immer dafür gekämpft.

Bei manchen Wegen haben wir Zweifel gehabt, ob sie
n der Form vor dem Bundesverfassungsgericht Be-
tand haben würden. Wir wollten immer die Wege be-
chreiten, bei denen sicher war, dass das Bundesverfas-
ungsgericht sie mitgehen würde. Das ist jetzt gelungen
nd erreicht worden. Ich denke, deshalb wäre es gut,
enn diejenigen, die sich jetzt für eine Weiterentwick-

ung einsetzen, nicht gegeneinander argumentieren, son-
ern zusehen würden, dass diese Überzeugung denjeni-
en gegenüber, die an dieser Weiterentwicklung noch
weifel haben, gestärkt dargestellt wird und dass Beden-
en ausgeräumt werden können.


(Beifall bei der FDP)


Wir wissen, dass gerade das Thema Adoptionsrecht
leichgeschlechtlicher Partnerschaften – Frau Granold,
ie haben es ja zu einem Schwerpunkt Ihrer Ausführun-
en hier gemacht – für manche oder auch für etliche in
nserer Gesellschaft ein Problem darstellt. Ich denke,
eshalb ist eines ganz entscheidend: Uns geht es bei die-
er Forderung eines vollen Adoptionsrechts nicht darum,
ie Ehe mit Kindern, die Familie, zu schwächen, son-
ern darum, am Kindeswohl orientiert die Möglichkeit
u schaffen, dass es zu einer Adoption anstelle eines Le-
ens in einem Heim kommen kann, wenn zwei Partner
der Partnerinnen das wollen und wenn es für das Kin-
eswohl das Beste ist.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dies zu ermöglichen, ist ein richtiger Weg. Wir wis-
en, dass das auch noch diskutiert werden muss. Wir
issen, dass es nicht nur in nordeuropäischen, sondern

uch in einigen anderen europäischen Staaten Erfahrun-
en mit einem Adoptionsrecht für Lebenspartnerschaf-






(A) )



(B) )


Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
ten gibt. Wir wissen, dass unterschiedliche Untersuchun-
gen existieren, in denen zum Teil Bedenken formuliert
werden. Umso wichtiger ist es, dass wir als Politiker un-
sere Aufgabe, zu gestalten, in dieser Gesellschaft wahr-
nehmen und auch dieses Thema sehr sachlich und argu-
mentativ-offensiv angehen, anstatt nur auf das zu
reagieren, was in anderen europäischen Staaten passiert
und was wir letztendlich für richtig halten.

Deshalb haben wir diesen Punkt in unseren Antrag,
der Ihnen heute zur Beratung vorliegt, aufgenommen.
Wir hoffen sehr, dass auch Teile der Koalition, obwohl in
Ihrer Koalitionsvereinbarung zu diesem Thema kein
Wort steht, einsehen, dass eine Weiterentwicklung und
eine weitere Gesetzgebung in diesem Haus sehr wohl
notwendig sind. Wir hoffen, Sie davon in den Ausschüs-
sen überzeugen zu können.

Recht herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601708400

Das Wort hat die Kollegin Christine Lambrecht von

der SPD-Fraktion.


Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1601708500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kaum ein

Thema wie dieses zeigt, wie entwicklungsfähig politi-
sche Entscheidungsfindungen in manchen Bereichen
sein können. Wir haben uns in mehreren Legislaturperio-
den mit dem Thema Lebenspartnerschaften beschäftigt
und in ganz unterschiedlichen Konstellationen ge-
kämpft. Ich habe mit Überraschung zur Kenntnis ge-
nommen, dass sich die FDP hierfür eingesetzt und ge-
kämpft hat. Ich muss sagen: Mit Verlaub, all das, was
heute in dem Antrag der Grünen und auch in dem Antrag
der FDP gefordert wird, könnte bis auf die Volladoption
schon längst Realität sein, könnte schon seit 2001 für all
die Betroffenen, deren Lebensumstände Sie eben, Frau
Leutheusser-Schnarrenberger, angesprochen haben, ei-
nen Fortschritt in ihrer persönlichen Lebenssituation be-
deuten.

Man sollte ganz kurz einen Blick zurückwerfen, wa-
rum das Ganze bis jetzt noch keine Realität ist. Das liegt
nicht daran, dass es nicht in unserem Koalitionsvertrag
steht. Nein, der Grund ist, dass es in den letzten Jahren
zahlreiche Widerstände gab. Ich erinnere daran, dass im
Jahre 2001 ein umfassender Gesetzentwurf vorlag, der
bis auf die Adoption genau das enthielt, was hier jetzt
gefordert wird.

Was ist passiert? Hier im Deutschen Bundestag hat
Rot-Grün dieses Gesetz mit seiner Mehrheit beschlos-
sen. Die Stimmen dagegen kamen aus der CDU/CSU;
Frau Granold hat es dargestellt. Es gab aber auch Gegen-
stimmen – das war sehr kämpferisch – aus der FDP.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)


Sie haben mit der Begründung gegen das Gesetz ge-
stimmt, Verfassungsspezialisten – selbst ernannte – hät-

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(C (D en erklärt, dieses Gesetz sei mit dem in der Verfassung arantierten Grundrecht auf den besonderen Schutz der he nicht zu vereinbaren. Es folgte dann ein Urteil des undesverfassungsgerichts. Die selbst ernannten Verfas ungsexperten mussten dann zur Kenntnis nehmen, dass ieses Gesetz sehr wohl mit dem besonderen Schutz von he und Familie in Zusammenhang zu bringen ist. Es am zu einer Wandlung. Die FDP hat dann erklärt, dass ie dieses Gesetz akzeptiert. Im Jahre 2005 war sie auch ereit, die Änderungen mitzutragen. Frau Kollegin Lambrecht, erlauben Sie eine Zwi chenfrage des Kollegen Westerwelle? Gerne. Bitte schön, Herr Westerwelle. Vielen Dank. – Frau Kollegin, ich möchte die Frage tellen, ob Sie bereit sind, zur Kenntnis zu nehmen, dass ie juristischen Zweifel, die über den Weg – nicht über as Ziel – bestanden haben, von führenden und sehr quaifizierten Juristen der sozialdemokratischen Fraktion ahrelang vertreten wurden, bis das Urteil des Bundeserfassungsgerichts vorlag? Ich erinnere mich beispielseise an eine der klügsten Juristinnen dieses Hauses, ämlich Frau von Renesse, die als eine kompetente Failienrechtlerin in sehr ähnlicher Weise argumentiert hat nd mit der wir juristisch sehr kontrovers über den Weg esprochen haben. Unter den Juristen gilt der Satz „Roma locuta, causa inita“. Nachdem das Verfassungsgericht entschieden at, ist dieser Streit beendet. Aber es muss doch zulässig ein, dass man über juristische Wege unterschiedliche nsichten vertritt, zumal so kompetente Beistände wie rau von Renesse in unserer Gesellschaft waren. Herr Westerwelle, Frau von Renesse mag unter Um tänden über den Weg diskutiert haben. Sie hat aber 001 im Deutschen Bundestag eine klare Entscheidung ür das Gesetz getroffen. Das können Sie nachlesen. rau von Renesse hat dem Gesetzentwurf selbstvertändlich zugestimmt und insofern dann auch den Weg kzeptiert. Dass unter Juristen diskutiert wird, bis man u einer Lösung kommt, ist begriffsnotwendig. So sind ie Juristen nun einmal. Auch ich zähle mich dazu. Aber n diesem Fall haben – auch bei Frau von Renesse – die esseren Argumente gesiegt. Sie haben allerdings nicht nur den juristischen Weg bgelehnt. Sie haben nicht nur das Verfahren abgelehnt, ondern das ganze Gesetz, (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das stimmt leider nicht!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601708600
Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1601708700
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601708800
Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1601708900
Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1601709000






(A) )



(B) )


Christine Lambrecht
das im Bundesrat auch von den Ländern, in denen die
FDP an der Regierung beteiligt ist, abgelehnt wurde. Da-
ran ist die Umsetzung des Gesetzentwurfs gescheitert.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601709100

Frau Kollegin Lambrecht, Herr Geis und Herr Beck

haben sich zu einer Zwischenfrage gemeldet. Sind Sie
bereit, beide zu beantworten?


Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1601709200

So kommt man zu mehr Redezeit.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601709300

Dann bitte ich aber darum, es bei diesen Fragen be-

wenden zu lassen. – Herr Geis, bitte schön.


Norbert Geis (CSU):
Rede ID: ID1601709400

Frau Kollegin, ist Ihnen bekannt, dass sich der dama-

lige Innenminister Schily


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Ähnlich geäußert hat!)


2001 fraktionsintern wie auch extern expressis verbis
– also ausdrücklich – gegen dieses Gesetz ausgespro-
chen hat?


Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1601709500

Mir ist aus diesem Bereich vieles bekannt, weil ich

dem Bundestag seit der 14. Legislaturperiode angehöre
und dieses Gesetzesvorhaben über die Jahre hinweg be-
gleitet habe. Wie Herr Westerwelle und viele andere
schon ausgeführt haben, bestehen unter Juristen manch-
mal Zweifel. Man muss diskutieren, bevor man den rich-
tigen Weg findet.

Aber auch ich kann mich daran erinnern, dass der Ge-
setzentwurf vom damaligen Innenminister Schily bei der
Beschlussfassung mitgetragen wurde. Wie gesagt gab es
Diskussionen im Vorfeld. Aber es gab eine klare Be-
schlussfassung für diesen Gesetzentwurf.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601709600

Kollege Beck, bitte schön.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601709700

Frau Kollegin Lambrecht, teilen Sie meine Einschät-

zung, dass dem Kollegen Westerwelle womöglich sein
Gedächtnis ein Schnippchen geschlagen hat, wenn er
Frau von Renesses Position so wiedergibt, wie er es ge-
tan hat? Denn ich erinnere mich daran, dass Frau von
Renesse im Bundestag und auch gemeinsam mit mir vor
dem Bundesverfassungsgericht immer die Auffassung
vertreten hat, dass die eingetragene Partnerschaft gleich-
gestellt werden kann,


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das habe ich nun wirklich nicht gesagt!)


weil sie einen anderen Adressatenkreis als das familien-
rechtliche Institut der Ehe hat und deshalb die Ehe durch
eine Gleichstellung in keiner Weise beeinträchtigt wer-
den kann.

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(C (D (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das hat doch keiner gesagt!)


eilen Sie auch meine Einschätzung, dass es sehr zu be-
rüßen ist, dass das Bundesverfassungsgericht genau
iesen Tenor in seinem Urteil ausdrücklich bestätigt und
eshalb dem Gesetzgeber die Freiheit zur vollständigen
leichstellung gegeben hat?


Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1601709800

Herr Kollege Beck, ich teile Ihre Einschätzung nicht

ur, sondern ich darf sie noch etwas ergänzen. Wer die
ollegin Renesse gekannt hat, weiß, dass die Umsetzung
es Gesetzes ihr eine Herzensangelegenheit war. Dieses
ar ihr in den letzten Jahren ihrer politischen Tätigkeit

ehr wichtig. Daran hat sie viele Jahre gearbeitet. Inso-
ern war es der falsche Ansatz, Frau von Renesse zu er-
ähnen.

Aber wie gesagt: Im Vorfeld sind Diskussionen wich-
ig. Aber dann ist von uns – von Rot-Grün – die richtige
ntscheidung getroffen worden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich möchte noch kurz auf den weiteren Weg zurück-
ommen. Ich freue mich – ich habe das Signal verstan-
en –, dass aufseiten der CDU/CSU die Bereitschaft vor-
anden ist, zum Thema Adoption noch ein Urteil
bzuwarten. So viel Zeit haben wir sicherlich noch. Ich
reue mich auch, dass zumindest die Bereitschaft vor-
anden ist, auch andere – insbesondere steuerrechtliche –
egelungen anzugehen, die wir schon lange beabsichtigt
aben. Ich freue mich deshalb auf die Beratungen.

Frau Kollegin Granold, ich möchte noch einmal auf
as Thema Adoption zu sprechen kommen. Ich glaube,
s ist falsch, den Eindruck zu erwecken, dass die Stief-
indadoption durch gleichgeschlechtliche Lebenspartner
nders ausgestaltet wäre als Adoption im Allgemeinen.
ei jeder Adoption in Deutschland – das sollten gerade
ie als Familienrechtlerin wissen –, egal durch wen,
teht immer das Kindeswohl an erster Stelle. Daran wer-
en wir hoffentlich auch niemals etwas ändern. Denn
as Kindeswohl ist maßgeblich.

Wenn ein Kind Schwierigkeiten damit hat, dass es
om gleichgeschlechtlichen Lebenspartner oder von der
leichgeschlechtlichen Lebenspartnerin adoptiert wer-
en soll, dann wird es in Deutschland nicht zu einer
doption – auch nicht zu einer Stiefkindadoption – kom-
en, weil das nicht die Lebenspartner allein entschei-

en, sondern auch die zuständigen Behörden wie Ju-
endamt, Jugendgericht und Familiengericht mit
ingeschaltet sind. Es ist auch gut und richtig, dass nicht
ie Interessen der Lebenspartner an erster Stelle kom-
en, sondern dass das Wohl des Kindes im Vorder-

rund steht.

Aber wenn die Partner die Adoption wollen, wenn sie
em Wohl des Kindes entspricht und der leibliche Vater
der die leibliche Mutter ihr zustimmt – diese Vorausset-
ung muss zusätzlich erfüllt sein –, dann kann ich mir
einen anderen Grund mehr vorstellen, die Adoption zu






(A) )



(B) )


Christine Lambrecht
verweigern, als ideologische Gründe. Die Adoption
wird, wenn es denn dazu kommen sollte, so geregelt
sein, dass immer das Wohl des Kindes im Vordergrund
steht. Nichts anderes dürfen und werden wir zulassen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich bin froh, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
CDU/CSU, dass ein ganz prominenter Politiker aus Ih-
ren Reihen, Bundespräsident Köhler – Herr Beck hat
schon auf ihn verwiesen –, schon einen Schritt weiter ist.
Er akzeptiert es nicht nur, sondern schätzt es durchaus.
Frau Granold, Herr Köhler hat in seiner Rede vor der
Evangelischen Akademie Tutzing keineswegs nur den
Sachstand beschrieben. Er hat vielmehr Folgendes ge-
sagt – ich habe mir die Rede ausgedruckt, weil ich sie
nicht nur im Hinblick auf das jetzt zur Diskussion ste-
hende Thema interessant fand –:

Kinder auf das Leben vorzubereiten, partnerschaft-
liche Lebensentwürfe zu verwirklichen, das kann in
ganz unterschiedlichen Strukturen gelingen: in der
Ehe, in nicht ehelichen und auch gleichgeschlecht-
lichen Familien, in Patchwork- oder Einelternfami-
lien.

Wenn er von „gelingen“ spricht, dann ist das mehr als
nur eine neutrale Beschreibung des Sachverhalts, denn
Herr Köhler schätzt in seiner Rede die Erfolgsaussichten
und die Konsequenzen der einzelnen Lebensentwürfe
ein. Vielleicht sollten Sie sich einen Ruck geben und
sich in Richtung Ihres doch recht fortschrittlichen Bun-
despräsidenten bewegen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601709900

Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Barbara Höll von

der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601710000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sehr geehrte Frau Leutheusser-Schnarrenberger, ich
finde, Ihr Appell ist gut und richtig, bei der Diskussion
über dieses sensible Thema den Wahlkampf ein Stück
weit außen vor zu lassen und eine Fehlerdiskussion zu
ermöglichen. Gerade weil dieses Thema so sensibel ist,
ist es gut, wenn hier im Haus in vielen Punkten Einigkeit
besteht.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Heute liegen uns zwei Anträge vor, die auf eine not-
wendige Nachbesserung des Lebenspartnerschaftsrechts
zielen. Den eingetragenen Lebenspartnerschaften, in de-
nen die Partner die gleichen Pflichten haben wie in einer
Ehe, sollen mehr Rechte zugestanden werden. Das be-
trifft das Steuerrecht, das Besoldungs- und das Beamten-
versorgungsrecht, die bundeseinheitliche Behördenzu-
ständigkeit – in einigen Bundesländern kann man eine

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(C (D ebenspartnerschaft noch immer nicht beim Standesamt intragen lassen; das ist zwar nur eine Formalie, aber ine wichtige – und das Adoptionsrecht. Wir halten es ür richtig, wenn sich aus gleichen Pflichten auch gleihe Rechte ergeben. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Guido Westerwelle [FDP])


eshalb unterstützen wir die Richtung der beiden An-
räge grundsätzlich und werden entsprechende Vor-
chläge in die Ausschussberatungen einbringen.

Für mich stellt sich allerdings die Frage: Wenn der
ingetragenen Lebenspartnerschaft letztendlich die glei-
hen Rechte zugestanden werden sollen wie der Ehe,
arum verkürzt man dann nicht das Ganze und öffnet
ie Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften? Es
önnte dann auch schwule oder lesbische Ehen geben.


(Beifall bei der LINKEN)


Mit dem Gesetz über die Eingetragene Lebenspart-
erschaft ist tatsächlich etwas gelungen, was über die
nmittelbare Verbesserung der Situation der Betroffenen
inausgeht. Insbesondere bei binationalen Paaren ist die
kzeptanz für die Lebensweise von schwulen und lesbi-

chen Partnerschaften erhöht worden. In diesem Sinne
at sich die Regelung als richtig erwiesen. Aber sie ist
nzureichend, wenn wir nun stehen bleiben, selbst wenn
s uns im nächsten Schritt gelingen sollte, Nachbesse-
ungen vorzunehmen.

Ich möchte kurz aus dem Antrag der FDP zitieren:

Alle Lebensgemeinschaften, in denen die Partner
füreinander Verantwortung übernehmen, sind wert-
voll und müssen vom Staat unterstützt werden.

as ist richtig. Aber es ist auch richtig, dass nicht alle
ebensweisen so organisiert sind, dass die Menschen in
iner Ehe oder in einer eingetragenen Lebenspartner-
chaft leben. Vielmehr gibt es darüber hinaus noch
ndere Lebensweisen. Es gibt Alleinerziehende, Kon-
tellationen, in denen Geschwister zusammenleben
vielleicht noch mit Kindern –, Patchworkfamilien,

um Teil verheiratet, zum Teil unverheiratet. Heutzutage
st alles recht bunt. Daraus ergibt sich, warum die PDS
en Gesetzentwurf zuerst abgelehnt hat. Denn wir haben
ier letztendlich eine Ausweitung der Privilegierung,
ämlich von einer bestimmten Form der Ehe auf eine an-
ere Form. Wir dürfen nicht aus den Augen verlieren,
ass unsere Zielstellung die Entprivilegierung sein muss,
m so die Förderung von Familien zu erreichen. Familie
st da, wo Nähe ist, wo Verantwortung füreinander und
erantwortung für Kinder übernommen wird.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir dürfen nicht aus dem Blick verlieren, dass es in
ieser Beziehung noch viele Ungerechtigkeiten gibt, die
icht dadurch zu beseitigen sind, dass wir uns nur auf die
he und die eingetragene Lebenspartnerschaft fokussie-

en. Wir müssen weiter gehen. Wir können das, was wir
etzt anstreben, durchaus auch mit anderen Maßnahmen
egleiten, zum Beispiel mit dem Kampf für die weitere






(A) )



(B) )


Dr. Barbara Höll
Individualisierung des Steuerrechts. Wir sagen: Es
geht den Staat nichts an, in welcher Form Menschen mit-
einander leben. Sie sollen ihre Steuern entsprechend ih-
rer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bezahlen. Wenn
besondere Leistungen erbracht und beispielsweise Kin-
der erzogen werden, dann hilft der Staat. Dann ist es
letztendlich auch egal, in welcher Lebensform die Kin-
der aufwachsen. Die Hauptsache ist, sie werden gut und
verantwortungsvoll betreut und erzogen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601710100

Das Wort hat jetzt der Kollege Johannes Kahrs von

der SPD-Fraktion.


Johannes Kahrs (SPD):
Rede ID: ID1601710200

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als wir
dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt haben, habe
ich es für mich noch einmal rekapituliert. Für mich sind
das Lebenspartnerschaftsgesetz und auch das Lebens-
partnerschaftsergänzungsgesetz wichtig. Ich glaube,
dass diese Gesetze nicht für alle in diesem Hause die
gleiche Wichtigkeit haben. Das hat auch etwas mit der
Betroffenheit zu tun. Ich glaube, dass das Lebenspartner-
schaftsergänzungsgesetz eine Weiterführung und eine
Vollendung des Lebenspartnerschaftsgesetzes ist. Ich bin
froh, dass die Einigkeit in diesem Hause, was dieses
Thema angeht, deutlich zunimmt. Das Urteil des Bun-
desverfassungsgerichts und die Rede des Bundespräsi-
denten haben uns geholfen, dieses Thema zu diskutieren
und eine Akzeptanz in der Gesellschaft zu gewinnen.
Diese Diskussion ist wesentlich. Es ist nicht nur wesent-
lich, im Deutschen Bundestag Gesetze zu beschließen,
sondern sie müssen in der Bevölkerung auch ankommen,
verstanden und gelebt werden.

Herr Kollege Beck, der das Thema hier vertritt,
kommt aus Köln. Ich selber komme aus Hamburg-Mitte.
Ich behaupte, da ist das kein Problem. Dort gibt es eine
andere Lebenswelt und ein Verständnis. Es gibt aber
auch Regionen in unserer Republik, wo dieses Thema
nicht so präsent ist und nicht so diskutiert wird. Ich
glaube, dass die Diskussion hier im Parlament hilft und
dass die Verfassungsgerichtsurteile geholfen haben. Die
Diskussion heute hat gezeigt, dass sich die Mehrheit hier
im Parlament dem Thema nähert.

Ganz besonders dankbar bin ich der Kollegin Granold
für das, was sie gesagt hat. Sie hat gesagt: Wir begrüßen
es, dass Menschen füreinander einstehen. – Das ist zu ei-
nem großen Teil das, was wir gesetzlich geregelt haben.
Sie hat auch erklärt, dass Sie zu Anpassungen im Steuer-
und Beamtenrecht und in anderen Bereichen bereit sind.
Wenn das in den Ausschüssen diskutiert wird, dann ist
das nicht für alle in der Gesellschaft selbstverständlich.
Deswegen ist der Diskussionsprozess in den Ausschüs-
sen, den wir in der Gesellschaft weiterführen müssen, et-
was, was im Ergebnis dazu führen kann, dass das

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(C (D ebenspartnerschaftsergänzungsgesetz in die Realität mgesetzt wird. Ich möchte, dass das stattfindet. Auf diesem Weg müssen wir alle gemeinsam gehen. s bringt nichts, wenn wir uns gegenseitig vorhalten, ass wir irgendwann einmal etwas gesagt haben, weil ir die Dinge damals anders als heute gesehen haben. Es st doch das Ziel der Übung, dass man sich bewegt. Im oalitionsvertrag steht kein Wort zu diesem Thema. as ist richtig. Das liegt daran, dass es zwischen den eiden Koalitionspartnern unterschiedliche Ansichten zu iesem Thema gibt. Wir haben aber nicht gesagt, dass ir etwas nicht machen, sondern wir haben die Möglicheit offen gelassen – das ist manchmal so in Koalitionen –, ass wir uns jeweils gegenseitig überzeugen. In diesem rozess sind wir. (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Sehr gut! Ich stimme zu!)


Herr Kollege Westerwelle, diesen Prozess haben Sie
inter sich. Das ist ganz positiv. Jetzt müssen Sie ande-
en auch die Möglichkeit geben.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Sie haben so Recht!)


arüber würde ich auch nicht lachen.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Nein, tue ich auch nicht!)


chließlich hat es bei Ihnen lange genug gedauert.

Ich finde es wichtig, dass die gesellschaftliche Dis-
ussion hier im Parlament ankommt. Bei der FDP ist sie
ngekommen. Das haben wir festgestellt. Jetzt muss man
en Koalitionspartnern erlauben, dieses Thema inhalt-
ich zu diskutieren. Diese Frage ist nicht nur von rechts-
olitischer, sondern auch von gesellschaftlicher Rele-
anz. Sie wird in Hamburg-Mitte, wo ich wohne,
ielleicht anders gesehen als in anderen Gegenden dieser
epublik.

Meine Bitte ist einfach, dass wir die Möglichkeit, die
er Koalitionsvertrag uns gibt – nämlich uns gegenseitig
u überzeugen –, nutzen und dass wir aufeinander zuge-
en, um bei diesem Thema voranzukommen. Mir per-
önlich wäre das sehr wichtig. Ich glaube, dass es für die
esellschaft gut wäre. Ich glaube, dass es ein Gewinn

ür unser Land wäre. Deswegen sollten wir das anpa-
ken.

Glückauf!


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601710300

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
rucksache 16/497 und 16/565 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie
inverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Über-
eisungen so beschlossen.






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 19 sowie den
Zusatzpunkt 11 auf:

19 Beratung des Antrags der Abgeordneten Horst
Friedrich (Bayreuth), Jan Mücke, Patrick Döring,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Sonderprogramm „Kommunale Brückenbau-
werke“ auflegen

– Drucksache 16/261 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Haushaltsausschuss

ZP 11 Beratung des Antrags der Abgeordneten Winfried
Hermann, Peter Hettlich, Dr. Anton Hofreiter und
der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN

Bestandssanierung der Verkehrsinfrastruktur
ausweiten und effektive Sanierungsstrategie
vorlegen

– Drucksache 16/553 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner das Wort dem Kollegen Horst Friedrich von der
FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Der Brückenbauer!)



Horst Friedrich (FDP):
Rede ID: ID1601710400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

diskutieren heute über einen Antrag, der für einige zwar
unbedeutend erscheint, der aus meiner Sicht aber ein
wirklich großes Problem anspricht, nämlich die kommu-
nale Finanzausstattung und die daraus abgeleiteten
Pflichten. Wir sollten darüber im Hinblick auf Ereignisse
wie die in Bad Reichenhall in einer Art und Weise disku-
tieren, die ohne Druck und Polemik auskommt und die
die Problematik der Situation deutlich macht.

Was ist der Hintergrund? Im Zuge der Bahnreform
1994 – sie ist mir sehr bekannt – wurden im Rahmen des
Eisenbahnkreuzungsgesetzes Brücken, die Straßen über
Schienenwege führen, in die kommunale Baulast gege-
ben. Das war ordnungspolitisch und sachlich richtig und
das bleibt auch so.

Das Problem ist: Durch Entscheidungen des Bundes-
gesetzgebers ist die Finanzbasis der Kommunen zwi-
schenzeitlich drastisch erodiert. In dieser Situation müs-
sen wir konzedieren: Kommunen erkennen, dass in
Brücken in ihrer Baulast investiert werden muss, dass
man sie unter Umständen komplett erneuern muss. Viele
Kommunen sagen aber: Wir haben dazu nicht mehr die
nötigen finanziellen Mittel; wir müssen uns weiter ver-
schulden. Das scheitert teilweise daran, dass nachgeord-

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(C (D ete Behörden diesen Haushalten keine Genehmigung ehr erteilen. Südlich von Bayreuth, in der Nähe meines ohnsitzes, gibt es eine Tausendseelenkommune. Diese ommune müsste einen höheren Grundsteuerbetrag ver angen als die benachbarte Stadt Bayreuth, die über 0 000 Einwohner hat. So können doch nicht die Lösunen der Probleme der Kommunen aussehen. Was ist die Alternative? Der Bürgermeister erkennt atürlich, dass er seiner Verkehrssicherungspflicht achkommen muss. Seine einzige Chance ist, eine solhe Brücke zu sperren. In der heutigen Zeit kann so doch icht die Antwort einer Gesellschaft aussehen, die für ich reklamiert, Mobilität zu ermöglichen. Die bereits erähnte Tausendseelenkommune südlich von Bayreuth at drei Brücken in der Baulast. Würden diese Brücken esperrt, könnten zwei Ortsteile dieser Kommune kaum och erreicht werden; denn um dorthin zu kommen, uss man über diese Brücken fahren. Wenn die Komunen im Regen stehen gelassen werden, dann sind wir nserer Verantwortung nicht gerecht geworden. Auch wenn die Gewerbesteuereinnahmen der Komunen mittlerweile wieder etwas kräftiger sprudeln, so ndert das – das kann man den Äußerungen von Herrn de, des Präsidenten des Deutschen Städtetages, entnehen – an der Gesamtsituation der kommunalen Haus alte nichts Wesentliches. Nach wie vor sind die komunalen Haushalte durch Hartz IV und durch andere egelungen nicht in der Lage, dieses Problem zu lösen, umindest nicht vorausschauend. Was haben wir deshalb vorgeschlagen, liebe Kolleinnen und Kollegen? Wir haben uns vorher bei der undesregierung sachkundig gemacht. Die Deutsche ahn ist seit 1999 – das ist mittlerweile dokumentiert; ch habe eine noch längere Zeitreihe; danach ist das seit 994 so – in aller Regel nicht in der Lage gewesen – mit iner Ausnahme –, das ihr vom Bundesgesetzgeber, von ns, zugestandene Geld für Investitionen auch tatsächich auszugeben. Seit 1999 bis zum Jahresende 2005 ind das rund 1,5 Milliarden Euro gewesen. Der Vorschlag der FDP ist nun, dieses Geld, das die ahn nicht ausgeben kann, in einem Sonderprogramm en Kommunen zur Verfügung zu stellen, damit sie es ür Brückenbauwerke verwenden, die originär mit der chiene zu tun haben, die nämlich andere Verkehrswege, uch kleinere Verbindungswege, die ebenfalls in komunaler Baulast sind, über die Schiene führen. Dazu kann man nun sagen: Das geht nicht, weil es icht möglich ist, Kommunen von Bundesseite direkt zu inanzieren. – Ich meine, wenn der politische Wille voranden ist, dann kann man das lösen. Natürlich haben ie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der großen oalition, jederzeit die Möglichkeit, das in einem Reflex bzulehnen. Dann ist der Antrag weg. Aber das Problem st nicht weg. Das Problem kommunaler Eisenbahnbrücken ist auch ur ein Teil des Problems. Wir alle wissen: Im Straßen Horst Friedrich baubericht steht einiges über den Zustand technischer Bauwerke. Mittlerweile sind 15 Prozent der technischen Bauwerke, überwiegend Brücken, in einem Zustand, der es zumindest in absehbarer Zeit notwendig macht, massiv Geld auszugeben. Auch dafür ist das Geld nicht vorhanden. Wenn es uns gelingt, in den Ausschussberatungen einen gemeinsamen Weg zu finden, um das Problem zu lösen, dann wäre ich auch bereit zu sagen: Das war nur eine Anregung. Wenn daraus etwas anderes wird, ist es auch in Ordnung. – Wichtig ist für mich die Lösung des Problems und nicht die parteipolitische Situation. In diesem Sinne freue ich mich auf die Ausführungen im Ausschuss. Herzlichen Dank. Das Wort hat die Kollegin Renate Blank von der CDU/CSU-Fraktion. (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Da kann man nichts mehr entgegensetzen!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601710500


Renate Blank (CSU):
Rede ID: ID1601710600

Doch, Herr Kollege. – Herr Präsident! Meine Damen

und Herren! Lieber Kollege Horst Friedrich, die Verant-
wortung für die Brückenbauwerke ist schon seit langem
klar geregelt. Wir haben von 1995 bis 1998 intensiv und
mit Einbeziehung der Länder darüber diskutiert, wo die
Verantwortung liegt. Auch die Sonderregelung für die
neuen Bundesländer ist ausgelaufen. Deshalb gibt es
klare Regelungen. Deshalb – Kollege Friedrich, nehmen
Sie mir bitte nicht übel, wenn ich das sage – halte ich Ih-
ren Antrag mit dem Ziel, ein Sonderprogramm „Kom-
munale Brückenbauwerke“ aufzulegen, für einen Schau-
fensterantrag im Blick auf die in der nächsten Zeit
stattfindenden Kommunal- oder Landtagswahlen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wir lassen uns in der Fürsorge für die Kommunen von
niemandem übertreffen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Darf ich das vor Ort zitieren, wenn Sie den Antrag ablehnen?)


– Selbstverständlich.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Dann bin ich mal gespannt!)


Herr Kollege Friedrich, wenn ich mich richtig erin-
nere, dann – hören Sie jetzt zu! – wurde von der FDP
und uns in der damaligen Koalition am 25. Juni 1997 im
Ausschuss für Verkehr ein Änderungsantrag der SPD-
Fraktion zum Gesetzentwurf des Bundesrates im Zuge
der Beratungen zum Eisenbahnkreuzungsgesetz abge-
lehnt – Sie haben ihn mit abgelehnt –,

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(C (D (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ja! Dazu stehe ich auch! – Iris Gleicke [SPD]: So ändern sich die Zeiten!)


ach dem neben dem Eisenbahnunternehmer der Bund
ie Hälfte der Sanierungskosten bei Brückenbauwerken
ragen sollte. Die SPD hat damals den Änderungsantrag
estellt. Wir haben ihn seinerzeit gemeinsam abgelehnt.

Sie haben damals mehr an die Haushaltslage des Bun-
es gedacht. Die Aussage „Das Sein bestimmt das Be-
usstsein“ trifft auch voll auf die FDP zu. In der Oppo-

ition schaut man ein bisschen weniger aufs Geld und
uf die Haushaltslage. Die ist aber leider sehr ange-
pannt.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Verspätete Selbstkritik!)


Mehr Geld steht nicht zur Verfügung


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ich gebe auch nicht mehr Geld aus! Ich gebe Geld aus, das nicht ausgegeben wurde!)


das ist richtig; ich komme darauf zurück –, weshalb
ie in Ihrem Antrag fordern, dass die Mittel, die die DB
icht ausgegeben hat und die nicht abgerufen wurden,
ür das Sonderprogramm verwendet werden.

Das klingt zunächst recht gut und auch einleuchtend.
ch bin sofort mit Ihnen einig, dass es eigentlich die Auf-
abe der Deutschen Bahn AG ist, Mittel, die für Neu-
nd Ausbaustrecken zur Verfügung gestellt werden,
uch zu verbauen. In Ihrem Antrag schreiben Sie, dass
ich die seit 1999 nicht abgerufenen Mittel auf rund
,4 bis 1,5 Milliarden Euro belaufen. Ich sage, dass seit
995 sogar rund 6 Milliarden Euro nicht verbaut wur-
en. Das Geld ist teils an den Finanzminister zurückge-
angen, in Baukostenzuschüsse umgewandelt oder zum
eringsten Teil auf andere Verkehrsträger umgeschichtet
orden. Allein mit den seit 1999 nicht abgerufenen Mit-

eln hätte man locker die ICE-Trasse Nürnberg–Erfurt
eginnen und zügig bauen, aber auch Ertüchtigungsmaß-
ahmen bei vielen anderen Strecken durchführen kön-
en. Es ist aber auch unsere Aufgabe, darauf zu achten,
ass die Mittel für den Ausbau der Schieneninfra-
truktur tatsächlich verbaut werden können. Eine Kon-
rolle im Laufe des Jahres halte ich daher für dringend
otwendig und zwingend.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ob das was nützt?)


Liebe Kollegen von der FDP, Sie versuchen, als Ret-
er der Kommunen aufzutreten.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Einer muss es ja tun!)


uf der einen Seite fordern Sie ein Sonderprogramm für
ie Kommunen, auf der anderen Seite wollen Sie, wenn
ch richtig informiert bin, die Gewerbesteuer, die den
ommunen zugute kommt, abschaffen. Das passt ir-
endwo nicht zusammen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Sie vergessen immer, den zweiten Teil zu lesen!)







(A) )



(B) )


Renate Blank
Die Kommunen brauchen keine Sonderprogramme, son-
dern eine ordentliche Finanzausstattung. Dann können
sie in Eigenverantwortung entscheiden, für welchen
Zweck sie ihr Geld ausgeben wollen bzw. ausgeben
müssen.

Ich wundere mich natürlich schon, wenn ich höre,
dass Sie so ein großes Herz für die Kommunen haben. In
Rheinland-Pfalz ist ja Landtagswahlkampf. Dort sind
Sie in der Regierung. Im Wahlprogramm der FDP von
Rheinland-Pfalz sehe ich aber lediglich eine Forderung
von 500 Millionen Euro für die Verbesserung der Ver-
kehrsinfrastruktur.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601710700

Frau Kollegin Blank, erlauben Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Niebel?


Renate Blank (CSU):
Rede ID: ID1601710800

Ja, bitte.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601710900

Bitte schön, Herr Niebel.


Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1601711000

Vielen Dank, sehr geehrte Frau Kollegin. – Erinnern

Sie sich gerade angesichts der Landtagswahlen, in deren
Vorfeld viele Kolleginnen und Kollegen mit Sonntagsre-
den durch die Gegend ziehen, daran, dass die FDP-Bun-
destagsfraktion am Ende der letzten Legislaturperiode
hier in diesem Hause einen Gesetzentwurf zur Fest-
schreibung des so genannten Konnexitätsprinzips im
Grundgesetz – also des Grundsatzes „Wer bestellt, be-
zahlt“ – eingebracht hat und dass bei der namentlichen
Abstimmung außer der FDP-Bundestagsfraktion keine
andere Fraktion in diesem Hause diesem Antrag gefolgt
ist?


Renate Blank (CSU):
Rede ID: ID1601711100

Herr Kollege, da Sie das erwähnen, muss ich Ihnen

sagen, dass ich Ihren Antrag für überflüssig halte.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Sie fordern also in Rheinland-Pfalz nur 500 Millio-
nen Euro mehr. Dort aber hätten Sie doch Ihr großes
Herz für die Kommunen zeigen und ein Brückenbaupro-
gramm in Ihr Wahlprogramm mit aufnehmen können.


(Vorsitz: Präsident Dr. Norbert Lammert)


Außerdem kritisiert die FDP doch immer den Haus-
halt – was ihr gutes Recht ist –, aber die nicht verbauten
Mittel wollen Sie für die Straße einsetzen. Was wollen
Sie nun eigentlich?


(Heinz Paula [SPD]: Alles!)


Es steht nicht unendlich viel Geld zur Verfügung. Sie
müssen die Mittel richtig einsetzen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


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(C (D Nun zum Antrag der Grünen. Sie sprechen von chlaglöchern auf den Straßen. Aber Sie bestanden och immer darauf, dass die Mittel für die Straße drasisch gekürzt werden. Deshalb wundere ich mich jetzt, ass Sie in Ihrem Antrag zum Beispiel Brückenschäden eklagen. Ein Grund dafür ist natürlich, dass für die Beeitigung der Schäden auf Straßen, in Tunnels und an rücken zum Beispiel die nicht verbauten Mittel nicht ingesetzt worden sind. Wer hätte gedacht, dass die Grüen einmal umdenken und plötzlich die Auto-Mobilität er Menschen nicht mehr verteufeln? Ich freue mich, ass ich das noch erleben darf. Ihre bisherige Haltung at sich damit als falsch erwiesen. In den Ländern stellen ie ständig Anträge, dass der Straßenbau zurückgefahren erden müsse, nach dem Motto „Bildung statt Beton“; ber hier fordern Sie plötzlich mehr Geld. Das ist eine oppelstrategie, die jedoch leicht durchschaubar ist. Ich ann nur sagen: Ein Schelm, wer deshalb Schlechtes ber die Anträge von FDP und Grünen denkt und wem as Wort „Wahlkampfgetöse“ in den Sinn kommt. Wenn man ein Sonderprogramm haben will, dann muss an wissen, dass dieses Geld von anderen Ausgaben, um Beispiel von Ausgaben für Straßenbaumaßnahmen, bgezweigt werden muss. Denn die im Bundeshaushalt ur Verfügung stehenden Mittel für Schienenwegeinvesitionen können aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht ur Unterstützung der Kommunen eingesetzt werden. Da icht mehr Geld zur Verfügung steht, müssten die Komunen damit rechnen, dass nach der Auflegung eines olchen Sonderprogramms manche Ortsumgehung nicht ehr gebaut werden könnte. Das Geld ist ja nicht belie ig vermehrbar. Ein weiterer Punkt. In allen Wahlkreisen der Kolleinnen und Kollegen im Hause gibt es garantiert eine der mehrere Brücken, die sanierungsbedürftig sind. llein in meinem Wahlkreis gibt es mindestens fünf rücken, die saniert werden müssen. Die Kommune üsste für die Sanierung Geld ausgeben. Herr Kollege riedrich, es ehrt Sie, dass Sie sich um die sanierungsbeürftige Brücke in Ihrem Wahlkreis kümmern. Auf der nderen Seite ist die Zuständigkeit, was die Finanzen berifft, eindeutig geklärt. Es ist klar, dass marode Brücken keine Lappalie sind. efahren müssen beseitigt werden. Darüber sind wir uns icher einig. Die Frage ist nur, zu wessen Lasten. Diese rage wurde durch die entsprechende Veröffentlichung m Bundesgesetzblatt am 9. September 1998 geklärt. eider werden diese Fakten immer wieder vergessen. atsache ist, dass die Gewährleistung der Standund erkehrssicherheit von Straßenbrücken im Zuge von Geeindestraßen über Schienenwege allein den Kommu en und nicht dem Bund oder der Bahn obliegt. Eine ostendrittelung zwischen Gemeinde als Baulastträger er Straße, Bahn und Bund findet nur bei Maßnahmen n Bahnübergängen – an höhengleichen Kreuzungen – tatt, keinesfalls jedoch bei der Unterhaltung oder Ereuerung von Straßenbrücken. Es ist klar, dass Sanierungsbedarf besteht. Wir können ns gerne darüber unterhalten, wie man dieses Problem Renate Blank lösen kann. Aber ich möchte doch der spürbaren Überdramatisierung des FDP-Antrages etwas die Spitze nehmen (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Was ist daran dramatisch?)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


und einer Panikmache – Kollege Friedrich sprach in den
Medien von „tickenden Zeitbomben“ – entgegenwirken.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Davon steht nichts im Antrag!)


– In den Medien. – Unsere Brücken sind die am besten
geprüften Bauwerke in Deutschland. Sie werden alle
sechs Jahre aufwendig unter die Lupe genommen. Je-
weils nach drei Jahren folgt eine Zwischenprüfung, bei
der alle Funktionsteile kontrolliert werden. Alle Brücken
im Zuge von öffentlichen Straßen werden also in regel-
mäßigen Abständen geprüft. Die entsprechenden Zu-
ständigkeiten sind geklärt.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das beruhigt mich ungemein!)


Meine Damen und Herren, wir müssen zwei Dinge
unterscheiden.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601711200

Nein, Frau Kollegin, es wird schwierig werden, sie zu

unterscheiden, weil Ihre Redezeit das nicht mehr zulässt.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der SPD)



Renate Blank (CSU):
Rede ID: ID1601711300

Herr Präsident, dann lassen Sie mich zum Abschluss

einen letzten Punkt ansprechen. Die Grünen haben den
Netzzustandsbericht angesprochen. Es ist falsch, wenn
sie den Verkehrsminister dafür prügeln, dass dieser Be-
richt bis jetzt noch nicht erschienen ist. Sie müssen viel-
mehr auf den Bahnchef Mehdorn einwirken, dass er die-
sen Netzzustandsbericht endlich abliefert. Wir alle sind
schon gespannt darauf. Bevor der Bahnchef Briefe
schreibt, wäre es besser, er würde sich um den Netzzu-
standsbericht kümmern. Wenn er vorliegt, können wir
im Ausschuss darüber diskutieren und danach handeln.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601711400

Ich erteile das Wort der Kollegin Heidrun Bluhm,

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Heidrun Bluhm (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601711500

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Sehr geehrter Herr Brückenbauer Friedrich, es war im-
mer eine Hauptforderung meiner Fraktion, die Kommu-
nen in der Bundesrepublik Deutschland rechtlich und fi-
nanziell in die Lage zu versetzen, ihre Aufgaben in der
kommunalen Daseinsvorsorge im Rahmen der kommu-
nalen Selbstverwaltung wahrnehmen zu können.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D e dringlicher wir diese Forderung stellen, desto schlecher stellt sich aber die Finanzausstattung der Städte und emeinden dar. Allein um diese Situation darzustellen, ürde ich mindestens 60 Minuten brauchen. Sie haben lück; ich habe nur vier Minuten Redezeit. Es ist offensichtlich, dass die schlechte finanzielle age der Kommunen längst kein regionales Problem ehr, sondern ein gesamtdeutsches Problem ist. Mehr ls die Hälfte aller Landkreise in der Bundesrepublik hat ittlerweile unausgeglichene Haushalte. Als einziger usweg blieb vielen Städten und Gemeinden nur, ihre nvestitionen drastisch zurückzuführen. Jüngste Angaen der KfW besagen, dass 1999 durch die Kommunen nvestitionen in Höhe von 19 Milliarden Euro, 2004 aber ur noch in Höhe von 15 Milliarden Euro ausgelöst woren sind. Das ist in fünf Jahren ein Fünftel weniger. Diese traurigen Zahlen zeigen: Eine verantwortungsolle kommunale Selbstverwaltung ist zusehends nicht ehr möglich. Die Folgen für die Bürgerinnen und Bür er werden offensichtlich. Ein Beispiel: Die Gemeinde ornburg im Landkreis Köthen in Sachsen-Anhalt hat 004 auf Grundlage des Eisenbahnkreuzungsgesetzes ür Maßnahmen der Instandsetzung und Modernisierung iner auf ihrem Territorium gelegenen Bahnanlage napp 250 000 Euro erhalten. Der Investitionshaushalt edoch umfasst nur ganze 80 000 Euro. Damit war die emeinde zahlungsunfähig. Ein weiteres Beispiel: die Hauptstadt Schwerin des andes Mecklenburg-Vorpommern. Allein für eine Eienbahnunterführung muss die Gemeinde, entsprechend em Drittel der Gesamtsumme, 1,2 Millionen Euro zahen. Schwerin hat allerdings insgesamt sechs Bahnbautellen mit finanzieller Beteiligung zu bedienen und eien Investitionshaushalt von insgesamt nur 6 Millionen uro, und das auch nur über Kreditgenehmigungen; enn schon lange zahlen die Kommunen nicht mehr aus ermögen, sondern aus Darlehen. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: So ist es leider!)


Nun legt die FDP-Fraktion mit ihrem Antrag die lang
rsehnte Lösung des Problems auf den Tisch. Wie se-
ensreich! Meine Damen und Herren von der FDP, es ist
chon bemerkenswert, dass gerade Sie angesichts des-
en, dass Sie sich ansonsten immer auf weniger Staat
nd mehr Bürgerverantwortung berufen, noch ein staatli-
hes Sanierungsprogramm auflegen möchten.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


ie viele Einzelprobleme wollen wir hier, fern von den
emeinden, denn noch erfinden? Stilgerecht für Ihre Po-

itik wäre zeitgleich mit der Privatisierung der Deut-
chen Bahn die Privatisierung der Eisenbahnbrücken.
amit hätten die Kommunen wirklich ein Problem weni-
er.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist doch Unsinn auf hohem Niveau!)







(A) )



(B) )


Heidrun Bluhm
Wenn plötzlich der FDP-Generalsekretär Dirk Niebel
in der „Bild“-Zeitung mit den Worten zitiert wird, ein
Sonderbauprogramm für kommunale Brückenbauwerke
könne Tausende von Arbeitsplätzen schaffen,


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Natürlich!)


dann kann ich dazu nur sagen: Die FDP ist herzlich dazu
eingeladen, unser „Zukunftsinvestitionsprogramm Kom-
munen“ zu unterstützen.


(Beifall bei der LINKEN)


Ebenso ist die FDP eingeladen, unser Steuerkonzept zu
unterstützen,


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das glaube ich kaum!)


das den öffentlichen Haushalten mehr als 60 Milliarden
Euro Steuereinnahmen bringen würde.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das glaube ich aber eher nicht!)


Das brächte noch mehr Arbeitsplätze. Ich kann nur hof-
fen, dass hier nicht auf Kosten der Kommunen Anträge
für die Tribüne gestellt werden.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das weise ich mit Abscheu und Empörung zurück!)


Warum machen wir es so kompliziert? Viel einfacher
wäre eine Änderung des Eisenbahnkreuzungsgesetzes,
das nach dem Verursacherprinzip auch die Kostenbe-
teiligung regelt,


(Beifall bei der LINKEN)


und zwar nach dem Sprichwort: „Wer die Musik bestellt,
bezahlt.“ Sie könnten die Milliarden nicht abgerufener
Bundesmittel direkt an die Bahn weitergeben und diese
finanziert dann allein. Die Kommunen würden sich
freuen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Die Bahn kann es nicht ausgeben! Dann kann sie auch nicht finanzieren!)


Nicht nur Eisenbahnkreuzungen, sondern auch Eisen-
bahnübergänge und Lichtsignalanlagen unterliegen dem
Finanzierungszwang. Die in § 13 des Eisenbahnkreu-
zungsgesetzes festgelegte Drittelung der Kosten bei
Bahnanlagen überfordert die meisten Kommunen schon
jetzt, wie ich bereits vorhin dargestellt habe. Diese Anla-
gen würden nach dem vorliegenden Antrag nicht einmal
in die Förderung fallen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Was?)


Im Übrigen beweist Ihr Antrag eine ungenaue Ana-
lyse und eine geringe Vor-Ort-Kenntnis und ist damit nur
ein oberflächliches Papier.


(Beifall bei der LINKEN)


Ihr auffällig neues, quantitativ geprägtes Engagement im
Hinblick auf die Lage der Kommunen in Deutschland
führt so jedenfalls nicht zu neuer Qualität. Ihrem Antrag
fehlt jegliche Zahlenbasis. Wir können nur vermuten,
dass Sie sich in Ihrem Antrag auf Eisenbahnbrücken be-

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(C (D iehen. Aber vielleicht wollen Sie ja auch Fußgänger-, ahrradoder gar Froschbrücken fördern. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Haben Sie den Antrag überhaupt mal gelesen? Dann könnten Sie die Fragen, die Sie gestellt haben, überhaupt nicht stellen! Das ist doch Unsinn auf hohem Niveau!)


Mit diesem Antrag jedenfalls fördern Sie weiter die
evormundung der Kommunen und nicht die kommu-
ale Selbstverwaltung. Die Bürgermeister wissen selbst
ehr genau, wo ihre Investitionsdefizite liegen. Lassen
ir sie doch bitte selbst bestimmen, wann sie eine Brü-

ke, eine Schule oder ein Krankenhaus sanieren wollen
nd müssen. Dazu bedarf es eines kommunalen Inves-
itionsprogramms und keines weiteren Brückensanie-
ungsprogramms.


(Beifall bei der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP-Fraktion,
ennoch werden wir nach ausführlicher Bearbeitung Ih-
es Antrages in den Ausschüssen diesem wahrscheinlich
och zustimmen,


(Hans-Joachim Hacker [SPD]: Na, na, na! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Das ist doch jetzt aber eine Luftbrücke! – Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Salto!)


edoch nur aus einem Grund: Jeder Euro, der zusätzlich
n den Gemeinden ankommt, ist in der derzeitigen Lage
er Kommunen gut angelegtes Geld.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601711600

Frau Kollegin Bluhm, ich gratuliere Ihnen herzlich zu

hrer ersten Rede im Deutschen Bundestag und wünsche
ür die weitere Arbeit alles Gute.


(Beifall)


Das Wort hat nun die Kollegin Rita Schwarzelühr-
utter für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD):
Rede ID: ID1601711700

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen!

iebe Kollegen! Der Dacheinsturz in Bad Reichenhall
ar tragisch und ein furchtbares Unglück. Die Serie der
acheinstürze scheint nicht abzureißen. Wir sollten
icht einfach zur Tagesordnung übergehen, sondern über
onsequenzen nachdenken. Ein Antrag wie der der FDP
utzt allerdings wenig; vielmehr handelt es sich bei ihm
m bloßen populistischen Aktionismus.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


as wir brauchen, sind durchdachte, nachhaltige Kon-
epte, keine Schnellschüsse.


(Iris Gleicke [SPD]: Das ist richtig!)







(A) )



(B) )


Rita Schwarzelühr-Sutter
Im Zusammenhang mit der Neuordnung des Eisen-
bahnwesens, sprich: Bahnreform, wurde auch das Eisen-
bahnkreuzungsgesetz neu gefasst. Die Frage, wer welche
Kosten zu tragen hat, ist abhängig von der Art der Eisen-
bahnkreuzung. Sie wissen:


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Im Gegensatz zu Ihnen habe ich bei dem Gesetz mitgearbeitet! Das weiß ich! Das habe ich auch einleitend gesagt!)


Bei so genannten höhengleichen Kreuzungen, Herr Kol-
lege, gibt es eine Kostendrittelung zwischen der Ge-
meinde als Baulastträger der Straße, der Bahn und dem
Bund. Die Kostendrittelung gibt es nicht für die Unter-
haltung und Erneuerung von Straßenbrücken; für die Er-
haltung von Kreuzungsbauwerken sind die Kosten von
dem Baulastträger zu tragen, dessen Verkehrsweg über
das Bauwerk geführt wird. Sie wissen: Es ist zu unter-
scheiden zwischen einer Eisenbahnüberführung, also
Schiene über Straße – hier trägt der Baulastträger
Schiene allein die Kosten –, und einer Straßenüberfüh-
rung, also Straße über Schiene; hier trägt die Kosten al-
lein der Straßenbaulastträger.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ja, es gibt aber noch viele dazwischen! Es kann eine Brücke geben, die über eine Schiene führt, die erneuert werden muss!)


In den alten Bundesländern sind mit der Änderung
des Eisenbahnkreuzungsgesetzes seit 1994 alle Über-
führungen von kommunalen Straßen über Eisen-
bahnanlagen endgültig auf die zuständigen Gemeinden
und Städte übergegangen.

Herr Friedrich, Sie wussten, dass der ordnungsge-
mäße Zustand damals von der Bahn hergestellt werden
musste und dass die Bahn dafür einzustehen hatte.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist ein guter Witz!)


In den neuen Ländern lag die Pflicht zur Erhaltung der
Straßenüberführungen schon immer bei den Straßenbau-
lastträgern. Im Übrigen ist keine Kommune bekannt, die
das Übergabeprotokoll nicht unterzeichnet hätte.


(Beifall bei der SPD – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist nicht wahr! Es gibt sogar Kommunen, die sich nach wie vor weigern!)


Die Kommunen sind somit für die Erhaltung, Pflege
und Sanierung von kommunalen Straßenüberführungen
allein zuständig, nicht die Bahn, nicht der Bund. Alle
Brücken werden in regelmäßigen zeitlichen Abständen
überprüft. Die Prüfung und Durchführung der Sanierung
bei Brücken, die zu Kommunalstraßen gehören, obliegt
den Kommunen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Was nützt das denn der Brücke, wenn sie nicht saniert wird?)


Berichte über diese Prüfungen liegen dem Bund nicht
vor. Aber dafür gibt es Spekulationen, Herr Friedrich.
Die „gefühlte“ Anzahl der einsturzgefährdeten Brücken

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(C (D iegt bei Ihnen zwischen 1 000 und 2 000. Es gibt Kolleen – auch Frau Blank hat es schon festgestellt –, die on tickenden Zeitbomben sprechen. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Was bin ich froh, dass ich nicht weiß, wovon ich rede!)


Sie fordern zugleich Finanzhilfen für Kommunen, die
ie Sanierung nicht aus eigener Kraft bezahlen können.
atürlich wissen wir alle, dass die Haushaltslage der
ommunen angespannt ist.


(Iris Gleicke [SPD]: Die Haushaltslage des Bundes ist nicht minder angespannt!)


ies allein kann aber nicht Motivation dafür sein, dass
er Bund für die Kommunen einspringt.


(Beifall bei der SPD)


Im Übrigen unterstützt der Bund schon heute die
ommunen beim Bau und Ausbau von Kreuzungsmaß-
ahmen über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsge-
etz. Unbeschrankte Bahnübergänge konnten zum Bei-
piel sicherer gemacht werden. Von den insgesamt
,6 Milliarden Euro GVFG-Mitteln aus dem Jahr 2004
ind 20 Prozent ins Bundesprogramm und 80 Prozent in
änderprogramme geflossen. Kreuzungsmaßnahmen
ach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz sind förderungsfä-
ig nach GVFG, soweit Gemeinden und Kreise als Bau-
astträger der kreuzenden Straße Kostenanteile zu tragen
aben. Aus diesen Finanzhilfen des Bundes können die
änder bis zu 75 Prozent der zuwendungsfähigen Kos-

en dieser Kreuzungsmaßnahmen fördern.

Sie wissen ebenfalls: Der Bund kann nach Art. 104 a
bs. 4 des Grundgesetzes

den Ländern Finanzhilfen für besonders bedeut-
same Investitionen der ... Gemeinden ... gewähren,
die zur Abwehr einer Störung des gesamtwirt-
schaftlichen Gleichgewichts oder zum Ausgleich
unterschiedlicher Wirtschaftskraft ... oder zur För-
derung des wirtschaftlichen Wachstums erforder-
lich sind.

on dieser Möglichkeit hat der Bund 1998 Gebrauch ge-
acht und den ostdeutschen Kommunen über

50 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Diese Rege-
ung bezweckte eine finanzielle Gleichbehandlung mit
en westdeutschen Kommunen. Das Programm lief bis
003. Das war wirklich ein Sonderprogramm und ich
enke, es ist unstrittig.

Nach Art. 104 a Abs. 1 des Grundgesetzes haben
und und Länder – und damit auch die Kommunen – die

ich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergebenden
usgaben zu tragen. Heute sind die Haushaltsvolumina
ller öffentlichen Hände knapp und begrenzt. Die Fi-
anzierung der Aufgaben fällt schwer. Trotzdem bin ich
er Meinung, dass wir nicht auf der einen Seite in der
öderalismuskommission die Aufgaben der staatlichen
benen ordnen und auf der anderen Seite die Finanzie-

ung, wenn es gerade mal nicht anders geht, dem Bund
ufbürden können.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Rita Schwarzelühr-Sutter
Mit der Zuteilung von Aufgaben ist die Finanzverant-
wortung untrennbar verbunden. Mit der gleichen Logik
könnten die Kommunen monieren, dass die Kindergär-
ten sanierungsbedürftig seien, und schon würde die FDP
ein Sonderprogramm „Kindergartensanierung“ auflegen.
Stünde die Schließung von Schwimmhallen an, würde
die FDP ein „Schwimmhallensanierungsprogramm“ auf-
legen. Diese Liste könnte man wahrscheinlich unendlich
fortsetzen: Schulen, Krankenhäuser, Sportstätten usw.

Ich möchte überhaupt nicht die Notwendigkeit und
Dringlichkeit der Sanierungsarbeiten infrage stellen. Ich
verwahre mich lediglich gegen die Verschiebung von Fi-
nanzverantwortung.


(Beifall bei der FDP – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Was schlagen Sie für eine Lösung vor?)


– Darauf komme ich, Herr Friedrich. – Es bringt nichts,
ein Sonderprogramm nach dem anderen zu starten;
vielmehr müssen die Kommunen auch zukünftig eine so-
lide finanzielle Basis haben.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Aha!)


Mit der Fortentwicklung der Unternehmensbesteue-
rung und der Gewerbesteuer werden wir sie zukünftig
auf diese solide Basis stellen.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wann kommt die denn?)


Die finanzielle Handlungsfähigkeit muss langfristig ge-
währleistet sein.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wann kommt die solide Basis denn?)


In Ihrem Antrag schlagen Sie vor, dass die nicht abge-
rufenen Mittel der DB AG in dieses Sonderprogramm
fließen sollen. Vielleicht hätten Sie besser Ihre Haus-
haltsexperten befragt, diese hätten Ihnen nämlich erklärt,
dass im Bundeshaushalt für Schienenwegeinvestitionen
vorgesehene Mittel zweckgebunden sind und deshalb
nicht zur Unterstützung der Kommunen eingesetzt wer-
den können. Im Übrigen werden die Mittel weitgehend
im Rahmen haushaltsrechtlich zulässiger Umschichtun-
gen für Investitionsmaßnahmen anderer Verkehrsträger
eingesetzt.

Die Erhaltung der Sicherheit, Funktionsfähigkeit und
Dauerhaftigkeit hat für alle Baulastträger oberste Priori-
tät. Wesentliche Voraussetzungen hierfür sind die regel-
mäßige Prüfung der Bauwerke, die zeitnahe Beseiti-
gung der bei den Prüfungen festgestellten Schäden und
Schwachstellen und die Zurverfügungstellung ausrei-
chender Erhaltungsmittel.

Im Bundesverkehrswegeplan der rot-grünen Regie-
rung aus 2003 ist deshalb der Anteil an Erhaltungsmit-
teln für alle Verkehrsträger deutlich erhöht worden. Der
Anteil der Sanierungsmittel über alle Verkehrsträger ist
mit 56 Prozent deutlich gestiegen. Für den Zeitraum bis
2015 sind allein für Investitionen zur Erhaltung des Be-
standsnetzes der Bundesfernstraßen 37,7 Milliarden
Euro veranschlagt, wobei der Anteil zur Erhaltung der
Bauwerke rund 15 bis 35 Prozent beträgt.

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(C (D Die Regierungskoalition hat sich außerdem darauf geinigt, die Mittel für die Verkehrsinvestitionen um zuätzlich 4,3 Milliarden Euro zu erhöhen. Dazu sind in 006 insgesamt circa 9,1 Milliarden Euro vorgesehen. In en Folgejahren werden die Investitionen bei rund Milliarden Euro verstetigt. (Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Sie müssen nur sagen, was Sie vorher gestrichen haben!)


amit liegt das Volumen jährlich rund 1 Milliarde Euro
ber dem geltenden Finanzplan, Herr Friedrich.

Die zusätzlichen Mittel kommen allen drei Verkehrs-
rägern – Schiene, Straße und Wasserstraße – zugute.
er Schwerpunkt liegt auch hier auf den Erhaltungs-
aßnahmen im Bestand. Die Ansätze für die Erhal-

ung werden wieder gestärkt.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Schauen wir mal!)


ie Umschichtung zulasten der Erhaltung kann bis 2009
bgebaut werden. Die Grünen brauchen sich also keine
orgen zu machen. Wir werden auch in der großen Ko-
lition den nachhaltigen Ansatz des Bundesverkehrswe-
eplans fortsetzen.


(Beifall bei der SPD)


Deutschland verfügt über eines der besten Straßen-
etze in Europa. Die Erhaltung der Straßen und Brücken
at Vorrang; denn die Erhaltung der Mobilität ist eine
esentliche Voraussetzung für wirtschaftliches Wachs-

um und Beschäftigung sowie ein wichtiger Beitrag zur
ebensqualität der Bürger.

Danke.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601711800

Frau Kollegin, ich gratuliere auch Ihnen herzlich zu

hrer ersten Rede,


(Beifall)


ie beinahe mit einer Punktlandung bezüglich der Ein-
altung der Redezeit zu Ende gegangen wäre.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


enn Ihnen das bei all Ihren folgenden Reden ähnlich
ut gelingen wird, werden Sie eines der beliebtesten
itglieder im Deutschen Bundestag.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Zum Schluss dieses Tagesordnungspunktes erhält der
ollege Dr. Anton Hofreiter, Bündnis 90/Die Grünen,
as Wort.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

en und Kollegen! Jeder, der ein Haus baut, weiß, dass
r es auch erhalten muss. Nur die öffentliche Hand in






(A) )



(B) )


Dr. Anton Hofreiter
Deutschland weiß so etwas anscheinend nicht. Seit Jahr-
zehnten wird die Infrastruktur ausgebaut. Aber was hält
mit dem Infrastrukturnetz nicht mit? Die Haushalte für
die Sanierung.

In der Vergangenheit haben wir einiges erreicht. Es
gab Anstrengungen bei der Modernisierung der Schiene.
Der Modernisierungsgrad der Schiene ist von 64 Prozent
auf 68 Prozent gestiegen. Trotzdem gibt es im Infra-
strukturbereich insgesamt einen erheblichen Sanierungs-
bedarf.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Beispielsweise sind 12 Prozent aller Brücken des Bun-
des in kritischem Zustand. Der Zustand der Brücken der
Kommunen ist noch schlechter. Der Beitrag der FDP ist
deshalb ein wichtiger Hinweis;


(Beifall bei der FDP – Renate Blank [CDU/ CSU]: Das sind ja neue Konstellationen in der Opposition!)


aber er reicht bei weitem nicht aus.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Denn auch die übrige Verkehrsinfrastruktur wurde
über Jahrzehnte vernachlässigt. Über den Zustand des
Schienennetzes reden wir besser erst gar nicht. Das
Aufschieben von nötigen Instandhaltungsmaßnahmen
ist, wenn man es genau nimmt, nichts weiter als in die
Zukunft verlagerte Staatsverschuldung und deshalb un-
ter dem Aspekt der Generationengerechtigkeit mehr als
kritisch zu sehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der großen
Koalition, ich kann ja verstehen, dass die vielen direkt
gewählten Abgeordneten dieser Koalition lieber im
Wahlkreis rote Bändchen für neue Projekte durchschnei-
den, als dass sie sich dafür einsetzen, dass Geld für die
Sanierung der bestehenden Projekte bereitgestellt wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Iris Gleicke [SPD]: Ganz dünnes Eis nach den letzten sieben Jahren! Sie persönlich mögen ja traurig sein, aber fragen Sie einmal Ihre Kollegen!)


Ich kann Sie voll und ganz verstehen.

Sehr geschätzte Kollegin Blank, Sie haben ange-
merkt, dass die Grünen auf einmal eine neue Position
zum Thema Straße hätten. Ich glaube, Ihnen sind die An-
träge vieler grüner Landtagsfraktionen – ich erwähne nur
die grüne Landtagsfraktion in Bayern; auch Sie kommen
von dort – nicht bekannt, in denen gefordert wird, dass
im Haushalt die Gelder für die Sanierung der Straßen
erhöht werden. Wir haben jedoch immer beantragt, die
Gelder für unnötige Neubaumaßnahmen, die dann auch
erhalten werden müssen, zu kürzen. Schauen Sie sich
einmal die Drucksachen des Bayerischen Landtags an.
Das kann erhellend sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: g k r z n D m n t b k h m z a a e H g I a a A d o (C (D Das macht sie täglich! Die kann sie auswendig!)


Wir haben in diesem Zusammenhang fünf Forderun-
en gestellt:

Erstens. Die zusätzlichen 4,3 Milliarden Euro müssen
omplett für die Sanierung eingestellt werden.

Zweitens. Die Umwidmung von Mitteln für die Sanie-
ung zu Neubaumitteln – das machen die Länder gern – ist
u unterbinden.

Drittens. Der Bericht über den Zustand des Schienen-
etzes ist endlich vorzulegen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


ies wird oft nur auf Herrn Mehdorn abgeschoben. Man
ag ja Recht haben, wenn man sagt, dass Herr Mehdorn

icht unbedingt den besten Job macht. Aber die Verwal-
ung könnte auf dieses zu 100 Prozent im Bundesbesitz
efindliche Unternehmen etwas Druck ausüben. Das
önnte nicht schaden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Viertens ist vielleicht noch anzumerken, dass es nicht
ilft, wenn wir uns hier im Hohen Haus darauf einigen,
öglichst viele Haushaltsmittel für bestimmte Posten

ur Verfügung zu stellen. Dieses Geld muss vernünftig
usgegeben werden.

Deshalb lautet unsere fünfte Forderung, darauf zu
chten, dass die DB AG das Geld effektiv und effizient
insetzt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das kann sie nicht!)


Ich freue mich schon auf die Beratungen über den
aushalt. Ich bin gespannt auf die Argumente der Kolle-
innen und Kollegen der großen Koalition.

Ich danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601711900

Herzlichen Glückwunsch, Herr Kollege Hofreiter, zu

hrer ersten Rede im Deutschen Bundestag,


(Beifall)


us deren Anlass die eigene Fraktion nahezu vollzählig
ngetreten ist, was festgehalten zu werden verdient.


(Heiterkeit im ganzen Hause)


lles Gute für die weitere Arbeit.

Ich schließe damit die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
en Drucksachen 16/261 und 16/553 an die in der Tages-
rdnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Damit






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
sind Sie bestimmt einverstanden. – Das ist der Fall.
Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe den Zusatzpunkt 12 auf:

Aktuelle Stunde

auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN

Beitrag der deutschen Politik zur Deeskalation
des Konfliktes um den Karikaturenstreit

Ich weise darauf hin, dass die Debattenbeiträge nach
unserer Geschäftsordnung nicht ungefähr fünf Minuten,
sondern nicht länger als fünf Minuten lang sein dürfen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-
nächst dem Kollegen Fritz Kuhn für die Fraktion des
Bündnisses 90/Die Grünen.


Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601712000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

haben diese Aktuelle Stunde beantragt, weil wir finden,
dass auch der Deutsche Bundestag seinen Beitrag leisten
muss, damit wir angesichts des Karikaturenstreits nicht
in einen Kampf der Kulturen geraten, sondern eine De-
eskalation der schwierigen Situation erreichen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist aber sehr blauäugig!)


Ganz herzlich begrüße ich auch die Vertreter islami-
scher Verbände in Deutschland, die dieser Debatte zuhö-
ren. Es ist richtig, auch auf diese Art und Weise ein Zei-
chen zu setzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Der erste wichtige Punkt ist für uns ein klares Be-
kenntnis zur Meinungsfreiheit, für die wir einstehen. Die
Meinungsfreiheit ist nicht irgendetwas, sondern sie ist
zentral und konstituierend für die Demokratie.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der SPD)


Nur durch Meinungsfreiheit ist Demokratie, also das
Verleihen von Herrschaft auf Zeit, überhaupt denkbar.
Deswegen sagen wir ganz klar: An der Meinungsfrei-
heit, wie sie in den europäischen Demokratien und in
Demokratien überhaupt existiert, können und wollen wir
nicht rütteln. Niemand darf an ihr rütteln.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Mein zweiter Punkt. Freiheit impliziert immer auch
Verantwortung. Angesicht der Karikaturen, die in däni-
schen Zeitungen veröffentlicht wurden, und angesichts
dessen, was von diesen Zeichnungen abgesehen gesche-
hen ist – dazu gehört auch, dass in Dänemark lange ge-

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(C (D artet worden ist, bis man vernünftig reagiert hat –, tellt sich natürlich die Frage, ob hier verantwortlich geandelt wurde. Ich sage ganz klar: Wer den Propheten ohammed in einer Zeichnung mit einem Terroristen leichsetzt, der beleidigt vor allem und in erster Linie ie vielen Muslime, die auch in Europa gewaltfrei leben nd die Anwendung von Gewalt ablehnen. Deswegen ind diese Zeichnungen zum Teil rassistisch und auch efährlich. Das ist Missbrauch von Verantwortung. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und der LINKEN)


Dennoch – das ist mein dritter Punkt – gilt die Mei-
ungsfreiheit. Diese Spannung auszuhalten, ist meines
rachtens in dieser Debatte das eigentliche Problem. Wir
üssen dafür werben, diese Spannung auszuhalten. Na-

ürlich kann man gegen einen solchen Unsinn, wie er in
änemark geschehen ist, protestieren. Aber dieser Pro-

est berechtigt nicht zur Anwendung von Gewalt: weder
enn sie von Einzelnen noch – das erst recht nicht –
enn sie von korrupten und undemokratischen Regimen

usgeht, die, um ihre innere Stabilität aufrechtzuerhal-
en, versuchen, diese Karikaturen für ihre Interessen zu
nstrumentalisieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN)


Für uns, das Bündnis 90/Die Grünen, ist eines wich-
ig: Wenn wir als Deutscher Bundestag und als deutsche
ffentlichkeit einen Beitrag zur Deeskalation leisten
ollen, dann ist dies die Stunde des Dialogs und der Ver-

tändigung, nicht aber die Stunde derer, die den Musli-
en jetzt einmal zeigen wollen, wo der Hammer hängt.
iese Haltung, die in der öffentlichen Diskussion in
eutschland zum Teil eine Rolle gespielt hat, lehnen wir

b; denn so kann kein Dialog stattfinden. Deswegen geht
s jetzt auch nicht darum, ob Botschaften geschlossen
erden. Man kann nicht, wie es Herr Schockenhoff von
er CDU getan hat, am Vormittag in einem Interview in
er „Welt“ sagen, dass Botschaften geschlossen werden
ollten, und am Nachmittag darauf hinweisen, dass man
inen Dialog führen will;


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist ja wieder einmal sehr feinsinnig von Ihnen!)


enn auch für einen solchen Dialog sind diplomatische
eziehungen und Botschaften von Bedeutung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Dies ist also nicht die Stunde des Winkens mit Fahr-
arten, wie in Baden-Württemberg geschehen. Es geht
icht darum, einen „Islamtest“ durchzuführen, sondern
s geht um einen echten Dialog. Das bedeutet für beide
eiten vor allem, die Perspektive des Gegenübers einzu-
ehmen und sich zu fragen: Was denken die anderen
ber mich und was denke ich über die anderen? Einen
ialog auszurufen, ist wohlfeil. Aber man muss auch be-

eit sein, eine andere Perspektive einzunehmen, und zum






(A) )



(B) )


Fritz Kuhn
Beispiel müssen die Angehörigen der islamischen Reli-
gionsgemeinschaften verstehen: Die klare Trennung von
Kirche und Staat, die in unserer Kultur besteht, hat uns
als ein evolutionärer, historischer Prozess der Aufklä-
rung Frieden und Freiheit gebracht. Wir müssen, damit
wir diesen Dialog ernsthaft führen können, aber auch
verstehen, was Muslime beleidigen kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deswegen muss Schluss sein mit Eskalationen. Ich will
das ganz einfach sagen: Wer Öl ins Feuer gießt, kann
sich nicht über das Feuer beschweren. Das gilt für alle,
egal auf welcher Seite jemand steht.


(Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Und auch für die, die das Feuer legen!)


Letzter Punkt: eine Bemerkung zu Dänemark. Ich
finde, was manche Konzerne gemacht haben – sich zu
distanzieren, sie kämen nicht aus Dänemark, sondern aus
der Schweiz –, verdient unsere Verachtung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Wir haben den Boykott gegenüber Dänemark zu kritisie-
ren. Von der Bundesregierung will ich dabei klipp und
klar wissen, welche Bemühungen unternommen worden
sind, zu einer geschlossenen Haltung der EU zu kom-
men. Jetzt wegzutauchen und lediglich einzelne Kom-
missare Stellung nehmen zu lassen, wird nicht genügen.

Allerletzter Punkt, Herr Präsident. Wenn alle in
Deutschland im Karikaturenstreit zusammenstehen – die
Religionsgemeinschaften, aber auch die Nichtgläubigen;
die Deutschen, aber auch die Nichtdeutschen –, dann
werden wir eine positive Integration in Deutschland
schaffen. Dazu ist wichtig, dass sich so etwas wie ein
europäischer Islam entwickeln kann. Zum Beispiel gab
es auf dem Balkan sehr positive Stimmen von islami-
schen Gläubigen, die deeskalierend gewirkt haben. Das
hat übrigens den Hintergrund, dass die Trennung von
Kirche und Staat dort etablierter, normaler ist. Eine
Schlüsselrolle kommt dabei der Türkei zu, nicht in dem
Sinne, wie man heute von Herrn Ramsauer von der CSU
lesen konnte, dass die Türkei jetzt zeigen solle, ob sie für
einen Beitritt zur EU bereit sei. Beim EU-Beitritt geht es
vielmehr um die Frage, ob es einen europäischen Islam
geben kann, der in den Konflikten, die möglicherweise
vor uns liegen, eine zentrale, vermittelnde Rolle einneh-
men kann.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601712100

Herr Kollege!


Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601712200

Ich bin froh, dass die türkische Regierung dies ange-

gangen ist und dass wir da ein Stück weiter gekommen
sind.

Damit komme ich zum Schluss.


(Heiterkeit)


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(C (D Nein. Ich hoffe, dass diese Diskussion einen Beitrag zur De skalation leistet. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601712300
Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601712400


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601712500

Herr Kollege Kuhn, Sie schätzen meine Aufgeschlos-

enheit gegenüber der Opposition zutreffend ein, aber
eine Gestaltungsmöglichkeiten müssen sich immer im
ahmen der Geschäftsordnung bewegen.

Nun erteile ich das Wort dem Kollegen Freiherr zu
uttenberg für die CDU/CSU-Fraktion.


(CDU/ SU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Ich habe großen Respekt vor der religiösen Di-
ension der Debatte, die wir heute führen, aber umso
eniger vor der gezielten politischen Instrumentalisie-

ung ihrer Inhalte, egal in welchen Regionen der Welt.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das hohe und zu verteidigende Grundrecht der Pres-
efreiheit ringt gelegentlich mit dem Verstand, vielleicht
uch mit der Intelligenz derer, die sich auf sie berufen;
as ist richtig. Auch bedeutet die Rücksichtnahme auf
ie Empfindungen anderer noch nicht zwangsläufig eine
inschränkung der Pressefreiheit. Zwei Dinge stehen al-

erdings unverrückbar fest: Gewalttätige Reaktionen
auf Karikaturen wohlgemerkt – und der Aufruf zu sol-

hen sind auf das Schärfste zu verurteilen und für uns in
eglicher Hinsicht inakzeptabel.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ein Zweites – das klang mir bei dem ersten Redebei-
ag ein bisschen zu wenig durch –: Toleranz und Respekt
or religiösen Gefühlen, Symbolen und Einrichtungen
ind keine Einbahnstraße.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


eshalb sollte dieser Anspruch nicht auch in der islami-
chen Welt vollständige Geltungskraft entfalten?


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Nun wird von europäischen Regierungen, insbeson-
ere von Dänemark, mit aller Vehemenz gefordert, sich
ür die Äußerungen ihrer freien Presse zu entschuldigen,
a sogar, die jeweiligen Verantwortlichen zu bestrafen.






(A) )



(B) )


Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
Das ist der für mich nicht hinnehmbare Versuch Einzel-
ner – ich betone: Einzelner –, uns zur Aufgabe wesentli-
cher Grundsätze unseres Wertesystems zu zwingen. Wir
müssen aufpassen, dass wir uns darauf nicht einlassen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Je nachgiebiger wir uns gegenüber diesem Verlangen
zeigen, desto mehr laufen wir Gefahr, den gewachsenen
Kernbereich unserer Freiheit zu beschädigen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auch dürfen wir Dänemark angesichts der Forderun-
gen Einzelner und angesichts der Boykottaufrufe, die
wir zurzeit aus dem Iran hören, nicht nur halbherzig zur
Seite stehen. Dänemark muss sich unserer Solidarität
und unserer Unterstützung in dieser Sache sicher sein
können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die nicht islamische Welt – dazu zählen wir – darf
sich aus ihrem eigenen Selbstverständnis heraus weder
moralisch noch tatsächlich in eine Art Kollektivhaft für
das Verhalten einzelner Zeitungen nehmen lassen. Es
scheint für einige hier die große Stunde Huntingtons zu
sein. Das ist sie – darin stimme ich Ihnen zu, Herr Kuhn –
selbstverständlich nicht. Wir stehen nicht vor einem
Kampf der Kulturen.


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Eher der Unkultur!)


Denn das würde bedeuten, dass sich die so genannte isla-
mische Kultur und die so genannte westliche Kultur un-
vereinbar gegenüberstünden. Angesichts der derzeitigen
Gegebenheiten würde das letztlich heißen, islamistische
Gewaltreaktionen, Regime, die diese Debatte bewusst
ausnutzen, in die Nähe eines übergeordneten Kulturbe-
griffs zu rücken. Das dient weder unserer Kultur noch
der eigentlichen islamischen Kultur. Das muss einmal
festgestellt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Was bedeutet das letztlich für unsere politischen
Grundsätze? Ja zur Dialogbereitschaft, da stimme ich Ih-
nen zu, Kollege Kuhn. Wir müssen uns auch bewusst
sein, dass keine Konfliktlinie, keine apodiktische Trenn-
linie zwischen westlicher und islamischer Welt verläuft.
Die eigentliche, die bestimmende Konfliktlinie verläuft
zwischen denjenigen, die Terrorismus, Hass und Intole-
ranz das Wort reden, und denjenigen – egal welcher Re-
ligion –, die sich für Menschenrechte, für Rechtsstaat-
lichkeit und für Meinungsvielfalt einsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Auf Letzteres können wir uns mit einigem Stolz berufen.

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(C (D Meine Damen und Herren, der bei weitem härteste egner von Fundamentalismus sind die beherrschten emokraten, im Zweifel also wir selbst, solche, die unerührt ihre Rechtsund Zivilisationsgrundsätze zu leen wissen, auch vorzuleben wissen. Was ist der Anpruch, der für uns daraus rührt? Selbstverständlich ialog, aber nicht mit dem alleinigen Maßstab wiederolter Rechtfertigung für das, was uns ausmacht, sonern vielleicht auch einmal mit dem Maßstab von Selbstewusstsein. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601712600

Das Wort hat nun der Kollege Dr. Wolfgang Gerhardt

ür die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP):
Rede ID: ID1601712700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Analysie-

en wir, was geschehen ist. Eine dänische Zeitung hat
arikaturen aus einem Wettbewerb heraus veröffent-

icht.


(Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE]: Es gibt aber eine Vorgeschichte!)


anche sind gelungen, manche weniger, manche sind
ründlich misslungen. Wir haben zur Kenntnis zu neh-
en, dass sich Muslime davon bedrängt und tief verletzt

ühlen. Ob das allen Beteiligten von Anfang an so klar
ar, lasse ich dahingestellt sein. Wir haben das zu

espektieren. Wir dürfen aber sagen, dass Verletzlichkeit
icht dazu veranlassen darf, Mittel in Bewegung zu set-
en, die wir weltweit im Zusammenleben von Staaten
nd Menschen nicht sehen wollen. Es gibt keine Verletz-
ichkeit, die dazu führen darf, Maßstäbe zu verletzen.
ies ist in der Nachfolge krass geschehen.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Das sage ich, da muslimische Gäste auf der Tribüne
ind, auch deshalb, weil das auch andere Religionsge-
einschaften betrifft. Ich kenne laute Aufschreie und

roße Proteste katholischer und evangelischer Christen
n der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik nach
eröffentlichungen. Erinnern wir uns an 1962, an den
rtikel „Brennt in der Hölle wirklich ein Feuer?“ im

Stern“ von Bucerius. Es gab einen scharfen öffentlichen
rotest der Christen.

Auch wir, die wir ein christliches Bekenntnis abgelegt
aben, mussten hinnehmen, dass wir gelegentlich die
chärfe der Pressefreiheit akzeptieren müssen und dass
ich der Protest in Bahnen bewegen muss, die aufgeklär-
en Gesellschaften angemessen sind. Das müssen auch
ie muslimischen Glaubensgemeinschaften lernen. Sie
üssen gelegentlich die Schärfe der Pressefreiheit ertra-

en. Sie können uns wissen lassen, dass wir hätten sehen
üssen, dass sie sich verletzt fühlen, aber sie müssen






(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Gerhardt
sich jetzt auch selbst herausgefordert fühlen, und politi-
sche Führungen in vielen Ländern müssen die Menschen
darauf hinweisen, dass nicht eine Religion Deutungsho-
heit über alles hat. Das ist der Kern der Debatte, die jetzt
stattfindet.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ein gutes Beispiel für das friedliche Zusammenleben
haben gestern zwei Chefredakteure von Zeitungen gege-
ben. Es waren Kai Diekmann von der „Bild“-Zeitung
und sein Kollege von der „Hürriyet“, Ertugrul Özkök.
Beide haben natürlich auch gesehen, dass es längst nicht
mehr allein um die Karikaturen in einer dänischen Zei-
tung geht. Es geht im Kern um die Frage, ob Menschen
die Geltendmachung der Verletzung ihrer Würde als
Mittel eines Protestes anwenden dürfen, der jedes Maß
überschritten hat. Für mich geht es im Kern auch darum,
ob das Ganze dazu führen kann, dass wir in unseren Ge-
sellschaften eine Diskussion beginnen, die zu einer Art
Selbstzensur führt. Dazu bin ich als freier Demokrat
nicht bereit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


John Stuart Mill hat in seinem berühmten Essay über
die Freiheit geschrieben, dass es bei der Freiheit nicht
nur um den Kampf gegen Willkür und auch nicht nur um
den Kampf gegen in einer Gesellschaft vorherrschende
Meinungen und Gefühle geht, die Andersdenkenden mit
anderen Mitteln als der Überzeugung aufgezwungen
werden sollen. Betroffenheit zur Kenntnis zu nehmen
und sich zu einer Überprüfung herausgefordert zu füh-
len, ob eine richtige Abwägung vorgenommen worden
ist – das ist immer richtig.

Jede Religion hat ihre eigene Würde, keine hat ein
Deutungsmonopol. Das hat Heribert Prantl in dieser Wo-
che in einem Kommentar so treffend beschrieben, dass
es niemand von uns besser ausdrücken könnte. Er
schreibt:

Wenn eine Religion allumfassend ist, wenn sie die
Trennung zwischen Recht und Moral nicht vollzieht,
wenn sie alles, was ihre Sitten verletzt, als Schmä-
hung verfolgt sehen will, dann macht sie ihre religiöse
Ordnung zur weltlichen. Ein säkularisierter, demo-
kratischer Staat kann das nicht akzeptieren …

Pressefreiheit wäre dann kein Grundrecht mehr, sondern
ein Gnadenrecht.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das ist der Kern, über den hier gesprochen werden muss
und den wir im Dialog der Kulturen in aller Freiheit
auch unseren muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbür-
gern in Deutschland – er gilt aber natürlich auch für an-
dere – mitteilen können. Sie können ihn akzeptieren. Wir
sind nicht zum Schweigen über unseren eigenen Stand-
ort verpflichtet, nur weil andere sagen, sie fühlten sich

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(C (D adurch verletzt. Zu einem offenen Dialog gehört die ahrheit bei der Mitteilung des jeweiligen Standortes. Ich will mit dem Hinweis schließen, dass der Chefreakteur einer jordanischen Zeitung, der in einem Artikel Muslime, seid vernünftig“ geschrieben und gefragt hat, as für größere Vorurteile gegen den Islam sorge, diese arikaturen oder die Bilder von Entführern, die ihre Op er vor laufender Kamera abstechen würden, bzw. ein elbstmordattentäter, der sich auf einer Hochzeitsfeier in mman in die Luft sprenge, in dieser aufgewühlten Welt icht als ein Mann der Besinnung und des Maßes zur enntnis genommen, sondern entlassen und verhaftet orden ist. Wir sagen den Muslimen in aller Welt: Sie selbst soren für das Ansehen ihrer Religionsgemeinschaft. Wir aben ein massives Interesse, mit ihnen in einem friedlihen Dialog zu leben, was wir in Deutschland und im brigen auch unsere dänischen Nachbarn zeigen. Aber ie selbst haben die Verantwortung für diese Grenzüberchreitungen, die für uns unerträglich sind und die unterleiben sollten. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601712800

Nächster Redner ist der Kollege Niels Annen für die

PD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Niels Annen (SPD):
Rede ID: ID1601712900

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Die Bilder der letzten Tagen aus dem Nahen Os-
en bewegen die Menschen überall auf der Welt. In der
at fühlen sich viele Menschen in ihren religiösen Über-
eugungen tief getroffen. Ich will offen sagen, dass ich
icht den Eindruck habe, dass eine Debatte mit Fünf-Mi-
uten-Beiträgen der angemessene Rahmen ist, um dieses
omplexe Thema miteinander zu diskutieren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ch will deswegen für die SPD-Fraktion sagen, dass wir
ns dafür einsetzen werden, in angemessener Zeit eine
ernünftige Auseinandersetzung über dieses Thema in
iesem Hause zu führen und den Dialog fortzusetzen.
ir werden dafür einen Antrag vorbereiten.


(Beifall bei der SPD)


Massenhafte Demonstrationen, brennende dänische
ahnen und in Flammen aufgehende europäische Bot-
chaften scheinen für einige Menschen in diesem Land
er Beleg dafür zu sein, dass der Graben zwischen der
slamisch und der christlich geprägten Welt unüberwind-
ar ist. Viele Menschen stehen in der Tat ratlos vor der
ich manchmal grotesk zuspitzenden Auseinanderset-
ung. Natürlich ist es dann leicht und auch verführerisch,






(A) )



(B) )


Niels Annen
nach einfachen Erklärungen zu suchen. Aber wir wissen:
Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema
kann uns dies nicht ersparen.

Es ist unsere Aufgabe – davon bin ich überzeugt –,
auch hier im Deutschen Bundestag zur Deeskalation bei-
zutragen. Wir müssen die Lage beruhigen und nach den
Ursachen der Geschehnisse fragen. Wir müssen demo-
kratische Grundwerte und demokratisches Handeln ent-
schieden verteidigen und darüber hinaus den Dialog wa-
gen, anstatt – da stimme ich Ihnen zu, Kollege
Guttenberg – den Kampf der Kulturen herbeizureden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn Fundamentalisten die aufgeheizte Situation für
ihre politischen Ziele missbrauchen, dann dürfen wir ih-
rem Kalkül nicht aufsitzen. Deswegen finde ich Forde-
rungen nach einem Boykott oder dem Abbruch von
diplomatischen Beziehungen an dieser Stelle kontrapro-
duktiv; das will ich offen sagen.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg [CDU/CSU])


Unsere Aufgabe ist es vielmehr, wieder Rationalität in
die Auseinandersetzung zu bringen, nicht, die Stimmung
aufzuheizen. Es lohnt die Mühe, sich die derzeitige Situa-
tion genauer anzusehen. Es gibt einen Unterschied zwi-
schen ehrlicher, religiös empfundener Empörung und
gezielt geschürter Gewalt. Die gewaltsamen, erschre-
ckenden Auseinandersetzungen der letzten Tage sind
zum Teil gut organisiert und inszeniert. Wir dürfen je-
doch nicht den Fehler machen, die gewalttätigen
Demonstrationen mit der islamischen Welt gleichzuset-
zen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Die übergroße Mehrheit der Muslime lehnt diese Ex-
zesse entschieden ab. Es ist doch interessant, dass es sä-
kulare Regierungen sind, die diese Provokationen offen-
sichtlich gezielt steuern, um ihre durchschaubaren
politischen Ziele zu erreichen. Wir müssen die politisch
Verantwortlichen deutlich benennen. Das werden wir
auch tun.

Wir müssen unsere Grundwerte entschieden verteidi-
gen. Ich sage es ganz offen: Für mich ist die Vorstellung,
dass sich ein demokratisch legitimierter Regierungschef
für den Abdruck in einer Zeitung öffentlich entschuldi-
gen soll, grotesk.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Meinungs- und die Pressefreiheit sind und bleiben
Dreh- und Angelpunkt unseres demokratischen Grund-
verständnisses. Für diese Freiheiten ist jahrhundertelang
gekämpft worden. Es hat auch viele Opfer gegeben.
Dass diese Freiheiten immer wieder neu erkämpft wer-
den müssen, zeigt der aktuelle Konflikt. Deswegen ist
Hochmut vonseiten des Westens in dieser Auseinander-
setzung vollkommen fehl am Platze.

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(C (D Wir haben vielmehr geduldig zu erklären, dass es in er Tat – darauf ist schon hingewiesen worden – auch ei uns das Recht gibt, Geschmacklosigkeiten zu publiieren. Auch in Deutschland ist schon an der einen oder nderen Stelle von diesem Recht Gebrauch gemacht orden. Wir müssen aber auch deutlich machen, dass es deokratische Mittel und Wege gibt, sich zur Wehr zu set en, wenn man sich in seinen religiösen Gefühlen veretzt fühlt. Der Verletzung der in unserer Verfassung ufgeführten Grundrechte werden durch einen klaren echtlichen Rahmen Grenzen gesetzt. Verständnis und Verständigung sind nur im Dialog öglich. Das richte ich an all diejenigen, die jetzt untington zitieren. Überall auf der Welt gilt die Allgeeine Erklärung der Menschenrechte. Sie gilt nicht nur ür den Westen oder für die islamische Welt; sie gilt uniersell. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Deswegen geht es hier um eine grundlegende Frage.
ir sollten in diesem Zusammenhang nicht von Leitkul-

ur oder Ähnlichem reden. Das Thema ist zu ernst, um es
arteipolitisch zu instrumentalisieren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


ur durch Austausch und ein echtes Auseinandersetzen
it dem anderen können sich gegenseitiges Verständnis,
espekt und – damit möchte ich schließen – vielleicht
uch ein wenig mehr Gelassenheit im Dialog entwi-
keln.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601713000

Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer ersten Rede im

eutschen Bundestag, Herr Kollege Annen! Alle guten
ünsche für die weitere Arbeit!


(Beifall)


Das Wort hat nun der Kollege Dr. Norman Paech für
ie Fraktion Die Linke.


Dr. Norman Paech (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601713100

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

en! Erinnern Sie sich noch der brennenden Vorstädte
on Paris, Lyon und Marseille? Nun brennen Botschaf-
en und Konsulate in Beirut und Damaskus. Ein Ende ist
icht abzusehen.

Sicherlich wird der Ausbruch von Empörung, Hass
nd Gewalt zum Teil auch benutzt und instrumentali-
iert. Aber der Hass muss schon vorhanden sein, ehe er
u einem Instrument der Gewalt gemacht werden kann.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dr. Norman Paech
Wie aber konnte durch ein paar Karikaturen das Fass
zum Überlaufen gebracht werden? Das hat nur entfernt
mit Toleranz und Pressefreiheit zu tun, Herr Kuhn – es
hat niemand hier vorgeschlagen, sie anzutasten –; das ist
meines Erachtens die falsche Erklärung, mit der in Eu-
ropa auf die Vorfälle reagiert wird. Das Ganze hat viel-
mehr mit Provokation, Demütigung und Arroganz zu
tun.


(Beifall bei der LINKEN)


Nicht nur der Westen fühlt sich – durch die Terrorakte –
in seinen Grundfesten angegriffen, auch die gesamte is-
lamische Welt fühlt sich bedroht, und zwar durch die
Kriege gegen Afghanistan und den Irak, die täglich wie-
derholte Drohung gegen den Iran und die offene Forde-
rung nach Regimewechseln in den so genannten Schur-
kenstaaten.

Zur Demütigung trägt auch die Globalisierung bei.
Sie verstärkt auch in den islamischen Ländern die Kluft
zwischen Arm und Reich. Die Programme der Weltbank
und des Internationalen Währungsfonds erfährt die
breite Bevölkerung nicht als Wohltat oder Heilsbot-
schaft.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Was haben Sie denn für Vorurteile?)


Sie fördern die Verarmung, zerreißen die Gesellschaften
und tragen zur Zerstörung der Identität dieser Gesell-
schaften bei.

Was wir als Demokratisierung, Good Governance und
zivilisatorische Mission begreifen,


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Zum Thema, bitte!)


kommt auf der anderen Seite immer mehr als eine neue
Kolonialisierung an, zumal wenn sie von Militär und
Krieg begleitet wird. Das ist doch nicht unbegreiflich.


(Beifall bei der LINKEN)


Guantanamo und Abu Ghureib sind nicht nur
schlichte Orte der Haft und Folter, sondern auch Meta-
phern der kulturellen Demütigung, der Verhöhnung und
des Angriffs auf die kulturelle Identität der Muslime.


(Beifall bei der LINKEN)


Was haben wir zu tun? Der Dialog ist gut, wenn er
denn gelingt. Doch glaube ich, dass der „Muslimtest“
nicht gerade der richtige Anfang ist. Zuerst müssen wir
deeskalieren und abrüsten. Zu unserer friedenspoliti-
schen Kultur gehört doch, dass wir Eskalation nicht mit
Eskalation beantworten.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Terror ist nicht mit Krieg zu besiegen. Das sollte uns
das Scheitern von Bushs Antiterrorkrieg gelehrt haben.
Noch können wir innehalten. Ein Überfall auf den Iran,
wie er derzeit in der Logik der beiderseitigen Eskalation
liegt, hätte einen verheerenden Flächenbrand im ganzen
Nahen und Mittleren Osten zur Folge, und nicht nur das:
Eventuell würden wir auch Berlin nicht wiedererkennen.

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(C (D Wir fordern deswegen von der Bundesregierung – sie st nicht anwesend –: Leiten Sie den Weg zum UNOicherheitsrat um zu einer internationale Friedensund icherheitskonferenz über den Nahen Osten! ie Aufgabe einer solchen Sicherheitskonferenz wäre, ie Lösung der ungelösten Probleme der Region umfasend anzugehen. Das heißt zunächst eine unantastbare arantie der Existenz Israels in eindeutig definierten renzen – an dieser Stelle vermisse ich Ihren Beifall –, ber auch eine unantastbare Garantie eines lebensfähien, souveränen Staates Palästina in zukunftsfähigen renzen, Abzug aller Besatzungstruppen aus dem Irak nd statt der dauernden Drohung mit militärischen Sankionen gegen den Iran Gewaltverzicht und eine Nichtanriffsgarantie der USA und schließlich eine atomwaffenreie Zone im ganzen Nahen Osten. Ich bin mir sicher: Eine solche Friedenskonferenz ürde natürlich nicht alle Probleme dauerhaft lösen. ber sie würde deeskalieren, der islamischen Welt die ebührende Achtung erweisen und für Gleichberechtiung sorgen. Zum Schluss: Erst wenn in dieser Region Frieden und icherheit vor westlichen Interventionen herrschen, weren solche Karikaturen wie die jetzigen zwar noch imer Kritik auslösen, aber keine brennenden Botschaften ehr hinterlassen. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Unerträglich!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601713200

Joachim Hörster ist der nächste Redner für die CDU/

SU-Fraktion.


Joachim Hörster (CDU):
Rede ID: ID1601713300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich teile

ie Auffassung des Kollegen Annen, der eben zu Recht
estgestellt hat, dass man das heutige Thema nicht im
ahmen einer Aktuellen Stunde behandeln kann.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Debatte einfach verlängern!)


Herr Kuhn, als Sie die Debatte eröffnet und uns nahe
elegt haben, darüber nachzudenken, welchen Beitrag
ie deutsche Politik zur Deeskalation des Konfliktes
eisten soll, habe ich mich gefragt, welchen Beitrag Sie
elbst dazu geleistet haben. Die Allgemeinplätze, die Sie
ns vorgetragen haben, helfen jedenfalls nicht weiter.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


as uns hilft, ist vielmehr eine ganz rationale und ruhige
ewertung der stattgefundenen Vorgänge.






(A) )



(B) )


Joachim Hörster
Zumindest in unserem Land sehe ich nicht, dass es
anlässlich der Karikaturen einen Konflikt zwischen
Muslimen und Nichtmuslimen gibt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die bei uns lebenden Muslime haben sich in einer Weise
verhalten, wie es in unserer Gesellschaft üblich ist. Ge-
nauso wie ich als Christ ertragen muss, dass hässliche
und geschmacklose Karikaturen über meine Religion er-
scheinen, haben sie es ertragen. Die Karikaturen gefallen
ihnen nicht und sie fühlen sich beleidigt. Aber sie suchen
die friedliche Diskussion.

Der Sachverhalt ist nicht innenpolitisch, sondern au-
ßenpolitisch zu bewerten. Es fällt auf, wie sich einzelne
Regierungen in dieser Sache verhalten. Erschienen sind
die Karikaturen schon Ende September vergangenen
Jahres. Aber die entsprechenden Aktionen haben erst in
den letzten Wochen stattgefunden. Mir kann niemand
weismachen, dass in Syrien eine Demonstration ohne
Akzeptanz oder Duldung der Regierung stattfindet.


(Dirk Niebel [FDP]: Das glaubt kein Mensch! – Zuruf von der SPD: Und noch dazu eine freie!)


Ich kann aber erkennen, dass die Demonstrationen im
Libanon nicht erwünscht waren. Das dortige Sicherheits-
system war mit dem, was entstanden ist, einfach überfor-
dert.

Man muss schon Fingerspitzengefühl besitzen, um
die Lage zum Beispiel im Jemen zu beurteilen. Dort ha-
ben ausschließlich Frauen demonstriert. Wer einmal den
Jemen besucht hat, der weiß, dass dort das offene Tragen
von Waffen zur Darstellung der Männlichkeit gehört.
Offenbar sollte auf der einen Seite dem Protest Raum ge-
geben werden, auf der anderen Seite wurde durch die
Auswahl der Protestierenden Wert darauf gelegt, dass
die Situation nicht eskaliert.

So sind in jedem Land die Reaktionen unterschied-
lich. Im Iran werden die Karikaturen instrumentalisiert,
weil man sich im Konflikt wegen der Kernenergie befin-
det. In Syrien werden die Karikaturen instrumentalisiert,
weil Syrien im Moment sogar in der arabischen Welt
weitestgehend isoliert ist und man wieder Anschluss ge-
winnen will.

Wenn man die Verhältnisse in den Ländern betrachtet,
in denen vorrangig demonstriert worden ist und wo Ra-
dikale die Chance genutzt haben, gezielt bestimmte
Menschengruppen in Rage zu bringen und sie aufzusta-
cheln, Botschaften und Konsulate zu überfallen, dann
sieht man, dass dahinter Methode steckt. Das hat über-
haupt nichts mit einem Kampf der Kulturen zu tun. Es
hat vielmehr damit zu tun, dass sich Systeme, die sich
von ihrer Bevölkerung entfernt haben und die ihrer Be-
völkerung die Partizipation an der politischen Entschei-
dung vorenthalten, hinter diesem vorgeschobenen Kul-
turkampf verstecken.

Ich habe mit großer Aufmerksamkeit die Reaktionen
von Politikern und bedeutenden Meinungsführern aus
diesen Ländern verfolgt. Es stimmt mich schon sehr

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(C (D achdenklich, dass, nachdem die Angriffe auf die Botchaft im Libanon erfolgt sind, der Innenminister zuückgetreten ist, weil er das nicht gewollt hat. Es stimmt ich sehr nachdenklich, dass andererseits der stellver retende ägyptische Außenminister sagte: Die Karikatuen reihen sich in die antiislamischen Kampagnen ein, ie seit dem 11. September 2001 den Westen beherrchen. er ägyptische Staatspräsident sagte, er warne vor der erbreitung der Karikaturen, die Wirkung auf die Mus ime sei kaum zu kontrollieren. Die Sprache offenbart, as der eigentliche Grund der Auseinandersetzung ist. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen ie uns ganz ruhig und gelassen mit der notwendigen ouveränität von Demokraten, die Pressefreiheit brauhen wie die Luft zum Leben, diesen Sachverhalt beureilen und lassen Sie uns nach Ländern differenzieren. ch bin überzeugt davon, dass dann der notwendige Diaog fortgesetzt und es nicht zu der Auseinandersetzung ommen wird, die so manche gerne hätten. Ich bedanke mich. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


(Dirk Niebel [FDP]: Unglaublich!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601713400

Ich erteile das Wort dem Kollegen Jürgen Trittin,

ündnis 90/Die Grünen.


Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601713500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube,

em Aufruf zur Gelassenheit können wir uns alle an-
chließen. Ich möchte für meine Fraktion anfügen: Wir
ätten uns diese Gelassenheit im Zusammenhang mit
anch anderen Debatten, beispielsweise bei der über den
traftatbestand der Religionsbeleidigung – § 166 StGB –,
elegentlich auch gewünscht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es kann kein Zweifel daran bestehen: Die Pressefrei-
eit umfasst auch die Freiheit, Geschmacklosigkeiten
nd Meinungen zu verbreiten, die andere nicht teilen. Es
st mit aller Macht zurückzuweisen, von einem frei ge-
ählten Regierungschef eines Landes zu verlangen, sich

ür die Wahrnehmung dieses Rechtes zu entschuldigen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


In diesem Zusammenhang ist sehr genau darauf zu
chten, wo es sich tatsächlich um die Verletzung von
enschen eines bestimmten Glaubens handelt und wo

ie Empörung über diese Verletzung für ganz andere
wecke ausgenutzt wird.


(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Richtig! – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ja!)


Lieber Herr Kollege Paech, ich bin ganz und gar da-
egen, den armen, arbeitslosen, perspektivlosen Bewoh-
er einer französischen Vorstadt mit dem Randalierer in






(A) )



(B) )


Jürgen Trittin
Beirut gleichzusetzen, der das christliche Viertel ange-
griffen hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Warum? Weil die Ursachen ganz andere sind. Übri-
gens, in Palästina hat nicht die Hamas, sondern haben die
Wahlverlierer die Situation genutzt und randaliert. In
Syrien – in einem Land mit einer anerkannten Menschen-
rechtsagenda – konnte eine Botschaft niedergebrannt
werden. Es wird eine Debatte über die Vorherrschaft im
Libanon geführt. Die libanesische Zivilgesellschaft ist
aufgestanden, um dafür einzutreten, dass man zu einer
anderen Kultur zurückkehrt. Im Libanon lebten immer
Christen, Muslime, Jesiden und andere miteinander. Die
Syrer haben diese Situation genutzt, um ihren Machter-
halt dort zu zementieren. Es ist eine Beleidigung des
Islam, eine Gleichsetzung mit den verletzten Gefühlen
der Muslime in diesem Lande vorzunehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


An dieser Stelle kann es kein Vertun geben.

Andererseits: Wenn wir einen Dialog mit den musli-
mischen Gesellschaften führen wollen, dann dürfen wir
nicht als Erstes fordern, lieber Herr Schockenhoff – Herr
Westerwelle, von Ihnen habe ich Ähnliches gehört –,
diesen Dialog beispielsweise dadurch zu erschweren,
dass wir Botschaften schließen und Finanzmittel kürzen.
Zu Recht hat die Bundesregierung seit geraumer Zeit ge-
nau diesen Dialog in nicht weniger als 20 Botschaften
– in Afghanistan und anderswo – mit erheblichen Fi-
nanzmitteln fortgesetzt. Es gilt, ihn zu stärken, gerade in
einer solchen Situation. Nicht richtig ist, populistisch zu
sagen: Wir machen das nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es gibt einen Zusammenhang zwischen Innen- und
Außenpolitik. Wir müssen die Freiheit der Meinungs-
äußerung in unserem Lande ohne Abstriche verteidigen.
Genauso sind wir für das Klima hier in Deutschland und
in Europa verantwortlich. Es ist kein Beitrag zur De-
eskalation, Menschen, die acht Jahre und länger hier le-
ben, die nicht straffällig geworden sind und über die
beim Verfassungsschutz nichts vorliegt, nur weil sie
Muslime sind, bei der Einbürgerung einem besonderen
Test zu unterziehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Das stimmt nicht, was Sie sagen! – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Deeskalation!)


Das ist falsch, weil es den Eindruck hervorruft, diese
Menschen gehörten nicht zu diesem Europa.

Wir müssen klarstellen, dass Muslime in diesem
Europa zu Hause sind, dass sie Bestandteil dieses Euro-
pas sind. Nur wenn wir es schaffen, diese Menschen in
die europäischen Gesellschaften tatsächlich zu integrie-
ren, haben wir eine Chance, zu verhindern, dass verbre-

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(C (D herische Regimes wie im Iran, wie in Syrien in der age sind, religiöse Gefühle von Menschen für ihre auerordentlich niederen Interessen zu instrumentalisieren. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ntegration ist auch und gerade eine Frage der Sicherheit
n Europa.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601713600

Das Wort erhält nun die Kollegin Dr. Lale Akgün für

ie SPD-Fraktion.


Dr. Lale Akgün (SPD):
Rede ID: ID1601713700

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

en! Wir sind Zeugen merkwürdiger Ereignisse. Die dä-
ische Fahnenträgerin Holm erhält jetzt bei den Olympi-
chen Spielen Personenschutz. In Indonesien wird ein
admintonturnier abgesagt, weil dänische Spieler nicht
eschützt werden können. Aus Stoffstücken, die eigent-
ich für palästinensische Fahnen gedacht waren, werden
ilig dänische Fahnen zusammengenäht, damit sie an-
chließend verbrannt werden können. Als vor vier Mo-
aten die Mohammed-Karikaturen in der dänischen Zei-
ung „Jyllands-Posten“ erschienen, wer hätte da gedacht,
ass sie solch groteske Folgen haben würden? Sicherlich
aum jemand.

Aber schon laufen einige durchs Land, die den Kampf
er Kulturen erkennen wollen. Für mich als muslimische
emokratin gibt es keinen Gegensatz zwischen Demo-
ratie und Islam. Demokratie, Meinungsfreiheit, Presse-
reiheit sind Werte, die in der Grundrechtecharta der Ver-
inten Nationen stehen und für alle verbindlich sind.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Demokraten, aber auch Nichtdemokraten gibt es in al-
en Religionen. Was wir im Moment in Teilen der musli-
ischen Welt erleben, ist der Versuch der Nichtdemo-

raten, ihre Macht zu demonstrieren.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Richtig!)


ie Ausschreitungen in arabischen Ländern kommen
icht aus dem Nichts. Die Fundamentalisten haben die
unst der Stunde erkannt und versuchen, die Situation

ür sich zu nutzen, sei es, um innenpolitisch zu punkten,
ei es, um soziale Konflikte religiös zu verbrämen oder
on sozialen Konflikten abzulenken.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Glauben Sie mir: Auch in islamischen Ländern sind
icht wenige Menschen über das entsetzt, was im Mo-
ent passiert. Wir sollten nicht pauschal davon ausge-

en, dass alle Menschen in der muslimischen Welt unde-
okratisch eingestellt sind, dass sie gegen Presse-,
einungs- oder Versammlungsfreiheit sind. Gerade die

unge Generation will Freiheit und die Wertedemokratie.






(A) )



(B) )


Dr. Lale Akgün
Die jungen Menschen wollen, dass sich bei ihnen etwas
verändert.

Ich sage noch einmal: Die Werte der Aufklärung sind
universelle Werte. Dort, wo sie nicht zum Zuge kom-
men, herrscht ein Demokratiedefizit, an dessen Aus-
gleich wir mitarbeiten müssen, wenn wir es mit dem Dia-
log auf gleicher Augenhöhe ernst meinen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Lassen Sie mich ein Beispiel anführen. Wir in
Deutschland haben unsere Instrumente, um gegen uner-
wünschte Veröffentlichungen zu protestieren. Wir kön-
nen diskutieren. Wir können den Presserat einschalten.
Wir können uns auf § 166 Strafgesetzbuch berufen, der
sich mit der Beschimpfung von Bekenntnissen, Religi-
onsgemeinschaften und Weltanschauungsvereinigungen
beschäftigt. Andere Länder haben diese Instrumente
nicht. Wir müssen die marginalisierten Kräfte gerade in
den arabischen Ländern unterstützen, damit dies auch
bei ihnen möglich wird.

Während wir hier debattieren, findet in Kuala Lumpur
in Malaysia eine Konferenz der hochrangigen islami-
schen Gelehrten der Welt unter dem Motto „Wer spricht
für den Islam? Wer spricht für den Westen?“ statt. Die
Signale von dort sind ermutigend. Der malaysische Au-
ßenminister Syed Hamid Albar hat das Notwendige ge-
sagt, indem er dazu aufrief, die Extremisten auf beiden
Seiten in die Schranken zu weisen.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU])


Er sagt: Wir müssen verstehen und vermitteln, dass es im
Kern unserer Religionen um die Förderung des Friedens
und nicht der Gewalt geht.

Noch ein Wort zum Inland. Ich bin sehr froh über die
gemeinsame Erklärung der großen islamischen Verbände
in Deutschland, die sich klar gegen jede Gewalt stellen
und zum friedlichen demokratischen Dialog aufrufen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Norman Paech [DIE LINKE])


Angesichts der Tatsache, dass über 15 Millionen Mus-
lime in der EU und über 30 Millionen Muslime in
Europa leben, geht es nicht mehr darum, ob wir mitei-
nander leben können, sondern darum, wie wir dieses Zu-
sammenleben gestalten werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dialog und das Herausstellen der gemeinsamen Werte ist
jetzt unsere Aufgabe. Worte und Bilder haben hohe sym-
bolische Bedeutung. Dies haben wir in den vergangenen
Wochen zur Genüge erlebt. Es ist jetzt an der Zeit, un-
sere Worte für Versöhnung einzusetzen.

Ich will

der Bundespräsident aller Deutschen … sein und
der Ansprechpartner für alle Menschen, die ohne
einen deutschen Pass bei uns leben und arbeiten.

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(C (D Mit diesen Worten schaffte es der verstorbene Bunespräsident Johannes Rau, die Herzen der Zugewanderen in Deutschland zu gewinnen. Damit war er der Bunespräsident aller Menschen in Deutschland, auch der uslime. Wir brauchen mehr Menschen im Geiste von ohannes Rau. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


ir brauchen mehr Menschen in der Politik, aber auch
n den Medien, die zur Deeskalation beitragen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Norman Paech [DIE LINKE])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601713800

Das Wort hat nun der Kollege Reinhard Grindel für

ie CDU/CSU-Fraktion.


Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1601713900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Un-

ere Debatte muss zusammenführen. Deswegen will ich
m Anfang gerne betonen: Mein Eindruck ist, dass viele
hristen in unserem Land sehr wohl Verständnis dafür
ufbringen, wenn sich Muslime durch die Mohammed-
arikaturen verletzt fühlen. Sie eint ein Gedanke: Es
uss Lebensbereiche geben, die uns heilig sind und die
öglichst frei sein sollten von geschmacklosem Spott

der Schmähkritik.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Deshalb sage ich gerade als jemand, der vor seiner
rbeit im Deutschen Bundestag als Journalist tätig war:
s gilt, die Presse- und Kunstfreiheit zu achten; es gilt
ber auch, die Selbstverantwortung für journalistisches
nd künstlerisches Handeln und die Folgen journalisti-
chen Tuns zu bedenken. Beides gehört zusammen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


In diesem Zusammenhang will ich ausdrücklich die
emeinsame Aktion von „Bild“-Zeitung und „Hürriyet“
ervorheben. Das ist für mich ein Beispiel für verant-
ortlichen Journalismus, weil das Gemeinsame und
icht das Trennende von Deutschen und Türken betont
ird.


(Beifall des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU] sowie des Abg. Hellmut Königshaus [FDP])


s ist jetzt sicher die richtige Botschaft, darauf hinzu-
eisen, dass im Alltag der Menschen viele Freundschaf-

en gewachsen sind, die zu einem friedlichen Zusam-
enleben in unserem Land beitragen. In unruhigen
eiten brauchen wir Aktionen wie die von „Bild“ und
Hürriyet“, die beruhigend wirken. Ich finde, wir sollten
as loben.






(A) )



(B) )


Reinhard Grindel

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Beifall bei der FDP)


Aber wahr ist ebenso: Die Pressefreiheit schützt auch
die gezielte Provokation. Der Islam kennt ein religiöses
Verbot von Bildern des Propheten. Das Grundgesetz
kennt dieses Bilderverbot nicht. Auf diesen Unterschied
kommt es an: Unsere Verfassung ist der Maßstab für alle
Menschen, die in unserem Land leben. Daran haben sich
alle bei uns zu orientieren.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Bei aller Besonnenheit müssen wir den Kern des Pro-
blems klar ansprechen. Der Dialog der Kulturen muss
eine allgemein verbindliche Grundlage haben. Die Pres-
sefreiheit und die Kunstfreiheit sind für eine Demokratie
schlechthin konstituierend. Diese Grundrechte müssen
wir gemeinsam wehrhaft verteidigen, wenn sie von Fun-
damentalisten und radikalen Islamisten infrage gestellt
werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Es kann schon gar nicht Aufgabe der Politik sein, sich
für journalistische oder künstlerische Arbeiten zu ent-
schuldigen. Das wäre ein Staatsverständnis, das mit un-
serer freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht in
Einklang zu bringen ist. Das hat auch etwas mit der Kul-
tur – um nicht zu sagen: Leitkultur – zu tun, die das Zu-
sammenleben von Muslimen und Nichtmuslimen prägen
muss. Das hat etwas damit zu tun, dass man in unserem
Land die Freiheit der Presse achtet und eine Zensur nicht
stattfindet.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich begrüße es – wie auch Sie, Frau Kollegin Akgün –,
dass 16 türkische Organisationen in Deutschland die Ge-
walt wegen der Mohammed-Karikaturen verurteilt ha-
ben. Aber mit Verlaub: Etwas anderes wäre wohl auch
problematisch gewesen.

Wir brauchen mehr Verständigung auf gemeinsame
Grundlagen. Die Muslime in Deutschland haben ein
Recht darauf, dass wir klarer sagen, welche Integrations-
leistungen wir von ihnen erwarten. Die deutsche Sprache
und die Achtung von Verfassungsprinzipien gehören auf
jeden Fall dazu. Integration bedeutet eben nicht Multi-
kulti. Toleranz setzt einen klaren Standpunkt voraus. To-
leranz kann es nicht gegenüber Intoleranten geben. Da-
rauf müssen wir uns gemeinsam verständigen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wahr ist auch: Viele Fernsehbilder, die wir in den ver-
gangenen Tagen gesehen haben, entsprechen auf ma-
kabre Weise mancher Karikatur. Diese Bilder machen
vielen Menschen in unserem Land Angst. Wir müssen
deshalb dafür sorgen, dass Konflikte nicht verschärft
werden, die die Integration behindern könnten und sie
nicht fördern.

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(C (D Das fängt für mich im Kleinen an, hier in Berlin. Wie iele von uns haben sich zum Schulhofstreit in Berlinedding vorschnell und aufgeregt geäußert, bevor sie ie Vertreter von Schülern, Eltern und Lehrern zum Beipiel in der Sendung von Sabine Christiansen einmal elbst erlebt haben und einsehen mussten, dass die eutschpflicht eben kein Zwang, sondern eine freiwil ige, auf die Situation der Schule bezogene gemeinsame ereinbarung ist. Wir sollten uns Debatten ersparen, in denen man sich ewusst missverstehen will, wo doch mehr Verständnis üreinander angebracht wäre. Herr Trittin, Sie hätten sich Ihre Angriffe zum Thema uslimtest sparen können. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das damit zu tun?)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ie sprechen von Sicherheit, zu der durch Integration ein
eitrag geleistet werden müsse. Diese Sicherheit ist aber
uch bei Einbürgerungsverfahren zu fordern. Um nichts
nderes geht es.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Sonderrecht für eine Glaubensrichtung!)


Wir alle können dazu einen Beitrag leisten, dass es
einen Kampf der Kulturen gibt.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Auch die Grünen!)


s ist richtig und wichtig – lassen Sie mich diesen Zu-
atz machen –, dass wir uns vor dem notwendigen Dia-
og unserer Werte vergewissern und in diesem Dialog für
iese Werte einstehen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601714000

Für die Bundesregierung erhält nun der Staatsminister

ünter Gloser das Wort.


Günter Gloser (SPD):
Rede ID: ID1601714100

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Die Kontroverse um die Karikaturen ist in der
at besorgniserregend. Das Gewaltpotenzial, das in eini-
en Hauptstädten islamischer Staaten bei öffentlichen
rotesten freigesetzt wird, ist für uns erschreckend. Ich
in froh darüber, dass dies in weiten Teilen der Debatte
eutlich geworden ist. Wir sollten uns dennoch hüten, ei-
en Zusammenstoß der Zivilisationen oder einen Kampf
er Kulturen herbeizureden. Ich glaube, das wäre genau
ie falsche Antwort auf die jetzige Situation.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Günter Gloser, Staatsminister im Auswärtigen Amt
Ich bin auch froh darüber, dass in den Beiträgen der
Versuch unternommen worden ist, nicht zu pauschalie-
ren, sondern zu differenzieren. Herr Kollege Hörster, Sie
haben zum Beispiel die unterschiedlichen Situationen in
einigen Ländern erwähnt.

Vordergründig scheint es um eine bloße Güterabwä-
gung zu gehen: Schutz der Religionsfreiheit gegen die
Freiheit der Presse. Die Pressefreiheit hat bei uns Verfas-
sungsrang und steht nicht zur Disposition. Auch die
Religionen sind durch unsere Rechtsordnung vor Ver-
ächtlichmachung geschützt. Ich weise auf die entspre-
chenden Paragraphen im Strafgesetzbuch hin.

Wir haben Verständnis dafür, dass Muslime in aller
Welt die kontroversen Karikaturen als Verunglimpfung
ihrer religiösen Überzeugung empfinden. Gleichwohl
müssen wir deutlich machen, dass in unseren Gesell-
schaften Regierungen eben nicht in elementare Grund-
rechte eingreifen können. Zwar gelten auch Meinungs-
und Pressefreiheit nicht unbegrenzt. Diese Grenzen auf-
zuzeigen obliegt jedoch aus guten Gründen ausschließ-
lich der Justiz und nicht den Regierungsverantwortli-
chen.

Die Presse- und Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut,
mit dem sorgfältig umgegangen werden muss. Ich sage
aber auch – darüber haben wir ebenfalls anlässlich von
Vorkommnissen, die es in unserem eigenen Land gab,
diskutiert –: Zum Umgang mit der Pressefreiheit gehört
auch Verantwortungsbewusstsein. Wer von diesem
Grundrecht Gebrauch macht, muss sich fragen, ob er an-
dere Kulturen und Religionen herabsetzt oder lächerlich
macht. Wer von der Pressefreiheit Gebrauch macht,
muss sich fragen, ob er andere Menschen provoziert
oder verletzt. Ich denke, die Vorgänge der letzten Tage
zeigen, dass es auch bei uns einen großen Lernbedarf
gibt.

Protest und Demonstrationen gegen solche Veröffent-
lichungen sind legitim. Wer von seinem Recht auf freie
Meinungsäußerung Gebrauch macht, der muss sich auch
kritisieren lassen. Völlig inakzeptabel sind aber die Ge-
waltausbrüche, die wir in den letzten Tagen erlebt haben.
Für die Erstürmung der Botschaften und deren Brand-
stiftung sowie für Gewaltaufrufe gegen europäische Bür-
gerinnen und Bürger kann es keine Rechtfertigung ge-
ben.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich darf sicherlich auch in Ihrem Namen sagen: Da es
gewünscht wird, dass Deutschland diesen Dialog fort-
setzt und dass wir vor Ort vertreten sind, gilt in diesen
Tagen unser Mitgefühl den Kolleginnen und Kollegen,
die in den Botschaften und/oder Vertretungen von Insti-
tutionen – ob aus Deutschland oder aus anderen Ländern
der Europäischen Union – vor Ort ihren Dienst tun, der
mit einem gewissen Risiko behaftet ist.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Wir haben in den letzten Tagen den Regierungen in en betroffenen Ländern unseren Standpunkt deutlich emacht. Es ist Sache dieser Regierungen, die Sicherheit er europäischen Botschaften zu garantieren. Da kann es eine Ausflüchte geben. Denn die Frage ist gerechtferigt, wie die Reaktion wäre, wenn der umgekehrte Fall ingetreten wäre. Die EU-Mitgliedstaaten koordinieren hre Haltung und unterstützen die österreichische Ratsräsidentschaft bei dem Bemühen um Deeskalation. Wir haben dankbar registriert – das darf ich untertreichen –, dass besonnene Stimmen in der islamischen elt – einige sind schon genannt worden – die Gewalt xzesse klar verurteilt haben. Wir fordern – ich glaube, u Recht – die Regierungen, aber auch andere einflusseiche Persönlichkeiten in der islamischen Welt weiter achdrücklich dazu auf, die Gewaltakte zu verurteilen. ie Beruhigung der Menschen liegt im Eigeninteresse er islamischen Welt. Der legitime Protest wird in einien Staaten zurzeit in doch sehr durchsichtiger Weise Sie haben das bereits in Ihren Beiträgen ausgeführt – ür andere Zwecke instrumentalisiert. Meine Anerkenung gilt den islamischen Verbänden in Deutschland, die hne Zögern zu einer Versachlichung der Debatte beigeragen haben. Ich möchte dies hervorheben und meinen usdrücklichen Dank dafür aussprechen. Es ist sehr viel von Dialog die Rede. In der islamichen Welt herrscht sehr wohl das Bewusstsein, dass mfassende Reformen vorangetrieben werden müssen. eformen sind die Voraussetzung dafür, das Potenzial er nachwachsenden Generationen zu wecken und ihre ebenschancen zu verbessern. Die Menschen streben ach mehr politischer Mitgestaltungsmöglichkeit. Man önnte auch sagen: Sie streben nach Dialog, Rechtsstaatichkeit, Bildungschancen, kurz: nach guter Regierungsührung. Die Auseinandersetzung um die Mohammed-Karikauren hat lediglich einer breiteren Öffentlichkeit bei uns ewusst gemacht, wovor Experten seit längerem waren: eine Vertiefung der kulturellen Kluft zwischen der estlichen und der islamischen Welt. Die Bundesregierung hat bereits nach dem 1. September 2001 versucht, dieser Entwicklung entgeenzuwirken. Ich muss unterstreichen: Die damalige undesregierung hat auf den Dialog der Kulturen ge etzt. Im Auswärtigen Amt ist der Politikschwerpunkt Dialog mit der islamischen Welt“ eingerichtet worden. onferenzen sind organisiert worden. Kulturaustausche nd Besuchsprogramme haben stattgefunden. Konkrete rojekte der Zusammenarbeit sollen die Menschen in eiden Kulturkreisen einander näher bringen und gegeneitiges Verständnis wecken. Auf diesem Weg muss forteschritten werden. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall im ganzen Hause)


Ich darf als ein positives Beispiel an die Arabientage,
n die ersten „Tage der Arabischen Welt“ im Deutschen
undestag erinnern, die im Dezember 2004 stattgefun-
en haben. Wie viele arabische Kolleginnen und Kolle-






(A) )



(B) )


Günter Gloser, Staatsminister im Auswärtigen Amt
gen, die hier zu Gast waren, haben gesagt – Kollege
Hörster wird sich daran erinnern –, dass solche Debatten
bisher in der arabischen Welt nicht stattgefunden haben!
Aber in den Räumlichkeiten des Deutschen Bundestages
konnte man auch unter arabischen Abgeordneten fried-
lich diskutieren. Ich glaube, das war ein wichtiges und
richtiges Zeichen.


(Beifall bei der SPD)


Ich füge hinzu: Von größter Bedeutung ist die gezielte
Öffentlichkeitsarbeit. Ich erinnere an das seit 2002 be-
stehende arabische Fernsehprogramm der Deutschen
Welle oder an die vielen Fortbildungsprogramme für
Journalisten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wäre zu einfach,
die Ereignisse im Zusammenhang mit dem Karikaturen-
streit als Beleg dafür zu werten, dass der Dialog der Kul-
turen gescheitert ist. Im Gegenteil: Die Vorgänge unter-
streichen die Notwendigkeit bzw. die Dringlichkeit
dieses Dialogs. Es gibt keine Alternative zum Dialog der
Kulturen.

Wenn uns die Ereignisse der letzten Tage und Wochen
eines gelehrt haben, so die Erkenntnis, dass es sich um
eine Sisyphusarbeit handelt. Der wichtigste Beitrag, den
die deutsche Politik in der gegenwärtigen Situation leis-
ten kann, ist das Bemühen, diesen Dialog beharrlich fort-
zusetzen und zu intensivieren. Der Dialog mit der isla-
mischen Welt ist auch ein partnerschaftliches Angebot,
notwendige Reformprozesse zu unterstützen. Wir tun
dies nicht zuletzt aus dem ureigensten Interesse Europas
an einer starken und vitalen Nachbarregion auf der südli-
chen und östlichen Seite des Mittelmeers. Die Europäi-
sche Union und die Mittelmeeranrainer haben vor zehn
Jahren mit dem Barcelonaprozess den Rahmen für einen
umfassenden Dialog in praktisch allen Bereichen, in Po-
litik, Wirtschaft und Kultur, geschaffen. Ich glaube, auch
auf diesem Weg muss fortgeschritten werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Als ein wichtiges Beispiel darf ich die erste Institution
dieser Partnerschaft erwähnen: Die Anna-Lindh-Stif-
tung, die im Herbst letzten Jahres in Alexandria ihre Ar-
beit aufgenommen hat, hat das erklärte Ziel, das gegen-
seitige Verständnis und die Toleranz zu fördern.

Es kommt uns nicht darauf an, den islamischen Staa-
ten unsere Vorstellungen von Staat und Gesellschaft
überzustülpen. Aber eine erfolgreiche Transformation
wird nur gelingen, wenn der Reformprozess bei den
Menschen der betroffenen Staaten Akzeptanz findet.
Was wir tun können, ist, unser Modell, das uns Frieden
und Wohlstand sichert, den Menschen in dieser Region
im Wettbewerb der Ideen anzubieten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Das Wort hat nun die Kollegin Kristina Köhler für die DU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In er heutigen Debatte wurde deutlich, dass wir uns alle arin einig sind, dass die Pressefreiheit zu den Grundlaen der Demokratie gehört. Trotzdem kann ich als gläuige Christin nachfühlen, dass sich Muslime durch diese ohammed-Karikaturen verletzt und beleidigt fühlen. ir, die CDU/CSU, haben in diesem Plenum mit unse em Kulturbegriff oft gefordert, dass wir, in Deutschland inen größeren gemeinsamen Nenner brauchen, einen enner, der über die Verfassung und das Strafgesetzbuch inausgeht. Dieser größere gemeinsame Nenner umfasst ach unserer Ansicht eben auch die Rücksichtnahme auf ie religiösen Gefühle. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE])

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601714200

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Kristina Köhler (CDU):
Rede ID: ID1601714300

Es gibt auch eine Verantwortung jenseits des Straf-
echts und jenseits der Verfassung.


(Beifall der Abg. Monika Grütters [CDU/ CSU])


iese Verantwortung zu erkennen, obliegt jedem selbst.
ennen wir das, was dazu benötigt wird, Taktgefühl. In-

ofern empfinde ich die Mohammed-Karikaturen als
ollkommen taktlos.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE])


Wir sind uns alle ebenfalls darin einig, dass die Ge-
alt, auch die verbale Gewalt, in den muslimischen Län-
ern mit nichts zu entschuldigen ist. Wir wollen heute
ber unseren Beitrag zur Deeskalation sprechen. Dieser
uss sein, bei uns in Deutschland ein friedliches und

ruchtbares Miteinander der Menschen unterschiedlicher
ulturen vorzuleben. Dies wird uns jedoch ohne einen

llgemein akzeptierten Modus Vivendi nicht gelingen.
afür wurde auch heute immer wieder der Begriff des
ialogs bemüht. Wir brauchen diesen Dialog. Aber zu
er Art und Weise, wie wir hier in Deutschland diesen
ialog bisher geführt haben, heißt es in einer Studie der
riedrich-Ebert-Stiftung – leider völlig zu Recht –:

Lernfortschritte im Blick auf mehr Verstehen und
Verständigung sind kaum erkennbar. Selbstkritik
fällt aus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, seien wir selbstkri-
isch! Brauchen wir wirklich einen weiteren Dialog, der
ur im Sinne eines permanenten Gedankenaustauschs
unktioniert? Haben wir das nicht bereits jahrzehntelang
emacht? Müssen wir uns weiter auf Podiumsdiskussio-
en anlächeln, obwohl wir uns doch oft nicht verstehen?
as wollen wir nicht. Wenn wir also eine neue Ebene im
mgang miteinander erreichen wollen – dazu gibt es
eine vernünftige Alternative –, dann müssen wir die






(A) )



(B) )


Kristina Köhler (Wiesbaden)

Probleme unserer bisherigen Dialogkultur offensiv und
klar benennen.

Das heißt zuallererst, dass wir von gegenseitigen In-
strumentalisierungen und Pauschalisierungen Abstand
nehmen müssen.


(Sebastian Edathy [SPD]: Wohl wahr!)


Weder sind die Muslime in Deutschland ständig diskri-
minierte Opfer noch sind sie alle schlafende Terroristen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sie sind Teil unserer Gesellschaft und haben als solche
das Recht und auch die Pflicht, sich so behandeln zu las-
sen wie jede andere gesellschaftliche Gruppe auch: mit
Respekt vor ihren Überzeugungen, aber auch mit klarer
Kritik an fundamentalistischen Positionen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Wenn wir uns darauf einigen können, dann können wir
auch die Rahmenbedingungen eines solchen kritischen
Dialogs klar benennen. Ich möchte hier zwei Rahmenbe-
dingungen nennen, die ich für wichtig halte. Die eine
Rahmenbedingung richte ich an die Adresse der Vertre-
ter der islamischen Verbände, die zweite Rahmenbedin-
gung richte ich an die christliche Mehrheit in Deutsch-
land.

Für die Vertreter der islamischen Verbände in
Deutschland muss eines klar sein: In unserem freiheit-
lich-demokratischen Rechtsstaat steht das Grundgesetz
über der Scharia. Wenn ich auf der Internetseite eines be-
kannten deutschen muslimischen Verbandes lese, dass
sich Muslime in einem nicht muslimischen Staat nur so
lange an dessen Rechtsnormen zu halten hätten, solange
diese sich nicht im Widerspruch zum Islam bzw. zur
Scharia befänden, muss ich klar sagen: Ein solches
Staatsverständnis kann in der Bundesrepublik Deutsch-
land nicht die Basis eines Dialogs sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE])


Wenn wir das akzeptieren würden, gäben wir uns selbst
auf und damit unsere Prinzipien von Säkularität und
Freiheit.

Der christlich geprägten Mehrheit in Deutschland
sage ich: Die momentane Auseinandersetzung sollte uns
bewusst machen, dass die bei uns geltenden Freiheiten
eben keine Selbstverständlichkeit sind. Diese Freiheiten
brauchen das Fundament eines christlichen Menschen-
bildes. Wenn wir uns unserer eigenen Werte und Normen
und damit unserer Kultur nicht wieder stärker bewusst
werden, dann sind auch wir kein ernst zu nehmender
Partner im Dialog der Kulturen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir brauchen einen Neuanfang im Dialog der Kultu-
ren. Dieser Dialog muss mehr sein als nur der Austausch
von Gedanken. Wir brauchen einen Dialog, in dem wir
uns wieder unserer kulturellen Fundamente bewusst sind

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(C (D nd in dem Muslime ihre Fundamente ohne Fundamenalismus verteidigen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601714400

Nächster Redner ist der Kollege Sebastian Edathy,

PD-Fraktion.


Sebastian Edathy (SPD):
Rede ID: ID1601714500

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der

emokratische Rechtsstaat – das ist hier zu Recht festge-
alten worden – ist ohne das Grundrecht auf freie Mei-
ungsäußerung und auf Pressefreiheit nicht denkbar. Ich
üge hinzu: Er ist auch nicht denkbar ohne Glaubensfrei-
eit.

Die im Grundgesetz verankerten Bürgerrechte bilden
ie zentrale Voraussetzung der Freiheit und die Grund-
age für das Zusammenleben von Menschen unterschied-
icher Herkunft und unterschiedlicher Überzeugungen in
eutschland. Für das Gelingen dieses Zusammenlebens

st allerdings mehr nötig als ein bloßer gesetzlicher Rah-
en. Für das Gelingen dieses Zusammenlebens bedarf

s der gemeinsamen Überzeugung, einander nicht be-
usst zu kränken, einander nicht zu diffamieren und den
lauben eines Menschen nicht zu verunglimpfen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


chte Demokratie lebt eben auch davon, dass man aus
ründen der menschlichen Achtung und des menschli-

hen Anstands nicht alles tut, was man formal tun darf.
eswegen ist hier begründet und zu Recht festgehalten
orden: Die Veröffentlichung der so genannten Moham-
ed-Karikaturen war ohne Zweifel zulässig. Aber sie
ar zugleich respektlos, weil sie den islamischen Glau-
en verunglimpfte.

Die Pressefreiheit schützt selbstverständlich und ohne
eden Zweifel auch eine nahezu pubertäre Provokations-
ust; ein verantwortlicher Umgang mit der Pressefreiheit
ieht jedoch anders aus, als es die dänische Zeitung an
en Tag gelegt hat. Umgekehrt gilt, dass in Reaktion auf
iese Veröffentlichung auch Proteste und Demonstratio-
en zulässig sind. Diese müssen sich aber zwingend im
ahmen der geltenden Rechtsordnung bewegen. Dazu
ehört, dass Gewalt, gleich welcher Art, nicht nur nicht
u rechtfertigen, sondern auch nicht zu entschuldigen ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Im Kern geht es bei dem Thema, mit dem wir uns
eute befassen, um die Frage, wie wir statt eines Klimas
er Konfrontation und der Ausgrenzung ein Klima der
erständigung und der gegenseitigen Achtung schaffen
önnen. Frau Köhler, vielleicht können wir uns darauf
erständigen, in künftigen Debatten ein Stück weit im
interkopf zu behalten, dass es besser wäre, nicht stets
on „uns“ und „denen“ zu sprechen, sondern von „wir“,
edenfalls dann, wenn wir über Deutschland reden.






(A) )



(B) )


Sebastian Edathy

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich finde es begrüßens- und bemerkenswert, dass ges-
tern in der in Deutschland erscheinenden türkischen Zei-
tung „Hürriyet“ und in der „Bild“-Zeitung ein gemeinsa-
mer Kommentar veröffentlicht wurde, in dem es unter
anderem heißt:

Wir rufen alle auf, Respekt vor den Gefühlen des
jeweils anderen zu zeigen, Beleidigungen, Demüti-
gungen oder Niedertracht zu vermeiden und ein
wahrhaftiges Bündnis der Kulturen aufzubauen, das
auf gegenseitigem Respekt basiert.

Ich hoffe, das wird in den nächsten Tagen, Wochen und
Monaten auch den Alltag in der Zeitungslandschaft prä-
gen.


(Beifall bei der SPD)


Genau in diese Richtung gehen auch die besonnenen Er-
klärungen islamischer Verbände in Deutschland.

Was sind eigentlich die Konsequenzen für die Debatte
im eigenen Land? Es wird – nach meinem Dafürhalten
auch in diesem Haus – gelegentlich recht leichtfertig
über vermeintliche oder tatsächliche Integrationsmängel
gesprochen. Ja, es gibt solche Mängel. So stellen wir fest
– um nur ein Beispiel zu nennen –, dass es in unserem
Land einen hohen Anteil junger Migranten mit abgebro-
chener Schulausbildung gibt. Das gilt aber nicht nur für
junge Migranten islamischen Glaubens, sondern auch
für viele junge Spätaussiedler. Was bedeutet das? Wir
sollten gemeinsam darauf achten, dass wir vorhandene,
oftmals sozial begründete Probleme nicht ethnisieren
oder kulturalisieren, da sich das schlichtweg nicht ge-
hört.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Sevim Dagdelen [DIE LINKE])


Um ein anderes Beispiel zu nennen: So wenig wir bei
Gewalttaten zwischen deutschen Ehepartnern den Grund
für diese Gewalt in ihrem christlichen Glauben sehen, so
wenig sollten wir zunächst einmal, wenn es um Gewalt-
delikte in türkischen Familien geht, ihren Glauben, den
Islam, als Ursache für diese Gewaltdelikte betrachten.
Das hilft uns bei der Problemanalyse nicht weiter.


(Beifall bei der SPD)


Achten wir gemeinsam darauf, uns nicht von Vorur-
teilen leiten zu lassen, auch nicht bei Einbürgerungsver-
fahren. Achten wir gemeinsam darauf, beim Missbrauch
einer Religion nicht die Religion selbst ins Zwielicht zu
rücken. Herr Kollege Gerhardt, ich glaube nicht, dass
sich ein gemäßigter Moslem für den Missbrauch seiner
Religion durch Islamisten zu rechtfertigen hat.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Gestern meldeten die Nachrichtenagenturen, nach ei-
ner aktuellen Umfrage hätten 55 Prozent der Befragten
erklärt, Vorbehalte gegenüber den in Deutschland leben-
den Muslimen zu haben. Lassen Sie uns dem gemeinsam
entgegenwirken. Gerade die aktuelle Debatte in Deutsch-

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(C (D and unterstreicht mehr als deutlich, dass bei allen Defiiten die Integration von Bürgern muslimischen Glauens im Großen und Ganzen eine Erfolgsgeschichte ist, uf die wir stolz sein können und stolz sein sollten. enschen, die den Islam zu politischen Zwecken missrauchen, sind in Deutschland in der klaren Minderheit. Lassen Sie mich mit einem Zitat von Johannes Rau chließen, einem großen Menschenfreund, der vor wenien Jahren zu dem Thema, das uns heute beschäftigt, olgendes völlig zutreffend ausgeführt hat: Wir kämpfen in der ganzen Welt gemeinsam gegen Terror. Aber wir kämpfen nicht gegen Glaubensgemeinschaften, nicht gegen Religionen und nicht gegen Kulturen. Das zu betonen ist sehr wichtig, weil es immer wieder Menschen gibt, die uns einreden wollen, Glaube könne die Grundlage für Hass bilden. In Wirklichkeit aber führt gelebter Glaube zur Versöhnung, zur Verständigung und zum Miteinanderleben. Wer seinen Glauben lebt, braucht keinen Fundamentalismus. ohannes Rau hat Recht. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601714600

Letzte Rednerin in der Aktuellen Stunde ist die Kolle-

in Monika Griefahn, SPD-Fraktion.


Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1601714700

Vor zweieinhalb Jahren durfte ich bei der Wiederer-

ffnung des Goethe-Instituts in Kabul dabei sein. Ob-
ohl die sehr große Zerstörung in Afghanistan das Le-
en der Menschen dort hauptsächlich bestimmte, war
as Interesse gigantisch. Eine bewegende Szene war, als
in bayerischer Zitterspieler zusammen mit afghani-
chen Musikern auf traditionellen Instrumenten musi-
ierte, und das, nachdem unter der sechsjährigen Herr-
chaft der Taliban überhaupt keine Musik gemacht
erden durfte.

Die Deutsche Welle sendet ein Programm in Dari und
aschtu. Ich frage mich, ob die Ausbildung zur Presse-
reiheit dadurch schon Früchte getragen hat. Wir haben
esehen, dass es auch in Kabul Demonstrationen gab.
iese verliefen aber im Unterschied zu anderen Orten

riedlich.

Der Dialog wird durch konkrete Projekte in der Ent-
icklungspolitik, in der auswärtigen Kultur- und Bil-
ungspolitik, in vielen kleinen Schritten intensiv beglei-
et. Wir haben aber die Situation, dass die Muslime in
eutschland in den Medien oft über einen Kamm ge-

choren werden. Es wird das Gefühl vermittelt, Muslime
ürden grundsätzlich Gewalt als Mittel akzeptieren;
enn wir sehen Muslime nur mit Gewehren in der Hand.
as ist aber nicht so. Ich glaube, das muss man immer
ieder deutlich machen.






(A) )



(B) )


Monika Griefahn
Es gibt auch in den islamischen Ländern genug Men-
schen, die ernsthaft an einem Dialog interessiert sind.
Gerade wurde bereits erwähnt, dass die unter 30-Jähri-
gen durch das Internet und andere Kontakte ganz andere
Interessen entwickelt haben und sich nicht mehr den dik-
tatorischen Regimen hingeben wollen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


An sie müssen wir appellieren, mit ihnen müssen wir im
Gespräch bleiben. Wir müssen ihnen auf dem Weg zu ei-
ner demokratischen Kultur helfen; das wollen sie ja sel-
ber.

Einige Kolleginnen und Kollegen sind der Auffas-
sung, dass die Vielfalt der Kulturen – ich habe gerade
den Begriff „multikulti“ gehört; ich finde, das ist eine zu
flapsige Beschreibung –,


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ja!)


die wir immer wieder unterstützen, am Ende ist. Das
denke ich nicht. Es gibt keine Trennlinie zwischen Eu-
ropa und den islamischen Staaten, die man auf der Land-
karte einzeichnen kann. Vielmehr verläuft die Trennlinie
zwischen den Menschen, die für einen Dialog offen sind,
und denen, die ein Interesse an der Eskalation des Kon-
flikts und der Beibehaltung der Diktatur haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Uns Deutschen wird, verstärkt durch die Fernsehbil-
der, ein Gefühl vermittelt, das auch in meinen Gesprä-
chen mit Nachbarn zum Ausdruck kommt. Sie sagen: Ei-
gentlich bin ich ein offener Mensch. Aber langsam kann
ich es nicht mehr ertragen, ständig gewaltbereite Men-
schen als Muslime dargestellt zu sehen. – Das Problem
ist, dass wir eben nicht alle über einen Kamm scheren
dürfen. Dafür müssen wir uns besser kennen lernen. Es
muss ein runder Tisch eingerichtet werden, an dem Men-
schen verschiedener Kulturen und Religionen ihre Sicht-
weisen darstellen können. Jeder muss deutlich machen,
was ihm wichtig ist und was ihn an seinem Gegenüber
stört. Denn wenn wir uns aber nicht kennen und die Un-
terschiede zwischen unseren Kulturen nicht beschreiben
können, dann werden wir auch keinen erfolgreichen Dia-
log führen können.

Wie bereits mehrfach gesagt wurde, kann dieser Dia-
log nur auf dieser Grundlage stattfinden: Es muss aner-
kannt werden, dass die Menschenrechte für alle Men-
schen gelten und universal gültig sind. Religionsfreiheit,
Meinungsfreiheit und Pressefreiheit gelten für jeden
Menschen auf der Welt. Das müssen wir immer wieder
deutlich machen.

Wir müssen auch deutlich machen, dass wir Gewalt
als Mittel der Auseinandersetzung nie akzeptieren wer-
den. Diese Erkenntnis haben wir uns in den letzten Jah-
ren und Jahrhunderten mühsam erarbeitet. Dieser Pro-

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(C (D ess war auch für uns nicht selbstverständlich; denn in nserer eigenen Geschichte haben wir mehrfach das Geenteil erlebt. Deshalb sollten wir nicht so arrogant sein, u sagen: Die anderen wenden Gewalt an. Wir sind darüer hinweg. – Auch wir müssen uns diese Einsicht imer wieder neu erarbeiten. Wir müssen unsere eigenen kulturellen Werte selbst efinieren und uns auch über sie klar werden. Um dies eisten zu können, sind wir auf die dafür notwendigen nstrumente angewiesen, zum Beispiel auf die Arbeit der andeszentralen für politische Bildung, die allerdings in inigen Ländern geschlossen worden sind. ur auf diesem Weg können wir unsere kulturellen erte unseren Schülerinnen und Schülern vermitteln. m etwas über unsere kulturellen Hintergründe erfahren u können, müssen wir eine Diskussion über das Staatsiel Kultur führen. Zudem brauchen wir in Zukunft eine usreichende finanzielle Ausstattung der Projekte im Beeich der Entwicklungspolitik, in der auswärtigen Kulurund Bildungspolitik. Dafür sind wir auf gut ausgeildete Menschen angewiesen, die gegenwärtig in einem er so genannten Orchideenfächer studieren. Diese Fäher, zum Beispiel der Studiengang Islamwissenschafen, werden aber leider immer mehr abstatt aufgebaut. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Iris Gleicke [SPD]: Ja, leider!)


ch halte das für einen Fehler. Ich glaube, wir brauchen
enschen, die Dialoge führen und helfen können, Brü-

ken zu bauen. Wir müssen die Programme in Zukunft
ortführen, damit wir unsere Entscheidungen nicht – ab-
ängig von unserer Tagesform und den Bildern, die wir
n den Zeitungen gesehen haben – aus dem Bauch heraus
reffen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601714800

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Damit ist die Aktu-

lle Stunde beendet, sicherlich aber nicht die Debatte
ber das Thema, das ihr zugrunde lag.

Wir sind damit auch am Schluss unserer heutigen Ta-
esordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf Mittwoch, den 15. Februar 2006, 13 Uhr,
in.

Die Sitzung ist geschlossen.

Ich wünsche Ihnen, unter Berücksichtigung sonstiger
erpflichtungen, ein schönes Wochenende.