Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 115. Sitzung des Deutschen Bundestages.
Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich der Tatsache gedenken, daß der Herr Bundespräsident heute seinen 67. Geburtstag feiert.
Ich habe dem Herrn Bundespräsidenten die Wünsche des Deutschen Bundestages zum Ausdruck gebracht und darf auch hier den herzlichen Wunsch
aussprechen, daß ihm die Gesundheit erhalten bleibt und daß es ihm geschenkt ist, in seinem hohen Amt dem deutschen Volke zu dienen und darüber hinaus dazu beizutragen, daß das Zusammenleben der Völker in Europa und in der Welt friedlich und gut ist. — Sie haben sich zu Ehren des Herrn Bundespräsidenten von den Plätzen erhoben. Ich stelle das fest und danke Ihnen.
Einer der Herren Kollegen feiert heute seinen Geburtstag. Wenn er hier wäre, würde ich ihm jetzt Glückwünsche aussprechen. Da er jedoch nicht hier ist, verschiebe ich das etwas.
Meine Damen und Herren, ich begrüße weiter in unserem Kreise den Herrn Abgeordneten Morgenthaler, der nach einer Erkrankung im September nun zu unserer Freude wieder an der Arbeit des Bundestages teilnehmen kann.
Ich bitte um Aufmerksamkeit für die Bekanntgabe der Namen der entschuldigten Abgeordneten.
Der Herr Präsident hat Urlaub erteilt für 2 Tage den Abgeordneten Dr. Orth, Determann, Brandt, Jacobs, Behrisch, Dr. Suhr, Dr. Seebohm, Dr. Oesterle, Dr. Wuermeling, Neumann, Frau Schroeder , Schuler, Schütz. Es sucht für längere Zeit um Urlaub nach der Abgeordnete Wittenburg, und zwar für 3 Wochen wegen Krankheit.
Sie haben das über eine Woche hinausgehende Urlaubsgesuch gehört. Ich nehme an, daß das Haus es genehmigt. — Das geschieht.
Entschuldigt sind die Abgeordneten Gengler, Wönner, Rademacher, Gockeln, Bauknecht, Dr. Henle, Brese, Jahn, Dr. Dresbach, Agatz, Frau Thiele, Rische und Niebergall.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen weiterhin bekanntzugeben, daß der Abgeordnete Paschek mir unter dem 30. Januar mitgeteilt hat, daß er ab sofort wieder der WAV-Fraktion als Mitglied angehört.
Nach diesem Ausbruch Ihrer Freude und Genugtuung gebe ich weiter bekannt, daß die Fraktion der CDU/CSU mir mit Schreiben vom gleichen Tage mitgeteilt hat, daß der Abgeordnete Dr. Freiherr von Fürstenberg durch einstimmigen Beschluß vom 19. 1. 1951 in die Landesgruppe der CSU und damit in die Fraktion der CDU/CSU als Mitglied aufgenommen worden ist. Ich gebe das ebenfalls bekannt.
Meine Damen und Herren, ich rufe auf Punkt 1 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über einen Allgemeinen Lastenausgleich .
Im Ältestenrat ist eine Verständigung darüber erzielt worden, daß Ihnen vorgeschlagen werden soll, die Redezeit für die Aussprache der ersten Lesung auf 360 Minuten zu begrenzen. Ich nehme an, daß das Haus damit einverstanden ist. —
Ich bitte den Herrn Bundesminister der Finanzen, zur Begründung das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung legt Ihnen hiermit einen Gesetzentwurf von einer Wichtigkeit und Bedeutung vor, wie er in der Geschichte der deutschen Parlamente wahrscheinlich selten zur Beratung und zur Behandlung gestellt ist, einen Gesetzentwurf, der eine der allergrößten Fragen des deutschen Volkes lösen soll, eine Frage, die nur gelöst werden kann, wenn das deutsche Volk an ihre Lösung mit sittlichem Ernst und in innerem Zusammenhalt und Gemeinsinn herantritt.
Gestatten Sie mir, daß ich einen ganz kurzen Blick auch in die Vergangenheit werfe, in die Stunde der Saat, die uns die Ernte des Jahres 1945 und damit das Elend und die Not, die wir heute zu beheben haben, gebracht hat. Denken Sie zurück an jene Stunden, in denen ein Goebbels unseligen Angedenkens in die Massen seiner Zuhörer die Frage geschleudert hat: „Wollt Ihr den totalen Krieg?" und diese Massen mit einem begeisterten: „Ja, wir wollen den totalen Krieg!" geantwortet haben.
Denken Sie bitte zurück an die Stunden, in denen wir in der Zeit des Luftkrieges mit Frau und Kind in den Luftschutzkellern gebangt und gezittert haben, nicht so sehr um unser Vermögen, um unser Hab und Gut, sondern um das Leben von Frau und Kind. In dieser Stunde der Not haben wir uns geschworen, wir würden, wenn Gott uns diese Zeit überleben ließe, an nichts anderes denken, als zusammenzustehen, zusammenzuhalten, um aus all dem Schutt und der Asche das Haus des deutschen Volkes wieder aufzubauen.
Denken Sie bitte zurück an jene Wochen, in denen zum ersten Mal die Massen der Heimatvertriebenen aus dem deutschen Osten in unsere Dörfer kamen, als der Staat auf die Aufnahme dieser Massen nicht vorbereitet war und die einfache brüderliche Hilfe und die Nächstenliebe eingreifen mußten, um das erste Brot und die erste Kleidung und das erste Obdach zur Verfügung zu stellen. Ich glaube, es täte uns heute in der Zeit, da wir den Gesetzentwurf vor uns haben, gut, an diese Stunden zurückzudenken. Ich wundere mich manchmal, wie rasch ein Mensch und wie rasch ein Volk vergessen kann.
Vergessen haben vielleicht viele von denen, die damals die Goebbels-Frage „Wollt Ihr den totalen Krieg?" mit „Ja!" beantwortetet haben, welche Verantwortung sie für das Schicksal eines gesamten Volkes auf sich genommen haben. Vergessen haben sie, daß sie heute daraus eine doppelte Verantwortung ableiten sollten. In dem Kampf der Meinungen, die bisher aufgetaucht sind, glaube ich schon viele gesehen und gehört zu haben, die damals ein begeistertes Ja gerufen, damit die Verantwortung für das Elend übernommen haben und heute nun vielleicht auf der Seite derer stehen, die entweder ohne Verantwortung überstiegene Forderungen aufstellen oder, ebenso ohne Verantwortung, der Not der anderen aus Eigennutz nicht abhelfen wollen. Ich denke an all die, die sich in den Stunden des Luftkrieges die brüderliche Hilfe gegenseitig versprochen haben und an die man heute viel lauter appellieren muß, da diese Stunde des guten Willens vergessen zu sein scheint. Ich denke aber auch daran, daß wir gestehen sollten, wie vieles schon geschehen ist und wie die Dankbarkeit der ersten Stunde für die erste Hilfe in der Not auch
heute noch gelten sollte, um uns gemeinsam in der Zusammenarbeit und bei dem Überwinden der Not zu helfen.
Ich möchte das deutsche Volk aufrufen, dieser Stunden zu gedenken. Denn wenn wir solches Beispiel geben würden, hätte unser Wort auch dem Ausland gegenüber mehr Kraft. Ich wundere mich, daß das Ausland in einer Stunde, in der die Vereinten Nationen enstehen und in der soviel von dem Recht der Menschlichkeit, von dem Zusammenstehen der demokratischen Länder der Erde gesprochen wird, sowenig der Not gedenkt, die auch das Ausland mit zu verantworten hat und auf der Potsdamer Konferenz und auf anderen Tagungen besiegelt hat. Das Ausland sollte sich einmal in die deutsche Lage hineinversetzen.
Es sollte sich einmal ein reiches Land wie die Vereinigten Staaten vorstellen, daß ein Teil ihres Gebietes von der Größe etwa der deutschen Bundesrepublik — z. B. die Staaten Massachusetts, Connecticut, Rhode Island, New Jersey — einen Krieg im Lande hinter sich gehabt hätte, der 30 bis 40% des gesamten Sachkapitals aller Wohngebäude, aller Fabriken und Werkstätten zerstört, der die Arbeitskräfte, die jungen Jahrgänge dieses Volkes ausgerottet, der Hunderttausende von Krüppeln, Witwen und Waisen in diesem Lande geschaffen, der diesem Lande all sein Auslandsvermögen, alles Geldkapital genommen und es von den Außenhandelsbeziehungen restlos abgeschnitten und ihm in allem die Frucht seines Geistes, die Erfindungen, die Patente, die Lizenzen in einer Stunde genommen hat, und seine Einwohner müßten sich dazu vorstellen, daß von dem, was dieses Volk heute erarbeitet, 50 % der Steuern, die der Bundessteuerzahler zahlt, an eine Besatzungsmacht gehen müssen, dazu noch die Demontage in diesem Land, ferner daß in einer Nacht vergleichsweise die ganze Bevölkerung von Kanada ohne Hab und Gut, nackt und bloß in das übervölkerte, verarmte, zerstörte Gebiet neu hereingedrängt worden ist, und dann möge sich das Ausland überlegen, welche Forderungen an das deutsche Volk gestellt sind: nicht nur wieder aufzubauen, nicht nur sein eigenes Brot mit eigener Arbeit unabhängig vom Ausland wieder zu verdienen, sondern auch eine Not von Millionen Menschen zu beheben und das Leben für diese Millionen Menschen wieder lebenswert zu machen, — ich glaube, wenn das Ausland sich in diese deutsche Lage versetzte, würde es ein Gefühl dafür haben, wie schwer die Aufgabe ist, die dem deutschen Volke gestellt wird und wie groß die Leistung des deutschen Volkes ist, das es übernimmt, diese Aufgabe zu meistern. Und Zweck und Ziel dieses Gesetzentwurfes ist es eben, diese Aufgabe zu meistern. Wenn ich Zweck und Ziel des Gesetzentwurfes mit einem Satz umschreiben will: es ist der Zweck, dem deutschen Volk den sozialen Frieden im Lande zu gewähren und zu sichern, indem wir die Not nicht dadurch vergrößern, daß Not und Neid zusammenfinden, sondern indem wir durch den Geist der Liebe und der Gerechtigkeit die Not überwinden, durch den Geist, der das Wahrziel und letzte Ethos unseres Volkes, unseres Handelns sein soll.
Wenn ich nach diesem Rückblick über den Gesetzentwurf selbst spreche, so lassen Sie mich zunächst einmal an einzelne nüchterne Zahlen erinnern. Auch Zahlen haben ein Leben und können sprechen; Zahlen lenken zum Denken und zum nüchternen Überlegen. Im November des vergangenen Jahres hat das Bundesministerium der Finanzen Ihnen bereits eine Denkschrift vorgelegt. Wir haben in dieser Denkschrift eine Art Bilanz aufgemacht. Wir haben gegenübergestellt, was an belastbarem Vermögen im Gebiet der deutschen Bundesrepublik überhaupt vorhanden ist und wie hoch ziffernmäßig die Kriegs-, die Vertriebenensachschäden und die Währungsschäden sind, deren Ausgleich als Forderung an das deutsche Volk herangetragen wird. Wir haben Ihnen eine genaue Berechnung auf Seite 86 dieser Denkschrift vorgelegt, wonach, wenn ich bei der Besteuerung des Vermögens bis zu einer Freigrenze von 3000 DM das Geringstmögliche, heruntergehe, nur ein belastbares Vermögen von etwa 90 Milliarden DM vorhanden ist. Demgegenüber stehen Kriegssachschäden in Höhe von 28 Milliarden DM, Flüchtlingssachschäden in Höhe von 25 Milliarden DM, Währungsschäden im Betrage von 160 Milliarden DM, insgesamt also eine Summe von 213 Milliarden DM! Von den Währungsschäden würde auf die sogenannten Altsparschäden allein ein Betrag von 35,4 Milliarden DM treffen.
Wer sieht, was vorhanden ist und zur Verfügung steht, und wer vergleicht, was an Ansprüchen und Forderungen demgegenüber aufgestellt wird, der weiß, daß wir in der rauhen Welt der Wirklichkeit unmöglich in der Lage sind, alle Ansprüche zu befriedigen, sondern einen mittleren Weg der Vernunft und der Gerechtigkeit werden wählen müssen.
Wenn ich Ihnen nun als kurzen Überblick über Sinn und Zweck des Gesetzentwurfes die Ziffern nenne, so muß ich sie zunächst mit dem vergleichen, was heute bereits die deutsche Volkswirtschaft unter der Geltung des Soforthilfegesetzes auf diesem Gebiet leistet. An Vermögensabgabe wurden im ersten Rechnungsjahr des Soforthilfegesetzes, im Jahre 1949, 1040 Millionen DM aufgebracht. Wir rechnen nun, nachdem es gelungen ist, im Zusammenhang mit der Steuerreform des vergangenen Jahres die Soforthilfeabgabe gesunden zu lassen, in diesem Jahre mit einem Aufkommen an Soforthilfeabgabe von 1400 Millionen DM. Gleichzeitig stehen zweckgebunden für den Wohnungsbau die Mittel zur Verfügung, die durch die Verzinsung der Umstellungsgrundschulden der öffentlichen Hand zufließen. Das sind in diesem Jahre 330 Millionen DM, also zusammen aus diesen beiden Quellen ein Aufkommen von 1730 Milzionen DM.
Der neue Gesetzentwurf soll folgendes Aufbringen erzielen. — Der Gesetzentwurf ist in der Öffentlichkeit schon seit langen Monaten in seinen Grundzügen bekannt und besprochen. Ich darf also den Inhalt des Gesetzentwurfes ohne weiteres als bekannt in diesem Hohen Hause voraussetzen. — Das Aufbringen setzt sich zusammen aus der Vermögensabgabe, die wir mit einem jährlichen Ertrage von 1240 Millionen DM schätzen; aus der ergänzenden Vermögensteuer, die wir in den ersten Jahren mit 80 Millionen DM schätzen; aus der Hypothekengewinnabgabe, die im Durchschnitt bedeutend niederer als früher geschätzt werden muß, und zwar mit der fortschreitenden Tilgung, insbesondere der Tilgung bei Abgeltungshypotheken, und wegen der Verbesserungen, die der Gesetzentwurf bei Berücksichtigung von Kriegsschäden und anderen Momenten vorsieht, mit einem Betrage von durchschnittlich 250 Millionen DM, im ersten Jahre vielleicht noch höher. Dann die Obligationengewinnabgabe im ersten Jahre mit 70, später mit 35 Millionen DM, die Kreditgewinnabgabe mit etwa 20 Millionen DM. Das
macht insgesamt einen Betrag von 1660 Millionen DM.
Dazu kommt aber nach Sinn und Zweck des Gesetzentwurfs eine Leistung der öffentlichen Hand. Die öffentliche Hand will neben dem, was aus dem Ausgleichsfonds zur Verfügung steht, in der Kombinierung der Kriegsschadensrenten mit den Fürsorgeleistungen und der Kriegsfolgehife der öffentlichen Hand einen weiteren Beitrag von 260 Millionen DM leisten, so daß also insgesamt für den Kreis der Kriegsgeschädigten eine Summe von 1920 Millionen DM zur Verfügung stehen würde. Es darf nicht angenommen werden, daß das gesamte Aufkommen für den Lastenausgleich nur von den Abgabepflichtigen aufgebracht wird. Auch die öffentliche Hand leistet mit; nicht nur die oben erwähnten 260 Millionen DM, die unter dem Titel Fürsorge- und Kriegsfolgehilfe zu leisten sein werden; sondern man muß bedenken, daß die Länder in der Form mitleisten, daß erstens die bisherige Vermögensteuer der Länder nunmehr den Zwecken des Lastenausgleichs zugeführt werden soll, was einen Ausfall von rund 100 Millionen DM in den Haushalten der Länder bedeutet; daß zweitens die Länder damit rechnen müssen, daß nach dem neuen Gesetzentwurf die Abzugsfähigkeit vieler Lasten bei der Einkommen- und Körperschaftssteuer gegeben ist, was einen Ausfall von 200 Millionen DM hervorrufen kann; daß außerdem erhöhte Verwaltungskosten anfallen, und zwar im Betrage von etwa 35 Millionen DM. Dem steht gegenüber, daß die Länder eine gewisse Entlastung bei der Heranziehung des Vermögens der öffentlichen Hand für den Lastenausgleichszweck in Höhe von etwa 45 Millionen DM erfahren, so daß die Gesamtbelastung der öffentlichen Hand, Bund und Länder, auf Grund dieses Gesetzes auf 550 Millionen DM zu schätzen ist.
Der Aufbau des Gesetzes, daß nämlich zu den bisherigen Einkommensquellen noch andere Einkommensquellen — ergänzende Vermögensteuer und die Währungsgewinnabgaben — hinzutreten, hat zur Folge, daß sich für den einzelnen Abgabepflichtigen die Last trotzdem erleichtert. Sie können das an Hand des Gesetzes ohne weiteres verfolgen. Das gewerbliche Betriebsvermögen soll künftig mit insgesamt 3% des Stichtagvermögens jährlich herangezogen werden. Dasselbe Vermögen unterlag bisher der Soforthilfeabgabe mit 3% und gleichzeitig der Vermögensteuer mit 0,75%, so daß also der alten Belastung von 3,75% die neue Belastung mit 3% gegenübersteht. Beim Wohnhausbesitz war die bisherige Belastung 2% des Vermögens plus 0,75% Vermögensteuer. Die neue Belastung ist 2,5%. Bei der Landwirtschaft unter einem Vermögenswert von 15 000 DM war die bisherige Belastung 2% plus 0,75% Vermögensteuer, bei Vermögen über 15 000 DM 3% und 0,75% Vermögensteuer. Die neue Belastung ist einheitlich 2%, so daß hier also eine ziemlich starke Entlastung eintritt. Das sind nur ganz rohe Ziffern; wenn diese Ziffern verfeinert werden sollten, so müßte man daran denken, daß auf der einen Seite früher das Bruttovermögen Gegenstand der Besteuerung war, also ohne Schuldenabzug, während nunmehr die Schulden abzugsfähig sind; zweitens daß bisher eine Berücksichtigung der Kriegsschäden überhaupt nicht erfolgt ist, während der neue Gesetzentwurf eine wenigstens begrenzte Berücksichtigung der Kriegsschäden vorsieht; daß auf der andern Seite die Freibeträge nunmehr neu festgesetzt werden und daß bei der Vermögensteuer für das neue Vermögen ein Satz von 1% statt 0,75% verlangt wird.
Zusammenfassend darf gesagt werden: Nach dem System des Gesetzentwurfs ist das Gesamtaufkommen, das den Lastenausgleichsberechtigten zufließt, bedeutend höher als das bisherige Aufkommen. Die Last für den einzelnen wird trotzdem geringer; die öffentliche Hand wird nämlich mit einem wesentlichen mittelbaren Betrag mit herangezogen.
Nachdem ich dieses Gesamtbild des Gesetzentwurfs gegeben habe, darf ich nun noch über Einwendungen gegen den Gesetzentwurf sprechen, insbesondere über Einwendungen, die in jüngster Zeit in der Beschlußfassung des Bundesrats hervorgetreten sind. Es ist nicht richtig, daß — wie die Presse mitgeteilt hat — der Bundesrat den Gesetzentwurf schlechthin abgelehnt habe. Sowir es nicht. Dem Bundesrat lagen zwei Eventualanträge vor. Der eine Antrag, der immer als „Entweder-Antrag" bezeichnet wurde, hat grundsätzlich dem Prinzip des Gesetzentwurfes zugestimmt. Der zweite Eventualantrag, der als „Oder-Antrag" bezeichnet wurde, hat sich gegen einen Grundgedanken des Gesetzentwurfs, nämlich die Gewährung eines Rechtsanspruchs an die Kriegsgeschädigten auf Hauptentschädigung, ausgesprochen und infolgedessen eine systematische Änderung des Gesetzentwurfs gewünscht.
Bei der Abstimmung im Deutschen Bundesrat haben sich bei dem „Entweder-", also dem zustimmenden Antrag, zunächst 21 Stimmen dafür und 17 Stimmen dagegen ausgesprochen. Als dann über den zweiten Antrag abgestimmt wurde, ergab sich das umgekehrte Bild: 17 Stimmen dafür und 21 Stimmen dagegen. Im Bundesrat wurde dann erklärt, daß es bei der dritten Abstimmung eine Stimmenthaltung nicht mehr geben dürfte. Die Stimmenthaltungen und die Abstimmungen überhaupt erfolgten aus den verschiedensten Beweggründen. Der eine wollte den Gesetzentwurf überhaupt nicht, weil er zuwenig gäbe, und der andere wollte ihn nicht, weil er zuviel gäbe. Die dritte Abstimmung über die „Entweder-Lösung" ergab dann ein Stimmverhältnis von 21 Für- und 22 Gegenstimmen. Über die „Oder-Lösung" wurde dann überhaupt nicht mehr abgestimmt, vielleicht weil die Gefahr bestanden hätte, daß auch diese Abstimmung zu keinem klaren Ergebnis geführt hätte.
Aus dem ganzen Text der Entschließungen des Deutschen Bundesrats kann man nun entnehmen, daß der Deutsche Bundesrat bereit ist, dem Gesetzentwurf zuzustimmen, wenn gewissen von ihm geäußerten Wünschen entsprochen wird. Diese Wünsche berühren allerdings eine grundsätzliche Frage. Es ist die Frage, die ja in der öffentlichen Debatte eine große Rolle gespielt hat: Soll der Gesetzentwurf einen sozialen Ausgleich suchen, oder soll der Gesetzentwurf einen quotalen Ausgleich suchen?
Der Gedanke des sozialen Ausgleichs geht davon aus, daß es im Leben der Völker wie des Einzelnen nicht richtig ist, in die Vergangenheit zurückzusehen und sich an das zu klammern, was man früher gehabt hat und was man jetzt nicht mehr besitzt, und alles darauf abzustellen, das Verlorene wiederzuerlangen. Es wird gesagt, man müsse in die Zukunft sehen und müsse von der heute bestehenden sozialen Not ausgehend die Lösung suchen, die die Zukunft mit der Überwindung der vorhandenen Not bringen soll. Ich habe für diese Gedankengänge sehr großes Verständnis.
Auf der andern Seite steht der quotale Gedankengang. Er geht davon aus, daß ein Volk, das einen Krieg geführt habe, die Vermögensschäden des
Krieges gleichmäßig auf alle seine Glieder verteilen müsse, daß also das, was der eine verloren habe, in Höhe und Wert von dem ersetzt werden müsse, dem der Zufall des Krieges einen Vermögensverlust erspart habe. Aber, meine Damen und Herren, ich glaube, daß weder der „soziale Ausgleich" als eine reine Doktrin aufgefaßt werden darf noch daß der „quotale" als Doktrin eine Lösung des Problems bietet. Dieser bietet sie schon einfach aus der Tatsache heraus nicht, die sich aus den Ziffern ergibt, welche ich Ihnen bekanntgegeben habe. Denn nach diesen Ziffern würde der quotale Gedankengang zu einem Konkursverfahren des deutschen Volkes wegen Überschuldung führen müssen. In einem Konkursverfahren muß man sich bekanntlich letzten Endes auch nach der vorhandenen Masse richten und muß die Rechtsansprüche der Masse gegenüber in den Hintergrund treten lassen.
Der soziale Gedanke, rein durchdacht, würde dazu führen, daß man sagt: Gut, wir belasten das deutsche Vermögen, aber wir belasten dieses deutsche Vermögen — das wurde auch im Bundesrat ausgesprochen — nicht beschränkt auf einen Personenkreis, sondern bestimmt zur Behebung der gesamten sozialen Not, die im deutschen Volk vorhanden ist. Damit, meine Damen und Herren, ist der Grundgedanke des Lastenausgleichs natürlich überhaupt aufgegeben. Von dem, was die Idee des Lastenausgleichs war, ist dann überhaupt keine Rede mehr, und das, was wir anstreben, der soziale Friede im Lande, würde in dem Moment gefährdet sein, in dem der Grundgedanke des Lastenausgleichs völlig aufgegeben wird.
Wir haben im Deutschen Bundestag vor einigen Wochen ein großes Gesetzgebungswerk angenommen, das Bundesversorgungsgesetz. Das Bundesversorgungsgesetz galt denen, die um des deutschen Volkes willen ihre Gesundheit und damit auch ihre Zukunft als Menschen und Staatsbürger dem Volke geopfert haben. Sie haben dieses Opfer der Allgemeinheit gebracht, und es ist selbstverständlich, daß die Allgemeinheit, der letzte und kleinste Steuerzahler, jeder mit seinem Vermögen und seinem Einkommen, dazu beiträgt, die Not dieser Menschen zu lindern.
Hier im Lastenausgleich stehen sich Vermögensschaden und Vermögensbesitz gegenüber. Das ist eine andere Relation. Es ist natürlich, daß man daran denkt, daß derjenige, der im Kriege Vermögensschaden erlitten hat, sich an den wendet, der das Vermögen im Kriege behalten hat. Deswegen ist der Grundgedanke des Entwurfs, aus dem Vermögen, das erhalten geblieben ist, einen Sonderfonds zu bilden, der den Vermögensschaden aller Art ausgleichen soll, zweifellos gerecht und billig. Er muß in seinem Grundgedanken aufrechterhalten bleiben.
Die Schwierigkeit, die mit dieser Lösung verbunden ist, hat sich in allen Stadien gezeigt. Zunächst einmal war die große Schwierigkeit, daß verlangt wurde, man möchte — und das ging noch zu weit in dem Geleise der Doktrin des quotalen Vermögensausgleichs — alle Entschädigungen zunächst auf einem „Vermögensvergleich" im gesamten deutschen Volk unter Heranziehung jedes einzelnen Vermögensbesitzers aufbauen, den Schadensanspruch und dann die Leistung des anderen berechnen. Meine Damen und Herren, die Ausführung dieses Gedankens, der auch im Bundesfinanzministerium, in der Bundesregierung ernsthaft geprüft worden ist, scheitert schon daran, daß sie technisch unmöglich ist, daß die Voraussetzungen für den Vermögensvergleich fehlen, durch eidesstattliche Erklärungen nicht genügend ersetzt werden können und daß außerdem auch die wirtschaftlichen Folgen unabsehbar wären. Wahrscheinlich würden wir auf diesem Wege dazu kommen, daß der festgestellte Vermögensbestand und die Ansprüche an die Vermögen in einem unmöglichen Verhältnis stehen und daß sich infolgedessen herausstellen würde, daß der eigentliche Zweck eines solchen Vermögensvergleichs, nämlich eine quotale Lösung zu finden, überhaupt außerhalb des Bereichs des Möglichen und Erreichbaren liegt. Wir müssen bei dem zu Belastenden dann von dem Vermögen ausgehen, das an dem Tage vorhanden war, an dem das deutsche Volk seine Bilanz gezogen hat. Das ist der Währungsstichtag. Wenn ich das Vermögen vom Währungsstichtag nehme, drängt sich aber ohne weiteres auch der Gedanke auf, eine Besteuerung der Währungsgewinne, die an jenem Tage eingetreten und evident geworden sind, mit dem Gesetzentwurf zu verbinden.
Wenn wir uns klar werden, daß der quotale Gedanke schon an der rauhen Wirklichkeit scheitert und nicht durchführbar ist, ganz abgesehen von der Frage, ob er sich ethisch überhaupt begründen läßt, so braucht wohl auf die Forderung einer sofortigen Vermögensumschichtung, einer sofortigen Fälligkeit aller Ansprüche nicht eingegangen zu werden. Jeder, der den klaren Blick für die Wirklichkeit hat, weiß, daß in dieser Stunde eine Forderung auf sofort fällige Vermögenszahlungen von 50 oder mehr Prozent des einzelnen Vermögens und eine damit verbundene Vermögensumschichtung eine Unruhe und Unsicherheit in das Wirtschaftsleben hineintragen würden, die die Wirtschaft von heute der Gefahr des Zusammenbruchs aussetzen und die damit nicht die Not lindern, sondern die Not ins Ungemessene vermehren würden.
Wer verantwortungsvoll an dieses Problem herantritt, muß also sagen: wir müssen den gesunden Kern, der in diesen Forderungen steckt, auf anderem Wege zu erreichen suchen. Deshalb legt der Gesetzentwurf großen Wert auf den Vorschlag der freiwilligen Ablösung, weil zu hoffen ist, daß durch eine freiwillige Ablösung, die auch mit Vorteilen versehen und vom Gesetz begünstigt sein würde, in den ersten Jahren — das sind die entscheidenden Jahre für die Bewährung des Gesetzentwurfs — größere Beträge zur Verfügung gestellt werden können und damit sofort Großes geleistet werden könnte.
Ich gestehe ganz offen, daß es deshalb ein Bemühen der Bundesregierung gewesen ist, die Laufzeit der Ratenzahlungen nicht allzusehr auszudehnen, und daß ich Bedenken gegen alle Vorschläge gehabt habe, deren Durchführung die Laufzeit allzusehr gestreckt hätten. Denn je länger die Laufzeit ist, um so geringer ist der Anreiz, wirklich den Weg der freiwilligen Ablösung zu wählen. Unter den verschiedenen Möglichkeiten für und wider mußte dann der Weg gewählt werden, eine Laufzeit von 30 Jahren, also die Spanne einer Generation, zugrunde zu legen.
Eine der schwierigsten Fragen bei der Feststellung, welches Vermögen denn überhaupt zur Abgabe herangezogen werden dürfe, war die Frage der Berücksichtigung der Kriegsschäden. Man darf aber nie vergessen, daß die Kriegsschäden und ihre wirtschaftliche Wirkung heute fast in jedem Falle anders liegen, also verschiedenartig sind, und daß der einzelne, der, von einem einzelnen Beispiel ausgehend, an die Lösung dieser Frage gehen wird, wahrscheinlich nie den für die Allgemeinheit gün-
stigen und möglichen Weg finden würde. Wir mußten auch hier einen Mittelweg gehen, und so wurden die Kriegsschäden zwar berücksichtigt, aber mit gewissen Begrenzungen, die schon deshalb notwendig waren, weil eine unbegrenzte Berücksichtigung der Kriegsschäden einen derart großen Ausfall an abgabepflichtigen Vermögen bedeutet hätte, daß die Abgabensätze viel zu stark und untragbar hätten erhöht werden müssen.
Ein weiterer Punkt, der in der öffentlichen Debatte eine Rolle gespielt hat, ist, daß den Vermögenswerten der Einheitswert zugrunde gelegt werden solle. Zwei Sätze dazu. Sie können den Einheitswert in Einzelfällen nicht ändern, weil sonst jeder aus dem Einzelfall eine Berufung ziehen und einen Anspruch auf Änderung seines Einheitswertes — natürlich zu seinen Gunsten — ableiten würde. Sie könnten also nur an einen allgemeinen Zuschlag zum Einheitswert denken. Das bedeutet gar nichts anderes, als daß Sie die Abgabensätze entsprechend erhöhen. Wir sind nun einmal der Meinung, daß diese Abgabensätze schon an der Grenze des wirtschaftlich Möglichen liegen.
Meine Damen und Heren, ein Wort dazwischen! Wir haben im Vorjahr vom Bundesfinanzministerium eine Denkschrift vorgelegt — die berühmte Drucksache Nr. 1000 —, in der wir über die Haushaltslage gesprochen haben und in der ich betont habe, daß die Steuerlast des deutschen Volkes ohne volkswirtschaftlichen Schaden nicht mehr erhöht werden könne. Ich bitte, mir nicht entgegenzuhalten, daß ja heute die Bundesregierung genötigt ist, an neue Lasten zu denken, und daß deshalb diese Voraussagen nicht gehalten werden können. Die Drucksache Nr. 1000, meine Damen und Herren, ist v o r Korea erschienen, ist zu einer Zeit erschienen, als wir mit — ich möchte sagen — normalen wirtschaftlichen Verhältnissen einer deutschen Volkswirtschaft gerechnet haben, die unter ihren eigenen Lebensbedingungen zu arbeiten hatte. Nach Korea haben sich die Dinge wesentlich gewandelt. Nach Korea steht die deutsche Volkswirtschaft stark unter dem Einfluß ausländischer Einwirkungen, die auf der einen Seite einen vielleicht sogar von uns manchmal gar nicht gewollten Impuls für die Wirtschaft geben, auf der andern Seite aber mit demselben Impuls den Zwang zu Belastungen verbinden, den wir früher nicht übernommen hätten und in diesem Maße nicht hätten zu übernehmen brauchen. Die Welt vor Korea und die Welt nach Korea sind auch volks-
und weltwirtschaftlich zwei verschiedene Dinge. Ich muß die Verhältnisse betrachten, wie sie heute sind, und angesichts der Steuerlasten, die dem deutschen Volke heute zugemutet werden müssen, ist es eine große Leistung des deutschen Volkes, wenn es die Lasten, die es in den früheren Plänen auf diesem Gebiet bereits zu übernehmen sich entschlossen hatte, auch unter den neuen Zeitverhältnissen beibehält und den Standpunkt vertritt, daß auch der Lastenausgleich ein Stück Verteidigungsbeitrag für die demokratische Welt ist. Denn letzten Endes besteht das Wesentliche an dem Verteidigungsbeitrag des deutschen Volkes darin, den sozialen Frieden im Lande zu bewahren, sich damit immun gegen das Gift des Ostens zu machen
und damit dem Osten nicht die Möglichkeit zu geben, das zu tun, was er in allen Ländern getan hat, die sich seinem Gift gegenüber nicht immun erwiesen haben, nämlich mit offener oder versteckter
Gewalt einzugreifen, sich diese Länder zu unterwerfen.
Den sozialen Frieden zu bewahren, ist die Hauptaufgabe dieses Gesetzentwurfs, und sie muß vom Inland und vom Ausland nach dieser Richtung hin gewürdigt werden.
Eine weitere Frage, die in der Öffentlichkeit eine Rolle spielte, betraf die sogenannte Doppelbesteuerung. Kann ein Vermögen zweimal herangezogen werden, das Vermögen bei der Gesellschaft und die Anteile der Gesellschaft bei dem Gesellschafter erneut? Der Gesetzentwurf hat sich in dem Sinne entschieden, daß er die Vermögen nur einmal besteuert, nämlich da, wo das Sachvermögen liegt, also bei der Gesellschaft; er will aber die Widerspiegelung dieses Sachvermögens in der Vermögensziffer des Gesellschafters keiner neuen Besteuerung unterwerfen. Das ist konsequent, denn Grundgedanke des Gesetzes ist die Besteuerung von Vermögen und nicht einer Person. Der Bundesrat macht einen andern Vorschlag; er macht der Vorschlag, die Anteile der Gesellschafter halb, und zwar nach dem Stichtag vom 31. Dezember 1948, heranzuziehen. Ich glaube, daß dieser Vorschlag überhaupt keine innere Begründung hat.
Es ist weiter darüber gesprochen worden, ob auch der Hausrat zu der Vermögensabgabe herangezogen werden soll. Der Entwurf sieht davon ab. Der Hausrat wird auch steuerlich regelmäßig nicht erfaßt; ihn festzustellen, würde einen Eingriff in die persönliche Sphäre jedes einzelnen Staatsbürgers bedeuten und würde an ein Gesetz erinnern, an das der frühere Wirtschaftsrat auch nicht gern erinnert sein will, an das sogenannte Speisekammergesetz. Ich glaube, daß ein solches Gesetz und die mit einem solchen Gesetz verbundenen Vollzugsschwierigkeiten nicht dazu beitragen würden, das zu tun, was wir wollen: sozialen Frieden im Lande zu bewahren.
Eine lebhafte Debatte hat über die Besteuerung der öffentlichen Hand stattgefunden. Daß sich der Bundesrat dagegen wehrt, ist ja wohl selbstverständlich. In der Öffentlichkeit wird gesagt, man. dürfe die öffentliche Hand überhaupt nicht besteuern, weil das die Rückwirkung habe, daß die öffentliche Hand, Länder und Gemeinden, diesen Ausfall durch Werktarife, Gebühren oder Steuern ausgleichen müsse und der einfache Steuerzahler letzten Endes die Lasten zu tragen habe. Meine Damen und Herren, auch in den Steuergesetzen ist die öffentliche Hand grundsätzlich einer Besteuerung unterworfen. Man muß wohl den Grundsatz anerkennen: was im Wettbewerb der Wirtschaft steht, darf steuerlich und von der Abgabenseite her nur gleichmäßig behandelt werden. Der Gesetzgeber für Steuern und für Abgaben ist nicht dazu da, die Wettbewerbsverhältnisse innerhalb der Wirtschaft durch seine Steuern und Abgaben zugunsten des einen und zuungunsten des anderen zu verschieben. Alle Betriebe gewerblicher Art, ob sie nun in der öffentlichen Hand oder in privater Hand liegen, müssen denselben Abgaben unterworfen werden.
Wir wünschen auch nicht, daß wir in all diesen Fragen zwischen In- und Ausländern zu unterscheiden haben. Wer in der deutschen Wirtschaft steht, ist dem steuerlichen Gesetzgeber gegenüber gleichverpflichtet und gleichberechtigt.
Ausnahmen können in Fällen gemacht werden, in denen es sich um Versorgungsbetriebe handelt,
bei denen jeder Gedanke des wirtschaftlichen Wettbewerbs oder des wirtschaftlichen Gewinns ausscheidet, wie z. B. bei der Trinkwasserversorgung. Hier sieht das Gesetz Ausnahmevorschriften auch bereits vor.
Der letzte Punkt, der hinsichtlich der Vermögensabgabe in der Öffentlichkeit erörtert worden ist, betrifft die sogenannte dingliche Sicherung. Das Soforthilfegesetz hat hier an die Möglichkeit der dinglichen Sicherung dieser Abgabeverpflichtungen gedacht und hatte deshalb einen § 29 eingesetzt. Ihnen liegt heute ein Gesetzentwurf vor, in dem die Bundesregierung vorschlägt, diesen § 29 aufzuheben. Die Bundesregierung hält eine dingliche Sicherung der Abgabeverpflichtungen für unmöglich; nicht nur wegen der Überlastung der Grundbuchämter und so fort, sondern auch, weil damit eine Einschränkung des Privatkredites und aller Kreditunterlagen verbunden wäre, die volkswirtschaftlich nicht getragen werden kann.
Die Einwendungen des Bundesrats gehen dann in erster Linie auch gegen die sogenannte ergänzende Vermögenssteuer. Ich nehme es dem Bundesrat gewiß nicht übel, wenn er sich dagegen wehrt, daß eine Steuerquelle, die er bisher gehabt hat, nun einem anderen Zweck, dem Lastenausgleich zugewandt werden soll. Aber ich darf doch darauf verweisen: Wenn der Deutsche Bundesrat das damit begründet, daß er einen Ersatz haben müßte, so ist dem entgegenzuhalten, daß die Bundesregierung bereits einen Gesetzentwurf zur Verbesserung der Einkommensteuer vorgelegt hat, die nach den Absichten der Bundesregierung den Ländern eine Mehreinnahme von jährlich etwa 950 Millionen DM bringen soll. Bei der Ausarbeitung dieses Gesetzentwurfs war bereits daran gedacht, daß man den Ländern für den Wegfall der Vermögenssteuer den notwendigen Ersatz durch diese Verbesserung der Einkommensteuer bieten muß und bieten will. Dieser ergänzenden Vermögenssteuer ist sämtliches Vermögen unterworfen, das nicht abgabepflichtig ist, also z. B. die oben erwähnten Gesellschaftsanteile, etwa das am Stichtag vorhandene Geldvermögen und insbesondere das Vermögen, das sich neu gebildet hat. Diese ergänzende Vermögenssteuer ist im System des Gesetzes unentbehrlich. Die Vermögensabgabe, die auf dem Stichtagvermögen beruht, muß aller menschlichen Voraussicht nach Jahr für Jahr in ihrem Ertrag sinken, weil das Stichtagvermögen Jahr für Jahr natürliche Ausfälle haben wird. Wenn wir also einen Plan auf 30 Jahre aufstellen und wenn wir 30 Jahre möglichst gleichbleibende Mittel zur Verfügung haben wollen, um die Lasten, so wie sie berechnet sind, zu tragen, dann muß für die eine Einkommensquelle, die langsam versickert, eine andere Einkommensquelle gefunden werden, die das ersetzt, was hier verlorengeht. Die ergänzende Vermögenssteuer, die ja in erster Linie auf dem sich neu bildenden Vermögen beruhen wird, ist der natürliche Ersatz für den Ausfall, der bei der Vermögensabgabe eintreten wird.
Die Währungsgewinnabgaben sind politisch und — ich möchte sagen — ethisch notwendig. Die öffentliche Meinung ist vielfach damit vergiftet worden, daß dem deutschen Volk von MilliardenWährungsgewinnen erzählt worden ist, die am Währungsstichtag gemacht worden seien. Selbstverständlich sind es immer die „bösen, lasterhaften" Regierungen in Bund und Ländern, die sich weigern, eine solche Quelle auszuschöpfen. Die Bundesregierung macht hier den Versuch, alles, was an Währungsgewinnen überhaupt erreichbar und ergreifbar ist, für den Zweck des Lastenausgleichs heranzuziehen. Sie kann darauf verweisen, daß ein Teil in Form der sogenannten Umstellungsgrundschulden heute schon herangezogen worden ist und daß diese Umstellungsgrundschulden in Form der Hypothekengewinnabgabe fortleben.
Es ist billig, daran zu denken: wenn ich schon die dinglichen Belastungen heranziehe, dann muß ich doch auch an den Fall denken, in dem z. B. ein Industrieunternehmen eine Obligationenanleihe ausgegeben und diese nebenbei noch dinglich gesichert hat. Dieses Unternehmen wird, weil es nebenbei eine dingliche Sicherung gegeben hatte, auf dem Weg über die Umstellungsgrundschuld herangezogen. Warum soll das andere Unternehmen, das eine Obligationenanleihe ohne dingliche Sicherung ausgegeben hat, nicht herangezogen werden? Warum soll ich die Fälle, in denen sich nachrechnen läßt, daß am Währungsstichtag, sagen wir einmal, 1 Million Mark Forderungen 100 000 Mark Außenstände gegenüberstanden und ein Währungsgewinn von 90 %, also von 900 000 Mark, entstanden ist, nicht heranziehen? Die technischen Schwierigkeiten sind gewiß nicht zu unterschätzen. Insbesondere wird die Frage der Saldierung für die Abgabepflichtigen nicht befriedigend gelöst werden können. Die Abgabepflichtigen haben das Bestreben, ihre sämtlichen Schäden, die sie im Kriege wirklich oder vermeintlich erlitten haben, zum Ausgleich bringen zu lassen. Aber wir dürfen doch auf die Rechtsnatur der Ansprüche verweisen. Ich kann einen Ausgleich nur mit den Schulden und Verpflichtungen herstellen, die in wirtschaftlichem und rechtlichem Zusammenhang mit dem Objekt stehen, das Gegenstand der Besteuerung ist. Bei der Hypothekengewinnabgabe ist es das einzelne Grundstück, bei der Obligationenabgabe das einzelne Betriebsvermögen, bei der Kreditgewinnabgabe das gesamte Vermögen des einzelnen Schuldners. Nach diesen Grundsätzen muß auch die Frage der Saldierung behandelt und gelöst werden. Einzelne Härtefälle sind auf diesem Gebiet möglich. Man nehme das Beispiel an, daß irgendein großer Betrieb, der vielleicht noch dazu unter Treuhänderschaft stand, gezwungen gewesen ist, jahrelang unter Betriebsverlusten zu arbeiten und zur Deckung dieser Betriebverluste Kredite aufzunehmen. Hier handelt es sich nicht um einen wirklichen Währungsgewinn. In diesen Fällen muß individuell abgeholfen werden. Deswegen ist eine Ermächtigung für solche Sonderfälle vorgesehen.
Ein Streitpunkt, der sich ergeben hat, betrifft die Frage, wie das Aufkommen und der ganze Sonderfonds zu verwalten ist. Es hat sich heute schon gezeigt, daß auf das Weisungsrecht des Präsidenten des Hauptamtes für Soforthilfe für alle Mittel-und Unterstellen auch im Vollzug des Soforthilfegesetzes nicht verzichtet werden konnte. Es wird auch für die Zukunft nicht darauf verzichtet werden können. Bei der Aufbringungsseite hat der Gesetzentwurf vorgesehen, die Verwaltung genau so zu regeln, wie sie heute bereits auf dem Gebiet der Umsatzsteuerverwaltung geregelt ist. Ich glaube, der Bundesrat kann nicht wohl behaupten, daß die Umsatzsteuerverwaltung, die einstimmig auch vom Bundesrat gebilligt worden ist, mit den Grundsätzen der Verfassung nicht im Einklang stehe. Wenn aber hier das Beispiel schon gegeben ist, dann wird man wohl auch verfassungsrechtliche Bedenken dagegen, daß die Verwaltung des Aufkommens nach dem System der Umsatzsteuerverwaltung gestaltet wird, nicht erheben können.
Bei dem zweiten Weg, Weisungsrecht des Hauptamtes für Soforthilfe für alle Verwaltung der Entschädigungen und Leistungen, müssen wir offen zugeben, daß es wohl besser ist, eine Änderung des Grundgesetzes, nur auf diesen Zweck beschränkt, vorzuschlagen. Wir sollen uns gewiß hüten, das Grundgesetz abzuändern, wenn nicht zwingende Not dazu vorhanden ist. Aber es dürfte ein Einverständnis aller Länder mit dem Bund bestehen, daß in diesem Falle das Weisungsrecht notwendig ist und eine Änderung des Grundgesetzes, die sich auf den Vollzug des Lastenausgleichsgesetzes beschränkt, empfehlenswert ist. Das ist der offene und ehrliche Weg, während alle anderen Wege wahrscheinlich Verfassungsbestimmungen verschleiern oder umgehen würden. Das wäre der Verfassung nicht würdig.
Damit habe ich einen Überblick über die Frage des Aufkommens gegeben. Nun ein kurzes Wort zu der Frage der Entschädigung. Hier ist die erste Frage, „was" entschädigt werden soll. Der Gesetzentwurf beschränkt sich grundsätzlich auf all die Schäden, die durch die Massenvertreibungen und Massenzerstörungen des Krieges angerichtet worden sind. Er geht darüber nicht hinaus. Währungsschäden werden nur insofern berücksichtigt, als sie zu besonderen sozialen Härtefällen geführt haben. Vom Bundesrat wird hier die Frage der Altsparer hereingeworfen. Aber die Frage der Altsparer würde wahrscheinlich die Frage der Währungsschäden insgesamt aufwerfen. Und seien wir doch ganz offen und ehrlich: es gibt eigentlich nur einen Weg, sämtliche Währungsschäden zu beheben; das ist der Weg, an Stelle der D-Mark wieder die R-Mark einzuführen. Diesen Weg wird jeder in diesem Hohen Hause ablehnen. Wenn wir eine Einzelfrage anschneiden, so müssen wir für diese Einzelfrage auch die besondere Lösung finden. Die Lösung ist in der Frage der Altsparer so schwierig, daß wohl nichts anderes übrig bleibt, als vorgeschlagen ist: sie nicht in den Gesetzentwurf über den Lastenausgleich hineinzuwerfen und diesen nicht dadurch zu komplizieren, daß er mit einem Vermögenswert von 35,4 Milliarden neu belastet wird, sondern diese ganze Frage, wie immer vorgesehen, nach Abschluß des Gesetzentwurfs, wenn wir in der Lage sind, eine neue Bilanz des deutschen Volksvermögens zu ziehen, zu regeln, soweit wir dazu in der Lage sind.
Auch die Frage der politisch Verfolgten kann nicht in den Gesetzentwurf übernommen werden. Sie ist ohnehin bereits Gegenstand der Gesetzgebung der Länder, die auch die Mittel hierzu aufbringen. Ohne allzu große Komplizierung kann die Ländergesetzgebung nicht aufgehoben und die Frage mit dem Lastenausgleich verbunden werden.
Der Gesetzentwurf gewährt, wenn die Frage des „Was" entschieden ist, zur Frage des „Wie" einen Rechtsanspruch, der aber nicht etwa auf der Annahme basiert, der. Staat habe die Verpflichtung, den Vermögensstand und die Vermögensschichtung eines Volkes auf ewig zu garantieren, auch nicht auf der Annahme beruht, daß der Staat, wie man etwa sagen könnte, für jeden Schaden haftbar sei, der durch eine Katastrophe — und auch der Krieg ist eine Katastrophe — eintritt. Nein, der Rechtsanspruch beruht lediglich darauf, daß wir es als eine sittliche Verpflichtung des deutschen Volkes ansehen, brüderlich zusammenzustehen und eine Notgemeinschaft zu bilden. Dieser Rechtsanspruch wird aus dem Gedanken der Notgemeinschaft als eine freiwillige Leistung des deutschen Volkes übernommen. Daraus folgt, daß der Einwand, den der Bundesrat gegen den Rechtsanspruch auf Hauptentschädigung bringt, von der Bundesregierung nicht anerkannt wird, so daß der Entwurf in unveränderter Form vorgelegt werden mußte. Ich möchte aber rein materiell bemerken, daß es mir unverständlich ist, wie man sagen kann, daß dann, wenn der Rechtsanspruch auf Hauptentschädigung fiele, für soziale Zwecke mehr Mittel verfügbar wären. Mindestens in den ersten fünf Jahren ändert sich an dem materiellen Aufkommen und der materiellen Verwendung nichts, ob man den Rechtsanspruch anerkennt oder nicht. Dieses Argument des Deutschen Bundesrates kann ich also leider nicht anerkennen.
Ich möchte nun abschließen und zusammenfassen. Das Bild wird sich künftig folgendermaßen gestalten. Die Kriegsschadenrente wird mit einem jährlichen Aufwand von 420 Millionen D-Mark berechnet; die Wohnraumhilfe, die der Gesetzentwurf vorsieht, mit einem jährlichen Aufwand von 330 Millionen D-Mark; der Härtefonds, der insbesondere für die Vertriebenen aus der Ostzone und den deutschen Ostgebieten gedacht ist, die nicht unter den Begriff der Vertriebenen und Flüchtlinge fallen, mit 65 Millionen D-Mark; der Währungsfonds für die Entschädigung des Währungsschadens der Vertriebenen, der über die bei der Währungsumstellung von der übrigen deutschen Bevölkerung erlittenen Schäden hinausgeht, mit 50 Millionen D-Mark; die sonstigen Förderungsmaßnahmen allgemeiner Art mit 120 Millionen D-Mark; die Hausrathilfe mit 300 Millionen D-Mark. Diese verschiedenen Arten von Entschädigungen und Leistungen bedeuten also einen jährlichen Gesamtaufwand von 1285 Millionen D-Mark. Das Gesamtaufkommen ist, wie ich Ihnen berichtet habe, mit 1660 Millionen D-Mark zu schätzen. Für die Eingliederungshilfe bleibt also ein Betrag von 375 Millionen D-Mark!
Meine Damen und Herren, es ist das Kennzeichen des Gesetzentwurfs, daß er im Gegensatz zum Soforthilfegesetz das Schwergewicht nicht auf die Rentengewährung legt. Renten sollen Alten und Erwerbsunfähigen gewährt werden. Das Schwergewicht des Gesetzentwurfs liegt auf dem Gedanken der Eingliederungshilfe. Wir wollen, daß die Zahl derer, die sich als Kriegsgeschädigte, als Flüchtlinge, als Luftkriegstotalgeschädigte, die sich — um ein häßliches und unberechtigtes Schlagwort unserer Zeit zu gebrauchen — als „Entrechtete" fühlen, Jahr für Jahr geringer wird.
Wer von der Allgemeinheit eine Rente bezieht, behält immer das Gefühl einer gewissen Minderwertigkeit, eines Unterstützten.
Wer dagegen die Möglichkeit hat, in einer neuen Existenz aus eigener Kraft nunmehr sich und seine Familie zu ernähren und sich und seiner Familie ein neues Heim zu schaffen, der hat auch das Gefühl, gleichberechtigt in einer neuen Heimat zu stehen.
Wir wollen die Zahl derer, die gleichberechtigt und bewußt im deutschen Vaterland als ihrer Heimat leben, jährlich immer mehr steigern, und wir haben keinen sehnlicheren Wunsch als den, die Zahl derer, die sich als Unterstützte, als Entrechtete fühlen, Jahr für Jahr zu verringern. Deswegen, meine Damen und Herren, muß ich sagen, daß es mein Herzenswunsch gewesen wäre, den Betrag,
der für die Eingliederungshilfe zur Verfügung steht, eher zu erhöhen als zu vermindern. Es stehen jährlich 375 Millionen zur Verfügung, und diese Eingliederungshilfe ist eine sehr produktive Maßnahme.
Ich habe heute, als ich in dieses Haus kam, einen Presseausschnitt in die Hand gedrückt bekommen, wonach der Handelsausschuß der Vereinigten Staaten angeblich erklärt hat, daß die deutsche Wirtschaft nicht mehr kreditwürdig sei und man ihr kein Kapital mehr geben könne, und als Grund dafür war die Belastung des deutschen Kapitals durch den Gesetzentwurf, über den wir sprechen, angegeben.
Meine Damen und Herren, das Ausland unterliegt einem großen Irrtum; denn dieser Gesetzentwurf vermehrt die bisherige Belastung für den einzelnen und für das gewerbliche Betriebsvermögen nicht. Es ist also gar kein Anlaß, aus diesem Gesetzentwurf irgendwelche derartigen Schlußfolgerungen zu ziehen. Aber das eine ist richtig: wir haben uns in Gesprächen mit wichtigen Persönlichkeiten des Auslandes von seiten der Bundesregierung immer bemüht, Verständnis dafür zu wecken, daß das deutsche Volk hier eine letzte äußerste Kraftanstrengung leistet, daß die Not aber so groß ist, daß sie mit dieser Kraftanstrengung zwar gemildert, aber nicht restlos überwunden werden kann, daß die internationale Welt, die auch ein internationales Verschulden abzutragen hat, an der Hilfeleistung mittragen muß und daß wir deshalb im Vertrauen auf die internationale Welt in den Gesetzentwurf eine Bestimmung hineingeschrieben haben, die die Bundesregierung ermächtigt, eine Anleihe aufzunehmen
in der Hoffnung, daß es einmal gelingen werde, den wirklichen Geist der Vereinten Nationen der Welt zu wecken und mit ihrer Hilfe auch eine solche Anleihe zu erhalten.
Die Gespräche, die wir geführt haben, lassen mir die Hoffnung auf eine solche Hilfe nicht mehr als ganz utopisch erscheinen. Ich glaube, sagen zu können, daß in nicht ganz einflußlosen Kreisen der Wille dazu vorhanden ist. Es wurde aber betont: es ist Voraussetzung, daß das deutsche Volk für das System des Lastenausgleichs einen Weg findet, damit das, was aus der deutschen Produktion und Wirtschaftskraft herausgenommen werden muß, auch in erster Linie nach Möglichkeit dafür verwendet wird, die Kräfte der Kriegsgeschädigten, der Flüchtlinge und der Heimatvertriebenen wieder in die deutsche Produktion hineinzustellen und diese damit zu stärken.
Wenn ich unter diesem Gesichtspunkt den Gesetzentwurf nach den Zahlen werte, so darf ich folgendes feststellen. Was wir an Eingliederungshilfe verwenden, nämlich 375 Millionen DM, ist produktive Ausgabe, was wir an Wohnraumhilfe verwenden — 330 Millionen DM — ist produktive Ausgabe, und was wir für Förderungshilfe aller Art verwenden — 120 Millionen DM — ist ebenfalls produktive Ausgabe.
Der Gesetzentwurf rechnet also mit produktiven
Ausgaben im Betrage von 825 Millionen DM; das
ist rund die Hälfte des gesamten Aufkommens. Ich
glaube, daß das deutsche Volk auch nach dieser
Richtung mit einem ehrlichen Gesicht vor die ganze Welt hintreten und sagen kann: Ich habe mich bemüht, eine deutsche Not zu lindern, und ich habe mich bemüht, das auf einem wirtschaftlich zweckmäßigen Wege zu tun, die deutsche Produktionskraft nicht zu schmälern, sondern aus der Not, aus der Masse der Heimatvertriebenen neue Kräfte für die deutsche Produktion zu gewinnen.
Infolgedessen möchte ich bitten, den Gesetzentwurf als ein Ganzes zu nehmen.
Ich weiß genau, daß man aus den Erfahrungen des Soforthilfegesetzes gegen den Vorschlag der Kriegsschadenrente dieses oder jenes Bedenken einwenden kann. Meine Damen und Herren, wenn das durch das System der Vollversorgung ersetzt würde, so hätte das zur Folge - denken Sie daran —, daß die 280 Millionen DM, die die öffentliche Hand aus den Mitteln der Kriegsfolgehilfe und der Fürsorge demselben Personenkreis zur Verfügung zu stellen bereit ist, wegfallen würden. Für diesen Personenkreis stände diese Summe von 280 Millionen DM nicht mehr zur Verfügung, sondern würde bei der Vollversorgung aus dem Lastenausgleichsstock herausgenommen werden. Das hätte zur Folge, daß die Eingliederungshilfe, die mit 375 Millionen DM vorgesehen ist, wenigstens um den Betrag von 280 Millionen DM schmelzen und schwinden müßte und daß dann ein Betrag bliebe, der so klein wäre, daß der eigentliche Zweck der Eingliederungshilfe überhaupt nicht mehr zu erreichen wäre.
Ich möchte deshalb bitten, den Gesetzentwurf unter all diesen Gesichtspunkten als Ganzes, als Geschlossenes aufzufassen und zu behandeln. Ich wünsche, daß dieser Gesetzentwurf in der deutschen Öffentlichkeit als ein Beitrag zum inneren Frieden des deutschen Volkes und damit als eine Stärkung des Friedens der Welt betrachtet wird. Wir sind das Grenzland neben dem Eisernen Vorhang. Die moralische Kraft und der innere Friede in diesem Grenzland können entscheidend dafür sein, ob der Friede der Welt bewahrt bleiben wird. Mögen In- und Ausland begreifen, daß diese große Kraftanstrengung des deutschen Volkes als Verteidigungsbeitrag dem Frieden der Welt dienen soll.
Sie haben die Begründung des Gesetzentwurfes gehört.
Ich eröffne die Aussprache der ersten Beratung. Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir nach der Entgegennahme der Begründung zu diesem Gesetzentwurf heute in die Debatte der ersten Lesung eintreten, dann kann es meines Erachtens nicht unsere Aufgabe sein, jetzt die Einzelheiten dieses umfangreichsten Gesetzeswerkes, das der Deutsche Bundestag zu behandeln hat, darzustellen, sondern es kann sich lediglich darum handeln, zu den Grundsätzen dieser Regierungsvorlage das zu sagen, was vom Standpunkt des Volksvertreters oder der Vertretungen der einzelnen Fraktionen dieses Hauses zu sagen ist.
Erlauben Sie mir eine Vorbemerkung! Es ist im Laufe der letzten Monate, soweit ich die Dinge übrsehen kann, immer deutlicher sichtbar geworden, daß wir ein Volk sind, daß es sich in einer be-
sonders schweren Zeit dadurch bequem macht, daß es die großen und schweren Probleme simplifiziert; und man sucht die Masse dadurch zu beeinflussen, daß man ganz bestimmte Phrasen und Leitsätze in das Volk hineinschleudert und es dadurch für Auffassungen gewinnen will, die bei einer nüchternen Betrachtung der Wirklichkeit sich als undurchführbar herausstellen.
Der Herr Bundesfinanzminister ist in seinen Darlegungen auf eine Reihe von Grundsatzproblemen eingegangen. Erlauben Sie mir, einige von diesen Fragen aufzugreifen und Ihnen die Meinung, die ich und meine Freunde vertreten, hierzu zu sagen.
Sie haben gehört und wissen alle aus den Diskussionen in der Öffentlichkeit, aus den Forderungen, die hier und dort erhoben worden sind, daß man auf der einen Seite das Grundsatzprinzip des Kollektiven mit dem Grundsatzprinzip des Individuellen und auf der andern Seite den Grundsatz des Quotalen mit dem Grundsatz des Sozialen als Gegensätze gegenüberstellt. Es ist außerordentlich wichtig, wenn wir uns darauf besinnen, daß es einer der Grundfehler im Denken des deutschen Volkes ist, immer in Extremen zu denken, als ob wir mit einem rein Quotalen oder einem rein Sozialen eine Lösung finden könnten.
Über den kollektiven Lastenausgleich als Prinzip brauchen wir nicht zu sprechen, denn der Gedanke eines kollektiven Lastenausgleichs ist in der Öffentlichkeit und auch in der Meinung der Mehrheit dieses Hauses zu Ende gedacht.
Wenn wir also, meine Freunde und ich, uns darüber auseinandersetzen, welche Grundgedanken und welche Grundsätze wir zur Anwendung bringen sollen, so erkläre ich Ihnen: Wir wollen einen Weg, der weder rein quotal noch rein sozial ist, sondern wir wollen einen gesunden Weg, der weg von der Phrase, die diese Worte enthalten, zu der wirklichen Lösung durchdringt.
Würden wir rein sozial im Sinne der Gedankengänge, die von extremen Seiten ausgehen, diesen Grundsatz zur Anwendung bringen, so würden wir in logischer Folge den Grundsatz der Anerkennung des Privateigentums aufgeben.
Dazu sind meine Freunde nicht bereit.
Wollten wir aber nach dem Grundsatz der Anerkennung des Privateigentums jetzt mit eben der gleichen Fehlkonstruktion des überspitzt Quotalen handeln, dann würden wir, meine Damen und Herren, völlig vergessen, wie denn die wirkliche Lage des deutschen Volkes ist.
Erlauben Sie mir, Ihnen dazu nur einmal ein paar Zahlen zu sagen. Erstens: Mehr als 70 % des deutschen Volkes in der Vergangenheit und Gegenwart haben überhaupt kein Vermögen besessen, wobei ich den Hausrat in diesem Sinne nicht als Vermögen bezeichne, ohne ihm damit seinen Wert nehmen zu wollen; denn diesen Hausrat braucht jeder. Diese 70 und mehr Prozent haben von dem gelebt und leben heute noch von dem, was sie mit ihrer Hände Arbeit schaffen wollen und schaffen können. Ich würde also von vornherein bei einem rein quotalen Denken dann nur echte Vermögensverluste, die in Sachwerten, in Grund und Boden, in Häusern, in landwirtschaftlichen oder sonstigen Vermögen bestünden, heranziehen, um zwischen den Besitzenden und den Geschädigten einen Ausgleich herbeizuführen. Dann würde ich die 70 % übergehen, dann würde ich den sozialen Gedanken totschlagen.
Darum habe ich mit meinen Freunden die Auffassung: Wir werden hier den gesunden Weg finden müssen, der allein gegangen werden kann, wenn das letzte Ziel dieses Gesetzes erreicht werden soll. Wir werden den Weg suchen müssen, um zum sozialen Frieden zu kommen, und wir werden in der Beratung dieser Regierungsvorlage miteinander diesen Weg finden.
Erlauben Sie mir hier am Anfang ein Wort, da ich mich verpflichtet fühle, einige Male auf die Stellungnahme des Bundesrates einzugehen. Der Bundesrat hat — so hat die Presse berichtet — mit 22 gegen 21 Stimmen die Regierungsvorlage abgelehnt. Der Herr Bundesfinanzminister hat diese irrtümliche Berichterstattung bereits korrigiert. Es ist eine große Gefahr, die hier bei der Presse liegt, daß sie über eine Unmasse von Dingen, die sich in diesem Hause tun, berichten soll, daß ihr nicht der nötige Raum zur Verfügung steht und daß sie darum in die Gefahr gerät, mit Schlagzeilen zu arbeiten. Ich habe daher die Bitte an die Tagespresse, daß sie der Formulierung ihrer Schlagzeilen die Bedeutung beimessen möge, die sie für weiteste Kreise der Leser hat. Vergessen Sie nicht, meine Damen und Herren: breite Massen des deutschen Volkes lesen in der Presse nur die Schlagzeilen und haben dann ihr Urteil fertig. Was dahinter im Kleindruck steht, wird mehr oder weniger oberflächlich oder gar nicht gelesen.
Zu der Stellungnahme des Bundesrates habe ich grundsätzlich ein Doppeltes zu sagen; einmal eine Feststellung zu treffen: Ich bitte die hochverehrten Mitglieder des Deutschen Bundesrates, es mir nicht zu verübeln, wenn ich frage, ob die Stellungnahme des Deutschen Bundesrates wirklich die des Rates eines Bundes oder einer Interessenvertretung der Länder ist.
Denn wir haben hier das Groteske, daß der Bundesrat da zu einem Nein kommt, wo ein Teil des Bundesrates Forderungen stellt, die die Abgabenseite berühren, und der zweite Teil der Mehrheit dadurch zustande gebracht wird, daß Forderungen auf der Entschädigungsseite erhoben werden. Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Mitglieder des Bundesrates, die solche Beschlüsse fassen, müssen doch einen Augenblick prüfen, woher denn diese Differenz bei der Kürzung der Abgabenseite kommt und wie die Erhöhung der Ausgabenseite letztlich gedeckt werden soll. Ich glaube, es wird zu den Aufgaben des Ausschusses für den Lastenausgleich gehören, mit den Vertretern des Bundesrates hier Wege zu suchen, damit wir diese Diskrepanz nicht hinterher unter Anrufung von Art. 77 des Grundgesetzes auch bei diesem Gesetz beseitigen müssen.
Und das Zweite, was die Öffentlichkeit hierbei auch nicht bedenkt: Wenn ich die Stimmen der Länder im Bundesrat in Beziehung setze zu der Bevölkerungsziffer dieser Länder, dann komme ich zu dem Ergebnis, daß die Länder, die — wenn Sie den Ausdruck erlauben — mit Nein votiert haben, nicht ganz 10 Millionen Menschen, und die Länder, die mit Ja votiert haben, über 40 Millionen Menschen in ihren Grenzen haben.
Es ist doch einfach eine Tatsache, daß ich die drei Stimmen des Landes Bremen im Bundesrat nicht so bewerten kann wie etwa die Stimmen des Landes Bayern, in dem 23 % Vertriebene sitzen und dessen Bewohnerzahl 15mal so groß ist wie die des Landes Bremen.
Ich möchte deshalb darum bitten, daß man die Stellungnahme des Deutschen Bundesrates auch unter diesem Gesichtspunkt einer kritischen Prüfung unterzieht.
Die zweite Problematik, mit der sich der Bundesrat und vor allem die deutsche Öffentlichkeit befaßt haben, meine Damen und Herren, ist, sowohl auf der Abgabe- wie auf der Nehmerseite, der Einheitswert. Die Bundesregierung hat in ihrer Vorlage — und in diesem Punkte hat der Bundesrat einmütig zugestimmt — die Einheitswerte als Grundlage genommen. Über dieses Problem ist in Sachverständigenkreisen quer durch alle Fraktionen dieses Hohen Hauses noch und noch diskutiert worden. Wir haben, soweit ich die Dinge übersehen kann, bis zu dieser Stunde eine andere Lösung als die, die Einheitswerte zum Ausgangspunkt zu nehmen, nicht finden können.
Ich darf die deutsche Öffentlichkeit auch einmal auf folgende Tatsache aufmerksam machen: Auch hier wird mit Worten herrlich gestritten, ohne daß die Wirklichkeit des Lebens erkannt wird. Es wird mit dem Wort „Verkehrswerte" statt „Einheitswerte" gearbeitet. Ja, meine Damen und Herren, wo kein Grundstücksmarkt ist, gibt es doch auch keinen Verkehrswert. Das Reichsbewertungsgesetz wird sehr oft, bewußt oder unbewußt, in seinen Grundlagen nicht erkannt. Wovon geht beispielsweise die Bewertung beim landwirtschaftlich genutzten Vermögen aus? Doch von nichts anderem als von der Ertragsseite, von dem durchschnittlichen Ertrag, der in Jahrzehnten, d. h. in längeren Erntezeiträumen ermittelt worden ist. Wenn ich dann in den Tausenden von Briefen, die mir auf den Schreibtisch geflattert sind und die wahrscheinlich sehr vielen von Ihnen in der gleichen Form und in dem gleichen Tenor täglich auf den Schreibtisch flattern, lesen muß, sei es von Vertriebenen: der Einheitswert des landwirtschaftlichen Grundbesitzes sei mindestens der dreifache — und das geht selbst bis zum Zehnfachen —, und von landwirtschaftlichen Kreisen: der Einheitswert sei völlig übersetzt, sei viel zu hoch, so komme ich doch zu der Überzeugung, daß die Regierungsvorlage, die die Einheitswerte als Grundlage genommen hat, damit den richtgien Weg gegangen ist.
Es wird Aufgabe der Beratungen dieses Hohen Hauses, insbesondere des Ausschusses, sein, zu prüfen, ob sich bei der Anwendung dieses Grundsatzes irgendwelche offensichtliche Härten ergeben. Ich habe z. B. in sorgfältigen Prüfungen feststellen können, daß die Durchführungsverordnungen zum Reichsbewertungsgesetz in den Ländern verschieden ausgelegt worden sind, so daß man zu dem grotesken Schluß kommen muß, daß z. B. — ohne das generalisieren zu wollen - in Württemberg mit anderen Maßstäben als in anderen Ländern gearbeitet wurde. Wir werden in aller Ruhe diese Frage auf die Substanz prüfen und da zu bestimmten Konsequenzen kommen müssen, weil wir bei all unseren Beratungen und Entscheidungen uns alle von dem Grundsatz leiten lassen, im Rahmen des Menschenmöglichen gerecht zu sein.
Sowohl in der Regierungsvorlage als auch in der Stellungnahme des Deutschen Bundesrates ist als weiterer Grundsatz festgelegt worden, daß eine einheitliche Vermögensabgabe erreicht werden soll. Darüber sind sich alle Sachverständigen klar, daß Vermögen nicht gleich Vermögen ist, sondern daß je nach der Art des Vermögens auch der Ertrag verschieden sein wird. In dem Bemühen, der Tatsache Rechnung zu tragen, daß es hier unbestreitbar zwei Möglichkeiten gibt, nämlich entweder entsprechend den verschieden hohen Erträgen die Abgabe prozentual auch verschieden zu gestalten oder bei einer Bleichhohen Abgabe die Verzinsung dieser Abgabe zu staffeln, ist die Regierung in Übereinstimmung mit den Sachverständigen der Regierungsparteien zu der letzteren Lösung gekommen. Auch darüber mögen die Auffassungen geteilt sein. Im Ziel wird erreicht werden müssen. eine schon gefundene Lösung zu akzeptieren oder eine neue zu erarbeiten, die diesen Grundsatz der Belastung des Vermögens bis zur Grenze des wirtschaftlich Tragbaren verwirklicht oder die Möglichkeit der Verwirklichung schafft.
Wir haben uns in unseren Überlegungen davon leiten lassen - und die Bundesregierung hat sich dieser Überlegung und ihren Ergebnissen nicht verschlossen —, daß wir andere soziale Rücksichten nehmen müssen, als sie das Soforthilfegesetz genommen hat. Es ist doch ein Unterschied, ob ein Arbeiter oder Angestellter in zwanzigjähriger Arbeit Groschen auf Groschen zusammenlegt, um endlich zum Ziele eines kleinen Eigenheims zu kommen und so vermögend zu werden, oder ob jemand vom Vater her zehn Häuser ererbt hat, die 500 000 DM wert sind. Wir haben die Überzeugung, daß, wenn hier nicht mit echten sozialen Freigrenzen gearbeitet wird, das Gesetz nicht verstanden werden könnte, weil es auch an dem Punkte eine falsche Gleichsetzung von Vermögen und Vermögen mit sich bringen würde.
Darum ist die Freigrenze sozial gestaffelt nach dem Grundsatz: selbst erarbeitetes kleineres Vermögen soll jetzt nicht durch den Lastenausgleich wiederum vernichtet oder in seiner Erhaltungsmöglichkeit ernsthaft gefährdet werden. Das bedingt selbstverständlich — ich komme nachher darauf zu sprechen - auch, daß wir auf der andern Seite bei den kleineren Vermögen der Geschädigten den gleichen Grundsatz anwenden. Sonst würde der Grundsatz sozialer Gerechtigkeit nur für den einen Teil, den besitzenden Teil, exerziert werden, und wir würden vergessen, es bei dem anderen Teil zu tun.
Der Bundesrat hat gegen die Grundsatzkonzeption der Regierungsvorlage, Einbeziehung der Vermögenssteuer in den Lastenausgleich, Bedenken erhoben, die niemals grundsätzlicher Art sind, sondern die auf einer verständlichen Wahrung der Interessen der Länder beruhen. Der Herr Bundesfinanzminister hat dazu seinerseits bereits so klar und deutlich Stellung genommen, daß ich sagen kann: was er zu dem Punkte ausgeführt hat, entspricht auch der Auffassung, die meine Freunde und ich teilen. Ich brauche mich daher zu dem Punkte nicht zu äußern.
Lassen Sie mich noch kurz auf die verschiedenen weiteren Abgaben eingehen, die die Regierungsvorlage vorsieht, die Hypothekengewinnabgabe, die Obligationengewinnabgabe, die Währungsgewinnabgabe oder die Kreditgewinnabgabe und auf die Sonderabgabe vom Vorratsvermögen.
Meine Damen und Herren, soweit es die ersten drei Kapitel angeht, handelt es sich um sehr
schwierige Spezialfragen, mit denen sich die besten Sachverständigen dieses Hauses bei den Beratungen noch ernsthaft zu beschäftigen haben. Aber ein großes Ziel ist doch hier in wenigen, schlichten Worten darzustellen und aus dem, was die Gesetzesvorlage will, zu folgern. Sie will auf der einen Seite durch die Abgabe von Vorratsvermögen und von übersteigertem Vorratsvermögen bis zu den Grenzen des Möglichen Hortungsgewinne erfassen, so wie es das Soforthilfegesetz getan hat; auf der andern Seite will sie Währungsgewinne erfassen, damit nicht derjenige seinen Gewinn behält, der Schulden gemacht hatte, um sich Vorräte zu kaufen, und um Mitternacht vom 20. zum 21. Juni 1948 mit dem beglückenden Gefühl aufwachen oder noch wach sein konnte: Mein Vermögen habe ich, und meine Schulden betragen nur noch 10 %. Das ist der Kerngedanke, der diesen Maßnahmen, die uns vorgeschlagen werden, zugrunde gelegt werden muß.
Dahinter stecken aber nun — der Herr Bundesfinanzminister hat es angedeutet — eine große Reihe von schweren Fragen, die in Sachverständigenkreisen durchdacht und erörtert werden müssen. Erlauben Sie mir auch dazu ein grundsätzliches Wort. Wer die Regierungsvorlage gründlich studiert hat — und das haben ja zumindest die verehrten Abgeordneten dieses Hohen Hauses getan —, der wird festgestellt haben, daß die Zahl der vorgesehenen Rechtsverordnungen bis an die 50 herangeht. Das zeigt auf der einen Seite die einzigartige Schwierigkeit, mit der wir zu arbeiten haben, auf der andern Seite stellt es uns aber auch die Aufgabe, zu prüfen, inwieweit wir in den Beratungen dieses Hauses die Schwierigkeiten meistern und unserer uns obliegenden Pflicht gerecht werden, die Gesetze zu schaffen und sie in ihrer Substanz nicht der Exekutive zu überlassen. Das kann nur grundsätzlich gesagt werden. Es ist keine Zeit, darüber im einzelnen Ausführungen zu machen.
Lassen Sie mich zu der Frage der Ausgleichsleistungen kommen. Es ist bereits der Gegensatz der Auffassungen zwischen dem „Bundesrat" — einem Teil der Bundesratsvertretungen, die nur ein Bruchteil der Ländervertretungen sind, wenn ich die Bevölkerungsziffer zugrunde lege — und der Bundesregierung dargestellt worden. Ich persönlich vertrete — und das darf ich im Namen meiner Freunde sagen— grundsätzlich die Auffassung, die ich anfangs darstellte und auch jetzt im Zusammenhang mit diesem Teil noch einmal wiederholen möchte. Wir lehnen jeden Versuch, einen wirklich erlittenen und als solchen ermittelten Schaden durch generelle soziale Maßnahmen zu berücksichtigen, ab. Wir verschließen uns aber nicht der Erkenntnis, daß es Verluste gibt, die sich nicht in Geld oder nachgewiesenen Grund- und Bodenverlust ausdrücken lassen, und daß diesen Menschen auch geholfen werden muß und es notwendig ist, sie einzugliedern. Ich bin der Meinung, daß es möglich werden muß und möglich ist, daß jedem, der, wenn ihm der Start gegeben wird, die Kraft zu einem neuen Anfang hat — sei es zur Seßhaftmachung, Eingliederung, Wiederselbständigwerdung oder zum Neuselbständigwerden —, auch die Chance gegeben werden muß.
Das fordert kein vernünftig denkender Mensch, daß ich, der ich keinen Pfennig Vermögen gehabt habe, nun qua Lastenausgleich 10 000 DM geschenkt bekomme, um mich selbständig zu machen; aber es entspricht den Grundsätzen sozialer Gerechtigkeit,
daß man mir, wenn ich die Möglichkeit habe, eine Existenz aufzubauen, den Start .dazu gibt. Diesen Start müssen wir den Menschen geben. Ich sehe hier darum, wenn ich Sie an meine Ausführungen über die extreme Denkweise des deutschen Volkes erinnern darf, durchaus den Weg, zu einer gesunden mittleren Lösung zu kommen und eine Verständigung zwischen den Auffassungen beider Teile dieses Hauses herbeizuführen, weil ja die Auffassungen zu diesem Punkte nicht etwa parteipolitisch festgelegt sind, sondern je nach dem Standort, von dem aus der einzelne es betrachtet, hat er auch eine verschiedene Auffassung von den Notwendigkeiten und Möglichkeiten.
Ein sehr strittiges Kapitel sowohl in den Beratungen der Regierungsvorlage als auch in den Beratungen im Bundesrat war die Frage der Kriegsschadenrente. Es ist zweifellos richtig — ich führe das als meine persönliche Auffassung hier aus —, daß es für weiteste Kreise der Geschädigten und auch der Öffentlichkeit schwer verständlich ist, wenn man irgend jemandem, der geschädigt ist, eine Rente von 10 DM im Monat anbietet. Es ist gar keine Frage, daß die gegenwärtige Gestalt der Kriegsschadenrente einer sorgfältigen Prüfung und nach meiner Überzeugung auch grundsätzlichen Reform bedarf. Nur haben wir uns eines vor Augen zu halten: daß das Ziel, Menschen einzugliedern, wieder neu zu fundieren, dabei nicht aus den Augen gelassen werden darf. Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß wir den Weg u. a. dadurch finden könnten, daß wir sagen: das, was jetzt nach der Regierungsvorlage in den normalen Haushalt der Fürsorge-Etats der Länder, Gemeinden und des Bundes gehört, wird herausgenommen und diese Mittel werden global dem Lastenausgleich zugeführt, so daß dadurch wirklich die Möglichkeit von Rentenleistungen gegeben ist, die zu verantworten sind, nicht nur von Rentenleistungen, meine Damen und Herren, die optisch besser aussehen. Die Optik hält nur so lange stand, wie die Propaganda läuft. In dem Moment, in dem die erste Zahlung kommt, hört die Wirkung der Optik auf; darüber sollten wir uns klar sein.
Ein weiteres Problem ist die Hausratentschädigung. Da werden wir sorgfältig zu überlegen haben — unter Berücksichtigung der Grund- und Leitgedanken des Gesetzes —, ob nun wirklich die jetzt von der Regierung vorgeschlagene total nivellierende Lösung von uns akzeptiert werden kann. Wir haben uns im Ausschuß für den Lastenausgleich bei den überaus wertvollen Beratungen über die Feststellung bereits darüber verständigen können, daß wir eine gestaffelte Tabelle bei der pauschalen Festsetzung des Hausratverlustes zugrunde legen wollen, und waren uns darüber klar, daß das auch folgerichtig bei der Beratung des Ausschusses für den Lastenausgleich über die Lastenausgleichsgesetzgebung zur Auswirkung kommen muß.
Aber vergessen Sie bitte eines nicht, meine Damen und Herren: die Regierungsvorlage nimmt nach den statistischen Erhebungen aus den aufkommenden Mitteln 3,6 Milliarden für Hausratentschädigung an; die von uns gemeinsam erarbeitete neue Tabelle frißt etwa 5,4 bis 6 Milliarden auf. So hart das klingt, müssen wir uns doch darüber klar sein, das ist meine persönliche Überzeugung, daß wir den Hausratschaden niemals in seiner vollen Höhe erfassen und in normalen Relationen den Geschädigten ersetzen können. Das wäre zwar gerecht, aber, meine Damen und Herren, wehe uns, wenn
wir uns der formalistischen Gerechtigkeit unterwerfen würden, statt den Grundsatz der sozialen Gerechtigkeit zur Maxime unserer Entscheidungen zu erheben.
Erhebliche Kritik ist an der Wohnraumhilfe geübt worden. Lassen Sie mich ganz schlicht eines sagen. Wir haben beispielsweise im Raum GroßAugsburg Platz für Tausende von Spinnern. Die Spinner sitzen, aus dem Sudetenland vertrieben, im Bayerischen Wald. Ich könnte fortfahren, Ihnen ähnliche Bilder, ähnliche Verhältnisse zu schildern, die Sie aber alle kennen. Das ist doch bester Lastenausgleich, wenn ich Mittel benutze, um jetzt dort im Großraum Augsburg Wohnungen zu schaffen und den Menschen das Ziel ihres Kampfes zu geben, nämlich wieder Arbeit statt Almosen. Jeder Mensch, auch wenn er aus der Soforthilfe oder Wohlfahrt Geld bekommt, empfindet sich im tiefsten Grunde deklassiert. Schaffe ich ihm die Grundlage der Existenz durch einen neuen Arbeitsplatz und eine Wohnung, habe ich seine Lastenausgleichsfrage gelöst. Leider besteht keine Möglichkeit, heute schon zu sagen: diese Wohnraumfrage hat doch mit dem Lastenausgleich nichts zu tun; das möge die Regierung aus anderen Mitteln decken, wenn der Haushalt das nicht erlaubt. Wenn der Gürtel enger geschnallt werden muß, dann wage ich auch, Mittel des Lastenausgleichs für solche Zwecke zu verwenden, zumal wenn die Regierungsvorlage sie ausdrücklich bestimmt: a) in erster Linie für den Kreis der Anspruchsberechtigten aus diesem Gesetz, b) befristet zeitlich nach der Höhe und c) als Darlehn verzinslich. Dann rollen doch eines Tages diese Mittel wieder zurück und können dann nach den Grundsätzen dieses Gesetzes weitere Verwendung finden.
Ich komme kurz noch auf drei Probleme. Die Regierungsvorlage sieht die Bildung eines Härtefonds vor. Meine Damen und Herren, hinter dieser Bildung stehen zwei sehr schwere und ernste Fragen. Es steht erstens die ganze Frage der Behandlung der Bewohner der Ostzone dahinter, die in den Raum der Bundesrepublik geflüchtet oder gekommen sind. Bis zur Stunde sind alle Überlegungen und Prüfungen, ob man auf anderen Wegen durch Einbeziehung dieser Gruppe von Menschen in dieser Frage einer Lösung näherkommen könne, gescheitert. Darum hat die Regierung vorgesehen, sich zunächst einmal mit diesem Vorschlage zu begnügen. Wir werden uns in der Ausschußberatung noch sehr ernsthaft damit zu befassen haben.
Aber noch eine zweite Frage — ich glaube, daß ich da nicht nur im Namen meiner Freunde spreche, sondern der Zustimmung des ganzen Hauses gewiß sein kann —, wir sind gewillt und entschlossen, bis zu den Grenzen des staatsrechtlich und politisch Möglichen zu gehen, d. h. praktisch, Berlin in den Lastenausgleich einzubeziehen.
Wie wir das formaljuristisch machen, das überlassen wir freundlich den bewährten und qualifizierten Juristen dieses Hauses. Aber ich glaube, daß Sie auch alle mit mir einig sein werden, daß wir, soweit uns die Macht gegeben ist, gleiches Recht in Deutschland für alle setzen.
Nun kommen die letzten beiden Punkte, einmal: Mittel für sonstige Förderungsmaßnahmen. Sehen Sie, schlummernde Kräfte in der Jugend der Kriegsgeschädigten und Vertriebenen, Kräfte der Intelligenz und des Geistes können heute weitgehend nicht zum Zuge kommen, weil den Eltern die Mittel fehlen, ihren Kindern die entsprechende Ausbildung zu geben. Es erscheint mir politisch richtig, sozial gerecht und volkswirtschaftlich nötig, dieses brachliegende Kapital für die Zukunft zu erschließen. Wir können uns in Deutschland den Luxus nicht leisten, Menschen, die zu Größerem fähig sind, aus Mangel an Mitteln die Ausbildung zu verweigern. Das wird sich in der nächsten Generation rächen.
Das allerletzte Problem ist das der Währungsgeschädigten. Eins ist in der Regierungsvorlage festgelegt und dürfte zweifelsohne die Zustimmung dieses Hohen Hauses finden, daß ein durch die alliierte Währungsgesetzgebung eingetretenes Unrecht beseitigt wird, daß man nämlich den Heimatvertriebenen, deren Konten in der Heimat nicht aufgewertet werden konnten, nunmehr die Möglichkeit gibt, daß ihre am Währungsstichtage nachgewiesenen Guthaben genau der gleichen Aufwertung unterstellt werden, wie das mit den Geldguthaben innerhalb der Bundesrepublik geschehen ist. Das sind die berühmten 6,5%.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
beziehen wir Berlin ein, werden wir selbstverständlich auch die Frage der sogenannten Uraltkonten miterledigen müssen, die die Bewohner Berlins sowohl als auch die Bewohner der Bundesrepublik in Berlin hatten.
Aber wir werden uns, meine Damen und Herren, die Arbeit machen müssen, die Frage der Altsparervergütungen doch noch einmal mit letztem Ernst auf ihre Möglichkeiten zu prüfen, weil offensichtlich diese Lösung — nämlich sie nicht zu lösen — unmöglich erscheint.
Ob es uns gelingt — ich sage das mit allem Vorbehalt —, weiß ich nicht; aber daß es unsere Aufgabe sein wird, dessen sind meine Freunde und ich gewiß.
Lassen Sie mich schließen, meine Damen und Herren. Diese Gesetzesvorlage erscheint uns als die dritte große, vielleicht größte Vorlage, die wir bisher verantwortlich zu beraten und zu verabschieden haben. Das Gesetz für den sozialen Wohnungsbau war das erste, das Kriegsopferversorgungsgesetz das zweite, das Gesetz über einen Lastenausgleich ist das dritte. Wir werden uns nicht von der Öffentlichkeit unter Zeitdruck setzen lassen, und ich bitte auch die Vertreter der Regierung mit allem Respekt, den ich ihnen gerne zolle, nun nicht ihrerseits Termine zu nennen, wann das Gesetz in Kraft tritt. Nunmehr ist es Aufgabe dieses Hohen Hauses, die Verantwortung zu tragen. Wir sind gewillt — des bin ich gewiß —, sie miteinander ernstzunehmen und das Ziel, hier den sozialen Frieden zu schaffen, auf der Grundlage sozialer Gerechtigkeit zu verwirklichen.
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Tatsache, daß in der 115. Sitzung des Deutschen Bundestages nun endlich überhaupt ein Gesetzentwurf über den Lastenausgleich vorliegt, reicht nicht aus, um die Feststellung zu unterdrücken, daß es eben 115 Sitzungstage ge-
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dauert hat, bis die Bundesregierung diesen Gesetzentwurf hier vorgelegt hat. Durch diese Verzögerung ist es ermöglicht worden, daß jenes gewissenlose Spiel von Versprechungen und Illusionen noch über Gebühr ausgedehnt worden ist. Wenn der Herr Bundesfinanzminister dieses Spiel mit Recht bedauert, so muß ich ihm sagen, daß er zur Abkürzung dieser Frist wesentlich hätte beitragen können. Ich fühle mich insbesondere deshalb zu dieser Feststellung vor der Öffentlichkeit berechtigt, da meine Freunde und ich mehrmals diesem Hause vorgeschlagen haben, der Bundesregierung einen Termin zu setzen, bis zu dem der Lastenausgleich als Entwurf vorgelegt werden sollte. In jedem Falle hat man uns gesagt, daß man damit ja nur offene Türen einrenne, denn die Regierung wäre ja nun schon usw. usw.; und alles zusammen hat es dann bis heute gedauert.
Die Gründe für diese lange Zeit — um nicht zu sagen versäumte Zeit — liegen auf der Hand. Es war für die Bundesregierung nicht sehr einfach, die vielen widerstreitenden Interessenten unter einen Hut oder, besser gesagt, ihre Standpunkte in einen Gesetzentwurf hineinzubringen. Es ist natürlich ein schwieriges Stück Arbeit, aus der Wahlpropaganda und aus den zahllosen Versprechungen von Jahren nun endlich ein nüchternes Zahlenwerk zu fabrizieren. Es hat so lange gedauert und ist vielleicht gerade deshalb so schlecht geworden, weil man den Versuch unternommen hat, schon vorher alles unter einen Hut zu bringen. Wir sind ja oft damit getröstet worden, daß durch die Länge der Beratungen — der internen Beratungen, der Gruppenberatungen, der Kreisberatungen, der neuen Entwürfe usw. — die Ausschußarbeit nachher sehr wesentlich vereinfacht werden würde. Meine Damen und Herren, aus der Kenntnis des Gesetzentwurfs kann ich für meine Freunde und mich nur sagen, daß trotz der Länge der Vorbereitungen eine sehr gründliche, das heißt auch recht langwierige Ausschußarbeit notwendig sein wird, um aus dem Gesetzentwurf das zu machen, was er zu sein vorgibt: ein Entwurf für die endgültige Lösung des Lastenausgleichs.
Meine Damen und Herren! Ich will hier die Ausschußarbeiten nicht vorwegnehmen und will gern darauf verzichten, auf die vielen, vielen Einzelheiten, die von meinen Herren Vorrednern hier schon behandelt worden sind, einzugehen. Das macht sich nachher an Hand der Zahlen, der konkreten Unterlagen im Ausschuß sehr viel besser, als wenn wir hier drauflospropagieren. Ich möchte nur auf einige grundsätzliche Fragen zu sprechen kommen.
Meine Freunde und ich haben unsere Vorstellung vom Lastenausgleich — sowohl nach der grundsätzlichen Seite wie nach seiner praktischen Gestaltung — in jahrelanger Arbeit entwickelt. Ich kann mit gutem Gewissen sagen, daß wir uns dabei nur von der nüchternen Betrachtung der Tatsachen haben leiten lassen. Das hat es uns erspart, in die Gesellschaft jener Leute zu kommen, die phantastische Forderungen aufstellen, gewissenlose Versprechungen machen und die nun heute in dieser Weise noch fortfahren, obwohl durch den Gesetzentwurf schon einige Klarheit geschaffen ist, weil sie eben nicht wissen, wie sie mit ihren Beinen wieder auf den Boden der Wirklichkeit zurückfinden sollen.
Wenn wir zu jeder Zeit auch in diesem Hause den Lastenausgleich so nüchtern, sachlich und frei von allen Illusionen, ohne alle gewissenlosen Versprechungen, behandelt haben, dann vor allem deshalb, weil uns das Thema für bloße Agitation zu wichtig war und weil wir die an dieser Frage interessierten, von einer vernünftigen Lösung dieser Frage in vollem Umfange abhängigen Menschen nicht für das richtige Publikum für solche Versprechungen gehalten haben. Im übrigen haben wir im Lastenausgleich nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein Stück unseres deutschen Schicksals gesehen, und das verbietet es, darüber anders als in der vollsten und höchsten Verantwortung zu sprechen.
- Das werden wir noch alles hören! — Wir haben bei den Diskussionen über den Lastenausgleich vielleicht gewisse Worte wie „individuell" oder „früheres Eigentum" weniger häufig benutzt als andere, die an der Diskussion teilgenommen haben. Auf der andern Seite aber haben wir uns doch gegen jeden Verdacht geschützt, etwa etwas unternehmen zu wollen, was man einen kollektiven Lastenausgleich nennt. Wir sind bei unseren Betrachtungen und bei unseren Forderungen immer von dem Menschen in seiner heutigen Situation ausgegangen, und wir haben im Lastenausgleich eine nationale Angelegenheit, eine, die alle angeht, gesehen; aber nicht irgendein Verrechnungsverfahren zwischen denen, die ihr Eigentum verloren haben, und denen, die ihr Eigentum noch erhalten haben. Wenn der Lastenausgleich wirklich nur das wäre, dann, meine Damen und Herren, wäre nicht einzusehen, warum er mit so viel Pathos vorgetragen wird; das wäre dann ein verhältnismäßig einfaches Verfahren, eine Angelegenheit innerhalb einer und nicht gerade der größten Gruppe in der deutschen Bevölkerung. Er ist aber mehr! Wir haben es sehr bedauert, daß unter der reichlichen Verwendung solcher Proklamationen wie „Gerechtigkeit" und gar unter Verwendung der Formulierung „sozialer Friede" hier oft und auch heute in einigen Äußerungen so getan wird, als sei es wirklich nichts anderes als eine Verrechnung zwischen dem erhaltengebliebenen Vermögen und dem verlorengegangenen Vermögen.
Aus einem Bekenntnis zu einem solchen Lastenausgleich ergibt sich nun unsere Kritik an der Vorlage im einzelnen. Es handelt sich dabei nicht um eine Kritik an dieser oder jener Feststellung, an Einzelheiten; es handelt sich, rund heraus gesagt, um eine Ablehnung der Tendenz und der Struktur des Gesetzentwurfes. Man hat uns heute auseinanderzusetzen versucht, daß es der Regierung gelungen sei, weder das eine noch das andere Schlagwort zu ihrem Programm zu machen, keinen quotalen, aber auch keinen sozialen Lastenausgleichsgesetzentwurf vorzulegen, sondern daß sie den goldenen Mittelweg gewählt habe. Meine Damen und Herren, leider trifft das in gar keiner Weise zu. Der Gesetzentwurf der Regierung hat sich sehr eindeutig — das war auch kaum anders zu erwarten — für eine der beiden Auffassungen entschieden, die in der Öffentlichkeit unter dem Stichwort, wenn sie wollen, unter dem Schlagwort — die damit zu arbeiten wissen, denken sich schon etwas dabei — quotal oder sozial bekannt geworden sind. Sie hat sich für den quotalen Lastenausgleich entschieden, d. h. sie will die Leistungen aus dem Lastenausgleich in ein bestimmtes Verhältnis zu dem Schaden setzen, den jemand aus der Vertreibung, aus der Bombardierung und anderen mit dem Krieg zusammenhängenden Ursachen an seinem Vermögen erlitten hat.
Dabei muß uns notwendigerweise einfallen, daß ein Teil der Regierungskoalition schon aus dieser Auffassung heraus seinerzeit in Frankfurt die Mitarbeit am Soforthilfegesetz abgelehnt hat.
— Ja, das waren Sie. Ich weiß es so genau, wie Sie es wissen. Das werden Sie nachher schon tun. Zum Glück ist das nicht nur eine Angelegenheit zwischen Ihnen und uns, sondern eine Angelegenheit, an der auch andere Parteien in diesem Hause beteiligt sind.
Meine Damen und Herren! Vielleicht läßt sich der Charakter dieses Gesetzentwurfes, gegen den schon eine Fülle von Kritik laut geworden ist, an keinem Beispiel so klar verdeutlichen wie an dem hier auch schon angesprochenen Problem der Kriegsschadenrente. Wir haben es einmal gemeinsam für eine große Tat gehalten, als das Soforthilfegesetz all denen, die infolge des Krieges ihre Existenz verloren haben, eine reichlich dotierte Existenz oder eine sehr bescheidene Existenz, in Form eines Rechtsanspruches eine neue Lebenssicherheit gegeben hat, keine sehr großzügige, eine sehr bescheidene, aber doch eine Sicherheit, die es ihnen ersparte, weiter auf das Wohlfahrtsamt zu gehen, wohin die Leute vorher jahrelang gehen mußten. Ich glaube auch heute noch, daß es kein zu starkes Wort ist, wenn ich das als eine soziale Tat bezeichne. 70 DM wenigstens hat der Alte, hat der Arbeitsunfähige oder 100 DM zusammen mit seiner Frau bekommen, wenn er in seine heutige hilflose Lage aus der Vertreibung, aus der Ausbombung hineingekommen ist.
Der Gesetzentwurf der Regierung will, um denen mehr geben zu können, die ein Vermögen verloren haben und die den Verlust dieses Vermögens nachweisen können, diese Rente in einem Umfang abbauen, der ganz unglaublich erscheint.
Da fängt es in Zukunft mit, ich glaube, 11 DM im Monat an.
Das, was heute jeder bekommt, 70 DM, wird in
Zukunft nur noch einer zu beanspruchen oder zu
erwarten haben, der über 70 Jahre alt ist und über
150 000 Mark Vermögensverlust nachweisen kann.
Abgesehen von den Leistungen aus der Hausratsbeihilfe schließt der Gesetzentwurf der Regierung 80 % aller Geschädigten von den Hilfeleistungen aus dem Lastenausgleich aus.
Meine Damen und Herren! Ich fürchte sehr, daß die Kritik, die einstweilen besonders aus dem Regierungslager oder aus dem Lager der Verbündeten der Regierungsparteien an dem Gesetzentwurf geübt worden ist, weil er den Betreffenden, die offenbar einen so großen Vermögensschaden erlitten haben, daß selbst ein gewisser Bruchteil davon, eine Quote, wie man das nennt, für sie noch eine interessante Angelegenheit wäre, — ich fürchte sehr, daß diese Kritik durch die Empörung weit, weit zugedeckt werden wird, wenn in dem großen Kreis der Betroffenen, in dem großen Kreis derjenigen, die Ansprüche haben, erst einmal in vollem Umfang bekannt wird, um was es denn eigentlich geht, wenn über den quotalen und sozialen Lastenausgleich gestritten wird.
Das ist, wie gesagt, die Einzelheit, an der man wie
an keinem anderen Punkt des Gesetzentwurfes den
wahren Charakter dieser Vorlage klarstellen kann
Nun wird oft die Behauptung aufgestellt, daß eben diese Leute, von denen ich jetzt sprach, diejenigen, die gar keinen Vermögensverlust oder jedenfalls keinen nennenswerten Vermögensverlust nachweisen können, auch gar nicht in den Lastenausgleich hineingehören und daß deshalb die Änderung, um nicht zu sagen, der Wegfall der Unterhaltsrente auch recht und billig sei. Was recht ist, wird sehr oft umstritten. Billig mag ès schon sein, aber nicht in dem Sinne, in dem es hier wahrscheinlich gemeint worden ist. Gehört etwa die alte Frau, die nach dem Tode ihres Mannes von der Vermietung ihrer zwei Zimmer gelebt hat und die aus dem Ertrage dieser Miete und der Betreuung ihres möblierten Herrn eine zwar sehr bescheidene, aber gesicherte Existenz hatte, nicht in den Kreis derjenigen, die ihre Existenz durch die Austreibung verloren haben? Zweifellos, wenn man mal den Schaden in D-Mark feststellt, den sie erlitten hat, rangiert sie dann in der allerletzten Gruppe von den Gruppen, die da gebildet werden sollen. Wer auf einem gewissen „Rechts"standpunkt steht, wird leicht sagen können, daß sie so wenig gehabt hat und so wenig verlieren konnte, daß sie, da es hier nur um Quoten geht, gar nichts bekommen kann, vielleicht 10 DM im Monat; für den Rest muß sie der öffentlichen Fürsorge zur Last fallen. Meine Damen und Herren, unserer Meinung nach gehört sie und mit ihr z. B. ein Altenteiler oder ein kleiner Handwerker in vollem Umfang in den Lastenausgleich hinein, und ihre Ansprüche können auf keine andere Weise respektiert und befriedigt werden als durch eine Rente, die so hoch bemessen ist, daß sie davon ihren Lebensunterhalt auch bestreiten können.
Und ich möchte hier unumwunden aussprechen, daß es damit bei uns anfängt. Jede Maßnahme, jeden Versuch, die Renten abzuschaffen, was im Grunde auf eine Verschlechterung des bisherigen Zustandes anstatt auf eine Verbesserung hinausläuft, werden wir nicht nur mit aller Energie bekämpfen, sondern wir werden davon möglicherweise auch die Notwendigkeit ableiten müssen, unser Ausmaß an Mitarbeit danach zu bemessen.
Lassen Sie mich ein paar Worte zu der Hausratbeihilfe sagen. Herr Kollege Kunze hat vorhin schon gesagt, daß man damit nicht zufrieden sein könne. Ich hatte erwartet, weil er vorher einige Bemerkungen gemacht hatte, denen wir durchaus zustimmen konnten, daß er die von dem Entwurf beabsichtigte Höhe beanstanden würde, und ich wäre dann in der glücklichen Lage, ihm dabei zuzustimmen. Wir werden uns wirklich ganz gründlich überlegen müssen, ob man mit 400 bzw. mit 600 DM die Starthilfe geben kann, auf die jeder unserer Meinung nach Anspruch hat, nicht nur diejenigen, die sich selber eine Existenz nicht mehr aufbauen können, die sich selber nicht mehr ernähren können, sondern auch die, die sich noch mit ihrer eigenen Arbeit ernähren können, die aber im Alter von 40 oder 50 Jahren nicht noch einmal auf dem Wege über das Abzahlungsgeschäft anzufangen in der Lage sind.
Herr Kollege Kunze hat leider etwas anderes gesagt. Er hat die Frage aufgeworfen, ob man denn die Hausrathilfe einheitlich bemessen könne, für alle gleich. Ich möchte auch hier gleich unseren Standpunkt mit aller Eindeutigkeit sagen. Jeder-
mann, der weiß, welcher Betrag für eine Hausrathilfe zur Verfügung steht, muß sich darüber klar sein, daß diese Summe wahrscheinlich nicht einmal ausreicht, um jeden mit dem absolut Notwendigen auszustatten. Wer deshalb auch nur einen Teil mehr geben will, weil die Betroffenen schon früher mehr als das Lebensnotwendige gehabt haben, der muß sich auf der anderen Seite entschließen, der großen Zahl der Geschädigten dann weniger als das unbedingt Notwendige zu geben.
Das ist, wie gesagt, für uns in der Kategorie „Recht, gerecht und billig" nicht unterzubringen. Wir möchten also auch hier über unsere Auffassung gleich völlige Klarheit geschaffen haben.
Dann, meine Damen und Herren, zum Kapitel der Eingliederungshilfe. Ich darf mich hier noch einmal auf unsere Mitwirkung am Soforthilfegesetz beziehen. Wir waren es, die damals vor allem einen produktiven Einsatz der aufgebrachten Mittel verlangten,
und sind damit ja auch im großen und ganzen recht erfolgreich gewesen. Tatsache ist wohl auch, daß aus dem Aufkommen der Soforthilfe doch mindestens 40 % produktiv eingesetzt worden sind. Und so sollte nach unserer Meinung auch heute alles geschehen, was nur irgendwie in dieser Richtung erreichbar ist, um die aus der Wirtschaftskraft stammenden Mittel wieder wirtschaftlich nutzbar zu machen. Aber, meine Damen und Herren, das bedeutet unserer Meinung nach nicht, daß nur diejenigen einen Anspruch auf Förderungsmittel, auf alles, was unter dem Ausdruck „Eingliederungshilfe" zusammengefaßt wird, haben, die einen erlittenen Vermögensschaden nachweisen können. Wir denken da z. B. an die jungen Menschen, die aus Familien kommen, in denen man auch früher kein großes Vermögen hatte, in denen aber heute ein ordentlicher Teil der Zukunft unseres Volkes steckt. Und nur weil jemand normalerweise zu Hause wahrscheinlich niemals mehr als ein Schuhmachergeselle geworden wäre, wollen wir ihm hier den Weg zu mehr nicht abschneiden, wenn er in seiner Person die Gewähr dafür bietet, daß die ihm zur Eingliederung zur Verfügung gestellten Mittel auch wirklich wirtschaftlich eingesetzt werden.
Nicht jeder, der auf seinen früheren Vermögensstand hinweisen kann, bietet diese Gewähr. Ich will mich da auf Einzelheiten nicht einlassen. Ich glaube, das wird auch so deutlich genug verstanden.
Die Fragen der Eingliederung in ihrem ganzen Zusammenhang werden wahrscheinlich von allen Seiten als besonders eilbedürftig anerkannt werden. Schnell muß hier geholfen werden, wenn hier überhaupt geholfen werden soll. Aber ich kann mich nicht mit dem abfinden, was der Herr Bundesfinanzminister vorhin sagte, wo es hieß: in den ersten Jahren, etwa in den ersten fünf Jahren, wird ja sowieso, ob man auf den Rechtsanspruch abkommt oder nicht, alles für die Eingliederungsmaßnahmen gebraucht werden. Meine Damen und Herren, das Aufkommen aus den ersten fünf Jahren wird dazu nicht ausreichen, und wenn wir für die oft angesprochene Vorfinanzierung solide Grundlagen haben wollen, dann müssen wir das Aufkommen aus all den späteren Jahren auch für diesen Zweck der Eingliederung als Grundlage für die nötige und mögliche Vorfinanzierung in Rechnung stellen und sollten uns eben gar keine Illusionen machen, daß nach anderen Maßstäben verfahren werden könnte als nach den Maßstäben, die sich aus dem Menschen von heute und seiner heutigen Situation anbieten. Und wer darüber hinaus noch mehr tun will, wer so die Sorte von wohlerworbenen Rechten, die im Grundbesitz, im großen Besitz bestehen, der auch heute noch, in D- Mark ausgedrückt, imposant und interessant macht, berücksichtigen will, wer auch denjenigen, nur weil sie einen solchen Schaden nachweisen können, etwas geben will, muß sich entschließen, dann schon mehr Mittel aufzubringen, als das im Augenblick nach dem Regierungsentwurf wohl beabsichtigt ist.
Der Herr Bundesfinanzminister hat sich das Ziel in der Richtung ja nicht sehr hoch gesteckt, und ich möchte ihm hier folgendes sagen. Herr Bundesfinanzminister, Sie haben vorhin gesagt: Der Lastenausgleich ist ja eine ganz andere Angelegenheit als etwa die Kriegsopferversorgung. Hier geht es ja mehr um den Ausgleich zwischen denjenigen, deren Vermögen erhalten geblieben ist, und denen, die ihr Vermögen verloren haben. Man könnte vielleicht wünschen, daß es so wäre. Aber Sie selber haben offenbar nicht allzuviel Vertrauen in die Solidarität derjenigen, deren Vermögen erhalten geblieben ist. Denn nach Ihren heutigen Zahlen wird die öffentliche Hand mit 550 Millionen DM, d. h. mit einem Drittel des Aufkommens eingesetzt, so daß es sich also offenbar nicht nur um eine Auseinandersetzung zwischen den Leuten mit erhaltenem Besitz und denen mit verlorenem Besitz handelt, sondern darum, daß in diesen Ausgleich, in diese Verrechnung auch der ganz gewöhnliche Steuerzahler in einem sehr erheblichen Umfange mit einbezogen werden muß.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich gleich sagen, daß meine Freunde und ich die Inanspruchnahme des öffentlichen Vermögens für Zwecke des Lastenausgleichs ablehnen und darüber hinaus für völlig untragbar halten.
— Natürlich, das ist sehr interessant; das ist besonders für diejenigen interessant, die immer noch mehr versprechen möchten und dann nach Wegen suchen, um möglichst wenig dazu beizutragen,
und die deshalb besonders großzügig mit den Geldern der anderen, in diesem Falle mit den Geldern der öffentlichen Hand und deren Vermögen sind. Das Eigentum der öffentlichen Hand und seine Erträgnisse dienen doch der Erledigung jener Fülle von Staatsaufgaben, die auf allen Gebieten, auf wirtschaftlichem, auf sozialem Gebiet wohl in keinem Lande der Welt dringender sind als in Deutschland. Alles, was durch Inanspruchnahme des öffentlichen Eigentums, des öffentlichen Vermögens und seiner Erträgnisse zur Erfüllung dieser Aufgaben des Lastenausgleichs verlorengeht, muß entweder durch ein Mehraufkommen an Steuern aufgebracht oder mit Verminderung von Leistungen bezahlt werden.
— Das scheint uns unmöglich zu sein. Das ist
gerade das, was unter allen Umständen vermieden
werden sollte: eine Abwälzung des Lastenausgleichs auf die breite Masse derjenigen Menschen,
die, ohne daß sie Vermögen haben, es ohnehin
schon schwer haben, mit dem Leben und mit den Preisen von heute fertigzuwerden.
Ich kann es mir ersparen, vor Ihnen hier klarzulegen, was es z. B. bedeutet, wenn die Elektrizitätswerke oder die Gaswerke in den Lastenausgleich einbezogen werden.
Das sollte sich jeder selber ausrechnen; das sollten sich im übrigen auch die Geschädigten ausrechnen, die sich von gewissen Leuten immer wieder vorreden lassen, daß man ihnen viel mehr geben könnte, wenn man z. B. auch das öffentliche Eigentum stärker belasten würde. Dann würden sie nämlich durch Erhöhung der Stromtarife und der Verkehrstarife und, soweit sie Steuern zahlen, der Steuern, ihren Lastenausgleich selber bezahlen.
Eine derartige Inanspruchnahme der öffentlichen Hand, wie sie dieser Gesetzentwurf vorsieht, scheint uns völlig indiskutabel zu sein. Das bedeutet nicht, daß wir diesen Teil des erwarteten Aufkommens einfach streichen, daß wir darauf einfach verzichten und die Leistungen entsprechend vermindern wollen. Wir denken gar nicht daran, die Leistungen etwa nach dem zu bemessen, was die Leute, die heute noch ein Vermögen haben, gutwillig herzugeben bereit sind. Diese Feststellung betreffend die Nichtinanspruchnahme des öffentlichen Vermögens bedeutet für uns nur, daß das Aufkommen umgelagert werden muß.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie es mich gleich deutlich sagen: Unserer Auffassung nach wird es sich nicht umgehen lassen, daß die Vermögensbelastung — mit einer gewissenhaften Prüfung wird das im einzelnen festgestellt werden müssen — wirklich bis an den Rand des eben wirtschaftlich noch Erträglichen gebracht wird.
Das muß unter allen Umständen jedem klar sein, der über Lastenausgleich ernsthaft mitreden will und der sich nicht in den Verdacht bringen will, daß er auf der Seite jener steht, die zwar gern versprechen, sich aber den Kopf darüber nicht zerbrechen, wie dann diese Versprechungen eingehalten werden sollen.
Damit bin ich eigentlich schon bei der Frage des Aufkommens. Ich möchte auch dazu noch einige Bemerkungen machen. Wenn ich sage: bis an den Rand des Erträglichen —, dann weiß ich, daß das nur funktionieren wird, wenn das Gesetz von einer Regierung durchgeführt wird, die in der Erkenntnis der einmaligen Bedeutung des Lastenausgleichs bereit ist, auch ihre Wirtschafts- und ihre Finanzpolitik den Gesichtspunkten des Lastenausgleichs unterzuordnen.
Wir würden in eine außerordentlich peinliche Situation kommen, wenn man etwa um des guten Eindrucks willen oder, um die Leute zu beruhigen, einen recht „rabiaten" Lastenausgleich machen, aber dann sozusagen auf dem Verwaltungswege die Hälfte davon wieder aus der Welt schaffen würde.
Bis an die Grenze des Möglichen muß die Belastung der erhalten gebliebenen Vermögen gehen. Das sage ich, weil ich mich darauf berufen kann, daß meine Freunde und ich die wirtschaftliche Seite dieses Problems und die wirtschaftlichen Grenzen des Lastenausgleichs auch in diesem Hause schon mehr als einmal sehr offen angesprochen haben. Ich würde es außerordentlich begrüßen, wenn die Regierung, gerade weil in ihr das War' Wirtschaft immer mit erheblichem Pathos ausgesprochen wird,
auch große Anstrengungen machen würde, um die Leute aus ihrem eigenen Lager, die sich noch heute in Versprechungen ergehen — wir werden wahrscheinlich in diesem Hause von der Seite noch manche Kritik an dem Gesetzentwurf der Regie rung hören —, mit den wirtschaftlichen Gegebenheiten etwas mehr vertraut zu machen.
Wir sind in der Gefahr, daß sich jetzt zwei falsche Fronten in unserem Volke bilden, wenn über den Lastenausgleich in den Einzelheiten diskutiert wird. In der einen falschen Front sehe ich — ich sage es einmal bewußt ganz zugespitzt — den ehemaligen Rittergutsbesitzer, der an der Spitze seiner Tagelöhner in die Versammlungen reitet und den totalen Lastenausgleich fordert, damit jeder das oder etwas Ähnliches wiederkriegt, was er einmal gehabt hat. Dabei ist den Leuten bloß noch nicht mitgeteilt worden, daß eine solche Lösung zwar für denjenigen recht interessant ist, der einen solchen Schaden nachweisen kann und dem es ein Ersatz dafür, wie gesagt, wieder ermöglichen würde, Landarbeiter zu beschäftigen, daß aber eine solche Lösung für diejenigen gar nichts bedeutet, die auf keinen anderen Verlust als auf den Verlust ihres Hausrats, ihrer Kleider und ihrer Arbeitsstelle hinweisen können. Das ist die eine falsche Front.
Die andere falsche Front könnte sich dadurch ergeben, daß diejenigen, die um ihre Vermögensabgabe wirklich Angst haben, weil man ihnen ein fühlbares Opfer zumuten will, alle die hier von Herrn Kunze vorhin mit soviel Sympathie angesprochenen kleinen Hausbesitzer — so als Schutzgarde, das hat man ja manchmal ganz gern gemacht — vor sich versammeln würden und diesen etwa einreden wollten: Es geht hier um das Eigentum. Auch wir sind der Meinung — und ich hoffe, daß wir damit gemeinsam etwas Brauchbares zustande bringen —, daß die untere Freigrenze auf die verschiedene Struktur, auf den verschiedenen Charakter von Vermögen Rücksicht nehmen muß und daß unter allen Umständen diejenigen Vermögen von jeder Belastung frei bleiben müssen, die keinen anderen Zweck haben, als ihrem Besitzer die Aufrechterhaltung eines sehr bescheidenen Lebensstandards zu ermöglichen.
Aber der soziale Gesichtspunkt sollte in dieser Frage, wie gesagt, nicht über Gebühr ausgeweitet werden. Noch einmal muß ich sagen: die Vermögensabgabe muß ein fühlbares Opfer sein und muß bis an die Grenze dessen gehen, was wirtschaftlich vertreten werden kann.
Ich hoffe, Sie wissen es zu würdigen, daß ich hier, wo doch die letzte Gelegenheit ist, über den Lastenausgleich in großen Tiraden loszulegen — denn ab morgen soll es ja im Ausschuß mit den Tatsachen weitergehen, und diese sind sehr viel härter —, unsere Kritik sachlich begründet vorgetragen habe und mit meinen Forderungen zweifellos im Rahmen der Tatsachen geblieben bin. Um so fester soll an diesen Forderungen aber auch festgehalten werden. Die unsachliche Opposition, die da so tut, als ob der Lastenausgleich der Bundesregierung den Forderungen der ehemals Besitzenden nicht gerecht würde, wird im übrigen Ihnen
und uns allen mehr zu schaffen machen, als uns lieb ist, so daß ich gern darauf verzichten kann, als Vertreter der sachlichen Opposition dazu noch meinen Beitrag zu liefern. Ich möchte bei dieser Gelegenheit nur folgendes sagen. Wir werden unsere Objektivität nicht so weit treiben, daß wir uns etwa mit den Herren aus Ihren Reihen oder aus den Kreisen Ihrer Verbündeten — man hat ja da in der Sitzung des Bundesrats so allerhand hören können — auseinandersetzen werden, daß wir uns etwa der Mühe unterziehen werden, diese wilden Leute zur Vernunft und zur Erkenntnis der wirtschaftlichen und sozialen Tatsachen zu bringen. Das werden wir dann allerdings Ihnen selber überlassen müssen. Gegen unsachliche Angriffe auf unsere Auffassung oder gegen die landläufigen verleumderischen Interpretationen unserer Forderungen werden wir uns selbstverständlich selber unserer Haut wehren. Denn jetzt — und das ist schon durch die Tatsache bewirkt, daß ein so ungenügender, nach unserer Meinung ausgesprochen schlechter Gesetzentwurf hier vorliegt - ist die Zeit der Versprechungen, die Zeit der Propaganda vorbei. Jetzt kann jeder vor der Öffentlichkeit mit seinen Taten konfrontiert werden.
Wir glauben, daß es in unser aller Interesse ist, wenn über die Verhandlungen im Bundestag die denkbar größte Information an die Öffentlichkeit gegeben wird. Weil es sich um eine einmalige Angelegenheit handelt, von der für unser Volk, nicht bloß für diejenigen, die etwas zu kriegen hoffen, oder für diejenigen, die etwas hergeben sollen, so unendlich viel abhängt, sollte unser ganzes Volk von dem Fortgang der Verhandlungen wirklich eine gute Kenntnis haben. Wir möchten jedenfalls alles tun, was in unseren Kräften steht, um in diesem Sinne die Öffentlichkeit an den Beratungen teilnehmen zu lassen, damit jeder weiß, was hier auf dem Spiele steht. Denn sonst sind die Gewichte hier vielleicht ein bißchen zu ungleich verteilt.
In diesem Sinne werden wir an der grundlegenden Umgestaltung des Gesetzentwurfes über den Lastenausgleich in der Absicht mitarbeiten, möglichst viel für diejenigen herauszuholen, die wegen ihres Alters oder wegen ihres sonstigen körperlichen Zustandes nach dem Verlust ihrer gewohnten Lebensumstände nicht mehr in der Lage sind, sich aus eigenem zu helfen, und möglichst viel für diejenigen herauszuholen, die heute, nicht weil man irgendwelche ehemaligen Besitzansprüche nicht oder noch nicht anerkannt hat, im Grunde doch nur durch eine unsoziale, ja unchristliche Wirtschaftsgesinnung daran gehindert werden, ihre Familie und sich selber mit ihrer Arbeitsleistung, mit ihren Kenntnissen usw. zu ernähren. Wir werden alles tun, was in unseren Kräften steht, um diesen Lastenausgleich nach seiner Verwendungsseite produktiv, wirtschaftlich zu gestalten. Wir denken dabei daran, daß alle möglichen Hilfsmaßnahmen vergeblich sein würden, wenn man nicht auch die Frage der Umsiedlung, die Frage der Heranführung der Vertriebenen und anderer Menschen, die ihren früheren Wohnort haben aufgeben müssen, an die Arbeitsplätze zunächst einmal als eine der Aufgaben des Lastenausgleichs mit in Angriff nehmen würde.
Alles in allem, meine Damen und Herren, werden wir unsere Anstrengungen deshalb rückhaltlos einsetzen, weil unserer Überzeugung nach der Lastenausgleich eben doch mehr ist als eine Angelegenheit, die zwischen den ehemals Besitzenden und denen, die heute noch Besitzende sind, ausgehandelt werden muß. Hier steht nämlich in Wirklichkeit die Zukunft unseres Volkes auf dem Spiel, nicht nur unter dem allgemeinen Schlagwort „innerer Friede" — damit die Leute keinen Krawall machen —, nein, meine Damen und Herren, noch unter einem ganz anderen Gesichtspunkt. Der Herr Bundesfinanzminister hat vorhin darauf hingewiesen, daß doch auch das Ausland verstehen möge, vor welcher großen Aufgabe wir stehen, und er hat durchklingen Tassen, daß wir schließlich angesichts der Größe dieser Aufgabe und wegen ihrer Bedeutung auch über unser eigenes Land hinaus auf Hilfe von außen einen Anspruch haben. Es ist dabei auch der Ausdruck gefallen, daß die Zustände, unter denen wir hier leiden, nicht zuletzt auch von denen, an die wir uns heute hilfesuchend wenden, mit geschaffen worden sind. Darf ich der Ordnung halber doch noch einmal daran erinnern, daß das deutsche Unglück nicht in Jalta und in Teheran anfängt, sondern seinen wirklichen Ursprung in den Taten des Dritten Reiches hat, die dann die Konferenzen von Jalta und Teheran und ähnliche Dinge erst möglich und nötig gemacht haben.
Gerade weil auch ich davon überzeugt bin, daß wir mit dieser Aufgabe aus eigenem nicht fertig werden können, und gerade weil auch ich der Überzeugung bin, daß ein anständiger Lastenausgleich mehr als eine deutsche Angelegenheit ist und wirklich einen Beitrag zur Befriedung der Welt darstellt, möchte ich die mögliche Hilfe, die erwartet wird und erforderlich ist, nicht dadurch verzögern, daß hier erst noch Mißverständnisse aufgeklärt werden müssen.
Zum Schluß, meine Damen und Herren, noch das: Auch in der Weise hängt unser Schicksal von einer überzeugenden, anständigen und konsequenten Lösung dieses Problems ab, daß man uns draußen ja gar nicht anders beurteilen kann als nach dem, was wir hier zu Hause produzieren. Wir werden nicht erwarten können, daß man uns von draußen her mit anderen Maßstäben mißt, als wir hier auch unter uns gelten lassen, und deshalb werden wir es nach wie vor und zu allen Zeiten für unmöglich halten, daß man die alten hilflosen Menschen so zu behandeln, d. h. so abzuspeisen versucht, wie es dieser Gesetzentwurf will, weil wir als ganzes Volk von draußen her nicht so behandelt werden möchten.
Meine Damen und Herren, die Wohltat, sagt man, und das Wohltun beginnen zu Hause. Das gilt auch auf diesem Gebiet, und so, wie wir von den anderen bewertet und behandelt werden wollen, so wollen wir auch unter uns die Schwachen bewerten und behandeln.
Den Lastenausgleichsgesetzentwurf der Regierung unter diesen menschlichen Gesichtspunkten grundlegend umzugestalten, wird unser ernsthaftes Bemühen in den Beratungen sein, die morgen beginnen und die zweifellos Monate hindurch dauern werden. Wir werden uns dieser Arbeit in der Hoffnung unterziehen, daß ihr - und hoffentlich durch unser gemeinsames Bemühen - schließlich auch Erfolg beschieden ist.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kather.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es stellt sich Ihnen, um mit dem Herrn Abgeordneten Kriedemann zu reden, ein Vertreter nicht der grünen, sondern der sogenannten falschen Front vor. Ich bin zwar kein Gutsbesitzer, ich habe auch keine Tagelöhner hinter mir, und ich pflege auch nicht zu Wahlversammlungen zu reiten; trotzdem habe ich keinen Zweifel, daß der Herr Abgeordnete Kriedemann die Geschädigtenorganisationen, wenn auch nicht mich persönlich gemeint hat, wenn er immer wieder von den sogenannten wilden Leuten gesprochen hat, die nichts im Herzen und im Sinn haben, als die früheren Besitzverhältnisse herzustellen. Nun, Herr Kriedemann, das wundert mich nicht. Ich denke noch an die Zeit, da Sie im Zonenbeirat so energisch gegen das Koalitionsrecht der Vertriebenen gesprochen haben.
Herr Kriedemann hat den Begriff des quotalen Lastenausgleichs als ein Schlagwort bezeichnet. Nein, Herr Kriedemann, das ist nun einmal zufällig kein Schlagwort; das ist ein sehr genau abgegrenzter Begriff, der zu Irrtümern und Auslegungen nicht den geringsten Anlaß gibt. Sie haben es auch verpönt, daß man in diesem Zusammenhang von sozialer Befriedung spricht. Aber am Schluß Ihrer Ausführungen haben Sie das vergessen und selbst von der Befriedung der Welt gesprochen, die wir im Rahmen dieses Lastenausgleichs erreichen wollen. Sie haben den Ruf nach Sachlichkeit erhoben; aber als allzu sachlich konnte ich Ihre Ausführungen nicht empfinden.
Meine Damen und Herren! Wir müssen uns in dieser Stunde bewußt sein, daß Millionen und aber Millionen heute auf Bonn sehen und auf uns hören, Menschen, die seit vielen Jahren darauf warten, daß endlich der versprochene Lastenausgleich kommt, und wir werden nur dann zu richtigen Entscheidungen kommen können, wenn wir uns dieses Übermaßes an Verantwortung, das uns vor unserem Volke und der Welt obliegt, bewußt sind.
Ich darf vielleicht in diesem Zusammenhang noch ergänzend sagen, daß ich hier als Abgeordneter, in erster Linie meine Auffassung vortrage, daß diese aber in vollem Umfange der Auffassung entspricht, die die Vertreter sämtlicher Geschädigtenverbände gestern und vorgestern in Bonn gebilligt haben, als sie ihre Haltung und ihre Forderungen zum Lastenausgleich noch einmal einer Prüfung unterzogen haben.
Auch ein Pessimist unter uns hätte es noch vor kurzem nicht für möglich gehalten, daß wir in diese Stunde unter so ungünstigen Vorzeichen eintreten würden, wie es tatsächlich der Fall ist. Die Regierung hat uns einen Entwurf vorgelegt, der von der Gesamtheit der Geschädigten als unannehmbar bezeichnet worden ist.
— Auf die Prozente komme ich später noch zu sprechen.
Der Bundesrat hat es in einer sehr kurzen Verhandlung fertigbekommen, diesen Entwurf noch ganz wesentlich zu verschlechtern, bzw. Vorschläge in dieser Richtung zu machen. Es ist nicht das erste Mal, daß der Bundesrat eine solche Haltung gegenüber den Vertriebenen einnimmt. Ich erinnere an das Sperrgesetz und an die Frage der Umsiedlung. Es ist hier der Egoismus der Länder wieder einmal deutlich zum Vorschein gekommen. Man lehnt die Kriegsschadenrente ab. Mit Recht! Auch wir tun das; wir lehnen sie in dieser Form ab, wie sie im Entwurf niedergelegt ist. Aber der Sinn und Zweck der Bundesratserklärung ist doch, daß die sogenannte Vollrente aus dem Lastenausgleich geht und damit eine wesentliche Entlastung des Wohlfahrtsetats der Länder herbeigeführt wird.
Es muß doch Erstaunen erregen, daß von derselben Seite — und man darf ja wohl den Herrn Kriedemann dazu rechnen — es abgelehnt wird, die Betriebe der öffentlichen Hand zur Abgabe heranzuziehen.
Auch wir sind dagegen, daß die Vertriebenen weiter auf Fürsorge angewiesen bleiben. Es muß eine andere Form gefunden werden; aber es muß ebensosehr verhindert werden, daß der Lastenausgleich dem Zwecke der Entlastung des Wohlfahrtsetats der Länder dient.
Die Länder wollen auch die Vermögensteuer nicht hergeben. Die Vermögensteuer ist ja die einzige, die gewährleistet, daß die Leistungen aus der Abgabe, die nach dem Stichtag berechnet ist und deshalb im Laufe der Zeit immer geringer wird, gleichmäßig ausfallen; sie kann daher für die Zwecke des Lastenausgleichs nicht entbehrt werden.
Die einschneidendste Verschlechterung, die der Bundesrat vorgenommen hat, ist aber die Streichung der Hauptentschädigung. An ihre Stelle soll die Eingliederungshilfe treten, die nur in Form eines langfristigen Darlehns gewährt wird. Das ist nach der Vorstellung aller Geschädigten und, wie ich annehmen möchte, auch nach der der übergroßen Mehrheit unseres Volkes unvereinbar mit dem Begriff, den man notwendigerweise mit einem Lastenausgleich verbindet,
der in einem Ausgleich zwischen dem erhaltenen Zufallsbesitz und dem erlittenen Zufallsschaden bestehen muß.
Dieser Beschluß ist, wie wir schon gehört haben, mit einer Stimme Mehrheit gefaßt worden. Es ist aufschlußreich, daß der Finanzminister von Württemberg-Baden — er gehört auch zu den Neinsagern — vor wenigen Tagen die Haltung seines Kabinetts im Landtag mit Zeitdruck entschuldigt hat; man habe den Entwurf weder im einzelnen noch im ganzen prüfen können
und habe deshalb unter dem Vorbehalt gehandelt, in einem späteren Stadium der Gesetzgebung auf diese Dinge zurückzukommen.
Meine Damen und Herren, das deutsche Volk wird für diese Behandlung einer Schicksalsfrage ersten Ranges kein Verständnis haben, und daran wird sich auch nichts ändern, wenn es erfährt, daß der Präsident des Bundesrats am Schluß der Sitzung seiner tiefen Befriedigung über die so schnelle und sachgemäße Erledigung eines so schwierigen Problems Ausdruck gegeben hat.
Es gibt Anzeichen dafür, daß man auch im Bundestag eventuell ein solches Schnellverfahren durchexerzieren will. Ich möchte den Herren, die solche
Gelüste haben, doch den Rat geben, diese zu unterdrücken. Nachdem die Geschädigten so viele Jahre gewartet haben, werden wir uns um eines Zeitgewinns von fünf oder sechs Wochen willen nicht überfahren oder überrumpeln lassen; wir werden schnelle, aber auch gründliche Arbeit leisten müssen.
Es ist im Hinblick auf die Haltung des Bundesrats schon von einem anderen Mitglied dieses Hauses vor einigen Tagen mit Recht gesagt worden, daß dadurch das Prinzip des Föderalismus an sich überhaupt aufgerufen wird. Das muß ich unterstreichen. Die Vertriebenen sind von Natur keine Föderalisten; aber sie wären bereit gewesen, dem, was natürlich gewachsen und geschichtlich geworden ist, ihre Achtung zu zollen. Wenn der Bundesrat so weitermacht, dann wird er sie zu hundertprozentigen Zentralisten erziehen. Man soll nicht vergessen, daß diese Gruppe, die immerhin 8 Millionen ausmacht, eines Tages in dieser Frage den Ausschlag geben könnte.
Während der Regierungsentwurf einen Rechtsanspruch auf die Hauptentschädigung anerkennt und auch die quotale Schadensvergütung wenigstens dem Grunde nach in Vorschlag bringt, wird vom Bundesrat beides abgelehnt. Die knappe Mehrheit, die das beschlossen hat, war eine sozialdemokratische Mehrheit, und die Erklärungen, die der Herr Senator Dudek im Bundesrat und Herr Abgeordneter Seuffert im Rundfunk abgegeben haben, und auch die Ausführungen, die der Herr Abgeordnete Kriedemann gemacht hat, haben deutlich ergeben, daß wir hier die Stellungnahme der Sozialdemokratischen Partei vor uns haben.
Meine Damen und Herren! Das, was dort in Vorschlag gebracht worden ist und wird, ist begrifflich überhaupt kein Lastenausgleich.
Weder die völlig unzureichende Hausratsversorgung noch die sogenannte Vollversorgung von 80 plus 30 plus 20 DM kann diese Maßnahmen zu einem Lastenausgleich stempeln. Denn dazu gehört unerläßlich eine wenn auch nur anteilige Erstattung des Verlorengegangenen, wie ich mir Ihnen schon auszuführen erlaubte. An dieser Beurteilung vermag auch nichts zu ändern, wenn man letzten Endes sagt: Nun ja, wenn nach Erledigung der sozialen Aufgaben noch etwas übrigbleibt, dann können Sie in Gottes Namen auch noch eine Vermögensentschädigung vornehmen. Wenn man etwas derartiges im Zeitpunkt der Gesetzgebung sagt, so weiß man ja, wie die Sache praktisch nach Jahr und Tag läuft; sie verläuft nämlich im Sande.
Für einen Bauern, Handwerker oder Kaufmann aus dem Osten oder für einen Bombengeschädigten im Westen sieht die Situation nach dieser Konzeption nun so aus: Er bekommt eine Hausratsentschädigung, über deren Höhe noch zu reden sein wird, aber von der man annehmen kann, daß sie unzulänglich ist, und bekommt, wenn er nicht mehr neu anfangen kann, die sogenannte Vollversorgung, deren Höhe ich eben schon hier ausgeführt habe. Und wenn er noch einmal von neuem anfängt, dann bekommt er einen Kredit, entgegen der wirtschaftlichen Erfahrung, daß es doch kaum möglich ist, ein neues Unternehmen zu hundert Prozent auf Kredit anzufangen, also ohne jedes Eigenkapital. Der Entschädigungsberechtigte wird damit dem Wohl- oder Übelwollen bürokratischer Stellen ausgeliefert. Man braucht nur an die Erfahrungen zu denken, die wir gerade bei der Aufbauhilfe, die heute so sehr gerühmt wurde, gemacht haben. Das, was Sie vorhaben, ist kein Lastenausgleich, genau so wenig, wie das Soforthilfegesetz ein Lastenausgleich war, und genau so wie man damals mit vollem Bewußtsein nicht irgendwie den Begriff Lastenausgleich verwendet hat, sondern gesagt hat: „Gesetz zur Milderung sozialer Notstände", genau so könnte man diese Aktion auch nennen: „Hilfsaktion zugunsten unbemittelter und hilfsbedürftiger Kriegsgeschädigter.
— Weil ich zu Ihnen spreche!
— Den Grund müssen Sie beim Bundesrat suchen.
Der Bundesrat hat es fertig bekommen, daß der Herr Finanzminister etwas in Windschutz gekommen ist.
Die Notwendigkeit eines Ausgleichs der sozialen Spannungen wird allgemein anerkannt und ist auch heute anerkannt worden. Aber auf diese Weise kann ein solcher Ausgleich nicht bewirkt werden. Die Reichen bleiben reich und die Armen bleiben arm.
— Seien Sie nicht so ungeduldig! Die andere Seite kommt auch noch daran! — Glauben Sie, daß ein Vertriebener befriedigt wird, wenn er statt bisher 70 in Zukunft 80 DM Unterhaltshilfe bekommt? Er wird nicht befriedigt.
— Warten Sie ab! — Er verliert jeden Glauben an Recht und Gerechtigkeit und wird bereit werden für jeden Radikalismus.
Welches sind die Gründe für eine so befremdliche und geradezu unverständliche Auffassung?
— Ich bin beim Thema! Ich bin bei der Ablehnung des quotalen Ausgleichs durch die SPD.
Die ganzen Ausführungen ergeben, daß diejenigen, die den quotalen Lastenausgleich ablehnen, sich die Hauptfrage überhaupt nicht oder nur ungenügend vorgelegt haben, die Frage nämlich: hat der andere ein Recht, ein moralisches oder ein gesetzliches Recht auf diese Entschädigung? Das ist die Vorfrage, die zu stellen ist, und wenn Sie die Hauptentschädigung ablehnen, so müssen Sie den Rechtsanspruch verneinen. Darum kommen Sie nicht herum.
— Das gilt auch für den Finanzminister, der aber immerhin in seinem Entwurf den Rechtsanspruch auf die Hauptentschädigung wenigstens durch das Gesetz geben will.
Meine Damen und Herren, es liegt hier ein Rechtsanspruch auf seiten der Geschädigten vor. Wir haben die Kriegssachschädenverordnung von 1940, die nur in den Auszahlungen suspendiert ist, aber im übrigen noch voll besteht. Halten Sie es für vertretbar, daß die Bombengeschädigten, die in den Jahren 1941, 1942, 1943 betroffen worden sind, in vollem Umfange und zum Teil sogar großzügig entschädigt worden sind und daß diejenigen,
die das Pech gehabt haben, erst in den Jahren 1944 oder 1945 betroffen zu werden, überhaupt nichts bekommen? Das ist doch die Folge Ihrer Konzeption, und unter die Kriegssachschädenverordnung fallen auch die Vertreibungsschäden, ganz abgesehen davon, daß ja auch die Vertriebenen zugleich in erheblichem Umfang bombengeschädigt sind. Man braucht ja nur an die völlig zerstörten Großstädte Breslau, Königberg und andere zu denken. Halten Sie es für völlig unbeachtlich, daß die Tschechoslowakei das ganze Vermögen der Ausgewiesenen angeblich de jure übernommen hat und daß Polen und Rußland doch praktisch dasselbe getan haben? Wollen Sie die alte Behauptung der Vertriebenen, sie hätten mit ihrem Hab und Gut Reparationen für das ganze Deutschland geleistet, etwa als völlig unbegründet zurückweisen oder sind Sie auch der Meinung, daß es keine staatsbürgerliche Gesamthaftung gibt und daß man also auch aus dem Naturrecht einen solchen Anspruch nicht herleiten kann? Ich kann doch den Standpunkt, zu sagen: du bekommst keine Vermögensentschädigung, sondern bestenfalls einen Kredit, nur einem Manne gegenüber einnehmen, der mir rechtlos auf Gnade und Barmherzigkeit ausgeliefert ist.
Meine Damen und Herren, diese Haltung, diese Einstellung ist nicht mehr und nicht weniger als ein Angriff auf den Begriff des Privateigentums.
Wer den Rechtsanspruch auf eine Hauptentschädigung und den Grundsatz des quotalen Ausgleichs ablehnt, verneint den Begriff des Privateigentums überhaupt.
Wer hier Hilfestellung leistet — und nun werde
ich mich einmal nach der anderen Seite wenden —,
gerade, um vielleicht sein Eigentum zu erhalten und zu schonen, muß sich darüber klar sein, daß er den Ast absägt, auf dem er sitzt. Wer sich damit einverstanden erklärt, daß der ostdeutsche Besitz auf diese Weise entschädigungslos - und darauf kommt es hinaus — enteignet wird, kann sich ausmalen, nach welchen Prinzipien einmal die Neuordnung des Besitzes hier im Westen vor sich gehen wird.
Ein solcher Vorgang ist nie ohne Folgen. Auch wenn Herr Kriedemann vom Recht nicht soviel hören will, — das Recht ist — das hat Herr Carlo Schmid, unser verehrter Vizepräsident, auch einmal ausgeführt —
— hinter welchen Spiegel? —,
das Recht ist immer und ewig ein unteilbares Ganzes, und man kann es nicht vorübergehend oder auch nur im Raum suspendieren, ohne es in seinem wesentlichen Gehalt und für die Dauer zu gefährden.
Mit vollem Bedacht hat die Bischofskonferenz in Fulda erklärt, daß ein gerechter Lastenausgleich nicht einen Angriff auf das Privateigentum, sondern den ersten Schritt zu seiner Wiederherstellung bedeute. Der sogenannte soziale Lastenausgleich muß also schon unter diesem Gesichtspunkt entschieden abgelehnt werden.
Die Gründe, die gegen den quotalen Lastenausgleich vorgebracht werden, sind nicht stichhaltig. Man wirft ihm vor, er sei unsozial,
und sowohl Herr Dudek wie Herr Kollege Seuffert wie auch Herr Kollege Kriedemann haben behauptet, daß etwa 80 bis 85% der Vertriebenen leer ausgehen würden, wenn man den quotalen Lastenausgleich durchführte. Nun, diese Behauptungen sind bei der Besprechung und in der Polemik gegen den Regierungsentwurf gefallen, und bei dem Regierungsentwurf haben wir die famose Höchstgrenze von 15 000 D-Mark, die automatisch die Wiederherstellung großer Vermögen ausschließt. Aber auch wenn diese Äußerungen in bezug auf die hundertprozentige Durchführung eines quotalen Ausgleichs gefallen wären, sind sie nicht richtig. Nach der Einheitswertstatistik von 1935 lag der Anteil der Vermögensträger über 100 000 Mark im deutschen Osten unter 2 %
und der Anteil der Vermögen unter 10%. In höherem Umfang kann natürlich auch der Lastenausgleich durch dieses Vermögen nicht in Anspruch genommen werden.
Nun verlangen die Geschädigten aber gar nicht die Durchführung eines sturen Quotenprinzips. Sie sind durchaus damit einverstanden, daß kleine Vermögensträger voll entschädigt werden und daß bei großen Vermögen die Quote bis unter 10 % heruntergesetzt werden kann. Damit widerlegen sich auch die Angriffe gegen den quotalen Lastenausgleich, er sei unsozial. Er ist meiner Überzeugung nach sozialer als der sogenannte soziale Ausgleich.
Mit der Festlegung einer absoluten Höchstgrenze sind wir unter keinen Umständen einverstanden. Sie durchbricht praktisch das Prinzip des quotalen Ausgleichs, das für uns allein in Betracht kommt, und stellt eine teilweise entschädigungslose Enteignung dar. Die jetzt vorgesehene Höchstgrenze von 15 000 DM bedeutet praktisch auch eine ungeheure Erschwerung der Naturalabgabe; denn es wird kaum irgendein Geschädigter eine Forderung haben, die es ihm ermöglicht, einen mittleren Wirtschaftswert oder einen Betrieb überhaupt zu übernehmen.
Wir halten die Staffelung der Entschädigungssätze in ihrer sozialen Struktur mit der von uns vertretenen Rechtsauffassung durchaus für vereinbar, weil wir an der Forderung nach der stärkeren Heranziehung der großen Vermögen festhalten. Insbesondere halten wir an der Forderung fest, daß der Vermögensgewinn in vollem Umfange erfaßt wird. Wenn diejenigen, die mehr oder weniger alles verloren haben, eine solche Forderung erheben, kann diese wohl nicht gut überhört werden.
Der Herr Finanzminister hat heute von unüberwindlichen technischen Schwierigkeiten gesprochen. Demgegenüber habe ich mir von Sachverständigen sagen lassen, daß die Schwierigkeiten der Durchführung dieser drei Vermögensabgaben, die wir im Entwurf haben, nicht größer sind als die Schwierigkeiten, die dann entstehen würden, wenn man eine Gesamtvermögensabgabe vornehmen würde.
— Ich habe ja schon gesagt, daß ich von der falschen Front aus spreche!
Ich möchte noch besonders hervorheben, daß wir durchaus damit einverstanden sind, bei der Bemessung der Kriegsschadenrente auch den Heimatverlust in Betracht zu ziehen. Damit erledigen sich also auch die Angriffe, die insoweit gegen uns gerichtet worden sind.
Schließlich wirft man dem quotalen Lastenausgleich auch vor, daß er unproduktiv sei. Wenn die Kriegsschadenrente entsprechend dem Vorschlag des Bundesrats ausgestaltet wird, bleibt für produktive Zwecke kaum etwas übrig.
Gegen den Entwurf haben wir in erster Linie den Vorwurf zu erheben, daß er die Abgabe generell gestundet und eine Erstreckung der Abgabe auf 30 Jahre vorgenommen hat. Das können wir den Vertriebenen und Geschädigten im ganzen unter keinen Umständen zumuten. Wir wissen heute nicht, was nach 30 Tagen wird, und wir können sie unmöglich auf einen Zeitraum von 30 Jahren verweisen, insbesondere nicht die Alten und Erwerbsunfähigen und auch alle diejenigen nicht, die auf einen neuen Anfang angewiesen sind. Sie sind nicht einmal in der Lage, 10 oder 5 Jahre zu warten. Dann ist es zu spät.
Auch von dieser Seite aus ist uns immer wieder eine echte Vermögensumschichtung zugesagt worden. In dem Entwurf können wir an keiner Stelle eine Bestimmung finden, die auf eine echte Vermögensumschichtung hindeutet oder eine solche herbeiführen kann.
Wenn man die Behandlung der Geschädigten mit der Behandlung der Abgabepflichtigen vergleicht, dann kann man nicht mehr leugnen, daß hier mit zweierlei Maß gemessen wird: auf der einen Seite die ganze strikte Enteignung aller Vermögen über 15 000 DM, was praktisch auf die Vernichtung des ostdeutschen Mittelstandes hinausläuft, und auf der anderen Seite das ängstliche Bestreben, nur ja eine mühelose Aufbringung der Abgabe aus dem Ertrag zu ermöglichen und ja keinen zu zwingen, sich etwa von seinem Vermögen zu trennen. Man hat uns immer gesagt, 1,5 Milliarden DM seien die Grenze der Leistungsfähigkeit für die deutsche Wirtschaft. Wir haben inzwischen erfahren müssen, daß diese Grenze durch das neue Steuerbukett des Finanzministers erheblich weiter gerückt worden ist, nämlich um 2,7 Milliarden DM. Der Finanzminister hat das heute mit dem Hinweis auf Korea erklärt. Nun, wir wissen, daß eine Mal ist es Korea, das andere Mal ist es etwas anderes.
— Bitte sehr, Korea mag eine gewisse Bedeutung gehabt haben; aber ich habe Ihnen, Herr Kollege Kunze, schon immer erklärt, daß ich dieses Dogma von 1,5 Millarden DM als Höchstgrenze nicht anerkenne, und die Erfahrung hat mir durchaus recht gegeben.
Es ist auch eine gewisse Gefahr für die Geschädigten, wenn der Lastenausgleich ganz auf das Sozialprodukt, auf den Ertrag gelegt wird. Wir haben gesehen, wie die Unterhaltshilfe von der Teuerung überholt worden ist, und die Befürchtungen, die wir in dieser Hinsicht für die Zukunft haben und haben müssen, sind wirklich nicht leicht zu nehmen.
Niemand kann leugnen, daß der Lastenausgleich in erster Linie ein Liquiditätsproblem ist. 1,5 Milliarden auf 30 Jahre, das gibt 45 Milliarden. Das ist ein Betrag, mit dem wir schon etwas anfangen könnten. Aber die Schwierigkeit liegt darin, jetzt in den ersten Jahren — ich habe die Gründe schon angeführt — größere Beträge fällig zu machen. Man muß den Weg der Anleihe gehen, wie der Herr Finanzminister uns das schon gesagt hat. Aber es ist nicht der einzige Weg; es müssen alle, aber auch alle Wege gegangen werden. Es ist nicht möglich und nicht zulässig und für uns nicht tragbar, daß die ganze Abgabe generell gestundet wird und daß auf diese Weise die Natural- und Sofortabgabe geradezu ausgeschlossen wird.
Man wird mir sagen, daß ich vielleicht mit dieser Forderung, die heute schon einmal so strikt abgelehnt worden ist, die Beine nicht mehr auf dem Boden habe. Wir erkennen durchaus an, daß es sehr zahlreiche Fälle gibt, in denen eine sofortige Abgabe unmöglich ist, und wir haben uns damit einverstanden erklärt, daß es in allen Fällen, in denen die Abgabe nicht mehr als 15 000 DM beträgt, bei der Regelung des Entwurfs bleibt. Auch in den Fällen, die darüber liegen, soll der Abgabepflichtige das Recht haben, nachzuweisen, daß er nicht zahlen kann. Aber auch dann, wenn er diesen Nachweis nicht führt, verlangen wir noch nicht die sofortige Fälligkeit, sondern wir verlangen einen zusätzlichen Zins, der einen Druck in Richtung einer sofortigen Fälligkeit ausüben soll. Man sage mir, ob das unbillig ist oder ob das utopisch ist.
Sehen Sie sich an, was heute in der Wirtschaft vor sich geht. Denken Sie an alles, was wir auf dem Gebiet der Steuergebarung erlebt haben, und dann sagen Sie mir noch, daß es nicht wesentliche Wirtschaftskreise gibt, die durchaus in der Lage sind, sofort zu zahlen oder sich durch Naturalabgabe von dem Lastenausgleich zu befreien. Wir würden uns einer schweren Unterlassungssünde schuldig machen, wenn wir in dieser Richtung nicht das Äußerste versuchen würden. Ich sage mit allem Nachdruck, daß es sich hier für alle Geschädigten, jedenfalls für alle Geschädigtenverbände um eine Conditio sine qua non handelt.
Wir lehnen den Einheitswert als Wertmesser ab. Der Einheitswert ist ein unrichtiger und fiktiver Wert. Bei einer Belastung des Grundbesitzes in Höhe des Einheitswertes würde die Folge sein, daß die Werte auf beiden Seiten aus der Entschädigung herausfallen. Das ist vom Entwurf dadurch anerkannt worden, daß auf der Entschädigungsseite nur die Hälfte der Schulden eingesetzt zu werden braucht. Das ist aber eine völlig willkürliche und ungerechte Regelung, und wir müssen. erwarten und darauf hinwirken, daß im Ausschuß ein Wertmesser gefunden wird, der allen Teilen gerecht wird.
Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluß.
Ich darf weiter darauf hinweisen, daß es vollkommen verfehlt ist, immer von einer 50prozentigen Abgabe zu sprechen. Nimmt man den wahren Wert, rechnet man den Zeitwert auf 30 Jahre und berücksichtigt man den Unterschied der Kaufkraft, so kommt man zu einer Abgabe von vielleicht 10 oder 12 % und nicht mehr. Und dazu können wir unter keinen Umständen ja sagen.
Die Geschädigten verlangen auch die Heranziehung des größeren Hausratsvermögens. Auf der
einen Seite will man die Geschädigten mit rund 400 Mark abspeisen, auf der anderen Seite soll das ganze Hausratvermögen ungeschoren bleiben. Das ist untragbar und auch unhaltbar.
Ich will nur noch das eine sagen. Bei der Wohnraumhilfe verlangen wir, daß sie als Entschädigungshilfe ausgestaltet wird, daß also damit für die Geschädigten Eigentum hergestellt wird.
Lassen Sie mich zum Schluß mit allem Ernste sagen, daß ich nach alledem, was wir in der letzten Zeit erlebt und gesehen haben, der Zukunft im Hinblick auf dieses Problem mit größter Sorge entgegensehe. Die Vertriebenen haben im vergangenen Sommer in ihrer Charta, deren maßvolle und würdige Sprache in der ganzen Welt anerkannt worden ist, auch die Forderung nach einem gerechten Ausgleich erhoben. Der Entwurf der Regierung, der Beschluß des Bundesrats und andere Ereignisse haben uns die Überzeugung vermittelt, daß unsere Stimme völlig ungehört verhallt ist. Es sind starke Kräfte am Werk, die uns, die wir einen echten Ausgleich fordern, überspielen wollen. Es wäre furchtbar für das ganze deutsche Volk, wenn sie Erfolg hätten.
Kein Land Europas hat sich so immun gegen den Kommunismus erwiesen wie Westdeutschland. Daran haben die Vertriebenen auf Grund ihrer Erfahrungen im Osten einen wesentlichen Anteil. Wenn der Lastenausgleich eine Form annimmt, durch die jede Möglichkeit und jede Hoffnung auf einen Aufstieg genommen ist, dann wird das ganz bestimmt anders werden. Wenn sie nicht dem Radikalismus von links, dann werden sie dem Radikalismus von rechts anheimfallen.
Ich habe Ihnen die Gefahren dieser politischen Entwicklung — ich weise nur auf die Absonderung der Vertriebenen in parteipolitischer Hinsicht hin - aufgezeigt. Die Entscheidung liegt bei Ihnen!
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Horlacher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist oft schwer im Leben eingerichtet, daß man ausgerechnet dann reden muß, wo man lieber noch ein bissel warten würde. Aber in dem Fall hat mich das Schicksal so getroffen. Ich muß sagen, es kommt mir so vor, als wenn manchmal Vorstellungen herrschen, die nicht realisierbar und nicht greifbar sind. Ja, wenn die Frage des Lastenausgleichs so zu lösen wäre, daß ich gewissermaßen auf einen elektrischen Knopf drücke und dann die Vermögensumschichtung zwischen denen, die etwas haben wollen, und zwischen denen, die etwas hergeben müssen, erfolgen könnte, dann hätte der Herr Kollege Kather vollständig recht. Aber das ist leider nicht der Fall.
Ich habe schon ausgeführt, daß wir von der CDU/ CSU naturgemäß positiv zu dem Lastenausgleich stehen. Ich habe das dem Hohen Hause des langen und breiten schon einmal auseinandergesetzt. Es handelt sich nur um die Frage der Durchführung des Lastenausgleichs. In einem hat Herr Kollege Kather recht, ja man könnte ihm sogar noch weiter entgegenkommen, wenn sich das Problem so lösen ließe, daß wir die 30jährigen Leistungen für den Lastenausgleich, also die Leistungen jedes Jahr hindurch, zum großen Teil in einmalige Leistungen umwandeln; aber das geht aus eigener Kraft nicht, dazu gehört, daß das vorfinanziert, daß der Lastenausgleich mobilisiert wird. Dieses Problem der Mobilisierung des Lastenausgleichs ist aber das Problem, das den quotalen Lastenausgleich nicht so zuläßt, wie ihn Kollege Kather propagiert hat, sondern es muß der soziale Lastenausgleich im Vordergrund stehen, jener Lastenausgleich, der der Sicherung der Existenzen und der Schaffung von Arbeit und Brot für viele Menschen dient, die auch früher keinen Besitz hatten und nun zu uns herübergekommen sind. Sie sehen immer nur die Frage von der Seite derer, die etwas besessen haben. Es sind aber auch sehr viele da, die zu uns herübergekommen sind, die schon immer lediglich auf Brot und Arbeit angewiesen waren und die alle ihren Hausrat verloren haben. Dazu kommen die, die noch etwas besessen haben, sie sollen auch im Lastenausgleich angemessen berücksichtigt werden. Aber ich bin der Meinung, daß man die Kirche im Dorf lassen muß, wie es sich gehört, und daß man keine übertriebenen Vorstellungen haben darf.
Jetzt kommt die eine Seite: Lastenausgleich bedeutet Einebnung zwischen denen, die etwas hergeben müssen, und denen, die etwas bekommen müssen, bedeutet, Gerechtigkeit walten zu lassen, bedeutet, daß hier unter allen Umständen ein Gesetz beobachtet werden muß, für das ich mich einsetzen möchte, das ist das, daß der Lastenausgleich für die Wirtschaft tragbar gemacht wird. Denn ein Lastenausgleich, der die Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit übersteigt, ist ein schlechter Lastenausgleich und wird nicht zum sozialen Frieden, sondern zum dauernden Unfrieden in unserem Volke führen. Deswegen müssen hier die Grenzen richtig gezogen werden, und sie müssen dort liegen, wo derjenige, der dem anderen hilft — ich habe schon einmal das Beispiel des Blutspenders an anderer Stelle gebraucht: der ist gerne bereit, seinen schwächeren Mitmenschen zu helfen, aber er ist nicht bereit, sein ganzes Blut dem anderen zu geben, weil er dann selber dabei zugrunde geht und der andere dann auch geschädigt ist —, selbst zugrunde zu gehen droht; eine Hilfe findet also da ihre Grenze, wenn sie dem, der hilft, jede Verdienst- und Arbeitsmöglichkeit nimmt, wenn die Wirtschaft zum Erliegen kommen würde. Das sind Gesichtspunkte, die in wirtschaftlicher Hinsicht berücksichtigt und in den Vordergrund geschoben werden müssen.
Herr Kollege Kather, ich könnte jetzt, wenn Sie nicht mein Fraktionskollege wären, eine schöne Bemerkung machen.
Ich will das aber unterlassen.
Eine schöne Idee war das nicht, ausgerechnet den Einheitswert anzugreifen. Da kommen Sie auch in die tiefsten Jagdgründe meiner agrarischen Seele hinein.
Herr Kollege Kather, da beginnen bei mir die „Kater"-Ideen.
Das kann unter keinen Umständen gemacht werden. Sie sind doch ein ausgezeichneter Anwalt, und wir zwei stehen ja persönlich besser da, als es momentan ausschaut, und verstehen auch vom Steuerwesen etwas. Es ist doch ein alter Begriff, daß die
Verkaufswerte je nach den Wirtschaftskonjunkturen schwanken, und sie können unmöglich für größere wirtschaftliche Berechnungen zugrunde gelegt werden: denn hier kommt die Nachhaltigkeit des Ertrages und die Bedeutung des Wertes für den Betrieb in Frage. Das ist der Gesichtspunkt, der hier eine Rolle spielt und der auch in weiten Kreisen unumstritten ist.
Wir wollen von der landwirtschaftlichen Seite unbedingt an der Sache festhalten. Ja, es kommt dann der andere Grundsatz, den ich hier auch schon mal erläutert habe. Ich stehe deswegen auf dem Sandpunkt, daß dieses Lastenausgleichsgesetz gründlich von den zuständigen anderen Ausschüssen nach der wirtschaftlichen Seite hin mitberaten werden muß, wenigstens indem diese Ausschüsse angehängt werden. Herr Kollege Kunze, hier muß Landwirtschaft und Ernährung auf der einen Seite und auch die Wirtschaft auf der anderen Seite unbedingt mitsprechen, weil es sich darum handelt, den Gesetzentwurf so sachverständig zu untermauern, daß er nach allen Seiten hin gerecht geregelt und für die Wirtschaft tragbar wird.
Glauben Sie mir, eines kann man nicht wegstreichen, daß der Umsatz in der Wirtschaft und die Leistungsfähigkeit des einzelnen Sachvermögens durchaus unterschiedlien sind. Ich habe hier Berechnungen vor mir — ich will nur darauf hinweisen, ich Labe die Ziffern hier im Hause schon einmal auseinandergesetzt und das kann an anderer Stelle noch einmal geschehen —, aus denen genau hervorgeht, wie unterschiedlich die Bedeutung des Umsatzes beispielsweise in Einzelhandelsgeschäften, in der verarbeitenden Industrie usw. ist, wie es dann auf der anderen Seite beim Hausbesitz aussieht, wie es beim landwirtschaftlichen Besitz, bei unserem Bauerntum aussieht, wo wir den langweiligsten Umsatz haben. Das brauche ich nicht extra zu betonen. Und der Umsatz des Hausbesitzes ist auch gewissermaßen eingeengt, weil er über gewisse Mieteinnahmen nicht hinaus kann. Infolgedessen ist nach meiner Überzeugung auch der Hausbesitz noch einer besonderen Würdigung zu unterziehen; denn wenn der Hausbesitz zugrunde geht, ist damit auch den Ausgewiesenen und Ausgebombten nicht gedient.
Wir werden also diese Fragen einer gründlichen Erörterung unterziehen müssen. Bezüglich dieser Gesichtspunkte stehe ich persönlich mit einer ganzen Anzahl von Freunden auf dem Standpunkt, daß hier der erste Schäffersche Entwurf die Grundgedanken der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft besser herausgearbeitet hat, als es jetzt im Regierungsentwurf der Fall ist.
Es muß einmal ausgesprochen werden: wir wollen dadurch den Regierungsentwurf nicht in Bausch und Bogen ablehnen, sondern wir wollen uns eine gründliche Prüfung der Verhältnisse vorbehalten, denn es ist notwendig, daß insbesondere auch draußen auf dem Lande der soziale Frieden erhalten bleibt. Glauben Sie mir, ich habe heute große Befürchtungen: Nicht bloß der soziale Friede in den großen Industriezentren ist hier und da gefährdet, sondern der soziale Friede ist auch bereits auf dem Lande so erschüttert, daß er genau so gefährdet werden kann wie in den städtischen Betrieben.
Das ist meine große Sorge. Hier dürfen die Interessengegensätze draußen nicht überspitzt und
nicht zu groß gemacht werden. Hier muß gewisser-
maßen auch auf das Naturrecht des Bauernbetriebes zurückgegangen werden.
Es kommt hinzu, daß der Gesetzentwurf in einem unzulänglich ist, weil er keine Berücksichtigung der mitarbeitenden Kinder des Bauern enthält, wenigstens nicht in ausreichendem Maße. Glauben Sie mir, wir werden der Landflucht nicht Herr werden, wenn wir nicht den Kindern des Bauern wieder ein gewisses Heimatgefühl und eine Bodenständigkeit und eine Sicherung ihrer Verdienstmöglichkeit auf ihrem eigenen Hofe verleihen, damit sie wirklich wissen, daß sie für ihren Vater nicht bloß umsonst arbeiten, sondern daß sie das Recht haben, auch den gerechten Lohn zu beanspruchen. Das ist die Frage des Bauerntums, die heute an uns herantritt. Deswegen muß ähnlich wie im Erbschaftsteuergesetz auch hier eine Bestimmung hineinkommen, wonach diejenigen Kinder des Bauern vom 15. Lebensjahre aufwärts, die nicht genügend Barlohn erhalten haben, diesen Barlohn entsprechend abgerechnet bekommen, damit der soziale Lastenausgleich auch innerhalb der Bauernfamilie in gerechter Weise zur Durchführung gebracht wird. Das sind Gesichtspunkte, die dabei eine Rolle spielen. Daß naturgemäß die Steuersätze insgesamt im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft einer Überprüfung nach den verschiedenen Kategorien bedürfen, darauf habe ich schon hingewiesen und brauche es jetzt nicht mehr besonders zu betonen.
Der Herr Finanzminister hat einmal ein schönes Wort gesprochen — ich gebe auch auf jedes Wort vom Herrn Bundesfinanzminister Obacht, denn die Geschichten sind doch so: Finanzministern, wenn sie auch der eigenen Partei angehören, darf man nicht ganz über den Weg trauen; die muß man schon unter Kontrolle halten —, er hat ein wunderbares Wort von der Sanierung der Soforthilfe geprägt, also Wechselbeziehung zwischen Einkommensteuernovelle und Lastenausgleich. Diese Sanierung des Lastenausgleichs — und jetzt komme ich zu einem wesentlichen Punkt — ist zwar bei den größeren Einkommen erfolgt, aber nicht bei den kleineren und mittleren Einkommen und nicht bei den Einkommen, wo das Sachvermögen im Verhältnis zum Umsatz wesentlich größer ist als bei den größeren, rasch rotierenden und sich rasch umsetzenden Vermögen.
- Das habe ich schon immer ausgeführt. Wissen Sie, oft dringe ich mit meiner Klugheit nicht durch. Das ist ja auch das Schicksal des Menschen.
Was ich denen alles gesagt habe-die das nicht
befolgt haben —, das ist ja auch eine Frage für sich.
Man muß natürlich denen immer gut zureden, damit sie endlich das annehmen, was notwendig ist.
— Ja, ihr von der SPD müßt mir bezüglich des kleinen und mittleren Hausbesitzes und des Bauerntums unbedingt herhalten; denn das ist auch eine soziale Frage. Da können wir die Dinge nicht bis zum äußersten überspitzen. Ich weiß, wenn man hier bestimmte sachliche Kreise in diesem Hause, die überall da sind, ermuntert und von den parteipolitischen Verhältnissen absieht — Herr Kollege Kriedemann, ich habe das Vertrauen zu Ihnen —, dann werden wir doch miteinander in verschiedenen Fragen mit Ihnen auf einen grünen Zweig kommen,
der dann ewig grünen möge, damit man nicht bloß die Agitation im Volke sieht, sondern — und jetzt komme ich zum Schluß — damit man die sachliche Arbeit sieht, damit man sieht, daß wir sowohl denjenigen, die etwas bekommen sollen, unter allen Umständen helfen wollen, als auch, daß wir denen gerecht werden, die die Leistungen aufbringen müssen, damit nicht durch untragbare Leistungen der schönste soziale Lastenausgleich von Hause aus illusorisch und zunichte gemacht wird.
Der Herr Abgeordnete Dr. Horlacher hat seine Redezeit nicht voll ausgeschöpft.
Das Wort hat der Abgeordnete Nöll von der Nahmer.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesfinanzminister hat -nach meinem Empfinden mit vollem Recht — am Anfang seiner Rede einen Blick in die Vergangenheit geworfen. Man kann tatsächlich in diesem Augenblick nicht über das schwerwiegende Gesetz des allgemeinen Lastenausgleichs sprechen, ohne der verhängnisvollen Entwicklung vor sechs Jahren zu gedenken. Im eisigen Winter wurden Millionen unserer Mitbürger aus ihrer angestammten Heimat vertrieben. Das mit Flüchtlingen überfüllte Dresden wurde von einer mächtigen Luftflotte angegriffen. An all dieses unsagbare Elend, damals vor sechs Jahren, sollte man sich heute hier in dieser Stunde erinnern. Ich gedenke dieser Zeit vor allem deswegen, weil es mir eine Pflicht zu sein scheint, einmal all den Mitbürgern zu danken, die trotzdem den Mut nicht verloren haben, die, als sie wieder eine neue Heimat hier bei uns fanden, sofort mit großer Energie den Aufbau begonnen haben, nicht immer so unterstützt, wie man es gern gesehen hätte! Diese Tatsache erfüllt uns mit Vertrauen in die Kraft unseres Volkes. Wir werden zu einer um so besseren Entwicklung kommen, wenn wir nun diesen Menschen, die sich zunächst einmal selbst geholfen haben, durch einen Lastenausgleich im Rahmen des wirtschaftlich Möglichen weitere Hilfe zur Verfügung stellen.
Es ist aber auch aus einem anderen Grunde notwendig, an diese Zeit vor sechs Jahren, die Zeit der Bombennächte, zu erinnern. Ein Kollege, ein Landwirt, sagte mir einmal folgendes: Wenn man ihm unerfüllbare Wünsche hinsichtlich einer Ermäßigung der Abgaben vortrage, so frage er diese Interpellanten oft, wie denn die Sache vor sechs Jahren gewesen wäre, als sie in den Bombenkellern gesessen hätten. Wenn damals unter dem Bombenhagel die Wände wankten und wenn dann plötzlich ein Engel gekommen wäre und gefragt hätte: Bist Du bereit, 50 % Deines Besitzes abzugeben, wenn Du gerettet wirst? —, dann wäre damals wohl keiner dagewesen, der nicht dieses Opfer gern gebracht hätte um den Preis seiner und seiner Familie Rettung.
Meine Damen und Herren! In der Begründung zu dem Lastenausgleichsgesetz ist sehr eingehend die Frage nach der Rechtfertigung dieses Entschädigungsanspruches erörtert worden. Man hat dazu sogar unser altes Preußisches Allgemeine Landrecht zitiert, aber ich glaube, man braucht die Begründung gar nicht so weit herzuholen. Auch hier scheint mir zwischen uns und dem Herr n Bundesfinanzminister Übereinstimmung zu bestehen. Die Entschädigungspflicht ergibt sich aus der Existenz der Volksgemeinschaft. Man kann nicht einfach Millionen Mitglieder eines Volkes ihren ganzen Vermögensbesitz verlieren lassen, ohne eine Hilfe zu leisten. Für uns, die wir grundsätzlich das Privateigentum verteidigten, ist es ebenso selbstverständlich; daß das gerettete Privateigentum einen entsprechenden Ausgleichsbeitrag leisten muß.
Wir sind uns in diesem Hause wohl weitgehend über die Notwendigkeit eines Lastenausgleichs klar, aber die Auffassungen über die Wege und die Art und Weise, wie dieser Lastenausgleich durchgeführt werden soll, gehen zwangsläufig auseinander. Ich halte es nicht für richtig und sinnvoll, die sich aus der ganz verschiedenen politischen Einstellung ergebenden Gegensätze zu verkleinern. Herr Kollege Kriedemann hat hier ganz offen den Standpunkt dargelegt, wie er und seine Freunde ihn auf Grund ihrer sozialistischen Einstellung haben. Ich habe für Ihren Standpunkt volles Verständnis. Ich darf Sie dann aber auch ebenso um Verständnis für unseren natürlich gegenteiligen Standpunkt bitten. Wir müssen auf dem Prinzip für die endgültige Gestaltung des Lastenausgleichs bestehen, das man mit einem wenig zutreffenden Ausdruck als „quotal" bezeichnet hat; richtiger wäre: ein auf den Vermögensverlusten aufbauender Lastenausgleich, bei dem die Vermögensverluste als solche wieder ausgeglichen werden sollen. Ich bedauere es, daß man immer noch ais Gegensatz zu dieser Form des Lastenausgleichs den irreführenden Ausdruck „sozialer Lastenausgleich" gebraucht. Wir, die wir den quotalen Lastenausgleich immer gefordert haben, sind uns völlig darüber klar, daß die soziale Dringlichkeit, die volkswirtschaftliche Notwendigkeit bei der Reihenfolge der Zahlungen, die geleistet werden können, berücksichtigt werden müssen. Wir akzeptieren ohne weiteres eine Staffelung der Entschädigungen. Darüber sollte kein Zweifel bestehen.
Herr Abgeordneter Kather hat hier eben schon auch als Vertreter des Zentralverbandes der heimatvertriebenen Deutschen — nach meiner Meinung sehr wirkungsvoll — darauf hingewiesen, daß auch die Vertriebenenverbände und ebenso auch der Zentralverband der Fliegergeschädigten immer wieder die Forderung nach einem „quotalen" Lastenausgleich erhob en haben. Unbeschadet besonderer Beträge für Härtefonds und für Fürsorgemaßnahmen können und wollen also meine politischen Freunde nicht von dem Grundgedanken des „quotalen" Lastenausgleichs abgehen. Das war schon die Linie meiner Partei im Frankfurter Wirtschaftsrat, und wir sehen auch nach der bisherigen Entwicklung keine Veranlassung zu einer Änderung unseres Standpunktes.
Daraus folgt, daß wir den Gesetzentwurf der Regierung unter dem Grundgesichtspunkt prüfen müssen, inwieweit er dieser Grundkonzeption entspricht. Herr Kriedemann hat den Entwurf ange-. griffen, weil er starke Züge des „quotalen" Lastenausgleichs trägt. Das ist nun gerade der Grund, weswegen wir mit dem Entwurf grundsätzlich einverstanden sind und ihn als eine geeignete Diskussionsgrundlage ansehen, unbeschadet einer ganzen Reihe von wichtigen Einzelheiten, wo wir unbedingt auf Abänderungen dringen werden.
Wir sind insbesondere der Überzeugung, daß an dem Prinzip der Hauptentschädigung nicht gerüttelt werden darf. Wir unterstützen hier die
Regierung durchaus in ihrer ablehnenden Haltung gegenüber der abweichenden Ansicht der Bundesratsmehrheit.
Neben der Hauptentschädigung begrüßen wir insbesondere die Grundsätze, wie sie der § 311 des Gesetzes enthält. Danach soll jetzt stärker als bisher auch der Hausbesitzer und der Einzelne, der sich eine Wohnung bauen will, bei der Zuteilung der für die Wohnbaufinanzierung vorgesehenen Mittel berücksichtigt werden.
Wir halten es für ein gutes Vorzeichen, daß in derselben Sitzung, in der wir die erste Lesung des allgemeinen Lastenausgleichsgesetzes vornehmen, auch das Gesetz über das Wohnungseigentum beraten werden soll. Wir sehen gerade in diesem Wohnungseigentumgesetz eine wesentliche Hilfe für die Eingliederung, die auch für uns, das betone ich besonders, im Vordergrund steht. Wir müssen vor allen Dingen dafür sorgen, daß die Menschen dort Wohnungen finden, wo Arbeit zu finden ist. Bei der Verteilung der Mittel muß der Nachdruck bei der systematischen Förderung des Wohnungsbaues liegen. Wir begrüßen es deshalb besonders, daß in diesem Gesetzentwurf das „quotale" Moment, gepaart mit der individuellen Entschädigung, sich weitergehend, als es bisher der Fall war, durchzusetzen scheint. Wir werden durch entsprechende Anträge gerade diesen Gedanken weiter zu fördern versuchen.
Die von dem Regierungsentwurf vorgenommene Trennung zwischen den eigentlichen Fürsorgelasten und einer auf dem früheren Vermögensbesitz aufgebauten besonderen Zusatzrente erscheint uns als richtig. Insbesondere darf die Tatsache nicht übersehen werden, worauf j a auch der Herr Bundesfinanzminister vorhin in seiner Rede hinwies, daß wir auf diese Weise über das unmittelbare Aufkommen des Lastenausgleichsfonds hinaus immerhin noch über 250 Millionen jährlich für die Betreuung der Kriegsgeschädigten erhalten. Wir entlasten also insoweit den Ausgleichsfonds.
Ich kann auch nicht zugeben, daß damit eine soziale Schlechterstellung erfolgt. Die vom Soforthilfegesetz vorgesehenen 70 DM Unterhaltsrente reichen tatsächlich vielfach nicht aus. Häufig muß noch eine ergänzende Fürsorge eingreifen. Meine Freunde und ich können darin nichts Diffamierendes erblicken, wenn Menschen, die ohne Schuld nicht mehr ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen können, die öffentliche Fürsorge in Anspruch nehmen. Die Armenpflege des 19. Jahrhunderts haben wir doch wohl überwunden.
In allen diesen Punkten hat die Bundesratsmehrheit eine andere Stellung bezogen. Wir begrüßen deshalb die ablehnende Haltung der Bundesregierung gegenüber dem Bundesratsvotum. Es ist hierzu schon von anderen Rednern Entsprechendes gesagt worden. Wir werden die Regierung in dieser Haltung gegenüber dem Bundesrat nachdrücklichst unterstützen.
Der wundeste Punkt des Entwurfs ist die Hausratsentschädigung. In eingeweihten Kreisen wird erzählt, daß der Herr Bundesfinanzminister diese Regelung absichtlich so getroffen habe, um ein Objekt zu haben, wo er dem Drängen des Parlaments nachgeben kann. Ich weiß nicht, ob das der Grund ist. Aber dieser Punkt ist tatsächlich für uns vollständig unannehmbar. Wenn wir die Hausratsentschädigung so lassen, würde die Masse der Geschädigten, die oft ein Leben lang für ihren Hausrat gespart haben, überhaupt leer ausgehen. Wenn man weiß, mit welcher Liebe gerade auch der kleine Mann in unserem Volke an seinem oft mühsam zusammengesparten Heim hängt, dann kann man allerdings eine Entschädigungsleistung von 400 bzw. 600 DM nicht als Diskussionsgrundlage betrachten. Also hier werden wir uns ganz energisch für eine Umgestaltung des Gesetzes einsetzen müssen.
Nun ein weiterer Punkt, der uns Sorge macht! Das ist die Hinausschiebung gewisser Probleme auf eine spätere Zeit. Wir bitten die Regierung sehr nachdrücklich, unbedingt sofort mit Vorarbeiten zur Durchführung des § 259 zu beginnen. Das ist die Frage der Währungsschäden der Vertriebenen. Wir sind der Ansicht, dieses Problem ist so vordringlich und hat politisch eine so ungeheuere Bedeutung, daß wir dieses Problem unbedingt noch im Rahmen dieses Gesetzentwurfes lösen müssen. Es hat keinen Zweck, meine Herren, die Frage immer wieder zu vertagen. Probleme werden ja nicht dadurch gelöst, daß man sie vertagt, sondern wir müssen sie so oder so anpacken.
Wir haben dasselbe Bedenken dagegen, daß die Schuldenregelung nach § 324 hinausgeschoben werden soll. Auch dieses Problem muß gelöst werden, und es dürfte auch kaum besonders schwierig sein.
Meine Fraktion hat sich gestern sehr eingehend über den gefährlichen „Katalog der Hoffnungen", wie ich ihn nennen möchte, unterhalten, der in § 325 steckt. Herr Kollege Kunze hat vorhin schon das Problem der Altsparer angeschnitten. Ich will hier nicht im einzelnen darauf eingehen; dazu reicht meine Redezeit nicht. Aber meiner Fraktion erscheint der Vorschlag bedenklich, wonach all diese heiklen Fragen — Demontage- und Auslandsschäden, Altsparerentschädigung! — einer späteren gesetzlichen Regelung vorbehalten werden sollen. Die Entscheidung muß so oder so fallen. Wir müssen im Parlament den Mut haben, die Entscheidung dann auch nach außen hin zu vertreten. Je mehr wir den Kreis der Anspruchsberechtigten erweitern, desto schwieriger wird die Lösung des Lastenausgleichsproblems. Das ist in meiner Fraktion gestern sehr eingehend erörtert worden. Auf alle Fälle aber müssen jetzt hier Entscheidungen gefällt werden.
Ein anderes Zeitproblem bildet die Hinausschiebung des endgültigen Gesetzes, das die Regelung der Hauptentschädigung bringen soll, bis zum 31. Dezember 1956. Hier müssen wir die dringende Bitte an die Regierung richten, mit einem sehr viel früheren Termin auszukommen. Selbstverständlich nimmt die Feststellung der Verluste Zeit in Anspruch. Das haben wir immer gesagt. Deswegen haben wir ja auch das von den anderen Fraktionen teilweise so stark kritisierte Feststellungsgesetz schon im Sommer eingebracht. Aber die endgültige Regelung der Entschädigung jetzt nochmals sechs volle Jahre in der Schwebe zu lassen, wäre wirklich eine Nervenprobe für die Betroffenen, die wir ihnen gern ersparen möchten.
Ist nun das ganze Gesetz pessimistisch oder optimistisch zu beurteilen? Wir haben bei der bisherigen Diskussion die verschiedensten Standpunkte vertreten hören. Ich möchte unterstreichen, was Herr Kollege Kather vorhin gesagt hat. 45 Milliarden sollen aufkommen. Das ist immerhin ein Wort, und das soll und muß mit aller Deutlichkeit einmal auch nach außenhin gesagt werden. Nach der jetzigen Vorlage hat der Fonds auf der anderen Seite Belastungen von 31,35 Milliarden. Es ist also von vornherein eine Reserve, eine sehr erhebliche
Reserve einkalkuliert worden. Wir haben damit im Ausschuß noch einen gewissen Spielraum, um Verbesserungen vorzunehmen bei den Renten, vor allen Dingen aber bei der Hausratentschädigung, die wir unbedingt für notwendig halten. Trotzdem, meine Damen und Herren, muß sich jeder, der heute im Lastenausgleichsausschuß mitarbeiten muß, darüber klar sein: Wir werden keinen Dank ernten, und wir werden niemals beide Teile, die abgebenden und die nehmenden, zufriedenstellen können. Wir können nur versuchen, das Bestmögliche herauszuholen, was unter den gegebenen Verhältnissen erreichbar ist. Wenn wir diese Aufgabe — vielleicht die größte Aufgabe, die einem Parlament im zwanzigsten Jahrhundert gestellt wird — wenigstens einigermaßen lösen, dann haben wir nicht nur unendlich vielen Menschen geholfen, sondern wir haben nach meiner Überzeugung sicherlich auch einen wertvollen Beitrag geleistet zum Neuaufbau einer hoffentlich dann nicht mehr gefährdeten deutschen Demokratie.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Tichi.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es steht mir lediglich eine Redezeit von 15 Minuten zur Verfügung, und ich kann mich deshalb nur über die grundsätzliche Einstellung meiner Partei zum Lastenausgleichsentwurf äußern.
— Ich glaube, das könnten Sie wissen, Herr Kollege.
Der Herr Bundesfinanzminister hat die historische Bedeutung der heutigen Stunde mit einem Rückblick auf die Ursachen des deutschen Zusammenbruchs unterstrichen. Wir, die wir die Leidtragenden sind, sind wohl einer etwas anderen Meinung über die Ursachen dieses Zusammenbruchs. Wir würden nur wünschen, daß die Regierung dem deutschen Volke in dieser schicksalsschweren Stunde den wahren sozialen Frieden gäbe, von dem der Herr Finanzminister und auch die anderen Redner wiederholt gesprochen haben. Ich habe aber den Eindruck, daß mit dem Regierungsentwurf zum Lastenausgleich dieser soziale Friede nicht herbeigeführt wird, insbesondere weil er ein Werk des Herrn Finanzministers Schäffer ist. Sollte dieser Regierungsentwurf Gesetz werden, dann werden die Gegensätze zwischen den Geschädigten und den Nichtgeschädigten noch mehr verschärft werden, und sie können auch in einen offenen Kampf ausarten.
Wenn der Deutsche Bundestag, meine Frauen und Männer, heute in die Behandlung des Gesetzes über den allgemeinen Lastenausgleich eintritt, müssen wir uns, wie Herr Kollege Kather bereits gesagt hat, völlig darüber klar sein, daß Millionen Heimatvertriebene, Flieger- und Bombengeschädigte in diesem Augenblick mit allen ihren Hoffnungen nach Bonn blicken und darüber wachen werden, ob die Regierung, aber auch die politischen Parteien ihr Versprechen in bezug auf einen gerechten Lastenausgleich einhalten werden. Ich muß offen gestehen: ich habe die Sorge, daß der von diesen Millionen ersehnte Lastenausgleich eine bittere und böse Enttäuschung bringen wird. Wir, die wir für diese Gruppe sprechen — und jetzt,
Herr Kollege Kriedemann, sage ich es Ihnen deutlicher —,
haben eine ernste Mission übernommen. Ich meine nicht die kleine Gruppe des BHE, die hier im Bundestag vertreten ist, sondern die Millionen Wähler, die sich bei den letzten Landtagswahlen in Schleswig-Holstein, in Bayern, in Württemberg und in Hessen zu uns bekannt haben.
— Das sind schon eine große Anzahl von Flüchtlingen, und für diese können wir hier sprechen, und wir haben auch den Mut und das Recht, für diese Menschen hier einzutreten. Wir haben es bisher verhindert, daß diese oft verzweifelten Menschen, die Vermögen, Existenz und ihre Heimat verloren haben, dem Bolschewismus oder einem unangebrachten Radikalismus verfallen. Wir haben es gebilligt, daß unsere Leute auch in zwei Regierungen sitzen und die Mitverantwortung tragen. Auch in diesem Hause haben wir bis heute immer eine vernünftige Oppositionspolitik, nicht Opposition in jedem Fall, getrieben. Das müssen alle bedenken, die sich der Verantwortung bewußt sind.
Das aber, was der Bundesrat, nicht nur bei der Behandlung des Unterbringungsgesetzes, sondern insbesondere bei Behandlung des Lastenausgleichsgesetzes in seiner Sitzung vom 19. Januar 1951 geleistet hat, läßt das Böseste befürchten. Wir wissen, was wir von dieser Gesellschaft auch in der Zukunft zu erwarten haben. Wir führen seit einem Jahr einen zähen Kampf um den Art. 131 und wissen heute, daß diese Frage, wenn sie gelöst ist, auch die heimatvertriebenen Beamten kaum befriedigen wird. Der Bundesrat torpediert auch dieses Gesetz dadurch, daß er das Unterbringungsgesetz wieder zurückgewiesen hat. Das Gesetz wird dadurch illusorisch, daß inzwischen alle in Betracht kommenden Behörden die Zeit gefunden haben, die wahren Absichten des Unterbringungsgesetzes zu durchkreuzen.
Das Problem, einen Ausgleich für die Lasten des gemeinsam verlorenen Krieges zu finden, ist das ernsteste deutsche Problem der Nachkriegszeit. Es ist für beide Teile, Geschädigte und verschont Gebliebene, höchste Zeit, daß es endlich — sechs Jahre nach Beendigung der Kampfhandlungen — einer praktischen Lösung zugeführt wird. Ein sozialer Friede ohne Ausgleich der krassen sozialen Spannungen ist undenkbar. Nachdem das Kabinett den Entwurf des Lastenausgleichsgesetzes in einer viermal abgeänderten Form zu Weihnachten verabschiedet hat, tritt der Lastenausgleich nun den Lauf des parlamentarischen Weges an. Wer die Behandlung des Lastenausgleichsgesetzes im Bundesrat und damit die erste Parlamentsdebatte verfolgt hat, muß tief erschüttert sein. Ein Gesetz, das das Schicksal von Millionen armer Teufel bestimmen soll, wird im Eiltempo in dreieinhalb Stunden verabschiedet und durchgepeitscht. Der Antrag meines Freundes Kraft, der Finanzminister von Schleswig-Holstein ist und im Bundesrat Sitz und Stimme hat, eine Generaldebatte zu führen, wird bagatellisiert und abgewiesen. Man will nicht, daß zu dieser brennenden Schicksalswunde in einer langen Debatte Stellung genommen wird. Alle von Minister Kraft vorgetragenen Forderungen der Geschädigten wurden bagatellisiert und nicht beachtet. Er verlangte die quotale Entschädigung, individuelle Schadensfestsetzung, Verkehrswert statt Einheitswert, Eingriff in die Vermögenssubstanz,
sofortige Fälligkeit der Abgabe, Rechtsanspruch der Geschädigten. Alle diese unsere Forderungen sind im Regierungsentwurf entweder gar nicht oder sehr abgeschwächt enthalten.
Für uns und für jedermann muß völlig klar sein: alle Deutschen müssen den gemeinsam verlorenen Krieg gemeinsam bezahlen, nicht wir allein. Wir lehnen es entschieden ab, daß diese Verluste aus Steuern ausgeglichen werden, und verlangen, daß der Eingriff in die Substanz erfolgt, auch dann, wenn der Herr Finanzminister Schäffer in diesem Falle von einem Bürgerkrieg spricht oder einen Bürgerkrieg an die Wand malt.
Aus dem Regierungsentwurf zum Lastenausgleich weht der Geist des Bundesfinanzministers. Nun kommt der Bundesrat und verschlechtert diesen ohnehin schlechten Gesetzentwurf. Ich glaube, der Herr Finanzminister Schäffer hat eine Freude daran, daß er als Wohltäter der Heimatvertriebenen gelten wird, weil er sagt: der Bundesrat hat nicht soviel Gefühl und Einsicht wie ich, der Herr Schäffer.
Innerhalb des Deutschen Bundestages sind die Gegner eines von den Geschädigten geforderten Lastenausgleichs auch bereits zum Kampf angetreten. Die heutige Rede des Herrn Kollegen Kriedemann war deutlich genug, und die Haltung bei der Behandlung des Feststellungsgesetzes sagt uns ganz genau, daß die Gegner nicht nur bei den Regierungsparteien zu finden sind, sondern daß es auch im Lager der Opposition Menschen gibt, die der Meinung sind, der Lastenausgleich und das Feststellungsgesetz seien in der Form nicht notwendig. Nach meiner Überzeugung ist ein Lastenausgleich ohne vorherige Schadensfeststellung unmöglich und undenkbar.
Ebenso gefährlich ist auch die Front, die sich gegen den Lastenausgleich außerhalb des Parlamentes heute schon formiert. Es ist der Deutsche Städtetag, der zu Protestversammlungen gegen den Lastenausgleich aufruft. Sie finden in allen möglichen Städten statt. Die Landwirtschaft, die Industrie- und Handelskammern tun das gleiche; kurz: alle Gegner des Lastenausgleichs haben sich bereits in einer gemeinsamen Front zusammengefunden.
Man erzähle uns nicht, daß der Lastenausgleich den Zusammenbruch der Wirtschaft oder der staatlichen Finanzen herbeiführen würde. Das sind Mätzchen, über die man ernstlich nicht nachzudenken braucht. Kein Mensch von uns verlangt, daß der kleine, vom Schicksal verschonte einheimische Bauer, Handwerker oder Unternehmer wirtschaftlich umgebracht wird.
Man nehme sich ein Beispiel an dem kleinen und heldenhaften finnischen Volk, das ein halbes Jahr nach Kriegsschluß bereits einen Lastenausgleich geschaffen hat, der alle befriedigt. Natürlich haben die verschont Gebliebenen Opfer gebracht. Neubauernhöfe und Siedlungen sind auf Grund eines Wohnungsbeschaffungsgesetzes entstanden. Freiwillig haben einheimische Bauern einen Teil ihres ohnehin mageren Besitzes an ihre vertriebenen Brüder aus Karelien abgegeben.
Auch wir weisen mit Nachdruck darauf hin, daß die Forderung nach einem gerechten Lastenausgleich nicht das Verlangen einer Gruppe nach Bereicherung ist, sondern eine geistig-politische Auseinandersetzung von entscheidender Bedeutung zum Gegenstand hat. Wir wissen uns beim Kampf urn den Lastenausgleich frei von dem Verdacht, daß wir etwa selbstsüchtigen Interessen dienen, sondern wir sind zutiefst davon überzeugt, daß es um die Schaffung und die Erhaltung einer deutschen Not- und Schicksalsgemeinschaft geht. Die Geschichte lehrt, daß Besitz nicht ohne Opfer erhalten werden kann. Wir richten in letzter Stunde von dieser Stelle an die vom Schicksal verschonten Besitzenden den dringenden Appell, einen Teil der erhaltenen Substanz herzugeben, um der unbeschreiblichen Not der Geschädigten zu steuern. Auch die Verteidigung der Freiheit ist ohne Sicherheit und sozialen Frieden ein hoffnungsloses Beginnen. Die Lesung im Bundesrat hat gezeigt, welche erschreckenden Möglichkeiten zu einer Vermassung in einem falsch angelegten Lastenausgleich enthalten sind und welche Gefahren hierdurch für eine gegliederte Demokratie und für unsere abendländischen Kulturwerte heraufbeschworen werden. Wer nicht von solcher Schau aus an die Lösung dieser deutschen Schicksalsfrage herantritt, macht sich — wenn auch unbewußt — zum Schrittmacher des Bolschewismus und versündigt sich an der Zukunft eines freien Europas.
Wir lehnen aus diesen Gründen den Regierungsentwurf grundsätzlich ab und hoffen, mit allen jenen Volksvertretern, die es mit den Opfern des letzten Weltkrieges ehrlich meinen, eines Sinnes zu sein. Wir appellieren insbesondere an unsere Kollegen, die heimatvertriebenen Abgeordneten, nicht nur in den Reihen der Regierungsparteien, sondern auch in den Reihen der SPD, sich der Verantwortung, die sie gegenüber den Heimatvertriebenen und Geschädigten übernommen haben, bewußt zu sein. Wird dieser Regierungsentwurf Gesetz, dann wissen wir genau, was geschieht. Wir warnen vor diesen unabsehbaren Folgen.
Wir . beantragen, den Regierungsentwurf über den allgemeinen Lastenausgleich auch dem Ausschuß für Heimatvertriebene zu überweisen, damit wir dort unsere Forderungen stellen können.
Das Wort hat der Abgeordnete Wartner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wohl kaum ein Gesetz hat schon bei seiner Ankündigung so viel Kritik der Allgemeinheit erfahren wie das Gesetz über den Lastenausgleich; Sorge, ja geradezu Angst auf der einen Seite, Hoffnungen und Enttäuschungen auf der anderen Seite. Das ist kein Wunder, weil das vorliegende Gesetz einen Eingriff in die bisherigen vermögensrechtlichen Verhältnisse des einzelnen darstellt. Wir müssen das unverbrüchliche Recht auf Hilfe und Ausgleich zugunsten derjenigen anerkennen, die durch einen brutalen, gesetzlosen Eingriff alles verloren haben. Der Hinweis, daß letzten Endes der Ausgleich nur durch die Beseitigung der Potsdamer Beschlüsse geschaffen werden kann, entbindet uns nicht von der Verpflichtung, für Beseitigung der größten Härten zu sorgen. Mit den Worten „der größten Härten" wende ich mich schon an die Adresse der Heimatvertriebenen und der Kriegssachgeschädigten mit der Bitte, mit Rücksicht auf die bereits überlastete Wirtschaft in ihren Forderungen Maß zu halten. Denn ein Zusammenbruch der bestehenden Wirtschaft würde letzten Endes
auch zum Verhängnis der Heimatvertriebenen werden.
Im Rahmen einer kurzen allgemeinen Aussprache, zu der mir nur eine Zeit von etwa 15 Minuten gegeben ist, ist es unmöglich, auf das Gesetz mit seinen 328 Paragraphen im einzelnen einzugehen. Es wird Aufgabe des Ausschusses sein, in ernster Verantwortung die einzelnen Abschnitte zu prüfen. Es wird sich nicht vermeiden lassen, daß Meinungen gegen Meinungen stehen, weil unter den Tausenden von Fällen jeder einzelne Fall anders liegt und weil man immer dann, wenn man glaubt, ein Unrecht zu beseitigen, wieder ein neues — wenn auch nur vermeintliches — Unrecht schafft.
Was die Abgabenseite angeht, so muß ich auf den § 22 des Entwurfs zu sprechen kommen, weil er eine ganz besondere Härte gegenüber dem ursprünglichen Regierungsentwurf darstellt. Der ursprüngliche Regierungsentwurf hat eine soziale Staffelung sowohl in der Abgabeschuld als solcher als auch in der Verzinsung und Tilgung derselben vorgesehen. Der Schäffersche Entwurf hat seinerzeit eine Belastung für die Landwirtschaft von 37%, 31 % und 25 %, also eine soziale Staffelung, vorgesehen, während der derzeitige Entwurf eine einheitliche Belastung von 50 % des Vermögens und eine einheitliche Verzinsung oder Tilgung von 4 % kennt. Es ist kein Geheimnis und es hat immer als Tatsache gegolten, daß die Landwirtschaft eine solche Belastung nicht tragen kann. Deshalb fordere ich, daß der § 22 eine Änderung erfährt, damit letzten Endes der ursprüngliche Antrag der Regierung zur Geltung kommt. Ich möchte sagen, daß gerade für die Landwirtschaft und für uns kleine Landwirte eine solche Staffelung kommen muß und daß es überdies ein Unrecht ist, wenn der § 22 für das ganze Bundesgebiet einheitlich gelten soll. Man soll doch daran denken, daß es nicht gleichgültig ist, ob ich mein Anwesen beispielsweise in NordrheinWestfalen oder in einem andern gesegneten Gebiet habe oder ob es sich in einem vom Bund schon längst anerkannten Notstandsgebiet befindet. Ich denke da nicht bloß an die bayerischen Notstandsgebiete, an den Bayerischen Wald, an Rhön und Spessart, sondern ich spreche allgemein von Notstandsgebieten. Ich glaube, daß diese hier eine Entlastung erfahren müssen. Ein gewisser Ausgleich ist schon dadurch gegeben, daß der Einheitswert in den Notstandsgebieten niedriger ist als anderswo. Aber der Einheitswert bzw. die Besteuerung allein kann diesen sozialen Ausgleich nicht schaffen; denn die sozialen Verhältnisse zeichnen sich am deutlichsten im Lebensstandard der einzelnen Gebiete ab. Was nützt es, wenn ich beispielsweise einem Mittellosen sage: Du brauchst keine Steuer zu bezahlen, und ich muß Steuer bezahlen, weil du steuerfrei bist; deshalb bist du mir auch gleichgestellt! Dadurch, daß die Steuer auf Grund der verschiedenen Verhältnisse niedriger ist, ist der soziale Ausgleich noch lange nicht gegeben.
Ich möchte noch auf die §§ 85 bis 138 des Gesetzes zu sprechen kommen, die die sogenannten Hypothekengewinne zum Lastenausgleich heranziehen. Wenn man sich die §§ 85 bis 170 ansieht, muß man wohl sagen, daß dies das Meisterwerk einer juristischen Prüfungsaufgabe ist. Ich bin aber der Meinung, daß es Aufgabe der Sachbearbeiter sein sollte, bei Ausarbeitung eines Gesetzestextes auch auf die Abgabepflichtigen, d. h. auf die Steuerzahler, Rücksicht zu nehmen, die ja letzten Endes ein Interesse daran haben, dieses Gesetz auch zu verstehen. Meine Herren, die Hypothekengewinnabgabe bringt zweifellos auch bestimmte Härten. Dadurch, daß in den Jahren zwischen 1945 und 1948 viele nicht mehr den notwendigsten Bedarf decken konnten und in ihren Betrieben keine Verbesserungen vornehmen, geschweige denn Neuanschaffungen machen konnten, ist es manchem möglich geworden, seine Schulden und seine Hypotheken abzutragen. Einem andern ist das bei der gleichen Lage vielleicht nicht gelungen. Jetzt wird der weniger Glückliche dafür bestraft, indem er statt seiner Abgabe aus dem Einheitswert seine bisherigen Hypotheken zum alten Zinsfuß weiter zu verzinsen hat, was eine wesentlich höhere Belastung darstellt, als wenn er die Abgabe aus dem Einheitswert leisten müßte.
Vielleicht hat mancher von Ihnen ebenso viele Zuschriften erhalten wie ich. Wir sehen, daß jeder Fall anders gelagert ist. Da schreibt mir beispielsweise einer, daß er eine Hypothek hatte, die ihn nicht besonders beunruhigt und die er infolgedessen nicht zurückgezahlt hat. Er hat sein Geld vielmehr auf die Sparkasse gelegt, um im Falle eines plötzlichen Ereignisses das Kapital abheben zu können. Das auf die Sparkasse gelegte Geld ist entwertet, während seine Hypothek geblieben ist, und er zahlt nun seine Hypothekengewinnabgabe aus voller Höhe. Aus diesem einfachen Grunde bin ich der Meinung, daß der § 85 aus dem Lastenausgleich überhaupt herausgenommen werden könnte. Dadurch würden vielen Sorgen und Härten erspart bleiben. Weil ich nun aber nicht so optimistisch bin, anzunehmen, daß dies der Fall sein wird, so bin ich der Meinung, daß bei der Ausarbeitung der Durchführungsbestimmungen nach § 170 in einer Rechtsverordnung auf diese Härten Rücksicht genommen werden sollte, damit nach Möglichkeit diejenigen, die so schwer betroffen worden sind, Erleichterungen erhalten.
Im allgemeinen möchte ich mich den Rednern anschließen, die immer wieder betont haben, daß wir bemüht sein müssen, einen sozialen Ausgleich herbeizuführen. Der Ausdruck „sozialer Ausgleich" ist ja heute schon als verpönt bezeichnet worden, und er ist vielleicht bereits etwas abgenützt.
Es wird Aufgabe der in den Ausschüssen sitzenden Männer sein, die sozialen Belange nach allen Seiten hin zu berücksichtigen. Mein Kollege Horlacher hat mit besonderer Schärfe darauf hingewiesen, daß in der Landwirtschaft bei der Vermögensbewertung auf die mitarbeitenden Söhne und Töchter Rücksicht genommen werden sollte. Ebenso sollten auch die Altenteile in Abzug gebracht werden. All das sind Dinge, die natürlich nur in den Ausschußverhandlungen mit Ernst besprochen und beraten werden können.
Nachdem noch ein Redner meiner Fraktion das Wort nehmen wird, muß ich mich auf diese kurzen Ausführungen beschränken.
Das Wort hat der Abgeordnete Fürst zu Oettingen-Wallerstein.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Beratung des Lastenausgleichsgesetzes müssen wir -
darüber kann wohl kein Zweifel sein — von der Voraussetzung ausgehen, daß ein Lastenausgleich vom moralischen und christlichen Standpunkt aus eine Verpflichtung ist. Dieser Gedanke muß uns durch die Verhandlungen über eine der schwierigsten aller Nachkriegsaufgaben geleiten, wobei wir
uns selbstverständlich ganz klar darüber sein müssen, daß das vorhandene Volksvermögen nicht ausreicht, um alle ermittelten Schäden auszugleichen.
Diesem Lastenausgleich kann nur eine Grenze gesetzt sein, und das ist die Produktionskraft der deutschen Wirtschaft, deren unbedingte Erhaltung ebenso im Interesse aller Geschädigten und Ausgleichsberechtigten liegt, wie auch kein Zweifel darüber bestehen kann, daß die Schädigung der Produktionskraft der Wirtschaft sich zum Schaden aller Interessenten auswirken muß.
Wenn wir den vorliegenden Gesetzentwurf nach den Gesichtspunkten der Feststellung, der Aufbringung und der Verteilung betrachten, so ist zunächst daran festzuhalten, daß zu den Anspruchsberechtigten lediglich natürliche Personen und keine juristischen Personen gehören dürfen; denn es handelt sich um den Menschen als solchen, um die Linderung einer Notlage und um die Schaffung und Ermöglichung einer neuen Existenz. Die Verluste einer juristischen Person können nur insofern für die Schadensfeststellung in Betracht kommen, als diese Feststellung notwendig ist, um die Schäden einzelner Anteilseigner bzw. Teilhaber an derartigen juristischen Personen zu ermitteln.
Es ist die Frage offen, ob die Schadensfeststellung in einem besonderen Gesetz geregelt werden soll oder ob dieselbe in den allgemeinen Lastenausgleich einzubauen ist. Entscheidend für diese Frage darf ausschließlich der Gesichtspunkt sein, daß der Lastenausgleich, der Gesetz wird, raschestens ausgewertet werden kann; denn es geht bestimmt nicht an, daß die Berechtigten durch lange technische Schwierigkeiten hingehalten werden.
Was die Aufbringung bzw. die Abgabepflicht betrifft, so wird unter allen Umständen daran festzuhalten sein, daß die Vermögensteuer im Sinne der Stellungnahme des Bundesrats den Ländern nicht weggenommen werden kann, da deren Heranziehung für den Lastenausgleich verfassungsrechtlich nicht möglich erscheint und diese Steuer von den Ländern nicht entbehrt werden kann.
Bezüglich des Eigentums der öffentlichen Hand, also der Betriebe des Staates und der Gemeinden, wird der Gesichtspunkt maßgebend sein, daß eine Befreiung nur in den Fällen möglich ist, in denen es sich um Monopolunternehmungen, d. h. um Versorgungsbetriebe handelt, die den Lastenausgleich unter Umständen durch Erhöhung von Tarifen — etwa bei Trambahnen, Gaswerken, Elektrizitätswerken — auf die breiten Massen abwälzen könnten. Etwas anders wird die Behandlung des Vermögens der öffentlichen Hand, also auch der Gemeinden sein, wenn es sich um solches Eigentum handelt, dessen Bewirtschaftung in Konkurrenz mit der Privatwirtschaft steht. In diesem Falle scheint die Befreiung der Gemeinden nicht erforderlich. Die gleichen Grundsätze müssen selbstverständlich für alle Betriebe des Staates und der Gemeinden gelten, auch wenn der Besitz unter Umständen, wie das ja vorkommt, in die Form einer Aktiengesellschaft gekleidet ist.
Im allgemeinen ist es notwendig, daß in den Fällen, in denen die Kriegsschäden die Höhe der Vermögensabgabe erreichen oder übersteigen, diese Schäden weitestgehend berücksichtigt werden. Es ist ferner eine stärkere Berücksichtigung der Vermögensabgabe bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer notwendig.
Eine besondere Würdigung, meine Damen und Herren, verdient bestimmt auch der mittlere und kleinere Hausbesitz, damit der Lastenausgleich nicht etwa auf die Mieter abgewälzt wird. Das Eigentum an zerstörten Häusern und sonstigen Gebäuden ist ja im Sinne des vorliegenden Entwurfs zum Unterschied von der bisherigen Soforthilfeabgabe gesondert behandelt.
Was die Vermögensabgabe als eigentliches Kernstück des Lastenausgleichs betrifft, so ist dieselbe, wie dies ursprünglich in dem Entwurf des Bundesfinanzministeriums vorgesehen war, entsprechend der unterschiedlichen Leistungskraft der einzelnen Vermögensgruppen zu staffeln und tunlichst zinsfrei zu stellen. Dies trifft insbesondere bei land-und forstwirtschaftlichem Vermögen zu, das nach dem vorliegenden Regierungsentwurf mit einer Einheitsbelastung von 50 % des Einheitswertes und mit einer vierprozentigen Abgabe der Abgabeschuld, und zwar für die Dauer von 30 Jahren, bedacht ist.
Es hat keinen Zweck, von Fiktionen auszugehen. Wir müssen uns vielmehr an die nackte Wirklichkeit und an die Tatsache halten, daß die Land- und Forstwirtschaft heute bis an die äußerste Grenze ihrer Lebensfähigkeit steuerlich erfaßt ist, und diese steuerliche Belastung nimmt keine Rücksicht mehr auf die notwendige Produktionssteigerung und auf die allgemeine Tatsache, daß der Landwirt mit steigenden Produktionskosten zu rechnen hat und daß die Verwertung seiner Produkte gebunden bleiben soll. Es kann auch nicht übersehen werden, daß die in den bäuerlichen Betrieben ohne Barlohn mitarbeitende Kinder — das ist schon von den Vorrednern betont worden — nicht entsprechend berücksichtigt sind. Und von dem Standpunkt der landwirtschaftlichen Interessen muß auch verlangt werden, daß die Altenteilslasten bei der Feststellung des Gesamtvermögens nicht dadurch wiederum illusorisch gemacht werden, daß die Ausgleichsleistungen der Altenteiler bei vorliegender Voraussetzung zwar gestundet werden, die gestundeten Beträge aber mit dem Tode des Abgabepflichtigen wieder fällig werden.
Die wohlerworbene Altersversorgung darf durch den Lastenausgleich nicht geschmälert werden. Das gilt für den Landwirt, und das gilt auch für jeden anderen Erwerbstätigen.
Bei Wahrung der Lebensfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft muß man gerade, wenn man den Lastenausgleich verantwortungsvoll prüfen will, zu der Überzeugung gelangen, daß die in dem vorliegenden Entwurf vorgesehenen Belastungen, die sich auf die Beschlüsse des Unkeler Kreises stützen, noch zu hoch sein werden und daß kaum noch diejenigen Sätze tragbar scheinen könnten, die der ursprüngliche Entwurf des Bundesfinanzministeriums vorgesehen hat und die sich auf Grund des am Währungsstichtag geltenden Einheitswertes ergeben.
Es muß ferner darauf hingewiesen werden, daß die Belastung des bäuerlichen Eigentums den Übergang des Eigentums an die Gesamtanwesen oder in einzelnen Teilen gemäß dem bäuerlichen Gewohnheitsrecht nicht beeinträchtigt. Eine mehr oder weniger willkürliche Erhöhung des Einheitswertes muß unter allen Umständen vermieden werden, nicht nur wegen der daraus sich ergebenden Mehrbelastung, sondern auch aus dem Grunde, weil wir sonst jeden Boden unter den Füßen verlieren und weil dann von einer exakten Wertermittlung nicht mehr die Rede sein kann,
Was nun die Verteilung anlangt. so muß als oberster Grundsatz gelten, daß es nicht auf Zuweisung von Geldern zu konsumtiven Zwecken, sondern auf Beschaffung neuer Produktionskräfte und neuer Produktionsstätten ankommt, wobei selbstverständlich das Alter und die Arbeitsunfähigkeit ganz wesentlich im Lastenausgleich berücksichtigt werden müssen.
Da die Berücksichtigung der Altsparer, die ein besonderes Anliegen meiner Partei, der Bayernpartei, ist, im Entwurf nur in sehr bescheidenem Maße vorgesehen ist, ist es zu begrüßen, daß der Bundesrat in seiner letzten Stellungnahme die Altsparer einbeziehen will.
Wenn nunmehr der Bundesrat sich in seiner jüngsten Stellungnahme für die Aufgabe des Grundsatzes der Hauptentschädigung ausspricht und dafür eine verstärkte Förderung der Eingliederung in die Wirtschaft, insbesondere die Schaffung von Wohnraum für notwendig erachtet, so entspricht dies einem sozialen Gesichtspunkt, dem wir nur beipflichten können.
Indessen ist nicht zu übersehen, daß wir um eine quotale Festsetzung des Lastenausgleiches gar nicht herumkommen, schon aus der Notwendigkeit einer gleichmäßigen Behandlung der Heimatvertriebenen und der Kriegsgeschädigten heraus.
Die Schaffung von Arbeitsplätzen scheint aber ebenso wichtig wie die direkte Förderung der wirtschaftlichen Betätigung bzw. der wirtschaftlichen Existenzschaffung, die durch eine möglichst großzügige Handhabung der vorgesehenen Zertifikate zu fördern ist.
Der Stellungnahme, die der Bundesrat in bezug auf den Ausgleich der Kriegsschädenrente beschlossen hat, ist bestimmt eine Berechtigung nicht abzusprechen.
Ich möchte in diesem Zusammenhange auch noch der Hausratsentschädigung Erwähnung tun, die in dem vorliegenden Entwurf sehr kümmerlich behandelt ist und der im Interesse der geschädigten Einheimischen noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte.
Im Interesse aller Anspruchsberechtigten ist aber auch zu hoffen, daß das Ausführungsverfahren so einfach wie möglich gestaltet wird und daß diejenigen, die einen Anspruch auf Leistungen irgendwelcher Art haben, nicht durch ein monatelanges Verwaltungsverfahren hingehalten werden. Die Not erheischt ein rasches Handeln im Rahmen der uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten.
Abschließend darf ich aber noch sagen, daß wir, die wir uns der Verpflichtung zu einem Lastenausgleich bewußt sind, nicht übersehen können oder übersehen dürfen, daß die Austreibung unserer deutschen Stammesbrüder aus Gebieten, die immer deutsch waren und die, so Gott will, wieder einmal deutsch sein werden, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit war, für die nicht wir allein verantwortlich gemacht werden können, sondern daß diese Vertreibung in Potsdam ausdrücklich gutgeheißen wurde.
Wir können auch nicht übersehen, daß die Währungsumstellung, die soviel Schaden und soviel Unglück heraufbeschworen hat, in ihrer groben und rohen Form nicht das Produkt deutscher Planung war. Es wäre daher nur gerechtfertigt, daß das Ausland uns unseren Lastenausgleich, sei es durch langfristige Kredite, sei es durch eine Anrechnung auf unseren Beitrag zur europäischen
Befriedung, sei es eventuell durch eine Förderung der Auswanderung, erleichtert; denn wir wollen uns doch ganz klar darüber sein, daß die Gutmachung von Schäden und die Eingliederung der Heimatvertriebenen in den deutschen Raum, in den deutschen Wirtschaftsprozeß ein Beitrag zur Befriedung eines neuen und eines geeinten Europa sein können und sein müssen.
Ehe ich das Wort weiter erteile, erlauben Sie mir, eine Mitteilung zu machen. Der Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten tagt um 18 Uhr in Zimmer 12.
Das Wort hat der Abgeordnete Kuhlemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als im Frühjahr 1948 im Vereinigten Wirtschaftsgebiet die ersten Anfänge gemacht wurden, das Lastenausgleichsgesetz zu bearbeiten, waren wir im Wirtschaftsrat sehr eifrig bemüht, möglichst schnelle Arbeit zu leisten. Ich denke noch daran, daß wir damals in dem Homburger Plan genaue Vorschläge machen konnten, wie von seiten der Deutschen die Währungsreform zugleich mit dem Lastenausgleich durchgeführt werden sollte. Leider sind die Pläne, die damals ausgearbeitet wurden und in ganz genauen Durchsprachen auch abgestimmt waren, auf die deutschen Verhältnisse zugeschnitten, nachher nicht so weit gediehen, daß sie angenommen wurden. Die Währungsreform wurde damals von der Besatzungsbehörde diktiert, und wir wurden hinterher beauftragt, auf der Basis der Währungsreform ein neues Lastenausgleichsgesetz auszuarbeiten und diesen Lastenausgleich möglichst schnell in die Tat umzusetzen.
Sie alle erinnern sich noch, wie wir damals gearbeitet haben und wie wir bei der Arbeit an dieser Sache schließlich zusammen mit den verschiedenen Parteien zu dem Vorschlag kamen, das Soforthilfegesetz im Wirtschaftsrat anzunehmen. Meine Partei hat damals allerdings dagegen gestimmt, und zwar aus bestimmten Gründen: weil wir annahmen, daß die Belastung des fundierten Vermögens mit 3% für die Landwirtschaft zu hoch sei. Dieses Soforthilfegesetz, das wir auf Anforderung der Militärregierung mit größter Beschleunigung ausarbeiten mußten, wurde von uns am 14. Dezember 1948 verabschiedet. Wir haben dann im Jahre 1949 lange warten müssen, bis wir endlich, in den ersten Tagen des April, hörten, das Soforthilfegesetz sei in veränderter Form von der Militärregierung genehmigt. Wir bekamen damals auch wieder Auflagen von der Militärregierung, die uns das Gesetz nochmals zurückschickte. Nachdem wir über fünf Monate gewartet hatten, wurde es schließlich am 24. Mai 1949 verabschiedet und am 18. August 1949, 14 Tage bevor der Bundestag seine Arbeit hier in Bonn aufnahm, endgültig in Kraft gesetzt. Wäre diese Zeit, die damals mehr oder weniger umsonst vertan worden ist, dazu benutzt worden, ein richtiges Lastenausgleichsgesetz zu schaffen, eine Zeit, die wir damals mit dem Soforthilfegesetz überbrückt haben, wie wir ja auch die jetzige Zeit noch mit diesem Gesetz überbrücken, dann hätte dieses endgültige Lastenausgleichsgesetz die ganzen Ideen bestimmt besser verwirklicht.
Wir haben leider sehen müssen, daß durch diese zeitliche Verschiebung alles Mögliche in dem Lastenausgleichsgesetz mit größeren Schwierig-
keiten belastet worden ist und daß der jetzige Entwurf die ganze Materie nicht so hat bearbeiten können, wie sie damals bearbeitet worden wäre, hätte der Wirtschaftsrat diese Angelegenheit noch in die Hand genommen. Wir haben seinerzeit immer wieder darauf hingewiesen, daß eine schnellere Arbeit in der Frage des Lastenausgleichs nicht die Differenzen bringen würde, die augenblicklich vielleicht erst richtig zutage treten. Ich muß leider auch betonen, daß verschiedene Parteien, auch in der jetzigen Koalition mitarbeitende Parteien, es für richtiger befunden haben, in der Frage des Lastenausgleichs langsam zu treten. Nach meiner Meinung wäre es richtiger gewesen, man hätte sich in der Sache etwas mehr Mühe gegeben und sie schneller zu einer endgültigen Erledigung geführt; dann hätten wir vielleicht auch nicht soviel Differenzen bekommen.
Nun liegt dieses Gesetz vor, und wir werden es in den nächsten Wochen und Monaten in den Ausschüssen beraten. Ich glaube nicht, daß die Sache im Auschuß einfach werden wird, daß es gelingen wird, die jetzt noch zur Diskussion stehenden Fragen schnell zu klären. Jedenfalls aber haben alle den Wunsch, an diesem Gesetz sachlich und willig mitzuarbeiten.
Wenn man sich nun mit den einzelnen Fragen des Lastenausgleichsgesetzes beschäftigt, erkennt man, daß es verschiedene Punkte enthält, die dem einen oder anderen natürlich doch nicht so ausgeglichen zu sein scheinen, daß er ihnen augenblicklich zustimmen könnte. Aber ich hoffe und wünsche, daß die Arbeit in den Ausschüssen — es werden sich bestimmt mehrere Ausschüsse mit der Sache beschäftigen müssen — doch das bringen wird, was wir alle von einem Lastenausgleich erwarten: eine Regelung dergestalt, daß die Gegensätze zwischen den Gebenden und Nehmenden wenigstens so ausgeglichen sind, daß sich nachher nicht zu große Spannungen ergeben.
Zu einzelnen Punkten des Lastenausgleichsgesetzes möchte ich nur noch folgendes sagen. Die Deutsche Partei steht auf dem Standpunkt, daß die öffentliche Hand in den Kreis der Abgabepflichtigen mit einzubeziehen ist. Ferner ist sie der Auffassung, daß das Vermögen der Kapitalgesellschaften nur auf der einen Seite, bei den Kapitalgesellschaften, direkt heranzuziehen ist, daß also nicht deren Gesellschafter noch einmal irgendwie eine Belastung erfahren, daß grundsätzlich Kriegsschäden bei der Vermögensabgabe irgendwie mit berücksichtigt und daß die Kriegsfolgeschäden in irgendeiner Art und Weise auch zu einer Erledigung kommen müssen.
Die beste Lösung der Frage, wie der § 325 der Vorlage bearbeitet werden muß, ist nach meiner Meinung darin zu finden, daß wir, indem wir in derselben Art und Weise, wie Herr Kollege Nöll von der Nahmer vorgeschlagen hat, verfahren und diesen ganzen Fragenkomplex möglichst bald mit erledigen.
Wir haben auch noch eine weitere Frage unbedingt zu erledigen. Damit komme ich zu einem Punkt, der uns ja in der ganzen Frage auch schon vor ihrer jetzigen Behandlung sehr oft bewegt und beschäftigt hat. Ich meine die Frage der Kriegsschäden. Wenn wir die Kriegsschäden unberücksichtigt lassen würden, würden wir den Wiedereinstieg derjenigen Leute, die besonders infolge der Kriegsschäden bis jetzt noch keine Gelegenheit gehabt haben, ihre Betriebe irgendwie aufzubauen, in die Wirtschaft verhindern. Wir müssen versuchen, diesen kriegsgeschädigten Betrieben durch möglichst schnelle Hergabe von Krediten irgendwie die Möglichkeit zu geben, ihre Betriebe wenigstens wieder in Gang zu setzen, denn wir werden gerade in der nächsten Zeit alle Betriebe nötig haben, um die Forderungen, die demnächst an unsere Wirtschaft herangebracht werden, zu erfüllen.
Im großen ganzen hoffe und wünsche ich nun, daß die endgültige Erledigung des Lastenausgleichs durch die Arbeit in dem Lastenausgleichsausschuß so weit vorbereitet und durchgeführt werden kann, daß wir in nächster Zeit die endgültige Verabschiedung hier in diesem Hause vornehmen können.
Das Wort hat der Abgeordnete Farke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das belastbare Restvermögen, die verbliebene Restsubstanz der Bundesrepublik hat bisher die ungeheuren Besatzungskosten, die sonstigen Kriegsfolgelasten und die gewaltige, aber ungenügende Versorgung von Millionen von Vertriebenen tragen müssen. Diese Lasten erfahren in der Zukunft keine Verminderung, sondern eine beträchtliche Erhöhung. Für diese Leistungen gibt es kein Beispiel in unserer Geschichte, ich glaube aber auch, sagen zu dürfen, kein Beispiel in der Geschichte irgendeines anderen Volkes auf dem Erdball. Dazu kommt nun der Lastenausgleich, der den Rechtsanspruch der Kriegsgeschädigten befriedigen soll. Die Lösung des Lastenausgleichsproblems kann aber nur — und daran kann kein vernünftiger Mensch vorbeigehen — in Bezugnahme auf die vorhandene Belastung der Substanz gefunden werden. Die Abgabe für den Lastenausgleich darf unter keinen Umständen zu einer Zersplitterung dieser Substanz führen, da eine zersplitterte Substanz nicht mehr in der Lage wäre, die Mittel für die laufenden Forderungen aufzubringen.
Der uns vorliegende Gesetzentwurf geht von dieser Erkenntnis aus, und darum bejahen wir ihn im Prinzip.
Wir müssen aber darauf aufmerksam machen, daß wir noch Gefahren für die Abgabenseite sehen, die wir bei den Verhandlungen im Ausschuß beachtet wissen möchten. Da ist einmal das Problem der Verzinsung. Die fünfzigprozentige Abgabe soll die ganze Laufzeit von 30 Jahren hindurch zu 4 %, 3 % bzw. 2 % verzinst werden, und zwar soll diese Verzinsung immer von der gesamten Summe gezahlt werden, so daß im letzten Jahre von einer kleinen Restsumme praktisch 100 % Zinsen erhoben werden. Wir erachten es für notwendig, daß die Verzinsung in Abständen zu der noch vorhandenen Abgabesumme in Beziehung gesetzt wird.
Es ist auch wohl nicht angängig, daß man landwirtschaftlichen Besitz, der schon durch die Bodenreform in Anspruch genommen ist, zu der Abgabe heranzieht wie den übrigen Besitz, zumal feststeht, daß der bisher abgegebene Besitz zu nur etwa 40 % des Einheitswertes vergütet wurde.
Beim Hausbesitz muß vor allen Dingen darauf Rücksicht genommen werden, daß es ein Unterschied ist, ob ich ein Haus in einer größeren Stadt oder Großstadt oder in einem kleinen Orte auf dem Lande habe. Ich muß also die Abgabe zu den Erträgnissen in Beziehung setzen. Das ist in dem Entwurf bisher nicht geschehen.
Das Wesentliche ist aber, daß der öffentliche Besitz herangezogen wird. Die Ausnahmen, die man gemacht hat, gehen uns doch ein wenig zu weit. Es ist von unserem Standpunkt aus einfach nicht zu verantworten, den landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Besitz in der öffentlichen Hand — das sind 78 % der Forsten! — ganz auszulassen. Wir wünschen also, daß die Ausnahmeliste noch wesentlich eingeschränkt wird.
Dann ist es uns ein besonderes Anliegen, daß wir die Stiefkinder, die wir in der Bundesrepublik haben, sorgsam behandelt wissen wollen. Das sind die Flüchtlingsländer mit ihrer Überzahl von Menschen. Hier haben diejenigen, die fünf Jahre hindurch die Leistungen aufbrachten, Ungeheures tun müssen, mehr als die in anderen Ländern, wo die Verhältnisse besser liegen; sie haben an Grund-, Gemeinde-, Kreissteuern Summen aufbringen müssen, die mit den Summen in den glücklicheren Ländern gar nicht in Vergleich zu setzen sind; sie werden es weiter tun müssen; denn Sie wissen genau, daß die Umsiedlung für diese Länder keine große Erleichterung bringen wird. Da ist es wohl recht, wenn wir verlangen, daß für die Betreffenden, die ja nun nicht das Doppelte leisten können, hier in irgendeiner Form ein prozentualer Abschlag kommen muß.
Nun, meine Damen und Herren, komme ich zu der Ausgleichsseite. Es ist für uns selbstverständlich, daß für die Ausgleichsseite der quotale Lastenausgleich in Frage kommt. Wir wünschen die individuelle Behandlung.
Ich muß sagen, daß mir die individuelle Behandlung im Gesetzentwurf noch nicht weit genug geht. Das betrifft vor allen Dingen den größten Teil der Vertriebenen. Es ist doch so, daß etwa 40 % von den Verdrängten, aber auch von den Bombengeschädigten, Menschen sind, die Vermögen im eigentlichen Sinne hatten, daß aber 60 % Vermögen in diesem Sinne überhaupt nicht hatten; sie hatten nur Hausrat, allerdings darin oft ein großes Vermögen angelegt. Meine Damen und Herren, ich habe mit meinem Kollegen, Herrn Nöll von der Nahmer, in dem Feststellungsausschuß darum gekämpft, daß diese Menschen unter keinen Umständen so gesehen werden, als hätten sie kein Eigentum gehabt.
Aus europäischer Auffassung heraus darf es keinen Menschen geben, der kein Eigentum hat, und in Wirklichkeit haben wir auch keine Menschen gehabt, die nichts hatten. Der Hausrat stellte Eigentum dar und muß auch so behandelt werden.
Es wird nun gesagt — auch der Herr Finanzminister ist der Meinung —, daß dann für den Existenzaufbau zuwenig Geld bliebe. Ich bin gegenteiliger Meinung. Denn wenn ich den Hausrat als Vermögen sehe, dann bekommen die 60%, die ja auch eine Existenz aufbauen sollen, ebenfalls Mittel dazu, wenn es auch bescheidene Mittel sind, und nicht nur die 40 %.
Ich weiß aus Erfahrung, daß es sehr viele Vertriebene gibt, denen man kreditmäßig bisher nicht helfen konnte. Aber wenn man ihnen jetzt auf Grund eines wirklichen früheren Vermögens an Hausrat einen Anspruch gibt, sind sie in der Lage, sich eine Existenz aufzubauen. Ich glaube, dadurch wird die Möglichkeit, produktionsmäßig wieder etwas aufzubauen, etwas zu schaffen, den Menschen eine Existenz zu geben — das ist doch das Prinzip,
das für den Lastenausgleich maßgebend sein muß —, wesentlich erweitert.
Meine Damen und Herren, wir können uns auch nicht damit abfinden, daß man als Höchstgrenze der Anerkennung von Vermögen 150 000 DM gesetzt hat und dann zu der Höchstentschädigung von 15 000 DM im Grundbetrag kommt. Wie soll ein ausgebombter Betrieb mit 15 000 DM hier wieder aufbauen? Es wären dafür vielleicht ein paar 100 000 DM nötig, um Hunderte von Menschen in Arbeit und Brot zu bringen. Das gilt nicht nur für den Ausgebombten, für den Einheimischen hier, das gilt auch für einen großen Teil der Vertriebenen. Es muß unter allen Umständen dafür gesorgt werden, daß hier Ausnahmen möglich sind, damit neue Produktions- und dadurch neue Arbeitsstätten geschaffen werden können; dazu ist den Geschädigten im Interesse der anderen Geschädigten, die dann wieder einen Arbeitsplatz finden, aus dem Lastenausgleich eine Möglichkeit zu geben.
Es ist selbstverständlich — mein Kollege Kuhlemann hat es eben schon gesagt —, daß das Altsparer-Problem nicht in der Weise abgetan wird, wie es in dem § 325 geschieht. Darüber werden wir uns noch ausführlich unterhalten müssen.
Zum Schluß, meine Damen und Herren: Der Bundesrat hat Stellung genommen und sehr viele Einwendungen gemacht. Wenn er aus Länderinteressen Einwendungen macht, so ist er dazu berechtigt. Wenn er beispielsweise damit nicht einverstanden ist, daß die Vermögensteuer den Ländern zum Teil genommen wird oder daß die öffentliche Hand, der öffentliche Besitz der Länder in Mitleidenschaft gezogen wird, so ist dagegen nichts einzuwenden, darüber kann man sprechen. Wenn aber der Bundesrat dazu übergeht, sich zum Parlament zu machen und politische Grundsatzfragen zu erwägen, dann geht das zu weit, dann stimmt das mit dem Grundgesetz nicht mehr überein.
Das muß ihm einmal gesagt werden. Für grundsätzliche politische Fragen ist der Bundestag zuständig und niemals der Bundesrat.
Wir denken nicht daran, die Einsprüche, die der Bundesrat in dieser Hinsicht gemacht hat, in irgendeiner Weise zu billigen und zu unterstützen, nein, wir lehnen sie in aller Schärfe ab.
Herr Abgeordneter Farke, wir werden uns bemühen, Ihre Lautstärke im Protokoll sichtbar werden zu lassen, damit die nicht anwesenden Mitglieder des Bundesrates es auch erfahren.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Atzenroth.
Die grundsätzliche Stellungnahme meiner Partei zu diesem Gesetz hat mein Kollege Nöll von der Nahmer hier schon dargelegt. Ich stimme seinen Ausführungen mit gewissen Einschränkungen zu, z. B. bei der Hausratshilfe. Ich möchte mich aber in Anbetracht der kurzen Redezeit, die mir nur zur Verfügung steht, auf einige Ausführungen zu der Aufbringungsseite des Gesetzes beschränken.
Herr Kollege Kriedemann hat hier ausgeführt, daß der größte Teil der Abgabeverpflichteten das Bestreben habe, sich seinen Verpflichtungen nach
Möglichkeit zu entziehen. Ich glaube, da unterliegt er doch einem Irrtum oder mindestens einer großen Übertreibung; denn es kann sich hierbei doch nur um einen kleinen Kreis handeln. Ich habe jedenfalls eine große Aufgeschlossenheit dafür gefunden, daß man seine Verpflichtungen gegenüber denen, die alles verloren haben, voll und ganz erfüllen will. Ich darf auch darauf hinweisen, daß es zu einem großen Teile schon zu einem privaten Lastenausgleich — nicht Vollausgleich, sondern Teilausgleich in mehr oder weniger großem Umfange — gekommen ist. Das müssen wir hier doch klar und deutlich herausstellen. Wir können nicht nur das Negative, was meiner Ansicht nach nur am Rande liegt, hier von der Tribüne herunter verkünden.
Meine Partei hat von Anfang an der Forderung zugestimmt, daß das erhaltene Vermögen bis an die Grenze des Belastbaren auch belastet werden muß, um einen einigermaßen gerechten Lastenausgleich zu ermöglichen. Wo die Grenze ist, das ist natürlich eine sehr schwierige Feststellung und vielleicht auch eine etwas individuelle Feststellung. Aber zweifellos liegt sie da, wo die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft ernstlich gefährdet wird. Wenn wir uns vor einem Jahre etwa durch verschiedene Errechnungen davon überzeugt haben, daß diese Grenze bei etwa 1,5 Milliarden DM liegt — man ist damals von zwei verschiedenen Errechnungsseiten dazu gekommen —, so können wir doch heute bei der uns bevorstehenden zusätzlichen steuerlichen Belastung nicht mit höheren Zahlen, jedenfalls nicht mit wesentlich höheren Zahlen rechnen. Wir unterstellen also ohne weiteres, daß diese Zahl von 1,5, 1,6 Milliarden DM tatsächlich die Grenze der augenblicklichen Belastbarkeit darstellt.
Die Hauptabgabe, die von den gewerblichen Vermögen in Höhe von 6 % des halben Einheitswertes erhoben werden soll, wird im allgemeinen tragbar sein. Aber auch diese gewerbliche Wirtschaft ist keine absolute Einheit. Wenn man schon die Vermögensträger in verschiedene Gruppen einreiht, so kann man sie auch schon bei der gewerblichen Wirtschaft nicht in einen Topf werfen. Es gibt Gewerbezweige, die in ihrer Struktur, teilweise auch durch Eingriffe des Staates, in ihrer Ertragfähigkeit so geschmälert sind, daß sie vielleicht eher den anderen Gruppen zuzurechnen sind als der ersten Gruppe, der gewerblichen Wirtschaft.
Herr Kollege Horlacher hat hier schon die Frage aufgeworfen, ob nicht die Umschlagshäufigkeit, die in einem Gewerbe üblich ist, auch ein Merkmal für die Belastung darstellen soll. Jedenfalls muß diese Frage im Ausschuß eingehend überprüft werden.
Ernstere Bedenken bestehen aber bei der Abgabe des Hausbesitzes. Der Hausbesitz wird schon mit einer geringeren Abgabe belegt. Aber er steht ja auch in einer ganz anderen Lage. In dem Augenblick, wo man die Ertragfähigkeit des Hausbesitzes zumindest wieder in einem gewissen Umfange herstellt, dürfte an der Berechtigung der Abgabe kein Zweifel bestehen. Solange diese Voraussetzung aber fehlt, werden wir an diesem Punkte noch große Schwierigkeiten erleben.
Die Schwierigkeiten, die sich bei der Landwirtschaft ergeben haben, sind hier von verschiedenen Vorrednern schon dargelegt worden. Auch von den Kollegen meiner Fraktion, die der Landwirtschaft nahestehen, ist darauf hingewiesen worden, daß sich die Verhältnisse seit dem Herbst, als man diese 2 % noch als tragbar bezeichnet hat, wesentlich geändert, und zwar verschlechtert haben.
Wir begrüßen es und halten es für eine logische Folgerung, daß man den Zinsanteil als abzugsfähig und als Kostenanteil bezeichnet. Wir sind auch damit einverstanden, daß man diesen Anteil in einer für die ganze Zeit durchgehenden, gleichmäßigen Höhe festlegt. Aber es erheben sich doch Bedenken dagegen, ob der Zinsanteil bei diesen drei abgabepflichtigen Gruppen auch der gleiche sein muß; denn der Unterschied zwischen der Erhebung von 6, 5 und 4 % liegt ja doch eben in dem Zins, und es wäre eine Ungerechtigkeit, den Zins in verschiedener Höhe zu erheben, aber in der gleichen, vielleicht niedrigsten oder höchsten Höhe gleichmäßig anzurechnen. Auch das ist eine Frage, die im Ausschuß ernsthaft besprochen werden muß.
Vielleicht die schwierigste Frage auf der Aufbringungsseite ist die Anrechnung der Kriegsschäden. Ich glaube, es kann dem normalen Menschenverstand nicht eingehen, wenn man das Gesetz damit begründet, daß derjenige, dessen Vermögen — so steht es in der Begründung des Gesetzentwurfs — ganz oder zum größten Teil erhalten geblieben ist. abgabepflichtig gegenüber demjenigen sein soll, der sein Vermögen verloren hat, und wenn man dann gleichzeitig demjenigen, der 80% seines Vermögens verloren hat. noch zumutet, von den verbliebenen 20% die Hälfte abzugeben.
Die im Regierungsentwurf getroffene Regelung ist schon deshalb unbefriedigend, weil sie die Saldierbarkeit bei einer verhältnismäßig niedrigen Grenze beendet. Meine Damen und Herren, das ist keine Fürsprache für den eigentlichen Besitzer persönlichen Vermögens. Das persönliche Vermögen tritt in vielen Fällen la vollkommen zurück. Ich werde dem Ausschuß Beispiele dafür vorlegen, daß die Verweigerung einer Saldierung bei großen Vermögensverlusten, bei denen die 150 000-MarkGrenze nicht mehr in Frage kommt, zu großen Schwierigkeiten für anerkannte alte Betriebe führen wird, Betreben, die vielleicht Hunderte von Flüchtlingsfamilien wieder in Beschäftigung genommen haben, so daß man dort eine ernste Gefahr heraufbeschwören würde, wenn wir hier nicht zu einer vernünftigen Regelung kommen können.
Meine beiden Vorredner haben sich dafür eingesetzt, daß die öffentliche Hand in dem gleichen Maße zu dem Lastenausgleich herangezogen wird wie das private Vermögen. Auch wir sind dieser Ansicht. Man könnte bei den Versorgungsunternehmungen Milderungen vorsehen; darüber ist vielleicht besonders zu sprechen. Aber ein großer Teil des Vermögens der öffentlichen Hand, das nach dem Regierungsentwurf noch nicht herangezogen werden soll, muß hier mit erfaßt werden. Warum soll — ich glaube, Herr Farke war es, der das gesagt hat — das Forstvermögen der öffentlichen Hand anders behandelt werden als das Forstvermögen des Privatbesitzers?
Dafür liegt keine Veranlassung vor.
Warum soll der Wohnungsbau der Bundesbahn oder der Post anders behandelt werden als der Werkswohnungsbau des daneben liegenden Privatunternehmers? Dafür liegt keine Berechtigung vor. Gerade die Argumente, die Herr Kriedemann
hier vorgetragen hat, der ja die Schuld des Staates an diesem Zusammenbruch so stark in den Vordergrund gestellt hat, — -
- Als der Finanzminister Hilfe von auswärtigen Kreisen erbat, haben Sie gesagt: Wir wollen doch mit aller Schärfe darauf hinweisen, daß in erster Linie
der vergangene Staat die Schuld trägt, und dieser Staat muß natürlich — die öffentliche Hand ist sein Rechtsnachfolger — mindestens zu den gleichen Teilen zu den Lasten beitragen, die uns hier auferlegt werden und auferlegt werden müssen.
Ich möchte noch auf eines hinweisen. Der Herr Finanzminister fürchtet, daß er einen erheblichen Ausfall an dem Aufkommen zu verzeichnen haben würde, falls er einen größeren Anteil der Anrechnung von Kriegsschäden zuließe. Ich glaube, diese Befürchtung ist, wenn nicht unbegründet, so zumindest übertrieben. Denn die Stundungen, die bei der Soforthilfe gewährt worden sind, betreffen im wesentlichen diese Fälle, bei denen sich auch die schärfsten Finanzämter davon überzeugen lassen mußten, daß hier eine Beitreibung gar nicht möglich ist, vor allem wenn der Kriegsschaden eine Höhe von 80 oder 90% des verbliebenen Vermögens angenommen hat.
Der zweite Teil bei der Abgebeseite ist die Erfassung der Währungsgewinne. Meine Partei stimmt voll und ganz mit dem Gedanken überein, daß wir die Währungsgewinne vollständig erfassen müssen. Wir erstreben nur dort Milderungen, wo diese Währungsgewinne keine echten Gewinne sind. Wenn wir die Hypothekengewinne erfassen, so müssen wir sie auch saldieren lassen mit den Verlusten etwa aus Pfandbriefen, die besonders zur Tilgung dieser Hypotheken angeschafft und bereitgestellt worden sind, weil eine Tilgung der Hypotheken vorher nicht möglich war. Es wäre ungerecht, wenn man auf der einen Seite den Währungsgewinn abschöpfen und Währungsverluste dagegen dem Gläubiger überlassen wollte.
Den schwerwiegendsten Grund zur Beanstandung bildet aber die sogenannte Kreditgewinnabgabe. Sie verletzt in erster Linie den Grundsatz der steuerlichen Gerechtigkeit; denn nur ein Teil der Steuerschuldner, die Kreditgewinne gemacht haben, soll durch dieses Gesetz zur Abgabe herangezogen werden. Der große Teil der Nicht-Buchführungspflichtigen wird dabei nicht erfaßt. Dieser Teil hat also die Möglichkeit, auf diese Weise seine Kriegsschäden voll und ganz zu saldieren. Man müßte daher demjenigen, der seine Währungsgewinne abzugeben hat, zumindest eine Teilsaldierungsmöglichkeit gegenüber den Kriegsschäden zugestehen.
Meine Damen und Herren, ich habe eine Reihe von Punkten vorgetragen, zu denen wir in den Beratungen des Lastenausgleichs-Ausschusses bezüglich der Abgabeseite Stellung nehmen werden. Das ändert nichts daran, daß wir auf dieser Seite grundsätzlich voll und ganz hinter dem Regierungsentwurf stehen und bereit sind — wie ich nochmals betonen will —, bei der Gestaltung der Abgabepflicht bis an die Grenze des Möglichen zu gehen, aber auch nur so hoch, daß unsere Wirtschaft dadurch nicht geschädigt wird. In diesem Sinne werden wir sachlich und ehrlich in dem Ausschuß mitarbeiten.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Frommhold.
Meine Damen und Herren! Einer meiner Herren Vorredner hat vorhin bereits erwähnt, daß der Begriff Lastenausgleich zum ersten Male bei der Schaffung des Währungsreformgesetzes der Alliierten geprägt wurde und daß seit dieser Zeit viele Versuche unternommen worden sind, um einen brauchbaren Lastenausgleichsgesetzentwurf zu schaffen. Inzwischen sind wohl an die zehn Entwürfe von den verschiedensten Seiten verfaßt worden. Dazwischen liegen die Unkeler Beschlüsse. Man hat hin und her verhandelt, und nun liegt uns endlich der Lastenausgleichsgesetzentwurf vor, der jetzt von diesem Hohen Hause beraten wird.
Meine Damen und Herren! Es ist doch immerhin verwunderlich, daß ein Gesetzentwurf so lange Zeit braucht, der eine Frage behandelt, die. neben eine andere gestellt, Kardinal- und Angelpunkte des deutschen Lebens überhaupt betrifft. Für uns ist es nicht gerade erstaunlich, aber immerhin doch verwunderlich gewesen, daß, setzte man den nötigen Druck dahinter, ein Gesetz von der Regierung innerhalb weniger Tage verabschiedet werden konnte, wie es mit dem Mitbestimmungsgesetz der Fall gewesen ist. Ich will hier nicht auffordern, daß sich meine Schicksalsgefährten und alle die. die Ansprüche an den Lastenausgleich haben, ähnlicher Druckmittel bedienen mögen. Aber. meine Damen und Herren, ich befürchte, daß. sollte das Lastenausgleichsgesetz nicht in etwa den berechtigten Erwartungen entsprechen. sich ein gewisser Druck von selbst ergeben wird.
Es liegt mir nun fern, hier in weitschweifige Betrachtungen des Lastenausgleichsgesetzes einzutreten. Wir sind in der glücklichen Lage, nicht über die genügende Redezeit zu verfügen und, wie es bei anderen Parteien der Fall gewesen ist, drei Vertreter auf das Podium zu schicken, die mehr oder weniger abweichende Meinungen, die innerhalb der gleichen Partei zu herrschen scheinen, hier zum Vortrag brachten.
— Aber sicher!
Nun, meine Damen und Herren, möchte ich eins erklären: Ich bedauere es persönlich außerordentlich, daß man Herrn Abgeordneten Kather nicht die Möglichkeit gegeben hat, die Anschauungen des großen Kreises der Heimatvertriebenen, die im ZvD zusammengeschlossen sind, hier zu vertreten.
Man möge doch hierbei nicht übersehen, daß es sich um eine Zahl handelt, die ungefähr bei 6 bis 8 Millionen liegt.
Sehen Sie, meine Damen und Herren, das ist nach meinem Dafürhalten auch der Fehler, der wiederum bei der Ausarbeitung des uns vorliegenden Gesetzentwurfes gemacht worden ist, daß man die Betroffenen in ihren Ansprüchen zuwenig gehört und berücksichtigt hat.
Doch nun zu einigen Einzelheiten! Der Herr Bundesfinanzminister erwähnte eingangs, daß eine Dauerrente das Gefühl der Erniedrigung für die, die sie entgegennehmen sollen, hervorrufen könnte. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß das Gefühl, das
man beim Empfang einer Rente hat, sehr von der Höhe dieser Rente abhängt. Ich kann mir wohl denken, daß sich jemand wirklich erniedrigt fühlt, dem man eine wenn auch Zusatzrente von 10 Mark monatlich anbietet. Ich möchte vielmehr in diesem Zusammenhang von Pensionen sprechen, die gezahlt werden müßten; denn es ist hier in diesem Hohen Hause bereits anerkannt worden, daß von seiten der Anspruchsberechtigten ein Rechtsanspruch besteht.
Unsere Auffassung zu der Gestaltung des Lastenausgleichs darf ich Ihnen ganz kurz hier darlegen. Wir sind der Meinung, daß man allen Alten und Arbeitsunfähigen eine anständige lebenslängliche Pension bezahlen müßte, die sie in die Lage versetzt, wirklich sorgenlos ihre letzten Tage zu verleben. Darüber hinaus sollte das Hauptaugenmerk darauf gerichtet werden, daß man Arbeitsplätze für alle diejenigen schafft, die auf Grund fehlender beruflicher Vorbildung nicht in der Lage sind, sich selbständig zu machen. Fernerhin sollte man allen, die selbständig gewesen sind, die Möglichkeit geben, auch in der neuen Heimat wieder selbständig zu arbeiten. Darüber hinaus — das soll vor allem nicht vergessen werden — muß eine weitgehende Unterstützung gewährt werden, damit vor allem die ostvertriebene Jugend in die Lage versetzt wird, sich beruflich so vorzubilden, daß sie in ihrem späteren Leben auch in der Lage ist, ihren Mann zu stehen und sich eine geachtete und anständige Stellung zu erwerben.
Dies ist also zunächst ein sozialer Lastenausgleich, und, meine Damen und Herren, ich bin nicht der Meinung, daß man auf 30 Jahre mit einer jährlichen Quote von 1,5 Milliarden rechnen sollte. Denn die angekündigte Steuernovelle zeigt, daß es durchaus möglich ist, weitere 2,7 Milliarden zusätzlich im Jahre an Steuern einzubringen, und ich bin bei der Tüchtigkeit unseres Herrn Finanzministers restlos davon überzeugt, daß, wenn er sich weiter anstrengt, es ihm möglich sein wird, noch mehr Gelder herauszuwirtschaften.
Nun, meine Damen und Herren, ist doch die Sache so: ein Zeitraum von 30 Jahren ist bei der Wandelbarkeit der wirtschaftlichen Struktur, wie wir sie vor allem in den letzten Jahren erlebt haben, recht hoch gegriffen. Ich bin vielmehr der Meinung, daß man diesen Zeitraum herabsetzen und dafür die Möglichkeit schaffen sollte, die Abgabe denen zu stunden, die wirklich erwiesenermaßen nicht in der Lage sind, ein höheres jährliches Aufkommen zu erzielen.
Vorhin, meine Damen und Herren, wurde ausgeführt, man solle zu den Beratungen des Lastenausgleichsausschusses auch den Landwirtschafts- und den Wirtschaftsausschuß des Bundestages hinzuziehen. Ich bin mit diesem Vorschlage durchaus einverstanden, und er ist berechtigt in dem Augenblick, wo man mit ganz anderen Ideen an den Lastenausgleich herangeht. Denn man müßte sich dann zunächst einmal darüber klar werden, welche Mittel erforderlich sind, um einen gerechten Lastenausgleich herbeiführen zu können. Nach dieser Feststellung muß die Aufbringerseite so herangezogen werden, daß die Entschädigung dann auch wirklich möglich und durchführbar ist.
Meine Damen und Herren! Einer meiner Vorredner von der Deutschen Partei sagte, es sei seiner Auffassung nach notwendig, sich über einige Punkte des Lastenausgleichsgesetzentwurfs noch näher und ausgiebiger zu unterhalten. Wir vertreten die Ansicht, daß die Gesamtkonzeption dieses Lastenausgleichgesetzentwurfs eine völlige Neugestaltung und Überarbeitung erforderlich macht, damit tatsächlich die so oft von allen Kreisen betonte und geforderte wirkliche Umschichtung des Volksvermögens erfolgversprechend durchgeführt werden kann.
Zum Abschluß möchte ich wiederholen, was ich bereits einmal die Ehre hatte, von dieser Stelle aus zu sagen: Der Wirtschaftsrat hat die Erwartungen der Ostvertriebenen und aller Kriegsgeschädigten überhaupt enttäuscht.
Sie haben sich mit dieser Enttäuschung abgefunden. Das ganze Vertrauen dieser Kreise liegt nun bei der Arbeit des Deutschen Bundestages, und, meine Damen und Herren, ich kann es nicht eindringlich genug wiederholen und Sie darum bitten, dazu beizutragen: Hüten wir uns davor, das in uns, in den Bundestag, gesetzte Vertrauen erneut zu enttäuschen!
Meine Damen und Herren! Ich mache darauf aufmerksam, daß bisher noch Wortmeldungen für Redner vorliegen, die zusammen &ne vorgesehene Redezeit von 2 Stunden und 15 Minuten haben. Ich darf an alle Redner appellieren. daß sie zwar nicht durch das Tempo ihrer Ausführungen, aber durch die Konzentration es uns nach Möglichkeit erleichtern, diese Redezeit abzukürzen.
Zunächst der Abgeordnete Kohl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als im April vergangenen Jahres anläßlich der Beratung einer Änderung des Soforthilfegesetzes von mir die Behauptung aufgestellt worden war, daß der Lastenausgleich erst im Jahre 1951, vielleicht Mitte 1951, zur Verabschiedung kommen werde, wurde mir von seiten der CDU — damals des Herrn Kollegen Kunze — auf das energischste widersprochen. Wir haben heute die Tatsache zu verzeichnen, daß der endgültige Lastenausgleich dem Bundestag Ende Januar 1951 zur Beratung vorliegt, und wenn ein günstiger Zeitpunkt angenommen werden soll, so wird Mitte des Jahres 1951 vielleicht mit dessen Abschluß zu rechnen sein.
Die Vertreter der Regierungsparteien haben in einer Unmenge von Erklärungen den Anspruchsberechtigten wiederholt versichert, daß sie alles tun werden, um einen gerechten Lastenausgleich im Bundestag zu verabschieden. Der nun vorliegende Gesetzentwurf, das sogenannte Lastenausgleichgesetz, kann nach unserer Meinung keinen Anspruch darauf erheben, als gerechter Lastenausgleich beurteilt zu werden. Vielmehr sollte er den Namen führen „verwässerter Lastenausgleich".
Mit dieser Meinung stehe ich nicht allein. Dieses Gesetz ist nicht darauf abgestellt, die furchtbare Notlage der Masse der Geschädigten zu lindern und ihnen die Möglichkeit zu geben, die benötigten Bekleidungsstücke und Wohnungseinrichtungen zu beschaffen. Das Gesetz hat gemäß dem grundsätzlichen Charakter der Adenauer- und Erhardschen Wirtschafts- und Finanzpolitik die Tendenz, einem bevorzugten kleinen Kreis die Bildung von neuem Kapital und die Schaffung neuer Produktionsmittel zu ermöglichen.
Das hervorstechendste Merkmal dieses Gesetzentwurfes ist die weitestgehende Schonung des Be-
sitzes auf Kosten derjenigen, die mit Recht hofften, daß mit dem Lastenausgleichsgesetz wenigstens ein Teil ihrer berechtigten Forderungen erfüllt werden würde. Die Aktienbesitzer bleiben — das hat der Bundesfinanzminister in seiner Begründung bestätigt — nach diesem Gesetzentwurf verschont, und die Hauptentschädigung verschleppt man bis zum Jahre 1956. Die wesentlichsten Voraussetzungen, die gerade von seiten der Umsiedler an einen echten Lastenausgleich geknüpft worden sind, wurden nicht erfüllt. Der Entwurf — so wie er uns vorliegt — verzichtet auf einen Vermögensausgleich und damit zwangsläufig auf eine verbindende Vermögenszuwachsabgabe. Er legt — ich betone das trotz der Erklärung des Herrn Kollegen Horlacher von vorhin — die alten Einheitswerte vor der Zeit der Währungsreform zugrunde, während die jetzt gültigen Verkehrswerte bei ihrer Belastung eine viel höhere Summe ergeben würden, als sie in dem Gesetz vorgesehen ist.
— Sie auch nicht! — Besonders katastrophal ist es, wie die Frage der Hausratshilfe in diesem Gesetz erledigt worden ist.
Die kommunistische Bundestagsfraktion hat in allen ihren Stellungnahmen zur Frage des endgültigen Lastenausgleichs, und zwar bereits vor der Währungsreform, nie einen Zweifel darüber gelassen, daß es aus Gründen der Gerechtigkeit zweckmäßig gewesen wäre, das Gesetz über den endgültigen Lastenausgleich mit der Geldreform zu koppeln, weil damit in der Durchführung wenigstens eine gewisse Gerechtigkeit hätte Platz greifen können. Die Schuld dafür, daß das nicht so geworden ist, allein auf die für die Währungsreform Verantwortlichen abzuwälzen. erscheint uns angesichts der Haltung des Besitzbürgertums gerade in dieser Frage nur insofern verständlich, als man damit ungestört eine scheinheilige Verzögerungspolitik betreiben konnte. Die Entwicklung seit der Währungsreform hat mit aller Deutlichkeit unter Beweis gestellt, daß gerade das Besitzbürgertum mit nicht zu leugnender ökonomischer Stärke aus der Geldreform hervorgegangen ist und daß ihm die Möglichkeit gegeben wurde. mit den ihm verbliebenen Mitteln auf legalem Weg den Lastenausgleich zu sabotieren.
Der von der Regierung vorgelegte Lastenausgleichsgesetzentwurf hat mit einem echten Vermögensausgleich aber auch nicht das mindeste zu tun. Die vorgesehene 50%ige Vermögensabgabe in jährlichen Ratenzahlungen, die sich auf 30 Jahre erstrecken, ist im Sinne der Erzbergerschen Reichsabgabenordnung, die heute noch in Kraft ist, weiter nichts als eine Steuer. Einen besonderen Nachteil für die zu entschädigenden Personen sehen wir darin, daß die Zahlungen an die Geschädigten in Geldwerten bemessen sind, deren Kaufkraft in Anbetracht der gegenwärtigen Rüstungskonjunktur und der zwangsläufig damit verbundenen Preissteigerungen von Tag zu Tag abnimmt. Parallel dazu steigt der Wert des Besitztums der Abgabepflichtigen, deren Abgaben nach dem Entwurf, besonders bei der Vermögensabgabe, weiteren Senkungen unterworfen sind. Es dürfte niemand bestreiten können, daß die Sachwerte — z. B. der Besitz von Produktionsmitteln — im Geldwert steigen, aber nicht sinken.
Die Anspruchsberechtigten werden, wenn dieser Gesetzentwurf Wirklichkeit wird, im doppelten Sinne betrogen, je länger sich die Zeitspanne für die Vermögensabgabe erstreckt. Die „Welt am
Sonntag" vom 17. September 1950 veröffentlicht die Zuschrift eines Anspruchsberechtigten, und was dort geschrieben steht, ist charakteristisch für die Situation:
Bei Verlust von Wohnungseinrichtungen sieht der Lastenausgleichsentwurf nur eine Entschädigung bis 400 DM vor. Ein Heilmittel für den Erfinder dieses höchst menschenfreundlichen Ausgleichs und eventuell Gleichgesinnte dürfte der völlige Entzug ihrer Wohnungseinrichtungen gegen eine Vergütung von 400 DM sein.
Ich glaube, man braucht die Auffassung, die in der „Welt am Sonntag" zum Ausdruck gekommen ist, wirklich nicht zu kommentieren. Sie spricht für sich und kennzeichnet den sozialen Inhalt dieses Lastenausgleichsgesetzentwurfes.
Am Tage der Währungsreform wurde der westdeutschen Bevölkerung erklärt, daß die deutschen gesetzgebenden Organe bis zum 31. Dezember 1948 ein Lastenausgleichsgesetz verabschieden würden. Nach 15 Monaten, am 8. August 1949, acht Tage vor der Bundestagswahl, wurde das sogenannte Soforthilfegesetz bekanntgegeben, das allerdings erst im November 1949 in Kraft gesetzt wurde. Am 2. Januar 1951, als aus den versprochenen sechs Monaten mehr als zweieinhalb Jahre geworden waren, legte die Bundesregierung dem Bundesrat ein Gesetz vor, das man eigentlich auf den Nenner bringen könnte: „Laßt den Ausgleich!" Neben 144 Seiten Begründung und einer 25seitigen Wiedergabe der Stellungnahme des Bundesrates hat dieses Gesetz nicht weniger als 328 Paragraphen. Sie werden mir zugeben müssen, daß sich ein normal gebildeter Staatsbürger unmöglich durch den Irrweg bürokratischer Formulierungen durchfinden kann, Formulierungen, die eindeutig den Zweck verfolgen, den Anspruchsberechtigten die Sicherung ihrer Rechte so schwer wie möglich zu gestalten. Die andere Seite, die durch den Lastenausgleich belastet werden soll — wenn auch in bescheidenem Maße —, hat bei diesem Wust von Paragraphen die Möglichkeit, eben die für sie günstigsten in Anspruch zu nehmen. Die benötigten Rechtsanwälte stehen ihnen auf Grund ihrer finanziellen Stärke jederzeit zur Verfügung, nicht aber den Anspruchsberechtigten. Hinter diesem Paragraphengestrüpp verbirgt sich die Absicht einer Schonung des Großgrundbesitzes sowie der Kriegs- und Währungsgewinnler.
Wir haben nie einen Zweifel daran gelassen, daß wir als eine der entscheidendsten Forderungen an den Lastenausgleich einen Eingriff in die Substanz verlangen, vor allen Dingen in die der großen Vermögen, und nicht eine auf 30 Jahre verteilte Vermögensteuer von 2 bis 3 %.
Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf erhalten die Banken, Großkapitalisten, Großgrundbesitzer und Aktiengesellschaften noch besondere Vergünstigungen. Bei den geplanten Abgabeleistungen für den Lastenausgleich wird die bisher geleistete Vermögensteuer von 0,75 % und Körperschaftsteuer von 1,3 %, also 0,5 % nicht mehr erhoben. Die Steuerpflichtigen dieser Kategorie zahlen also nach dem vorliegenden Gesetz nicht mehr 3 %, sondern praktisch nur noch 1 1/2 % für den Lastenausgleich. Bei den Aktionären und bei den Mitgliedern von Gesellschaften mit beschränkter Haftung werden ebenfalls starke Vergünstigungen gewährt. Wenn sie bisher eine gesondert zu leistende Vermögensteuer entrichten mußten, wird sie ihnen nun für ihre Leistungen zu dem Lastenausgleich erlassen,
so daß für diese Kreise das Gesetz über den Lastenausgleich ein gutes Geschäft werden wird.
War schon das Soforthilfegesetz eine Enttäuschung für die Anspruchsberechtigten, so ist diese Gesetzesvorlage unbestreitbar eine der größten Ungerechtigkeiten, die allerdings nicht in Einklang zu bringen ist mit den Worten des Herrn Dr. Adenauer anläßlich seiner Regierungserklärung, als er zu der Frage des Lastenausgleichs erklärte, daß derselbe sinnvoll in eine kommende Steuer- und Finanzreform eingegliedert werden soll. Diese sinnvolle Eingliederung haben wir nun hier vor uns liegen. Die Hauptlast dieses Lastenausgleichs hat der kleine Hausbesitz, die kleine Familienlandwirtschaft, die durch Zufall und Glück ihr Hab und Gut über den Krieg gerettet haben, zu tragen. In keiner Form befriedigt sind die Kriegs- und Währungsgeschädigten, die Umsiedler und Fliegergeschädigten. Wenn der Herr Bundesfinanzminister Schäffer die Gesamtziffer aller Schäden mit 160 Milliarden DM angibt und nach seiner Meinung sich in dieser Summe nur 53 Milliarden DM Kriegs- und Fliegerschäden befinden, so erscheint uns diese Rechnung außerordentlich anfechtbar. In einer Zeit, in der die Bundesregierung bereit ist, gegen den Widerstand eines übergroßen Teiles der westdeutschen Bevölkerung weitere Milliarden als sogenannten Sicherheitsbeitrag Westdeutschlands zu leisten, in der dieselbe Regierung bereit ist, Hunderte von Millionen für eine deutsche Bundespolizei auszugeben, in der sie bereit ist, alle Voraussetzungen zu schaffen, um junge deutsche Menschen in eine neue europäische Armee einzugliedern, erhält dieser Gesetzentwurf seine wirklich wahre politische Bedeutung.
In der Begründung zu diesem Gesetzentwurf erklärt die Bundesregierung, daß auch der Lastenausgleich eine Leistung zur unmittelbaren militärischen Verteidigung darstellt. Es wird damit untermauert, daß die Aufnahme eines zusätzlichen Auslandskredites in Höhe von 2 1/2 Milliarden DM auf Konto Lastenausgleich in Aussicht gestellt wird. Man begründet das damit, daß mit der Aufnahme dieser Schuld eine gewisse soziale Befriedung eintreten sollte. Diese kann aber nicht durch die Aufnahme von 2 1/2 Milliarden DM Anleiheschuld erreicht werden, sondern könnte viel eher durch eine vernünftige Lohn- und Preispolitik der Regierung erreicht werden.
Bedenklich erscheint uns weiter in diesem Gesetz die im § 190 garantierte Einbeziehung der sogenannten Ostzonengeschädigten, die angeblich wegen Gefahr an Leib und Leben die Ostzone verlassen mußten. Es wäre viel zweckmäßiger gewesen, gerade diesen Kreis aus dem Lastenausgleichsgesetz herauszulassen, besonders wenn wir die wirklich nicht bescheidene Forderung dieser Herren betrachten, die uns im Westen beglückt haben.
Abzulehnen ist der § 10 in seiner jetzigen Fassung, der die verbrieften Forderungen an das Reich, die im Schuldbuch eingetragen sind, sicherstellt, während der § 207 nur denen etwas garantiert, deren Forderungen über 500 Mark liegen. Also auch hier eine eindeutige Schädigung der kleinen Sparer, die einmal glaubten, ihr Geld in Staatsanleihen günstig anlegen zu können.
Eines der schwersten Bedenken, das wir gegen das Gesetz geltend zu machen haben, stützt sich auf die Tatsache, daß ein großer Teil der Anspruchsberechtigten nach diesem Gesetz, die bisher in den Genuß der Soforthilfe gekommen waren, nun nicht mehr unter die Anspruchsberechtigten dieses Gesetzes fallen und damit der Fürsorge überantwortet werden. In der Kommentierung zu dieser Fassung wird eindeutig festgestellt, daß zwar die Absicht bestanden habe, Kriegsschädenrenten, Renten aus der Kriegsfolgehilfe und Fürsorgeleistungen in eine einheitliche Rente umzuwandeln; aber in keinem einzigen Paragraphen dieses Gesetzes ist dieser Gedanke verwirklicht worden.
Dieser Gesetzentwurf ist ein Beweis dafür, daß in Deutschland die alten Kräfte der Vergangenheit auch heute wieder bestimmend in Politik und Wirtschaft sind. Man übersieht geflissentlich — und das soll man bei diesem Gesetzentwurf eindeutig feststellen — den großen sozialen Umschichtungsprozeß, der die Verarmung der Mittelschicht und die weitere Verelendung der Arbeiter und Neubürger in sich schließt. Rüstung und Ausgaben für Besatzung auf der einen Seite, zwei Millionen Erwerbslose als Zeichen der kapitalistischen Krisenwirtschaft, die innere Zerrissenheit Deutschlands und die Hetze — selbstverständlich fehlt auch sie nicht — gegen den Osten Europas zur Ablenkung und Verschleierung der tatsächlichen Absichten der westdeutschen Politik auf der anderen Seite. Gerade dieser Gesetzentwurf ist ein Beweis dafür, daß die kapitalistischen Kreise versuchen, auf Kosten des schaffenden Volkes ihre alte Ordnung wieder zu sanieren. Die Währungsreform mit ihrem unsozialen Charakter führte zur Enteignung der Kleinsparer und des Mittelstandes, zur Entblößung der Gemeinden von ihren laufenden Barmitteln. Man versucht in diesem Gesetzentwurf, durch eine unglaubliche Belastung gerade den Kommunalverbänden die Erfüllung kommunaler Aufgaben unmöglich zu machen. Niemand ist darüber im Zweifel, daß mit der Belastung des Grundvermögens der Betriebe der Städte und Gemeinden eine weitere Steuer- und Tariferhöhung bei Gas, Strom, Straßenbahn usw. Platz greifen muß, womit neue Belastungen breiter Volksschichten verbunden sind. Von diesen Belastungen werden auch die Kreise nicht ausgenommen, die bei dem Lastenausgleich als Anspruchsberechtigte in Erscheinung treten. Sie bezahlen also zu einem gewissen Teil ihren Anspruch selber.
Die kommunistische Fraktion des Wirtschaftsrates hat bereits bei der Verabschiedung des Währungsgesetzes die sofortige Erfassung der Warenhortungsgewinne verlangt. Die Mehrheit dieses Gremiums kam zu einer ablehnenden Stellungnahme. Jetzt versucht man in diesem Gesetz, dem Volk in propagandistischer Weise weiszumachen, daß nach 2 1/2 Jahren die Erfassung der Währungshortungsgewinne noch möglich sein wird. In diesem Lastenausgleichsgesetz werden nicht erfaßt die Kriegsgewinnler, nicht die Gruppe von Menschen, die durch die Arisierungsmaßnahmen des Dritten Reiches ungeheure Gewinne eingeheimst haben, und nicht die Währungsgewinnler. Eine Erfassung wäre möglich gewesen, wenn man den Lastenausgleich mit der Währungsreform gekoppelt und zugleich — nicht in Form einer Vermögensteuer — versucht hätte, die Ansprüche zu befriedigen, indem man einen entscheidenden Eingriff in die Substanz gerade der hier von mir erwähnten Vermögen vornahm.
Der Herr Finanzminister und seine übrigen Ministerkollegen haben in einer Unzahl von Reden immer wieder darauf hingewiesen, daß der Lastenausgleich nicht zu einem Eingriff in die Wirtschaft benützt werden könne, um die wirtschaftlichen Funktionen nicht lahmzulegen. Diese Umschreibung der Schonung der besitzenden Klasse bei der Er-
füllung der Befriedigung des Lastenausgleichs
kennzeichnet die Politik, die von der Bundesregierung auch in dieser Frage betrieben worden ist.
Eine der ersten Forderungen, die deshalb von uns an dieses Gesetz gestellt werden, ist eine Vermögenszuwachsbesteuerung und eine Erfassung von Rüstungs-, Kriegs- und Hortungsgewinnen und deren Beschlagnahme. Darüber hinaus verlangen wir die Gewährung von vernünftigen und ausreichenden laufenden Renten und eine ernsthafte Hausratsentschädigung.
Der § 205 des Gesetzes verlangt einen urkundlichen Nachweis des erlittenen Schadens. Eidesstattliche Erklärungen genügen nicht. Die Schadensfeststellung erfolgt in Reichsmark, und alle Möglichkeiten der Abwertung auf D-Mark bleiben offen. In Verfolg dieses Grundgesetzes zum Lastenausgleich steht uns eine Reihe von Rechtsverordnungen, Ausführungsbestimmungen und anderen derartigen Vorschriften noch bevor, die vielleicht in ihrer praktischen Ausführung das Problem des Lastenausgleichs vor allem für die Anspruchsberechtigten noch viel komplizierter gestalten.
Eine der gröbsten Ungerechtigkeiten zeigt sich — ich habe es bereits angedeutet — in der Frage der Hausratshilfe, die, auf 400 DM festgesetzt ist, aber dann entfällt, wenn der Antragsteller inzwischen 8000 DM verdient. Bei der Kriegsschadenrente liegen die Verhältnisse ähnlich, indem bei 40 bis 50 % Erwerbsunfähigkeit 10 DM, bei 50 bis 60 % 20 DM, bei 60 bis 80 % 30 DM und bei über 80 % Erwerbsunfähigkeit 40 DM monatlich gezahlt werden sollen. Selbstverständlich wird auch hier der alte, von der Bundesregierung in einer Reihe von anderen Gesetzen vertretene Grundsatz angewendet, daß andere Renten, mögen sie auch noch so bescheiden sein, auf diesen Satz angerechnet werden.
Man muß schon sagen, daß sich gerade in diesen Paragraphen „soziale Leistung" zeigt, für deren Realisierung man wahrlich nicht zwei Jahre benötigt hätte. Das vorliegende Lastenausgleichsgesetz, das in seinem Gefolge einen Riesenapparat bedingt, dient nur zur Verwirrung der Anspruchsberechtigten. Der Entwurf ist eine Herausforderung der werktätigen Bevölkerung. Er ist das Zerrbild eines Lastenausgleichs und eine Verhöhnung der Hoffnungen von Millionen Geschädigter. Die Großschieber und Wucherer, die Kriegsgewinnler usw., die an der Tragödie unseres Volkes Milliarden verdient haben, sollten nach unserer Auffassung enteignet werden, und dieser Erlös könnte den Grundfonds bilden, aus dem die Anspruchsberechtigten befriedigt werden könnten.
Der einfache und klare Grundgedanke eines gerechten Lastenausgleichs ist eine gerechte Verteilung der aus dem Kriege geretteten Substanz. Um diesen einfachen und klaren Grundgedanken eines wirklichen Lastenausgleichs wird das Volk den Kampf zu führen haben. Wir sind uns dabei vollkommen im klaren, daß bei dieser Form der Abgaben die Unternehmer den Preis ihrer Waren um den Betrag der Lastenausgleichsabgaben erhöhen werden; denn irgendeinen Riegel dagegen sieht das Gesetz nicht vor. Die Anspruchsberechtigten werden also ihren eigenen Anspruch mit zu bezahlen haben. Die Abgabe leistet also im Endergebnis nicht der Kapitalbesitzer, sondern der Konsument. Konsument ist aber auch der Flüchtling, der Bombengeschädigte und der Wiedergutmachungsberechtigte.
Die Bundestagsfraktion der Kommunistischen Partei hat bereits am 2. Dezember 1949 in einem Antrag ihre grundsätzliche Stellungnahme zu einem wirklichen und gerechten Lastenausgleich festgelegt. Dieser Antrag zeigt sowohl den Kreis der zu Entschädigenden wie den Weg, der zur Aufbringung der notwendigen Mittel beschritten werden soll. Ich darf die Forderungen, die wir damals aufgestellt und die sich nicht geändert haben, kurz skizzieren. Aus dem Lastenausgleich müssen alle in Not Geratenen, die durch Flieger- oder Kriegsschaden betroffen wurden, befriedigt werden. Neubürgern muß es ermöglicht werden, eine menschenwürdige Existenz und Unterkunft und damit die materielle und staatsbürgerliche Gleichstellung mit den Altbürgern zu finden, auf die sie ein bisher unerfülltes Anrecht haben. Wir verlangen eine vernünftige Hausratshilfe und die Einbeziehung der Währungsgeschädigten in den Lastenausgleich.
Zur Realisierung dieser Forderungen wollen wir einen andern Weg gehen, als das vorliegende Gesetz ihn aufzeigt. Wir wollen grundsätzlich den Entzug des Vermögens der Kriegsinteressenten, Kriegsverbrecher und Nutznießer des Naziregimes, der Nachkriegsspekulanten und Großschieber und die restlose Erfassung der Hortungsgewinne. Wir verlangen weiter, daß aller Großgrundbesitz über 100 ha, bei Kriegsverbrechern und Nutznießern des Dritten Reiches der gesamte Grundbesitz enteignet und für Zwecke des Lastenausgleichs zur Verfügung gestellt wird. Darüber hinaus ist es für uns eine Selbstverständlichkeit, daß jeder Vermögenszuwachs, der durch die Nutznießung an der Hitlersehen Kriegsrüstung, an der Ausplünderung besetzter Gebiete und durch die Ausbeutung von Fremdarbeitern zustande gekommen ist, zugunsten des Lastenausgleichs beschlagnahmt werden soll.
Wenn in dem vorliegenden Gesetzentwurf eine weitestgehende Schonung der besitzenden Kreise vorgesehen ist, so verlangen wir demgegenüber, daß das gesamte Vermögen von Arbeitern, Angestellten, Kleingewerbetreibenden, Kleinfabrikanten, Kleinbauern und Geistesschaffenden, die sich nicht am Naziverbrechen beteiligt haben, grundsätzlich von der Heranziehung zum Lastenausgleich freibleibt. Nicht entschädigt werden dürfen aus dem Lastenausgleich selbstverständlich nicht bezahlte Lieferungen im Rahmen der Rüstungs- oder Kriegswirtschaft, Forderungen an den Hitlerstaat, Demontage und Kriegsschäden der Rüstungs- und Kriegsindustrie.
Wir sind uns aber darüber im klaren, daß die unerträglich hohen Besatzungskosten, für die die Bundesregierung mit verantwortlich ist, die Durchführung eines gerechten Lastenausgleichs illusorisch machen. Ein gerechter Lastenausgleich ist also im wesentlichen abhängig von der Ablehnung jeder Remilitarisierung, von dem baldigen Abzug der Besatzungstruppen,
von der Herstellung der nationalen und wirtschaftlichen Einheit Deutschlands, von der Entwicklung einer freien, unabhängigen Friedenswirtschaft und von einem ungehinderten Handel mit allen Völkern der Welt.
Wir Kommunisten glauben, daß die Lasten des verlorenen Krieges in erster Linie von denen aufzubringen sind, die für den letzten Krieg verantwortlich zeichnen und bereit sind, durch ihre Po-
litik an der Vorbereitung eines dritten Weltkriegs aktiv mitzuhelfen.
Diese Kreise, die sich nach 1945 sowohl politisch als auch wirtschaftlich neu konsolidieren konnten, müssen, wenn es um einen gerechten Lastenausgleich geht, in erster Linie zu ihm herangezogen werden.
Die kommunistische Fraktion vertritt eindeutig und konsequent die Meinung,
daß bei der Durchführung dieses Gesetzes nicht nur ein beamteter, bürokratischer Apparat eingesetzt wird, sondern für den Kreis der Anspruchsberechtigten das weitestgehende Mitbestimmungsrecht sichergestellt werden muß.
Wir sind mit dem übergroßen Teil der Anspruchsberechtigten der Meinung, daß dieses Gesetz in seiner jetzigen Fassung abgelehnt werden muß.
Das Wort hat der Abgeordnete Wittmann. Er teilt sich in die Redezeit von 30 Minuten mit dem Herrn Abgeordneten Loritz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Herr Vorredner wies auf die Gefahr eines dritten Weltkrieges hin und möchte wahrscheinlich — das entnehme ich seinen Ausführungen — den Lastenausgleich so gestaltet sehen, daß deutscherseits diese Gefahr eines dritten Weltkriegs oder die Ursache, die von hier ausgehen könnte, beseitigt wird. Ich darf dazu auf folgendes hinweisen. Wenn die Herren vom Osten und Westen - die Siegermächte insgesamt — nicht nur über die Erledigung der Diktatur gejubelt, sondern die demokratischen Versprechungen in die Wirklichkeit umgesetzt hätten, brauchten wir uns heute erstens nicht über den Lastenausgleich in dieser Form zu unterhalten und zweitens keine Befürchtungen bezüglich eines dritten Weltkrieges zu äußern.
Im Verlaufe der Debatte über die Lastenausgleichsentwürfe, die uns nun vorgelegt wurden, mußte ich unwillkürlich an die ersten Zeitungsmeldungen zurückdenken, die mir so im Februar, März 1948 in Mittelfranken in die Hände kamen. Dann ging mir die Eingabe des Länderrats an General Lucius Clay durch den Kopf. Ich bekam sie auch im Februar 1948 von einem Flüchtlingsvertrauensmann in die Hände; da wurden die Themata in einer ähnlichen Form behandelt, als ob daraus wörtlich zitiert worden wäre. Ich darf mir deshalb als Heimatvertriebener erlauben, dieses Problem kurz herauszugreifen und einige Punkte in Anlehnung an die heutige Debatte zu streifen.
In der Eingabe des Länderrats an den zitierten General hieß es: das Problem der Heimatvertreibung ist das erste, größte, schwierigste Problem, vor das sich Deutschland in seiner ganzen Geschichte je gestellt sah. Es wurde auch in ähnlicher Form, wie das der amerikanische Professor Austin App getan hat, darauf hingewiesen: selbst das reiche, unzerstörte Amerika wäre, wenn eine derartige Zahl von Heimatvertriebenen — von 18 Millionen war damals die Rede — hineingepfercht würde, nicht in der Lage, die Aufgabe zu lösen; wie soll nun das Restdeutschland, zerkleinert, verarmt, zerbombt, an die Lösung dieses Problems herangehen?
Man muß es in diesem Zusammenhang schärfstens ablehnen, daß man uns immer wieder erklärt, das Problem der Heimatvertriebenen sei ein rein deutsches Problem. Ein rein deutsches Problem — auch jetzt hinsichtlich des Lastenausgleiches — ist es nur insofern, als es auf dem Rücken der Deutschen ausgetragen wird.
Die Lastenträger waren wir 18 Millionen Menschen,
von denen nach den Angaben Gustav Stolpers, des Begleiters des Expräsidenten Hoover, 6 Millionen verschwunden sind. Wo und wie sie umgebracht, ermordet wurden, wissen wir nicht, sagte er. Wir aber, die wir es erlebt haben, die Übriggebliebenen, wir wissen es, und wir bitten immer wieder Volk und Welt, auf uns zu hören, bevor es für die andern zu spät ist. Wir bitten also, sich ein bißchen in die Lage dieser Leidgesättigten zu versetzen; dann werden die Schwierigkeiten, die bei den Entwürfen des Lastenausgleichgesetzes oder bei anderen Problemen auftauchen, schneller und leichter überbrückt werden können.
Dieses Problem ist nicht nur ein deutsches, sondern auch ein internationales Problem, ein Weltproblem. Es geht doch nicht an, wie heute, glaube ich, von Herrn Kollegen Kriedemann erwähnt wurde, zu sagen, daß das deutsche Unglück — und ich nehme da wieder den Abschnitt der Heimatvertreibung heraus — etwa erst auf den Konferenzen von Jalta, Teheran oder eventuell von Potsdam angefangen habe, es sei schon früher dagewesen, unter den Nazis und ihrer Methode. Warum immer wieder, wie erst unlängst, sagen: Hitler ist an allem schuld, auch an dem ist er schuld! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dieser Geschichtsphilosophie, daß es einer auf den anderen schiebt, kommen wir letzten Endes auf den Brudermörder Kain zurück.
Damit lösen wir aber die Probleme der Gegenwart nicht.
Die Sieger beider Gattungen, die Demokraten und die Volksdemokraten, waren in der Lage, abgeschreckt von den Verbrechen, die das Nazisystem begangen hat, die Politik der Macht aufzugeben und eine Politik des Rechts zu führen.
Dann stünden wir heute nicht vor dem Problem der Heimatvertriebenen.
Es ist nicht so, daß wir zwischen Ost und West zu
wählen hätten. Gerade wir als Heimatvertriebene
haben überhaupt nicht zu wählen, wir haben schon
längst gewählt. Wir haben nur eine Bitte — —
— Die Affen machen es auch so; sie äffen auch nach, wenn sie sonst nichts können! - Wir haben nur eine Bitte an die gesamte Welt: das zertretene Recht wiederherzustellen und vom Standpunkt des Rechtes aus die Neuordnung und die Neugestaltung allerorten durchzuführen.
Darum möchten den Worten auch die Taten folgen.
Wir haben im September 1949 in der Regierungserklärung gehört, wie rasch und wie umfassend gerade den Armen und Ärmsten geholfen werden soll. Wir haben hinsichtlich der Weltkrise vernommen — und ich zitiere hier Persönlichkeiten, die wohl ganz unumstritten sind —, daß ab 1945 die Neugestaltung auch hinsichtlich der Besiegten durchgeführt werden muß, im Geiste der Bergpredigt. So wurde es nicht nur einmal, sondern öfter in die Welt hinausgeschrieen, in demselben Sinne, wie es Roosevelt 1942 in einem langen Gebet geformt hat, wie die neue Gerechtigkeit in der Welt aussehen soll und wie dann der kleine, gemarterte, bis jetzt unterdrückte Mann bei allen Völkern zu Worte kommt und wie die vier Freiheiten ein Leben — nun, nicht gerade wie im Paradies, aber doch ein schönes und erträgliches Leben gestalten sollten.
Die Entwürfe des Lastenausgleichsgesetzes wurden von verschiedenen Gruppen abgelehnt. Ich will darauf nicht näher eingehen, sondern aus der Debatte noch eins herausgreifen. Herrn Kollegen Dr. Horlacher schien die Mobilisierung des Lastenausgleichs notwendig zu sein. Meine sehr verehrten Damen und Herren, was heißt denn das: die Mobilisierung des Lastenausgleichs? Die Mobilisierung der Hirne! Die ist da und wird noch weiter wirksam werden.
Die besten Wirtschafts- und Sozialpolitiker, Advokaten und alle, die wirklich das Recht haben, hier in erster Linie mitzureden, werden ihr Bestes hergeben, von allen Gruppen und von allen Seiten. Darüber besteht für mich kein Zweifel. Das Wissen um den Lastenausgleich ist also da.
Ich möchte aber auf etwas anderes hinweisen, was vielleicht etwas notwendiger ist als die Mobilisierung des Lastenausgleichs. Mir erscheint wichtiger und notwendiger die Mobilisierung der Herzen, und zwar im Volk und in der Welt, daß sich die Gebenden und noch Habenden ein bißchen in die Lage derer hineindenken, die seit 1945 in vorbildlicher Geduld ausharren, immun gegen das Gift aus dem Osten sowieso, darüber brauche ich kein Wort zu verlieren. Wenn jemand den Beweis dafür angetreten hat, daß er gegen dieses Gift immun ist, dann sind es die Millionen der Heimatvertriebenen; ihre Geduld ist allerdings auch begrenzt und beschränkt.
Wenn man guten Willens in Volk und Welt sich in diese Notlage hineindenkt, dann werden die Schwierigkeiten, die heute von allen Seiten mit Recht angeschnitten werden, rascher überwunden werden können. Dann wird man auch nicht soviel befürchten müssen, daß die Wirtschaft geschädigt wird, daß die Wirtschaft zum Erliegen kommt.
Oder gar die Äußerungen unseres Bundesfinanzministers: es muß ein Eingriff in die persönliche Sphäre vermieden werden! Es könnte eine Unruhe ins öffentliche Leben hineingetragen werden! Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Unruhe ist ja bereits im öffentlichen Leben drin. Die Frage ist nur die, daß wir die Unruhe sistieren, daß aus der Unruhe nicht eine Art Revolution wird, sondern daß durch beschleunigte Taten der Evolution denen, die in Geduld harren und hoffen, endlich geholfen wird. Den Schädigungen der Wirtschaft wollen wir ja gerade durch den Lastenausgleich Rechnung tragen, aber nicht nach der Losung — gemäß den Worten eines Amerikaners —: .,Es lebe die Wirtschaft! Es lebe das Geld! Laßt die Menschen verrecken!" Nein, so nicht! Zuerst ist der Mensch, und die Wirtschaft hat dem Menschen zu dienen! Wie wäre denn das, wenn die Gebenden, denen es so schwerfällt, in die Lage der Verzweifelten sich hineindenken würden? Dann möchten diese Schwierigkeiten von selber ein wenig geringer werden.
Ich fasse zusammen: Die Schwierigkeiten, die aufgezeigt wurden, lassen sich überwinden, wenn wir die Sache nicht von diesem oder jenem Standpunkt aus betrachten, sondern mit der Losung: nicht gegeneinander, nicht Stammbevölkerung gegen Heimatvertriebene, nicht Geschädigte gegen Gebende, wenn wir versuchen, so zu handeln, wie es Tag für Tag Tausende schon in Vorbildlichkeit getan und bewiesen haben, die den Lastenausgleich in tätiger Nächstenliebe und Gottesliebe schon durchgeführt haben, nicht gegeneinander, sondern Volk und Welt miteinander und füreinander. In diesem Sinne darf ich auch auf den von Bundesfinanzminister Schäffer und von einigen anderen Herren angeschnittenen Gedanken hinweisen und die Bitte aussprechen, eine Anleihe von seiten der noch freien Welt gerade zur Lösung des Problems der Heimatvertriebenen zu erhalten. Wir bitten darum. Es wird das notwendig sein zur endgültigen Lösung hier und zur anfänglichen Lösung in der zurückgegebenen Heimat; denn auch dort muß irgendeine Anleihe, eine Aufbauhilfe wirksam werden.
Die Siegermächte haben geäußert, und zwar um die Zeit der Potsdamer Konferenz durch den amerikanischen Staatspräsidenten Truman: Wenn wir das gewaltige Potential, das uns den Sieg ermöglichte, für den Frieden einsetzen, dann gehen wir den herrlichsten Zeiten der Geschichte entgegen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben dies überlebt, aber wir wollen doch auch die Verwirklichung erleben, nachdem sie ja nicht nur ihr Potential haben, sondern auch das unsere, aus dem Sudetengau allein nach Schätzungen mindestens 19 Milliarden Dollar.
Dieses Potential, mit dem sie den Frieden aufbauen und der Gerechtigkeit zum Durchbruch verhelfen wollten, wurde noch ergänzt durch den Raum, den sie uns im Frieden abgenommen haben, nicht durch das Verbrechen eines Krieges. Dieses Potential wurde erweitert und erhöht durch die Werte der Demontage, durch die Werte der deutschen Patente usw.
So bitten und hoffen wir, daß der Appell nicht nur an die Bundesrepublik gerichtet wird — selbstverständlich —, sondern daß der Appell auch an die bis heute noch freie Welt ergeht: Laßt nichts unversucht, sondern steht opfernd zusammen, damit der Lastenausgleich nicht nur innerhalb des deutschen Volkes durchgeführt wird, sondern ein gerechter Lastenausgleich im Sinne der so oft zitierten Bergpredigt in Volk und Welt.
Das Wort hat der Abgeordnete Loritz.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im September 1949 war es, da hat uns die Bundesregierung erklärt, daß das Problem des Lastenausgleichs eines der wichtigsten für sie sei
und daß hier unverzüglich Maßnahmen getroffen würden. Wir haben unterdessen Januar 1951, und jetzt erst kommt ein Entwurf. Da kann man schon bald nicht mehr sagen: Spät kommst du, doch du kommst!, denn unterdessen haben sich Vermögensverschiebungen in unserer Wirtschaft ergeben, die es immer schwerer machen, zugunsten der Heimatvertriebenen und der Ausgebombten die Übergewinne abzufischen, die durch die Währungsabwertung gemacht worden sind.
Meine Damen und Herren, wenn nur jetzt wenigstens etwas käme, was den Heimatvertriebenen und den einheimischen Ausgebombten, von denen leider viel zu wenig gesprochen wird, etwas bringen würde! Aber wir bezweifeln das sehr. Der Entwurf der Regierung so, wie er uns vorliegt, bringt nichts oder fast nichts für weiteste Schichten der Heimatvertriebenen und der Ausgebombten. Österreichisch sagt man für sowas so schön: eine Augenauswischerei. Sehen Sie, diese Summen, die hier für den Lastenausgleich aufgebracht werden, genügen noch nicht; darüber sind sich wohl alle einig, die den Kreis der Lastenausgleichsberechtigten der statistischen Zahl nach kennen. Antworte man uns bitte nicht: Ja, wo wollt ihr denn das Geld dazu hernehmen! Diese Beträge sind da!
Sie werden aber leider nicht für die Heimatvertriebenen herangezogen.
Darf ich Sie bitte nur daran erinnern, welch gigantische Gewinne in den letzten Jahren gemacht worden sind. Gewisse Aktien, die im Oktober 1948 auf 17 DM pro 100 Mark Aktie standen, stehen heute bereits auf 150 DM. Was hindert uns, durch eine Erhöhung des Aktienkapitals bei diesen betreffenden Unternehmungen — es sind nicht alle so — zwei Fliegen mit einem Schlage zu treffen: erstens Geld für den Lastenausgleich zu bekommen und zweitens eine sehr ungünstige Blutverdickung bei diesen betreffenden Aktiengesellschaften zu verhindern? Oder wollen Sie etwa weiter zusehen, wie diese Aktien Tag für Tag und Woche für Woche hinaufklettern?
Hier könnte man durch eine entsprechende Beteiligung zugunsten des Lastenausgleichsfonds verhindern, daß diese Kurse ins Ungemessene steigen, was volkswirtschaftlich gar nicht günstig ist, wie jeder Volkswirtschaftler weiß.
Man könnte weiterhin folgendes tun, was auch ein positiver Vorschlag ist — ich verweise auf das, was Graf Westarp in seiner Broschüre geschrieben hat, die Ihnen zum Teil vielleicht schon bekannt ist —: man könnte Kredite gewähren vor allem an die Unternehmungen, die sich verpflichten würden, über den jetzigen Stand ihrer Arbeiterschaft hinaus zusätzlich Arbeit zu schaffen und zu diesem Zweck Heimatvertriebene und einheimische Ausgebombte zusätzlich einzustellen. Man hätte genügend Möglichkeiten, etwa Mehrwertsteuern usw. usw., hier Summen zusammenzubringen, die man für den Lastenausgleich benötigt.
Was heute im Lastenausgleichsgesetz drin steht, hat zum großen Teil leider eine Belastung kleiner und kleinster Schichten des Mittelstandes zur Folge.
Ich bezweifle sehr, ob da auf diese Art und Weise viel zusammenkommen wird. Wir haben schon heute bei der Soforthilfe die Erscheinung, daß in Tausenden und aber Tausenden von Fällen die Kosten der Einhebung und der Beitreibung höher sind als das, was noch beigetrieben werden kann. Darum sagen wir: Hände weg vom kleinen Mittelstand und Hände drauf auf diejenigen, die ungeheure Gewinne durch die Währungsreform gemacht haben und heute durch die Exportkonjunktur noch weitere phantastische Gewinne machen, während Millionen von Lastenausgleichsberechtigten immer noch auf die Erfüllung ihrer Ansprüche warten.
Es muß ein System im Lastenausgleich kommen, das beide Dinge vereinigt, nämlich auf der einen Seite eine Globalabfindung und auf der anderen Seite eine produktive Unterstützung der Lastenausgleichsberechtigten. Die globale Abfindung wird in Zehntausenden von Fällen nicht das richtige sein. In vielen Fällen wird sie das richtige sein. Wenn man durch Schaffung zusätzlicher Arbeitsgelegenheit, durch Schaffung von Wohnstätten usw. möglichst viele Heimatvertriebene in Arbeit und Brot bringen kann, so ist der letztere Weg sicher dei bessere. Ich will Ihnen nur ein praktisches Beispiel aus der Umgebung von München sagen, die Gablonzer Industrie. Sie kennen die ungeheure Bedeutung dieser Industrie, deren Erzeugnisse auf dem Weltmarkt immer noch stürmisch begehrt werden. Wenn man dieser Industrie ein paar Millionen D-Mark an Krediten geben würde, wenn man durch ein Bauprogramm, das gar nicht sehr umfangreich zu sein braucht, die in ganz Westdeutschland zerstreut wohnenden und dort im Norden und im Westen arbeitslosen Gablonzer um die Zentrale, die sich um Kaufbeuren und Markt Oberdorf herum gebildet hat, zusammenführen würde, könnte der Export der Gablonzer Industrie um Millionen und Millionen von D-Mark gesteigert werden; und so geht es in vielen anderen Fällen. Diese produktive Arbeitsbeschaffung für die Heimatvertriebenen ist das Wichtigste. Soweit es sich um alte Leute handelt, die nicht mehr in den Wirtschaftsprozeß eingegliedert werden können, wird selbstverständlich auf dem Wege über Rentengewährung oder Globalabfindung vorgegangen ,werden müssen. Die Gelder, die man dazu braucht, sind vorhanden.
Wir haben Ihnen in Stichworten einiges gezeigt. Es wird Aufgabe der Ausschüsse sein, durch die das Gesetz durchzuwandern hat, hier im einzelnen noch Mittel und Wege sichtbar werden zu lassen, wie die Leistungen aus dem Lastenausgleichsgesetz entsprechend erhöht werden können. Mit der uns heute vorliegenden Form des Entwurfs sind wir nicht einverstanden. Das kann ich Ihnen bereits jetzt im Namen der Fraktion der WAV sagen.
— Ich hoffe aber, meine sehr verehrten Herren von der CDU, daß sich auch bei Ihnen soviel christliches Mitgefühl für das Schicksal der Ärmsten der Armen zeigen wird, daß Sie mit uns zusammen diejenigen Verbesserungen in das Gesetz über den Lastenausgleich hineinbringen, die im Interesse Deutschlands unbedingt nötig sind, das genau so aus Einheimischen wie aus Heimatvertriebenen besteht!
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. von Golitschek.
Deutscher Bundestag — 115, Sitzung. Bonn. Mittwoch, den 31. Januar 1951 4377
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie, daß ich den Ausführungen meiner beiden Kollegen Nöll von der Nahmer und Atzenroth bezüglich der Ausgleichsleistungen noch einige Bemerkungen hinzufüge. Wir erwarten entschieden als Ergebnis des definitiven Lastenausgleichsgesetzes, daß der Geschädigte — sei es der Bombengeschädigte, sei es der Heimatvertriebene - nach fünf Jahren endlich einmal Klarheit darüber haben muß, was er aus einem Lastenausgleich zu erwarten hat, damit er sich einen Plan darüber machen kann, wie er seine Existenz, die Existenz seiner Familie wieder sicherstellen kann. Andererseits müssen wir darauf achten, daß mit diesem Gesetz nicht falsche Hoffnungen erweckt werden.
Ich befürchte, daß diese beiden Grundbedingungen in dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht ganz befriedigend erfüllt sind. Einerseits ist in wesentlichen Punkten der Entschädigung auf weitere Gesetze hingewiesen, andererseits ist die Klarstellung sämtlicher Ansprüche dadurch noch immer fraglich, daß der von der FDP eingebrachte Entwurf zur Feststellung der Kriegsschäden noch immer nicht Gesetz geworden ist. Wir müssen uns fragen, warum eigentlich das Finanzministerium in Kenntnis dessen, daß sich der Bundestag seit vier Monaten mit einem Schadensfeststellungsgesetz befaßt, vollkommen parallele Bestimmungen in dieses Lastenausgleichsgesetz eingebaut hat. Allerdings sind die Bestimmungen im Lastenausgleichsgesetz wesentlich anderer Natur. Es wird wohl auf Sachschäden, die durch verlorene Betriebe, durch ausgebombte Häuser und durch verlorene Grundstücke entstanden sind, Bezug genommen. Der Hausratsverlust wird nicht als Vermögensschaden gewertet. Wir sehen gerade darin eine wesentliche Verschlechterung des Standes der etwa 60 % Heimatvertriebener, die nicht Grundbesitzer oder Hausbesitzer waren und daher an einer Hauptentschädigung, von der das Gesetz spricht, nicht teilhaben können. Wir werden uns in den Ausschüssen bemühen müssen, hier eine wesentliche Änderung herbeizuführen.
Ein zweiter Punkt, der, glaube ich, noch ausschlaggebender ist, ist der Umstand, daß in diesem Lastenausgleichsgesetz Maßnahmen getroffen werden, die nun mit einem wirklichen Lastenausgleich aber auch gar nichts zu tun haben. Ich denke hier an die Formulierung der Bestimmungen über die Wohnraumhilfe, zu deren Gunsten für Nicht-Geschädigte — entweder Personen oder Personengruppen — nach dem Plan des Finanzministeriums 300 Millionen DM jährlich abgezweigt werden sollen. Man denkt offensichtlich an gemeinnützige Wohnungsbauunternehmen. In deren Besitz soll Wohnraum geschaffen und den Geschädigten dann als Entschädigung ein Mietvertrag in die Hand gedrückt werden. Man ist sich gar nicht bewußt, daß auf diese Weise der Geschädigte durch seinen Mietzins diese Lastenausgleichsgelder selbst zurückzahlen muß, daß also hier der Lastenausgleich vom Geschädigten aus der eigenen Tasche gezahlt wird. Wenn im Anfang der Debatte darauf verwiesen wurde, daß eine Unzahl von heimatvertriebenen Existenzen in der Umgebung von Augsburg gerade durch diese Wohnraumhilfe ansässig gemacht werden könnte, so ist, glaube ich, gerade dieses Beispiel sehr unglücklich gewählt. Denn Augsburg hat selber genug zerbombten Wohnraum, so daß hier der Schaden im Wege des Lastenausgleichs zugunsten der geschädigten ehemaligen Hausbesitzer ausgeglichen werden könnte.
Diese Wohnraumhilfe mit ihren 330 Millionen DM gehört daher in die Eingliederungshilfe hinein, so daß der Betrag von 375 Millionen DM, wie ihn der Herr Finanzminister nannte, sich noch um 330 Millionen DM erhöht, d. h. daß für die Eingliederungshilfe 700 Millionen DM zur Verfügung gestellt werden.
Eine andere Bestimmung in dem Gesetz, die uns sehr große Sorge macht, ist die, wonach der Geschädigte nicht nur sechs Jahre zu warten hat, bis er endlich weiß, was ein definitiver Lastenausgleich für ihn bedeutet, sondern dazu noch bei der Beurteilung, ob sein Fall sozial und volkswirtschaftlich vordringlich ist oder nicht, der Bürokratie ausgeliefert ist. Dadurch, daß das Gesetz hier nur ganz allgemein die These der sozialen und volkswirtschaftlichen Vordringlichkeit aufstellt, wird meiner Meinung nach die Ungewißheit bei dem Geschädigten noch weiter erhöht, denn er wird nie wissen, wann eine Bürokratie zu der Erkenntnis kommt, daß ihm für seine Eingliederung tatsächlich die Entschädigungsbeträge zur Verfügung gestellt werden sollten.
Wir sind daher der Auffassung, daß wesentliche Punkte in diesem Gesetz noch zu ändern sind, und werden unsere Arbeit im Ausschuß auch danach richten. Eines muß jedenfalls erreicht werden: daß aus der Ausschußarbeit ein erstes Lastenausgleichsgesetz und nicht ein zweites Soforthilfegesetz herauskommt.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Reismann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Lastenausgleichsgesetz kann man — es ist bisher schon mit Hecht geschehen — als das Zentralproblem der Innenpolitik für unsere Zeit betrachten. Es gewinnt gerade im gegenwärtigen Augenblick deswegen eine besondere Bedeutung, weil es die Aufgabe und die Bestimmung hat, der wichtigste Damm gegen die Radikalisierung breitester Massen unseres Volkes zu werden. Es ist heute von der großen Schar der Flüchtlinge, der Heimatvertriebenen gesprochen worden. Die Zahl wurde wiederholt mit rund 8 Millionen angegeben. Es ist bisher nicht von der Zahl der Ausgebombten und der um ihre Ersparnisse gebrachten Sparer gesprochen worden, und die Zahl ist sicherlich nicht geringer. Wenn wir alles in allem zusammenzählen, ist es mehr als der dritte Teil, vielleicht sogar die Hälfte unseres ganzen Volkes, die unter der Last dieses Krieges aufs schwerste zu leiden hat, und zwar sind das die Erstbetroffenen. Es dreht sich jetzt um die Frage, inwieweit sie, nur durch den Zufall ausgewählt, endgültig auf diesen Schäden hängen bleiben sollen.
Das Gesetz hat deswegen weiter eine besondere Bedeutung, weil das Ansehen unserer jungen Demokratie davon abhängt, das Ansehen unseres Bundes und das Vertrauen einer so großen Zahl von Einwohnern unserer Heimat in die neue Staatsform und unseren neuen Staat. Wenn hier das Vertrauen, das die breitesten Massen unseres Volkes dem Staatswesen entgegengebracht haben und auch weiter entgegenzubringen bereit sind, mißbraucht werden sollte, dann würde es infolge der Enttäuschung furchtbar umschlagen können in radikale Strömungen von unübersehbarer Konsequenz, in Neigungen und politischen Reaktionen, deren Auswirkungen schlechterdings nicht abzusehen wären. Es dreht sich hier um die Frage, ob
die Gerechtigkeit oder die große Zahl, die Gerechtigkeit oder die Majorisierung sich durchsetzt. Es dreht sich hier um die Frage, ob bei diesem Kernproblem der Gedanke der nationalen Solidarität ernstlich durchgesetzt wird oder nicht. Die Solidarität ist eine zweiseitige Angelegenheit. Der Staat kann nicht bei jeder Gelegenheit an seine Burger, an deren Gefühl der Solidarität mit den übrigen Massen unseres Volkes appellieren und gleichzeitig bei einer solchen Kernfrage zeigen, daß es in vielen wichtigen Fällen unter Umständen nicht der Wille der Mehrheit wäre, sich solidarisch mit denen zu fühlen — und entsprechend zu handeln —, die bisher so schwere Opfer für die Gesamtheit im voraus haben bringen müssen.
Diese Zweiseitigkeit der Solidarität zu betonen, ist besonders jetzt notwendig, da man sich anschickt, dem deutschen Volk ganz besonders schwere Auflagen zu machen und ihm besonders schwere Pflichten aufzubürden. Man spricht von der Verteidigung, von der Bereitwilligkeit zur Verteidigung. Ja, können wir denn glauben, daß, wenn ungefähr die Hälfte unseres Volkes in einer Art und Weise um ihren Besitz gebracht worden ist, wie es zum mindesten gegen die Grundgedanken des Grundgesetzes von dem Schutz des Privateigentums verstößt, die Geschädigten dann auch noch bereit sind, diese Zustände zu verteidigen? Sie haben allerdings das Recht, wegen solcher Ungerechtigkeiten laut ihre Stimme zu erheben, darüber zu schimpfen und zu klagen. Aber was nutzt das? Wundern wir uns nicht, wenn die, die durch ein falsches Gesetz, das den Namen „Lastenausgleich" nicht verdient, enttäuscht sind, das Kind mit dem Bade ausschütten und sagen: Wir haben nichts zu verteidigen, und schlechter, als es uns jetzt geht, kann es uns nicht mehr gehen.
Diese politische Verpflichtung, den Lastenausgleich ernst zu nehmen, auch wenn er Opfer von uns fordert, entspricht aber auch einem Gebot der Moral und einem Gebot des Rechtes. Die moralische Verpflichtung kann gar nicht deutlich genug betont werden. Aber darüber soll nicht die rechtliche Verpflichtung und der Rechtsanspruch der Geschädigten vergessen werden. Man soll hier nicht so tun, als wenn es sich um eine Art von Regelung auf dem Wohlfahrtswege handeln dürfte und als wenn deswegen nur soviel gegeben werden dürfte oder gegeben zu werden brauchte, wie gerade nötig ist, um die Betroffenen vor dem Hungern oder Verhungern zu bewahren. Nein, es geht darum, daß im Rahmen des Tragbaren eine echte und gerechte Entschädigung für die Gesamtheit der erlittenen Schäden gewährt wird.
Es besteht auch eine rechtliche Verpflichtung auf Grund des positiven Rechts; denn kein Mensch kann sagen, daß die in der Kriegszeit erlassenen Gesetze über die Entschädigung irgendwie unmoralisch gewesen wären. Sie sind von den Alliierten nicht aufgehoben, sondern nur suspendiert. Wenn wir also jetzt dazu übergehen sollten, diese Verpflichtungen wesentlich abzuändern, so würde das eine Abänderung bestehender Rechte bedeuten im Sinne einer entschädigungslosen Enteignung, welche das Grundgesetz verbietet. Im Prinzip muß man also eine Verpflichtung anerkennen, und im Prinzip muß man auch den Rechtsanspruch zunächst anerkennen. Es kann sich nur um die Frage handeln, wieweit für die gegenwärtigen Verhältnisse unseres Staates den Verpflichtungen eine Unmöglichkeit gegenübersteht.
Wenn man in solchem Sinne die Frage: quotaler oder sozialer Lastenausgleich überlegt, so ergibt sich, daß der Gedanke vom sozialen Lastenausgleich ungerecht, unmoralisch und auch politisch hochst unklug ist. Das Wort „sozialer Ausgleich" ist eine Tarnung, es ist ein heuchlerischer Mißbrauch mit dem Begriff des Sozialen, und er soll nur das verdecken, was er in Wirklichkeit darstellt, nämlich ein potenziertes Unrecht, das in Wirklichkeit alle Schichten, nicht bloß die Reichen trifft, sondern auch gerade die, die am Ende ihres Lebens ein Anrecht darauf hätten, von ihren Ersparnissen zu leben, und die man jetzt darum bringt. Tun wir doch nicht so, als wenn es sich lediglich um Millionäre handelte. Es handelt sich bei den Leuten, die geschädigt worden sind und die jetzt zu ihrem Recht kommen sollen, zum weitaus größten Teil um die Leute, die zum zweiten Male in ihrem Leben um ihre Ersparnisse in irgendwelcher Form vom Staat betrogen worden sind. Und jetzt schickt sich ein Teil des Hauses leider dazu an, sich dafür einzusetzen, daß sie nun endgültig ihren Verlust behalten, daß sie also endgültig betrogen werden sollen.
Mit größter Aufmerksamkeit verfolgen natürlich diese Kreise, um deren Existenz es geht, das Schicksal dieses Gesetzes und seine Beratungen. Ich wiederhole deswegen, daß es für das Schicksal der Demokratie, für ihr Ansehen und für das Ansehen unseres eigenen neuen Staates bei der eigenen Bevölkerung von ausschlaggebener Bedeutung ist, wie jetzt die Entscheidung fällt.
Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob erlittener Schaden mit dem Besitz von heute gemessen werden soll oder nicht. Diese Frage wird von unserer Fraktion bejaht. Der Schaden muß mit dem heutigen Besitz verglichen werden. Aber damit ist nicht genug geschehen. Der Besitz von heute ist weder in der Lage, noch hat er allein die Verpflichtung, den Schaden auszugleichen, den der Krieg verursacht hat. Daneben muß die gesamte Leistungsfähigkeit unserer Nation zugrunde gelegt werden, und zwar die Leistungsfähigkeit der gesamten Nation nicht bloß für den heutigen Tag. Denn wenn wir so handelten, dann würden wir uns so verhalten wie ein böswilliger Schuldner, der sieht, daß sich nach einigen Jahren sein Geschäft aufwärts entwickeln wird, und der gerade dann einen Zwangsvergleich oder Konkurs abschließt, wenn sein Stand der schlechteste ist, in der Hoffnung, daß er auf diese Art und Weise in der Zukunft besser über seine Einnahmen verfügen könne, ohne sie den bösen Gläubigern zur Verfügung stellen zu müssen. Die Lastenausgleichs-Gläubiger sind Gläubiger unseres Landes, unseres Volkel und unseres Staates! Wir können uns also nicht allein auf das berufen, was heute da ist oder nicht da ist.
Wenn man mit solcher Überlegung an die Frage herangeht, dann ergibt sich schon aus den Zahlen, die heute genannt worden sind, daß der vorliegende Entwurf längst nicht das der Regierung und dem Parlament Mögliche vorsieht. Wir haben gehört, daß die Sondersteuer — und es ist vorläufig nur eine Sondersteuer in Betracht gezogen worden - noch nicht einmal zwei Milliarden im Jahre aufbringen soll. Die Besatzungskosten allein haben aber bisher über 4 1/2 Milliarden DM jährlich betragen und sollen noch erhöht werden. Dabei bauen sich diese Besatzungskosten — das sollte man doch mit Sicherheit annehmen — in Zukunft ab. Es muß also doch in Zukunft das Freiwerdende für die Zwecke des Lastenausgleichs zur Verfügung gestellt werden können. Mehr als das Doppelte dieser Lastenausgleichsleistungen wird also schon zur Zeit von den Besatzungslasten verschlungen; und dabei muß man sich vor Augen halten, daß unter den
1 Besatzungskosten so komische Ausgaben, wie die für die geheizten Klosettbrillen sind, die also, wenn man sie mit unserer Not vergleicht, geradezu Empörung in unserem Volke hervorrufen müssen. Es ist die Aufgabe der Regierung, dafür zu sorgen, daß die Besatzungskosten, bei denen sich solch überflüssige Ausgaben durchaus vermeiden ließen, entsprechend herabgeschraubt werden.
Daneben schickt sich aber jetzt die Regierung an, uns Vorlagen zu unterbreiten, wonach Milliarden für die Rustung, für Wiederaufrüstung, für die verschiedenen Arten von Polizei ausgegeben werden sollen. Da muß man sich sagen: Wenn das möglich ist, dann wäre es schon in der Vergangenheit sehr wohl möglich gewesen, mehr für die Opfer des Krieges aufzubringen, als es bisher geschehen ist.
Unsere Fraktion schlägt zusätzlich zu den Wegen, die der vorliegende Gesetzesantrag bisher aufgezeigt hat, andere Wege vor, und zwar verlangen wir in erster Linie, daß ein Vermögensvergleich stattfindet, wie er in anderen Ländern — ich verweise hier auf Holland — stattgefunden hat und mit
rfolg durchgeführt worden ist. Den Einwand des Ministers, das sei nicht möglich, da die Unterlagen fehlen, lassen wir nicht gelten. Es ist bekannt, daß 90% der Vermögensteuer-Unterlagen aus der Vorkriegszeit noch vorhanden sind; etwa 10% fehlen. Diese 10% lassen sich bei gutem Willen sehr wohl rekonstruieren. Wir verlangen, daß der gute Wille von der Verwaltung aufgebracht wird. Man muß dabei aber berücksichtigen, daß es auf die kleinen Fische gar nicht ankommt. Die kleinen Vermögen brauchte man bei dieser Gelegenheit nicht zu besteuern; worauf es aber wesentlich ankommt, das ist — und das verlangen wir außerdem —, daß ein Vermögensvergleich vor allen Dingen die Kriegsgewinne und die Rüstungsgewinne erfaßt; denn das scheint die wesentliche Triebfeder dabei zu sein, daß man an einen solchen Gedanken nicht herangegangen ist, daß gerade die Großindustrie, die 1 : 1 umgewertet, also für sich privatim schon ihren Lastenausgleich vollzogen hat - die 1 : 1 und sogar darüber hinaus umgestellt hat —, daß diese Kreise kein Interesse an einem Vermögensvergleich haben. Dieser Vermögensvergleich muß stattfinden, wenn wir nicht in unserem Volk das Gefühl von bitterer
Enttäuschung über mangelnden guten Willen sich endgültig festigen lassen wollen, das sich allein schon durch die Verschleppung des Lastenausgleichsgesetzes und seiner Vorlage in weitesten Kreisen verbreitet hat.
Es besteht weiter durchaus die Möglichkeit einer eigens für diese Zwecke zu dokumentierenden inneren Verschuldung. Es gibt kaum einen Staat auf der Welt, der nicht eine erhebliche Last innerer Schulden mit sich trägt. Diese Last von inneren Schulden besteht bei uns auch, und zwar ist es unsere Verpflichtung gegenüber den Anspruchsgläubigern aus dem Lastenausgleich. Sie ist aber nirgendwo dokumentiert, nirgendwo verbrieft und nirgendwo niedergelegt. Und das zumindest können die Gläubiger verlangen; es ist eine andere Frage, wann die Auszahlung erfolgen kann. Wenn man die Verbriefung in der Form von Wertpapieren vornimmt, in der Form von Urkunden, die in den Besitz der Gläubiger gelangen, so läßt sich die Gefahr nicht so leicht bannen, daß damit eine Entwertung des Geldes, eine zusätzliche Kaufkraft, die keine Verwendung hätte, geschaffen würde. Sie ließe sich aber sehr leicht dann vermeiden, wenn man diese innere Verschuldung auf dem Wege vornimmt, daß man Staatsschuldbücher anlegt und die Forderungen darin verbrieft. Es wäre dann nur notwendig, so viel an Verpflichtungen jeweils zu
mobilisieren, wie sich aus zwei Umständen ergibt.
Der eine Faktor dabei ist der Notbedarf der Gläubiger. Dieser Notbedarf muß auf alle Fälle befriedigt werden, und zwar kann er auch befriedigt werden in besserer Art und Weise, als es bei der Soforthilfe geschehen ist, die weder sofort kam, noch eine Hilfe brachte, sondern nur die Sozialetats der Gemeinden in dem gleichen Maße entlastete wie den Gläubigern gegeben wurde. Diese Möglichkeit, so viel aufzubringen, wie die Soforthilfe und der Notbedarf der Gläubiger betragen, besteht ohne Zweifel. Darüber hinaus könnte man aber in regelmäßigen Abständen sehr wohl feststellen, wieviel nach dem jeweiligen Stand unserer Volkswirtschaft, nach dem Sozialprodukt, dem Volkseinkommen unserem Staate zu leisten möglich wäre, und dementsprechend müßte die Blokkierung gelöst werden, die bis dahin für die verbrieften Forderungen Platz zu greifen hätte.
Man hat bisher außerdem davon gesprochen; daß die Industrie eine Selbstfinanzierung nötig hätte und daß sie deswegen steuerlich geschont werden mußte. Von der Möglichkeit einer Selbstfinanzierung der Kriegslastenausgleichsgläubiger hat bisher niemand gesprochen, obwohl doch der Gedanke außerordentlich naheliegt. Wir verlangen deswegen gerade, daß den Gläubigern die Möglichkeit gegeben wird, sich aus eigener Kraft wieder emporzuarbeiten, eben durch Steuervergünstigungen, die auf ihre Forderungen natürlich angerechnet werden können und angerechnet werden sollen. Aber wenn man so wie bisher fortfährt, daß man zwar die große Industrie begünstigt, aber die kleinen Gläubiger aus diesem Krieg so behandelt, daß es ihnen einfach unmöglich ist, aus eigener Kraft wieder auf die Füße zu kommen, dann darf man sich nicht wundern, daß sie sich treiben lassen und kein Interesse daran haben, sich selber zu helfen, sondern die Hilfe des Staates in einem Maße in Anspruch nehmen, wie es sich vermeiden ließe, wenn man ihre eigene Hilfe förderte. Diese Selbstfinanzierung, so wie sie die Industrie bisher genossen hat, ist eine der wichtigsten Forderungen, und wir verlangen, daß sie berücksichtigt wird, andernfalls werden wir uns mit diesem Gesetz nicht zufrieden geben können.
Ich weise darauf hin, daß unsere Fraktion schon vor langer Zeit den Antrag gestellt hat, den Kriegsgeschädigten mit Hilfe von Steuergutscheinen die Möglichkeit zu geben, sich selber zu helfen. Damals sind wir vertröstet worden mit dem Hinweis auf die jetzt in Rede stehenden Verhandlungen über den Lastenausgleich. Man ist aber jetzt nicht darauf zurückgekommen. Deswegen halten wir uns für verpflichtet, erneut auf diesen Weg hinzuweisen.
Es sind endlich Aufbaukredite gegeben worden; es sind Industriekredite gegeben worden, die zurückgezahlt und verzinst werden müssen. Soweit diese Kredite und Zuwendungen aus Marshallplangeldern gegeben worden sind, liegen sie fest; aber längst nicht alle sind aus solchen Mitteln gegeben worden. Eine große Summe Geldes ist in die Industrie und in andere Schuldnerhände geflossen, ohne daß ihre Verwendung von vornherein festlag. Der Rücklauf dieser Gelder muß dem Lastenausgleichfonds zugute kommen. Denn es ist für die Wirtschaft, in welcher diese Gelder umlaufen, vollkommen gleichgültig, wer der Gläubiger dieser Gelder ist. Aber weder die deutschen Länder noch der Bund haben das Recht, diese Steuergelder zur Bereicherung des Staates zu benutzen.
— Machen Sie bessere Vorschläge! Ich habe eine ganze Reihe gemacht und ich werde mich freuen und werde Ihnen zustimmen, wenn Sie bessere und mehr Vorschläge wissen, meine Damen und Herren.
Ich erinnere weiter daran, daß ich kürzlich hier in diesem Hause unter Beifall aller Parteien darauf hingewiesen habe, daß die Nazidotationen im größten Teil Deutschlands in den Händen der damals damit Beglückten geblieben sind, und gerade diese haben kaum Kriegsverluste gehabt. Ich habe auch darauf hingewiesen, daß die Witwe des Postdefraudanten Lutze noch in sehr großer Höhe — es handelt sich um einen Wert von ungefähr 35 000 DM — Ansprüche gegen den Bund stellte wegen der Besatzungsschäden, auf die sie sich berief. Ähnliche Ansprüche und ähnliche Rechte und ähnliche Vermögen gibt es noch in großer Menge, ohne daß bisher jemand daran gedacht hat, sich darum zu kümmern. Wir hoffen, daß in Verbindung mit dem Lastenausgleich auch diese Vermögen zur Verfügung gestellt werden, damit die Gläubiger befriedigt werden können.
Ferner haben wir eine negative Kritik an das Gesetz zu legen. Bisher habe ich davon gesprochen, was man zusätzlich noch an Mitteln dem Lastenausgleichsfonds hinzufügen könnte, dem Ausgleichsfonds hinzufügen könnte, der jetzt zur Verteilung zur Verfügung steht; aber das, was bisher im Gesetzentwurf vorgesehen ist, kann auch nicht in der Art und Weise bleiben, wie es bisher war. Ich erinnere beispielsweise daran, daß es völlig untragbar ist, die Saldierung erst bei 400% des eigenen Schadens zur vollen Auswirkung zu bringen. Bei der laufenden Vermögensteuer, die dazu dienen soll, den Ausgleichsfonds zu speisen, wird sie dagegen überhaupt nicht berücksichtigt. Das bedeutet praktisch, daß einer, der große Verluste erlitten hat, zwei Drittel verloren, ein Drittel behalten hat, mit seinem kleinen Restvermögen noch herangezogen werden soll. Das ist eine Ungerechtigkeit, die von den beteiligten Kreisen auch als himmelschreiendes Unrecht empfunden wird, zumal der Betreffende leisten muß, bevor er überhaupt irgend etwas bekommen hat.
Die Vermögensveränderungsklausel des § 67 dieses Gesetzentwurfs wirft ein Schlaglicht auf den Geist des Gesetzes und läßt erkennen, in welcher Mentalität man an die Erarbeitung dieses Gesetzentwurfs herangegangen ist. Man hat in dem § 67 die Bestimmung wörtlich übernommen, die sich im Bewertungsgesetz vorfindet. Es heißt dort, daß anzumelden ist, sobald sich das Vermögen um ein Fünftel des bisherigen Bestandes vergrößert hat. Das bedeutet also: wenn jemand ein Vermögen von 10 000 Mark hat und 2 500 Mark dazu erworben hat, dann werden die 2500 Mark zusätzlich vermögensversteuert. Wenn jemand dagegen ein Vermögen von 1 Million hat, darf er danach 250 000 hinzuerwerben, ohne daß er dieses Vermögen vermögenversteuern muß. Man hat hier nun eine Höchstgrenze von 100 000 DM vorgesehen. Das bedeutet, daß 99 999 DM dem reichen Manne ohne zusätzliche Vermögensbesteuerung bleiben, während der Besitzer von 10 000 DM Vermögen, der 2500 DM zusätzlich erworben hat, dies vermögenversteuern muß. Daß man es in einem Lastenausgleichsgesetz wagt, eine solche Bestimmung vorzuschlagen, halte ich für kennzeichnend.
Weiterhin ist ebenso kennzeichnend wie diese Bestimmung, die verschwinden muß, die Begünstigung der Zinsen und Tilgungsbeträge, die der § 98 für die Wiederherstellung zerstörter Häuser aus der eigenen Arbeit vorsieht. Geliehene Gelder, für die die Banken die Zinsen und die Amortisationsbeträge fordern, dürfen berücksichtigt werden. Aber dem Sparer einen Anreiz zu geben, seinerseits die eigene Verzinsung und die Aufwendungen, die er für Zwecke der Selbsthilfe macht, abziehen zu dürfen, hat man nicht für notwendig gehalten.
Nun noch kurz zu der Bewertung! Die Bewertung nach dem Einheitswert bezüglich der Schäden, die eingetreten sind, ist nach unserer Auffassung vollkommen unerträglich. Man muß berücksichtigen, auf welchen Zufälligkeiten die Einheitsbewertung beruht. Man unterschied zum Beispiel beim städtischen Hausbesitz die Bewertung der Grundstücke nach dem Baujahr, und zwar deswegen, weil die vor dem ersten Weltkrieg erbauten Häuser mit der Hauszinssteuer belastet wurden, die nachher gebauten Häuser nicht. Dabei war die Hauszinssteuer durch zweimalige Kapitalisierung längst bezahlt worden, so daß nunmehr bei der letzten maßgeblichen Einheitsbewertung der Grund für die unterschiedliche Bewertung zwischen den Neubauten und den Altbauten aus der Vorkriegszeit ga nicht mehr bestanden hat. Soll man das nun aufrechterhalten und dem einen, weil er sein 1914 oder 1915 fertig gewordenes Haus hatte, so wesentlich weniger für die Zerstörung anrechnen, als wenn er erst 1919 oder 1920 gebaut hätte? Dabei hat er 1920 womöglich mit wesentlich schlechterer Mark bezahlt. Eine absolute Ungerechtigkeit, so zu verfahren.
Es kommt noch hinzu, daß man beim städtischen Hausbesitz einen Zuschlag für größere Grundstücke machte. Dabei spielt das gar keine Rolle, da nicht das Grundstück, sondern im allgemeinen das Haus zerstört worden ist.
Was nun aber die Bewertung für die Abgabenberechnung selbst angeht, so muß man darauf hinweisen, daß kein Mensch in ganz Deutschland seine Besitzung, gleich, welcher Art sie sei, jemals zum Einheitswert verkauft hat. Beim Einheitswert handelt es sich lediglich um technische Vorschriften. Weil man den Hundertsatz wechselte, kam es auf die objektive Höhe nicht an. Die Preisbehörden, die den richtigen Preis feststellten, haben jedenfalls immer einen höheren Satz gelten lassen. So lange es überhaupt einen Einheitswert gibt, ist. man nie dazu übergegangen, den Einheitswert als n o r malen Maßstab zugrunde zu legen.
Eine andere Frage ist, was tragbar ist. Wenn bei richtiger Bewertung die sich dann ergebenden Sätze nicht tragbar sein sollten, muß das bei der Ratenhöhe berücksichtigt werden.
Die Höhe der Eingliederungshilfe läßt in etwa darauf schließen, was für Gedanken sich das Ministerium bezüglich der endgültig in Betracht kommenden Beträge gemacht hat. Daraus ergibt sich gerade, daß man den Gedanken des Lastenausgleichs gar nicht ernst genommen hat, erst recht, wenn man berücksichtigt, wie schlecht die Saldierung dabei wegkommt, und wenn man berücksichtigt, was man sonst im Interesse der Schonung gerade des Großkapitals alles unternommen hat. Die Höhe der Eingliederungsbeihilfe, die beispielsweise bei einem Wert von 40 000 Mark — das ist kein allzu großes Haus gewesen — nur 7 000 Mark vorsieht, ist absolut undiskutabel.
Vollends die Krone setzt diesem Hohn auf den Lastenausgleich die Regelung der Hausratsentschädigung auf. Wir sind der Ansicht, daß man den Hausrat nicht für die Bemessung der aufzubrin-
genden Abgabe heranziehen soll. Man soll nicht nach der Art des berüchtigten Gesetzes des Wirtschaftsrates in den einzelnen Haushalt hineinschnüffeln wollen. Aber da der Hausrat für die meisten unserer Mitbürger das wesentliche Kapital gewesen ist und da zahlreiche Gläubiger nie wieder in ihrem Leben Gelegenheit haben werden, sich einen vernünftigen Hausrat aus neuen Ersparnissen anzuschaffen — dafür sorgen die gegenwärtigen Verhältnisse schon —, ist es um so wichtiger, daß dieser Hausrat, der von so ungeheurer Bedeutung und für manchen das ganze Vermögen gewesen ist, einigermaßen angemessen entschädigt wird. Als eine solche einigermaßen angemessene Entschädigung kann man die Sätze, die die Vorlage vorsieht, nicht ansehen. 400 Mark, die Höchstgrenze, das ist ein Kochherd. Für 200 Mark kann man noch nicht einmal für ein Bett alles an Matratze, Kissen, Bettzeug und Holz Notwendige bekommen. Und 100 Mark ist ein- dreiviertel Anzug von der Stange. So etwas als Entschädigung anzubieten, wenn einer Familie der ganze Hausrat einschließlich Kleider und Wäsche verbrannt ist, das ist unerhört und erdient nicht mehr den Namen Lastenausgleich.
Man soll nicht glauben, daß die Menschen inzwischen Ersatz an Hausrat bekommen hätten. Es liegt offenbar bei der langsamen und schleppenden Bearbeitung dieses Gesetzes in der Vergangenheit der Gedanke vor, es könnte sich einiges durch Liegenlassen erledigt haben. Aber dem ist nicht so. Wenn Sie in das Volk hineinhorchen und jeden Tag von der bitteren Not gehört haben, die Tatsachen kennen, die an uns Abgeordnete immer wieder herangetragen werden — ich bin überzeugt, daß es den Kollegen aus allen Fraktionen so gegangen ist, die sich jemals damit befaßt haben —, dann würden Sie verstehen, daß man im Volk kein Verständnis für solche mehr als unbilligen Angebote aufbringen kann.
Es ist mit Recht darauf hingewiesen worden, daß der Hausrat vielfach die Existenzgrundlage abgegeben hat, daß der Hausrat vielen alleinstehenden alten Leuten überhaupt erst das Leben ermöglicht hat, weil sie mit den kargen Sätzen ihrer Renten und mit ihren kargen Ersparnissen nicht auskommen konnten. Die Zahl dieser Personen ist um so größer geworden, je mehr unser Volk infolge dieses Krieges verarmt ist.
Endlich müßten wir berücksichtigen, daß die Renten, die gezahlt werden müssen, nicht an eine Höchstgrenze des eigenen Einkommens geknüpft werden dürfen, wie das bisher vorgesehen ist.
In allen diesen Richtungen, meine sehr verehrten Damen und Herren, bereitet das Zentrum eigene Anträge vor, und wir behalten uns vor, in den Ausschußberatungen in dieser Hinsicht Gedanken zu Anträgen formuliert vorzubringen. Wir hoffen dann auf Ihre Zustimmung, damit dieses Gesetz, das den Namen „Lastenausgleich" bis jetzt nicht verdient, wirklich das wird, was die Bevölkerung von ihm erwartet: ein gerechter Ausgleich und eine gerechte Verteilung der Folgen dieses Krieges auf die Schultern derer, die leisten können, also eine Abbürdung für die, die nach dem rohen Gesetz des blinden Zufalls als erste getroffen worden sind und die zum größten Teil diejenigen waren, die am wenigsten in der Lage waren, diese Lasten zu tragen.
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mir von meiner Redezeit noch einen erheblichen Teil aufgespart, den ich keinesfalls auszunützen gedenke. Ich habe es nur getan, weil man ja nie wissen kann, obwohl ich meine Bemerkungen, glaube ich, recht sachlich vorgetragen habe. Es ist schließlich heute der letzte Tag, an dem man über den Lastenausgleich noch einmal in Unkenntnis der Tatsachen reden kann.
Aber bevor ich auf Einzelheiten eingehe, lassen Sie mich eins sagen, damit es nicht vergessen wird. Es ist vorhin der Wunsch geäußert worden, man solle den Lastenausgleichsgesetzentwurf nicht nur dem Lastenausgleichsausschuß, sondern auch noch einigen anderen Ausschüssen überweisen. Meine Damen und Herren! Als ein Mann, der für sich in Anspruch nehmen kann, seit Jahren ernsthaft an diesem Problem zu arbeiten, möchte ich Ihnen dazu folgendes sagen, nicht nur als meine Meinung, sondern auch als die Meinung aller meiner Freunde. Wenn wir mit der Geschichte überhaupt fertig werden wollen, dann dürfen wir diesen Entwurf nur in den Lastenausgleichsausschuß tun.
Zweifellos werden sich eine Reihe von Spezialfragen ergeben. Zweifellos wird in der einen oder anderen Angelegenheit auch die Meinung eines anderen Ausschusses eingeholt werden müssen. Wenn wir aber nach dem sonst im Hause oft geübten Verfahren diesen Gesetzentwurf auch nur an zwei Ausschüsse überweisen, wäre überhaupt nicht abzusehen, wann wir mit der Angelegenheit fertig werden sollten. Deshalb meine dringende Bitte an Sie alle: Überweisen Sie diesen Gesetzentwurf zur weiteren Bearbeitung nur an den Lastenausgleichsausschuß.
Nun gestatten Sie mir noch ein paar Bemerkungen im Zusammenhang mit der Debatte, die hier heute geführt worden ist. Einige der Redner — und da die temperamentvollsten — haben so ausdrücklich nach unsere Seite herübergesprochen, als ob wir diejenigen wären, die diesen Gesetzentwurf eingebracht hätten.
Soweit die Redner zu den Koalitionsparteien gehören, liegt ihnen diese Wendung vielleicht deswegen so nahe, weil sie sich dann ersparen können, sich da auseinanderzusetzen, wo sie eigentlich ihre Kritik hätten anbringen sollen.
Ich möchte aber der Deutlichkeit halber feststellen, daß es sich hier bei dem Gesetzentwurf, der so rücksichtslos, eigentlich von allen Seiten so rücksichtslos kritisiert worden ist, nicht um einen Gesetzentwurf der sozialdemokratischen Fraktion handelt, sondern um einen Gesetzentwurf, den die Bundesregierung eingebracht hat. Wer für diese Bundesregierung die Verantwortung trägt, ist ja allgemein bekannt, und daß wir sie nicht tragen, glücklicherweise nicht tragen, ist auch bekannt, sollte auch in der Öffentlichkeit keineswegs übersehen werden.
Eine persönliche Bemerkung oder eine direkte Bemerkung an Herrn Kather. Ich sehe, daß er sich nicht mehr im Hause befindet; offenbar hat er sich vorhin so echauffiert. Herr Kather hat gesagt, ich hätte gesagt, ich möchte vom Recht nicht viel hören. Ich habe daraufhin einen sehr deutlichen Zwischenruf gemacht; er steht auch im Protokoll verzeichnet. Meine Damen und Herren! Das, was Herr Kather von mir behauptet, wird außer ihm niemand von
Ihnen gehört haben. Ich will von der Sorte Recht nicht hören, das nur für Leute gelten soll, die einen Vermögensverlust nachweisen können, und ich mag von der Berufung auf ein solches Recht nicht hören. Das Recht, scheint mir, das mit jedem neugeboren wird, verbietet auch einen derartigen Mißbrauch dieses Wortes.
Ich möchte zur Sache noch feststellen, daß niemand, nicht einmal der Gesetzentwurf der Bundesregierung, davon redet, daß die Eingliederungshilfe nur aus Krediten bestehen soll. Alles, was da beabsichtigt ist und was man über den Gesetzentwurf hinaus sonst noch machen kann, ist Herrn Kather offenbar entgangen. Er hat sich auf eine Bischofskonferenz berufen. Ich würde ihm gern direkt ins Gesicht sagen, daß es auch noch eine andere Stellungnahme einer anderen gleich ehrenwerten Versammlung gibt. In Passau hat ein Katholikentag ausdrücklich gesagt, daß derjenige, der schon etwas hat oder noch etwas hat, sich zum Lastenausgleich bitte gar nicht melden möge. Es gibt also auch die se Auffassung. — Da Herr Kather offenbar den Schluß der Debatte nicht abwarten konnte — obwohl es immerhin erst 8 1/4 Uhr ist —, muß er es dann eben im Protokoll nachlesen.
— Das Thema ist es gewiß wert, daß man ein bißchen ausharrt.
Wir haben heute wieder eine Propagandarede gehört, wie so oft, und Maß und Zahl dieser Dinge sind Herrn Kather absolut nicht vertraut.
Er teilt sein Schicksal mit all denen, die sich mit dem Lastenausgleich nur in irgendwelchen Verbänden von irgendeinem Interessentenstandpunkt aus befaßt haben. Im Interesse einer harmonischen Behandlung des ganzen Themas in diesem Hause, insbesondere auch, um die Ausschußarbeit für alle fruchtbar zu machen, darf ich seiner Fraktion vielleicht raten, Herrn Kather doch in den Lastenausgleichsausschuß zu schicken, zumal das die letzte Gelegenheit ist, die harten Tatsachen kennenzulernen, die man bewältigen muß, wenn man über den Lastenausgleich reden will.
Herr Nöll von der Nahmer hat gesagt, es gehe hier um das Prinzip des Privateigentums, und er hat darauf hingewiesen, das Privateigentum als grundsätzliche Einrichtung werde in Gefahr gebracht, wenn man nicht die Rechte, die sich aus verlorenem Privateigentum ergäben, in entsprechend hohem Umfange honoriere. Ich will mich dazu im einzelnen nicht äußern, möchte jedoch folgende Feststellung treffen: Wenn diejenigen, denen ihr Privateigentum erhalten geblieben ist, alle dieser Meinung sind, dann werden wir in der weitgehenden Ausschöpfung aller Möglichkeiten des Aufkommens keine Schwierigkeiten haben, denn die müssen es sich dann sehr gern etwas kosten lassen, das Privateigentum als Einrichtung zu schützen, indem sie es auch für die wieder herstellen, die es früher mal gehabt und dann verloren haben.
Im übrigen geht es nach meiner Ansicht hier gar nicht um irgendein Prinzip. Es geht hier nicht um ein — so haben Sie gesagt — sozialistisches Prinzip oder um ein anderes Prinzip, für das Sie unser Verständnis erbitten. Bei unseren Überlegungen zum Lastenausgleich haben wir uns von prinzipiellen Fragen, etwa gar von Grundsatzfragen des Sozialismus keineswegs leiten lassen. Wir haben uns bemüht, die Grenzen des Möglichen zu sehen und in den Rahmen dieses Möglichen zuerst das hineinzustellen, was am dringendsten ist. Da scheint uns die Sorge für die Alten und für die Leute, die sich nicht allein helfen können, allen anderen Sorgen voranzugehen. Das scheinen uns weiter die Maßnahmen zu sein, die geeignet sind, allen, die arbeiten können, die Möglichkeiten dafür zu schaffen. Ich sage noch einmal, was ich vorhin schon angedeutet habe: Wer dann darüber hinaus einem Prinzip zuliebe noch mehr tun will als das, was jetzt vordringlich ist, der muß sich das eben etwas kosten lassen.
Es ist gesagt worden, es komme gar nicht in Frage, daß man den öffentlichen Haushalten etwa irgendwelche Fürsorgelasten zu Lasten des Lastenausgleichs abnehme. Ich habe mir vorhin ein Beispiel zu bringen erlaubt: jene alte Frau, die, ohne ein nennenswertes Vermögen gehabt zu haben, in Zusammenhang mit der Vertreibung ihre Existenzgrundlagen verloren hat. Ich habe meiner Meinung dahin Ausdruck gegeben, daß sie in vollem Umfange in den Lastenausgleich hineingehört, nicht aber etwa in die öffentliche Fürsorge.
Es geht hier nicht darum, daß man der öffentlichen Fürsorge irgendwelche Lasten abnimmt und dadurch diejenigen in ihren Rechten beeinträchtigt, die mit einer langen Liste von Vermögensschäden aufwarten können, sondern es geht darum, daß der öffentlichen Fürsorge, d. h. den Steuerzahlern und der Allgemeinheit, nicht Lasten aufgebürdet werden sollen, die in den Lastenausgleich gehören.
Herr Abgeordneter Tichi hat unter anderem gesagt, daß es geradezu ein Jammer gewesen sei, zu sehen, wie etwa der Bundesrat ein solches Gesetz in dreiviertel Stunden — oder was weiß ich — erledigt hat. Ich bin glücklicherweise nicht Mitglied des Bundesrates. Ich gehöre nicht einmal zu denen, die den Bundesrat für eine unabdingbare Einrichtung halten. Ich bin ja in diesem Sinne kein Föderalist.
Der Bundesrat mag sich selber mit Herrn Tichi auseinandersetzen, ob Herr Tichi — verzeihen Sie —oder wer es war, Herr Kather oder sonst jemand, das Recht hat, festzustellen, was zulässige oder unzulässige politische Einmischung des Bundesrates ist.
Ich möchte nur, weil hier ein vollkommen falscher Eindruck entstehen könnte — den zu verhindern wir ein gemeinsames Interesse haben —, Herrn Tichi folgendes sagen. Der Bundesrat hat sich keineswegs so im Galopp mit einem so wichtigen Gesetz auseinandergesetzt und hat da alles mögliche abserviert, was Herr Kraft, der sich dankenswerterweise für den Posten des Finanzministers in Schleswig-Holstein zur Verfügung gestellt hat, da vorgetragen hat. Vielleicht findet der Herr Kollege Tichi, der meines Wissens ja auch wohl Mitglied des Lastenausgleichsausschusses ist, bis zum Beginn der Beratungen — also spätestens wohl bis übermorgen — Zeit, das sehr ausführliche Material recht gründlich zu studieren, das der Bundesrat durch seinen Arbeitsstab erarbeitet hat. Ganz egal, ob man es sich zu eigen machen will: man kann, nachdem dieses Material da ist, jedenfalls nicht mehr die Behauptung aufstellen, daß irgendeine deutsche gesetzgebende Körperschaft
oder an der Gesetzgebung mitwirkende Körperschaft, wie der Bundesrat, über solch ein Gesetz, das das Schicksal von Millionen von Menschen angeht, einfach so aus dem Handgelenk entschieden habe. — Das sind die Fragen, die zu behandeln mir am meisten am Herzen liegt.
Noch eins. Das öffentliche Eigentum ist hier von mehreren Seiten mit großer Freimütigkeit und großer Freigebigkeit in Anspruch genommen worden. Der Staat und alle anderen ähnlichen Einrichtungen, die Länder, die Gemeinden usw., haben bekanntlich keinen Anspruch an den Lastenausgleich.
Auch an diesen Vermögen sind sehr erhebliche Schäden entstanden. Dieses Vermögen dient nicht einzelnen; es ist in dem Sinne alles andere als Privatvermögen, sondern es dient Aufgaben, die ohnehin schon dadurch schwer beeinträchtigt werden, daß dieses Vermögen zum Teil verlorengegangen ist.
- Natürlich haben die keinen Anspruch! Das fehlte auch gerade noch! Die sollen nur b e lastet werden! Und wenn sie hier Ansprüche anmelden —, na, wir reden dann im Ausschuß darüber, wie das gemacht werden soll. In dieser Frage scheint mir der Gesetzentwurf der Regierung sehr klar zu sein. Das öffentliche Eigentum dient ganz- anderen Zwecken, es dient allgemeinen Zwecken. Wir werden hier, wie gesagt, mit aller Entschiedenheit den Standpunkt vertreten, daß es frei bleiben sollte.
Bitte, erkundigen Sie sich, was es für den Haushalt nicht nur der Länder, sondern auch der Gemeinden bedeuten würde, wenn der Lastenausgleich zu einem so erheblichen Teil auf diese Stellen abgeschoben würde. Nicht nur die Länder, sage ich, sind hier im Gedränge, sondern auch die Gemeinden. Bedenken Sie, was es für die Selbstverwaltung, diese einzige sichere Grundlage in der Demokratie, bedeuten würde, wenn man sie hier mit einer Aufgabe bedenken würde, die ihr nicht zukommt, nur weil man diese Aufgabe von anderen, denen sie sehr wohl zukommt, zu diesem Teil venigstens abwenden will. Das ist alles andere als erwünscht, es wird auch Ihnen nicht erwünscht sein.
Im übrigen werden wir uns über alle diese Dinge in den Ausschußberatungen im einzelnen, aber dann an Hand von Zahlen und in Kenntnis der harten Tatsachen auseinandersetzen müssen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Es liegt ein Antrag auf Überweisung an den Lastenausgleichsausschuß vor. Es ist zwar von dem letzten der Herren Redner davon gesprochen worden, daß Anträge auf Überweisung an einen anderen Ausschuß vorlägen. Sie liegen aber nicht vor.
— Mir liegen andere Anträge nicht vor; ich möchte das ausdrücklich feststellen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag auf Überweisung an den Ausschuß für Lastenausgleich. Ich bitte diejenigen, die diesem Antrag zustimmen, die Hand zu erheben. - Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Aufhebung des § 29 des Gesetzes zur Milderung dringender sozialer Notstände (Nr. 1799 der Drucksachen).
Dieser Punkt ist inhaltlich eigentlich bei Punkt 1 mit behandelt worden. Infolgedessen hat der Ältestenrat auch vorgesehen, keine Aussprache stattfinden zu lassen. Wird das Wort zur Begründung seitens der Regierung gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Die Begründung ist auch bereits gegeben.
Es liegt der Antrag auf Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Lastenausgleich vor. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Wirths, Dr. Schäfer und Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Eigentum an Wohnungen und gewerblichen Räumen .
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (Nr. 1802 der Drucksachen). (Erste Beratung: 23. Sitzung.)
Das Wort zur Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Dr. Brönner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der dem Hohen Hause vorliegenden Drucksache Nr. 1802 habe ich über die Beratungen des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen über den von den Abgeordneten Wirths, Dr. Schäfer und Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über das Eigentum an Wohnungen und gewerblichen Räumen, Drucksache Nr. 252 vom 30. November 1949, zu berichten. Schon unter dem 8. November 1949 haben die Abgeordneten Neuburger, Albers, Graf von Spreti, Bausch und Genossen einen Antrag betreffend Vorlage eines Gesetzentwurfs über das Miteigentum an Wohneinheiten eingereicht. Er trägt die Nr. 168. Nach der Annahme des vorliegenden Gesetzentwurfs soll dieser Antrag für erledigt erklärt werden.
Der Initiativgesetzentwurf der FDP, Drucksache Nr. 252, kam am 14. Dezember 1949 in der 23. Sitzung zur ersten Beratung. Der Herr Kollege Dr. Schneider hat den Entwurf erläutert. Eine weitere Aussprache hat damals nicht stattgefunden. In der 30. Sitzung am 25. Januar 1950 hat der Präsident Dr. Köhler in der Form einer Mitteilung erklärt, daß gemäß einer Vereinbarung im Ältestenrat der Entwurf eines Gesetzes über das Eigentum an Wohnungen und gewerblichen Räumen, Drucksache Nr. 252, in bezug auf die erste Beratung als erledigt und gleichzeitig als an die Ausschüsse für Rechtswesen und Verfassungsrecht, für Wiederaufbau und Wohnungswesen sowie für Bau- und Bodenrecht überwiesen gilt.
Zuerst mußte sich damals der Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen mit der Beratung des Gesetzentwurfs zum ersten Wohnungsbaugesetz beschäftigen. In der Sitzung vom 4. Mai 1950 fand die erste Beratung des Gesetzentwurfs statt. An der Sitzung vom 27. September 1950 nahm
zum ersten Mal Herr Dr. Weitnauer vom Bundesjustizministerium teil. Er hat sich als ein scharfsinniger Jurist und hervorragender Kenner des Stoffes erwiesen. Nach einer eingehenden Grundsatzdebatte und nach reichlichen Beratungen des materiellen Inhalts hat Herr Dr. Weitnauer den Stoff in eine klare juristische Form gebracht und dem Ausschuß vorgelegt. Denselben Entwurf hat das Justizministerium dem Kabinett zugehen lassen, das ihn kürzlich verabschiedete und dem Bundesrat zuleitete. Trotzdem glaubt der Ausschuß, daß auf den Eingang des Gesetzentwurfs vom Bundesrat nicht gewartet werden muß, weil der uns vorliegende Gesetzentwurf im Bundesjustizministerium mit Vertretern der Länder durchgesprochen wurde. Es darf daher angenommen werden, daß im Bundesrat keine Bedenken von Bedeutung gegen dieses Gesetz erhoben werden.
Die langwierigen Beratungen des Entwurfs wurden zusammen mit dem Ausschuß für Bau- und Bodenrecht durchgeführt. Ein besonderes Verdienst um den Gesetzentwurf hat der Herr Kollege Wirths. Er war der Vorkämpfer dieses Gesetzes, hat wertvolles Material beigebracht und seine umfassenden Kenntnisse und Erfahrungen mit stärkstem persönlichen Einsatz zur Verfügung gestellt. Als der Entwurf in dritter Lesung von den beiden Ausschüssen zu Ende beraten war, hat der Vorsitzende des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen, Herr Kollege Lücke, sich mit dem Vorsitzenden des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht, Herrn Kollegen Laforet, wegen der Beratung des Entwurfs durch den Rechtsausschuß in Verbindung gesetzt. Bald darauf erhielt Herr Kollege Lücke einen Brief des Herrn Kollegen Laforet des Inhalts, daß von seiten des Rechtsausschusses keine Erinnerungen gegen den Gesetzentwurf erhoben werden.
So liegt nun der Gesetzenwurf vor Ihnen. Er hat ein erheblich anderes Gesicht als der Entwurf in der Drucksache Nr. 252, enthält aber den gleichen sachlichen Stoff. Die Ausschußberatungen wurden wie beim ersten Wohnungsbaugesetz mit äußerster Sachlichkeit und Einmütigkeit geführt. Es gab keine Kampfabstimmungen, es gab keine einseitigen politischen Interessen. Wir waren uns in dem Willen einig, ein möglichst brauchbares Gesetz für das neue Wohnungseigentum zu schaffen. Wir haben uns auch mit den zahlreichen Bedenken und Schwierigkeiten auseinandergesetzt. Eine in jeder Beziehung vollkommene Lösung ist kaum möglich. Aber wir glauben, die im Rahmen unseres Rechtssystems verhältnismäßig beste Lösung gefunden zu haben. Die Länder und die Städte warten auf das Gesetz, das ein dringendes wohnwirtschaftliches Bedürfnis befriedigt. Der Herr Kollege Laforet hat zu dem Gesetzentwurf kurz und treffend gesagt: „Neue Zeiten fordern neue Maßnahmen." Der Ausschuß legt Ihnen in dem Gesetzentwurf den Weg zu dem neuen Wohnungseigentum vor.
Gestatten Sie mir zunächst eine allgemeine Einführung in das Gesetz, weil es mir zum Verständnis notwendig erscheint. Wir haben zur Zeit nur die zwei alten und klassischen Rechtsformen in bezug auf die Wohnungen, einmal die Wohnung im eigenen Haus und dann die Mietwohnung. Die Wohnung im eigenen Haus mit einer oder zwei Wohnungen ist und bleibt die idealste Form des Wohnens. Aber dieses eigene Haus setzt reichlich Eigenkapitalvoraus, das nicht jeder aufbringen kann. Daher ist die Mietwohnung nur ein Ausweg. Er bleibt immer unbefriedigend. Der Mensch hat eine natürliche starke Sehnsucht nach einer dauernden Sicherung seiner Wohnung, nach einem Herrsein in der Wohnung und nach einer Verbindung seiner Wohnung mit einem Stück Grund und Boden. Diese natürliche Sehnsucht kann nur erfüllt werden durch ein gesichertes Eigentum an einem Haus oder wenigstens an einer Wohnung. Das Hauseigentum ist nach unserer derzeitigen Rechtslage die einzige Form des Eigentums an einer Wohnung. Wer nicht genug Eigenkapital zum Bauen hatte, mußte eine Mietwohnung beziehen. Da nun das Bauen immer teurer wird und weil deshalb der einzelne immer mehr Eigenkapital benötigt, das er aber nicht hat, deshalb sind immer mehr Menschen auf die Mietwohnung angewiesen. Es entstehen die großen Mietskasernen, in denen die Menschen immer fremd bleiben. Wir müssen der Masse der Menschen Eigentum geben und sie mit dem Grund und Boden verwurzeln; dann wird die Wohnung zu einem geliebten Heim; dann wird gespart, um die Schulden wegzubringen und den Kindern ein freies Vermögen zu sichern; dann ist man bereit dieses Eigentum auch zu verteidigen.
Zu diesen bekannten Erwägungen kommen aus der neuesten Zeit noch folgende Überlegungen. Es hat sich eingebürgert, daß verlorene oder zinslose oder verzinsliche Zuschüsse ohne Sicherheit an Bauherren gegeben werden, um in einem Neubau eine Wohnung zu erhalten. Wenn dieser Neubau nicht zu Ende geführt wird oder wenn der Bauherr nach dem Einzug des Mieters in Konkurs gerät, dann hat der Geldgeber das Nachsehen. Wenn er aber mit seiner Geldhingabe Eigentum an dem Gebäude und an einer Wohnung erhält, dann ist seine Einzahlung nicht mehr gefährdet. Wir wollen nun den Wohnungsuchenden mit Eigenkapital ein Rechtsinstitut in dem neuen Wohnungseigentum bieten, damit sie ihren Baukostenzuschuß nicht mehr verlieren können .
Bei den hohen Baupreisen kommen immer weniger Menschen zu einem eigenen Haus. Diese Entwicklung ist bedauerlich; denn das eigene Wohnhaus ist und bleibt das Wohnungsideal. Wir wollen durch dieses Gesetz auch niemand vom Plan abbringen, ein eigenes Haus zu bauen; wir wollen vielmehr, daß ein guter Teil der künftigen Mieter nicht ewig in Miete bleibt, sondern Eigentum an einer Wohnung erwirbt. Die Zahl der Mieter soll verringert werden. Das Gesetz soll für die heutigen und die künftigen Mieter einen Anreiz bieten, Wohnungseigentümer zu werden. Ein eigenes Haus kann sich nicht jeder bauen, weil es zu teuer ist und weil es gar nicht genug Bauplätze gibt; aber ein Wohnungseigentum oder ein Dauerwohnrecht kann jeder erwerben, der imstande und gewillt ist, eine Zeitlang regelmäßig zu sparen. Wenn dieses Gesetz in seinem tiefsten Sinn erfaßt und von weiten Volkskreisen durch Wohnsparen für ein Wohnungseigentum benutzt wird, dann kann es für unseren sozialen Fortschritt Wunder wirken.
Das Gesetz hat vor allem eine große Bedeutung für den Wiederaufbau der zerstörten Städte, insbesondere der Stadtkerne. Die Altstadt von Köln ist heute noch ein Trümmerhaufen. Zunächst muß das kommende Baulandbeschaffungsgesetz eine Handhabe für die Zusammenlegung der einzelnen Parzellen bieten. Dann können sich die Grundeigentümer zusammenschließen, jeder bringt seinen Grund und Boden und dazu noch etwas Bargeld ein, und dafür erhält er einen Laden, Büroräume oder in einem oberen Stockwerk ein Wohnungseigentum.
Er braucht also sein Eigentum an Boden nicht gegen Geld zu verkaufen, sondern behält ein Sacheigentum, ja er erwirbt durch seinen Beitrag in Geld noch ein zusätzliches wertbeständiges Eigentum.
Damit habe ich eine andere wichtige Seite des Wohnungseigentums angeschnitten, nämlich die wertbeständige Anlage der Ersparnisse. Heute wird bekanntlich nicht mehr gespart, weil man Sorge hat, daß man sich für das Geld, das man jetzt spart, nach einem Jahr nicht mehr soviel kaufen kann wie heute. Die Erhaltung der Kaufkraft des gesparten Geldes ist die wichtigste Voraussetzung für das Sparen. Das Vertrauen ist durch die beiden Währungszusammenbrüche und die Preissteigerungen der letzten Zeit erschüttert. Man läuft Gefahr, ausgelacht zu werden, wenn man das Sparen empfiehlt, so notwendig es ist. Die wenigsten Menschen können ihre Ersparnisse in Sachwerten anlegen; die Masse der Menschen ist auf das Geldsparen angewiesen. Diesen Sparern wollen wir eine wertbeständige Geldanlage im Wohnungseigentum bieten. Wir haben die Hoffnung, daß das Wohnungseigentum zum Sparen anlockt und daß die bisherigen Sparer noch mehr auf die Seite bringen, um das Ziel möglichst bald zu erreichen.
Nun einige Worte über die bisherigen Bestrebungen zum Wohnungseigentum! In der letzten Zeit wurden ernstliche Versuche gemacht, ein Wohnungseigentum oder ein Wohnungsnutzungsrecht auf der Grundlage des geltenden Rechts zu schaffen, und zwar erstens über das Miteigentum nach Bruchteilen auf Grund der §§ 1008 bis 1011 BGB, zweitens über eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit nach § 1093 BGB und drittens über Art. 131 des Einführungsgesetzes zum BGB, der die Ausgestaltung der Miteigentümergemeinschaft zum sogenannten unechten Stockwerkseigentum dem Landesrecht überläßt. Von dieser letzten Möglichkeit hat das Land Württemberg-Baden mit seinem Gesetz über das Miteigentum nach Wohneinheiten Gebrauch gemacht. Bayern hat eine ähnliche Regelung vorbereitet. Alle diese Versuche haben aber zu keiner einwandfreien und befriedigenden Lösung geführt. Außerdem besteht die Gefahr einer Rechtszersplitterung. Daher wird es von Fachleuten als eine Notwendigkeit erachtet, eine neue, vollkommenere und bundeseinheitliche gesetzliche Regelung zu schaffen. Dies ist in dem vorliegenden Gesetzentwurf geschehen, durch den ein Wohnungseigentum und ein Dauerwohnrecht gesetzlich eingeführt werden.
Das „Wohnungseigentum" bezieht sich sprachlich nur auf eine Wohnung. Der Ausschuß ist aber der Auffassung, daß neben dem Eigentum an Wohnungen auch Eigentum an gewerblichen Räumen möglich sein soll. Dabei ist an Läden, Gewerberäume, Praxisräume und anderes gedacht. Das Eigentum an solchen Räumen wird im Gesetzentwurf als „Teileigentum" bezeichnet. Ebenso ist neben dem „Dauerwohnrecht" an Wohnräumen ein „Dauernutzungsrecht" an gewerblichen Räumen im Gesetz vorgesehen.
Gegen das Teileigentum und das Dauernutzungsrecht an Räumen wurden im Ausschuß zunächst Bedenken geäußert, weil wir nur für den Wohnungsbau, nicht aber für gewerbliche Räume zu sorgen haben. Gegen diese Bedenken wurde angeführt, daß es für die Bewohner von Wohnblocks sehr wertvoll ist, wenn sie ihre Einkäufe in der Nähe tätigen und nahegelegene Handwerksbetriebe aufsuchen können, und daß daher auch an gemischt-genützte Gebäude gedacht werden muß. Deshalb wurde auch dieses „Teileigentum" und das „Dauernutzungsrecht" an gewerblichen Räumen in den Gesetzentwurf aufgenommen.
Es kommt nun darauf an, daß sich diese neuen Rechtsformen bewähren, daß sie den Interessenten vorteilhaft erscheinen, möglichst viel Anwendung finden, dem Wohnungsbau weitere Gelder zuführen, mehr Eigentum an Wohnungen schaffen und damit die Erwartungen erfüllen.
Nun darf ich das Wohnungseigentum etwas näher erläutern, da es doch eine nicht ganz einfache Angelegenheit ist. Das neue Wohnungseigentum unterscheidet sich zunächst von dem sogenannten Stockwerkseigentum. Diese Rechtsform war im älteren deutschen Recht weit verbreitet. Im geltenden deutschen Recht hat sie nur noch eine geringe Bedeutung. In Württemberg ist sie noch am häufigsten zu finden.
Das neue Wohnungseigentum schaltet die Schattenseiten des alten Stockwerkseigentums aus. Die Streitigkeiten beim Stockwerkseigentum beruhen auf der ungenügenden Abgrenzung der Räume und Wohnungen, ferner auf der unzulänglichen Regelung der Rechtsverhältnisse der Stockwerkseigentümer untereinander. Diese beiden Gefahren werden beim neuen Wohnungseigentum vermieden. Ferner wird das neue Rechtsinstitut, soweit eben möglich, in unser allgemeines Rechtssystem eingebaut.
Zum richtigen Verständnis des Gesetzes sei zunächst darauf hingewiesen, daß das Wohnungseigentum des Gesetzentwurfs aus einer Verbindung von Miteigentum und Sondereigentum besteht. In dem Gesetzentwurf wird vom Miteigentum ausgegangen, vor allem weil sich das Wohnungseigentum auf diese Weise zwanglos in unser bürgerliches Recht einfügen läßt. Das gemeinschaftliche Eigentum gehört allen Wohnungseigentümern gemeinschaftlich und enthält die Summe der Miteigentumsanteile; diese bilden eine Rechts- und Werteinheit mit dem jeweils zugehörigen Sondereigentum. Das gemeinschaftliche Eigentum wird beschränkt durch die bestehenden Sondereigentumsrechte. Das Miteigentum verbindet die Bewohner zu einer engen rechtlichen Gemeinschaft. Eine solche Gemeinschaft bedingt natürlich auch Gefahren, die aber gesetzlich und vertraglich möglichst ausgeschaltet werden müssen und können. Das Sondereigentum umfaßt das Eigentum an der Wohnung oder an anderen Räumen, ferner an bestimmten Bestandteilen des Gebäudes und an Einrichtungen, die nicht zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören.
Die materielle Aufteilung eines Gebäudes im Hinblick auf das Eigentum sieht folgendermaßen aus. Wir haben materielle Teile im gemeinschaftlichen Eigentum und im Sondereigentum. Zum gemeinschaftlichen materiellen Eigentum gehören der Grund und Boden, das ganze tragende Mauerwerk, das Treppenhaus. überhaupt alles, was nicht im Sondereigentum steht. Eine sachliche genaue Aufteilung oder Festsetzung eines Anteils an dem gemeinschaftlichen Eigentum ist nicht möglich, weil der Anteil nicht ausgeschieden ist; er besteht in einem rechnerischen Bruchteil. Dagegen ist das Sondereigentum materiell bestimmt. Es besteht aus einer bestimmten Wohnung oder aus einem bestimmten Raum in einem Gebäude und aus gewissen zu diesen Räumen gehörenden Bestandteilen des Gebäudes. Gewisse Installationen in dem Haus können auch Sondereigentum sein, wenn sie nur zu diesen Räumen gehören. Um Zweifel darüber auszuschalten, was in einem Gebäude zum
Sondereigentum und was zum gemeinschaftlichen Eigentum gehört, werden zweckmäßigerweise vertragliche Vereinbarungen unter den Miteigentümern getroffen.
Nun komme ich zu der Gliederung des Gesetzes und zur kurzen Besprechung der einzelnen Paragraphen.
Das Gesetz besteht aus vier Teilen, aus einem Teil über Wohnungseigentum, einem Teil über Dauerwohnrecht, einem Teil über Verfahrensvorschriften und schließlich folgen ergänzende Bestimmungen.
§ 1 gibt zunächst Begriffsbestimmungen. Es kann ein „Wohnungseigentum" an einer Wohnung, ein „Teileigentum" an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen begründet werden. Das Wohnungseigentum enthält zwei rechtliche Bestandteile: das Sondereigentum an einer Wohnung und den Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum des Gebäudes. Das Teileigentum hat denselben rechtlichen Inhalt wie das Wohnungseigentum, nur daß an die Stelle der Wohnung ein nicht zu Wohnzwecken dienender Raum tritt.
§ 2 behandelt die Begründung des Wohnungseigentums.
§ 3 regelt die vertragliche Einräumung von Sondereigentum. Er enthält die grundlegende Vorschrift über die Schaffung des Wohnungseigentums. Es wird vom Miteigentum nach § 1008 des Bürgerlichen Gesetzbuches ausgegangen. Die Miteigentümer können unter sich vereinbaren, daß das Miteigentum an einem Grundstück in der Weise beschränkt wird, daß jedem Miteigentümer ein Sondereigentum an bestimmten Räumen zugestanden wird. Wer Sondereigentum erwerben will, muß zugleich Miteigentümer werden. Das Wohnungseigentum ist also in seiner Verbindung von Miteigentum und Sondereigentum ein besonders gestaltetes Miteigentum. Dieses Wohnungseigentum weicht insofern von § 93 des Bürgerlichen Gesetzbuches ab, als die Wohnungen und bestimmte Bestandteile des Gebäudes zum Gegenstand von Alleineigentum erklärt werden, obwohl sie nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen wesentliche Bestandteile des Gebäudes und des Grundstücks wären. Es ist aber nicht notwendig, daß das ganze Gebäude in Sondereigentumsanteile aufgeteilt ist. Es kann auch ein Teil des Gebäudes, z. B. ein Laden im Erdgeschoß ohne Sondereigentum im Miteigentum der Beteiligten stehen und kann von den Miteigentümern gemeinschaftlich genutzt, z. B. vermietet oder verpachtet werden. Das neue Rechtsinstitut gibt damit einen Spielraum für die Bedürfnisse des praktischen Lebens.
Eine Vereinbarung über die Einräumung von Sondereigentum kann vor oder nach der Erstellung eines Gebäudes getroffen werden. Die künftigen Wohnungseigentümer können sich also zusammenschließen und ihr Wohngebäude hinstellen, oder sie können ein Haus kaufen. Ebenso kann ein Hausbesitzer an einzelne Interessenten ein Wohnungseigentum verkaufen und selbst Wohnungseigentum an mehreren Wohnungen in demselben Gebäude besitzen.
Das Gesetz gilt also nicht nur für Neubauten, sondern auch für bestehende Wohnungsbauten.
Für das Wohnungseigentum gelten grundsätzlich die für Miteigentumsanteile an Grundstücken bestehenden Vorschriften. Das Wohnungseigentum kann also veräußert werden, es kann mit Hypotheken belastet werden, es kann vererbt werden. Für das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander gelten die Vorschriften über das Miteigentum und damit der Gemeinschaft, soweit dieses Gesetz nicht etwas Abweichendes bestimmt. Der Abs. 2 des § 3 verlangt in einer Sollvorschrift, daß die Wohnungen oder sonstigen Räume in sich abgeschlossen sind. Durch die Abgeschlossenheit sollen all die Streitigkeiten vermieden werden, die im Stockwerkseigentum wegen der unklaren rechtlichen Verhältnisse entstanden sind.
Die Einzelheiten über diese „Abgeschlossenheit" werden nach § 59 dieses Gesetzes durch Richtlinien festgelegt. Es wurde die Form einer Sollvorschrift gewählt, damit die Rechtswirksamkeit der Eintragung von Sondereigentum nach der Eintragung in das Grundbuch nicht in Zweifel gezogen werden kann.
§ 4 enthält Formvorschriften für die Einräumung und Aufhebung des Sondereigentums.
§ 5 bestimmt den Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums.
In Abs. 1 werden Gegenstand und Inhalt positiv dargelegt, in Abs. 2 negativ. Diese Bestimmungen von zwei Seiten her lassen erkennen, daß die Abgrenzung des Sondereigentums vorn gemeinschaftlichen Eigentum nicht ganz einfach ist. Zum Sondereigentum gehören nach Abs. 1: die Wohnung oder der Raum; dann die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne daß dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers beeinträchtigt wird. Die äußere Gestaltung des Gebäudes darf also nicht verändert werden.
Absatz 2 bestimmt, was nicht Gegenstand des Sondereigentums sein kann, nämlich die Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, z. B. das tragende Mauerwerk und das Dach, dann die Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Miteigentümer dienen, z. B. das Treppenhaus, die gemeinschaftliche Wasserleitung.
Über das Sondereigentum kann der Wohnungseigentümer frei verfügen, während ihm das Recht auf eine Veränderung oder Beseitigung von gemeinschaftlichem Eigentum nicht zusteht.
Abs. 3 gibt die Möglichkeit einer Vereinbarung, daß Gegenstände, die im Sondereigentum stehen könnten, zum gemeinschaftlichen Eigentum erklärt werden. Der Wohnungseigentümer darf dann an solchen Teilen keine Veränderungen vornehmen ohne Zustimmung der Miteigentümer.
Im übrigen können die Wohnungseigentümer Vereinbarungen über den Inhalt des Sondereigentums nach den Vorschriften des zweiten und dritten Abschnittes des Gesetzes treffen.
§ 6 behandelt die Unselbständigkeit des Sondereigentums. Er bringt die enge Verbindung zwischen Miteigentumsanteil und Sondereigentum klar zum Ausdruck. Nur beide zusammen bilden das Wohnungseigentum. Wenn das Sondereigentum in einem Wohngebäude aufgehoben wird, dann besteht kein Wohnungseigentum mehr im Sinne dieses Gesetzes, und die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verwandelt sich in die gewöhnliche Miteigentümergemeinschaft des BGB.
§ 7 enthält die Grundbuchvorschriften. Grundsätzlich soll für jedes Wohnungseigentum ein besonderes Grundbuchblatt angelegt werden, in das bestimmte Eintragungen zu machen sind. Von
einem besonderen Grundbuchblatt kann abgesehen
werden, wenn keine Verwirrung zu befürchten ist.
§ 8 gestattet eine Teilung des Eigentums an Gebäude und Grundstück. Nach bisherigem Recht war eine solche Teilung nicht möglich. Jetzt kann der Eigentümer eines Grundstückes durch Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt das Eigentum an dem Grundstück in Miteigentumsanteile teilen, und zwar derart, daß mit jedem Anteil das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung in einem auf dem Grundstück errichteten Gebäude verbunden ist.
§ 9 regelt die Schließung der Wohnungsgrundbücher.
Nach diesen Darlegungen über die Begründung des Wohnungseigentums komme ich zum zweiten Abschnitt über die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Dieser Abschnitt behandelt das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander. Hier besteht weitgehend Vertragsfreiheit der Beteiligten, aber doch soviel Bindung, daß der Friede in einem solchen Gebäude gesichert ist.
§ 10 enthält allgemeine Grundsätze. Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander wird geregelt nach den Vorschriften dieses Gesetzes. Sie können auch von diesem Gesetz abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.
§ 11 sichert die Unauflöslichkeit der Gemeinschaft. Das Wohnungseigentum hat nur dann einen dauernden und gesicherten Wert, wenn die Gemeinschaft nicht einseitig gesprengt werden kann.
§ 12 gibt die Möglichkeit, durch Vertrag eine Veräußerungsbeschränkung durchzuführen.
§ 13 umschreibt die Rechte des Wohnungseigentümers. Diese Rechte erstrecken sich nach drei Richtungen, einmal auf das Sondereigentum, dann auf den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums und schließlich auf die sonstigen Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums. In bezug auf das Sondereigentum hat der Wohnungseigentümer die Rechtsstellung eines Einzeleigentümers. Er kann also die Wohnung bewohnen, er kann sie vermieten oder in sonstiger Weise nutzen und andere von Einwirkungen ausschließen.
§ 14 legt die Pflichten des Wohnungseigentümers fest. Es handelt sich um die Pflichten des Wohnungseigentümers gegenüber dem eigenen und dem fremden Sondereigentum und gegenüber dem gemeinschaftlichen Eigentum. Bei Verstößen des Wohnungseigentümers gegen seine Pflichten haben die Wohnungseigentümer die gewöhnlichen Ansprüche aus Besitz und Eigentumsstörungen. Darüber hinaus ist noch die Klage auf Entziehung des Wohnungseigentums möglich.
§ 15 enthält die Gebrauchsregelung. Die Wohnungseigentümer können den Gebrauch des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums durch freie Vereinbarung regeln. Soweit Vereinbarungen nicht bestehen, können die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit über den ordnungsmäßigen Gebrauch des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums bindende Beschlüsse fassen.
§ 16 behandelt die Nutzungen, die Lasten und die Kosten. Jeder Wohnungseigentümer nimmt an den Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums im Verhältnis seines Anteils teil, wie es im Grundbuch eingetragen ist. Ebenso hat er an den Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums mit zu tragen und sich an den Kosten zu beteiligen. Abweichende Vereinbarungen sind möglich. Diese Nutzungen und Kosten sind, soweit nichts anderes vereinbart ist, nach dem Beteiligungsverhältnis am gemeinschaftlichen Eigentum zu verteilen. Dieses Beteiligungsverhältnis sollte sich streng genommen nach dem Verhältnis des Wertes des Sondereigentums richten. Die Feststellung dieses Wertverhältnisses wäre aber eine sehr schwierige Aufgabe. Das Gesetz überläßt es den Wohnungseigentümern, ihr Anteilverhältnis selbst zu bestimmen. Als Anhaltspunkt wird in der Regel der Anteil an der nutzbaren Grundfläche unter Berücksichtigung besonderer Wertfaktoren, wie das Stockwerk, die Lage der Wohnung zur Sonne und dergleichen, dienen können.
§ 17 bestimmt den Anteil bei Aufhebung der Gemeinschaft.
§ 18 behandelt die Entziehung des Wohnungseigentums. Da die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer grundsätzlich unauflöslich ist, muß ein Rechtsbehelf geschaffen werden, um einen Wohnungseigentümer aus der Gemeinschaft entfernen zu können, insbesondere dann, wenn er sich einer schweren Pflichtverletzung schuldig macht. Gerade das Fehlen einer solchen Vorschrift hat viel dazu beigetragen, das Stockwerkseigentum zu einer Quelle unerträglicher und fortdauernder Streitigkeiten zu machen. Deshalb soll auch diese Vorschrift durch den vorliegenden Zusatzantrag unabdingbar gemacht werden. Wenn daher ein Wohnungseigentümer seine Pflichten so schwer verletzt, daß anderen Wohnungseigentümern die Fortsetzung der Gemeinschaft nicht mehr zugemutet werden kann, so können sie die Veräußerung seines Wohnungseigentums verlangen. Dies ist im einzelnen durch die Absätze 2 und 3 geregelt. Von diesen Vorschriften abweichende Vereinbarungen sind zulässig.
§ 19 behandelt die Wirkung des Urteils auf Entziehung des Wohnungseigentums.
Der dritte Abschnitt behandelt die Verwaltung.
§ 20 gibt einen Überblick über die Gliederung der Verwaltung. Sie bezieht sich nicht auf das Sondereigentum, sondern nur auf das gemeinschaftliche Eigentum. Das Sondereigentum verwaltet jeder Eigentümer selbst. Das gemeinschaftliche Eigentum verwalten grundsätzlich die Wohnungseigentümer, wenn ein solcher aufgestellt ist. Besonders wichtig erschien uns der Abs. 2, wonach die Bestellung eines Verwalters nicht ausgeschlossen werden kann. Von diesem Verwalter und seinen Rechten hängt nämlich die geordnete und friedliche Durchführung des Wohnungseigentums in hohem Maße ab. Das Stockwerkseigentum alter Art konnte auch deshalb nicht befriedigen, weil dieses wichtige Organ fehlte. Der Ausschuß hat diesen Punkt eingehend erörtert und diese Sicherung eingebaut, um mit dem Wohnungseigentum nach Möglichkeit den Frieden zu erhalten.
§ 21 behandelt die Verwaltung durch die Wohnungseigentümer. Grundsätzlich steht die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu, d. h. die Beschlüsse müssen einstimmig sein. Die wichtigsten Angelegenheiten des täglichen Lebens im Hause können jedoch durch Mehrheitsbeschluß geregelt werden.
§ 22 regelt die besonderen Aufwendungen und den Wiederaufbau.
§ 23 behandelt die Form der Beschlußfassung der Wohnungseigentümer. Er sieht eine Wohnungseigentümerversammlung vor.
§ 24 regelt die Einberufung, den Vorsitz und die Niederschrift über die Wohnungseigentümerversammlung. Der Verwalter beruft die Versammlung schriftlich in allen vorgeschriebenen Fällen ein, aber mindestens einmal im Jahr. Die übrigen Bestimmungen lehnen sich an das Vereinsrecht an.
§ 25 behandelt die Mehrheitsbeschlüsse der Versammlung. Jeder Wohnungseigentümer hat nur eine Stimme, ganz gleich, wie groß sein Miteigentumsanteil ist. Die Mehrheitsbeschlüsse sind für alle Wohnungseigentümer verbindlich.
§ 26 befaßt sich mit der Bestellung des Verwalters. Der Verwalter ist nächst der Versammlung der Wohnungseigentümer das wichtigste Organ der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Wohnungseigentümer beschließen durch Stimmenmehrheit über die Bestellung und die Abberufung des Verwalters. Wenn ein Verwalter fehlt, wird auf Antrag vom Richter ein solcher bestellt.
§ 27 regelt die Aufgaben und Befugnisse des Verwalters. Der Ausschuß hat dem Verwalter ganz bewußt eine starke Rechtsstellung gegeben, weil der Verwalter nur dann seine Aufgaben erfüllen und die Ordnung im Hause erhalten kann.
Herr Abgeordneter, darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß es nicht Aufgabe des Berichterstatters ist, Inhaltsangaben über ein Gesetz zu machen, sondern im wesentlichen die Beweggründe für die Beschlüsse des Ausschusses darzulegen.
§ 28 handelt über den Wirtschaftsplan und die Rechnungslegung.
§ 29 sieht einen Verwaltungsbeirat vor. Darüber war man sich einig, daß nicht in jedem kleinen Haus ein Verwaltungsbeirat aufgestellt wird. Daher wurde hier kein Zwang festgelegt, sondern es wurde dem freien Beschluß der Wohnungseigentümer anheimgestellt.
§ 30 gibt die Möglichkeit, Wohnungseigentum auch in einem Gebäude zu schaffen, das auf Grund eines Erbbaurechtes errichtet ist.
Der zweite Teil des Gesetzes behandelt das Dauerwohnrecht. Zunächst einige allgemeine Bemerkungen zu diesem zweiten neuen Rechtsinstitut, das durch dieses Gesetz geschaffen wird. Es handelt sich um ein dauerndes Benutzungsrecht. Wenn es sich um eine Wohnung handelt, heißt es ein „Dauerwohnrecht"; wenn es sich um einen nicht zu Wohnzwecken dienenden Raum handelt, dann heißt es ein „Dauernutzungsrecht".
Das Dauerwohnrecht ist dem dinglichen Wohnungsrecht nach § 1093 BGB in gewissem Umfang nachgebildet. Aber im Gegensatz zu diesem ist es ein vererbliches und veräußerliches Recht. Das Dauerwohnrecht kann zwei verschiedene Aufgaben im Rechtsverkehr erfüllen: erstens: es kann etwas Ähnliches wie ein dinglich verstärktes Mietrecht sein mit zeitlicher Begrenzung, insbesondere zur Sicherung der Ansprüche aus einem Baukostenzuschuß; zweitens: es kann besonders in Verbindung mit dem Genossenschaftsrecht zu einem das Eigentum vertretenden Recht auf eine bestimmte Wohnung oder auf bestimmte Räume ausgebildet werden. Der Berechtigte zahlt dann keine Miete, sondern einen Beitrag zur Verzinsung und Tilgung der Grundstücksbelastung und zu den Bewirtschaftungskosten. Wenn die Schulden getilgt sind, müssen nur noch die Bewirtschaftungskosten aufgebracht werden, und der Berechtigte hat fast die Stellung eines Eigentümers.
Das höchstpersönliche Wohnungsrecht des § 1093 BGB wird durch die neue Rechtsform des Dauerwohnrechts nicht ausgeschaltet. Aber das Dauerwohnrecht bietet mehr als das Wohnrecht nach § 1093 des BGB, das als beschränkte persönliche Dienstbarkeit an die Existenz der Person gebunden ist.
Darf ich nun die einzelnen Paragraphen kurz durchsprechen. § 31 gibt die Begriffsbestimmungen des Dauerwohnrechts und des Dauernutzungsrechts. § 32 behandelt die Voraussetzungen der Eintragung dieser Rechte in das Grundbuch. § 33 bestimmt den Inhalt des Dauerwohnrechts. Das Wertvollste an dem Dauerwohnrecht ist. daß es veräußerlich und vererblich ist. § 34 regelt die Behandlung der Ansprüche des Eigentümers und der Dauerwohnberechtigten. § 35 ermöglicht eine vertragliche Veräußerungsbeschränkung.
§ 36 handelt von dem Heimfallanspruch. Der Grundstückseigentümer kann mit dem Berechtigten vereinbaren, daß dieser verpflichtet ist, sein Dauerwohnrecht beim Eintreten bestimmter Voraussetzungen auf den Grundstückseigentümer zu übertragen.
§ 37 betrifft die Vermietung des Dauerwohnrechts. § 38 handelt von der Veräußerung des Dauerwohnrechts und des Grundstücks.
§ 39 betrifft die Behandlung des Dauerwohnrechts in der Zwangsversteigerung. Ein Dauerwohnrecht, das im Rang nach einer Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld oder Reallast im Grundbuch eingetragen ist, würde durch den Zuschlag erlöschen, wenn ein solcher vorhergehender Gläubiger die Zwangsversteigerung betreibt. Um diese Folge zu vermeiden, schafft § 39 eine bisher nicht bekannte Gestaltungsmöglichkeit, damit das Fortbestehen des Dauerwohnrechts im Falle der Zwangsversteigerung gesichert wird.
§ 40 handelt von der Haftung des Entgelts. Die Rechtsstellung des Dauerwohnberechtigten wird gegenüber der eines Mieters verbessert. Die Vorschriften, die die Rechtswirksamkeit von Vorauszahlungen auf den Mietzins in Frage stellen, sind weitgehend ausgeschaltet; dies gibt eine Möglichkeit, die sogenannten Abwohnklauseln bei Baukostenzuschüssen rechtlich zu sichern.
§ 41 enthält einige besondere Vorschriften für langfristige Dauerwohnrechte.
§ 42 besagt, daß auch ein Erbbaurecht mit einem Dauerwohnrecht belastet werden kann.
Ich komme zum Teil III des Gesetzes mit den Verfahrensvorschriften. Im ersten Abschnitt wird das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Wohnungseigentumssachen festgelegt. § 43 regelt die Entscheidungen durch den Richter. Das Gesetz ist bestrebt, Streitigkeiten zwischen den Wohnungseigentümern möglichst zu verhindern, zumindest möglichst schnell zu schlichten. Der § 43 stellt für fast alle Streitigkeiten zwischen den Wohnungseigentümern ein vereinfachtes Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zur Verfügung. In den §§ 44 bis 50 werden die besonderen Vorschriften für das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit festgelegt.
Ich komme zum zweiten Abschnitt des Teils III, in dem die Zuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten geregelt wird. Nach § 51 ist für eine Klage auf Entziehung des Wohnungseigentums auf Grund von § 18 das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk
Idas Wohnungseigentum liegt. Diese Zuständigkeit wurde gewählt, um solche Streitigkeiten möglichst bald zu Ende zu führen. Die Entziehung führt nicht notwendig zu einem Vermögensverlust, da der Wohnungseigentümer, dessen Recht versteigert wird, den Versteigerungserlös erhält. Streitigkeiten über die Auseinandersetzung im Falle der Aufhebung der Gemeinschaft nach § 17 des Gesetzes werden von dem nach den allgemeinen Vorschriften zuständigen Gericht entschieden. Nach § 52 ist für Streitigkeiten zwischen dem Eigentümer und dem Dauerwohnberechtigten über den Inhalt des Dauerwohnrechts nach § 33 und den Heimfall des Dauerwohnrechts ebenso das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk das Grundstück liegt.
Der dritte Abschnitt des Teils III des Gesetzes handelt von dem Verfahren bei der Versteigerung des Wohnungseigentums. Diese Versteigerung im Falle der §§ 18 und 19 ist als freiwillige Versteigerung gestaltet.
Der IV. Teil des Gesetzes enthält einige ergänzende Bestimmungen. Nach § 59 erläßt der Bundesminister für Wohnungsbau im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Justiz Richtlinien für die Baubehörden über die auszufertigende Bescheinigung gemäß § 7 und § 32. Diese Richtlinien sind allgemeine Verwaltungsvorschriften und bedürfen daher nach Artikel 84 Abs. 2 des Grundgesetzes der Zustimmung des Bundesrats.
§ 60 behandelt die Auseinandersetzung über die Ehewohnung im Falle des Wohnungseigentums und des Dauerwohnrechts.
§ 61 regelt die Einheitsbewertung des Wohnungseigentums. Jeder einzelne Wohnungseigentümer hat z. B. die Grundsteuer nur für sein Wohnungseigentum zu bezahlen.
§ 62 stellt das Wohnungseigentum dem Eigenheim gleich. Das Wohnungseigentum ist ein Ersatz für das eigene Einfamilienhaus. Deshalb soll es auch die gesetzlichen Vorteile der Kleinwohnung genießen, wenn es die Voraussetzungen einer Kleinwohnung im Sinne der Vorschriften über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen erfüllt. Zu diesen Vorteilen gehört z. B. die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung wie im eigenen Einfamilienhaus nach der Verordnung vom 26. Januar 1937. Wenn auch auf diese Weise das Wohnungseigentum steuerlich und gebührenrechtlich dem Eigenheim gleichgestellt ist, so sollen durch diese Gleichstellung die Förderungsmaßnahmen für die Kleinsiedlung und das Einzel-Eigenheim mit Garten nicht beeinträchtigt werden. Da es sich beim Wohnungseigentum um Geschoßwohnungen handelt, sollen vielmehr die hierfür vorgesehenen Förderungsmaßnahmen beim Wiederaufbau und Neubau auch für die Errichtung von Eigentumswohnungen angewandt werden.
§ 63 sieht für die Überleitung bestehender Rechtsverhältnisse in die neue Rechtsform dieses Gesetzes wesentlich ermäßigte Gebühren vor. Die Überführung eines bestehenden Wohnhauses in das neue Wohnungseigentum ist freigestellt. Es wird auch noch ein Anreiz für solche Überführungen gegeben, indem die Gebühren auf die Hälfte ermäßigt werden, wenn die Überführung binnen zweier Jahre seit dem Inkrafttreten des Gesetzes geschieht.
Schließlich können durch Landesgesetz Vorschriften zur Überleitung bestehender landesrechtlicher Rechtsverhältnisse in diese neuen Rechtsformen getroffen werden.
Damit bin ich am Ende der Besprechung der einzelnen Paragraphen des Gesetzes.
— Ich habe schon lange den Eindruck bekommen, daß Ihnen diese Darlegungen ziemlich langweilig erscheinen.
Aber ich habe vom Ausschuß die Aufgabe bekommen, diese Rechtsbegriffe und die rechtliche Konstruktion in meinen Darlegungen so klarzulegen, daß nachher jeder Kollege an Handdes stenographischen Berichtes dieser Sache nachgehen und sie um so leichter verfolgen kann. Ich mache es nicht zu meinem Vergnügen, ich mache es wirklich, um der Sache zu dienen.
Meine verehrten Damen und Herren! Ich habe noch einen kleinen Abschnitt über die Stellung der Realkreditinstitute zu diesem Gesetz.
Meine Damen und Herren, ich bitte doch, die Unterbrechungen zu unterlassen; sie fördern nicht den Fortgang der Verhandlung.
Die ganze Zukunft dieses Gesetzes hängt davon ab ob die Realkreditinstitute bereit und imstande sind, auch das Wohnungseigentum zu beleihen, wie sie ein anderes Eigentum beleihen. Das ist die Kernfrage in diesem Gesetz. Wenn das nicht geschieht, dann können wir das Gesetz sofort zu den Akten legen. Unsere ganzen Bemühungen müssen deshalb dahin gehen. Wenn von den Realkreditinstituten Bedenken erhoben, wenn Schwierigkeiten gemacht werden, dann wollen wir Mittel und Wege suchen und finden. Denn dieses Wohnungseigentum wollen wir unter allen Umständen zum Leben erwecken.
An sich können die Realkreditinstitute dieses Wohnungseigentum beleihen, weil sie nach ihren Satzungen und Vorschriften ja auch das Hauseigentum beleihen. Es ist ein Eigentum, ein dingliches Eigentum. Also können alle Realkreditinstitute es beleihen. Aber die Frage ist die: werden sie es auch beleihen wollen? Da können wir bei den Sparkassen anfangen. Die Sparkassen können von ihrer Aufsichtsbehörde eine Empfehlung bekommen, dieses Wohnungseigentum besonders zu berücksichtigen.
Oder ich darf eine Erklärung vom Verband der Lebensversicherungsunternehmen anführen. Ich habe ein Schreiben gesehen, das dieser Verband an Herrn Kollegen Dr. Oellers unter dem 3. April 1950 geschrieben hat, wonach der Verband keine Bedenken hat, dieses Wohnungseigentum zu beleihen.
Eine andere Gruppe, die in dieser Angelegenheit bedeutsam ist, sind die Bausparkassen. Die Bausparkassen haben schon bisher gerade in kleinen Beträgen Eigentum beliehen. Ich bin fest überzeugt, daß sie an erster Stelle bereit sind, dieses Wohnungseigentum zu beleihen.
Wir sind uns ferner darüber einig, daß die öffentlichen Mittel, die heute für den Wohnungsbau jeder Art gegeben werden, genau so für dieses Wohnungseigentum gegeben werden sollten. Ich nehme an, daß die zuständigen Stellen dafür sorgen, daß das Wohnungseigentum nicht weniger gefördert wird als der übrige Mietwohnungsbau.
Schließlich kommt an vierter Stelle das Eigenkapital. Ohne Eigenkapital geht es nicht, weder bei der Erstellung eines eigenen Hauses, noch bei der Schaffung eines Wohnungseigentums, noch bei der Schaffung eines Dauerwohnrechts. Aber wir haben hier eine zuverlässige gesetzliche Unterlage geschaffen. Wir wollen haben, daß sich das Wohnungseigentum einführt. Wir wollen mehr Menschen an das Eigentum heranführen. Wir würden am liebsten die großen Mietskasernen in Wohnungseigentum aufteilen, so daß die Mieter nicht mehr bloß Mieter sind, sondern ein Eigentum an ihrer Wohnung und dadurch ein ganz anderes Lebensgefühl haben, als wenn sie immer nur Mieter bleiben.
Wir können auch Erwägungen darüber anstellen, wie sich dieses Gesetz praktisch auswirkt. Es kommt uns sehr darauf an, daß das Gesetz eine Bedeutung erhält. Einmal ist es möglich, daß Neubauten mit solchem Wohnungseigentum erstellt werden. Aber es ist sehr schwierig, alle diese Interessenten auf eine Ebene zu bringen. Praktisch wird es so werden, daß Bauunternehmer, Wohnungsbaugesellschaften, Bauvereine oder auch Einzelpersonen solche Wohnhäuser mit zahlreichen Wohnungen hinstellen. Wenn diese Wohnungen im Rohbau fertig sind, werden sie die Wohnungen öffentlich anbieten. Sie werden also sagen: Wenn Sie 3000, 4000 oder 5000 DM zur Verfügung stellen, bekommen Sie die bestimmte Wohnung, die Sie sich im Rohbau ansehen können. Dann wird das Haus fertiggestellt, und er hat sein Wohnungseigentum. Genau so kann ein bestehendes Wohnhaus aufgeteilt werden. Wir wünschen, es möge einmal Wohnungseigentum so käuflich sein, wie man ein Auto kauft. Alles kann man sich kaufen, aber eine Wohnung konnte man sich bisher nicht kaufen. Wir haben hier eine rechtliche Grundlage geschaffen. Wir bieten Eigentum an einer Wohnung, was bisher nicht möglich war. Wir hätten gern, daß wir in den großen Straßen der Städte Schaufenster mit Modellen der Eigenwohnungen sehen, die man kaufen kann. Sie finden in den Schaufenstern die tollsten Dinge ausgestellt. Es wird ein Konsum getrieben, der vielfach über alles Vernünftige hinausgeht.
Aber für die produktive Arbeit, für das Wohnen der Menschen, für den sozialen Fortschritt — wo sehen Sie in den Schaufenstern der Städte eine Werbung?
Meine Frauen und Männer! Ich will mich möglichst kurz fassen. Ich komme zum Schluß.
Es ist ja kein Kompliment, wenn Sie klatschen, wenn ich sage: Ich komme zum Schluß. Aber ich nehme es nicht tragisch. Wir wollen dieses Wohnungseigentum vor allem errichtet und lebendig gemacht halben zum Wiederaufbau unserer zerstörten Städte. Das Wohnungseigentum wird auf dem Lande keine Bedeutung bekommen: aber die Städte brauchen es dringend notwendig. Hier fällt auch das eigene Interesse mit dem Staatsinteresse zusammen. Das Staatsinteresse geht dahin, den Menschen mehr und mehr Eigentum zu verschaffen. Wir wollen die Menschen mit dem Grund und Boden verbinden, wir wollen sie zufriedener machen. Wer Eigentum schafft, meine Damen und Herren, der schafft die beste Sozialpolitik!
Mit diesem Wohnungseigentum wollen wir Sozialpolitik machen.
Meine verehrten Damen und Herren, der ganze Deutsche Bundestag will mit dem Gesetz der Öffentlichkeit zeigen, daß wir an der Wohnwirtschaft in stärkstem Maße interessiert sind, daß wir bereit sind, jede geeignete Rechtsform zur Verfügung zu stellen, und daß wir hoffen, mit dem Wohnungseigentumgesetz der gesamten deutschen Bevölkerung einen wertvollen Dienst zu leisten.
Die Anträge liegen doch schriftlich vor und sind verteilt.
Ich darf auf Grund des einstimmigen Beschlusses des Ausschusses den Antrag stellen, diesen Gesetzentwurf möglichst einstimmig anzunehmen.
Meine Damen und Herren, ich danke dem Herrn Berichterstatter. Der Altestenrat hatte zu diesem Punkt vorgesehen, von einer Aussprache abzusehen,
da die vorliegenden Abänderungsanträge bereits die Zustimmung aller Fraktionen gefunden haben. Ich glaube, wir können unter diesen Umständen auf eine Aussprache verzichten. — Es wird nicht widersprochen. Ich nehme die Zustimmung des Hauses an.
— Meine Damen und Herren, das Recht, zu sprechen, kann ich in einer zweiten Lesung niemandem nehmen. Infolgedessen rufe ich die einzelnen Paragraphen auf. Ich glaube aber, auf eine allgemeine Aussprache können wir verzichten. Ich rufe die einzelnen Paragraphen auf und lasse über die Abänderungsanträge, die zu den einzelnen Paragraphen vorliegen, jeweils abstimmen. Bei dieser Gelegenheit kann ich dann Herrn Abgeordneten Ewers das Wort geben.
Herr Abgeordneter Lücke, Sie wollen zur Geschäftsordnung sprechen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die schwierigen Beratungen über diesen Gesetzentwurf in den letzten Monaten mit dem einstimmigen Ausschußergebnis hätten es an sich nicht verdient, als letzter Punkt vom Hause behandelt zu werden. Ich habe sehr viel Verständnis dafür, daß die anstrengende Sitzung über den Lastenausgleich das Haus erschöpft hat. Ich habe deshalb auch im Auftrage meines Ausschusses mit Idem Herrn Präsidenten verhandelt, ob wir diesen Punkt wegen seiner Bedeutung nicht als Punkt 1 auf die morgige Tagesordnung setzen könnten. Leider ließ dies die überfüllte Tagesordnung nicht zu.
Ich bitte deshalb das Hohe Haus, doch die Summe der Arbeit, die im Ausschuß geleistet ist, dadurch zu würdigen, daß die Abstimmung in dem Geiste erfolgt, wie sie dieses bedeutende Gesetz erfordert.
Herr Abgeordneter, ich möchte aber darauf aufmerksam machen, daß Bemerkungen über den Geist, der bei einer Abstimmung zu herrschen hat, keine Ausführungen zur Geschäftsordnung sind.
Meine Damen und Herren! Ich rufe nun auf die §§ 1, — 2, — 3, - 4. Abänderungsanträge liegen dazu nicht vor. Ich bitte diejenigen, die den auf gerufenen Paragraphen zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe! — Einstimmig angenommen.
Ich rufe nun auf § 5. Dazu liegt auf Umdruck Nr. 66 Ziffer 1 ein Abänderungsantrag vor. Ich bitte diejenigen, die dem Abänderungsantrag zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. — Diese Abänderung ist einstimmig angenommen.
Ich bitte nunmehr diejenigen, die dem § 5 in der abgeänderten Form zustimmen, die Hand zu erheben. — Einstimmig angenommen. Ich rufe weiter auf die §§ 6, — 7, — 8. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Einstimmig angenommen.
Ich glaube, ich kann unter diesen Umständen darauf verzichten, die Gegenprobe vornehmen zu lassen.
Zu § 9 liegt ein Abänderungsantrag auf Umdruck Nr. 66 Ziffer 2 vor. Ich bitte diejenigen, die dem Abänderungsantrag zustimmen, die Hand zu erheben. — Das ist wahrscheinlich wieder einstimmig angenommen.
Ich bitte diejenigen, die dem § 9 in der abgeänderten Fassung zustimmen, die Hand zu erheben.
— Einstimmig angenommen.
Ich rufe weiter auf die §§ 10, — 11, — 12, — 13,
— 14, — 15, — 16. Ich bitte diejenigen, die den aufgerufenen Paragraphen zustimmen, die Hand zu erheben. — Einstimmig angenommen.
Zu § 17 liegt auf Umdruck Nr. 66 Ziffer 3 ein Abänderungsantrag vor. Ich bitte diejenigen, die dem Abänderungsantrag zustimmen, die Hand zu erheben. — Einstimmig angenommen.
Ich bitte diejenigen, die nunmehr dem geänderten § 17 zustimmen, die Hand zu erheben. — Angenommen.
Zu § 18 liegt auf Umdruck Nr. 66 Ziffer 4 ein Abänderungsantrag vor. Ich bitte diejenigen, die dem Abänderungsantrag zustimmen, die Hand zu erheben. — Angenommen.
Ich bitte diejenigen, die dem § 18 in der abgeänderten Form zustimmen, um das Handzeichen.
— Angenommen.
Ich rufe weiter auf die §§ 19 und 20. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben.
— Angenommen.
Nunmehr § 21. Dazu Abänderungsantrag auf Umdruck Nr. 66 Ziffer 5. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. — Angenommen.
Ich bitte diejenigen, die dem § 21 in der Form des Abänderungsantrags zustimmen, die Hand zu erheben, - Angenommen.
Ich rufe auf die §§ 22, — 23, — 24, — 25, — 26,
— 27, — 28, — 29, — 30, — 31, — 32, — 33, — 34,
— 35, — 36, — 37. Ich bitte diejenigen, die diesen Paragraphen zustimmen, die Hand zu erheben. — Angenommen.
Zu § 38 hat Herr Abgeordneter Ewers das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedauere es unsäglich, wenn ich trotz der Mißlaune des Hauses, hier noch weiter zuzuhören, Bedenken rein juristischer Art äußern muß. Ich bitte deshalb um Entschuldigung. Wir haben die Vorlage erst gestern abend erhalten, und ich hatte daher nur heute morgen Zeit, mich vorübergehend mit den Dingen zu befassen.
Ich kann daher auch zur Zeit keinen Antrag stellen. Ich sehe diese Vorlage zum ersten Mal in der heutigen Gestalt und bemerke dazu folgendes.
In dem zweiten Abschnitt ist von dem gegenseitigen Vertrag, der dem Dauerwohnrecht zugrunde liegt, fast mit keinem Wort die Rede. Nur was darüber dem Grundbuchrichter mitzuteilen ist, ist erwähnt. Welche Gegenleistung gewährt werden kann oder muß, ob sie in Form der laufenden Miete, in Form der Schenkung — als Erlaß also — oder einer einmaligen Kaufsumme zu erfolgen hat, ist mit keinem Wort gesagt. Die letztere Möglichkeit kommt nur im § 39 Abs. 3 zum Ausdruck, wo der Dauerwohnberechtigte zu einem gewissen Zeitpunkt nachweisen muß, daß er seine „fälligen Zahlungsverpflichtungen" erfüllt hat.
Das Wohnrecht, die persönliche Dienstbarkeit des Bürgerlichen Gesetzbuchs, ist grundsätzlich unentgeltlich. Dabei gibt es keine Gegenverpflichtung. Hier aber sind offenbar laufend fällig werdende Verpflichtungen vorgesehen, die sich also auf wiederkehrende Leistungen beziehen. Dann soll eine Vereinbarung getroffen werden können, die — wann sie geschlossen werden kann, ist nicht gesagt — den Rang im Grundbuch ändert, die aber nur wirksam ist, wenn die Gegenleistungen erfüllt sind bis zur Festlegung der Versteigerungsbedingungen. Wie das der Versteigerungsrichter, der nur gewohnt ist, auf in grundbuchmäßiger Form ihm vorliegende Erklärungen zu achten, feststellen soll, weiß ich nicht.
Ich persönlich würde es begrüßen, wenn wir heute fortführen und wegen des Inhalts der §§ 38 und 39 noch einmal eine Stellungnahme des Rechtsausschusses bekämen.
— Ich meinerseits möchte als Jurist für die juristisch richtige Gestaltung der §§ 38 und 39 keine Verantwortung tragen. Ich werde mich insoweit der Stimme enthalten und würde es unendlich bedauern, wenn bei dieser begrüßenswerten Vorlage juristisch etwas übersehen sein sollte, was dem Juristen auf den ersten Blick auffällt. Mehr will ich nicht sagen; ich habe mich nicht genauer vorbereiten können. Ich kann nur die Bedenken äußern. Ich werde mich also der Stimme enthalten. Bitte, stimmen Sie ab.
— Meine Anregung soll kein Antrag sein.
Zu § 38 liegen weitere Wortmeldungen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem § 38 in der Fassung der Ausschußvorlage zustimmen, die Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. —
— Bei einigen Stimmenthaltungen — die Bewegung war nicht ganz eindeutig —
ist der § 38 angenommen.
Ich rufe weiter auf § 39, — § 40. — Ich bitte diejenigen, die den aufgerufenen Paragraphen in der Ausschußfassung zustimmen, die Hand zu erheben.
— Angenommen.
Ich rufe nun auf § 41. Dazu liegt ein Abänderungsantrag auf Umdruck Nr. 66 Ziffer 6 vor. — Ich bitte diejenigen, die dem Abänderungsantrag zustimmen, die Hand zu erheben. — Angenommen.
Ich bitte diejenigen, die dem § 41 in der abgeänderten Fassung zustimmen, die Hand zu erheben — Angenommen.
Ich rufe weiter auf die §§ 42, — 43, — 44, — 45,
— 46 bis 49, — 50 bis 53, — 54, — 55, — 56, — 57
— Ich bitte diejenigen, die den aufgerufenen Paragraphen zustimmen, die Hand zu erheben. — Angenommen.
Ich rufe auf § 58. Dazu liegt der Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 66, Ziffer 7 vor. Ich bitte diejenigen, die der Abänderung zustimmen, die Hand zu erheben. — Angenommen.
Ich bitte diejenigen, die § 58 in der abgeänderten Form zustimmen, die Hand zu erheben. — Angenommen.
Ich rufe weiter auf die §§ 59 bis 61. Ich bitte diejenigen, die den aufgerufenen Paragraphen zustimmen, die Hand zu erheben. — Angenommen.
§ 62. Dazu liegt der Abänderungsantrag auf Umdruck Nr. 70 vor. Ich bitte diejenigen, die dem Abänderungsantrag zustimmen, die Hand zu erheben.
— Angenommen.
Ich bitte diejenigen, die § 62 in der abgeänderten Form zustimmen, die Hand zu erheben. — Angenommen.
§ 63, — 64, — Einleitung und Überschrift. — Ich bitte diejenigen, die den aufgerufenen Paragraphen, Einleitung und Überschrift zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? —
Damit ist das Gesetz in zweiter Lesung einstimmig angenommen mit der einen Ausnahme der Enthaltung bei § 38. Die zweite Beratung ist damit geschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist damit geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz in der in zweiter Beratung angenommenen Fassung in der Schlußabstimmung zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Damit ist das Gesetz in dritter Beratung einstimmig angenommen.
Wir kommen dann noch zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses in Drucksache Nr.1802 Ziffer 2,
den Antrag der Abgeordneten Neuburger, Albers, Graf von Spreti, Bausch und Genossen, betreffend Vorlage eines Gesetzentwurfs über das Miteigentum an Wohneinheiten — Nr. 168, der Drucksachen — durch Beschlußfassung zu 1 für erledigt zu erklären.
Ich bitte diejenigen; die dem Antrag zustimmen, die Hand zu erheben. — Das ist zweifellos die Mehrheit. Es ist so beschlossen.
Ich rufe nun auf:
4. a) Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen über den Antrag der Abgeordneten Frau Dr. Probst, Dr. Laforet, Dr. Solleder und Genossen betreffend Koordinierung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau (Nm. 1803, 1096 der Drucksachen);
b) Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend
Zusammenfassung der öffentlichen Finanzierungsmittel für den Wohnungsbau ;
c) Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen über den Antrag der Fraktion des Zentrums betreffend Aufteilung der Mittel für den Wohnungsbau auf die Länder (Nrn. 1805, 1540 der Drucksachen);
d) Beratung des Antrags der Fraktion der BP betreffend Wohnungsbauprogramme 1950 und 1951 .
Im Ältestenrat ist beschlossen worden, die Behandlung dieser 4 Punkte wegen der Themenverwandtschaft gemeinschaftlich vorzunehmen. Das Wort zur Berichterstattung ist vorgesehen zu a), b) und c) mit einer Redezeit von je 10 Minuten. Ich bitte das Haus um Zustimmung. — Die Zustimmung scheint gegeben zu sein, da nicht widersprochen worden ist.
Ich gebe also jetzt das Wort zunächst zur Berichterstattung zu Punkt 4 a) Herrn Abgeordneten Wirths.
Meine Damen und Herren! Der Antrag hat seine Berechtigung. Er beruht auf Klagen, die aus dem Lande Bayern gekommen sind. Der Ausschuß hat festgestellt, daß Klagen ähnlicher Art aus den anderen Ländern zu verzeichnen waren. Er hat also in vollem Umfang dem Inhalt dieses Antrages zugestimmt. Aber weil wir leider für dieses Jahr keine ERP-Mittel in dem großen Umfang wie im Vorjahr zur Verfügung haben, ist es nicht möglich, die gewünschten Änderungen für die Begebung dieser Mittel durchzuführen.
Der Ausschuß empfiehlt aber, den Antrag der Bundesregierung als Material zuzuleiten.
Das Wort zur Berichterstattung zu 4 b) hat Herr Abgeordneter Huth.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde versuchen, mich der gleichen Kürze zu befleißigen. Der Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen empfiehlt dem Bundestag, den Antrag Drucksache Nr. 1804 der Fraktion der SPD der Bundesregierung als Material zuzuleiten. Diesem Antrag lag die Tatsache zugrunde, daß die durch das erste Wohnungsbaugesetz geschaffene Lage in den einzelnen Ländern nicht beachtet wurde. Die Bundesregierung hat zwischenzeitlich diese Mißstände durch die neuerlassenen Richtlinien abgeschafft. Der Abs. 2 des Antrages der SPD Drucksache Nr. 1352, der sich mit der Frage der Zuleitung der Mittel befaßte, ist nicht der Zuständigkeit der Bundesregierung unterworfen. Er soll durch persönliche Verhandlung mit den Mitgliedern des Bundesrats aus den verschiedenen Ländern erledigt werden. Aus diesem Grunde ist der Ausschuß zu der Überzeugung gekommen, daß dieser Antrag der Bundesregierung als Material zugeleitet werden soll, und bittet das Hohe Haus, diese Zuweisung vorzunehmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort zu 4 c hat Herr Abgeordneter Kalbfell.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion des Zentrums hat in Drucksache Nr. 1540 den Antrag gestellt, daß die Mittel für den Wohnungsbau auf die
Länder entsprechend dem Bopparder Schlüssel aufgeteilt werden sollen. Insbesondere soll beachtet werden, daß die von der Besatzungsmacht beschlagnahmten Wohnungen Berücksichtigung finden. Der Ausschuß hat sich damit befaßt und stellt fest, daß die Aufteilung im wesentlichen so erfolgt ist. Er bittet, die Drucksache Nr. 1540 der Bundesregierung als Material zu überweisen.
Wird das Wort zur Begründung von Punkt 4d gewünscht?
Wird seitens der Antragsteller auf Begründung verzichtet?
Also die Antragsteller verzichten auf die Begründung.
Meine Damen und Herren, eine Aussprache ist anscheinend nicht gewünscht; Wortmeldungen sind bei mir nicht eingegangen. Dann kann ich die Aussprache über die 4 Punkte für geschlossen erklären.
Wir kommen zur Abstimmung. Zunächst Punkt 4 a, Drucksache Nr. 1803. Ich bitte diejenigen, die dem Ausschußantrag zustimmen, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Anscheinend einstimmig angenommen.
Punkt 4b, Drucksache Nr. 1804. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit. Es ist so beschlossen.
Punkt 4 c, Drucksache Nr. 1805. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. — Zweifellos die Mehrheit. Es ist so beschlossen.
Dann Überweisung des Antrags der Fraktion der Bayernpartei, Punkt 4 d, Drucksache Nr. 1795. Ich bitte diejenigen, die dem Antrag auf Überweisung an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen zustimmen, die Hand zu erheben. — Zweifellos die Mehrheit. Die Überweisung ist damit beschlossen.
Damit sind wir, meine Damen und Herren, am Ende der heutigen Tagesordnung angekommen. Ich darf die nächste, 116. Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 1. Februar, 13 Uhr 30, einberufen und die 115. Sitzung des Deutschen Bundestages hiermit schließen.