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ID0111503900

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 115. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. Januar 1951 4335 115. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 31. Januar 1951. Glückwünsche zum Geburtstag des Herrn Bundespräsidenten Heuss 4335D Begrüßung des Abg. Morgenthaler nach seiner Genesung 4336A Geschäftliche Mitteilungen . . . . 4336A, 4365C Zugehörigkeit des Abg. Paschek zur Fraktion der WAV 4336B Aufnahme des Abg. Dr. Freiherrn von Fürstenberg in die Fraktion der CDU . . . 4336B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über einen Allgemeinen Lastenausgleich (Nr. 1800 der Drucksachen) 4336B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 4336C Kunze (CDU) 4343D Kriedemann (SPD) 4347D, 4381C Dr. Kather (CDU) 4353A Dr. Horlacher (CSU) 4357B Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 4359A Tichi (BHE-DG) 4361A Wartner (BP) 4362D Fürst zu Oettingen-Wallerstein (BP) 4363D Kuhlemann (DP) 4365C Farke (DP) 4366C Dr. Atzenroth (FDP) 4367D Frommhold (DRP) 4369C Kohl (Stuttgart) (KPD) 4370C Wittmann (WAV) 4374A Loritz (WAV) 4375D Dr. von Golitschek -(FDP) 4377A Dr. Reismann (Z) 4377D Ausschußüberweisung 4383B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Aufhebung des § 29 des Gesetzes zur Milderung dringender sozialer Notstände (Soforthilfegesetz) (Nr. 1799 der Drucksachen) 4383C Ausschußüberweisung 4383C Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Eigentum an Wohnungen und gewerblichen Räumen (Nr. 252 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) (Nr. 1802 der Drucksachen) . . . 4383C Dr. Brönner (CDU), Berichterstatter 4383D Lücke (CDU) (zur Geschäftsordnung) 4390D Ewers (DP) 4391B Abstimmungen 4391A, D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Frau Dr. Probst, Dr. Laforet, Dr. Solleder u. Gen. betr. Koordinierung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau (Nrn. 1803, 1096 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Zusammenfassung der öffentlichen Finanzierungsmittel für den Wohnungsbau (Nrn. 1804, 1352 der Drucksachen) mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion des Zentrums betr. Aufteilung der Mittel für den Wohnungsbau auf die Länder (Nrn. 1805, 1540 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Wohnungsbauprogramme 1950 und 1951 (Nr. 1795 der Drucksachen) . . . . 4392B Wirths (FDP), Berichterstatter . . . 4392C Huth (CDU), Berichterstatter . . . . 4392D Kalbfell (SPD), Berichterstatter . 4392D Beschlußfassung 4393C Ausschußüberweisung 4393C Nächste Sitzung 4393C Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Alfred Loritz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (WAV)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im September 1949 war es, da hat uns die Bundesregierung erklärt, daß das Problem des Lastenausgleichs eines der wichtigsten für sie sei


    (Loritz)

    und daß hier unverzüglich Maßnahmen getroffen würden. Wir haben unterdessen Januar 1951, und jetzt erst kommt ein Entwurf. Da kann man schon bald nicht mehr sagen: Spät kommst du, doch du kommst!, denn unterdessen haben sich Vermögensverschiebungen in unserer Wirtschaft ergeben, die es immer schwerer machen, zugunsten der Heimatvertriebenen und der Ausgebombten die Übergewinne abzufischen, die durch die Währungsabwertung gemacht worden sind.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Meine Damen und Herren, wenn nur jetzt wenigstens etwas käme, was den Heimatvertriebenen und den einheimischen Ausgebombten, von denen leider viel zu wenig gesprochen wird, etwas bringen würde! Aber wir bezweifeln das sehr. Der Entwurf der Regierung so, wie er uns vorliegt, bringt nichts oder fast nichts für weiteste Schichten der Heimatvertriebenen und der Ausgebombten. Österreichisch sagt man für sowas so schön: eine Augenauswischerei. Sehen Sie, diese Summen, die hier für den Lastenausgleich aufgebracht werden, genügen noch nicht; darüber sind sich wohl alle einig, die den Kreis der Lastenausgleichsberechtigten der statistischen Zahl nach kennen. Antworte man uns bitte nicht: Ja, wo wollt ihr denn das Geld dazu hernehmen! Diese Beträge sind da!

    (Zurufe in der Mitte.)

    Sie werden aber leider nicht für die Heimatvertriebenen herangezogen.

    (Unruhe. — Zuruf: Her damit!)

    Darf ich Sie bitte nur daran erinnern, welch gigantische Gewinne in den letzten Jahren gemacht worden sind. Gewisse Aktien, die im Oktober 1948 auf 17 DM pro 100 Mark Aktie standen, stehen heute bereits auf 150 DM. Was hindert uns, durch eine Erhöhung des Aktienkapitals bei diesen betreffenden Unternehmungen — es sind nicht alle so — zwei Fliegen mit einem Schlage zu treffen: erstens Geld für den Lastenausgleich zu bekommen und zweitens eine sehr ungünstige Blutverdickung bei diesen betreffenden Aktiengesellschaften zu verhindern? Oder wollen Sie etwa weiter zusehen, wie diese Aktien Tag für Tag und Woche für Woche hinaufklettern?

    (Zurufe: Lauter!)

    Hier könnte man durch eine entsprechende Beteiligung zugunsten des Lastenausgleichsfonds verhindern, daß diese Kurse ins Ungemessene steigen, was volkswirtschaftlich gar nicht günstig ist, wie jeder Volkswirtschaftler weiß.

    (Zuruf rechts: Sie sind aber keiner!)

    Man könnte weiterhin folgendes tun, was auch ein positiver Vorschlag ist — ich verweise auf das, was Graf Westarp in seiner Broschüre geschrieben hat, die Ihnen zum Teil vielleicht schon bekannt ist —: man könnte Kredite gewähren vor allem an die Unternehmungen, die sich verpflichten würden, über den jetzigen Stand ihrer Arbeiterschaft hinaus zusätzlich Arbeit zu schaffen und zu diesem Zweck Heimatvertriebene und einheimische Ausgebombte zusätzlich einzustellen. Man hätte genügend Möglichkeiten, etwa Mehrwertsteuern usw. usw., hier Summen zusammenzubringen, die man für den Lastenausgleich benötigt.

    (Zuruf von der Mitte: Keine Ahnung von Lastenausgleich! — Weitere Zurufe.)

    Was heute im Lastenausgleichsgesetz drin steht, hat zum großen Teil leider eine Belastung kleiner und kleinster Schichten des Mittelstandes zur Folge.
    Ich bezweifle sehr, ob da auf diese Art und Weise viel zusammenkommen wird. Wir haben schon heute bei der Soforthilfe die Erscheinung, daß in Tausenden und aber Tausenden von Fällen die Kosten der Einhebung und der Beitreibung höher sind als das, was noch beigetrieben werden kann. Darum sagen wir: Hände weg vom kleinen Mittelstand und Hände drauf auf diejenigen, die ungeheure Gewinne durch die Währungsreform gemacht haben und heute durch die Exportkonjunktur noch weitere phantastische Gewinne machen, während Millionen von Lastenausgleichsberechtigten immer noch auf die Erfüllung ihrer Ansprüche warten.
    Es muß ein System im Lastenausgleich kommen, das beide Dinge vereinigt, nämlich auf der einen Seite eine Globalabfindung und auf der anderen Seite eine produktive Unterstützung der Lastenausgleichsberechtigten. Die globale Abfindung wird in Zehntausenden von Fällen nicht das richtige sein. In vielen Fällen wird sie das richtige sein. Wenn man durch Schaffung zusätzlicher Arbeitsgelegenheit, durch Schaffung von Wohnstätten usw. möglichst viele Heimatvertriebene in Arbeit und Brot bringen kann, so ist der letztere Weg sicher dei bessere. Ich will Ihnen nur ein praktisches Beispiel aus der Umgebung von München sagen, die Gablonzer Industrie. Sie kennen die ungeheure Bedeutung dieser Industrie, deren Erzeugnisse auf dem Weltmarkt immer noch stürmisch begehrt werden. Wenn man dieser Industrie ein paar Millionen D-Mark an Krediten geben würde, wenn man durch ein Bauprogramm, das gar nicht sehr umfangreich zu sein braucht, die in ganz Westdeutschland zerstreut wohnenden und dort im Norden und im Westen arbeitslosen Gablonzer um die Zentrale, die sich um Kaufbeuren und Markt Oberdorf herum gebildet hat, zusammenführen würde, könnte der Export der Gablonzer Industrie um Millionen und Millionen von D-Mark gesteigert werden; und so geht es in vielen anderen Fällen. Diese produktive Arbeitsbeschaffung für die Heimatvertriebenen ist das Wichtigste. Soweit es sich um alte Leute handelt, die nicht mehr in den Wirtschaftsprozeß eingegliedert werden können, wird selbstverständlich auf dem Wege über Rentengewährung oder Globalabfindung vorgegangen ,werden müssen. Die Gelder, die man dazu braucht, sind vorhanden.

    (Zuruf von der Mitte: Her damit!)

    Wir haben Ihnen in Stichworten einiges gezeigt. Es wird Aufgabe der Ausschüsse sein, durch die das Gesetz durchzuwandern hat, hier im einzelnen noch Mittel und Wege sichtbar werden zu lassen, wie die Leistungen aus dem Lastenausgleichsgesetz entsprechend erhöht werden können. Mit der uns heute vorliegenden Form des Entwurfs sind wir nicht einverstanden. Das kann ich Ihnen bereits jetzt im Namen der Fraktion der WAV sagen.

    (Zuruf von der Mitte.)

    — Ich hoffe aber, meine sehr verehrten Herren von der CDU, daß sich auch bei Ihnen soviel christliches Mitgefühl für das Schicksal der Ärmsten der Armen zeigen wird, daß Sie mit uns zusammen diejenigen Verbesserungen in das Gesetz über den Lastenausgleich hineinbringen, die im Interesse Deutschlands unbedingt nötig sind, das genau so aus Einheimischen wie aus Heimatvertriebenen besteht!

    (Beifall bei der WAV.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. von Golitschek.
Deutscher Bundestag — 115, Sitzung. Bonn. Mittwoch, den 31. Januar 1951 4377

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hubertus von Golitschek


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie, daß ich den Ausführungen meiner beiden Kollegen Nöll von der Nahmer und Atzenroth bezüglich der Ausgleichsleistungen noch einige Bemerkungen hinzufüge. Wir erwarten entschieden als Ergebnis des definitiven Lastenausgleichsgesetzes, daß der Geschädigte — sei es der Bombengeschädigte, sei es der Heimatvertriebene - nach fünf Jahren endlich einmal Klarheit darüber haben muß, was er aus einem Lastenausgleich zu erwarten hat, damit er sich einen Plan darüber machen kann, wie er seine Existenz, die Existenz seiner Familie wieder sicherstellen kann. Andererseits müssen wir darauf achten, daß mit diesem Gesetz nicht falsche Hoffnungen erweckt werden.
    Ich befürchte, daß diese beiden Grundbedingungen in dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht ganz befriedigend erfüllt sind. Einerseits ist in wesentlichen Punkten der Entschädigung auf weitere Gesetze hingewiesen, andererseits ist die Klarstellung sämtlicher Ansprüche dadurch noch immer fraglich, daß der von der FDP eingebrachte Entwurf zur Feststellung der Kriegsschäden noch immer nicht Gesetz geworden ist. Wir müssen uns fragen, warum eigentlich das Finanzministerium in Kenntnis dessen, daß sich der Bundestag seit vier Monaten mit einem Schadensfeststellungsgesetz befaßt, vollkommen parallele Bestimmungen in dieses Lastenausgleichsgesetz eingebaut hat. Allerdings sind die Bestimmungen im Lastenausgleichsgesetz wesentlich anderer Natur. Es wird wohl auf Sachschäden, die durch verlorene Betriebe, durch ausgebombte Häuser und durch verlorene Grundstücke entstanden sind, Bezug genommen. Der Hausratsverlust wird nicht als Vermögensschaden gewertet. Wir sehen gerade darin eine wesentliche Verschlechterung des Standes der etwa 60 % Heimatvertriebener, die nicht Grundbesitzer oder Hausbesitzer waren und daher an einer Hauptentschädigung, von der das Gesetz spricht, nicht teilhaben können. Wir werden uns in den Ausschüssen bemühen müssen, hier eine wesentliche Änderung herbeizuführen.
    Ein zweiter Punkt, der, glaube ich, noch ausschlaggebender ist, ist der Umstand, daß in diesem Lastenausgleichsgesetz Maßnahmen getroffen werden, die nun mit einem wirklichen Lastenausgleich aber auch gar nichts zu tun haben. Ich denke hier an die Formulierung der Bestimmungen über die Wohnraumhilfe, zu deren Gunsten für Nicht-Geschädigte — entweder Personen oder Personengruppen — nach dem Plan des Finanzministeriums 300 Millionen DM jährlich abgezweigt werden sollen. Man denkt offensichtlich an gemeinnützige Wohnungsbauunternehmen. In deren Besitz soll Wohnraum geschaffen und den Geschädigten dann als Entschädigung ein Mietvertrag in die Hand gedrückt werden. Man ist sich gar nicht bewußt, daß auf diese Weise der Geschädigte durch seinen Mietzins diese Lastenausgleichsgelder selbst zurückzahlen muß, daß also hier der Lastenausgleich vom Geschädigten aus der eigenen Tasche gezahlt wird. Wenn im Anfang der Debatte darauf verwiesen wurde, daß eine Unzahl von heimatvertriebenen Existenzen in der Umgebung von Augsburg gerade durch diese Wohnraumhilfe ansässig gemacht werden könnte, so ist, glaube ich, gerade dieses Beispiel sehr unglücklich gewählt. Denn Augsburg hat selber genug zerbombten Wohnraum, so daß hier der Schaden im Wege des Lastenausgleichs zugunsten der geschädigten ehemaligen Hausbesitzer ausgeglichen werden könnte.

    (Sehr richtig! bei der FDP.) Diese Wohnraumhilfe mit ihren 330 Millionen DM gehört daher in die Eingliederungshilfe hinein, so daß der Betrag von 375 Millionen DM, wie ihn der Herr Finanzminister nannte, sich noch um 330 Millionen DM erhöht, d. h. daß für die Eingliederungshilfe 700 Millionen DM zur Verfügung gestellt werden.

    Eine andere Bestimmung in dem Gesetz, die uns sehr große Sorge macht, ist die, wonach der Geschädigte nicht nur sechs Jahre zu warten hat, bis er endlich weiß, was ein definitiver Lastenausgleich für ihn bedeutet, sondern dazu noch bei der Beurteilung, ob sein Fall sozial und volkswirtschaftlich vordringlich ist oder nicht, der Bürokratie ausgeliefert ist. Dadurch, daß das Gesetz hier nur ganz allgemein die These der sozialen und volkswirtschaftlichen Vordringlichkeit aufstellt, wird meiner Meinung nach die Ungewißheit bei dem Geschädigten noch weiter erhöht, denn er wird nie wissen, wann eine Bürokratie zu der Erkenntnis kommt, daß ihm für seine Eingliederung tatsächlich die Entschädigungsbeträge zur Verfügung gestellt werden sollten.
    Wir sind daher der Auffassung, daß wesentliche Punkte in diesem Gesetz noch zu ändern sind, und werden unsere Arbeit im Ausschuß auch danach richten. Eines muß jedenfalls erreicht werden: daß aus der Ausschußarbeit ein erstes Lastenausgleichsgesetz und nicht ein zweites Soforthilfegesetz herauskommt.

    (Beifall bei der FDP.)