Die grundsätzliche Stellungnahme meiner Partei zu diesem Gesetz hat mein Kollege Nöll von der Nahmer hier schon dargelegt. Ich stimme seinen Ausführungen mit gewissen Einschränkungen zu, z. B. bei der Hausratshilfe. Ich möchte mich aber in Anbetracht der kurzen Redezeit, die mir nur zur Verfügung steht, auf einige Ausführungen zu der Aufbringungsseite des Gesetzes beschränken.
Herr Kollege Kriedemann hat hier ausgeführt, daß der größte Teil der Abgabeverpflichteten das Bestreben habe, sich seinen Verpflichtungen nach
Möglichkeit zu entziehen. Ich glaube, da unterliegt er doch einem Irrtum oder mindestens einer großen Übertreibung; denn es kann sich hierbei doch nur um einen kleinen Kreis handeln. Ich habe jedenfalls eine große Aufgeschlossenheit dafür gefunden, daß man seine Verpflichtungen gegenüber denen, die alles verloren haben, voll und ganz erfüllen will. Ich darf auch darauf hinweisen, daß es zu einem großen Teile schon zu einem privaten Lastenausgleich — nicht Vollausgleich, sondern Teilausgleich in mehr oder weniger großem Umfange — gekommen ist. Das müssen wir hier doch klar und deutlich herausstellen. Wir können nicht nur das Negative, was meiner Ansicht nach nur am Rande liegt, hier von der Tribüne herunter verkünden.
Meine Partei hat von Anfang an der Forderung zugestimmt, daß das erhaltene Vermögen bis an die Grenze des Belastbaren auch belastet werden muß, um einen einigermaßen gerechten Lastenausgleich zu ermöglichen. Wo die Grenze ist, das ist natürlich eine sehr schwierige Feststellung und vielleicht auch eine etwas individuelle Feststellung. Aber zweifellos liegt sie da, wo die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft ernstlich gefährdet wird. Wenn wir uns vor einem Jahre etwa durch verschiedene Errechnungen davon überzeugt haben, daß diese Grenze bei etwa 1,5 Milliarden DM liegt — man ist damals von zwei verschiedenen Errechnungsseiten dazu gekommen —, so können wir doch heute bei der uns bevorstehenden zusätzlichen steuerlichen Belastung nicht mit höheren Zahlen, jedenfalls nicht mit wesentlich höheren Zahlen rechnen. Wir unterstellen also ohne weiteres, daß diese Zahl von 1,5, 1,6 Milliarden DM tatsächlich die Grenze der augenblicklichen Belastbarkeit darstellt.
Die Hauptabgabe, die von den gewerblichen Vermögen in Höhe von 6 % des halben Einheitswertes erhoben werden soll, wird im allgemeinen tragbar sein. Aber auch diese gewerbliche Wirtschaft ist keine absolute Einheit. Wenn man schon die Vermögensträger in verschiedene Gruppen einreiht, so kann man sie auch schon bei der gewerblichen Wirtschaft nicht in einen Topf werfen. Es gibt Gewerbezweige, die in ihrer Struktur, teilweise auch durch Eingriffe des Staates, in ihrer Ertragfähigkeit so geschmälert sind, daß sie vielleicht eher den anderen Gruppen zuzurechnen sind als der ersten Gruppe, der gewerblichen Wirtschaft.
Herr Kollege Horlacher hat hier schon die Frage aufgeworfen, ob nicht die Umschlagshäufigkeit, die in einem Gewerbe üblich ist, auch ein Merkmal für die Belastung darstellen soll. Jedenfalls muß diese Frage im Ausschuß eingehend überprüft werden.
Ernstere Bedenken bestehen aber bei der Abgabe des Hausbesitzes. Der Hausbesitz wird schon mit einer geringeren Abgabe belegt. Aber er steht ja auch in einer ganz anderen Lage. In dem Augenblick, wo man die Ertragfähigkeit des Hausbesitzes zumindest wieder in einem gewissen Umfange herstellt, dürfte an der Berechtigung der Abgabe kein Zweifel bestehen. Solange diese Voraussetzung aber fehlt, werden wir an diesem Punkte noch große Schwierigkeiten erleben.
Die Schwierigkeiten, die sich bei der Landwirtschaft ergeben haben, sind hier von verschiedenen Vorrednern schon dargelegt worden. Auch von den Kollegen meiner Fraktion, die der Landwirtschaft nahestehen, ist darauf hingewiesen worden, daß sich die Verhältnisse seit dem Herbst, als man diese 2 % noch als tragbar bezeichnet hat, wesentlich geändert, und zwar verschlechtert haben.
Wir begrüßen es und halten es für eine logische Folgerung, daß man den Zinsanteil als abzugsfähig und als Kostenanteil bezeichnet. Wir sind auch damit einverstanden, daß man diesen Anteil in einer für die ganze Zeit durchgehenden, gleichmäßigen Höhe festlegt. Aber es erheben sich doch Bedenken dagegen, ob der Zinsanteil bei diesen drei abgabepflichtigen Gruppen auch der gleiche sein muß; denn der Unterschied zwischen der Erhebung von 6, 5 und 4 % liegt ja doch eben in dem Zins, und es wäre eine Ungerechtigkeit, den Zins in verschiedener Höhe zu erheben, aber in der gleichen, vielleicht niedrigsten oder höchsten Höhe gleichmäßig anzurechnen. Auch das ist eine Frage, die im Ausschuß ernsthaft besprochen werden muß.
Vielleicht die schwierigste Frage auf der Aufbringungsseite ist die Anrechnung der Kriegsschäden. Ich glaube, es kann dem normalen Menschenverstand nicht eingehen, wenn man das Gesetz damit begründet, daß derjenige, dessen Vermögen — so steht es in der Begründung des Gesetzentwurfs — ganz oder zum größten Teil erhalten geblieben ist. abgabepflichtig gegenüber demjenigen sein soll, der sein Vermögen verloren hat, und wenn man dann gleichzeitig demjenigen, der 80% seines Vermögens verloren hat. noch zumutet, von den verbliebenen 20% die Hälfte abzugeben.
Die im Regierungsentwurf getroffene Regelung ist schon deshalb unbefriedigend, weil sie die Saldierbarkeit bei einer verhältnismäßig niedrigen Grenze beendet. Meine Damen und Herren, das ist keine Fürsprache für den eigentlichen Besitzer persönlichen Vermögens. Das persönliche Vermögen tritt in vielen Fällen la vollkommen zurück. Ich werde dem Ausschuß Beispiele dafür vorlegen, daß die Verweigerung einer Saldierung bei großen Vermögensverlusten, bei denen die 150 000-MarkGrenze nicht mehr in Frage kommt, zu großen Schwierigkeiten für anerkannte alte Betriebe führen wird, Betreben, die vielleicht Hunderte von Flüchtlingsfamilien wieder in Beschäftigung genommen haben, so daß man dort eine ernste Gefahr heraufbeschwören würde, wenn wir hier nicht zu einer vernünftigen Regelung kommen können.
Meine beiden Vorredner haben sich dafür eingesetzt, daß die öffentliche Hand in dem gleichen Maße zu dem Lastenausgleich herangezogen wird wie das private Vermögen. Auch wir sind dieser Ansicht. Man könnte bei den Versorgungsunternehmungen Milderungen vorsehen; darüber ist vielleicht besonders zu sprechen. Aber ein großer Teil des Vermögens der öffentlichen Hand, das nach dem Regierungsentwurf noch nicht herangezogen werden soll, muß hier mit erfaßt werden. Warum soll — ich glaube, Herr Farke war es, der das gesagt hat — das Forstvermögen der öffentlichen Hand anders behandelt werden als das Forstvermögen des Privatbesitzers?
Dafür liegt keine Veranlassung vor.
Warum soll der Wohnungsbau der Bundesbahn oder der Post anders behandelt werden als der Werkswohnungsbau des daneben liegenden Privatunternehmers? Dafür liegt keine Berechtigung vor. Gerade die Argumente, die Herr Kriedemann
hier vorgetragen hat, der ja die Schuld des Staates an diesem Zusammenbruch so stark in den Vordergrund gestellt hat, — -
- Als der Finanzminister Hilfe von auswärtigen Kreisen erbat, haben Sie gesagt: Wir wollen doch mit aller Schärfe darauf hinweisen, daß in erster Linie
der vergangene Staat die Schuld trägt, und dieser Staat muß natürlich — die öffentliche Hand ist sein Rechtsnachfolger — mindestens zu den gleichen Teilen zu den Lasten beitragen, die uns hier auferlegt werden und auferlegt werden müssen.
Ich möchte noch auf eines hinweisen. Der Herr Finanzminister fürchtet, daß er einen erheblichen Ausfall an dem Aufkommen zu verzeichnen haben würde, falls er einen größeren Anteil der Anrechnung von Kriegsschäden zuließe. Ich glaube, diese Befürchtung ist, wenn nicht unbegründet, so zumindest übertrieben. Denn die Stundungen, die bei der Soforthilfe gewährt worden sind, betreffen im wesentlichen diese Fälle, bei denen sich auch die schärfsten Finanzämter davon überzeugen lassen mußten, daß hier eine Beitreibung gar nicht möglich ist, vor allem wenn der Kriegsschaden eine Höhe von 80 oder 90% des verbliebenen Vermögens angenommen hat.
Der zweite Teil bei der Abgebeseite ist die Erfassung der Währungsgewinne. Meine Partei stimmt voll und ganz mit dem Gedanken überein, daß wir die Währungsgewinne vollständig erfassen müssen. Wir erstreben nur dort Milderungen, wo diese Währungsgewinne keine echten Gewinne sind. Wenn wir die Hypothekengewinne erfassen, so müssen wir sie auch saldieren lassen mit den Verlusten etwa aus Pfandbriefen, die besonders zur Tilgung dieser Hypotheken angeschafft und bereitgestellt worden sind, weil eine Tilgung der Hypotheken vorher nicht möglich war. Es wäre ungerecht, wenn man auf der einen Seite den Währungsgewinn abschöpfen und Währungsverluste dagegen dem Gläubiger überlassen wollte.
Den schwerwiegendsten Grund zur Beanstandung bildet aber die sogenannte Kreditgewinnabgabe. Sie verletzt in erster Linie den Grundsatz der steuerlichen Gerechtigkeit; denn nur ein Teil der Steuerschuldner, die Kreditgewinne gemacht haben, soll durch dieses Gesetz zur Abgabe herangezogen werden. Der große Teil der Nicht-Buchführungspflichtigen wird dabei nicht erfaßt. Dieser Teil hat also die Möglichkeit, auf diese Weise seine Kriegsschäden voll und ganz zu saldieren. Man müßte daher demjenigen, der seine Währungsgewinne abzugeben hat, zumindest eine Teilsaldierungsmöglichkeit gegenüber den Kriegsschäden zugestehen.
Meine Damen und Herren, ich habe eine Reihe von Punkten vorgetragen, zu denen wir in den Beratungen des Lastenausgleichs-Ausschusses bezüglich der Abgabeseite Stellung nehmen werden. Das ändert nichts daran, daß wir auf dieser Seite grundsätzlich voll und ganz hinter dem Regierungsentwurf stehen und bereit sind — wie ich nochmals betonen will —, bei der Gestaltung der Abgabepflicht bis an die Grenze des Möglichen zu gehen, aber auch nur so hoch, daß unsere Wirtschaft dadurch nicht geschädigt wird. In diesem Sinne werden wir sachlich und ehrlich in dem Ausschuß mitarbeiten.