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ID0111502100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 115. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 31. Januar 1951 4335 115. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 31. Januar 1951. Glückwünsche zum Geburtstag des Herrn Bundespräsidenten Heuss 4335D Begrüßung des Abg. Morgenthaler nach seiner Genesung 4336A Geschäftliche Mitteilungen . . . . 4336A, 4365C Zugehörigkeit des Abg. Paschek zur Fraktion der WAV 4336B Aufnahme des Abg. Dr. Freiherrn von Fürstenberg in die Fraktion der CDU . . . 4336B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über einen Allgemeinen Lastenausgleich (Nr. 1800 der Drucksachen) 4336B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 4336C Kunze (CDU) 4343D Kriedemann (SPD) 4347D, 4381C Dr. Kather (CDU) 4353A Dr. Horlacher (CSU) 4357B Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 4359A Tichi (BHE-DG) 4361A Wartner (BP) 4362D Fürst zu Oettingen-Wallerstein (BP) 4363D Kuhlemann (DP) 4365C Farke (DP) 4366C Dr. Atzenroth (FDP) 4367D Frommhold (DRP) 4369C Kohl (Stuttgart) (KPD) 4370C Wittmann (WAV) 4374A Loritz (WAV) 4375D Dr. von Golitschek -(FDP) 4377A Dr. Reismann (Z) 4377D Ausschußüberweisung 4383B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Aufhebung des § 29 des Gesetzes zur Milderung dringender sozialer Notstände (Soforthilfegesetz) (Nr. 1799 der Drucksachen) 4383C Ausschußüberweisung 4383C Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Eigentum an Wohnungen und gewerblichen Räumen (Nr. 252 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) (Nr. 1802 der Drucksachen) . . . 4383C Dr. Brönner (CDU), Berichterstatter 4383D Lücke (CDU) (zur Geschäftsordnung) 4390D Ewers (DP) 4391B Abstimmungen 4391A, D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Frau Dr. Probst, Dr. Laforet, Dr. Solleder u. Gen. betr. Koordinierung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau (Nrn. 1803, 1096 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Zusammenfassung der öffentlichen Finanzierungsmittel für den Wohnungsbau (Nrn. 1804, 1352 der Drucksachen) mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion des Zentrums betr. Aufteilung der Mittel für den Wohnungsbau auf die Länder (Nrn. 1805, 1540 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Wohnungsbauprogramme 1950 und 1951 (Nr. 1795 der Drucksachen) . . . . 4392B Wirths (FDP), Berichterstatter . . . 4392C Huth (CDU), Berichterstatter . . . . 4392D Kalbfell (SPD), Berichterstatter . 4392D Beschlußfassung 4393C Ausschußüberweisung 4393C Nächste Sitzung 4393C Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Hans Tichi


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (WAV)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es steht mir lediglich eine Redezeit von 15 Minuten zur Verfügung, und ich kann mich deshalb nur über die grundsätzliche Einstellung meiner Partei zum Lastenausgleichsentwurf äußern.

    (Abg. Kriedemann: Welche ist denn das?)

    — Ich glaube, das könnten Sie wissen, Herr Kollege.

    (Abg. Kriedemann: Ich war mir im Augenblick nicht ganz sicher! — Heiterkeit.)

    Der Herr Bundesfinanzminister hat die historische Bedeutung der heutigen Stunde mit einem Rückblick auf die Ursachen des deutschen Zusammenbruchs unterstrichen. Wir, die wir die Leidtragenden sind, sind wohl einer etwas anderen Meinung über die Ursachen dieses Zusammenbruchs. Wir würden nur wünschen, daß die Regierung dem deutschen Volke in dieser schicksalsschweren Stunde den wahren sozialen Frieden gäbe, von dem der Herr Finanzminister und auch die anderen Redner wiederholt gesprochen haben. Ich habe aber den Eindruck, daß mit dem Regierungsentwurf zum Lastenausgleich dieser soziale Friede nicht herbeigeführt wird, insbesondere weil er ein Werk des Herrn Finanzministers Schäffer ist. Sollte dieser Regierungsentwurf Gesetz werden, dann werden die Gegensätze zwischen den Geschädigten und den Nichtgeschädigten noch mehr verschärft werden, und sie können auch in einen offenen Kampf ausarten.
    Wenn der Deutsche Bundestag, meine Frauen und Männer, heute in die Behandlung des Gesetzes über den allgemeinen Lastenausgleich eintritt, müssen wir uns, wie Herr Kollege Kather bereits gesagt hat, völlig darüber klar sein, daß Millionen Heimatvertriebene, Flieger- und Bombengeschädigte in diesem Augenblick mit allen ihren Hoffnungen nach Bonn blicken und darüber wachen werden, ob die Regierung, aber auch die politischen Parteien ihr Versprechen in bezug auf einen gerechten Lastenausgleich einhalten werden. Ich muß offen gestehen: ich habe die Sorge, daß der von diesen Millionen ersehnte Lastenausgleich eine bittere und böse Enttäuschung bringen wird. Wir, die wir für diese Gruppe sprechen — und jetzt,
    Herr Kollege Kriedemann, sage ich es Ihnen deutlicher —,

    (Abg. Kriedemann: Wir sprechen alle für diese Gruppe, nicht bloß Sie!)

    haben eine ernste Mission übernommen. Ich meine nicht die kleine Gruppe des BHE, die hier im Bundestag vertreten ist, sondern die Millionen Wähler, die sich bei den letzten Landtagswahlen in Schleswig-Holstein, in Bayern, in Württemberg und in Hessen zu uns bekannt haben.

    (Zuruf links: Es gibt noch mehr Flüchtlinge!) — Das sind schon eine große Anzahl von Flüchtlingen, und für diese können wir hier sprechen, und wir haben auch den Mut und das Recht, für diese Menschen hier einzutreten. Wir haben es bisher verhindert, daß diese oft verzweifelten Menschen, die Vermögen, Existenz und ihre Heimat verloren haben, dem Bolschewismus oder einem unangebrachten Radikalismus verfallen. Wir haben es gebilligt, daß unsere Leute auch in zwei Regierungen sitzen und die Mitverantwortung tragen. Auch in diesem Hause haben wir bis heute immer eine vernünftige Oppositionspolitik, nicht Opposition in jedem Fall, getrieben. Das müssen alle bedenken, die sich der Verantwortung bewußt sind.

    Das aber, was der Bundesrat, nicht nur bei der Behandlung des Unterbringungsgesetzes, sondern insbesondere bei Behandlung des Lastenausgleichsgesetzes in seiner Sitzung vom 19. Januar 1951 geleistet hat, läßt das Böseste befürchten. Wir wissen, was wir von dieser Gesellschaft auch in der Zukunft zu erwarten haben. Wir führen seit einem Jahr einen zähen Kampf um den Art. 131 und wissen heute, daß diese Frage, wenn sie gelöst ist, auch die heimatvertriebenen Beamten kaum befriedigen wird. Der Bundesrat torpediert auch dieses Gesetz dadurch, daß er das Unterbringungsgesetz wieder zurückgewiesen hat. Das Gesetz wird dadurch illusorisch, daß inzwischen alle in Betracht kommenden Behörden die Zeit gefunden haben, die wahren Absichten des Unterbringungsgesetzes zu durchkreuzen.
    Das Problem, einen Ausgleich für die Lasten des gemeinsam verlorenen Krieges zu finden, ist das ernsteste deutsche Problem der Nachkriegszeit. Es ist für beide Teile, Geschädigte und verschont Gebliebene, höchste Zeit, daß es endlich — sechs Jahre nach Beendigung der Kampfhandlungen — einer praktischen Lösung zugeführt wird. Ein sozialer Friede ohne Ausgleich der krassen sozialen Spannungen ist undenkbar. Nachdem das Kabinett den Entwurf des Lastenausgleichsgesetzes in einer viermal abgeänderten Form zu Weihnachten verabschiedet hat, tritt der Lastenausgleich nun den Lauf des parlamentarischen Weges an. Wer die Behandlung des Lastenausgleichsgesetzes im Bundesrat und damit die erste Parlamentsdebatte verfolgt hat, muß tief erschüttert sein. Ein Gesetz, das das Schicksal von Millionen armer Teufel bestimmen soll, wird im Eiltempo in dreieinhalb Stunden verabschiedet und durchgepeitscht. Der Antrag meines Freundes Kraft, der Finanzminister von Schleswig-Holstein ist und im Bundesrat Sitz und Stimme hat, eine Generaldebatte zu führen, wird bagatellisiert und abgewiesen. Man will nicht, daß zu dieser brennenden Schicksalswunde in einer langen Debatte Stellung genommen wird. Alle von Minister Kraft vorgetragenen Forderungen der Geschädigten wurden bagatellisiert und nicht beachtet. Er verlangte die quotale Entschädigung, individuelle Schadensfestsetzung, Verkehrswert statt Einheitswert, Eingriff in die Vermögenssubstanz,


    (Tichi)

    sofortige Fälligkeit der Abgabe, Rechtsanspruch der Geschädigten. Alle diese unsere Forderungen sind im Regierungsentwurf entweder gar nicht oder sehr abgeschwächt enthalten.
    Für uns und für jedermann muß völlig klar sein: alle Deutschen müssen den gemeinsam verlorenen Krieg gemeinsam bezahlen, nicht wir allein. Wir lehnen es entschieden ab, daß diese Verluste aus Steuern ausgeglichen werden, und verlangen, daß der Eingriff in die Substanz erfolgt, auch dann, wenn der Herr Finanzminister Schäffer in diesem Falle von einem Bürgerkrieg spricht oder einen Bürgerkrieg an die Wand malt.
    Aus dem Regierungsentwurf zum Lastenausgleich weht der Geist des Bundesfinanzministers. Nun kommt der Bundesrat und verschlechtert diesen ohnehin schlechten Gesetzentwurf. Ich glaube, der Herr Finanzminister Schäffer hat eine Freude daran, daß er als Wohltäter der Heimatvertriebenen gelten wird, weil er sagt: der Bundesrat hat nicht soviel Gefühl und Einsicht wie ich, der Herr Schäffer.

    (Lachen bei den Regierungsparteien.)

    Innerhalb des Deutschen Bundestages sind die Gegner eines von den Geschädigten geforderten Lastenausgleichs auch bereits zum Kampf angetreten. Die heutige Rede des Herrn Kollegen Kriedemann war deutlich genug, und die Haltung bei der Behandlung des Feststellungsgesetzes sagt uns ganz genau, daß die Gegner nicht nur bei den Regierungsparteien zu finden sind, sondern daß es auch im Lager der Opposition Menschen gibt, die der Meinung sind, der Lastenausgleich und das Feststellungsgesetz seien in der Form nicht notwendig. Nach meiner Überzeugung ist ein Lastenausgleich ohne vorherige Schadensfeststellung unmöglich und undenkbar.
    Ebenso gefährlich ist auch die Front, die sich gegen den Lastenausgleich außerhalb des Parlamentes heute schon formiert. Es ist der Deutsche Städtetag, der zu Protestversammlungen gegen den Lastenausgleich aufruft. Sie finden in allen möglichen Städten statt. Die Landwirtschaft, die Industrie- und Handelskammern tun das gleiche; kurz: alle Gegner des Lastenausgleichs haben sich bereits in einer gemeinsamen Front zusammengefunden.
    Man erzähle uns nicht, daß der Lastenausgleich den Zusammenbruch der Wirtschaft oder der staatlichen Finanzen herbeiführen würde. Das sind Mätzchen, über die man ernstlich nicht nachzudenken braucht. Kein Mensch von uns verlangt, daß der kleine, vom Schicksal verschonte einheimische Bauer, Handwerker oder Unternehmer wirtschaftlich umgebracht wird.
    Man nehme sich ein Beispiel an dem kleinen und heldenhaften finnischen Volk, das ein halbes Jahr nach Kriegsschluß bereits einen Lastenausgleich geschaffen hat, der alle befriedigt. Natürlich haben die verschont Gebliebenen Opfer gebracht. Neubauernhöfe und Siedlungen sind auf Grund eines Wohnungsbeschaffungsgesetzes entstanden. Freiwillig haben einheimische Bauern einen Teil ihres ohnehin mageren Besitzes an ihre vertriebenen Brüder aus Karelien abgegeben.
    Auch wir weisen mit Nachdruck darauf hin, daß die Forderung nach einem gerechten Lastenausgleich nicht das Verlangen einer Gruppe nach Bereicherung ist, sondern eine geistig-politische Auseinandersetzung von entscheidender Bedeutung zum Gegenstand hat. Wir wissen uns beim Kampf urn den Lastenausgleich frei von dem Verdacht, daß wir etwa selbstsüchtigen Interessen dienen, sondern wir sind zutiefst davon überzeugt, daß es um die Schaffung und die Erhaltung einer deutschen Not- und Schicksalsgemeinschaft geht. Die Geschichte lehrt, daß Besitz nicht ohne Opfer erhalten werden kann. Wir richten in letzter Stunde von dieser Stelle an die vom Schicksal verschonten Besitzenden den dringenden Appell, einen Teil der erhaltenen Substanz herzugeben, um der unbeschreiblichen Not der Geschädigten zu steuern. Auch die Verteidigung der Freiheit ist ohne Sicherheit und sozialen Frieden ein hoffnungsloses Beginnen. Die Lesung im Bundesrat hat gezeigt, welche erschreckenden Möglichkeiten zu einer Vermassung in einem falsch angelegten Lastenausgleich enthalten sind und welche Gefahren hierdurch für eine gegliederte Demokratie und für unsere abendländischen Kulturwerte heraufbeschworen werden. Wer nicht von solcher Schau aus an die Lösung dieser deutschen Schicksalsfrage herantritt, macht sich — wenn auch unbewußt — zum Schrittmacher des Bolschewismus und versündigt sich an der Zukunft eines freien Europas.

    (Zuruf von der SPD: Das sind sicher Worte von Kraft!)

    Wir lehnen aus diesen Gründen den Regierungsentwurf grundsätzlich ab und hoffen, mit allen jenen Volksvertretern, die es mit den Opfern des letzten Weltkrieges ehrlich meinen, eines Sinnes zu sein. Wir appellieren insbesondere an unsere Kollegen, die heimatvertriebenen Abgeordneten, nicht nur in den Reihen der Regierungsparteien, sondern auch in den Reihen der SPD, sich der Verantwortung, die sie gegenüber den Heimatvertriebenen und Geschädigten übernommen haben, bewußt zu sein. Wird dieser Regierungsentwurf Gesetz, dann wissen wir genau, was geschieht. Wir warnen vor diesen unabsehbaren Folgen.
    Wir . beantragen, den Regierungsentwurf über den allgemeinen Lastenausgleich auch dem Ausschuß für Heimatvertriebene zu überweisen, damit wir dort unsere Forderungen stellen können.

    (Beifall beim BHE und bei anderen Abgeordneten.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Wartner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Johann Wartner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wohl kaum ein Gesetz hat schon bei seiner Ankündigung so viel Kritik der Allgemeinheit erfahren wie das Gesetz über den Lastenausgleich; Sorge, ja geradezu Angst auf der einen Seite, Hoffnungen und Enttäuschungen auf der anderen Seite. Das ist kein Wunder, weil das vorliegende Gesetz einen Eingriff in die bisherigen vermögensrechtlichen Verhältnisse des einzelnen darstellt. Wir müssen das unverbrüchliche Recht auf Hilfe und Ausgleich zugunsten derjenigen anerkennen, die durch einen brutalen, gesetzlosen Eingriff alles verloren haben. Der Hinweis, daß letzten Endes der Ausgleich nur durch die Beseitigung der Potsdamer Beschlüsse geschaffen werden kann, entbindet uns nicht von der Verpflichtung, für Beseitigung der größten Härten zu sorgen. Mit den Worten „der größten Härten" wende ich mich schon an die Adresse der Heimatvertriebenen und der Kriegssachgeschädigten mit der Bitte, mit Rücksicht auf die bereits überlastete Wirtschaft in ihren Forderungen Maß zu halten. Denn ein Zusammenbruch der bestehenden Wirtschaft würde letzten Endes


    (Wartner)

    auch zum Verhängnis der Heimatvertriebenen werden.

    (Sehr richtig! bei der BP.)

    Im Rahmen einer kurzen allgemeinen Aussprache, zu der mir nur eine Zeit von etwa 15 Minuten gegeben ist, ist es unmöglich, auf das Gesetz mit seinen 328 Paragraphen im einzelnen einzugehen. Es wird Aufgabe des Ausschusses sein, in ernster Verantwortung die einzelnen Abschnitte zu prüfen. Es wird sich nicht vermeiden lassen, daß Meinungen gegen Meinungen stehen, weil unter den Tausenden von Fällen jeder einzelne Fall anders liegt und weil man immer dann, wenn man glaubt, ein Unrecht zu beseitigen, wieder ein neues — wenn auch nur vermeintliches — Unrecht schafft.
    Was die Abgabenseite angeht, so muß ich auf den § 22 des Entwurfs zu sprechen kommen, weil er eine ganz besondere Härte gegenüber dem ursprünglichen Regierungsentwurf darstellt. Der ursprüngliche Regierungsentwurf hat eine soziale Staffelung sowohl in der Abgabeschuld als solcher als auch in der Verzinsung und Tilgung derselben vorgesehen. Der Schäffersche Entwurf hat seinerzeit eine Belastung für die Landwirtschaft von 37%, 31 % und 25 %, also eine soziale Staffelung, vorgesehen, während der derzeitige Entwurf eine einheitliche Belastung von 50 % des Vermögens und eine einheitliche Verzinsung oder Tilgung von 4 % kennt. Es ist kein Geheimnis und es hat immer als Tatsache gegolten, daß die Landwirtschaft eine solche Belastung nicht tragen kann. Deshalb fordere ich, daß der § 22 eine Änderung erfährt, damit letzten Endes der ursprüngliche Antrag der Regierung zur Geltung kommt. Ich möchte sagen, daß gerade für die Landwirtschaft und für uns kleine Landwirte eine solche Staffelung kommen muß und daß es überdies ein Unrecht ist, wenn der § 22 für das ganze Bundesgebiet einheitlich gelten soll. Man soll doch daran denken, daß es nicht gleichgültig ist, ob ich mein Anwesen beispielsweise in NordrheinWestfalen oder in einem andern gesegneten Gebiet habe oder ob es sich in einem vom Bund schon längst anerkannten Notstandsgebiet befindet. Ich denke da nicht bloß an die bayerischen Notstandsgebiete, an den Bayerischen Wald, an Rhön und Spessart, sondern ich spreche allgemein von Notstandsgebieten. Ich glaube, daß diese hier eine Entlastung erfahren müssen. Ein gewisser Ausgleich ist schon dadurch gegeben, daß der Einheitswert in den Notstandsgebieten niedriger ist als anderswo. Aber der Einheitswert bzw. die Besteuerung allein kann diesen sozialen Ausgleich nicht schaffen; denn die sozialen Verhältnisse zeichnen sich am deutlichsten im Lebensstandard der einzelnen Gebiete ab. Was nützt es, wenn ich beispielsweise einem Mittellosen sage: Du brauchst keine Steuer zu bezahlen, und ich muß Steuer bezahlen, weil du steuerfrei bist; deshalb bist du mir auch gleichgestellt! Dadurch, daß die Steuer auf Grund der verschiedenen Verhältnisse niedriger ist, ist der soziale Ausgleich noch lange nicht gegeben.
    Ich möchte noch auf die §§ 85 bis 138 des Gesetzes zu sprechen kommen, die die sogenannten Hypothekengewinne zum Lastenausgleich heranziehen. Wenn man sich die §§ 85 bis 170 ansieht, muß man wohl sagen, daß dies das Meisterwerk einer juristischen Prüfungsaufgabe ist. Ich bin aber der Meinung, daß es Aufgabe der Sachbearbeiter sein sollte, bei Ausarbeitung eines Gesetzestextes auch auf die Abgabepflichtigen, d. h. auf die Steuerzahler, Rücksicht zu nehmen, die ja letzten Endes ein Interesse daran haben, dieses Gesetz auch zu verstehen. Meine Herren, die Hypothekengewinnabgabe bringt zweifellos auch bestimmte Härten. Dadurch, daß in den Jahren zwischen 1945 und 1948 viele nicht mehr den notwendigsten Bedarf decken konnten und in ihren Betrieben keine Verbesserungen vornehmen, geschweige denn Neuanschaffungen machen konnten, ist es manchem möglich geworden, seine Schulden und seine Hypotheken abzutragen. Einem andern ist das bei der gleichen Lage vielleicht nicht gelungen. Jetzt wird der weniger Glückliche dafür bestraft, indem er statt seiner Abgabe aus dem Einheitswert seine bisherigen Hypotheken zum alten Zinsfuß weiter zu verzinsen hat, was eine wesentlich höhere Belastung darstellt, als wenn er die Abgabe aus dem Einheitswert leisten müßte.
    Vielleicht hat mancher von Ihnen ebenso viele Zuschriften erhalten wie ich. Wir sehen, daß jeder Fall anders gelagert ist. Da schreibt mir beispielsweise einer, daß er eine Hypothek hatte, die ihn nicht besonders beunruhigt und die er infolgedessen nicht zurückgezahlt hat. Er hat sein Geld vielmehr auf die Sparkasse gelegt, um im Falle eines plötzlichen Ereignisses das Kapital abheben zu können. Das auf die Sparkasse gelegte Geld ist entwertet, während seine Hypothek geblieben ist, und er zahlt nun seine Hypothekengewinnabgabe aus voller Höhe. Aus diesem einfachen Grunde bin ich der Meinung, daß der § 85 aus dem Lastenausgleich überhaupt herausgenommen werden könnte. Dadurch würden vielen Sorgen und Härten erspart bleiben. Weil ich nun aber nicht so optimistisch bin, anzunehmen, daß dies der Fall sein wird, so bin ich der Meinung, daß bei der Ausarbeitung der Durchführungsbestimmungen nach § 170 in einer Rechtsverordnung auf diese Härten Rücksicht genommen werden sollte, damit nach Möglichkeit diejenigen, die so schwer betroffen worden sind, Erleichterungen erhalten.
    Im allgemeinen möchte ich mich den Rednern anschließen, die immer wieder betont haben, daß wir bemüht sein müssen, einen sozialen Ausgleich herbeizuführen. Der Ausdruck „sozialer Ausgleich" ist ja heute schon als verpönt bezeichnet worden, und er ist vielleicht bereits etwas abgenützt.
    Es wird Aufgabe der in den Ausschüssen sitzenden Männer sein, die sozialen Belange nach allen Seiten hin zu berücksichtigen. Mein Kollege Horlacher hat mit besonderer Schärfe darauf hingewiesen, daß in der Landwirtschaft bei der Vermögensbewertung auf die mitarbeitenden Söhne und Töchter Rücksicht genommen werden sollte. Ebenso sollten auch die Altenteile in Abzug gebracht werden. All das sind Dinge, die natürlich nur in den Ausschußverhandlungen mit Ernst besprochen und beraten werden können.
    Nachdem noch ein Redner meiner Fraktion das Wort nehmen wird, muß ich mich auf diese kurzen Ausführungen beschränken.

    (Beifall bei der BP.)