Rede von
Heinz
Frommhold
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DRP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DRP)
Meine Damen und Herren! Einer meiner Herren Vorredner hat vorhin bereits erwähnt, daß der Begriff Lastenausgleich zum ersten Male bei der Schaffung des Währungsreformgesetzes der Alliierten geprägt wurde und daß seit dieser Zeit viele Versuche unternommen worden sind, um einen brauchbaren Lastenausgleichsgesetzentwurf zu schaffen. Inzwischen sind wohl an die zehn Entwürfe von den verschiedensten Seiten verfaßt worden. Dazwischen liegen die Unkeler Beschlüsse. Man hat hin und her verhandelt, und nun liegt uns endlich der Lastenausgleichsgesetzentwurf vor, der jetzt von diesem Hohen Hause beraten wird.
Meine Damen und Herren! Es ist doch immerhin verwunderlich, daß ein Gesetzentwurf so lange Zeit braucht, der eine Frage behandelt, die. neben eine andere gestellt, Kardinal- und Angelpunkte des deutschen Lebens überhaupt betrifft. Für uns ist es nicht gerade erstaunlich, aber immerhin doch verwunderlich gewesen, daß, setzte man den nötigen Druck dahinter, ein Gesetz von der Regierung innerhalb weniger Tage verabschiedet werden konnte, wie es mit dem Mitbestimmungsgesetz der Fall gewesen ist. Ich will hier nicht auffordern, daß sich meine Schicksalsgefährten und alle die. die Ansprüche an den Lastenausgleich haben, ähnlicher Druckmittel bedienen mögen. Aber. meine Damen und Herren, ich befürchte, daß. sollte das Lastenausgleichsgesetz nicht in etwa den berechtigten Erwartungen entsprechen. sich ein gewisser Druck von selbst ergeben wird.
Es liegt mir nun fern, hier in weitschweifige Betrachtungen des Lastenausgleichsgesetzes einzutreten. Wir sind in der glücklichen Lage, nicht über die genügende Redezeit zu verfügen und, wie es bei anderen Parteien der Fall gewesen ist, drei Vertreter auf das Podium zu schicken, die mehr oder weniger abweichende Meinungen, die innerhalb der gleichen Partei zu herrschen scheinen, hier zum Vortrag brachten.
— Aber sicher!
Nun, meine Damen und Herren, möchte ich eins erklären: Ich bedauere es persönlich außerordentlich, daß man Herrn Abgeordneten Kather nicht die Möglichkeit gegeben hat, die Anschauungen des großen Kreises der Heimatvertriebenen, die im ZvD zusammengeschlossen sind, hier zu vertreten.
Man möge doch hierbei nicht übersehen, daß es sich um eine Zahl handelt, die ungefähr bei 6 bis 8 Millionen liegt.
Sehen Sie, meine Damen und Herren, das ist nach meinem Dafürhalten auch der Fehler, der wiederum bei der Ausarbeitung des uns vorliegenden Gesetzentwurfes gemacht worden ist, daß man die Betroffenen in ihren Ansprüchen zuwenig gehört und berücksichtigt hat.
Doch nun zu einigen Einzelheiten! Der Herr Bundesfinanzminister erwähnte eingangs, daß eine Dauerrente das Gefühl der Erniedrigung für die, die sie entgegennehmen sollen, hervorrufen könnte. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß das Gefühl, das
man beim Empfang einer Rente hat, sehr von der Höhe dieser Rente abhängt. Ich kann mir wohl denken, daß sich jemand wirklich erniedrigt fühlt, dem man eine wenn auch Zusatzrente von 10 Mark monatlich anbietet. Ich möchte vielmehr in diesem Zusammenhang von Pensionen sprechen, die gezahlt werden müßten; denn es ist hier in diesem Hohen Hause bereits anerkannt worden, daß von seiten der Anspruchsberechtigten ein Rechtsanspruch besteht.
Unsere Auffassung zu der Gestaltung des Lastenausgleichs darf ich Ihnen ganz kurz hier darlegen. Wir sind der Meinung, daß man allen Alten und Arbeitsunfähigen eine anständige lebenslängliche Pension bezahlen müßte, die sie in die Lage versetzt, wirklich sorgenlos ihre letzten Tage zu verleben. Darüber hinaus sollte das Hauptaugenmerk darauf gerichtet werden, daß man Arbeitsplätze für alle diejenigen schafft, die auf Grund fehlender beruflicher Vorbildung nicht in der Lage sind, sich selbständig zu machen. Fernerhin sollte man allen, die selbständig gewesen sind, die Möglichkeit geben, auch in der neuen Heimat wieder selbständig zu arbeiten. Darüber hinaus — das soll vor allem nicht vergessen werden — muß eine weitgehende Unterstützung gewährt werden, damit vor allem die ostvertriebene Jugend in die Lage versetzt wird, sich beruflich so vorzubilden, daß sie in ihrem späteren Leben auch in der Lage ist, ihren Mann zu stehen und sich eine geachtete und anständige Stellung zu erwerben.
Dies ist also zunächst ein sozialer Lastenausgleich, und, meine Damen und Herren, ich bin nicht der Meinung, daß man auf 30 Jahre mit einer jährlichen Quote von 1,5 Milliarden rechnen sollte. Denn die angekündigte Steuernovelle zeigt, daß es durchaus möglich ist, weitere 2,7 Milliarden zusätzlich im Jahre an Steuern einzubringen, und ich bin bei der Tüchtigkeit unseres Herrn Finanzministers restlos davon überzeugt, daß, wenn er sich weiter anstrengt, es ihm möglich sein wird, noch mehr Gelder herauszuwirtschaften.
Nun, meine Damen und Herren, ist doch die Sache so: ein Zeitraum von 30 Jahren ist bei der Wandelbarkeit der wirtschaftlichen Struktur, wie wir sie vor allem in den letzten Jahren erlebt haben, recht hoch gegriffen. Ich bin vielmehr der Meinung, daß man diesen Zeitraum herabsetzen und dafür die Möglichkeit schaffen sollte, die Abgabe denen zu stunden, die wirklich erwiesenermaßen nicht in der Lage sind, ein höheres jährliches Aufkommen zu erzielen.
Vorhin, meine Damen und Herren, wurde ausgeführt, man solle zu den Beratungen des Lastenausgleichsausschusses auch den Landwirtschafts- und den Wirtschaftsausschuß des Bundestages hinzuziehen. Ich bin mit diesem Vorschlage durchaus einverstanden, und er ist berechtigt in dem Augenblick, wo man mit ganz anderen Ideen an den Lastenausgleich herangeht. Denn man müßte sich dann zunächst einmal darüber klar werden, welche Mittel erforderlich sind, um einen gerechten Lastenausgleich herbeiführen zu können. Nach dieser Feststellung muß die Aufbringerseite so herangezogen werden, daß die Entschädigung dann auch wirklich möglich und durchführbar ist.
Meine Damen und Herren! Einer meiner Vorredner von der Deutschen Partei sagte, es sei seiner Auffassung nach notwendig, sich über einige Punkte des Lastenausgleichsgesetzentwurfs noch näher und ausgiebiger zu unterhalten. Wir vertreten die Ansicht, daß die Gesamtkonzeption dieses Lastenausgleichgesetzentwurfs eine völlige Neugestaltung und Überarbeitung erforderlich macht, damit tatsächlich die so oft von allen Kreisen betonte und geforderte wirkliche Umschichtung des Volksvermögens erfolgversprechend durchgeführt werden kann.
Zum Abschluß möchte ich wiederholen, was ich bereits einmal die Ehre hatte, von dieser Stelle aus zu sagen: Der Wirtschaftsrat hat die Erwartungen der Ostvertriebenen und aller Kriegsgeschädigten überhaupt enttäuscht.
Sie haben sich mit dieser Enttäuschung abgefunden. Das ganze Vertrauen dieser Kreise liegt nun bei der Arbeit des Deutschen Bundestages, und, meine Damen und Herren, ich kann es nicht eindringlich genug wiederholen und Sie darum bitten, dazu beizutragen: Hüten wir uns davor, das in uns, in den Bundestag, gesetzte Vertrauen erneut zu enttäuschen!