Rede von
Christian
Kuhlemann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als im Frühjahr 1948 im Vereinigten Wirtschaftsgebiet die ersten Anfänge gemacht wurden, das Lastenausgleichsgesetz zu bearbeiten, waren wir im Wirtschaftsrat sehr eifrig bemüht, möglichst schnelle Arbeit zu leisten. Ich denke noch daran, daß wir damals in dem Homburger Plan genaue Vorschläge machen konnten, wie von seiten der Deutschen die Währungsreform zugleich mit dem Lastenausgleich durchgeführt werden sollte. Leider sind die Pläne, die damals ausgearbeitet wurden und in ganz genauen Durchsprachen auch abgestimmt waren, auf die deutschen Verhältnisse zugeschnitten, nachher nicht so weit gediehen, daß sie angenommen wurden. Die Währungsreform wurde damals von der Besatzungsbehörde diktiert, und wir wurden hinterher beauftragt, auf der Basis der Währungsreform ein neues Lastenausgleichsgesetz auszuarbeiten und diesen Lastenausgleich möglichst schnell in die Tat umzusetzen.
Sie alle erinnern sich noch, wie wir damals gearbeitet haben und wie wir bei der Arbeit an dieser Sache schließlich zusammen mit den verschiedenen Parteien zu dem Vorschlag kamen, das Soforthilfegesetz im Wirtschaftsrat anzunehmen. Meine Partei hat damals allerdings dagegen gestimmt, und zwar aus bestimmten Gründen: weil wir annahmen, daß die Belastung des fundierten Vermögens mit 3% für die Landwirtschaft zu hoch sei. Dieses Soforthilfegesetz, das wir auf Anforderung der Militärregierung mit größter Beschleunigung ausarbeiten mußten, wurde von uns am 14. Dezember 1948 verabschiedet. Wir haben dann im Jahre 1949 lange warten müssen, bis wir endlich, in den ersten Tagen des April, hörten, das Soforthilfegesetz sei in veränderter Form von der Militärregierung genehmigt. Wir bekamen damals auch wieder Auflagen von der Militärregierung, die uns das Gesetz nochmals zurückschickte. Nachdem wir über fünf Monate gewartet hatten, wurde es schließlich am 24. Mai 1949 verabschiedet und am 18. August 1949, 14 Tage bevor der Bundestag seine Arbeit hier in Bonn aufnahm, endgültig in Kraft gesetzt. Wäre diese Zeit, die damals mehr oder weniger umsonst vertan worden ist, dazu benutzt worden, ein richtiges Lastenausgleichsgesetz zu schaffen, eine Zeit, die wir damals mit dem Soforthilfegesetz überbrückt haben, wie wir ja auch die jetzige Zeit noch mit diesem Gesetz überbrücken, dann hätte dieses endgültige Lastenausgleichsgesetz die ganzen Ideen bestimmt besser verwirklicht.
Wir haben leider sehen müssen, daß durch diese zeitliche Verschiebung alles Mögliche in dem Lastenausgleichsgesetz mit größeren Schwierig-
keiten belastet worden ist und daß der jetzige Entwurf die ganze Materie nicht so hat bearbeiten können, wie sie damals bearbeitet worden wäre, hätte der Wirtschaftsrat diese Angelegenheit noch in die Hand genommen. Wir haben seinerzeit immer wieder darauf hingewiesen, daß eine schnellere Arbeit in der Frage des Lastenausgleichs nicht die Differenzen bringen würde, die augenblicklich vielleicht erst richtig zutage treten. Ich muß leider auch betonen, daß verschiedene Parteien, auch in der jetzigen Koalition mitarbeitende Parteien, es für richtiger befunden haben, in der Frage des Lastenausgleichs langsam zu treten. Nach meiner Meinung wäre es richtiger gewesen, man hätte sich in der Sache etwas mehr Mühe gegeben und sie schneller zu einer endgültigen Erledigung geführt; dann hätten wir vielleicht auch nicht soviel Differenzen bekommen.
Nun liegt dieses Gesetz vor, und wir werden es in den nächsten Wochen und Monaten in den Ausschüssen beraten. Ich glaube nicht, daß die Sache im Auschuß einfach werden wird, daß es gelingen wird, die jetzt noch zur Diskussion stehenden Fragen schnell zu klären. Jedenfalls aber haben alle den Wunsch, an diesem Gesetz sachlich und willig mitzuarbeiten.
Wenn man sich nun mit den einzelnen Fragen des Lastenausgleichsgesetzes beschäftigt, erkennt man, daß es verschiedene Punkte enthält, die dem einen oder anderen natürlich doch nicht so ausgeglichen zu sein scheinen, daß er ihnen augenblicklich zustimmen könnte. Aber ich hoffe und wünsche, daß die Arbeit in den Ausschüssen — es werden sich bestimmt mehrere Ausschüsse mit der Sache beschäftigen müssen — doch das bringen wird, was wir alle von einem Lastenausgleich erwarten: eine Regelung dergestalt, daß die Gegensätze zwischen den Gebenden und Nehmenden wenigstens so ausgeglichen sind, daß sich nachher nicht zu große Spannungen ergeben.
Zu einzelnen Punkten des Lastenausgleichsgesetzes möchte ich nur noch folgendes sagen. Die Deutsche Partei steht auf dem Standpunkt, daß die öffentliche Hand in den Kreis der Abgabepflichtigen mit einzubeziehen ist. Ferner ist sie der Auffassung, daß das Vermögen der Kapitalgesellschaften nur auf der einen Seite, bei den Kapitalgesellschaften, direkt heranzuziehen ist, daß also nicht deren Gesellschafter noch einmal irgendwie eine Belastung erfahren, daß grundsätzlich Kriegsschäden bei der Vermögensabgabe irgendwie mit berücksichtigt und daß die Kriegsfolgeschäden in irgendeiner Art und Weise auch zu einer Erledigung kommen müssen.
Die beste Lösung der Frage, wie der § 325 der Vorlage bearbeitet werden muß, ist nach meiner Meinung darin zu finden, daß wir, indem wir in derselben Art und Weise, wie Herr Kollege Nöll von der Nahmer vorgeschlagen hat, verfahren und diesen ganzen Fragenkomplex möglichst bald mit erledigen.
Wir haben auch noch eine weitere Frage unbedingt zu erledigen. Damit komme ich zu einem Punkt, der uns ja in der ganzen Frage auch schon vor ihrer jetzigen Behandlung sehr oft bewegt und beschäftigt hat. Ich meine die Frage der Kriegsschäden. Wenn wir die Kriegsschäden unberücksichtigt lassen würden, würden wir den Wiedereinstieg derjenigen Leute, die besonders infolge der Kriegsschäden bis jetzt noch keine Gelegenheit gehabt haben, ihre Betriebe irgendwie aufzubauen, in die Wirtschaft verhindern. Wir müssen versuchen, diesen kriegsgeschädigten Betrieben durch möglichst schnelle Hergabe von Krediten irgendwie die Möglichkeit zu geben, ihre Betriebe wenigstens wieder in Gang zu setzen, denn wir werden gerade in der nächsten Zeit alle Betriebe nötig haben, um die Forderungen, die demnächst an unsere Wirtschaft herangebracht werden, zu erfüllen.
Im großen ganzen hoffe und wünsche ich nun, daß die endgültige Erledigung des Lastenausgleichs durch die Arbeit in dem Lastenausgleichsausschuß so weit vorbereitet und durchgeführt werden kann, daß wir in nächster Zeit die endgültige Verabschiedung hier in diesem Hause vornehmen können.