Protokoll:
15049

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 49

  • date_rangeDatum: 6. Juni 2003

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 16:05 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/49 Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . . Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sebastian Edathy SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin Hohmann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 19: a) Antrag der Abgeordneten Andreas Storm, Annette Widmann-Mauz, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Klarheit über Ren- tenfinanzen und Alterssicherung schaffen – Notwendige Reformmaß- nahmen nicht auf die lange Bank schieben (Drucksache 15/1014) . . . . . . . . . . . . . Franz Thönnes, Parl. Staatssekretär BMGS Dr. Heinrich L. Kolb FDP . . . . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Hildegard Müller CDU/CSU . . . . . . . . . . . . Erika Lotz SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . Gerald Weiß (Groß-Gerau) CDU/CSU . . . . . Gudrun Schaich-Walch SPD . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 20: a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- 4121 C 4122 C 4123 A 4124 B 4125 D 4128 A 4130 D 4132 B 4134 C 4136 C 4137 D 4138 C 4140 A Deutscher B Stenografisch 49. Sitz Berlin, Freitag, den I n h a l Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 18: Zweite und drittte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Vertrag vom 27. Ja- nuar 2003 zwischen der Bundesrepu- blik Deutschland und dem Zentralrat der Juden in Deutschland – Körper- schaft des öffentlichen Rechts – (Drucksachen 15/879, 15/1109, 15/1124) Fritz Rudolf Körper, Parl. Staatssekretär BMI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A 4117 A 4117 B 4117 C 4119 A 4120 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit und So- ziale Sicherung zu dem Entschlie- undestag er Bericht ung 6. Juni 2003 t : ßungsantrag der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP zu der Unterrich- tung durch die Bundesregierung: Be- richt der Bundesregierung über die gesetzliche Rentenversicherung, ins- besondere über die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben, der Schwankungsreserve sowie des je- weils erforderlichen Beitragssatzes in den künftigen 15 Kalenderjahren gemäß § 154 SGB VI (Rentenversi- cherungsbericht 2002) und Gutach- ten des Sozialbeirats zum Renten- versicherungsbericht 2002 (Drucksachen 15/110, 15/318, 15/859) ndreas Storm CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 4126 A 4126 A NEN eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Neustrukturie- rung der Förderbanken des II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. Juni 2003 Bundes (Förderbankenneustruk- turierungsgesetz) (Drucksachen 15/743, 15/1127) – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neustrukturierung der Förder- banken des Bundes (Förderban- kenneustrukturierungsgesetz) (Drucksachen 15/902, 15/949, 15/1127) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Förderung von Kleinunternehmern und zur Verbesserung der Unternehmens- finanzierung (Kleinunternehmer- förderungsgesetz) (Drucksachen 15/537, 15/1042, 15/1043) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur För- derung von Kleinunternehmern und zur Verbesserung der Unter- nehmensfinanzierung (Kleinun- ternehmerförderungsgesetz) (Drucksachen 15/900, 15/1042, 15/1043) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Hendricks, Parl. Staatssekretärin BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Bernhardt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . Christine Scheel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Pinkwart FDP . . . . . . . . . . . . . . Simone Violka SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans Michelbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk SPD . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Erste Beratung des von den Abgeordneten Arnold Vaatz, Ulrich Adam, weiteren Ab- geordneten und der Fraktion der CDU/ CSU eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Bereinigung von SED-Un- recht (Drittes SED-Unrechtsbereini- gungsgesetz – 3. SED-UnBerG) (Drucksache 15/932) . . . . . . . . . . . . . . . . . Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . Karsten Schönfeld SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . R H T J D M A M D D R Z K D G U D H C Z 4141 C 4141 C 4141 D 4141 D 4142 A 4143 B 4144 D 4146 A 4147 A 4148 B 4149 D 4151 D 4152 A 4153 D 4155 A ainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ans-Joachim Hacker SPD . . . . . . . . . . . . . . Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 22: – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ein- gebrachten Entwurfs eines Ersten Ge- setzes zur Änderung des Erneuer- bare-Energien-Gesetzes (Drucksachen 15/810, 15/1121) . . . . . – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Ent- wurfs eines Ersten Gesetzes zur Än- derung des Erneuerbare-Energien- Gesetzes (Drucksachen 15/1067, 15/1121) . . . . ürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . oris Meyer (Tapfheim) CDU/CSU . . . . . . . arco Bülow SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ngelika Brunkhorst FDP . . . . . . . . . . . . . . . ichaele Hustedt BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Joachim Pfeiffer CDU/CSU . . . . . . . . . . olf Hempelmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Gernot Erler, Karin Kortmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abge- ordneten Hans-Christian Ströbele, Thilo Hoppe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Für einen stärkeren UN-Ein- satz im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo (Drucksache 15/1144) . . . . . . . . . . . . . . . erstin Müller, Staatsministerin AA . . . . . . . r. Friedbert Pflüger CDU/CSU . . . . . . . . . . ert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . . . . . . lrich Heinrich FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . artwig Fischer (Göttingen) DU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 10: Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU/ CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN und der FDP: Sofortige und bedin- 4155 C 4156 A 4157 A 4158 A 4158 A 4158 B 4159 A 4160 D 4161 D 4163 A 4164 A 4165 D 4167 C 4167 D 4169 B 4170 C 4171 D 4172 C 4173 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. Juni 2003 III gungslose Freilassung von Aung San Suu Kyi (Drucksache 15/1105) . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Neumann (Bramsche) SPD . . . . . . . . Holger Haibach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . Christa Nickels BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 24: Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit: – zu dem Antrag der Abgeordneten Hubertus Heil, Klaus Brandner, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der Alexander Dobrindt CDU/CSU . . . . . . . . . . Ulrich Kelber SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . Michaele Hustedt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Barthel (Starnberg) SPD . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: Antrag der Abgeordneten Birgit Homburger, Cornelia Pieper, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der FDP: Den Bildungsstandort Deutschland stärken – ausländischen Jugendlichen den Schul- besuch erleichtern (Drucksache 15/471) . . . . . . . . . . . . . . . . 4174 A 4174 A 4175 D 4177 A 4177 D 4180 D 4181 B 4183 A 4183 D 4184 C 4185 A SPD sowie der Abgeordneten Michaele Hustedt, Ulrike Höfken, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Die Bestimmungen der Post-Uni- versaldienstleistungsverordnung ver- braucherfreundlich durchsetzen – zu dem Antrag der Abgeordneten Johannes Singhammer, Karl-Josef Laumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Flächen- deckende Versorgung mit Post- dienstleistungen sicherstellen – zu dem Antrag der Abgeordneten Rainer Funke, Birgit Homburger, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Wettbewerbsbedingungen bei Vertrieb von Postdienstleistun- gen schaffen (Drucksachen 15/615, 15/466, 15/579, 15/1129) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Barthel (Starnberg) SPD . . . . . . . . . . . Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . C D E C J D M D N A L A A 4178 B, C, D 4178 D 4180 A hristoph Hartmann (Homburg) FDP . . . . . . r. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . . . . . . . Dr. Christoph Bergner CDU/CSU . . . . . . rnst-Reinhard Beck (Reutlingen) DU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . osef Philip Winkler BÜNDNIS 90/ IE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arion Seib CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ernst Dieter Rossmann SPD . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 mtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4185 A 4186 B 4186 C 4187 D 4189 A 4189 D 4191 B 4192 D 4193 A 4193 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. Juni 2003 4117 (A) ) (B) ) 49. Sitz Berlin, Freitag, den Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. Juni 2003 4193 (A) ) (B) ) * für die Teilnahme an den Sitzungen der Westeuropäischen Union Drucksache 15/713 Nr. 2.18 Drucksache 15/713 Nr. 2.5 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten A 2 s G m g G n D g g m a Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Altmaier, Peter CDU/CSU 06.06.2003 Borchert, Jochen CDU/CSU 06.06.2003 Braun, Helge CDU/CSU 06.06.2003 Breuer, Paul CDU/CSU 06.06.2003 Bury, Hans Martin SPD 06.06.2003 Deittert, Hubert CDU/CSU 06.06.2003* Deß, Albert CDU/CSU 06.06.2003 Fischer (Frankfurt), Joseph BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 06.06.2003 Flach, Ulrike FDP 06.06.2003 Dr. Friedrich (Hof), Hans-Peter CDU/CSU 06.06.2003 Dr. Gauweiler, Peter CDU/CSU 06.06.2003 Glos, Michael CDU/CSU 06.06.2003 Grosse-Brömer, Michael CDU/CSU 06.06.2003 Hartnagel, Anke SPD 06.06.2003 Hüppe, Hubert CDU/CSU 06.06.2003 Kalb, Bartholomäus CDU/CSU 06.06.2003 Dr. Krogmann, Martina CDU/CSU 06.06.2003 Dr. Lippold (Offenbach), Klaus W. CDU/CSU 06.06.2003 Mantel, Dorothee CDU/CSU 06.06.2003 Müller (Erlangen), Stefan CDU/CSU 06.06.2003 Raidel, Hans CDU/CSU 06.06.2003* Dr. Röttgen, Norbert CDU/CSU 06.06.2003 Scheuer, Andreas CDU/CSU 06.06.2003 Schily, Otto SPD 06.06.2003 Seehofer, Horst CDU/CSU 06.06.2003 Straubinger, Max CDU/CSU 06.06.2003 Tillmann, Antje CDU/CSU 06.06.2003 Dr. Uhl, Hans-Peter CDU/CSU 06.06.2003 Weißgerber, Gunter SPD 06.06.2003 Wissmann, Matthias CDU/CSU 06.06.2003 (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht nlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 788. Sitzung am 23. Mai 003 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzu- timmen, einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 rundgesetz nicht zu stellen bzw. einen Einspruch ge- äß Artikel 77 Absatz 3 nicht einzulegen: – Gesetz zur Änderung des Gemeindefinanzreformgeset- zes und des Aufbauhilfefondsgesetzes – Gesetz über die Berufe in der Krankenpflege und zur Änderung anderer Gesetze – Gesetz zu den WIPO-Verträgen vom 20. Dezember 1996 über Urheberrecht sowie über Darbietungen und Tonträger – Gesetz zur Neuordnung des gesellschaftsrechtlichen Spruch- verfahrens (Spruchverfahrensneuordnungsgesetz) – Gesetz zur Änderung von Regelungen zum Schutz von Verfassungsorganen des Bundes – Gesetz zur Änderung des Autobahnmautgesetzes für schwere Nutzfahrzeuge und zur Errichtung einer Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft Der Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mit- eteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der eschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der achstehenden Vorlage absieht: Innenausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über Lage des Ausländer in der Bundesrepu- blik Deutschland – Drucksachen 14/9883 – Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht zur technologischen Leistungsfähigkeit Deutsch- lands 2001 – Drucksachen 14/9331 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht zur technologischen Leistungsfähigkeit Deutsch- lands 2002 – Drucksachen 15/788 – ie Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mit- eteilt, daß der Ausschuss die nachstehenden EU-Vorla- en bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parla- ent zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung bgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss 4194 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 49. Sitzung. Berlin, Freitag, den 6. Juni 2003 (A) (C) (B) ) Innenausschuss Drucksache 15/345 Nr. 7 Drucksache 15/345 Nr. 10 Drucksache 15/345 Nr. 12 Drucksache 15/713 Nr. 1.1 Drucksache 15/713 Nr. 2.17 Drucksache 15/792 Nr. 2.3 Drucksache 15/792 Nr. 2.18 Rechtsausschuss Drucksache 15/339 Nr. 2.5 Drucksache 15/713 Nr. 2.4 Drucksache 15/858 Nr. 2.14 Finanzausschuss Drucksache 15/792 Nr. 2.25 Drucksache 15/858 Nr. 2.13 Drucksache 15/858 Nr. 3.1 Drucksache 15/979 Nr. 1.8 Haushaltsausschuss Drucksache 15/858 Nr. 2.2 Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Drucksache 15/457 Nr. 2.14 Drucksache 15/457 Nr. 2.26 Drucksache 15/503 Nr. 1.12 Drucksache 15/611 Nr. 1.2 Drucksache 15/611 Nr. 2.8 Drucksache 15/611 Nr. 2.15 Drucksache 15/611 Nr. 2.18 Drucksache 15/611 Nr. 2.21 Drucksache 15/611 Nr. 2.27 Drucksache 15/611 Nr. 2.30 Drucksache 15/713 Nr. 2.3 Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 15/611 Nr. 2.23 Drucksache 15/792 Nr. 2.12 Ausschuss für Gesundheit und soziale Sicherung Drucksache 15/268 Nr. 2.10 Drucksache 15/713 Nr. 1.4 Drucksache 15/713 Nr. 2.1 Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe Drucksache 15/713 Nr. 1.2 Drucksache 15/339 Nr. 1.5 Drucksache 15/339 Nr. 2.19 Drucksache 15/339 Nr. 2.21 Drucksache 15/339 Nr. 2.22 Drucksache 15/339 Nr. 2.31 Drucksache 15/339 Nr. 2.33 Drucksache 15/345 Nr. 55 Drucksache 15/345 Nr. 56 Drucksache 15/392 Nr. 2.3 Drucksache 15/392 Nr. 2.4 Drucksache 15/392 Nr. 2.12 Drucksache 15/392 Nr. 2.13 Drucksache 15/392 Nr. 2.18 Drucksache 15/392 Nr. 2.21 Drucksache 15/392 Nr. 2.41 Drucksache 15/392 Nr. 2.59 Drucksache 15/457 Nr. 2.10 Drucksache 15/457 Nr. 2.12 (D Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 15/713 Nr. 2.2 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 15/268 Nr. 1.2 Drucksache 15/611 Nr. 1.6 Drucksache 15/979 Nr. 1.1 Drucksache 15/979 Nr. 2.4 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 15/611 Nr. 2.6 49. Sitzung Berlin, Freitag, den 6. Juni 2003 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504900000


Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
Sitzung ist eröffnet.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die
Tagesordnung um die Beratung des Koalitionsantrages
„Für einen stärkeren UN-Einsatz im Nordosten der
Demokratischen Republik Kongo“ – Drucksache
15/1144 – erweitert werden. Der Zusatzpunkt soll nach
Tagesordnungspunkt 22 aufgerufen werden. Sind Sie da-
mit einverstanden? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann
ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zum Vertrag vom 27. Januar 2003 zwischen
der Bundesrepublik Deutschland und dem
Zentralrat der Juden in Deutschland – Kör-
perschaft des öffentlichen Rechts –

– Drucksache 15/879 –

(Erste Beratung 43. Sitzung)


a) Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)


A
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P

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2
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Z
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g
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B

Redet
– Drucksache 15/1109 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Sebastian Edathy
Martin Hohmann
Silke Stokar von Neuforn
Dr. Max Stadler

b) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)

gemäß § 96 der Geschäftsordnung
– Drucksache 15/1124 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Susanne Jaffke
Klaus Hagemann
Antje Hermenau
Otto Fricke

(C (D ung 6. Juni 2003 0 Uhr Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. Ich höre einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem arlamentarischen Staatssekretär Fritz Rudolf Körper. F Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 7. Januar dieses Jahres wurde in Berlin durch Bundesanzler Gerhard Schröder und den Präsidenten des Zenralrates der Juden, Paul Spiegel, der Staatsvertrag zwichen der Bundesrepublik Deutschland und dem entralrat der Juden in Deutschland unterzeichnet. Mit iesem Vertrag erhalten die in Jahrzehnten gewachsenen uten Beziehungen und die Zusammenarbeit der Bunesregierung mit dem Zentralrat der Juden erstmals eine ertragliche Grundlage. Das kann man als einen historichen Vorgang bezeichnen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Fritz Rudolf Körper (SPD):
Rede ID: ID1504900100

Der Vertrag bedarf der Zustimmung in der Form eines
undesgesetzes. Dem dient der vorliegende Gesetzent-

ext
wurf. Mit diesem Gesetz sollen die vertraglichen Leis-
tungen zügig umgesetzt und Voraussetzungen für die
Gewährung der festgeschriebenen Staatsleistungen ge-
schaffen werden.

Im Jahre 1950, zur Zeit der Gründung des Zentralra-
tes der Juden in Deutschland, lebten nur 25 000 Juden in
Deutschland. Bis 1989 betrug ihre Zahl nicht mehr als
30 000. Heute haben die 83 jüdischen Gemeinden wie-
der rund 100 000 Mitglieder. Dieser Zuwachs ist – das
darf man feststellen – insbesondere durch Zuwanderung
entstanden. Damit hat Deutschland nach Frankreich und
Großbritannien mittlerweile die drittgrößte jüdische Ge-
meinschaft in Europa und die weltweit am schnellsten

Hintergrund ist es verständlich, dass die
Zentralrates stark zugenommen haben.
wachsende.
Vor diesem

Aufgaben des






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Fritz Rudolf Körper
Deshalb ist mit dem Vertrag eine wesentliche Erhöhung
der bisherigen Fördermittel verbunden, trotz schwieriger
Haushaltslage. Wir sind froh, dass wir das auch darstel-
len können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der Zentralrat wird zur Erhaltung und Pflege des
deutsch-jüdischen Kulturerbes, zum Aufbau einer jüdi-
schen Gemeinschaft, für seine integrationspolitischen
und sozialen Aufgaben sowie für die gestiegenen Kosten
seines Büros jährlich eine Staatsleistung in Höhe von
3 Millionen Euro erhalten.

Die Bundesregierung erklärt in dem Vertrag auch ihre
Absicht, weiterhin die Hochschule für Jüdische Studien
und das Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte
der Juden in Deutschland zu unterstützen. Beide Einrich-
tungen werden vom Zentralrat der Juden in Deutschland
getragen. Andere Leistungen an die jüdische Gemein-
schaft bleiben von diesem Vertrag unberührt, so zum
Beispiel die staatliche Unterstützung aufgrund einer Ver-
einbarung zwischen dem Bund und den Ländern aus
dem Jahre 1957 über die Pflege verwaister jüdischer
Friedhöfe.

Zudem würdigen wir mit diesem Staatsvertrag die Ar-
beit des Zentralrates für den Wiederaufbau jüdischen
Lebens in Deutschland. Bundeskanzler Schröder sagte
anlässlich der Unterzeichnung des Staatsvertrages, aus
Sicht der Bundesregierung sei dieser Vertrag auch ein
Zeichen der hohen Anerkennung gegenüber der jüdi-
schen Gemeinschaft. Unbeirrt und mutig setze sich diese
für einen Wiederaufbau ihrer Gemeinden ein – und das
„gerade in Deutschland, wo der Völkermord an den eu-
ropäischen Juden mit solcher verbrecherischer Systema-
tik geplant und ausgeführt worden ist“.

Meine Damen und Herren, dieser Vertrag ist auch ein
Zeichen für den Eintritt in die Normalität und dafür, dass
wir in der Verantwortung gegenüber unserer Geschichte
zu einem konstruktiven und solidarischen Miteinander
kommen.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zu Recht hat der Vorsitzende des Zentralrates der Ju-
den in Deutschland, Paul Spiegel, einen intensiven
christlich-jüdischen Dialog gefordert. Ein solcher Dialog
sei nötig, um das Verhältnis zueinander zu entkrampfen.
Herr Spiegel sagte wörtlich: „Wir müssen normaler, lo-
ckerer miteinander umgehen.“ Er fügte hinzu: „Wir re-
den noch viel zu sehr übereinander.“ In Deutschland
herrsche nach wie vor großes Nichtwissen über das Ju-
dentum und den Holocaust. Zu einem großen Teil liege
dies darin begründet, dass bisher keine richtige didakti-
sche Form und kein richtiges Maß gefunden worden
seien, um darüber zu informieren. Dies sollten wir auf-
nehmen und beachten und uns gemeinsam darum bemü-
hen, dass dieser christlich-jüdische Dialog in Gang ge-
setzt und verbessert werden kann.

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(C (D Angesichts eines neuen beunruhigenden Antisemitisus hat der Deutsche Bundestag eine Entschließung mit er Überschrift „Antisemitismus ächten – Zusammenareit in Deutschland stärken“ gefasst. Hier heißt es: Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass in den vergangenen Jahrzehnten eine Vielzahl neuer jüdischer Gemeinden in Deutschland entstanden sind. Dies ist Ausdruck des Vertrauens in unsere Demokratie und in die jungen Generationen. Weiterhin steht in der Entschließung: Der Deutsche Bundestag unterstützt alle Bemühungen, die dazu beitragen, dass jene Frauen und Männer jüdischen Glaubens, die in den vergangenen Jahren nach Deutschland gekommen sind und hier ihre Heimat gefunden haben, sich in ihrer Entscheidung bestätigt fühlen können. Hierzu gehört, die jüdischen Gemeinden in Deutschland bei der Aufgabe, jüdische Zuwanderer zu integrieren, nicht alleine zu lassen, sondern ihnen hierbei zur Seite zu stehen. as wird mit diesem Vertrag geleistet. Mit diesem Vertrag soll auch ein substanzieller Beiag dafür geleistet werden, dass die jüdische Dachorgaisation ihren Aufgaben auch in Zukunft nachkommen nd damit die jüdische Gemeinschaft in Deutschland tärken kann. In der Präambel wird der Vertragsschluss uch mit der besonderen historischen Verantwortung beründet. Der Vertrag schreibt eine kontinuierliche und artnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Bunesregierung und dem Zentralrat der Juden in Deutschnd fest. Der Zentralrat hat sich bereits bisher als versslicher Partner der Bundesregierung in vielen esellschaftspolitischen Fragen erwiesen. Beispielhaft enne ich nur seine Mitarbeit in der Zuwanderungskomission und bei der Bekämpfung von Rassenhass und Inleranz. Dafür gebührt ihm Dank. Einen Punkt möchte ich an dieser Stelle hervorheben: n die Umsetzung des Vertrages knüpfen wir – ich weiß, ass dies auch die Fraktionen des Deutschen Bundestaes so sehen – die klare Erwartung, dass die Zusage und ie Zielsetzung, der Zentralrat der Juden in Deutschland ei für alle Richtungen innerhalb des Judentums ofen, in der Praxis umgesetzt werden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall im ganzen Hause)


(Beifall im ganzen Hause)


ie Bundesregierung geht davon aus und wird darauf
inwirken, dass ihre damit verbundene Erwartung, alle
dischen Richtungen könnten unter Wahrung des religiö-
en Selbstbestimmungsrechts an der Förderung teilhaben,
Zukunft erfüllt wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Fritz Rudolf Körper
Ich habe es für richtig befunden, diese Erwartung in
diesem Zusammenhang deutlich zum Ausdruck zu brin-
gen. Im Übrigen bedanke ich mich für die Aufmerksam-
keit und bitte um Zustimmung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Da Sie mich so bitten! Sie haben mich überzeugt!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504900200


Ich erteile das Wort Kollegen Wolfgang Bosbach,
CDU/CSU-Fraktion.


Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1504900300

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Der 6. Juni 2003 ist ein guter Tag, nicht nur für die Ver-
tragspartner – die Bundesrepublik Deutschland auf der ei-
nen und den Zentralrat der Juden auf der anderen Seite –,
nicht nur für die 83 jüdischen Gemeinden in Deutschland
und ihre mittlerweile wieder gut 100 000 Mitglieder, son-
dern für uns alle. Mit diesem Vertrag soll kein Kapitel ab-
geschlossen und erst recht kein Schlussstrich unter die
Vergangenheit gezogen, sondern ein neues Kapitel des jü-
dischen Lebens in Deutschland aufgeschlagen werden.

Vielleicht ist es kein Zufall, sondern glückliche Fü-
gung, dass gerade in diesen Tagen die Erinnerungen des
aus Deutschland geflohenen Philosophen Hans Jonas er-
schienen sind. Viele kennen sein Buch „Das Prinzip Ver-
antwortung“, das in den 80er-Jahren gerade in Deutsch-
land große Aufmerksamkeit erfahren und Anstöße für
das damals wachsende Bewusstsein für den Schutz der
Schöpfung und das Bemühen um Nachhaltigkeit gegeben
hat. Es ist das Vermächtnis eines der vielen Deutschen,
die durch Flucht und Vertreibung zwar den Mördern ent-
kommen konnten, deren Geist und Kraft unserem Land
dennoch verloren gegangen sind.

Ebenfalls in diesen Tagen ist das neue Buch von
Amos Elon „Zu einer anderen Zeit – Porträt der
deutsch-jüdischen Epoche“ in deutscher Übersetzung
erschienen. In der langen, auch innerjüdischen Kontro-
verse, ob es denn jemals so etwas wie eine deutsch-jü-
dische Symbiose gegeben habe, wird damit ein neuer
Akzent gesetzt und die Erinnerung daran wach gehal-
ten, wie stark gerade Mitbürger jüdischen Glaubens die
Entwicklung von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kul-
tur, aber auch der Medizin oder der Jurisprudenz in
Deutschland ganz entscheidend geprägt haben. Für
viele beispielhaft möchte ich Heinrich Heine, Kurt
Tucholsky oder Walther Rathenau nennen. Erinnern
darf ich aber auch an prominente Vordenker unseres
Rechtsstaates wie Eduard von Simson, Hermann Staub
oder Hans Kelsen.

Dieser Vertrag ist keineswegs selbstverständlich. Er
ist kein Zeichen von Normalität, auch wenn der Staat
sein Verhältnis zu den großen christlichen Kirchen seit
langem durch Staatskirchenverträge oder Konkordate
auf eine dauerhafte und verbindliche Rechtsgrundlage

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(C (D estellt hat. Dieser Vertrag ist keine Privilegierung einer ruppe; denn die religiös-weltanschauliche Neutrali ät des Staates bedeutet nicht, dass er mit den Reliionsgemeinschaften des Landes nicht vertrauensvoll usammenarbeiten und sie unterstützen soll. Das wäre icht Neutralität, sondern geradezu Feindlichkeit. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Als Kulturstaat schützen und fördern wir die religiö-
en und kulturellen Engagements unserer Bürger. Die
nterzeichnung des Vertrages durch den Zentralrat der
uden in Deutschland ist ein beeindruckender Beweis
es Vertrauens der jüdischen Mitbürger in unsere Demo-
ratie, unsere Grundordnung, die freiheitlich ist und
leibt, und unsere Gesellschaft.
Als die ersten Juden nach dem Schrecken der Nazi-

arbarei wieder nach Deutschland zurückkehrten, war
ies alles andere als selbstverständlich. Es war für sie zu-
ächst ein großes Wagnis. Sie konnten ja nicht ahnen,
elche politischen und gesellschaftlichen Entwicklun-
en es in der Nachkriegszeit in Deutschland geben
ürde und ob jemals wieder jüdisches Leben in
eutschland erblühen könnte. Es gab nicht wenige, für
ie es unvorstellbar war, dass Juden in das Land der Tä-
er zurückkehren, um dort ein neues Leben zu beginnen.
eshalb lebten nicht wenige in den ersten Jahren auf ge-
ackten Koffern. Doch mit der Zeit wuchs das Vertrauen
n unseren Staat und damit die Hoffnung, dass es richtig
ein würde, sich wieder für ein Leben in Deutschland zu
ntscheiden. Aus dieser Hoffnung wurde im Laufe der
eit Gewissheit. Dann wurden diese Koffer ausgepackt
nd man war wieder in der Heimat.
Wir sollten in diesem Zusammenhang nicht verges-

en, dass dieses Vertrauen der jüdischen Mitbürger in un-
er Land, in unsere freiheitlich-demokratische Grund-
rdnung auch dazu beigetragen hat, das Vertrauen der
nternationalen Staatengemeinschaft in die damals noch
unge Bundesrepublik zu festigen.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Sehr richtig!)


ieses Vertrauen war und ist nicht selbstverständlich.
as Vertrauen dürfen wir nicht enttäuschen.
Der Kollege Edathy hat in der ersten Lesung dieses

ertrages eine Umfrage zitiert, nach der 60 Prozent der
evölkerung im Antisemitismus ein Problem sehen. Es
äre falsch, wenn wir so tun würden, als gäbe es in
eutschland keinen Antisemitismus.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


ber ebenso falsch wäre es, wenn wir bei Debatten über
disches Leben in Deutschland zuerst, vor allen Dingen
der gar ausschließlich über Antisemitismus reden wür-
en. Paul Spiegel hat einmal gefragt: Was geht uns Juden
er Antisemitismus an? Eine zunächst überraschende,
ber zweifelsfrei richtige Frage. Die Frage richtet sich
uch an uns. Entscheidend ist, dass wir alle gemeinsam
eschlossen und entschlossen jeder Form des Antisemi-
smus entgegentreten, ganz gleich in welcher Gestalt er






(A) )



(B) )


Wolfgang Bosbach
uns begegnet, dass wir ihm den Nährboden entziehen
und dass wir stets darauf achten, dass es nie mehr so sein
darf, dass sich unsere jüdischen Mitbürger fragen müs-
sen, ob es richtig war, nach Deutschland zurückzukeh-
ren, und ob es richtig ist, hier zu leben.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es muss für uns alle nicht nur selbstverständlich sein,
dass sie hier im Sinne von Toleranz und Duldung leben
können – darum kann es nicht gehen –, sondern dass sie
auch hier leben wollen, weil Deutschland ihre Heimat
ist.

Staatssekretär Körper hat richtigerweise darauf hin-
gewiesen, dass unsere deutsche jüdische Gemeinde welt-
weit am schnellsten wächst. Der Grund hierfür ist insbe-
sondere die Zuwanderung in der Zeit nach der
Wiedervereinigung. Sie hat zum einen dazu geführt, dass
jüdisches Leben in Deutschland wieder erblüht; aber es
gibt auch Probleme bei der Zuwanderung, die wir nicht
verschweigen dürfen, sondern lösen müssen. Es gibt
neue Aufgaben und Herausforderungen.

Die Integration dieser Migranten jüdischen Glaubens
ist nicht nur für die jüdischen Gemeinden, sondern für
unser Land insgesamt, für die gesamte Gesellschaft eine
wichtige Aufgabe. Der Vertrag soll deshalb auch die Vo-
raussetzungen dafür schaffen, dass die notwendige Inte-
gration nicht nur in die jüdischen Gemeinden, sondern
auch in unsere Gesellschaft besser gelingt und dass wir
dadurch die Kultur der Verständigung weiter ausbauen.

Unser Dank gilt dem Zentralrat der Juden in Deutsch-
land, an der Spitze seinem Präsidenten Paul Spiegel,
aber auch allen anderen, die sich seit Jahren und Jahr-
zehnten um Versöhnung, um Verständigung, um eine
gute und vor allen Dingen eine gute gemeinsame Zu-
kunft bemühen. Dieser Vertrag kann und wird dazu bei-
tragen, nicht nur die besseren Voraussetzungen für eine
gute Integration zu schaffen, das deutsch-jüdische kultu-
relle Erbe zu pflegen und zu erhalten, sondern auch die
Bemühungen um Verständigung zu unterstützen.

Es wird in den nächsten Jahren aber nicht nur darauf
ankommen, dass die nun zur Verfügung stehenden Mittel
vertragsgerecht und sinnvoll eingesetzt werden; ent-
scheidend wird es vielmehr sein, den Geist des Vertrages
mit Leben zu erfüllen. Das ist nicht nur eine Aufgabe der
Vertragspartner. Das ist eine Aufgabe für alle Menschen,
die guten Willens sind. In diesem Sinne stimmt die
CDU/CSU-Fraktion diesem Vertrag gerne zu.


(Beifall im ganzen Hause)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504900400


Ich erteile das Wort Kollegen Volker Beck, Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504900500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der

Staatsvertrag wurde am 27. Januar unterzeichnet. Das ist
der Holocaust-Gedenktag und der Tag der Befreiung des

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(C (D onzentrationslagers Auschwitz. Die erste Lesung diees Vertrages hatten wir im Deutschen Bundestag am . Mai, dem Tag der Befreiung von der Hitler-Diktatur. iese beiden Daten werfen ein Schlaglicht darauf, dass as Verhältnis der deutschen Gesellschaft zu ihrer jüdichen Minderheit immer noch sehr von den Schatten der ergangenheit geprägt wird. Heute ist ebenfalls ein wichtiger Tag, nämlich der jü ische religiöse Feiertag Schawuot. Sieben Wochen nach essach wird die Offenbarung der zehn Gebote am erge Sinai gefeiert. Dass die Ratifizierung durch den Deutschen Bundes ag mit dem Jahrestag dieses religiösen Festes zusamenfällt, war uns allen nicht bewusst, als wir die Tagesrdnung zusammengestellt haben. Auch das wirft ein chlaglicht auf unsere Situation, weil es zeigt, wie wenig ertraut die Nichtjuden in diesem Land mit der jüdischen ultur und mit den jüdischen Feiertagen sind. Ich hoffe, dass sich diese Situation mit der Bereiche ung durch das jüdische Leben, das durch die Zuwandeung bedingt auch präsenter und sichtbarer wird, verbesert und dass wir alle etwas dazulernen und stärker ufeinander eingehen. Ich glaube, das ist ein sehr wichtier Aspekt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. HansJoachim Otto [Frankfurt] [FDP])


Wir müssen mehr über die Geschichte des Juden-
ums lernen und wissen als das, was sich in den vergan-
enen Jahrzehnten und im vergangenen Jahrhundert er-
ignet hat. Wir müssen das Judentum aus sich selbst
eraus verstehen. Darin haben wir wohl alle noch Nach-
olbedarf.
Der Staatsvertrag zeigt, dass die jüdische Gemeinde

in fester Bestandteil des öffentlichen Lebens in unse-
em Lande geworden ist. Der Zentralrat, gegründet nach
em Krieg als Notgemeinschaft der 15 000 noch in
eutschland lebenden Jüdinnen und Juden, ist heute fes-
er Bestandteil unseres kulturellen und gesellschaftlichen
ebens. Der Staatsvertrag kommt vielleicht etwas spät;
ber er dokumentiert diese entscheidende Entwicklung
nd er dokumentiert auch, dass sich viele jüdische Bür-
erinnen und Bürger entschlossen haben, in unser Land
u kommen, hier zu bleiben und die Koffer auszupacken.
ir haben immer wieder darüber gesprochen, dass viele

üdinnen und Juden das Gefühl hatten, sie bleiben hier
ur auf Probe. Sie saßen auf ihren Koffern und hatten
ich noch nicht entschieden. Ich denke, dass sich viele
üdinnen und Juden trotz aller Probleme, die Juden in
nserem Land immer noch haben, entschieden haben,
auerhaft hier zu bleiben und ihre Kultur und Religion
u leben, ist etwas, worüber wir sehr zufrieden sein kön-
en.
Der Staatsvertrag soll ein neues Kapitel in der langen
eschichte jüdischen Lebens in unserem Land aufschla-
en. Durch die Zuwanderung aus Osteuropa sind viele
üdische Gemeinden gewachsen und weitere gegründet
orden. Diese Zuwanderung, die von allen Fraktionen
es Deutschen Bundestages ausdrücklich gewollt ist, hat






(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)

erheblich zum Reichtum und zur Sichtbarkeit jüdischen
Lebens in Deutschland beigetragen.

Dieser Reichtum bedeutet auch ein zunehmendes
Sichtbarwerden der Vielfalt des jüdischen Lebens. Diese
Vielfalt war auch ein Diskussionspunkt bei der Verab-
schiedung des Staatsvertrages.

Ich meine, wir sollten fast dankbar dafür sein, dass
wir uns heute darum kümmern müssen, dass Jüdinnen
und Juden ihre religiöse Überzeugung in unterschiedli-
cher Ausprägung leben können und auch in dieser Unter-
schiedlichkeit vom Staat akzeptiert und anerkannt wer-
den wollen. Der Zentralrat der Juden in Deutschland
bekennt sich dazu, dass er die Vielfalt religiöser Strö-
mungen des Judentums in seinen Reihen repräsentiert.

Wir hoffen, dass dieser Staatsvertrag dazu führt, dass
diese gesamte Vielfalt gelebt werden kann. Das gilt auch
für eine Minderheit in unserem Land, die früher die
Mehrheit der deutschen Jüdinnen und Juden bildete, und
zwar die liberalen jüdischen Gemeinden, die bislang
noch nicht im Zentralrat vertreten sind.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit einen Appell an die
Landesinnenminister richten, die für die Anerkennung
von Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öf-
fentlichen Rechts zuständig sind. Eine Religionsgemein-
schaft kann normalerweise erst dann eine Körperschaft
des öffentlichen Rechts werden, wenn sie bereits zehn
Jahre existiert und eine gewisse Größe hat.

Ich möchte die Kolleginnen und Kollegen in den Län-
dern daran erinnern: Leo Baeck, der Vorsitzender der
World Union for Progressive Judaism war, hat zu Beginn
des 20. Jahrhunderts in Deutschland begonnen zu wir-
ken. Er hatte bis weit nach dem Krieg eine entscheidende
Bedeutung für das religiöse Leben der Juden in Deutsch-
land und auf der ganzen Welt. Vielleicht sollte man unter
diesem Gesichtspunkt anerkennen, dass es nicht darum
geht, vor wie vielen Jahren die Gemeinden gegründet
wurden. Es geht vielmehr darum, dass das liberale Ju-
dentum in Deutschland eine lange Tradition und tiefe
Wurzeln hat. Insofern sollte man in Kenntnis der histori-
schen Umstände vielleicht seine Ermessensspielräume
nutzen, um auch diese Fragen und Probleme im Einver-
nehmen mit allen Seiten zu lösen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


Zum Schluss: Bei Debatten über die jüdische Ge-
meinschaft – auch Herr Bosbach hat das angesprochen –
wird immer wieder das Stichwort „Normalität“ erwähnt.
Ich wünsche mir in der Tat mehr Normalität für das Le-
ben der Jüdinnen und Juden in unserem Land. Normal
wäre es für mich, wenn Polizeiwagen und Absperrgitter
vor jüdischen Einrichtungen nicht mehr notwendig wä-
ren.


(Beifall im ganzen Hause)

Momentan ist das aber noch notwendig, weil der Antise-
mitismus in Deutschland noch immer das Leben der Jü-
dinnen und Juden gefährdet. Ich finde, der schrecklichste

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(C (D edanke dabei ist, dass Kinder, die einen jüdischen Kinergarten besuchen, erst einmal an einem Polizeispalier orbeigehen müssen. Was bedeutet das für den Eintritt in nsere Gesellschaft und welches Grundgefühl vermittelt as? Es ist unser aller Aufgabe, die geistigen Grundlaen dafür zu schaffen, dass die entsprechenden Gefährungen abgebaut werden können, damit tatsächlich wieer ein normales jüdisches Leben in unserem Land öglich wird. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504900600


Das Wort hat nun Kollege Hans-Joachim Otto, FDP-
raktion.


Hans-Joachim Otto (FDP):
Rede ID: ID1504900700

Meine Damen und Herren! Es stimmt, heute ist ein
irklich guter Tag, und zwar gleichermaßen für Juden
owie für Nichtjuden in Deutschland. Wir setzen einen
ertrag in Kraft, den es jedenfalls in dieser Form vor we-
igen Jahren wohl noch nicht hätte geben können. Die
eziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland
nd dem Zentralrat der Juden in Deutschland werden auf
ine dauerhafte juristische Basis gestellt. Dieser Vertrag
st – so hoffe ich jedenfalls – Ausdruck wachsenden Ver-
rauens der jüdischen Bürger in die demokratische Stabi-
ität dieses Landes.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Kollege Bosbach und Kollege Beck, sicherlich ist das
erhältnis der Juden zu Deutschland noch weit von der
o genannten Normalität entfernt. Jedenfalls darf diese
icht einseitig von Nichtjuden ausgerufen werden.
rotzdem drücke ich die Hoffnung aus, dass der Ab-
chluss dieses Vertrages von den Juden selbst als ein
eiterer Schritt auf Deutschland zu verstanden wird.
iese bewusste Hinwendung zu einem Land, das vor
0 Jahren unfassbares Leid über Juden in ganz Europa
rachte, ist Reifezeugnis und zugleich Verantwortung für
as neue demokratische Deutschland.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich betrachte den Abschluss dieses Vertrages auch als
in politisches Signal an die Ewiggestrigen, und zwar
ahin gehend, dass sich Demokraten in Deutschland ge-
einsam und konsequent gegen jede Form von Antise-
itismus wenden und wehren. Es ist in der Tat beschä-
end, dass nahezu sämtliche jüdischen Einrichtungen
och immer mit einem Polizeiaufgebot gesichert werden
üssen.
Lassen Sie mich – ohne das Vorherige zu vergessen –

eute vor allem eines feststellen: Der heutige Tag, an
em wir diesen Vertrag ratifizieren, ist für uns vor allem
in Tag der Freude darüber, wie lebhaft und intensiv sich
üdisches Leben in Deutschland wieder entwickelt hat.






(A) )



(B) )


Hans-Joachim Otto (Frankfurt)

Damit meine ich nicht zuletzt auch jüdisches kulturelles
Leben auf allen Ebenen unserer Gesellschaft. Juden ha-
ben über Jahrhunderte hinweg das kulturelle Leben in
Deutschland ganz entscheidend mitgestaltet und berei-
chert. Gerade in Berlin, aber auch in meiner Heimatstadt
Frankfurt kennt man das Engagement und die Verdienste
der jüdischen Bevölkerung in Kunst und Wissenschaft
sowie in Politik und Gesellschaft sehr gut.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Man weiß deshalb, welchen Verlust ganz Deutschland
durch die Nazibarbarei erlitten hat. Gerade dieser intel-
lektuelle Verlust wird sich natürlich nicht einfach durch
die heute zu beschließenden finanziellen Zuwendungen
ausgleichen lassen. Diese Finanzmittel sind nur ein Bau-
stein, um die durch den Zuzug insbesondere osteuropäi-
scher Juden in finanzielle Bedrängnis geratenen jüdi-
schen Gemeinden zu unterstützen. Der Deutsche
Bundestag würdigt damit ausdrücklich auch die über-
wiegend ehrenamtliche Arbeit in den jüdischen Gemein-
den. Deren soziale Integrationsleistung kann gar nicht
hoch genug bewertet werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Der Vertrag – auch ich möchte das betonen – soll aber
der gesamten jüdischen Gemeinschaft in Deutschland
zugute kommen. Ich appelliere genauso wie meine Vor-
redner an den Zentralrat, für einen fairen Ausgleich auch
mit den übrigen jüdischen Organisationen zu sorgen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In seinem Buch „Geteilte Erinnerung“ schreibt der
Frankfurter Architekt und Publizist Dr. Salomon Korn,
der vorgestern seinen 60. Geburtstag feierte, Folgendes:

Erinnerung an Zerstörung – und Hoffnung auf Zu-
kunft: zwischen diesen Polen bewegt sich heute jü-
disches Dasein in Deutschland.

Erinnerung an die Zerstörung und Hoffnung auf die
Zukunft sind auch die Fundamente des heute zu ratifizie-
renden Vertrages. Ohne die Erinnerung an den staatlich
verordneten Völkermord des Naziregimes gäbe es diesen
Vertrag sicherlich nicht. Aber – viel entscheidender –:
Ohne Hoffnung auf die Zukunft gäbe es ihn erst recht
nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504900800


Ich erteile der Kollegin Petra Pau das Wort.

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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der taatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland nd dem Zentralrat der Juden in Deutschland wurde als istorisch und als Meilenstein auf dem Weg in die Zuunft gewürdigt. Ich finde: zu Recht. Die PDS im Bunestag wird dem Gesetzentwurf daher auch zustimmen. Mehr als 3 Millionen Euro, die nunmehr pro Jahr ver raglich vereinbart wurden, wiegt das Symbol. Es wurde pät gesetzt, aber es gilt. Jüdinnen und Juden sind in eutschland nicht nur geduldet; sie sind gleichberechtigt nd gefragt. Das macht nichts wieder gut, was Jüdinnen nd Juden in Deutschland angetan wurde, aber mit dieem Vertrag, finde ich, setzen wir heute, wenn auch sehr pät, ein Zeichen. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] sowie des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1504900900

Bei aller Bedeutung will ich aber auch nicht ver-
chweigen: Der Vertrag birgt Klippen und die Vertrags-
artner versuchen, sie zu umschiffen. Eine Klippe steckt
n dem Satz – der hier schon mehrfach zitiert wurde –,
onach die vereinbarten Leistungen der gesamten jüdi-
chen Gemeinschaft zugute kommen. Ich will jetzt nicht
uf kulturelle, strukurelle und religiöse Unterschiede der
esamten jüdischen Gemeinschaft eingehen, aber ich un-
erstreiche, auch in Kenntnis der Berliner Verhältnisse,
ass dieser Gleichstellungssatz gilt und auch in der Um-
etzung des Vertrags gelten muss.
Noch wichtiger ist mir aber Folgendes: Die PDS im
undestag fragt die Bundesregierung seit Jahren, wie
iele rechtsextremistische Straftaten je Monat offiziell
egistriert werden. Das Ergebnis ist übersichtlich und er-
chreckend. Jeden Tag gibt es hierzulande eine rechts-
xtremistische Gewalttat und jede Stunde wird im statis-
schen Schnitt eine Straftat mit diesem Hintergrund
egistriert. Der Anteil der Straftaten, die einen antisemi-
schen Hintergrund haben, ist hoch und steigt. Deshalb:
in Vertrag ist ein Vertrag. Er ersetzt aber nicht das tägli-
he Leben und das alltägliche Miteinander.
Zum Abschluss, liebe Kolleginnen und Kollegen,

och ein weiterführender Gedanke. Der Staatsvertrag
wischen dem Zentralrat der Juden in Deutschland und
er Bundesrepublik war überfällig, aber es gibt weitere
evölkerungsgruppen, die noch immer um Anerken-
ung und Gleichberechtigung kämpfen. Ich meine spe-
iell die Sinti und Roma. Auch ihnen gegenüber gibt es
ine historische Verantwortung und eine aktuelle zudem.
s ist schon bedenklich, wie lange es dauert, den Opfern
nter ihnen ein Mahnmal zu setzen, und wie schnell da-
egen Sinti und Roma selbst in Bürgerkriegsgebiete ab-
eschoben werden sollen. Jüngst wurde dazu eine Kam-
agne gestartet. Aber auch in dieser Frage geht es nicht
m Parteipolitik, sondern um die Kultur unseres Landes.
Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504901000


Ich erteile das Wort dem Kollegen Sebastian Edathy,
SPD-Fraktion.


Sebastian Edathy (SPD):
Rede ID: ID1504901100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Die meisten Mitglieder des Bundestages haben
hier, in Berlin, zusätzlich zu ihrem Wahlkreiswohnsitz
eine Zweitwohnung; meine befindet sich im östlichen
Teil Berlins. Wenn ich in den Sitzungswochen des Bun-
destages morgens zum Reichstagsgebäude fahre,
komme ich an der Oranienburger Straße entlang. Dort
befindet sich eine jüdische Synagoge. Das Erste, was
ich von dieser Synagoge zur Kenntnis nehme, ist nicht
das Gebäude selbst, sondern sind die Polizeiwagen vor
dem Gebäude. Die Situation in Deutschland verlangt es,
dass – nicht nur religiöse – Einrichtungen der Juden,
anders als etwa christliche Kirchen, eines besonderen
Schutzes bedürfen. Das gilt auch für Schulen und für
Kindergärten.

Es ist wichtig festzuhalten – ich freue mich, dass wir
auch in den Ausschussberatungen Einstimmigkeit in Be-
zug auf den heute zu ratifizierenden Vertrag erzielt ha-
ben –, dass Menschen jüdischen Glaubens, die in
Deutschland leben, Bürgerinnen und Bürger unseres
Landes, ganz offenkundig eines besonderen Schutzes be-
dürfen. Dieses Stück Realität aber dürfen wir in
Deutschland niemals als ein Stück Normalität akzeptie-
ren.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP)


Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir nach wie
vor ein Problem mit antisemitischen Positionen – diese
gibt es auch in anderen Ländern; aber wir haben in dieser
Hinsicht eine besondere Verantwortung – haben, weil
diese in einem Teil der Bevölkerung Anklang finden. In-
sofern haben wir nicht nur Anlass, uns über das Ver-
trauen, das die vielen erfreulicherweise wieder in
Deutschland lebenden Bürgerinnen und Bürger jüdi-
schen Glaubens diesem Staat entgegenbringen, zu
freuen, sondern auch, dafür ausgesprochen dankbar zu
sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Der Vertrag, den wir heute einvernehmlich und ge-
schlossen verabschieden werden – alle Fraktionen haben
bereits erklärt, dass sie dem entsprechenden Gesetzent-
wurf zustimmen –, gibt aber auch Anlass, über jüdisches
Leben in Deutschland einmal anders zu sprechen als un-
ter dem Gesichtspunkt, dass jüdische Bürgerinnen und
Bürger in Deutschland potenzielle Opfer von Übergrif-
fen sind. Die Debatte über diesen Vertrag gibt uns An-
lass, darüber zu reden, dass jüdische Bürgerinnen und
Bürger in Deutschland auch Akteure sind, dass sie unser
Zusammenleben bereichern, dass sie nichts sind, was
man zu der Gesellschaft hinzunimmt, sondern dass sie
elementarer Teil dieser Gesellschaft sind.

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(C (D Das Zustandekommen dieses Vertrages hat seine Ursahe selbstverständlich auch darin – der Kollege Otto hat u Recht darauf hingewiesen –, dass wir vor dem Hinterrund der furchtbaren deutschen Geschichte zwischen 933 und 1945 gerade gegenüber den Jüdinnen und Juden Deutschland eine besondere Verantwortung haben. ieser Vertrag bringt aber auch zum Ausdruck, dass wir ieder einen Zustand erreichen wollen – der damit verundene Prozess wird heute nicht abgeschlossen –, in em es ganz selbstverständlich ist, dass deutsche Bürgeinnen und Bürger hier in Frieden und ungefährdet leben önnen, egal welcher Glaubensrichtung sie angehören. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Es ist richtig, auch darauf hinzuweisen, dass rund eine
albe Million Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glau-
ens bis zur Zeit des Nationalsozialismus trotz aller Brü-
he in der deutschen Geschichte ein Teil dieser Gesell-
chaft gewesen sind, übrigens nicht nur im Bereich der
liten, sondern auch in anderen Bereichen der deutschen
esellschaft. Sie gehörten dazu. Sie waren ein Teil die-
es Landes. Deswegen ist die Judenverfolgung im Natio-
alsozialismus nicht nur etwas gewesen, was sich gegen
en jüdischen Teil der deutschen Bevölkerung gerichtet
ätte. Vielmehr war die Judenverfolgung in Deutschland
in Akt der Selbstzerstörung der eigenen Gesellschaft,
er deutschen Gesellschaft.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ie war eine Selbstamputation. Wir leiden noch heute
nter diesem Verlust.
Ich selbst bin in den 70er-Jahren in Niedersachsen

ufgewachsen. An meiner Schule, am Gymnasium, gab
s keinen jüdischen Schüler und keine jüdische Schüle-
in. Übrigens: Ich glaube, dass ein Grund für den Antise-
itismus auch darin besteht, dass oftmals kein Wissen
meinander da ist. Ich war auch überrascht zu hören
Herr Kollege Beck hat es angesprochen –, dass heute
iner der höchsten jüdischen Feiertage ist. Ich weiß
icht, wem in diesem Hause das bewusst war.
Der Vertrag, den wir schließen, der den Zentralrat

tärker dazu in die Lage versetzen soll, die Pflege des
eutsch-jüdischen Kulturerbes – des gemeinsamen Kul-
rerbes – zu betreiben, der den Zentralrat unterstützen
oll bei dem Aufbau der jüdischen Gemeinschaft in
eutschland, der ihn unterstützen soll insbesondere bei
en integrationspolitischen, bei den sozialen Leistungen,
ie er erbringt, sollte vielleicht auch eine Grundlage und
in Ausgangspunkt dafür sein, dass wir uns miteinander
ornehmen, wechselseitig mehr übereinander erfahren
u wollen, mehr übereinander wissen zu wollen; denn
usammenleben ohne Verständigung kann nicht funk-
onieren. In dem Sinne ist dieser Vertrag nach meinem
afürhalten eben nicht der Abschluss eines Prozesses
der ein Punkt, ab dem man sagen könnte: Jetzt ist ein
ustand der Normalität erreicht. Nein, der Vertrag ist ein
wischenschritt in diesem langen Prozess.






(A) )



(B) )


Sebastian Edathy
Ich möchte an dieser Stelle abschließend an Ignatz
Bubis erinnern, den langjährigen Präsidenten des Zen-
tralrates der Juden, der kurz vor seinem Tod mit einiger
Verbitterung sinngemäß gesagt hat – ich zitiere ihn aus
dem Gedächtnis heraus –: Ich habe mich immer bemüht,
dieses Missverständnis, auf der einen Seite gebe es die
Deutschen, auf der anderen Seite gebe es die Juden, zu
überwinden. – Er sagte, er habe in dieser Hinsicht wenig,
nach seiner Einschätzung sogar nichts erreicht. Ich
glaube, dass das Vermächtnis solch großer Menschen
wie Ignatz Bubis für uns auch darin besteht, ihre Ansätze
aufzugreifen und fortzuführen. Wenn wir viel Glück ha-
ben und wenn wir dazu beitragen, dass eine Grundlage
dafür da ist, dass wir dieses Glück haben dürfen, werden
vielleicht in einigen Generationen Menschen, die unsere
Bevölkerung – die Deutschen, die jüdischen Deutschen,
die christlichen Deutschen, die muslimischen Deut-
schen – hier im Bundestag vertreten, feststellen können:
Ja, es gibt dieses Separieren zwischen Deutschen und Ju-
den nicht mehr, Deutsche jüdischen Glaubens sind deut-
sche Bürgerinnen und Bürger und nicht Juden in
Deutschland. Wenn wir das feststellen können, dann
werden wir, glaube ich, an einem Punkt angelangt sein,
von dem wir sagen können: Es war wichtig, ihn zu errei-
chen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Petra Pau [fraktionslos])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1504901200


Ich erteile das Wort dem Kollegen Martin Hohmann,
CDU/CSU-Fraktion.


Martin Hohmann (AfD):
Rede ID: ID1504901300

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Alle Redner haben so gesprochen, dass ich nur sagen
kann: Ich kann alles bekräftigen und unterstützen. Be-
sonders möchte ich mich natürlich auf Wolfgang
Bosbach, unseren stellvertretenden Fraktionsvorsitzen-
den, beziehen. Ich möchte das nicht wiederholen, aber
ich bekräftige: Juden gehörten seit Jahrhunderten zu uns.
Unser aller Wunsch ist: So soll es wieder werden.

Ich darf etwas, was noch keiner gesagt hat – als Letz-
ter hat man es ein wenig schwer, etwas bisher Ungesag-
tes zu bringen –, hinzufügen: Wir haben bei der Zuwan-
derung nach Deutschland jetzt sogar die Situation, dass
erstmals mehr Juden nach Deutschland gekommen sind
als nach Israel. Das wird vielleicht noch manchem Kopf-
zerbrechen bereiten. Aber es ist ein sehr positives, gutes
Zeichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die ersten
Architekten und Baumeister am Haus der deutsch-jüdi-
schen und der deutsch-israelischen Beziehungen waren
David Ben-Gurion und Konrad Adenauer. Konrad
Adenauer formulierte die noch heute gültige Basis, auf
der auch der zur Abstimmung stehende Staatsvertrag
letztendlich beruht. Ich zitiere:

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(C (D Wer unsere besondere Verpflichtung gegenüber den Juden und dem Staat Israel verleugnen will, ist historisch und moralisch, aber auch politisch blind. Der weiß nichts von der jahrhundertelangen deutsch-jüdischen Geschichte und nichts von den reichen Beiträgen, die von Juden zur deutschen Kultur und Wissenschaft geleistet worden sind. Er begreift nicht die Schwere der Verbrechen des nationalsozialistischen Massenmordes an den Juden. o weit Konrad Adenauer. Glaube keiner, über dem deutsch-israelischen Verhältis habe damals so etwas wie der Zauber des Anfangs elegen. Nein, zwischen den ersten Geheimkontakten im ahr 1951, der Vertragsunterzeichnung im Jahre 1952 nd, erst ein ganzes Jahr später, der Ratifizierung im ärz 1953 lagen riesige Anstrengungen für alle Betei igten. Außerdem schwebte das Damoklesschwert des änzlichen Scheiterns über dem Vorhaben. Manche Abeordneten stimmten wegen der Höhe der Entschädiungssumme oder der drohenden Verärgerung der Araer nicht zu oder enthielten sich. Letztendlich war der rfolgreiche erste Schritt der Mehrheit der CDU und der eschlossenen Zustimmung der Sozialdemokraten zu anken. Auch die Anbahnung der diplomatischen Bezieungen glich unter anderem wegen des Kräftevierecks undesrepublik Deutschland, Israel, DDR, Ägypten eher iner Echternacher Springprozession, bis unter Kanzler rhard am 12. Mai 1965 Botschafter ausgetauscht wuren. Nein, einfach war es nie, weder die deutsch-israeli chen Beziehungen noch das deutsch-jüdische Zusamenleben in Deutschland. Woran das liegt, hat György Konrad, der langjährige räsident der Berliner Akademie der Künste, so ausgerückt: Von wenigen Ausnahmen abgesehen, sind wir weder Täter noch Opfer. Durch Blutsbande, Bekanntschaften oder kulturelle Bindungen aber gehen sie uns etwas an. Wir wissen von ihnen… Auf einer inneren Bühne sind sie anwesend, lassen sich nicht verscheuchen. Sie kommen. György Konrad hat Recht. Wer eine bewusste gechichtlich-kulturelle Prägung erfahren hat und sich seier Entität zugehörig fühlt, der ist dem Kommen, besser esagt dem Hinzudrängen der Täter-Opfer-Rolle fast ilflos ausgesetzt. Nicht jeder bringt so viel Geduld auf nd schätzt es als erfreuliche Herausforderung ein wie vi Primor, der israelische Botschafter der Jahre 1993 is 1999, wenn sein deutscher Gesprächspartner unweierlich und als Erster, was auch immer der Gegenstand nd ursprüngliche Grund des Treffens gewesen sein ochte, das Thema Nazivergangenheit anschnitt. Dieser Vergangenheitskomplex führt zu seltsamen ehlhaltungen und treibt auch Blüten. Gestatten Sie mir itte, Ihnen in diesem Zusammenhang eine Beobachtung itzuteilen, die ich beim Nachlesen einschlägiger Bunestagsprotokolle machte. Spricht ein Mitglied des Bun Martin Hohmann destages über einen deutschen Juden, wird meist – Herrn Beck nehme ich ausdrücklich aus – die Umschreibung „jüdischer Mitbürger“ oder „jüdischer Bürger“ gewählt. Professor Dr. Ernst Tugendhat, Philosoph und deutscher Jude, berichtete in dem Wochenblatt „Die Zeit“ Ähnliches. In Deutschland, und nur in Deutschland, werde die Frage nach der Zugehörigkeit so gestellt: Sind Sie jüdischer Abstammung? Er fühle sich dann immer etwas gekränkt und sehe sich genötigt, zu antworten: Ich bin nicht nur jüdischer Abstammung; ich bin auch Jude. Die höfliche Vorsicht, die in der umständlichen Frageform liegt, löst bei Tugendhat, so sagt er, ein ungutes Gefühl aus. Er kann es sich nur so vorstellen, dass der Fragende das Jude-Sein als etwas Anrüchiges, als einen Makel empfindet. Wie würde es in unseren Ohren klingen, wenn man beispielsweise den Berliner Kardinal fragte: Sind Sie katholischer Abstammung? Auch Ignatz Bubis ging diese gewundene Umschreibung gegen den Strich. 1996 ließ er einen so genannten koscheren Knigge herausgeben. Darin heißt es wörtlich: Sie dürfen ruhig „Jude“ sagen. Das Wort ist nicht beleidigend. Wenn es Ihnen dennoch nur schwer über die Lippen kommt, dann hat das damit zu tun, dass irgendwo in Ihrem Hinterkopf noch rudimentär frühere Zeiten stecken. Das allerdings ist Ihr Problem, nicht unseres. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


Warum nicht von Ignatz Bubis lernen? Mit allem Res-
pekt: Ein Jude ist ein Jude; ein Christ ist ein Christ.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Die psychologische Erklärung für den Hang, das
schlichte Wort Jude nicht zu gebrauchen, dürfte in der
Tat darin liegen, dass es für viele Deutsche assoziativ mit
der Judenvernichtung besetzt ist. Zugleich – das hat Herr
Beck schon angesprochen – sind uns religiöse Inhalte
und Riten des Judentums weitgehend fremd geworden.
Wir wissen wenig von dem religiösen Universum und
Reichtum einer 5 763-jährigen Geschichte als auser-
wähltem Volk. Die Juden sind – ich spreche als Christ –
unsere weit älteren Brüder und Schwestern. Sie waren
sozusagen Gottes erste Liebe. Gott sagt in Genesis 12,3
zu Abraham:

Durch dich sollen alle Geschlechter der Erde Segen
erlangen. Ich will segnen, die dich segnen, wer dich
verwünscht, den will ich verfluchen.

Indem wir Juden in unserer Vorstellung und aufgrund
unserer Kenntnisdefizite von ihren religiösen Prägungen
separieren, rauben wir ihnen den Wesensteil, der ihnen
als einziges Volk der Welt ein jahrtausendelanges Über-
leben und ein Bewahren ihrer Identität gesichert hat. Ziel
des Vertrages mit dem Zentralrat der Juden ist jedoch ge-
rade, jüdische Identität sowie jüdisches kulturelles und
religiöses Leben, also Jüdischkeit, in Deutschland lang-
fristig zu sichern.

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(C (D Wolfgang Bosbach hat das gute Einvernehmen zwichen dem Zentralrat und der Union betont. Ich pflichte em auch mit Hinweis auf die gemeinsam gewünschte nderung des § 166 StGB bei. Übereinstimmend mit em jüdischen Vertreter sprach sich die Unionsfraktion ür eine Verbesserung des Schutzes religiöser Bekenntisse aus. Parallele Anschauungen sind auch in der Abreibungsfrage zu verzeichnen. Oberrabiner Berger beeichnete Abtreibung als strafwürdiges Blutvergießen. Da vor dem Kriege gerade die liberalen jüdischen Geeinden in Deutschland stark vertreten waren, bleibt mir bschließend nur die Bitte an den Zentralrat, die geringe ahl der neu gegründeten liberalen jüdischen Gemeinden n der jährlichen Dotation anteilsmäßig zu beteiligen. Schließen möchte ich mit einer Vision von einem zu ünftigen umfassenden und friedlichen Zusammenleben ller Menschen guten Willens unter einem Dach und öchte dazu aus der Offenbarung des Johannes zitieren: Siehe, das Zelt Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein. Danke. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504901400


Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-

esregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zum
ertrag vom 27. Januar 2003 zwischen der Bundesrepu-
lik Deutschland und dem Zentralrat der Juden in
eutschland, Drucksache 15/879. Der Innenausschuss
mpfiehlt auf Drucksache 15/1109, den Gesetzentwurf
nzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzent-
urf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gegen-
timmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in
weiter Beratung einstimmig angenommen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Wer zustimmen möchte, möge
ich erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der
esetzentwurf ist einstimmig angenommen.


(Beifall im ganzen Hause)

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 19 a und 19 b auf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Andreas

Storm, Annette Widmann-Mauz, Dr. Wolf Bauer,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU
Klarheit über Rentenfinanzen und Alterssi-
cherung schaffen – Notwendige Reformmaß-
nahmen nicht auf die lange Bank schieben

– Drucksache 15/1014 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Gesundheit und Sozi-
ale Sicherung (13. Ausschuss) zu dem Entschlie-
ßungsantrag der Abgeordneten Dr. Heinrich L.
Kolb, Daniel Bahr (Münster), Dr. Dieter Thomae,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Bericht der Bundesregierung über die gesetzli-
che Rentenversicherung, insbesondere über
die Entwicklung der Einnahmen und Ausga-
ben, der Schwankungsreserve sowie des je-
weils erforderlichen Beitragssatzes in den
künftigen 15 Kalenderjahren gemäß § 154
SGB VI (Rentenversicherungsbericht 2002)

und
Gutachten des Sozialbeirats zum Rentenversi-
cherungsbericht 2002

– Drucksachen 15/110, 15/318, 15/859 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Hildegard Müller

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat das
Wort der Kollege Andreas Storm von der CDU/CSU-
Fraktion.


Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1504901500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die seit

Tagen anhaltende Fortsetzungskomödie der Irrungen
und Wirrungen der Regierungskoalition über bevorste-
hende Einschnitte bei der gesetzlichen Rente zeigt, dass
Rot-Grün nur zwei Jahre nach der Verabschiedung der – an-
geblichen – riesterschen Jahrhundertrentenreform heute
vor einem rentenpolitischen Scherbenhaufen steht.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Begründung des Bundeskanzlers im Hinblick auf
eine neue Rentenreform in seiner Agenda-Rede vom
14. März dieses Jahres, in der er gesagt hat, man habe
vor anderthalb Jahren die Arbeitsmarktentwicklung zu
optimistisch und die demographische Entwicklung zu
pessimistisch eingeschätzt, kommt in der Tat einem Of-
fenbarungseid gleich.

Die anhaltende Talfahrt auf dem Arbeitsmarkt macht
auch vor den Rentenkassen nicht Halt. So ist im nächs-
ten Jahr mit einem massiven Anstieg des Rentenbei-
tragssatzes auf mehr als 20 Prozent zu rechnen. Ein hö-
herer Rentenbeitrag bedeutet zwangsläufig einen
höheren Bundeszuschuss.

Vor diesem Hintergrund muss die Verzweiflung von
Bundesfinanzminister Hans Eichel riesengroß sein.
Denn nicht anders ist es zu erklären, dass der Minister in
der vergangenen Woche panikartig um sich geschlagen
hat. Offenbar hat er vor lauter Haushaltslöchern den
Überblick völlig verloren.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D s ist doch ein Treppenwitz, wenn ausgerechnet Eichel rklärt, dass der Bundeszuschuss zur Rente in den letzen Jahren zu dynamisch gewachsen sei. Ich frage Sie: Wer hat denn unter dem Motto „Tanken ür die Rente“ einen zweiten Rentenbeitrag an der Zapfäule eingeführt? Welcher Finanzminister hat denn freuig zugestimmt, als beschlossen wurde, die Ökosteuer ab 999 Jahr für Jahr anzuheben? Wer nun einen steigenden teueranteil bei der gesetzlichen Rente beklagt, leidet ofenkundig unter einem massiven Gedächtnisverlust. Nicht besser sieht es mit Eichels zweitem Vorschlag us: den Anteil der Rentner an den Krankenversicheungsbeiträgen von 50 auf 75 Prozent anzuheben. Es ist in merkwürdiges Verständnis von Generationengerechigkeit, wenn allein die Rentner die Fehler der verkorksen Riester-Reform ausbaden sollen. ieser Vorschlag bedeutet nämlich im Klartext nichts nderes als eine Rentenkürzung um 3,5 Prozent. Das äre ein massiver Schnitt in die Substanz. Das ist mit er Union nicht zu machen. (Beifall bei der CDU/CSU – Gudrun SchaichWalch [SPD]: Mit uns auch nicht!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn Sie sagen: „Mit uns auch nicht!“, dann ist es ja
eruhigend, dass die SPD ihren Finanzminister vielleicht
uf Kurs bringt.
Eichels Kopflosigkeit ist allerdings inzwischen auch

uf den Koalitionspartner übergeschlagen. Denn nicht
nders ist der Vorschlag der Fraktionsvorsitzenden von
ündnis 90/Die Grünen Katrin Göring-Eckardt zu erklä-
en: Sie will die Rentenanpassung in Zukunft von der
entenhöhe abhängig machen. Die Bezieher hoher Ren-
en gehen dann leer aus, die kleiner Renten bekommen
twas. Das hört sich für den einen oder anderen am An-
ang noch ganz vernünftig an. Aber das hätte gewaltige
onsequenzen. Das wäre der Einstieg in den Ausstieg
us der beitragsbezogenen gesetzlichen Rente.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich stimme dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzen-
en der SPD Ludwig Stiegler ja nicht allzu oft zu,


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das wäre auch schlecht!)


ber wo der Mann Recht hat, hat er Recht. Er hat es auf
en Punkt gebracht, indem er gesagt hat, Frau Göring-
ckardt habe das Rentensystem nicht begriffen: „Jeder
riegt die Rente, die er durch seine Leistung verdient
at. Wer darauf ein anderes Prinzip anwendet, ist völlig
on der Rolle.“ – Stiegler hat es hiermit auf den Punkt
ebracht.
Nun haben Eingriffe in die Rentenerhöhung aller-

ings eine klare Tradition in der rot-grünen Bundesregie-
ung. Nahezu kein Jahr vergeht ohne eine Änderung des
npassungsverfahrens. Das begann 1999 mit der nor-
alen nettolohnbezogenen Rente. Dann hat Eichel ge-






(A) )



(B) )


Andreas Storm
sagt: Renten nach Kassenlage. Noch nicht einmal den In-
flationsausgleich gab es im Jahr 2000. Dann ist man im
Jahr 2001 zur bruttolohnbezogenen Rentenanpassung
übergegangen und in den Folgejahren zu einem Ab-
schlag für die Riester-Rente.

Das Fatale ist, dass die Rentner so behandelt werden,
als würden die Beitragszahler zu 100 Prozent einen
Riester-Vertrag abschließen. Aber Fakt ist, dass noch
nicht einmal jeder sechste Förderberechtigte einen
Riestervertrag abgeschlossen hat.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Leider wahr!)

Damit wird bei den Rentnern abkassiert, was überhaupt
keine Grundlage hat. Wenn Sie im nächsten Jahr für die
Rentner eine Nullrunde anstreben, dann bedeutet das im
Klartext, dass bei Ihnen die Rente nach Kassenlage zum
Dauerzustand wird.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Eine Rente nach Kassenlage droht auch durch die of-
fenbar angedachte Absenkung der Rentenreserve.
Diese Rentenreserve hat noch immer eine Größenord-
nung von 6 bis 7 Milliarden Euro. Das ist für den Fi-
nanzminister verlockend, der im Sozialetat 6 bis
7 Milliarden Euro einsparen will. Eine solche Absen-
kung bedeutet im Kern nichts anderes, als dass die Rück-
lage der Rentenversicherung gänzlich abgeschafft wird.
Damit wäre klar, dass bei jeder nur geringfügigen Ver-
schlechterung der Konjunktur und der Arbeitsmarktlage
der Finanzminister mit Steuergeldern einspringen
müsste, damit die Renten pünktlich gezahlt werden. Ge-
nau darauf arbeitet der Finanzminister offenbar hin.
Denn er will – das wäre die Konsequenz einer solchen
Umstellung – jedes Jahr bei der Frage, um wie viel die
Renten erhöht werden, mitreden. Das wäre das Ende der
eigenständigen Rentenversicherung. Die Rentenversi-
cherung wäre am Tropf des Bundesfinanzministers. Das
kann kein Mensch in diesem Haus ernsthaft wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Völlig absurd wird es aber, wenn der Bundesfinanz-

minister mit der Begründung, die Rentenfinanzen liefen
aus dem Ruder und deshalb müssten wir bei der gesetz-
lichen Rente Leistungseinschnitte machen, den Men-
schen auch noch den Ausweg verbaut. Denn wenn man
sagt, dass die gesetzliche Rente das derzeitige Niveau in
Zukunft nicht mehr garantieren kann, dann brauchen wir
doch den Aufbau eines zweiten Standbeins ergänzender
Vorsorge im Bereich der privaten oder betrieblichen Ren-
ten. Nun sagt Eichel: Auch bei der Riester-Förderung
müssen wir überlegen, ob wir die Mittel reduzieren. –
Schlimmer geht‘s wirklich nimmer!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Eines ist richtig: Die Riester-Rente hat sich als eine
Fehlkonstruktion erwiesen. Aber die Konsequenz kann
doch nicht sein, die Fördergelder zusammenzustreichen.
Die Konsequenz muss sein, dass wir gemeinsam aus der
Riester-Rente eine echte Förderrente machen, die die
Menschen annehmen, weil sie attraktiv ist, die nicht mit

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(C (D iedrigen Renditen eingeengt und so gestaltet ist, dass iele sagen: Ich werde eine solche Rente wählen. Wenn an die Riester-Rente durch eine attraktive Förderrente blösen will, dann braucht man dafür Fördermittel; denn ur so können die Menschen überhaupt in die Lage veretzt werden, ein zweites Standbein der Alterssicherung ufzubauen. Die wichtigste Voraussetzung, um einen Kollaps des entensystems zu verhindern, ist, dass die Kakophonie nnerhalb der Bundesregierung schleunigst beendet wird. ie Regierung muss den Mut zu einem Neubeginn in er Rentenpolitik aufbringen. Die zuständige Bundesozialministerin muss einen ungeschminkten Kassenturz bei den Rentenfinanzen vornehmen. Die derzeit beiebene Arbeitsteilung muss ein Ende haben: Die inisterin behauptet, dass die Beiträge – wie durch ein under – stabil bleiben, und der Finanzminister legt aus urcht vor steigenden Beiträgen und Bundeszuschüssen is zum Gehtnichtmehr Kürzungspläne vor. Wir brauhen noch vor der Sommerpause Klarheit über die tatächliche Finanzsituation bei den Renten. Der von Professor Rürup in die Diskussion einge rachte Nachhaltigkeitsfaktor, den die Ministerin inwischen aufgreifen möchte, wird von der Union ausrücklich begrüßt. Er entspricht in der Zielrichtung ganz indeutig dem demographischen Faktor, den wir bereits den Jahren 1997/98 in die Rentenformel eingebaut haen. Es war der größte Fehler der rot-grünen Regierung der Rentenpolitik, dass sie diese wegweisende Reform ach dem Regierungswechsel 1998 als erste Maßnahme ückgängig gemacht hat. Damit haben wir fünf wertvolle ahre verloren. Ohne diesen gravierenden Fehler hätten ir eine ganze Reihe von Problemen nicht gehabt, die ie in den vergangenen Jahren versucht haben zu beheen und in den nächsten Jahren versuchen werden zu beeben. Deshalb ist es erforderlich, dass die nächste Renten eform keine Verfallszeit von anderthalb bis zwei Jahren at. Die neue Rentenreform muss in jedem Fall auch larheit über die Neuregelung der steuerlichen Behandng von Alterseinkommen bringen und die Nachfolgeegelung für die Riester-Rente – sie muss durch eine chte Förderrente auf breiter Grundlage ersetzt werden – einhalten. Nur wenn Sie bereit sind, eine Verzahnung der drei rojekte Rentenformel, Besteuerung der Alterseinkünfte nd Aufbau einer ergänzenden Förderrente in Angriff zu ehmen, sehen wir uns in der Lage, an solchen grundleenden Weichenstellungen mitzuwirken. Deshalb lautet meine Forderung: Legen Sie noch in iesem Jahr ein vernünftiges Gesamtkonzept zur Rente or! Dann sind wir zur Zusammenarbeit bereit. Einer ente nach Kassenlage reichen wir mit Sicherheit nicht ie Hand. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Andreas Storm
Darauf können sich die Rentnerinnen und Rentner, aber
auch die Beitragszahler in unserem Land verlassen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504901600


Das Wort hat jetzt der Parlamentarische Staatssekretär
Franz Thönnes.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Jetzt kommt die Stunde der Wahrheit! – Gegenruf von der SPD: Genau! Richtig bemerkt!)


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Franz Thönnes (SPD):
Rede ID: ID1504901700


Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-
ren! Es ist richtig: Der Rentenversicherungsbeitrag
liegt derzeit bei 19,5 Prozent


(Zuruf von der FDP: Das ist bald vorbei!)

und damit um 0,8 Prozentpunkte über der Zielmarke, die
wir uns gesetzt haben. Damit der Wahrheit Genüge getan
wird, muss aber auch gesagt werden, dass er damit im-
merhin noch um 0,8 Prozentpunkte unter den
20,3 Prozent, die wir 1998 von Ihnen geerbt haben, liegt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dann müssen Sie aber auch die Ökosteuer in die Beitragssätze einbeziehen! Das ist eine Mogelei! Nichts mit Stunde der Wahrheit!)


Das bedeutet immerhin um 6,5 Milliarden Euro gerin-
gere Lohnnebenkosten.

Außerdem muss erwähnt werden, dass die Renten in
der Zeit zwischen 1998 und 2002 um ungefähr
5,97 Prozent gestiegen sind. In den fünf Jahren davor
– also während Ihrer Regierungszeit – lag die Steigerung
bei nur 2,74 Prozent.


(Lothar Mark [SPD]: Das ist die Wahrheit!)

Mit der Rentenreform 2001 wurde die eigenständige

Alterssicherung der Frau ausgebaut, Kindererziehung
wurde stärker berücksichtigt und


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Wir haben sie überhaupt erst eingeführt!)


eine kinderbezogene Höherbewertung der Beitragszeiten
ist erfolgt. Die Anrechung von Zeiten für die Erziehung
mehrerer Kinder wurde mit aufgenommen und die
Grundsicherung wurde eingeführt, um verschämte Al-
tersarmut zu verhindern. Erstmalig wurde in Deutsch-
land eine kapitalgedeckte private Altersvorsorge einge-
führt.

Der Sozialbeirat hat in seinem Gutachten zum
Rentenversicherungsbericht 2002 im Prinzip sehr positiv
bewertet, dass mit diesem Einstieg in den Aufbau einer
zusätzlichen kapitalgedeckten Altersvorsorge eine rich-
tige Weichenstellung unternommen worden ist, um die
Alterssicherung langfristig zu stabilisieren. Erstmals un-
terstützt der Staat damit die private Altersvorsorge. Das

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(C (D st alles andere als ein rentenpolitischer Scherbenhaufen, ollege Storm. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as ist und bleibt ein sozialpolitischer Meilenstein in der
eschichte unseres Sozialstaates.
Aber ich stimme auch der kritischen Bewertung des

ozialbeirates zu, der in seinem Gutachten sagt: Die Ent-
icklung im Jahre 2002 – damit meint er die wirtschaft-
iche Entwicklung und die Entwicklung der Arbeitslo-
enzahl – hat deutlich gemacht, dass im Bereich der
esetzlichen Rentenversicherung auch künftig Reform-
edarf besteht.
Das war der Grund dafür, dass die Bundesregierung

ie Kommission für die Nachhaltigkeit in der Finanzie-
ung der Sozialen Sicherungssysteme eingesetzt hat. Teil-
mpfehlungen liegen bereits vor. Weitere Empfehlungen
erden im Abschlussbericht folgen. Wir werden sie
orgfältig prüfen und dann entscheiden. Ich kann Ihnen
ber schon jetzt sagen: Eine Anhebung des Beitrages der
entnerinnen und Rentner zur Krankenversicherung
teht für uns nicht zur Debatte. Ich sage dies, damit diese
är nicht weiter von Ihnen verbreitet wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das werden wir am Ende des Jahres sehen!)


Es ist unbestritten: Wir stehen vor erheblichen He-
ausforderungen und Problemen.


(Dr. Dieter Thomae [FDP]: Die löst ja keiner!)

azu gehören die wirtschaftliche Entwicklung, die Ent-
icklung der Arbeitslosenzahlen und die demographi-
che Entwicklung. Das sind Herausforderungen, die die
ntscheidungen, vor denen wir alle gemeinsam stehen,
rheblich erschweren. Wenn wir ehrlich sind, werden
ir sagen müssen, dass wir diesen Herausforderungen in
er Vergangenheit vielleicht alle ein Stück weit ausgewi-
hen sind, als sie absehbar gewesen sind und es erforder-
ich gewesen wäre, die richtigen Schlussfolgerungen zu
iehen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir verschließen wenigstens nicht die Augen davor!)


Wir könnten darüber sprechen, wie die Frühverren-
ung eingeführt worden ist, die mit dazu beigetragen hat,
ass die Rentenkassen zum Teil ausgeblutet sind, und
ass sie von denen ausgeblutet worden sind, die sich als
nternehmen von den Kosten für die Sozialleistungen
ntlasten wollten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir haben in der letzten Legislaturperiode als einzige Fraktion dagegen gestimmt!)


Wir könnten auch darüber sprechen, wie die deutsche
inheit finanziert worden ist, nämlich zum großen Teil
ber die sozialen Sicherungssysteme und nicht – wie es
erechter gewesen wäre – durch alle Steuerzahlerinnen
nd Steuerzahler über den Haushalt.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Franz Thönnes

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/ CSU)


Hier tragen alle ein Stück Verantwortung für die Ver-
gangenheit. Deswegen ist es wichtig, dass die Antwor-
ten, die jetzt gefunden werden müssen, einerseits Fort-
schritt und Wohlstand in Deutschland gewährleisten,
andererseits dafür sorgen, dass Beschäftigung entsteht
und gleichzeitig soziale Sicherheit diesen Wandel beglei-
tet und unterstützt.

Die rentenpolitische Diskussion bewegt sich zwi-
schen den Rentnerinnen und Rentnern und den Beitrags-
zahlerinnen und Beitragszahlern. Auf der einen Seite
steht das Bedürfnis nach Sicherheit und auf der anderen
Seite das Bedürfnis nach Bezahlbarkeit. Das zeugt von
dem inneren Spannungsverhältnis, in dem wir uns bewe-
gen, dass nämlich Politik versuchen muss, die jeweiligen
Interessen sozial vernünftig auszubalancieren. Deshalb
sind Sicherheit und Bezahlbarkeit die Leitplanken der
Rentenpolitik.

Wir fordern Solidarität ein, um die solidarische Ren-
tenversicherung zukunftsfest zu machen. Der Athener
Staatsmann Solon, 640 vor Christi geboren, 600 vor Christi
maßgeblich an der Ausarbeitung einer Verfassung im da-
maligen Athen insbesondere zur Wirtschafts- und Sozial-
ordnung beteiligt, hat einmal zur Erläuterung seiner Phi-
losophie Folgendes zum Ausdruck gebracht: Zu ihm soll
einmal ein älteres Ehepaar gekommen sein, um sich über
den gemeinsamen Sohn zu beklagen, der sich geweigert
hatte, seinen Eltern im Alter mit Hilfe und Geld beizuste-
hen. Bevor Solon antwortete, wollte er von den Eltern
wissen, ob sie ihrerseits für den Sohn gesorgt hätten, als er
noch klein und hilfsbedürftig war. Erst nachdem sie diese
Frage mit Ja beantworteten, sprach er den Eltern den An-
spruch auf Unterhalt zu.

Das ist Ausdruck einer gegenseitigen Fürsorge und
Verantwortung, die von beiden Seiten einzuhalten ist, die
es aber auch ernst meint mit dem Sozialstaat und der Ge-
nerationengerechtigkeit. Die Jungen sorgen für die Al-
ten, nachdem die Alten ihrerseits ausreichend für die
Jungen vorgesorgt haben.

Der Punkt, um den es uns in dieser schwierigen öko-
nomischen Situation gehen muss, ist, einerseits die Bei-
träge so zu gestalten, dass sie bezahlbar sind und helfen,
Beschäftigung zu fördern, und andererseits den Rentne-
rinnen und Rentnern angemessene Einkommen zu ge-
währleisten. Dabei muss der notwendige Spielraum bei
den finanziellen Mitteln gewahrt bleiben, die notwendig
sind, um in Bildung und Forschung zu investieren. Denn
wir müssen den jungen Menschen die Voraussetzungen
für eine gute Zukunft schaffen, damit sie im späteren Ar-
beitsleben in einer Gesellschaft arbeiten können, die
wettbewerbsfähig ist, und sie ein gutes Bruttosozialpro-
dukt erwirtschaften können, das wiederum die Möglich-
keit bietet, die Altersbezüge derjenigen, die dann in
Rente sind, zu finanzieren. Anders formuliert – ich sage
das sehr einfach –: Wir dürfen heute nicht das verzehren,
was wir erarbeitet und erwirtschaftet haben. Wir müssen
auch einen Teil in das Morgen investieren, damit unsere
Kinder eine Zukunft haben und die Rentnerinnen und

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(C (D entner auch künftig ein vernünftiges Auskommen haen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Herausforderung, die sich aus der demographi-
chen Entwicklung ergibt, ist groß. Dass die durch-
chnittliche Lebenserwartung bei Männern und Frauen
den letzten 40 Jahren um acht Jahre gestiegen ist, be-
eutet, dass sich auch die Rentenbezugsdauer um acht
ahre verlängert hat. Wir freuen uns, dass die Menschen
nger leben, aber dass sie acht Jahre länger Rente bezie-
en, bedeutet für die Kassen einen größeren Aufwand.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir haben frühzeitig darauf hingewiesen!)


Anfang der 60er-Jahre lag die durchschnittliche Ge-
urtenrate in Deutschland pro Frau bei 2,5 Kindern,
eute liegt sie nur noch bei 1,3 Kindern. Das zeigt, dass
ie jüngere Generation nicht mehr in dem Maße wie frü-
er nachwächst. Die Bevölkerungspyramide hat sich
öllig verändert. Heute sorgen drei Beschäftigte für ei-
en Rentner. In Zukunft, in etwa 30 bis 40 Jahren, wird
as Verhältnis wahrscheinlich bei 1,5 Beschäftigten zu
inem Rentner liegen.
Vor diesen Herausforderungen stehen wir nicht nur in
eutschland. Auch in Frankreich, Österreich und allen
nderen Ländern in Europa muss man sich damit aus-
inander setzen. Das macht deutlich, dass nicht die Ren-
nreform Ursache für die jetzige Situation ist – sie wird
mer als Kritikpunkt genannt –, sondern dass auch die
assive Verschlechterung der globalen und der nationa-
n wirtschaftlichen Situation eine Ursache ist. Der Bun-
eskanzler hat in seiner Regierungserklärung zur
genda 2010 darauf hingewiesen, dass diese Entwick-
ng eine Nachjustierung auch in der Rentenpolitik er-
ordert.
Eine Teilempfehlung der Kommission für die Nach-

altigkeit in der Finanzierung der Sozialen Sicherungs-
ysteme umfasst den so genannten Nachhaltigkeitsfak-
or.


(Hildegard Müller [CDU/CSU]: Das ist ja etwas ganz Neues!)


it diesem Nachhaltigkeitsfaktor werden wir dazu bei-
agen, dass künftig in der neuen Rentenformel die Ent-
icklung und das Verhältnis der Zahl der Beitragszahle-
innen und Beitragszahler zu der Zahl der Rentnerinnen
nd Rentner mit einbezogen wird und Auswirkungen auf
ie Rentenentwicklung hat. Verändert sich nämlich die-
es Verhältnis zulasten der beruflich aktiven Generation,
üssten die Beiträge steigen. Damit dies nicht unge-
remst geschieht, ist die Generation der Rentnerinnen
nd Rentner mit an den daraus resultierenden Belastun-
en und Herausforderungen zu beteiligen. Das heißt, die
erteilung der Lasten aus der demographischen Ent-
icklung muss in vernünftigem Rahmen auf beide Sei-
n verlagert werden.
Dieser Faktor – das erlaube ich mir zu sagen – ist et-
as höher als der demographische Faktor, weil wir die
ntwicklung am Arbeitsmarkt und die Entwicklung bei






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Franz Thönnes
den Beschäftigtenzahlen bei diesem Faktor mit berück-
sichtigen. Damit machen wir deutlich, dass beides sehr
stark voneinander abhängig ist.

Der Nachhaltigkeitsfaktor ist somit ein wesentliches
Element, um einerseits die Lohnnebenkosten zu senken
bzw. zu stabilisieren und andererseits über die Gesamtsi-
tuation mit dazu beizutragen, dass sich die Renten so
entwickeln, dass sie auf Dauer sicher sind. Das ist sozial
gerecht, das verbessert die Beschäftigungschancen, das
sichert die Rente für die ältere Generation.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Im Gegensatz zu den Vorstellungen unserer Vorgän-
gerregierung haben wir vor dem Hintergrund der länger-
fristigen Rentenentwicklung mit der Riester-Rente den
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Möglichkeit
gegeben, die Versorgungslücke, die sich im Alter auftun
kann, im Rahmen einer privaten Vorsorge aufzufüllen.
Das war damals in Ihrer Rentenreform nicht enthalten.
Deswegen war es richtig, sie abzulehnen. Über unseren
Weg tragen wir dazu bei, dass die Menschen für ihre pri-
vate Situation im Alter vorsorgen können.

Die bisherige Inanspruchnahme stimmt mich zuver-
sichtlich. Ich muss mir nur anschauen, in welch kurzer
Zeit nach der Bundestagswahl – bis dahin gab es Boy-
kottaufrufe aus Ihren Reihen, weil Sie alles ändern woll-
ten – in den Betrieben entsprechende Tarifverträge abge-
schlossen worden sind und wie viele Menschen sich
mittlerweile mit privaten Verträgen an ihrer Altersvor-
sorge beteiligen.

Aus diesem Grund sollten vor dem Hintergrund der
notwendigen Umsetzung des Urteils des Bundesverfas-
sungsgerichts, das uns aufgegeben hat, die Besteuerung
der Pensionen und Renten in Übereinstimmung mit der
Verfassung zu regeln, keine weiteren Ängste geschürt
werden. Wir werden die Vorschläge der Kommission ge-
nauso wie die ergänzenden Vorschläge zur Vereinfa-
chung und vielleicht Erweiterung der Riester-Rente ver-
nünftig bewerten.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das ist auch sehr wichtig!)


Uns geht es darum, dass es für die Menschen in Zukunft
eine verlässliche und die derzeitigen Renteneinkommen
berücksichtigende klare politische Grundlage gibt.

Wir halten Ihren Antrag auch aufgrund Ihrer Forde-
rung, das Wohneigentum stärker zu fördern, für nicht
umsetzbar und nicht erforderlich, weil – das ist ganz klar
und eindeutig – mit der Eigenheim- und der Bausparzu-
lage bereits jetzt ausreichende Möglichkeiten dazu be-
stehen, das Wohneigentum zu fördern.

Mit der bisherigen Reformpolitik, insbesondere mit
der steuerlichen Entlastung der geringen Einkommen,
der Erhöhung des Etats für Bildung und Forschung um
25 Prozent seit 1998, der Gewährung zusätzlicher Kre-
dite an die Gemeinden, sodass sie investieren können
und somit Nachfrage schaffen können, und der Maßnah-
men im Rahmen der Agenda 2010, werden wir die

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(C (D oraussetzungen dafür schaffen, dass der Wandel in eutschland so gestaltet werden kann, dass zusätzliche eschäftigung entsteht und dass der Fortschritt sowie die enten – mit den entsprechenden Nachjustierungen – esichert werden. Die zukünftige Entwicklung ist nicht ohne Risiken, ber auch nicht ohne Chancen. Bezüglich der Höhe des entenversicherungsbeitrages in diesem Jahr werden lanungen durchgeführt und Prognosen erstellt. Es gilt etzt, das offensiv zu nutzen und nicht schwarz zu malen, ondern den notwendigen Reformprozess gemeinsam utig zu gestalten. (Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Es gilt aber auch, nicht rosarot zu malen!)


Herr Kollege Storm, wir sind sehr gespannt, wie sich
ie Opposition verhalten wird, wenn diesem Haus einer-
eits unsere Entscheidung bezüglich der Gestaltung des
achhaltigkeitsfaktors und andererseits die Bewertung
es im Herbst tagenden Schätzerkreises – er wird die
rognosen für das nächste Jahr abgeben und womöglich
inen Bedarf für Nachjustierungen sehen – vorliegen.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Konstruktiv, wie bisher!)


ch kann nur herzlichst darum bitten, sich diesem Re-
ormprozess anzuschließen und sich nicht aus parteipoli-
ischen Gründen zu verweigern.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Wolfgang Zöller [CDU/ CSU]: Darauf können Sie sich verlassen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504901800


Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Heinrich Kolb von
er FDP-Fraktion.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1504901900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

rste Satz des heute hier zu beratenden FDP-Entschlie-
ungsantrags vom 15. Januar dieses Jahres war nie aktu-
ller als in diesen Tagen.


(Beifall bei der FDP)

ort heißt es nämlich zutreffend: „Die Rentenpolitik der
undesregierung ist ein einziges Desaster.“


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)


Sie haben mit Ihrer Rentenpolitik seit Ihrem Regie-
ungsantritt fünf wertvolle Jahre vertrödelt. Es ist heute
ollkommen klar – ich kann nur hoffen, dass Sie das mitt-
erweile auch so sehen –, dass es unverantwortlich war,
en demographischen Faktor ersatzlos zu streichen.
ir haben Sie damals nachdrücklich gewarnt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Es war unverantwortlich, mit der Ökosteuer, die

eute 17 Milliarden Euro ausmacht, frisches Geld in ein
icht zukunftsfähiges System zu leiten,






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb

(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ansonsten wären die Beiträge noch höher!)


anstatt mit wirksamen Strukturreformen die Vorausset-
zungen für eine breite und dauerhafte Beitragssenkung
zu schaffen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Frau Kollegin Bender, die Bürger stellen jetzt fest, dass
das Fass keinen Boden hat. Die Bürger zahlen die Öko-
steuer und die Beiträge steigen dennoch munter weiter.
Das ist die Wahrheit!


(Beifall bei der FDP und der CDU/ CSU – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie, wie hoch die Beiträge ansonsten lägen! Sie lägen um 1,7 Prozentpunkte höher!)


Herr Staatssekretär Thönnes, im Rahmen der Renten-
reform haben Sie den Bürgerinnen und Bürgern verspro-
chen, dass der Beitragssatz im Jahre 2004 bei
18,7 Prozent liegen wird. Sie rühmen sich damit, dass er
heute bei gerade einmal 19,5 Prozent liegt. Dabei unter-
schlagen Sie aber, dass die Ökosteuer umgerechnet rund
zwei Beitragssatzpunkte ausmacht. Das ist die Wahrheit,
Herr Staatssekretär Thönnes!


(Beifall bei der FDP und der CDU/ CSU – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, eben!)


Sie unterschlagen ebenfalls, dass bereits heute fest-
steht – der Verband der Deutschen Rentenversicherungs-
träger geht mittlerweile zwingend davon aus –, dass der
Beitragssatz bis Ende dieses Jahres auf mindestens
19,8 Prozent steigen wird.


(Detlef Parr [FDP]: Hört! Hört!)

Diese Schätzung wurde noch vor dem Hintergrund der
Wachstumsprognose der Bundesregierung, die von
0,75 Prozent ausging, abgegeben. Das ist aber vollkom-
men unrealistisch. Das ist doch die Wahrheit!


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Als ob das alles nicht schon schlimm genug wäre, ist

die von Rot-Grün in zwei Stufen abgesenkte Schwan-
kungsreserve im Monat April erstmals unter den Refe-
renzwert von 0,5 einer Monatsausgabe gefallen.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Leider!)

In der Konsequenz heißt das, Frau Kollegin Bender – ich
darf Sie namentlich ansprechen;


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gerne!)


wenn Sie ehrlich sind, geben Sie das zu –: Wir müssen
schon heute davon ausgehen, dass der Beitragssatz im
Jahre 2004 über 20 Prozent liegen wird. Das heißt, Ar-
beitsplätze werden weiter vernichtet und die Spiralbewe-
gung verläuft weiter nach unten. Wir haben das schon im
Januar in unserem Entschließungsantrag vorausgesagt.
Sie haben das als Panikmache bezeichnet und es geleug-

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(C (D et. Aber es ist leider genau so gekommen, wie wir es rognostiziert haben. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deswegen, Herr Staatssekretär Thönnes, haben Sie
eute in diesem Haus, sozusagen als Prokurist stellver-
retend für Ihre Ministerin, den Offenbarungseid einer
erfehlten Rentenpolitik ablegen müssen. Trotz Einfüh-
ung der Ökosteuer, trotz Anhebung der Beitragsbemes-
ungsgrenze und trotz zweimaliger Absenkung der Ren-
enreserve kann der Beitragssatz zur gesetzlichen
entenversicherung nicht einmal stabilisiert, geschweige
enn gesenkt werden.
Jetzt machen die Verursacher dieses Chaos hektisch

orschläge, wie man mit diesem Fiasko umgehen soll.
o schlägt die Fraktionsvorsitzende der Grünen Göring-
ckardt eine pauschale Rentenkürzung bei höheren Ren-
eneinkommen vor. Der Bundesfinanzminister deutet an,
an könne ja den Krankenversicherungsbeitrag der Ren-
enversicherung abschmelzen. Das, liebe Kolleginnen
nd Kollegen von Rot-Grün, ist alles Flickwerk. Das ist
uch angesichts der demographischen Herausforderung,
ie unaufhaltsam auf uns zukommt, keine langfristige
trategie zur Behebung der finanziellen Misere der Ren-
enversicherung.


(Beifall bei der FDP)

Darüber hinaus will der Bundesfinanzminister zusätz-

ich an der Riester-Förderung sparen. Das ist jetzt
irklich die absurdeste Forderung, die man überhaupt
rheben kann. Sie haben mit der Rentenreform 2001 das
entenniveau deutlich abgesenkt. Wenn Sie ehrlich sind,
üssen Sie zugeben, dass die Riester-Reform in Wirk-
ichkeit eine verkappte Rentenkürzung war.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: So ist es!)

ie haben diese Maßnahme damals mit der grundsätzlich
ichtigen, leider aber völlig überregulierten Förderung
er privaten kapitalgedeckten Alterssicherung verbun-
en.
Nach dem blamablen Start der Riester-Rente, die bis

eute gerade einmal 3 Millionen Bürger – diese Zahl
tammt aus einer Umfrage des Gesamtverbandes der
ersicherungswirtschaft – abgeschlossen haben, wollen
ie ausgerechnet an dem einzigen innovativen Instru-
ent der Riester-Reform sparen. Sie provozieren damit
bsehbar Altersarmut bei der jetzigen Generation der
0- bis 50-Jährigen, die schon jetzt die historisch höchs-
en Beitragssätze zahlen. Das nennen Sie von Rot-Grün
kohärente und nachhaltige Politik“. Ich sage Ihnen,
err Staatssekretär: Das ist in der Tat ein Scherbenhau-
en, vor dem Sie hier stehen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die schlimmsten Populisten in diesem Zusammen-
ang sind aber die Grünen. Wenn führende Politiker der
rünen, wie Frau Katrin Göring-Eckardt oder auch der
ollege Markus Kurth, der im Plenum gerade anwesend
st, immer wieder die Einbeziehung von Beamten und






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb
Freiberuflern in die gesetzliche Rentenversicherung
fordern, dann ist dies das Schüren einer Neiddiskussion
und blanker Populismus.


(Beifall bei der FDP)

Jeder Rentenexperte in der Bundesrepublik Deutschland,
ob er nun Rürup oder Raffelhüschen heißt, verweist da-
rauf, dass eine Einbeziehung von Freiberuflern und Be-
amten in die Rentenversicherung keine Lösung der de-
mographischen Herausforderung darstellt, sondern die
Finanzierungskrise der gesetzlichen Rentenversiche-
rung noch verschärft.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat etwas mit horizontaler Gerechtigkeit zu tun! – Aber davon versteht die FDP nichts!)


Ich will Ihnen das an einem Beispiel verdeutlichen,
Frau Bender. Mein Großvater hat mir die Geschichte von
dem Bauern erzählt, der Eier für 20 Pfennig pro Stück
produziert und sie für 15 Pfennig verkauft.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Es waren wohl eher die Hühner!)


Darauf angesprochen, dann mache er doch einen Verlust
von 5 Pfennig pro Ei, antwortete der Bauer: Die Masse
macht’s.


(Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU)

Genau das ist der Punkt. Auch Beamte erwerben An-
sprüche, ebenso werden Freiberufler älter. Kurzfristig
höheren Einnahmen stehen langfristig höhere Defizite
gegenüber. Verabschieden Sie sich endlich von dieser
Schnapsidee.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Alles in allem: Wir müssen uns in diesem Haus – dazu

fordere ich Sie nachdrücklich auf – endlich den Realitä-
ten stellen; denn ab 2010 wird der Reformdruck auf-
grund des demographischen Wandels dramatisch zuneh-
men. Angesichts dieser Herausforderung brauchen wir
einen Paradigmenwechsel in der Rentenpolitik. Wir ha-
ben auf dem Parteitag in Bremen einen solchen Paradig-
menwechsel beschlossen. Wir werden ihn in Antrags-
form in Kürze in dieses Haus einbringen. Ich kann Sie
nur auffordern, uns auf diesem Weg zu begleiten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504902000


Das Wort hat jetzt die Kollegin Birgitt Bender vom
Bündnis 90/Die Grünen.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504902100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol-

lege Kolb, manchmal frage ich mich, ob die Gesetze der
Logik eigentlich auch in diesem Hause

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(C (D (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Nicht für alle! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das frage ich mich bei Ihnen immer!)


zw. auch für Ihre Fraktion gelten. Sie erklären hier vom
ednerpult, es sei entsetzlich, dass mit den Einnahmen
us der Ökosteuer die Rentenversicherung mitfinanziert
ird. Gleichzeitig legen Sie selber dar, dass der Beitrag
ur Rentenversicherung um nahezu zwei Prozentpunkte
öher wäre, wenn wir die Ökosteuer nicht hätten. An-
chließend beklagen Sie, dass der Rentenversicherungs-
eitrag so hoch liegt, wie er ist.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie haben fünf Jahre Zeit verloren! Das werfen wir Ihnen vor! Wir könnten heute anders dastehen!)


ie das zusammengeht, das müssen Sie mir einmal er-
lären. Aber da werden Sie wie in den Schulen ein
ISA-Problem bekommen. Das nimmt Ihnen einfach
iemand ab.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Nun komme ich zu Ihrem Eierbeispiel.

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sehr lehrreich!)


ch gebe zu, es ist unterhaltsam. Die grüne Idee der Bür-
erversicherung bedeutet in der Tat, alle Menschen,
uch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige, in die
entenversicherung einzubeziehen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Erwerben die Ansprüche? Werden die älter?)


ies ist – lassen Sie mich das deutlich sagen, Herr Kol-
ege – kein Beitrag zur Lösung des demographischen
roblems und kein Beitrag zur Generationengerechtig-
eit. Es ist ein Beitrag zur horizontalen Gerechtigkeit,


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Und kein Beitrag zur Lösung des Einnahmeproblems!)


eil alle dann in dem Sicherungssystem sind und alle
azu beitragen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wenn alle gleich leiden, ist das Gerechtigkeit!)


s wäre auch glaubwürdiger, Herr Kollege, wenn wir
bgeordnete Maßnahmen zur Rentenversicherung dis-
utieren würden, die uns selber betreffen. Das wäre dazu
eeignet, in der Bevölkerung in besonderem Maße Ak-
eptanz zu erreichen, während man so immer weiß, dass
ir über anderer Leute Geld reden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das verstehe, wer will!)


err Kollege Storm, Sie beschweren sich auch über die
öhe der Beiträge. Manchmal nützt ein Blick ins Ar-
hiv. Ich habe mir den Spaß erlaubt. Es gab eine Zeit vor
er letzten Wahl, in der Rot-Grün die Mehrheit errungen
at.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Vor der vorletzten Wahl!)







(A) )



(B) )


Birgitt Bender
Da hat sich Kollege Seehofer, der heute vielleicht nicht
ganz zufällig nicht anwesend ist, hingestellt und den
Rentnern versprochen, es gebe einen Nachschlag, wenn
die CDU/CSU die Wahl gewinne. „Wir zahlen euch hö-
here Renten“, hat er damals gesagt. Der Wirtschafts-
weise Rürup hat ihm vorgerechnet, dass das 2,5 Milliar-
den Euro gekostet hätte. Ich frage Sie: Wer hätte denn
das bezahlt? – Doch die heutigen Beitragszahler. Sie
aber vergießen Krokodilstränen über die Höhe der Bei-
träge. Sie sollten sich selber an die Nase fassen.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie müssen Ihre Hausaufgaben schon selber machen!)


Die CDU/CSU ist bisher jedenfalls nicht als Vertreterin
des Prinzips der Generationengerechtigkeit aufgefallen –
um das einmal deutlich zu sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Andreas Storm [CDU/ CSU]: Weil ihr Renten nach Kassenlage zum Prinzip macht! – Wolfgang Zöller [CDU/ CSU]: Seit 1998 seid ihr doch dran! – Andreas Storm [CDU/CSU]: Zum dritten Mal, dass Sie die Rentenanpassung aussetzen!)


Es war hingegen die rot-grüne Regierung, die durch
die letzte Rentenreform die Weichen für eine nachhal-
tige Finanzierung und für die Gerechtigkeit zwischen
den Generationen gestellt hat. Ich darf darauf hinweisen,
dass es Teil dieser Reform ist, dass auch die Rentner und
Rentnerinnen ihren Anteil zu der Stabilisierung der Bei-
träge leisten. Ich will für die Grünen deutlich sagen: Wir
halten an diesem Grundsatz fest. Das heißt auch – auch
dieses gilt es, ehrlich zu sagen –, dass weitere Maßnah-
men notwendig sind.

Alle Experten sind davon ausgegangen, dass es gelin-
gen würde, durch die damals getroffenen Maßnahmen
zur Rentenreform bis 2020 einen Beitragssatz von
20 Prozent und bis 2030 einen Beitragssatz von
22 Prozent zu halten. Nach den aktuellen Schätzungen
müssen wir davon ausgehen, dass dieses nicht der Fall
sein wird. Deswegen besteht Handlungsbedarf. Ich sage
Ihnen im Namen der Grünen: Wir werden uns dafür ein-
setzen, dass der Beitragssatz von 19,5 Prozent im nächs-
ten Jahr nicht steigen wird.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das glauben Sie selber nicht!)


Eine solche Steigerung zulasten der jüngeren Generation
werden wir nicht hinnehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Es ist Pfingsten und nicht Weihnachten, Frau Bender! Da wünscht man sich nichts!)


Das heißt auch – Politik soll ja immer ehrlich sein –, dass
es im nächsten Jahr nicht möglich sein wird – ich sage
das sehr deutlich –, die Renten zu erhöhen. Wir werden
die Rentenerhöhung um ein Jahr aussetzen müssen.
Wenn wir erklären, dass dieses im Interesse der Kinder
und Enkel derjenigen geschieht, die es betrifft, weil wir
höhere Beiträge vermeiden wollen, dann werden wir
auch auf Verständnis stoßen. Davon bin ich überzeugt.

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(C (D Ich will aber auch gerade an die Adresse der Opposion deutlich sagen: Es handelt sich dabei nicht um eine entenkürzung, sondern wir reden über eine Aussetzung er Rentenerhöhung. (Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Das ist eine dauerhafte Kürzung! – Andreas Storm [CDU/CSU]: Eichel redet von Rentenkürzung!)


Um Ihren längeren Passagen, Herr Kollege Storm,
ber Kürzungen im Allgemeinen und im Besonderen ge-
echt zu werden,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das müssen Sie uns nach den Gesetzen der Logik erklären!)


age ich auch: Der Finanzminister hat nicht immer
echt.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das ist wieder das „negative Wachstum“!)


Bevor ich zu der Frage komme, wie eine neue Ren-
nreform aussehen muss, will ich zu zwei Dingen Stel-
ng nehmen, die gern von der CDU/CSU behauptet
erden. Das eine ist der Mythos, dass alles geregelt
äre, wenn man den demographischen Faktor beibe-
alten hätte. Herr Kollege Storm, dem ist nicht so.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber wir wären ein Stück weiter, Frau Bender!)


it Ihrem demographischen Faktor wären die Renten
is 2010 stärker gestiegen, als es mit der bereits be-
chlossenen Rentenreform der Bundesregierung der Fall
t. Das sollten Sie vielleicht auch deutlich machen.
In Ihrem Antrag findet sich der Vorschlag, die Ren-
nzugangsberechtigung von der Lebensarbeitszeit der
ersicherten abhängig zu machen. Haben Sie sich das
uch gut überlegt? Schließlich richtet sich die Höhe der
ente bereits jetzt nach der Dauer und Höhe der Einzah-
ngen.
Wenn Sie den Renteneintritt zusätzlich von der Le-

ensarbeitszeit abhängig machen wollen, dann bedeutet
as, dass Menschen zu unterschiedlichen Zeiten in Rente
ehen können, obwohl sie im Laufe ihres Lebens Einzah-
ngen in gleicher Höhe und über die gleiche Zeitdauer
inweg geleistet haben, weil sie zu unterschiedlichen
eitpunkten damit begonnen haben. Mithin bekommen
enschen, die in jüngeren Jahren angefangen haben, ins-
esamt eine wesentlich höhere Rente. Damit schaffen Sie
ine Zweiklassengesellschaft unter den Rentnern. Was
aran fair sein soll, müssen Sie mir noch erklären.
Ich füge hinzu: Mit einem solchen Mechanismus wür-

en Sie besonders Frauen benachteiligen. Es ist doch in-
ressant, dass die CDU/CSU auf diese Weise ausgerech-
et die Rente von Frauen absenken will. Das werden wir
ns merken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Wolfgang Zöller [CDU/ CSU]: Wer hat denn die Rente für Frauen um 5 Prozent gekürzt? Das war doch Rot-Grün und nicht wir!)







(A) )



(B) )


Birgitt Bender
Jetzt komme ich zu dem, was wir über kurzfristige
Maßnahmen hinaus zur Stabilisierung des Beitragssatzes
im nächsten Jahr unternehmen müssen. Die Rürup-Kom-
mission hat in diesem Zusammenhang gute Vorschläge
vorgelegt. Sie schlägt zum einen die Einführung eines
Nachhaltigkeitsfaktors vor, mit dem bei der Entwick-
lung der Renten die Zahl der Jüngeren im Verhältnis zur
Zahl der Älteren berücksichtigt würde. Das halten wir
für richtig.

Ein weiterer Vorschlag, der zunächst bei vielen Skep-
sis hervorruft, lohnt es aber, ihn näher zu betrachten,
nämlich ab dem Jahr 2011 das Renteneintrittsalter zu
erhöhen, sodass es jährlich um einen Monat bis auf
67 Jahre steigt.


(Hildegard Müller [CDU/CSU]: Ist das jetzt ein Koalitionsbeschluss?)


Gegen dieses hohe Renteneintrittsalter wenden viele
ein, dass ältere Menschen zurzeit keine Arbeit finden.
Das ist zwar richtig, aber es geht bei dem Vorhaben um
das Jahr 2011,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dann regieren wir wieder! Dann wird es besser!)


einen Zeitpunkt, zu dem die Wirtschaft wahrscheinlich
händeringend Arbeitskräfte suchen wird. Es geht um ei-
nen Übergangszeitraum von 24 Jahren. Für jemanden
beispielsweise in meinem Alter – ich bin Jahrgang 1956 –
würde das bedeuten, elf Monate länger zu arbeiten als
nach heutigem Recht.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ist das die Koalitionsbeschlusslage oder ist es Wunschdenken, was Sie uns vortragen?)


Wenn Sie berücksichtigen, dass nach allem, was wir
wissen, heutzutage Menschen mit 70 so gesund sind wie
in den 60er-Jahren Menschen mit 65, dann teilen Sie si-
cherlich meine Auffassung, dass es sich um eine richtige
Maßnahme zur Finanzierung der Rentenversicherung
handelt,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ist das denn in der Koalition abgestimmt, Frau Kollegin Bender? – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Die SPD fällt schon in Ohnmacht!)


die auch der Tatsache Rechnung trägt, dass wir alle älter
werden und dabei gesünder bleiben und dass deshalb die
Aktivität im Erwerbsalter von uns allen angestrebt wer-
den sollte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504902200


Frau Kollegin Bender, kommen Sie bitte zum
Schluss!


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504902300

Dann fasse ich mich kurz.
Selbstverständlich muss auch die kapitalgedeckte

Vorsorge weiterhin eine Rolle spielen. Sie muss weiter
ausgebaut werden. Die Grünen haben die Einrichtung ei-

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(C (D es Altersvorsorgekontos vorgeschlagen, wodurch unerschiedliche Anlageformen steuerlich gefördert würen. Das würde den Menschen eine größere Wahlfreiheit rmöglichen und wäre von daher sicherlich ein guter eitrag für die Sicherung des gesamten Lebensstandards m Alter. Frau Kollegin Bender, das war jetzt der Schluss Ihrer ede. Vielen Dank. Herr Kollege Storm, spielen Sie nicht den Rächer der angeblich – „enterbten“ Rentner, sondern erklären Sie ich zu einer Rentenreform bereit, die auch das Prinzip er Generationengerechtigkeit berücksichtigt! Dann finen wir zueinander. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Wolfgang Zöller [CDU/ CSU]: Die wäre schon gerechter, wenn ihr unsere nicht zurückgenommen hättet!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504902400
Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504902500


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504902600


Das Wort hat jetzt die Kollegin Hildegard Müller von
er CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Hildegard Müller (CDU):
Rede ID: ID1504902700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! „Klarheit über Rentenfinanzen und Alterssiche-
ung schaffen – Notwendige Reformmaßnahmen nicht
uf die lange Bank schieben“ lautete der Titel des Ent-
chließungsantrags der CDU/CSU, den wir eigentlich
etzt beraten sollten. „Klarheit über Rentenfinanzen und
lterssicherung schaffen“ war auch die Überschrift einer
leinen Anfrage meiner Fraktion vom April, die ich mir
n Vorbereitung auf diese Debatte noch einmal durchge-
esen habe. Wenn ich die Antwort der Bundesregierung
uf unsere damalige Anfrage nehme und um das er-
änze, was heute gesagt worden ist, Herr Thönnes, dann
uss ich feststellen: Sie haben leider überhaupt keine
onkreten Vorschläge zur Klarheit der Rentenfinanzie-
ung gemacht. Frau Bender, auch von Ihnen sind schein-
ar mehr Absichtserklärungen gekommen als tatsächli-
he Koalitionsbeschlüsse; jedenfalls ist mir insbesondere
as, was Sie zur Heraufsetzung des Renteneintrittsalters
esagt haben, nicht bekannt gewesen. So kann ich also
ur feststellen, dass bei der Regierung und bei Rot-Grün
eine Klarheit darüber herrscht, was man bei der Renten-
inanzierung vorhat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wer die Schlagzeilen dieser Woche einmal betrachtet,

er muss unweigerlich an den Refrain eines Spottliedes
us dem Jahre 1928 denken. Dieser lautet: „Wir schlagen
chaum – Wir seifen ein.“


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Hildegard Müller
Die Kolleginnen und Kollegen von der SPD, die vor
zwei Wochen den 140. Geburtstag ihrer Partei feiern
konnten, wird dieses „Seifenlied“ von Ernst Busch viel-
leicht noch etwas sagen; denn dieses Lied war die Reak-
tion der Bevölkerung auf den SPD-Wahlkampf zur
Reichstagswahl von 1928. Es war schon damals der pas-
sende Kommentar zu gebrochenen Wahlversprechen.
Dieser Kommentar passt auch zur aktuellen Politik.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Was haben wir uns im Wahlkampf nicht alles anhören

müssen! Wider besseres Wissen wurden Zahlen vertuscht
und schöngefärbt. Wenn man sich die aktuelle Lage an-
schaut, dann stellt man fest, dass sie sehr dramatisch ist.
Diesen Eindruck haben nicht nur die Unionsfraktion und
ich, sondern diesen Eindruck hat auch die Bevölkerung
in unserem Land. Übrigens, Frau Bender, drei Rentenan-
passungen auszusetzen ist noch keine Reform.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso drei?)


Ich gebe Herrn Bundesfinanzminister Eichel – ich freue
mich, dass ich das ausnahmsweise einmal tun kann –
Recht, wenn er sagt, dass dies in Wahrheit Renten-
kürzungen und nichts anderes seien.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Schlagzeilen dieser Woche lauten: „Absurdes

Renten-Theater“, „Gefährliches Zündeln an der Rente“,
„Renten im Steuerloch“ und „Renten nach Kassenlage“.
Aus diesen Schlagzeilen kann meiner Ansicht nach nur
eines abgeleitet werden: Die Rente und die Höhe des
Beitragssatzes in der Rentenversicherung sind bestimmt
nicht sicher. Außerdem sollten Sie, Frau Bender, die
Ökosteuer in Ihrer Argumentation zur Kassenlage der
Rentenversicherung immer berücksichtigen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sicher sind aber auch nicht mehr die Aussagen der

Koalitionäre zur eigenen Rentenpolitik. Diesen Eindruck
muss man einfach gewinnen, wenn man die inflationäre
Flut der Schreckensnachrichten aus dem Regierungsla-
ger verfolgt. Einmal soll das Rentenalter heraufgesetzt
werden. Ein anderes Mal soll die Riester-Förderung be-
schnitten werden. Ein weiteres Mal stehen die Kinderer-
ziehungszeiten zur Disposition. Dann ist in einem Pa-
pier, das intern schon vorliegen soll, angeblich von dem
Ende der Schwankungsreserve die Rede. Ich finde, das
ist eine der unverantwortlichsten Ideen, die ich in diesem
Zusammenhang jemals gehört habe.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Dann soll wieder einmal die Anpassung der Altersbe-
züge ausgesetzt werden. Frau Lotz, Sie werden mir be-
stimmt sagen können – Sie werden ja nach mir reden –,
ob die Koalition das Heraufsetzen des Renteneintrittsal-
ters beschlossen hat. Ich jedenfalls habe aufseiten der
Sozialdemokraten Fassungslosigkeit angesichts der Aus-
sagen von Frau Bender wahrgenommen. Ich hoffe, dass
Sie das gleich aufklären werden.

Schließlich erwacht auch der demographische Faktor
von Norbert Blüm kaum verkleidet wieder zu neuem Le-

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(C (D en. Für diesen Faktor hat die SPD uns nicht nur 1998 ls „unanständig“ beschimpft. Noch am 17. August 2002 rklärte der Bundeskanzler bei der Betriebsrätekonfeenz der IG BAU in Dortmund: Wir haben den Unsinn des demographischen Faktors gestoppt und eine faire und zukunftsweisende Reform durchgesetzt. Jetzt hat Seehofer die Wiedereinführung des demographischen Faktors angekündigt. Das war vor vier Jahren unanständig und das ist heute genauso unanständig. m Parteitagsbeschluss der SPD vom vergangenen onntag kann man nun lesen: Ein Nachhaltigkeitsfaktor oh Wunder! – ist ein geeignetes Instrument, um der sich verändernden Relation zwischen Beitragszahlern und Rentenbeziehern Rechnung zu tragen. Und das ist in der Rentenanpassungsformel zu berücksichtigen. as ist doch nichts anderes als ein demographischer aktor. Ich möchte Sie fragen: Ist das unanständig oder icht? Hören Sie mit Ihrer Polemik gegen die CDU/CSU uf; denn der demographische Faktor war ein richtiger chritt. Sie haben mit Ihrer falschen Rentenpolitik fünf ahre vertändelt. Ich freue mich ja, das aus Regierungsmund zu hören, nd auch darüber, dass endlich ein Beitrag zur Generaionengerechtigkeit geleistet werden soll. Dass dies aber ur ein erster Schritt ist, wissen wir alle; denn wir haben ertvolle Zeit dadurch verloren, dass Sie diesen Faktor, er eine wirklich systematische Verteilung der Lasten aus er demographischen Entwicklung auf alle Generationen ätte sicherstellen können, 1998 abgeschafft haben. Wie nd wann und wieso überhaupt der Demographiefaktor à a Schröder genau kommen wird, ist trotz Parteitagsbechluss unklar. Herr Vater, der Sprecher von Frau chmidt, hat am Montag vor der Regierungspressekonfeenz das Jahr 2005 angesprochen. Vor dem Parteitag haen wir immer gehört, 2011 sei das Jahr; vorher könne er Faktor eh nicht wirksam werden. Ich appelliere desalb noch einmal an Sie: Schaffen Sie Klarheit – heute aben Sie bisher wieder nichts zur Klarheit beigetragen , damit die Menschen endlich wissen, wie ihre Altersersorgung aussehen wird. Auch in der zweiten Säule der Altersvorsorge haben ir weiterhin Stillstand. Angesichts des Durcheinanders ei Rot-Grün braucht man sich darüber nicht zu wunern. Die Leute sind verunsichert. (Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dazu tragen Sie heftig bei!)


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Hildegard Müller
Das zeigt sich an den Zahlen. Bis Ende 2002 wurden ge-
rade einmal 3,4 Millionen Verträge über eine Riester-
Rente abgeschlossen. Bei 30 Millionen förderfähigen
Bürgern entspricht das 11,3 Prozent. Nach Umfragen
wollen 70 Prozent der Bundesbürger überhaupt keinen
Vertrag über eine Riester-Rente abschließen. Diese fatale
Analyse hat die Bertelsmann-Stiftung in der letzten Wo-
che noch einmal ausdrücklich bestätigt. Die Bereitschaft
der Bundesbürger, für das Alter privat vorzusorgen, ist
nach ihren Analysen in den vergangenen Monaten spür-
bar gesunken.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist fatal!)

Das ist eine Reaktion auf die Unsicherheit und das
Durcheinander, das wir von der Regierungsseite erleben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


Die Bertelsmann-Stiftung und Mitglieder der Rürup-
Kommission, die Sie ja immer nur zitieren, wenn es Ih-
nen passt, haben dringend eine Reform der Rente auch in
diesem Bereich angemahnt, weil das sonst zur lahmen
Ente werden würde. Wenn wir angesichts der Zahlen
nicht endlich zu Veränderungen kommen, wird nur ein
Drittel der Zahl von Menschen, die ursprünglich ange-
nommen worden war, einen solchen Vorsorgevertrag ab-
schließen.

Deshalb rate ich noch einmal dazu, auf die Gründe zu
schauen – die Bertelsmann-Stiftung hat das bestätigt –:
zu viel Bürokratie, schlechte Information und fehlende
Transparenz. Herr Thönnes, reden Sie nicht immer nur
darüber, was man ändern muss! Schaffen Sie Fakten!
Bringen Sie hier endlich Anträge ein, die wirklich zur
Verbesserung der Lage führen!


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wer regiert hier eigentlich? Ich fürchte, niemand!)


Es reicht nicht aus, dass es in der Koalitionsvereinba-
rung heißt:

Wir werden … die Aufwendungen für die Alters-
vorsorge schrittweise von der Besteuerung befreien.

Wenn Sie das nicht gleichzeitig auch in der privaten
Säule tun, ist das kontraproduktiv und wird verhindern,
dass mehr Verträge abgeschlossen werden.

Bei der sich parallel dazu entwickelnden betriebli-
chen Altersvorsorge zeigt sich, dass sie durch die Erhö-
hung der Beitragsbemessungsgrenze deutlich ge-
schwächt worden ist. Sie können uns nach wie vor keine
Angaben darüber machen. Alle Experten haben in den
Anhörungen angeregt, hier zu Veränderungen zu kom-
men. Sagen Sie uns, wie es auch in der betrieblichen Al-
tersvorsorge durch Ihre Rentenreform zu einer Ver-
schlechterung gekommen ist! Schaffen Sie Klarheit!
Sehen Sie Ihre Fehler ein! Tragen Sie endlich zu einer
Rentenreform im Sinne aller Generationen in diesem
Land bei! Vertuschen Sie nicht weiter die Zahlen!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Das Wort hat die Kollegin Erika Lotz von der FDPraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! eim Studieren des CDU/CSU-Antrags habe ich mir naürlich die Frage gestellt: Um was geht es Ihnen? Ich ann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es Ihnen icht so sehr um die Sache, also um die Rente, und auch icht um Klarheit über die Rentenfinanzen, sondern daum geht, Rentner und Rentnerinnen, aber auch die Beiragszahler zu verunsichern. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Andreas Storm [CDU/CSU]: Frau Lotz, das ist Ihre Rede von vor vier Jahren!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504902800
Erika Lotz (SPD):
Rede ID: ID1504902900

erbreitung von Zukunftsängsten führt nicht zu einer
ösung. Das ist nicht redlich. Redlich ist auch nicht, so
u tun, als wäre die Bundesrepublik eine Insel, auf wel-
he weltweite konjunkturelle Probleme keinen Einfluss
ätten. Wir haben ein Wachstumsproblem – ebenso wie
ie USA, Japan und andere Staaten Europas. Das min-
ert unsere Chancen.
Frau Kollegin Müller, Sie haben vorhin die Worte „si-

here Renten“ in den Mund genommen. Deshalb will ich
n Folgendes erinnern: Es war der ehemalige Arbeits-
inister Blüm, der immer von den sicheren Renten ge-
prochen hat.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Und Sie haben kräftig Beifall geklatscht! – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie haben dessen Rentenreform rückgängig gemacht!)


ber Sie haben Veränderungen durchführen müssen – so
ie auch wir.
Ich will Ihnen auch nicht ersparen, noch einmal an

olgendes erinnert zu werden: 1998 betrug der Renten-
ersicherungsbeitrag 20,3 Prozent. Ein Beitragssatz von
9,5 Prozent ist nach Adam Riese wohl niedriger.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das ist doch nicht redlich! – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Haben Sie schon mal das Wort Selbstbetrug gehört?)


Seit 30 Jahren werden in Deutschland weniger Kinder
eboren. Die Lebenserwartung nimmt kontinuierlich zu.
er demographische Wandel – das wissen Sie selbst –
indet nicht nur in Deutschland statt. Sie entnehmen den
edien, dass die Diskussionen über Veränderungen bei
er Rente dementsprechend geführt werden.
Was will ich damit sagen? Egal wie ein Rentensystem

ufgebaut ist: Demographische Veränderungen erfordern
in Nachsteuern im System. Das haben wir schon 2001
emacht: Mit der Einführung der kapitalgedeckten,
taatlich geförderten, zusätzlichen privaten Alterssiche-
ung haben wir dafür gesorgt, dass die Menschen eine
weite Säule in der Alterssicherung aufbauen, die der Si-
herung des Lebensstandards dient.






(A) )



(B) )


Erika Lotz
Nun hören Sie doch endlich auf, die Riester-Rente zu
kritisieren,


(Hildegard Müller [CDU/CSU]: Weil sie so perfekt ist!)


nur weil sie nicht von Ihnen stammt! Über 30 Millionen
Arbeitnehmer haben Anspruch auf die staatliche Förde-
rung; sie ist aber nicht nur staatlich, sondern auch statt-
lich.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Eine Familie mit zwei Kindern und 30 000 Euro Brut-

togehalt erhält für eine jährliche Gesamtversorgung in
Höhe von 1 200 Euro 678 Euro Förderung;


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist die Rede von vor zwei Jahren!)


das sind mehr als 50 Prozent; das ist familien- und ar-
beitnehmerfreundlich. Dadurch wurde die betriebliche
Altersvorsorge wieder attraktiv. Experten schätzen, dass
zwischen zwei Drittel und Dreiviertel der Beschäftigten
eine Betriebsrente aufbauen werden. Die Versicherungs-
gesellschaften melden, dass bis heute 3,7 Millionen an-
dere Verträge zur Altersvorsorge – Herr Kolb, nicht, wie
Sie vorhin sagten, 3 Millionen – abgeschlossen worden
sind. Ich meine, wir sind in diesem Bereich auf einem
guten Weg. Die Menschen müssen umdenken – das
heißt, sie müssen frühzeitig an das Alter denken –; das
ist ein Prozess, der etwas Zeit braucht.

Wir werden auch die Möglichkeit von Vereinfachun-
gen prüfen und sicherstellen, dass die entsprechenden
Produkte in Zukunft bei gleichen Beiträgen gleiche mo-
natliche Leistungen für Männer und Frauen vorsehen.
Das ist unser Ziel. Man erreicht das Ziel, Arbeitnehmer
zu motivieren, eine zusätzliche Altersvorsorge abzu-
schließen, nicht dadurch, dass man diese madig macht,
so wie Sie es tun. Was dieses Ziel angeht, erweisen Sie
einen Bärendienst.

Ich will noch einen weiteren Punkt ansprechen. Ich
gehöre zu den Menschen, die ihre Ausbildung mit
14 Jahren begonnen haben. Wir alle wissen, dass dies
schon lange nicht mehr die Regel ist. Der Einstieg ins
Erwerbsleben beginnt später. Ich glaube, wir alle sind
uns einig, dass ein früherer Ausstieg auch wegen der de-
mographischen Veränderung nicht möglich ist. Wir müs-
sen die Frühverrentung deshalb stoppen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wie bitte? Das ist ja sensationell!)


Der Rentenbeginn und die Regelaltersgrenze von
65 Jahren müssen sich annähern. Ich denke, solange wir
noch eine so hohe Arbeitslosigkeit haben wie derzeit, ist
es müßig, über eine Anhebung der Altersgrenze zu dis-
kutieren. Das versteht niemand. Wir haben mit den
Hartz-Gesetzen erste Schritte getan, um es den Arbeit-
gebern zu erleichtern, ältere Arbeitslose einzustellen.
Arbeitslose ab 52 können ohne Grund befristet einge-
stellt werden. Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung
entfallen für den Arbeitgeber bei Einstellung von Ar-
beitslosen über 55.

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(C (D Ich appelliere an die Arbeitgeber, auch älteren Arbeitehmern Qualifizierungsangebote zu machen. Wir könen nicht mehr zulassen, dass sich Unternehmer mit relaiv geringem Eigenaufwand von Arbeitnehmern über 5 Jahren auf Kosten der Sozialkassen trennen. So weren wir keine Beiträge senken können. Wir können auch en nachfolgenden Generationen nicht die damit verbunenen Belastungen aufbürden. Das deutsche Rentensystem hat schon gewaltige Be astungen getragen; die größte Leistung war die Finanierung der deutschen Einheit. Rentnerinnen und entner der neuen Länder sind Teil dieses Systems. Kein nderes, kein kapitalgedecktes System hätte dies leisten önnen. Ich sage aber auch: Es war falsch, die deutsche Ein eit allein über die Sozialversicherungssysteme zu finanieren. (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Dafür sind die Bundeszuschüsse erhöht worden! Das wissen Sie!)


(Beifall bei der SPD)


as muss man bei aller Kritik – egal ob an der Ökosteuer
der eben am erhöhten Bundeszuschuss – bedenken. Das
uss man sich immer wieder ins Bewusstsein rufen. Wer
ie Ökosteuer kritisiert, verschweigt, dass damit letzt-
ndlich gesamtgesellschaftliche Aufgaben finanziert
erden.
Der Generationenvertrag funktioniert, aber ein Nach-

teuern war schon in der Vergangenheit notwendig und
ird in der Zukunft nicht auszuschließen sein; die Ge-
echtigkeit zwischen, aber auch innerhalb der Generatio-
en erfordert dies. Ich denke, was für die Rentenversi-
herung gilt, muss auch für andere Versorgungssysteme
irkungsgleich gelten. Sie, liebe Kolleginnen und Kolle-
en von der Opposition, sind eingeladen, konstruktiv da-
an mitzuarbeiten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Den letzten Satz unterstreichen wir voll!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504903000


Das Wort hat die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch.


Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1504903100

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Sehr geehrte Gäste! Uns von der PDS im Bundestag
ird zu viel über die Rentner im Allgemeinen gespro-
hen, aber Rentner ist nun einmal nicht gleich Rentner.
uch bei den Renten gibt es oben und unten, Ost und
est, Männer und Frauen. Zum Beispiel leben in der
undesrepublik circa 2,5 Millionen Frauen mit einer
ente unter 300 Euro pro Monat. In den neuen Ländern
ird fast jede dritte neue Rente wegen Altersarbeitslo-
igkeit gezahlt. Durch die progressive Erhöhung der Al-
ersgrenzen führt das zu Abschlägen von bis zu
8 Prozent.






(A) )



(B)


Dr. Gesine Lötzsch
Da bin ich schon bei einer wichtigen Forderung der
PDS: Wir brauchen einen Zeitplan zur Angleichung
der Ostrenten an die Westrenten.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Wir wollen die viel beschworene deutsche Einheit auch
bei den Renten. Ich darf Ihnen sagen, dass der aktuelle
Rentenwert Ost nur bei knapp 88 Prozent des
Westrentenwertes liegt. Die SPD erklärt nun in Briefen
an Rentnerinnen und Rentner, sie wolle einen solchen
Zeitplan zur Angleichung der Rentenwerte von Ost und
West nicht, und verweist dabei auf die unterschiedlichen
Einkommensverhältnisse. Da habe ich einen Vorschlag
an Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen: Legen Sie
doch einfach einen Zeitplan für die Angleichung der
Löhne und Gehälter in Ost und West vor, dann haben wir
auch gleich einen Zeitplan für die Angleichung der Ren-
tenwerte in Ost und West.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Frau Göring-Eckardt von den Grünen, hier in der De-

batte schon mehrmals angesprochen, spricht viel über
Generationengerechtigkeit. Jüngst dachte sie in diesem
Zusammenhang über die Absenkung des Rentenni-
veaus nach. Das Problem ist nur, dass mit dem Begriff
Generationengerechtigkeit unentwegt soziale Unter-
schiede verwischt werden sollen und er von vielen als
Kampfbegriff missbraucht wird, der die Generationen
gegeneinander aufwiegelt und die Entsolidarisierung in
der Gesellschaft befördert. Es gibt nun einmal eine Er-
bengeneration, darunter übrigens viele grüne Wählerin-
nen und Wähler, die bei der geltenden Erbschaftsteuer
bequem ihren Job als angenehmen Zeitvertreib verstehen
können, weil sie materiell durch ihr Erbe abgesichert
sind. In der gleichen Generation gibt es aber auch Men-
schen, die gar nichts erben werden, die nicht einmal ge-
nug Geld haben, um etwas für das Alter zu sparen.

Wer heute einen Antrag auf Arbeitslosenhilfe stellt,
muss damit rechnen, dass sein Vermögen und Leistun-
gen, die eigentlich der Altersvorsorge dienen sollten,
auf die Arbeitslosenhilfe angerechnet werden. Diese Ar-
beitslosen wollen eigenverantwortlich für das Alter vor-
sorgen, wie es von der Regierung verlangt wird, gleich-
zeitig nimmt diese ihnen ihr Vermögen aber wieder ab.
Im „Stern“ dieser Woche sind dazu einige interessante
Fallbeispiele aufgeführt.

Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich
noch einmal auf den Osten zu sprechen kommen. Gern
wird ja angeführt, wie hoch das Rentenniveau im Osten
im Vergleich zu dem im Westen sei. Laut Statistik verfü-
gen Rentnerehepaare in den alten Bundesländern über
ein durchschnittliches Nettoeinkommen, das nur unge-
fähr 200 Euro über dem von Rentnerehepaaren in den
ostdeutschen Ländern liegt.


(Erika Lotz [SPD]: Umgekehrt!)

Das klingt schon ganz gut, aber häufig wird vergessen,
dass das nur die halbe Wahrheit ist; denn der Anteil der
Rente am Nettogesamteinkommen im Westen beträgt
bei kleineren Renten nicht einmal 50 Prozent. Mehr als
die Hälfte machen Pensionen, Mieteinkünfte, Privat-

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(C (D enten und andere Einkommensarten aus. In den neuen ändern wird das Nettoeinkommen der Rentnerinnen nd Rentner dagegen fast ausschließlich durch die geetzliche Rente bestritten. Meine Damen und Herren, wenn wir über die Weiter ntwicklung des Rentensystems sprechen, müssen wir on folgenden Voraussetzungen ausgehen: Es muss soial und solidarisch zugehen. Wir von der PDS sagen: Es uss Rente von allen für alle geben. Vielen Dank. Das Wort hat jetzt der Kollege Gerald Weiß von der DU/CSU-Fraktion. Gerald Weiß Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Ich möchte einige Aspekte der Debatte aufnehe ein, unser Rentensystem ist kein Scherbenhaufen. ann man denn nicht von einem Scherbenhaufen sprehen, wenn sich die Jahrhundertreform von 2000 in allen erten so grundfalsch entwickelt, ie sie es momentan tut, und alle Ziele verfehlt werden? as ist doch ein Scherbenhaufen, meine sehr verehrten amen und Herren! on sinkenden Beiträgen, Entlastung der Arbeitskosten nd mehr Beschäftigung keine Rede; alle Ziele verfehlt. Ist es kein Scherbenhaufen, wenn in einer einzigen oche folgende Vorschläge aus dem rot-grünen Lager ommen? Erster Vorschlag: Aussetzung der Rentenanassung – zum dritten Mal, Herr Staatssekretär, ein willürlicher Eingriff in die Renten und der Abschied von er beitragsabhängigen und lohnorientierten Rente; zum ritten Mal ein systemwidriger Eingriff. Ich wiederhole: in Scherbenhaufen! Zweiter Vorschlag: Erhöhung des Krankenversi herungsbeitrags der Rentner von 50 auf 75 Prozent. ie sagen jetzt: Lassen Sie die Mär, das wollen wir gar icht. – Das hat Herr Eichel aber gefordert. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Der ist doch nur Finanzminister, Herr Weiß!)


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504903200
Franz Thönnes (SPD):
Rede ID: ID1504903300

(Widerspruch der Abg. Erika Lotz [SPD])


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


enn der Finanzminister von Ihnen als Märchenerzähler
ituliert wird, dann ist das allerdings ein Stück Konsens,
en wir heute feststellen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dritter Vorschlag: Rentensplitting. Frau Göring-

ckardt blieb es vorbehalten, zu fordern, höhere Renten
u deckeln oder Renten gar nicht zu erhöhen. Das ist
och der Abschied von der leistungsorientierten Rente,
)






(A) )



(B) )


Gerald Weiß (Groß-Gerau)

von der Beitragsäquivalenz im Rentensystem, ein völlig
systemwidriger Eingriff!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dann gab es den Vorschlag, die Förderung der

Riester-Rente abzubauen. Frau Lotz, Sie haben eben die
kapitalgedeckte Zusatzversicherung, in Wahrheit eine er-
setzende Versicherung, hervorgehoben und sie als zweite
Säule bezeichnet. Das ist nur ein Säulchen und keine
zweite Säule. Wenn nur 11 Prozent der Antragsberech-
tigten diese Möglichkeit nutzen können,


(Erika Lotz [SPD]: Das wächst doch! – Gegenruf des Abg. Andreas Storm [CDU/CSU]: Aber ganz langsam!)


die Einkommensschwächeren aber nicht, weil sie das
nicht bezahlen können,


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das ist das Problem!)


weil wir eine sozial unausgewogene Förderung haben,
weil wir zu hohe Bürokratiehürden und zu komplizierte
Kriterien haben, dann ist der Weg, den Sie eingeschlagen
haben, ein zwar im Grundsätzlichen richtiger Weg, aber
in der Durchführung total verfehlt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir müssen – so kam es in diesen Tagen auch in der

Bertelsmann-Studie zum Ausdruck – hier entbürokrati-
sieren, müssen die Förderung verbessern. Wir dürfen die
Förderung natürlich nicht kürzen, weil wir dann noch
mehr Menschen den Zugang zu einer kapitalgedeckten
Zusatzversorgung verbauen.

Ich komme zu einem Aspekt, den Sie, Frau Bender,
gebracht haben. Sie sagten, die Aussetzung der Renten-
erhöhung sei keine Rentenkürzung. Wenn bei den
Rentnerinnen und Rentnern eine Nullrunde erfolgt


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sind Sie jetzt dafür oder nicht?)


und die Abgaben, die Steuern und die Preise weiter stei-
gen, bedeutet das für die Rentner ein Kaufkraftminus.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie mal, was Sie tun wollen, damit die Rentenbeiträge nicht steigen!)


Zum dritten Mal betrügen Sie die Rentner. Das ist offen-
bar ein bereits abgestimmtes Programm. Es bedeutet ein
Kaufkraftminus in den Rentnertaschen.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man kann doch nicht gleichzeitig über die Beiträge jammern und sich zum Fürsprecher der armen Rentner machen!)


Ich nehme ein weiteres Argument von Ihnen, Frau
Bender, auf. Sie sagen, die volle Rente nach 45 Bei-
tragsjahren, die wir anstreben, würde sozusagen zu ei-
ner Klassenbildung im Rentensystem führen. Ja, das
streben wir an. Wir wollen, dass diejenigen, die 45 Jahre
geschafft haben, oft in körperlich schwer belastenden
Berufen,

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(C (D on frühester Jugend bis ins Alter hinein, und die 45 ahre lang Beiträge eingezahlt haben, auch die volle ente erhalten. a, wir sind dafür. Das ist ein Stück Leistungsgerechtigeit und damit eine Verbesserung des Rentensystems. Frau Lotz, Sie haben davon gesprochen, wir müssten ie Frühverrentung in der Tendenz stoppen, wir müssen die Ist-Verrentung näher an das gesetzlich festgelegte enteneintrittsalter rücken; damit haben Sie Recht. Denoch glaubte ich mich verhört zu haben: Vor ganz kurem wollten Sie noch ein glorreiches Brückengeld einühren. (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das ist der Unterschied zwischen Reden und Handeln!)


(Andreas Storm [CDU/CSU]: So ist es!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


as wäre ein Signal für eine neue Frühverrentungswelle
n Deutschland gewesen! Die Union und die FDP haben
m Bundesrat verhindert, dass dieser Unsinn umgesetzt
ird


(Erika Lotz [SPD]: Wir wollten doch in Ostdeutschland die Abwanderung stoppen!)


nd dass eine neue Frühverrentungswelle über die Bun-
esrepublik schwappt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: „Hartz“ lässt grüßen!)


Nächster Punkt. Sie machen sich jetzt zum dritten
al daran, in die Schwankungsreserve, also in die
ücklage der Rente, einzugreifen. Diesmal haben Sie so-
ar den Vorsatz, der Schwankungsreserve den Garaus zu
achen und sie auf null zu fahren. Wenn Sie diesen Weg
ehen, dann führen Sie unser Rentensystem in die totale
bhängigkeit vom Finanzminister.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ie werden mit dieser Maßnahme erreichen, dass Herr
ichel im Rahmen seiner fiskalischen Handlungen täg-
ich, ja stündlich Einfluss auf die Renten nehmen kann.
er eine solche etatistische und staatsdirigistische Rente
ill, der muss diesen Schritt gehen. Wir wollen aber eine
on der Finanzpolitik unabhängige Rente, deren Anpas-
ungsmechanismen nicht vom Staat beeinflusst werden.
as ist ein ganz anderer Weg als der, den Sie einschla-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504903400


Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt
at jetzt die Kollegin Gudrun Schaich-Walch von der
PD-Fraktion das Wort.






(A) )



(B) )


Gudrun Schaich-Walch (SPD):
Rede ID: ID1504903500

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Herr Storm, die Debatte heute Morgen hat, wie ich fand,
ganz hoffnungsvoll begonnen. Sie ist jetzt allerdings an
einem Punkt angekommen, an dem ich nur sagen kann:
Die Opposition wird ihrer Verantwortung weder im Bun-
destag noch im Bundesrat gerecht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Andreas Storm [CDU/CSU]: Als wenn die Bundesregierung mit Herrn Eichel ihrer Verantwortung gerecht würde!)


Was Sie heute abgeliefert haben, zeigt, dass Sie nie-
mandem im Haus erklären können, wohin Sie überhaupt
wollen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Wer regiert denn? – Andreas Storm [CDU/CSU]: Wir haben ein konkretes Angebot gemacht!)


Das Einzige, was man Ihrer Rede entnehmen konnte, ist,
dass Sie den Rentnern höhere Renten,


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Das ist doch gar nicht wahr!)


denjenigen, die in die betriebliche Altersvorsorge oder in
die Riester-Rente einzahlen, höhere Zuschläge – damit
wollen Sie die Akzeptanz steigern –


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Wollen Sie die jetzt auch abschaffen wie Herr Eichel?)


und den Beitragszahlern niedrigere Beiträge versprochen
haben. Sagen Sie uns einmal, wo Ihre Gelddruckma-
schine steht. Auch wir würden sie gerne nutzen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nach dem Prinzip der eierlegenden Wollmilchsau! – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie wissen es wohl besser!)


Sie machen einen Fehler: Sie lesen entschieden zu
viel Zeitung.


(Hildegard Müller [CDU/CSU]: Wir lesen wenigstens! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Lesen bildet! Mir kommt es vor, als wenn Sie die Zeitungen nicht lesen würden, Frau SchaichWalch!)


Das scheint Sie zu verwirren, weil Sie offensichtlich all
das glauben, was Sie in der Zeitung lesen. Lesen bildet,
da haben Sie absolut Recht. Es wäre aber an der Zeit, Sie
würden einmal etwas anderes lesen und sich mit uns in
der Sache, um die es wirklich geht, auseinander setzen.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wer ist denn für die Rente zuständig? Herr Eichel oder Frau Schmidt?)


Was Sie hier abliefern, ist Vergangenheitsbewältigung
gepaart mit einem absoluten Mangel an Redlichkeit.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Quatsch!)


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(C (D Sie, Herr Kolb, haben uns gesagt, wir sollten Sie bei hrer Diskussion begleiten; aber Sie wüssten eigentlich elbst noch nicht so genau, wohin es gehen soll. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nein! Nein! Ich habe gesagt, wir haben es auf dem Bremer Parteitag schon beschlossen! Bei etwas mehr Redezeit hätte ich das im Detail ausgeführt!)


ielleicht werden Sie es uns im Herbst sagen.

(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Der Kollege Storm hat einen Vorschlag gemacht!)

as können Sie doch wirklich nicht im Ernst meinen.
Sie behaupten hier, unser Rentensystem sei nicht zu-

unftsfähig. Dazu muss ich Ihnen sehr deutlich sagen:
ch glaube, dass dieses System in seiner Grundanlage ei-
es der sichersten und zukunftsfähigsten Alterssiche-
ungssysteme ist. Es ist nur unsere Aufgabe, es in einer
emeinsamen Anstrengung den wirtschaftlichen und
emographischen Gegebenheiten anzupassen.


(Beifall bei der SPD – Annette WidmannMauz [CDU/CSU]: Und das machen Sie wohl jetzt!)


u dieser Debatte und zu dieser Diskussion laden wir Sie
Herbst ein.

(Andreas Storm [CDU/CSU]: Was ist denn mit der Riester-Reform?)

Erinnern Sie sich einmal an die Einführung des 630-
M-Sparens. Trotz vieler Anreize hat es viele Jahre ge-
auert, bis die Menschen diese Form des Sparens ge-
utzt haben. Sie haben bis zur Bundestagswahl die Men-
chen aufgefordert – Herr Thönnes hat es Ihnen schon
esagt –, keine Riester-Verträge abzuschließen, weil
ach der Wahl die Reform sowieso rückgängig gemacht
erden würde.


(Hildegard Müller [CDU/CSU]: Wir sollen schuld sein? Unglaublich!)


ie können also nicht erwarten, dass wir Ihre Vorwürfe
Bezug auf die Riester-Rente akzeptieren.
Im Herbst werden wir mit der Diskussion über die
ente, zu der ich Sie einlade, beginnen. Herr Storm, wir
timmen mit vielen Ihrer Ansätze überein.
ir werden über den Nachhaltigkeitsfaktor zu disku-

ieren haben, darüber, ob er das entscheidende und rich-
ige Instrument ist, um die Ziele zu erreichen,


(Zuruf von der CDU/CSU: Ja, was jetzt? Wird er schon wieder infrage gestellt?)


ie wir erlangen wollen: vertretbare Beitragssatzzahlun-
en und am Ende eine vertretbare Rente für diejenigen,
ie die Rente zum Leben brauchen. Das werden unsere
ielsetzungen sein. Die Instrumente, die zur Verfügung
tehen, werden wir genau zu überprüfen haben.
Im Herbst wird der Bericht der Rürup-Kommission

orliegen. Einiges zeichnet sich bereits ab. Wir werden
ber die Einführung dieses Nachhaltigkeitsfaktors disku-
eren. Wir werden auch darüber diskutieren






(A) )



(B) )


Gudrun Schaich-Walch

(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wir müssen nicht diskutieren, wir müssen entscheiden! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Im Herbst, im Herbst, im Herbst! – Hildegard Müller [CDU/ CSU]: Wir wollten es heute von Ihnen hören!)


– ich würde erst einmal diskutieren und dann entschei-
den; denn dann müssen wir nicht hinterher korrigieren –,


(Hildegard Müller [CDU/CSU]: Das tun Sie seit fünf Jahren!)


welche begleitenden Instrumente wir zusätzlich brau-
chen und wie wir die Riester-Rente und die betriebliche
Altersversorgung verbessern können. Wenn man im Hin-
blick auf die Zusatzversorgungsrente eine Gesamtschau
vornimmt und feststellen kann, dass sie etwa ein Jahr
nach ihrer Einführung schon eine Größenordnung von
30 bis 40 Prozent erreicht hat, dann kann ich Ihnen dazu
nur sagen: Dies ist ein ganz hervorragender Erfolg, auf
den wir zurückgreifen können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich möchte noch ein paar Punkte nennen, von denen

ich glaube, dass wir hier – auch wenn viele meinen, man
müsse das Thema Rente zu einem Kriegsschauplatz ma-
chen – eine ähnliche Einschätzung haben.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wie ist das jetzt mit den 67 Jahren? Dazu haben Sie noch nichts gesagt!)


Eine Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 bzw.
68 Jahre steht nicht zur Debatte. Wir sollten vielmehr ge-
meinsam unsere Kraft darauf verwenden, dafür zu sor-
gen, dass das tatsächliche Renteneintrittsalter dem ge-
setzlichen Renteneintrittsalter entspricht. Meine Kollegin
hat Ihnen zudem bereits gesagt, über welche Punkte wir
gerne bereit sind mit Ihnen zu diskutieren.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Da müssen Sie erst einmal mit Frau Bender sprechen, bevor Sie mit uns sprechen!)


Voraussetzung für diese Diskussion ist: Wir hatten in
der Vergangenheit den Mut zu einer gemeinsamen Ver-
antwortung. Ich erwarte von Ihnen ein bisschen Mut für
die gemeinsame Zukunft.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504903600


Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 15/1014 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-
empfehlung des Ausschusses für Gesundheit und Soziale
Sicherung auf Drucksache 15/859 zu dem Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion der FDP zum Rentenversiche-
rungsbericht 2002 und zum Gutachten des Sozialbeirats
zu diesem Rentenversicherungsbericht. Der Ausschuss

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(C (D mpfiehlt, den Entschließungsantrag auf Drucksache 5/318 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Bechlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsraktionen bei Gegenstimmen der FDP und einiger ollegen aus der Fraktion der CDU/CSU, im Übrigen ei Enthaltung der CDU/CSU angenommen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 20 a und 20 b auf: a)


tionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Neustrukturierung der Förderbanken

(Förderbankenneustrukturierungsgesetz)


– Drucksache 15/743 –

(Erste Beratung 38. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des von der Bun-
desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ge-
setzes zur Neustrukturierung der Förderbanken

(Förderbankenneustrukturierungsgesetz)


– Drucksachen 15/902, 15/949 –

(Erste Beratung 43. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanz-
ausschusses (7. Ausschuss)

– Drucksache 15/1127 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Stephan Hilsberg
Otto Bernhardt
Hubert Ulrich
Dr. Andreas Pinkwart

b) – Zweite und dritte Beratung des von den Frak-
tionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Förderung von Kleinunternehmern und
zur Verbesserung der Unternehmensfinanzie-
rung (Kleinunternehmerförderungsgesetz)

– Drucksache 15/537 –

(Erste Beratung 31. Sitzung)


– Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Förderung von Kleinunternehmern und
zur Verbesserung der Unternehmensfinanzie-
rung (Kleinunternehmerförderungsgesetz)

– Drucksache 15/900 –

(Erste Beratung 43. Sitzung)


aa) Beschlussempfehlung und Bericht des Finanz-
ausschusses (7. Ausschuss)

– Drucksache 15/1042 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Ingrid Arndt-Brauer
Hans Michelbach






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Kerstin Andreae
Dr. Andreas Pinkwart


(8. Ausschuss)

– Drucksache 15/1043 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Walter Schöler
Antje Hermenau

Zu den Entwürfen eines Kleinunternehmerförde-
rungsgesetzes liegen ein Entschließungsantrag der Frak-
tion der CDU/CSU und ein Entschließungsantrag der
Fraktion der FDP vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. Sind Sie
damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das so
beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Rednerin gebe
ich der Parlamentarischen Staatssekretärin Dr. Barbara
Hendricks das Wort.

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Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1504903700


Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-
gen! Mit den beiden Gesetzentwürfen, die wir heute ab-
schließend beraten, gehen wir zwei scheinbar kleine,
aber doch bedeutsame Schritte, die uns dabei helfen wer-
den, den Mittelstand zu beleben, die Arbeitslosigkeit zu
bekämpfen und die Schattenwirtschaft einzuschränken.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Neuord-
nung der Förderbanken setzt die Bundesregierung die
bereits im Koalitionsvertrag vereinbarte Zusammen-
legung der Kreditanstalt für Wiederaufbau mit der
Deutschen Ausgleichsbank und die Entscheidung der
europäischen Kommission vom März des vergangenen
Jahres zu Anstaltslast und Gewährträgerhaftung um.
Mit der Verschmelzung von KfW und DtA werden Sy-
nergien gehoben und Effizienzgewinne erzielt, die der
Mittelstandsförderung unmittelbar zugute kommen.
Wichtig ist dabei vor allem, dass das Förderangebot der
KfW-Mittelstandsbank übersichtlicher und transparen-
ter wird.

Durch die gewählte Form der Zusammenlegung von
KfW und DtA werden der Förderung kleiner und mittel-
ständischer Unternehmen keine Mittel entzogen. Wir ha-
ben uns darüber gefreut, dass in den wesentlichen Punk-
ten des Gesetzes Konsens mit allen Fraktionen besteht
und auch die Wirtschafts- und Bankenverbände die tra-
genden Elemente des Gesetzes begrüßt haben.

Weder das Subsidiaritätsprinzip noch das Hausban-
kenprinzip werden durch das Förderbankenneustruktu-
rierungsgesetz aufgehoben oder verletzt. Dies möchte
ich auch in Richtung Bundesrat betonen, auf dessen Zu-
stimmung wir am 20. Juni 2003 hoffen. Die Verständi-
gung mit der EU-Kommission verlangt eine konkrete
und präzise Beschreibung der Aufgaben der Förderbank.
Nur so lässt sich die Fördertätigkeit vom Marktgeschäft

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(C (D er KfW abgrenzen. Die bewährte Durchleitung der Förerkredite durch die Hausbanken, also Sparkassen und ndere Banken, bleibt bestehen. Mit dem Kleinunternehmerförderungsgesetz bauen ir gezielt bürokratische Hürden ab, um Existenzgrünungen künftig zu erleichtern. Zugleich verbinden wir amit die Hoffnung, dass viele, die eine bereits ausgebte Tätigkeit dem Finanzamt heute verschweigen, aus er Schattenwirtschaft in die Legalität zurückkehren erden. Im Zentrum dieses Gesetzes steht die Möglicheit der Gewinnpauschalierung für Existenzgründer nd Kleinunternehmer. Für diese simple Methode der ewinnermittlung müssen im Wesentlichen nur noch etriebseinnahmen aufgezeichnet werden. Die Hälfte iervon wird pauschal als Betriebsausgaben abgezogen, ie andere Hälfte gilt als Gewinn. Das ist im Vergleich u anderen Gewinnermittlungsarten, wie zum Beispiel er Bilanzierung, äußerst einfach, transparent und erforert nur sehr geringen Aufwand. Die Gewinnpauschalierung ist vor allem dann von orteil, wenn eine Tätigkeit mit geringem Kapitaleinsatz usgeübt wird. Typischerweise ist das bei Dienstleistern er Fall, die in erster Linie ihre eigene Arbeitskraft anieten. Für diesen Personenkreis, der Tätigkeiten wie asen mähen, Schnee räumen, Hemden bügeln, Hunde usführen, Putzund Reinigungsdienste, mobile Friseuristungen oder Besorgungsdienstleistungen wie Auummeldung oder Behördengänge erbringt, bei denen blicherweise nur geringe Betriebsausgaben anfallen, ist ie Pauschalierungsmöglichkeit im Wesentlichen geacht. Wer größere Investitionen plant, Arbeitnehmer be chäftigt oder aus anderen Gründen eine geringere Umatzrendite hat, der fährt natürlich in der Regel mit den blichen Gewinnermittlungsmethoden besser und sollte iese auch weiterhin anwenden. och auch für diese Unternehmer bringt das vorliegende esetz Verbesserungen. So wird für Existenzgründer die nanspruchnahme von Sonderabschreibungen erleichtert. Viele Unternehmer werden zudem von der Anhebung er Buchführungspflichtgrenzen profitieren. Dadurch erden wir erreichen, dass künftig mehr Unternehmen ls bisher ihren Gewinn mit der einfacheren Einnahmenberschussrechnung ermitteln dürfen. Sie müssen keine ufwendige Buchführung einrichten. Zudem wird die Ertellung einer Einnahmenüberschussrechnung durch die orgesehene Standardisierung erleichtert, da das hierfür orgesehene Formular künftig eine klare Struktur voribt. Auch das spart Zeit und Kosten. Mit dem Kleinunternehmerförderungsgesetz soll chließlich Kreditinstituten eine gewerbesteuerneutrale erbriefung ihrer Kreditforderungen und deren Platzieung am Kapitalmarkt als so genannte Asset Backed Seurities in Deutschland ermöglicht werden. Mit Hilfe ieser Neuregelung werden neue nationale und internaonale Investorenkreise, wie zum Beispiel Versicherunen und Pensionsfonds, und deren finanzielle Mittel efektiv für die Finanzierung inländischer Unternehmen Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks mobilisiert. Die kreditgebenden Banken werden durch die Verbriefung ihrer Kreditforderungen eigenkapitalund bilanzmäßig entlastet, sodass Freiräume für neue Kredite entstehen. Davon werden auch kleine und mittlere Unternehmen profitieren, denen wegen ihrer Größe bisher ein unmittelbarer Kapitalmarktzugang versperrt ist. Es wird ein neues Marktsegment geschaffen, das dem Finanzplatz Deutschland neue Impulse verleiht und eine indirekte Kapitalmarktfinanzierung von Unternehmen in Deutschland fördert. Diese Initiative wird von den Beteiligten am Kapitalmarkt und auch von internationalen Organisationen wie dem Internationalen Währungsfonds sehr begrüßt. Meine Damen und Herren, ich weiß, dass wir mit diesen beiden Gesetzen nicht alle Probleme in der Bundesrepublik Deutschland lösen werden, aber sie sind gleichwohl richtige Schritte auf dem Weg zu dem uns gemeinsam brennend interessierenden Ziel. Wir wollen alle, dass sich in unserer Wirtschaft ein Aufwärtstrend abzeichnet, sich die Arbeitsmarktlage verbessert und die Schattenwirtschaft bekämpft wird. Alle Schritte, die wir auf diesem Weg machen, sind richtig. Deshalb hoffe ich auf die Zustimmung des ganzen Hauses. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )


(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504903800


Als nächstem Redner gebe ich das Wort dem Kolle-
gen Otto Bernhardt von der CDU/CSU-Fraktion.


Otto Bernhardt (CDU):
Rede ID: ID1504903900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei die-

sem Tagesordnungspunkt geht es um zwei Gesetzesvor-
haben. Das erste betrifft die Förderinstitute im Bereich
des Bundes und das zweite Kleinunternehmungen. Ich
werde meinen Beitrag auf das Thema der Förderinstitute
beschränken; zum zweiten Teil wird mein Kollege
Michelbach sprechen.

Worum geht es bei diesem Gesetz? Es geht um die
Zusammenfassung der beiden Förderinstitute im Be-
reich des Bundes, der Kreditanstalt für Wiederaufbau
und der Deutschen Ausgleichsbank. Dabei soll die klei-
nere Ausgleichsbank auf die größere KfW fusioniert
werden.

Ich habe bereits in der ersten Lesung für meine Frak-
tion dargestellt, dass wir diese Absicht im Grundsatz für
richtig halten. Ich will dennoch bei der abschließenden
Beratung darauf hinweisen, dass beide Institute, die Kre-
ditanstalt für Wiederaufbau und die Deutsche Aus-
gleichsbank, in ihrer etwa 50-jährigen Geschichte erfolg-
reiche Arbeit geleistet haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D er Zusammenschluss erfolgt nicht, weil eine Bank eine gute Arbeit geleistet hätte; das muss meines Erachens bei dieser Gelegenheit klargestellt werden. In der letzten Legislaturperiode gab es schon einmal berlegungen zur Zusammenfassung. Damals sollte alerdings die KfW die Deutsche Ausgleichsbank kaufen. adurch wären der Wirtschaftsförderung erhebliche ittel entzogen worden. Deshalb haben wir dem Vorhaen nicht zugestimmt. Um der Redlichkeit willen muss man in dieser Sache agen, dass es sogar gute Argumente gibt, konkurrieende Förderinstitute im Bundesbereich zu haben. Wir ind allerdings mit der Regierung der Auffassung, dass ie Vorteile eines Zusammenschlusses weit überwiegen. ir erwarten erhebliche Synergieeffekte und somit ehr Mittel für die Wirtschaftsförderung. Wir erwarten or allem, dass durch den Zusammenschluss das öffentiche Förderinstrumentarium transparenter wird. Ich habe bereits bei der ersten Lesung gesagt, dass wir achbesserungen in vier Punkten erwarten: beim gelanten Namen, (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wieder Etikettenfälschung!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


ei der Zusammensetzung des Mittelstandsrates, bei der
ertretung des Parlaments im Verwaltungsrat und bei der
ormulierung des Hausbankenprinzips.
Es war geplant, den Bereich der erweiterten KfW, der

ich mit der Mittelstandsförderung beschäftigt, Mittel-
tandsbank zu nennen. Wir haben von Anfang an gesagt:
as ist ein falscher Name.


(Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Etikettenschwindel!)


Dieser Name ist Etikettenschwindel

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


nd erweckt beim Mittelstand den Eindruck, man könne
irekt zu dieser Bank gehen und dort entsprechende Kre-
ite erhalten.
Unsere Kritik ist im Anhörungsverfahren von allen,

ie sich dazu geäußert haben, insbesondere von den Kre-
itinstituten, aufgenommen worden. Ich finde es gut
man muss es auch einmal loben, wenn sich etwas be-
egt –, dass sich die Regierung


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

nd die sie tragenden Fraktionen bewegt haben und wir
ns jetzt auf den Namen KfW-Mittelstandsbank ge-
inigt haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


amit ist für jeden Außenstehenden klar: Es handelt sich
icht um die viel gepriesene Mittelstandsbank – das sind
n Deutschland wahrscheinlich die Sparkassen und Ge-
ossenschaftsbanken –, sondern es handelt sich um ei-
en unselbstständigen Bereich der KfW. Da jeder weiß,






(A) )



(B) )


Otto Bernhardt
dass der Weg zur KfW über die Hausbanken führt, ist da-
mit auch klar, dass der Weg zur KfW-Mittelstandsbank
ebenfalls über die Hausbanken führt.

Beim Mittelstandsrat hat es keine Veränderungen
gegeben. Es ist für uns auch kein sehr bedeutendes Gre-
mium, aber auch da ist nicht drin, was draufsteht. Es ist
kein Mittelständler im Mittelstandsrat, aber wenn die
Regierung einen solchen Ausschuss bilden will und
meint, ihre Leute hätten Zeit, dort zu sitzen, soll sie ihn
einrichten. Wir lassen es daran nicht scheitern.

Dem Verwaltungsrat der KfW sollten ursprünglich
nur drei Mitglieder angehören, die vom Parlament be-
stellt werden. Dem haben wir widersprochen, weil dem
Bundestag vier Fraktionen angehören. Wir haben darauf-
hin den Antrag gestellt, vier Mitglieder zu bestellen.
Vonseiten der Regierungsfraktionen sind dann sieben
Mitglieder vorgeschlagen worden. Auch dieser Vor-
schlag wird an uns nicht scheitern, weil damit unser Peti-
tum, dass alle Fraktionen im Verwaltungsrat vertreten
sein sollen, erfüllt ist. Ob es gerade sieben sein müssen,
sei dahingestellt.

Etwas komplizierter wird es bei der Frage der Beibe-
haltung des Hausbankenprinzips. Um es ganz klar zu
sagen: Wir sind dafür, dass sich hier nichts ändert und es
beim strikten Hausbankenprinzip bleibt. Diese Auffas-
sung hat sich auch im Anhörungsverfahren herauskris-
tallisiert.

Die veränderte Formulierung im Gesetz hat etwas mit
der EU und nichts damit zu tun, dass das Hausbanken-
prinzip ausgehöhlt werden soll. Die Regierung hat das
bei den Beratungen am Mittwoch noch einmal klarge-
stellt. Die KfW wird eine entsprechende Erklärung abge-
ben, dass es natürlich beim Subsidiaritäts- und Hausban-
kenprinzip bleibt. Mit diesen Erklärungen sind wir
zufrieden. Deshalb werden wir keinen Änderungsantrag
in dieser Richtung stellen.

Ich vermute, dass wir das Gesetz heute sogar einstim-
mig verabschieden werden. Ich habe von Anfang an ge-
sagt: Es ist gut und das war in der Vergangenheit auch
meist so, dass Gesetze, die den Förderbereich des Bun-
des betreffen, von einer möglichst breiten Mehrheit im
Parlament getragen werden; denn sie gelten nachher
auch für die sehr unterschiedlich regierten Länder.

Wir haben natürlich hohe Erwartungen an die erwei-
terte KfW. Ich sage an dieser Stelle sehr deutlich – auch
darüber muss man einen Satz verlieren –: Besorgnis er-
regend ist, wie wenig Mittel die KfW und die heute noch
davon getrennte Deutsche Ausgleichsbank – demnächst
vereint – in der letzter Zeit nur herausgeben konnten. Ich
nenne Ihnen dazu wenige Zahlen: Im Jahre 2000 belief
sich das gesamte Fördervolumen noch auf 7,5 Milliar-
den Euro. Im letzten Jahr waren es 6,5 Milliarden Euro.
Das ist ein Rückgang um 1 Milliarde Euro bzw. 13 Pro-
zent.

Noch gravierender sind die Zahlen im Bereich der
Existenzgründungen. Die Höhe der zur Verfügung ge-
stellten bzw. abgerufenen Gelder ist vom Jahre 2000 bis
zum Jahre 2002 um etwa 40 Prozent zurückgegangen.
Seit wenigen Tagen kennen wir die Zahlen für das erste

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(C (D uartal bzw. für die ersten vier Monate dieses Jahres. enn wir sie mit den Zahlen des Vorjahres vergleichen, tellen wir fest, dass der Rückgang in einzelnen Prorammen bei über 50 Prozent und der durchschnittliche ückgang irgendwo zwischen 20 und 25 Prozent liegt. (Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Da stimmen die Rahmenbedingungen nicht! Das ist das Problem!)


Das zeigt natürlich nicht, dass die KfW und die Deut-
che Ausgleichsbank schlecht gearbeitet haben. Das
eigt, dass sich die schlechten wirtschaftlichen Rahmen-
edingungen auch in diesem Bereich niederschlagen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Nachdem ich vorhin ein Lob an die Regierung gege-

en habe, was für einen Oppositionspolitiker nicht
elbstverständlich ist, möchte ich an dieser Stelle ein
ob an die KfW aussprechen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

ie KfW hat auf die Situation in diesen Tagen mit zwei
ehr vernünftigen Entscheidungen reagiert. Die eine Ent-
cheidung war, dass sie die Zinsen generell um 0,25 Pro-
ent gesenkt hat. Das ist sicher ein Schritt in die richtige
ichtung und entspricht dem, was die europäische No-
enbank für einen anderen Bereich gemacht hat.
Die zweite Entscheidung der KfW kann gar nicht

och genug eingeschätzt werden: Sie hat den Banken bei
er Zinsgestaltung im Fördergeschäft einen größeren
orridor von 0,5 Prozent gelassen. Das ist wichtig, denn
ancher Förderkredit ist für die Kreditinstitute inzwi-
chen so unattraktiv geworden, dass man von der Seite
aum noch bereit war, in dem Sinne tätig zu werden.
Die Antwort darauf kann nicht sein, das Hausbanken-

rinzip infrage zu stellen. Die Antwort darauf kann nur
ein, auch diesen Bereich für die Banken attraktiver zu
estalten. Das ist erfolgt. Insofern hoffe ich, dass die ge-
tärkte KfW eine noch bessere Förderpolitik als in der
ergangenheit macht. In diesem Sinne werden wir dem
esetz zustimmen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504904000


Das Wort hat jetzt die Kollegin Christine Scheel von
ündnis 90/Die Grünen.


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504904100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir
ollen den Zugang von kleinen und mittleren Unterneh-
en zu geeigneten Finanzierungsinstrumenten fördern.
ch bin sehr froh darüber, dass es uns gelungen ist, das
u unserem gemeinsamen Anliegen zu machen.
Ganz oben auf der Agenda steht deshalb die Schaf-

ung eines klaren und transparenten Förderangebotes des
undes und eines zielgruppenspezifischen Beratungsan-
ebotes. Ich halte es für sehr wichtig, uns genau zu über-






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Christine Scheel
legen, welche Zielgruppen wir wie fördern wollen und
wie wir sie am besten erreichen. Wir geben der KfW
durch dieses Gesetz eine zukunftsweisende, aber auch
europakonforme Struktur, eine Struktur, die sie benötigt,
um den veränderten Finanzierungsbedürfnissen gerade
der kleinen und mittleren Unternehmen gerecht werden
zu können.

Bislang gibt es auf Bundes-, aber auch auf Landes-
ebene eine große Vielzahl von Förderinstrumenten
und Förderprogrammen. Selbstverständlich sind so-
wohl die KfW als auch die DtA – Herr Bernhardt, ich
kann nur unterstützen, was Sie gesagt haben – ihren Auf-
gaben in den letzten Jahren hervorragend nachgekom-
men. Wir mussten aber auch feststellen, dass sich sehr
viel an Wissen und an Ressourcen, was in beiden Ban-
ken vorhanden ist, nebeneinander entwickelt hat. Das ist
nicht unbedingt so effizient ausgestaltet, wie es sein
könnte.


(Beifall der Abg. Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Deswegen ist es gut, dass wir nun diesen Entwurf eines
Förderbankenneustrukturierungsgesetzes vorlegen kön-
nen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die DtA hat im Bereich der Gründungs- und
Wachstumsfinanzierung sehr viel getan. Ich erinnere
nur an das Startgeld, an Mikrodarlehen und an Bürg-
schaftsprogramme, die vor allen Dingen für die mittel-
ständischen Unternehmen durchaus attraktiv sind. Aber
auch bei der KfW stehen die kleinen und mittleren Un-
ternehmen, die an den Kreditzusagen einen Anteil von
etwa 87 Prozent haben, im Zentrum des Förderinteres-
ses.

Es ist unvermeidlich, dass es – so war es jedenfalls
bislang – zu Überschneidungen zwischen den Program-
men kommt. Auch kommt es ab und zu zu schwierigen
Auswahlprozessen und in den Antragsverfahren damit
zu Effizienzverlusten, was wir auf diesem Wege beheben
werden. Die Programme werden neu strukturiert, Über-
schneidungen werden beseitigt, Prozesse werden ge-
strafft. KfW und DtA werden ihr Wissen bündeln und
ihre Ressourcen in einem sehr einheitlichen, effizienten
und übersichtlichen Förderangebot zusammenführen.
Gründer und Gründerinnen werden es in Zukunft leich-
ter haben, die richtige Förderung zu finden; die neue
Mittelstandsbank wird ihnen dabei helfen.

Wichtig ist, dass die KfW – das haben wir in den Aus-
schussberatungen gemeinsam so beschlossen – am be-
währten Hausbankprinzip festhält; das wird in dem Be-
richt bekräftigt. Dies wird sie durch eine so genannte
Selbstverpflichtung noch einmal unterstreichen. Für die
Banken und Sparkassen wird es bei der Mittelstandsför-
derung nur noch einen Ansprechpartner geben. Dadurch
werden die Wege klarer, die gegangen werden können.
Ich denke, dass im Zuge dieses Zusammenschlusses
auch die Kreditbearbeitungskosten für Förderkredite sin-
ken können. Aber es gibt noch andere Anreizmöglich-
keiten. Ich denke zum Beispiel an risikoabhängige Mar-

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(C (D en für die durchleitenden Banken und vieles mehr. Es ibt also ein großes Potenzial für unsere Unternehmen. Daneben müssen selbstverständlich auch die Förder nstrumente weiterentwickelt werden – ich denke, das st sinnvoll –, um die Synergien aus der Verschmelzung oll auszunutzen. Dabei geht es nicht nur um wichtige nnovationen wie Globaldarlehen und Verbriefungen, es eht auch um etablierte Instrumentarien wie zinsverbiligte Programmkredite, Eigenkapitalfinanzierungen und ieles mehr, die weiterentwickelt werden müssen. Das üssen wir übrigens auch steuerlich sinnvoll begleiten. as ist keine Frage. Alles zusammengenommen sind es lare und übersichtliche Förderprogramme für die Kreitnehmer und Kreditnehmerinnen, kostengünstige und ffiziente Abwicklungsverfahren für die durchleitenden anken und Sparkassen und bedarfsgerechte und innoative Förderinstrumente. Ich glaube, wir haben hier etwas Gutes und Werbeirksames geschaffen. Ich verstehe nicht so recht, waum Sie gesagt haben, dass der Begriff „Die Mitteltandsbank“ irreführend sei. Ich glaube, jeder ittelständler und jede Mittelständlerin weiß, dass es ier Geld für ihn bzw. sie gibt. Den Zugang erhalten sie ufgrund des entsprechenden Prinzips aber natürlich nur ber die Hausbank. Ich glaube schon, dass die Unternehen sehr gut wissen, wie sie damit umzugehen haben. ber gut, wir haben uns auf die Bezeichnung „KfW-Mitelstandsbank“ verständigt. Das ist in Ordnung; darüber üssen wir jetzt nicht mehr reden. Ich wollte mir diesen chlenker aber nicht ganz ersparen. (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das andere wäre Etikettenschwindel gewesen!)


Daneben werden wir mit diesem Gesetz die so ge-
annte Monti-II-Vereinbarung umsetzen und der KfW,
ie auch künftig Export- und Projektfinanzierungen
urchführen wird, somit eine EU-konforme Struktur ge-
en. Dazu wird sie eine Tochter gründen, die im freien
ettbewerb steht und voll der Steuerpflicht unterliegt.

ch möchte nicht, dass irgendwo in der Öffentlichkeit ein
alscher Eindruck entsteht.
Deshalb war es für uns besonders wichtig, dass Nach-

altigkeitskriterien für diese Finanzierung klar verankert
ind. Mit dem Entschließungsantrag haben wir das noch
inmal unterstrichen; wir haben darüber auch im Finanz-
usschuss beraten. Es ist völlig klar, dass Umweltrisiken
mmer auch Kredit- und Bonitätsrisiken sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Simone Violka [SPD])


Herr Präsident, erlauben Sie mir, noch zwei ganz
urze Punkte anzusprechen.
Durch das Kleinunternehmerförderungsgesetz haben
ir den Verbriefungsmarkt in Deutschland neu eröffnet;
uch das ist ein Erfolg. Die Banken und Sparkassen er-
alten so bessere Möglichkeiten, ihre Kredite durch Ver-
riefung zu refinanzieren.
Daneben haben wir – das ist der zweite kurze Punkt –

urch das Kleinunternehmerförderungsgesetz für eine
erringerte Bürokratie und für geringere Steuerlasten






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Christine Scheel
in der Startphase nach der Neugründung gesorgt. Das ist
gut und stellt einen weiteren Baustein für die Förderung
von Existenzgründungen dar. Es handelt sich praktisch
um eine Ausweitung der Möglichkeiten für die Men-
schen, die sich selbstständig machen wollen. All das ge-
hört dazu, um auf dem Arbeitsmarkt neue Möglichkeiten
zu schaffen. Als nächster Baustein wird der „Masterplan
Bürokratieabbau“ folgen. So werden wir in Deutschland
vorankommen.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504904200


Das Wort hat jetzt der Kollege Professor Andreas
Pinkwart von der FDP-Fraktion.


Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP):
Rede ID: ID1504904300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Im Zusammenhang mit der Fusion der DtA auf
die KfW möchte ich für die FDP-Fraktion die bisherige
besondere Rolle der Deutschen Ausgleichsbank auf dem
Gebiet der Gründungsfinanzierung hervorheben.

Da die Deutsche Ausgleichsbank und die Kreditan-
stalt für Wiederaufbau in gewissem Umfang bislang
auch miteinander in Konkurrenz standen, hat dies die In-
novations- und Leistungskraft der öffentlichen Grün-
dungsförderung beflügelt. Mit unserer Zustimmung zu
dem im Zuge der Ausschussberatungen verbesserten Ge-
setzentwurf verbinden wir daher die besondere Erwar-
tung, dass dieses für die wirtschaftliche Dynamik wich-
tige Geschäftsfeld auch in dem fusionierten Institut mit
gleicher Priorität gepflegt und weiter ausgebaut wird.


(Beifall bei der FDP)

Die fusionsbedingten Synergieeffekte sollten besonders
zur Stärkung dieses Bereiches verwendet werden. Fi-
nanzinnovationen, wie sie etwa durch die tbg als Toch-
tergesellschaft der DtA in der Vergangenheit hervorge-
bracht worden sind, sollten in Zukunft weitergeführt und
fortentwickelt werden.


(Beifall bei der FDP)

Der andere Gesetzentwurf, der uns vorliegt, das von

der Bundesregierung und der Koalition so bezeichnete
Kleinunternehmerförderungsgesetz, sollte aus unserer
Sicht seinem Kernbereich entsprechend zutreffender
doch als Sondersteuergesetz für einen kleinstmöglichen
Personenkreis von Mikroselbstständigen bezeichnet
werden. Mit Ausnahme der zudem halbherzigen Anpas-
sung der Betragsgrenzen für die Buchführungspflicht
und der Beschränkung der Hinzurechnung von Dauer-
schuldzinsen für Zweckgesellschaften, durch die der
Markt für so genannte Asset Backed Securities am Fi-
nanzplatz Deutschland erschlossen werden soll, kann der
vorliegende Gesetzentwurf auf die einfache Formel ge-
bracht werden: Das Gegenteil von gut ist gut gemeint.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


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(C (D o verstößt dieser Gesetzentwurf selbst gegen zwei von er Bundesregierung öffentlich lautstark vertretene Forerungen nach einem umfassenden Bürokratieund ubventionsabbau. Herr Bundesminister Eichel hat noch am Mittwoch im inanzausschuss nachdrücklich bekräftigt, es müssten ämtliche Subventionen, und zwar nicht nur auf der Ausabenseite, sondern auch im steuerlichen Bereich, auf en Prüfstand. Gleichzeitig legen Sie heute dem Parlaent einen Gesetzentwurf vor, der einen kleinen Persoenkreis in unverhältnismäßiger Weise begünstigt und udem Mitnahmeeffekte ermöglicht. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


tatt das Steuerrecht insgesamt für alle Unternehmen und
rbeitnehmer zu vereinfachen, erhöhen Sie damit den
ubventionsberg um weitere 300 bis 400 Millionen Euro
ro Jahr, ohne dass dadurch ein zusätzlicher wettbe-
erbsfähiger Arbeitsplatz in Deutschland entstehen
ürde.


(Beifall bei der FDP – Heinz Seiffert [CDU/ CSU]: Aber sie reden vom Subventionsabbau!)


Der damit in Aussicht gestellte Bürokratieabbau er-
eist sich zudem als Bumerang. So bringen die Vor-
chriften für die Mehrzahl der wenigen, die durch die
inführung der Regelung begünstigt werden sollen, ei-
en erheblichen Bürokratiemehraufwand.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Leider ist das so!)

m in die Gunst des Vorteils zu gelangen, muss der
teuerpflichtige seinen Gewinn in zweifacher Weise er-
itteln, um überhaupt abschätzen zu können, welche
ethode für ihn günstiger ist. Zudem muss selbst bei In-
nspruchnahme der pauschalen Gewinnermittlung eine
chattenbuchführung erfolgen, um die Einhaltung der
nterschiedlichen Grenzbeträge, die Sie in Ihrem Ge-
etzentwurf vorgesehen haben, zu kontrollieren.
Fazit: Wir hoffen, dass in diesem Gesetz nur die

ernünftigen Elemente, die Sie insbesondere in Art. 4
ormuliert haben, im weiteren Gesetzgebungsverfahren
erwirklicht werden und darüber hinaus endlich Maß-
ahmen zu einer wirksamen Steuervereinfachung und
entlastung Platz greifen. Hierzu zählt vor allem eine
chte Gemeindefinanzreform, die den Kreis der Ge-
erbesteuerzahler nicht noch erweitert, sondern endlich
ur Abschaffung der bürokratielastigen und konjunktur-
nfälligen Gewerbesteuer führt, nicht nur für den kleinen
ersonenkreis, den Sie heute definiert haben, sondern für
lle Unternehmen in Deutschland. Das würde dem Mit-
elstand helfen und zusätzliche Arbeitsplätze schaffen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504904400


Das Wort hat jetzt die Kollegin Simone Violka von
er SPD-Fraktion.






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Simone Violka (SPD):
Rede ID: ID1504904500

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen

und Herren! In unserem Land gibt es viele innovative
und leistungsfähige Menschen, völlig unabhängig von
ihrem Alter, ihrem Geschlecht und ihrer Nationalität.
Aber leider stehen viele dieser Menschen außerhalb der
Arbeitswelt oder sind an Stellen eingegliedert, an denen
sie ihre Fähigkeiten nicht voll entfalten können. Was
liegt also näher, als diesen Menschen unter die Arme zu
greifen und ihnen zu helfen, einen eigenen Weg zu ge-
hen?

Doch aufgrund vieler bürokratischer Hürden scheuten
bisher viele Menschen die Inanspruchnahme dieser
Möglichkeit. Grund sind die bürokratischen Hürden, die
im Bund durch 16 Jahre CDU/CSU-Regierung und
29 Jahre FDP-Mitregierung kontinuierlich aufgebaut
wurden. Diese bürokratischen Hürden machen aber auch
in den einzelnen Bundesländern den innovativen Men-
schen das Leben schwer und existieren nicht unbedingt
aufgrund der Gesetzeslage.

Ich komme aus Sachsen und kann davon ein Lied sin-
gen. Dass auch in Sachsen Ausnahmen möglich sind,
kann man derzeit am Beispiel der CDU-Sozialministerin
Christine Weber sehen. Hier wurden bürokratische Hür-
den einfach tiefer gelegt, damit Frau Weber noch schnell
Fluthilfegelder für Regenwasserschäden bekommen
konnte. Als Mitglied des Kabinetts wusste sie, dass sich
der Freistaat Sachsen gegen die Anerkennung von Re-
genwasserschäden ausgesprochen hatte. Also war Eile
geboten. Bei allen anderen Anträgen mit gleicher Sach-
lage – auch von Mittelständlern und Kindergärten –
wurde erst geprüft und vor Ort kontrolliert. Somit entfiel
die Förderung, weil mittlerweile durch die Veränderung
der Verwaltungsvorschrift in Sachsen Regenwasserschä-
den nicht mehr als Flutschäden anerkannt wurden. Man
sieht also: Nicht immer ist die Gesetzeslage der Grund
für eine langsame Bearbeitung oder eine aufgeblähte Bü-
rokratie.

Aber da nicht alle über die Möglichkeiten der sächsi-
schen Sozialministerin verfügen, will die Bundesregie-
rung, unterstützt durch die rot-grüne Koalition, mit dem
Kleinunternehmerförderungsgesetz neben anderen Maß-
nahmen auch Bürokratie allgemeinverbindlich abbauen.
Gerade Menschen, die sich entschließen, sich selbststän-
dig zu machen, brauchen Unterstützung. Sie brauchen
anfangs ihre ganze Zeit und Kraft für die Akquirierung
von Aufträgen, nicht für die Befriedigung des Finanz-
amtes.

Deshalb haben wir unter anderem eine vereinfachte
Gewinnermittlungsmöglichkeit für Existenzgründer
und Kleinunternehmer geschaffen. Nach der Vereinfa-
chungsregelung darf der Kleinunternehmer pauschal die
Hälfte seiner Betriebseinnahmen als Betriebsausgaben
abziehen. Der unter die Regelung fallende Steuerpflich-
tige muss lediglich seine Betriebseinnahmen einschließ-
lich seiner Entnahmen aufzeichnen und wird von weiter
gehenden Steueraufzeichnungspflichten entlastet. Damit
möglichst viele davon profitieren, haben wir die Grenzen
erheblich angehoben: die Umsatzgrenze von bisher
260 000 Euro auf 350 000 Euro, die Wirtschaftswert-

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(C (D renze von bisher 20 500 Euro auf 25 000 Euro und die ewinngrenzen von bisher 25 000 Euro auf 30 000 Euro. Die FDP ist in ihrem Antrag der Meinung, das Gesetz ei nicht geeignet, Existenzgründer oder kleine Betriebe u fördern. Aber schon einen Satz später kommen Sie zu er Erkenntnis, dass sich Vorteile für einen eingechränkten Personenkreis ergeben. Was denn nun: icht geeignet oder doch geeignet? Sie beziehen sich in Ihren weiteren Ausführungen uch auf die Anhörung. Allerdings war auch bei dieser nhörung das Problem, dass es sich augenscheinlich iele Experten nicht vorstellen konnten, dass man sich it wenig Anschaffungen, wenig Betriebsausstattungen nd wenig Kapital sehr wohl selbstständig machen kann. enn wir ehrlich sind, dann müssen wir zugeben, dass s schon viele sind: all die Freizeithandwerker, die mit hrem Werkzeug unterwegs sind, die Frisösen, die Hausesuche machen, oder die kreativen Frauen und Männer, ie mit wenig Material gefragte Artikel herstellen und m Internet vertreiben. Warum soll man diesen Menschen nicht eine Brücke auen, sie aus der Schwarzarbeit herausholen und ihnen ie Möglichkeit geben, sich mit ihren Fähigkeiten eine egale und auskömmliche Existenz aufzubauen? (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


enn das Geschäft gut läuft, die Betriebe expandieren
nd sich vergrößern, dann ist das zwar sehr begrüßens-
nd wünschenswert, aber wir dürfen doch nicht so tun,
ls gebe es nicht die Kleinen, die es nie über die genann-
en Grenzen hinaus schaffen werden. Denen ermögli-
hen wir eine möglichst unbürokratische selbstständige
xistenz, die sie unter der jetzigen, von Ihnen übernom-
enen Gesetzeslage nicht in Betracht ziehen.
Sie zielen immer wieder auf Steuerentlastungen ab.

chauen Sie sich doch einmal die Einkommensteuer-
ätze in Ihrer Regierungszeit an! Bei Ihnen lag der Ein-
angssteuersatz bei 25,9 Prozent, wir haben ihn auf
9,9 Prozent gesenkt und senken ihn weiter auf
5 Prozent.
Herr Professor Pinkwart hat den Abbau von Subven-

ionen angesprochen. Ich frage mich, warum das Steuer-
ergünstigungsabbaugesetz im Bundesrat blockiert wor-
en ist. Dort ging es um den Abbau von Subventionen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


amit haben Sie den Kommunen Beträge in Milliarden-
öhe verweigert. Diese Mittel stehen den kommunalen
ertretungen nun nicht zur Verfügung. Sie helfen damit
uch dem Mittelstand nicht, weil Aufträge nicht ausge-
öst werden können. Vielleicht sollten Sie sich das das
ächste Mal überlegen, bevor Sie im Bundesrat wieder
lockieren, damit Sie nicht später genau das fordern, was
chon im Gesetzentwurf stand. Das ist unlogisch und
ird auf lange Zeit nicht tragbar sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







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Simone Violka
Wir wollen mit unserem Gesetz den Kleinunterneh-
mern und Mittelständlern helfen und die Finanzausstat-
tung der Unternehmer verbessern. Wir passen uns an an-
dere Länder an, in denen es schon längst üblich ist, dass
die Liquidität der Kreditinstitute verbessert wird, in-
dem sie Kreditforderungen verbriefen und durch Zweck-
gesellschaften am Kapitalmarkt platzieren. Damit wird
der Nachteil beseitigt, dass auf bestimmte Fremdmittel
zu zahlende Entgelte als Dauerschuldzinsen erfasst wer-
den. Das verbessert die Finanzierungsbedingungen der
Wirtschaft, weil den Unternehmen mehr Kapital zur Ver-
fügung steht und die Banken eine bessere Eigenkapital-
basis bekommen. Eventuelle Umgehungstatbestände und
Missbrauch werden schon allein dadurch vermieden,
dass nur Kapital anerkannt wird, das tatsächlich ausge-
liehen wird. Andere übliche betriebliche Transaktionen
werden nicht berücksichtigt.

Nicht unerwähnt lassen will ich die finanziellen Aus-
wirkungen. Denn zugunsten der Kleinunternehmen ver-
zichten wir im Jahr 2003 auf Steuereinnahmen in Höhe
von 264 Millionen Euro und bis zum Jahr 2006 wird sich
diese Summe auf 390 Millionen Euro erhöhen. Ich
denke, das sollte es uns wert sein. Ich bitte daher alle,
den Kleinunternehmern und Mittelständlern diese Unter-
stützung nicht zu verwehren, und hoffe auf Ihre Zustim-
mung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504904600


Das Wort hat der Herr Kollege Hans Michelbach von
der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1504904700

Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kolle-

gen! Es gibt keinen Zweifel: Die wirtschaftliche Lage
des Mittelstands hat sich auch im Frühjahr 2003 nicht
verbessert, sondern weiter verschlechtert.

Wenn man diese Debatte verfolgt, meint man, beim
Mittelstand sei alles in Butter. Aber das Gegenteil ist der
Fall.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Andreas Pinkwart [FDP])


Lediglich 21 Prozent der Mittelständler beurteilen ihre
Geschäftslage noch als gut. Viele haben das Gefühl, dass
es nicht mehr vorwärts geht. Vor allem die Existenzgrün-
der und Kleinunternehmer sind von dieser Abwärtsent-
wicklung hart betroffen. Die Zahl der Neugründungen
sank im Vergleich zum Vorjahr um 4 Prozent. Ange-
sichts der verschlechterten Umsatz- und Ertragssituation
ist die Zahl der Insolvenzen auf 40 000 gestiegen. Das
entspricht einer Zunahme um 17 Prozent und ist ein bis-
her einmaliger Negativrekord. Gegenwärtig geht in
Deutschland alle 15 Minuten ein Unternehmen Pleite.
Allein dadurch werden mehrere Hunderttausend Arbeits-
plätze vernichtet.

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(C (D Die wirtschaftsund finanzpolitische Lage ist sehr rnst. Es gibt kein Signal für einen Aufschwung. Wenn ir nicht aufpassen, entwickelt sich diese Wirtschaftsrise zu einer Politikkrise, weil die Menschen an der Poitik verzweifeln. Wenn sie hier eine Debatte verfolgen, n der alles in Watte gepackt und nichts differenziert ird, dann verlieren sie sicherlich den Glauben an die olitikfähigkeit. Der vorgestellte Entwurf des Förderbankenneustruk urierungsgesetzes allein kann das Problem nicht lösen. enn bei allen Schalmeienklängen, die hier ertönen: Es ehlt der zielführende ordnungspolitische Rahmen der ozialen Marktwirtschaft. Es fehlen das Vertrauen er Konsumenten und die Planungssicherheit der Inestoren. Das ist das Ergebnis einer rot-grünen Wirtchaftsund Finanzpolitik, die gegen den Mittelstand geichtet ist. Rot-Grün ist und bleibt nichts anderes als ein ittelstandsvernichtungsprogramm. ber der Mittelstand wird sich auch durch noch so schön erpackte Gesetze nicht mehr täuschen lassen. (Ute Kumpf [SPD]: Auch von Ihnen nicht, Herr Michelbach!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ir erleben in diesen Wochen geradezu einen gesell-
chaftspolitischen Generalangriff von Rot-Grün auf die
elbstständigen.


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der Irrweg der Bundesregierung zulasten der mittel-
tändischen Wirtschaft führt von den Wettbewerbsver-
errungen der Ich-AG zur Zerschlagung der Handwerks-
rdnung, zur Einführung einer Ausbildungsteuer, zur
rhöhung der Erbschaftsteuer, zur Revitalisierung und
rhöhung der Gewerbesteuer und zur immer weiteren
unahme der Lohnnebenkosten, zu Steuer- und Bürokra-
ielasten. Diese Liste der Marterinstrumente gegen den
ittelstand ließe sich jederzeit verlängern.


(Widerspruch bei der SPD)

ieser Kurs ist ein Crashkurs gegen den Mittelstand.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Haben Sie eigentlich auch etwas anderes als Textbausteine?)


Weder die Agenda 2010 noch die großsprecherischen
inzelaktionen unter dem Titel „Mittelstandsförderung“
ieten einen zufrieden stellenden Lösungsansatz. Sie ja-
en sozusagen jede Woche eine neue Worthülse durch
as Regierungsviertel.
Heute soll es ein halbherziges, völlig unzureichendes
leinunternehmerförderungsgesetz richten. Nur die För-
erbankenneustrukturierung und die Asset-Backed-Se-
urity-Gesellschaften und -Transaktionen


(Zurufe von der SPD: Oh!)

ind von der Union mit zu tragen.






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(B) )


Hans Michelbach
Das Kleinunternehmerförderungsgesetz zeigt: Die
rot-grüne Flickschusterei geht weiter. Teilweise ist nur
eine Scheinförderung vorgesehen. Hinter dem großspre-
cherischen Etikett der Mittelstandsförderung verbirgt
sich eher ein Etikettenschwindel als eine wirkliche För-
derung.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich versichere Ihnen aus meiner praxisnahen Erfah-

rung:

(Jörg Tauss [SPD]: Welche Praxis?)


Das Kleinunternehmerförderungsgesetz, das heute ver-
abschiedet wird, ist nicht in der Lage, den Rückgang der
Zahl von Existenzgründungen aufzuhalten und die Ein-
dämmung der Schattenwirtschaft zu erreichen sowie die
Überforderung der kleinen und mittleren Betriebe und
den Anstieg der Insolvenzzahlen zu verhindern. Diesen
Anspruch erfüllt das Gesetz bei weitem nicht. Es ver-
kennt den gewaltigen Reformbedarf für mehr Wachs-
tum und Beschäftigung. Es verkennt auch den ganzheit-
lichen Förderungsbedarf im Mittelstand und den
Handlungsbedarf insbesondere für eine grundsätzliche
Vereinfachung des Steuersystems. Es verkennt zudem,
dass nur mit einer erheblichen Reduzierung der Büro-
kratiebelastung für alle Unternehmen und Bürger das
wirtschaftliche Wachstum verstärkt und neue Beschäfti-
gung geschaffen werden kann.

Mit dem Kleinunternehmerförderungsgesetz versucht
die Regierung – wieder einmal erfolglos –, an Sympto-
men herumzukurieren. Es werden aus ideologischen
Gründen falsche Weichenstellungen vorgenommen. Die-
ses Gesetz wird weitere Wettbewerbsverzerrungen in
unserem Land hervorrufen. Sie sind in der Wirtschaftspo-
litik völlig von der Rolle; denn es kann doch nicht sein,
dass ein Handwerksmeister mit Mitarbeitern keine Auf-
träge mehr bekommt, weil sein ehemaliger Geselle, der
nebenan eine Ich-AG mit staatlicher Förderung gegründet
hat, sie ihm alle wegnimmt. Das ist doch ein Wider-
spruch. Das entspricht allenfalls dem rot-grünen Gesell-
schaftsbild. Aber die Etablierung von Selbstständigkeits-
tagelöhnern anstelle stabiler Existenzen kann doch nicht
allen Ernstes unser Weg in die wirtschaftspolitische Zu-
kunft sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Leistungsträger und nicht die ideologischen Selbst-
ständigkeitsvorstellungen von Rot-Grün sollten geför-
dert werden. Es sollte Freiraum für alle Betriebe und
weniger staatliche Bevormundung geben. Durch Luft-
buchungen, Worthülsen und Scheinförderung lässt sich
die Situation jedenfalls nicht verbessern.

Für wen ist dieses Gesetz eigentlich gedacht?
99 Prozent der mittelständischen Existenzen haben nur
eine Nettoumsatzrendite von bis zu 10 Prozent. Sie se-
hen nun einen pauschalierten Betriebsausgabenabzug
von 50 Prozent der Betriebseinnahmen vor. Davon profi-
tiert der größte Teil des Mittelstandes nicht. Das weckt
bei Existenzgründern außerdem völlig falsche Erwartun-
gen; denn einen pauschalierten Betriebsausgabenab-

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(C (D ug von 50 Prozent können die meisten Unternehmen ar nicht in Anspruch nehmen. Bei diesen machen nämich die Betriebsausgaben mehr als 50 Prozent des „Geinns“ aus. Das Gesetz nützt nur einem gewerblichen ebenberufstätigen, der vielleicht in einer Behörde sitzt, ort keine eigenen Kosten hat und von einem entsprehenden Gewinn träumt, oder nützt einem Ich-AGler, er sein Gewerbe schnell aufund wieder zumacht. Wer ann denn als Selbstständiger so viel Gewinn erwirtchaften, um einen 50-prozentigen Betriebsausgabenabug zu nutzen? Das können doch hauptsächlich nur die on Rot-Grün geförderten Pseudoselbstständigen sein, ie große Wettbewerbsverzerrungen hervorrufen weren. Sie fördern nicht die gesunden Betriebe, sondern deologische Maßnahmen wie die Ich-AG. Eine solche inzelbegünstigung im Steuerrecht hat es in dieser Form n Deutschland noch nicht gegeben. Sie sollten stattdesen eine zielführende Gesamtsteuerreform machen. Heute kam die Tickermeldung, dass Bundesfinanzinister Hans Eichel nach einem Vorabbericht des Maazins „Focus“ erwäge, die für 2005 geplante dritte tufe der Steuerreform um ein Jahr vorzuziehen. Dazu ann ich nur sagen: Das ist überfällig. Machen Sie das ndlich und dementieren Sie nicht mehr! ie Wirtschaft und insbesondere der Mittelstand brauhen einen solchen Impuls. Unsere Arbeitnehmer brauhen mehr Freiraum. Diese wirtschaftsund finanzpolitiche Maßnahme ist längst überfällig. Es ist aber ontraproduktiv, wenn der Bundesfinanzminister in der itzung des Finanzausschusses in dieser Woche gleicheitig ankündigt, 41 Steuererhöhungen von der Giftliste es Steuervergünstigungsabbaugesetzes wieder hervorolen zu wollen, genauso wie die Ankündigung der PD, man wolle wieder eine Vermögensteuer einführen nd die Erbschaftsteuer erhöhen. Machen Sie endlich reinen Tisch! Ziehen Sie endlich ie dritte Stufe der Steuerreform wie angekündigt vor nd dementieren Sie nicht wieder! Ich hoffe, dass Sie das chaffen werden und dass Sie nicht jede Woche eine neue teuersau durch unser Land treiben werden. Machen Sie ine klare Steuerpolitik, keine Einzelvorschriften! Herzlichen Dank. Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt at jetzt das Wort die Kollegin Dr. Sigrid Skarpelisperk von der SPD-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en! Ich erspare mir, auf die Rede des Kollegen ichelbach einzugehen; (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1504904800
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk (SPD):
Rede ID: ID1504904900






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Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
denn alle anderen Reden insbesondere zum Förderban-
kenneustrukturierungsgesetz haben erfreulicherweise er-
kennen lassen, dass es in diesem Haus einen Konsens
gibt.

Es ist auch wichtig, dass wir diesen Konsens erreicht
haben und diesen Teilschritt gehen. Angesichts einer
Schwächephase von Wirtschaft, Arbeitsmarkt,


(Dr. Michael Meister [CDU/CSU]: Eine Schwächephase der Regierung!)


einer deutlich rezessiven Entwicklung und nicht gerin-
gen Problemen auf den Kreditmärkten sind dieses Geset-
zeswerk und diese Fusion ein wichtiger Teilschritt, um
die Kreditversorgung und die Finanzierungsbedin-
gungen gerade für kleine und mittlere Unternehmen
zu verbessern, die in einer solchen Situation natürlich
deutlich angespannt sind.

Diese Schwierigkeiten sind von der Europäischen
Zentralbank übrigens lange heruntergespielt worden.
Themen wie die Kreditklemme oder der Credit Crunch,
wurden vom Sachverständigenrat und anderen wissen-
schaftlichen Beratungsgremien lange nicht zur Kenntnis
genommen. Jetzt aber ist diese Kreditklemme und die
Tatsache, dass die Finanzinstitutionen und die Banken
bei der Vergabe von Krediten und Beteiligungskapital
immer vorsichtiger werden allen offenbar. Umso wichti-
ger ist jede Maßnahme, die die monetären Bedingungen
für die Volkswirtschaft und die Unternehmen verbessert.

Ich kann es mir nicht versagen, an dieser Stelle anzu-
merken, dass der gestrige Zinsschritt der Europäischen
Zentralbank überfällig war und dass es uns gefreut hätte,
wenn er früher gekommen und mutiger ausgefallen
wäre.


(Beifall bei der SPD)

Deutschland bringt insbesondere wegen seiner sehr

niedrigen Preissteigerungsraten auch jetzt noch, nach
diesem Zinsschritt, ein deutliches Stabilitätsopfer für den
Euro und – das muss man deutlich sagen – das geht zu-
lasten der Dynamik und der Wachstumsmöglichkeiten
der deutschen Wirtschaft. Das werden wir auch über öf-
fentliche Förderkredite nicht ausgleichen können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Auch dieser Schritt der Europäischen Zentralbank

wird die tief greifenden Veränderungsprozesse in denen
sich die Angebotsseite des Markts für Finanzierungen
befindet, nicht aufheben können. Der scharfe Wettbe-
werb im deutschen Bankwesen, das im Vergleich anderer
Länder ein dichtes Zweigstellennetz mit hohen Kosten
hat, ist die eine Seite der angespannten Lage. Die andere
Seite ist, dass die hohen Gewinne der Boom-Phasen in
den 90er-Jahren nicht zur Lösung der Strukturprobleme
der Banken genutzt worden sind. Stattdessen wurden
schwerwiegende Fehler gemacht, die nun voll auf den
Bilanzen lasten. Im Kreditgeschäft mussten die Banken
steigende Ausfälle verkraften. Es schlägt sich auch in ei-
ner sehr viel restriktiveren Kreditvergabe nieder. Das
bedeutet, dass die Kreditinstitute die Risikostruktur ihrer
Ausleihungen massiv verbessern und ihre Kreditportfo-
lios insgesamt sehr deutlich herunter fahren – zulasten

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(C (D er kleinen und mittleren Unternehmen, die deutliche inschränkungen bei der Vergabe und strengere Anforerungen bei der Offenlegung ihrer Geschäfte und beim ontrolling hinnehmen müssen. Auch ihre Eigenkapitalusstattung wird unerbittlich und viel kritischer als biser geprüft. Die Risikoprämien in den Zinskonditionen teigen ebenfalls deutlich. Die Zeiten der Durchschnittsalkulation im Kreditgeschäft sind vorbei. Auch auf der Kapitalmarktseite vollziehen sich große eränderungen, die die Finanzierungsbedingungen nicht ositiv für den gesamten deutschen Mittelstand beeinlussen werden. Ein wichtiger und hilfreicher Schritt in iesem Prozess ist die Disintermediation: Ein Teil des ankgeschäfts ist nicht mehr Kreditgeschäft, sondern Inestmentbanking; ein Teil der Zinsgewinne wird Proviion. In dieser Zeit gravierender Strukturveränderungen der inanzsphäre hat die neu fusionierte Förderbank geichtige bzw. neue Aufgaben: Es geht erstens darum, die beim Wiederaufbau, bei er Wachstumsfinanzierung Westdeutschlands und beim rozess der deutschen Einheit bewährten Förderinstruente in schwierigen Zeiten fortzuführen und auch weierzuentwickeln. Zum Zweiten muss die Förderbank den Sparkassen nd Banken helfen, sich zu refinanzieren und so den ittelstand weiter angemessen zu finanzieren. Gerade ann, wenn die Kreditkanäle – darauf weist der Internaionale Währungsfonds hin – nicht nur in Deutschland, ondern europaund weltweit unter Stress stehen, ist es ichtig, mit Instrumenten wie Globaldarlehen und Verriefungsprogrammen gerade den mittleren und kleineen Instituten gangbare Wege zur Ausweitung ihrer Kreitausreichungsmöglichkeiten anzubieten. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)


Die Senkung der Bearbeitungs- und Prozesskosten so-
ie die Herstellung größerer Transparenz bei den För-
erprogrammen werden bei der neu fusionierten Bank
etzt schon angegangen – Gott sei Dank im Vorgriff auf
as Gesetz, das wir heute verabschieden. Das ist notwen-
ig. Ich freue mich, dass alle diese Schritte von allen
raktionen in diesem Haus voll und ganz mitgetragen
erden.
Vieles ist schon auf den Weg gebracht worden; aber

s bleibt auch noch vieles zu tun, gerade bei der Beteili-
ungsfinanzierung, die neben dem Bankkredit die wich-
igste Finanzierungsquelle kleinerer und mittlerer Unter-
ehmen ist. In diesem Zusammenhang möchte ich zum
bschluss ein warnendes Wort sagen. Wir haben im
nterausschuss „ERP“ heute früh die Probleme der Be-
eiligungsfinanzierung diskutiert. Vieles, was mit hohen
isiken verbunden ist, wird nicht zulasten des Bundes-
aushalts finanziert werden können.
Wenn die Eigenkapitalausstattung vieler kleiner

nd mittlerer Unternehmen so bleibt, wie sie ist, dann






(A) )



(B) )


Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
muss man sich auch fragen, ob das deutsche Steuer-, Un-
ternehmens-, Bilanz- und Insolvenzrecht nicht dazu
führt, dass Vermögenswerte nicht als Eigenkapital in Un-
ternehmen gesteckt, sondern in der privaten Sphäre ge-
halten werden.


(Elke Wülfing [CDU/CSU]: Dafür muss erst mal etwas übrig bleiben!)


Dies werden die Förderbanken durch die ihnen zur Ver-
fügung stehenden öffentlichen Mittel nicht ausgleichen
können. Wir werden uns vielmehr überlegen müssen,
wie wir dieses Problem gemeinsam lösen können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504905000


Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über die von den Frak-

tionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen so-
wie von der Bundesregierung eingebrachten Entwürfe
von Gesetzen zur Neustrukturierung der Förderbanken
des Bundes auf den Drucksachen 15/743, 15/902 und
15/949. Der Finanzausschuss empfiehlt unter Nr. 1 sei-
ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/1127, die
genannten Gesetzentwürfe als Gesetz zur Neustrukturie-
rung der Förderbanken des Bundes in der Ausschussfas-
sung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetz
in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das
Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung ange-
nommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die diesem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Stimmt jemand dagegen? – Enthaltungen? – Ich stelle
fest, dass dieser Gesetzentwurf auch in dritter Lesung
einstimmig angenommen ist.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
sache 15/1127 empfiehlt der Ausschuss die Annahme ei-
ner Entschließung. Wer stimmt für diese Beschlussemp-
fehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? –
Damit ist diese Beschlussempfehlung mit den Stimmen
der Koalition gegen die Stimmen der CDU/CSU-Frak-
tion bei Enthaltung der FDP-Fraktion angenommen.

Tagesordnungspunkt 20 b: Abstimmung über die von
den Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die
Grünen sowie der Bundesregierung eingebrachten
Entwürfe von Gesetzen zur Förderung von Kleinunter-
nehmern und zur Verbesserung der Unternehmensfinan-
zierung, Drucksachen 15/537 und 15/900. Der Finanz-
ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 15/1042, die genannten Gesetzentwürfe als
Gesetz zur Förderung von Kleinunternehmern und zur
Verbesserung der Unternehmensfinanzierung in der Aus-
schussfassung anzunehmen. Die Fraktion der CDU/CSU
verlangt dazu getrennte Abstimmungen.

Wir kommen deshalb zunächst zu Art. 1 bis Art. 3 in
der Ausschussfassung. Ich bitte diejenigen, die diesen

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(C (D rtikeln zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer timmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit sind Art. 1 is Art. 3 mit den Stimmen der Koalition gegen die timmen von CDU/CSUund FDP-Fraktion angenomen. Wir kommen zu Art. 4 in der Ausschussfassung. Ich itte diejenigen, die zustimmen wollen, um das andzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer möchte sich nthalten? – Damit ist dieser Artikel einstimmig angeommen. Wir kommen zu Art. 5 bis 9 sowie zur Einleitung und berschrift in der Ausschussfassung. Diejenigen, die iesen Artikeln und diesen Teilen des Gesamtpakets zutimmen wollen, bitte ich um das Handzeichen. – Wer timmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit sind auch iese Artikel sowie Einleitung und Überschrift mit den timmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen on CDU/CSU und FDP angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf im Ganzen zustimmen wollen, sich zu ereben. – Wer stimmt dagegen? – Wer möchte sich entalten? – Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen der oalitionsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSU nd FDP angenommen. Wir kommen zur Abstimmung über die Entschlie ungsanträge. Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak ion der CDU/CSU auf Drucksache 15/1116? – Gegenrobe! – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist ehrheitlich abgelehnt. Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak ion der FDP auf Drucksache 15/1046? – Gegenprobe! – nthaltungen? – Auch dieser Entschließungsantrag ist ei Enthaltung der CDU/CSU-Fraktion mehrheitlich abelehnt. Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 21 auf: Erste Beratung des von den Abgeordneten Arnold Vaatz, Ulrich Adam, Günter Baumann, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Bereinigung von SED-Unrecht (Drittes SEDUnrechtsbereinigungsgesetz – 3. SED-UnBerG)


– Drucksache 15/932 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Dazu höre
ch keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst

er Kollege Arnold Vaatz für die CDU/CSU-Fraktion.






(A) )



(B) )


Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1504905100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Dieses Jahr ist ein besonderes Jahr. Wir begehen
in diesem Jahr ein Jubiläum, und zwar das Jubiläum des
Volksaufstandes in der damaligen DDR am 17. Juni
1953.

Ich möchte heute als Einstieg Ihre Aufmerksamkeit
auf die damaligen Akteure lenken. Wer waren denn die
Leute, die damals auf der Stalinallee in Berlin, aber auch
in vielen anderen Städten Ostdeutschlands auf die Straße
gegangen sind, zuerst die Rücknahme der Normerhöhun-
gen und dann den Rücktritt der Regierung gefordert ha-
ben? Das waren Menschen, die damals schon einiges
hinter sich hatten: Sie sind mit 18 oder 20, etliche schon
mit 16, in den Zweiten Weltkrieg gejagt worden und ha-
ben dort Dinge erlebt, die sie im Laufe ihres Lebens
kaum verarbeiten konnten. Sie haben Tod und Elend ge-
sehen und kamen, als sie nach Deutschland zurückkehr-
ten, in ein Land, in dem alles in Trümmern lag.

Die Leute, die aus der Gefangenschaft wieder in ihre
ostdeutsche Heimat zurückgekehrt sind, hätten natürlich
auch gern ein neues Leben nach den Regeln einer sozia-
len Marktwirtschaft begonnen. Es war ihnen nicht mög-
lich. Sie sahen sich mit einer ihnen schon bekannten Si-
tuation konfrontiert: Eine beginnende totalitäre Diktatur
nahm ihr Leben immer mehr in Besitz. Nun haben diese
Menschen, die in ihrem Leben schon Kämpfe ausgefoch-
ten hatten, die wir uns alle wahrscheinlich nicht vorstel-
len können, erneut gewagt zu sagen: Nicht mit uns! Wir
stellen uns diesen Dingen entgegen! – Sie sind auf die
Straße gegangen und ihr Aufstand ist schließlich von der
Staatsgewalt blutig niedergeschlagen worden. Das ge-
schah am 17. Juni. Ich habe vor diesen Menschen einen
hohen Respekt.


(Beifall bei der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es handelt sich hierbei um die Generation unserer El-
tern, denen wir alles, was wir sind, zu verdanken haben.

Meine Damen und Herren, wie ist es dann weiter-
gegangen? Diejenigen, die es damals gewagt hatten, der
Staatsmacht zu widersprechen, mussten nicht nur die
Konsequenz tragen, vielleicht zurückgeprügelt zu wer-
den, was schon schlimm genug gewesen wäre. Nein, in
aller Regel hatten sie Konsequenzen in Bezug auf die
Ausbildung zu ertragen: Sie sind von den Schulen und
Universitäten geflogen. Jemand, der gehofft hatte, Arzt
oder vielleicht einmal Klinikdirektor zu werden, konnte
vielleicht nur noch Krankenpfleger werden. Der Kol-
lege, der nicht mit auf die Straße gegangen ist, der Kom-
militone, der auf diese Weise seinen Studienplatz behal-
ten konnte, hat einen seiner Begabung entsprechenden
Beruf ergreifen und ausüben können. Es sei ihm herzlich
gegönnt. Jetzt hat er auch die entsprechenden Rentenan-
sprüche. Der andere hingegen, der Krankenpfleger ge-
worden ist, der einen Einsatzwagen gefahren hat, der
seine Lebensperspektiven drastisch zurückschneiden
musste, der seiner Familie nicht das bieten konnte, was
er als Arzt hätte bieten können, musste bei seiner Verren-

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(C (D ung feststellen, dass ihm die Demokratie auch im Alter icht das zurückgibt, was er durch seine Handlungen daals in die Demokratie einbringen wollte. Es ist keine Frage schlechter oder guter ökonomischer eiten, ob man eine solche Ungerechtigkeit wieder beeinigt; es ist eine Frage der Selbstachtung von Demoratie und Demokraten. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Der Herr Bundespräsident hat vor kurzem eine Brief-
arke vorgestellt, die an den 17. Juni erinnern soll. Er
at sinngemäß gesagt: Viele Opfer des DDR-Regimes
aben nicht bekommen, worauf sie Anspruch gehabt
ätten. Das sind die Worte von Bundespräsident Rau. Er
at Recht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU], an SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gewandt: Da müsst ihr klatschen!)


Das ist auch den Kollegen im Deutschen Bundestag
on Anfang an bewusst gewesen. Aus diesem Grunde
ollte man zunächst einmal das Ausmaß der Repression
n der damaligen DDR zweifelsfrei feststellen. Deshalb
ar es richtig, dass eine Enquete-Kommission einberu-
en wurde. Sie hat als Ergebnis ihrer Arbeit gefordert,
ass die personelle Würde der von Unrecht und Leid Be-
roffenen wiederhergestellt wird; dazu gehören sowohl
ie öffentliche Würdigung der Opfer als auch die Not-
endigkeit, ihnen, so irgend möglich, nachträglich Ge-
echtigkeit widerfahren zu lassen. Das hat der Deutsche
undestag so beschlossen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Meine Damen und Herren, nach 13 Jahren Wieder-
ereinigung hat sich der Bundespräsident zu diesen Wor-
en veranlasst gesehen. Wir müssen nach 13 Jahren deut-
cher Einheit feststellen, dass die Folgen der 40-jährigen
epression insbesondere im sozial- und rentenrechtli-
hen Bereich für die Verfolgten nach wie vor spürbar
ind und dass diese Defizite dann besonders peinlich
ind, wenn man sie mit der relativen Besserstellung der-
enigen vergleicht, die dieses System maßgeblich mitge-
ragen haben.
Meine Damen und Herren, ich will jetzt nicht die Ver-

angenheit bis ins Kleinste aufrollen. Aber ich will hier
ines sagen, vor allem an die Adresse unserer sozialde-
okratischen und grünen Kollegen: Die CDU/CSU-
DP-Regierung hat einige Schritte unternommen, um
ieses Unrecht zu beseitigen. Es ist aber nicht vollstän-
ig gelungen. Ich betrachte das als Defizit. Wenn Sie kri-
isieren, dass wir das zu unserer Zeit nicht geschafft ha-
en, dann kritisieren Sie das zu Recht.
Ich möchte auch nicht, dass unsere Suche nach dem

ichtigen Weg in einen Schlagabtausch zwischen der Re-
ierungskoalition und den Oppositionsfraktionen aus-
rtet. Es ist richtig: Die Oppositionsfraktionen haben die
egierung zu kontrollieren und Alternativen vorzulegen.






(A) )



(B) )


Arnold Vaatz
Doch in diesem Punkt wollen wir Sie nicht kontrollieren
und auch keine Alternative vorlegen, sondern wir wollen
Sie einladen, mit uns gemeinsam eine Lösung zu finden
für Demokraten wie wir, die etwas für diesen Staat getan
haben. Sie sollen sich nicht länger zurückgesetzt, son-
dern anerkannt und angenommen fühlen. Wir laden Sie
ein, gemeinsam mit uns eine Lösung dafür zu finden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Rainer Funke [FDP])


Wir bitten Sie, die Tür für ein gemeinsames Handeln bei
dieser Einbringungsdebatte nicht zuzuschlagen.

Es ist keine saubere Argumentation, wenn Sie sagen:
Das Gleiche haben wir vor etlichen Jahren von der Regie-
rung Kohl verlangt, aber die Regierung Kohl hat uns das
verweigert. Deswegen verweigern wir jetzt eine Mitar-
beit, bei dem Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion. –
Mit dieser Argumentation würden Sie einräumen, dass
Sie schon damals nicht aufrichtig gewesen sind.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Es geht nicht um die Anliegen der Opposition und auch
nicht um die Anliegen der Regierung. Es geht um die
Anliegen der Benachteiligten des DDR-Regimes.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir legen im Prinzip nichts Neues vor; denn wir ha-

ben über dieses Thema in diesem Haus schon sehr oft
gesprochen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Dadurch wird es auch nicht besser!)


Der Weg, der bisher beschritten worden ist, ist nicht
falsch gewesen. Mit dem Ersten SED-Unrechtsbereini-
gungsgesetz wurde das gröbste Unrecht geheilt. Das
Zweite SED-Unrechtsbereinigungsgesetz, das ebenfalls
unter der CDU/CSU-FDP-Regierung verabschiedet
wurde, hat etliche Rehabilitierungsmöglichkeiten ge-
schaffen. All das waren Schritte in die richtige Richtung.

Alle zu Zeiten der DDR erworbenen Sozialversiche-
rungsansprüche, die jedermann erwerben konnte – ich
nenne beispielsweise die freiwillige Zusatzrente – wur-
den ausnahmslos und in vollem Umfang übertragen. Al-
lerdings mussten die Verfolgten mit ansehen, wie die
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1999
umgesetzt wurde: Mit dem Zweiten Gesetz zur Än-
derung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwart-
schaftsüberführungsgesetzes wurden die Ansprüche und
Anwartschaften aus den Zusatz- und Sonderversor-
gungssystemen der DDR zugunsten bestimmter Perso-
nenkreise in die gesetzliche Rentenversicherung des
wiedervereinigten Deutschlands überführt. Damit wur-
den Rentenansprüche und Anwartschaften für Re-
präsentanten der DDR, die andere Menschen unter-
drückt haben – ich nenne beispielsweise Angehörige des
Ministeriums für Staatssicherheit –, angehoben. Das ist
die Realität.


(Erika Lotz [SPD]: Das war die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts!)


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(C (D Wenn Sie es ernst meinen, dann schließen Sie mit uns emeinsam diese Gerechtigkeitslücke. ir haben die Chance dazu. Lieber Herr Kollege acker, Sie sagen, diese Maßnahmen würden nicht in ie Rechtssystematik passen. Dann lassen Sie uns doch emeinsam überlegen, wie wir das ändern können. Wir ind jederzeit bereit, darüber zu reden. Es ist dringend otwendig, diesen immer noch bestehenden Skandal zu eenden. Die Opfer der ehemaligen DDR dürfen nicht urückgesetzt werden. Mit unserem Gesetzentwurf unternehmen wir den ersuch, den jetzigen Zustand zu ändern. Es geht nicht ehr um eine Ehrenpension – das wäre wirklich vermesen –, sondern es geht um die Entschädigung von erlitteem Unrecht. Wir wollen versuchen, das zu erreichen. um einen wollen wir eine monatliche Entschädigung ür politische Verfolgung oder berufliche Beeinträchtiung, die nach der Zeitdauer des Unrechts gestaffelt ist. um anderen wollen wir eine Kapitalentschädigung, it der die Tatsache berücksichtigt wird, dass die Haft in er DDR nicht mit einer Haft in der Bundesrepublik eutschland zu vergleichen war. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten! Lassen Sie ns einen Weg finden, diese Ansprüche zu befriedigen. enn wir es nicht tun, dann werden die Opfer der DDRiktatur, die die Feiern zum 50. Jahrestag des 17. Juni 953 verfolgen, zu der Auffassung kommen, dass die emokratie in der Bundesrepublik Deutschland unaufichtig ist, weil das demokratische Engagement dieser enschen nicht anerkannt wird. Wir können nicht auf er einen Seite den 17. Juni als positiven Teil unserer eschichte betrachten, aber auf der anderen Seite nicht ereit sein, die entstandenen erheblichen Benachteiigungen im Rahmen unserer Möglichkeiten auszugleihen. Ich bedanke mich, dass Sie mir zugehört haben. Ich ebe die Hoffnung auf eine gemeinsame Lösung nicht uf. Die Türen sind offen. Vielen Dank, meine Damen und Herren. Das Wort hat nun der Kollege Karsten Schönfeld, PD-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der 7. Juni erinnert uns daran, mit welchem Mut Menschen n der damaligen DDR für ihre Freiheit gekämpft haben nd mit welcher Brutalität das Regime zurückgeschlaen hat. Der 17. Juni steht als Tag der Erinnerung stellertretend für die vielen Tausend Menschen, die in den ahren der SED-Diktatur Repression und Verfolgung usgesetzt waren. Karsten Schönfeld Mit der Wiedervereinigung der beiden Teile Deutschlands galt es, auch dieses Stück deutscher Geschichte aufzuarbeiten. Es ging um eine schwierige Aufgabe: zum einen darum, Verantwortliche eines verbrecherischen Regimes zur Rechenschaft zu ziehen, zum anderen aber auch darum, Opfer dieses Regimes für das erlittene Unrecht zu rehabilitieren und dafür zu entschädigen. Seit 1992 ist eine Reihe von Gesetzen auf den Weg gebracht worden, die diese Entschädigung ansatzweise regeln. Es begann – darin sind wir, so glaube ich, einer Meinung – mit dem Ersten SED-Unrechtsbereinigungsgesetz aus dem Jahre 1992, mit dem erste Schritte unternommen wurden. In dem Zweiten SED-Unrechtsbereinigungsgesetz ging es darum, Opfern von Verwaltungswillkür in der DDR einen Weg zu eröffnen, sich vom Makel persönlicher Diskriminierung zu befreien und soziale Ausgleichsleistungen in Anspruch zu nehmen. In diesem Gesetz wurde ebenfalls die berufliche Rehabilitierung geregelt. Sie hatte zum Ziel, schwerwiegende Nachteile zu lindern, die ein Betroffener aufgrund seiner Verfolgung im Beruf oder in der Ausbildung erlitten hatte. Sicherlich ist es schwer, das alles ganz genau zu regeln. Herr Kollege Vaatz, es ist Spekulation, ob jemand wirklich Arzt oder Chefarzt oder ein Ingenieur Leiter eines Betriebes geworden wäre. Vieles in diesem Bereich kann man heute nicht in Gesetzen regeln. Aber es ging immer – das war der Ansatz – um Rehabilitation von Unrecht und um Ersatz von entstandenem Schaden in persönlicher, beruflicher und auch gesundheitlicher Hinsicht. Diesen Gedanken von Rehabilitation und Entschädigung hat die SPD-geführte Bundesregierung konsequent fortgesetzt und weitergedacht, immer mit dem Ziel, gerechte Lösungen für die Opfer des SEDRegimes zu finden. Mit dem Zweiten Gesetz zur Verbesserung rehabilitationsrechtlicher Vorschriften, das seit 1. Januar 2000 in Kraft ist, haben wir die Kapitalentschädigung ehemaliger politischer Häftlinge auf einheitlich 600 DM pro Haftmonat erhöht und damit eine Ungleichbehandlung zwischen Opfern, die später in den Westen gegangen sind, und denjenigen, die in der DDR geblieben sind, beseitigt. Zudem wurde der Rechtsanspruch der nächsten Angehörigen von Todesopfern neu geregelt. Sie erhalten nun Leistungen der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge, ohne dass, wie es bisher üblich war, ihre wirtschaftliche Situation überprüft wird. Außerdem haben wir die Anerkennung haftbedingter Gesundheitsschäden verbessert. Besonders wichtig ist in meinen Augen auch die Weiterentwicklung der beruflichen Rehabilitation. Ich denke, all das muss man im Blick behalten und dessen müssen wir uns bewusst sein, wenn es darum geht, Ihren Gesetzentwurf, meine Damen und Herren von der Union, heute zu bewerten. Das Thema ist zu wichtig und zu ernst, um es parteipolitisch zu missbrauchen. Leider – das ist mein Eindruck – ist es Ihnen mit diesem Entwurf nicht ganz gelungen, das nicht zu tun. Es ist natürlich leicht, die Forderung nach einer Opferpension aufzustellen. Hier spielen Emotionen, Hoff n R d g r O d ü E t l v S K m u I J V t w m l w l d e s r w n (C (D ungen – leider auch falsche Hoffnungen – eine große olle. Ihr Gesetzentwurf ist weder gerecht noch folgt er er Logik des Systems der Rehabilitation und Entschädiung, wie es seit dem Zweiten Weltkrieg in der Bundesepublik praktiziert wird. Die Bundesrepublik hat alle pfer von Verfolgung – sowohl zur NS-Zeit als auch in er DDR – mit den gleichen Rechten ausgestattet: Rückbertragung und Rückgabe von Vermögenswerten, rstattung von Geldstrafen und Verfahrenskosten, Kapialentschädigung für Freiheitsentzug, Unterstützungseistungen und Ausgleich von Nachteilen in der Rentenersicherung. Eine Opferpension für die Verfolgten des ED-Regimes wäre demgegenüber ungerecht. Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Büttner? Ich habe nur wenige Minuten Redezeit und möchte eine Rede im Zusammenhang vortragen. Ihr Gesetzentwurf ist auch aus einem anderen Grund ngerecht. Sie formulieren: Opfer politischer Verfolgung im Beitrittsgebiet erhalten auf Antrag eine Opferpension ... bei einer zu Unrecht erlittenen Freiheitsentziehung von insgesamt mehr als einem Jahr bis zu zwei Jahren in Höhe von 150 Euro monatlich. ch frage Sie: Was passiert mit denen, die nur ein halbes ahr oder zehn Monate in Haft waren? Die Dauer der erfolgung sagt oft nichts darüber aus, wie die Verfolgen in DDR-Zuchthäusern gelitten haben. Des Weiteren gewährt Ihr Gesetzentwurf Inhaftierten ie Verfolgten gleichermaßen Ansprüche. Sie setzen jeanden, der wegen Verfolgung berufliche Nachteile eritten hat, mit jemandem gleich, der inhaftiert wurde. Sie erfen damit verschiedene Opfergruppen – sprichwörtich gesagt – in einen Topf. Ich sage noch einmal abschließend: Die Menschen, ie sich in der DDR für Freiheit und gegen die Diktatur ingesetzt haben, verdienen nicht nur unseren Respekt, ondern haben einen Anspruch auf eine entsprechend geechte Entschädigung. Aber das kann nicht so passieren, ie Sie es hier wieder vorgetragen haben. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Wo ist Ihr Vorschlag? Machen Sie einen Vorschlag!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504905200
Karsten Schönfeld (SPD):
Rede ID: ID1504905300




(A) )


(B) )

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504905400
Karsten Schönfeld (SPD):
Rede ID: ID1504905500


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504905600


Nun hat das Wort die Kollegin Silke Stokar für Bünd-
is 90/Die Grünen.






(A) )



(B) )


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 50 Jahre
haben wir gebraucht, um einen Weg zu finden, den
17. Juni 1953 gemeinsam angemessen und öffentlich zu
würdigen. Wir haben eine spannende Diskussion über
die Bewertung dieses Datums. Manche reden von einer
demokratischen Erhebung, manche gar von einer sozial-
demokratischen Erhebung. Vielleicht war es auch ein re-
volutionärer Arbeiteraufstand. Es finden viele spannende
Veranstaltungen und Diskussionen statt.

Ich denke, dass auch dies eine Form der Würdigung
der Menschen ist, die damals nicht nur den Mut hatten,
gegen die Arbeitsnormen aufzutreten, sondern die für
Demokratie und Freiheit kämpften und mit der Forde-
rung nach Freiheit für die politischen Gefangenen, die es
auch schon vor dem 17. Juni gab, auf die Straße gingen.
Es ist hier gesagt worden: Ihren Mut mussten diese Men-
schen teuer bezahlen. Das Ergebnis waren zerstörte Le-
bensläufe und zerstörte Gesundheit durch die Unrechts-
haft, die sie erleiden mussten.

Es fällt mir immer wieder schwer, zu diesem Thema
eine Rede zu halten. Ich habe auch die vergangenen Aus-
einandersetzungen um das SED-Unrechtsbereinigungs-
gesetz nur nachlesen können. Ich weiß, dass fast alle Ar-
gumente mehrfach ausgetauscht worden sind. Ich
möchte das nicht fortsetzen, weil es den Opfern nicht ge-
recht würde, wenn wir uns gegenseitig die Versäumnisse
der Vergangenheit vorwerfen würden. Es würde den Op-
fern ebenso nicht gerecht, wenn Sie von der Opposition
der rot-grünen Bundesregierung vorwerfen würden, dass
die Schritte, die wir gemacht haben, zu klein gewesen
sind.

Ich würde in einer Rede lieber ausführen, dass wir
über die finanziellen Ressourcen für Pensionen verfü-
gen. Zur Ehrlichkeit der Debatte gehört für mich, zu sa-
gen: Ja, wir erkennen die Opfer an. Ich habe wirklich
großes Verständnis für die vielen enttäuschten und ver-
bitterten Menschen, die zu mir und meiner Fraktion
kommen und die Forderung nach Ehrenpensionen auf-
rechterhalten.

Wir haben mit der Stiftung einen finanzierbaren und
verlässlichen Weg eingeschlagen; das zu sagen gehört
ebenfalls zur Ehrlichkeit der Debatte. Rot-Grün hat in
den vergangenen Jahren mit mehreren Nachbesserungs-
gesetzen zumindest den Versuch unternommen, Härte-
fälle, die in der Praxis entstanden sind, abzumildern.

Die Ergebnisse sind nicht befriedigend und können
auch nicht befriedigend sein. Aber Ihre Forderungen – das
wissen Sie sehr genau – sind nicht finanzierbar. Sie woll-
ten von uns hören, mit welchen weiteren Vorstellungen
wir in die Beratung gehen. Dazu gehört selbstverständ-
lich, dass wir die Antragsfristen verlängern und die Ver-
fahren zur Anerkennung gesundheitlicher Schäden – darü-
ber gab es Klagen – überprüfen. Wir werden permanent
die Härtefälle überprüfen, weil wir dafür sorgen wollen,
dass die Opfer nicht auf Sozialhilfe angewiesen sind.


(Abg. Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/ CSU]: meldet sich zu einer Zwischenfrage)



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(C (D Meine Redezeit ist zu Ende. Ich möchte Ihre Fragen im nnenausschuss – dahin gehören sie – beantworten und erde dort auch meine zahlreichen Fragen an Sie richn. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504905700


Das Wort hat nun der Kollege Rainer Funke, FDP-
raktion.


Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1504905800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um es

leich vorwegzunehmen: Die FDP-Bundestagsfraktion
egrüßt den vorliegenden Gesetzentwurf der Union vom
rundsatz her.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Die Opfer politischer Verfolgung in der SBZ bzw. der
DR warten bis zum heutigen Tag auf eine angemessene
inanzielle Wiedergutmachtung für ihr erlittenes Schick-
al. Wir als FDP haben bereits in der alten Koalition mit
hnen, meine verehrten Kollegen von der Union, ver-
ucht, den Opfern der politischen Verfolgung zu helfen.
ber leider – das muss ich Ihnen ins Stammbuch schrei-
en – sind unsere Bemühungen immer an einem, näm-
ich an Herrn Dr. Waigel, gescheitert.
Umso mehr freut es uns, dass Sie nun von sich aus die

nitiative ergriffen haben. Dass hieran das Bundesver-
assungsgericht mit seiner Entscheidung vom 28. April
999 einen gewissen Anteil hatte, als es zu den Fragen
er Überleitung von Ansprüchen und Anwartschaften
us Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der DDR
n die gesetzliche Rentenversicherung des wiederverei-
igten Deutschlands Stellung nahm, sollten wir an dieser
telle der Ehrlichkeit halber sagen.
Wir Liberale sind uns völlig einig: Der Gesetzgeber
uss im Hinblick auf den bevorstehenden 50. Jahrestag
es Aufstandes vom 17. Juni 1953 endlich die herausra-
ende Bedeutung des Einsatzes der Betroffenen bei ihrem
iderstand gegen die zweite deutsche Diktatur würdigen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

ir müssen endlich die gesellschaftliche Bedeutung die-

es Einsatzes für eine rechtsstaatliche und freiheitliche
emokratie würdigen. Ziel muss es sein, gerade die
ichtigkeit dieses mutigen Eintretens auch für unsere
eutige Demokratie im wiedervereinigten Deutschland
erauszustellen. Der von diesen Menschen bewusst ge-
agte Einsatz ihres Lebens für Freiheit und Demokratie
nd die Inkaufnahme erheblicher sozialer Nachteile
uss vom wiedervereinigten deutschen Staat endlich an-
emessen gewürdigt werden.
Ob dies in der Art und Weise geschehen muss, wie es

m Gesetzentwurf von CDU/CSU vorgeschlagen wird,
ird man im Innen- und Rechtsausschuss noch diskutie-
en. Wir sollten uns im Rechtsausschuss, der sich feder-






(A) )



(B) )


Rainer Funke
führend mit der Thematik zu beschäftigen hat, darüber
Gedanken machen, wie die Betroffenen möglichst unbü-
rokratisch an die ihnen so lange vorenthaltene Rente ge-
langen können. Ob die Staffelung des Rentensatzes der
richtige Weg ist, darüber müssen wir diskutieren.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504905900


Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
Hacker für die SPD-Fraktion.


Hans-Joachim Hacker (SPD):
Rede ID: ID1504906000

Vielen Dank, Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Bevor ich auf die Bewertung des vorlie-
genden Gesetzentwurfes eingehe, möchte auch ich noch
einmal meine Gedanken in das Jahr 1953 schweifen las-
sen. In wenigen Tagen jährt sich zum 50. Mal der Tag,
an dem Männer und Frauen in Ostberlin, Leipzig, Chem-
nitz und anderen Städten auf die Straße gegangen sind
und sich für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einge-
setzt haben. Ich glaube, viele von ihnen haben schon da-
mals den Gedanken an die deutsche Einheit im Herzen
und im Kopf getragen.

In der friedlichen Revolution in der DDR im
Herbst 1989 und in der deutschen Wiedervereinigung
am 3. Oktober 1990 hat sich dieser historische Auftrag
für uns, die wir das SED-Regime nicht wollten, erfüllt.
Dafür haben sich auch viele Mitglieder dieses Hauses
eingesetzt. Heute gilt unser Gedanke in erster Linie den
Männern und Frauen, die am 17. Juni 1953 auf der
Straße gegen die SED-Diktatur und die Sowjets demons-
triert haben.

Die Politik in Deutschland hatte und hat den morali-
schen Auftrag, diese Opfer nicht zu vergessen. Die letzte
demokratisch gewählte Volkskammer hatte sich dieser
Thematik gestellt. Wir haben diese Thematik anschlie-
ßend sehr zögerlich und mit einschränkenden Vorgaben
der damaligen Bundesregierung diskutiert.

Herr Funke, ich wundere mich ein wenig darüber,
dass Sie heute als Verantwortliche für diese auch damals
schon erkennbar unbefriedigende Gesetzgebung die
Union nennen. Bei Ihnen war zwar eine größere Bereit-
schaft zur Öffnung zu erkennen. Aber auch Ihnen muss
ich ins Stammbuch schreiben, dass Sie sich nicht konse-
quent genug eingesetzt haben. Ich denke hier nur an die
erniedrigende Diskussion über die Zwangausgesiedelten,
die von FDP und Union nicht in das Verwaltungsrechtli-
che Rehabilitierungsgesetz aufgenommen werden soll-
ten.


(Rainer Funke [FDP]: Was Sie da sagen, ist doch nicht wahr!)


Wir haben es am Ende anders gemacht; aber zuvor
gab es schwierige und quälende Diskussionen. Wir dür-
fen das heute nicht vergessen.

Mein zentraler Vorwurf geht dahin, dass bei der da-
maligen Gesetzgebung eine Spaltung der Opfer nach ih-

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(C (D em Wohnsitz betrieben worden ist. Diejenigen, die freiekauft wurden, wurden anders behandelt als diejenigen, ie in der DDR geblieben sind. Herr Funke, die geringe apitalentschädigung, die Sie mit der Union eingeführt aben, war doch ein Skandal. Die Entschädigung belief ich auf 300 DM für die im Westen lebenden und auf 50 DM für die in der DDR verbliebenen Opfer. Diese eträge lagen unterhalb der Beträge, die jemand in der undesrepublik nach dem Gesetz über die Entschädiung für Strafverfolgungsmaßnahmen bekommt. Das eispiel Stoph war himmelschreiend. Deswegen war hre Gesetzgebung so schlecht. Das muss man hier einal ansprechen. (Rainer Funke [FDP]: Können Sie nicht zur Sache kommen, Herr Hacker? – Gegenruf der Abg. Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist zur Sache!)


Sie haben überhaupt nicht an die Angehörigen derje-
igen gedacht, die in den Gefängnissen im Rahmen ihrer
olitischen Haft umgekommen sind bzw. wenige hundert
eter von hier entfernt in der Spree erschossen worden
ind.


(Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Wie geht es jetzt weiter? Sagen Sie doch einmal, wie es weitergeht!)


Lieber Herr Büttner, das will ich Ihnen sagen. Diese
ängel, die Sie produziert haben und die bei den Opfer-
ruppen berechtigterweise zu Frustration und Enttäu-
chung geführt haben, haben wir beseitigt.


(Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Richtig! Und wie geht es jetzt weiter?)


Wir haben mit der Novelle 1999 eine einheitliche
apitalentschädigung in Höhe von 600 DM für alle
ingeführt. Ich wiederhole noch einmal die Position der
PD, die lautet: Ein Jahr Bautzen ist ein Jahr Bautzen.
a kann man nicht danach differenzieren, ob die Betref-
enden später in Bochum oder in Dresden gelebt haben.


(Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Meine Meinung!)


Wir haben Ihnen immer wieder deutlich gemacht,
elchen Widerspruch Sie produziert haben mit der mil-
iardenschweren vermögensrechtlichen Regelung auf der
inen und den Defiziten in der Entschädigungsgesetzge-
ung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze auf der an-
eren Seite.
Wir haben für die Menschen, die Angehörige verloren

aben, etwas getan. Diese haben heute Zugang zu Ent-
chädigungsleistungen. Wir haben für eine bestimmte
ruppe von Opfern der Nachkriegszeit, die deutschen
wangsarbeiter, etwas getan. Zum Thema Entschädi-
ung der deutschen Zwangsarbeiter haben Sie gestern ei-
en Antrag in den Deutschen Bundestag eingebracht.
ehmen Sie zur Kenntnis, dass wir mit der Novelle von
999 gerade für die deportierten Zivilisten aus den ehe-
aligen deutschen Ostgebieten Entschädigungsleis-
ungen eingeführt haben, die von Ihren Vorstellungen
ravierend abweichen. Wir haben die Höhe der Fonds-
eiträge für die Stiftung für ehemalige politische Häft-






(A) )



(B) )


Hans-Joachim Hacker
linge verfünffacht und haben in den Folgejahren jährlich
– auch im letzten Jahr – Millionenbeträge für die Stif-
tung bereitgestellt. Das sind die Tatsachen. An diesen
Tatsachen dürfen Sie nicht vorbeigehen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504906100


Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Abgeordneten Funke?


Hans-Joachim Hacker (SPD):
Rede ID: ID1504906200

Gerne, Herr Funke.


Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1504906300

Nachdem Sie ausführlich dargelegt haben, was Sie in

den letzten Jahren im Einzelnen alles getan haben, muss
ich Sie fragen, ob Sie bereit sind, im Rahmen dieses Ge-
setzes, dessen Entwurf Ihnen vorliegt, für die Betroffe-
nen konkret etwas zu tun?


Hans-Joachim Hacker (SPD):
Rede ID: ID1504906400

Herr Funke, auf diese Frage kann ich Ihnen klipp und

klar antworten: Wir sind bereit, etwas zu tun; das hat
eben schon der Vorredner aus meiner Fraktion gesagt.
Wir werden die Antragsfristen verlängern. Wir werden
darauf achten, dass die Stiftung für ehemalige politische
Häftlinge ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung
gestellt bekommt, um zu verhindern, dass die Opfer in
die Sozialhilfe abrutschen. Wir haben nach dem Berufli-
chen und nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsge-
setz Ausgleichsleistungen und Unterstützungsleistungen
vorgesehen.

Mein Appell richtet sich heute an die Opferverbände
und an diejenigen, die persönlich betroffen sind, jetzt
ihre Anträge zu stellen und die Antragsmöglichkeiten
auch auszuschöpfen. Noch immer bekommen wir jähr-
lich aus den neuen Ländern Tausende von Anträgen auf
Rehabilitierung und Entschädigung. Wir wollen, dass
das Geld fließt. Wir werden denjenigen, die es, aus wel-
chen Gründen auch immer – Traumatisierung und andere
Gründe spielen eine Rolle –, nicht schaffen, in diesem
Jahr einen Antrag zu stellen, durch eine mehrjährige Ver-
längerung der Antragsfrist die Chance geben, auch wei-
terhin Anträge stellen zu können.

Die Stiftung ist bei uns in guten Händen. Wir setzen
uns dafür ein, dass diese Stiftung ausreichend ausgestat-
tet wird.

Einen Punkt, der heute schon angesprochen wurde,
will ich verdeutlichen: So sehr wir uns dagegen gewehrt
haben, dass Opfergruppen gegeneinander ausgespielt
werden, so sehr muss ich mich dagegen wehren, dass wir
durch dieses Gesetz, wenn wir es umsetzen, eine Spal-
tung der Opfer des NS-Regimes und der SED-Opfer her-
beiführen. Das ist vielleicht nicht gewollt, Herr Vaatz, ist
aber Inhalt Ihres Vorschlages. Sie können nicht verlan-
gen, dass wir für eine solche Ungleichbehandlung von

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(C (D enschen, die in NS-Haft, die in Konzentrationslagern aren, die Hand heben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ir können die Opfer zweier Diktaturen unserer jüngs-
en deutschen Geschichte nicht mit so unterschiedlichen
echtlichen Anspruchsgrundlagen ausstatten. Ich emp-
ehle Ihnen dringend, sich dieser Problematik bewusst
u werden und das bei den weiteren Beratungen im Aus-
chuss zu berücksichtigen.


(Abg. Arnold Vaatz [CDU/CSU] und Abg. Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU] melden sich zu einer Zwischenfrage – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie haben doch noch die Ausschussberatungen! Da können Sie Ihre Fragen stellen!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504906500


Herr Kollege, ich mache Sie noch einmal auf Ihre Re-
ezeit aufmerksam.


Hans-Joachim Hacker (SPD):
Rede ID: ID1504906600

Jawohl, Herr Präsident.
Abschließend möchte ich sagen: Herr Vaatz, ich
öchte Ihnen dafür danken, dass Sie mit mir, jedenfalls
ußerhalb des Plenums, aber auch hier, bisher sachge-
echt diskutiert haben und dass Sie nicht versucht haben,
iese Bühne zu einem Tribunal umzugestalten.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben das gemacht!)


ch will Ihnen aber sagen: Versuchen Sie nicht, die Poli-
ik gegenüber der Bundesregierung und den Koalitions-
raktionen auf dem Rücken der Opfer der beiden deut-
chen Diktaturen auszutragen!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hartmut Büttner [Schönebeck] [CDU/CSU]: Das ist ein Skandal! Das ist unglaublich! – Gegenruf des Abg. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie hatten doch acht Jahre die Chance, etwas zu machen! Was soll dieser Ausbruch?)


as haben die Betroffenen nicht verdient. Bleiben Sie in
er Bewertung sachlich! Ich erinnere noch einmal daran:
ie müssen diese beiden Opfergruppen aus dem vorher-
ehenden Jahrhundert gleich behandeln.
Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504906700


Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/932 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert
einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überwei-
sung so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 22 auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Ersten
Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-
Energien-Gesetzes

– Drucksache 15/810 –

(Erste Beratung 40. Sitzung)

Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten
Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-
Energien-Gesetzes

– Drucksache 15/1067 –

(Erste Beratung 47. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit (15. Ausschuss)

– Drucksache 15/1121 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Marco Bülow
Doris Meyer (Tapfheim)

Michaele Hustedt
Angelika Brunkhorst

Hierzu liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion
der CDU/CSU vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 45 Minuten vorgesehen. – Dazu höre ich
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst das
Wort dem Bundesminister Jürgen Trittin.

Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir spre-
chen heute über eine zielgenaue Lösung für Betriebe, die
in besonderer Weise stromintensiv sind und deshalb
durch die Umlage auf erneuerbare Energien bestimmte
zusätzliche Kosten haben. Dabei darf sich allerdings
nicht der Eindruck verfestigen, dass der Strom in
Deutschland immer teurer geworden sei, weshalb die
deutsche Industrie einen Wettbewerbsnachteil habe. Dies
ist definitiv falsch.

Die von der alten Bundesregierung eingeleitete und
damals von meiner Fraktion – Michaele Hustedt vorne-
weg – immer unterstützte Liberalisierung der Strom-
märkte hat gerade für die Industriekunden in Deutsch-
land beachtliche Folgen gehabt. Zwischen 1995 und
2002 ist der Industriestrom in Deutschland um gut ein
Drittel billiger geworden. In diesem Zeitraum sanken die
Industriestrompreise um 30 Prozent. Innerhalb der EU
waren es nur 9 Prozent. Zum Vergleich: Die von vielen
immer hoch angesehenen USA hatten im gleichen Zeit-
raum eine Steigerung von 7 Prozent zu verzeichnen. Das
heißt, wir können feststellen, dass wir es mit einer Situa-

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(C (D ion zu tun haben, in der sich die Wettbewerbssituation er deutschen Industrie bezogen auf die Industriestromreise auch und insbesondere im Vergleich zu ihren ettbewerbern insgesamt drastisch verbessert und nicht erschlechtert hat. Man kann das auch in Zahlen ausdrücken: Kostete die ilowattstunde Industriestrom im Jahre 1995 im Schnitt och 7,6 Cent, so kostet sie heute 5,3 Cent. Das alles gilt rotz des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, der KWKmlage und der Stromsteuer im Rahmen der ökologichen Steuerreform. Ich drücke es anders aus: Für die Inustrie stehen jedem Euro durch die Verteuerung des troms durch diese Umlagemaßnahmen 8 Euro infolge er Verbilligung des Stroms gegenüber. Wenn ich die Gesamtbetrachtung für die Industrie an ieser Stelle mit diesem Nachdruck unterstreiche, so will ch dabei nicht verkennen, dass es einzelne Unternehmen eben kann, die mit dieser Entwicklung auch negative rfahrungen gemacht haben. Hierfür haben wir mit dem orschaltgesetz eine Lösung gefunden, die besonders tromintensiven Betrieben im Einzelfall nützt. Bei der Betrachtung dieser Vorgänge ist uns aller ings auch aufgefallen, dass die von den Netzbetreibern mgelegten EEG-Umlagen außerordentlich uneinheitich ist. Die Beträge belaufen sich auf 0,2 Cent bis ,66 Cent. In Wirklichkeit liegt der Betrag bei ungefähr ,29 Cent. Das bedarf zweier Regelungen: Erstens. Bei einer endgültigen Novellierung des Er euerbare-Energien-Gesetzes müssen wir klarstellen, as umlagefähige Kosten überhaupt sind. Es kann nicht ein, dass ohnehin vorhandene Netzkosten kurzerhand mgelegt und auf diese Weise nicht nur den erneuerbaen Energien in die Schuhe geschoben, sondern auch in en Stahlhütten und in den Aluminiumund Kupferweren abkassiert werden. Das können und werden wir icht akzeptieren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Zweitens. Es kann auch nicht sein, dass die Verfü-
ung über das Netz die letzte Schranke für den Wettbe-
erb auf dem Strommarkt ist. Mittlerweile liegen meh-
ere Urteile gegen diverse Stadtwerke vor. In drei Fällen
eht es um den Missbrauch der Netzhoheit. Das Landge-
icht Berlin hat festgestellt, dass die Verbändevereinba-
ung über den Netzzugang gegen das Kartellrecht ver-
tößt. Diese Urteile liegen auf dem Tisch. Das heißt, wir
üssen sicherstellen, dass es im Netz tatsächlich zu
ettbewerb kommt. Dies wird uns nur dann gelingen,
enn wir das umsetzen, wozu sich die Bundesregierung
usdrücklich verpflichtet hat, nämlich eine Wettbe-
erbsbehörde einzurichten.
Das ist der Grund für unser Vorschaltgesetz, das für

in Jahr gilt. In der Kombination mit der Verabschiedung
iner entsprechenden Verordnung über eine Wettbe-
erbsbehörde und der Novelle des Erneuerbare-Ener-
ien-Gesetzes werden wir diese Probleme, nämlich den
issbrauch von Marktmacht zulasten der Industrie und
er erneuerbaren Energien, gemeinsam angehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Bundesminister Jürgen Trittin
Lassen Sie mich eine letzte Bemerkung machen. Die-
jenigen, die meinen, es sei nun genug für die erneuerba-
ren Energien getan, muss ich darauf hinweisen: Heute
sparen die erneuerbaren Energien 50 Millionen Tonnen
CO2 ein. Legt man die Nachhaltigkeitsstrategie unsererBundesregierung zugrunde, werden es bis zum Jahr
2010 ungefähr 100 Millionen Tonnen CO2 sein, zehnProzent unseres Emissionsvolumens. Wer diese Ent-
wicklung bremsen möchte, wie ich das gelegentlich aus
den Reihen der Opposition höre, muss sich an dieser
Stelle sagen lassen: Es wird in allen anderen Fällen teuer.
Die Förderung erneuerbarer Energien hat in diesem Jahr
den bundesdeutschen Haushalt im Schnitt ein Euro pro
Monat gekostet. Eine billigere Variante für Klimaschutz
ist mir nicht bekannt.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das war aber ein anderes Thema! Es geht doch um die Härtefallregelung!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504906800


Ich erteile der Kollegin Doris Meyer, CDU/CSU-
Fraktion, das Wort.


Doris Meyer (CSU):
Rede ID: ID1504906900

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Zuletzt haben wir uns Ende Januar
in diesem Haus mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz
beschäftigt. Damals haben wir bei der Debatte zum Er-
fahrungsbericht unser Augenmerk allerdings auf die
große Novelle des EEG gerichtet. Damals sollte eine
umfassende Überarbeitung dieses Gesetzes in Angriff
genommen werden. Damals war die Härtefallregelung,
um die es heute geht, noch in weiter Ferne. Bundesmi-
nister Trittin war komplett gegen eine Härtefallregelung.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist es!)

Heute müssen wir allerdings feststellen: Er hat einen

völligen Sinneswandel vollzogen.

(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Deswegen hat er auch gerade über ein anderes Thema geredet!)


Wie sonst ließe sich erklären, dass der Entwurf für eine
Härtefallregelung für die stromintensive Industrie in ge-
radezu überfallartiger Weise vorgelegt wurde? Zwar
stimmt die Zielrichtung, in die dieses Vorschaltgesetz
steuert. Doch die gesetzeshandwerkliche Vorgehens-
weise bei der kleinen Novelle des EEG überzeugt uns als
Unionsfraktion überhaupt nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich werde kurz den Ausgangspunkt für diesen Ent-
wurf skizzieren. Durch den Anstieg der Stromeinspeise-
vergütungen kam es zu besonderen Belastungen der
stromintensiven Industrie; insbesondere die Aluminium-,
Chemie-, Zement- und Papierindustrie sind betroffen.

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(C (D em versucht die Bundesregierung mit ihrem Entwurf ntgegenzuwirken. Bei einem bloßen Versuch wird es ber auch bleiben. Wie gesagt: Das Ziel einer Entlastung treben auch wir, die CDU/CSU, an. Doch der vorlieende Gesetzentwurf lässt noch zu viele Fragen offen. Durch die Anhörung mehrerer Sachverständiger im mweltausschuss am 19. Mai traten etliche Mängel des ntwurfs sehr deutlich zutage. Erster Kritikpunkt ist die illkürliche Wahl der hohen Schwellenwerte von 00 Gigawattstunden Stromverbrauch pro Jahr und das erhältnis von Stromkosten zur Bruttowertschöpfung on 20 Prozent. So sind die hohen Schwellenwerte des oalitionsentwurfs in jeweils etwa zehn Betrieben soohl der chemischen als auch der Zementindustrie dereit erreicht. Insgesamt dürften von der Entlastungsregeung nur etwa 30 bis 40 Unternehmen profitieren. Ich rage daher: Wo bleiben da die anderen Unternehmen? arum muss die Grenze gerade bei 100 Gigawattstunen liegen? Warum muss das Verhältnis von Stromkosen zu Bruttowertschöpfung ausgerechnet 20 Prozent beragen? Fragen, die bislang von keinem der achverständigen beantwortet werden konnten. Der achverständige Professor Leprich gibt in seiner Stelungnahme gar an, es gebe keine sachliche Rechtfertiung für genau diese Grenzen. Problematisch ist überdies noch, dass beide Voraus etzungen kumuliert, also gleichzeitig, vorliegen müsen. Bei einigen kleineren Unternehmen beträgt der tromkostenanteil an der Bruttowertschöpfung mehr als 0 Prozent; der andere Grenzwert von 100 Gigawatttunden Stromverbrauch pro Jahr wird aber nicht überchritten. Für diese Unternehmen stellen die Stromkosen aber doch auch eine enorme Belastung dar – oder twa nicht? Mit der neuen Regelung hätten sie die überwälzten osten der befreiten größeren Unternehmen mitzutraen. Kann dies wirklich beabsichtigt sein? Wollen wir irklich in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Belastunen von einigen Dutzend Unternehmen wegnehmen, um ie sofort wieder anderen Unternehmen aufzuhalsen und iese damit zu schwächen? Durch die willkürlich gewählten Schwellenwerte ommt es in der Folge zu brancheninternen Wettbeerbsverzerrungen und Strukturveränderungen. Die onsequenzen liegen auf der Hand. Die schlechte Konunktur am Bau zusammen mit Befreiungen für einige enige Unternehmen, beispielsweise der Zementindusrie, kann die anderen, die nicht befreit sind, in den Ruin reiben. Zweiter Kritikpunkt: Juristisch klare Aussagen sind angelware. Es gibt in dem Entwurf etliche Formulie ungen, deren Definition auf Nachfrage im Umweltauschuss weder die Parlamentarische Staatssekretärin noch hre zuständigen Referenten kannten. ie wollten sich da erst noch schlau machen. Doris Meyer Wie stellt sich die im Gesetz genannte Gefährdung der Ziele des EEG dar? Wann sind die Ziele gefährdet und wann gerade noch nicht? Will dies eine Behörde festlegen? Wie will man beurteilen, ob die Begrenzung der Kosten mit den Interessen der Gesamtheit der Stromverbraucher vereinbar ist? Der ebenfalls unklare, in der Diskussion über diesen Gesetzentwurf häufig genannte Begriff der Abnahmestelle bleibt ohne Inhalt. Ich frage heute noch einmal: Was ist eine so genannte Abnahmestelle? Etwa ein Unternehmen oder doch eine Betriebsstätte? Wissen Sie das heute? Am vergangenen Mittwoch herrschte bei diesem Thema noch großes Rätselraten. Wie soll ein Unternehmen nachweisen, dass die Kosten – so der Gesetzeswortlaut – zu einer „erheblichen Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit“ des Unternehmens führen? Haben Sie für die entscheidende Behörde eine einleuchtende Erklärung? Welche messbaren Werte können Sie nennen, anhand derer die maßgebliche Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens festgestellt werden kann? All diese Fragen sind noch immer offen. Die Bundesregierung trägt mit der juristisch unpräzisen Formulierung nicht zur Klärung dieser Fragen bei. Sie lässt sich hier auf ein Experiment ein. Wie in der Praxis mit den unbestimmten Rechtsbegriffen, beispielsweise dem der Wettbewerbsfähigkeit, umgegangen werden soll, muss sich erst noch zeigen. Vermutlich muss sich dieses Problems wieder eine Clearingstelle annehmen – oder die Gerichte oder die Unternehmen selbst. Denn auf diese schieben Sie die Verantwortung. (Ulrich Kelber [SPD]: Machen Sie doch mal einen konkreten Vorschlag! – Gegenruf des Abg. Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Haben wir doch gemacht! Die Nerven liegen blank!)


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Wohl wahr!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sie sollen den Nachweis ihres Stromverbrauchs und der
damit verbundenen Kosten durch Testate von Wirt-
schaftsprüfern selbst führen.

Ein Zwischenfazit: Verantwortung abgeschoben, neue
Kosten und Belastungen und Bürokratie erzeugt. Damit
bewegen wir uns weg von Deregulierung und Bürokra-
tieabbau.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Müssen die Unternehmen nicht schon im Vorfeld die Vo-
raussetzungen kennen, nach denen eine maßgebliche Be-
einträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit vorliegt? Müs-
sen wir nicht den Unternehmen ein Stück mehr Rechts-
und Planungssicherheit geben?

Die Planungssicherheit führt mich zum nächsten
Stichwort. Die Prognoseentscheidung nach § 11 a Abs. 3
des Gesetzentwurfs, mit der laut Gesetzesbegründung
das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle ar-
beiten muss, stellt doch nur einen weiteren Unsicher-
heitsfaktor dar.

Warum müssen die Anträge auf Befreiung durch das
Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle bearbei-

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(C (D et werden? Welchen sachlich oder rechtlich zwingenden rund gibt es für diese Aufgabenverteilung? Ist die Entscheidung von dieser Behörde gefällt wor en, bleibt die Frage, wie lange sie Gültigkeit hat. Dem esetzentwurf zufolge ist es ein Jahr. Das mag wieerum damit zu tun haben, dass diese Regelung noch einen endgültigen Charakter hat, sondern erst einmal ur Probe eingeführt werden soll. Ich möchte aber nicht nur Kritik üben. Infolge des usgeübten Druckes wurde wenigstens ein Kritikpunkt eseitigt. Zuerst sollte das Bundesamt für Wirtschaft und usfuhrkontrolle auch noch einen Ermessensspielraum ei der Entscheidung erhalten, ob es einem Unternehmen ie Befreiung genehmigt oder nicht. Es sollte sich um ine Kannbestimmung handeln, obwohl bereits Schwelenwerte als Voraussetzungen für eine Befreiung im Geetz festgeschrieben waren. Entweder liegen die Vorausetzungen vor und es besteht ein Anspruch auf Befreiung der nicht; ein Ermessensspielraum, wie er ursprünglich orgesehen war, geht nicht an. Was sich die Väter dieser ormulierung dabei gedacht haben, wird wohl ein Geeimnis bleiben. (Zuruf von der SPD: Da waren auch Mütter dabei!)


Zum Ende möchte ich Ihnen noch einmal das Wich-
igste aufzeigen: Die juristischen Unklarheiten bei die-
em Gesetzentwurf werden uns noch ebenso Kopfzer-
rechen bereiten wie die enormen brancheninternen
ettbewerbsverzerrungen, die durch die Härtefallrege-

ung in der jetzigen Ausgestaltung hervorgerufen wer-
en. Diese Wettbewerbsverzerrungen dürfen wir nicht
ulassen. Eine weitere Schieflage muss unbedingt ver-
indert werden. Als verantwortungsvolle Parlamentarier
ürfen wir dieser Flickschusterei nicht zustimmen.
Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504907000


Ich erteile das Wort dem Kollegen Marco Bülow,
PD-Fraktion.


Marco Bülow (SPD):
Rede ID: ID1504907100

Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kolle-

en! Hier sehen Sie

(Der Abgeordnete hält ein Schaubild hoch)


en Umriss meines Heimatlandes Nordrhein-Westfalen.
n dem Umriss sind 210 kleine Sonnen eingezeichnet.
ede Sonne steht für zehn Betriebe im Bereich des Anla-
ensystembaus für erneuerbare Energien. Es gibt also
100 nordrhein-westfälische Unternehmen im Bereich
er erneuerbaren Energien, mit wachsender Tendenz.
Angesichts der angespannten Lage auf dem Arbeits-
arkt in Deutschland und Nordrhein-Westfalen ist es
mso positiver, dass die Branche der erneuerbaren Ener-
ien in Nordrhein-Westfalen allein in den vergangenen
rei Jahren einen Arbeitsplatzzuwachs von circa 30 Pro-
ent zu verzeichnen hatte. Bundesweit wurden






(A) )



(B) )


Marco Bülow
130 000 Arbeitsplätze gesichert, 80 000 durch das
EEG.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben allen Grund, die Debatte selbstbewusst und
optimistisch zu führen.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das ist gar nicht das Thema!)


– Das gilt auch für die Härtefallregelung.
Das EEG ist sowohl klimapolitisch als auch wirt-

schaftspolitisch eine Erfolgsgeschichte.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Wieder das Thema verfehlt!)


Dennoch ziehen einige Politiker und Lobbyisten durch
das Land, drucksen gequält „Erneuerbare Energien? Zu-
kunftsvision? Schön und gut!“ und betonen vor allem,
wie schädlich das EEG für die Wirtschaft sei. Damit zer-
reden sie eine der innovativsten Zukunftsbranchen in un-
serem Land. Das ist wirtschaftsschädlich. Hören Sie da-
mit auf!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das steht aber heute gar nicht auf der Tagesordnung!)


– Fühlen Sie sich angesprochen von dem, was ich gerade
ausgeführt habe?


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Nein, es ist nur eine Hilfestellung!)


Schlimmer noch: Sie benutzen falsche Zahlen, über-
treiben und manche lügen, ohne rot zu werden. Bei den
Lobbyisten kann man das vielleicht noch nachvollzie-
hen, wenn auch nicht verstehen; bei Politikern halte ich
das für eine Frechheit.

Es ist eben nicht wahr, dass durch das EEG die Kos-
ten explodieren. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall. Die
Kostenschere zwischen fossilen und erneuerbaren
Energien wird sich schließen, und zwar aus folgenden
Gründen: Erstens werden die fossilen Energieträger teu-
rer. Das ergibt sich schon daraus, dass sie endlich sind
und bald zur Neige gehen. Zweitens müssen in den
nächsten 25 Jahren 80 Prozent des Kraftwerksparks der
fossilen Energieträger erneuert werden. Drittens gibt es
für die erneuerbaren Energien keine Regelungen zum In-
flationsausgleich; vielmehr sind im Gegenteil bereits
Degressionsstufen eingebaut und die Förderung wird
stetig weiter reduziert. Viertens finden hier Innovations-
schübe statt, von denen andere Energieträger nur träu-
men können.

Lassen Sie mich ein Beispiel anführen. Im Bereich
der Windkraftenergie sind die Erzeugerpreise im gesam-
ten Zeitraum um 60 Prozent gesunken. Weil die erneuer-
baren Energien immer vorhanden sind und kostenfrei zur
Verfügung stehen, werden sie effizienter und kosten-
günstiger. Bereits 2006/07 wird die Höchstförderung er-
reicht. Danach wird das Fördervolumen absinken.

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(C (D Wie innovativ und wirtschaftlich die erneuerbaren nergien sind, zeigt ein Vergleich zwischen der Atomnd der Windenergie. Elf Jahre nach Markteinführung roduzierte die Windkraftbranche doppelt so viel Enerie wie zu diesem Zeitpunkt seinerzeit die Atombranche, nd das, obwohl der Atomstrom damals stärker geförert wurde als heute die Windenergie. Vergessen wir icht, dass das EEG eigentlich ein Instrument zum Kliaschutz ist. Diese Rolle erfüllt es auch vorbildlich. ber es ist auch ein erfolgreiches Wirtschaftsförderungsesetz und wird nicht umsonst von vielen Ländern in der elt kopiert. Das EEG ist weltweit das effizienteste Förerinstrument für umweltfreundlichen Strom. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Da ich aus dem Ruhrgebiet komme, weiß ich um die
risanz der energieintensiven Unternehmen, deren
ahnungen ernst zu nehmen sind. Damit haben wir uns
rnsthaft auseinander zu setzen, und zwar nicht nur
eute, sondern auch in Zukunft. Mir liegen aber auch die
ausenden Betriebe der Erneuerbare-Energien-Branche
m Herzen. Ich erinnere daran – deswegen ist es eine
chwierige Diskussion über Grenzen –, dass wir für je-
en Betrieb, den wir entlasten, andere Betriebe und die
erbraucher belasten müssen. Deshalb gibt es keine ein-
ache Lösung für eine Härtefallregelung; denn man kann
ede Grenze anzweifeln. Ich meine, unser Vorschlag ist
ine schnelle und ausgewogene Lösung – das wurde uns
brigens vom Bundesrat bestätigt –; nichtsdestotrotz
üssen wir sie im nächsten Jahr anhand neuer Erkennt-
isse überprüfen.
Ich appelliere an Sie: Zerreden Sie nicht eines der

achhaltigsten Projekte. Betonen Sie dagegen den Er-
olg, die Chancen und die Wirtschaftlichkeit der erneuer-
aren Energien und des Erneuerbare-Energien-Gesetzes!
timmen Sie bitte unserem Gesetzentwurf zu, damit wir
en Betroffenen schnell helfen können und damit die
100 Firmen in Nordrhein-Westfalen erst der Anfang
ind.
Danke schön. Glück auf!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504907200


Das Wort hat nun die Kollegin Angelika Brunkhorst,
DP-Fraktion.


Angelika Brunkhorst (FDP):
Rede ID: ID1504907300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der

inbringung der EEG-Novelle erkennt Rot-Grün zum
rsten Mal an, dass das EEG unzumutbare Kostenbelas-
ungen mit sich bringt und dass gegengesteuert werden
uss. Das muss hier klar festgestellt werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ies ist die Entlarvung der grundlegenden Schwäche
ieses Gesetzes. Es kann auf Dauer nicht funktionieren,






(A) )



(B) )


Angelika Brunkhorst
staatliche Planzahlen mit garantierten Abnahmepreisen
für den Ökostrom dirigistisch durchzusetzen.

Zu der vorliegenden EEG-Novelle möchte ich Fol-
gendes sagen: Das EEG in seiner aktuellen Form wird in
keiner Weise den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen
Erfordernissen gerecht. Um ein ideologisches Ziel zu er-
reichen, setzt man Scheuklappen auf.


(Ulrike Mehl [SPD]: Der Klimaschutz ist ein ideologisches Ziel? Das kann doch nicht wahr sein!)


Die ständig steigenden Kosten mutet man dem einzelnen
Bürger und den Unternehmen zu. Auf die Stellungnahme
des Bundesrates und die darin enthaltenen Änderungs-
vorschläge hat Rot-Grün zuerst mit einer Absage rea-
giert, um dann am vergangenen Mittwoch doch noch
kurzfristig einige Dinge zu berücksichtigen. So wurde
im Sinne von Planungssicherheit in § 11 a Abs. 3 die
Belastungsgrenze auf 0,05 Cent pro Kilowattstunde fest-
gelegt. Außerdem wurde § 11 a Abs. 4 gestrichen, si-
cherlich mit der ehrenwerten Absicht, bürokratischen
Aufwand zu minimieren und – das ist ganz wichtig – das
Ermessen zu binden. Eine wirklich gute Absicht, doch
aufgepasst! Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhr-
kontrolle bekommt nun in dem neu hinzugefügten sehr
folgenschweren Nebensatz in § 11 a Abs. 1 das Ermes-
sen wieder eingeräumt. Dort heißt es:

… soweit hierdurch die Ziele des Gesetzes nicht ge-
fährdet werden und die Begrenzung mit den Inte-
ressen der Gesamtheit der Stromverbraucher ver-
einbar ist.

Das finde ich absurd. Dass sich die Ermessensregelung
nun an anderer Stelle findet, hat nicht zur Folge, dass die
sozusagen hochherrschaftlichen Befugnisse der Verwal-
tung eingeengt werden, sondern hat das Gegenteil zur
Folge – darüber müssen wir uns klar sein –, dass sie ver-
stärkt werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir reden hier über eine kleine Novelle des EEG. Da-
durch werden die Fehler im Konzept des EEG insgesamt
überhaupt nicht ausgebügelt, sondern in puncto Dirigis-
mus verstärkt.

Ich möchte noch auf einige Kritikpunkte zu sprechen
kommen, die hier schon erwähnt worden sind. Es gibt
die Kappungsgrenze von 100 Gigawattstunden und die
zusätzliche Voraussetzung, dass die Strombezugskosten
mehr als 20 Prozent der Bruttowertschöpfung ausma-
chen. Das wird nur von einer Hand voll großer Unter-
nehmen in den stromintensiven Branchen erfüllt werden
können. Diese Novelle – davon gehe ich aus – soll wohl
eher Symbolcharakter haben; den Mittelstand vergisst
man hierbei völlig.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Auch unter marktwirtschaftlichen Aspekten ist es
sehr bedenklich, nur die Riesen einer Branche zu entlas-
ten. In den kleineren Betrieben sind die Energiekosten,

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(C (D ie pro Arbeitsplatz zu Buche schlagen, ebenfalls hoch. ie Verzerrung des Wettbewerbs innerhalb einer Branhe kann überhaupt keine Zustimmung finden. Man uss hier wirklich noch einmal klar sagen: Wettbeerbsverzerrung lässt sich nicht an der Größe eines Unernehmens festmachen. Das wäre unlogisch und ist auch nter wirtschaftlichen Gesichtspunkten überhaupt nicht achvollziehbar. Für die kleinen und mittleren Unternehmen befürchte ch, dass dies angesichts der Kosten, die schon jetzt von hnen getragen werden müssen – ich nenne nur die Ökoteuer –, der Tropfen sein wird, der das Fass zum Überaufen bringt. Es könnte sein – ich hoffe es nicht –, dass ie Unternehmen darauf mit Personalabbau oder Verlaerung der Produktion ins Ausland reagieren. Zu dem Entschließungsantrag der CDU/CSU-Frak ion möchte ich Folgendes sagen: Wir teilen die gesamen Bedenken, die darin vorgetragen werden. Er ist aus nserer Sicht aber zu kurz gesprungen. Selbst wenn die undesregierung auf alles das eingehen würde, bliebe es eim Status quo, einem konzeptionell fehlgeleiteten Geetz. Wir von der FDP wollen das nicht. Wir haben bereits langfristig wirkende andere Lö ungsvorschläge aufgezeigt. Unser Konzept zur marktirtschaftlichen Förderung erneuerbarer Energien liegt chon lange vor. Darüber können wir weiter diskutieren. ir werden uns daher bei der Abstimmung über den ntschließungsantrag der CDU/CSU enthalten. Es erscheint mir wichtig, zum Abschluss eines zu sa en, insbesondere in Richtung des Kollegen Bülow: Die rrungenschaften des Erneuerbare-Energien-Gesetzes erden von Rot-Grün immer als sehr glorreich geschilert. Dass die Branche der Hersteller und Betreiber usw. ächst, will ich gar nicht infrage stellen. (Beifall des Abg. Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


uch das Anwachsen der Zahl der Arbeitsplätze in die-
em Bereich ist unbestritten.


(Zuruf von der SPD)

Moment! Auch ich freue mich über jeden zusätzlichen
rbeitsplatz in diesem Bereich, ganz klar.


(Zuruf von der SPD: Guter Schlusssatz!)

Nein, das ist kein guter Schlusssatz. Ich muss da noch
twas anfügen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504907400


Nein, das wird leider nicht möglich sein, verehrte
rau Kollegin.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


eil die Redezeiten von den Fraktionen und nicht vom
räsidium festgelegt werden, sind meiner Großzügigkeit
eider enge Grenzen gesetzt.


(Heiterkeit bei der SPD)







(A) )



(B) )


Angelika Brunkhorst (FDP):
Rede ID: ID1504907500

Ich bin auch sofort am Schluss.
Wenn wir hier über die Schaffung von Arbeitsplätzen

reden, dann müssen wir einfach sehen, dass sich die nach
dem EEG gewährten Unterstützungszahlungen pro Ar-
beitsplatz – ich will hier gar nicht von Subventionen
sprechen – mittlerweile denen im Steinkohlebergbau an-
nähern, fast schon gleich hoch sind.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Denken Sie an unsere Zeit!)


Entsprechend unserem Credo sind uns Arbeitsplätze
natürlich lieb und teuer, aber nicht um jeden Preis.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504907600


Nun hat die Kollegin Hustedt, Bündnis 90/Die Grü-
nen, das Wort.


Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504907700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Nut-

zung der erneuerbaren Energien – Sonne, Wind, Bio-
masse, Erdwärme – entwickelt sich sehr dynamisch. Der
Beitrag dieser Energien stieg von 6 auf 8 Prozent und
wird in naher Zukunft auf 12 Prozent steigen. Das ist
sehr erfreulich. 130 000 Arbeitsplätze – das wurde schon
gesagt – sind zu verzeichnen. Marco Bülow hat eine
Zahl für Nordrhein-Westfalen genannt. Im Osten wurden
mehr als 1 000 neue Unternehmen in diesem Bereich ge-
gründet. Es handelt sich um eine dynamisch wachsende
Branche in Zeiten der Wirtschaftskrise und um ein sicht-
bares Zeichen dafür, dass Maßnahmen zum Klimaschutz
greifen. Das sind doch wirklich positive Nachrichten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Aber manchen ist das ein Dorn im Auge. Die Gegner
nutzen auch diese Debatte zum Frontalangriff. Ich weiß,
Frau Meyer, Sie gehören nicht dazu. Das ist völlig klar.
Aber Sie wissen, von welchen Personen ich hier spreche.

Darüber hinaus machen sich gerade die Vertreter der
energieintensiven Industrie Sorgen, dass die Belastungen
durch die Umlage steigen, wenn sich die erneuerbaren
Energien so positiv entwickeln.

Diejenigen, die das Instrument EEG grundsätzlich in-
frage stellen, müssen sagen, wie man Klimaschutz sonst
betreiben soll. Die erneuerbaren Energien sind eine der
tragenden Säulen des Klimaschutzprogramms. Zum Bei-
spiel ist es so, dass das EEG die Hälfte der gesamten
CO2-Einsparungen bis 2005 im Bereich der Stromwirt-schaft leistet. Wer an das EEG gewissermaßen die Axt
anlegen will, der muss Alternativen anbieten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D Aber ich nehme die Fragen durchaus ernst: Geht mit er dynamischen Entwicklung auch eine Erhöhung der osten einher? – Das eben ist mitnichten so, sondern ine schlichte Falschaussage. Die Kosten werden perpektivisch sinken, weil wir in das Gesetz marktwirtchaftliche Anreize eingestellt haben. Die Kosten der indenergie sind in den letzten zehn Jahren um 0 Prozent gesunken und sie werden in den nächsten ahren weiter sinken. Die Kosten für Photovoltaik sind n den letzten zehn Jahren um 60 Prozent gesunken. Daegen sieht das Gesetz eine Degression von 5 Prozent or. Gibt es irgendein Gesetz, das einen dermaßen groen Anreiz zur Entwicklung neuer Technologien entält? Ich glaube, ein solches Gesetz gibt es nicht. Das EG ist auch ein ganz starkes Instrument zur Förderung on Innovationen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Hinzu kommt, dass die Kosten pro produzierter Ki-
owattstunde sinken werden. Gleichzeitig – Marco
ülow hat das schon angesprochen – werden die Kosten
ro produzierter Kilowattstunde im fossilen Bereich stei-
en. Das hat zwei Gründe: Perspektivisch werden die
ossilen Primärenergieträger teurer und – das ist für die
ahe Zukunft noch viel wichtiger – es werden nicht mehr
ie Altinvestitionen, sondern die Neuinvestitionen ent-
cheidend sein, das heißt, dass die Kosten pro produzier-
er Kilowattstunde im fossilen Bereich in nächster Zeit
nsteigen werden. Die Differenz zwischen einer Kilo-
attstunde, die aus erneuerbaren Energien produziert
orden ist, und einer Kilowattstunde, die aus fossilen
nergieträgern produziert worden ist, wird also geringer
erden. Es wird deswegen zu einem dynamischen Auf-
uchs von Strom kommen, der aus Sonne, Wind, Bio-
asse und Erdwärme produziert worden ist. Gleichzeitig
erden die Kosten begrenzt; perspektivisch werden sie
inken. – Das verstehe ich unter einem Zukunftsgesetz.
o sollte der Staat handeln: Rahmenbedingungen schaf-
en, damit in Zukunftstechnologien investiert wird, da-
it in Zukunftstechnologien Arbeitsplätze geschaffen
erden, damit gleichzeitig die Kostenbelastung der Ge-
ellschaft sinkt.
Wir nehmen die Sorgen, die aus der Wirtschaft kom-
en, ernst und wir werden die Diskussion über das EEG
ehr offensiv führen. Jeder, der über Kostensenkungen
ei der Industrie spricht, aber gleichzeitig nicht darüber
iskutiert, wie die Wettbewerbsintensität in diesem Be-
eich erhöht werden kann, ist unglaubwürdig.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


er durchschnittliche Durchleitungspreis beträgt in
eutschland circa 2,6 Cent pro Kilowattstunde. Das ist
Cent mehr als der europäische Durchschnitt und dop-
elt so viel wie die Gesamtbelastung, die vom EEG aus-
eht.


(Ulrich Heinrich [FDP]: Sie können doch den einen Unsinn nicht mit dem anderen aufrechnen!)







(A) )



(B) )


Michaele Hustedt
Ich komme zum Schluss. Wer die Kosten bei Indus-
trie und Verbrauchern senken will, der sollte in erster Li-
nie nicht über das EEG, sondern über eine höhere Wett-
bewerbsintensität sprechen und gemeinsam mit uns den
Staat als Schiedsrichter in diesem Bereich stärken.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504907800


Nun erteile ich dem Kollegen Dr. Joachim Pfeiffer,
CDU/CSU-Fraktion, das Wort.


Dr. Joachim Pfeiffer (CDU):
Rede ID: ID1504907900

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Eigentlich geht es ja heute um eine Sachfrage, und
zwar die Ausgestaltung der Härtefallregelung. Wenn ich
jetzt einmal Revue passieren lasse, was Sie, Herr Trittin,
Sie, Herr Bülow, und leider auch Sie, Frau Hustedt, in
weiten Teilen Ihrer Reden gesagt haben, dann muss ich
feststellen, dass Sie undifferenzierte Hallelujareden auf
das EEG gehalten haben und sich nicht zur Frage der
Ausgestaltung der Härtefallregelung geäußert haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich muss Ihnen daher leider attestieren: Sie haben das
Thema verfehlt.

Im Übrigen haben Sie damit genau das gemacht, was
Sie angeprangert haben: Sie haben Fakten falsch darge-
stellt und die ideologischen Scheuklappen – Sie haben ja
anderen vorgeworfen, diese aufgesetzt zu haben – nicht
abgelegt.


(Widerspruch bei der SPD)

Ich möchte mir deshalb erlauben, auf einige Punkte ein-
zugehen, die hier angesprochen worden sind, und Ihnen
einfach einmal die Fakten darlegen.

Wir reden über steigende Belastungen durch die Sozi-
alversicherungen, durch Steuern, die schwierige Situa-
tion auf dem Arbeitsmarkt und viele andere Dinge mehr.
Die Energiepreise, insbesondere der Strompreis, werden
aber leider in der öffentlichen und in der politischen Dis-
kussion etwas außen vor gelassen. Wir brauchen gar
nicht drum herum zu reden: Es ist so, dass der Strom-
preis eine wichtige Rolle im nationalen und vor allem
auch im internationalen Wettbewerb spielt. Da stimmt
es nicht, Herr Trittin, dass, wie Sie sagen, die Strom-
preise insbesondere für die Industrie auf breiter Front ge-
sunken sind. Fakt ist, dass das in rein nationaler Sicht
richtig ist; ich werde gleich noch auf ein paar absolute
Zahlen eingehen. Fakt ist aber auch, dass Deutschland
nach wie vor in Europa die dritthöchsten Strompreise
hat, unsere Strompreise also europaweit in der Spitze lie-
gen. Das ist Faktenlage.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Jürgen Trittin, Bundesminister: Das ist falsch!)


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(C (D Faktenlage ist auch – Sie haben einige Zahlen auf Kiowattstundenbasis genannt –, dass wir im Jahre 2002 und it steigender Tendenz im Jahre 2003 zusätzliche Belasungen auf Energie haben, die je nach Berechnung zwichen 10,7 und 12 Milliarden Euro erreichen. Dem stehen das haben Sie richtigerweise angeführt – Liberalisieungsund Rationalisierungseffekte gegenüber. Die mahen aber nur 7,5 bis 8 Milliarden Euro aus. Das heißt, die ettobelastung beträgt in der Summe – da können Sie ich noch so krümmen, dadurch wird Ihre Aussage von orhin auch nicht richtiger – 4 Milliarden Euro. (Widerspruch des Abg. Horst Kubatschka [SPD])


Noch eine Anmerkung zum Thema CO2: Wir sind unsoch hoffentlich einig, dass es Ziel ist, die CO2-Emissio-en zu reduzieren. Aber auch hier sollte man vielleicht
in paar Effizienzkriterien mitberücksichtigen. Dies ist
a nicht das Kernthema der heutigen Debatte, deswegen
abe ich die Zahlen nicht hundertprozentig präsent, kann
ie aber gerne noch einmal nachreichen. Es ist auf jeden
all so, dass zwar, wie Sie sagen, etliche Tonnen an CO2ufgrund des verstärkten Einsatzes von erneuerbaren En-
rgien nicht entstehen. Sie müssen aber auch fragen, wie
iele Millionen Tonnen mehr mit dem gleichen Aufwand
urch andere Maßnahmen eingespart werden könnten.
eispielsweise durch die Verbesserung der Gebäudeeffi-
ienz und andere Dinge könnten noch zehnmal mehr
O2-Emissionen eingespart werden als durch den Ein-atz von erneuerbaren Energien.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zurufe von der SPD)


Wenn wir hier über Brosamen redeten, könnte man
hre Argumentation nachvollziehen, müsste aber gleich-
eitig feststellen, dass es sich um eine Spielwiese han-
elt, die wirtschaftspolitisch vernachlässigbar ist und
ber die zu sprechen sich nicht weiter lohnt. Da der
irtschaft das Wasser aber bis zum Hals steht, spielen
ie Strompreise für die Unternehmen – das ist keine
loße Theorie, sondern Praxiserfahrung – bei Standort-
nd Investitionsentscheidungen sowie bei Verlagerungs-
berlegungen eine Rolle.
Ich nenne Ihnen einmal ein Beispiel – Sie können das

berprüfen; das ist Realität –: Ein kleines mittelständi-
ches Unternehmen in der Region Stuttgart mit
00 Beschäftigten, nicht einmal aus der Aluminium-
der Zementbranche, sondern aus der Automobilzulie-
erindustrie, hat nach der jüngsten Ökosteuererhöhung
um 1. Januar dieses Jahres seine Investitionsentschei-
ung zwischen dem Standort Stuttgart und dem Standort
schechien wesentlich mit den Energiepreisen begründet
ich kann es Ihnen im Detail belegen – und sich letztlich
egen den Standort Deutschland, also gegen Stuttgart
ntschieden. Auch solche Fakten müssen Sie bei den
ahlen, die Sie in Ihren Halleluja- und Hurrareden vor-
in genannt haben und die ich nicht im Detail bestreiten
ill, gegenrechnen, meine sehr geehrten Damen und
erren.
Jetzt möchte ich versuchen, zum Thema zurückzu-

ehren, nachdem Sie das Feld verlassen haben und ich






(A) )



(B) )


Dr. Joachim Pfeiffer
das so nicht stehen lassen kann. Herr Schlauch, ich weiß,
Sie wissen alles besser, insbesondere von der Wirtschaft
verstehen Sie mehr, aber sicherlich nicht von der Wirt-
schaft, von der ich rede; Sie haben Ihre Kompetenzen in
anderen Wirtschaftsbereichen.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Uwe Küster [SPD]: Welche Wirtschaft meinen Sie denn?)


Kommen wir noch einmal zur Härtefallregelung. Ei-
nige Punkte sind angesprochen worden; ich will das nicht
wiederholen. Mit der vorgeschlagenen Härtefallregelung
wird leider ein bürokratisches Monstrum, das auch ord-
nungspolitisch mehr als fragwürdig ist, institutionalisiert,
das nur eine Feigenblattfunktion hat. Die Kollegin von
der FDP hat es angesprochen: Wir sprechen heute erfreu-
licherweise zum ersten Mal darüber, dass wir die Strom-
und Energiepreise senken müssen. Wir sind über das Ziel
hinausgeschossen. In den vergangenen vier Jahren haben
Sie immer weiter draufgesattelt. Die jetzt erfolgte Rege-
lung hat aber leider nur eine Feigenblattfunktion und
wird auch nicht funktionieren. Wenn Sie einmal gute An-
sätze verfolgen, setzen Sie diese leider immer nur
schlecht oder dilettantisch um, ob das die Riester-Rente,
das Hartz-Konzept oder auch das EEG ist.

Das Thema Wettbewerbsverzerrungen ist angespro-
chen worden. Die Unternehmen werden sich überlegen,
wie sie die jetzige Lösung umgehen können. Ich nenne
einmal ein Beispiel, wozu das führen wird. Die jetzige
Regelung wird nur einige wenige Dutzend Unternehmen
treffen. Was werden die Unternehmen zum Beispiel hin-
sichtlich des Kriteriums des Anteils der Stromkosten von
größer 20 Prozent an der Bruttowertschöpfung machen?
Es gibt bereits einen konkreten Fall, den auch Sie wahr-
scheinlich kennen. Sie lagern ihre Beschäftigten in eine
Industriebeschäftigungsgesellschaft aus und kommen
durch diese intelligente Gestaltung über 20 Prozent. Die
Frage ist noch, wie sie das mit der Abnahmestelle umset-
zen; Frau Kollegin Meyer hat das angesprochen. Aber
ansonsten ist der Plan konkret und muss nur noch umge-
setzt werden.

Das heißt, wir werden die Kreativität der Unterneh-
men nicht dahin gehend fördern, wie sie ihre Produkte
innovativ voranbringen, sondern sie werden ihre Kreati-
vität auf die möglichst geschickte Umgehung von Rege-
lungen richten. Das kann nicht Sinn der Übung sein.

Das ganze Gesetz bewirkt im Ergebnis leider das Ge-
genteil dessen, was Sie beabsichtigt haben. Sie sprechen
– auch Herr Trittin hat das vorhin getan – von einer ziel-
genauen Lösung. Es ist aber keine zielgenaue Lösung,
weil Sie genau die, die am meisten betroffen sind, nicht
entlasten.

In der Summe ist es so: 100 Prozent der Wirtschaft
steht das Wasser nicht nur bis zum Hals, sondern bis zur
Oberkante Unterlippe. Mit der jetzt vorgeschlagenen
Härtefallregelung werden einige Promille temporär ent-
lastet, sodass sie nicht unmittelbar untergehen. Im Er-
gebnis müssen aber die restlichen 99,9 Prozent die
Mehrbelastung tragen. Wir haben also letztlich nur die
Wahl zwischen Scylla und Charybdis.

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(C (D Auch hinsichtlich der Effizienz, der Bürokratie und er Unklarheit des Gesetzes haben wir deutlich gemacht, ass wir als Gesetzgeber – da sind wir als Bundestag geordert – diesem Murks, dieser Planwirtschaft, dieser berbordenden Bürokratie, die Sie hier vorstellen, nicht ustimmen werden. (Marco Bülow [SPD]: Der Kalte Krieg ist vorbei!)


ie werden sehen, bei der Novellierung des EEG – darü-
er werden wir uns noch unterhalten – wird es wie bei
llen anderen Fragen, ob Hartz-Konzept oder Riester-
ente, sein: In einem halben Jahr werden wir feststellen,
ass es hinten und vorne nicht funktioniert hat;


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es funktioniert doch!)


ußer Bürokratie und Plan- und Staatswirtschaft ist
ichts gewesen und Sie haben die Unternehmen wie-
erum aus dem Land getrieben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrike Mehl [SPD]: Haben Sie eigentlich nicht zugehört, Herr Kollege?)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504908000


Ich schließe die Aussprache.

(Widerspruch bei der SPD)


Entschuldigung! Die Versuchung zumindest war groß,
ie durch Addition von längeren Redezeiten überschrit-
ene Gesamtredezeit durch einen kühnen Streichungs-
ersuch wieder einzuspielen. Aber ich will das nicht auf
hrem Rücken austragen.
Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
empelmann für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Rolf Hempelmann (SPD):
Rede ID: ID1504908100

Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kol-
gen! Ihnen bleibt nichts erspart. Aber auch bei Ihrer Rede,
err Dr. Pfeiffer, blieb uns nichts erspart. Allerdings muss
ch zugeben, dass Ihre Rede Stärken und Schwächen
atte. Sie haben schwach angefangen und anschließend
tark nachgelassen.


(Heiterkeit bei der SPD)

ch will trotzdem versuchen, sachlich zu reagieren.
Der Kollege Marco Bülow hat wie auch einige andere
ollegen schon deutlich gemacht, welche positiven Wir-
ungen das EEG entfaltet hat, nicht nur für die Öko-
ogie, sondern insbesondere für den Anlagenbau, für den
xport und für die Schaffung von Arbeitsplätzen bei uns
m Lande. Dem ist nichts hinzuzufügen. Das ist etwas,
uf das wir durchaus stolz sein können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Rolf Hempelmann
Wenn gesagt wird, man müsste eigentlich mehr tun,
um die CO2-Emissionen zu reduzieren, dann muss ichsagen, Herr Dr. Pfeiffer: Sie haben sicherlich Recht. Wir
können Ihnen mit Freude hier vermelden, dass wir die
Maßnahmen, die Sie gerade beispielsweise in Sachen
Gebäudeeffizienz eingefordert haben, bereits umgesetzt
haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn Sie das aus dieser Debatte mitnehmen, dann haben
wir einen gewissen Fortschritt in der Verständigung er-
zielt.

Es stimmt aber auch, dass es einige Unternehmen
gibt, die aufgrund der Kosten, die das EEG verursacht,
Probleme haben. Das haben wir dem vom Bundeswirt-
schaftsministerium vorgelegten Erfahrungsbericht ent-
nehmen können. Ich denke, es ist angemessen, dass die
Politik darauf reagiert und eine entsprechende Härte-
fallregelung auf den Weg bringt.

Wir wissen, dass die Unternehmen durch die Kumula-
tion von Wirkungen verschiedener Instrumente – sie sind
bereits genannt worden: Ökosteuer, KWK und eben
EEG – betroffen sind. Wir haben bei den anderen Instru-
menten bereits reagiert und wir werden das auch beim
EEG tun. Wir haben schon angekündigt, dass wir im
weiteren Verfahren nachjustieren werden. Die Branchen
sind aufgefordert, die entsprechenden Daten und Fakten
zu liefern, damit zielgenau reagiert werden kann. Es ist
heute schon richtig gesagt worden: Wenn wir an der ei-
nen Stelle entlasten, dann belasten wir an der anderen
Stelle. Es ist daher aufgrund der jetzigen Datenlage klug,
eine eng gefasste Härtefallregelung zu formulieren. Wir
helfen schnell und wir helfen denen, die am härtesten be-
troffen sind.


(Beifall bei der SPD)

Es ist uns der Vorwurf gemacht worden, die Schwel-

len seien willkürlich und sie seien zu hoch. Zunächst
einmal muss man sagen: Jede Schwelle – dabei ist es
völlig egal, um welches Gesetz es sich handelt – ist letzt-
endlich in einem gewissen Maße willkürlich, weil sich
jede Schwelle begründen lässt. Eine niedrigere Schwelle
ist genauso zu begründen wie eine höhere. Die Begrün-
dung für die höhere Schwelle ist, dass mit einer sehr eng
gefassten Härtefallregelung die am härtesten Betroffenen
entlastet werden. Eine breit angelegte Härtefallregelung
würde zu einer breiten Belastung der restlichen Betroffe-
nen führen. Insofern haben wir keine willkürliche, son-
dern eine gut begründbare Regelung geschaffen.

Wir wollen trotzdem den Versuch machen, im weite-
ren Verfahren weitere betroffene Unternehmen zu erfas-
sen. Ich denke dabei insbesondere an mittelständische
Unternehmen, die besonders energieintensiv produzie-
ren. Ich bin ganz sicher, dass wir einen entsprechenden
Vorschlag im Rahmen der EEG-Novelle vorlegen wer-
den.


(Beifall bei der SPD)

Ich will nun auf die Härtefallregelung konkret einge-

hen. Wir haben eine Anhörung durchgeführt, über die

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(C (D eute schon gesprochen worden ist. Dort gab es im Weentlichen eine Botschaft, die Sie heute leider nicht wieergegeben haben. Alle Sachverständigen haben deutich gesagt, dass sie in jedem Fall eine schnelle Regelung aben wollen. Obwohl sie an der einen oder anderen telle Änderungswünsche hatten, waren sie dennoch der einung, dass diese Änderungswünsche gemessen an em Ziel, eine schnelle Regelung zu schaffen, nachranig sind. Die Experten waren daher bereit, der jetzt voriegenden Regelung zuzustimmen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es gab noch eine Übereinstimmung, und zwar interes-
anterweise zwischen Sachverständigen, die sich ansons-
en in manchen Punkten überhaupt nicht einig waren. Es
urde zur Begrenzung der anteilig weitergereichten
trommenge tatsächlich eine Grenze von 0,05 Cent je
ilowattstunde festgelegt, wie es auch der Bundesrat ge-
ordert hatte. Wir, die Koalitionsfraktionen, sind der For-
erung der Sachverständigen entgegengekommen. Inso-
ern haben wir hier den Nachweis erbracht, dass wir in
er Lage sind, aus Anhörungen Lehren zu ziehen, und
ereit sind, Anregungen aus dem Bundesrat aufzuneh-
en. Wir haben durch die Festlegung einer Grenze von
,05 Cent je Kilowattstunde eine Entlastung beschlos-
en.
Das ist eine ganz maßgebliche Einschränkung des Er-
essensspielraums der Prüfbehörde. Wer behauptet,
ass hiermit Bürokratie aufgebaut und Planwirtschaft
ingeführt wird – und was da noch alles gesagt worden
st –, ist widerlegt. Wir haben im Gegenteil ganz eindeu-
ig dafür gesorgt, dass eine Überprüfung sehr zügig er-
olgen kann, nämlich in dem im Gesetz festgelegten und
ngekündigten Vierwochenzeitraum.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie geht es weiter?
ch habe es gerade angedeutet: Wir werden uns im weite-
en Verlauf des Jahres mit der EEG-Novelle befassen.
uch das Thema Emissionshandel steht auf der Tages-
rdnung. Sie wissen, dass es aus Brüssel den Entwurf ei-
er Richtlinie zum Thema Energiebesteuerung und
uch zur Frage von Ausnahmetatbeständen in diesem
ereich gibt. Ich denke, das wird das Anregungsmaterial
ein, das wir aufnehmen werden, wenn wir im weiteren
ollzug an einer möglicherweise zu verändernden Defi-
ition des Begriffs „stromintensive Unternehmen“ arbei-
en werden. Möglicherweise kommen wir dazu, dies
ukzessive auf die drei vorgesehenen Instrumente auszu-
eiten.
Unsere Arbeit an einem Wettbewerbs- bzw. Regulie-

ungsrahmen – auch das ist hier angedeutet worden –
ird genauso entscheidend sein. Diesen wollen und
üssen wir in der zweiten Jahreshälfte vorantreiben;
enn ab dem 1. Juli des nächsten Jahres hat auch in
eutschland der Regulierer über den Wettbewerb bei
en leitungsgebundenen Energien zu wachen. In diesem
ereich versprechen wir uns eine ganze Menge mehr
ransparenz. Wir gehen davon aus, dass es dann zu sehr






(A) )



(B) )


Rolf Hempelmann
viel einheitlicheren Kostendefinitionen kommen wird,
wobei wir uns durchaus niedrigere Kosten und geringere
Kostenumwälzungen im Bereich der erneuerbaren Ener-
gien erhoffen.

Jetzt ist eine Spreizung zu beobachten. Sie ist sogar
noch größer, als sie soeben vom Minister beschrieben
worden ist. Sie liegt nämlich zwischen 0,0 und etwa
0,6 Cent. Es gibt also Unternehmen, die von bestimmten
Versorgern gar nicht zur Kasse gebeten werden, andere,
die 0,3 Cent zahlen, und wiederum andere, die circa
0,6 Cent bezahlen. Diese Spreizung muss ein Ende ha-
ben. Wir müssen dazu kommen, dass nur die tatsächli-
chen EEG-Kosten weitergewälzt werden. Das wird einen
maßgeblichen Beitrag dazu leisten, im Zuge des weite-
ren Aufbaus der erneuerbaren Energien in die Situation
zu kommen, dass eine Verdoppelung der erneuerbaren
Energien nicht heißt: Verdoppelung der Kosten. Dazu ist
schon einiges ausgeführt worden.

Zum Schluss möchte ich sagen: Ich bin den Kollegen
im Bundesrat für ihre konstruktive Beratung ausdrück-
lich dankbar. Ich weiß, dass dabei mancher von denjeni-
gen, die hier sitzen, durchaus hilfreich war und dass das,
was wir hier im Plenum zu hören bekommen, manchmal
nur die eine Seite der Medaille ist. Im Grunde wissen
Sie, dass wir eine solche Härtefallregelung brauchen. Sie
wissen, dass der Bundesrat diese Regelung durch seine
konstruktive Einlassung mitgestaltet hat.

Ich wünsche mir ein solches Vorgehen auch für so
manches andere Thema, das wir hier zu bereden haben.
Bewährungsproben kommen genug: nicht nur, aber auch
in der Energiepolitik.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504908200


Ich schließe nun tatsächlich die Aussprache zu diesem
Tagesordnungspunkt und führe die angekündigten Ab-
stimmungen durch.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den von
den Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grü-
nen eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung
des Erneuerbare-Energien-Gesetzes auf Drucksache
15/810. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Re-
aktorsicherheit empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschluss-
empfehlung auf Drucksache 15/1121, den Gesetzentwurf
in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejeni-
gen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zu-
stimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt
dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Gesetzent-
wurf in zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalition
gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen angenom-
men.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Ge-
setzentwurf zustimmen wollen, sich vom Platz zu erhe-
ben. – Gegenprobe! – Wer möchte sich enthalten? – Dann

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(C (D st der Gesetzentwurf mit der gleichen Mehrheit der Kolition gegen die Oppositionsfraktionen angenommen. Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie ungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Druckache 15/1147. Wer stimmt für diesen Entschließungsanrag? – Wer möchte dagegen stimmen? – Wer möchte ich der Stimme enthalten? – Damit ist der Antrag mehreitlich abgelehnt. Wir befinden uns noch immer bei Tagesordnungspunkt 2. Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung auf Druckache 15/1121 empfiehlt der Ausschuss, den von der Bunesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Ändeung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes auf Drucksahe 15/1067 für erledigt zu erklären. Wer stimmt für iese Beschlussempfehlung? – Möchte jemand dagegen timmen? – Möchte sich jemand der Stimme enthalten? Dann ist diese Beschlussempfehlung einstimmig angeommen. Ich rufe Zusatztagesordnungspunkt 12 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Gernot Erler, Karin Kortmann, Gert Weisskirchen (Wiesloch)

der SPD sowie der Abgeordneten Hans-Christian
Ströbele, Thilo Hoppe, Volker Beck (Köln), wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN
Für einen stärkeren UN-Einsatz im Nordosten
der Demokratischen Republik Kongo

– Drucksache 15/1144 –
Dazu ist interfraktionell eine Beratungszeit von einer

alben Stunde vorgesehen. – Es erhebt sich dagegen kein
iderspruch. Dann haben wir das so vereinbart.
Ich erteile zunächst das Wort der Staatsministerin
erstin Müller.

K
Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504908300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe

n den letzten neun Tagen die Region der Großen Seen
esucht und in Kinshasa, Kampala und Kigali Gespräche
it allen wichtigen politischen Repräsentanten und mit
ertretern internationaler Organisationen geführt. Ich
ann nur sagen: Die Lage ist dramatisch, und zwar nicht
ur in der Provinz Ituri – das ist die Provinz, aus der uns
ilder in den letzten Monaten erreichten –, sondern auch
n der angrenzenden Region Kivu und insgesamt im
ongo.
Nehmen wir als Beispiel Bunia. Bunia war eine Stadt
it circa 250 000 Einwohnern. Nach Angaben internatio-
aler Organisationen sind es jetzt gerade einmal 20 000.
avon befinden sich 12 000 in zwei Camps am Flugha-
en und in der Nähe des MONUC-Lagers. Mehrere Hun-
ert Tote wurde von den MONUC-Soldaten gefunden.
llein 50 000 Menschen, so schätzt man, sind in die
älder und Nachbarregionen im Süden geflüchtet,
0 000 nach Uganda und von den übrigen weiß man es
icht genau.






(A) )



(B) )


Staatsministerin Kerstin Müller
Tagtäglich erreichen uns Nachrichten von neuen Met-
zeleien und Massakern aus den Nachbardörfern. Ituri
ist, so hat es einer meiner Gesprächspartner formuliert,
„nur ein weiterer Schritt zur Hölle“. Es herrscht Angst,
dass noch mehr folgen werden. Denn im Kongo-Krieg,
Afrikas erstem Weltkrieg, sind seit 1998 mehr als
3 Millionen Menschen umgekommen, circa 2,2 Millio-
nen Menschen sind auf der Flucht oder wurden vertrie-
ben. Folter, Exekutionen, Verstümmelungen, Kindersol-
daten und Massenvergewaltigungen gehören zu den
alltäglichen Kampfmitteln. Erst jüngst gab es wieder ei-
nen Bericht von der stellvertretenden Leiterin von
OCHA über eine Vergewaltigungskampagne in Kivu.
Die Menschenrechte werden also systematisch missach-
tet und auf das Grausamste verletzt.

Die internationale Gemeinschaft kann diesem Morden
nicht länger zusehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir tragen eine Verantwortung für die Durchsetzung der
Menschenrechte. Deshalb ist es richtig, dass der Sicher-
heitsrat der Vereinten Nationen nun so schnell wie
möglich eine multinationale Truppe, und zwar mit einem
robusten Mandat, nach Ituri, nach Bunia entsendet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deshalb ist es auch richtig, dass Deutschland diesen
Einsatz im Rahmen seiner Möglichkeiten unterstützt.
Wir denken dabei vor allem an medizinische und logisti-
sche Hilfen. Ich würde mich sehr freuen, meine Damen
und Herren von der CDU/CSU und FDP, wenn dieses
deutsche Angebot die Zustimmung aller Fraktionen in
diesem Hause finden würde. Ich glaube, den Einsatz der
Vereinten Nationen zu unterstützen, ist das Mindeste,
was wir tun können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Eines kann ich Ihnen aus meinen Gesprächen versi-
chern: Die Regierungen in Kinshasa, Kampala und Ki-
gali begrüßen die Einsatztruppe und vor allem die Tatsa-
che, dass sie zu einem großen Teil von Europäern im
Rahmen einer ESVP-Operation gestellt wird.

Manche wenden ein, das Mandat der Truppe sei an-
gesichts der Dimension des Konflikts zeitlich und räum-
lich viel zu begrenzt. Ich glaube nach meiner Reise und
den vielen Gesprächen, die ich geführt habe, dass dieses
Signal der Entschlossenheit der internationalen Gemein-
schaft weit über die Grenzen von Ituri hinaus in der Re-
gion verstanden werden wird. Wir zeigen damit: Wir
sind entschlossen, wir werden handeln und lassen nicht
zu, dass weiter gemordet und Gewalt ausgeübt wird. Ich
bin ziemlich zuversichtlich, dass dieses Signal verstan-
den werden wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D Fest steht für mich: Der Konflikt in Ituri und der anrenzenden Region Kivu gefährdet den gesamten Frieensprozess im Kongo. Eigentlich sollte in der Woche einer Reise die nach den Vereinbarungen von Sun City nd Pretoria vorgesehene Übergangsregierung in Kinhasa gebildet werden, aber die Machtverteilung und der ufbau der gemeinsamen Armee sind weiterhin heftig mstritten, sodass der Prozess ins Stocken geraten ist. Damit komme ich zu einem zentralen Punkt: Wenn er politische Prozess im Kongo nicht vorankommt, ird eine noch so starke internationale Truppe wenig usrichten können. Deshalb muss der Einsatz vor allem olitisch flankiert werden. Das heißt, wir müssen allen kteuren unsere Erwartung, dass die vereinbarten riedensabkommen endlich umgesetzt werden, deutich machen. Ich habe deshalb den Präsidenten Kabila, Museveni nd Kagame die eindeutige Botschaft überbracht, dass eutschland und Europa von ihnen die rasche und volltändige Umsetzung der Vereinbarungen von Sun City, retoria und Luanda erwarten, nur so können sie zu dieem Friedensprozess konstruktiv beitragen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)


ch bin fest davon überzeugt: Wenn es gelänge, in Kin-
hasa als ersten Schritt eine Übergangsregierung unter
eteiligung der maßgeblichen politischen Kräfte zu bil-
en, wäre dies ein entscheidender Schritt auf dem langen
eg zur Beilegung dieses furchtbaren Konfliktes.
Hinzu kommt, dass wir wissen, dass in Ituri, aber

uch in anderen Gebieten Ostkongos, die Nachbarstaaten
ganda und Ruanda Milizen, oft sogar Kindersoldaten,
usrüsten und militärisch unterstützen. Auch die Regie-
ung in Kinshasa setzt auf bewaffnete Gruppierungen,
m ihre Interessen durchzusetzen. Sie stehen unter dem
erdacht, einen Stellvertreterkrieg um die Ausbeutung
on Ressourcen im Ostkongo auszutragen. Daher habe
ch deutlich gemacht, dass wir erwarten, dass Uganda
nd Ruanda ihre Unterstützung der Milizen aufgeben.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504908400


Frau Staatsministerin, ich möchte Sie nur darauf auf-
erksam machen, dass die gemeldete Redezeit abgelau-
en ist.

K
Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504908500

Ich bin gleich fertig. Ich denke, es ist von Interesse,

en Bericht zu hören.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504908600


Daran habe ich keinen Zweifel, aber da Sie die stren-
en Anrechnungsvorschriften kennen, wollte ich vermei-
en, dass hinterher ein fehlender Hinweis moniert wird.






(A) )



(B) )

K
Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504908700


Ich denke, der Bericht ist für alle Fraktionen von Inte-
resse. Ich war aus Krankheitsgründen vorgestern leider
nicht in der Lage, zur Ausschusssitzung zu kommen,
was ich gerne gemacht hätte. Ich hoffe deshalb, meinen
Bericht noch schnell beenden zu können.

Wegen der regionalen Verflechtung kann nur eine Ge-
samtlösung dauerhaften Frieden bringen. Daher könnte
nach Bildung einer Übergangsregierung im Kongo auf
einer regionalen Konferenz für Frieden und Demokra-
tie über die Zukunft der Region der Großen Seen beraten
werden.

Meine Damen und Herren, wir müssen im Kongo
nicht nur humanitäre Hilfe leisten und mit einer interna-
tionalen Truppe das Morden in Bunia stoppen. Wir müs-
sen uns intensiv bei den Konfliktparteien dafür einset-
zen, dass der politische Prozess vorankommt. Dabei
müssen wir uns eng mit den europäischen und internatio-
nalen Partnern abstimmen. Vor allem aber müssen wir
dafür sorgen, dass die Menschenrechte wieder geachtet
werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir müssen dem in der Region weit verbreiteten Ein-
druck entgegenwirken, Afrika sei ein von uns, von den
Europäern, vergessener Kontinent. Wir müssen den Afri-
kanern helfen, ihre Probleme künftig selbst anzupacken
und für ihre Sicherheit selbst zu sorgen.

Heute wird im Kongo das Recht durch Gewalt ersetzt.
Sorgen wir gemeinsam mit den internationalen, den eu-
ropäischen und afrikanischen Partnern dafür, dass das
Recht wieder die Schwachen schützt.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1504908800


Nun erteile ich dem Kollegen Friedbert Pflüger,
CDU/CSU-Fraktion, das Wort.


Dr. Friedbert Pflüger (CDU):
Rede ID: ID1504908900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst

einmal wünsche ich Ihnen, Frau Staatsministerin Müller,
gute Besserung. Sie sind aus dem Kongo mit einer
Krankheit zurückgekommen und wir wünschen Ihnen
rasche Genesung.


(Beifall – Kerstin Müller, Staatsministerin: Danke!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, die EU hat auf-
grund eines Mandates der Vereinten Nationen beschlos-
sen, 1 400 Soldaten in die Provinz Ituri zu entsenden,
um einen drohenden Völkermord zu verhindern. CDU
und CSU werden sich der aus diesem Beschluss folgen-
den Verantwortung nicht entziehen. Deutschland muss
aber bei einer Unterstützung der EU-Mission seinen be-

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(C (D renzten militärischen und finanziellen Möglichkeiten echnung tragen. Wir können deshalb als Deutsche bei ieser Mission keine tragende Rolle übernehmen. (Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Wir können nicht überall auf der Welt, wo es Krisen,
onflikte und Kriege gibt, an vorderster Front tätig wer-
en. Wenn wir für Zurückhaltung bei diesem weiteren
ngagement deutscher Soldaten plädieren, dann ge-
chieht das nicht aus moralischer Gleichgültigkeit ge-
enüber den von Frau Müller beschriebenen Gräueln,
ondern aus Einsicht in die Grenzen unserer Möglichkei-
en. Deshalb und aus unserer Fürsorgepflicht für unsere
oldaten und deren Familien haben CDU und CSU von
eginn an klar gemacht: Es wird keine deutschen
ampftruppen, auch keine Fallschirmjäger, im Kongo
eben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir sind froh darüber, dass der Verteidigungsminister

nzwischen klargestellt hat, dass sich die Unterstützungs-
aßnahmen für die EU-Militärmission auf logistische
nterstützung, Transportleistungen und ein MEDEVAC-
ospitalflugzeug für Notfälle konzentrieren. Es wird
eine deutschen Soldaten im Kongo geben.
Meine Kollegen Christian Ruck, Christian Schmidt

nd ich hatten bereits in der vergangenen Woche eine
olche Beschränkung des deutschen Engagements vor-
eschlagen. Wir warnen ausdrücklich davor, in den
ächsten Tagen weitere Verpflichtungen einzugehen.
Wir werden in der übernächsten Woche über ein
andat für die Kongo-Mission entscheiden. CDU und
SU stehen den entsprechenden Vorschlägen der Bun-
esregierung, soweit sie sich in diesem Rahmen halten,
ufgeschlossen gegenüber. Aber wir haben einige klare
ragen, deren Beantwortung wir bis dahin von der Bun-
esregierung erwarten:
Erstens. Sind die vorgesehenen 1 400 Soldaten wirk-

ich in der Lage, dort Frieden zu schaffen? Die französi-
che Verteidigungsministerin hat heute von einer über-
us schwierigen und gefährlichen Mission gesprochen.
chon der Name der Operation, „Operation Mamba“,
erheißt wenig Gutes. Darf ich einfach die Frage an Sie
ichten, ob man diesen Namen noch verändern kann?
Die Start- und Landebahnen des Flughafens Bunia in

turi sind in einem denkbar schlechten Zustand. Material
nd Soldaten können nur nach und nach in das Land
ransportiert werden. Wegen des Regens können in Bu-
ia keine Panzer patrouillieren. Schweres Material ist
ber notwendig, weil der Friedenstruppe zahlenmäßig
berlegene und schwer bewaffnete Kämpfer gegenüber
tehen, unter anderem – ich zitiere die französische Mi-
isterin – „junge, unter Drogen stehende, völlig unkon-
rollierbare Milizen“ mit moderner Ausrüstung, zum
eispiel mit Boden-Luft-Raketen.
Das Mandat soll auf die Stadt Bunia konzentriert wer-

en. Stefan Mair, der Experte der Stiftung Wissenschaft
nd Politik, hält die Begrenzung des Einsatzgebietes auf
ie Stadt für problematisch. Massaker außerhalb Bunias






(A) )



(B) )


Dr. Friedbert Pflüger
und eventuell Flüchtlingsströme in die Stadt wären die
Folge. Ich finde, wir müssen solche Fragen klären, bevor
wir zustimmen.

Zweitens. Wir sind unseren französischen Freunden
dankbar, dass sie bereit sind, die tragende Rolle bei die-
ser Friedensmission zu übernehmen. Aber es muss auch
erlaubt sein, ohne jedes Vorurteil die Frage zu stellen, ob
Frankreich als Friedensstifter von allen Konfliktparteien
anerkannt ist. Oder unterstellt man in der Region Frank-
reich nicht automatisch machtpolitische Eigeninteres-
sen? Stefan Mair von der SWP sagt, es sei das domi-
nante Motiv französischer Afrikapolitik, seine
Bedeutung als weltpolitischer Akteur zu stützen. Es sei
zu vermuten, dass die Auseinandersetzung mit den USA
über den Irakkrieg zu einer Renaissance dieser alten
französischen Motivation geführt habe. – Wie gesagt,
das sind keine Vorurteile, sondern Fragen, die zu klären
sind.

Drittens. Nach der bisherigen Planung soll der EU-
Einsatz ohne Rückgriff auf NATO-Strukturen erfolgen.
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schreibt dazu
heute:

Frankreich hofft damit auch dem politischen Ziel
näher zu kommen, autonome EU-Einsätze ohne die
Nato zur Selbstverständlichkeit werden zu lassen.

Entspricht das der bisherigen deutschen Politik? Ist
das unser Interesse? Bisher war es doch unsere Politik
– so ist das noch auf der Webseite des Auswärtigen Am-
tes nachzulesen –, dass es vor dem Einsatz militärischer
Mittel zunächst Sache der NATO ist, zu entscheiden, ob
sie eine militärische Operation einleiten will oder nicht.
Erst wenn die NATO als Ganzes nicht bereit ist, sich in
einem Konflikt zu engagieren, soll die Europäische Si-
cherheits- und Verteidigungspolitik gefragt werden. War
es wirklich klug, dem französischen Drängen nachzuge-
ben, in jedem Fall eine reine isolierte EU-Operation
durchzuführen? Hätte sich nicht wenigstens einmal der
NATO-Rat mit diesem Einsatz befassen sollen? Ist das in
der Vereinbarung Berlin Plus zwischen NATO und EU
nicht so vorgesehen? Der NATO-Rat hat bisher nicht
darüber befunden.

Selbst wenn die NATO nicht als Ganzes bereit wäre,
einzugreifen, warum nimmt man für diese Operation
nicht wenigstens die Fähigkeiten und Möglichkeiten der
NATO, etwa das NATO-Hauptquartier, in Anspruch?
Meine Sorge ist: Wir als EU überheben uns in diesem
schwierigen Konflikt. Werden wir als Deutsche und Eu-
ropäer nicht in einen afrikanischen Konflikt hineingezo-
gen? Wäre es nicht unsere Aufgabe, die bisherige Si-
cherheitspolitik, die die europäische Verteidigung als
Säule, nicht aber als Gegengewicht zu den Amerikanern
verstanden hat, zu stärken?


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Meine letzte, die vierte Frage. Das Mandat der UNO
ist bis zum 1. September begrenzt. Vor Mitte Juli wird
die Operation Mamba aber kaum voll einsatzfähig sein.
Ist es realistisch, in weniger als zwei Monaten Frieden
schaffen und Kindersoldaten entwaffnen zu wollen? Die

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(C (D undesregierung sollte uns ehrlich sagen, ob sie das laubt. Selbst wenn eine Stabilisierung gelänge, was assiert nach dem 1. September, wenn Blauhelme aus angladesch wieder Verantwortung tragen sollen? Geht ann wieder alles von vorne los? Was ist die mittelfrisige Erfolgschance? Was ist die politische Perspektive? as ist die Exit-Strategie, das heißt, gibt es die Möglicheit, aus dem Konflikt herauszukommen, in dem man ich engagiert? Oder werden wir auf ewig in diesen Konlikt hineingezogen? Herr Kollege Pflüger, denken Sie bitte an Ihre Redeeit. Ich komme zum Schluss. – CDU und CSU erwarten ie Beantwortung dieser Fragen. Ich darf noch einmal agen: Der Verantwortung, die aus dem EU-Mandat für ns alle erwächst, werden wir uns nicht entziehen. Nächster Redner ist der Kollege Gert Weisskirchen, PD-Fraktion. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin! ieber Kollege Pflüger, Sie haben die Fragen richtig getellt. Jetzt muss es aber darauf ankommen, dass wir ntworten geben und dass wir deutlich machen – ich bin ür Ihren Schlusssatz dankbar –, dass wir die Menschen m Kongo nicht alleine lassen. Das ist die zentrale Botchaft, die heute von dieser Debatte ausgehen muss. enn das Herz Afrikas blutet. Natürlich müssen wir uns fragen, welche Möglichkei en und welche operativen Fähigkeiten wir haben. Es ist öllig richtig, darauf eine vernünftige Antwort zu verlanen. Das Problem wurde richtig beschrieben. Ich glaube, ir können uns dieser Verantwortung nicht einfach entiehen. Wie könnten wir das gegenüber den Menschen, ie in der Stadt Bunia und in der Region Hoffnung äuern und Fragen stellen, die uns erreichen und die wir eantworten müssen? Ich glaube, dass wir gar nicht aners können, als darauf die klare und eindeutige Antwort u geben: Ja, wir wollen innerhalb unserer operativen ähigkeiten helfen. Diese Antwort muss heute gegeben erden. Ich bin dankbar dafür, dass die Bundesregierung in rüssel mitgeholfen hat, dass diese Entscheidung in der uropäischen Union getroffen worden ist. Lieber Herr r. Pflüger, den Begriff, den Sie hier genannt haben, habe ch heute zum ersten Mal gehört. Soweit mir bekannt ist, at die Präsidentschaft der EU den Vorschlag gemacht, ine Mission mit dem Namen „Artemis“ zu entsenden. as hat etwas mit der klassischen griechischen Philosohie und mit einer Göttin zu tun, die eine doppelte Bedeu Gert Weisskirchen tung hat. Ein Teil dieser doppelten Bedeutung betrifft die Rettung und den Willen, mitzuhelfen, dass die Menschen in diesem geschundenen Land, in der Demokratischen Republik Kongo, eine wirkliche Chance haben. Lieber Kollege Dr. Pflüger, ich bitte Sie: Verdunkeln wir unsere Bereitschaft, den Menschen zu helfen, nicht mit allzu vielen – berechtigten – Fragen. Diese Fragen werden wir im Auswärtigen Ausschuss und im Verteidigungsausschuss behandeln. Seien Sie sich sicher: Aufgrund der begrenzten operativen Fähigkeiten, von denen wir von der Bundesregierung gehört haben, ist es klar und eindeutig, dass wir die Bundeswehr und diejenigen, die sich an dieser Mission beteiligen, nicht in Gefahr bringen werden. Wir wissen, in welche ungeheuren, ungewissen, ja chaotischen Situationen wir sie entsenden könnten. Diese müssen in erster Linie diejenigen bewältigen, die Kenntnisse vor Ort haben, die wissen, wie man solche chaotischen Räume beherrschen und kontrollieren kann und die ihren Beitrag dazu leisten können, dass diese so geschundene Region die Chance zur Stabilisierung hat. Wir werden uns an einem solchen Mandat beteiligen, und zwar nicht allein deshalb, weil die Vereinten Nationen das einstimmig beschlossen haben oder weil es die internationale Staatengemeinschaft von uns geradezu verlangt, sondern deshalb, weil wir Europäer eine Verantwortung gegenüber unserem Nachbarkontinent haben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504909000
Dr. Friedbert Pflüger (CDU):
Rede ID: ID1504909100

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504909200
Gert Weisskirchen (SPD):
Rede ID: ID1504909300

(Ulrich Heinrich [FDP]: Genau!)





(A) )


(B) )


Afrika darf nicht aus unserem Blickfeld geraten. Die
Menschen in Afrika sollen wissen: Sie sind unsere Nach-
barn. Wir müssen ihnen helfen, auf dem guten Weg wei-
ter zu gehen, der sich in vielen Regionen Afrikas schon
abzeichnet.

Es gibt aber nicht nur das Zentrum, das ins Chaos fällt
und sich in großer Gefahr befindet, der Gewaltspirale
noch stärker ausgesetzt zu werden. Nein, es gibt auch
sehr viele ermutigende Anzeichen in vielen anderen
Staaten Afrikas. Wir helfen diesen Staaten, ihre Zivil-
gesellschaften aufzubauen. Wir unterstützen gutes Re-
gierungshandeln und helfen mit, dass diese Staaten ent-
schuldet werden; denn die Schuldenlast drückt auf ihre
Perspektive. Durch sie werden ihre Chancen unter-
drückt, eine Demokratie zu entwickeln und von unten
her neue zivilgesellschaftliche Strukturen aufzubauen.

Seit 1999, seit der Kölner Entschuldungsinitiative,
haben wir mitgeholfen, dass sich Demokratien in Afrika
entwickeln können. Dafür gibt es gute Beispiele: Neh-
men Sie Mali, Mosambik und schließlich Kenia.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Ruanda!)

Hier zeigt sich, dass diese Chance von den Afrikanern
selbst in die Hand genommen wird. Um genau das geht
es uns.


(Beifall bei der SPD)

Wir wollen mithelfen, dass die Menschen selbst handeln
und demokratische Strukturen von innen und unten her

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(C (D ufbauen können. Deshalb ist es jetzt erforderlich, den enschen die Sicherheit zu geben, die sie dringend beötigen. Erinnern Sie sich alle bitte daran, was wir selbst urchgemacht haben. 1995 kam es in Jugoslawien zu er furchtbaren Situation, dass Soldaten aus Holland sie mussten einem nur begrenzten und, wie man im achhinein erkennen musste, falschen Mandat folgen – infach fassungslos vor der fürchterlichen Tragödie des bschlachtens von Tausenden von Moslems standen. amit sich diese fürchterliche Tragödie nicht wiederolt, damit ein solches Massaker von vornherein verhinert wird, brauchen wir ein robustes Mandat. Es ist die ufgabe der Europäer, den Afrikanern jetzt zu helfen, ieber Kollege Pflüger. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn es dafür eine Möglichkeit gibt, dann möchte ich
arum bitten, dass sich die zuständigen Minister auch in
rüssel überlegen, inwiefern es gelingen kann, Assets
er NATO dort, wo es sinnvoll, notwendig und möglich
st, einzubeziehen. Ich finde, wir sollten in diesem Punkt
ffen und flexibel an diese Probleme herangehen. Wir
ürfen uns ideologisch nicht auf das fixieren, was sich
rgendwer dazu erdacht hat. Es kommt darauf an, alle
raktischen Möglichkeiten und Fähigkeiten zu nutzen,
amit das Herz Afrikas aufhört zu bluten und die Men-
chen eine Chance haben, ihr Leben selber in die Hand
u nehmen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504909400


Nächster Redner ist der Kollege Ulrich Heinrich,
DP-Fraktion.


Ulrich Heinrich (FDP):
Rede ID: ID1504909500

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen

nd Kollegen! Frau Staatsministerin, ich bedanke mich
usdrücklich für Ihren Vortrag, mit dem Sie uns darüber
nformiert haben, wie die Situation vor Ort ist. Die Tat-
ache, dass Sie heute zu diesem Thema gesprochen ha-
en, unterstreicht die Wichtigkeit dieses Themas.
Lassen Sie mich zu Anfang sagen: Ich hätte gerne zu-

ammen mit den anderen Fraktionen einen gemeinsamen
ntrag formuliert. Leider Gottes ist dieser nicht zustande
ekommen. Aber an uns hat es nicht gelegen. Wir wer-
en die Debatte aber in diesem Sinne weiterführen. Wir
egrüßen es ausdrücklich, dass der UN-Sicherheitsrat
m Freitag vergangener Woche die Entsendung einer in-
ernationalen Friedenstruppe in die Demokratische Re-
ublik Kongo einstimmig beschlossen hat. Auch begrü-
en wir, dass der EU-Ministerrat gestern das Gleiche
emacht hat. Aus Zeitgründen – mir bleiben nur noch
napp drei Minuten Redezeit – möchte ich auf die Mili-
är- und Außenpolitik nicht eingehen. Ich verweise auf
ie gestrige Erklärung von Werner Hoyer, als in der
ATO-Debatte die Frage einer deutschen Beteiligung
ngesprochen worden ist.






(A) )



(B) )


Ulrich Heinrich
Ich als Entwicklungspolitiker möchte einen anderen
Blickwinkel darstellen. Ich begrüße es ausdrücklich, dass
die Delegation des UN-Sicherheitsrates nach Kinshasa
reisen wird, um zu versuchen, dort eine Übergangsregie-
rung zu installieren. Dies hätte schon längst stattfinden
sollen. Es ist erfreulich, dass dies von der höchsten UN-
Ebene erneut angepackt wird. Der UN-Sicherheitsrat ist
in den letzten Jahren dreimal mit einer Delegation in diese
Region gereist. Wir als Deutscher Bundestag müssen die-
ses Unternehmen unterstützen. Wir hoffen natürlich, dass
diese Delegation erfolgreich sein wird.

Dies alles gibt Hoffnung, dass sich die schrecklichen
Ereignisse in Ruanda und Uganda, der Völkermord,
nicht wiederholen. Damals versäumte es die internatio-
nale Gemeinschaft, rechtzeitig einzugreifen. Der Geno-
zid wurde tragischerweise nicht verhindert. Deshalb
muss die Völkergemeinschaft heute handeln. Noch ist
Zeit, eine große Katastrophe und massenhaftes Blutver-
gießen zu verhindern.

Besonders dramatisch ist die Situation in der Region
an den Großen Seen in Afrika wegen der fehlenden Au-
torität des Staates, insbesondere im Osten Kongos. Es
gibt keine Infrastruktur. Die zivile Bevölkerung wird mit
dem Notwendigsten nur schlecht versorgt. Die Gesund-
heitsversorgung ist mangelhaft. Die Menschen hungern.
Seuchen wie Malaria und Aids breiten sich ungehindert
aus. Am schlimmsten sind die Kinder betroffen. Viele
von ihnen sind aufgrund von Mord, Totschlag und Aids
schon als Kleinkinder zu Waisen geworden. Im Osten
Kongos gibt es nach Angaben der Welthungerhilfe
10 000 Kindersoldaten. Wir müssen alles tun, um diesen
Kindern wieder eine Zukunft zu geben.


(Beifall im ganzen Hause)

Die GTZ und die KfW haben in Projekten in Sierra
Leone sehr gute Ergebnisse bei der Wiedereingliederung
von ehemaligen Kindersoldaten erzielt. Diesem Thema
müssen wir uns heute zuwenden. Diese Erfahrungen kön-
nen und müssen jetzt sofort im Kongo genutzt werden.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504909600


Herr Kollege Heinrich, schauen Sie bitte einmal auf
die Uhr vor Ihnen.


Ulrich Heinrich (FDP):
Rede ID: ID1504909700

Es reicht nicht aus, wenn die Koalition für den Herbst

ein Demobilisierungs- und Wiedereingliederungspro-
gramm erwartet. Wir wollen heute konkrete Aussagen
dazu hören, dass diese Bundesregierung und die Koali-
tion bereit sind, parallel zur Entwaffnung der Kindersol-
daten ihre Aufgaben in diesem Sinne tatsächlich wahrzu-
nehmen.


(Beifall bei der FDP)

Ich hätte noch einige gute Anregungen geben wollen,
aber leider Gottes ist mir das aufgrund der Zeit verwehrt.
Drei Minuten in einer so wichtigen Frage sind eben doch
zu wenig.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sechs Minuten!)


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(C (D Herzlichen Dank. Die nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Gesine ötzsch, fraktionslos. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Sehr geehrte Gäste! Seit einigen Tagen lesen wir n der Presse verschiedene Variationen darüber, wie die eutsche Bundeswehr im Kongo eingesetzt werden önnte. Nun haben wir einen Antrag auf dem Tisch lieen, der sich sehr ausführlich mit der Situation im ongo befasst, sehr ausführlich über humanitäre Maßahmen schreibt, aber an der entscheidenden Frage uneutlich und offen bleibt. Die Frage, die zuerst zu stellen und nicht beantwortet st, lautet: Warum hat die Staatengemeinschaft jahrelang em Morden im Kongo zugesehen und warum wird jetzt ie Initiative ergriffen? Die zweite Frage leitet sich aus er kürzesten Formulierung im Antrag ab, wo es heißt ich zitiere: „entsprechend den deutschen Möglichkeien Hilfe für die Interims-Eingreiftruppe und für ONUC zuzusagen;“. Diese Formulierung lässt alles ffen und sagt uns nicht, worum es eigentlich geht. Ich finde es nicht redlich, in einer Debatte zum Kongo ie Fakten nicht klar auf den Tisch zu legen. Stattdessen rfahren wir aus den Medien, dass im Kabinett dann und ann dieses und jenes entschieden wird. Andere haben chon interne Absprachen getroffen. Warum schreiben ie nicht klar auf, was Sie wollen? Warum tragen Sie die ntscheidung nicht ins Parlament? Warum geben Sie ntscheidungen über Presseerklärungen bekannt? (Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kommt noch! – Rudolf Bindig [SPD]: Weil die Entwicklung dort noch läuft! Der Diskussionsprozess ist noch im Gang!)


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504909800
Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1504909900

Das ist klar. Die Entwicklung läuft und der Diskussi-
nsprozess läuft, aber über die Medien und in Presse-
onferenzen werden schon Zahlen verbreitet und Tatsa-
hen bekannt gegeben.


(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Ausschuss auch!)


eute wird eine Debatte angesetzt, in der die entschei-
ende Frage nicht klar und deutlich genannt wird. Das
ritisieren wir. Wir fordern, dass die Parlamentarierinnen
nd Parlamentarier Angaben auf den Tisch bekommen,
ufgrund derer sie verantwortungsbewusst entscheiden
önnen. Wir wollen uns nicht auf Pressespekulationen
erlassen müssen.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Wichtig ist, dass den Menschen im Kongo schnell ge-

olfen wird. Wichtig ist, dass der Deutsche Bundestag
lare Entscheidungen treffen kann. Ich finde an diesem
ntrag besonders kritikwürdig, dass er sich zu vielen
ichtigen Fragen mit wichtigen Argumenten äußert, aber






(A) )



(B) )


Dr. Gesine Lötzsch
bei der entscheidenden Frage offen, unklar und undeut-
lich bleibt. Das sollten Sie sehr schnell ändern.

Danke schön.

(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos] – Rudolf Bindig [SPD]: Ihre Rede blieb auch unklar am entscheidenen Punkt!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504910000


Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
Hartwig Fischer, CDU/CSU-Fraktion.


Hartwig Fischer (CDU):
Rede ID: ID1504910100

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! „Im Kongo verblutet auch die Glaubwürdigkeit
der Weltorganisation“, so titelte der „Rheinische Mer-
kur“. „Kindersoldaten machen Jagd auf Menschen“, so
berichtet Kurt Pelda als Korrespondent aus Bunia. Die
Blauhelme sind nur Beobachter.

Seit Dezember 2002 und Januar 2003 wissen wir,
dass ein Machtvakuum durch den Rückzug von Uganda
und Ruanda entsteht. Dieses Machtvakuum hat in Bunia
und Drodro in der Region Ituri zu Übergriffen, Massa-
kern, Vertreibungen, Flucht, Vergewaltigungen und stän-
diger Gewalt geführt. Es gibt Tausende vagabundierende
Kindersoldaten. Circa ein Drittel der Armee besteht aus
Kindersoldaten.

Im März sind die Berichte immer grausamer gewor-
den. Ich habe am 31. März beim Bundesministerium für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung den
Länderbericht Kongo angefordert. Am 3. und 4. April
haben nach Berichten der „Neuen Zürcher Zeitung“ und
der „taz“ die Massaker von Bunia und Drodro stattge-
funden.

In der ersten Aprilwoche habe ich den Länderbericht
erhalten. Ich zitiere aus diesem Bericht:

Die Gründe für diesen von der internationalen Öf-
fentlichkeit nur wenig beachteten Krieg sind kom-
plex. Im Kern dreht sich der Konflikt um die politi-
sche Herrschaft im Land und die Kontrolle über die
enormen Rohstoffe. Die Konflikte in Ruanda und
Burundi wirken in die Demokratische Republik
Kongo hinein … Derzeit konzentrieren sich die
Kämpfe mit schwersten Menschenrechtsverletzun-
gen, Massenhinrichtungen, systematischen Verge-
waltigungen, Vertreibungen und Plünderungen auf
die im Nord-Kivu gelegene Region Ituri.

Frau Staatsministerin, herzlichen Dank für die Infor-
mationen, die Sie uns mit der Schilderung Ihrer persönli-
chen Erlebnisse gegeben haben. Aber wir haben bereits
am 8. Mai im Bundestag eine entwicklungspolitische
Debatte geführt, für die wir am 6. Mai einen Antrag vor-
gelegt haben, der sich mit genau diesen Themen befasst
hat.


(Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Aber die Ministerin hat in ihrer gesamten Regierungser-
klärung mit keinem einzigen Wort zu dem Thema Kongo

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(C (D tellung genommen, obwohl die Fakten aus dem Länderericht des Ministeriums bekannt waren. Wir mussten ersuchen, uns per E-Mail Informationen von kirchichen Organisationen und Menschenrechtsorganisaionen zu beschaffen. Für mich ist es nicht zu verstehen, dass in der Regie ungserklärung die Chance, die Öffentlichkeit über die ielsetzung der Bundesregierung in dieser Frage zu inormieren, nicht genutzt wurde. (Beifall des Abg. Dr. Friedbert Pflüger [CDU/ CSU])


ch danke den Medien, die das Thema Kongo aufgegrif-
en haben, als wir sie nach dieser Regierungserklärung
it unseren Informationen versorgt haben.
Sie, Frau Ministerin, haben erst am 20. Mai zum ers-

en Mal öffentlich Stellung genommen. Dann ging es
lötzlich los: Das Verteidigungsministerium, Ihr Minis-
erium und das Auswärtige Amt haben das Thema aufge-
riffen. Dann wurde Frau Müller in einer hektischen Ak-
ion nach Kinshasa geschickt.
Wir hatten, wie gesagt, schon einen Antrag einge-

racht. Ich sage dem entwicklungspolitischen Sprecher
er Grünen: Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie auf uns zu-
egangen sind. Wir hätten mit diesem Antrag zu einer
inigung kommen können.


(Kerstin Müller, Staatsministerin: Es waren Ihre eigenen Leute, die das blockiert haben!)


ir waren uns in diesem Thema schon sehr nahe. Man
ätte auch einen Sprung machen können. Ich hätte mir
ewünscht, Herr Hoppe, dass Sie sich insofern hätten
urchsetzen können. Das wäre der Sache dienlich gewe-
en.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben sich verweigert!)


n Ihrem Antrag haben Sie einen großen Teil unseres
ntrags wörtlich übernommen.
Lassen Sie mich kurz darauf zu sprechen kommen,
as Sie, Frau Staatssekretärin Eid, in der vorigen Ple-
arsitzung in einer Kurzintervention ausgeführt haben.
rau Eid, ich bin der festen Überzeugung, dass Sie die
frikapolitik mit Herz und Verstand betreiben. Aber ich
abe – auch nach der Regierungserklärung – den Ein-
ruck, dass Sie nicht das Ohr Ihrer Ministerin haben.
enn dann wäre die Regierungserklärung anders ausge-
allen. Ich habe auch den Eindruck, dass der Kanzler,
essen G-8-Beauftragte für Afrika Sie sind, Sie im Re-
en stehen lassen hat.


(Beifall des Abg. Dr. Friedbert Pflüger [CDU/ CSU])


Wenn Sie es ernst meinen, dann können Sie unserem
ntrag, der noch in der parlamentarischen Beratung ist,
n der nächsten Plenarwoche zustimmen.
Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Markus Löning [FDP])







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504910200


Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von den

Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
eingebrachten Antrag auf Drucksache 15/1144 mit dem
Titel „Für einen stärkeren UN-Einsatz im Nordosten der
Demokratischen Republik Kongo“. Wer stimmt für die-
sen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
Der Antrag ist mit den Stimmen von SPD und Bünd-
nis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der CDU/CSU
und der FDP bei Enthaltung der beiden fraktionslosen
Mitglieder des Hauses angenommen.

Ich rufe Zusatzpunkt 10 auf:
Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD,
der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN und der FDP
Sofortige und bedingungslose Freilassung von
Aung San Suu Kyi

– Drucksache 15/1105 –
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die

Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Volker Neumann, SPD-Fraktion.


Volker Neumann (SPD):
Rede ID: ID1504910300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Heute vor einer Woche ist die burmesische Oppositions-
politikerin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San
Suu Kyi verhaftet und in ein Gefängnis wahrscheinlich
in der Nähe von Rangun gesteckt worden. Wir verurtei-
len die erneute Verhaftung der burmesischen Friedens-
nobelpreisträgerin auf das Schärfste und fordern zusam-
men mit der Bundesregierung die Regierung Myanmars
auf, sie und auch die Begleiter von der NLD, ihrer Par-
tei, freizulassen.

Die für ihren friedlichen Kampf für Menschenrechte
und Demokratie mit dem Friedensnobelpreis ausge-
zeichnete burmesische Oppositionspolitikerin wird auf
brutale Weise ihrer Menschenrechte beraubt. Im Juli
1989, also vor 14 Jahren, ist sie zum ersten Mal in Haft
genommen worden. Als sie 1991 den Friedensnobelpreis
bekommen hat, konnte sie ihn nicht persönlich in Emp-
fang nehmen, weil sie sich in Haft befand. Nach ihrer
Entlassung 1995 wurde sie im Jahr 2000 wiederum ver-
haftet. Bis zum Jahr 2002 stand sie unter Hausarrest. Zu
ihrer erneuten Festnahme in der vergangenen Woche ha-
ben die Militärmachthaber gegenüber der internationalen
Gemeinschaft erklärt, man halte sie zu ihrem eigenen
Schutz an einem unbekannten Ort in Gewahrsam. Ihre
Freilassung lehnt die Regierung Myanmars ebenso ab
wie die Bitte des Roten Kreuzes und von Diplomaten um
Zugang zu Aung San Suu Kyi. Heute Morgen ist der
Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretärs, Herr
Razali, in Rangun eingetroffen. Er will versuchen zu
vermitteln. Obwohl er noch keine feste Zusage für ein

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(C (D reffen mit Aung San Suu Kyi hat, sind Bemühungen in ollem Gange, Zugang zu ihr zu bekommen. Wie kam es zu der erneuten Verhaftung? Als ich Mitte ai zusammen mit meinem Kollegen Eppelmann von er CDU/CSU im Auftrag des Ausschusses für Menchenrechte in Myanmar war, hatten wir keine Gelegeneit, mit Aung San Suu Kyi zu sprechen. Sie war gerade u einer Reise in den nördliche Teil Burmas, in den achin-Staat, aufgebrochen. Diese Reise war bis dahin eheim gehalten und von der Regierung genehmigt woren. Aber schon als wir ankamen, hörten wir von massien Bedrohungen und Behinderungen dieser Reise urch die örtlichen Behörden. Die Veranstaltungen von ung San Suu Kyi wurden gestört. Trotz dieser Einchüchterungsversuche schlossen sich immer mehr Menchen der Friedensnobelpreisträgerin an und zeigten so hre Solidarität. Letzten Freitag war sie nach Augenzeugenberichten ieder unterwegs. Als sie in der Stadt Monywa angeriffen wurde, war das das Ende ihrer Reise. Sie war mit rei Autos und 18 Personen aus ihrer engeren Umgeung losgefahren. Dieser Autokolonne haben sich dann ehrere Menschen und Autos angeschlossen. Mit einem al kam es zu einer blutigen Auseinandersetzung, bei er nach offiziellen Angaben vier Menschen ums Leben amen und 50 verletzt wurden. Nach dem, was wir geört haben, sind es wesentlich mehr gewesen. Wir wisen bis heute nicht, ob Aung San Suu Kyi leicht oder, ie Gerüchte besagen, sogar schwer verletzt ist. Wähend sich die Regierung von Myanmar bemüht, diesen ngriff als eine Auseinandersetzung zwischen Gegnern nd Anhängern Aung San Suu Kyis und ihrer Oppositinspartei darzustellen, erscheint es heute nahezu sicher, ass dies eine lang geplante Geheimdienstoperation ar, die die Militärregierung zum Anlass für einen chlag gegen die Opposition genommen hat; denn alle üros der Oppositionspartei NLD sind geschlossen und hre Anhänger zum Teil verhaftet worden. Außerdem urden Schulen und Universitäten geschlossen. Berichte, wonach die Militärregierung in Myanmar est im Sattel sitze, fanden wir bestätigt, als wir dort waen. Dennoch sind wir über die brutale Art und Weise berrascht, in der Aung San Suu Kyi verhaftet und in solationshaft gebracht worden ist. Dabei hatte es im ai letzten Jahres so hoffnungsvoll begonnen. Damals urde sie aus dem Hausarrest entlassen. Es gab dann espräche mit der Militärregierung, die Anlass für einen offnungsschimmer gaben. Auch wenn die Gespräche n der Phase der Vertrauensbildung stecken geblieben aren und ein substanzieller Dialog nicht stattgefunden atte, gab es ein gewisses Maß an Bewegungsfreiheit ür die Opposition. So konnte die Oppositionspartei LD ihre Büros wieder eröffnen und bei ihr ließen sich man höre! – 1 Million Menschen als Mitglieder regisrieren. Der anfängliche Optimismus ist aber längst der Resig ation gewichen. Das Vorgehen der Regierung gegen die emokratischen Kräfte hat alle positiven Entwicklungen it einem Schlag zunichte gemacht. Volker Neumann Ein Blutbad wie 1988, dem Tausende Menschen zum Opfer fielen, muss verhindert werden. Wir fordern daher erstens die Freilassung von Aung San Suu Kyi und allen politischen Häftlingen. Zweitens fordern wir, dass unverzüglich ein Vertreter des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes, das sich vor Ort befindet, Aung San Suu Kyi besuchen kann und dass der UN-Sondergesandte Razali, der heute Morgen angekommen ist, seine Mission fortsetzen kann. Wir fordern drittens vor allem, dass die Militärjunta endlich zu substanziellen Gesprächen mit der Opposition und auch mit den ethnischen Minderheiten kommt. Die Bevölkerung Myanmars leidet größte Not. Eine Familie muss durchschnittlich 70 Prozent ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben. Ein Drittel der Kinder unter fünf Jahren ist mangelernährt. Weniger als die Hälfte der Kinder schließt die Grundschule ab. Die Situation im Bildungsbereich verschlechtert sich von Jahr zu Jahr. Der Zustand im Bildungssektor ist desolat. Hinzu kommt, dass 2 Prozent der Bevölkerung HIV-infiziert sind. In den von 135 ethnischen Minderheiten bewohnten Gebieten ist die Lage noch dramatischer. Die Angehörigen der Minderheitenvölker sind am stärksten belastet und leiden unter Menschenrechtsverletzungen. In den Gesprächen haben sie uns glaubhaft versichert, dass es auch dort systematische Vergewaltigungen gibt, dass Zwangsarbeit an der Tagesordnung ist – das hat die ILO bestätigt –, dass Eigentum konfisziert wird, dass es Zwangsumsiedlungen gibt und dass im Nordteil Myanmars eine chinesische Mafia von Drogenbossen die staatliche Gewalt faktisch abgelöst hat. Die Bundesrepublik verfolgt mit der EU und anderen westlichen Staaten eine Sanktionspolitik gegenüber Myanmar. Erst im April hat die EU den gemeinsamen Standpunkt bestätigt und eine Ausweitung der Sanktionen angedroht, falls die Regierung nicht bis Ende Oktober dieses Jahres zu substanziellen Gesprächen mit der Opposition bereit ist. Bislang weigert sich die Regierung strikt, einen Zeitplan oder Modalitäten zu nennen. Danach ist nach meiner Überzeugung ein politischer Wandel durch Sanktionen nicht erreichbar. Die Sanktionen werden im Übrigen durch die Nachbarländer Myanmars konterkariert. Diese Ansicht teilen viele Beobachter der Situation im Land. Das brutale Vorgehen der Militärregierung zeigt: Sie fürchtet keine Sanktionen durch die internationale Gemeinschaft. Uns liegen die Not leidenden Menschen Myanmars am Herzen. Humanitäre Hilfe ist von den Sanktionen zwar ausgenommen; dennoch sind die Hilfsleistungen für Burma nur minimal. Nach meiner persönlichen Einschätzung ist es nicht zu rechtfertigen, dass beispielweise Kambodscha von der internationalen Gemeinschaft 70-mal so viel humanitäre Hilfe erhält wie Burma, 70-mal so viel wie Burma! a d c z h o h w H S v U b u m o d D h D e H f d h s d t m C u d c d r D W – l b m B a d S (C (D Deshalb empfehle ich, die humanitäre Hilfe für Mynmar zu einem geeignetem Zeitpunkt auszuweiten und ie Entwicklungszusammenarbeit in bestimmten Bereihen des Bildungsund Gesundheitssektors wieder aufunehmen. Dies würde – wie unsere Gespräche gezeigt aben – auch von den meisten burmesischen Oppositinsund Minderheitengruppen befürwortet. Verstärkte umanitäre Hilfe kann eine Reihe von positiven Nebenirkungen, auch politischen, entfalten. Mitarbeiter von ilfsorganisationen etwa können eine gewisse chutzwirkung für die Angehörigen der Minderheitenölker entfalten. Die Menschen in Myanmar sind zurzeit, wie es ein NO-Vertreter in Rangun treffend formulierte, doppelt estraft: durch das repressive Vorgehen der Regierung nd durch das Ausbleiben westlicher Hilfe. Deshalb öchte ich auch zu der Diskussion darüber ermutigen, b diese Art der Sanktionspolitik dazu geeignet ist, uns em Ziel politischer Veränderung hin zu Freiheit und emokratie näher zu bringen. Der Deutsche Bundestag unterstützt heute die Bemü ungen um die Freilassung von Aung San Suu Kyi. iese Forderung ist in einem interfraktionellen Antrag nthalten, der vom Ausschuss für Menschenrechte und umanitäre Hilfe initiiert wurde. Wir sind uns darin mit ast allen Regierungen der Welt und allen Parlamenten er Welt einig. Der Vater der Friedensnobelpreisträgerin, Aung San, at 1947/48 die Unabhängigkeit des Landes vom britichen Kolonialreich erkämpft. Ich hoffe, dass wir bald en Tag erleben, an dem wir sagen können: Seine Tocher Aung San Suu Kyi hat dem Land Freiheit und De okratie erkämpft. Vielen Dank. Nächster Redner ist der Kollege Holger Haibach, DU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen nd Kollegen! Die Verhaftung der burmesischen Frieensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi und die Tatsahe, dass ihr Aufenthaltsort bis heute ungeklärt ist, hat in en letzten Tagen in der Weltöffentlichkeit für Empöung und Bestürzung gesorgt. Aung San Suu Kyi gilt als die Vorkämpferin für die emokratisierung Burmas. Dies hat mir noch in dieser oche der Kollege Eppelmann, der selbst in Burma war Kollege Neumann hat es soeben erwähnt – und eigentich auch mit Frau Suu Kyi sprechen sollte, nochmals estätigt. In der Weltpresse wird Frau Suu Kyi manchal sogar als „die Mandela“ oder auch als „die Gandhi“ urmas bezeichnet. Dieser Vergleich trifft insofern zu, ls Frau Suu Kyi in Burma den Status einer Nationalhelin hat. Sie – Tochter des Staatsgründers und legitime iegerin der Parlamentswahlen von 1990 – verkörpert Holger Haibach mehr als jeder andere Oppositionspolitiker die Hoffnung der Einwohner Burmas auf eine bessere Zukunft. Ihr Schicksal steht beispielhaft für das vieler Menschen in Burma, die – Herr Kollege Neumann hat schon darauf hingewiesen – unter einer menschenrechtlich und humanitär höchst bedenklichen Situation leiden. Seit 41 Jahren wird Burma nun durch ein Militärregime regiert, das das Land auch wirtschaftlich an den Rand des Ruins getrieben hat. Einige Zahlen mögen dies verdeutlichen: Die Inflationsrate liegt bei über 60 Prozent pro Jahr. Das durchschnittliche Tageseinkommen eines Bauern beträgt knapp 1 US-Dollar. Ein Mädchen in einem Handwerksbetrieb verdient kaum 30 Cent. Etwa 25 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. Jedes dritte Kind ist unterernährt. Das ist eine geradezu irrwitzige Tatsache für ein Land, das mit Nahrungsmitteln jeglicher Art gesegnet ist. Krankheiten wie Aids, Tuberkulose und Malaria greifen immer schneller um sich. Schließlich ist ein wie auch immer geartetes Bildungssystem kaum noch vorhanden. Die Zahl der Analphabeten steigt von Jahr zu Jahr. Zu allem Überfluss hat die Regierung nach der Verhaftung Aung San Suu Kyis beschlossen, landesweit alle Schulen und Universitäten zu schließen, um Proteste zu verhindern. Diese neuerlichen Aktionen der Junta gegen die Demokratiebewegung haben gezeigt, dass die Sanktionen der Europäischen Union gegenüber Burma – ich habe hierzu eine andere Meinung als mein Vorredner – schon noch ihre Berechtigung haben. Die internationale Staatengemeinschaft hat bisher jede weitere Zusammenarbeit im Bereich der Entwicklungsund Wirtschaftshilfe abgelehnt, um den Druck auf die burmesischen Machthaber weiter zu erhöhen, damit sie politische und wirtschaftliche Reformen einleiten. Diese Strategie schien sich zu Beginn des Jahres 2002 erstmals auszuzahlen, als der Hausarrest gegen Aung San Suu Kyi aufgehoben wurde und sie die Erlaubnis erhielt, sich in ihrem Heimatland frei zu bewegen. Zudem wurde der Nationalen Liga für Demokratie, NLD, erlaubt, wieder landesweit Büros zu eröffnen. Doch trotz dieses eher symbolischen Akts blieb die menschenrechtliche Situation nach wie vor bedenklich. Das bedrückende Schicksal von Frau Suu Kyi steht leider stellvertretend für das vieler Menschen, die vom burmesischen Regime brutal unterdrückt wurden. Ich möchte auch hierfür einige Beispiele nennen: Besonders ethnische Minderheiten werden vom Militär zu Zwangsarbeit herangezogen. Kinder werden als Soldaten rekrutiert und müssen teilweise schwerste Arbeiten verrichten. Trotz der Teilamnestie aus dem Jahr 2002 befanden sich zu Beginn dieses Jahres noch immer etwa 1 300 politische Gefangene in Haft, davon 18 Parlamentsabgeordnete. Diese und andere Personen werden nach wie vor mit Folter bedroht. Es gibt Fälle von extralegalen Hinrichtungen. Es wird gegen ethnische und religiöse Minderheiten vorgegangen, etwa gegen die Moslems, die aus Bangladesch in den Rankhine-State zurückgekehrt waren, oder gegen die mehr als 2 Millionen katholischen Christen. In einigen Provinzen gibt es bürgerkriegsähnliche Zustände. Menschen werden aus ihrer Heimat vertrie b e is u s b s d w a m h in v J k S L n D d l g h Z v 7 c D s V u u g h s R s – s i t i v d n n t a s d u w (C (D en; etwa 120 000 Burmesen halten sich in Thailand auf, twa 40 000 in Indien. Die Presseund Meinungsfreiheit t eingeschränkt; der bloße Besitz eines Faxgerätes kann nter Umständen – das wäre in Deutschland kaum vortellbar – mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 15 Jahren elegt werden. Von der vollständigen Überwachung sind auch ausländi che Besucher nicht ausgenommen: Paulo Sergio Pinheiro, er Menschenrechtsbeauftragte der Vereinten Nationen, urde bei Gesprächen mit politischen Gefangenen sogar bgehört. Auch hierauf hat die internationale Staatengeeinschaft reagiert: Die UN-Menschenrechtskommission at das Mandat zur Sonderberichterstattung für Burma einer einstimmig gefassten Resolution zum elften Mal erlängert. Ich finde, dies ist ein trauriger Höhepunkt. Mit der Freilassung von Aung San Suu Kyi im letzten ahr wurde trotz all dieser Umstände die Hoffnung vernüpft, die Militärs in Burma könnten bereit sein, einen chritt in die Richtung einer Demokratisierung ihres andes und seines Regimes zu tun. Alle, die diese Hoffung bisher gehegt hatten, sehen sich heute getäuscht. och nicht nur das: Mit der Verhaftung ging eine Welle er Repression gegen die Partei Suu Kyis einher. Sämtiche Büros der Nationalen Liga für Demokratie wurden eschlossen, sogar nach offiziellen Angaben – auch das at der Kollege Neumann schon gesagt – wurden bei den usammenstößen vier Personen getötet und 50 weitere erletzt. Heute konnte man lesen, dass es sogar bis zu 0 Tote gegeben haben soll. Noch mehr Anlass zur Sorge gibt allerdings die Tatsa he, dass die Regierung Burmas trotz des internationalen rucks nicht bereit ist, den Aufenthaltsort und den Geundheitszustand von Frau Suu Kyi bekannt zu geben. iele Regierungen, unter anderem die amerikanische nd die Bundesregierung, haben bereits die sofortige nd bedingungslose Freilassung von Aung San Suu Kyi efordert. Der Deutsche Bundestag kann, darf und wird ier nicht schweigen. Es ist wahr und auch richtig, dass der Bundestag nur ehr selten und in besonderen Fällen in Anträgen und esolutionen davon Gebrauch macht, sich des Schickals von Einzelpersonen anzunehmen. Aber dieser Fall darauf möchte ich noch einmal ganz besonders hinweien – steht symbolisch für den Umgang der Militärjunta n Burma mit Menschenrechtspolitikern und für die Unerdrückung jeglicher Freiheitsrechte. Aus diesem Grund st eine gemeinsame, schnelle und abgestimmte Interention der Bundesregierung, befreundeter Regierungen, er Europäischen Union und auch der Vereinten Natioen dringend geboten. Auf die Frage, was die internatioale Staatengemeinschaft für Burma tun könne, antworete Aung San Suu Kyi einmal: Ich wünsche mir ein ktiveres Interesse an dem, was in meinem Land gechieht, verbunden mit der Anerkennung der Notwenigkeit für einen grundlegenden Wandel in Burma. Der heute vorliegende Antrag ist aus meiner und aus nserer Sicht ein erster Schritt dazu, dass auch ein Land ie Burma mehr in den Mittelpunkt des öffentlichen In Holger Haibach teresses rückt. Setzen wir uns jetzt gemeinsam dafür ein, dass Aung San Suu Kyi und ihre Weggefährten baldmöglichst freigelassen werden. Setzen wir uns über den heutigen Tag hinaus gemeinsam dafür ein, dass sich die Verhältnisse in Burma nachhaltig verbessern. Herzlichen Dank. Nächste Rednerin ist die Kollegin Christa Nickels, Bündnis 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte die Fakten, die meine Kollegen in ihren Beiträgen genannt haben, nicht wiederholen. Wie viele andere ist Frau Suu Kyi wirklich in allergrößter Gefahr. Ich glaube, dass eine solche Debatte – Kollege Haibach sagte schon, dass wir so etwas nur selten machen – wichtig ist, damit einfach einmal die Person, die sich schon so viele Jahre unter Einsatz ihres Lebens für die Menschenrechte einsetzt, hier bei uns besser bekannt wird. Frau Suu Kyi ist, wie Kollege Neumann schon sagte, die Tochter eines sehr berühmten Unabhängigkeitskämpfers und Nationalhelden. Ein Schlaglicht auf ihr Leben wirft aber auch die Tatsache, dass sie im Alter von zwei Jahren diesen Vater verlor; er wurde ermordet. Sie selber gilt als Ikone der Demokratie – die Kollegen haben es schon gesagt –, wird auf eine Stufe mit Gandhi und Nelson Mandela gestellt. Dabei ging Frau Suu Kyi erst spät in die Politik und trat ihr Amt, wie wir es bei vielen aktiven und klugen Frauen aus Asien erleben, eher als Vermächtnis in der Tradition ihres Vaters an. Sie kehrte nach einer Eliteausbildung in Rangun, in Indien und in Oxford, wo sie den britischen Tibetexperten Michael Aris heiratete, mit dem sie zwei Kinder hat, 1988 wieder in ihre Heimat zurück, um ihre Mutter zu pflegen. Während der Pflege ihrer Mutter zeigte sie sich nicht unberührt von dem, was in ihrem Land passierte. Meine Kollegen Vorredner haben es hier schon sehr deutlich dargestellt. Sie hat dann sehr kompetent, sehr energisch und sehr erfolgreich in die Politik eingegriffen. Die Kollegen haben auch das schon dargestellt. Die Konsequenz daraus war, dass sie mehrmals Verhaftungen, Misshandlungen und Freiheitsberaubungen erleben musste. Sie hat jahrelang im Gefängnis gesessen, allein bis 1995 sechs Jahre. Nach ihrer Freilassung hat sie wieder einen Dialog begonnen, Ende 2000 einen geheimen Dialog mit den Generälen, um nationale Versöhnung zu erreichen. Sie hat wirklich mit allen Möglichkeiten, die einer Politikerin zur Verfügung stehen, versucht, hier ein Stück voranzukommen. Das Ergebnis war erneuter Arrest. 1999 hat sie von sich aus darauf verzichtet, ihren Mann und ihre Söhne, die in England leben, zu besuchen, als ihr Mann schwer krebserkrankt war; 1999 ist er gestorben. Sie hat deshalb darauf verzichtet, weil sie si c W c w d d m u d c r u l n F m u d s d H s n m n P R m s F k d S u s N K s L w h f u d L (C (D her war, dass die Regierung ihres Heimatlandes ihr die iedereinreise nicht erlauben würde. Sie sah sich als harismatische, für ihre Partei und die Bevölkerung ganz ichtige und ermutigende Persönlichkeit in der Pflicht, as Land nicht zu verlassen. Dieses Ausmaß der Tragöie muss man sich hier einmal vorstellen. Ich glaube, dass gerade wir als Parlamentarier, die wir anchmal unter der Last der Erarbeitung von Reformen nd anderen komplizierten Prozeduren ächzen, uns in ieser Debatte klarmachen müssen, wie schwer, drükend, lebensbedrohlich, schmerzlich das Auseinandereißen von Familien, Ehepartnern, Eltern und Kindern ist nd wie schwer es sein kann, ganz simple, einfachste poitische und parlamentarische Rechte in Anspruch zu ehmen. Ich bin sehr froh und sehr dankbar, dass es in diesem all eine schnelle konzertierte Aktion von vielen Parlaenten, Regierungen, Nichtregierungsorganisationen nd auch der Vereinten Nationen gibt. Aber ich glaube, as Beispiel von Frau Suu Kyi zeigt uns auch, dass Tauende in aller Welt, die einen derartigen Mut aufbringen, ie allerdings gern darauf verzichten würden, zu solchen elden zu werden, stärker in unseren Blick kommen müsen und dass wir erheblich mehr Anstrengungen unterehmen müssen und erheblich mehr Kraft mobilisieren üssen, gerade als Parlamentarier und Parlamentarierinen, um nachhaltig bedrohte Menschenrechtsverteidiger, arlamentarier und Politiker wirksamer zu schützen. Vielen Dank. Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege ainer Funke, FDP-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist ir wichtig, feststellen zu können: Der gesamte Deutche Bundestag ist empört und entsetzt über die erneute estnahme der burmesischen Demokratin, Freiheitsämpferin und Oppositionellen Frau Suu Kyi. Wir forern die sofortige Freilassung der Nobelpreisträgerin. Es geht uns dabei nicht nur um das Schicksal von Frau uu Kyi selbst, sondern auch um die Menschenrechte, m die Sache der Freiheit und der Demokratie insgeamt. Der Tag der erneuten Festnahme der burmesischen obelpreisträgerin war ein schwarzer Tag im weltweiten ampf für die Menschenrechte. Frau Suu Kyi ist mit ihrem engagierten, mutigen Ein atz für die Freiheit und die Menschenrechte in ihrem and und mit ihrem langen Leidensweg zu einem welteiten Symbol für die Menschenrechte und den Freieitskampf engagierter Oppositioneller in den vielen unreien Ländern der Welt geworden. Sie ist dafür mit nzähligen internationalen Preisen ausgezeichnet woren, zum Beispiel 1995 mit dem Prize for Freedom der iberalen Internationale. Rainer Funke Die Militärjunta in Rangun muss merken, dass die Festnahme von Frau Suu Kyi nicht einfach hingenommen wird und dass dieser Tag auch ein schwarzer Tag für das Regime in Burma selbst war und sein muss. Es hatte im vergangenen Jahr vorsichtige Anzeichen für eine Öffnung des Landes gegeben, Anzeichen, die einem der ärmsten Länder Südostasiens auch Hoffnung auf eine bessere Zukunft, auf wirtschaftliche Hilfe und Entwicklung sowie auf internationale Einbindung gegeben hatten. Dies ist alles umsonst gewesen. Es ist gut, dass sich der Deutsche Bundestag heute in dieser spontan angesetzten Debatte mit einem, wie ich finde, sehr guten interfraktionellen Antrag für die sofortige Freilassung von Frau Suu Kyi einsetzt. Aber wir müssen mehr tun. Burma darf nicht einer der letzten schwarzen Flecken auf der Landkarte der globalisierten Welt bleiben. Wir müssen uns kümmern. Das heißt, wir dürfen das Land und seine vor allem jungen Menschen nicht schon bald wieder dem Zugriff der skrupellosen Militärjunta überlassen. Das Militär hat nicht nur Frau Suu Kyi festgesetzt, sondern auch die Universitäten und höheren Bildungseinrichtungen des Landes geschlossen. Die Junta verspielt in ihrem verzweifelten Kampf um Machterhalt die Zukunft der Jugend ihres Landes und setzt dabei darauf, dass sich die internationale Aufregung und der internationale Druck schon bald wieder legen werden. So weit dürfen wir es nicht kommen lassen. Wir sollten eine Burma-Initiative der Europäischen Union starten. Die Bundesregierung sollte ihren Sitz und ihre Stimme im Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen nutzen, um das Schicksal dieses Landes auf der internationalen Tagesordnung zu halten. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den von den Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des Bündnisses 90/ Die Grünen und der FDP eingebrachten Antrag mit dem Titel „Sofortige und bedingungslose Freilassung von Aung San Suu Kyi“. Wer stimmt für diesen Antrag auf Drucksache 15/1105? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit – zu dem Antrag der Abgeordneten Hubertus Heil, Klaus Brandner, Doris Barnett, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Michaele Hustedt, Ulrike A k K S S s W e H e l n h d n k i i t w d u u n z a N n (C (D Höfken, Friedrich Ostendorff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Die Bestimmungen der Post-Universaldienstleistungsverordnung verbraucherfreundlich durchsetzen – zu dem Antrag der Abgeordneten Johannes Singhammer, Karl-Josef Laumann, Dagmar Wöhrl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU Flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen sicherstellen – zu dem Antrag der Abgeordneten Rainer Funke, Birgit Homburger, Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP Wettbewerbsbedingungen bei Vertrieb von Postdienstleistungen schaffen – Drucksachen 15/615, 15/466, 15/579, 15/1129 – Berichterstattung: Abgeordneter Johannes Singhammer Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege laus Barthel, SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eit mehreren Wochen macht die Deutsche Post wieder chlagzeilen: positive Schlagzeilen im internationalen Gechäft und an den Börsen, aber negative Schlagzeilen in den ahlkreisen, in Stadt und Land. Gestern gab es – wir haben s gehört – sehr zwiespältige Schlagzeilen von der auptversammlung. In der internationalen Entwicklung ist spannend zu rleben, dass die Postmärkte in vielen anderen Ländern ängst nicht so offen sind, wie immer getan wird, noch icht einmal so offen wie in der Bundesrepublik. So seen wir, wie ausgerechnet in den USA, der Speerspitze er Liberalisierung auf den Weltmärkten, Tochterunterehmen der Deutschen Post – in diesem Fall im Luftverehr – am Markteintritt gehindert werden sollen. Das ernnert uns daran, dass die Liberalisierungsdebatte bei uns m Bezug auf den Postsektor nicht immer unter den richigen Voraussetzungen und Grundannahmen geführt ird. Die Post bleibt ein besonderes Thema, was sowohl en internationalen Vergleich als auch die emotionale nd alltägliche Wahrnehmung durch die Bürgerinnen nd Bürger betrifft. Ob es um die neuen Verträge für die partnerbetriebe en Agenturen geht, ob es um die Umstrukturierungen ulasten der Dienste-Angebote und der Qualität im Fililnetz geht, ob es um neue Entgelte für Lagerungen und achsendungen geht, ob es um Nacht-und-Nebel-Aktioen beim Abbau von Briefkästen geht: Wir haben den Klaus Barthel Eindruck, die Post testet gerade die Belastbarkeit und die Geduld ihrer Kundinnen und Kunden, ihrer Beschäftigten und ihrer Geschäftspartner. Wir wollen heute deutlich machen, was wir davon halten. Dabei haben wir natürlich im Blick, was der politische Mehrheitswille Anfang der 90er-Jahre war. Der Postsektor sollte liberalisiert, privatisiert und dereguliert werden. Auf diesem Markt sollten private Unternehmen unter betriebswirtschaftlichen und wettbewerblichen Bedingungen und auch unter den Bedingungen internationaler Konkurrenz agieren. Die Märkte wurden und werden schrittweise geöffnet, das ehemalige Staatsunternehmen Deutsche Post an die Börse gebracht und schrittweise verkauft, also privatisiert. Manchem konnte das – daran sei heute trotz aller Gemeinsamkeiten erinnert – nicht schnell genug gehen. Ein Blick in die Parlamentsreden, in die Presseerklärungen und in die Anträge von Union und FDP legen beredtes Zeugnis darüber ab, dass die Aktien möglichst schnell verkauft werden sollten. Es wurde gefordert, dass es keine bürokratischen Regelungen hinsichtlich der Verpflichtungen der Post so wie beim Universaldienst und keine Einmischung zugunsten der Beschäftigten oder in das sonstige Alltagsgeschäft geben solle und dass Politik und Regierung herausgehalten werden sollten, da es der Markt schon richten werde. Das waren und sind die Parolen aus dem bürgerlichen Lager, wie es sich selbst so gern bezeichnet. Aber immer dann, wenn die Folgen dieser ideologi schen Fixierungen kommen, ist plötzlich alles anders. Seitdem Edmund Stoiber im Wahlkampf sinngemäß die Entlassung von Ron Sommer gefordert hat, sind insbesondere bei der Union alle Dämme gebrochen. Seitdem feiert der Bund als Haupteigentümer ein Comeback. All das, was über das Aktienrecht, über Börsenkurse, Privatisierung und Wettbewerb gesagt worden ist, ist vergessen. Man solle wieder die politische Verantwortung wahrnehmen, heißt es dann plötzlich. Die SPD hat sich im Unterschied zu diesen Spielchen stets dazu bekannt, dass die Post wie andere ehemalige Infrastrukturmonopole Gemeinwohlverpflichtungen hat, wie sich das aus dem Grundgesetz und dem Postgesetz – übrigens auch aus dem europäischen Recht – ergibt. Wir haben deswegen für einen stufenweisen, harmonisierten und abgefederten Übergang in den Wettbewerb und auch für einen schrittweisen Verkauf derAktienpakete gesorgt. Zuletzt haben wir das im vergangenen Jahr im Rahmen der Änderungen des Postgesetzes und des Postumwandlungsgesetzes getan. Dabei haben wir die Liberalisierung und die Regulierung, den reservierten Bereich und die Gemeinwohlverpflichtungen, Einnahmen und Kosten sowie die Harmonisierung im internationalen Kontext in der Balance gehalten. Aufgrund unserer Erfahrungen in den Kommunen und der Erfahrungen der Kundinnen und Kunden haben wir nicht nur 1999 die Post-Universaldienstleistungsverordnung geschaffen und damit den rechtsfreien Zustand diesbezüglich beendet, sondern im vergangenen J r m p b u s I M D b d d D d h v A n u d d b s z E E G m D v A w e L s m u h f (C (D ahr zusätzliche Präzisierungen im Sinne der Bevölkeung und der strukturschwachen Kommunen vorgenomen, und zwar gegen den Widerstand der gesamten Oposition. Ich kann nur sagen: Bloß gut, dass wir damals hart ge lieben sind und uns durchgesetzt haben. Dafür könnten ns die Union und die FDP heute eigentlich dankbar ein. Denn worauf würden Sie sonst Ihre Anträge und hre zu erwartenden Reden stützen, wenn Sie damals die ehrheit gehabt hätten? (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


(Beifall im ganzen Hause)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall im ganzen Hause)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504910400
Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1504910500




(A) )


(B) )


(Beifall im ganzen Hause)





(A) )


(B) )


(Beifall im ganzen Hause)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504910600
Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504910700

(Beifall im ganzen Hause)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504910800
Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1504910900

(Beifall im ganzen Hause)





(A) )


(B) )


(Beifall im ganzen Hause)


(Beifall im ganzen Hause)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504911000

(9. Ausschuss)

Klaus Barthel (SPD):
Rede ID: ID1504911100




(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD)


ann gäbe es nämlich weder die von Ihnen damals als
ürokratisches Monster gescholtene Post-Universal-
ienstleistungsverordnung noch den Hauptaktionär Bun-
esrepublik Deutschland.


(Rainer Funke [FDP]: Das wäre auch gut so!)

enn unsere Aktien wären längst – sehr zum Leidwesen
er Kleinaktionäre und übrigens auch des Bundeshaus-
altes – ausgerechnet auf dem Tiefpunkt an den Börsen
erschleudert worden. Sie könnten dann Ihre heutigen
nträge in den Papierkorb schmeißen. Es wäre ja nicht
ur um die Anträge und Reden von heute, sondern auch
m die betroffenen Bürgerinnen und Bürger sowie um
ie Geschäftspartner der Deutschen Post, zum Beispiel
ie Agenturnehmer, schade. Deswegen freuen wir uns
esonders, dass Sie jetzt bei uns angekommen sind und
ich zur Post-Universaldienstleistungsverordnung und
u einem stufenweisen Anteilsverkauf bekennen.


(Beifall bei der SPD)

Wir können uns deswegen heute ein bisschen mehr

hrlichkeit leisten. Die Möglichkeiten des politischen
influsses von Bundestag und Bundesregierung auf das
eschäftsgebaren der Deutschen Post tendieren immer
ehr gegen null.


(Rainer Funke [FDP]: Das stimmt doch gar nicht!)


as wissen auch Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen
on der Union und der FDP. Unterlassen Sie deswegen
ppelle an den Bund als Anteilseigner bitte auch dann,
enn es Ihnen stimmungstechnisch und taktisch gerade
inmal in den Kram passt! Bleiben Sie bei einer geraden
inie!
Das, was wir heute gemeinsam tun, kann nur eines

ein: ein klares Signal an den Vorstand des Unterneh-
ens Deutsche Post AG zu geben. Dieses Signal ist
mso klarer, als sich der ganze Deutsche Bundestag
eute hinter dieses Signal stellen wird.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504911200


Herr Kollege Barthel, gestatten Sie eine Zwischen-
rage des Kollegen Funke?


Klaus Barthel (SPD):
Rede ID: ID1504911300

Aber sicher.






(A) )



(B) )


Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1504911400

Herr Kollege Barthel, ist Ihnen bekannt, dass die ge-

samten Aufsichtsratsmitglieder der Post AG auf der Ka-
pitalseite vom Bund gestellt werden und dass deren Tä-
tigkeit auch vom Bundesfinanzministerium überwacht
wird?


Klaus Barthel (SPD):
Rede ID: ID1504911500

Herr Funke, da irren Sie sich. Es gibt, wenn ich das

richtig weiß, nur zwei Vertreter des Bundes im Auf-
sichtsrat der Deutschen Post. Das sind also nicht einmal
10 Prozent. Das heißt, es gibt dort keine Mehrheit des
Bundes im Aufsichtsrat. Im Übrigen wissen Sie, dass es
laut Aktienrecht auch dann, wenn es anders wäre, nur
schwer möglich ist, dass sich der Aufsichtsrat ins tägli-
che Geschäft eines Vorstandes einmischt.


(Beifall bei der SPD – Dr. Uwe Küster [SPD]: Das war ein Rohrkrepierer!)


Ich habe gerade vom Signal an die Deutsche Post ge-
sprochen. Ich habe damit kein Problem, in diesem Fall
aus der Politik ein Signal an die Wirtschaft zu senden.
Denn es gibt genügend Spitzenmanager und Vertreter
von Unternehmensverbänden, die ständig mit dem er-
hobenen Zeigefinger und mit klugen Ratschlägen an
die Politik herantreten – oft genug leider auch, um
vom eigenen Versagen und von eigenen Fehlprognosen
und -einschätzungen abzulenken. Deswegen können wir
das heute auch einmal tun.

Bei der Post geht es aber um mehr; das müssen wir
noch einmal deutlich machen. Das Unternehmen hat
Verpflichtungen übernommen. Die Post bekommt dafür
einen milliardenschweren Ausgleich in Form des reser-
vierten Bereichs zu festgelegten Tarifen. Dieser Bereich
und diese Tarife orientieren sich an den Kostenstruktu-
ren bis 2002. Von daher gibt es von der Seite überhaupt
keine Legitimation für demontageartige Kostensen-
kungsprogramme im Universaldienstbereich. Das muss
man hier einmal ganz klar festhalten. Es gibt erst recht
keine Legitimation für das ständige Lustwandeln an den
Grenzen der Post-Universaldienstleistungsverordnung
und das selbstherrliche Verhalten gegenüber den Kunden
und Kommunen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen sagen wir heute ganz klar: Wir werden,
was diese Vorgaben betrifft, am Ball bleiben. Es darf
keine Lücken geben, auch nicht zeitweise. Die Kommu-
nen müssen informiert und beteiligt werden, die
Kontrollmöglichkeiten der Regulierungsbehörde für
Telekommunikation und Post sind entsprechend herzu-
stellen und die Sanktionsmöglichkeiten sind voll aus-
zuschöpfen. Wenn diese nicht ausreichen, werden wir
diesbezüglich über Verbesserungen nachdenken müssen,
so, wie es im Antrag steht, und zwar auch im wohlver-
standenen Interesse der Deutschen Post.

Wir alle haben nämlich nichts davon – auch das müs-
sen wir uns heute einmal überlegen –, wenn im In- und
Ausland der derzeit sicher falsche Eindruck entstehen

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(C (D ollte, dass die Einnahmen aus der Exklusivlizenz nicht ür ihren eigentlichen Zweck, nämlich für die Kosten olitisch bedingter Sonderlasten und Umstrukturierungsaßnahmen, also zum Beispiel für die betriebswirtchaftlich nicht erbringbaren Kosten des Universaldienses, verwendet werden, sondern dass diese Einnahmen etzten Endes zum Gewinnen von Wettbewerbsvorteilen n andere Bereiche umgelenkt werden. Das ist ein sehr efährliches Thema. Insofern kritisieren wir auch in aller Schärfe den in all en schönen Rechtfertigungsschreiben, die wir alle und ie Bürgermeister immer wieder bekommen, für Abbauaßnahmen aller Art verwendeten Hinweis der Post, das nternehmen sei in jeder Hinsicht gezwungen, nur berieblichen Kostensenkungszwängen zu gehorchen. Das st eine Verdrehung der Tatsachen; die müssen wir in aler Öffentlichkeit klarstellen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Vorstand des Unternehmens bewegt sich hier auf
ehr dünnem Eis. Es mag sich zwar auf der Hauptver-
ammlung vor den Aktionären ganz gut machen, sich ge-
en „politisches Störfeuer“, wie dort gesagt wurde, zu
erwahren. Wer aber an anderer Stelle gesetzlichen
chutz gern in Anspruch nimmt, sollte den Mund nicht
u voll nehmen, wenn es darum geht, die Gegenleistung
u erbringen, für die die Postkunden und Postkundinnen
n dieser Republik bezahlen.
Ich freue mich sehr, dass wir mit unserem gemeinsa-
en Beschluss heute deutlich machen werden, dass wir
icht bereit sind, dafür Schmiere zu stehen, dass ein so
roßes Unternehmen so mit seinen Gemeinwohlver-
flichtungen umgeht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504911600


Nächster Redner ist der Kollege Alexander Dobrindt,
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1504911700

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
err Kollege Barthel, lassen Sie mich nach den Angrif-
en auf die Opposition, die Sie hier natürlich wieder ge-
tartet haben, zunächst einmal die Gelegenheit nutzen,
eine Erleichterung darüber zum Ausdruck zu bringen,
ass es gelungen ist, einen gemeinsamen Antrag zu for-
ulieren,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

er im Wesentlichen mit dem Antrag der Union „Flä-
hendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen si-
herstellen“ identisch ist. Hier zeigt sich, dass es auch in
iesem Hause sicherlich nur von Vorteil sein kann, ab
nd zu einmal auf die Vorschläge der Opposition einzu-
ehen.






(A) )



(B) )


Alexander Dobrindt
Ich bin der Überzeugung, wir hätten diesen Antrag
schon viel früher formulieren können, hätte die SPD die
Verantwortung der Bundesregierung gegenüber der
Deutschen Post AG, den Postagenturbetreibern und den
Postkunden nicht immer kategorisch abgelehnt.

Herr Barthel, wir beide waren doch im Februar dieses
Jahres gemeinsam auf einer Veranstaltung der Postagen-
turbetreiber in Peißenberg zugegen. Sie erinnern sich si-
cher noch, was Sie damals gesagt haben.


(Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Ich habe nichts anderes gesagt als heute!)


Sie haben jegliche Verantwortung der Bundesregierung
und die Möglichkeiten einer korrektiven Gestaltung ab-
gelehnt. Umso erfreulicher ist es, dass wir heute einer
Meinung sind und einen vernünftigen Antrag gemein-
sam beschließen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, seit Mona-
ten ist die öffentliche Diskussion um die Versorgung mit
Postdienstleistungen im Gange. Mittlerweile stapeln sich
die Klagen der Postagenturbetreiber auf unseren
Schreibtischen; so wird es uns allen gehen. Täglich liest
man über drohende Schließungen von Postagenturen.
Die besorgten Anrufe von Bürgerinnen und Bürgern, die
große Bedenken haben, ob sie ihre Postgeschäfte zu-
künftig noch wie gewohnt erledigen können, zeigen,
welch hoher Stellenwert diesem Thema in der öffentli-
chen Diskussion beigemessen wird.

Diesem Zustand kann der Bundestag nicht tatenlos
zusehen. Wir müssen klar und deutlich unsere Forderun-
gen auch an die Bundesregierung als Mehrheitseigentü-
mer der Post formulieren.


(Abg. Ulrich Kelber [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Kollege, hören Sie doch erst einmal, was ich sagen
will.


(Hubertus Heil [SPD]: Es macht Angst, wenn er aufsteht!)


– Na klar! Er ist ja breit genug, um Angst zu machen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504911800


Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Kelber?


Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1504911900

Aber bitte.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504912000


Herr Kollege.


Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1504912100

Der Kollege Barthel hat schon auf die Geschichte

der Post-Universaldienstleistungsverordnung hingewie-
sen. Würden Sie mir aber bestätigen, dass folgende Aus-
sage die Situation richtig beschreibt?

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(C (D Der Bund hat als Aktionär der Deutschen Post AG keinen Einfluss auf die Geschäftspolitik. Nach § 76 des Aktiengesetzes leitet der Vorstand die Gesellschaft in eigener Verantwortung und ist nicht an Weisungen anderer Gesellschaftsorgane oder der Aktionäre gebunden. ch nenne Ihnen natürlich auch die Quelle: Dagmar öhrl, CSU, wirtschaftspolitische Sprecherin Ihrer Frakon. (Hubertus Heil [SPD]: Wo sie Recht hat, hat sie Recht!)



Alexander Dobrindt (CSU):
Rede ID: ID1504912200

Das steht in überhaupt keinem Widerspruch zu unse-

em heutigen Antrag. Wir wollen nicht in das Aktien-
echt eingreifen. Wenn Sie unseren gemeinsamen Antrag
urchlesen, dann werden Sie feststellen, dass wir explizit
ie Bundesregierung auffordern, tätig zu werden. Des-
egen weiß ich nicht, weshalb Sie sich an meiner Aus-
age stören.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich formuliere die Forderungen, die wir an die Bun-

esregierung und die Post stellen müssen:
Erstens. Für alle Bürgerinnen und Bürger in Deutsch-

and muss weiterhin eine flächendeckende Versorgung
it Postdienstleistungen sichergestellt werden.
Zweitens. Eine faire und partnerschaftliche Bezie-

ung muss zwischen Deutscher Post AG und den priva-
en Postagenturbetreibern bestehen. Dazu gehört, dass
an seine Partner offen und umfassend informiert und
hnen die nötige Luft zum Atmen lässt. Dies ist sicher
icht mehr gegeben, wenn aufgrund der neuen Vertrags-
erhältnisse den Agenturbetreibern eine Einkommensre-
uzierung um 25 bis 35 Prozent bevorsteht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Rainer Funke [FDP])


Man muss sich fragen, welcher Gedanke eigentlich
inter einer solchen Geschäftspolitik steckt. Üblicher-
eise wird doch in der freien Wirtschaft versucht, ge-
ade die Schnittstellen zum Kunden höchst attraktiv zu
estalten: durch attraktive Öffnungszeiten, durch eine
ngenehme Atmosphäre, durch freundliches, hoch moti-
iertes Personal. Mir erschließt sich nicht ganz, wie je-
and hoch motiviert und leistungsbereit seiner Arbeit
m Kunden nachgehen soll, wenn man ihn eines Drittels
eines Einkommens beraubt. Ich bin der Überzeugung,
ass diese Strategie schlichtweg nicht zielführend ist.
ie Frustrationsgrenze seitens der Agenturbetreiber ist
berschritten, was zwangsweise zu einem Rückgang der
undenzufriedenheit führen wird.
Natürlich wollen auch wir, dass die Deutsche Post AG

ls privatwirtschaftliches Unternehmen profitabel arbei-
et und Gewinne erwirtschaftet. Aber in diesem Zusam-
enhang spielen doch der Kunde und das Werben um
ie Kunden die ausschlaggebende Rolle.
Die Deutsche Post AG bestreitet gar nicht, dass es

ei den privaten Agenturen zu Einkommenseinbußen






(A) )



(B)


Alexander Dobrindt
kommen wird. Sie gibt sogar Handlungsempfehlungen
heraus, wie diese Einkommensverluste kompensiert wer-
den können. Ich darf hier aus der Zeitschrift „Post-
forum“ einen Sprecher der Deutschen Post AG zitieren,
der darauf verweist:

Darüber hinaus besteht durch den neuen Vertrag die
Möglichkeit, die täglichen Öffnungszeiten der Part-
ner-Filiale etwas flexibler zu gestalten, und so kann
der Partner seine Personalkosten senken.

Im Klartext heißt das: Personalkosten senken durch ver-
kürzte Öffnungszeiten.

Ich kann mich noch sehr gut an die Diskussion in
meiner Heimatgemeinde Peißenberg erinnern, als be-
kannt wurde, dass das Postamt geschlossen und dafür ein
Partnershop eingerichtet werden soll. Ich war einer der
wenigen, die das begrüßt haben. Ich bin der Überzeu-
gung, dass die Marktwirtschaft hier wesentlich kunden-
orientierter arbeiten kann als eine Monopolgesellschaft.
Die erweiterten Öffnungszeiten waren für mich damals
der ganz entscheidende Vorteil des Systems. Das hat
auch gut funktioniert. Der Postagenturbetreiber bei mir
zu Hause hat den neuen Vertrag bis heute noch nicht un-
terzeichnet.

Ich sage es noch einmal: Der Weg zum Erfolg führt
über die Kundenzufriedenheit und dazu brauche ich
eine funktionierende Schnittstelle zwischen Unterneh-
men und Kunden. Dies sehe ich momentan jedoch nicht
in ausreichender Form sichergestellt. Deswegen haben
wir in unserem Antrag formuliert, dass die Bundesregie-
rung als Mehrheitseigentümerin der Deutschen Post AG
auf die Angemessenheit der Agenturverträge achten und
sich vor allem für einen fairen und partnerschaftlichen
Umgang der Deutschen Post AG mit ihren Partnern ein-
setzen soll.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hubertus Heil [SPD]: Eine gute SPD-Formulierung! Sehr gut!)


Die Verantwortung liegt hier mit bei der Bundesregie-
rung und wir fordern sie auf, im Interesse der Kunden,
im Interesse der Agenturnehmer und nicht zuletzt im In-
teresse der Deutschen Post AG zu handeln.

Die Ankündigung der Deutschen Post AG vom gestri-
gen Tag, ihr Filialnetz weiter auszudünnen, halte ich für
bedenklich. Nach Berichten sollen zusätzlich 700 Filia-
len geschlossen werden. Die Deutsche Post AG will of-
fensichtlich auf die gesetzlich vorgeschriebene Grenze
von mindestens 12 000 Filialen und Agenturen schrump-
fen. Ich habe diese Grenze immer als ein absolutes Mini-
mum betrachtet, das der Gesetzgeber vorgegeben hat.
Dass die Deutsche Post AG dies nun als Zielvorgabe be-
trachtet, die es schnellstmöglich zu erreichen gilt, kann
man eigentlich nur bedauern. Auch hier gilt, dass die
Kundenorientierung und nicht das Planziel von 12 000
Einheiten im Vordergrund stehen muss.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Privatisierung der Deutschen Post AG war in

meinen Augen auch ein breit angelegtes Mittelstands-
förderprogramm. Über 7 000 kleine und mittelständi-

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(C (D che private Postagenturen sind hier aus der Taufe gehoen worden. as war ein sinnvoller Beitrag zur Mittelstandsfördeung. Hier muss weiter gearbeitet werden. Es darf keine mkehrung des Erreichten erfolgen. Die Deutsche Post AG ist ein profitables Unternehen. Wir können auf die wirtschaftliche Leistungsfähigeit dieses Unternehmens durchaus stolz sein. Post-Chef r. Klaus Zumwinkel hat gestern für das Jahr 2003 ein peratives Ergebnis von 2,8 Milliarden Euro in Aussicht estellt. Das ist gerade in der heutigen Zeit eine positive achricht (Ulrich Kelber [SPD]: Kein Sozialneid! – Weiterer Zuruf des Abg. Klaus Barthel [Starnberg] [SPD])


(Hubertus Heil [SPD]: Dank der PUDLV!)


Herr Barthel –, die wir sehr gerne hören. Diese gab es
eit Ihrem Regierungsantritt nicht mehr so oft.


(Hubertus Heil [SPD]: Man muss nur gut hinhören!)


Wir müssen trotzdem feststellen, dass auch Aktionärs-
ertreter gestern die aktuell vollzogenen und geplanten
insparungen kritisiert haben. Der gute Ruf des „gelben
iesen“, der maßgeblich mit seinen Erfolgen zusammen-
ängt, leidet zurzeit vor allem durch den offensiv betriebe-
en Abbau von Briefkästen und der mangelnden
nformationspolitik gegenüber den Kommunen. Wenn
ie Deutsche Post AG die Auswahl der abzubauenden
riefkästen schon durch eine Hightechsoftware ermit-
eln kann, dann dürfte sie wohl auch in der Lage sein,
echtzeitig ausreichende Informationen an die Städte und
emeinden zu übermitteln.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


tattdessen wird nur ein Standardinformationsbrief ver-
chickt, oft sogar erst hinterher, der vieles Weitere im
nklaren lässt.
Die Menschen, also die Kunden, stellen den Abbau

er Briefkästen erst dann fest, wenn sie an den bekann-
en Stellen stehen und die Briefkästen nicht mehr vorfin-
en. Die Freude darüber hält sich natürlich in Grenzen.
as haben wir alle in den letzten Wochen in unseren
ahlkreisen erlebt. Das Schönste dabei ist: Wenn man
achfragt, welche Briefkästen abgebaut worden sind, be-
ommt man eine Liste jener Briefkästen, die noch vor-
anden sind. Dazu gibt es den Hinweis, nachdem einige
riefkästen nicht mehr da seien, helfe es niemandem
ehr, zu wissen, wo sie vorher einmal gestanden haben.
Das ist, denke ich, nicht die offene Informationspoli-

ik, die ich mir von der Deutschen Post AG wünsche. Ich
in der Überzeugung, man könnte bei den Bürgerinnen
nd Bürger viel Unverständnis und viel Verärgerung ver-
eiden, wenn man rechtzeitig und offen informiert hätte
nd nicht in einer Nacht-und-Nebel-Aktion an den Ab-
au von Briefkästen herangegangen wäre.
)






(A) )



(B) )


Alexander Dobrindt

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Mit unserem Antrag wollen wir erreichen, dass die
Deutsche Post AG über Änderungen der Standorte von
Briefkästen vorab informiert. Bei einer Schließung von
stationären Einrichtungen erachte ich das ohnehin für
eine Selbstverständlichkeit.

Nochmals: Mehr Fairness, mehr Partnerschaft, mehr
Gemeinsamkeit und Information, das sind die Grundla-
gen unseres Antrags. Wir wollen eine kundenorientierte
und flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistun-
gen. Wir wollen leistungsfähige und überlebensfähige
Postagenturen. Wir wollen eine erfolgreiche Post AG.

Danke schön.

(Beifall im ganzen Hause)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504912300


Das Wort hat die Kollegin Michaele Hustedt,
Bündnis 90/Die Grünen.


Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1504912400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch

ich begrüße es, dass wir es geschafft haben, einen ge-
meinsamen Antrag zu diesem Thema aufzusetzen, und
dass wir es schaffen, ihn zu verabschieden. Natürlich
hängt das nicht damit zusammen, dass wir die Vor-
schläge der Opposition übernommen hätten. Vielmehr
gab es aus allen Fraktionen ähnlich lautende Anträge.
Aber ich will nicht kleinlich sein: Es ist trotzdem eine
große Leistung, dass wir uns zu einem gemeinsamen
Antrag durchgerungen haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Heute geht es also darum, wie viele Briefkästen, wie
viele Filialen und wie viele Agenturen die Post bereitzu-
stellen hat; das haben wir in der berühmten PUDLV fest-
gelegt. Ich sage vorweg: Dass sie das muss, hat weniger
damit zu tun, wie viele Aktien der Bund besitzt, sondern
schlichtweg damit, dass die Post in diesem Bereich noch
ein Monopolunternehmen ist und deswegen verpflichtet
ist, eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Deswegen hat dieser Streit, ob Aktien ja oder nein – Sie
wissen, ich bin eher dem Wettbewerb zugeneigt –, in
dieser Debatte, wie ich finde, nichts zu suchen.

Man kann darüber lächeln, dass wir hier im Bundes-
tag darüber diskutieren müssen, wo ein Briefkasten ste-
hen und wo es eine Postagentur geben soll. Aber man
muss sich bewusst machen, dass heute nicht jeder im In-
ternet chattet und dass nicht jeder einen fahrbaren Unter-
satz hat, mit dem er 40 Kilometer fahren kann, um sei-
nen Brief aufzugeben. Zu denjenigen, die nicht so mobil
sind, gehören viele ältere Menschen und ganz junge
Menschen, die zum Beispiel einer Brieffreundin schrei-
ben wollen. Es gibt Menschen, die einfach das Briefe-

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(C (D chreiben mögen und ab und zu zur Feder greifen. Geade für diese Gruppen, die auf die Post angewiesen ind, ist eine flächendeckende Versorgung notwendige oraussetzung für Kommunikation. Deswegen ist das urchaus ein ernstes Thema. Die Post als marktbeherrschendes Unternehmen, als onopolunternehmen hat, wie gesagt, die Verpflichtung, ie Post-Universaldienstleistungsverordnung einzuhaln. Teilweise wurden den Agenturen aber Verträge aneboten, die sie nicht annehmen konnten. Diese Agentuen gehören häufig zu den Tante-Emma-Läden im Dorf, ie den Zusatzverdienst, den sie durch ihre Funktion als ostagenturen erhalten, benötigen. Wenn sie diesen icht erhalten, müssen die Tante-Emma-Läden schließen nd wir könnten die Versorgung der ländlichen Struktur nd der älteren Menschen im Dorf nicht mehr garantieen. Es hängt also ein riesiger Rattenschwanz daran. Ich sage es noch einmal: Es ist notwendig, dass die ost die Verordnung einhält. Wie sie das tut, ist uns im runde genommen egal. Sie muss die flächendeckende ersorgung aber sicherstellen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich finde es sehr gut, dass wir einen gemeinsamen
ntrag gestellt und in diesem deutlich gemacht haben,
ass wir es nicht akzeptieren werden, wenn diese Ver-
rdnung nicht eingehalten wird. Wir fordern die Post
azu auf, mit der Schließung der Agenturen zu warten,
is die Kartellbehörde die Verträge überprüft hat. Dane-
en fordern wir dazu auf, dass die gesetzlich vorgesehe-
en Bußgelder eingefordert werden, wenn die Verord-
ung nicht eingehalten wird; auch das gehört dazu. Ich
inde, das ist ein eindeutiges Signal, dass wir es sehr
rnst meinen. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob die beste-
enden rechtlichen Instrumente ausreichen, um die flä-
hendeckende Versorgung sicherzustellen.
Wie gesagt: Ich finde es gut, dass wir einen gemeinsa-
en Antrag gestellt haben, und ich denke, dass wir da-
it der Post gegenüber signalisieren, dass es uns ernst ist
nd dass wir hier zusammenhalten.
Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504912500


Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
ainer Funke, FDP-Fraktion.


Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1504912600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In einem

ind wir uns einig: Im Interesse der Wirtschaft und der
erbraucher wollen wir eine flächendeckende Versor-
ung mit Postdienstleistungen sichern.


(Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Verwaltungsmentalität auch bei der FDP!)







(A) )



(B) )


Rainer Funke
– Seien Sie einmal ganz ruhig! Ich komme gleich zum
Kern der Sache.


(Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Das dachte ich mir!)


In einem sind wir uns aber nicht einig, lieber Herr
Kollege Barthel, nämlich darin, wie dies am besten zu
geschehen hat.

Während die Koalitionsfraktionen und auch Teile der
CDU/CSU-Fraktion glauben, Postdienstleistungen si-
chere man am besten durch Marktregulierung, zum
Beispiel durch eine extensive Auslegung von Universal-
dienstleistungen, durch Regelungen, wie viele Briefkäs-
ten wann und wo zu leeren sind und vieles mehr,


(Hubertus Heil [SPD]: Stimmen Sie gleich doch mit ab!)


glauben wir Liberale daran, dass Markt und Wettbewerb
die Verbraucherwünsche am besten befriedigen können.


(Beifall bei der FDP – Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Vor allem auf dem flachen Land!)


In allen Bereichen unserer Wirtschaft, ob im produ-
zierenden Gewerbe oder im Dienstleistungsbereich, er-
hält der Verbraucher, der Kunde, all das, was er benötigt,
am Markt. Nur bezogen auf den Postdienstleistungsbe-
reich glauben die Sozialdemokraten, die Grünen und
auch Teile der CDU/CSU offensichtlich immer noch,
dass reguliert werden muss. Das halten wir in der Tat für
falsch.


(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Haben wir jetzt eine Regulierung oder haben wir sie nicht?)


– Wir haben diese Regulierung, weil die Post ein Mono-
polunternehmen ist. Herr Tauss, Sie wissen, dass wir das
Postmonopol so schnell wie irgend möglich – am besten
schon morgen – beseitigen wollen. Wir wollen die
Post AG zu einem wettbewerbsfähigen Marktteilnehmer
gestalten.


(Beifall bei der FDP – Hubertus Heil [SPD]: Das wollen wir auch!)


Statt also die richtige Konsequenz zu ziehen, der Post
AG ihr Postmonopol zu nehmen und den Wettbewerb zu
stärken, zum Beispiel durch die Zulassung von privaten
Wettbewerbern, was auch heute noch sehr gut möglich
wäre, wird die typisch sozialdemokratische Antwort ge-
funden: Da kein Wettbewerb sein darf, wird reguliert.


(Hubertus Heil [SPD]: Sie haben aber ein Bild von uns!)


In einem Punkt gebe ich den Sozialdemokraten Recht:
Weil sie Monopolist ist, bewegt sich die Post AG in arro-
ganter Weise im Postregulierungsmarkt. Ein typisches
Beispiel dafür war ihr Verhalten gegenüber ihren Part-
nern, den Postagenturen: Anfang dieses Jahres hat die
Post AG ihren Agenturpartnern einen 39-seitigen Ände-
rungsvertrag übersandt, der mit dem Wort „Partnerver-
trag“ überschrieben war. Bei der Art dieses Vertrages
kann man dabei nur von Hohn und Spott sprechen. So

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(C (D ann sich eigentlich nur jemand benehmen, der keinen ettbewerb zu scheuen hat, weil gesetzlich kein Wettewerb zugelassen ist. Die Postagenturen werden nach iesen Verträgen im Schnitt 25 bis 30 Prozent ihrer Einommen verlieren, obwohl sie noch zusätzlich Fronienste für die Post AG erbringen müssen. Herr Kollege Funke, bitte denken Sie an Ihre Redeeit. Ich weiß, aber der Kollege Barthel hat gerade seinen rm erhoben, um eine Zwischenfrage zu stellen. Gestatten Sie die Zwischenfrage des Kollegen arthel? Natürlich. Ich erinnere Sie trotzdem daran: Ihre Redezeit ist inwischen deutlich überschritten. Da Herr Funke so viel von Wettbewerbern gespro hen hat, möchte ich ihn etwas fragen. Zwei Drittel des ostmarktes sind inzwischen für den Wettbewerb geöffet. Es gibt zum Beispiel im Frachtund Paketbereich ettbewerber. Vielleicht können Sie uns einmal erklä en, wie wunderbar die Vertragsbedingungen auf dem aketsektor zwischen Großversendern und Konkurrenen der Post im Verhältnis zu deren Agenturnehmern ind. Herr Kollege Barthel, der Postund Paketdienst ist chon seit 1935 dem freien Wettbewerb ausgesetzt. Insoern hat das mit dem Monopolunternehmen überhaupt ichts zu tun. (Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Nein, aber mit dem Wettbewerb hat es etwas zu tun!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504912700
Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1504912800
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504912900
Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1504913000
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504913100
Klaus Barthel (SPD):
Rede ID: ID1504913200
Rainer Funke (FDP):
Rede ID: ID1504913300

as gilt sowohl für die Wettbewerber als auch für die
ost AG. Da sind die gleichen Wettbewerbsbedingungen
orhanden.


(Beifall bei der FDP – Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Aber nicht gegenüber den Agenturen!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504913400


Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-

mpfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit
uf Drucksache 15/1129. Der Ausschuss empfiehlt, die






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Anträge auf den Drucksachen 15/615, 15/466 und 15/579
zusammenzuführen und in der Ausschussfassung anzu-
nehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-
lung ist mit den Stimmen des ganzen Hauses angenom-
men.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgit
Homburger, Cornelia Pieper, Ulrike Flach, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Den Bildungsstandort Deutschland stärken –
ausländischen Jugendlichen den Schulbesuch
erleichtern

– Drucksache 15/471 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die
FDP fünf Minuten erhalten soll. – Ich höre keinen Wi-
derspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Christoph Hartmann, FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)


Christoph Hartmann (FDP):
Rede ID: ID1504913500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Auch wenn wir hier in einem überschaubaren
Kreis sitzen, so ist es uns, der FDP, mit dem Bürokratie-
abbau Ernst. Dieses Thema anzugehen ist dringend not-
wendig. Über 70 000 Verordnungen und Gesetze gibt es
in diesem Land, die zum Leidwesen der Bevölkerung je-
des Politikfeld durchziehen. Deswegen hat es sich die
FDP zur Daueraufgabe gemacht, innovations- und
wachstumshemmende Hindernisse aus dem Weg zu räu-
men.


(Beifall bei der FDP – Zuruf von der SPD: Vor allem in der Opposition!)


Seit Ende Januar stellen wir Woche für Woche einen
Antrag, um Gesetze und Verordnungen zu erleichtern
oder sie sogar abzuschaffen. Hemmnisse der Bürokratie
betreffen übrigens nicht nur die Wirtschafts- und Steuer-
politik. Auch der Bildungsstandort Deutschland wird
insbesondere im Hinblick auf Schülerinnen und Schüler
unzumutbar behindert. Deswegen stellt die FDP den An-
trag, ausländischen Jugendlichen den Schulbesuch in un-
serem Land zu erleichtern.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Seit Ende Oktober 2002 gilt eine weitere Form des
bürokratischen Irrsinns. In der Neuformulierung der All-
gemeinen Verwaltungsvorschrift zum Ausländerge-
setz, in der die Aufenthaltsbewilligungen für den Schul-
besuch geregelt sind, können wir unter Nr. 28.5.6.1
lesen:

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(C (D Im Allgemeinen können Aufenthaltsbewilligungen zum Schulbesuch … nicht erteilt werden. Das ist schade; denn diese Formulierung kommt von er sich als weltoffen sehenden rot-grünen Bundesregieung. – In Nr. 28.5.6.2 sind die Ausnahmen geregelt. Das ührt dazu, dass jeder Einzelfall überprüft werden muss, b wirklich ein Ausnahmetatbestand vorliegt. So ist der illkür der Ausländerbehörden vor Ort Tür und Tor eöffnet. Ich will Ihnen dazu ein Beispiel nennen. Kürzlich vereigerte der Landkreis Dessau 50 chinesischen Schüleinnen und Schülern die Aufenthaltsgenehmigung. Das atte zur Folge, dass diese keinen Intensivsprachkurs mit nschließendem Bildungsgang in den neuen Bundeslänern belegen konnten. Diese chinesischen Schülerinnen nd Schüler sind dann glücklicherweise hartnäckig geesen und nicht nach Großbritannien gegangen, wie es äufig genug vorkommt. Vielmehr absolvieren sie jetzt en fast identischen Bildungsgang in Heidelberg, weil er Landkreis Heidelberg weltoffener ist und wirtschafticher denkt und deswegen anders entschieden hat. ieses Beispiel zeigt, dass die Ausnahme vielleicht, ventuell, gewissermaßen als Gnadenakt der Behörden, ewährt wird oder eben nicht. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Unsinn!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


enau das wollen wir Liberalen nicht.

(Beifall bei der FDP – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Recht und Gesetz!)


n Großbritannien oder der Schweiz sind Schülerinnen
nd Schüler als zahlende Kunden und später als Kultur-
nd Wirtschaftsbotschafter ihrer Gastländer hoch will-
ommen. In England gibt es circa 120 000 ausländische
chüler, insbesondere in privaten Internaten. Diese si-
hern 90 000 Arbeitsplätze und bringen mindestens
,5 Milliarden Euro pro Jahr ins Land.
Dort herrscht ein einfacher Grundsatz: Sind alle Un-

erlagen vorhanden, gibt es eine Versicherung, gibt es
ine Garantie des Lebensunterhalts durch die aufneh-
ende Einrichtung, liegen Zahlungsbestätigungen vor,
ann wird das Visum erteilt. Dort gibt es eben keine
ngste vor illegaler Einwanderung, denn die sind durch
iese Regelung ausgeräumt. Eine ähnliche Regelung
ürde uns in diesem Land gut zu Gesicht stehen.


(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Gucken Sie mal geradeaus!)


Wir wollen Bürokratie nicht nur deswegen abbauen,
eil es etwa populär wäre, sondern weil es notwendig
st. Wir wollen unser Bildungssystem für die internatio-
alen Herausforderungen fit machen. Wir wollen freien
chulträgern und Bildungsunternehmen die Chance ge-
en, ihre Kompetenz im wirtschaftlichen Wettbewerb zu
eweisen.






(A) )



(B) )


Christoph Hartmann (Homburg)

Herr Tauss, in einer Pressemitteilung des Bundesmi-
nisteriums für Bildung und Forschung vom 28. Februar
2000 können wir lesen: „Die Bundesbildungsministerin
kündigte an, mit einem offensiven Marketing für
Deutschland als Bildungsstandort und Forschungsstand-
ort künftig werben zu wollen.“


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das hat unsere volle Unterstützung.


(Jörg Tauss [SPD]: Gucken Sie mal ins Ausländergesetz!)


Wenn Sie ernst nehmen, was dort steht, dann dürften Sie
mit unserem Antrag keine Probleme haben, Herr Tauss.
Daran werden wir Sie messen.


(Beifall bei der FDP)

Wir müssen Nicht-EU-Bürgern Schulbesuche ermög-
lichen, wenn sie die notwendigen Voraussetzungen erfül-
len. Wir dürfen nicht die aus Deutschland wegschicken,
die hierher kommen, um zu lernen. Das ist gut für das
Image des Bildungsstandorts nach dem PISA-Desaster.
Sichern wir die Arbeitsplätze in unseren Schulen und
Bildungsunternehmen! Lassen Sie uns unnötige Büro-
kratie vermeiden! Präsentieren wir uns als würdige Gast-
geber! Stimmen Sie unserem Antrag zu!

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Da wenden Sie sich mal an den Schäuble in Baden-Württemberg!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504913600


Die nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Cornelie
Sonntag-Wolgast, SPD-Fraktion.


Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD):
Rede ID: ID1504913700

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen!

Herr Kollege Hartmann, ich würde mir wünschen, dass
Sie das starke Ausmaß an Weltoffenheit, das Sie gerade
am Beispiel Heidelbergs aufgezeigt haben, der baden-
württembergischen Landesregierung empfehlen wür-
den, damit diese sich positiv zu unserem Zuwanderungs-
gesetz verhalten kann.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich muss zugeben: Die tatsächlichen oder angeblichen
Hindernisse für ausländische Jugendliche, ein deutsches
Internat zu besuchen, standen bisher nicht unbedingt im
Zentrum unserer langen, sehr intensiven migrationspoli-
tischen Diskussion. Ich denke da sehr viel stärker an bes-
sere Chancen in unseren Bildungseinrichtungen etwa für
Kinder aus Migrantenfamilien, für Angehörige von Spät-
aussiedlern oder Söhne und Töchter von Asylbewerbern,
auch für illegal im Lande lebende Migranten. Das sind
sicherlich gravierende Probleme.

Aber gleichwohl, Herr Kollege Hartmann, wirft der
Antrag der FDP ein Schlaglicht auf einen bestimmten
Teilbereich der Zuwanderung oder der zeitweiligen Zu-
wanderung junger Menschen und stellt die Frage, ob wir

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(C (D ie Zugangsbarrieren zu hoch stellen. Ich finde schon, es ohnt sich, daran Gedanken zu knüpfen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es geht also um den Besuch von Internaten. Daran an-
nüpfend kann man folgern, dass nicht wenige dieser Ju-
endlichen anschließend in Deutschland studieren wol-
en.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504913800


Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Bergner?

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD):
Rede ID: ID1504913900

Bitte schön.

Dr. Christoph Bergner (CDU):
Rede ID: ID1504914000

Frau Kollegin, es überrascht mich zwar nicht, dass Sie

ie Fragestellung in einen Zusammenhang mit der Zu-
anderungsregelung bringen. Geht es aber in dem An-
rag der FDP nicht vielmehr um die Möglichkeit eines
ienstleistungsexportes in dem Sinne, dass Bildungs-
ienstleistungen – übrigens auch im beruflichen Be-
eich – zwar in Deutschland, aber für Ausländer angebo-
en werden können? Sollte nicht die Möglichkeit eines
ienstleistungsexports eröffnet werden? Das hat aber
it der Zuwanderungsregelung in Ihrem Sinne nichts zu
un.


Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD):
Rede ID: ID1504914100

Das Thema hat schon deswegen sowohl mit Dienst-

eistungs- und Bildungsangeboten als auch mit der Zu-
anderungs- und Ausländerpolitik zu tun,


(Jörg Tauss [SPD]: Ausschließlich!)

eil es die Verwaltungsvorschriften im Ausländergesetz,
as in seiner jetzigen Fassung bekanntlich noch auf die
poche der christlich-liberalen Koalition zurückgeht, be-
rifft. Insofern sind beide Bereiche miteinander zu ver-
nüpfen.

(Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Wir rufen nach Dienstleistern und es kamen Menschen!)

Es geht darum, dass ausländische Jugendliche später

ielleicht in Deutschland bleiben wollen. Um noch ein-
al auf das Thema des Antrags zu sprechen zu kommen:
ie Verwaltungsvorschrift zum Ausländergesetz – die
eitens der Länder übrigens schon seit 1998 vorbereitet
urde und nicht erst seit 2002, sondern bereits seit dem
. Oktober 2000 offiziell in Kraft ist – sieht keine Auf-
nthaltsbewilligungen vor und erwähnt insbesondere
älle, in denen nicht die Eltern des ausländischen Schü-
ers oder der Schülerin in Deutschland leben, sondern
ndere Verwandte. Dahinter verbirgt sich wohl die
orge, dass sich in solchen Fällen ein Daueraufenthalt
ntwickeln könnte.
Ausnahmen sind nach dieser Vorschrift nur möglich,
enn es sich um einen zeitlich begrenzten Schüleraus-
ausch oder um eine Schule mit internationaler Ausrich-






(A) )



(B) )


Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast
tung handelt. Außerdem bezieht sich die Vorschrift auf
Schulen, die vollständig oder zu einem überwiegenden
Teil aus Schulgeldern finanziert werden, die von den El-
tern zu entrichten sind.

Die Verwaltungsvorschrift hat insofern auch den in-
ternationalen Aspekt und den Aspekt der Weltoffenheit
des Bildungsstandortes mit erfasst. In diesem Zusam-
menhang stellt sich auch mir die Frage, ob diese Weltof-
fenheit deutlich genug zutage tritt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Frage, ob diese Vorschrift einladend oder eher ab-
schottend und abschreckend wirkt, sollte uns durchaus
beschäftigen.

Das Bundesinnenministerium hat keine Kenntnis von
nennenswerten Problemen im Zusammenhang mit dieser
Vorschrift. Dennoch könnte uns die praktische Erfahrung
in den Ländern ein anderes Bild liefern. Sie haben be-
reits ein Beispiel genannt. Deswegen rege ich an, dass
wir bei den Beratungen des Antrags in den zuständigen
Ausschüssen die Praxis der Behörden, der Länder und
vielleicht auch die Erfahrungen der betroffenen Kinder
und Eltern berücksichtigen. Das ist sicherlich interes-
sant.

Unumstritten ist sicherlich, dass im Visumverfahren
Nachweise in Bezug auf die internationale Ausrichtung
der Schule, auf die private Finanzierung und den gesi-
cherten Lebensunterhalt für die interessierten Schüler er-
bracht werden müssen. Daran kommen wir nicht vorbei
– darin sind wir uns sicherlich einig –, weil für den Auf-
enthalt der Jugendlichen im Interesse aller Beteiligten
eine solide Grundlage nötig ist.

Ich möchte aber betonen, dass es zu begrüßen ist,
wenn Kinder und Jugendliche aus anderen Ländern hier-
her kommen, um Privatschulen oder Internate zu be-
suchen. Das spricht übrigens auch dafür, dass die Unter-
richtsangebote in den Bundesländern allen PISA-
geprägten Unkenrufen zum Trotz ihre Anziehungskraft
nicht völlig eingebüßt haben.

Es tut deutschen Internatszöglingen sicherlich auch
gut, wenn sie begabte und interessierte Mitschüler ande-
rer Haut- und Haarfarbe aus anderen Kulturkreisen und
Religionsgemeinschaften zur Seite haben und mit ihnen
zusammen lernen. Diejenigen ausländischen Jugendli-
chen, die später wieder in ihre Heimat zurückkehren,
können wiederum Botschafter eines friedlichen Lebens
und der Weltoffenheit in der Bundesrepublik sein.

Deswegen ist zu überlegen, ob die Voraussetzungen
für solche Privatschulen und Internatsaufenthalte aus-
ländischer Kinder und Jugendlicher im Ausländerrecht
offener, sprich: gastfreundlicher, formuliert werden soll-
ten. Das entspricht übrigens auch dem Gesinnungswan-
del – es tut mir Leid, dass ich noch einmal auf das
Zuwanderungsgesetz zu sprechen komme, aber der Zu-
sammenhang ist zwingend –, den wir in unserem Zu-
wanderungsgesetz deutlich machen, dass nämlich längst
nicht jede Form der Zuwanderung des Teufels ist, wie es
die CDU/CSU uns und leider auch den Bürgern einhäm-

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(C (D ert. Vielmehr gibt es viele Fälle, in denen die Zuwanerung durchaus wünschenswert ist, übrigens auch zum orteil unserer Gesellschaft. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ieser Gedanke – da das oft vergessen wird, erinnere ich
aran – liegt auch dem Passus des Gesetzes zugrunde,
er es ausländischen Hochschulabsolventen ermöglicht,
ach ihrem Studium in Deutschland zu bleiben, wenn sie
innen eines Jahres eine geeignete Tätigkeit finden. Die-
es Element des Gesetzes wird leider in der öffentlichen
iskussion unterschlagen, ist aber im Interesse des Bil-
ungsstandorts Deutschland.
Reden wir im Innenausschuss und in den anderen mit-

eratenden Ausschüssen darüber, und zwar hoffentlich
hne die Feindseligkeiten und die Drohkulissen, die
onst die Debatten über die Migration begleiten. Wir
ollten uns bei diesem Thema ruhig einmal eine positive
nd gastfreundliche Diskussion genehmigen.
Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504914200


Das Wort hat der Kollege Ernst-Reinhard Beck, CDU/
SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Jetzt kommt das Abrücken von Stoiber! Ich bin gespannt!)



Ernst-Reinhard Beck (CDU):
Rede ID: ID1504914300

Herr Tauss, lassen Sie sich überraschen.

(Jörg Tauss [SPD]: Das wäre eine echte Über raschung!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolle-

innen und Kollegen! Gestatten Sie mir zuerst drei Vor-
emerkungen, mit denen ich Bezug auf Ihre Ausführun-
en nehmen möchte, liebe Frau Sonntag-Wolgast. Erste
orbemerkung: Nach meiner Auffassung handelt es sich
ei dem zur Diskussion stehenden Thema im Kern um
ine bildungspolitische und nicht um eine ausländerpoli-
ische Fragestellung.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


ntscheidend ist einfach – ich begrüße sehr, dass Sie das
ereits dargestellt haben –, wie man mit diesen Bil-
ungsfragen umgeht, ob man ermunternd oder abschot-
end formuliert. Ich meine, in einer Zeit der Europäisie-
ung und der Globalisierung stünde es uns gut an, wenn
ir eine weltoffene Formulierung fänden, die einen er-
unternden und nicht einen dumpf-abschottenden Ef-
ekt hat.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)







(A) )



(B) )


Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen)

Zweite Vorbemerkung: Es geht auch nicht um den
Schulbesuch von Schülern aus EU-Staaten, sondern aus-
schließlich um Schüler aus Nicht-EU-Staaten, die eine
deutsche Schullaufbahn gewählt haben.

Dritte Vorbemerkung: Betroffen ist auch nicht der
Schüleraustausch. Er hat sich seit vielen Jahren einge-
spielt und bewährt. Hier sind uns auch keine Probleme
bekannt. Wir wünschen uns nur, dass er intensiver be-
trieben wird. Es geht außerdem – das haben schon meine
beiden Vorredner ausgeführt – nicht primär um die staat-
liche Regelschule, sondern um Bildungsangebote priva-
ter Träger, zumeist von Internaten.

In Deutschland gibt es zurzeit 2 600 Schulen mit un-
gefähr 580 000 Schülern in freier Trägerschaft. Der An-
teil der ausländischen Schüler beträgt an manchen die-
ser Schulen bis zu 20 Prozent. Hier zeigt sich trotz PISA
– auch das haben Sie zu Recht hervorgehoben – die
durchaus noch vorhandene Attraktivität des Bildungs-
standorts Deutschland, den wir mit bürokratischen Rege-
lungen nicht weiter beschädigen dürfen. Ausländische
Schüler – das ist bereits am Beispiel Englands und der
Schweiz dargestellt worden – stellen einen nicht unbe-
trächtlichen Wirtschaftsfaktor dar. Die Kinder, die ein
deutsches Internat besuchen, sind im Anschluss an ihren
Schulbesuch hervorragende Botschafter auch der deut-
schen Kultur und der deutschen Sprache in ihren Hei-
matländern.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Allein im Hinblick auf eine weitere Europäisierung

und Globalisierung – das habe ich schon vorhin gesagt –
ist eine internationale Ausrichtung der deutschen Schule
eine Notwendigkeit. Herr Tauss, auch dem werden Sie
wahrscheinlich zustimmen.


(Jörg Tauss [SPD]: Ich bin begeistert!)

Die Schulen in freier Trägerschaft haben auf diesem
Gebiet bereits eine Vorreiterrolle übernommen. Es
nimmt nicht wunder, dass zum Beispiel die Schule
Schloss Salem im Internet auf Englisch, Französisch,
Spanisch, aber auch auf Russisch und Chinesisch wirbt.

Lassen Sie mich auf die entsprechende Verwaltungs-
vorschrift im Ausländergesetz eingehen. Dort heißt es:
Im Allgemeinen können Aufenthaltsbewilligungen zum
Schulbesuch nicht erteilt werden. Frau Sonntag-Wolgast,
genau das ist eine ängstliche und abwehrende Formulie-
rung, bei der meiner Meinung nach die Asyl- und Zu-
wanderungsdebatte eine Rolle gespielt hat und die nach
meiner festen Überzeugung fehl am Platz ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Im Hinblick auf so genannte staatlich anerkannte Pri-
vatschulen wird gesagt: Ausnahmen können in Betracht
kommen, wenn es sich um eine staatlich anerkannte
Schule handelt, die ganz oder überwiegend aus den von
den Eltern zu entrichtenden Schulgeldern finanziert
wird, und wenn der Lebensunterhalt des ausländischen
Schülers durch Zahlungen der Eltern gesichert ist.

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(C (D Vorhin ist schon etwas zu den Auswirkungen gesagt orden. Da, wo ich in Baden-Württemberg nachgefragt abe, hat es keine Probleme gegeben. (Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Ja, ich habe auch gefragt!)


ch habe in sehr vielen Fällen gehört, dass es überhaupt
eine Probleme gibt und dass auch bei Heimatländern
ie China, Ukraine oder Mexiko die Anträge problem-
os bearbeitet und die Aufenthaltsgenehmigungen erteilt
erden. Allerdings – das Beispiel ist vorhin von Herrn
artmann genannt worden – gibt es offenbar eine unter-
chiedliche Handhabung. Das ist im Sinne der Chancen-
leichheit nicht akzeptabel.
Wie geht man damit um? Man sollte daran keine

rundsätzliche Diskussion aufhängen. Man könnte ein-
ach den Passus in der Verwaltungsvorschrift streichen.
ber das ist Ausländerrecht. Es steht mir als Bildungs-
olitiker nicht unbedingt zu, den Innenpolitikern zu sa-
en, was sie in ihre Vorschriften hineinschreiben sollen.


(Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Alles, was Sie jetzt sagen, kann später gegen Sie verwendet werden!)


Ich habe gesagt: Ich maße mir das nicht an. – Meines
rachtens wäre natürlich schon sehr viel gewonnen,
enn mit einer positiven Formulierung auch ein positi-
es Signal gesetzt würde. Ein Beispiel – damit das kon-
ret wird –: Aufenthaltsbewilligungen zum Schulbesuch
önnen unter den nachfolgenden Bedingungen erteilt
erden. – Als Bedingungen könnten die Ausnahmetat-
estände genannt werden, die in der Verwaltungsvor-
chrift stehen.
Ich komme aus Baden-Württemberg. Da schaut man
anchmal zum südlichen Nachbarn. Von der Schweiz,
ie nicht gerade in dem Ruf steht, im Bereich der Aus-
änderpolitik eine Vorreiterrolle zu spielen, als klassi-
chem Internatsland könnten wir das übernehmen, was
ort geregelt worden ist; man könnte es sich zumindest
inmal anschauen.
Wer in der Schweiz ein Internat besuchen will, hat

olgende Voraussetzungen zu erfüllen – das ist in der
chweiz gesetzlich geregelt –: Erstens. Er muss allein
inreisen, das heißt ohne Immigrationsabsichten der Fa-
ilie. Zweitens. Er muss eine Ganztagsschule allge-
ein- oder berufsbildender Art im Sinne einer staatli-
hen Schule besuchen. Drittens. Der Schulleiter muss
ie Schulanmeldung und den Schulbesuch bestätigen.
iertens. Der Schüler muss über ausreichende finan-
ielle Mittel verfügen. Fünftens. Bei minderjährigen
chülern muss für Betreuung gesorgt sein. Die Wieder-
usreise nach dem Schulbesuch muss gesichert sein.
ehr nicht. Das sind klar umrissene Voraussetzungen.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504914400


Herr Kollege, schauen Sie bitte einmal auf die Uhr!






(A) )



(B) )


Ernst-Reinhard Beck (CDU):
Rede ID: ID1504914500

Danke schön, Frau Präsidentin. Ich komme zum

Schluss.
Die Bundesregierung ist laut Antwort auf eine Große

Anfrage der CDU/CSU-Fraktion daran interessiert, dass
möglichst viele Menschen in möglichst vielen Ländern
Deutsch lernen; in besonderem Maße gelte das für Län-
der, mit denen Deutschland besonders enge politische,
wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen pflege. Wenn
das so ist, dann gilt es in der Tat, den Schulbesuch aus-
ländischer Schüler in Deutschland zu fördern und ihn
nicht zu be- oder gar zu verhindern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504914600


Lieber Herr Kollege Beck, ich gratuliere Ihnen recht
herzlich zu Ihrer ersten Rede in diesem Hohen Hause
und wünsche Ihnen alles Gute.


(Beifall)

Nächster Redner ist der Kollege Josef Winkler, Bünd-

nis 90/Die Grünen.

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und

Herren! Beim vorliegenden Antrag der FDP ist der Titel
in Ordnung, aber mit dem Inhalt müssen wir uns noch
einmal näher befassen. „Den Bildungsstandort Deutsch-
land stärken“ – dagegen kann niemand etwas haben.
„Ausländischen Jugendlichen den Schulbesuch erleich-
tern“ – wenn ich nach rechts schaue, bin ich mir nicht
ganz so sicher, ob die Bereitschaft dazu so groß ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Mit dem vorliegenden Antrag kritisiert die FDP eine
uneinheitliche und bürokratische Verwaltungspraxis bei
der Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen für auslän-
dische Jugendliche zum Besuch deutscher Schulen. Die
FDP führt das auf eine zu restriktive Verwaltungsvor-
schrift zum Ausländergesetz zurück. Sie haben auch aus-
geführt, die unterschiedlichen Ergebnisse der Prüfungen
durch die Ausländerbehörden stellten eine Negativwer-
bung für den Bildungsstandort Deutschland dar. Zu Ih-
ren Ausführungen dazu möchte ich sagen: Irgendwo ist
zumindest die Gruppe, die hier angesprochen worden ist,
untergekommen.

Ein sicherlich recht schroff klingender Satz aus der
Verwaltungsvorschrift wurde bereits erwähnt. Allerdings
gibt es eine ganze Reihe von Ausnahmekategorien, die
die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Schul-
besuch ermöglichen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn
ein Schüler aus einem Land stammt, das im Ausnahme-
katalog der Arbeitsaufenthalteverordnung genannt ist
– etwa die Schweiz, die USA, Kanada, Australien und
Japan –, wenn es um einen zeitlich begrenzten Schüler-
austausch in Zusammenarbeit mit einer öffentlichen

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(C (D telle geht, wenn es sich um eine besondere Schule mit nternationaler Ausrichtung bzw. um eine staatlich anerannte Privatschule handelt oder wenn eine Schülerin inmal Weinkönigin war. Dieser Ausnahmekatalog macht deutlich, dass in eutschland die Qualität und die Kompatibilität des Bilungsabschlusses die Hauptkriterien bei der Erteilung er Erlaubnis eines zweckgerichteten Aufenthaltes zum chulbesuch sein müssen. Durch den FDP-Antrag kann an allerdings den Eindruck gewinnen, dass es vor alem um eine weitere Öffnung der privaten Bildungseinichtungen geht, also nicht nur um Schulbildung, sonern um eine Mischung aus betrieblichen Interessen und chulischer Bildung. Problematisch ist dieser Ansatz nach unserer Mei ung oft für die betroffenen ausländischen Jugendlichen, nsbesondere für die genannte Gruppe aus China, deren ltern so genannten Kontaktbüros viel Geld für die Ereilung eines befristeten Aufenthalts zum Besuch von ildungsgängen zahlen. Die bei den privaten Bildungsrägern erreichten Abschlüsse werden jedoch leider oft icht anerkannt. Das heißt, dass ein ausländischer Schüer nach der Rückkehr in sein Heimatland außer Kenntissen der deutschen Sprache – das ist immerhin etwas – ichts in der Hand hat, was ihm auf seinem weiteren Leensweg helfen kann. Insofern ist dieser Ansatz durchus kritisch zu betrachten. Für eine Öffnung dieser Verwaltungsvorschrift zur rmöglichung der Teilnahme an solch fragwürdigen usbildungen werden wir uns nicht einsetzen. Einen kuten Handlungsbedarf sehen wir hinsichtlich der Konretisierung der weiteren Ausnahmetatbestände dieser erwaltungsvorschrift nicht. Wenn sich wirklich erweist, ass größere Probleme vorliegen – das kann ich im Moent noch nicht erkennen –, dann werden wir natürlich ereit sein, darüber zu sprechen. Herzlichen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504914700


Nächste Rednerin ist die Kollegin Marion Seib, CDU/
SU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Marion Seib (CSU):
Rede ID: ID1504914800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ildung ist für uns der entscheidende Standortfaktor.
ür die wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche
eiterentwicklung der Bundesrepublik ist es sicherlich
on elementarer Bedeutung, den Bildungsstandort
eutschland zu stärken und insgesamt attraktiver zu
estalten. Beim Stichwort Bildungsdienstleistungen
enkt man in erster Linie an die Länder Großbritannien
der Schweiz, aber kaum an Deutschland.






(A) )



(B) )


Marion Seib
Wenn wir Schulbesuche von ausländischen Jugendli-
chen in unserem Land unbürokratisch ermöglichen, dann
ist dies eine gute und richtige Maßnahme, damit wir als
Bildungsdienstleister weltweit wahrgenommen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Weiß das der Edi auch?)


Daher halte ich den Antrag der FDP-Fraktion in der Sa-
che für richtig.

Wir reden hier nicht von Zuwanderung. Zuwanderung
ist ein auf Dauer angelegter Aufenthalt. Wir reden hier
von einem temporären und die Solidarität nicht strapa-
zierenden Aufenthalt.


(Jörg Tauss [SPD]: Können Sie sich vorstellen, dass das Gesetz zwei Sachverhalte regelt?)


Es gibt einige gute Gründe, die Möglichkeit des
Schulbesuchs in Deutschland zu erleichtern. Die Inter-
natsschüler in England und in der Schweiz haben sich zu
einem Wirtschaftsfaktor für viele Regionen entwickelt.


(Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/ CSU]: So ist es!)


Niemand von uns kann ernsthaft etwas dagegen haben,
wenn wir kleine, aber dennoch positive Effekte für un-
sere wirtschaftliche Entwicklung erzielen. Aber auch
langfristig gibt es positive Effekte für den Wirtschafts-
standort Deutschland. Diese Effekte sind nicht so ein-
fach wie die Ausgaben der Schüler während ihres Auf-
enthaltes in Eurobeträge zu fassen. Viele der jungen
Menschen, die einen Schulbesuch im Ausland absolvie-
ren, werden in einigen Jahren in Wirtschaft und Politik
ihres Heimatlandes in herausgehobenen Positionen tätig
sein.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Gerade in Zeiten der verstärkten Vernetzung der inter-

nationalen Märkte und des Zusammenrückens in Europa
ist es wichtig, schon frühestmöglich funktionierende
Netzwerke zu knüpfen. Was, meine sehr geehrten Da-
men und Herren, spricht dagegen, bereits in der Schule
damit zu beginnen, diese zukunftsorientierten Netzwerke
aufzubauen?


(Jörg Tauss [SPD]: Fragen Sie einmal Herrn Stoiber und Herrn Beckstein!)


Eine wesentliche Hürde, für Firmen und Institutionen
in unserem Lande tätig zu werden, ist in meinen Augen
das Fehlen von Grundkenntnissen des Deutschen bei
Fachkräften aus dem europäischen und vor allem dem
außereuropäischen Ausland.


(Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Wenn Sie das auf einem CSU-Parteitag sagen, kriegen Sie was anderes zu hören!)


– Nein, da bekomme ich viel Beifall, sehr geehrter Herr
Kollege. – Wir können und sollten uns nicht darauf ver-
lassen, dass es die Goethe-Institute schon richten wer-
den. Wenn sie auf erworbenen Grundkenntnissen in der
deutschen Sprache aufbauen können, fällt es den auslän-

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(C (D ischen Fachkräften leichter, sich für eine Tätigkeit für eutsche Firmen und Institutionen in Deutschland zu ntscheiden. Neben dem Erlernen der Sprache dient ein Schulbe uch in der Bundesrepublik auch dem gegenseitigen ulturellen Austausch. Viele Jugendliche stellen fest, ass das Leben in Deutschland oftmals anders ist, als sie m Vorfeld vermutet haben. So können verzerrende Dartellungen im Ausland über unser Land zumindest im leinen korrigiert werden. Was wir uns für unsere Kiner wünschen – nämlich einen bildenden Auslandsaufnthalt –, sollten wir auch Kindern aus anderen Länern zugestehen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


s ist daher notwendig, dass die betreffenden Jugendli-
hen viele positive Eindrücke sammeln. Zu den positi-
en Eindrücken zählt zweifelsohne nicht der lange
ampf mit den Behörden in unserem Land. Ich denke,
as können Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, auf-
rund Ihrer eigenen Erfahrungen mit unseren Behörden
achvollziehen.
Ein großes Problem in diesem Zusammenhang ist die

nterschiedliche Handhabe der einzelnen Bundesländer
ei der Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen.
ayern wird in diesen Fragen gerne der schwarze Peter
ugeschoben, wie Sie es eben wieder versuchten, aber
ie Realität sieht anders aus. So können beispielsweise
hinesische Staatsbürger komplette Ausbildungspro-
ramme in der Benedict-Schule München absolvieren.


(Beifall bei der CDU/CSU – Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Ach was!)


ie Visaerteilung für die Teilnehmer erfolgt in Zusam-
enarbeit des Deutschen Generalkonsulats in Peking
nd Schanghai mit dem bayerischen Ausländeramt und
st regelmäßig unproblematisch.


(Klaus Barthel [Starnberg] [SPD]: Das sind so viele, dass Sie uns jeden Einzelnen aufzählen können!)


Für uns politisch Handelnde muss es vorrangige Auf-
abe sein, darauf zu drängen, dass die bestehenden Ver-
altungsvorschriften so geändert werden, dass eine
chnellstmögliche, unbürokratische sowie bundesweit
inheitliche Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen für
chüler erfolgen kann.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind uns
inig und halten es alle für widersinnig, wenn in der All-
emeinen Verwaltungsvorschrift zum Ausländergesetz
ormuliert wird:

Im Allgemeinen können Aufenthaltsbewilligungen
zum Schulbesuch nicht erteilt werden.






(A) )



(B) )


Marion Seib

(Jörg Tauss [SPD]: Auf den Innenausschuss bin ich gespannt! Das wird klasse! Wir machen eine öffentliche Sitzung!)


– Ich glaube, das Rederecht liegt bei mir, verehrter Herr
Kollege. – Nachfolgend werden in der genannten Ver-
waltungsvorschrift zwar die Ausnahmen aufgeführt, aber
durch den ersten Satz wird bereits eine negative Grund-
stimmung erzeugt.

Damit sind wir bei dem, was auch Sie, Frau Kollegin
Sonntag-Wolgast, gesagt haben: Ich denke, wir sollten
die Formulierung dahin gehend ändern, dass die Kern-
aussage dieses Passus nicht das halb leere Glas be-
schreibt, sondern das halb volle Glas. Demnach sollten
wir in Deutschland Aufenthaltsbewilligungen zum
Zweck des Schulbesuchs grundsätzlich erteilen. Die da-
ran zu knüpfenden Bedingungen wurden schon mehr-
fach angeführt. Das können wir alle unterstützen. Ich bin
davon überzeugt: Wenn alle diese Voraussetzungen er-
füllt sind, gibt es keinen Grund, ausländischen Schülern
die Aufenthaltsbewilligung, in welches Bundesland sie
auch immer gehen wollen, zu verweigern.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504914900


Letzter Redner in dieser Debatte ist Dr. Ernst Dieter
Rossmann, SPD-Fraktion.


Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD):
Rede ID: ID1504915000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Lassen Sie mich am Anfang den Kollegen
Beck zu seiner ersten Rede beglückwünschen. So, wie
Sie ein paar Vorbemerkungen gemacht haben, mache ich
ein paar Nachbemerkungen.

Die erste Nachbemerkung lautet: Es ist erfreulich,
welch große Übereinstimmung wir darin haben, dass In-
ternationalität im Bildungswesen ein gemeinsames
Anliegen ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auf einem Teilgebiet, nämlich bei den Studenten, kön-
nen wir ja seit 1998 einen deutlichen Zuwachs verzeich-
nen; ein Plus von 20 Prozent bei den ausländischen Stu-
dierenden wäre den Beifall des ganzen Hauses wert.
Dies ist gemeinsamen Anstrengungen von uns allen zu
verdanken.


(Beifall im ganzen Hause)

Zweite Vorbemerkung: Ich fand es sehr gut, dass Sie

in der Sache dargelegt haben, dass wir nicht allein über
EU-Ausländer sprechen, sondern hierbei auch unseren
Blick über die EU hinaus richten müssen. Auch das ist
uns ein wichtiges Anliegen, denn eine Bildungsfestung
Europa würde nicht für Internationalität sorgen. Von da-
her hat die FDP hiermit einen richtigen Punkt angespro-
chen. Wir müssen an diesem Punkt arbeiten.

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(C (D Drittens. Uns hat sehr gefallen, dass Sie nicht nur auf as Internatswesen abgehoben haben, sondern auch auf en Schüleraustausch, auf die Internationalität insgeamt. Es ist nahe liegend, dass er sich eher im europäichen Rahmen abspielt, aber die Horizonte haben wir ittlerweile erweitert. Die Zahlen sind auch nicht niedig. Nach den Zahlen der EU und der KMK zu entsprehenden Austauschangeboten liegen wir wohl bei rund 0 000 deutschen Austauschschülern und rund 17 000 usländischen Jugendlichen, die im Schüleraustausch zu ns kommen. Diese Zahlen beziehen sich nur auf den ut ausgestatteten, reglementierten Austausch. Der chüleraustausch über die Schulen ist noch deutlich höer. Ich breite das hier deshalb aus, weil mir in der Vorbe eitung auf dieses Thema aufgefallen ist, dass wir dazu isher eigentlich keine gute Statistik haben. Statistiken ollen keine Ausflucht sein, sondern eine Statistik könnte ier der Politik Hinweise geben, in welchem Bereich es chwächen gibt. Vielleicht könnte ein bildungspolitiches Anliegen sein, internationale Bildungsstatistik und ustauschstatistik in Deutschland zu vervollkommnen nd für andere Länder in Europa fruchtbar zu machen. Viertens. Die FDP hat speziell die Internate in den lick genommen. Dazu zu später Stunde vor Pfingsten inen kleinen Hinweis – das ist schon vom Kollegen eck dargelegt worden – auf die Realitäten. Eine Zahl ls Ergänzung: Wir haben rund 20 000 Internatsplätze, on denen – wie man erfährt, wenn man sich sachkundig acht – 5 000 nicht besetzt sind. Es würde eine Chance edeuten, wenn diese 5 000 Plätze – das wäre ein Drittel, as hinzukommt – vielleicht auch mit der neuen gemeinchaftlichen Offenheit in Bezug auf Internationalität chneller zu besetzen wären. Es wäre wirtschaftlich gut, enn dieses Potenzial, das bereits vorhanden ist, genutzt ürde und entsprechend angenommen werden könnte. adurch könnte man auch andere Perspektiven eröffnen. Man sollte also Leerkapazitäten in diesem Bereich ermeiden und unter Umständen mit einem entsprehend anderen Verständnis von Verwaltungsvorschriften n Bezug auf das Ausländergesetz für mehr Zugänglicheit sorgen. Ich will gar nicht so weit gehen, über die inernationale Hochschulmarketinginitiative hinaus auch och eine internationale Schulmarketinginitiative in eutschland zu fordern. Aber es kann auch dahin noch ommen. Es wäre doch grandios, wenn das nicht allein ache der Länder wäre, sondern Bund und Länder hier emeinsam vorgehen würden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as könnte bezogen auf das kritische Thema Bund-Län-
er-Zusammenarbeit bei Schul- und Bildungsfragen hilf-
eich sein.


(Marion Seib [CDU/CSU]: Das müssen wir nicht unnötig komplizieren, Herr Kollege!)


Ich glaube nicht, dass es das komplizieren würde; es
önnte es befruchten, wie es auch bei den Hochschulen
er Fall war.






(A) (C)



(B) )


Dr. Ernst Dieter Rossmann

Fünfte Bemerkung. Kollege Beck, auch ich habe mich
umgehört, und zwar in vier Bundesländern, nicht nur
beim Verband Deutscher Privatschulen. In Luisenlund in
Schleswig-Holstein ist man sehr zufrieden, weil es einen
guten Kontakt zu den Ausländerbehörden gibt und man
aufeinander eingespielt ist. In Mecklenburg-Vorpom-
mern gibt es keine Kritik von der beispielhaften Schule.
Auch von Brandenburg gibt es keine Kritik. Mit Salem
habe ich ebenfalls gesprochen. Sie sagten hier, von dort
gebe es keine Kritik; mir sagte man, es hätte Schwierig-
keiten gegeben, weil man alles schriftlich haben wollte
und bestimmte Unterlagen nicht aufs Faxgerät legen
konnte, um so einen schnellen Kontakt zwischen den
Behörden zu bekommen.

Ich will damit sagen, dass das Bild uneinheitlich ist.
Aber ich habe auch das Gefühl: Wir können uns noch so

Fakt ist, dass die restriktiven Vorschriften im Juli
1998 in der Verwaltungsvereinbarung zwischen den
Ländern niedergelegt würden. Sie wissen, was danach
kam: unsere Regierungszeit. 2000 wurden sie von den
Ländern exekutiert und seitdem nicht verändert. Chance
also für den Innenausschuss, dort Liberalität und Offen-
heit zu zeigen.

Es besteht die Chance für den Bildungsausschuss – sieb-
ter Punkt –, in einem gemeinsamen Antrag Vorschläge
zu entwickeln, was man unterhalb der gesetzlichen und
der Verwaltungsebene tun kann: Bitten an das Auswär-
tige Amt, über die Konsulate darauf einzuwirken, Bitten,
Statistiken zu erstellen, Bitten, eine Werbung aufzu-
bauen.

Ich möchte abschließend sagen: Es ist wunderbar, mit

große Mühe geben, beim Verwaltungsvollzug wird es
immer gewisse Differenzen geben. Wir sollten aber da-
rauf achten, dass wir über die kleinen Differenzen im
Verwaltungsvollzug nicht die grundsätzliche Perspektive
aus den Augen verlieren.

Diese Perspektive – sechster Punkt – wollen wir gerne
aufnehmen. Wir sind als Bildungspolitiker ganz begeis-
tert, welche Offenheit es aufseiten der FDP gibt, der wir
dort nichts vorzuwerfen haben.


(Christoph Hartmann [Homburg] [FDP]: Das ist ja sehr nett, vielen Dank!)


– Das war jetzt die Überleitung zur CDU/CSU. Wenn es
möglich wäre, diese Verwaltungsvorschrift so zu überar-
beiten, dass der bildungspolitische Duktus, die Offen-
heit, das Werben stärker zum Ausdruck kommen, dann
würden wir uns an erster Stelle freuen. Aber damit es so
weit kommt, müssen die Innenpolitiker überzeugt wer-
den. Deshalb ist es strategisch goldrichtig, diesen Antrag
federführend an den Innenausschuss zu überweisen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das ist die Stunde der Wahrheit, in der wir uns mit gan-
zer Kraft einbringen wollen. Wenn es dort einen breiten
CDU/CSU-SPD-FDP-Grüne-Konsens gäbe, wäre das
nur zum Besten. Wenn dieser noch in die Länder hinein-
reichte, wäre das zum Allerbesten.

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ieser Gemeinsamkeit in die Pfingsttage aufbrechen zu
önnen.
Vielen Dank fürs Zuhören.


(Beifall im ganzen Hause)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1504915100


Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 15/471 an die in der Tagesordnung aufge-
ührten Ausschüsse vorgeschlagen, wobei die Federfüh-
ung beim Innenausschuss liegen soll. Sind Sie damit
inverstanden? – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist
ie Überweisung so beschlossen.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-

rdnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-

ages auf Dienstag, den 17. Juni 2003, 14 Uhr, ein. In
ieser Sitzung soll die erste Lesung des Antrags der
undesregierung über die Beteiligung an der EU-Opera-
ion im Kongo erfolgen. Eine Aussprache ist nicht vor-
esehen.
Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen und den
esuchern auf der Tribüne ein schönes Pfingstwochen-
nde.
Die Sitzung ist geschlossen.