Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren, ich eröffne die 146. Sitzung des Deutschen Bundestages und bitte um Ihre Aufmerksamkeit für die Bekanntgabe der Namen der entschuldigten Abgeordneten.
Entschuldigt sind die Abgeordneten Dr. Pünder, Dr. Greve, Dr. Henle, Dr. Dr. Nöll von der Nahmer, Heiland, Aumer, Rademacher, Dr. Orth, Massoth, Clausen, Struve.
Meine Damen und Herren, ich unterstelle, daß wir uns, nachdem die Sonne aufgegangen ist, darüber klar sind, was „heute", „gestern" und „vorgestern" ist.
Ich schlage Ihnen vor, daß wir mit den . beiden Punkten 9 und 10 der Tagesordnung der vorgestrigen, der 144. Sitzung, beginnen, dann zu den Punkten 1 c) und d), 2 und 3 der Tagesordnung der 145. Sitzung übergehen und dann in die Behandlung der Tagesordnungspunkte der 146, Sitzung eintreten, und zwar in der Reihenfolge: 1, 2, 5 und 6.
— Bitte, Herr Abgeordneter Mellies!
Meine Damen und Herren! Wir hatten gestern morgen im Ältestenrat darüber gesprochen, daß auch die Beratung des Gesetzentwurfes über das Bundesaufsichtsamt für Privatversicherung auf die Tagesordnung kommen sollte. Ich gebe zu, daß die heutige Tagesordnung durch die anderen Tagesordnungspunkte schon stark belastet ist, möchte aber doch dringend bitten, daß wir auch diesen Punkt, wenn es irgendwie möglich ist, noch auf die heutige Tagesordnung setzen.
Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, diese Frage vorerst offenzulassen und sie erst in dem Augenblick zu erwägen, in dem wir übersehen, wie wir mit der bis jetzt vorgesehenen Tagesordnung hinkommen. Die Frage ist also nicht entschieden, sondern sie wird erst entschieden, sobald wir mit den übrigen Punkten der Tagesordnung, die vorher behandelt werden sollen, durch sind. — Sie sind damit einverstanden.
Wir können also den Punkt 9 der Tagesordnung der 144. Sitzung beraten:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Heimatvertriebene über den Antrag der Fraktion der KPD betreffend Wahrung der Interessen der aus dem westlichen Ausland ausgewiesenen Deutschen (Nrn. 2227, 1826 der Drucksachen).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Welke.
Darf ich ihn bitten, das Wort zu nehmen.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, diese Angelegenheit ohne Aussprache zu erledigen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Heimatvertriebene hat sich in seiner Sitzung am 9. Mai mit der Drucksache Nr. 1826 beschäftigt und ist fast einstimmig zu der Überzeugung gekommen, dem Hohen Hause vorschlagen zu sollen, den An-
trag der Regierung, und zwar dem Bundesministerium für Vertriebene, als Material zu überweisen.
Die Drucksache beschäftigt sich mit der Wahrung der Interessen der aus dem westlichen Ausland ausgewiesenen Deutschen. Hinsichtlich der Ziffern 1, 2, 3 und 6 war der Ausschuß der Meinung, daß die darin behandelten Fragen bei der Beratung des neuen Bundesgesetzes für Heimatvertriebene zum Gegenstand einer eingehenden Debatte gemacht werden sollen. Die Ziffern 4 und 5 können im Rahmen des neuen Vertriebenengesetzes nicht behandelt werden. Zur Regelung der in diesen Ziffern aufgeworfenen Fragen bedarf es eines besonderen Gesetzes. Die Ziffern 4 und 5 gaben also Veranlassung zu dem Antrag des Ausschusses, die Drucksache Nr. 1826 der Regierung als Material zu überweisen. Wie in Drucksache Nr. 2227 zum Ausdruck gebracht ist, beantragt der Ausschuß, den Antrag der Fraktion der KPD betreffend Wahrung der Interessen der aus dem westlichen Ausland ausgewiesenen Deutschen dem Bundesministerium für Vertriebene als Material zuzuleiten.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen, wie ich gesagt habe, vor, eine Aussprache nicht stattfinden zu lassen. — Das Haus ist damit einverstanden. Ich brauche also nicht aufzurufen und nach Wortmeldungen zu fragen. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache Nr. 2227 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Antrag scheint mir einstimmig angenommen zu sein.
Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung der 144. Sitzung auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend einheitliche Regelung der Niederlassung und über die Zulassung von Ärzten zur Tätigkeit bei den Krankenkassen (Nrn. 2239, 1589 der Drucksachen).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Horn.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Aussprachezeit von 40 Minuten vor. — Das Haus ist damit einverstanden.
Darf ich bitten, Herr Abgeordneter Horn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dieser Vorlage ist auf Umdruck Nr. 198 ein Änderungsantrag gestellt worden. Nach Rücksprache mit dem Vorsitzenden des Ausschusses für Sozialpolitik und den Fraktionen sowie im Einverständnis mit den Antragstellern erlaube ich mir, dem Hause vorzuschlagen, heute auf diese Berichterstattung zu verzichten, die Drucksachen mit dem Änderungsantrag an den sozialpolitischen Ausschuß zurückzuverweisen und die Materie dann bei nächster Gelegenheit zu behandeln.
Meine Damen und Herren, Sie haben die Ausführungen des Herrn Berichterstatters gehört. Ich danke ihm.
Es ist Zurückverweisung an den Ausschuß beantragt. Soll das Wort dazu genommen werden? - Herr Abgeordneter Pohle, bitte!
Da der Antrag zwei Ausschüssen, nämlich dem Ausschuß für Sozialpolitik und dem
Ausschuß für Fragen des Gesundheitswesens überwiesen worden war, bitte ich, auch die Zurückverweisung an beide Ausschüsse, also auch an den Ausschuß für Fragen des Gesundheitswesens vorzunehmen.
Ich darf annehmen, daß der Änderungsantrag der Abgeordneten Schmücker und Genossen auch so behandelt werden soll. Kann dieser Antrag gleichzeitig dem Ausschuß überwiesen werden?
— Sie sind damit einverstanden. Meine Damen und Herren, ich stelle also Einmütigkeit darüber fest, daß die Drucksache Nr. 2239 sowohl dem Ausschuß für Sozialpolitik als auch dem Ausschuß für Gesundheitswesen zurücküberwiesen und daß diesen Ausschüssen gleichzeitig der Änderungsantrag der Abgeordneten Schmücker und Genossen Umdruck Nr. 198 zugewiesen wird. — Das Haus ist damit einverstanden.
Damit, meine Damen und Herren, haben wir die restlichen Punkte der Tagesordnung von vorgestern in Rekordzeit erledigt. Ich gehe über zur Tagesordnung von
— gestern! — vielen Dank für die Unterstützung! —,
und zwar zu den Punkten 1 c und 1 d. Herr Abgeordneter Wacker hatte mir vorgeschlagen, die Reihenfolge zu ändern, so daß also zunächst der Punkt 1 d und dann der Punkt 1 c aufgerufen werden soll. Da jedoch eine gemeinsame Redezeit vorgeschlagen war, schien es mir verhältnismäßig gleichgültig zu sein, in welcher Reihenfolge der Aufruf erfolgte.
Ich rufe also auf:
Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 ;
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Einzelplan XXI — Haushalt der Bundesschuld ;
Einzelplan XXIII — Haushalt der Allgemeinen Finanzverwaltung .
Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Aussprachezeit von zusammen 120 Minuten vor in der Hoffnung, daß sie- nicht ausgenutzt wird. — Das Haus ist einverstanden.
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Wacker. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich in die eigentliche Berichterstattung eintrete, habe ich eine Berichtigung bekanntzugeben. In dem Antrag auf Drucksache Nr. 1920 muß es wie folgt heißen:
Der Bundestag wolle beschließen,
die Anlage Einzelplan XXI — Haushalt der Bundesschuld für das Rechnungsjahr 1950 — mit den aus der nachstehenden Zusammenstellung ersichtlichen Änderungen und den sich daraus ergebenden Änderungen der Abschlußsummen, im übrigen unverändert nach der Vorlage anzunehmen,
Meine Damen und Herren! Der Einzelplan XXI — Haushalt der Bundesschuld — enthält die Zusammenstellung der Verwaltungseinnahmen und -ausgaben der Schuldenverwaltung, ferner der Ausgaben, die für die Verzinsung der Schuld nach Art. 133 des Grundgesetzes als Bundesschulden zu bezeichnen sind. Nach dem Bericht der Verwaltung haben sich die Aufgaben der Schuldenverwaltung gegenüber dem Haushaltsjahr 1949 wesentlich erweitert, insbesondere durch die Verwaltung der kurzfristigen Verbindlichkeiten der Deutschen Bundesbahn, der sechsprozentigen Anleihe der Deutschen Bundesbahn vom Jahre 1949 und der Deutschen Bundespost, ferner durch die Mitwirkung bei dem Soforthilfegesetz durch Ausstellung von Bescheinigungen über den Währungsschaden an Schuldbuchforderungen gegen das Reich, die Reichspost und die Reichsbahn. Für dieses Gebiet allein sind nach Angaben der Verwaltung 665 000 Konten zu verwalten. Ferner hat sich die Arbeit durch die Bearbeitung der Reichsvorzugsrenten — mit rund 200 000 Rentenempfängern — wesentlich erweitert. Auch die Ausstellung von Bürgschaftserklärungen für die vom Vereinigten Wirtschaftsgebiet übernommenen Bürgschaftsverpflichtungen hatte eine weitere Vermehrung der Geschäfte der Schuldenverwaltung zur Folge. Durch diesen Mehranfall von Arbeit war die Bundesverwaltung gezwungen, die Zahl ihrer Bediensteten auf 50 zu erhöhen. Der Personalbestand beträgt zur Zeit 29 Beamte, 17 Angestellte und 4 Arbeiter.
Der von der Verwaltung vorgeschlagene Organisations- und Stellenplan wurde vom Haushaltsausschuß unverändert angenommen. Was die übrigen Änderungen anlangt, so verweise ich auf den dem Hohen Hause vorliegenden Bericht des Haushaltsausschusses.
Bei Kap. 2 Tit. 31 wurde der Betrag der Verzinsung der Anleihe des Bundes um 3 121 200 DM erhöht. Der zunächst eingesetzte Betrag war aus dem Haushalt des Vereinigten Wirtschaftsgebietes übernommen worden. Die Änderung wurde notwendig, weil sich durch das Hinzukommen der Länder des französischen Besatzungsgebiets die Schuld bei der Bank deutscher Länder erhöht hat. Ferner wurden inzwischen die Zinssätze von 4 auf 6 % erhöht.
Der Ansatz in Kap. 2 Tit. 32 mußte um 20 Millionen DM auf 40 Millionen DM erhöht werden, da der Bundesminister der Finanzen durch Gesetz ermächtigt wurde, zur vorübergehenden Verstärkung der Betriebsmittel der Bundeshauptkasse bis zu 1500 Millionen DM im Wege des Kredits zu beschaffen. In welcher Höhe und in welcher Zeit der Finanzminister von dieser Ermächtigung Gebrauch machen muß, kann im voraus nicht übersehen werden. Die Ausgaben wurden deshalb auf den oben angegebenen Betrag geschätzt. Dafür wurden die 20 Millionen DM aus Kap. 4 gestrichen, so daß sich dadurch die Endsumme des Haushalts nicht geändert hat.
Die fundierte Schuld des Bundes beträgt zur Zeit erstens aus der Ausgleichsforderung der Bank deutscher Länder auf Grund von § 11 des Dritten Gesetzes zur Neuordnung des Geldwesens 5 428 940 000 DM, zweitens durch zinsfreie Schuldverschreibungen, ausgestellt auf Grund des Militärregierungsgesetzes Nr. 67 betreffend Ausstattung der Gebietskörperschaft Groß-Berlin mit Geld, 639 150 000 DM. An schwebender Schuld weist die Übersicht per 31. März 1951 folgende Zahlen auf: 1. Kurzfristige Betriebskredite in Höhe von 202 600 000 DM, 2. Kredite vom Soforthilfeamt in Höhe von 300 000 000 DM, 3. Zahlungsverpflichtungen aus der Begebung von Wechseln in Höhe von 457 780 000 DM, 4. Zahlungsverpflichtungen aus der Begebung von unverzinslichen Schatzanweisungen in Höhe von 196 150 000 DM. Die Gesamtsumme beträgt 1 156 530 000 DM.
Die schwebende Schuld in dem hier angegebenen Betrage teilt sich wie folgt auf: 1. für die Deckung des Fehlbetrages 1949 243,8 Millionen DM, 2. für die Deckung der Minderablieferung der Deutschen Bundesbahn im Rechnungsjahr 1950 174 Millionen DM, 3. für die Kredite Berlin 62 Millionen DM, 4. für die Kassenkredite an verschiedene Länder 79,43 Millionen DM, 5. für Kassenkredite an die Überleitungsstelle für das Branntweinmonopol 3,5 Millionen DM, 6. für ERP-Einzahlungsrückstände 126 Millionen DM, 7. für Betriebsmittelkredite an die Reichswerke AG für Erzbergbau und Eisenhütten in Salzgitter 5,5 Millionen DM, 8. für Betriebsmittelkredite an die Fahrzeug- und Maschinen-GmbH. in Salzgitter mit 5,4 Millionen DM, 9. Vorgriff auf die Eingänge aus Bundessteuern und Anleiheerlösen sowie noch nicht endgültig verbuchte Beträge in Höhe von 456,90 Millionen DM. Der Gesamtbetrag deckt sich mit der schwebenden Schuld in Höhe 'von 1 156 530 000 DM.
In der Zeit vom 31. Dezember 1950 bis zum 31. März 1951 hat sich die 'schwebende. Schuld um den Betrag von 220 500 000 DM verringert.
Bei der allgemeinen Aussprache wurde auf einen früheren Antrag zurückgegriffen, die mit 3 % verzinsliche Ausgleichsforderung der Bank deutscher Länder in eine unverzinsliche Schuld des Bundes umzuwandeln. Es wurde als widersinnig bezeichnet, daß der Bund unter Inanspruchnahme seines Kassenkredits bei der Bank deutscher Länder Zinsen auf die Ausgleichsforderung an die Bank zahle und später bei Verteilung des Reingewinns der Bank einen Teil dieser Zinsen zurückerhalte.
Es wurde auch die Frage zur Erörterung gestellt, wie die Zinsrückstände der Bundesbahn für die Ausgleichsforderung der Bank deutscher Länder zu behandeln seien. Es wurde vorgeschlagen, diese Rückstände entweder auf den Bundeshaushalt zu übernehmen oder sie dem Kapitel der Ausgleichsforderungen zuzuschlagen. Nach, eingehender Aussprache schloß sich der Haushaltsausschuß dem Vorschlag des Ausschusses für Geld und Kredit an, die Frage der Bereinigung der Zinsrückstände der Bundesbahn im Zusammenhang mit der Beratung des Bundesnotengesetzes zu regeln. Hierbei bestätigte der Haushaltsausschuß seine schon früher vertretene und anläßlich der Verabschiedung des vorläufigen Haushaltsgesetzes für 1951 vom Plenum gebilligte Ansicht, daß für den Teil der Zinsen der Ausgleichsforderung der Bank deutscher Länder, der auf die Bundesbahn und Bundespost entfällt, nicht der Bund, sondern die Bundesbahn und die Bundespost unmittelbar Schuldner der Bank seien. Der Haushaltsausschuß hielt an seinem früher schon vertretenen und vom Plenum bei der Verabschiedung des Anleihegesetzes gebilligten Standpunkt fest, daß als Höhe des Kredits im Sinne von Art. 115 letzter Satz des Grundgesetzes somit als Einnahme aus der Anleihe im außerordentlichen Haushalt nicht der Nennbetrag, sondern der Nettobetrag zu verstehen ist. Die gegenteilige Auffassung, die hier zum Ausdruck kam und die die Haltung der Bundesschuldenverwaltung in dieser Frage als nicht konsequent bezeichnete, fand keine Unterstützung.
Der Haushaltsausschuß hat mich beauftragt, das Hohe Haus zu bitten, den Haushaltsplan XXI —Bundesschuldenverwaltung — nach den Beschlüssen des Ausschusses anzunehmen.
Darf ich vorschlagen, den anderen Bericht gleich anzuschließen.
In enger Verbindung mit dem Haushaltsplan XXI steht der Haushaltsplan XXIII. Haushaltsplan XXIII bedeutet einen Schlußstern der bisherigen Beratungen über den Bundeshaushalt 1950. Der Einzelplan XXIII ist sozusagen das Dach über dem Bau des Haushaltsplans. Wir feiern also heute eine Art von Richtfest. Während die verschiedenen — fast zwei Dutzend — Einzelpläne nur die Einnahmen und Ausgaben der einzelnen Fachressorts umfassen und, wie es in der Natur der Sache liegt, durchweg Zuschußetats sind, bringt. der Einzelplan XXIII den Ausgleich des Haushalts; denn in diesem Einzelplan erscheinen die Haupteinnahmequellen des Bundes, die Steuern und Zölle, die Interessenquoten der Länder und anderes mehr, mit denen der Zuschußbedarf der übrigen Etats gedeckt wird. Außerdem umfaßt der Einzelplan XXIII ein Reihe von Ausgaben, die nicht einzelne Fachhaushalte, sondern die Gesamtheit der Bundesverwaltung betreffen.
Der Zuschußbedarf der Einzeletats im ordentlichen Haushalt, also die Ausgaben dieser Etats nach Abzug der Verwaltungseinnahmen, beträgt rund 12 Milliarden DM, dem als Ausgleich der Überschuß des Einzelplans XXIII in gleicher Höhe von 12 Milliarden DM gegenübersteht. Die Haupteinnahmeposten sind die Besitz- und Verkehrsteuern mit 5 020 000 000 DM, die Zölle und Verbrauchsteuern mit 4 284 000 000 DM, die Abgabe Notopfer Berlin mit -350 000 000 DM, die Einnahmen aus der Münzprägung und dem Reingewinn der Bank deutscher Länder mit 580 000 000 DM, die Interessenquoten der Länder mit 1 143 000 000 DM, die Ablieferungen der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Bundespost mit 308,5 Millionen DM, ein Zuschuß des außerordentlichen Haushalts mit 310 Millionen DM.
Meine Damen und Herren! Bei dieser Gelegenheit kann ich nicht umhin, dem Bundesminister der Finanzen mein Kompliment auszusprechen. Der tatsächliche Steuereingang hat seine Schätzungen bei Beginn des Rechnungsjahres bestätigt. Die eingegangenen Steuern haben im ganzen das Soll erreicht, sogar um einen kleinen Betrag überschritten. Wenn Sie lesen, daß der Herr Finanzminister die Tabaksteuer in seiner Vorlage mit 2 100 Millionen DM veranschlagt hat und bis zum 31. März 1951 tatsächlich 2 093 Millionen DM, also nur 7 Millionen DM weniger, eingegangen sind, so werden Sie zugeben, daß das ein Beispiel von hoher Verwaltungskunst ist. Wir hoffen, daß auch der Haushaltsplan 1951 mit dieser hellseherischen Gabe aufgestellt werden wird. Allerdings sind nicht alle veranschlagten Einnahmen in gleicher Genauigkeit eingegangen.
Ein wunder Punkt sind die Ablieferungen der Bundesbahn, die mit 174,5 Millionen DM im Haushalt veranschlagt, im Rechnungsjahr aber nicht eingegangen sind. Der Haushaltsausschuß hat sich eingehend mit der Frage befaßt, ob bei dieser Sachlage die Ablieferung der Deutschen Bundesbahn im Haushaltsplan veranschlagt werden soll. Ein Vertreter des Ausschusses hat auch die Streichung dieses Einnahmeansatzes beantragt. Wenn sich der Haushaltsausschuß trotz des Nichteingangs der Ablieferung mit großer Mehrheit für das Verbleiben
des Ansatzes im Haushalt entschieden hat, so geschah das aus zwei Gründen. Erstens: Wenn auch bedauerlicherweise der Haushalt 1950 erst jetzt verabschiedet wird, also zu einem Zeitpunkt, in dem die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben des Haushaltsjahres im allgemeinen bereits feststehen, so darf doch nicht übersehen werden, daß es sich prinzipiell um einen Voranschlag, nicht um eine Rechnung handelt. Die Dinge müssen also sozusagen retrospektiv aus der Schau des Frühjahrs 1950 betrachtet werden. Zweitens: Nach der augenblicklichen Rechtslage liegt eine rechtliche Verpflichtung der Bundesbahn vor, die ihren Ausdruck im Bundeshaushalt findet. Die Frage, ob die Bundesbahn zahlt oder nicht, ist eine Frage der Rechnung, die getrennt vom Voranschlag zu betrachten ist und hier nicht zur Debatte steht.
Die gleiche Erwägung, daß es sich bei dem Haushalt um einen Voranschlag handelt, war für den Haushaltsausschuß auch dafür maßgebend, nicht etwa die Steuerschätzungen entsprechend dem tatsächlichen Ergebnis zu ändern, sondern es bei den vom Finanzministerium vorgeschlagenen Ansätzen zu belassen. Dies war um so eher möglich, als — wie ich schon vorher erwähnte — die tatsächlichen Einnahmen im ganzen nur unerhebliche Abweichungen von den Schätzungen, noch dazu nach oben, aufweisen.
Die Interessenquoten der Länder sind leider bisher noch nicht in der veranschlagten vollen Höhe eingegangen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit einen Appell an die säumigen Länder richten: Gebt dem Bund, was des Bundes ist! Etwa 11/12 der Bundesausgaben, also etwa 11 Milliarden DM, entfallen auf die Besatzungskosten und die Sozialausgaben, also zwangsläufige und unelastische Ausgaben, die der Bund leisten muß. Der Bund kann diesen außerordentlichen Anforderungen nur gerecht werden, wenn ihm auch die Einnahmen, auf die er einen Anspruch hat, pünktlich zufließen.
Im Haushaltsausschuß ist eingehend darüber beraten worden, ob der sogenannte Schlagschatz von 500 Millionen DM, der sich aus der Münzprägung ergibt, in den ordentlichen und 'in den außerordentlichen Haushalt gehört. Meine Damen und Herren, Sie wissen, daß diese Mittel zweckgebunden sind und der veranschlagte Reingewinn von 400 Millionen DM, der sich nach Abzug der Münzprägungskosten von 100 Millionen ergibt, für den sozialen Wohnungsbau zu verwenden ist. Mit Rücksich darauf, daß die korrespondierende Ausgabe des sozialen Wohnungsbaues im ordentlichen Haushalt veranschlagt ist und dort auch bleiben muß, hat es der Haushaltsausschuß bei der Veranschlagung des Schlagschatzes im ordentlichen Haushalt belassen.
Eine besondere Bemerkung zu dem Zuschuß des außerordentlichen Haushalts an den ordentlichen Haushalt in Höhe von 310 Millionen DM. Dieser Zuschuß dient als Gegenposten zu den Lebensmittelsubventionen, die entgegen früheren Planungen während des ganzen Rechnungsjahres gezahlt werden mußten. Um die Subventionen leisten zu können, ist im Anleihegesetz von 1950 dem Finanzminister die Ermächtigung gegeben worden, einen Kredit von 310 Millionen DM aufzunehmen, der als Zuschuß des außerordentlichen Haushalts im ordentlichen Haushalt erscheint. Es handelt sich dabei um einen einmaligen Vorgang, der, wie die Regierung bestätigt hat, sich nicht wiederholen soll. Mit Rücksicht darauf, daß dieser Betrag je zur Hälfte bis zum 31. März 1952 und bis zum 31. März 1953 zu tilgen ist und ein Betrag von
155 Millionen DM im Entwurf des Haushaltsplans für 1951 bereits veranschlagt ist, hat der Haushaltsausschuß dieser Veranschlagung zugestimmt.
Bei den Ausgaben handelt es sich um solche, die allen Ressorts , gemeinsam sind und zentral vom Finanzministerium verwaltet werden. Sie finden dort die Ausgaben für Versorgung in Höhe von 67,2 Millionen DM, Beihilfen in Notfällen für die Verwaltungsangehörigen mit 5,1 Millionen DM, Darlehen an Bundesangehörige zur Beschaffung von Hausrat in Höhe von 4 Millionen DM, Kosten der Münzprägung mit 100 Millionen DM, Mehrausgaben für Gehälter und Löhne an Beamte, Angestellte und Arbeiter infolge des Wegfalls der 6%igen Gehaltskürzung und Gewährung einer Sonderzulage in Höhe von 13 Millionen DM, Darlehen an die Länder Baden, Rheinland-Pfalz, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern in Höhe von 24,5 Millionen DM, zusammen 225,8 Millionen DM.
Dem steht gegenüber ein globaler Abstrich bei den personellen und sachlichen Verwaltungsausgaben sowie den allgemeinen Haushaltsausgaben mit 275 Millionen DM, so daß Sie im Abschluß des Einzelplans eine Minusausgabe von 47 Millionen DM vorfinden. Der Globalabstrich ist — um den Haushaltsausgleich ernstlich herzustellen — kein fiktiver Posten. Nach den Erklärungen der Regierungsvertreter ist diese Summe tatsächlich bei den Ausgaben wenigstens eingespart worden.
Ich komme nunmehr zu dem außerordentlichen Haushalt des Einzelplans XXIII. Im außerordentlichen Haushalt sind vorgesehen: Beteiligung des Bundes in Höhe von 27,1 Millionen DM, Zuschuß zur Erhaltung des Vermögens des Reiches 10,7 Millionen DM, Wohnungsfürsorge für die Angehörigen der Zollverwaltung in Höhe von 21,1 Millionen DM, Neu- und Umbau von Dienstgebäuden in Bonn in Höhe von 8,9 Millionen DM, Schaffung von bundeseigenen Wohnungen für deutsche Bedienstete der amerikanischen Vertretung in Höhe von 4,7 Millionen DM und schließlich Zuschuß zur Deckung der Ausgaben des ordentlichen Haushalts in Höhe von 310 Millionen DM. Das ergibt eine Gesamtsumme von 382,5 Millionen DM.
Unter den Beteiligungen des Bundes finden Sie insbesondere auch die Darlehen an verschiedene Gesellschaften im Notstandsgebiet von Salzgitter, an denen der' Bund maßgeblich beteiligt ist. Mit diesen Mitteln soll insbesondere die Bevölkerung in diesem notleidenden Gebiet durch Erhaltung ihrer Arbeitsplätze vor Arbeitslosigkeit geschützt werden.
Der Zuschuß zur Erhaltung des ehemaligen Reichsvermögens dient zur Erhaltung der großen Vermögenswerte, die dem Bund vom Reich in der britischen Zone überkommen sind und die hoffentlich in absehbarer Zeit mindestens sich selbst tragen, wenn nicht einen Überschuß abwerfen werden. Es ist zu wünschen, daß die Probleme des ehemaligen Reichsvermögens baldigst auch in der amerikanischen und französischen Zone geklärt werden, so daß der Bund auch hier in die ihm zustehenden Rechte eintreten kann.
Im außerordentlichen Haushalt des Einzelplans XXIII finden Sie schließlich auch die vielbesprochenen Kosten der Verwaltungslauten in Bonn in Höhe von 8,9 Millionen DM. Der Haushaltsausschuß hat sich mit dieser leidigen Frage besonders eingehend befaßt und sie in zahlreichen Sitzungen in allen Einzelheiten erörtert. Es ist zu wünschen, daß dieses Kapitel damit als abgeschlossen betrachtet werden kann. Zur Steuer der Wahrheit muß hierzu gesagt werden, daß in Bonn mit verhältnismäßig geringen Mitteln in kurzer Zeit das Notwendige geschaffen worden ist, was die zentrale Bundesverwaltung nun einmal an Baulichkeiten braucht, um ihre Arbeiten durchführen zu können. So bleibt auch das, was zum Thema der angeblichen Verschwendung in Bonn in der Öffentlichkeit und in der Presse gesagt und geschrieben wurde, meines Erachtens nichts anderes als eine demagogische Parole. In Wirklichkeit sind `die Verwaltungen auf engstem Raum und durchaus bescheiden untergebracht, wie sich jeder, der in die Ministerien geht, überzeugen kann.
Nachdem der Einzelplan XXIII nunmehr abgeschlossen vorliegt, ergeben sich die Abschlußzahlen für den gesamten Bundeshaushalt 1950. Der ordentliche Haushalt schließt in Einnahme und Ausgabe ab mit 12 457 260 600 DM. Der außerordentliche Haushalt schließt ab mit 3 813 365 160 DM, so daß der Gesamthaushalt in Einnahme und Ausgabe beträgt 16 270 625 760 DM. Meine Damen und Herren, Sie werden sich wundern, daß diese Abschlußzahlen gegenüber der Regierungsvorlage um etwa 3 Milliarden DM gestiegen sind. Die Regierungsvorlage, die Bundestagsdrucksache Nr. 1500, schloß bekanntlich mit rund 13 Milliarden DM ab. Die Erhöhung der Abschlußsumme ist aber nur eine formale und rührt daher, daß in der Regierungsvorlage die haushaltsmäßigen Auswirkungen der bekannten ERP- oder Gegenwertmittel, also der Marshallplanhilfe, noch nicht berücksichtigt waren. Erst im Zuge der Haushaltsberatungen wurde die Regierung veranlaßt, die Marshallplanhilfe im außerordentlichen Haushalt zu etatisieren. Daraus ergibt sich in Einnahme und Ausgabe eine Erhöhung von rund 3 Milliarden DM.
Der Haushaltsausschuß hat den Ihnen vorliegenden Voranschlag mit den aus dem Mündlichen Bericht ersichtlichen Änderungen gebilligt und schlägt Ihnen die Annahme vor.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Meine Damen und Herren, da es sich um eine Angelegenheit, die den Bundestag unmittelbar angeht, handelt und ich keine falschen Eindrücke aufkommen lassen möchte, bitte ich Sie doch, auf der Seite 17 unter B 1 d das Wort „Gebäude" in „Gelände" umzuändern. Der Haushaltsausschuß hat von der Stadt Bonn nicht gefordert, daß sie den Erweiterungsbau des Bundestags zur Verfügung stellen sollte, sondern lediglich das erforderliche Gelände. Im übrigen ist insofern inzwischen eine Vereinbarung zustandegekommen.
Ich eröffne die Aussprache über die beiden Haushaltspläne; sie soll sich im Rahmen der vereinbarten Redezeit von 120 Minuten halten. Wer wünscht, das Wort zu nehmen? — Herr Abgeordneter Dr. Bertram, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesfinanzminister ist ja sonst bei allen Dingen, die ihn angehen, im Hause anwesend. Vielleicht wird es ausnahmsweise heute morgen noch zu früh für ihn sein. Immerhin
wollen wir diesen Ausnahmefall nicht zum Anlaß nehmen, ihn deswegen zu tadeln.
— Im Gegenteil, ich wollte meine Ausführungen damit beginnen, daß ich dem Herrn Bundesfinanzminister mein Anerkenntnis dafür ausspreche, daß er den personlichen Mut hat, sich regelmäßig dem Parlament zu stellen und ebenso regelmäßig seine Vorlagen im Plenum und in den Ausschüssen zu vertreten. Wir sind auch zufrieden damit, daß der Bundesfinanzminister in seinem eigenen Hause Ordnung hält, daß er tatsächlich Chef im Bundesfinanzministerium ist und daß von dem Bundesfinanzministerium in organisatorischer Hinsicht nicht wie von manchen anderen Ministerien irgendwelche Anstände zu berichten sind.
Wir begrüßen auch, daß der Bundesfinanzminister einen Weg gefunden hat, gerade mit den Länderfinanzministern und mit dem Bundesrat sehr gut zusammenzuarbeiten. Es war vielleicht eine außerordentlich geschickte Maßnahme des Bundeskanzlers, zum Bundesfinanzminister einen extremen Föderalisten zu machen, wie es der Herr Bundesfinanzminister zum mindesten nach den Berichten gewesen sein muß, die wir über seine früheren Äußerungen aus Bayern erhalten haben.
— Ich sage, es war vielleicht sehr geschickt, das zu tun; denn auf diese Art und Weise ist, soweit ich das beurteilen kann, aus einem Saulus ein Paulus geworden. Das ist viel besser, als wenn man von vornherein mit dem Odium belastet als Finanzminister angetreten wäre, man sei ein Zentralist.
Aber diese erfreulichen Seiten in der Geschäftsführung und der Amtsführung des Bundesfinanzministers können doch nichts daran ändern, daß wir anderen Dingen mit ernsten Bedenken gegenüberstehen und daß wir über andere Dinge unser ernstestes Bedauern zum Ausdruck bringen müssen. Einen Punkt, der schon wiederholt angeschnitten worden ist, möchte ich hier noch einmal berühren. Das ist die Tatsache, daß der Bundesfinanzminister es in keiner seiner Veröffentlichungen in der letzen Zeit unterläßt — sei es in dem bekannten Brief im Organ des Bundes der Steuerzahler, sei es in seinen Radioansprachen —, das Parlament anzugreifen und anzuklagen, indem er behautet, daß wir uns bei der Geschäftsführung hier nicht ordnungsmäßig an den § 48 a der Geschäftsordnung hielten, daß wir allzu bewilligungsfreudig seien und ihm dadurch seine Arbeit leichtfertigerweise erschwerten. Meine Damen und Herren! Wenn die Dinge so wären, dann wäre es wahrscheinlich sehr einfach, zwischen dem Bundestag und dem Bundesfinanzminister eine Übereinstimmung herbeizuführen. In Wirklichkeit liegen die Dinge viel schwieriger. In Wirklichkeit ist die Notwendigkeit der Ausgaben, die wir hier beschlossen haben, vom Bundesfinanzministerium anerkannt worden. Der Bundesfinanzminister hat im Rahmen der Regierungskoalition eine so starke Stellung, daß er sicher, wenn er nicht selbst von der Notwendigkeit der von uns beschlossenen Ausgaben überzeugt gewesen wäre, die Ausgaben als solche schon hätte unterbinden können. Die Notwendigkeit der Ausgaben ist aber wohl unstreitig und einmütig von der Bundesregierung und dem Bundesfinanzminister anerkannt worden. Es ist deshalb ein etwas billiges Argument, zu sagen, wir seien, weil wir die Ausgaben beschließen, bewilligungsfreudig und wir seien diejenigen, die den Bundessteuerzahler unnötig belasteten. Diese Art der Polemik, die sich hier beim Bundesfinanzminister sogar in der Äußerung verdichtet hat, das Parlament sei eine Bewilligungsmaschine, ist meiner Ansicht nach außerordentlich bedauerlich und schädigt das Ansehen unseres Staates. Es sollte nicht möglich sein, daß oberste Staatsorgane, wie Bundesregierung und Bundesparlament, sich in dieser Weise gegenseitig Schwierigkeiten machen, indem der Bundesfinanzminister hier Angriffe startet, deren innere Berechtigung ich nicht anerkennen kann.
Ein zweiter Punkt, der ebenso wichtig ist, ist die Tatsache, daß wir zwar eine Bundesfinanzverwaltung haben, die in formeller Hinsicht, in der Beherrschung der Steuertechnik usw. in Ordnung ist, daß wir aber die Kompliziertheit des Steuersystems inzwischen so weit getrieben haben, daß weiteste Kreise unserer Steuerzahler nach einer grundsätzlichen Systemänderung rufen und daß es dem Bundesfinanzminister deshalb auch nicht gelungen ist, die Steuermoral auch nur im geringsten zu heben; man kann sich sogar fragen, ob sie nicht in der Amtszeit des -Bundesfinanzministers noch weiter hinabgesunken ist. Diese Tatsache führe ich zum ganz großen Teil auf die immer größer werdende Kompliziertheit unseres Steuersystems zurück. Außerdem hat sich die Schere zwischen der Begünstigung des Kapitaleinkommens und der Begünstigung des Arbeitseinkommens, des Einkommens aus selbständiger und unselbständiger Arbeit ohne Kapitaleinsatz, für Arbeiter, Freiberufler und Handwerker dauernd weiter geöffnet. Das Arbeitseinkommen ist ständig schärfer herangezogen worden.
— Entschuldigen Sie bitte! Sie werden mir gleich, wenn ich die These aufstelle, Gelegenheit geben, sie zu beweisen. — Das Arbeitseinkommen ist dauernd stärker herangezogen worden, und zwar im Zusammenhang damit, daß die Freibeträge wegen der Preissteigerung eine ständig geringere Bedeutung erhalten, d. h. daß die Steuer ständig tiefer in das Existenzminimum hineingreift. Auf der anderen Seite hat aber durch die Tatsache der Unterbrechung der Bilanzkontinuität im Rahmen des D-Mark-Bilanzgesetzes das Kapital die Möglichkeit gehabt, die abgeschriebenen Maschinen, die ältesten Ladenhüter aufzuwerten und mit neuen Werten in die Bilanz einzusetzen,
von diesen Dingen völlig neu abzuschreiben und auf die Art und Weise den steuerlichen Gewinn im Verhältnis zu dem Rohgewinn außerordentlich stark zu beschneiden, während die gleiche Möglichkeit der Beschneidung des steuerlichen Gewinns im Verhältnis zum wirklichen Gewinn den Arbeitseinkommen nicht geblieben ist. Außerdem War durch die Möglichkeiten der §§ 7 a ff. noch die zusätzliche Chance gegeben, daß man diese abgeschriebenen Ladenhüter, die man voll oder übervoll neu bewerten, sogar höher bewerten durfte, als seinerzeit die Anschaffungskosten gewesen sind, dann aber Ersatzbeschaffungen noch einmal .abschreiben konnte.
— Die Abführung in den Lastenausgleich können Sie nicht mit 50 % berechnen, weil der Gegenwartswert der Lastenausgleichsbelastung nur zum Vergleich herangezogen werden darf. Der Gegenwarts-
wert der Lastenausgleichsbelastung beträgt höchstens 40 % der gesamten Lastenausgleichsbelastung.
Aber im übrigen, wenn man daran denkt, was die Geldwertbesitzer und die Wertpapierbesitzer verloren haben, kann man doch sagen, daß die Sachwertbesitzer trotz dieser Belastung mit dem Lastenausgleich tatsächlich noch sehr günstig wegkommen. Ich glaube, daß man das Thema Lastenausgleich besser aus der Behandlung der Frage der steuerlichen Gleichmäßigkeit und Gerechtigkeit herauslassen sollte.
Im übrigen aber konzentriere ich meinen Vortrag auf das Prinzip, daß durch unser gegenwärtiges Steuersystem das Kapitaleinkommen ungebührlich begünstigt wird, weil es die Möglichkeit hat, den steuerlichen Gewinn durch alle möglichen fiktiven Absetzungen ganz erheblich zu kürzen und dadurch einen steuerlichen Gewinn auszuweisen, der von dem wirklichen Reingewinn meilenweit entfernt ist. Da diese Möglichkeit für das Arbeitseinkommen des Mittelstandes nicht besteht, bedeutet es, daß die Schere zwischen dem Arbeitseinkommen und dem Kapitaleinkommen ständig größer geworden ist. Das ist einer der entscheidenden Fehler unseres Steuersystems. Hier ist der Punkt, wo ich mit meinen konstruktiven Vorschlägen ansetzen möchte. Wir haben immer wieder gesagt, wir brauchen eine Steuer, die tatsächlich den privatwirtschaftlichen Vorteil und den öffentlichen Vorteil konform macht und nicht den Unternehmer geradezu verleitet, möglichst aufwändig, möglichst unrationell zu wirtschaften, sondern die ihn dazu zwingt, möglichst rationell im volkswirtschaftlichen Interesse zu wirtschaften.
Eine solche Steuer haben wir in einer Umsatzsteuer von der Nettoproduktion statt von der Bruttoproduktion. Würden wir die Umsatzsteuer von der Nettoproduktion haben statt unserer Verbrauchsteuern und unserer jetzigen Umsatzsteuer, dann würde jeder Unternehmer gezwungen sein, möglichst rationell zu wirtschaften. Je weniger Ausgaben er macht, je weniger Aufwendungen er macht, je besser er wirtschaftet, desto mehr bleibt ihm dann nämlich von seinem Nettoumsatz, d. h. von der Spanne zwischen Wareneinkauf plus Lohnaufwand einerseits und dem Gesamtumsatz andererseits übrig. Wir brauchen eine volkswirtschaftlich richtig angesetzte Steuer, und diese volkswirtschaftlich richtig angesetzte Steuer ist in der Finanzwissenschaft seit Jahren immer wieder gefordert worden.
Unser Bundesfinanzminister hat zwar außerordentlich fleißig gearbeitet, hat gute steuertechnische Arbeit geliefert. Er hat aber nicht — das ist der Vorwurf, den wir ihm machen — die große Linie, er hat nicht den Mut zu einer neuen konstruktiven Finanzpolitik. Wir haben gefordert, daß ein Sparkommissar zur Durchführung der Rationalisierung in der öffentlichen Verwaltung, zur Beseitigung der Überschneidung der Verwaltung zwischen Bund und Ländern eingesetzt wird. Alle diese Dinge sind bisher versandet.
Der dritte Punkt, den ich in diesem Zusammenhang noch aufzeigen möchte, ist die Notwendigkeit der Begünstigung der Sparkapitalbildung. Die Lage auf dem Kapitalmarkt ist Ihnen doch allen bekannt. Wir haben jetzt zwar eine ganze Reihe von Begünstigungen zu Recht gestrichen, aber wir haben keinen Ersatz dafür geboten. Man hat keine
Möglichkeit geboten, daß der Sparer selbst wieder durch steuerliche Begünstigung — —
— Das hat mit Kapitalismus nichts zu tun. Die Sparer sind nicht Kapitalisten. Die Großbetriebe haben Sparmöglichkeiten genug. Die Sparer sind immer die Kreise des Mittelstandes gewesen, die für ihre Existenz, für ihre Alterssicherung, für die Ausstattung ihrer Kinder etwas zurücklegen wollten und das jetzt einfach nicht können, weil es für diese Schichten keinerlei Möglichkeiten gibt, steuerlich begünstigte Sparansammlungen zu schaffen. Die Begünstigungen, die die steuerlich begünstigten Ansammlungsverträge bilden, sind so gering, daß sie keinerlei Möglichkeit bieten oder jedenfalls in zwei Jahren nur 270 Millionen DM insgesamt erbracht haben. Es handelt sich darum, daß wir eine Finanzpolitik bekommen, die aus dem hergebrachten Gleis endlich heraustritt, die den Mut hat, neue Wege zu gehen, und die die Bedenken aller Fachleute, die sagen: Wenn wir neue Wege gehen, haben wir auch das Risiko auf uns zu nehmen, endlich beiseite schiebt und mit mutigen Schritten eine Gerechtigkeit in unser Steuersystem hineinbringt.
Meine Damen und Herren! Falls noch Wortmeldungen vorliegen sollten, möchte ich darauf aufmerksam machen, daß wir den Haushalt der Allgemeinen Finanzverwaltung und der Bundesschuld erörtern.
— Ich sehe aber keine weiteren Wortmeldungen. Dann schließe ich die Aussprache.
Ich komme zur Abstimmung erstens über den Antrag des Haushaltsausschusses Drucksache Nr. 1920. Der Antrag des Ausschusses muß durch die von dem Herrn Berichterstatter angegebenen Worte in der vorletzten Zeile ergänzt werden, so daß es heißt: „mit den aus der nachstehenden Zusammenstellung ersichtlichen Änderungen und den sich daraus ergebenden Änderungen der Abschlußsummen". Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag des Haushaltsausschusses unter Berücksichtigung der Berichtigung auf Umdruck Nr. 171 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben.
— Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen?
— Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über den Haushalt der Allgemeinen Finanzverwaltung, Antrag des Haushaltsausschusses auf Drucksache Nr. 1922. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag des Haushaltsausschusses unter Berücksichtigung der Berichtigung auf Umdruck Nr. 187 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen gegen wenige Stimmen angenommen.
Meine Damen und Herren! Ich bin während der Sitzung davon unterrichtet worden, daß gestern in Hamm durch eine Grubenkatastrophe
14 Bergleute verschüttet worden sind, die als tot betrachtet werden müssen. Ich möchte nicht unterlassen, dem tiefen Mitgefühl auch des Bundestags mit den Angehörigen der von diesem Unglück Betroffenen Ausdruck zu geben, um so mehr, als diese Bergleute bei dem Einsatz dafür umgekommen sind, Hunderten von Arbeitskameraden ihren Arbeits-
platz zu erhalten und die Möglichkeit der Förderung in diesem Schacht zu sichern. Ich spreche namens des Deutschen Bundestages den Hinterbliebenen unsere wärmste Teilnahme aus und möchte der Hoffnung Ausdruck geben, daß allen 28 schwerverletzten Bergleuten, die im Krankenhaus in Hamm liegen, möglichst bald die Gesundheit wiedergeschenkt wird.
Nachdem wir Punkt 1 der gestrigen Tagesordnung erledigt haben, rufe ich den Punkt 2 der gestrigen Tagesordnung auf:
Zweite Beratung der Ersten und Zweiten Ergänzungsvorlage der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das
Rechnungsjahr 1950 ;
Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses
(Nr. 1928 der Drucksachen)
und zweckmäßigerweise wohl gleichzeitig den Punkt 3:
Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 ;
Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (Nr. 1900 der Drucksachen, Umdruck Nr. 188).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Schoettle. Darf ich ihn bitten, das Wort zu nehmen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tatsache, daß während der Beratungen des Haushaltsplanes. für das Rechnungsjahr 1950 die Bundesregierung dem Hohen Hause zwei Ergänzungsvorlagen zu diesem Haushaltsplan unterbreiten mußte, zeigt sich der Umstand, daß während der ganzen Periode, in der wir über die Einzelheiten des Haushaltsplanes berieten, sich die Verwaltung ständig verändert bzw. erweitert hat und ihrem endgültigen Aufbau entgegengegangen ist. Die beiden Ergänzungsvorlagen lassen in ihren Einzelheiten die Tendenz dieses Aufbaus erkennen. Ich will nicht darauf eingehen, wie sich das in den Details dieser Ergänzungsvorlagen widerspiegelt, sondern möchte nur in Kürze dem Hohen Hause dartun, in welcher Weise die Vorlagen in die Haushaltspläne eingearbeitet worden sind.
Wenn Sie die Drucksache Nr. 1928, den Mündlichen Bericht des Haushaltsausschusses über die Behandlung der Drucksachen Nrn. 1784 und 2092 zur Hand nehmen, so finden Sie darin die Vorschläge, die der Haushaltsausschuß für die Erledigung dieser Drucksachen zu machen hat. Danach ist die erste Ergänzungsvorlage bereits restlos in die vom Hause beratenen Einzelpläne eingearbeitet worden. Der Haushaltsausschuß schlägt vor, sie für erledigt zu erklären. Die zweite Ergänzungsvorlage, die umfangreicher war als die erste und die sich mit einer Reihe von Einzelplänen beschäftigte, ist vom Haushaltsausschuß so behandelt worden, wie es sich durch den Gang der Beratungen der Einzelpläne im Ausschuß und im Plenum von selber ergab. Infolgedessen schlagen wir Ihnen vor, die zweite Ergänzungsvorlage, Drucksache Nr. 2092, insoweit für erledigt zu erklären, als Änderungen der Einzelpläne IV, VI, VIII, XII, XVI, XXI, XXII und XXIII vorgenommen worden sind.
Alle diese Abänderungen sind bereits in den vom Hause behandelten Mündlichen Berichten des Haushaltsausschusses mit berücksichtigt worden. Dagegen sind in den Einzelplänen VII, IX, X, XI und XXVI Änderungen erfolgt, die vom Hause nachträglich zu beschließen wären. Der Haushaltsausschuß schlägt Ihnen vor, diese Abänderungen nach der Vorlage anzunehmen.
Ich darf nun im einzelnen zu den Abänderungen auf Grund der zweiten Ergänzungsvorlage einige Bemerkungen machen. Sie finden die Vorschläge des Haushaltsausschusses auf den Seiten 3 ff. der Anlage zum Mündlichen Bericht. Bei dem Einzelplan VII, Haushalt des Bundesministeriums der Justiz, z. B. ist für das Deutsche Patentamt, das in Kap. 5 dieses Haushalts veranschlagt ist, in Tit. 16 zu der dort vorgesehenen Mehrausgabe von 37 600 DM ein Sperrvermerk über einen Betrag von 14 000 DM angebracht worden. Dieser Sperrvermerk ergibt sich daraus, daß zur Unterbringung der Dienststelle Berlin des Deutschen Patentamtes ein Gebäudeteil des Dienstgebäudes des ehemaligen Reichspatentamtes benutzt wird, bei dem die Mietverhältnisse noch nicht geklärt sind. Der Haushaltsausschuß stellte sich deshalb auf den Standpunkt, daß der Betrag, der für die Miete dieses Gebäudeteils vorgesehen ist, so lange gesperrt bleiben soll, bis die endgültige Auseinandersetzung über die Eigentumsverhältnisse an diesem Gebäude erfolgt ist. Wir sind in ähnlichen Fällen ähnlich verfahren.
Bei dem Einzelplan IX, Haushalt des Bundesministeriums für Wirtschaft, finden Sie bei Kap. 6, bei den Ausgaben aus ERP-Mitteln, eine Veränderung gegenüber dem ursprünglichen Haushaltsansatz insofern, als ein neuer Tit. 3 eingefügt worden ist, der zur Förderung des deutsch-amerikanischen Handels eine Mehraufwendung von 2,3 Millionen DM vorsieht, die 'aus ERP-Mitteln zur Verfügung gestellt worden sind.
Bei dem Einzelplan XI, Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit, hat der Haushaltsausschuß die Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung in Wilhelmshaven auf Grund der Vorschläge der Bundesregierung als Kap. 2 in den Haushalt neu aufgenommen. Die Ausgaben, die Sie auf der rechten Spalte dieser Anlage unter der Bezeichnung „Beschlüsse des 10. Ausschusses" finden, sind im wesentlichen an den bis zu diesem Zeitpunkt bereits feststehenden tatsächlichen Ausgaben dieser Behörde orientiert, wie überhaupt die Beratungen des Haushaltsausschusses in der späteren Phase dadurch gekennzeichnet wurden, daß wir im Gegensatz zu normalen Haushaltsberatungen die Ausgabenansätze weitgehend an den bis zu diesem Zeitpunkt bereits bekannten Ist-Ausgaben für das Haushaltsjahr orientieren konnten, da das Haushaltsjahr vor der abschließenden Beratung des Haushalts im Ausschuß längst abgelaufen war. Das ist an sich ein durchaus anomaler Zustand, der aber aus den Umständen zu erklären ist, unter denen der Bundeshaushalt für das Jahr 1950 aufgestellt worden ist. Also für diese Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung in Wilhelmshaven gilt bezüglich der Ausgabenansätze das, was ich über ihre Annäherung oder ihre vollständige Übereinstimmung mit dem Ausgaben-Ist gesagt habe.
Beim Einzelplan XXVI, Haushalt der sozialen Kriegsfolgelasten, finden Sie eine Minderausgabe unter Tit. 31 für die Kosten der Invalidenversicherungsfürsorge. Auch hier gilt das vorhin Gesagte. Es handelt sich um die Ist-Ausgabe, die eben um einen Betrag von 3 Millionen DM niedriger ist, als ursprünglich veranschlagt war.
Im Außerordentlichen Haushalt entfällt die ursprünglich vorgesehene Minderausgabe von 4 Millionen DM, weil infolge der Beratungen des Haushaltsausschusses dieser Titel nicht mehr notwendig ist.
Soviel zu den Ergänzungsvorlagen. Im wesentlichen ist also die zweite Ergänzungsvorlage bereits durch frühere Beratungen des Hohen Hauses erledigt worden. Für den Rest der Ergänzungsvorlage schlägt Ihnen der Ausschuß vor, seine Vorschläge anzunehmen, wie sie auf Drucksache Nr. 1928. niedergelegt sind.
Ich darf nun mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten gleich den zweiten Teil meiner Berichterstattung anschließen, nämlich den Bericht über das Haushaltsgesetz 1950. An die Spitze meines Berichts über das Haushaltsgesetz 1950 möchte ich eine allgemeine Bemerkung stellen. Mit diesem Haushaltsgesetz wird der langwierige Prozeß der Beratungen zum Haushalt für das Rechnungsjahr 1950 in zweiter Lesung abgeschlossen. Unter normalen Umständen wäre der Abschluß der Haushaltsberatungen wahrscheinlich ein sehr dramatisches Ereignis. Wir hinken — das liegt in der Natur der Periode, die wir hinter uns gebracht haben — mit unseren Haushaltsplänen hinter dem Ablauf des Haushaltsjahres beträchtlich her. Der Haushaltsausschuß — und da darf ich alle seine Mitglieder einschließen — hat eine seiner wichtigsten Aufgaben darin gesehen, bei der Beratung des Haushaltsplans 1950 zugleich die Voraussetzungen für eine möglichst baldige Normalisierung unserer Haushaltslage zu schaffen,
nämlich dafür, daß bei den nun folgenden Haushalten die Frist zwischen dem Abschluß der Haushaltsberatungen und dem Beginn des Haushaltsjahres immer mehr verkürzt Wird, bis endlich eine vollkommene Deckung der Beschlüsse dieses Hauses mit den tatsächlichen Notwendigkeiten des Bundeshaushalts herbeigeführt wird. Insofern haben also die Beratungen des Haushaltsplans 1950 mit ihrer Gründlichkeit, mit ihrer bis in die Einzelheiten gehenden Untersuchung der Notwendigkeiten auch des Aufbaues der Verwaltung und der Stellen- und Organisationspläne die Aufgabe gehabt, für den nun folgenden Haushaltsplan 1951 die wesentlichen Grundlagen so zu schaffen, daß das Haus in Bälde diesen Haushaltsplan verabschieden kann und wir die Vorlagen für den Haushalt 1952 im Bundestag möglichst schon so rechtzeitig bekommen, daß für 1952 der Beginn des Haushaltsjahres mit dem Inkrafttreten des Haushalts zusammenfällt.
Das ist, so technisch es klingen mag, angesichts unserer völlig verwirrten Zeitumstände, wenn man an die letzten sechs Jahre denkt, eine große Leistung. Es ist etwas, was tatsächlich den Zustand der Normalität kennzeichnet, dem wir nun langsam zustreben.
Ich darf in diesem Zusammenhang gleich zu Beginn sagen — und ich halte mich als Vorsitzender, der ich nun zufällig gerade auch Berichterstatter für diese Fragen bin, dazu für verpflichtet —, daß im Haushaltsausschuß in allen diesen Fragen bei mancherlei scharfen Gegensätzen in der Sache stets der Versuch gemacht wurde und auch meistens gelungen ist, die Beratungen in einem Geist der Sachlichkeit, der Erkenntnis einer gemeinsamen staatspolitischen Aufgabe zu führen und dadurch eine Intensität der Arbeit und ein Vertrautwerden der einzelnen Mitglieder des Ausschusses mit der Materie herbeizuführen, das für viele die Voraussetzung für ihre künftige Arbeit auf diesem Gebiet geworden ist; denn eine großer Teil von uns war ja auf dem Gebiet des Haushaltswesens bisher Anfänger.
Das darf man hinzusetzen, weil es gerade in einer Periode, in der die Grundzüge des staatlichen Aufbaues erst erarbeitet werden müssen, gar nicht so einfach ist, diese Dinge einigermaßen ordentlich zu erledigen.
Was das Haushaltsgesetz, den Schlußstein der Haushaltsberatungen, selbst angeht, so hat der Herr Kollege Wacker vorhin bei seiner Berichterstattung über den Einzelplan XXIII schon das Notwendige zu § 1 gesagt. § 1 gibt lediglich die Endergebnisse der Beratungen des Haushaltsausschusses in Einnahmen und Ausgaben wieder. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.
Bei § 2 werden Sie in der Vorlage des Haushaltsausschusses die fett gedruckten Ziffern 2 und 3 finden,' die sich mit der Stellenbewirtschaftung befassen. Diese Zusätze zur, Regierungsvorlage sind in erster Linie unter dem Gesichtspunkt zu verstehen, daß sie gewissen bei den Haushaltsberatungen zutage getretenen Tendenzen entgegenwirken sollen, durch die Schaffung von Vorratsstellen eine der Kontrolle der parlamentarischen Instanzen entzogene Bewirtschaftung einzelner Stellen möglich zu machen. Der Haushaltsausschuß hat diese Vorkehrungen einstimmig getroffen, und ich glaube, daß auch die Behörden dem Ausschuß dafür dankbar sein sollten, daß er gerade in der Periode des Aufbaues durch gesetzgeberische Maßnahmen ein gewisses Maß von Erziehungsarbeit auch an der Verwaltung leisten wollte., Es ist ja nicht ganz selbstverständlich, daß Verwaltung und Parlament nach den Jahren der völligen Zerstörung einer demokratischen Kontrolle der öffentlichen Verwaltung nun reibungslos zusammenarbeiten. Es ist nicht ganz unverständlich, wenn in einzelnen Teilen der Verwaltung das Bedürfnis, sich der parlamentarischen °Kontrolle zu unterwerfen, nicht gerade überwältigend stark ist. Dem vorzubeugen, hier die Entwicklung in gesunde Bahnen zu lenken, ist Sache der Gesetzgebung und vor allem der Haushaltsgesetzgebung. Die Ziffern 2 und 3 wollen in dieser Richtung wirken. Sie sind nicht als eine ungebührliche Belastung der Verwaltung gedacht, sondern als eine Maßnahme, die für alle Beteiligten sozusagen einen Grenzstein aufrichtet, über den man nicht hinausgehen kann, ohne daß die parlamentarische Kontrolle in Kraft tritt.
Auch an § 2 a hat der Haushaltsausschuß einige Änderungen vorgenommen. Sie sind in Ziffer 1 im wesentlichen Korrekturen technischer Art. Sie stellen weiterhin eine haushaltsgesetzliche Fixierung von Beschlüssen dar, die der Haushaltsausschuß und das Hohe Haus in Zusammenhang mit der allgemeinen Teuerungswelle zugunsten der Beamten des Bundes vorgenommen haben. Sie sind insofern also lediglich die Wiedergabe Inzwischen erfolgter tatsächlicher Veränderungen. Dasselbe gilt für die §§ 2 b und 2 c.
Der § 6 a hat ebenfalls gegenüber der Regierungsvorlage eine technische Veränderung erfahren. Diese Veränderung mag bei oberflächlichem Hinsehen wenig bedeuten. Sie hat aber einen sehr gewichtigen sachlichen Grund. Die Bezugnahme auf die Reichshaushaltsordnung, die ja für die Haus-
haltsgesetzgebung und für die Haushaltsführung der Bundesrepublik vorläufig gilt, hat in § 6 der Regierungsvorlage den Charakter einer Änderung der Reichshaushaltsordnung. Angesichts des provisorischen Zustandes auf diesem Gebiet ist es jedoch wenig sinnvoll, durch eine einzelne Bestimmung im Haushaltsgesetz für ein Haushaltsjahr eine Einzelbestimmung der Reichshaushaltsordnung zu ändern. Wir sind uns im Haushaltsausschuß alle, auch mit den Herren des Bundesfinanzministeriums, in dem Wunsche einig, daß möglichst bald eine Überarbeitung der für die Haushaltsführung der Bundesrepublik geltenden Haushaltsordnung und der damit zusammenhängenden übrigen gesetzgeberischen Grundlagen im Sinne der heutigen Erfordernisse erfolgt. Wir haben uns deshalb im Haushaltsausschuß darauf beschränkt, lediglich eine Modifizierung der Anwendung des § 30 a der Reichshaushaltsordnung vorzunehmen. Das ist der Sinn dieser Änderung.
Der § 8 ist in den Ziffern 1 und 2 im wesentlichen unverändert. In der Ziffer 3 sind die Bestimmungen über die Zinsverpflichtungen der Deutschen Bundespost und der Deutschen Bundesbahn etwas anders definiert als in der Regierungsvorlage. Der Herr Kollege Wacker hat in seiner Berichterstattung über den Haushalt der Bundesschuld bereits auf die hinter diesen Dingen stehenden prinzipiellen Fragen hingewiesen. Ich kann es mir ersparen, hierzu weitere Ausführungen zu machen.
Der § 10 der Regierungsvorlage entfällt nach den Vorschlägen des Ausschusses. Inzwischen hat der Bundestag selber das Anleihegesetz 1950 verabschiedet, so daß ein Hinweis auf die Notwendigkeit der gesetzlichen Regelung der Kreditaufnahme durch den Bundesminister der Finanzen im Haushaltsgesetz selber überflüssig geworden ist.
Ich darf noch auf den Umdruck Nr. 188 zur Drucksache Nr. 1900 aufmerksam machen. In diesem Umdruck sind die Änderungen vorgeschlagen, die im Gesamtplan des Haushalts 1950, der dem Mündlichen Bericht Drucksache Nr. 1900 angehängt ist, auf Grund der zweiten Ergänzungsvorlage notwendig werden. Ich brauche auf die Dinge im einzelnen nicht einzugehen, weil das Haus gestern schon bei Einzelplan IV b die Vorschläge des Haushaltsausschusses akzeptiert hat. Das ist der erste wesentliche Teil der Änderungsvorschläge auf Umdruck Nr. 188. Die übrigen ergeben sich ebenfalls aus den im wesentlichen vom Haus bereits gebilligten Vorschlägen des Haushaltsausschusses.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich diesen 'Bericht mit einer Schlußbemerkung schließen, die sich nicht mit dem Inhalt des Gesetzes selber beschäftigt, sondern mit der Arbeitsleistung, die in diesem Zusammenhang auch von Menschen vollbracht worden ist, die nicht dem Hause angehören. Die Mitglieder des Haushaltsausschusses brauchen sich selber kein Loblied zu singen; sie wissen, was es bedeutet, in monatelanger Arbeit eine Materie zu behandeln wie die, von der wir in den letzten Wochen hier gesprochen haben. Ich darf in diesem Zusammenhang auch den Angestellten unseres eigenen Hauses, soweit sie mit der technischen Fertigstellung der Haushaltspläne und mit der Verarbeitung der Ergebnisse der Beratungen des Ausschusses beschäftigt waren, für die Tag- und Nachtarbeit danken, die sie geleistet haben.
Ich darf in diesen Dank auch die Herren der Haushaltsabteilung des Bundesfinanzministeriums einschließen,
die ebenfalls unter Hintansetzung persönlicher, gesundheitlicher und anderer Gesichtspunkte zusammen mit dem Haushaltsausschuß und in ihrem eigenen Ministerium wirklich eifrig an der Fertigstellung dieser umfangreichen Arbeit tätig waren, die ja nicht nur für heute, sondern auch für morgen und übermorgen und für die kommenden Jahre ein Beispiel und eine Grundlage geschaffen hat. Ich darf das sagen, weil ich sogleich — und ich glaube, ich darf da auch im Namen der Mitglieder des Haushaltsausschusses sprechen — hinzufügen muß, daß wir manchmal bei einzelnen Ministerien nicht das nötige Maß von Verständnis gefunden haben, und daß die Beratungen des Haushaltsausschusses nicht immer gefördert worden sind. Dafür gab es natürlich verschiedene Gründe. Einer der Gründe war, daß eben das Bewußtsein für die Bedeutung eines Staatshaushalts im Laufe der letzten, etwas irregulären Jahre abgeschwächt worden ist. Der Haushaltsausschuß mußte daher manches Mal recht viel Geduld aufwenden, um die Verhandlungen wenigstens innerhalb dieser noch einigermaßen vertretbaren Zeit abzuschließen. Im ganzen also, meine Damen und Herren, darf ich wohl feststellen, daß mit dem Abschluß der zweiten Beratung des Haushaltsplans für 1950, dem hoffentlich sehr bald die dritte Beratung und damit die Verabschiedung des Haushaltsplans folgen, ein gutes Stück Arbeit im Interesse einer Konsolidierung der Bundesrepublik geleistet ist.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Liegen Wortmeldungen vor? .— Herr Abgeordneter Dr. Krone.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schoettle hat soeben, als er den Schlußbericht über die Arbeit des Haushaltsausschusses gegeben hat, ein Wort der Anerkennung für alle diejenigen ausgesprochen, die zum Gelingen dieses großen Werkes beigetragen haben — für die Angestellten und Beamten dieses Hauses Wie für die Beamten der Finanzverwaltung. Er hat auch ein Wort der Anerkennung ,für die sachliche Arbeit des Ausschusses gefunden, und ich will hinzufügen: für die sachliche Arbeit sowohl der Koalitionsparteien wie der Opposition, aber auch für die verbindliche Art, in der alle sachlichen Verhandlungen geführt worden sind.
Es wäre eine schwere Unterlassung der Mitglieder des Haushaltsausschusses, sowohl der Koalitionsparteien wie auch der Opposition, wenn wir diesen Dank an uns nicht an den Vorsitzenden . des Ausschusses zurückgeben wollten,
der als würdiger Nachfolger seines Vorgängers im Reichstag in sehr sachlicher Art die Verhandlungen geleitet hat, und zwar in sehr verbindlicher und manchmal schwäbisch humorvoller Form. Ihm dafür zu danken, ist meine Pflicht.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Bertram hat in den
einleitenden Worten seiner Rede nebenbei erwähnt, daß der Herr Bundesfinanzminister heute nicht anwesend ist. Ich möchte mir doch erlauben, zu sagen, daß er heute morgen im Kabinett sein muß und daher bei diesem wichtigen Gegenstand leider nicht anwesend sein kann. Im Kabinett steht heute vormittag gerade die Beratung des Haushaltsentwurfs für 1951 an.
Zu den Ausführungen des Herrn Vorsitzenden des Haushaltsausschusses darf ich ganz kurz mitteilen, daß es bekanntlich auch unser Wunsch ist, so schnell wie möglich wieder in den Turnus der regulären Verabschiedung der Haushalte, und zwar möglichst vor Beginn der Rechnungsjahre, zurückzukehren. Wir haben diese Pläne j a schon seit langem mit dem Haushaltsausschuß des Hohen Hauses erörtert und werden zunächst einen sogenannten Überrollungshaushalt für 1951 bringen, dem dann in einem Ergänzungshaushalt einige notwendige sachliche Zusätze folgen werden. Das Bundeskabinett hat schon in der vorigen Woche den Haushaltsentwurf für 1951 in Beratung genommen, etwas ungewöhnlicherweise in einem Augenblick, in dem das Parlament den Haushalt für das Jahr 1950 noch nicht ganz verabschiedet hat.
Was die Modernisierung der Haushaltsordnung betrifft, so sind der Rechnungshof und wir bei der Ausarbeitung einer Vorlage.
Zum Schluß noch ein Wort. Die Herren Vorredner haben mit freundlichen Worten auch der Tätigkeit des Bundesfinanzministeriums gedacht. Es würde mir nicht anstehen, ein Wort über den Inhalt der Tätigkeit des Haushaltsausschusses zu sagen. Ich darf aber wohl hier namens des Bundesfinanzministeriums ausdrücken, daß wir uns bewußt sind, in welch hohem Maße die Tätigkeit des Haushaltsausschusses und insbesondere auch seines Herrn Vorsitzenden zu einer unentbehrlichen und äußerst wertvollen Stütze in den wohl nach vielen Seiten sehr schwierigen Arbeiten des Finanzministeriums geworden ist.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Besprechung.
Ich komme zur Abstimmung über den Mündlichen Bericht des Haushaltsausschusses Drucksache Nr. 1928 über die Ergänzungsvorlagen der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Bericht des Haushaltsausschusses zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. -
Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Gegen eine Stimme bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über den Bericht des Haushaltsausschusses Drucksache Nr. 1900 über den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 und die Zweite Ergänzungsvorlage. Ich bitte die Damen und Herren, die unter Berücksichtigung der Berichtigung, die im Umdruck Nr. 188 vorgenommen ist und vorliegt, diesem Bericht des Haushaltsausschusses zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Mit Mehrheit angenommen.
Damit ist die Tagesordnung von gestern ebenfalls erledigt. Ich habe beinahe den Eindruck, daß es sich lohnt, Nachtsitzungen zu machen, weil sich das auf die Arbeit des nächsten Tages außerordentlich förderlich auswirkt.
Ich rufe Punkt 1 der heutigen Tagesordnung auf: Dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, BP, Z eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Ausfuhr .
Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Aussprachezeit von 60 Minuten vor.
Wer wünscht zur allgemeinen Aussprache das Wort zu nehmen? — Niemand. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Ich rufe auf Abschnitt I, — § 1, — ich bitte, mich wissen zu lassen, wenn irgend jemand das Wort zu nehmen wünscht, damit ich nicht immer einzeln zu fragen brauche —, § 2, — § 3, — § 4, — § 4 a, —§ 4 b; — Abschnitt II, — § 5; — Abschnitt III, —§ 6; — Abschnitt III a, — § 6 a; — Abschnitt IV, — § 7, — § 7 a, — § 8; — Einleitung und Überschrift. — Keine Wortmeldungen.
Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Einzelbestimmungen, Abschnittsüberschriften, Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Ich komme zur Schlußabstimmung über das Gesetz über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Ausfuhr. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz insgesamt zuzustimmen Wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe.
— Das erste war die Mehrheit. Das Gesetz ist angenommen.
Weiter ist vom Ausschuß vorgeschlagen, eine Entschließung anzunehmen. Die Entschließung liegt Ihnen vor. Ich bitte die Damen und Herren, die der Entschließung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe.
— Die Entschließung ist angenommen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Meine Damen und Herren, es ist mir mitgeteilt worden, daß der Punkt 3 der Tagesordnung, zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Zolltarifgesetzes, gemäß einer interfraktionellen Vereinbarung abgesetzt werden soll. Weiterhin hat mir der Herr Vorsitzende des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität mitgeteilt, daß zum Punkt 5 weitere Vorgänge eingelaufen sind, die eine nochmalige Beratung erforderlich machen. Es wird Ihnen vorgeschlagen, den Punkt 5 der Tagesordnung ebenfalls abzusetzen.
Herr Abgeordneter Dr. Schatz ist noch nicht hier?
— Herr Abgeordneter Dr. Schatz befindet sich im Rechtsausschuß. Ich lasse ihn gerade davon unterrichten, daß die Berichterstattung zu Punkt 2 der Tagesordnung ansteht.
Darf ich Ihnen vorschlagen, den Punkt 6 der Tagesordnung vorwegzunehmen:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität betreffend Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Dr. Arndt (Nr. 2254 der Drucksachen).
Berichterstatter ist Herr Abgordneter Dr. Mende. Darf ich ihn bitten, das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität lagen zwei Schreiben vor, über die Immunität des Abgeordneten Dr. Arndt eine Entscheidung zu fällen und dem Plenum hierüber zu berichten. Das eine Schreiben kam, ausgelöst durch die Oberstaatsanwaltschaft in Düsseldorf, über den Landesjustizminister von Nordrhein-Westfalen und den Herrn Bundesjustizminister, das zweite Schreiben unmittelbar von den Bevollmächtigten des Privatklägers, den Rechtsanwälten Dr. Meyer, Dr. Rhode und Dr. Wörbelauner, an den Herrn Präsidenten des Bundestages.
Dem Vorgang liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Abgeordneter Dr. Arndt hat in einer Versammlung in Düsseldorf am 26. November 1956 Herrn Heinrichsbauer als den Typ des politischen
Zuhälters bezeichnet. In einer weiteren Versammlung in Frankfurt sind von dem Herrn Abgeordneten Dr. Arndt ähnliche Äußerungen gemacht worden.
Der Oberstaatsanwalt und auch die Bevollmächtigten sehen in dieser Äußerung eine Beleidigung gemäß § 185, möglicherweise auch § 186 oder § 187 StGB und stellten Strafantrag.
Der Ausschuß hat festgestellt, daß es sich hier um einen typisch politisch infizierten Fall oder, besser gesagt, um einen Fall politischen Charakters handelt. Bei der Abwägung, was nun höher stehe, die ungestörte Parlamentsarbeit oder das Rechtsschutzinteresse des Verletzten, hat -der Ausschuß das erstere bejaht und die Aufhebung der Immunität abgelehnt. Eine Ausnahme, wie wir sie bisher in besonders schweren Fällen einer Beleidigung, also bei Verleumdungen, gemacht haben, oder ein auf andere Weise nicht zu wahrendes Interesse eines Verletzten wurde nicht als vorliegend angesehen. Hinzu kam noch, daß ja die Möglichkeit besteht, im Zivilprozeß auf Unterlassung oder auf Widerruf zu klagen, wie es in ähnlichen Fällen politischer Beleidigungen zum Teil auch schon geschehen ist.
Schließlich glaubte der Ausschuß auch, dem Abschlußbericht des Untersuchungsausschusses gemäß Art. 44 in der Angelegenheit des Vorwurfs der Bestechung nicht vorgreifen zu dürfen. Dieser Ausschußbericht liegt jetzt zwar gedruckt vor; der Immunitätsausschuß meinte aber, es werde nicht zweckmäßig sein, eine Angelegenheit, die hier noch nicht abgeschlossen sei, bereits vor einem ordentlichen Gericht zu behandeln. Sie wissen ja, daß der Abgeordnete Dr. Arndt als Mitglied jenes Untersuchungsausschusses fungiert hat und dementsprechend von dem Sachverhalt natürlich eine ganz andere Kenntnis haben muß, als sie das Haus hat, solange nicht der Abschlußbericht erstattet worden ist. Es wurde deshalb auch von einem Mitglied des Ausschusses zum Ausdruck gebracht, daß der Abgeordnete Arndt vielleicht auch in Wahrung berechtigter Interessen als Ausschußmitglied gehandelt habe.
Der Ausschuß kam gegen eine Stimme bei drei Stimmenthaltungen zu dem Ergebnis, Ihnen aus den vorgenannten Gründen zu empfehlen, die Immunität des Abgeordneten Dr. Arndt nicht aufzuheben.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich komme zur Abstimmung — —
— Ich bitte um Entschuldigung! — Herr Abgeordneter Ewers, bitte!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die eine Gegenstimme, die im Ausschuß gezählt wurde, war meine Stimme.
Ich halte es für zweckmäßig, daß in diesem Hause die Auffassung einer noch so kleinen Minderheit des Ausschusses wenigstens angesprochen wird.
Die Beleidigung durch den Vorwurf der „Zuhälterei" im politischen Leben erachte ich für einen besonders schweren Fall,
denn der Zuhälter betreibt ein Gewerbe, das im sittlichen Leben der Menschen das widerlichste und ehrenrührigste ist. Die Möglichkeit, eine solche Verbalinjurie durch einen Zivilprozeß zu klären oder zu erledigen, steht nach der Judikatur des früheren Reichsgerichtes und des jetzigen Bundesgerichtshofes auf äußerst schwachen Füßen. Ich bin darüber hinaus der Meinung, daß sich gerade Politiker, die Abgeordnete sind, bei der Kennzeichnung, bei der Kritisierung irgendwelcher von ihnen für falsch gehaltenen Zustände besonderer Zurückhaltung befleißigen müssen, und vertrete den Grundsatz, daß man auch dann, wenn Politik einschlägig ist — und das ist hier unzweifelhaft der Fall —, die anzuwendenden Grundsätze des Ausschusses mit besonderer Sorgfalt und sehr eingehend auch auf die Interessen des Verletzten abstellen muß. Man muß der Tatsache Rechnung tragen, daß ein Privatklageverfahren, vielleicht auch ein öffentliches Verfahren wegen Beleidigung auf die Abgeordnetentätigkeit einen sehr wenig hinderlichen Einfluß ausübt; man muß dem Verletzten Gelegenheit geben, seine Ehre wiederherzustellen, man muß dem Angreifer Gelegenheit geben, in einem Gerichtsverfahren seine Kritik, gerade wenn sie besonders scharf war, zu rechtfertigen.
Ich persönlich bedauere daher, dem Beschluß des Ausschusses nicht zustimmen zu können, und werde für Ablehnung dieses Antrages, also für Aufhebung der Immunität stimmen.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung und komme zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität auf Drucksache Nr. 2254. Ich bitte -die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit, dem Antrag des Ausschusses ist zugestimmt worden.
— Meine Damen und Herren, es liegt eine einstimmige Auffassung des Vorstandes vor. Ich halte es für höchst unzweckmäßig, diese Feststellungen durch die Zwischenrufe „Na! Na! Na!" anzuzweifeln.
Darf ich fragen, ob der Abgeordnete Dr. Schatz anwesend ist?
Ich rufe Punkt 2 der heutigen Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Schweden über die Verlängerung von Prioritätsfristen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für
Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz
(Nr. 2259 der Drucksachen).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, auf eine Aussprache zu verzichten.
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Schatz. Bitte, Herr Abgeordneter!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte meine Verspätung zu entschuldigen; ich war im Rechtsausschuß und konnte nicht rechtzeitig erscheinen.
, Ich kann mich in der Berichterstattung kurz fassen und zwar deshalb, weil das Hohe Haus am 7. März erst das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft behandelt hat. Hier liegt ein gleiches Abkommen vor, das lediglich andere Fristen vorsieht. Der Patentausschuß, dem der Entwurf dieses Gesetzes überwiesen wurde, hat die Beratung eingehendst durchgeführt und einstimmig beschlossen, dem Bundestag die Zustimmung zu empfehlen.
Ich darf auf meine Berichterstattung in der Plenarsitzung vom 7. März Bezug nehmen. Dort hatte ich die Ehre, das Abkommen mit der Schweiz eingehend zu behandeln und zu erläutern. Da es sich hier um das gleiche Abkommen — jetzt mit dem Königreich Schweden — handelt, das nach entsprechenden Absprachen in Stockholm und München zustandegekommen ist, möchte ich mir erlauben, auf meine Ausführungen in der Sitzung vom 7. März zu verweisen, zumal der Patentausschuß dieses Abkommen in seiner rechtlichen Struktur und seinem Gehalt eingehend beraten hatte.
Nachdem der Patentausschuß auch dieses Gesetz einstimmig angenommen hat, darf ich Sie ersuchen — dazu bin ich beauftragt —, diesem Gesetz Ihre Zustimmung zu geben.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Eine Aussprache soll nicht stattfinden.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz auf Drucksache Nr. 2259, dem Gesetzentwurf Drucksache Nr. 2095 unverändert nach der Vorlage zuzustimmen. Der Gesetzentwurf behandelt das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Schweden in drei Artikeln. Ich bitte die Damen und Herren, die Art. I, — II, — III, — Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. —
Ich bitte um die Gegenprobe. — Enihaltungen? — Einstimmig angenommen. Damit ist die zweite Beratung beendet.
Wir kommen zur
dritten Beratung
des Gesetzentwurfs.
Eine Aussprache sollte ebenfalls nicht stattfinden. Ich rufe auf: Entwurf eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Schweden über die Verlängerung von Prioritätsfristen auf dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes, Art. I, — II, — III, — Einleitung und Überschrift. — Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ist angenommen.
Ich komme zur Schlußabstimmung über das Gesetz. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Damit, meine Damen und Herren, sind wir, da der Punkt 3 der Tagesordnung abgesetzt ist, bei der Frage, ob Punkt 4 a) und b) heute erledigt werden sollt Es handelt sich dabei um die Gesetzentwürfe über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen, eines Bundesaufsichtsamts für das Versicherungs- und Bausparwesen und über den Sitz des Bundesaufsichtsamts für das private Versicherungswesen. Mir ist inzwischen noch ein Schreiben des Herrn Abgeordneten Dr. Etzel zugegangen, der darauf hinweist, daß am kommenden Dienstag noch eine Besprechung über den Gesetzentwurf betreffend Errichtung eines Bundesaufsichtsamts für das Versicherungs- und Bausparwesen stattfindet und daß er es begrüßen würde, wenn die Absetzung des Punktes von der Tagesordnung erfolgen würde. Die Bitte, wird zugleich im Namen des Herrn Kollegen Geheimrat Dr. Laforet ausgesprochen.
Herr Kollege Mayer, bitte!
Ich bitte gleichfalls, und zwar mit Rücksicht auf die Abwesenheit der meisten oder aller Versicherungsfachleute dieses Hauses, um die Absetzung dieses Punktes von der Tagesordnung.
Meine Damen und Herren! Eine Verständigung ist darüber im Ältestenrat nicht herbeigeführt, so daß diese Frage durch Abstimmung im Hause entschieden werden muß. Ich bitte die Damen und Herren, die für die Absetzung des Punktes 4 a) und b) von der Tagesordnung sind, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit. Der Punkt ist abgesetzt.
Der Tagesordnungspunkt 5 ist ebenfalls abgesetzt. Punkt 6 ist erledigt.
Meine Damen und Herren, wir hatten gestern in Aussicht genommen, die Punkte 7 bis 10 der Tagesordnung heute nicht zu erledigen. Ich habe Bedenken dagegen, es nun doch zu tun — obwohl wir Zeit genug hätten —, da ich vermuten muß, daß sich einige Abgeordnete nicht darauf eingerichtet haben. Ich darf nach der Meinung des Hauses fragen, ob eventuell der Punkt 7 der Tagesordnung erledigt werden könnte.
— Der Abgeordnete Stücklen ist doch da. — Sind Sie damit einverstanden, daß wir den Punkt 7 der Tagesordnung auch noch erledigen?
Ich rufe Punkt 7 auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaftspolitik über die Interpellation der Fraktion der FDP betreffend Remontage (Nrn. 2258, 1703 der Drucksachen).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Stücklen.
Es ist eine Aussprachezeit von 60 Minuten vorgesehen. — Bitte, Herr Abgeordneter!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage der Bereitstellung von Remontagekrediten ist vom Bundeswirtschaftsministerium schon seit längerer Zeit bearbeitet worden. Mit Schreiben vom 27. Februar 1950 hat der Herr Bundeswirtschaftsminister den Herrn Bundesfinanzminister gebeten, 150 Millionen DM für Remontage-Kreditzwecke in den Bundeshaushalt für das Rechnungsjahr 1950/51 aufzunehmen. Der Wirtschaftsauschuß des Bundesrates unterstützte diesen Antrag. Der Herr Bundesminister der Finanzen lehnte den Antrag jedoch mit dem Hinweis ab, ein entsprechender Betrag solle in das damals vorgesehene Wirtschaftsförderungsprogramm aufgenommen werden, das als Weiterführung des ersten Arbeitsbeschaffungsprogramms in Höhe von etwa 1 Milliarde DM gedacht war. Die Mittel dazu sollten durch Inanspruchnahme des Notenbankkredits aufgebracht werden. Das Wirtschaftsförderungs - Programm mußte aber zurückgestellt werden, weil infolge des Korea-Konflikts eine wesentliche Änderung der wirtschaftspolitischen Lage eintrat.
Als Ersatz für das Wirtschaftsförderungs-Programm wurde ein sogenanntes Engpaß-Programm in Höhe von 500 Millionen DM in Aussicht genommen. Die Mittel dafür sollten gleichfalls durch Inanspruchnahme des Notenbankkredits bereitgestellt werden. Das Programm sollte die Aufgabe haben, den dringendsten Investitionsbedarf der Grundstoffindustrien zu decken. Der Finanzausschuß des Bundesrates und der Ausschuß für Wirtschaftspolitik des Bundestages empfahlen, im Rahmen des Engpaß-Programms zunächst 50 Millionen DM für Remontagezwecke vorzusehen. Auch dieses Programm wurde nicht durchgeführt.
Die Bemühungen des Bundeswirtschaftsministeriums, den Demontagebetrieben aus ECA-Mitteln Kredite zukommen zu lassen, scheiterten hauptsächlich an den von der ECA-Mission getroffenen Bestimmungen. Kredite dieser Art kamen nur für Betriebe in Frage, die entweder ihr Produktionsprogramm auf Friedensfertigung umgestellt hatten oder die Investitionskredite nur für nicht Von der Demontage betroffene Betriebsteile oder Anlagen beanspruchten. Auch diejenigen Remontagebetriebe, die nie Kriegsindustrieerzeugnisse gefertigt hatten, konnten in diesen Plan nicht einbezogen werden. Diese Bedingungen wurden aber nur von einem geringen Teil der demontagegeschädigten Betriebe erfüllt.
Das Bundeswirtschaftsministerium sieht ebenso wie die Notgemeinschaft der reparationsgeschädigten Industrien die Remontage als die schnellste und billigste Maßnahme zur Produktionssteigerung, als die günstigste Form der Beschaffung von Dauerarbeitsplätzen und als eine nachhaltige Methode zur Rationalisierung der Demontagebetriebe zum Zwecke der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem Auslande an.
Auf Grund der Interpellation der Fraktion der FDP vom 13. Dezember 1950, Drucksache Nr. 1703, und in Anbetracht der anzuerkennenden Notwendigkeit der Bereitstellung von Mitteln für Remontagekredite hat der Bundesminister für Wirtschaft die Angelegenheit am 24. Januar 1951 zum Gegenstand einer Kabinettsvorlage gemacht. Das Kabinett hat daraufhin am 31. Januar 1951 beschlossen, der Herr Bundesminister der Finanzen möge den außerordentlichen Haushalt des Bundes mit dem Ziele überprüfen, durch etwaige Kürzungen bei anderen Positionen einen Betrag von 25 Millionen DM für den Wiederaufbau von demontagegeschädigten Unternehmen bereitzustellen und ferner 20 Millionen DM der verfügbaren Erlöse aus dem Verkauf von überzähligem Eigentum der amerikanischen Armee bei der Bank deutscher Lander für Remontage-Kreditzwecke nutzbar zu machen.
Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik hat am 22. Februar 1951 beschlossen, in seiner nächsten Sitzung über die von der Regierung zu gewährenden Remontagekredite zu beraten. Dazu sollte das Bundeswirtschaftsministerium eine Übersicht über die bisher beantragten Remontagekredite und die bisherigen Leistungen im Rahmen der Remontage seitens des Bundes und der Länder zur Verfügung zu stellen.
Seitens der Regierung wurde auf die Interpellation der FDP betreffend Remontage vor dem Ausschuß von dem Herrn Staatssekretär des Bundeswirtschaftsministeriums geantwortet, wobei er auch das vom Ausschuß erbetene Zahlenmaterial bekanntgab. Das Bundeswirtschaftsministerium wurde aufgefordert, schriftliche Unterlagen vorzulegen, aus denen hervorgeht:
a) welche Beträge für Remontagezwecke bisher gezahlt wurden,
b) welche Beträge beantragt wurden.
Die Aufstellung sollte aufgegliedert sein nach Ländern und Wirtschaftszweigen und sollte Angaben darüber enthalten, aus welchen Quellen die Mittel bereitgestellt wurden.
Mit Schreiben vom 18. April 1951 wies der Bundesminister für Wirtschaft erneut den Herrn Bundesminister der Finanzen nachdrücklich auf die Notwendigkeit eines Einsatzes von Haushaltmitteln für Remontagezwecke hin.
Sowohl der Herr Minister für Wirtschaft und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen als auch der Herr Bundesminister für Wirtschaft wiesen in der Folgezeit nochmals auf die Notwendigkeit der Einsetzung eines Betrages für Remontagekredite in den Haushaltsplan des Bundes für das Jahr 1951/52 hin. Da eine abschließende Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums zu dem Kabinettsbeschluß vom 30. Januar 1951 über die 45 Millionen DM Remontagekredite bis gegen Ende April noch nicht vorlag, hielt es das Bundeswirtschaftsministerium nicht für angezeigt, zu diesem Zeitpunkt bereits eine neue Kabinettsvorlage einzubringen.
In der Sitzung vom 11. Mai 1951 ist die Frage der Remontagekredite erneut im wirtschaftspolitischen Ausschuß behandelt worden. Das vom Bundeswirtschaftsministerium vorgelegte Material zeigte, daß sich bei 243 eingereichten Firmenanträgen der vorläufige Remontagekreditbedarf einschließlich der Grundstoffindustrien auf etwa 829 Millionen DM beläuft.
5820 Deutscher Bundestag — Í46. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Juni 1951
Mit Schreiben vom 25. April 1951 hat der Herr Bundesfinanzminister mitgeteilt, daß die Durchprüfung des außerordentlichen Haushalts 14950/51 gemäß Kabinettsbeschluß vom 30. Januar 1951 keine Ansatzpunkte für Abstriche zugunsten der Remontagekredite ergeben habe, so daß zur Zeit Haushaltmittel für den gedachten Zweck nicht zur Verfügung gestellt werden könnten. Der Nachtragshaushalt für 1951 werde die Bereitstellung weiterer erheblicher Haushaltmittel erfordern , deren Aufbringung größte Schwierigkeiten bereite. Für eine Finanzhilfe an die demontagegeschädigten Betriebe könnten daher auch im Rechnungsjahr 1951/52 hur die schon erwogenen Möglichkeiten — Bereitstellung von Mitteln aus dem Arbeitslosenstock, Bürgschaft des Bundes bzw. des betreffenden Landes — geprüft werden.
In Ausführung des Kabinettsbeschlusses vom 30. Januar 1951 ist durch den Herrn Bundesfinanzminister der Amerikanische Hohe Kommissar um die Genehmigung der Freigabe der STEG-Guthaben bei der Bank deutscher Länder gebeten worden. Das entsprechende Schreiben des Herrn Bundeskanzlers _an Mr. McCloy ist unter dem Datum des 5. März 1951 am 7. März 1951 abgesandt worden. Nach einer Auskunft des Sonderbeauftragten für die STEG im Bundeswirtschaftsministerium soll Mr. Mitchell von der Alliierten Hohen Kommission voraussichtlich in kürzester Frist die erbetene Freigabe verfügen. Sobald dies geschehen sein wird, wird durch Ankauf von Obligationen der IndustrieKreditbank AG ein Betrag von 20 Millionen DM für Remontagekredite zur Verfügung stehen.
Auf Grund des dargelegten Sachverhalts faßte der wirtschaftspolitische Ausschuß nach eingehender Beratung folgenden Beschluß:
Der Bundestag wolle beschließen:
1. Die Bundesregierung wird ersucht, bei allen Engpaßinvestitions-, Sanierungs- oder Exportförderungsprogrammen — —
Herr Abgeordneter, ich weiß nicht, ob das Haus besonderen Wert darauf legt, daß der vorliegende Antrag noch verlesen wird. Darf ich die Frage stellen?
Ich weise nur darauf hin, daß gegen den Punkt 2 e) dieses Beschlusses Einspruch erhoben worden ist, da er gegen die Bestimmungen des Soforthilfegesetzes verstoßen soll. — Alle vorgenannten Wege gemeinsam sicherzustellen, das ist der Beschluß des Ausschusses.
In Anbetracht der weittragenden wirtschaftspolitischen Bedeutung der Bereitstellung von Bundesmitteln für Remontagezwecke kann das Bundeswirtschaftsministerium von seiner Forderung, dafür 150 Millionen DM Remontagekredite in den außerordentlichen Haushalt des Bundes 1951/52 einzuplanen, nicht abgehen, und zwar aus folgenden Gründen:
Die bisherigen Erhebungen haben gezeigt, daß sich der Remontagekreditbedarf für die nächsten drei Jahre auf etwa 829 Millionen DM belaufen wird. Werden die Kreditanträge der Grundstoffindustrien aus den von der Industrie selbst aufzubringenden. Mitteln befriedigt, dann könnten von dem Gesamtbedarf etwa 514 Millionen DM in Abzug gebracht werden, so daß der Kreditbedarf für die eisen- und stahlverarbeitenden, exportintensiven Industrien sich dann nur auf etwa 315 Millionen DM belaufen würde. Als erste Rate wären dann etwa 50 %, d. h. also rund 150 Millionen DM erforderlich. Der Restbetrag könnte auf weitere zwei Jahresraten aufgeteilt werden. Ein Remontagekredit von 150 Millionen DM wäre daher eine Mindestforderung für diesen Haushalt. Mit Rücksicht auf den vorstehenden Sachverhalt wird das Bundeswirtschaftsministerium seinen Antrag auf Bereitstellung von Remontagekrediten im Haushalt 1951/52 des Bundes in Höhe von 150 Millionen DM wiederholen und ihn zum Gegenstand einer erneuten Kabinettsvorlage machen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Aussprache im Rahmen der vorgesehenen Aussprachezeit von 60 Minuten.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär des Finanzministeriums.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über die Notwendigkeit einer besonderen Berücksichtigung der Remontagen im Rahmen der gesamten wirtschaftlichen Planung besteht sicher keine Meinungsverschiedenheit. Worum es sich hier aber handelt, ist die Frage, inwieweit das Finanzministerium in der Lage ist — sei es aus dem Haushalt, sei es aus anderen Quellen —, diese Dinge zu fördern.
Ich darf im wesentlichen auf den Bericht des Herrn Abgeordneten Stücklen Bezug nehmen, der den Gang der Verhandlungen und die Stellungnahme der Ministerien in den letzten Monaten bereits ausführlich dargelegt hat. Aus der Beratung des Haushalts 1950, die eben vorgenommen wurde, ergibt sich — ohne ein Wort hinzuzufügen —, daß in diesem- Haushalt Mittel für diesen Zweck nicht bereitgestellt werden konnten. Was den Haushalt für 1951 betrifft, so durfte ich eben schon bei anderer Gelegenheit sagen, daß er in diesem Augenblick in Beratung im Bundeskabinett ist. Mehr kann ich dazu jetzt nicht sagen.
Es ist wohl klar: Nachdem auch eine Reihe anderer Posten voraussichtlich in den außerordentlichen Haushaltsplan verwiesen werden muß, wird es nicht leicht sein, für den wichtigen Zweck der Stützung der Remontagebetriebe zusätzliche Mittel nicht nur im außerordentlichen Haushalt zur Verfügung zu stellen, sondern die Einstellung in diesen Haushalt auch zu realisieren; denn das kann nur durch Anleiheaufnahme geschehen.
Außerhalb des Bundeshaushalts könnten Mittel durch STEG-Gelder gewonnen werden. Der Herr Berichterstatter hat schon bemerkt, daß bereits am 5. März ein Antrag dieses Inhalts über den Betrag 20 Millionen DM dem Herrn amerikanischen Hohen Kommissar zugeleitet worden ist. Eine Antwort ist bis zu diesem Augenblick noch nicht erteilt worden. Wir haben das Gefühl, der Herr Hohe Kommissar möchte gern nicht nur über den mit diesem Antrag nachgesuchten Betrag entscheiden, sondern über die gesamte Verwendung der STEG-Gelder in einem Zuge verfügen. Wir werden nochmals nachdrücklich um eine Entscheidung auf diesem Gebiet bitten, über das wohl allgemeine Übereinstimmung bestehen dürfte.
Was die Bürgschaftsübernahme betrifft, so ist zu sagen, daß das Bürgschaftsgesetz zur Zeit noch in Beratung in den zuständigen Ausschüssen des Hohen Hauses ist. Hier ist noch ein Spielraum von über 140 Millionen DM, der zur Gewährung von
Bürgschaften an zu remontierende Betriebe in geeigneten Fällen verwendet werden könnte. Hier scheint ein ziemlich weiter Rahmen für Bürgschaften möglich zu sein, selbstverständlich unter den Voraussetzungen des § 1 des Gesetzentwurfs.
Die Frage der Einplanung von Remontagevorhaben in die Freigabe von ERP-Gegenwertmitteln ist zunächst Sache des Marshallplan-Ministeriums. Bisher sind derartige Mittel, so scheint es, wohl grundsätzlich nicht eingesetzt worden. Aber da die Frage der Höhe und der Verwendung der Marshallplan-Mittel im Zuge ist, scheint es mir wichtig, daß auch dieser Punkt neu erörtert wird.
Die Lander haben in der Vergangenheit zum Teil eine nicht unbeträchtliche Finanzierungshilfe geleistet, und das Bundeswirtschaftsministerium, dessen Sache das ist, wird nicht verfehlen, bei den Ländern darauf hinzuwirken, nach Möglichkeit Mittel auch im Jahre 1951 zu gewähren.
Was die Möglichkeiten aus dem Soforthilfegesetz betrifft, so ist die Aufbauhilfe nach § 44 dieses Gesetzes eine Indnvidualhilfe, die aber für Flüchtlinge, Sachgeschädigte, politisch Verfolgte usw. bestimmt ist. Nach dem Gesetz sind also Leistungen an Demontagegeschädigte nicht möglich. Das Soforthilfegesetz sieht aber einen zusammengefaßten Einsatz von Mitteln in Form der Gemeinschaftshilfe nach § 46 vor. Ich möchte es nicht für ausgeschlossen halten, daß im Rahmen von wirtschaftlichen Vorhaben, die zur Schaffung von Arbeitsplätzen führen, die Flüchtlingen, Sachgeschädigten, politisch Verfolgten usw. zugute kommen, auch Remontagebetriebe berücksichtigt werden; diese müßten sich verpflichten, Arbeitsplätze für Geschädigte im Sinne des Soforthilfegesetzes zur Verfügung zu stellen. Ich möchte bemerken, daß hierüber der Präsident des Hauptamtes für Soforthilfe mit Zustimmung des bei ihm gebildeten Kontrollausschusses entscheidet. Dabei wird es sich wahrscheinlich um ziemlich erhebliche Mittel handeln müssen, wenn sie nutzvolle Wirkung im hier gedachten Sinne ausüben sollen. Ich darf aber auch darauf hinweisen, daß die Bundesregierung dem Präsidenten des Hauptamtes für Soforthilfe zwar allgemeine Richtlinien, aber kein Weisungen erteilen kann. Der Herr Bundesfinanzminister ist aber bereit, dem Präsidenten des Hauptamtes für Soforthilfe zu empfehlen, zu prüfen, ob und inwieweit er Mittel für Zwecke der Remontage zur Verfügung stellen kann.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Langsam ist die Auffassung Gemeingut dieses Hauses geworden, daß die schnellste und billigste Art der Beschaffung eines Arbeitsplatzes ein Wiederaufbau demontierter Betriebe ist.
Es ist langsam auch das Interesse für diese Dinge größer geworden; ja, ich möchte sagen, die Liebe zu den Demontierten hat sich hier allgemein verbreitet. Es besteht aber die außerordentliche Gefahr, daß diese Liebe sehr plantonisch bleibt,
wenn es sich darum handelt, zu zahlen. - Das hat jetzt mit dem Vergleich mit der Liebe nichts zu tun. Der ist etwas gefahrlich. Das weiß ich natürlich. — Wenn es sich darum handelt, zu zahlen, dann ist niemand mehr da, und es wird ein wenig Fangball zwischen den einzelnen Ministerien gespielt, immer in liebenswürdiger Art — Fangball ist überhaupt
etwas Liebenswürdiges —: Ja, wer kann? Wer soll?
Wer muß? „Muß" wird abgelehnt! „Wollen" wird
bestätigt; „Können": Ultra posse nemo obligatur.
Ja, meine Damen und Herren, nun hat uns der Herr Berichterstatter einen sehr ausführlichen und vollständigen Bericht über die Bemühungen des Ausschusses gegeben, und man merkt es ja auch dieser Drucksache Nr. 2258 an, daß der Ausschuß für Wirtschaftspolitik in sehr fleißiger Arbeit jede, ich möchte sagen, auch nur entfernteste Möglichkeit ausgeschöpft hat, um hier etwas Vollständiges hineinzubringen. Es kann kein Zweifel daran sein, daß uns im Augenblick nichts anderes übrig bleibt, als diesem Beschluß des Ausschusses zuzustimmen.
Aber kommen wir damit denn wirklich weiter? In Ziffer 2 Buchstabe d des Mündlichen Berichts heißt es: „Einwirkung auf die Länderregierungen mit dem Ziel der Bereitstellung von Haushaltsmitteln der Länder". Meine Herren, die Länder sind dem Bund ja mit gutem Beispiel vorangegangen und `haben etwas getan!
In Ziffer 2 Buchstabe b ist die Rede von der Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen und Bürgschaften. Ja, da muß doch erst einmal einer da sein, der die Kredite gibt; erst dann kommt es zu einer Bürgschaft!
Zur Frage der Soforthilfe: Der Herr Staatssekretär hat uns soeben auseinandergesetzt, daß daraus in absehbarer Zeit wahrscheinlich nichts wird. Ich möchte zu diesem Buchstaben e hinzufügen, Herr Staatssekretär, daß wir ja demnächst — hoffentlich sehr bald — die Soforthilfe durch den Lastenausgleich ablösen und daß vielleicht dann doch bei diesem Gesetz die Möglichkeit bestände, über den Lastenausgleich etwas für die Demontierten zu tun und nicht bloß wieder diese platonische Verweisung in den § 325 vorzunehmen, in diesen Sammelparagraphen, in dem diese Angelegenheit unter „Ferner liefen" fallen würde.
Ich mache weiter aa rauf aufmerksam, daß auch der § 7 a des Einkommensteuergesetzes, in den wir gestern gegen den Widerspruch des Bundesrats, aber mit Ihrer Zustimmung die Demontagegeschädigten aufgenommen haben, nur eine außerordentlich beschränkte Anwendung finden kann, denn es ist Voraussetzung, daß die Existenz oder die Erwerbsgrundlage des Unternehmens verloren und noch in keiner über einen ganz bescheidenen Anfang hinausgehenden Weise wiedergewonnen ist.
Das Ergebnis ist also leider so - vom außerordentlichen Haushalt möchte ich gar nicht reden; da bekomme ich bloß neuen Streit mit dem Bundesfinanzminister —, daß wir vor einer ziemlich trüben Bilanz und sogar vor trüben Hoffnungen stehen. Ich versuche nun, mich irgendwo anzukristallisieren. Da bleibt mir nur der Passus in Ziffer 1, worin von den Engpaßinvestitionsprogrammen die Rede ist. Da denke ich natürlich in erster Linie an die Investitionshilfe der deutschen Wirtschaft. Ich möchte der Diskussion nichts vorwegnehmen, die wir ja demnächst haben werden. Ich gehöre aber zu denen, die schon in der Presse haben verlauten lassen, daß es nicht richtig ist, sich hier ausschließlich auf Eisen und Kohlen zu beschränken. Ich kann es in diesem Sinne nur sehr begrüßen, daß im zweiten Teil der Ziffer .1 auch auf die Zulieferindustrien Bezug genommen wird. Gerade bei diesen Zulieferindustrien von Eisen und Kohle befinden sich in erheblichem Umfang demontierte Betriebe.
Ich möchte Sie also bitten, zu überlegen — ich werde darauf zurückkommen, wenn wir diese Investitionshilfe der deutschen Wirtschaft hier in Form eines Gesetzes zu sanktionieren und in die richtige Form zu bringen haben —, ob wir nicht dann den Kreis der zu Begünstigenden oder — besser ausgedrückt — derer, die aus dieser Investitionshilfe etwas bekommen sollen, auf die Zulieferindustrien erstrecken. Denn erst dann würden wir für die demontierten Betriebe etwas wirklich Maßgebliches leisten.
Meine Damen und Herren, Seien Sie mir nicht böse, wenn ich Ihnen das folgende sage. Der Herr Staatssekretär Hartmann hat von einem Kreditbetrag von 20 Millionen DM gegenüber Demontageschäden von 850 Millionen DM gesprochen. Wenn wir so anfangen, dann werden wir die demontierten Betriebe vor Eintritt von Ereignissen, die ich um Gottes willen nicht an die Wand malen will, wohl niemals wieder remontieren. Das ist kein Verfahren; und es ist eines solchen wirtschaftlich auf die äußerste Zweckmäßigkeit ausgerichteten Einsatzes auch nicht würdig, möchte ich hinzufügen. Denn wenn das ganze Haus — und damit komme ich zum Schluß und gleichzeitig auf den Ausgangspunkt zurück — der Meinung ist, daß die Remontagekredite die beste, die einfachste und die schnellste Art sind, Dauerarbeitsplätze zu schaffen, dann sollte es möglich sein, von der Investitionshilfe der deutschen Wirtschaft für diesen Zweck einen maßgeblichen Betrag abzuzweigen. Das möchte ich heute schon als Vorrede unserer Diskussion über die Verwendung dieser Investitionshilfe sehr nachdrücklich Ihrem Interesse und Ihrem Wohlwollen empfehlen.
Das Wort hat der Abgeordnete Schütz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Berichtersatter hat in seinem Bericht darauf hingewiesen, daß der Buchstabe e) der Ziffer 2 des gedruckt vorliegenden Mündlichen Berichts mit dem geltenden Gesetz in Widerspruch steht, und der Herr Staatssekretär Hartmann hat das noch näher ausgeführt. Ich beantrage deshalb, daß wir den Buchstaben e) streichen. Denn wir können nicht etwas beschließen, was wir auf Grund der geltenden gesetzlichen Bestimmungen nicht durchführen können. Wenn der Herr Staatssekretär Hartmann darauf verwiesen hat, daß eventuell die Möglichkeit bestünde, etwas unter dem Titel Gemeinschaftshilfe unterzubringen, so halten wir das, solange das geltende Gesetz noch in Kraft ist, kaum für möglich. Wenn wir auch nur annähernd die Wünsche erfüllen sollen, die an uns herangetragen sind — wir denken dabei ganz besonders an die Förderung des Wohnungsbaues zum Zwecke der Durchführung des in diesem Hause beschlossenen Flüchtlingsumsiedlungsgesetzes —, dann wird für den Titel Gemeinschaftshilfe kaum mehr etwas übrig bleiben. Ich bitte deshalb, wenn Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen, den Buchstaben e) zu streichen.
Herr Abgeordneter Dr. Leuchtgens hat sich zum Wort gemeldet. Ich mache darauf aufmerksam, daß sich von der gleichen Fraktion Herr Abgeordneter Walter gemeldet hat. Die Herren müssen sich also in die fünf Minuten teilen. Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Leuchtgens.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Darstellung des Berichterstatters über die vorliegende Angelegenheit und die weiteren Ausführungen zur Sache zeigen, daß die Angelegenheit für die Demontagegeschädigten eigentlich zur Zeit sehr trübe steht. Das kommt nach meiner Ansicht daher, daß das Finanzministerium die Dinge nicht so würdigt, wie sie eigentlich gewürdigt werden sollten. Mit der Hilfe für die Remontage ist eine Fülle von Aufgaben verbunden, um Arbeitsplätze zu schaffen und unsere Industrie wieder in vollem Umfange auf die Beine zu stellen. Diese Ziele sind so groß, daß sich das Finanzministerium in diesen Dingen nicht querstellen sollte.
Ich möchte, da meine Redezeit sehr kurz bemessen ist, nur betonen, daß das Finanzministerium für den außerordentlichen Etat des Jahres 1951/52 die erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen müßte. Ich könnte das im einzelnen ausführen, will es aber mit Rücksicht auf die mangelnde Zeit nicht tun. Alle anderen angeführten Möglichkeiten sind sehr schön, aber sie werden nicht zum Ziele führen. Einigermaßen sicher ist nur der Posten von 20 Millionen DM aus den STEG-Mitteln. Aber es sind, wie Sie gehört haben, 800 Millionen oder, wenn man mäßigere Grenzen zieht, mindestens 500 Millionen DM notwendig, um diese Angelegenheit wirklich gut zu regeln. Ich bitte also das Finanzministerium, seinen Standpunkt zu revidieren und sich mit dem Bundeswirtschaftsministerium, das in dieser Sache eine erfreuliche Einstellung hat, zu verständigen, damit im außerordentlichen Etat 1951/52 die erforderlichen Mittel für die Remontage im weiten Maße zur Verfügung gestellt werden.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Walter.
Meine Damen und Herren! Der sehr verehrte Herr Kollege Dr. Wellhausen betonte bereits, daß es nicht richtig sei, die Remontage nur auf Kohle und Eisen zu beschränken oder zu erwarten, daß durch die Remontage der Kohle- und Eisenindustrie alles in Ordnung sei. Ich möchte bei dieser Gelegenheit erneut darauf hinweisen, daß es für uns in erster Linie darauf ankommen muß, zu versuchen, die Zahlungsbilanz unseres Haushaltes zu verbessern. Dazu möchte ich bemerken, daß unsere Werften an der Wasserkante heute noch nicht im Besitz der erforderlichen Dockeinrichtungen, der notwendigen Schwimmdocks sind, um die gewünschten Reparaturen an ausländischen und deutschen Schiffen durchführen zu können. Die Mangellage unserer Werften ist zu verstehen. Sie waren zum größten Teil zerschlagen und sind gar nicht imstande, selbst die Mittel aufzubringen, die wir für den Bau unserer Schwimmdocks und der Dockanlagen benötigen. Ich bitte also darum, daß, wenn Mittel für die Remontage zur Verfügung gestellt werden, wir an der Wasserkante nicht vergessen werden und es unseren Werften ermöglicht wird, die Schwimmdocks zu bauen, die wir dringend nötig haben, damit wir die Reparaturen durchführen können, die uns erhebliche Devisenbeträge einbringen und die gleichzeitig einen beträchtlichen Teil unserer Arbeitslosen an der Wasserkante wieder in Arbeit bringen.
Das Wort hat noch einmal der Abgeordnete Dr. Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ganz kurz ein Wort zu den Ausführungen des Herrn Schütz. Der Herr Staatssekretär hat bereits die Zweifelhaftigkeit dieses Punktes hervorgehoben. Damit ist meines Erachtens alles geschehen, was nötig ist, und es wird sich ja dann aus dem Briefwechsel mit dem Präsidenten des Soforthilfeamtes herausstellen, ob es geht oder ob es nicht geht. Aber damit die Herren beruhigt werden und damit vor allem Herr Schütz wegen anderer Bedürfnisse keine Besorgnis haben muß, möchte ich bitten — und ich stelle diesen Antrag —, den Buchstaben e) stehenzulassen, aber am Schluß hinzuzufügen „beziehungsweise Einplanung in den kommenden Lastenausgleich". Ich bin mir klar darüber, daß auch das nur ein Wunsch sein kann. Aber mehr können wir — das habe ich ja versucht, ausführlich zu begründen — überhaupt nicht herbringen. Ich habe mich mit dem Herrn Staatssekretär verständigt; er hätte gegen diesen Zusatz keine Bedenken.
Ich verstehe es nicht mehr. Weitere Wortmeldungen liegen jedenfalls nicht vor; das steht fest. Damit schließe ich die Besprechung. Ich habe so verstanden, daß Herr Abgeordneter Schütz beantragt, Punkt 2 e des Berichtes zu streichen, und daß der Abgeordnete Dr. Wellhausen beantragt, dem Punkt 2 e nach einem Komma hinzuzufügen „bzw. Einplanung in den kommenden Lastenausgleich". Ist das richtig?
— Ich möchte mich über das Komma nicht streiten, das ist nachher eine Frage der Redaktion.
Ich darf zunächst über den Antrag Schütz, Punkt 2 e zu streichen, abstimmen lassen. Ich bitte
die Damen und Herren, die für die Streichung sind,
eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste ist die Mehrheit. Damit ist Punkt 2 e gestrichen und der Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Wellhausen sachlich erledigt.
Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses Drucksache Nr. 2258 unter Berücksichtigung der eben vorgenommenen Streichung von 2 e zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Gegen wenige Stimmen angenommen.
Meine Damen und Herren! Ich bin gebeten worden, vorzuschlagen — ich tue es hiermit —, auch Punkt 8 der Tagesordnung — Antrag der Fraktion der Bayernpartei betreffend Zuckerverteilung und Antrag der Abgeordneten Dr. Dr. Müller und Genossen betreffend Zuckerversorgung — heute noch zu erledigen mit Rücksicht auf die Tatsache, daß die Beerenernte zum großen Teil bevorsteht und die Sache dringlich ist. Ich nehme an, daß das Haus damit einverstanden ist.
Für die weitere Planung schlage ich Ihnen vor, wenn wir dazu kommen sollten, noch Punkt 9 zu erledigen.
Hinsichtlich der Punkte 10 a) und b) hat die kommunistische Fraktion gebeten, sie von der Tagesordnung abzusetzen. Falls wir noch die Möglichkeit haben, Punkt 10 c zu erledigen, würde das zweifellos vorteilhaft sein.
Wir kommen also zu Punkt 8 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Fraktion der Bayernpartei betreffend Zuckerverteilung ;
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Dr. Müller und Genossen betreffend Zuckerversorgung (Nr. 2240 der Drucksachen).
Der Ältestenrat schlägt für die Begründung eine Redezeit von je 5 Minuten und für die Aussprache eine Redezeit von 60 Minuten vor. Wer wünscht das Wort zu nehmen? — Den Antrag der Fraktion der Bayernpartei begründet Herr Abgeordneter Dr. Seelos. Bitte, Herr Abgeordneter!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundestag beschaftigt sich meistens mit sehr hochpolitischen, staatsrechtlichen und wirtschaftlichen Dingen. Auch auf der heutigen Tagesordnung finden Sie Fragen internationaler Art, wirtschaftlicher Art. Vielleicht ist der bescheidenste Punkt die Nr. 8 unserer Tagesordnung über die Zuckerversorgung. Aber draußen hat vielleicht dieser Punkt 8 über die Zuckerversorgung die größte Bedeutung bei den Millionen von Hausfrauen, die sich mit den täglichen Sorgen herumschlagen müssen. Alle erinnern wir uns, was das im vorigen Jahr für eine Kalamität war, als wir eine reiche Obst- und Beerenernte hatten und infolge Korea und aus anderen Gründen der Zucker ausging und wir viel kostbares Gut verlieren mußten. Es ist deshalb besser, in diesem Jahre vorzubeugen, insbesondere da wir wissen, daß seit einem Jahre die Zuckerkalamitäten nie aufgehört haben, mal in einem Teil des Bundesgebietes, mal in einem andern. Wir müssen dafür sorgen, daß unsere Obsternte ausgenützt wird, um damit auf diese billigste Art für die Familien, für die Hausfrauen, gerade für die minderbemittelte Bevölkerung die Speisekarte etwas zu erweitern und im Winter auch für die Kinder Vitamine zu haben.
Es genugt nicht, daß nur die Verwertungsbetriebe bedacht werden. Es muß gerade dafür gesorgt werden, daß den Hausfrauen dieser Zucker zukommt. Es genügt auch nicht, wenn die Regierung, wie wir durch die Presse erfahren haben, erklärt, daß der Zucker bereitgestellt werde, daß sie aber nicht garantieren könne, daß der Zucker auch in die Hände der Verbraucher komme. Wir dürfen hier nicht vor dem Schiebertum kapitulieren, sondern wir müssen von der Regierung verlangen, daß sie alles tut, damit für das Einmachen, für die Verwertung der Obsternte gesorgt ist.
Die Bayernpartei hat deshalb diesen Antrag gestellt, der später noch durch einen Antrag der Abgeordneten Dr. Dr. Müller und Genossen ergänzt wurde, welcher sich in ähnlicher Richtung bewegt. Wir bitten, unserem Antrag zuzustimmen bzw. ihn zunächst in den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu verweisen.
Meine Damen und Herren! Bevor ich das Wort an Herrn Dr. Müller weitergebe, möchte ich bekanntgeben, daß die für Freitag, den 1. Juni, 8 Uhr früh, anberaumte Sitzung des Unterausschusses Kunst verschoben werden mußte und jetzt um 11 Uhr im Zimmer 10 des Südflügels stattfindet. Ich hoffe, daß die Beteiligung eine weitere Verschiebung nicht nötig macht.
Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Müller zur Begründung Ihres Antrages!
Dr. Dr. Müller (CDU), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem der Herr Kollege Seelos auf die Notwendigkeit der Erhöhung der Zuckerration im Hinblick auf die Obsternte hingewiesen hat, darf ich mich kurz darauf beschränken, die Möglichkeiten hierfür zu erörtern. Nach der jetzigen Zuckerlage können wir bis zur neuen Ernte monatlich 88 000 bis 89 000 t verteilen, während der Bedarf durchschnittlich monatlich 120 000 t beträgt, aber nach den Feststellungen der Marktforschungswirtschaftsstelle z. B. im Monat Juni, wo die Beerenernte beginnt, 132 000 t, im Juli 168 000 t und im August 128 000 t. Dieser Zucker muß bereitgestellt werden, einmal an die Hausfrauen, dann aber auch, Herr Kollege Seelos, in ausreichendem Maße an die Konservenindustrie, die die anfallende Beerenernte aufnehmen muß,
im Sommer an die Getränkeindustrie, die Marmeladenindustrie und an die Kondensmilchindustrie. Deshalb haben wir beantragt, daß die Regierung prüfen soll, ob die sonst Zucker verarbeitende Industrie in der Zuckerverteilung für einige Monate gekürzt werden kann, um möglichst viel Zucker in die Haushaltungen hineinzupumpen.
Meine Damen und Herren! Wenn jetzt z. B. eine Mitteilung herausgekommen ist, die vorläufig vertraulich ist, daß wir die Lücke bis auf 65 000 t gefüllt haben, dann ist das sehr problematisch. Wir haben noch 24 500 t hereinbekommen, so daß immer noch 183 000 t fehlen. Wenn hier eine Aufstellung gegeben wird, was an Devisen zur Verfügung gestellt worden ist, und gesagt wird, daß die Lücke fast gefüllt werden kann, kann ich dazu nur sagen, daß die Vorratswirtschaft auch in diesem Punkt mit mehr tausend Tonnen „Wenn" belastet ist als mit effektiven Waren. Angesichts der Gesamtsituation können wir nur mit dem effektiv vorhandenen Zucker rechnen. Die Situation am. Weltmarkt ist so, daß wir überall in der Welt versuchen müssen, kleine Posten zusammenzukratzen, statt daß vorher das Problem großzügig gelöst worden wäre.
Ich bitte das Hohe Haus, dem von uns gestellten Antrag sofort zuzustimmen. Eine Ausschußberatung ist gar nicht notwendig. Die Situation ist für jeden, der sich damit beschäftigt, absolut klar, und es darf keine Zeit versäumt werden, auf die Regierung einen Druck auszuüben, daß sie in diesem Punkte einmal energisch wird und alles daran setzt, Zucker dort herzuholen, wo er herzuholen ist.
— Es ist gut, wenn auch das Haus sich daran beteiligt, Herr Kollege Schmid!
Ich eröffne die Aussprache über beide Anträge. Das Wort hat Frau Abgeordnete Keilhack.
Meine Herren und Damen! Ich wundere mich, daß eine Partei, die in ihren Reihen doch schließlich den Fachminister für die Fragen der Ernährung und Versorgung hat, hier einen Antrag über den Bundestag einbringt, anstatt zu versuchen, diese problematische Situation in direkter Rücksprache mit der Regierung zu meistern. Sie hätte es dann zweifellos viel schneller erledigen können, zumal der verantwortliche Vorsitzende des
Fachverbandes für Zuckerwirtschaft in der westdeutschen Bundesrepublik diesen Antrag unterschrieben hat
und über das Problem, das hier gestellt ist, ohne Zweifel bestens orientiert ist. Wenn daher von dieser Seite des Hauses ein derartiger Antrag über den Bundestag an die Regierung gestellt wird, dann kann ich das leider nicht anders als mit Spiegelfechterei bezeichnen bzw. darin nur einen Beschwichtigungs- und Ablenkungsversuch für die Konsumenten sehen, die in diesem Jahr bereits etwas früher als im Vorjahr die Zuckernot mit ihren Begleiterscheinungen von Schwarzhandel und Hortung zu spüren bekommen.
Meine Herren und Damen! Die Situation ist in diesem Jahr ungleich schwerer als im letzten Jahr, da der Zuckerverbrauch — wie auch Herr Dr. Müller bereits sagte — jetzt erst zu steigen beginnt, im Juli die Spitze erreicht und nach einem kleinen Absinken im August und September im Oktober wieder einen sehr hohen Stand erreichen wird. Im Juli z. B. liegt der Zuckerverbrauch um 60 % höher als im Monatsdurchschnitt des Jahres. Sie mögen daraus erkennen, welches Durcheinander und welche Not uns gerade in diesem Jahre wieder erwartet, wenn wir nicht einen ausreichenden Zuckerimport zusammen mit einer Freigabe der restlichen einheimischen Bestände sicherstellen. Sonst werden wir erleben — und das ist j a auch der ausgesprochene Grund für diese beiden Anträge —, daß die wertvolle Obsternte, die sowohl für den eigenen Verbrauch als auch in der gewerblichen Fabrikation für die Vorratshaltung, für die Sicherung und Verbilligung der Lebensmöglichkeiten weiter Kreise des deutschen Volkes unumgänglich nötig ist, nur schlecht oder gar überhaupt nicht verwertet wird. Diese Tatsache trifft natürlich wieder einmal die kleinen Leute besonders hart, die mit viel Aufwand an Kraft und Geld bei ihren bescheidenen Einkünften ihre Gärten bestellt haben und sich aus den dann eingemachten Vorräten für die Wintermonate eine etwas billigere Lebensmöglichkeit schaffen wollen.
Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, daß am 5. Januar dieses Jahres die Regierung ein Zuckerverkehrsgesetz bekommen hat, das den Sinn hatte, dieses so wichtige Grundnahrungsmittel in ausreichender Menge zu beschaffen und auch an den Verbraucher zu bringen. § 2 dieses Zuckergesetzes verpflichtet die Bundesregierung zur Aufstellung eines Versorgungsplanes, der festlegen soll, wie hoch die Einfuhren nach .Berücksichtigung der Inlandsversorgung, also des Ertrages aus der einheimischen Ernte, sein müssen. Es ist einwandfrei klar gewesen und schon sehr lange klar gewesen, daß wir bis zum Ende dieses Zuckerjahres, also bis zum 30. September, eine Einfuhr von schätzungsweise 550 000 bis 600 000 t Zucker benötigen. Das ist nur der theoretische Mindestbedarf, bei dem die Hortungs- und Hamstertendenzen, die wir im letzten Jahr auf diesem Gebiet in zunehmendem Maße zweifellos feststellen konnten, nicht berücksichtigt sind. Bis vor kurzer Zeit — über die neuesten Einfuhrmöglichkeiten der Regierung bin ich nicht im Bilde — fehlten noch 200 000 t Zucker; das hat auch der Fachverband der Zuckerwirtschaft bestätigt. Wenn man die heutige Unterversorgung kennt und in Betracht zieht, daß bis zum August, d. h. bis zum Ende der Haupteinmachzeit, normal 430 000 t gebraucht werden, dann kann man sich leicht ausrechnen, in welche Situation wir kommen werden.
Deutscher Bundestag —148. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Juni 1951 5825
Meine Herren und Damen! Der Abs. 1 des Antrages der Herren Abgeordneten Dr. Dr. Müller und Genossen besagt, daß für die genannten Monate der Zuckerverbrauch der Zucker verarbeitenden Industrie auf ein Mindestmaß herabgesetzt werden soll. Ich kann das nicht ganz verstehen. Denn das Memorandum der Zuckerwirtschaft, das auch Herr Dr. Müller unterzeichnet hat, sagt andererseits — ich darf das vielleicht vorlesen —:
Die Deckung dieses gewerblichen Bedarfs in den Sommermonaten ist jedoch volkswirtschaftlich genau so dringend wie die Deckung des Haushaltsbedarfs, weil das Schwergewicht des gewerblichen Zuckerverbrauchs in den Monaten Mai bis September in der Verarbeitung und Konservierung der deutschen Beeren- .und Obsternte, in der Fabrikation von Marmeladen, Obstkonserven und Obstsäften und in der Herstellung alkoholfreier erfrischender Getränke sowie in der Konservierung und Verwertung der deutschen Milchüberschüsse durch Kondensmilch und Speiseeis liegt.
Ich glaube, hierin liegt ein sehr großer Widerspruch.
Der gezeigte Ausweg ist praktisch auch gar kein Ausweg, sondern es bleibt nur die Alternative, mehr Zucker zu beschaffen. Wir halten auch die darin vorgeschlagenen Teilbewirtschaftungen — denn nichts anderes würde es in der Folge sein — für falsch und für den ersten Schritt zu erneuten Schwarzmarktaufkäufen und erhöhten Zuckerpreisen durch die Aufkäufe aus zweiter Hand. Wir kennen ja diese Praktiken allmählich. Letzten Endes wird das zu nichts anderem führen als zu einer absoluten Verstopfung der Kaufmöglichkeiten für den unbemittelten Verbraucher. Es kann also nach unserer Meinung nichts anderes gefordert und betrieben werden als eine absolut sichere Deckung des Zuckerbedarfs, der nun einmal eindeutig feststeht. Es gibt nur eine völlige Freigabe oder eine völlige Bewirtschaftung. Da Sie sich nun einmal für die völlige Freigabe entschieden haben, die wir absolut begrüßen, ist es ganz klar, daß diese Freigabe nicht zu einer Freigabe für bestimmte Verbrauchergruppen werden darf, die eben entsprechende Beziehungen haben und zu höheren Preisen kaufen können. Mit der Freigabe, die Sie vorgenommen haben, verband sich für Sie eine absolute Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß auch die Nachfrage. völlig befriedigt werden kann, d. h. außer der Förderung der einheimischen Zuckerrübenerzeugung die Bereitstellung von Devisen für den ausreichenden Import zu veranlassen. Was ist jedoch geschehen? Der Bundesernährungsminister — _das sei hier einmal oder noch' einmal festgestellt — hat zu wenig und ,zu spät Devisen erhalten. Vielleicht darf ich einmal auf das Beispiel des vorigen Jahres hinweisen, in dem durch Ankündigung ides Herrn Bundesfinanzministers betreffend den Subventionsfortfall, eine Stockung, und zwar die erste Stockung, in der Zuckerlenkung eingetreten ist. Der Herr Bundesfinanzminister mußte sich davon überzeugen, daß es so nicht geht. Er mußte später doch Devisen bereitstellen und hat das getan, und zwar für 6,3 Millionen DM mehr, die er dann für die gleiche Zuckermenge anwenden mußte.
Meine Damen und Herren! Die chronische Devisenknappheit ist doch letzten Endes die Ursache all der Engen, die sich besonders auf dem Zuckergebiet so drastisch und deutlich ausgewirkt haben.
Sie ist eine Folge der gesamten Wirtschaftspolitik, die sich mit dem Devisenstopp und all den anderen Dingen, die ich hier nicht weiter ausführen will, auch auf diesem Gebiet ausgewirkt hat. Dazu kommt das ganz besondere Geschick der Bundesregierung, durch periodische Publikationen von Zuckerpreiserhöhungen den Erzeuger und den Handel zur Zurückhaltung von Ablieferungen anzureizen — das ist ganz selbstverständlich — und die Käufer, soweit sie es überhaupt nur irgendwie ermöglichen können, zu Vorratskäufen zu ermuntern. Schließlich sind wir in Deutschland ja gerade während langer Jahre sehr geschult, auf feinste Stockungen im Wirtschaftsablauf sehr deutlich zu reagieren. Abermals liest man in der Zeitung von Preiserhöhungsabsichten des Herrn Bundesfinanzministers für Zucker, und zwar von 1,14 DM pro Kilo auf 1,40 DM pro Kilo, nachdem man eine ähnliche Ankündigung vor etwa zwei Monaten inzwischen fallengelassen hat. Ich frage Sie: Was bezweckt man eigentlich mit diesen Ankündigungen? Will man mit der jetzt wieder vorgesehenen Preiserhöhung die Vorräte aus den Lägern und Fabriken holen? Es mögen vielleicht noch einige 1000 t da sein; eine entscheidende Versorgungserleichterung bedeuten sie nicht, auch wenn es einige 1000 t sind. Aber alles das bedeutet eine Belohnung für die Schicht, die mit ihrer Zurückhaltung des Zuckers wieder einmal richtig spekuliert hat und einen Aufpreis erhalten wird, den sie auf andere Weise nicht bekommen würde.
Diese Maßnahme findet ihre Parallele in der derzeitigen Getreidepreiserhöhung, die auch mit einer solchen oder ähnlichen Begründung vorgenommen wurde und mit einem Erfolg der Spekulanten sowie mit einer Bestrafung der ehrlich abliefernden Bauern ohne jeden praktischen Effekt für den Getreidemarkt geendet hat. Oder will man vielleicht, wie bei der Drucksache Nr. 2107, die in der 138. Sitzung durch den Bundestag gegangen ist - es sind die gleichen Antragsteller wie die des heute gestellten Antrages betreffend Zucker —, mit einer solchen Preiserhöhung die Subventionen für dieses wichtige Grundnahrungsmittel in Fortfall kommen lassen? Oder will man diesen Weg gar gehen, um Zuckerfabriken zu bauen, die nun praktisch der Zuckerverbraucher finanziert und die bisher nicht finanziert werden konnten wegen der Mangelhaftigkeit und der allgemeinen Planlosigkeit der Regierung in der Investitionspolitik, die auch für diese wichtige Aufgabe keine Mittel bereitgestellt hat, indem man sich lediglich auf Marshallplanmittel verließ.
Wir als Sozialdemokraten protestieren jedenfalls ganz energisch gegen diesen neuen Angriff auf die Lebenshaltung des kleinen Mannes, der der Regierung mit 151/4 Pfennig pro Pfund Zuckersteuer ja wahrhaftig schon seinen Obolus entrichtet. Wir fordern die Bundesregierung eindeutig und zu wiederholten Malen auf, dafür zu sorgen, daß die durch ihre Dispositionslosigkeit in der Außenhandelspolitik zu klein gewordenen Zuckermengen schnellstens aufgefüllt werden. Reden Sie nicht von zu hohem Verbrauch, wie das in den letzten Wochen sehr gern und sehr oft geschehen ist! Wir haben den Friedensstand im Zuckerverbrauch in Deutschland noch nicht erreicht. Durch eine Verlagerung der Verzehrgewohnheiten im allgemeinen ist in der ganzen Welt ein höherer Zuckerverbrauch zu beobachten, den wir allein in Deutschland auch nicht abwenden können. Außerdem ist es klar, daß der Zuckerverbrauch in einer direkten
Relation zum Fett- und Fleischverbrauch steht, der in Deutschland bekanntlich noch lange nicht den Normalstand erreicht hat und der auch durch die Lohn- und Preispolitik der Regierung zweifellos in den nächsten Monaten noch sinken wird. Halten Sie deshalb keine Moralpredigten für niedrigeren Zuckerverbrauch! In Moralpredigten hat sich Herr Minister Erhard auf seinem Gebiet, wie Sie zugeben werden, ohne den geringsten Erfolg versucht. Ihre freie Marktwirtschaft legt dem Verbraucher durch die verbrauchsfeindliche Preispolitik so viele Opfer auf, daß es eine Forderung von Recht und Billigkeit ist, die Versorgung mit diesem wichtigen Grundnahrungsmittel, dem Zucker, auf jeden Fall sicherzustellen. Dafür trägt die Bundesregierung die volle Verantwortung.
Wir sind selbstverständlich damit einverstanden, daß der Antrag Nr. 2240 sofort angenommen wird, sehen ihn aber von uns aus als einen Mindestantrag an.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Strohbach.
Herr Präsident! Meine Herren und meine Damen! Ich finde es sehr erfreulich, daß der Bundestag sich in diesem Jahr mit der Frage der Zuckerversorgung befaßt, ehe es so weit ist, daß draußen die Obst- und Beerenernte umkommen muß. Nach Ansicht meiner Fraktion gehen jedoch die vorliegenden Anträge an dem Kern des Problems weit vorbei. Ich meine, daß sie höchstens dazu angetan sein können, in der Bevölkerung falsche Hoffnungen zu erwecken. Denn mit dem, was hier beantragt ist, werden wir aller Voraussicht nach der Zuckerknappheit nicht Herr werden können.
Es gibt begründeten Anlaß zu 'dieser Befürchtung. Die Pressemitteilungen der Bundesregierung vom 11. April dieses Jahres beispielsweise haben davon gesprochen, daß der Groß- und Einzelhandel mit Zucker aus der Ernte 1950 in großem Umfang eingedeckt sei und daß eine Veränderung des Zuckerpreises deshalb nicht bevorstehe. Tatsächlich hat aber die Presse bereits darüber berichtet, daß der Zuckerpreis neuerlich in die Höhe gehen soll, wie meine Vorrednerin bereits ausgeführt hat. Man soll sich also nicht darüber wundern, daß die Vertrauensseligkeit der Bevölkerung in die Mitteilungen der Regierung sehr stark eingeschränkt wird, wenn immer wieder solche Widersprüche zwischen Reden und Tatsachen festgestellt werden.
Der Antrag der Abgeordneten Müller und Genossen schlägt vor, die Zuckerzuweisungen an die zuckerverarbeitende Industrie herabzusetzen. Man soll sich doch darüber klar sein, welche Folgen das haben würde. Zunächst würde es wahrscheinlich die Folge haben, daß eine große Anzahl von Arbeitern und Arbeiterinnen in der 'zuckerverarbeitenden Industrie kurzarbeiten oder überhaupt aussetzen müßten. Wir sind der Meinung, daß man ein Loch nicht stopfen sollte, indem man irgendwo ein anderes aufreißt. Damit ist nicht wirklich geholfen, damit sind die Probleme nur verlagert.
Derselbe Antrag schlägt weiter vor, ausreichende Devisen zu beschaffen, um Zucker einzukaufen. Meine Herren und Damen, Sie wissen alle so gut wie wir, daß die Frage der Bereitstellung von Devisen in starkem Maße von der Beantwortung der
Frage abhängt, inwieweit der Verbrauch dieser Devisen den „militärischen Notwendigkeiten" entspricht.
Dazu gehört leider der Zuckerbedarf der Zivilbevölkerung nicht. Und da der Standpunkt der Hohen Kommission in dieser Frage leider auch der Standpunkt der Bundesregierung ist, darf doch der Wille zur Bereitstellung von Devisen gar nicht vorausgesetzt werden.
Was ist zu tun? Meine Vorrednerin hat bereits festgestellt: Zuckerbeschaffung ist das einzig mögliche, was der Misere in diesem Jahr, die sich schon überall deutlich abzeichnet, abhelfen könnte. Das .,Handelsblatt" vom 27. Oktober vorigen Jahres hatte mitgeteilt, daß aus Polen, ,der Tschechoslowakei und auch aus der Deutschen Demokratischen Republik Zuckerangebote an Westdeutschland vorliegen. Nach den Mitteilungen der Bundesregierung an die Presse vom 9. Mai 1951 ist die Zerreißung Deutschlands wesentlich mit schuld an den Zuständen, die auf dem Gebiet der Zuckerversorgung vorhanden sind. Es liegt in Ihrer Hand, durch das längst angebotene gesamtdeutsche Gespräch dieses Hindernis wegzuräumen und so die natürlichste Lösung der Schwierigkeiten auch in der Frage der Zuckerbeschaffung herbeizuführen.
Wir schlagen vor, die Regierung zu beauftragen, daß sie diese Möglichkeiten gründlich ausschöpft. Wir sind fest überzeugt, daß damit die Zuckersorgen in diesem Sommer auf die bestmögliche Weise beseitigt werden könnten.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Horlacher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte meiner Vorrednerin, die ja sehr zahm und gemäßigt aufgetreten ist,
eine Kleinigkeit mit auf den Weg geben. Sie soll dafür sorgen, daß in der Ostzone weniger Volkspolizei aufgestellt wird und daß der Zuckeraustausch zwischen Ost und West hergestellt wird — dieser Austausch . war früher natürlich, und das wäre auch heute eine natürliche Verbindung —, damit wir praktisch hier einmal etwas sehen und nicht immer die Kritik an den Verhältnissen bei uns hören. Derjenige, dem es bei uns nicht gefällt und der meint, unbedingt der Linie folgen zu müssen, hat ja die Wahl, dort hinüberzugehen und drüben Ideen zu vertreten, die er für notwendig erachtet.
Aber jetzt zur Sache. Der Herr Bundesernährungsminister hat Glück gehabt, daß er jetzt erschienen ist. Denn ich hatte die Absicht, eine Unterbrechung der Sitzung zu beantragen, weil ich als Demokrat — nicht als Angehöriger der CDU/CSU, sondern als Demokrat — der Meinung bin, daß die Regierung hierher gehört, wenn so wichtige Dinge besprochen werden. Er ist also jetzt gekommen. Ich bin zufrieden, die Sache ist erledigt.
— Ich kann nicht hören, was Sie da hinten sagen, Herr Kollege Renner.
— Das ist eine Frage für sich, Herr Kollege Renner. Ich glaube, der Herr Minister ist dahergerennt, weil er uns auch einige erfreuliche Mitteilungen machen kann. Vielleicht sind Sie dann mit den Verhältnissen zufrieden.
Lassen Sie mich zur Zuckerversorgung etwas ganz Allgemeines sagen. Wenn es nach dem gegangen wäre, was hier im Plenum und in den Ausschüssen schon alles über die Zuckerversorgung gesagt worden ist, dann hätten wir bereits im Monat Januar keinen Zucker mehr gehabt. Wir sind trotz allem über die Schwierigkeiten hinweggekommen. Ich vertrete auch auf diesem Gebiet den Standpunkt, man sollte die Dinge nicht so schwarz malen, weil sonst andere Leute immer den Nutzen daraus ziehen, sondern sollte dafür sorgen, daß die Versorgung einigermaßen in Ordnung bleibt. Gerade der Zucker ist das allerempfindlichste. Wenn irgendwo außenpolitische oder sonstige Störungen eintreten, — immer ist .die Bevölkerung leicht geneigt, eine Vorversorgung mit Zucker vorzunehmen, und damit wird die Versorgung der Bevölkerung gestört. Da möchte ich der Regierung eines sagen: Wenn auf manchem Gebiet eine Veränderung der Preise notwendig ist, was sich wegen der Verhältnisse auf dem Weltmarkt oft nicht vermeiden läßt — denn auch im Zucker sind wir vom Ausland abhängig —, dann soll man solche Preisveränderungen nicht vorher ankündigen und hintennach auf dem Gebiet doch nichts tun; denn dann zieht die ganze Bevölkerung und ziehen insbesondere die schlechten Elemente, auch in der kaufmännischen Welt, den Schluß daraus, mit der Ware zurückzuhalten, bis eine Entscheidung der Regierung erfolgt ist. Monatelang ist der Markt dadurch beunruhigt worden. Da habe ich also die Bitte, daß solche Entscheidungen, wenn sie notwendig sind, rasch getroffen werden, damit hier keine Störung des Marktes eintritt.
Nun kommt die Zuckerindustrie. Meine verehrten Damen und Herren, ich bin gezwungen, hier auch für meinen Wahlkreis zu sorgen. Ich habe in meinem Wahlkreis zwei große Fabriken der Süßwarenindustrie und sogar Flüchtlingsbetriebe.
— Ja, die helfen sich selber. Sie haben da vollkommen recht, Herr Kollege Wellhausen. Aber da habe ich die Bitte, daß der Standpunkt, der von der Zuckerindustrie in der Frage der Einschränkung der Zuckermengen vertreten wird, im Ausschuß noch einmal erörtert werden möchte und daß im Ausschuß auch manche Mitteilungen, insbesondere über die Zuckerversorgung gemacht werden, weil wir ja sonst die Verhältnisse nicht so darlegen können, wie es wünschenswert ist. Ich halte es für notwendig, daß in der nächsten Sitzung des Ernährungsausschusses — die Angelegenheit muß so rasch wie möglich abgeschlossen werden - die Frage noch einmal dargelegt und dann so schnell wie möglich, nämlich in der nächsten Vollsitzung, erledigt wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Tobaben.
Herr Präsident! meine Damen und Herren! Es gibt bei uns zu Lande ein Sprichwort, das sagt: Der Knüppel liegt immer beim Hund. Dieses Sprichwort trifft, glaube ich, besonders zu, wenn wir uns hier über die Frage der Zuckerversorgung unterhalten. Diese Frage wird ja hier und in den Ausschüssen nicht zum erstenmal besprochen. Ich kann mich deswegen sehr kurz fassen.
Herr Kollege Dr. Müller hat einige Zahlen genannt und die Lücke aufgezeigt, mit der wir rechnen müssen. Gleichzeitig hat er aber auch darauf hingewiesen, wie ungeheuer groß die Schwierigkeiten sind, zusätzlichen Zucker auf dem Weltmarkt zu beschaffen. Abs. 3 des Antrages Drucksache Nr. 2240 zeigt auch einen anderen Ausweg, nämlich den, die Zuckerzuteilungen für die zuckerverarbeitende Industrie in den Sommermonaten auf ein Mindestmaß einzuschränken. Ich glaube, daß gerade unsere minderbemittelte Bevölkerung sich sowieso nicht viel Schokolade, Pralinen und dergleichen kaufen kann, daß sie aber den Mundzucker braucht, um die Beeren- und Obsternte zu verwerten. Wir dürfen nicht wieder erleben, daß, wie im vergangenen Jahre, im Alten Land -zigtausend Zentner Pflaumen einfach nicht verwertet werden können, weil der Zucker fehlt. Ich meine, daß eine Verwertung der Obsternte wichtiger ist, als daß alle möglichen Erzeugnisse der Schokoladenindustrie zu einem annehmbaren Preis zu erhalten sind.
Wir müssen uns aber, wenn wir die Dinge einmal so sehen, wie wir sie erlebt haben - und so werden sie wiederkommen —, von vornherein schon darüber klarsein; In dem Augenblick, in dem die Regierung den hier vorgeschlagenen Weg beschreitet, wird von seiten der Industrie ganz bestimmt ein Trommelfeuer eröffnet werden. Sie wird sich an uns wenden und uns auffordern, diesen Schritt der Regierung schnellstens wieder zu bremsen. Das haben wir in der Vergangenheit schon einmal erlebt. Ich habe darum die Bitte, daß die Regierung, wenn sie den in diesem Antrag vorgeschlagenen Weg geht, der meines Erachtens außer der Bewirtschaftung der einzige Weg ist, um den Mundzuckerbedarf im nächsten Jahre zu sichern, dann nicht von denen beschossen wird, die ihr heute dazu den Auftrag geben.
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Abgeordnete Dr. Horlacher hat mir wegen Nichtanwesenheit einen bedingten Verweis erteilt. Ich habe zwei Entschuldigungen: einmal tagt zur Zeit das Kabinett, zum andern war heute morgen die Aussprache über diesen Antrag betreffend die Zuckerversorgung nicht vorgesehen. Wenn ich jetzt das Wort ergreife, so nicht nur, weil ich Appell habe, sondern auch deswegen, weil die Vorrednerinnen verschiedene Behauptungen aufgestellt haben, die nicht unwidersprochen bleiben dürfen.
Frau Abgeordnete Strohbach meinte: In welchem süßen Paradies würden wir leben, wenn die vier Zonen einig wären! Ich gebe ohne weiteres zu, daß natürlich die Zuckerkraft der sowjetisch besetzten Zone ungeheuer ist. Ich brauche ja nur das eine
Wort „Magdeburger Börde" in die Debatte zu werfen. Aber, Frau Abgeordnete Strohbach, ich muß Ihnen doch etwas sagen: Es ist ein Wahn, zu glauben, daß die deutsche Bevölkerung dann auch nur ein Gramm mehr bekäme. Unerhörte Mengen Zucker sind von den Russen in den vergangenen Jahren aus der sowjetisch besetzten Zone nach Rußland verschleppt worden.
- Herr Abgeordneter Renner, die Zuckerrationen in der sowjetisch besetzten Zone sind viel geringer, als sie bei uns in der Zwangswirtschaft waren!
Dann wurde gesprochen von den undurchsichtigen Preisverhältnissen.
— Ich komme gleich, Sie werden sofort bedient!
— Aber ich muß auf derartige unglaubliche Behauptungen reagieren!
Dann wurden wir wegen des inländischen Zuckerpreises getadelt. Meine Damen und Herren, da steht mir der Verstand still. Es wurde davon gesprochen, daß der Preis vom 1. April ab erhöht worden sei. Ja, Frau Abgeordnete Strohbach, ist Ihnen denn nicht bekannt, daß der inländische Zuckerpreis in Kleinabgabe nach wie vor 57 Pfennig beträgt? Das ist die billigste Art für die Verbraucher, Kalorien zu erwerben. Es kostete und kostet den Bund sehr erhebliche Subventionsmittel, um trotz der bedeutend gestiegenen Zuckerpreise auf dem Weltmarkt diesen Verbraucherpreis bis zum heutigen Tage zu halten.
Ich wollte eigentlich erst nach der wahrscheinlich recht eingehenden Behandlung des Antrags Dr. Müller im Ausschuß dem Hohen Hause einen Bericht über die Zuckerlage erstatten. Ich bin aber doch verpflichtet, vorweg ganz kurz etwas dazu zu sagen. Unsere Zuckerbilanz schließt mit 1,5 Millionen t ab. Frau Abgeordnete Keilhack, ich verstehe Sie einfach nicht, wenn Sie davon sprechen, daß der deutsche Verbrauch darin zu niedrig angesetzt wäre. Wir haben in diese Bilanz einen Verbrauch in Deutschland pro Jahr und Kopf von 28 kg eingesetzt. Das ist mehr, als das deutsche Volk jemals gegessen hat. Nebenbei bemerkt: mir ist zufällig in der Bibliothek meines verstorbenen Vaters eine Statistik aus dem Jahre 1873 in die Hände gefallen, aus der hervorgeht, daß unsere Eltern damals pro Kopf und Jahr 7 kg gegessen haben. Das will ich nun nicht als Maßstab nehmen. Ich bin auch nicht so altmodisch, gnädige Frau - entgegen Ihrem Zusammenschlagen der Hände muß ich das betonen —, heute noch zu sagen: Kinder, Kinder, eßt keinen Zucker, davon bekommt ihr schlechte Zähne! — Wir wissen doch längst, daß Zucker nicht mehr Genuß-, sondern Nahrungsmittel in des Wortes wahrster Bedeutung ist. Daher diese Bilanz mit den hohen Ziffern für den Bedarf, den zu befriedigen uns wirklich am Herzen liegt.
Es ist doch — und darauf kann die Agrarpolitik stolz sein — durch die vom Wirtschaftsrat seinerzeit beschlossene, vom Bundestag dann bestätigte Senkung der Zuckersteuer von 40 auf 30.50 DM erreicht worden, daß wir entsprechende Preise an
die Zuckerrübenbauern zahlen konnten — 5 DM —, und dadurch ist es wiederum gelungen, eine Vergrößerung der Anbaufläche von Jahr zu Jahr zu erwirken. Sie ist von 148 000 ha im Jahre 1949 auf 183 000 ha im Jahre 1950 gestiegen, und nach den uns vorliegenden Berichten haben wir die überaus erfreuliche Tatsache zu verzeichnen, daß in der Zuckerrübenanbauperiode, die jetzt begonnen hat, die deutsche Anbaufläche auf mindestens 210 000 ha gestiegen ist. Das sind aber nur die Vertragsflächen; was sonst noch dazu kommt, ist noch nicht erhoben. Das ist doch ein Fortschritt! Wir konnten gegenüber den 554 000 t Weißzucker aus der inländischen Ernte im Jahre 1949, auf 915 000 t im Jahre 1.950 durch eine Erweiterung der Anbauflächen und durch eine unerhörte, bisher nie dagewesene Ernte von 365 Doppelzentnern je Hektar kommen. Das sind doch Positiva, die man 'auch einmal, wenn man von diesen Dingen objektiv spricht, in Rechnung stellen muß.
Es ist doch auch nicht nur die starke Verbesserung der Zuckersituation. Der Zuckerrübenanbau, ist — das wird jeder Sachverständige bestätigen — ein Barometer für die gesamte Landeskultur; denn es gibt keine bessere Vorfrucht als die Zuckerrübe. Ich habe als Bauer nie einen größeren Weizenertrag gehabt als in den Fällen, wo ich mit Weizen nach Rüben kam.
Richtig ist, daß der Bedarf der zuckerverarbeitenden Industrie immer größer und größer wurde. Die 1,5 Millionen t Zucker der Gesamtbilanz, von denen ich sprach, haben sich zeitweise mit 800 000 t auf Konsum- und mit 600 000 t auf Industriezucker verteilt. Wir sind daran, eine allzu starke Verwendung von Zucker in der Industrie einzuschränken. Aber bitte, das ist auch nicht ohne weiteres durch eine Verordnung zu machen; denn es hängen 28 Wirtschaftszweige daran, die in stärkerem oder geringerem Maß Zucker verbrauchen. Dabei ist die Schokolade, die man immer als Paradigma, als Beispiel heranzieht, gar nicht der ausschlaggebende Teil. Wir brauchen dafür 10 %. Aber wir brauchen auch für andere Dinge größere Mengen. Wir brauchen 15 000 t für den Wein, wir brauchen für den Tabak, für alle möglichen Sachen Zucker. Wir wollen, um die Zuckerversorgung des Konsumenten in den jetzt kommenden Monaten des Einmachen sicherzustellen, die Zuteilungen an die zuckerverarbeitende Industrie in den nächsten Monaten beschränken, wobei ich auch wiederum zu berücksichtigen bitte, daß das sehr leicht gesagt und sehr schwer getan ist. Denn es kommt die- Zeit für die Marmeladeherstellung. Man sprach vorher von dem Verderben der Früchte. Wenn wir das verhindern wollen, müssen wir den Fabriken Zucker geben. Auch die Mineralwassererzeugung ist bei uns ein erheblicher Kostgänger. Wir können doch in den heißen Monaten nicht durch Streichung der Zuckerkontingente die Mineralwasserfabrikation stillegen.
Ich darf Ihnen folgende Ziffern geben: In dem jetzt laufenden Zuckerwirtschaftsjahr, das bekanntlich vom 1. Oktober bis zum 30. September geht, haben wir bis zum 31. Mai 1951 927 000 t freigegeben, davon in den Monaten Oktober bis Dezember 1950 445 000 t, im Januar und Februar je 113 000 t, im März 96 000 t und in den Monaten April und Mai im Durchschnitt 80 000 t je Monat. Im Durchschnitt von 8 Monaten bedeutet dies 116 000 t pro Monat. Aus der deutschen Erzeugung und aus Importen können wir, so wie die Dinge momentan liegen, 1 368 000 t für das Zuckerwirtschaftsjahr als ge-
sichert betrachten, so daß — und das möchte ich insbesondere den beiden Hausfrauen sagen, die vorher sprachen — ab 1. Juni 1951 insgesamt noch 441 000 t zur Verfügung stehen. Das würde bedeuten, daß für die Zeit vom 1. Juni bis 30. September dieses Jahres pro Monat rund 110 000 t Zucker freigegeben werden können, oder aber — aufgegliedert — in den Monaten Juli, August je 120 000 t und im Juni und September — wenn die Einmachzeit anläuft bzw. zu Ende geht — je 100 000 t.
Es ist mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, daß darüber hinaus aus europäischen Ländern 50 000 t neu hinzu erworben werden können. Ferner besteht die Möglichkeit, daß noch weitere Mengen in Höhe von etwa 29 000 t bezogen werden können. Wenn diese Mengen rechtzeitig eintreffen, so könnten für die Monate Juli und August als die Hauptverbrauchsmonate je 30 000 t noch zugelegt werden, so daß in den Monaten Juli und August je 150 000 t an die Bevölkerung und in den Monaten Juni und September je 110 000 t an die Bevölkerung ausgegeben werden könnten. Damit dürfte der Mehrbedarf der Bevölkerung in den Sommermonaten annähernd gedeckt werden können. Die letztgenannten Ziffern — das darf ich noch einmal unterstreichen — sind möglicherweise zu erreichen, die vorher von mir genannten sind tatsächlich erreichte, denn die Zuckervorräte sind in unseren Händen.
Die Zuckerfrage ist eine politische geworden, und zwar deswegen, weil der Zucker eben heute bis zu einem gewissen Grade natürlich weiße Devise ist. Zucker kann unter verhältnismäßig einfachen Bedingungen aufbewahrt werden; Zucker ist billig — das sage ich noch einmal —, und infolgedessen ist es das verständliche Bestreben der Bevölkerung, den Zuckerbedarf nach Möglichkeit zu decken. Der Kampf zwischen dem Löwen und dem Leoparden — also zwischen dem Konsum- und dem Industriezucker — erschwert die Situation. 60 000 Arbeiter, glaube ich, sind, wenn ich die Zahl richtig im Kopfe habe, in der Süßwarenindustrie beschäftigt, deren weitere Verdienstmöglichkeit natürlich auch in Rechnung gestellt werden muß. Ich glaube aber, ich werde wohl bei allen Mitgliedern des Hauses Zustimmung finden, wenn ich sage: Kommt es zum Konflikt zwischen dem Konsum- und dem Industriezucker, dann müssen wir in allererster Linie dafür besorgt sein, daß die breiten Schichten der Bevölkerung dieses gesunde und billige nicht Genuß-, sondern Nahrungsmittel zur Verfügung haben.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Horlacher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine ganz kurze Bemerkung. Nach den Ausführungen, die uns der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gemacht hat, ist die Sache soweit geklärt, daß eine Ausschußberatung nach meiner Überzeugung überflüssig ist. Ich rate also, dem Antrag, so wie er vorliegt,
— also den beiden Anträgen die Zustimmung zu erteilen. Die Regierung hat uns ja sowieso mitgeteilt, was wesentlich ist; sie kann im Ausschuß auch nichts anderes mitteilen. Es ist ja selbstverständlich, daß, wenn eine gewisse Knappheit an Mundzucker eintritt, gewisse vorübergehende Verschiebungen in der Zuckerversorgung bei der Süßwarenindustrie usw. einkalkuliert werden müssen. Deswegen bitte ich die Damen und Herren herzlich, die Anträge, so wie sie vorliegen, anzunehmen, weil dann die Regierung die notwendige Stütze bei der Durchführung ihrer Maßnahmen hat.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Keilhack.
Meine Herren und Damen! Es tut mir leid, daß ich noch einmal das Wort nehmen muß. Herr Minister, Ihre Polemik richtet sich offensichtlich gegen die falsche Seite; denn nicht wir waren die Antragsteller, sondern Herr Dr. Müller und Genossen. Nicht wir haben vorgeschlagen, was auf dem Antrag der CDU steht, sondern Herr Dr. Müller. Wir waren auch nicht der Meinung, daß diese Aufteilung nützlich sei, und mit einer Ausschußbearbeitung wird die akute Notlage in keiner Weise besser. Es nützt auch nichts, Herr Minister, daß Sie uns wieder einmal mit Zahlen überfallen von Mengen, die Sie gekauft haben und die schnell verbraucht sind. Die Lage spricht dagegen, daß die Versorgung so gesichert ist, wie Sie glauben, sie theoretisch gesichert zu haben. Deshalb sagte ich ja auch, daß die von Ihnen errechnete Menge von 11/2 Millionen t eine theoretische Menge ist, weil Sie durch psychologische Reaktionen, die nach unserer Meinung durch die Schuld der Bundesregierung, nämlich durch die dauernden Publikationen über Preiserhöhungen und Fortfall von Zuckersubventionen, durch eine falsche Devisenpolitik und eine falsche Importpolitik entstehen, diese dauernden Einengungs-, Hortungs- und Hamstertendenzen unterstützen. Das geht ja schon seit einem Jahr so. Ich glaube auch, daß wir die Beantwortung der zu diesem Problemkreis gehörenden Fragen nicht von Ihnen, Herr Minister, sondern vom Herrn Finanzminister hätten erwarten sollen. Wir haben eindeutig genug ausgedrückt, daß die Lage, in der wir uns heute in der Zuckerversorgung befinden, weniger einer Fehldisposition des Herrn Ernährungsministers, als vielmehr der des Herrn Finanzministers zu verdanken ist, — oder der Wirtschaftspolitik schlechthin. Ich glaube, daß Sie die Dinge, die wir hier ausgeführt haben, auch in dem Sinne verstehen konnten oder verstehen sollten.
Wir sind also der Meinung, daß mit den Anträgen gar nichts erreicht wird, sondern nur dadurch, daß Sie jetzt und in Zukunft eine entsprechend große Menge an Devisen bereitstellen und sich bemühen, damit wirklich einmal ausreichende Mengen zur Deckung des Bedarfs der Bevölkerung zur Verfügung stehen, damit in Zukunft eine solche Situation, wie wir sie jetzt haben und wie wir sie im nächsten Vierteljahr zweifellos verschärft haben werden, nicht wieder entsteht.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Antrag auf Ausschußüberweisung ist nicht gestellt.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der Bayernpartei Drucksache Nr. 2237. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. - Der Antrag ist angenommen.
Wir kommen zum Antrag der Abgeordneten Dr. Dr. Müller und Genossen Drucksache Nr. 2240. Ich bitte die Damen und Herren, die zu-
zustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Auch dieser Antrag ist angenommen.
Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Horlacher und Genossen betreffend Europäische Landwirtschaftsunion .
Der Ältestenrat schlägt eine Aussprachezeit von 60 Minuten vor.
Zur Begründung bitte Herr Abgeordneter Dr. Horlacher!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage der Europäischen Landwirtschaftsunion, die ich hier anschneide, ist für unsere gesamte Ernährungswirtschaft und für unser ganzes Volk von großer Bedeutung. Im Anschluß an den Schumanplan, im Anschluß an die Schwarze Union soll hier, der Versuch gemacht werden, eine Grüne Union ins Leben zu rufen.
— Ja, die Kohle ist schwarz, Herr Kollege Renner; daran ist nicht zu rütteln.
— Ich habe ja den Ausdruck deswegen so geprägt, damit ich mich in 'den Vergleichen leichter tue.
Der Unterschied zwischen der Schwarzen und der Grünen Union ist aber doch ein sehr bedeutsamer. Ich gehöre zu den vielleicht wenigen, die sich die Mühe gemacht haben, den Schumanplan im gesamten Wortlaut einmal durchzulesen. Das ist eine fürchterliche Angelegenheit.
Da sieht man, daß der Schumanplan ein Instrument ist, das in seinem inneren Aufbau noch sehr der Vervollständigung bedarf, die aber erst im Laufe der Zeit erfolgen kann. Er stellt ein sehr diffiziles Instrument dar. Es ist eine große Kunst, das Ziel zu erreichen, das man sich gesteckt hat. Es sind ja hier auch Übergangsstufen vorgesehen. Beim Schumanplan handelt es sich um verhältnismäßig wenige und zum Teil übergroße Betriebe von ausschlaggebender Bedeutung für die Kohle-und Eisenversorgung Europas. Infolgedessen ist die Zusammenfassung und Kontrolle der Betriebe hier nicht so schwierig wie auf anderen Gebieten, wie beispielsweise auf dem Gebiet der Landwirtschaft. Aber auch hier ist ein Zwischenstadium vorgesehen. Bei Betriebsstillegungen, bei der Aufmachung neuer Betriebe, bei Betriebsrationalisierungen usw. sollen Ausgleichsabgaben erhoben werden. Die Erhebung dieser Ausgleichsabgaben ist deswegen so leicht, weil es sich hier produktionsmengenmäßig gesehen um eine sehr große Union und betriebsmäßig gesehen um wenige Betriebe, die hier herangezogen werden sollen, handelt. Infolgedessen kann auch die Verteilung der Ausgleichsabgabe, wenn sie beschlossen wird, von der Hohen Behörde mit weniger Schwierigkeiten durchgeführt werden.
Ganz anders ist es auf dem Gebiet der Grünen Union. Wir haben diese Fragen auf der internationalen Agrartagung in Straßburg eingehend erörtert. Dabei waren sich die sämtlichen Vertreter der europäischen Länder darüber einig, daß es ein schwieriges Problem ist. Hierüber hat ja auch der Graf Coudenhove-Kalergi seinen Einleitungsvortrag gehalten. Wie alle Vorträge über europäische Angelegenheiten ist auch dieser Vortrag natürlich idealisiert gewesen; es war eine ideale Einführung. Ich bin gewiß auch für ideale Gedanken, bin bestimmt für eine Zusammenarbeit der Völker, insbesondere im europäischen Raum, bin durchaus für die Bildung einer Großraumwirtschaft, aber unter einer Bedingung: daß das Wohlergehen der europäischen Völker dadurch sichergestellt wird und daß hier nicht in Übereile Dinge gemacht werden, durch die das Gegenteil dessen herbeigeführt wird, was man sich gewünscht hat. In diesem Sinne haben sogar die Vertreter von Holland und Dänemark im vorigen Jahr in Straßburg gesagt: Nur nicht schematisieren! In der Landwirtschaft, beim Bauerntum ist der Schematismus vom Übel. Hier muß den individuellen Bedürfnissen Rechnung getragen werden, hier muß auf die historisch gewordenen Unterschiede Rücksicht genommen werden. Auch die Vielgestaltigkeit des europäischen Bauerntums muß gesehen werden, damit nicht falsche Eingriffe vorgenommen werden und mehr verdorben als gutgemacht wird.
Die Lage ist hier so: Im Zuge der europäischen Gedankengänge sind gewisse Vereinbarungen am ehesten dort möglich, wo eine Abhängigkeit der europäischen Staaten von Übersee besteht, d. h. auf den Gebieten, in denen wir zur Aufrechterhaltung unserer europäischen Versorgung und zur Ergänzung unserer Nahrungsmittel Zufuhren aus Übersee brauchen. Hier kommt naturgemäß die Versorgung mit Weizen und mit Futtermitteln in Frage. Darüber kann man reden, und hier kann ja dann auch eine Hohe Landwirtschaftsbehörde, von der man schon spricht, vielleicht im beschränkten Umfang eine Tätigkeit entfalten. Es muß dann die Verteilung auf den europäischen Raum erfolgen. Dabei muß auf die Gesichtspunkte der Versorgung Rücksicht genommen werden.
Nun komme ich auf die anderen Gebiete zu sprechen. Da ist die Lage schon schwieriger. Ich weiß heute noch nicht, wie es auf dem Gebiet der Kartoffelversorgung aussehen wird. Ob hier ein Ausgleich möglich ist, muß erst geprüft werden. Ich möchte dazu nicht abschließend Stellung nehmen.
Aber jetzt kommt eine Frage, die von entscheidender Bedeutung ist. Viele Hunderttausende kleiner und Kleinstlandwirte in den Westzonen leben von den Spezialkulturen. Das ist der empfindlichste Faktor, den wir. auf landwirtschaftlichem Gebiete haben. Ich sage zu meinen Freunden immer, sie sollen Obacht geben, daß uns hier nicht letzten Endes neben der allgemeinen Bauernbewegung eine sogenannte Klein- und Kleinstbauernbewegung entsteht, nämlich dort, wo die Spezialkulturen betrieben werden: Weinbau, Obstbau, Gemüsebau, Tabakbau. Das sind heute die Krisenpunkte der Landwirtschaft. Und diese großen Krisenpunkte der Landwirtschaft sind auch in einer Europäischen Landwirtschaftsunion die empfindlichsten Punkte.
Hierüber kann nicht von heute auf morgen hinwegdisponiert werden. Hier gibt es Hunderttausende von Menschen, die auf kleinster Fläche mit ihren Familienangehörigen die Intensivkulturen betreiben, die ich hier genannt habe. Hier
muß entsprechende Vorsorge getroffen werden. Daß die Franzosen naturgemäß gleich Weizen und ihren Wein in den Vordergrund schieben, hat mich etwas nachdenklich gestimmt. So einfach geht die Sache nicht.
Selbst mein ehemaliger Lehrer Lujo Brentano, der große Freihändler aller Zeiten, bei dem ich einmal in die Schule gegangen bin, ohne daß ich seine Ideen angenommen habe, — —
— Ja, ich verehre ihn heute noch; bei dem habe ich etwas Gescheites gelernt. Das war ein tüchtiger Lehrer. Es kommt auf die Grundsätze, auf die Theorien und auf das Wissen an, ,das man dadurch bekommt.
— Und auf die Schüler! Er hat mich immer „gut" genannt; ich war bei ihm immer gut angeschrieben, obwohl wir uns im Leben in den Auffassungen getrennt haben. Sogar er hat gesagt: Ein Freihandel
— und das ist ja nichts anderes als die Europaunion, Freizügigkeit des Verkehrs im europäischen Großraum — ist nicht von heute auf morgen möglich. Dazu braucht man mindestens ein Übergangsstadium. Deswegen müssen die Verhältnisse sehr gründlich geprüft werden. Ein Gebiet gäbe es. Erschrecken Sie nicht! Das ist vielleicht eine Spezialidee von mir: Die habe ich mir schon ausgekocht; denn ich will ja an den Dingen praktisch mitarbeiten. Das ist die Frage der Milch- und Fettversorgung im europäischen Großraum. Wenn wir hier zu einer europäischen Vereinbarung kommen würden und wenn der Absatz der große Mengen von Butter und Käse erzeugenden Gebiete im europäischen Großraum gesichert und das Übergewicht der überseeischen Margarinerohstoffe zurückgedrängt würde, dann wäre das eine praktische Hilfe für das deutsche Bauerntum.
Aber das ist eine Frage, die genauester Prüfung bedarf. Hier müssen die Konkurrenzverhältnisse aufeinander abgestellt werden. Das wäre eine Frage, deren Prüfung des Schweißes der Edlen wert wäre. Vielleicht können wir die Aufgabe der Fettversorgung aus eigener Kraft im europäischen Raum besser lösen, als wir sie durch die einzelnen Parlamente der einzelnen Länder lösen könnten. Diese Frage bedarf ernster Prüfung.
Wir haben auch auf der internationalen europäischen Agrarkonferenz in Straßburg gesagt: Zunächst müssen die notwendigen Erhebungen her. Da habe ich nun eine Zeitung vor mir liegen, die ist großartig: die „Rhein-Zeitung" - Herr Minister, ich weiß nicht, ob Sie sie kennen —, „unabhängige westdeutsche Landeszeitung". Sie hat meinen Anträgen eine Randnote gewidmet und hat gesagt, ich solle solche Anträge gar nicht stellen, sondern ich solle das Material auf dem Wege über die Bauernverbände selber herbringen. Ja, was die für Vorstellungen vom Ministerium hat, das weiß ich nicht. Denn wenn das hier keine Lebensfragen sind, die von dem zuständigen Bundesministerium zu prüfen sind, welche Lebensfragen sollte es dann noch geben?
Es ist doch eine Aufgabe der agrarpolitischen Abteilung des Ministeriums, dieses Material herzuschaffen. Wenn wir das Material herbeischaffen, heißt es: Es ist ein einseitiges Material, vom Interessentenstandpunkt aus gesehen. Deswegen ist es
die Aufgabe des Ministeriums, sich diesen Sachen zu widmen und das Material herzubringen.
Ich bin der Regierung dankbar, daß sie jetzt das Material über die Subventionierung der ausländischen Landwirtschaften wenigstens teilweise hergebracht hat. Das ist hochinteressant. Seit 1945 sind Veränderungen in der Produktionsweise und im Stande der Produktion in den europäischen Wirtschaften eingetreten. Große Veränderungen bereiten sich in Frankreich vor. Frankreich kommt in kurzer Zeit dahin, daß es von einem Agrareinfuhrland zu einem Agrarausfuhrland wird. Auch sonst hat sich eine starke Steigerung der europäischen Produktion vollzogen, besonders in England, weil dort der Staat das Bauerntum — nicht allein die Verbraucherschaft — stark subventioniert hat. Ich bitte Sie, das einmal nachzulesen. Das ist sehr interessant. Wir werden für weitere Publizierung Sorge tragen müssen.
Jetzt ist es die Aufgabe, daß wir uns nicht von
den Gedankengängen der europäischen Landwirtschaftsunion überraschen lassen. Da sage ich Ihnen
etwas: Gewiß, die hohen Herren, die in den hochgeistigen Strömungen der Politik tätig sind, möge
der Herrgott von mir aus beschützen, und er möge
ihren Verstand vermehren! Aber ihr Verstand
reicht doch nicht so weit, daß sie auf den verschiedenen Gebieten sachverständig genug sind, um
zu den einzelnen wichtigen Sachproblemen Stellung zu nehmen. Deswegen ist meine erste Forderung, daß bei Vorbereitung einer solchen Union
die landwirtschaftlichen Sachverständigen eingeschaltet werden und daß nicht ,die allgemeinen
Wald-und-Wiesen-Politiker letzten Endes über das
Schicksal der einzelnen Berufsstände entscheiden.
Dagegen wende ich mich mit aller Schärfe. Die schauen einen sowieso an, wenn man z. B. für die Interessen des Bauerntums eintritt. Da hat man so einen üblen Geschmack bei denen! Ich fühle mich genau so gescheit und genau so intelligent wie diese hohen Herren auf dem Gebiet, das ich besonders zu pflegen habe.
— Ach, das ist ja dummes Geschwätz. Wenn der Vogel Strauß nur seinen Kopf darein stecken würde, wo es notwendig ist, und keine Zwischenrufe machen würde!
Die Geschichte ist praktisch so, daß hier die notwendigen Sachverständigen-Gutachten hermüssen. Da habe ich die Bitte an die Regierung — das steht in meinem Antrag drin —, eine enge Zusammenarbeit mit dem Verband der Europäischen Landwirtschaft herzustellen. Denn hier haben wir die Gremien und die einzelnen Organe, die sich schon gebildet haben. Wir werden uns auch im Herbst auf der Tagung in Venedig wieder mit der Frage beschäftigen.
Es sind dann — das habe ich auch in meinem Antrage drin und habe es dort ausgesprochen — die Materialien herbeizubringen, und zwar nach verschiedenen Richtungen: erstens Anbau- und Produktionsstatistik, zweitens die Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktion in den letzten Jahren — ich weise auf die Gesichtspunkte hin, die ich hier schon angeführt habe —, drittens die Ein- und Ausfuhrverhältnisse bei den landwirtschaftlichen Erzeugnissen der einzelnen Länder. Wir müssen hier eine genaue Bilanz haben: Wie steht
es mit den Zufuhren, und wie steht es mit den Ausfuhren? Viertens brauchen wir eine Übersicht über die Zufuhren landwirtschaftlicher und ernährungswirtschaftlicher Erzeugnisse der überseeischen Länder, fünftens eine Übersicht über die steuerlichen und sonstigen Belastungen in der europäischen Landwirtschaft — das ist natürlich auch eine Frage, die von außerordentlicher Bedeutung ist —, und sechstens müssen hier die Verhältnisse so geregelt werden, daß besondere Sachverständigengremien der Landwirtschaft eingesetzt werden.
Das sind die Kernprobleme, die ich hier einstweilen angeschnitten habe. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß wir den Antrag — wenn Sie sich ihn einmal ansehen, Herr Bundesminister — gleich so annehmen können, wie er ist. Wir werden uns sowieso in den zuständigen Ausschüssen später mit der Frage noch beschäftigen müssen. Wir müssen einstweilen Vorsorge treffen, damit sich die Regierung für die Verhältnisse rüstet, die kommen können. Wir müssen möglichst bald das notwendige Material bekommen, damit wir an die Beratung dieser Dinge - wenn es notwendig ist — unter entsprechenden Voraussetzungen herangehen können und dann ein Ziel erreichen. Dieses Ziel muß uns vorschweben. Ich bin nicht grundsätzlich gegen eine europäische Landwirtschaftsunion, aber sie muß gut fundiert und gut vorbereitet sein. Sie kann nicht von heute auf morgen kommen; sie muß auf die Spezialkulturen der Landwirtschaft Rücksicht nehmen. Ein Ziel wollen wir gemeinsam mit den europäischen Völkern erreichen, das ist das Wohlergehen des europäischen Bauernstandes. Das Wohlergehen des europäischen Bauernstandes ist mit eine der sichersten Grundlagen zur Erhaltung unserer Existenz im Westen, zur Aufrechterhaltung eines freien und von den anderen unabhängigen Europas. Deshalb liegt mir so viel daran, daß eine sachkundige Hand die Dinge vorbereitet, damit wir die Verhältnisse vernünftig in der Hand behalten können.
Meine Damen und Herren, die Begründung des Antrages ist erfolgt. Wortmeldungen liegen nicht vor. Ausschußüberweisung ist nicht beantragt. Oder wird eine Überweisung an den Ausschuß für Ernährung; Landwirtschaft und Forsten für erforderlich gehalten? — Herr Abgeordneter Horlacher, ich frage nach der Ausschußüberweisung.
— Ich komme zur Abstimmung über den Antrag Drucksache Nr. 2232. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe.
— Enthaltungen? — Bei zwei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf den nächsten Punkt der Tagesordnung: 10 c:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Schröder und Genossen betreffend Beschlagnahme von landwirtschaftlichem Gelände in Hubbelrath (Kreis Düsseldorf-Mettmann) (Nr. 2257 der Drucksachen).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen auch dafür eine Aussprachezeit von 60 Minuten vor. Ich darf hoffen, daß auch diese Zeit nicht voll ausgenutzt wird.
Zur Begründung hat Herr Abgeordneter Dr. Schröder das Wort.
Dr. Schröder (CDU), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit mehreren Wochen machen sich die Besitzer von drei großen Höfen in der Gemeinde Hubbelrath schwere Sorgen um ihre Zukunft, weil ihr wertvollster Boden für ein neu zu errichtendes Barackenlager beschlagnahmt worden ist. Die Hofbesitzer haben in ihrem Bemühen, von dieser Beschlagnahme freigestellt zu werden, die Unterstützung der Amtsvertretung und des Kreistags von Düsseldorf-Mettmann gefunden. Im übrigen wird diese Sache auch auf Grund einer großen Anfrage unserer Freunde am 12. Juni im Landtag von Düsseldorf diskutiert werden.
Wenn ich mit meinen Freunden den Antrag, der Ihnen jetzt vorliegt, gestellt habe, so geschah das nicht etwa aus einer Überschätzung der Dimensionen, um die es sich hier handelt — den es handelt sich um 130 Morgen besten Ackergeländes —, sondern es geschah' deswegen, weil ich glaube, daß dieser Fall Anlaß gibt, einiges Typische zu besprechen und zu beleuchten, was in diesem Zusammenhang gesagt werden muß.
Sie werden sich vielleicht erinnern, meine Damen und Herren, daß wir in der Drucksache Nr. 2252 vom 9. Mai eine Antwort des Herrn Bundesministers der Finanzen auf eine Anfrage der Fraktion der FDP bekommen haben, die sich mit Fragen der Inanspruchnahme von Grund und Boden für Besatzungszwecke befaßte. Der Bundesminister der Finanzen hat uns in dieser seiner Antwort mitgeteilt, in welcher Form das Verfahren gehandhabt werden soll. Es ist darin gesagt worden, auf Bitten des Herrn Bundeskanzlers habe sich der Rat der Alliierten Hohen Kommission damit einverstanden erklärt, daß künftig alle Anforderungen auf Bereitstellung von Grund und Boden an die Bundesregierung zu richten sind und daß sich im Rahmen der Bundesregierung der Beauftragte des Bundeskanzlers für die mit der Vermehrung der alliierten Truppen zusammenhängenden Fragen, Herr Kollege Blank, dann mit den beteiligten Bundes- und Landesressorts in Verbindung setzen soll, um abschließend eine endgültige deutsche Stellungnahme zu überreichen. Ich bin mir völlig klar darüber, daß das beim derzeitigen Stand der Dinge eine höchst undankbare Aufgabe ist, um die ich den Kollegen Blank in keiner Weise beneide. Dennoch, glaube ich, wird es notwendig sein, das hier gekennzeichnete Verfahren unbedingt einzuhalten und es — das mag eine gewisse Anlaufzeit erfordern — wirklich zu praktizieren..
Aus den verschiedensten Stellungnahmen der nachgeordneten Institutionen habe ich den Eindruck gewonnen, daß dieses Verfahren noch keineswegs so reibungslos läuft, wie es der Fall sein sollte; es ist noch nicht eingespielt. Mir scheint, die Freudigkeit, die Verantwortung für diese oder jene Entscheidung zu übernehmen, ist bei manchen Stellen nicht sehr groß. Eher besteht die Tendenz, die Verantwortung möglichst etwas zu verlagern. Das mag menschlich verständlich sein, ist aber keine Entschuldigung. Wir können uns in all diesen Fragen erst dann für befriedigt erklären, wenn tatsächlich eine verbindliche endgültige deutsche Stellungnahme herbeigeführt wird, die darauf beruht, daß die sich entgegenstehenden Interessen aller Beteiligten abgewogen und schließlich zum bestmöglichen Ausgleich gebracht werden. Ich glaube, meine Damen und Herren, niemand wird im Zweifel dar-
über sein, daß die wachsenden Notwendigkeiten der Verteidigung Westeuropas Opfer sowohl vom einzelnen wie von der Gesamtheit verlangen, in dem Sinne, daß die Opfer, die dem einzelnen zugemutet werden, in möglichst billiger und gerechter Weise von der Gesamtheit mitgetragen werden. Aber jeder Einzelne, dem Opfer auferlegt werden sollen, wird nur dann bereit sein, diese Opfer zu tragen, und wir können ihn nur dann dazu für verpflichtet halten, wenn tatsächlich das Letzte geschehen ist, um die beste, die geringstbeschwerliche Möglichkeit herauszufinden. Nur wenn der Einzelne diese Überzeugung haben kann, dürfen wir von ihm erwarten, daß er sich bereit findet, auch seinen Anteil dazu beizutragen.
Ich glaube, im Falle dieser drei Höfe ist das nicht geschehen. Man kann nicht nachweisen und dartun, daß hier die einzig mögliche, nach Lage der Dinge zwingend vorgeschriebene Lösung gewählt worden ist. Vielmehr ist aus Gründen, die im einzelnen nicht ohne weiteres erkennbar sein mögen, auf Ausweichmöglichkeiten verzichtet und statt dessen die sozusagen nächstgelegene Möglichkeit gewählt worden, die allerdings, wie ich glaube, mit dem größten Nachteil für die Betroffenen verbunden ist. Ich glaube, daß wir bei Fällen dieser Art in sehr sorgfältiger Weise prüfen müßten, welche Objekte denn in allererster Linie herangezogen werden können.
In der Antwort des Bundesfinanzministers auf die schon eben erwähnte Anfrage der FDP ist dann auch hervorgehoben worden, daß man bestrebt sei, möglichst Grundbesitz der öffentlichen Hand zur Verfügung zu stellen. Das wird in der Tat ein richtiger und billigenswerter Gesichtspunkt sein. Auch in dem vorliegenden Fall wäre es sehr wohl möglich, in geringer Entfernung gelegenes bundeseigenes Gelände zur Verfügung zu stellen. Soweit dies möglich und geschehen ist, sollte doch mit Nachdruck darauf bestanden werden, daß dieses Gelände auch tatsächlich genommen wird.
Darüber hinaus sollte man prüfen, ob es nicht richtig ist, in vielen Fällen auf vorhandene militärische Bauten zurückzugreifen, die heute zum Teil anderen Zwecken zugeführt worden sind. Man sollte überprüfen, ob es nicht im Gesamteffekt tatsächlich rentabler ist, solche zweckentfremdeten Gebäude wieder ihrem ursprünglichen Zweck zuzuführen und damit zu vermeiden, daß sozusagen frisches und neues Ackergelände irgendwo genommen werden muß, dessen wir alle sehr dringend für die deutsche Ernährung bedürfen.
Der Antrag, der Ihnen vorgelegt worden ist, bezweckt, eine solche Nachprüfung in diesem Fall sicherzustellen. Ich glaube, daß, wenn diese Nachprüfung erfolgt und wenn der deutsche Standpunkt mit Festigkeit vorgetragen wird, sich die Besatzungsmächte dem nicht verschließen werden und zu einer solchen Ausweichmöglichkeit greifen. Dabei ist allerdings auch eins hervorzuheben. Ich glaube nicht, daß man diejenigen Einrichtungen, die mit der derzeitigen Vermehrung der alliierten Truppen zusammenhängen, etwa überall in idealer Weise wird erstellen können. Man sollte sich doch vielleicht etwas freimachen von der Auffassung, daß ein ganz bestimmtes Schema unter allen Umständen zur Anwendung gelangen müßte. Denn ich glaube, daß es die deutschen Notwendigkeiten doch sehr nahelegen, den besten Gebrauch von den vorhandenen Einrichtungen zu machen, der die geringste Last für die Allgemeinheit bedeutet.
Wenn der Fall Hubbelrath in diesem Sinn neu aufgegriffen wird, dann glaube ich, daß damit der Anfang zu einer vernünftigen Behandlung des Problems gemacht werden kann und dieser Fall geradezu ein Schulbeispiel für die richtige Behandlung solcher Anforderungen werden könnte. Ich glaube, meine Damen und Herren, daß es sich erübrigt, diesen Antrag in einem Ausschuß weiter zu behandeln. Nach seinem ganzen Inhalt scheint er geeignet, sofort verabschiedet zu werden.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Einvernehmen mit dem Beauftragten des Bundeskanzlers für die mit der Vermehrung der alliierten Truppen .zusammenhängenden Fragen, dem Herrn Abgeordneten Blank, darf ich den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Schröder wie folgt beantworten:
Ich glaube, ich brauche nicht zu betonen, daß wir in den grundsätzlichen Ausführungen wollig mit ihm einig gehen und daß es unser stetes Bestreben ist, entsprechend den allgemeinen Ausführungen, die er vorhin gemacht und, wiedergegeben hat, vorzugehen.
Zur Sache im einzelnen darf ich zunächst folgendes berichten: Die britische Besatzungsmacht hat im Zuge der Verstärkung der britischen und belgischen Truppen an zahlreichen Orten Grund und Boden für die Errichtung von Barackenlagern, von sogenannten Camps, angefordert. Für ein Barackenlager werden durchschnittlich etwa 35 bis 50 Hektar benötigt. Im Bezirk der Gemeinde Hubbelrath in Nordrhein-Westfalen ist im Anschluß an ein bereite bestehendes britisches Lager der Bau eines weiteren Lagers vorgesehen. Zu diesem Zweck verlangte die britische Besatzungsmacht erstmals Anfang März 1951 von der Landesregierung NordrheinWestfalen Gelande, das sich in nächster Nähe des bisherigen Lagers, und zwar in einem Umkreis von höchstens drei Kilometern befinden sollte. Da innerhalb dieses Umkreises nur landwirtschaftlich bester Boden vorhanden ist, schlug die Landesregierung vor, das neue Lager auf einem Gelände zu errichten, das sich in etwas größerer Entfernung als drei Kilometer von dem bereits bestehenden Lager befindet. Dieser Vorschlag wurde abgelehnt.
Ein weiterer deutscher Vorschlag, das Lager auf dem bisherigen Übungsgelande im Stadtwald Düsseldorf zu errichten, wurde ebenfalls mit der Begründung abgelehnt, daß dann das Übungsgelande wesentlich erweitert werden müßte.
In einer Besprechung des deutsch-alliierten Ausschusses der Landesregierung am 20. April 1951 erklärte der Vertreter der britischen Militärbehörde, daß ein bestimmtes Gelände, nämlich das im Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Schröder genannte Ackerland, in Anspruch genommen werden müsse. Der Vertreter der Landesregierung, Herr Ministerialdirektor Dr. Franken, erwiderte darauf, daß er ohne Zustimmung seines Kabinetts dieser Forderung nicht zustimmen könne.
Da alle deutschen Vorschläge, das Lager an anderer Stelle zu errichten, abgelehnt worden waren, schlug die Landesregierung nunmehr vor, das von der britischen Besatzungsmacht beanspruchte Gelände nicht nur eingeschossig, sondern
zweigeschossig zu bebauen, um die Ausdehnung des Lagers und damit die Inanspruchnahme des wertvollen Ackerlandes auf ein Mindestmaß zu beschränken. Von britischer Seite wurde die wohlwollende Prüfung dieses Vorschlags zugesagt.
Der Beauftragte des Bundeskanzlers, der Herr Abgeordnete Blank, hat inzwischen die Alliierte Hohe Kommission um eine Besprechung in dieser Angelegenheit gebeten, in der nochmals mit allem Nachdruck auf die Bedenken gegen das geplante Vorhaben hingewiesen und versucht werden soll, eine Änderung der Entschließung der britischen Militärbehörde herbeizuführen. Er hat insbesondere auf die heutige Beratung im Bundestag hingewiesen, und die Alliierte Hohe Kommission hat gestern telegrafisch diese Besprechung zugesagt und zugleich erklärt, daß bis zur heutigen Beratung im Bundestag nichts weiter unternommen werden solle.
Wir sind der Ansicht, daß ein dem Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Schröder entsprechender Beschluß des Bundestags besonders geeignet wäre, die Bemühungen des Herrn Abgeordneten Blank zu unterstützen.
Herr Abgeordneter Mehs, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Beanstandungen, die hier eben durch Herrn Dr. Schroder vorgetragen worden sind, haben im Lande Rheinland-Pfalz noch in verstärktem Maße Geltung, vor allen Dingen in den Grenzkreisen Bitburg, Wittlich und Saarburg, dann auch im Kreise Zell, im Regierungsbezirk Koblenz und vor allen Dingen auch in der Pfalz. Die Antwort, die Herr Staatssekretär Hartmann eben gegeben hat, hat jedenfalls das eine gezeigt, daß es notwendig ist, auch von dieser Stelle aus einmal auf diese Dinge hinzuweisen.
Wenn es sich in dem Falle des Herrn Dr. Schröder um drei Bauernhöfe handelt, so geht es hier in unserem Grenzkreise tatsächlich um eine ganze Reihe von Gemeinden. Einzelnen Gemeinden ist geradezu die Lebensmöglichkeit abgeschnitten worden. Vor allen Dingen aber ergibt sich jetzt in den Kreisen Bitburg und Wittlich infolge der Inanspruchnahme von Gelände zum Bau von Flugplatzen noch die Notwendigkeit, ganze Straßen bedeutend umzulegen. Und das geschieht — wie auch im Falle des Herrn Dr. Schröder —, obwohl sogar von zuständigen Stellen, von der Regierung in Trier Ersatzplätze und -wege angegeben worden sind. Darauf ist man nicht eingegangen. Ich mochte also bei Gelegenheit dieses Antrages des Herrn Dr. Schröder hier die Kreise Wittlich, Bitburg, Saarburg, Zell und dann vor allen Dingen auch Koblenz mit einbeziehen, wo, wie mir eben mitgeteilt worden ist, etwa 210 Morgen bestes Land in Anspruch genommen werden, wo ein Ort fast seine ganzen Obstanlagen verliert. Ähnliches gilt für die Pfalz, von der mir nähere Zahlen nicht bekannt sind.
Ich wäre dann auch dankbar, wenn durch diese Aussprache hier die Tätigkeit der Dienststelle Blank besonders unterstrichen würde und wenn dadurch die Dienststelle Blank, von der wir wissen, daß sie sich nach besten Kräften für die Belange der Bevölkerung eingesetzt hat, jetzt in die Lage versetzt würde, mit größerer Energie aufzutreten, um das Beste für die Bevölkerung zu erreichen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Frey.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir können feststellen, daß die Antwort des Herrn Staatssekretärs zu unserer Befriedigung ausgefallen ist, und weiter, unserer Genugtuung darüber Ausdruck geben, daß heute tatsächlich noch einmal über den Antrag betreffend den Fall Hubbelrath verhandelt werden soll.
Aber wenn ich dieser Befriedigung hier Ausdruck gebe, dann muß ich doch eigentlich gleichzeitig meine Verwunderung ausdrücken. Denn, meine Damen und Herren, die Verhandlungen darüber sind ja nicht erst seit heute oder seit einigen Tagen, als der Antrag gestellt worden ist, im Gange, sondern es ist doch so, daß über diesen Fall seit Wochen verhandelt wird. Und immer ist die Verantwortung von der Länderregierung auf die Bundesregierung und umgekehrt hin- und hergeschoben worden. Ich meine, das muß hier einmal in aller Klarheit festgestellt werden. Es ist, wie gesagt, erfreulich, daß noch einmal eine Verhandlung stattfinden soll. Aber grundsätzlich zu dem Thema gesagt, meine sehr Verehrten: Es ist doch so — die vorletzte Debatte über die Zuckerlage hat es doch deutlich gezeigt —, daß wir heute bei unserer gesamten Versorgungslage immer wieder kurztreten müssen, weil eben die Decke zu kurz ist, weil uns kulturfähiger Boden fehlt. Wir machen die größten Anstrengungen, zu kultivieren. Millionenbeträge werden dafür aufgewendet, um die Versorgung des gesamten Volkes auf eine bessere Grundlage zu stellen. Ich bin dann aber doch der Meinung, daß man, wenn man schon Boden hat, der seit Jahrhunderten in Kultur ist, ihn mit allen Mitteln erhalten muß.
In diesem Punkte muß meiner Ansicht nach von der Regierung stärkstens darauf geachtet werden, daß bei den finanziellen Problemen, die bei allen diesen Dingen auftauchen, eine großzügigere Handhabung stattfindet. Das gilt nicht nur für Hubbelrath, sondern das gilt, wie Sie i a vorhin gehört haben, für das gesamte Bundesgebiet, insbesondere aber für das Rheinland. Die Lage wird für uns immer wieder dadurch erschwert, daß, wenn von den landwirtschaftlichen Dienststellen oder von den Länderregierungen anderes Gelände als kulturfähiger Boden, der meistens natürlich die wenigste Arbeit und die wenigsten Kosten verursacht, zur Verfügung gestellt wird, ohne daß dabei etwa große räumliche Verschiebungen stattfänden, gesagt wird, das sei natürlich mit etwas höheren finanziellen Kosten verbunden, da z. B. bei der Errichtung eines Barackenlagers die Wasserleitung etwas weiter hergeholt oder die Kanalisation etwas weiter fortgeführt werden müsse. Meine Damen und Herren, ich bin der Meinung, daß für einen Exerzierplatz und für die Errichtung eines solchen, Camps der wirklich unfruchtbarste Boden gerade der richtige ist,
daß gerade im Hinblick auf die Lage unserer Ernährung hier alle erforderlichen finanziellen Opfer gebracht werden müssen lind daß, wenn nicht die Länderregierungen dafür in Frage kommen, auch die Mittel dafür von hier aus zur Verfügung gestellt werden müssen.
Meine Damen und Herren! Bei Hubbelrath ist der Fall noch etwas anders. Das muß auch einmal klar gesagt werden: Ich habe den bestimmten Ein-
druck — und die Leute, die damit zu tun hatten, ebenfalls —, daß hier auf Dinge Rücksicht genommen wird, die mit den Bebauungsplänen usw. der Stadt Düsseldorf zusammenhängen. Ich bin der Meinung, daß das nicht hindernd im Wege stehen darf, daß nicht aus irgendwelchen solchen Gründen Kulturland verlorengehen darf und daß die Höfe, die hier in Frage stehen, unbedingt ihrer heutigen Bestimmung erhalten bleiben müssen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Renner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es stimmt nicht, daß heute zum ersten Male dieses Problem hier behandelt worden ist. Wir haben es vor Monaten bereits gestellt, und wir haben vor Monaten bezeichnenderweise dieselbe Antwort erhalten, die auch heute aus der Stellungnahme des Herrn Kollegen Dr. Schröder herausgeklungen ist. Es ist bedauerlich, daß die Regierung erst heute die Schleier etwas gelüftet hat, die über diese systematische Beschlagnahme von deutschem Boden für Zwecke der Vorbereitung des amerikanischen Krieges bewußt gesenkt werden. Heute hören wir aus dem Munde des Herrn Regierungsvertreters, daß an zahlreichen Orten — so wörtlich — für die Errichtung von Camps Gelände angefordert wird in der durchschnittlichen Größe von 35 bis 50 ha. Wäre es nicht an der Zeit, daß man dem deutschen Volk einmal den Gesamtumfang der Beschlagnahmen seit dem Zeitpunkt bekanntgäbe, in dem Ihrer Darstellung nach sich der Charakter der Besatzung von einer Besatzungstruppe in eine Sicherheitstruppe geändert hat? Es wird doch in ganz Westdeutschland systematisch in ungeheurem Ausmaß Land nicht nur für die Anlegung von Camps, sondern für die Anlegung von Truppenübungsplätzen und Flugplätzen beschlagnahmt und mit Hilfe deutscher Stellen auch ausgeliefert. So liegen doch die Dinge.
Heute ist von Wittlich, Saarburg und Koblenz gesprochen worden. Ich könnte die Reihe ergänzen durch Hinweise darauf, daß in den Kreisen Zweibrücken und Pirmasens seit dem 1. Januar nicht weniger als 50 000 ha für die Zwecke der Anlegung von Übungsplätzen und Camps zur Unterbringung der neuen Besatzungstruppen angefordert worden sind.
Wenn hier in diesem Antrag neben dem Protest gegen die Beschlagnahme von Ackerland angeboten wird, Ersatzgelände für dieses beschlagnahmte Ackerland zu stellen, dann sind wir nicht in der Lage, dem Antrag in dieser Form zuzustimmen. Wir sind der Meinung, daß deutscher Boden nicht zur Verfügung gestellt werden darf
zur Vorbereitung dieses amerikanischen Krieges.
— Ja richtig, Korea, darauf habe ich direkt gewartet; daß der Zuruf aus der SPD kam, ist um so netter. Was hat uns über den Korea-Krieg vor einigen Tagen der Herr General Bradley erzählt? Er sagte: das ist der Krieg zur falschen Zeit, an der falschen Stelle und gegen den falschen Gegner. Damit hat er die Karten offen auf den Tisch gelegt. Er will den Krieg an der richtigen Stelle,
zur richtigen Zeit und gegen den richtigen Gegner, und dieser richtige Gegner ist die Sowjetunion, sind die Länder der Volksdemokratien.
Und der richtige Platz ist Westdeutschland und Gesamtdeutschland.
Diejenigen, die hier in diesem Hause auf der einen Seite nach der Verstärkung der Besatzungstruppen schreien, die den' Charakter der Besatzungstruppe bewußt in „Sicherheitstruppe" umfälschen, haben kein Recht, sich zu beschweren, wenn infolge der Zunahme der Besatzungskräfte zwangsläufig Land, Gebäude usw. am laufenden Band beschlagnahmt werden.
— Nein, das ist gar keine Verdrehung der Tatsachen. Denn wenn Sie nach mehr Truppen schreien, müssen Sie doch hinnehmen, daß diese vermehrten Truppen in unserem Deutschland untergebracht werden.
Wenn Sie sagen, Sie stellen Gebäude zur Verfügung, die vordem diesen Zwecken dienten, so müssen Sie doch bejahen, daß die deutschen Menschen, die heute in diesen Kasernen untergebracht sind, auf die Straße oder in die Baracken geworfen werden.
— Das müssen Sie bejahen.
Wir sind der Auffassung — ich wiederhole das noch einmal, um zum Schluß zu kommen —, daß dieser amerikanische Krieg nicht auf deutschem Boden vorbereitet werden darf.
Wir sind der Auffassung, daß nicht nur kein Meter deutschen Bodens,
sondern auch kein einziger deutscher Mensch für
diesen Krieg zur Verfügung gestellt werden darf.
Darum erkläre ich zum Schluß: Wir unterstützen alle Bestrebungen, die das Ziel verfolgen, angedrohte oder durchgeführte Beschlagnahmen zu inhibieren, rückgängig zu machen. Aber wir lehnen es ab, dafür deutschen Ersatzboden und deutsche Ersatzräume zur Verfügung zu stellen.
Das Wort hat der Abgeordnete Mellies.
Meine Damen und Herren! Aus den Darlegungen der verschiedenen Redner ging schon hervor, daß es sich hier nicht nur um das Problem eines Einzelfalles handelt, wie er in dem Antrag des Kollegen Dr. Schröder angesprochen ist. Ich glaube deshalb, daß es zweckmäßig sein wird, diese Angelegenheit einmal in den einzelnen Ausschüssen grundsätzlich zu besprechen. Das Kernproblem bei allen diesen Fragen ist doch, den sachlichen Notwendigkeiten Rechnung zu tragen unter Vermeidung starker wirtschaftlicher, vor allen Dingen landwirtschaftlicher Schäden und unter möglichst geringen finanziellen Aufwendungen. Ich würde deshalb beantragen — und ich glaube, daß die Herren Vertreter der Kommunistischen Partei einverstanden sein würden, wenn wir auch mit dem Punkt
10 a so verfahren —, die beiden vorliegenden Anträge dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik und dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen, damit dort vor allen Dingen mit der Dienststelle Blank einmal eine eingehende Aussprache über das ganze Problem und über die mit ihm verbundenen Schwierigkeiten erfolgen kann.
Meine Damen und Herren, ein Antrag mit Bezug auf Punkt 10 a kann nicht gestellt werden, da dieser Punkt nicht aufgerufen und nicht begründet ist.
Herr Abgeordneter Muckermann! — Der Rest der Fraktionsredezeit beträgt 4 Minuten, Herr Abgeordneter!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur eine Bemerkung machen, weil der Vertreter der kommunistischen Fraktion erklärt hat, er könne diesem Antrag nicht zustimmen. Ich war gestern im Kreistag des zuständigen Kreises Düsseldorf-Mettmann anwesend, als bei einem Bleichlautenden Vorschlag die kommunistische Fraktion des Kreistages geschlossen für den Antrag stimmte!
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Schröder.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte bereits in meinen Ausführungen betont, daß für mich dieser Fall nicht ein besonders interessanter Einzelfall ist, sondern daß ich ihn seines typischen Charakters wegen vorgetragen habe. Nach der Antwort, die wir von Herrn Staatssekretär Hartmann bekommen haben, würde ich es aber bedauern, wenn' wir den Antrag einem Ausschuß überweisen und ihn nicht gleich annehmen wollten. Dem Antrag von Herrn Kollegen Mellies kann man, glaube ich, sehr gut dadurch Rechnung tragen, daß man zwar diesen Antrag hier annimmt, um die Bundesregierung bei ihren Verhandlungen zu unterstützen, gleichzeitig aber die beiden von ihm genannten Ausschüsse beauftragt, dieses Thema in einem weiteren Zusammenhang zu behandeln und die Grundsätze zu formulieren, die von deutscher Seite in der Behandlung solcher Fragen angewendet werden sollten.
Ich darf annehmen, daß das gemeinsame Überzeugung ist.
— Ich frage zunächst nur, ob weitere Wortmeldungen vorliegen. — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Besprechung.
Herr Abgeordneter Renner wünscht zur Abstimmung etwas zu erklären.
Herr Strauß, versuchen Sie es doch nicht mit Geist! Der langt doch bei Ihnen nicht!
Ich beantrage, die Abstimmung über diesen Antrag zu teilen. Ich habe ausdrücklich gesagt, daß wir alle Bestrebungen, die darauf abzielen, Beschlagnahmen abzuwehren oder erfolgte Beschlagnahmen rückgängig zu machen, selbstverständlich unterstützen. Ich habe ferner ausdrücklich gesagt, daß wir darüber hinaus aber nicht in der Lage sind, einer Regelung zuzustimmen, wie sie dieser Vorschlag enthält, daß an Stelle des von der Besatzung angeforderten Geländes von deutscher Seite freiwillig Gelände zur Verfügung gestellt wird. Ich bitte Sie also, wenn es Ihnen auf eine einheitliche Abstimmung in der Grundfrage ankommt,
diesem Vorschlag zuzustimmen.
Der Abgeordnete Renner hat beantragt, die Fragestellung zu teilen. Darf ich den Antragsteller fragen, — —
— Meine Damen und Herren, darf ich zur Vereinfachung fragen, wer für die Teilung der Fragestellung ist?
Meine Damen und Herren, Herr Abgeordneter Dr. Schröder hat angeregt, über den Antrag Drucksache Nr. 2257 sofort abzustimmen. Zu dem Antrag auf Überweisung an die genannten Ausschüsse kommen wir hinterher. Ich bitte zunächst die Damen und Herren, die dem Antrag Drucksache Nr. 2257 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. —
— Bei Stimmenthaltung der kommunistischen Fraktionsmitglieder angenommen. Im übrigen darf ich unterstellen, daß der von Herrn Abgeordneten Dr. Schröder angeregte Auftrag an die Ausschüsse für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und und für Wirtschaftspolitik in der von ihm beantragten Form erteilt wird. Ist das Haus damit einverstanden? — Das ist der Fall.
Meine Damen und Herren, wir sind damit überraschenderweise bereits am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 6. Juni 1951, 14 Uhr, und schließe die 146. Sitzung.