Rede von
Dr.
Hans
Wellhausen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Langsam ist die Auffassung Gemeingut dieses Hauses geworden, daß die schnellste und billigste Art der Beschaffung eines Arbeitsplatzes ein Wiederaufbau demontierter Betriebe ist.
Es ist langsam auch das Interesse für diese Dinge größer geworden; ja, ich möchte sagen, die Liebe zu den Demontierten hat sich hier allgemein verbreitet. Es besteht aber die außerordentliche Gefahr, daß diese Liebe sehr plantonisch bleibt,
wenn es sich darum handelt, zu zahlen. - Das hat jetzt mit dem Vergleich mit der Liebe nichts zu tun. Der ist etwas gefahrlich. Das weiß ich natürlich. — Wenn es sich darum handelt, zu zahlen, dann ist niemand mehr da, und es wird ein wenig Fangball zwischen den einzelnen Ministerien gespielt, immer in liebenswürdiger Art — Fangball ist überhaupt
etwas Liebenswürdiges —: Ja, wer kann? Wer soll?
Wer muß? „Muß" wird abgelehnt! „Wollen" wird
bestätigt; „Können": Ultra posse nemo obligatur.
Ja, meine Damen und Herren, nun hat uns der Herr Berichterstatter einen sehr ausführlichen und vollständigen Bericht über die Bemühungen des Ausschusses gegeben, und man merkt es ja auch dieser Drucksache Nr. 2258 an, daß der Ausschuß für Wirtschaftspolitik in sehr fleißiger Arbeit jede, ich möchte sagen, auch nur entfernteste Möglichkeit ausgeschöpft hat, um hier etwas Vollständiges hineinzubringen. Es kann kein Zweifel daran sein, daß uns im Augenblick nichts anderes übrig bleibt, als diesem Beschluß des Ausschusses zuzustimmen.
Aber kommen wir damit denn wirklich weiter? In Ziffer 2 Buchstabe d des Mündlichen Berichts heißt es: „Einwirkung auf die Länderregierungen mit dem Ziel der Bereitstellung von Haushaltsmitteln der Länder". Meine Herren, die Länder sind dem Bund ja mit gutem Beispiel vorangegangen und `haben etwas getan!
In Ziffer 2 Buchstabe b ist die Rede von der Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen und Bürgschaften. Ja, da muß doch erst einmal einer da sein, der die Kredite gibt; erst dann kommt es zu einer Bürgschaft!
Zur Frage der Soforthilfe: Der Herr Staatssekretär hat uns soeben auseinandergesetzt, daß daraus in absehbarer Zeit wahrscheinlich nichts wird. Ich möchte zu diesem Buchstaben e hinzufügen, Herr Staatssekretär, daß wir ja demnächst — hoffentlich sehr bald — die Soforthilfe durch den Lastenausgleich ablösen und daß vielleicht dann doch bei diesem Gesetz die Möglichkeit bestände, über den Lastenausgleich etwas für die Demontierten zu tun und nicht bloß wieder diese platonische Verweisung in den § 325 vorzunehmen, in diesen Sammelparagraphen, in dem diese Angelegenheit unter „Ferner liefen" fallen würde.
Ich mache weiter aa rauf aufmerksam, daß auch der § 7 a des Einkommensteuergesetzes, in den wir gestern gegen den Widerspruch des Bundesrats, aber mit Ihrer Zustimmung die Demontagegeschädigten aufgenommen haben, nur eine außerordentlich beschränkte Anwendung finden kann, denn es ist Voraussetzung, daß die Existenz oder die Erwerbsgrundlage des Unternehmens verloren und noch in keiner über einen ganz bescheidenen Anfang hinausgehenden Weise wiedergewonnen ist.
Das Ergebnis ist also leider so - vom außerordentlichen Haushalt möchte ich gar nicht reden; da bekomme ich bloß neuen Streit mit dem Bundesfinanzminister —, daß wir vor einer ziemlich trüben Bilanz und sogar vor trüben Hoffnungen stehen. Ich versuche nun, mich irgendwo anzukristallisieren. Da bleibt mir nur der Passus in Ziffer 1, worin von den Engpaßinvestitionsprogrammen die Rede ist. Da denke ich natürlich in erster Linie an die Investitionshilfe der deutschen Wirtschaft. Ich möchte der Diskussion nichts vorwegnehmen, die wir ja demnächst haben werden. Ich gehöre aber zu denen, die schon in der Presse haben verlauten lassen, daß es nicht richtig ist, sich hier ausschließlich auf Eisen und Kohlen zu beschränken. Ich kann es in diesem Sinne nur sehr begrüßen, daß im zweiten Teil der Ziffer .1 auch auf die Zulieferindustrien Bezug genommen wird. Gerade bei diesen Zulieferindustrien von Eisen und Kohle befinden sich in erheblichem Umfang demontierte Betriebe.
Ich möchte Sie also bitten, zu überlegen — ich werde darauf zurückkommen, wenn wir diese Investitionshilfe der deutschen Wirtschaft hier in Form eines Gesetzes zu sanktionieren und in die richtige Form zu bringen haben —, ob wir nicht dann den Kreis der zu Begünstigenden oder — besser ausgedrückt — derer, die aus dieser Investitionshilfe etwas bekommen sollen, auf die Zulieferindustrien erstrecken. Denn erst dann würden wir für die demontierten Betriebe etwas wirklich Maßgebliches leisten.
Meine Damen und Herren, Seien Sie mir nicht böse, wenn ich Ihnen das folgende sage. Der Herr Staatssekretär Hartmann hat von einem Kreditbetrag von 20 Millionen DM gegenüber Demontageschäden von 850 Millionen DM gesprochen. Wenn wir so anfangen, dann werden wir die demontierten Betriebe vor Eintritt von Ereignissen, die ich um Gottes willen nicht an die Wand malen will, wohl niemals wieder remontieren. Das ist kein Verfahren; und es ist eines solchen wirtschaftlich auf die äußerste Zweckmäßigkeit ausgerichteten Einsatzes auch nicht würdig, möchte ich hinzufügen. Denn wenn das ganze Haus — und damit komme ich zum Schluß und gleichzeitig auf den Ausgangspunkt zurück — der Meinung ist, daß die Remontagekredite die beste, die einfachste und die schnellste Art sind, Dauerarbeitsplätze zu schaffen, dann sollte es möglich sein, von der Investitionshilfe der deutschen Wirtschaft für diesen Zweck einen maßgeblichen Betrag abzuzweigen. Das möchte ich heute schon als Vorrede unserer Diskussion über die Verwendung dieser Investitionshilfe sehr nachdrücklich Ihrem Interesse und Ihrem Wohlwollen empfehlen.