Rede von
Hans
Ewers
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die eine Gegenstimme, die im Ausschuß gezählt wurde, war meine Stimme.
Ich halte es für zweckmäßig, daß in diesem Hause die Auffassung einer noch so kleinen Minderheit des Ausschusses wenigstens angesprochen wird.
Die Beleidigung durch den Vorwurf der „Zuhälterei" im politischen Leben erachte ich für einen besonders schweren Fall,
denn der Zuhälter betreibt ein Gewerbe, das im sittlichen Leben der Menschen das widerlichste und ehrenrührigste ist. Die Möglichkeit, eine solche Verbalinjurie durch einen Zivilprozeß zu klären oder zu erledigen, steht nach der Judikatur des früheren Reichsgerichtes und des jetzigen Bundesgerichtshofes auf äußerst schwachen Füßen. Ich bin darüber hinaus der Meinung, daß sich gerade Politiker, die Abgeordnete sind, bei der Kennzeichnung, bei der Kritisierung irgendwelcher von ihnen für falsch gehaltenen Zustände besonderer Zurückhaltung befleißigen müssen, und vertrete den Grundsatz, daß man auch dann, wenn Politik einschlägig ist — und das ist hier unzweifelhaft der Fall —, die anzuwendenden Grundsätze des Ausschusses mit besonderer Sorgfalt und sehr eingehend auch auf die Interessen des Verletzten abstellen muß. Man muß der Tatsache Rechnung tragen, daß ein Privatklageverfahren, vielleicht auch ein öffentliches Verfahren wegen Beleidigung auf die Abgeordnetentätigkeit einen sehr wenig hinderlichen Einfluß ausübt; man muß dem Verletzten Gelegenheit geben, seine Ehre wiederherzustellen, man muß dem Angreifer Gelegenheit geben, in einem Gerichtsverfahren seine Kritik, gerade wenn sie besonders scharf war, zu rechtfertigen.
Ich persönlich bedauere daher, dem Beschluß des Ausschusses nicht zustimmen zu können, und werde für Ablehnung dieses Antrages, also für Aufhebung der Immunität stimmen.