Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es stimmt nicht, daß heute zum ersten Male dieses Problem hier behandelt worden ist. Wir haben es vor Monaten bereits gestellt, und wir haben vor Monaten bezeichnenderweise dieselbe Antwort erhalten, die auch heute aus der Stellungnahme des Herrn Kollegen Dr. Schröder herausgeklungen ist. Es ist bedauerlich, daß die Regierung erst heute die Schleier etwas gelüftet hat, die über diese systematische Beschlagnahme von deutschem Boden für Zwecke der Vorbereitung des amerikanischen Krieges bewußt gesenkt werden. Heute hören wir aus dem Munde des Herrn Regierungsvertreters, daß an zahlreichen Orten — so wörtlich — für die Errichtung von Camps Gelände angefordert wird in der durchschnittlichen Größe von 35 bis 50 ha. Wäre es nicht an der Zeit, daß man dem deutschen Volk einmal den Gesamtumfang der Beschlagnahmen seit dem Zeitpunkt bekanntgäbe, in dem Ihrer Darstellung nach sich der Charakter der Besatzung von einer Besatzungstruppe in eine Sicherheitstruppe geändert hat? Es wird doch in ganz Westdeutschland systematisch in ungeheurem Ausmaß Land nicht nur für die Anlegung von Camps, sondern für die Anlegung von Truppenübungsplätzen und Flugplätzen beschlagnahmt und mit Hilfe deutscher Stellen auch ausgeliefert. So liegen doch die Dinge.
Heute ist von Wittlich, Saarburg und Koblenz gesprochen worden. Ich könnte die Reihe ergänzen durch Hinweise darauf, daß in den Kreisen Zweibrücken und Pirmasens seit dem 1. Januar nicht weniger als 50 000 ha für die Zwecke der Anlegung von Übungsplätzen und Camps zur Unterbringung der neuen Besatzungstruppen angefordert worden sind.
Wenn hier in diesem Antrag neben dem Protest gegen die Beschlagnahme von Ackerland angeboten wird, Ersatzgelände für dieses beschlagnahmte Ackerland zu stellen, dann sind wir nicht in der Lage, dem Antrag in dieser Form zuzustimmen. Wir sind der Meinung, daß deutscher Boden nicht zur Verfügung gestellt werden darf
zur Vorbereitung dieses amerikanischen Krieges.
— Ja richtig, Korea, darauf habe ich direkt gewartet; daß der Zuruf aus der SPD kam, ist um so netter. Was hat uns über den Korea-Krieg vor einigen Tagen der Herr General Bradley erzählt? Er sagte: das ist der Krieg zur falschen Zeit, an der falschen Stelle und gegen den falschen Gegner. Damit hat er die Karten offen auf den Tisch gelegt. Er will den Krieg an der richtigen Stelle,
zur richtigen Zeit und gegen den richtigen Gegner, und dieser richtige Gegner ist die Sowjetunion, sind die Länder der Volksdemokratien.
Und der richtige Platz ist Westdeutschland und Gesamtdeutschland.
Diejenigen, die hier in diesem Hause auf der einen Seite nach der Verstärkung der Besatzungstruppen schreien, die den' Charakter der Besatzungstruppe bewußt in „Sicherheitstruppe" umfälschen, haben kein Recht, sich zu beschweren, wenn infolge der Zunahme der Besatzungskräfte zwangsläufig Land, Gebäude usw. am laufenden Band beschlagnahmt werden.
— Nein, das ist gar keine Verdrehung der Tatsachen. Denn wenn Sie nach mehr Truppen schreien, müssen Sie doch hinnehmen, daß diese vermehrten Truppen in unserem Deutschland untergebracht werden.
Wenn Sie sagen, Sie stellen Gebäude zur Verfügung, die vordem diesen Zwecken dienten, so müssen Sie doch bejahen, daß die deutschen Menschen, die heute in diesen Kasernen untergebracht sind, auf die Straße oder in die Baracken geworfen werden.
— Das müssen Sie bejahen.
Wir sind der Auffassung — ich wiederhole das noch einmal, um zum Schluß zu kommen —, daß dieser amerikanische Krieg nicht auf deutschem Boden vorbereitet werden darf.
Wir sind der Auffassung, daß nicht nur kein Meter deutschen Bodens,
sondern auch kein einziger deutscher Mensch für
diesen Krieg zur Verfügung gestellt werden darf.
Darum erkläre ich zum Schluß: Wir unterstützen alle Bestrebungen, die das Ziel verfolgen, angedrohte oder durchgeführte Beschlagnahmen zu inhibieren, rückgängig zu machen. Aber wir lehnen es ab, dafür deutschen Ersatzboden und deutsche Ersatzräume zur Verfügung zu stellen.