Rede von
Dr.
Erich
Mende
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität lagen zwei Schreiben vor, über die Immunität des Abgeordneten Dr. Arndt eine Entscheidung zu fällen und dem Plenum hierüber zu berichten. Das eine Schreiben kam, ausgelöst durch die Oberstaatsanwaltschaft in Düsseldorf, über den Landesjustizminister von Nordrhein-Westfalen und den Herrn Bundesjustizminister, das zweite Schreiben unmittelbar von den Bevollmächtigten des Privatklägers, den Rechtsanwälten Dr. Meyer, Dr. Rhode und Dr. Wörbelauner, an den Herrn Präsidenten des Bundestages.
Dem Vorgang liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Abgeordneter Dr. Arndt hat in einer Versammlung in Düsseldorf am 26. November 1956 Herrn Heinrichsbauer als den Typ des politischen
Zuhälters bezeichnet. In einer weiteren Versammlung in Frankfurt sind von dem Herrn Abgeordneten Dr. Arndt ähnliche Äußerungen gemacht worden.
Der Oberstaatsanwalt und auch die Bevollmächtigten sehen in dieser Äußerung eine Beleidigung gemäß § 185, möglicherweise auch § 186 oder § 187 StGB und stellten Strafantrag.
Der Ausschuß hat festgestellt, daß es sich hier um einen typisch politisch infizierten Fall oder, besser gesagt, um einen Fall politischen Charakters handelt. Bei der Abwägung, was nun höher stehe, die ungestörte Parlamentsarbeit oder das Rechtsschutzinteresse des Verletzten, hat -der Ausschuß das erstere bejaht und die Aufhebung der Immunität abgelehnt. Eine Ausnahme, wie wir sie bisher in besonders schweren Fällen einer Beleidigung, also bei Verleumdungen, gemacht haben, oder ein auf andere Weise nicht zu wahrendes Interesse eines Verletzten wurde nicht als vorliegend angesehen. Hinzu kam noch, daß ja die Möglichkeit besteht, im Zivilprozeß auf Unterlassung oder auf Widerruf zu klagen, wie es in ähnlichen Fällen politischer Beleidigungen zum Teil auch schon geschehen ist.
Schließlich glaubte der Ausschuß auch, dem Abschlußbericht des Untersuchungsausschusses gemäß Art. 44 in der Angelegenheit des Vorwurfs der Bestechung nicht vorgreifen zu dürfen. Dieser Ausschußbericht liegt jetzt zwar gedruckt vor; der Immunitätsausschuß meinte aber, es werde nicht zweckmäßig sein, eine Angelegenheit, die hier noch nicht abgeschlossen sei, bereits vor einem ordentlichen Gericht zu behandeln. Sie wissen ja, daß der Abgeordnete Dr. Arndt als Mitglied jenes Untersuchungsausschusses fungiert hat und dementsprechend von dem Sachverhalt natürlich eine ganz andere Kenntnis haben muß, als sie das Haus hat, solange nicht der Abschlußbericht erstattet worden ist. Es wurde deshalb auch von einem Mitglied des Ausschusses zum Ausdruck gebracht, daß der Abgeordnete Arndt vielleicht auch in Wahrung berechtigter Interessen als Ausschußmitglied gehandelt habe.
Der Ausschuß kam gegen eine Stimme bei drei Stimmenthaltungen zu dem Ergebnis, Ihnen aus den vorgenannten Gründen zu empfehlen, die Immunität des Abgeordneten Dr. Arndt nicht aufzuheben.