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ID0114605000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 146. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Juni 1951 5805 146. Sitzung Bonn, Freitag, den 1. Juni 1951. Geschäftliche Mitteilungen 5806C, 5823D Zur Tagesordnung 5806D, 5816D, 5823B Mellies (SPD) 5806C Mayer (Stuttgart) (FDP) 5818D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Heimatvertriebene (22. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Wahrung der Interessen der aus dem westlichen Ausland ausgewiesenen Deutschen (Nrn. 2227, 1826 der Drucksachen) 5806D Welke (SPD), Berichterstatter . . . 5806D Beschlußfassung 5807A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Einheitliche Regelung der Niederlassung und über die Zulassung von Ärzten zur Tätigkeit bei den Krankenkassen (Nrn. 2239, 1589 der Drucksachen; Umdruck Nr. 198) 5807B Horn (CDU), Berichterstatter . . . 5807B Pohle (SPD) 5807C Zurückverweisung an die Ausschüsse . 5807C Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan XXI — Haushalt der Bundesschuld — (Nr. 1920 der Drucksachen, Umdruck Nr. 171) in Verbindung mit Einzelplan XXIII — Haushalt der Allgemeinen Finanzverwaltung — (Nr. 1922 der Drucksachen, Umdruck Nr. 187) . . 5807D Wacker (CDU), Berichterstatter . . 5807D Dr. Bertram (Z) 5810D Abstimmungen 5812D Anteilnahme des Bundestags am Grubenunglück auf Zeche Heinrich-Robert in Hamm-Herringen 5812D Zweite Beratung der Ersten und Zweiten Ergänzungsvorlage der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nrn. 1784, 2092 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) (Nr. 1928 der Drucksachen) in Verbindung mit der Zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) (Nr. 1900 der Drucksachen, Umdruck Nr. 188) 5813A Schoettle (SPD), Berichterstatter . 5813A Dr. Krone (CDU) 5815D Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . 5815D Abstimmungen 5816B Dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, BP, Z eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Ausfuhr (Nrn. 2061, 2213, 2286 der Drucksachen) 5816C Beschlußfassung 5816C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Dr. Arndt (Nr. 2254 der Drucksachen) 5817A Dr. Mende (FDP), Berichterstatter 5817A Ewers (DP) 5817C Beschlußfassung 5817D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Schweden über die Verlängerung von Prioritätsfristen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes (Nr. 2095 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz (16. Ausschuß) (Nr. 2259 'der Drucksachen) 5818A Dr. Schatz (CSU), Berichterstatter . 5818A Beschlußfassung 5818B Zweite Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen (Nr. 511 der Drucksachen) und des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen (Nr. 1152 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (12. Ausschuß) (Nr. 1877 [neu] der Drucksachen, Änderungsanträge Umdruck Nrn. 170, 185) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von den Abg. Dr. Krone, Dr. Reif u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Sitz des Bundesaufsichtsamtes für das private Versicherungswesen (Nr. 2199 der Drucksachen) 5818C Mayer (Stuttgart) (FDP) 5818D Von der Tagesordnung abgesetzt . . . 5818D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) über die Interpellation der Fraktion der FDP betr. Remontage (Nrn. 2258, 1703 der Drucksachen) 5819A Stücklen (CSU), Berichterstatter . 5819A Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . . 5820C Dr. Wellhausen (FDP) . . . . 5821B, 5823A Schütz (CSU) 5822B Dr. Leuchtgens (DP) 5822C Walter (DP) 5822D Beschlußfassung 5823B Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Zuckerverteilung (Nr. 2237 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Dr. Dr. Müller (Bonn) u. Gen. betr. Zuckerversorgung (Nr. 2240 der Drucksachen) . . 5823C Dr. Seelos (BP), Antragsteller . . . 5823C Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU), Antragsteller 5824A Frau Keilhack (SPD) 5824B, 5829C Frau Strohbach (KPD) 5826A Dr. Horlacher (CSU) 5826D, 5829B Tobaben (DP) 5827C Dr. Niklas, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 5827D Beschlußfassung 5829D Beratung des Antrags der Abg. Dr. Horraeher u. Gen. betr. Europäische Landwirtschaftsunion (Nr. 2232 der Drucksachen) . 5830A Dr. Horlacher (CSU), Antragsteller 5830A Beschlußfassung 5832B Beratung des Antrags der Abg. Dr. Schröder (Düsseldorf) u. Gen. betr. Beschlagnahme von landwirtschaftlichem Gelände in Hubbelrath (Kreis Düsseldorf-Mettmann) (Nr. 2257 der Drucksachen) 5832B Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU), Antragsteller 5832C, 5836A Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . 5833C Mehs (CDU) 5834A Dr. Frey (CDU) 5834C Renner (KPD): zur Sache 5835A zur Abstimmung 5836B Mellies (SPD) 5835D Muckermann (CDU) 5836A Beschlußfassung 5836D Nächste Sitzung 5836D Die Sitzung wird um 9 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Hermann Ehlers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Bevor ich das Wort an Herrn Dr. Müller weitergebe, möchte ich bekanntgeben, daß die für Freitag, den 1. Juni, 8 Uhr früh, anberaumte Sitzung des Unterausschusses Kunst verschoben werden mußte und jetzt um 11 Uhr im Zimmer 10 des Südflügels stattfindet. Ich hoffe, daß die Beteiligung eine weitere Verschiebung nicht nötig macht.
    Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Müller zur Begründung Ihres Antrages!

    Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem der Herr Kollege Seelos auf die Notwendigkeit der Erhöhung der Zuckerration im Hinblick auf die Obsternte hingewiesen hat, darf ich mich kurz darauf beschränken, die Möglichkeiten hierfür zu erörtern. Nach der jetzigen Zuckerlage können wir bis zur neuen Ernte monatlich 88 000 bis 89 000 t verteilen, während der Bedarf durchschnittlich monatlich 120 000 t beträgt, aber nach den Feststellungen der Marktforschungswirtschaftsstelle z. B. im Monat Juni, wo die Beerenernte beginnt, 132 000 t, im Juli 168 000 t und im August 128 000 t. Dieser Zucker muß bereitgestellt werden, einmal an die Hausfrauen, dann aber auch, Herr Kollege Seelos, in ausreichendem Maße an die Konservenindustrie, die die anfallende Beerenernte aufnehmen muß,

    (Abg. Dr. Seelos: Das steht in unserem Antrag!)

    im Sommer an die Getränkeindustrie, die Marmeladenindustrie und an die Kondensmilchindustrie. Deshalb haben wir beantragt, daß die Regierung prüfen soll, ob die sonst Zucker verarbeitende Industrie in der Zuckerverteilung für einige Monate gekürzt werden kann, um möglichst viel Zucker in die Haushaltungen hineinzupumpen.
    Meine Damen und Herren! Wenn jetzt z. B. eine Mitteilung herausgekommen ist, die vorläufig vertraulich ist, daß wir die Lücke bis auf 65 000 t gefüllt haben, dann ist das sehr problematisch. Wir haben noch 24 500 t hereinbekommen, so daß immer noch 183 000 t fehlen. Wenn hier eine Aufstellung gegeben wird, was an Devisen zur Verfügung gestellt worden ist, und gesagt wird, daß die Lücke fast gefüllt werden kann, kann ich dazu nur sagen, daß die Vorratswirtschaft auch in diesem Punkt mit mehr tausend Tonnen „Wenn" belastet ist als mit effektiven Waren. Angesichts der Gesamtsituation können wir nur mit dem effektiv vorhandenen Zucker rechnen. Die Situation am. Weltmarkt ist so, daß wir überall in der Welt versuchen müssen, kleine Posten zusammenzukratzen, statt daß vorher das Problem großzügig gelöst worden wäre.
    Ich bitte das Hohe Haus, dem von uns gestellten Antrag sofort zuzustimmen. Eine Ausschußberatung ist gar nicht notwendig. Die Situation ist für jeden, der sich damit beschäftigt, absolut klar, und es darf keine Zeit versäumt werden, auf die Regierung einen Druck auszuüben, daß sie in diesem Punkte einmal energisch wird und alles daran setzt, Zucker dort herzuholen, wo er herzuholen ist.

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Sagen Sie das Ihren Fraktionskollegen!)

    — Es ist gut, wenn auch das Haus sich daran beteiligt, Herr Kollege Schmid!


Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich eröffne die Aussprache über beide Anträge. Das Wort hat Frau Abgeordnete Keilhack.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Irma Keilhack


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Herren und Damen! Ich wundere mich, daß eine Partei, die in ihren Reihen doch schließlich den Fachminister für die Fragen der Ernährung und Versorgung hat, hier einen Antrag über den Bundestag einbringt, anstatt zu versuchen, diese problematische Situation in direkter Rücksprache mit der Regierung zu meistern. Sie hätte es dann zweifellos viel schneller erledigen können, zumal der verantwortliche Vorsitzende des
    Fachverbandes für Zuckerwirtschaft in der westdeutschen Bundesrepublik diesen Antrag unterschrieben hat

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    und über das Problem, das hier gestellt ist, ohne Zweifel bestens orientiert ist. Wenn daher von dieser Seite des Hauses ein derartiger Antrag über den Bundestag an die Regierung gestellt wird, dann kann ich das leider nicht anders als mit Spiegelfechterei bezeichnen bzw. darin nur einen Beschwichtigungs- und Ablenkungsversuch für die Konsumenten sehen, die in diesem Jahr bereits etwas früher als im Vorjahr die Zuckernot mit ihren Begleiterscheinungen von Schwarzhandel und Hortung zu spüren bekommen.
    Meine Herren und Damen! Die Situation ist in diesem Jahr ungleich schwerer als im letzten Jahr, da der Zuckerverbrauch — wie auch Herr Dr. Müller bereits sagte — jetzt erst zu steigen beginnt, im Juli die Spitze erreicht und nach einem kleinen Absinken im August und September im Oktober wieder einen sehr hohen Stand erreichen wird. Im Juli z. B. liegt der Zuckerverbrauch um 60 % höher als im Monatsdurchschnitt des Jahres. Sie mögen daraus erkennen, welches Durcheinander und welche Not uns gerade in diesem Jahre wieder erwartet, wenn wir nicht einen ausreichenden Zuckerimport zusammen mit einer Freigabe der restlichen einheimischen Bestände sicherstellen. Sonst werden wir erleben — und das ist j a auch der ausgesprochene Grund für diese beiden Anträge —, daß die wertvolle Obsternte, die sowohl für den eigenen Verbrauch als auch in der gewerblichen Fabrikation für die Vorratshaltung, für die Sicherung und Verbilligung der Lebensmöglichkeiten weiter Kreise des deutschen Volkes unumgänglich nötig ist, nur schlecht oder gar überhaupt nicht verwertet wird. Diese Tatsache trifft natürlich wieder einmal die kleinen Leute besonders hart, die mit viel Aufwand an Kraft und Geld bei ihren bescheidenen Einkünften ihre Gärten bestellt haben und sich aus den dann eingemachten Vorräten für die Wintermonate eine etwas billigere Lebensmöglichkeit schaffen wollen.
    Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, daß am 5. Januar dieses Jahres die Regierung ein Zuckerverkehrsgesetz bekommen hat, das den Sinn hatte, dieses so wichtige Grundnahrungsmittel in ausreichender Menge zu beschaffen und auch an den Verbraucher zu bringen. § 2 dieses Zuckergesetzes verpflichtet die Bundesregierung zur Aufstellung eines Versorgungsplanes, der festlegen soll, wie hoch die Einfuhren nach .Berücksichtigung der Inlandsversorgung, also des Ertrages aus der einheimischen Ernte, sein müssen. Es ist einwandfrei klar gewesen und schon sehr lange klar gewesen, daß wir bis zum Ende dieses Zuckerjahres, also bis zum 30. September, eine Einfuhr von schätzungsweise 550 000 bis 600 000 t Zucker benötigen. Das ist nur der theoretische Mindestbedarf, bei dem die Hortungs- und Hamstertendenzen, die wir im letzten Jahr auf diesem Gebiet in zunehmendem Maße zweifellos feststellen konnten, nicht berücksichtigt sind. Bis vor kurzer Zeit — über die neuesten Einfuhrmöglichkeiten der Regierung bin ich nicht im Bilde — fehlten noch 200 000 t Zucker; das hat auch der Fachverband der Zuckerwirtschaft bestätigt. Wenn man die heutige Unterversorgung kennt und in Betracht zieht, daß bis zum August, d. h. bis zum Ende der Haupteinmachzeit, normal 430 000 t gebraucht werden, dann kann man sich leicht ausrechnen, in welche Situation wir kommen werden.
    Deutscher Bundestag —148. Sitzung. Bonn, Freitag, den 1. Juni 1951 5825

    (Frau Keilhack)

    Meine Herren und Damen! Der Abs. 1 des Antrages der Herren Abgeordneten Dr. Dr. Müller (Bonn) und Genossen besagt, daß für die genannten Monate der Zuckerverbrauch der Zucker verarbeitenden Industrie auf ein Mindestmaß herabgesetzt werden soll. Ich kann das nicht ganz verstehen. Denn das Memorandum der Zuckerwirtschaft, das auch Herr Dr. Müller unterzeichnet hat, sagt andererseits — ich darf das vielleicht vorlesen —:
    Die Deckung dieses gewerblichen Bedarfs in den Sommermonaten ist jedoch volkswirtschaftlich genau so dringend wie die Deckung des Haushaltsbedarfs, weil das Schwergewicht des gewerblichen Zuckerverbrauchs in den Monaten Mai bis September in der Verarbeitung und Konservierung der deutschen Beeren- .und Obsternte, in der Fabrikation von Marmeladen, Obstkonserven und Obstsäften und in der Herstellung alkoholfreier erfrischender Getränke sowie in der Konservierung und Verwertung der deutschen Milchüberschüsse durch Kondensmilch und Speiseeis liegt.
    Ich glaube, hierin liegt ein sehr großer Widerspruch.
    Der gezeigte Ausweg ist praktisch auch gar kein Ausweg, sondern es bleibt nur die Alternative, mehr Zucker zu beschaffen. Wir halten auch die darin vorgeschlagenen Teilbewirtschaftungen — denn nichts anderes würde es in der Folge sein — für falsch und für den ersten Schritt zu erneuten Schwarzmarktaufkäufen und erhöhten Zuckerpreisen durch die Aufkäufe aus zweiter Hand. Wir kennen ja diese Praktiken allmählich. Letzten Endes wird das zu nichts anderem führen als zu einer absoluten Verstopfung der Kaufmöglichkeiten für den unbemittelten Verbraucher. Es kann also nach unserer Meinung nichts anderes gefordert und betrieben werden als eine absolut sichere Deckung des Zuckerbedarfs, der nun einmal eindeutig feststeht. Es gibt nur eine völlige Freigabe oder eine völlige Bewirtschaftung. Da Sie sich nun einmal für die völlige Freigabe entschieden haben, die wir absolut begrüßen, ist es ganz klar, daß diese Freigabe nicht zu einer Freigabe für bestimmte Verbrauchergruppen werden darf, die eben entsprechende Beziehungen haben und zu höheren Preisen kaufen können. Mit der Freigabe, die Sie vorgenommen haben, verband sich für Sie eine absolute Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß auch die Nachfrage. völlig befriedigt werden kann, d. h. außer der Förderung der einheimischen Zuckerrübenerzeugung die Bereitstellung von Devisen für den ausreichenden Import zu veranlassen. Was ist jedoch geschehen? Der Bundesernährungsminister — _das sei hier einmal oder noch' einmal festgestellt — hat zu wenig und ,zu spät Devisen erhalten. Vielleicht darf ich einmal auf das Beispiel des vorigen Jahres hinweisen, in dem durch Ankündigung ides Herrn Bundesfinanzministers betreffend den Subventionsfortfall, eine Stockung, und zwar die erste Stockung, in der Zuckerlenkung eingetreten ist. Der Herr Bundesfinanzminister mußte sich davon überzeugen, daß es so nicht geht. Er mußte später doch Devisen bereitstellen und hat das getan, und zwar für 6,3 Millionen DM mehr, die er dann für die gleiche Zuckermenge anwenden mußte.
    Meine Damen und Herren! Die chronische Devisenknappheit ist doch letzten Endes die Ursache all der Engen, die sich besonders auf dem Zuckergebiet so drastisch und deutlich ausgewirkt haben.
    Sie ist eine Folge der gesamten Wirtschaftspolitik, die sich mit dem Devisenstopp und all den anderen Dingen, die ich hier nicht weiter ausführen will, auch auf diesem Gebiet ausgewirkt hat. Dazu kommt das ganz besondere Geschick der Bundesregierung, durch periodische Publikationen von Zuckerpreiserhöhungen den Erzeuger und den Handel zur Zurückhaltung von Ablieferungen anzureizen — das ist ganz selbstverständlich — und die Käufer, soweit sie es überhaupt nur irgendwie ermöglichen können, zu Vorratskäufen zu ermuntern. Schließlich sind wir in Deutschland ja gerade während langer Jahre sehr geschult, auf feinste Stockungen im Wirtschaftsablauf sehr deutlich zu reagieren. Abermals liest man in der Zeitung von Preiserhöhungsabsichten des Herrn Bundesfinanzministers für Zucker, und zwar von 1,14 DM pro Kilo auf 1,40 DM pro Kilo, nachdem man eine ähnliche Ankündigung vor etwa zwei Monaten inzwischen fallengelassen hat. Ich frage Sie: Was bezweckt man eigentlich mit diesen Ankündigungen? Will man mit der jetzt wieder vorgesehenen Preiserhöhung die Vorräte aus den Lägern und Fabriken holen? Es mögen vielleicht noch einige 1000 t da sein; eine entscheidende Versorgungserleichterung bedeuten sie nicht, auch wenn es einige 1000 t sind. Aber alles das bedeutet eine Belohnung für die Schicht, die mit ihrer Zurückhaltung des Zuckers wieder einmal richtig spekuliert hat und einen Aufpreis erhalten wird, den sie auf andere Weise nicht bekommen würde.
    Diese Maßnahme findet ihre Parallele in der derzeitigen Getreidepreiserhöhung, die auch mit einer solchen oder ähnlichen Begründung vorgenommen wurde und mit einem Erfolg der Spekulanten sowie mit einer Bestrafung der ehrlich abliefernden Bauern ohne jeden praktischen Effekt für den Getreidemarkt geendet hat. Oder will man vielleicht, wie bei der Drucksache Nr. 2107, die in der 138. Sitzung durch den Bundestag gegangen ist - es sind die gleichen Antragsteller wie die des heute gestellten Antrages betreffend Zucker —, mit einer solchen Preiserhöhung die Subventionen für dieses wichtige Grundnahrungsmittel in Fortfall kommen lassen? Oder will man diesen Weg gar gehen, um Zuckerfabriken zu bauen, die nun praktisch der Zuckerverbraucher finanziert und die bisher nicht finanziert werden konnten wegen der Mangelhaftigkeit und der allgemeinen Planlosigkeit der Regierung in der Investitionspolitik, die auch für diese wichtige Aufgabe keine Mittel bereitgestellt hat, indem man sich lediglich auf Marshallplanmittel verließ.
    Wir als Sozialdemokraten protestieren jedenfalls ganz energisch gegen diesen neuen Angriff auf die Lebenshaltung des kleinen Mannes, der der Regierung mit 151/4 Pfennig pro Pfund Zuckersteuer ja wahrhaftig schon seinen Obolus entrichtet. Wir fordern die Bundesregierung eindeutig und zu wiederholten Malen auf, dafür zu sorgen, daß die durch ihre Dispositionslosigkeit in der Außenhandelspolitik zu klein gewordenen Zuckermengen schnellstens aufgefüllt werden. Reden Sie nicht von zu hohem Verbrauch, wie das in den letzten Wochen sehr gern und sehr oft geschehen ist! Wir haben den Friedensstand im Zuckerverbrauch in Deutschland noch nicht erreicht. Durch eine Verlagerung der Verzehrgewohnheiten im allgemeinen ist in der ganzen Welt ein höherer Zuckerverbrauch zu beobachten, den wir allein in Deutschland auch nicht abwenden können. Außerdem ist es klar, daß der Zuckerverbrauch in einer direkten


    (Frau Keilhack)

    Relation zum Fett- und Fleischverbrauch steht, der in Deutschland bekanntlich noch lange nicht den Normalstand erreicht hat und der auch durch die Lohn- und Preispolitik der Regierung zweifellos in den nächsten Monaten noch sinken wird. Halten Sie deshalb keine Moralpredigten für niedrigeren Zuckerverbrauch! In Moralpredigten hat sich Herr Minister Erhard auf seinem Gebiet, wie Sie zugeben werden, ohne den geringsten Erfolg versucht. Ihre freie Marktwirtschaft legt dem Verbraucher durch die verbrauchsfeindliche Preispolitik so viele Opfer auf, daß es eine Forderung von Recht und Billigkeit ist, die Versorgung mit diesem wichtigen Grundnahrungsmittel, dem Zucker, auf jeden Fall sicherzustellen. Dafür trägt die Bundesregierung die volle Verantwortung.
    Wir sind selbstverständlich damit einverstanden, daß der Antrag Nr. 2240 sofort angenommen wird, sehen ihn aber von uns aus als einen Mindestantrag an.

    (Beifall bei der SPD.)