Protokoll:
18031

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 18

  • date_rangeSitzungsnummer: 31

  • date_rangeDatum: 11. April 2014

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:01 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 13:11 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 18/31 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 31. Sitzung Berlin, Freitag, den 11. April 2014 I n h a l t : Begrüßung der Oppositionsführerin des Un- terhauses des Parlaments der Republik der Union Myanmar, Frau Aung San Suu Kyi . . 2583 A Tagesordnungspunkt 1: (Fortsetzung) a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2014 (Haushaltsgesetz 2014) Drucksache 18/700 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2583 B b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2013 bis 2017 Drucksache 17/14301 . . . . . . . . . . . . . . . . 2583 B Einzelplan 12 Bundesministerium für Verkehr und digi- tale Infrastruktur Alexander Dobrindt, Bundesminister BMVI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2583 C Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 2587 D Sören Bartol (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2589 B Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2591 A Reinhold Sendker (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2593 A Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2594 B Sabine Leidig (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 2595 D Steffen Bilger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2597 A Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2597 D Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2598 C Kirsten Lühmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2599 D Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2601 A Arno Klare (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2602 A Arnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 2603 B Schlussrunde: Haushaltsgesetz 2014 Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2605 A Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE) . . . . . . . . . 2607 D Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2610 B Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2612 B Norbert Brackmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 2614 C Roland Claus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . 2616 B Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD) . . . . . . . . . . . . 2617 B Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2618 D Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 2620 C Ingrid Arndt-Brauer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 2622 C Ingbert Liebing (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2624 C Swen Schulz (Spandau) (SPD) . . . . . . . . . . . 2626 A Kerstin Radomski (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 2627 D Carsten Körber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 2629 A Nächste Sitzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2630 D Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2630 D Inhaltsverzeichnis II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2014 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 2631 A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2632 A Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2014 2583 (A) (C) (D)(B) 31. Sitzung Berlin, Freitag, den 11. April 2014 Beginn: 9.01 Uhr
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    Berichtigung 30. Sitzung, Seite 2553 B, die ersten beiden Absätze sind wie folgt zu lesen: Den Gipfel finde ich aber wirklich, dass Sie den An- teil, den Ihr Ministerium erbringen muss, damit das unsägliche Betreuungsgeld gezahlt werden kann, den Ar- beitslosen aufdrücken. Die Arbeitslosen sollen die 5 Millionen Euro aufbringen, die das Betreuungsgeld kostet. Das mag nicht viel Geld sein, aber ich finde, das ist an Symbolkraft nicht mehr zu toppen. Sie handeln nach dem Motto „Die Etats der Jobcenter reichen sowieso von vorne bis hinten nicht; da kommt es auf die 5 Millionen Euro auch nicht mehr an“. Ich halte das für eine ungeheure Unverschämtheit. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2014 2631 (A) (C) (B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten (D) Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Alpers, Agnes DIE LINKE 11.04.2014 Amtsberg, Luise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.04.2014 Bareiß, Thomas CDU/CSU 11.04.2014 Bätzing-Lichtenthäler, Sabine SPD 11.04.2014 Beck (Bremen), Marieluise BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.04.2014 Becker, Dirk SPD 11.04.2014 Dörmann, Martin SPD 11.04.2014 Ehrmann, Siegmund SPD 11.04.2014 Ernstberger, Petra SPD 11.04.2014 Dr. Fabritius, Bernd CDU/CSU 11.04.2014 Färber, Hermann CDU/CSU 11.04.2014 Fograscher, Gabriele SPD 11.04.2014 Freitag, Dagmar SPD 11.04.2014 Fuchtel, Hans-Joachim CDU/CSU 11.04.2014 Gohlke, Nicole DIE LINKE 11.04.2014 Groß, Michael SPD 11.04.2014 Held, Marcus SPD 11.04.2014 Hellmuth, Jörg CDU/CSU 11.04.2014 Kelber, Ulrich SPD 11.04.2014 Keul, Katja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.04.2014 Kömpel, Birgit SPD 11.04.2014 Krellmann, Jutta DIE LINKE 11.04.2014 Dr. Lengsfeld, Philipp CDU/CSU 11.04.2014 Dr. Lindner, Tobias BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.04.2014 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.04.2014 Mihalic, Irene BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.04.2014 Möhring, Cornelia DIE LINKE 11.04.2014 Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.04.2014 Nowak, Helmut CDU/CSU 11.04.2014 Özdemir, Cem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.04.2014 Dr. Pfeiffer, Joachim CDU/CSU 11.04.2014 Pilger, Detlev SPD 11.04.2014 Poschmann, Sabine SPD 11.04.2014 Dr. Priesmeier, Wilhelm SPD 11.04.2014 Rohde, Dennis SPD 11.04.2014 Dr. Röttgen, Norbert CDU/CSU 11.04.2014 Rüthrich, Susann SPD3 11.04.2014 Dr. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 11.04.2014 Schlecht, Michael DIE LINKE 11.04.2014 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 11.04.2014 Schwabe, Frank SPD 11.04.2014 Silberhorn, Thomas CDU/CSU 11.04.2014 Dr. Steinmeier, Frank- Walter SPD 11.04.2014 Thönnes, Franz SPD 11.04.2014 de Vries, Kees CDU/CSU 11.04.2014 Dr. Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 11.04.2014 Wellenreuther, Ingo 11.04.2014 Werner, Katrin 11.04.2014 Wunderlich, Jörn DIE LINKE 11.04.2014 Zech, Tobias CDU/CSU 11.04.2014 Ziegler, Dagmar SPD 11.04.2014 CDU/CSU DIE LINKE Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Anlagen 2632 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 31. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. April 2014 (A) (C) (B) Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass sie gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absehen: Ausschuss für Arbeit und Soziales – Unterrichtung durch die Bundesregierung Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebens- lagen von Menschen mit Beeinträchtigungen Teilhabe – Beeinträchtigung – Behinderung Drucksachen 17/14476, 18/413 Nr. 1.3 Ausschuss für Gesundheit – Bericht gemäß § 56a GO-BT des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Technikfolgenabschätzung (TA) Fortpflanzungsmedizin – Rahmenbedingungen, wissen- schaftlich-technische Entwicklungen und Folgen Drucksachen 17/3759, 18/770 Nr. 24 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Fünfter Erfahrungsbericht der Bundesregierung über die Durchführung des Stammzellgesetzes (Fünfter Stammzellbericht) Drucksachen 17/12882, 18/770 Nr. 25 Offsetdruc sellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 K – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über Erweiterungsszenarien zur elektroni- schen Dokumentation der Organspendeerklärung auf der elektronischen Gesundheitskarte Drucksachen 17/14326, 18/641 Nr. 18 – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht zum Projekt „Deutsches Elektronisches Melde- system für Infektionsschutz“ (DEMIS) Drucksachen 17/14697, 18/641 Nr. 27 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unions- dokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Be- ratung abgesehen hat. Innenausschuss Drucksache 18/419 Nr. A.28 Ratsdokument 13173/13 Ausschuss für Wirtschaft und Energie Drucksache 18/419 Nr. A.83 Ratsdokument 10900/13 Drucksache 18/544 Nr. A.30 Ratsdokument 5160/14 Drucksache 18/642 Nr. A.3 Ratsdokument 5742/14 Drucksache 18/822 Nr. A.16 EP P7_TA-PROV(2014)0069 Drucksache 18/822 Nr. A.17 Ratsdokument 5489/14 (D) kerei, Bessemerstraße 83–91, 1 öln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de 22 31. Sitzung Inhaltsverzeichnis Epl 12 Verkehr und digitale Infrastruktur TOP 1 Schlussrunde Haushaltsgesetz 2014 Anlagen
Gesamtes Protokol
Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803100000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.

Zuallererst möchte ich von ganzem Herzen in unse-
rem Hohen Haus die Oppositionsführerin des Unterhau-
ses des Parlaments der Republik der Union Myanmar,
Frau Aung San Suu Kyi, mit ihrer Delegation begrüßen.


(Beifall)


Nachdem Sie bereits gestern ein Treffen mit unserem
Bundestagspräsidenten Professor Lammert hatten,
freuen wir uns von Herzen, dass wir Sie heute bei uns im
Plenum begrüßen können. Seien Sie sich sicher: Wir be-
wundern Ihren großen Mut. Wir bewundern Ihre Gerad-
linigkeit und Ihre Kraft, weltweit für Freiheit und Demo-
kratie einzutreten.


(Beifall)


Im Namen des ganzen Hauses wünschen wir Ihnen
für Ihren Aufenthalt in Berlin und für Ihr weiteres parla-
mentarisches Wirken in Ihrer Heimat viel Erfolg, viel
Kraft und alles Gute. Genießen Sie jetzt eine Haushalts-
debatte im Deutschen Bundestag!


(Heiterkeit und Beifall)


Wir setzen die Haushaltsberatungen fort.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 1 a und 1 b auf:

a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für

(Haushaltsgesetz 2014)

Drucksache 18/700
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Finanzplan des Bundes 2013 bis 2017
Drucksache 17/14301
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss
Am Dienstag haben wir für die heutige Aussprache
eine Redezeit von insgesamt 3 Stunden 41 Minuten be-
schlossen. Bitte halten Sie sich an die Redezeiten.

Wir beginnen die heutigen Haushaltsberatungen mit
dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für
Verkehr und digitale Infrastruktur, Einzelplan 12.

Beginnen wird diese Debatte der Bundesminister
Alexander Dobrindt. Herr Dobrindt, Sie haben das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Meine Damen und Herren! Die deutsche
Wirtschaft befindet sich im Aufschwung. Die deutsche
Wirtschaft wächst stabil und kräftig – das beschreibt das
gestern vorgestellte Frühjahrsgutachten –: 1,9 Prozent
Wachstum in diesem und 2 Prozent Wachstum im nächs-
ten Jahr.

Das ist eine gewaltige Leistung, die aber auch gewal-
tige Herausforderungen für unsere Verkehrssysteme wie
auch für unsere Infrastruktur bedeuten wird. Wirtschafts-
wachstum in einer industrialisierten Gesellschaft bedeu-
tet auch Wachstum der Verkehrsströme. Wirtschafts-
wachstum und wachsende Verkehrsströme auf einer
Infrastruktur, die leistungsfähig ist, sind die Grundlage
für unseren Wohlstand. Deswegen müssen wir die Leis-
tungsfähigkeit unserer Infrastruktur weiter ausbauen und
in die Leistungsfähigkeit der Infrastruktur investieren.

Meine Damen und Herren, wer glaubt, man könnte
Wirtschaftswachstum vom Wachstum der Infrastruktur
abkoppeln, wird uns am Schluss vom Wohlstand abkop-
peln. Deswegen werden wir das nicht zulassen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Statt Entkopplungs- und Abkopplungskonzepten für
Verkehr und Wirtschaft brauchen wir eine konzertierte
Vernetzung aller Verkehrsträger – Straße, Schiene, Was-
ser, Luft und Datenwege. Damit stehen wir in einer Tra-





Bundesminister Alexander Dobrindt


(A) (C)



(D)(B)

dition, die Ludwig Erhard begründet hat. Schon Erhard
hat die Verkehrspolitik so beschrieben. Er hat gesagt:
Wenn wir erfolgreiche Verkehrspolitik betreiben wollen,
dann geht es um die Beantwortung der Frage: Wie kann
diese Arbeit Früchte tragen und Fortschritte erzielen?
Die Antwort lautet: Wenn sie an einem gesellschaftli-
chen Leitbild orientiert ist.

Es geht um ein gesellschaftliches Leitbild bei der Ver-
kehrspolitik. Unser Leitbild der Verkehrspolitik kann
heißen, eine aktivierende Mobilitätspolitik in Deutsch-
land zu gestalten. Das bedeutet, dass die Investitionen in
Infrastrukturmaßnahmen sich an der verkehrlichen Ge-
samtwirkung und dem volkswirtschaftlichen Nutzen
orientieren müssen und an nichts anderem.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und an der Bezahlbarkeit!)


Die Beantwortung der Frage, ob wir ein Innovations-
land bleiben oder ein Stagnationsland werden, hängt
auch davon ab, wie viel wir in unsere Infrastruktur zu in-
vestieren bereit sind. Deswegen ist die Sicherung der
Leistungsfähigkeit unserer Verkehrsinfrastruktur eines
der zentralen Projekte der Koalition. Wir geben ein kla-
res Bekenntnis ab, dass wir dauerhaft auf einem hohen
Niveau in die Infrastruktur investieren wollen.

Wir bekommen in wenigen Wochen eine neue Ver-
kehrsprognose auf den Tisch, die für alle Verkehrsträger
sehr klar Auskunft geben wird, wie die Verkehre in Zu-
kunft anwachsen werden. Es ist schon heute erkennbar,
dass wir deutliche Zuwächse bei allen Verkehren bzw.
allen Verkehrsträgern haben, sowohl auf der Wasser-
straße als auch auf der Schiene als auch auf der Straße.
Dieser Tatsache und den sich daraus ergebenden Heraus-
forderungen müssen wir uns natürlich stellen. Das hat
diese Koalition dadurch getan, dass sie 5 Milliarden
Euro zusätzlich in die Verkehrsinfrastruktur investieren
will.


(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In den Erhalt!)


Wir werden diese Haushaltsmittel zur Verfügung stellen.
Das entwickelt unsere Investitionslinie in den nächsten
Jahren von in diesem Jahr 10,5 Milliarden Euro auf ein
Niveau von über 12 Milliarden Euro im Jahr 2017.

An dieser Stelle darf ich auch einmal ganz herzlich
Dankeschön an den Bundesfinanzminister und an unsere
Haushälter sagen. Das ist eine große Kraftanstrengung,
auch für diesen Haushalt. Investitionen in Höhe von über
12 Milliarden Euro in die Verkehrssysteme:


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat dieser Haushalt aber nicht! Das ist im Haushalt 2014 nicht drin!)


Das hätten sich viele andere gewünscht. Das war lange
gefordert. Wir schaffen es jetzt. Wir wollen dieses hohe
Niveau auch in der Zukunft beibehalten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Die 12 Milliarden Euro, die wir erreichen wollen,
sind übrigens nicht die Spitze, sondern die Basis für wei-
tere Anstrengungen und zusätzliche Investitionen, die
wir für die Zukunft planen. Wir steigern mit verschiede-
nen Möglichkeiten übrigens auch die Effizienz dieser
dann 12 Milliarden Euro, die wir einsetzen wollen, unter
anderem im Hinblick auf die Mehrjährigkeit der Mittel.
Wir haben als Verkehrspolitiker jahrelang gerade hier im
Parlament dafür gekämpft, dass wir angesichts der lan-
gen Planungszeiten und der Verzögerungen, die manch-
mal durch Klagen – ob gerechtfertigt oder nicht – her-
vorgerufen werden, die Mittelverwendung näher an den
Baufortschritt der jeweiligen Maßnahme heranbringen.
Dazu dient die Mehr- und Überjährigkeit. Dass dies ge-
lungen ist, ist ein großer Erfolg der Verkehrspolitik in
Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wir wollen die Nutzerfinanzierung weiterentwickeln.
Wir werden die Lkw-Maut verbreitern und vertiefen.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bislang haben wir aber nur Fehleinnahmen!)


– Warten Sie es doch einmal ab!


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann fehlen Ihnen über 2 Milliarden!)


Dass sich die Grünen darüber freuen, dass wir aufgrund
von Mautmindereinnahmen weniger Geld in die Straße
investieren können, glaube ich. Aber der Rest des Parla-
ments findet es bedauerlich und will Maßnahmen ergrei-
fen, damit wir mehr und nicht weniger Geld investieren
können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist jetzt doch ein bisschen billig! Das ist ganz schön peinlich! – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein 2-Milliarden-Loch!)


Wir werden die Lkw-Maut verbreitern und vertiefen.
Deswegen werden wir Mitte 2015 zusätzlich tausend Ki-
lometer autobahnähnliche Bundesstraßen bemauten und
ab Herbst nächsten Jahres Lkws ab 7,5 Tonnen in die
Bemautung einbeziehen. Aber das alles führt noch nicht
dazu, dass das, was uns das Wegekostengutachten be-
schert, nämlich eine Kalkulationsgrundlage, die unter-
halb der bisherigen Mauteinnahmen liegt, komplett aus-
geglichen wird; ich habe darüber berichtet. Mein Ärger
darüber ist bisher nicht verflogen. Dass in dieser Legis-
laturperiode eine der wesentlichen Finanzierungsgrund-
lagen, die Einnahmen aus der Lkw-Maut, bei steigenden
Preisen und Kosten sowie den notwendigen Investitio-
nen in die Straße um 2 Milliarden Euro einbrechen wird,
ist in der Tat kein wirklich gutes Zeichen.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schon seit einem Jahr bekannt! Das ist doch nichts Neues!)


Aber das liegt daran, dass die Bemessungsgrundlage da-
für das Zinssystem ist.





Bundesminister Alexander Dobrindt


(A) (C)



(D)(B)


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Bemessungsgrundlage kann man doch mal ändern!)


Wenn sich fast 50 Prozent der Lkw-Maut über das Zins-
system in Europa bestimmen, dann kann man dies nur
als ausdrücklichen Fehler bezeichnen.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer war denn vorher Verkehrsminister?)


Es ist doch nicht die Aufgabe der Europäischen Zentral-
bank, über die Einnahmen aus unserer Lkw-Maut zu ent-
scheiden. Deswegen werden wir das angreifen und än-
dern.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir haben zugesagt, dass wir alle rechtlichen Maß-
nahmen, die das Wegekostengutachten zulässt, zur Ver-
breiterung und Vertiefung ergreifen werden.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann ändern Sie doch mal die rechtlichen Grundlagen!)


Dadurch wird übrigens ein Teil der Mindereinnahmen
ausgeglichen. Es bleibt aber in dieser Legislaturperiode
immer noch eine theoretische Lücke. Diese theoretische
Lücke müssen wir schließen. Deswegen war ich in Ver-
handlungen mit dem Bundesfinanzminister. Ich darf an
dieser Stelle sagen: Es ist eine großartige Leistung – ich
bin dem Finanzminister ausgesprochen dankbar –, dass
er dies als notwendig anerkannt hat. Wir werden an den
geplanten 5 Milliarden Euro Mehrausgaben für die Infra-
struktur festhalten. Diese werden durch Mindereinnah-
men aus der Lkw-Maut nicht geschmälert werden. Wenn
es eine Lücke gibt, wie ich sie beschrieben habe, dann
wird sie über allgemeine Haushaltsmittel ausgeglichen.
Das ist die Vereinbarung, die wir mit dem Bundesfinanz-
ministerium getroffen haben.


(Beifall des Abg. Martin Burkert [SPD])


Es ist eine großartige Leistung, dass der Finanzminister
dem zugestimmt hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Das ist Verkehrspolitik:


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)


sich den Problemen zu stellen und, wenn die Finanzen
knapp sind, dafür zu sorgen, dass darunter trotzdem
nicht die Investitionen in die Infrastruktur leiden.


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben eigentlich ganz gute Zeiten, Herr Minister!)


Wir haben neben der Diskussion über die Nutzerfi-
nanzierung bei der Lkw-Maut auch eine Diskussion über
die Einführung der Pkw-Maut. Ich freue mich immer
wieder, wenn ich sehe, wie eifrig diese Diskussion


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie führen sie doch am stärksten!)

auch außerhalb des Parlaments geführt wird. Ich habe
heute festgestellt, dass auch wohlmeinende Ratschläge
aus den europäischen Nachbarländern kommen, mit de-
nen ich übrigens in ausgesprochen guten Gesprächen
bin. Wenn die Verkehrsministerin der Niederlande da-
rauf hinweist, dass es nicht ihr größter Wunsch ist, dass
in Deutschland eine Pkw-Maut eingeführt wird, dann
kann man dies verstehen. Aber beim besten Willen: Ich
mache die Verkehrspolitik nicht für die Niederlande, ich
mache die Verkehrspolitik für Deutschland,


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leider nur für Bayern!)


und für Deutschland ist es gut, wenn wir mehr Geld ein-
nehmen. Deswegen werden wir das umsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir haben einen klaren Fahrplan,


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bla, bla, bla, bla!)


was die Nutzerfinanzierung betrifft. Wir werden ab
1. Juli 2015 die Lkw-Maut auf vierspurigen Bundesstra-
ßen erheben, wir werden am 1. Oktober 2015 die Lkw-
Maut für Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen einführen,


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Durch Wiederholung wird das nicht besser!)


wir werden zum 1. Januar 2016 die Pkw-Maut einfüh-
ren, und wir werden Mitte 2018 die Ausweitung der
Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen umsetzen, wie es der
Koalitionsvertrag vorsieht.

Wir haben eine hohe Investitionslinie für die zukünf-
tigen Haushalte. Wir erreichen sie durch die Nutzerfi-
nanzierung, durch die Finanzierung aus dem allgemei-
nen Haushalt, durch Steuerfinanzierung, und wir
erreichen dieses hohe Niveau auch, wenn wir öffentlich-
private Partnerschaften als alternative Finanzierung zu-
lassen.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh Gott! – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh ne!)


Wir haben vereinbart, dass wir dieses Instrument dann,
wenn die Maßnahmen rascher und effizienter durch ein
ÖPP-Projekt durchgeführt werden können, auch nutzen.
Ich sage Ihnen: Ja, Kontrolle ist wichtig an dieser Stelle,
ja, Beobachtung muss sein, ob das effizienter ist,


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oder mal den Bundesrechnungshof ernst nehmen! Das machen Sie aber nicht!)


und ja, wir müssen genau schauen, ob diese Projekte da-
durch wirtschaftlich realisiert werden können; aber es
muss auch fair geprüft werden. Wenn es möglich ist,
werden wir die Investitionen über diesen Weg tätigen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir müssen unsere Finanzmittel möglichst effektiv
einsetzen; das ist wahr. Deswegen geht es auch um eine
klare Prioritätensetzung. Die aktivierende Mobilitäts-





Bundesminister Alexander Dobrindt


(A) (C)



(D)(B)

politik hat unser Land übrigens zum Logistikweltmeister
gemacht. Wir profitieren von ständig wachsenden natio-
nalen und internationalen Warenströmen. Die Weltbank
hat es uns in diesen Tagen sehr deutlich gesagt: Deutsch-
land ist der wichtigste Logistikmarkt der Welt. Warum
ist dies so? Wegen der großen Leistungsfähigkeit der
deutschen Infrastruktur, wegen der Zuverlässigkeit und
Pünktlichkeit der deutschen Logistiker. Das ist ein Krite-
rium, für das Deutschland die höchste Wertung im Ran-
king erhalten hat. Es ist die Qualität der Transportinfra-
struktur, die dazu führt, dass wir der Logistikmarkt
Nummer eins auf der Welt sind. Wir wollen dies auch
bleiben, und deswegen unterstützen wir die Logistiker
mit unseren Investitionen in die Infrastruktur.


(Beifall bei der CDU/CSU – Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kommen Sie mal zum Breitbandausbau!)


Durch die wachsenden Verkehre entstehen hohe Be-
anspruchungen, sowohl auf der Schiene als auch auf der
Straße als auch auf der Wasserstraße. Wir haben die Ver-
antwortung, dass diese Verkehrswege in Schuss bleiben,
damit der Warenstrom darauf stattfinden kann.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommen Sie endlich mal zu den entscheidenden Punkten!)


Wir bleiben bei der Priorisierung, die wir schon vor Jah-
ren gewählt haben: Erhalt geht vor Neubau.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sieht man aber nicht an Ihrem Haushalt! Im Gegenteil! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist auch die Maßgabe für diese Legislaturperiode.
Wir haben eine ganze Reihe von Problemen bei Brücken
in diesem Land.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Da kann man was machen! – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stecken Sie das Geld in Brücken und nicht in bayerische Autobahnen!)


„Brückenschmerzen“ heißt die Schlagzeile eines Maga-
zins. Deswegen sage ich: In wenigen Wochen bekom-
men wir den Brückenzustandsbericht mit Nachberech-
nungen unserer Brückenstatik. Ich sage schon heute
voraus: Da wird vieles ernüchternd sein,


(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ernüchternd ist Ihr Haushalt!)


und deswegen ist es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen,
dass wir ein Brückensanierungsprogramm für die
Schiene und für die Straße in Deutschland bekommen,
ein Sonderprogramm für Investitionen in Brücken zur
Ertüchtigung von Brücken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum ist das bisher nicht im Haushalt? Erst mal nur ankündigen! Nur Neubau wird angekündigt!)

Auch wenn wir uns sehr klar für den Erhalt vor Neu-
bau aussprechen, lieber Kollege Kindler, müssen wir na-
türlich auch in den Neubau investieren.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sagen es! Sie machen es aber nicht!)


Wir haben eine ganze Reihe von Straßen- und Schienen-
projekten, die entsprechend umgesetzt werden wollen.
Aber wir sagen auch deutlich: Priorität ist, dass alle Pro-
jekte, die nicht bis 2015 im Bau sind, im Rahmen des
Bundesverkehrswegeplans neu überprüft werden.

Ich habe dies übrigens auch den Kollegen der Länder
auf der Verkehrsministerkonferenz so mitgeteilt. Da
schaute ich erst einmal in eine Reihe von relativ ratlosen
Gesichtern und wurde darauf hingewiesen, das könnte
dazu führen, dass es bestimmte Projekte vielleicht nicht
mehr gibt. –


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na klar!)


Ja, genau dazu könnte das führen. Aber das ist auch Sinn
und Zweck der Übung. Wir brauchen keine politischen
Straßen, keine politischen Schienen und keine politi-
schen Wasserwege.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann fangen Sie mal in Bayern an! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In Bayern machen Sie das doch!)


Das passt nicht in die Zeit. Wir brauchen eine Verkehrs-
politik, die sich am volkswirtschaftlichen Nutzen aus-
richtet, und das setzen wir um.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir werden den Schienenverkehr deutlich stärken.
Wir führen mit der Deutschen Bahn Verhandlungen über
die LuFV, die Leistungs- und Finanzierungsvereinba-
rung. Wir werden auch da mehr Geld in den Bestand in-
vestieren. Ich sage deutlich: Wir haben auch Anforde-
rungen an die Bahn. Wir haben der Bahn den Auftrag
gegeben, eine Digitalisierungsoffensive zu starten.
Bahnverkehre müssen auch über Digitalisierungen in die
Neuzeit hineingetragen werden. Die Bahn und unser
Haus werden in wenigen Wochen gemeinsam das Digi-
talisierungskonzept der Bahn vorstellen. Die Bahn hat
den Auftrag sehr ernst genommen, sich an der Lebensre-
alität der Menschen auszurichten, das Verkehrskonzept
der Zukunft darzulegen


(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo bleibt ein Konzept zum Breitbandausbau?)


und mit uns gemeinsam diese Digitalisierung voranzu-
treiben.

Ich sage Ihnen hier klar: Diese Bundesregierung steht
zu den Bahnen. Sie haben das in den letzten Wochen
deutlich verfolgen können. Wir hatten an dieser Stelle im
Zuge der EEG-Reform, der Reform des Erneuerbare-
Energien-Gesetzes, eine intensive Diskussion. Wir ha-





Bundesminister Alexander Dobrindt


(A) (C)



(D)(B)

ben es auf dem Verhandlungswege geschafft, dafür zu
sorgen, dass die Bahnen weiterhin einen Rabatt bei der
Ökostromumlage erhalten.


(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 80 Millionen Mehrkosten für die Bahn!)


Das ist ein wichtiger Beitrag dazu, dass das Bahnfahren
nicht teurer wird, damit das Bahnfahren attraktiv bleibt
und der Transport auf der Schiene erhalten bleibt. Ich
will an dieser Stelle ganz herzlich dem Bundeswirt-
schaftsminister Sigmar Gabriel dafür danken, dass diese
gute Einigung möglich war.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie mal was zum Breitbandausbau!)


Lassen Sie uns gemeinsam die Herausforderungen
der Zukunft, die insbesondere im Bereich der alternati-
ven Antriebe, der Elektromobilität und der besseren Nut-
zung der Verkehrswege liegen, bewältigen. Wir brau-
chen auch die Digitalisierung unserer Verkehrswege. Ich
weiß, dass Sie, liebe Kollegin Wilms, sich beim letzten
Mal noch darüber ausgelassen haben, dass wir uns zwar
um die Infrastruktur im digitalen Bereich kümmern, dass
aber die nötigen Mittel dazu im Haushalt fehlen.


(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, die fehlen! – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo sind sie denn?)


Ich weise Sie darauf hin, dass es gelungen ist, eine Ver-
einbarung darüber zu treffen, wie wir in die digitale In-
frastruktur investieren können. Das Geld, das durch die
Digitale Dividende,


(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist noch gar nicht eingenommen!)


also im Zuge der Versteigerung von Frequenzen, in den
Bundeshaushalt fließt, soll zu einem Großteil wieder in
die digitale Infrastruktur gesteckt werden.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Zu einem Großteil“! – Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist noch gar nicht eingenommen! – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein virtuelles Konzept, mehr nicht!)


Das werden wir 2016 haushaltswirksam erreichen. Folg-
lich werden wir unser Ziel einer flächendeckenden
Grundversorgung mit mindestens 50 Megabit pro Se-
kunde bis zum Jahr 2018 erreichen.


(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das erreichen Sie nie!)


Das ist etwas, womit Sie nicht gerechnet haben. Diese
Bundesregierung macht ernst. Wir investieren in die di-
gitale Infrastruktur.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie investieren nur in virtuelle Realitäten!)


Ich darf an dieser Stelle noch einmal auf etwas hin-
weisen, was ich bereits beim letzten Mal erwähnt habe:
Es gibt so etwas wie ein Grundrecht auf Mobilität. Mir
ist entgegengehalten worden: Es gibt kein Grundrecht
auf Mobilität. Aber, meine Damen und Herren, es gibt
mit Sicherheit ein Grundbedürfnis nach Mobilität. Wer
in unserem Grundgesetz nachliest, wird feststellen, dass
nach Art. 11 alle Deutschen Freizügigkeit im ganzen
Bundesgebiet genießen. Ich glaube, wer sich darauf be-
sinnt


(Zuruf des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


– lesen Sie das im Grundgesetz nach –, unser Leitbild
mit der im Grundgesetz verankerten Freizügigkeit zu
verknüpfen, der wird vielleicht darauf kommen, dass es
ein Grundrecht auf Mobilität gibt. Wir wollen es auf je-
den Fall mit Leben erfüllen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803100100

Danke, Herr Minister Dobrindt. – Die Kolleginnen

und Kollegen der CDU/CSU werden verstehen, dass für
sie ein bisschen weniger Redezeit drin ist. Der Minister
hat die Redezeit nämlich


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deutlich überzogen! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und trotzdem nichts gesagt!)


umfänglich überzogen.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das war in der Sache ja nötig!)


Roland Claus ist der nächste Redner für die Links-
Partei.


(Beifall bei der LINKEN)



Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1803100200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Bundesminister Dobrindt, der Etat für Verkehr und Inf-
rastruktur ist in der Tat der Investitionsetat des Bundes.
Das weiß natürlich auch die Opposition zu schätzen. Es
geht hier um sehr viel Geld.

Das Problem ist, Herr Minister: In Ihrem Ministerium
ist das viele Geld leider nicht in guten Händen.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nur wenige Belege: Mit dem Hauptstadt-Flughafen ha-
ben wir uns inzwischen weltweit blamiert.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 1,1 Milliarden noch mal drauf!)


Der Ausbau des meistbefahrenen Kanals der Welt, des
Nord-Ostsee-Kanals, verzögert sich aufgrund geringer





Roland Claus


(A) (C)



(D)(B)

Investitionen und ist überteuert. Bei der Lkw-Maut kom-
men Sie im Schiedsverfahren mit Toll Collect seit fast
einem Jahrzehnt zu keinem Ende. Beim Neubau des
Schlosses in Berlin steht meiner Vermutung nach das
nächste Desaster ins Haus. Der Ausbau von Breitband-
netzen, um endlich die digitale Spaltung der Gesellschaft
zu überwinden, lässt auf sich warten.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dazu hat er nichts gesagt!)


Autobahnen, die im Rahmen der Verkehrsprojekte Deut-
sche Einheit neu ausgebaut wurden, müssen nach drei
oder vier Jahren schon wieder grundsaniert werden. Soll
ich weitermachen? –


(Zuruf von der LINKEN: Stuttgart 21)


Ich glaube, das könnten Sie auch. Mein Fazit ist: Sie in
dieser Regierung können nicht mit Geld umgehen und
schon gar nicht mit viel Geld.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ein kleiner Rückblick. Wenn in der DDR Pfusch am
Bau zum Vorschein kam, dann wurde immer gesagt: So
etwas wird es im Westen nicht geben. Die haben Markt-
wirtschaft. Da geht so etwas nicht. – Welch gigantischer
Irrtum!


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)


Leider haben Sie mit der Abgabe des Ressorts Woh-
nen und Städtebau die Idee eines großen, zukunftsfähi-
gen Infrastrukturministeriums aufgegeben. Ich hätte mir
eher gewünscht, dieses Ministerium um die kleinen
Nachbarressorts Wirtschaft und Landwirtschaft zu berei-
chern und so ein wirkliches Infrastrukturministerium zu
schaffen. Sie haben da einen anderen Weg gewählt.

Stichwort Maut. Hier haben wir eine halbe Milliarde
Euro weniger an Einnahmen zu erwarten. Sie, Herr
Minister, nennen das eine „theoretische Lücke“, die man
aus den allgemeinen Haushaltsmitteln schließen könne.
Es ist keine theoretische Lücke, wenn eine halbe Mil-
liarde Euro fehlt. Auch allgemeine Haushaltsmittel müs-
sen erst durch Steuern gedeckt werden. Reden Sie uns
hier also nicht die Dinge schön. Das Problem muss ge-
löst werden, und zwar zügig.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie müssen sich auch über den auslaufenden Vertrag
hinsichtlich der Mauterhebung entscheiden. Sie haben
mitgeteilt, Herr Dobrindt, Sie wollten das im Laufe des
Jahres entscheiden. Verdammt noch mal, bis Weihnach-
ten kann das Parlament nicht warten! Wir werden Sie
drängen, da zu einer Entscheidung zu kommen.


(Beifall bei der LINKEN)


Was nun überhaupt nicht geht, Herr Minister, ist, dass
Sie öffentlich über eine Pkw-Maut für Ausländer schwa-
dronieren, dem Parlament dazu aber kein Wort sagen.


(Ulli Nissen [SPD]: Das stimmt!)

Ich habe in einer Zeitung ein Interview mit Ihnen gele-
sen, in dem Sie ziemlich konkret werden. Sie benutzen
die Formulierung: „Am 1. Januar 2016 wird die Pkw-
Maut scharf gestellt“,


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine politische Mine der CSU!)


und sagen, Sie wollten das Konzept vor der parlamenta-
rischen Sommerpause ins Parlament einbringen. Aber,
verdammt noch mal, dann lesen wir hier zum zweiten
Mal den Haushalt! Es kann doch wohl nicht wahr sein,
dass ein öffentlich so vieldiskutiertes Thema von Ihnen
in den Medien bedient wird, Sie aber dem Parlament
kein Wort dazu sagen. Das können wir nicht hinnehmen.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich finde auch Ihre Wortwahl „scharf stellen“ äußerst
unangemessen.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er ist ja nicht der Verteidigungsminister!)


Wer solche Begriffe benutzt, der denkt in der Kategorie
von Feindbildern. Ich hoffe mal nicht, dass ausländische
Autofahrer Ihr Feindbild sind, Herr Minister.


(Beifall bei der LINKEN – Reinhold Sendker [CDU/CSU]: Sonst waren Sie nicht so zimperlich!)


Ich will auch ein Wort zur Eisenbahn sagen. Über
eine Sache reden Sie alle in der Großen Koalition über-
haupt nicht mehr. Aber in den langfristig angelegten Be-
teiligungsberichten und -beschlüssen – auch zu Priva-
tisierungsvorhaben – der Bundesregierung steht noch
immer etwas von einem geplanten Börsengang der Bahn
AG. Warum reden Sie nicht mehr darüber? Weil Ihnen
das natürlich peinlich ist!


(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Zu Recht! – Sören Bartol [SPD]: Das haben wir im Koalitionsvertrag geregelt!)


Nun haben mir sowohl Bundesminister Dobrindt als
auch Bahnchef Grube gesagt: Herr Claus, niemand hat
die Absicht, einen Börsengang der Bahn zu vollziehen.


(Lachen bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael GrosseBrömer [CDU/CSU]: Jetzt zitieren Sie jemanden aus Ihren Reihen!)


Das glaube ich inzwischen auch. Aber wozu ich Sie auf-
fordere, ist, der Öffentlichkeit einmal zu sagen: Wir ha-
ben uns in dieser Sache vertan. – Haben Sie doch den
Mut, zu sagen: „Wir haben da einen Fehler gemacht; die
Privatisierung und der geplante Börsengang sind vom
Tisch“! Das wäre endlich einmal eine ordentliche Posi-
tion.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Das müssen Sie mal anderen sagen!)






Roland Claus


(A) (C)



(D)(B)

Herr Minister, Sie wissen von uns: Bei vielen wichti-
gen Infrastrukturentscheidungen ist die Opposition da-
bei. Das heißt aber auch: Transparenz gegenüber dem
Parlament ist gefordert. Der Haushaltsausschuss lässt
sich nicht austricksen. Wenn das so weit klar ist, dann
sollte das künftig auch niemand versuchen, auch nie-
mand aus dem Bundesverkehrsministerium.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803100300

Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächster Redner ist

Sören Bartol für die SPD.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Sören Bartol (SPD):
Rede ID: ID1803100400

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute in
erster Lesung den Entwurf des Bundeshaushalts, mit
dem wir die ersten Vorhaben unseres wirklich gut ver-
handelten Koalitionsvertrags erfolgreich umsetzen wol-
len.


(Beifall bei der SPD – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geht so!)


Insbesondere in den Bereichen Verkehr und digitale In-
frastruktur werden alle in unserem Land spüren, dass
diese Koalition wirklich handelt. Ich sage Ihnen: Wir pa-
cken endlich die Probleme dieses Landes an. Wir küm-
mern uns nämlich um die maroden Straßen, Schienen
und Wasserstraßen. Unser Motto lautet: Wir reparieren
Deutschland.


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Roland Claus [DIE LINKE]: Reparieren muss man nur, was kaputt ist! – Weitere Zurufe von der LINKEN)


Daher werden wir in diesem Jahr 2,6 Milliarden Euro
in den Erhalt unserer Verkehrswege investieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist die höchste
Summe, die jemals für die Sanierung unserer Straßen
und Schienen ausgegeben wurde.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was für ein Scherz! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


– Sie können immer weiter schreien; ich rede einfach
weiter.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kabarett! Das alles glauben Sie ja selbst nicht!)


Unser Ziel ist die Erhöhung der Mittel für die Reparatur
der Schlaglöcher, der kaputten Brücken auf Schienen-
wegen und Straßen bis 2017 auf 3 Milliarden Euro. Ich
denke, das wird ein Erfolg dieser Koalition werden.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Wir wissen jedoch auch, dass wir bei unseren Ver-
kehrswegen natürlich noch den einen oder anderen
Lückenschluss brauchen, damit wir alle sicher und zu-
verlässig von A nach B kommen. Dafür wird diese
Koalition bis 2017 zusätzlich 5 Milliarden Euro investie-
ren. Am Ende der Legislaturperiode werden wir das Ni-
veau von 12 Milliarden Euro erreichen, was übrigens
seit Jahren von allen Experten und Vertretern der Ver-
kehrswirtschaft als Mindestmaß gefordert wird und bis-
her – außer unter dem SPD-Minister Wolfgang Tiefensee
mithilfe der Konjunkturprogramme – noch von keiner
Bundesregierung erreicht worden ist.

Sehr geehrte Damen und Herren, mehr Geld allein
macht noch keine bessere Verkehrspolitik.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


Wir finanzieren unsere Investitionen in die Verkehrs-
wege aus den Steuergeldern aller sowie aus den Einnah-
men aus der Erhebung der Lkw-Maut. Daher müssen wir
verantwortungsvoll mit den Investitionsmitteln umge-
hen. In der letzten Woche ist die Grundkonzeption des
neuen Bundesverkehrswegeplans 2015 vorgestellt wor-
den. Damit geht diese Große Koalition einen mutigen
Schritt nach vorn. In Zukunft werden wir ganz klare
Prioritäten setzen.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo denn?)


Es wird der neue Grundsatz gelten: Der Bund investiert
vorrangig dort, wo es von überregionaler, nationaler Be-
deutung ist. In diese Projekte werden wir 80 Prozent un-
serer Mittel für den Neu- und Ausbau investieren.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schon klar!)


Trotz der guten Botschaften verschließen wir natür-
lich nicht die Augen vor den Problemen, die wir noch
vor uns haben. Wir alle wissen: Wir können am Ende nur
so viel ausgeben, wie wir auch einnehmen. Seit Ende
März wissen wir, dass die Mautsätze gesenkt werden
müssen, da der Bund für die Finanzierung des Erhalts
und des Neubaus der Straßen weniger Zinsen zahlt.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man könnte auch das Gesetz ändern! Ihr habt doch eine große Mehrheit!)


Nach Berechnungen des Bundesverkehrsministers dro-
hen uns bis zum Jahr 2017 ungefähr 2 Milliarden Euro
weniger an Einnahmen. Es ist klar: Das müssen wir aus-
gleichen.

SPD, CDU und CSU haben sich in ihrem Koalitions-
vertrag klar dazu bekannt, das Prinzip der Nutzerfinan-
zierung „Verkehr finanziert Verkehr“ fortzuentwickeln.
Daher finde ich es gut, dass Bundesverkehrsminister
Alexander Dobrindt die Ausdehnung der Lkw-Maut auf
Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen und auf weitere 1 000 Kilome-
ter vierspurige Bundesfernstraßen vorgeschlagen hat.
Das kann ein erster Schritt sein. Darüber hinaus sollen
bei der Berechnung der Lkw-Maut zum ersten Mal auch
Dinge wie zum Beispiel Luftverschmutzung und Lärm-





Sören Bartol


(A) (C)



(D)(B)

belastung berücksichtigt werden. Das wird die sinken-
den Einnahmen aus der Erhebung der Lkw-Maut nicht
vollständig ausgleichen.


(Zuruf von der LINKEN: Warum nicht? – Gegenruf des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil er nicht richtig rangeht!)


– Ich komme gleich dazu.

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, brauchen
wir einen zweiten Schritt, den wir auch im Koalitions-
vertrag vereinbart haben. Wir haben gesagt, dass wir die
Lkw-Maut auf alle Bundesfernstraßen ausdehnen wol-
len.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sag mal etwas zur Pkw-Maut, Sören!)


Deswegen ist auch klar – der Verkehrsminister hat es ge-
rade in seiner Rede betont –, dass dieses Projekt bis
Mitte Juli 2018 kommen wird. Entscheidend ist jetzt die
Frage der Umsetzung. Gemeinsam müssen wir jetzt zü-
gig entscheiden, mit welchen konkreten Maßnahmen wir
die erfolgreiche Umsetzung erreichen wollen. Ich hoffe,
dass wir am Ende einen Weg finden, der vielleicht von
einer breiten Mehrheit im Bundestag von Koalition bis
Opposition mitgegangen wird.


(Roland Claus [DIE LINKE]: Eure Mehrheit ist schon zu breit!)


Mein Ziel ist, nicht nur irgendwelche Löcher im Bun-
deshaushalt zu stopfen, sondern am Ende zusätzliche
Einnahmen für das Schließen von Schlaglöchern, die
Reparatur von Brücken und den Ausbau unserer Schie-
nenwege und Bundesfernstraßen zu generieren. Deswe-
gen müssen alle zusätzlichen Einnahmen aus der Erhe-
bung der Lkw-Maut – das ist mein Appell an alle –
ungekürzt und zusätzlich in die Verkehrsinvestitionen
fließen. Das sind wir dem Mautzahler in Deutschland
schuldig.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Der Ausbau der Verkehrswege lebt von der Akzep-
tanz der Bürgerinnen und Bürger. Daher werden wir in
diesem Jahr mindestens 120 Millionen Euro in den
Lärmschutz im Schienenverkehr und 50 Millionen Euro
in den Lärmschutz an Bundesfernstraßen investieren. Ich
glaube – und ich hoffe, das stößt auf Ihre Zustimmung –,
wir sollten an dieser Stelle noch ambitionierter vorange-
hen.


(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Allerdings!)


Ich baue auf die Unterstützung der Mitglieder des Haus-
haltsausschusses und der Mitglieder der Facharbeits-
gruppen. Spätestens bis zum Ende dieser Legislatur-
periode sollten wir eine Verdopplung der Mittel für den
Lärmschutz erreicht haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Eine gute Verkehrspolitik beschränkt sich nicht nur
auf Investitionen in unsere Verkehrswege. Wir arbeiten
an einer modernen Mobilität des 21. Jahrhunderts. Un-
sere Vision ist, dass Deutschland zum Leitmarkt und
Leitanbieter für Elektromobilität wird. Daher fördern
wir in diesem Jahr die Entwicklung alternativer Antriebe
mit ungefähr 54 Millionen Euro. Gleichzeitig wollen
wir, dass die digitale Welt auch im Bereich der Mobilität
endlich Einzug hält. Darum setzen wir weiter auf das eu-
ropäische Satelliten-Navigationssystem Galileo. Aber
auch kleinere Projekte wie die Online-An- und -Abmel-
dung von Fahrzeugen im Internet wird mit Unterstüt-
zung des Bundesverkehrsministeriums endlich vorange-
trieben.


(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Die Digitalisierung unserer Mobilität wird jedoch nur
gelingen, wenn wir am Ende schaffen, ein schnelles In-
ternet für alle bereitzustellen.


(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, hoffentlich bald!)


Wir dürfen nicht zulassen, dass es zu einer digitalen
Spaltung zwischen Stadt und Land oder zwischen Jung
und Alt kommt.


(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gibt es doch schon längst! – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die haben wir doch!)


Der Schlüssel zum Erfolg, liebe Kolleginnen und Kolle-
gen, ist unter anderem der flächendeckende Breitbandaus-
bau.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Endlich! Wo bleibt das Geld dafür im Haushalt?)


Diese Koalition hat sich zum Ziel gesetzt – Sie können
es beklagen und beschimpfen –, bis 2018 eine flächen-
deckende Versorgung mit Anschlüssen mit einer Über-
tragungsrate von mindestens 50 Megabit pro Sekunde zu
erreichen. Das ist ein ambitioniertes Ziel, aber wir
packen es wenigstens an.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie tun nichts dafür und haben auch nichts im Haushalt eingestellt! – SvenChristian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie haben bisher keine Konzepte!)


Es gibt den Vorschlag, die Einnahmen aus der Verstei-
gerung von neuen Mobilfunkfrequenzen in den Ausbau
des Breitbandnetzes fließen zu lassen. Das könnte we-
nigstens zum Teil helfen, die bestehende Wirtschaftlich-
keitslücke beim Breitbandausbau zu schließen. Wichtig
ist an dieser Stelle, dass die Bundesregierung schnell mit
den Bundesländern ins Gespräch kommt, wie die Ver-
steigerung am Ende auszusehen hat. Mit dem Breitband-
büro des Bundes haben wir ein kompetentes Berater-
team, das unsere Städte und Kommunen in ganz





Sören Bartol


(A) (C)



(D)(B)

Deutschland beim Ausbau des Netzes sehr gut berät. Das
sollten wir weiter fördern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich auf
die weiteren Beratungen des vorliegenden Entwurfes für
einen Haushalt 2014 in den dafür zuständigen Ausschüs-
sen des Deutschen Bundestages. Ich sage ganz klar: Ich
baue auf die Unterstützung aller Fraktionen für mehr In-
vestitionen in die Verkehrsinfrastruktur und in die Zu-
kunft unserer Mobilität.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803100500

Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächster Redner ist

Sven-Christian Kindler für Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Dobrindt, ich
habe Ihre Rede wohl gehört, aber da war null Substanz,
da waren nur markige Sprüche. Ich sage Ihnen, Herr
Dobrindt: Das hier ist der Deutsche Bundestag, das ist
kein CSU-Parteitag.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Sie sind jetzt über 100 Tage im Amt, Herr Dobrindt.
Das schafft nicht jeder CSU-Minister.


(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)


Ich habe noch das Bild Ihres Amtsantritts vor Augen. Es
gibt ein schönes Foto von Ihnen und Herrn Ramsauer:
Im Hintergrund sieht man links die europäische Fahne,
rechts die deutsche Fahne und in der Mitte die blau-
weiße bayerische Fahne.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das steht sinnbildlich für Ihre Verkehrspolitik: CSU-
Klientelpolitik.


(Beifall des Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich sage Ihnen, Herr Dobrindt: Sie sind immer noch der
CSU-Generalsekretär; im Amt des Verkehrsministers
sind Sie noch lange nicht angekommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Max Straubinger [CDU/CSU]: Ein bisschen Geschichtsunterricht für die Grünen: Das heißt „weiß-blau“!)


Typisch für einen CSU-Generalsekretär kamen Sie
wieder mit der alten Leier aus dem Wahlkampf: der
Rohrkrepierer Pkw-Maut für Ausländer.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist kein grüner Parteitag!)


Aber außer markigen Sprüchen gab es da nichts Substan-
zielles, nichts zur Berechnungsgrundlage, zu den Büro-
kratiekosten, zu den Erhebungskosten, zu den großen eu-
roparechtlichen Problemen. Mein gut gemeinter Rat,
Herr Dobrindt, lautet: Lassen Sie den Rohrkrepierer
Pkw-Maut einfach in der Schublade, und ersparen Sie
sich doch die Peinlichkeit des Scheiterns!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Charles M. Huber [CDU/CSU]: Die Substanz werden Sie uns jetzt ja liefern!)


Und jetzt weg von dem Quatsch der Pkw-Maut, hin
zu zentralen Problemen im Verkehrsbereich. Wir haben
ein riesiges Defizit beim Erhalt und bei den Sanierungen
von Verkehrswegen. Die Infrastruktur wird auf Ver-
schleiß gefahren. Nur bei Ihnen, Herr Dobrindt, ist das
noch lange nicht angekommen; denn wie der Haushalt
zeigt, gehen Sie das Problem überhaupt nicht an. Was
machen Sie nämlich mit den zusätzlichen 5 Milliarden
Euro pro Jahr, die Sie jetzt über vier Jahre einstellen
wollen? Es gibt ein großes Loch bei den Einnahmen aus
der Lkw-Maut; es ist fraglich, ob die 5 Milliarden Euro
überhaupt fließen. Über 70 Prozent, 3,6 Milliarden Euro,
packen Sie in den Straßenbereich, und davon fließen
100 Prozent in den Neu- und Ausbau von Straßen und
0 Prozent in den Erhalt – kein Cent.


(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Quatsch! Totaler Quatsch ist das!)


Das finde ich wirklich einfach wahnsinnig. Wenn man
weiß, dass die Rader Hochbrücke gesperrt wurde, dass
die Rheinbrücke bei Leverkusen gesperrt wurde,


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Duisburg!)


dann empfindet man diese Ignoranz, diese Politik nach
dem Motto „Neubau vor Erhalt“, als verantwortungslos,
Herr Dobrindt. Damit sorgen Sie dafür, dass weitere
Brücken, Autobahnen und Bundesstraßen gesperrt wer-
den müssen. Diese ignorante Politik ist wirklich der Gip-
fel der Verantwortungslosigkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE])


Das ist ungefähr so, als würden Sie in ein neues Haus
einziehen und merken, dass es durch das Dach regnet,
aber anstatt das Dach zu reparieren, fangen Sie an, eine
zweite Garage und einen neuen Wintergarten zu bauen.

Die Frage ist ja: Warum machen das CSU-Verkehrs-
minister? Dazu muss man einfach wissen, dass Bayern
jetzt für den neuen Bundesverkehrswegeplan 400 neue
Straßenbauprojekte angemeldet hat, Gesamtkosten rund
17 Milliarden Euro.


(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)


Das umzusetzen, würde bei der derzeitigen Mittelaus-
stattung circa 160 Jahre dauern. Dann wären wir im
Jahre 2174. Aber man kann ja als CSU-Verkehrsminister
versuchen, in bester CSU-Selbstbedienungsmanier Geld
für den Erhalt nach Bayern umzuleiten, für den Bau
neuer Straßen. Aber ich sage Ihnen, Herr Dobrindt – nur





Sven-Christian Kindler


(A) (C)



(D)(B)

damit das klar ist –: Es heißt „Bundesverkehrswegeplan“
und nicht „bayerischer Verkehrswegeplan“.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat er noch nicht kapiert!)


Herr Dobrindt, Sie packen jetzt im Haushalt bei den
öffentlich-privaten Partnerschaften ordentlich etwas
drauf, obwohl Sie wissen, dass Sie damit Lasten in die
Zukunft verschieben. Das ist eine Umgehung der Schul-
denbremse. Das sagen nicht nur wir; das kritisiert der
Bundesrechnungshof zu Recht immer wieder. Wenn Sie
schon nicht auf uns hören, dann hören Sie doch bitte we-
nigstens auf den Bundesrechnungshof. Mit dieser Umge-
hung der Schuldenbremse muss endlich Schluss sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE] – Reinhold Sendker [CDU/CSU]: Falsch! Sachlich falsch!)


Ich will kurz auf den Breitbandausbau eingehen. Wir
finden dazu im Haushalt einfach nichts. Wo ist das Kon-
zept? Es gibt viele schöne Ankündigungen, aber kein
Konzept, keine Finanzierung. Auch das verschieben Sie
auf später. Aber ich sage Ihnen: Nur aufgrund vollmun-
diger Ankündigungen – dadurch, dass Sie sagen, Sie nut-
zen irgendwann später die Digitale Dividende für den
Breitbandausbau – wird doch kein einziges Glasfaserka-
bel gelegt. Da hilft auch kein Deutscher Computerspiel-
preis. Bisher ist das noch alles virtuelle Realität, Herr
Dobrindt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der LINKEN)


Ich will zum Thema Großprojekte kommen. Wir ha-
ben uns heute Morgen im Haushaltsausschuss zu Recht
einvernehmlich dafür ausgesprochen – alle Fraktionen –,
dass die fünfte Schleuse in Brunsbüttel gebaut wird, dass
die Gelder dafür freigegeben werden. Das ist ein wichti-
ges Verkehrsinfrastrukturprojekt. Aber was gar nicht
geht, ist der Umgang des Verkehrsministeriums mit dem
Fall. Der Bundesrechnungshof hat dem Haus schon
Ende Februar gesagt, dass er massive Bedenken hin-
sichtlich der Wirtschaftlichkeit hat, dass er glaubt, dass
es unwirtschaftlich sei. Diese Bedenken konnten wir
jetzt ausräumen, aber nicht, weil das Verkehrsministe-
rium so klasse gehandelt hat. Herr Dobrindt, Sie und Ihr
Staatssekretär haben uns kein Wort gesagt. Sie wollten
das einfach so im Haushaltsausschuss durchdrücken. Ich
sage Ihnen: So kann man nicht mit den Haushältern, so
kann man nicht mit dem Haushaltsausschuss umgehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Herr Dobrindt, das Schärfste ist: Sie wussten davon
gar nichts. Ihr eigenes Haus hat Sie nicht darüber infor-
miert, dass das Projekt durch die Bedenken des Bundes-
rechnungshofes massiv gefährdet ist. Ihre Abteilungslei-
terin wusste es, Ihre Staatssekretäre wussten es, wir
wussten es – seit der Sitzung des Haushaltsschusses am
2. April –,


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das interessiert ihn nicht! Das liegt nicht in Bayern!)


aber Sie haben es erst am Abend, also noch nach den
Haushältern, erfahren. Daran sieht man doch: Ihnen tan-
zen die Leute in Ihrem Haus auf der Nase herum. Sie
sind noch lange nicht als Verkehrsminister angekom-
men.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht in Bayern! Dafür muss man Verständnis haben!)


Bei der Schleuse Brunsbüttel, bei Autobahnprojekten,
bei Stuttgart 21 und vielen anderen Großprojekten ist es
inzwischen die Regel, dass es zu Terminverschiebungen
kommt und dass die Kosten explodieren. Ein besonders
peinliches Beispiel dafür ist die Großbaustelle des Flug-
hafens BER. Viermal wurde die Eröffnung verschoben.
2009 wurden die Kosten auf 2,4 Milliarden Euro ge-
schätzt, in der Presse kursieren mittlerweile Zahlen von
5 bis 10 Milliarden Euro, das brandenburgische Wirt-
schaftsministerium rechnet mit 8 Milliarden Euro. Ab-
surdistan, kann ich da nur sagen.

Wir haben immer noch keine Transparenz hinsichtlich
der tatsächlichen Kosten. Deswegen fordere ich Sie im
Namen des Haushaltsausschusses auf: Legen Sie endlich
sowohl den Kostenplan als auch den Zeitplan offen. Als
Bund muss man politisch an die Sache herangehen, Herr
Dobrindt. Sie können sich nicht immer wegducken.
Übernehmen Sie endlich Verantwortung beim BER, statt
immer nur mit dem Finger auf andere zu zeigen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das liegt nicht in Bayern! Da kümmert er sich nicht drum!)


Meine Damen und Herren, klar ist: Wir brauchen eine
sachliche, finanziell realistische und transparente Ver-
kehrsplanung. Wir müssen vor allen Dingen in den Er-
halt und in sinnvolle Zukunftsprojekte, die wichtig für
den Klimaschutz sind, investieren. Immer neue Straßen,
immer neue schillernde Großprojekte, die viel kosten
und wenig bringen, können wir uns nicht mehr leisten.
Wir brauchen eine echte Wende in der Verkehrspolitik
und keine CSU-Klientelpolitik.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE])



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803100600

Danke, Herr Kollege. Sie haben eben von Fahnen ge-

sprochen. Aus Bayern kommend muss ich Herrn
Straubinger recht geben: Unsere Fahne ist weiß-blau. Sie
haben blau-weiß gesagt, aber das ist Schalke, und das
traue ich Herrn Dobrindt nicht zu.





Vizepräsidentin Claudia Roth


(A) (C)



(D)(B)


(Heiterkeit und Beifall im ganzen Hause – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mea culpa, Frau Präsidentin!)


Dass Herr Dobrindt keine Schalker Fahne aufzieht, das
ist, glaube ich, unstrittig. – Nix gegen Schalke!


(Heiterkeit – Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär: Doch!)


Aber das ist ein ganz anderes Thema. Jetzt kommen wir
wieder zum Thema Verkehr.

Nächster Redner in der Debatte ist Reinhold Sendker
für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Reinhold Sendker (CDU):
Rede ID: ID1803100700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! „Erhalt vor Neubau“ hat für uns ganz klar
Priorität, das will ich noch einmal betonen.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht im Haushalt!)


Um weitere Verschlechterungen des Zustands unserer
Verkehrsanlagen zu vermeiden, bedarf es zusätzlicher
Finanzmittel. Vor diesem Hintergrund sind die 5 Milliar-
den Euro, die mehr in den Bereich Verkehr investiert
werden, eine sehr positive Botschaft der Großen Koali-
tion an unser Land.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Die abzusenkende Lkw-Maut, von der gesprochen
wurde, vor allem begründet durch das derzeit geringe
Zinsniveau, führt zu einer Finanzierungslücke, die durch
Maßnahmen wie beispielsweise einer weiteren Bemau-
tung nur zum Teil kompensiert werden kann. Dass es im
Ergebnis bei den zusätzlichen 5 Milliarden Euro bleibt,
ist der Verständigung zwischen Finanzminister und Ver-
kehrsminister zu verdanken. Der Verkehrsminister hat
eben dem Finanzminister gedankt. Lieber Alexander
Dobrindt, ich möchte ergänzen: Auch Sie haben sehr
schnell und erfolgreich agiert. Herzlichen Dank dafür.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Martin Burkert [SPD])


Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Einbeziehung
der externen Kosten für die durch den Lkw-Verkehr ver-
ursachten Lärm- und Luftverschmutzungsfolgekosten ist
ein Beitrag zur Kostenwahrheit im Bereich Verkehr und
somit ein Schritt in die absolut richtige Richtung. Der
Etatentwurf für 2014 sieht rund 10,5 Milliarden Euro
vor. Ein weiterer Aufwuchs auf 11 Milliarden Euro,
dann auf 11,6 Milliarden Euro und schließlich auf
12,1 Milliarden Euro ist geplant.

Lassen Sie mich darauf hinweisen, dass in den Jahren
vor der Finanz- und Wirtschaftskrise Investitionsmittel
in Höhe von rund 9 Milliarden Euro vorgesehen waren.
Der Aufwuchs der Investitionslinie ist nun unter der
Conditio der Haushaltskonsolidierung der letzten Jahre
ausdrücklicher Beweis dafür, dass uns durch stete und
beharrliche Bemühungen eine Verbesserung der Investi-
tionslinie gelungen ist. Das ist ein Erfolg unserer Politik.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wahr ist aber auch, dass die Investitionsmittel nicht
ausreichen. Das gilt für alle Verkehrsträger. Ein Beispiel
sind die zahlreichen notwendigen Brückenbausanierun-
gen. Die Verkehrsprognosen weisen auf stark steigende
Schwerlastverkehre und damit auf die Notwendigkeit, zu
handeln, hin. Lieber Herr Minister, wir begrüßen die in
dieser Woche im Sinne der Anlagenverantwortung im
Bundesverkehrswegeplan vorgenommene Prioritätenset-
zung: 70 zu 30, Erhalt vor Neubau.

In dieser Diskussion sind für uns fünf Punkte von be-
sonderer Bedeutung:

Erstens. Ja, wir brauchen einen weiteren Aufwuchs
im Bereich der Verkehrsinvestitionen. Dafür werben wir.
Dass im Bundesverkehrswegeplan 2015 die Klassifizie-
rung „Vordringlicher Bedarf Plus“ für hochbelastete
Knotenpunkte, für Netzlücken und für die Einbindung
transeuropäischer Verkehrsachsen vorgesehen ist, unter-
streicht diese Forderung ausdrücklich.

Zweitens. Der Bund hat seine Investitionslinie erhöht.
Er leistet aber auch in anderen Bereichen, wie bei den
Entflechtungsmitteln im Bereich der Gemeindeverkehrs-
finanzierung, deutlich mehr, als ursprünglich gesetzlich be-
stimmt wurde. Die Verkehrskommission von Dr. Daehre
und Professor Bodewig hat den zusätzlichen Investi-
tionsbedarf bezogen auf alle staatlichen Ebenen mit über
7 Milliarden Euro beziffert. Dazu ist zunächst zu sagen:
Das ist völlig richtig dargestellt. Es muss an dieser Stelle
aber auch klar gesagt werden, dass der Bund die Investi-
tionsanforderungen an alle staatlichen Ebenen im Be-
reich Verkehr beim besten Willen nicht alleine schultern
kann.

Drittens. Mit der Erstellung des Finanzkreislaufs
Straße seit dem Jahr 2011 wird mehr Transparenz er-
reicht. Diesen Weg gilt es fortzusetzen. Dabei kann uns
die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft, un-
sere VIFG, bestens unterstützen. Durch sie können wir
schon heute titel- und maßnahmenbezogen tagesaktuelle
Daten beziehen. Das ist im Sinne einer optimalen Trans-
parenz und unterstützt uns ganz besonders in unserem
Anliegen, regelmäßige Infrastrukturberichte zu erstellen,
wie es im Koalitionsvertrag vorgesehen ist. Das stärkt
vor allen Dingen auch die Kontrollfunktion des Parla-
ments. Genau das, mehr Transparenz und mehr Akzep-
tanz, ist das beste Fundament für unsere Investitionspoli-
tik in der Zukunft.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Viertens. Die Unionsfraktion unterstützt ausdrücklich
die Forderung nach mehr Transparenz bei der ÖPP-Be-
schaffungsvariante, also bei öffentlich-privater Partner-
schaft. Wir plädieren noch einmal dafür, sie nachhaltig
zu nutzen, wenn sie im Einzelfall vorteilhafter ist. Die
gleiche Forderung stellt im Übrigen auch das Deutsche
Verkehrsforum. Wer in dieser Wahlperiode angesichts
des engen Finanzrahmens, über den wir hier sprechen,
zusätzliche Verkehrsinvestitionen will, der kann vorteil-
hafte ÖPP-Projekte beim besten Willen nicht zurückwei-
sen.





Reinhold Sendker


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sabine Leidig [DIE LINKE]: Es gibt keine vorteilhaften ÖPP-Projekte!)


Fünftens. Schließlich ist die Koalition mit der Her-
stellung der Überjährigkeit auf einem richtigen Weg, vor
allem im Sinne der Herstellung von mehr Flexibilität bei
der Mittelverwendung.

Die Anpassung des Mittelbedarfs beim Bau der fünf-
ten Schleusenkammer am Nord-Ostsee-Kanal, beim Er-
halt des westdeutschen Kanalnetzes, bei Maßnahmen an
Main, Mosel und Neckar sowie weitere 125 Millionen
Euro Bedarfsmittel für die Schiene in 2016 sind weitere
Botschaften des Einzelplans 12.

Ich spreche die Lärmsanierungsaufgaben an Straße
und Schiene und die Ansätze für die kombinierten Ver-
kehre und die NE-Bahnen, nicht bundeseigene Eisen-
bahnen, an. Das ist angesichts einer umweltgerechten
Bewältigung anwachsender Güterverkehre eine beson-
dere Aufgabe. Was die Investitionen im Bereich Schiene
insgesamt anbelangt, möchte ich sagen, dass Bahnchef
Dr. Grube am vergangenen Mittwoch vor Ausschussmit-
gliedern Kritik geübt hat. Er hat aber auch unseren Ko-
alitionsvertrag gelobt. Er hat – das sei ausdrücklich fest-
gestellt – gesagt, es habe noch nie einen für die Schiene
so positiven gegeben. Das haben wir sehr gerne gehört.
Wir werden diese Punkte entsprechend umsetzen.

Ich nenne nicht zuletzt das Thema Verkehrssicherheit.
Die Zahl der täglich zu beklagenden Verkehrstoten im
Straßenverkehr ist über die Jahre erfreulicherweise rück-
läufig gewesen. 1970 waren es noch 58, im letzten Jahr
9 Tote täglich. Auch hier sind wir erkennbar auf einem
guten Weg, sodass diese Zahl weiter sinken wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind gute Bot-
schaften aus dem Einzelplan 12. Die positiven Optionen
aus dem Koalitionsvertrag werden umgesetzt. Unser
Minister ist erfolgreich unterwegs. Wir werden in unse-
rer Koalition weiter daran arbeiten, unsere Verkehrsanla-
gen im Interesse der Sicherheit der Menschen und der
Prosperität der Volkswirtschaft, also im Sinne von
Wachstum, Fortschritt und Wohlstand für die Menschen
in unserem Lande, weiter zu ertüchtigen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803100800

Vielen Dank, Herr Kollege Sendker. – Das Wort hat

Bettina Hagedorn für die SPD.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Bettina Hagedorn (SPD):
Rede ID: ID1803100900

Guten Morgen, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen!

Liebe Kollegen! Der Einzelplan 12 ist hier schon viel-
fach gewürdigt worden als der Etat, der in den nächsten
vier Jahren 5 Milliarden Euro mehr für Investitionsmaß-
nahmen haben wird. Darüber sind wir alle sehr froh. Als
Haushälter wären wir – ich glaube, das kann ich für alle
Haushälter sagen – bei der Besetzung der Jubelchöre
aber eine glatte Fehlbesetzung. Haushälter gelten in die-
sem Parlament nun einmal eher als Spaßbremsen.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – SvenChristian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na!)


Ich sage das aus folgendem Grund: Wo Licht ist, Herr
Minister, ist auch Schatten. Wir alle in diesem Haus wol-
len gemeinsam viel Geld für den Erhalt unserer Infra-
struktur mobilisieren, insbesondere für den Erhalt von
Schienen, Straßen und Wasserwegen; denn die marode
Infrastruktur ist uns bekannt. Wir haben aber auch Ver-
antwortung für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes,
und wer dieses Geld zur Verfügung stellen will, darf bei
den 5 Milliarden Euro, die im Koalitionsvertrag verein-
bart sind, nicht stehen bleiben.

Ich will hier deutlich sagen: Ja, Herr Minister, Sie ha-
ben mit der Bekanntgabe des Wegekostengutachtens und
dem Minus von 2 Milliarden Euro bei den Einnahmen
aus der Lkw-Maut natürlich bedauernd eingestehen müs-
sen, dass wir an dieser Stelle Mindereinnahmen haben
werden, die sich logischerweise auch negativ auf die In-
vestitionen auswirken werden, wenn wir nicht gemein-
sam gegensteuern. Darum möchte ich den Blick darauf
lenken, dass wir das wirklich mit ganzer Kraft tun müs-
sen.

Dieses Jahr spielt dabei eine wichtige Rolle. Es ist
schon darauf hingewiesen worden, dass wir selbstver-
ständlich die Ausweitung auf alle die Bundesstraßen, die
Inhalt des Koalitionsvertrages sind, vornehmen werden.
Diese haben eine Länge von insgesamt 40 000 Kilome-
tern. Aktuell wird nur auf 14 000 Kilometern Straße tat-
sächlich Maut erhoben. Das macht deutlich, dass wir nur
mit einem noch mutigeren Schritt als dem, den Sie hier
gerade beschrieben haben, erfolgreich sein werden.


(Beifall bei der SPD)


Herr Minister, dafür jetzt in diesem Jahr gemeinsam
die Weichen zu stellen, und zwar, wie mein Kollege
Sören Bartol es beschrieben hat, am besten mit einer
breiten Mehrheit hier in diesem Hause, muss unser ge-
meinsames Ziel sein. Selbstverständlich muss es auch
unser gemeinsames Ziel sein, das Schiedsverfahren mit
Toll Collect in dieser Legislaturperiode zu einem Ende
zu bringen. Das eine gehört auf jeden Fall mit dem ande-
ren zusammen.

Unser Ziel ist es natürlich nicht, dass wir, die wir
2009 gemeinsam die Schuldenbremse eingeführt haben,
jetzt mit Maßnahmen, die im Verkehrsbereich – nicht
von uns, aber von anderen – teilweise gefordert werden,
sozusagen Schattenhaushalte aufbauen, die letzten En-
des zwar dazu dienen würden, Geld zu mobilisieren, was
aber auf Kosten unserer Kinder und Enkel geschehen
würde. Das wollen wir ausdrücklich nicht.

Ich möchte daher noch ein Thema ansprechen, das
auch schon von Ihnen angesprochen wurde. Das ist das
Thema PPP. Herr Minister, Sie haben gesagt, PPP sei
eine Finanzierungsvariante. Das ist es ausdrücklich
nicht. Es ist eine Beschaffungsvariante. Das steht auch





Bettina Hagedorn


(A) (C)



(D)(B)

so in unserem gemeinsamen Koalitionsvertrag. Dort ha-
ben wir geschrieben:

Wir wollen die Möglichkeiten der Zusammenarbeit
von öffentlichen und privaten Geldgebern oder Infra-
strukturgesellschaften als zusätzliche Beschaf-
fungsvariante nutzen, wenn dadurch Kosten gespart
und Projekte wirtschaftlicher umgesetzt werden
können.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: War bisher nie der Fall!)


Dies muss ebenso wie bei Betriebsvergaben in je-
dem Einzelfall transparent und unabhängig nachge-
wiesen werden.


(Beifall bei der SPD)


Dieses Zitat aus unserem Koalitionsvertrag habe ich
hier deshalb noch einmal vorgetragen, Herr Minister,
weil Sie beim Thema PPP vorhin gesagt haben, wir
wollten die Effizienz von Verkehrsvorhaben beobachten.
Das ist in der Tat ein bisschen zu wenig. Wir wollen
diese PPP-Projekte auch nicht, wie Sie es ausgedrückt
haben, „fair“ prüfen. Für das Wort „fair“ gibt es eine
ganz klare Definition. Diese liefert uns der Bundesrech-
nungshof. Ich möchte den Kollegen sagen, dass wir uns
im letzten Sommer im Rechnungsprüfungsausschuss mit
der Prüfbemerkung des Bundesrechnungshofes zu einem
PPP-Verfahren in Niedersachsen beschäftigen mussten.
Dabei wurde ganz klar nachgewiesen, dass dieses Ver-
fahren teurer war, als wenn es von der öffentlichen Hand
in Auftrag gegeben worden wäre.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist es! So war es! Richtig!)


Es wurde vonseiten der Politik durchgesetzt und von Ih-
nen angewiesen. Fakt ist aber, dass ein solches Projekt
aufgrund der Vereinbarungen in unserem Koalitionsver-
trag in der Zukunft nicht mehr auf diese Weise in Auf-
trag gegeben werden darf.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – SvenChristian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Guter Punkt!)


Vor diesem Hintergrund will ich ganz deutlich sagen:
Ja, es liegt in unserem gemeinsamen Interesse, dass wir
Mittel zur Verfügung stellen; die Lkw-Maut habe ich be-
reits erwähnt. Es geht aber auch darum, dass wir uns be-
wusst sind, welche Probleme wir in den nächsten Jahren
noch gemeinsam zu bewältigen haben werden.

Herr Minister, Sie haben zu Recht das Thema LuFV
– für die Zuschauer: das ist die Leistungs- und Finanzie-
rungsvereinbarung mit der Deutschen Bahn – angespro-
chen. Diese sollte eigentlich schon 2012 bzw. 2013 von
der Vorgängerregierung verhandelt worden sein. Das hat
aber nicht funktioniert. Jetzt gibt es eine zweijährige
Verlängerung. Diese kostet uns 250 Millionen Euro pro
Jahr. Im Klartext heißt das: Bisher hat die Bahn 2,5 Mil-
liarden Euro pro Jahr im Rahmen dieser Leistungs- und
Finanzierungsvereinbarung erhalten. Jetzt sind es
2,75 Milliarden Euro. Wir werden uns noch in diesem
Jahr an den Folgevertrag setzen müssen. Wir haben mit
Ihnen weitere Kriterien zu diesem Thema fest verabredet
– diese sind im Koalitionsvertrag zu finden –, die wir
miteinander weiterentwickeln wollen.

Wir wollen auch – das sage ich als Haushälter im Na-
men aller Kollegen im Haushaltsausschuss –, dass die
Prüffähigkeit durch den Bundesrechnungshof in Zukunft
gegeben ist; das ist gegenwärtig nicht der Fall. Das wird
uns helfen, mehr Transparenz zu schaffen.

Eines ist aber klar – das wissen wir alle –: Wir wer-
den, wenn wir all diese Punkte geklärt haben, für die
Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung mehr Geld in
die Hand nehmen müssen. Es wird sich dabei um einen
mehr als dreistelligen Betrag handeln. Das liegt deutlich
über dem, was bisher im Haushalt und im Finanzplan
vorgesehen ist. Umso wichtiger ist es, dass wir auch die
dafür notwendigen Einnahmen generieren, und zwar
auch – aber nicht nur – zulasten des Steuerzahlers. Wir
in der Großen Koalition sind gemeinsam von dem Ge-
danken getragen, dass wir die Nutzer im notwendigen
Umfang für die Finanzierung heranziehen wollen; das
gilt insbesondere im Hinblick auf die Lkw-Maut.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit der Pkw-Maut?)


Ich freue mich auf die gemeinsame Zusammenarbeit
mit Ihnen in der Koalition. Ich denke, wir werden schon
im Jahr 2014 deutlich vorankommen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803101000

Vielen Dank, Frau Kollegin Hagedorn. – Nächste

Rednerin in der Debatte ist Sabine Leidig für die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Sabine Leidig (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1803101100

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Der Verkehrsetat ist mit Investitionsmitteln in Höhe von
über 12 Milliarden Euro der größte Batzen, mit dem der
Bund die Zukunft des Landes festlegt bzw. betoniert.
Deshalb ist es ganz besonders wichtig, dass man sich an-
schaut, welche Weichenstellungen vorgenommen wer-
den; denn sie betreffen nicht nur unsere Generation, son-
dern auch die nächsten Generationen.

Wir haben uns einmal angeschaut, was eigentlich seit
der Klimaschutzkonferenz in Rio vor 22 Jahren gesche-
hen ist. Damals hat die Weltgemeinschaft festgestellt,
dass der Ausstoß von CO2 ein wesentliches Problem für
die Zukunft ist. Ich erwähne diesen Zeitraum, weil der
Verkehrssektor ein wesentlicher Treiber des Klimawan-
dels ist.

Wenn wir die letzten 20 Jahre betrachten, dann zeigt
sich, dass alle acht Verkehrsminister dafür gesorgt ha-
ben, dass es hierzulande mehr Autobahnen und weniger
Eisenbahnen gibt – ob sie Wissmann, Müntefering,





Sabine Leidig


(A) (C)



(D)(B)

Klimmt, Bodewig, Stolpe, Tiefensee oder Ramsauer hei-
ßen.

Konkret bedeutet das, dass seit 1993 2 000 Kilometer
zusätzliche Autobahnstrecken in diesem Land gebaut
worden sind. Das ist eine gigantische Größe, wenn man
bedenkt, dass das Land auch 1993 schon voll industriali-
siert, voll funktionsfähig war.


(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Ein Glück, dass wir die A 20 gekriegt haben!)


Hinzu kommt, dass in derselben Zeit das Schienennetz
hierzulande um 7 000 Kilometer abgebaut worden ist.


(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Ein Glück, Frau Kollegin, dass die A 14 gebaut wird!)


Das ist eindeutig eine falsche und zerstörerische Rich-
tung. Denn wer es ernst meint mit Klimaschutz und
Nachhaltigkeit, mit der Stärkung der Schiene, der muss
diesen Trend endlich umkehren;


(Beifall bei der LINKEN – Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Der Klimaschutz verstopft die B 105! Überall Stau ohne Ende!)


mit jedem neuen Verkehrshaushalt können Sie darüber
entscheiden. Unter diesem Aspekt muss man den vorge-
legten Verkehrshaushalt ablehnen. Denn auch in diesem
Jahr sollen wieder rund 5 Milliarden Euro in die Straße,
aber nur 4 Milliarden Euro in die Schiene investiert wer-
den. Das ist die falsche Gewichtung.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Da klatschen die auch noch! Denen müsste man das Fahren auf der Autobahn verbieten!)


Es ist gar nicht so schwer, dieses Verhältnis umzukeh-
ren. Es gibt dafür ausgezeichnete Vorarbeiten. Ich
möchte Ihnen eine dicke Broschüre empfehlen. Sie ist
im Dezember letzten Jahres von dem Bundesnetzwerk
„Verkehr mit Sinn“ vorgelegt worden. In diesem Rah-
men haben sich 140 Bürgerinitiativen zusammenge-
schlossen und mit Unterstützung des BUND, des NABU
und des VCD eine Alternativen- und Streichliste im Hin-
blick auf den Bundesverkehrswegeplan vorgelegt.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Na, da waren ja die Richtigen beieinander! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das ist eine wirklich fundierte Arbeit geworden. Ich
wünsche mir, dass wir solche Vorlagen auch einmal aus
dem zuständigen Ministerium bekommen.


(Beifall bei der LINKEN)


In dieser Liste werden – gut begründet – 61 Vorhaben
zum Neu- und Ausbau von Bundesstraßen und Bundes-
autobahnen in der ganzen Republik zur Streichung vor-
geschlagen. Zu jedem einzelnen Projekt können Sie
nachlesen, warum es verzichtbar ist, ebenso im Einzel-
nen die Kritikpunkte und die möglichen Alternativen,
vor allem aber, wie hoch die sinnvollen Einsparungen
sind, die darin stecken. Das Ergebnis: Mehr als 20 Mil-
liarden Euro können in den nächsten vier Jahren gespart
werden – ohne Weiteres –, wenn diese unnötigen und
überdimensionierten neuen Straßenbauprojekte nicht
verwirklicht werden. Sie könnten diese 5 Milliarden Euro
stattdessen komplett einsetzen, um die maroden Gleis-
anlagen, Schleusen und Straßenbrücken zu renovieren.
Das wäre nachhaltige Verkehrspolitik, die wir unterstüt-
zen.


(Beifall bei der LINKEN)


Damit aber nicht genug: Es geht uns überall darum,
dass das Steuergeld so eingesetzt wird, dass der Nutzen
für die Allgemeinheit möglichst groß ist. Das gilt auch
für die Bahn. Wir wollen nicht, dass Unsummen für
fragwürdige Großprojekte ausgegeben werden, während
viele nützliche kleine Projekte auf der Strecke bleiben.
Nach wie vor stehen viele Lückenschlüsse aus. Es gibt
ein Paradebeispiel für diese Art von Fehlinvestitionen,
wie sie auch bei der Bahn vorkommt: Stuttgart 21.


(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Was?)


Ursprünglich sollte Stuttgart 21 der große Wurf der
Bahn des 21. Jahrhunderts werden. Angeblich ging es
um eine große europäische Magistrale. Irgendwann hing
sogar die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Deutsch-
land daran. Aber der Lack ist längst ab. Es sind zwei Stu-
dien vorgelegt worden, die von der Bahn bezahlt wur-
den; sie sind sozusagen Auftragsarbeiten, die 20 Jahre
Bahnreform resümieren und die ganze Geschäftspolitik
und alles andere in schillernden Farben loben. Aber
– das ist bemerkenswert –: Stuttgart 21, das auch 20. Ge-
burtstag feiert, kommt nirgendwo vor.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN)


Mit keinem Wort wird es erwähnt, und das aus gutem
Grund. Es soll offenbar einfach vergessen werden. Es
hat keinen wirtschaftlichen Nutzen, und es hat schon gar
keinen gesellschaftlichen Nutzen. Keiner der Projekt-
partner will inzwischen noch den Kopf dafür hinhalten.
Aber: Es ist noch möglich, mit einem Bruchteil der
Summe, die da verbuddelt werden soll, eine vernünftige
Alternative zu bauen.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich fordere Sie auf, Herr Minister Dobrindt: Sperren Sie
die Haushaltsmittel für Stuttgart 21, und machen Sie den
Weg frei für eine bessere und weitaus billigere Lösung!


(Beifall bei der LINKEN)


Wir wollen, dass die Bahn endlich flächendeckend
ausgebaut wird und alle Bahnhöfe barrierefrei werden
– dafür bräuchten Sie nur einen Bruchteil dieser
Summe –, wir wollen bessere und mehr Fahrradwege,
wir wollen Stadtumbauprogramme, und wir wollen, dass
diejenigen unterstützt werden, die umweltfreundlich un-
terwegs sind.


(Sören Bartol [SPD]: Aber Stadtumbauprogramme kriegen Sie doch auch! Sie müssen nur mal den Haushalt lesen! Fragen Sie mal Frau Hendricks!)


Dafür will die Linke nicht einfach mehr Geld ausgeben.
Wir haben nicht nur ein gerechtigkeitsliebendes Steuer-





Sabine Leidig


(A) (C)



(D)(B)

konzept für mehr Einnahmen, sondern wir haben auch
sehr gute Sparvorschläge – für den Verkehrshaushalt al-
lemal.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803101200

Danke, Frau Kollegin. – Das Wort hat Steffen Bilger

für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Steffen Bilger (CDU):
Rede ID: ID1803101300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Nachdem ich dem geschätzten Verkehrsminister einen
Teil meiner Redezeit abgeben durfte, kann ich jetzt lei-
der gar nicht viel entgegnen auf die Attacken gegen
Stuttgart 21.


(Heiterkeit – Roland Claus [DIE LINKE]: Ein schlechter Tausch!)


Ich will nur auf einen Punkt hinweisen. Wenn wir schon
von Gutachten hören: Es gab kürzlich ein Gutachten des
Verkehrsministeriums in Stuttgart, das zu dem Ergebnis
gekommen ist, dass Stuttgart 21 leistungsfähig ist, dass
dieses Projekt Sinn macht. Deswegen lassen Sie uns
doch alle gemeinsam daran arbeiten, dass dieses Projekt
jetzt vernünftig vorankommt!


(Beifall bei der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, es ist in der Tat zu begrü-
ßen, dass Investitionen in die Infrastruktur einen
Schwerpunkt der Politik dieser Bundesregierung darstel-
len. Wie sind wir dazu gekommen, dass jetzt mehr Mittel
für den Verkehrshaushalt zur Verfügung stehen? Es han-
delt sich um eine gemeinsame Leistung der Verkehrspo-
litiker aus Bund und Ländern, wofür auch wir im Ver-
kehrsausschuss des Deutschen Bundestages gekämpft
haben.

Während der Rede des Ministers und auch in der
Rede des Kollegen Kindler kam immer wieder der Vor-
wurf, dass so viele Mittel nach Bayern fließen würden.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt ja auch! Weil wir den CSU-Verkehrsminister hatten die letzten vier Jahre mit seinen Befehlen aus der Staatskanzlei!)


Man darf aber nicht außer Acht lassen, wie es dazu
kommt. Wir hatten vor wenigen Wochen die Diskussion
darüber, dass Restmittel, dass Swingmittel nach Bayern
und in andere Bundesländer – auch in das rot-grün
regierte Niedersachsen – geflossen sind. Wer hat Geld
zurückgegeben? Baden-Württemberg beispielsweise hat
erstmals Geld zurückgegeben, das dann in andere Län-
der geflossen ist.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Weil BadenWürttemberg grün-rot ist!)

Nordrhein-Westfalen ist genau der gleiche Fall. Deswe-
gen bitte erst einmal vor der eigenen Haustür kehren, be-
vor immer solche Anschuldigungen kommen.


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Jetzt will ich aber Baden-Württemberg nicht nur kriti-
sieren, liebe Kollegen aus der Grünenfraktion. Kollege
Kindler hat angesprochen, dass Bayern für den Bundes-
verkehrswegeplan Projekte angemeldet hat, deren Reali-
sierung, wenn es bei der gleichen Mittelausstattung
bleibt, 160 Jahre brauchen wird. Ganz so straßenbau-
feindlich scheint aber auch Baden-Württemberg nicht zu
sein: Baden-Württemberg hat immerhin Projekte für
112 Jahre angemeldet.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da regiert die SPD leider mit! – Gegenruf des Abg. Max Straubinger [CDU/CSU]: Das ist grüne Politik!)


Wenden Sie sich auch da bitte einmal an die eigenen
Kollegen!

Doch nun, meine Damen und Herren, will ich zu den
eigentlichen Zukunftsthemen kommen, und dabei ist
doch klar: Große Spielräume sind im vorliegenden
Haushalt nicht vorhanden. Umso mehr begrüße ich es,
dass sich dieser Verkehrshaushalt im Rahmen der beste-
henden Möglichkeiten zu den Zukunftstechnologien im
Mobilitätsbereich bekennt. Wir fordern und fördern al-
ternative Antriebe.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803101400

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage von

Harald Ebner?


Steffen Bilger (CDU):
Rede ID: ID1803101500

Nachdem ich ja Redezeit abgeben durfte und ich noch

nie eine Zwischenfrage gestellt bekommen habe, freue
ich mich sehr darauf.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Gustav Herzog [SPD]: War das abgesprochen?)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803101600

So sind se, de Schwoabe, die könnet rechna.


Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803101700

Kollege Bilger, vielen herzlichen Dank! Da kriegen

Sie doch gerne noch ein bisschen Redezeit dazu.

Ich wollte Sie gerne fragen, ob Sie denn Kritik daran
äußern, dass Baden-Württemberg diese Verkehrsprojekte
angemeldet hat, und ob ich Ihre Äußerung dahin gehend
richtig verstanden habe, dass Sie gerne wünschen, dass
Baden-Württemberg in der Zukunft weniger Verkehrs-
projekte – Neu- und Ausbaumaßnahmen – anmeldet.
Oder warum haben Sie diesen Satz so geäußert?


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) (C)



(D)(B)


Steffen Bilger (CDU):
Rede ID: ID1803101800

Vielen Dank, Herr Kollege Ebner. Ich begrüße es

sehr, dass Baden-Württemberg diese Projekte angemel-
det hat. Das ist in der Tat eine Vielzahl von Projekten;
aber wenn man sich die einzelnen Projekte anschaut,
dann sieht man, dass diese Projekte allesamt auch sinn-
voll sind. Jetzt geht es darum, zu kämpfen, dass wir
mehr Geld für die Infrastruktur bekommen. Dazu gehört
zum Beispiel, dass wir die Nutzerfinanzierung auswei-
ten. Wir können hier alle auch einen Beitrag dazu leis-
ten. Dann werden wir in Baden-Württemberg auch nicht
112 Jahre brauchen, um diese Projekte zu realisieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielleicht nur noch 90 Jahre!)


Wir wollen hier aber nicht nur Landespolitik Baden-
Württemberg machen; darum nur noch das als Hinweis:
Wenn die Landesregierung es nicht einmal schafft, die
Mittel für den Erhalt zu verbauen – von den Neubaumit-
teln gar nicht zu reden –, dann finde ich das wirklich be-
dauerlich. Also kämpfen wir doch gemeinsam dafür,
dass diese sinnvollen Projekte realisiert werden!


(Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Jetzt ist die Frage beantwortet!)


Doch zurück zur Mobilität der Zukunft: zur Elektro-
mobilität. Wir stehen zu dem Ziel, 1 Million Elektrofahr-
zeuge bis 2020 erreichen zu wollen. Zugegeben: Je nä-
her wir an das genannte Jahr 2020 kommen, desto mehr
wird offensichtlich, wie ehrgeizig dieses Ziel ist. Aber
ein gewisser Ehrgeiz hilft bekanntlich beim Erreichen
von Zielen. Bundesminister Alexander Dobrindt hat be-
reits angekündigt, dass es demnächst ein Elektromobili-
tätsgesetz geben wird. Das zeigt: Wir stehen weiter zur
Elektromobilität.

In diesem Elektromobilitätsgesetz wird es zunächst
vorrangig um verschiedene Einzelmaßnahmen gehen,
die den Steuerzahler nichts oder wenig kosten. Mit kla-
ren Regelungen zur Kennzeichnung von Elektrofahrzeu-
gen oder zu privilegierten Innenstadtparkplätzen können
wir hier schon einen wichtigen Beitrag leisten.

Klare Regelungen sind das eine, Fördermittel für
sinnvolle Projekte sind das andere. Deswegen begrüße
ich sehr, dass im Haushalt 280 Millionen Euro für Maß-
nahmen zur Weiterentwicklung der Elektromobilität und
zusätzliche Mittel für das Nationale Innovationspro-
gramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie
vorgesehen sind. Das ist ein klares Zeichen dafür, dass
wir zu den Zukunftsinvestitionen in die Mobilität stehen.

Meine Damen und Herren, es ist keine Frage: Es gibt
auf dem Weg zu einer nachhaltigen Mobilität der Zu-
kunft noch viel zu tun. Mit diesem Haushalt und unseren
weiteren Maßnahmen in dieser Legislaturperiode schaf-
fen wir aber die Voraussetzungen dafür. Packen wir es
gemeinsam an!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803101900

Vielen Dank, Herr Kollege Bilger. – Das Wort hat

Dr. Valerie Wilms für Bündnis 90/Die Grünen.


(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt zeig es ihnen!)



Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803102000

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Wenn ich das, was wir jetzt schon über eine Stunde lang
gehört haben, Revue passieren lasse, dann kann ich nur
feststellen: Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von
der Großen Koalition, Politik ist nicht nur das Aufzählen
von Problemen und Träumereien – das gilt insbesondere
für das, was Herr Dobrindt uns gezeigt hat –, sondern
hier muss es auch um Lösungen gehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich finde es beschämend, wie Sie als Große Koalition,
die Sie wirklich eine riesige Mehrheit in diesem Hause
haben – leider –, nur den Status quo verwalten. Sie ha-
ben schon jetzt, zu Beginn der Wahlperiode, Ihre Arbeit
praktisch eingestellt. Sie reden um die wahren Probleme
herum und tun so, als ob alles so weitergehen kann wie
bisher. Dabei wissen Sie es ja wirklich besser.

Auch die Bürgerinnen und Bürger merken zuneh-
mend, dass etwas gewaltig schiefläuft. 95 Prozent der
Einwohnerinnen und Einwohner kleinerer Städte bekla-
gen laut einer infas-Umfrage aus dieser Woche inzwi-
schen den Verfall der Verkehrswege. Alle sehen, dass
wir so, wie bisher, nicht weitermachen können. Nur Sie
in der Großen Koalition sind da offensichtlich blind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie tun so, als ob mit den zusätzlichen 5 Milliarden
Euro, von denen Sie hier gesprochen haben, alle Pro-
bleme gelöst werden.


(Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Das stimmt nicht!)


Das stimmt aber nicht. Herr Dobrindt, sagen Sie doch of-
fen, dass Sie den größten Brocken Ihrer zusätzlichen
5 Milliarden Euro in den Beginn neuer Straßenbaumaß-
nahmen stecken. Wohl gemerkt: Sie versenken das Geld
für den Beginn von neuen Projekten und verpflichten
uns für die nächsten Jahre – und auch unsere nachfolgen-
den Generationen – zu weiteren Milliardenausgaben, um
das alles fertigzustellen, damit keine Investruinen he-
rumstehen. Das ist ein unverantwortlicher Umgang mit
Steuermitteln;


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


denn wir haben vor allem Probleme mit dem Erhalt un-
serer Verkehrswege. Hierfür brauchen wir mehr Mittel,
Herr Verkehrsminister, und nicht für den Neubau.

Wir müssen es hier ganz deutlich sagen: Bringt diese
Koalition die fehlenden Mittel für den Erhalt nicht auf,
können Straßen, Schienenstrecken und Wasserstraßen
nicht im heutigen Umfang erhalten bleiben. Das ist doch
ganz logisch! Das kann man mit dem kleinen Einmaleins





Dr. Valerie Wilms


(A) (C)



(D)(B)

berechnen; dafür braucht man keine Exponentialglei-
chungen oder Ähnliches zu lösen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn die Mittel für den Erhalt der Substanz nicht da
sind, dann müssen Sie von der Großen Koalition ehrlich
sagen, was dem Verfall überlassen werden soll. Welche
Straße, welche Brücke oder welche Schienenstrecke
wollen Sie zurückbauen? Sagen Sie das den Menschen
ehrlich! Ich bin sehr gespannt, was dann in den Wahl-
kreisen los ist, was die Damen und Herren mit Direkt-
mandaten erleben werden.

Ich kann nur sagen: Wir Grüne wollen die geschaffe-
nen Werte erhalten und nicht herumtricksen. Hören Sie
von der Großen Koalition endlich auf, den Menschen
weiter etwas vorzugaukeln!

Sie legen aber noch eine weitere Schüppe drauf, Herr
Dobrindt. Es ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten, dass
Sie den Fertigbau begonnener Straßen als Bestandsin-
vestitionen bezeichnen.


(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das geht gar nicht!)


So wird das verkehrspolitische Mantra von Erhalt vor
Neubau und Ausbau, das Sie ja auch wieder groß im
Mund geführt haben, zur echten Farce. Schade!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben heute
viel über fehlende Mittel gehört. Das aber ist nur die eine
Seite der Medaille. Die andere Seite der Medaille – das
viel tiefer liegende Problem – ist die gesamte Finanzie-
rungsstruktur. Damit müssten Sie sich als Koalition be-
fassen. Mit Ihren Mehrheiten könnten Sie das regeln. Sie
haben aber die Probleme offensichtlich noch immer
nicht begriffen.

Unser jetziges Haushaltssystem ist rein am Ausgeben
von Geld orientiert. Geld ausgeben ist ja auch die Lieb-
lingsbeschäftigung dieser Großen Koalition. Das Kern-
problem ist aber: Wir haben keine Ahnung vom Zustand
unserer Verkehrswege, weil simple kaufmännische Prin-
zipien im Bundeshaushalt missachtet werden. Das ist un-
verantwortlich. Das ist die Verantwortung dieser Großen
Koalition und ihres bayerischen Verkehrsministers.

Es ist nicht zu rechtfertigen, wie hier mit den uns an-
vertrauten Steuermitteln umgegangen wird. Es ist jetzt
wirklich die Aufgabe dieser Großen Koalition, da end-
lich etwas zu ändern; denn ich kann mich entsinnen: Ge-
rade die Union legt doch immer großen Wert auf ihre
Wirtschaftskompetenz. Dann handeln Sie selbst endlich
wie ehrbare Kaufleute. Das sehe ich bislang nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Erkenntnisse haben sie nicht!)


Auch die SPD behauptet jetzt, Wirtschaftskompetenz
zu besitzen, aber auch da sehe ich nichts. Würden näm-
lich Unternehmen ihre Bilanz so machen, wie wir den
Bundeshaushalt führen, dann wären sie längst pleite.
Meine dringende Aufforderung ist daher: Lassen Sie uns
ein System erarbeiten, mit dem wir endlich auch den
völlig normalen Wertverlust von Straßen, Schienen oder
Brücken im Haushalt berücksichtigen.

Meine Fraktion setzt sich daher für eine Vermögens-
bilanz im Verkehrsetat ein. Wir wollen kaufmännische
Prinzipien einführen. Damit könnten wir auf den ersten
Blick erkennen, wie groß die Werteverluste durch Ab-
nutzung der geschaffenen Anlagen sind, die wir mit
Steuergeldern geschaffen haben. Wir würden dann se-
hen, wie viel wir reinvestieren müssen – auch Sie, meine
Damen und Herren Zuschauer, –


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803102100

Ihre Redezeit, Frau Kollegin.


Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803102200

– könnten das dann sehr deutlich sehen –, um das Ver-

kehrsnetz wenigstens auf dem gleichen Stand zu erhal-
ten. Von unseren Kommunen verlangen wir das schon
längst.

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. Es reicht
nicht, vor allem für eine Koalition mit diesen Mehrhei-
ten, einfach so wie immer weiterzumachen. Sie haben
eine langfristige Verantwortung. Handeln Sie verantwor-
tungsbewusst! Erhalten Sie die geschaffenen Werte!
Lassen Sie uns das gemeinsam machen.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803102300

Danke, Frau Kollegin. – Das Wort hat Kirsten

Lühmann für die SPD.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Kirsten Lühmann (SPD):
Rede ID: ID1803102400

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kollegin-

nen! Europa reiste einst auf einem Stier. Wenn wir der
Sage glauben, geschah das nicht ganz freiwillig. Aber sie
kam sicher ans Ziel. – In dem vorliegenden Bundeshaus-
halt geht es um etwas modernere Verkehrsmittel. Glück-
licherweise haben wir heutzutage auch die Wahl, wie wir
unsere Güter oder auch Personen von einem Ort zum an-
deren bewegen. Die Bundesregierung hat die Weichen
dafür gestellt, dass diese sogenannte Multimodalität rei-
bungslos funktioniert, in ganz Europa sogar grenzenlos.

Es ist natürlich schwierig, Deutschland in dieser Mit-
tellage so auszubauen, dass das alles so funktioniert, wie
wir uns das vorstellen. Aber diese Mittellage ist für
Deutschland auch ein Pfund, mit dem wir wuchern kön-
nen. Durch diese Mittellage profitieren nämlich nicht
nur unsere Logistikunternehmen, sondern auch die Men-
schen in unserem Lande mit ihrer individuellen Mobili-
tät.

Die EU hat nun mit den Leitlinien für die TEN, die
transeuropäischen Netze, Korridore im Bereich von
Straße, Schiene und Wasserstraße festgelegt, die vorran-
gig auszubauen sind. Insbesondere hat die Europäische





Kirsten Lühmann


(A) (C)



(D)(B)

Union dem Aspekt der Vernetzung, also der Möglich-
keit, von einem Verkehrsträger auf den anderen zu wech-
seln, besondere Bedeutung zugemessen. Das findet sich
auch in unserem Haushalt wieder. Auch dort haben wir
Titel, mit deren Mitteln wir den Anlagenbau dadurch
fördern, dass wir zum Beispiel Güter von der Schiene
auf die Straße und umgekehrt transportieren können. Wir
müssen nur darauf aufpassen, dass das Geld, das wir zur
Verfügung stellen, seine Wirkung voll entfalten kann.

Neben der Vernetzung der Verkehrsmittel ist es auch
bedeutend, dass wir die Rahmenbedingungen bei der
Mobilität europaweit harmonisieren. Neben den einheit-
lichen Sicherheitsstandards auf hohem Niveau sind ins-
besondere einheitliche Zulassungsverfahren im Eisen-
bahnbereich oder zum Beispiel Veränderungen beim
Umbau von Lkw im Sinne einer CO2-Reduzierung wich-
tig, genauso aber wie die konsequente Umsetzung von
EU-Urteilen zum Verbraucherschutz.

Dabei dürfen wir aber nicht aus den Augen verlieren,
dass in einem so dicht besiedelten Land wie unserem die
Belastung der Bevölkerung zum Beispiel durch Lärm
eine besondere Bedeutung hat. Daher haben wir in die-
sem Haushalt die Mittel für den Lärmschutz an den
Schienenwegen deutlich erhöht, und wir werden auch
die Anstrengungen im Straßenbereich ausweiten.

Weil wir den Straßenverkehr sicherer machen wollen,
werden wir auch hier verstärkt auf Vernetzung setzen
müssen, und zwar auf Vernetzung der Akteure auf der
Straße von Telematik über Onlineparkplatzreservierun-
gen an Autobahnen bis hin zu automatischen Abstands-
warnungen. Hierbei wirkt es sich vorteilhaft aus, dass
unser Ministerium jetzt auch für den Ausbau leistungsfä-
higer, mobiler und stationärer Zugänge zum Internet zu-
ständig ist. Das ist eine Voraussetzung für alle diese
Innovationen. Die Aktivitäten hierzu werden wir ab den
folgenden Haushalten realistisch abbilden.

Aber zurück zu den TEN-Korridoren: Sie stellen die
nationalen Regierungen, auch die unsere, vor große He-
rausforderungen, zumal Deutschland in besonderem
Maße betroffen ist: Sechs von neun dieser Korridore ver-
laufen durch Deutschland. Mit der Aufstockung der Mit-
tel für die Verkehrsinfrastruktur – mein Kollege Sören
Bartol hat das schon ausgeführt – ist ein wichtiger
Schritt hin zu einer besseren Finanzierung getan worden.
Bei den Beratungen wird es jetzt darauf ankommen, dass
bei der Verteilung dieser Mittel alle Verkehrsträger ange-
messen Berücksichtigung finden werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bei der Realisierung unserer Projektideen werden wir
aber mit der bisherigen Praxis der Verkehrswegeplanung
die neuen Herausforderungen nicht meistern können.
Der Bundesverkehrswegeplan war und ist in seiner jetzi-
gen Form eher ein Wünsch-dir-was-Konzert. Realisti-
sche Priorisierungen, die sich an einem bundesweiten
oder gar europäischen Netzgedanken orientieren, sind
bis auf wenige Ausnahmen Fehlanzeige.
Allein die höchste Kategorie „Vordringlicher Bedarf“
im aktuellen Bundesverkehrswegeplan enthält knapp
3 000 Kilometer Ortsumfahrungen, insgesamt etwa
800 Fernstraßenprojekte, 47 Schienenprojekte und 26 Was-
serstraßenprojekte. Sie alle bei annähernd gleichbleiben-
den Mitteln zu bauen, würde uns 25 Jahre kosten. Aller-
dings läuft dieser Bundesverkehrswegeplan im nächsten
Jahr aus.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat in der vergangenen
Wahlperiode umfangreiche Konzepte zu einer zukunfts-
weisenden Verkehrspolitik vorgelegt und dabei einen
Entwurf für eine moderne Verkehrsnetzplanung erarbei-
tet. In der Grundkonzeption für einen neuen Bundesver-
kehrswegeplan, den Verkehrsminister Dobrindt gerade
vorgelegt hat, finden wir unsere Vorstellung weitgehend
und in entscheidenden Punkten wieder.

Der neue Bundesverkehrswegeplan wird eine Netz-
planung sein. Diese Netzplanung wird die Grundlage für
ein nationales Prioritätenkonzept bilden. Damit werden
wir Projekte identifizieren, die besonders dringend um-
gesetzt werden müssen, weil damit bedeutsame Netzlü-
cken geschlossen oder hochbelastete Knoten entlastet
werden. Verkehrsachsen, zu denen wir binationale Ver-
träge haben, oder auch die von mir angesprochenen
TEN-Korridore gehören ebenfalls in diese Kategorie.
Wir werden dafür bis zu 80 Prozent der Mittel zur Verfü-
gung stellen.

Die EU unterstützt unsere nationalen Anstrengungen
beim Ausbau dieser Korridore und bei der Lärmreduzie-
rung an der Schiene mit deutlich aufgestockten Mitteln.
Wir müssen zusehen, dass wir diese auch ausreichend
nutzen können. Voraussetzung dafür sind aber ausrei-
chende und zügige Planungen bei allen drei Verkehrsträ-
gern. Bei Schiene und Wasserstraßen, den Verkehrsträ-
gern, die in unserer Zuständigkeit liegen, werden wir
Optimierungen vornehmen, damit wir schneller voran-
kommen können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich weiß nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, ob
das Reisen auf Stieren heute noch möglich wäre. Ich
denke, verkehrsrechtlich gäbe es dabei weniger Pro-
bleme, aber die Tierschützer würden das zu Recht unter-
sagen. Ich weiß aber sicher, dass wir mit den Vereinba-
rungen, die diese Regierung im Verkehrsbereich
getroffen hat, die Voraussetzung dafür geschaffen haben,
dass der Transport von Gütern und das Reisen in
Deutschland zukunftssicher aufgestellt werden können.
Ich freue mich, mit Ihnen gemeinsam an diesem Ziel ar-
beiten zu dürfen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803102500

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächster Redner:

Eckhardt Rehberg, CDU/CSU.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) (C)



(D)(B)


Eckhardt Rehberg (CDU):
Rede ID: ID1803102600

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abge-

ordneten! Wenn man die Pällmann-, die Daehre- und die
Bodewig-Kommission und deren Gutachten sowie deren
Kriterien als Maß für die Höhe der Ausbaumittel bei der
Verkehrsinfrastruktur nimmt, dann kann man sagen: Wir
sind deren Forderungen mit dem vereinbarten Koali-
tionsvertrag ein großes Stück entgegengekommen.
5 Milliarden Euro insgesamt für die Verkehrsinfrastruk-
tur: Ich glaube, das sollte man nicht schlecht- oder klein-
reden.

Herr Kollege Kindler, ich habe den Eindruck, Sie ha-
ben den Bundeshaushalt 2014 nicht gelesen.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch! Habe ich!)


Wie können Sie hier behaupten, dass keine Mittel in die
Erhaltung fließen und nur 3,6 Milliarden Euro in den
Neubau?


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich nicht gesagt!)


Beim Ist 2013 sind von den steuerfinanzierten Straßen-
baumitteln 2,5 Milliarden Euro in die Erhaltung geflos-
sen und nur 900 Millionen Euro in den Neubau. Sie er-
zählen hier einen Unfug sondergleichen. Es ist unwahr,
was Sie gesagt haben, Kollege Kindler.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Quatsch, Herr Rehberg!)


Frau Kollegin Leidig, ich persönlich bin sehr froh,
dass in meinem Heimatland die A 20 gebaut wurde und
die A 14 im Bau ist.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 10 000 Fahrzeuge am Tag!)


Ich bin für die Kolleginnen und Kollegen aus Sachsen
sehr froh, dass wir die A 17 nach Prag haben und die A 4
von Bautzen nach Görlitz. Wenn wir, wie Frau Lühmann
zu Recht gesagt hat, in Deutschland den Anforderungen
an uns als Land in der Mitte Europas gerecht werden
wollen, dann brauchen wir gerade in den neuen Bundes-
ländern Ost-West- und Nord-Süd-Verbindungen. Wenn
Sie hier sagen, dass Sie gegen den Neubau der Autobah-
nen der letzten 20 Jahre waren, dann mache ich Ihnen
den Vorschlag, Ihnen persönlich und allen, die geklatscht
haben: Für Sie Autobahnverbot auf diesen Autobahnen!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Verbotspartei CDU! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, Verbotspartei CDU!)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, was sind
die Herausforderungen? Wir werden als Koalition das
umsetzen, was im Kabinettsbeschluss zur Überjährigkeit
vereinbart worden ist. Es ist ein großer Fortschritt, wenn
wir in einem Haushaltsvermerk festlegen, dass Ausgabe-
reste, die im Einzelplan 12 in den Hauptgruppen 7 und 8
bei den Kap. 12 03, 12 10 und 12 22 entstehen, für das
Folgejahr und weitere Folgejahre, wenn es sie dann im-
mer noch gibt, nicht aus dem Einzelplan 12 ausfinanziert
werden müssen, sondern aus dem Gesamthaushalt. Dies
trägt zur Verstetigung der Verkehrsinfrastrukturmittel
bei. Wir haben nicht mehr das Dezemberfieber; vielmehr
kann man Geld gleichmäßig ausgeben. Viele Projekte
werden billiger werden. Ich halte das für einen Riesen-
fortschritt, wenn wir dieses umsetzen. Die Koalition ist
fest entschlossen, dieses auch zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich bin heute zitiert worden mit dem Satz: Wir müs-
sen uns ehrlich machen in der Verkehrspolitik. – Meine
Damen und Herren, manche beklagen die Kostendyna-
mik, aber sie schauen nicht, wo die Ursachen liegen.
Hier wurde kritisiert, dass die Länder so viele Verkehrs-
projekte angemeldet haben. Die machen es sich einfach.
Sie nehmen eine Kostenschätzung vor, das NKV wird
ausgerechnet, sie packen dem Bund Dutzende, vielleicht
mehrere Hundert Projekte vor die Tür und sagen: Bund,
priorisiere du jetzt mal. – Dann stellt sich im weiteren
Verfahren heraus – frühestens beim Gesehen-Vermerk
befasst man sich wieder mit den Kosten; dazwischen lie-
gen Linienführung, Raumordnung usw., usf. –: Oh Gott,
die Kosten sind aber mächtig gestiegen. Wenn der Gese-
hen-Vermerk erteilt wurde, geht es in die Planfeststel-
lung, dann kommt die Bürgerbeteiligung, dann kommt
die Umweltverträglichkeitsprüfung, dann kommen Kla-
geverfahren, dann kommen möglicherweise Deals mit
Umweltverbänden, damit das Recht auf Verbandsklage
nicht in Anspruch genommen wird.

Ich will Ihnen nur zwei Beispiele aus Mecklenburg-
Vorpommern nennen, bei denen massive Kostenexplo-
sionen aus den genannten Gründen stattgefunden haben;
ich könnte Ihnen Dutzende andere anführen. Für die
B 96 auf Rügen waren ursprünglich 80 Millionen Euro
geplant. Heute sind es 125 Millionen Euro, davon
27 Millionen Euro für die Erfüllung von Umweltstan-
dards. Oder: Für die Ortsumgehung in Wolgast waren
60 Millionen Euro geplant. Heute sind es 95 Millionen
Euro. Ich könnte die Liste der Beispiele beliebig fortset-
zen.

Frau Kollegin Lühmann, der letzte Bundesverkehrs-
wegeplan wurde unter Rot-Grün 2003 aufgestellt.


(Martin Burkert [SPD]: Das war ein guter! Das war ein sehr guter!)


– Das war ein guter? Lieber Kollege, schauen Sie sich
die darin enthaltenen Kostenschätzungen an!

Wir müssen, wenn die Länder ihre Projekte anmel-
den, zumindest zu mehr Kostenwahrheit und Kosten-
klarheit kommen. Der Schwarze Peter darf an dieser
Stelle nicht beim Bund liegen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Sören Bartol [SPD]: Dafür sind wir alle! Da hat der Kollege Rehberg mal recht!)


Schauen wir uns die Ausschreibungsphase einmal an.
Wir haben das gerade beim Nord-Ostsee-Kanal erlebt.


(Zuruf des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])






Eckhardt Rehberg


(A) (C)



(D)(B)

– Langsam, Herr Kollege Kindler! – Die Ingenieure der
Wasser- und Schifffahrtsverwaltung haben uns gesagt:
375 Millionen Euro. – Dies haben wir als Haushälter vor
gut einem Jahr akzeptiert. In der Ausschreibung ist nun
von 485 Millionen Euro die Rede. Wir müssen bei allen
Verkehrsinfrastrukturprojekten eine Kostenindexierung
vornehmen. Alles andere hilft uns nicht weiter.

Ich glaube, dass wir als Große Koalition die Chance
haben, im Verkehrsbereich eine Menge umzusetzen, aber
auch eine Menge zu reformieren, sodass wir zu mehr
Kostenwahrheit und Kostenklarheit kommen.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr richtig! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da können Sie ja anfangen!)


Hier sich selber Sand in die Augen zu streuen, hilft nicht
weiter.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803102700

Danke, Herr Kollege Rehberg. – Nächster Redner für

die SPD: Arno Klare.


(Beifall bei der SPD)



Arno Klare (SPD):
Rede ID: ID1803102800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Es ist der erste Bundeshaus-
halt, den ich begleiten, analysieren und lesen darf. Bei
der Durchsicht des Einzelplans 12, Herr Minister, ist mir
aufgefallen, dass bei dem Haushaltstitel, für den ich in
meiner Fraktion berichterstattend zuständig bin – Inno-
vative Mobilitätskonzepte –, eine Null steht. Da war ich
schon ein wenig berührt. Ich werde darauf zurückkom-
men.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803102900

Dann sind Sie schnell fertig.


Arno Klare (SPD):
Rede ID: ID1803103000

Es stimmt, dann könnte ich schnell fertig sein. Aber

ich will gar nicht schnell fertig werden; das ist ja der
Punkt.

Mobilität ist mehr als – darüber sind wir uns sicher-
lich einig – eine Verbindung von A nach B. Mobilität ist
Basis ökonomischer Prosperität. Ohne dass mehr Men-
schen auf den öffentlichen Verkehr umsteigen, werden
wir die Energiewende und die Klimawende nicht hinbe-
kommen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


Mobilität ist darüber hinaus unabdingbar – das ist mir als
Sozialdemokrat besonders wichtig – für die Sicherung
sozialer und kultureller Teilhabe; denn wer kein Auto
hat, muss abends, wenn er ein Theater besucht, sehen,
wie er hin- und wieder zurückkommt. Das muss gesi-
chert sein.

Wir sind uns auch darüber einig – alle Wissenschaft-
ler sagen uns das –: Die Mobilität der Zukunft wird
keine rein automobile, sondern eine multimodale und in-
termodale sein. Ein Wissenschaftler des InnoZ aus Ber-
lin hat vor kurzem in einer Fernsehsendung sehr provo-
kant formuliert: Ein Auto zu besitzen, wird zukünftig so
sein wie schwarz-weiß fernsehen. – Das ist also etwas
von gestern. Ob dies nun die Zukunftsmusik ist, die wir
alle hören wollen, ist die große Frage. Aber zumindest
sagen uns das die Wissenschaftler.

Fakt ist, dass junge Leute heutzutage immer weniger
autoaffin sind, dafür aber hochmobil sein wollen. Die
Mobilität der Zukunft muss für diese Menschen realisie-
ren, was bisher nur der Pkw kann, nämlich eine Tür-zu-
Tür-Verbindung. Davon ist die Mobilität heutzutage
noch weit entfernt. 76 Prozent aller Personenbeförde-
rungsleistungen sind automobil. Davon sind übrigens
32 Prozent Freizeitverkehre. Nur 8 Prozent dieser Leis-
tungen erbringt der öffentliche Verkehr. Das sind relativ
frische Zahlen des Statistischen Bundesamts. Die Masse
der Wege, die zurückgelegt werden, liegt übrigens unter
20 Kilometer. Da könnte man etwas salopp und – zuge-
geben – böse formulieren: Die meisten Menschen in die-
sem Land interessieren sich nicht dafür, ob der neue
ICE 3 230 oder 260 Kilometer pro Stunde fährt. Sie wol-
len vielmehr eine saubere und pünktliche S-Bahn um
– sagen wir – 7.15 Uhr an ihrem Bahnsteig stehen haben,
in die man einsteigen kann, in der die Klimaanlage funk-
tioniert, damit man im Sommer nicht gratis eine Sauna
hat, und die nicht jeden Morgen das Erlebnis bietet, zur
Sardine zwangsmutiert zu werden.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Jetzt habe ich hier gelernt, dass dies nicht unsere
Sache sei, weil das Aufgabe der Länder und der Kom-
munen sei. Allerdings sind wir über das Gemeindever-
kehrsfinanzierungsgesetz und Regionalisierungsmittel
da durchaus im Spiel. Nichts, aber auch gar nichts sprä-
che dagegen, wenn man schon heute wieder so etwas
wie einen Ideenpool einrichten würde, gleichsam so
etwas wie eine Best-Practice-Sammelstelle schaffen
würde, die alle bisher erdachten Konzepte alternativer
Mobilität und visionär Skizziertes unter einem Projekt-
dach zusammenführte. Wo, wenn nicht bei uns, unter
diesem marketingpsychologisch so gekonnt alliterieren-
den Dachclaim „Modernität und Mobilität“, sollte das
beheimatet sein? Den letzten Satz habe ich völlig ohne
Ironie gesprochen.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)


Es geht um ein Leitplankenkonzept und eine mobili-
tätspolitische Zukunftslandkarte. Die müssen wir schaf-
fen. So etwas gibt es im Ansatz bereits. Ich habe eine
Broschüre entdeckt und auch mit großem Interesse gele-
sen. Sie ist 2012 erschienen und hat den Titel „Mobili-
tätssicherung in Zeiten des demografischen Wandels“.
Die war sehr summarisch und kasuistisch, aber immer-
hin geht sie in die richtige Richtung.





Arno Klare


(A) (C)



(D)(B)

Übrigens ist dort – das ist ganz interessant – auf
Seite 9 ein Bild – eben war schon von Stieren die Rede –
einer intermodalen Mobilitätskette. Da steht erkennbar
auf dem platten Land – ich bitte all diejenigen um Ver-
zeihung, die von dort kommen; so spricht man hier halt –
ein Haltestellenschild, und an dieses Haltestellenschild
ist ein gesatteltes Reitpferd angebunden. Es wird der
Eindruck erweckt, als sei einer dahin geritten und mit
dem Bus weitergefahren. Das ist alles im Umweltver-
bund, wohl gemerkt. Ob das die Mobilität der Zukunft
ist, weiß ich nicht genau.


(Heiterkeit bei der SPD)


Was wir uns konkret wünschen, ist, dass der derzeit
im Haushaltsplan auf null gestellte Haushaltstitel 686 02
im Kap. 12 02 wieder eine ausreichende finanzielle Wie-
derbelebung erfährt, mindestens in der Höhe der Dotie-
rung aus dem Haushalt 2012. Ein persönlicher Satz zum
Schluss: Dann könnte ich wieder meinen Frieden mit
dem Einzelplan 12 machen. Dann wäre meine Bericht-
erstattung zumindest wieder finanziell implementiert.

Danke.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803103100

Vielen Dank, Herr Kollege Klare. Wir wünschen Ih-

nen alles Gute. Wir werden alle darauf achten, dass Sie
keine Sardine hier im Parlament werden. Das ganze
Haus gratuliert Ihnen zu Ihrer ersten Rede im Deutschen
Bundestag.


(Beifall)


Der nächste Redner ist Arnold Vaatz für die CDU/
CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1803103200

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Die Einbringungsrede zu einem Fachhaushalt
dient in der Regel der Verständigung über die Prioritäten
der Politik und über die Frage, ob diese Prioritäten, wenn
sie denn vernünftig sind, auch vernünftig umgesetzt wer-
den. Nun muss ich sagen: Was den ersten Teil betrifft,
war ich zunächst der Auffassung, dass ich als Schluss-
redner sagen kann: In den Grundprioritäten stimmen wir
hier im Haus eigentlich weitgehend überein.

Das habe ich eine ganze Weile geglaubt, aber dann
habe ich festgestellt: Ganz so ist es doch nicht. Einerseits
ist es zwar so, dass bei unseren grünen Kollegen sehr
viel Realismus eingekehrt ist, auch auf Länderebene. Ich
muss sagen: Es ist ein Fortschritt, wenn Herr Al-Wazir
sagt, dass selbstverständlich Deutschland nicht ohne
Nachtflüge auskommt. Das muss man einfach einmal
goutieren.


(Sören Bartol [SPD]: Wo er recht hat, hat er recht, der Al-Wazir!)

Auch dass Herr Hermann in Baden-Württemberg jetzt
sehr treu und brav daran arbeitet, dass Stuttgart 21 um-
gesetzt wird, finde ich ganz in Ordnung; keine Frage.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wie gesagt, ich dachte, man könne dieses Lob loswer-
den. Aber dann kam Frau Leidig.


(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die ist keine Grüne!)


Sie hat gezeigt, dass jetzt ganz offensichtlich die Linke
die abgelegten Klamotten der Grünen übergestreift hat


(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Das ist gar nicht möglich!)


und uns dieses Klein-Fritzchen-Idyll von „Zurück zur
Natur und zur Steinzeit“ als Politik verkaufen will.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das halte ich für einen überlebten Standpunkt.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In welcher Welt leben Sie eigentlich? Das ist großes Kabarett, Herr Vaatz! Mit Politik hat das nichts zu tun!)


Im Großen und Ganzen ist es tatsächlich so, dass un-
sere Prioritäten vernünftig sind.

Erstens. Wir wollen dafür sorgen, dass Deutschland in
der klassischen Verkehrsinfrastruktur auch in Zukunft
ein führender Standort bleibt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das würde mit unserem Anspruch korrespondieren, eine
in Europa und in der Welt führende Industrienation zu
sein.

Zweitens. Wir haben verstanden, dass die klassische
Infrastruktur selbstverständlich durch eine ebenso leis-
tungsfähige IT-Infrastruktur zu erweitern ist, dass da ei-
niges zu tun ist und dass es vom Erfolg der IT-Infrastruk-
tur abhängt, ob auch die ländlichen Räume in
Deutschland wieder Räume der Wertschöpfung werden
können. Daran müssen wir arbeiten. Da sind wir noch
nicht ganz an dem Punkt, den wir anstreben. Aber ich
finde, es ist dadurch eine Weichenstellung gelungen,
dass die Verantwortung für die IT-Infrastruktur jetzt ei-
nem Ministerium fest zugeordnet ist und dass der Minis-
ter an der Spitze erkannt hat, dass an dieser Stelle tat-
sächlich Grundsatzarbeit geleistet werden muss.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Meine Damen und Herren, wir sind uns einig, dass
wir Mobilität in diesem Land nicht bekämpfen dürfen,
sondern dass wir sie rational und vernünftig mit Rah-
menbedingungen versehen müssen, sodass das Land vo-
rangebracht wird.

Wir sind uns in diesem Haus ebenfalls einig, dass wir
in der Vergangenheit zu wenig auf den Erhalt der Infra-
struktur gesetzt haben und dass wir das Versäumte jetzt
nachholen müssen. Dass wir über das Wie noch streiten,
ist absolut vernünftig. Es ist ganz klar: Selbstverständ-





Arnold Vaatz


(A) (C)



(D)(B)

lich wird es unterschiedliche Meinungen über die Ge-
wichtung geben. Ich bin auch der Auffassung, dass wir
uns in diesem Haus einig sind, dass ein Stopp des allge-
meinen Werteverzehrs nicht bedeuten kann, dass wir
beim Neubau auf eine Null setzen.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagt ja auch keiner!)


Das kann nicht sein; denn selbstverständlich muss sich
auch unsere Infrastruktur weiterentwickeln und moder-
nisieren lassen. Das ist unsere Aufgabe.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Wünsch-dir-was geht nicht mehr! Das Verschieben vom Erhalt in den Neubau: Das geht nicht mehr!)


– Ich gebe Ihnen vollkommen recht, Herr Kindler, wenn
Sie dagegen sind, dass wir eine Wünsch-dir-was-Politik
machen. Genau darum geht es nicht.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber genau das machen Sie ja!)


Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass wir im
zukünftigen Bundesverkehrswegeplan, den wir jetzt vor-
bereiten, vernünftige Kostenansätze bekommen. Es kann
nicht sein, dass unsere Projekte mit einer bestimmten
Summe X konzipiert werden und dass die Realisierungs-
summe dann beim Fünffachen, beim Sechsfachen oder
beim Zehnfachen liegt. Da ist im System etwas falsch.
Frau Wilms, wenn Sie das kritisieren, gebe ich Ihnen in-
soweit recht. Darüber müssen wir ernsthaft reden; das ist
überhaupt keine Frage.

Auch ich bin der Meinung – es ist meines Erachtens
nötig, diese Anerkennung auszusprechen –, Alexander
Dobrindt hat als Verkehrsminister die richtigen Prioritä-
ten gesetzt, und er geht sie mit Vernunft und mit Augen-
maß an. Dafür bedanke ich mich.

Ich möchte insbesondere eine Sache noch hervorhe-
ben, die noch nicht genügend gewürdigt worden ist.
Alexander Dobrindt hat sich gemeinsam mit dem Wirt-
schaftsminister Sigmar Gabriel darauf geeinigt, dass die
Deutsche Bahn – sie ist im Augenblick der wichtigste
Bestandteil der Elektromobilität in Deutschland – entlas-
tet wird von ursprünglich angedachten Nachzahlungen
im Zusammenhang mit dem EEG. Zusätzliche Zahlun-
gen von 500 Millionen Euro hätten auf der Bahn lasten
können; doch dazu kam es nicht. Das ist meines Erach-
tens eine Leistung, die anerkannt werden muss,


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Sören Bartol [SPD]: Danke, Sigmar Gabriel!)


eine Leistung von beiden. Aber er hat auch die kleinen
Unternehmen entlastet. Auch das muss gewürdigt wer-
den. Das ist meines Erachtens sehr vernünftig.

Im Übrigen bleibt noch sehr viel zu tun.

Ich möchte auch noch sagen – ich weiß, dass meine
eigene Fraktion mir dazu nicht applaudiert, dass ich da
im Gegensatz zum ganzen Haus stehe –: Ich hätte es am
liebsten gesehen, wenn das ganze EEG bezüglich Neu-
anlagen abgeschafft worden wäre, aber gut.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Steinzeit!)


Es ist ökologisch unsinnig, es ist wirtschaftlich unsinnig,
es ist energiepolitisch unsinnig. Aber reden wir jetzt
nicht drüber! Wir sprechen jetzt ja über den Verkehrs-
haushalt.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben es doch gerade angesprochen! Steinzeit ist das!)


In drei Jahren werden alle so denken.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da zeigt die Union ihr wahres Gesicht!)


Meine Damen und Herren, wir müssen meines Erach-
tens an zwei Themen arbeiten; das muss ich am Ende
meiner Rede noch sagen. Das erste ist: Wir können mit
der langen Realisierungsdauer unserer Projekte nicht
einverstanden sein; wir brauchen kürzere Realisierungs-
zeiten. Ich will nur ein Beispiel nennen, nämlich den
Bau der Bahnstrecke von Berlin-Südkreuz nach Berlin-
Lichtenrade. Die Zweiteilung Berlins liegt – erfreuli-
cherweise – seit 25 Jahren hinter uns. Wir hatten also
25 Jahre Planungszeit. Wenn wir jetzt beispielsweise für
ein Teilstück dieser Bahnstrecke in Lichtenrade auf eine
Tunnellösung umsteigen, dann brauchen wir dafür wei-
tere 15 Jahre. Das sind dann zusammengenommen
40 Jahre. Mit diesen Zeiträumen können wir uns bei kei-
ner anderen Industrienation auf der Welt sehen lassen.
Wir brauchen kürzere und gerafftere Planungszeiten. Ich
hoffe, daran können wir gemeinsam arbeiten. Unter ver-
nünftigen Menschen sollte das möglich sein.

Last, but not least: Wir müssen prüfen, ob unsere
Standards, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten his-
torisch gewachsen sind, wirklich zukunftsführend sind
und ob wir so mit anderen Ländern mithalten können,
wie beispielsweise der Türkei, in der innerhalb kürzester
Zeit riesige Flughäfen gebaut werden können.


Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803103300

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Ende.


Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1803103400

Ich komme zum Ende. – Das müssen wir meines Er-

achtens überdenken.

Zum Schluss. Wir können unsere deutschen Unter-
nehmen nicht ständig Handicaps aufbürden, durch die
sie im internationalen Wettbewerb ruiniert werden. Das
gilt insbesondere im Luftverkehrsbereich. Ich denke, da
haben wir in der nächsten Zeit noch genug Arbeit vor
uns.

Frau Präsidentin, ich danke Ihnen für die Geduld.


(Roland Claus [DIE LINKE]: Wir haben alle gelitten, nicht nur die Präsidentin!)


Ihnen allen wünsche ich ein schönes Osterfest.





Arnold Vaatz


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803103500

Danke, Herr Kollege. – Weitere Wortmeldungen zu

diesem Einzelplan liegen mir nicht vor.

Dann kommen wir jetzt zur Schlussrunde unserer
Haushaltsdebatte.

Ich bitte Sie darum, schnell Ihre Plätze einzunehmen
oder nach draußen zu gehen und dort weiterzuquatschen.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatschen wird erst der Kampeter!)


– Ich meine natürlich: weiterzureden.

Der erste Redner in der Schlussrunde ist für die Bun-
desregierung der Parlamentarische Staatssekretär Steffen
Kampeter.

S
Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1803103600


Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Die Schlussrunde in der Debatte zum Bundes-
haushalt dient dazu, auf die Woche zurückzublicken,
aber auch dazu, einen Blick auf die Lage insgesamt zu
werfen. Wenn man von außen auf die Haushaltspolitik
schaut, dann kann man gelegentlich den Eindruck be-
kommen, es ginge um Buchhaltung, um das Verschieben
von Zahlen von der einen auf die andere Seite der Haus-
haltsstelle.

Es ist mir wichtig, am Anfang dieser Debatte festzu-
stellen, dass Haushaltspolitik und Wachstumspolitik
– und damit Wirtschaftspolitik und Finanzpolitik – in ei-
nem engen Zusammenhang zu sehen sind. So hat zum
Beispiel vor wenigen Tagen – das ist angesichts der hei-
ßen Themen der Haushaltsdebatte ein Stück weit unter-
gegangen – der Internationale Währungsfonds seine
neue Wachstumsprognose vorgelegt: Nicht nur, dass die
Prognose für die Bundesrepublik Deutschland besser ist
als noch vor wenigen Monaten, insgesamt gibt es ein po-
sitives Signal für Europa, und zwar nicht nur für die
Euro-Zone, sondern beispielsweise auch für Großbritan-
nien. Es gibt insgesamt ein verhaltenes Lob für die Fis-
kalpolitik und die Strukturreformen, die die europäi-
schen Länder in den vergangenen Jahren durchgeführt
haben.

Aber nicht nur, weil der Internationale Währungs-
fonds das so sieht, sondern auch, weil das viele hier in
diesem Hause und vor allem die Bundesregierung so se-
hen, sage ich: Erfreuliche Zahlen beim Wachstum sind
kein Grund, sich in eine Komfortzone zurückzuziehen
oder in allgemeiner Hybris festzustellen: Wir müssten
uns in Deutschland nicht mehr anstrengen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren,
wollen wir in der Bundesregierung in den nächsten Mona-
ten, insbesondere auch im Hinblick auf die G-7-Präsident-
schaft – Wolfgang Schäuble ist gerade in Washington, um
die Koordination voranzutreiben –, auf diesen Zusam-
menhang zwischen Wirtschaftswachstum und Haushalts-
konsolidierung hinweisen. Unsere Finanzpolitik im enge-
ren Sinne, unsere Haushaltspolitik kann nie erfolgreich
sein, wenn wir als Bundesrepublik Deutschland, als
Große Koalition, als Deutscher Bundestag und als Bun-
desregierung nicht alle Initiativen, national wie interna-
tional, unterstützen, die das Ziel haben, dass die Industrie-
länder in Europa und weit darüber hinaus wieder auf
einen nachhaltigen und höheren Wachstumspfad kom-
men. Nachhaltige Finanzpolitik bedarf nachhaltigen
wirtschaftlichen Wachstums, und dafür sollten wir uns
einsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


In diesen Kontext muss man bestimmte Entscheidun-
gen oder Signale dieser Woche, die in der Haushaltsde-
batte eine Rolle gespielt haben, einordnen, beispiels-
weise den erfreulichen Abschluss der Verhandlungen mit
der Europäischen Kommission zu der Frage der Wettbe-
werbsfähigkeit der Industrie in Deutschland mit Blick
auf die Energiepolitik. Das war ein großer Erfolg des
Bundeswirtschaftsministers und ist ein Beitrag zu einer
nachhaltigen Wachstumsstrategie in Deutschland und
damit einer Wachstumsstrategie für Europa.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wenn ich die Verkehrsdebatte einmal Revue passieren
lasse, muss ich sagen: Wir haben das frühere Verkehrs-
ministerium ganz bewusst umgestaltet mit der Erweite-
rung um den Zukunftsbereich der digitalen Infrastruktur
in Deutschland.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber da macht ihr nichts! Ihr macht nichts bei Breitband! – Zuruf der Abg. Halina Wawzyniak [DIE LINKE])


Früher haben wir beim Thema Infrastruktur ausschließ-
lich in den Kategorien von Schiene, Straße, Wasser-
straße gedacht. Heute wissen wir: Der Industrie- und
Dienstleistungsstandort Deutschland wird auf Dauer nur
dann wettbewerbsfähig sein, wenn wir auch bei der digi-
talen Infrastruktur spitze sind. Deswegen ist es ein wich-
tiges politisches Signal, das wir mit dem Neuzuschnitt
der Bundesregierung und der entsprechenden Neugestal-
tung des Haushaltes für Deutschland und für Europa set-
zen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bisher gibt es den Computerspielepreis, sonst nichts!)


Ich glaube, dass die Ausweitung der Investitionen in
Bildung und Forschung auf verschiedene Bereiche – es
geht eben nicht nur um das Ressort von Johanna Wanka –
deutlich macht, dass die Zukunft des Standorts Deutsch-
land und das wirtschaftliche Wachstum Deutschlands
davon abhängen, wie viel Leistungsbereitschaft und wie
viel Exzellenz wir in unserem Bildungs-, Ausbildungs-
und Forschungssystem mobilisieren.





Parl. Staatssekretär Steffen Kampeter


(A) (C)



(D)(B)

Deutschland schrumpft. Wir werden weniger. Wir ha-
ben uns verändert. Deswegen müssen wir diejenigen, die
morgen und übermorgen dazu beitragen können, unseren
Wohlstand und die Stabilität unserer sozialen Siche-
rungssysteme zu gewährleisten und unsere Innovations-
kraft nach vorne zu treiben, besser unterstützen. Der in
dieser Woche debattierte Haushalt liefert dazu einen gu-
ten Beitrag. Wir sollten alles daransetzen, dass der Bil-
dungs- und Forschungsstandort Deutschland in den
nächsten Jahren weiter gedeiht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wenn ich sage „alles daransetzen“, steht dahinter der
Gedanke: Politik – auch Haushaltspolitik, Wirtschafts-
und Wachstumspolitik – muss konsequent sein. Konse-
quente Politik wird sich vielleicht nicht morgen, aber
übermorgen auszahlen. Ich will ein Beispiel dafür brin-
gen, dass Konsequenz sich wirklich auszahlt.

Seit einigen Jahren erleben wir als Antwort auf die
Staatsschulden- und Bankenkrise europäische Solidari-
tät; der Bundesfinanzminister ist da führend beteiligt.
Das wird von vielen Deutschen, aber auch international
kritisch gesehen. Ich möchte an dieser Stelle hervorhe-
ben, dass Griechenland gestern einen ersten Schritt da-
hin gemacht hat, dass nicht mehr die europäische Solida-
rität den griechischen Staat finanziert. Griechenland hat
eine Anleihe an den internationalen Märkten platziert,
mit einem erheblichen Volumen, und sie wurde erheb-
lich überzeichnet. Das heißt, es gibt wieder Interesse an
Griechenland. Die Märkte sagen: Mit dem, was dort in
den vergangenen Jahren geleistet worden ist, ist Grie-
chenland auf dem richtigen Weg.

Der Besuch der Frau Bundeskanzlerin heute in Grie-
chenland macht deutlich, meine sehr verehrten Damen
und Herren: Mit diesem Land geht es aufwärts. Grie-
chenland hat konsequent reformiert, konsolidiert, auf
Wachstum umgeschaltet.


(Zuruf des Abg. Carsten Schneider [Erfurt] [SPD])


Dies anzuerkennen, sollte auch in dieser Haushaltsde-
batte ein ganz wichtiger Punkt sein.

Konsequenz zahlt sich aus. Reformfreude stößt zuerst
immer auf Widerstand, aber am Ende führt sie zu mehr
Wachstum, zu mehr Wohlstand und zu mehr Stabilität,
nicht nur in Griechenland, sondern in Europa insgesamt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


In dieser Debatte hat an der einen oder anderen Stelle
die Frage, warum wir so scharf auf die Nullen sind, eine
größere Rolle gespielt. Haushaltspolitiker und Finanzpo-
litiker sind gelegentlich etwas seltsame Leute; wir lieben
Nullen. Die schwarze Null, so hat ein Vertreter der Op-
position gesagt, sei abstrakt.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einiges ist nur kurzfristig finanziert! – Zuruf von der SPD: Manche haben auch Nullen! – Lachen des Abg. Johannes Kahrs [SPD])

Wir als Haushaltspolitiker haben eine gewisse soziale
Verantwortung. Diese schwarze Null ist nicht abstrakt,
sie ist sehr konkret. Sie bedeutet: keine neuen Schulden,
keine zusätzlichen Zinsbelastungen, mehr finanziellen
Spielraum zur Bewältigung der demografischen Heraus-
forderungen – der Kollege Kahrs lässt es da gelegentlich
an Ernsthaftigkeit vermissen –


(Beifall der Abg. Petra Hinz [Essen] [SPD])


und mehr Gerechtigkeit für zukünftige Generationen,
meine sehr verehrten Damen und Herren. Dafür ist die
schwarze Null, wie wir sie nennen, das richtige Instru-
ment.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wir werden uns dafür einsetzen, dass die schwarze
Null die neue Normalität der Haushaltspolitik ist.
Wolfgang Schäuble hat dies in seiner Einbringungsrede
gesagt.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles nicht auf Dauer finanziert!)


Dies wird dazu führen, dass wir in den nächsten Jahren
eine sinkende Schuldenstandsquote haben und wir in
zehn Jahren bei unter 60 Prozent landen werden. Damit
sind wir wieder auf einem klaren Kurs und können end-
lich mit Maastricht unseren Frieden schließen. Sünden
gibt es in der Finanzpolitik nicht nur außerhalb Deutsch-
lands; denn auch wir erfüllen nicht alle Kriterien des
Maastricht-Vertrages. Wir sollten an diesem Vertrag fest-
halten. Dieser Kurs führt zu mehr Wachstum, zu mehr
Stabilität und zu mehr Möglichkeiten nicht nur für die
heutige, sondern auch für alle zukünftigen Generationen.
Das ist ein Markenkern unserer Haushalts- und Finanz-
politik.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ein weiterer Kritikpunkt in dieser Debatte, der gele-
gentlich vorgetragen worden ist, ist, dass wir auch dafür
Sorge tragen, dass die Überschüsse in den Sozialkassen
nicht zu groß werden. Meine sehr verehrten Damen und
Herren, die sozialen Sicherungssysteme haben Über-
schüsse – das ist das Spiegelbild der positiven wirt-
schaftlichen Entwicklung –, teilweise im mittleren zwei-
stelligen Milliardenbereich. Wir haben uns dazu
entschieden, dass wir vorübergehend dafür Sorge tragen,
dass diese Überschüsse nicht zu groß werden, weil es
gleichzeitig immer noch Defizite im Bundeshaushalt
gibt. Da unsere Politik in verbal-radikaler Art und Weise
von den Vertreterinnen und Vertretern der Opposition
diskreditiert wird, will ich sagen: Alle sozialen Leistun-
gen in der Renten-, in der Kranken-, in der Arbeitslosen-
und in der Pflegeversicherung sind weiterhin gewähr-
leistet. Alle gesetzlichen Ansprüche sind garantiert. Die
Beiträge bleiben stabil, meine sehr verehrten Damen und
Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zwei Jahre, aber nicht länger! – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Glauben Sie das denn?)






Parl. Staatssekretär Steffen Kampeter


(A) (C)



(D)(B)

Wir machen einen soliden Interessenausgleich zwi-
schen den öffentlichen Kassen. Aus dem Bundeshaushalt
gehen in diesem Jahr 90 Milliarden Euro, also knapp ein
Drittel der gesamten Ausgaben, in die sozialen Siche-
rungssysteme. Am Ende dieser Legislaturperiode sind es
deutlich über 100 Milliarden Euro. Der Bundeshaushalt
ist ein Haushalt des inneren sozialen Zusammenhalts.
Aber er ist auch ein Haushalt, in dem darauf geachtet
wird, dass nicht an der einen Stelle Überschüsse gene-
riert werden, während an der anderen Stelle Defizite pro-
duziert werden. Dieses wäre unsinnig. Deswegen senken
wir die Defizite und gleichen so den Haushalt aus. Das
ist solide, das ist nachhaltig und es ist vor allem wirt-
schaftlich vernünftig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Norbert Barthle [CDU/CSU]: So ist es!)


Ein ganz wichtiger Punkt, auf den ich noch hinweisen
möchte, ist, dass dieser Bundeshaushalt auch für die an-
deren Gebietskörperschaften, für Länder und Gemein-
den, deutliche Signale setzt. Wir haben schon in den ver-
gangenen Jahren erhebliche Leistungen von Ländern
und Gemeinden in die finanzielle Verantwortung des
Bundes übernommen. Ich sage dies vor folgendem Hin-
tergrund: Es entsteht allgemein immer der Eindruck,
dass es den reichen Onkel gibt – das ist der Bund – und
dass alle anderen nicht genügend Geld haben. Tatsache
ist: Wenn Sie sich die Finanzkennziffern ansehen, dann
erkennen Sie, dass der Bund am stärksten unter der
Schulden- und Zinslast ächzt, gefolgt von den Ländern.
In den Gemeindehaushalten – ich darf das hier einmal
erwähnen; es ist ein großes Geheimnis – gibt es, aller-
dings unterschiedlich verteilt, Überschüsse.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Unterschiedlich verteilt! Darauf sollte man achten!)


Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren,
will ich an dieser Stelle festhalten, dass wir zwischen
2010 und 2017 Ausgaben von Ländern und Gemeinden
in Höhe von 93 Milliarden Euro in den Bundeshaushalt
übernehmen. 93 Milliarden Euro bei einem Bundeshaus-
halt von jährlich etwa 300 Milliarden Euro – das ist
schon eine ganze Menge Geld. Dies zeigt: Der Bund
steht nicht nur zu seiner Verantwortung, was seine Auf-
gaben betrifft, sondern er zeigt auch im föderalen Ge-
füge Solidarität. Wir weiten diese Solidarität in den
nächsten Jahren aus.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Vor diesem Hintergrund mutete es schon abenteuer-
lich an, dass die Vertreterinnen und Vertreter der Opposi-
tion angeführt haben, wir würden nicht zu unseren Zusa-
gen stehen.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, klar ist: Mit
diesem Haushalt und der mittelfristigen Finanzplanung
setzen wir eins zu eins das um, was wir in den Koali-
tionsvereinbarungen festgelegt haben. Wir schließen ers-
tens die umfassende Übernahme der Kosten für die
Grundsicherung im Alter ab. Wir bereiten zweitens das
Bundesteilhabegesetz vor, das spätestens 2018 finanz-
wirksam werden wird. Wir entlasten drittens die Ge-
meinden ab 2015 im Vorgriff auf das Bundesteilhabege-
setz in geeigneter Art und Weise um etwa 1 Milliarde
Euro.

Es ist kein Bild der Vergangenheit, dass wir Solidari-
tät zeigen; es ist ein Markenkern für die Zukunft, dass
wir eine kommunalfreundliche Politik machen, die die
Leistungsfähigkeit und Handlungsfähigkeit auch anderer
Gebietskörperschaften steigert. Dafür stehen die Große
Koalition und die Bundesregierung, nicht nur mit diesem
Haushalt, sondern auch mit ihrer Politik in den nächsten
Jahren, meine sehr verehrten Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir sollten jetzt in den Beratungen deutlich machen,
dass wir an diesem Kurs festhalten. Ich habe in den letz-
ten Tagen vieles gehört, das gut klang, aber von dem ich
mir unter dem Strich nicht wünsche, dass es umgesetzt
wird. Dazu gehört auch der eine oder andere Vorschlag
aus den Koalitionsfraktionen.


(Johannes Kahrs [SPD]: EEG abschaffen, zum Beispiel!)


Wenn wir jeden Vorschlag umsetzen würden, hätten wir
Schwierigkeiten, unsere globalen Vorgaben einzuhalten.
Ich bin mir aber der Unterstützung dieses Hauses bei der
Fortführung unserer konsequenten Politik sicher.

Ich bedanke mich bei den Haushältern der Koalition,
die uns schon in den ersten Tagen der Koalition gut be-
gleitet haben. Ich setze auf einen konstruktiven Dialog
mit der Opposition auch im Haushaltsausschuss. Ich
weiß, dass die Grünen und die Linken sicherlich kluge
Vorschläge machen werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Am Ende muss eines klar sein: Stabilität ist der
Schlüssel zu Wachstum. Haushaltskonsolidierung muss
die neue Normalität sein. Sie schafft Möglichkeiten, die
notwendigen Investitionen zur Gewährleistung der mit-
telfristigen Wachstumsfähigkeit unserer Volkswirtschaft
voranzutreiben. So können wir uns einigen. Dazu lade
ich alle ein, die Koalition und gleichermaßen die Op-
position.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1803103700

Als nächste Rednerin spricht die Kollegin Gesine

Lötzsch von der Linken.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1803103800

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Die Bilanz dieser Woche lautet: Die
Regierung ist mit sich zufrieden und lobt sich über den
grünen Klee. Das scheint sie für ihr Seelenheil zu brau-





Dr. Gesine Lötzsch


(A) (C)



(D)(B)

chen, und für fünf Minuten können wir es ihr auch gön-
nen. Aber Steffen Kampeter hat schon richtig gesagt:
Die Opposition wird kluge Vorschläge machen.


(Beifall bei der LINKEN)


Insofern will ich Ihnen am Ende dieser Woche acht ganz
konkrete Vorschläge mit auf den Weg geben, die wir in
den Beratungen umsetzen können:

Erster Vorschlag: die Finanztransaktionsteuer endlich
einführen. Deutschland kann da vorangehen.


(Beifall bei der LINKEN – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Kein guter Vorschlag!)


Die Kanzlerin hat am Mittwoch darauf verwiesen, dass
Deutschland bei der Regulierung der Finanzmärkte in
Europa immer vorangeht. Ich finde, man sollte sie beim
Wort nehmen: Sie sollte auch hier mit gutem Beispiel
vorangehen und durchsetzen, dass die Finanztransak-
tionsteuer zuerst in Deutschland eingeführt wird. Ich
sage Ihnen: Die anderen Länder werden uns folgen, weil
sie sich dem nicht entziehen können, meine Damen und
Herren.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn beim Kauf von Aktien im Wert von 1 000 Euro
Steuern von nur 1 Euro anfallen würden, dann wäre das,
wie ich glaube, für jedermann vertretbar. Der Staat
würde 50 Milliarden Euro mehr in der Kasse haben. Da-
mit könnte man eine Menge anfangen. Ich glaube, die
Kanzlerin als die mächtigste Frau der Welt könnte das
doch locker durchsetzen, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der LINKEN – Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Wer zahlt denn diese Finanztransaktionsteuer, Frau Lötzsch? Wer zahlt das denn? Haben Sie sich einmal Gedanken darüber gemacht?)


Zweiter Vorschlag: Kindergelderhöhung. Unseren
Kindern steht nach dem Bericht über das Existenzmini-
mum eine Kindergelderhöhung zu. Es geht hier um
425 Millionen Euro im Jahr. Das hört sich erst einmal
nach viel an, aber im Hinblick auf den Gesamthaushalt
ist das durchaus vertretbar.

Wir haben gerade in dieser Woche erfahren, dass Frau
von der Leyen dem Finanzminister 1 Milliarde Euro zu-
rückzahlen musste, weil sie ihre Rüstungsprojekte nicht
finanziert bekommt. Wir hätten also Geld für eine Kin-
dergelderhöhung übrig. Das wäre sinnvoller, als es für
Rüstungsprojekte auszugeben.


(Beifall bei der LINKEN – Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Was ist denn die Alternative?)


Meine Damen und Herren von der Union, wir alle wer-
fen einen Blick in unsere Wahlprogramme, Sie sicherlich
auch in Ihres. Sie haben im Wahlkampf 35 Euro mehr
Kindergeld versprochen. Darüber sollten wir uns in den
Haushaltsberatungen unterhalten.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Dritter Vorschlag: Industrie an der Energiewende be-
teiligen. Kollege Gabriel hat den Satz formuliert:
40 Euro für einen Dreipersonenhaushalt im Jahr
tauschen gegen ein paar Hunderttausend Arbeits-
plätze … das hielte ich für ein frivoles Unterfangen.

Ich weiß nicht, was die SPD sagen würde, wenn je-
mand gegen den Mindestlohn, der ihr so sehr am Herzen
liegt, folgendermaßen argumentieren würde: Ein paar
Euro mehr Lohn in der Stunde tauschen gegen ein paar
Hundert Arbeitsplätze, das wäre frivol. – Sie würden
demjenigen doch einen Vogel zeigen, und das zu Recht.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Der Vergleich hinkt ja auch!)


Herr Gabriel – ich gehe davon aus, dass Sie ihn alle
unterstützen – hat ein ganz altes Argument der Arbeitge-
ber einfach auf die Energiewende übertragen. Das finde
ich nicht in Ordnung; denn solange es die SPD gibt – Sie
erinnern sich doch an Ihre Geschichte –, erklären Arbeit-
geber in Bezug auf die sozialen Vorschläge der SPD,
dass diese eine Menge Arbeitsplätze kosten würden.
Dieses Argument gab es übrigens schon, als es um die
Abschaffung der Kinderarbeit und die Einführung des
Achtstundentages ging. – Das können Sie sich doch
nicht im Ernst zu eigen machen!


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Vierter Vorschlag: Mindestlohn schneller und flä-
chendeckend einführen. Gerade das Finanzministerium,
hier heute vertreten durch Herrn Kampeter und nicht
durch Herrn Schäuble, müsste doch ein sehr großes Inte-
resse daran haben, dass der flächendeckende gesetzliche
Mindestlohn schneller, als bisher geplant, eingeführt
wird.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Denn der Mindestlohn entlastet die öffentlichen Haus-
halte. Wir haben es gestern Abend, leider zu relativ spä-
ter Stunde, besprochen: Allein 10 Milliarden Euro zu-
sätzlich müssen für die sogenannten Aufstocker – also
für Menschen, die so wenig Geld bekommen, dass sie
von ihrer Arbeit nicht leben können – in den Haushalt
eingestellt werden.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Die meisten davon arbeiten Teilzeit!)


Ich habe gestern Abend – ich erzähle es gerne noch
einmal – von dem skandalösen Urteil des Arbeitsgerich-
tes in Cottbus berichtet. Die Richter waren der Auffas-
sung, dass Menschen freiwillig für 1,54 Euro in der
Stunde arbeiten würden, damit sie auf dem Arbeitsmarkt
wieder Fuß fassen können. Ich finde: Gerade solche Ur-
teile zeigen, dass wir keine Ausnahme beim gesetzlichen
Mindestlohn zulassen dürfen.


(Beifall bei der LINKEN)


Fünfter Vorschlag: Ost- und Westmütter endlich
gleich behandeln. Es ist möglich und für alle wünschens-
wert, dass wir keinen Unterschied mehr bei der Rente
machen. Ich finde, wir sollten bei der Mütterrente anfan-
gen.





Dr. Gesine Lötzsch


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir werden im kommenden Jahr den 25. Jahrestag der
deutschen Einheit begehen. Wir werden feiern, viele Re-
den werden gehalten. Nach 25 Jahren kann man nieman-
dem mehr erklären, dass es Unterschiede zwischen Ost
und West gibt, insbesondere bei Müttern.


(Beifall bei der LINKEN)


Sechster Vorschlag: endlich die kalte Progression ab-
schaffen.


(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Sehr gut! CDU-Vorschlag!)


– Genau, das ist ein CDU-Vorschlag. – CDU/CSU und
auch SPD wollen wieder einmal die kalte Progression
abschaffen, aber dafür fehlt angeblich das Geld. Die
SPD ist nur für die Steuersenkung, wenn es eine Gegen-
finanzierung gibt. Es gibt natürlich eine Gegenfinanzie-
rung! Wir müssen nur die Vermögenden in unserem
Land steuerlich etwas mehr belasten, damit die Mittel-
schicht ihre Lohnerhöhungen nicht mehr vollständig
beim Finanzminister abgeben muss; denn das ist unge-
recht.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Bund der Steuerzahler hat ausgerechnet, dass der
Finanzminister in den Jahren bis 2017 durch die kalte
Progression insgesamt etwa 55 Milliarden Euro mehr
einnehmen würde.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt aber nicht! – Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Das ist Quatsch!)


Ich finde, dieses Geld gehört den Menschen, die es erar-
beitet haben, nämlich der Mittelschicht. Wir brauchen
endlich eine gerechte Besteuerung der Reichen. Das hat
unser Land verdient.


(Beifall bei der LINKEN)


Siebenter Vorschlag: Geben Sie den Kommunen mehr
Geld! Steffen Kampeter ist auf dieses Thema eingegan-
gen und hat immerhin zugestanden, dass die Lage der
Kommunen sehr unterschiedlich ist. Ich finde, wir soll-
ten die Augen davor nicht verschließen. Natürlich gibt es
reiche Kommunen, aber sehr viele Kommunen ächzen
und leiden unter der Situation. Hier im Haus sind Kolle-
gen aus allen Bundesländern vertreten; jeder wird Bei-
spiele dafür kennen.

Das ist nicht nur eine Finanzfrage. Denn Finanzen
und Haushalt beschreiben auch den Zustand unserer Ge-
sellschaft. Es geht dabei auch um die Frage einer leben-
digen Demokratie. Warum soll man sich eigentlich bei
einer Kommunalwahl zur Wahl stellen, wenn man genau
weiß, dass man aufgrund der Finanzsituation entschei-
den muss, ob zuerst die Schwimmhalle, die Bibliothek,
das Theater oder vielleicht eine Schule geschlossen wer-
den muss? Ich glaube, die Frage einer gerechten Finan-
zierung der Kommunen ist auch die Frage einer lebendi-
gen Demokratie, und dafür sollten wir doch alle
einstehen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben vor wenigen Minuten die Debatte über den
Verkehrsetat beendet. Ich bin der Auffassung, dass wir
wesentlich mehr in unsere Infrastruktur investieren müs-
sen. Jeder von uns kennt mindestens eine Brücke oder
eine Straße in diesem Land, die marode ist. Da muss
wirklich schnell etwas passieren. Wer die Sanierung auf
die lange Bank schiebt, wird später mehr ausgeben müs-
sen. Das ist doch nun wirklich eine Binsenweisheit.

Wir stehen im Augenblick augenscheinlich vor zwei
demografischen Herausforderungen: Die Menschen,
aber auch die Infrastruktur unseres Landes werden im-
mer älter. Wir müssen beide Herausforderungen ernst
nehmen und müssen wirklich mehr Geld für sinnvolle,
für langfristige Investitionen zur Verfügung stellen.

Achter Vorschlag: Investieren Sie in ein friedliches
Europa! Die Bundesrepublik Deutschland hat immer
dann profitiert, wenn sie in friedliche Beziehungen mit
anderen Ländern investiert hat, und Deutschland hat im-
mer verloren, wenn es auf Gewalt und Militär gesetzt
hat. Vielleicht sollten wir uns an dieser Stelle einmal für
zwei Minuten an die FDP erinnern.


(Johannes Kahrs [SPD]: Nee, nee, nee! – Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Jetzt kommt etwas Gutes!)


Man kann über die FDP viel Schlechtes sagen, aber dass
Guido Westerwelle als Außenminister eine Politik der
militärischen Zurückhaltung verfolgt hat, war, glaube
ich, eine richtige Entscheidung. Davon sollten wir nicht
abweichen.


(Beifall bei der LINKEN – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Neue Koalitionsangebote!)


– Lieber Kollege Barthle, nicht jedes Lob ist ein Koali-
tionsangebot.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


Sie werden im Laufe unserer Zusammenarbeit bestimmt
noch erleben, dass ich auch Sie lobe.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Bitte keine Drohungen!)


Aber Sie müssen keine Angst haben. Das ist nicht auto-
matisch ein Koalitionsangebot.


(Beifall bei der LINKEN)


Kommen wir zurück zum Verteidigungsetat, den ich
kurz ansprechen möchte. Ich glaube, man kann nieman-
dem erklären, warum der zweitgrößte Einzelplan in un-
serem Bundeshaushalt immer noch der Etat für Verteidi-
gung ist. Das ist doch ein teurer Reflex aus dem Kalten
Krieg. Das hat nichts mehr mit realen Bedrohungen zu
tun. Wer den Bürgerinnen und Bürgern in der Bundesre-
publik Deutschland Sicherheit geben will, der muss in
Arbeitsplätze, in Wohnungen und in unsere solidarischen





Dr. Gesine Lötzsch


(A) (C)



(D)(B)

Sicherungssysteme investieren und nicht in veraltete
Waffensysteme.


(Beifall bei der LINKEN – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Das ist gerade mal ein Fünftel des Sozialetats!)


In Anbetracht der Tatsache, dass im Bundestag partei-
übergreifend ein großes Interesse daran besteht, Waffen
zu vernichten, sollten wir in den Haushaltsberatungen
darüber diskutieren, welche Rüstungsprojekte wir über-
haupt noch brauchen und welche wir deutlich reduzie-
ren, wenn nicht gar streichen können.


(Beifall bei der LINKEN)


Dabei haben Sie uns ganz auf Ihrer Seite.

Zum Abschluss. Vor uns liegen die Detailberatungen.
Wir werden uns über viele Fragen sehr intensiv aus-
einandersetzen. In einigen Wochen werden wir wieder
hier im Plenum beraten. Ich glaube, wir können diese
Beratungen alle miteinander vernünftig führen, wenn
wir die guten Vorschläge der anderen ernst nehmen und
wenn wir uns – davon bin ich überzeugt – wie in den
letzten Jahren auf die unermüdliche Geduld und Ausge-
glichenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Se-
kretariats verlassen können. Ich hoffe, dass wir gemein-
sam, wenn wir in einigen Wochen wieder hier stehen,
wesentliche Veränderungen des Etats erreicht haben, die
bewirken, dass er gerechter, ausgeglichener, solidari-
scher und friedlicher ist.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1803103900

Als nächster Rede hat der Kollege Johannes Kahrs

von der SPD das Wort.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Johannes Kahrs (SPD):
Rede ID: ID1803104000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Das war eine interessante Woche. Die Haus-
haltsberatungen, Frau Kollegin Lötzsch, sollen interes-
sant werden und werden auch interessant, insbesondere
dann, wenn die Opposition nicht nur sagt, wie sie mehr
Geld ausgeben will, sondern auch, wie sie diese Ausga-
ben finanzieren will.


(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Hat sie doch gesagt!)


– Na ja, von den Vorschlägen hatte einer etwas mit Fi-
nanzierung zu tun, und dieser bedürfte nicht nur der Zu-
stimmung des Bundestages, sondern auch der anderen
Länder in Europa. Wann und wie das kommt, wissen wir
nicht. – Wir Sozialdemokraten stehen für die Einführung
einer Finanztransaktionsteuer, die Koalition steht dafür,


(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Dann machen Sie es doch!)

aber wir sind nun einmal nicht allein auf dieser Welt.
Das sollte man zur Kenntnis nehmen. Nur zu sagen, wie
man Geld ausgeben will, das sollte, glaube ich, nicht der
Ton sein, der diese Debatte bestimmt.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Steffen Kampeter hat hier häufiger die schwarze Null
erwähnt. Ich glaube, dass wir alle dieses Ziel ab nächs-
tem Jahr erreichen wollen. Es ist ein großes Ziel, keine
neuen Schulden in diesem Land zu machen. Das ist uns
über viele Jahre und Jahrzehnte nicht gelungen. Wenn es
unserer Koalition gelingt, das umzusetzen, kann sich je-
der in diesem Land darüber freuen. Wir sparen ja nicht
einfach nur, weil wir sparen wollen, sondern wir sparen,
weil das weitere Anhäufen von Schulden und die Zins-
belastungen für unsere Kinder und Enkel sowie für alle
nachfolgenden Generationen eine Katastrophe wären.
Deswegen ist es wichtig, dass wir keine neuen Schulden
machen.

Ich bin dem Bundesfinanzminister dafür dankbar,
dass er einen Vorschlag vorlegt, der das in 2015, 2016,
2017 und den folgenden Jahren möglich macht. Das ist
aber nicht einfach. Ich möchte Ihnen sagen, dass das
auch schwer risikobehaftet ist. Wir haben in der Vergan-
genheit ab und an geglaubt, dass wir das schaffen. Ein
Finanzminister hat einmal gesagt, dass er die Wahl zwi-
schen der schwarzen Null und der deutschen Einheit
hatte. Das alles kann man sehen, wie man will. Keiner
weiß, was passiert. Aber, ich glaube, wenn wir es hier
beschließen und in der mittelfristigen Finanzplanung
festschreiben, gibt es in der Bevölkerung unseres Landes
die Erwartungshaltung, dass wir das auch umsetzen. Das
zwingt uns dazu, in den nächsten Jahren entsprechend zu
handeln.

Es gibt Risiken bei der Erreichung der schwarzen
Null; das wissen wir. Wir haben viel getan, was zur Er-
reichung dieses Ziels notwendig war. Wenn wir uns alle
vornehmen, die schwarze Null zu schaffen, dann muss es
auch unser aller Handeln bestimmen. Das ist einer der
Punkte, die wir als Sozialdemokraten in den Koalitions-
verhandlungen gefordert und durchgesetzt haben. Dazu
stehen wir. Man muss dafür sorgen, dass man keine
neuen Schulden macht, aber gleichzeitig – ich bin dem
Kollegen Barthle dankbar, dass er das immer sagt – muss
man den Haushalt auch so ausrichten, dass man investie-
ren kann.

Wir hatten heute Morgen um 7.30 Uhr eine Sitzung
des Haushaltsausschusses.


(Zuruf der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])


In dieser haben wir zum Beispiel 451 Millionen Euro für
die fünfte Schleuse des Nord-Ostsee-Kanals freigege-
ben.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Norbert Barthle [CDU/CSU]: In Brunsbüttel!)


– Genau, in Brunsbüttel. – Dieses Vorhaben ist uns So-
zialdemokraten sehr wichtig. Dafür haben wir zu Zeiten
der Opposition jahrelang gekämpft. Jetzt kommen wir
der Sache einen Schritt näher.





Johannes Kahrs


(A) (C)



(D)(B)

Man muss aber auch dazu sagen – das ist eines der
Probleme unserer Verkehrspolitik –, dass wir manchmal
ein bisschen punktuell vorgehen. Man braucht einen
Plan. Was den Nord-Ostsee-Kanal angeht, braucht man
nicht nur die fünfte Schleuse, sondern man muss es als
Gesamtkonzept begreifen. Mir ist es deswegen wichtig,
dass man nicht einen Plan hat, der 2028 oder irgendwann
endet, sondern einen Plan, der sicherstellt, dass man die
Maßnahmen stringent abarbeiten kann. Man muss einen
Plan vorlegen, der überschaubar ist und den man bewer-
ten kann.

Jetzt haben wir eine einzelne Maßnahme beschlossen.
Diese ist richtig, wichtig und gut, und dazu stehen wir
auch. Gleichzeitig ist es aber so, dass man nicht einfach
nur eine Maßnahme an die andere reihen darf. Als wei-
tere Maßnahmen nenne ich die Vertiefung um 1 Meter,
die Anpassung der Ostrange, also der letzten 20 Kilome-
ter vor Kiel, die Hochbauten wie beispielsweise Brü-
ckenbauwerke und die anderen beiden Schleusen. Wenn
man das alles nacheinander angeht, wird es sehr viel teu-
rer, dauert endlos lange, und der Nutzen ist später
schwer greifbar. Deswegen muss man das so weit wie
möglich parallel laufen lassen. Das ist nur ein Beispiel.

Wir können auch noch andere Beispiele wie marode
Autobahnen oder Brücken – diese kann man sich in
Nordrhein-Westfalen hervorragend anschauen – durch-
deklinieren. Es braucht aber einen Plan und eine Struk-
tur, und wir im Haushaltsausschuss müssen dann sehen,
wie wir das Geld zur Verfügung stellen.

Ich habe Frau Lötzsch eben sehr genau zugehört. Sie
ist Vorsitzende des Haushaltsausschusses. Ich finde, das
bringt eine gewisse Verantwortung mit sich. Frau
Lötzsch, Sie haben die Politik von Sigmar Gabriel kriti-
siert und gesagt, sie hielten es für falsch, dass er die Bür-
ger in diesem Land zum Zwecke der Sicherung von Ar-
beitsplätzen belastet. Ich kann Ihnen sagen: Ich komme
aus der Freien und Hansestadt Hamburg. In Hamburg
machen wir es seit Jahrzehnten so.

Als wir unsere Stadtwerke, die HEW, noch hatten,
gab es bei uns Industriestrompreise, damit die Grund-
stoffindustrie gehalten werden konnte. Das galt für die
Norddeutsche Affi, heute Aurubis, Europas größte Kup-
ferhütte, für die Aluminiumwerke und für die anderen
Industriebetriebe. Wir Sozialdemokraten haben immer
für wettbewerbsfähige Industriestrompreise gekämpft;
denn nur so kam diese Industrie klar. Das Ergebnis ist,
dass es in Hamburg sowohl Industrie als auch Wissen-
schaft und Forschung sowie Dienstleistungen gibt. Der
Mix macht’s.

Wir müssen das deutschlandweit so machen. Wir kön-
nen nicht zulassen, dass die von internationalen Preisen
abhängige Grundstoffindustrie aus Deutschland abwan-
dert und nach und nach Teile der Kette hinterherwan-
dern. Das geht nicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Diese Koalition hat gesagt: Wir brauchen wettbe-
werbsfähige Strompreise für die Industrie. – Das ist
nicht das übliche Klagen. Frau Lötzsch, das erkennt
man, wenn man sich mit dem Thema beschäftigt. Man
darf sich nicht einfach nur das letzte Jahrhundert an-
schauen, sondern man muss die neuen Fakten studieren.
Dann sieht man, wie die Lage auf den Weltmärkten aus-
sieht und wie viele Zehntausend und Hunderttausend Ar-
beitsplätze von der Wettbewerbsfähigkeit unserer Unter-
nehmen abhängen. Das gilt nicht nur für die
Großindustrie, sondern auch für den Mittelstand und die
kleinen Unternehmen. Wir müssen daher etwas tun.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich glaube, das ist Teil vernünftigen Haushaltens und
Teil eines vernünftigen Koalitionsvertrages. Wir müssen
das dann aber auch umsetzen. Gleichzeitig müssen wir
dafür sorgen, dass die Menschen in diesem Land durch
steigende Stromkosten nicht übermäßig belastet werden.
Wir müssen die Preise halbwegs konstant halten.


(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die steigen jetzt aber!)


Das ist doch das Ziel; das ist hier bereits gesagt worden.

Neben einer vernünftigen Industriepolitik stehen noch
andere Posten im Koalitionsvertrag, die wir finanzieren
müssen. Ich spreche dabei vom Mindestlohn, der Rente
mit 63 und der Mütterrente. Man kann da über viele
Punkte diskutieren.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vor allem darüber, dass die Finanzierung so schlecht ist!)


Wir haben auch innerhalb der Koalition viel diskutiert.
Wir hätten das alles lieber aus Steuermitteln finanziert
und nicht über die Sozialkassen. Geschenkt. Es ist ein
Koalitionsvertrag; da geht man Kompromisse ein. Wir
Sozialdemokraten haben, was die Finanzierung angeht,
eben verloren.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


In der Sache ist aber jedes einzelne Projekt richtig, wich-
tig und gut.


(Beifall bei der SPD)


Die Zustimmung zu unseren Vorhaben ist in diesem
Land groß. Wir haben mit der CDU/CSU gestritten. In
einzelnen Punkten werden wir uns noch einigen müssen.
Aber dass der Mindestlohn in diesem Land kommt, dass
die Mütterrente, so wie versprochen, kommt, und dass
die Rente mit 63 kommt, zeigt: Wählen verändert, Wäh-
len bewegt.

Es gab die einen oder anderen Zwischenrufe vonsei-
ten der Opposition. Vielleicht haben Sie von der Opposi-
tion sich in den letzten Tagen einmal die Kommentare in
den Zeitungen zu Gemüte geführt – das dürfte für Sie
kein wirkliches Vergnügen gewesen sein –, die zeigen,
wie die veröffentlichte Meinung Ihre Arbeit bewertet.
Ich habe sie mir durchgelesen, und da hieß es im Hin-
blick auf die Opposition – ich würde das nicht auf diese
Weise formulieren –: armselig, harmlos, schwachbrüstig,
frisiert und Ähnliches.





Johannes Kahrs


(A) (C)



(D)(B)


(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein bisschen mehr Niveau, Herr Kollege! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist der Haushalt so schlecht, dass Sie auf so ein Niveau heruntergehen müssen, Herr Kahrs?)


Das konnte man in der Zeitung nachlesen.

Normalerweise ist es so, dass Haushaltsberatungen
die Sternstunden der Opposition sind, weil sie Konzepte
vorlegen, überzeugende Alternativen vorstellen kann
und so die Regierung richtig in die Enge drängt, sodass
diese sich verteidigen muss und aus der Defensive kaum
herauskommt. Aber es kam nichts! Die ganze Woche
war davon nichts zu spüren.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben vorgetragen, was wir für richtig halten.
Wir haben das getan, wofür wir gewählt worden sind.
Wir haben uns an den Koalitionsvertrag gehalten. Was
aber kommt außer Plattitüden von der Opposition?
Nichts! Gegenkonzepte? Nichts! Deckungsvorschläge?
Nichts! Das kann man sich einmal im Einzelfall an-
schauen: Herr Bartsch hat sich dadurch hervorgetan,
dass er im Namen der Linken eine solide Finanzpolitik
und Haushaltskonsolidierung gefordert hat. Herr
Bartsch, das ist wunderbar! Frau Lötzsch war, glaube
ich, leider nicht im Raum; sonst hätte sie das, was sie
eben gesagt hat, nicht sagen können.


(Lachen bei der LINKEN)


Vielleicht sollten Sie in der Linkspartei einen Studien-
kreis bilden,


(Heiterkeit bei der SPD)


der sich damit befasst, was Konsolidierung und Solidität
eigentlich bedeuten. Das können Sie dann erarbeiten,
auch gemeinsam mit einigen anderen Kollegen. Viel-
leicht würde das nachhaltig wirken, und wir alle würden
dann überzeugende Konzepte von Ihnen vorgelegt be-
kommen, bei denen auch ich ein bisschen ins Schwitzen
geraten würde, um das, was wir tun, zu verteidigen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war aber schon ein bisschen billig!)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1803104100

Als nächste Rednerin hat die Kollegin Anja Hajduk

vom Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803104200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber

Johannes Kahrs, das war das Versprechen, richtig gut zu-
zuhören, und zwar auch mir. Denn jetzt wollen wir ein-
mal darüber reden, was bei der Großen Koalition alles
längst nicht wunderbar ist, wenn Sie das selber noch
nicht wissen sollten.

Die Große Koalition hat sich mit der schwarzen Null
präsentiert. Sie hat sich dann aber, wie ich finde, leider
schon zufrieden zurückgelehnt, weil es die schwarze
Null so lange nicht gegeben hat. Wir wissen aber: Das
hat ganz viel mit der guten Konjunktur zu tun. 3 Prozent
mehr Steuereinnahmen jährlich, das ist richtig viel und
nicht die Normalität.


(Johannes Kahrs [SPD]: Dank Gerhard Schröder! – Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Genau!)


Auch die Zinsen sind ganz gering. Würden die Zinsen
um 1 Prozentpunkt steigen, hätten wir eine Mehrbelas-
tung von 10 Milliarden Euro. Dann wären wir von der
schwarzen Null weg. Oder man müsste sofort den Bil-
dungsetat, der ein Volumen von 14 Milliarden Euro hat,
um zwei Drittel kürzen. Wenn man das weiß, dann sieht
man, wie groß die Risiken sind. Man darf sich eben nicht
einbilden, dass all das nur im Regierungshandeln be-
gründet ist. Das hat manchmal auch damit zu tun, dass
man ein bisschen Glück mit den Rahmenbedingungen
hat.

Ich rufe in Erinnerung, was der Finanzminister hier
gesagt hat: Wir brauchen trotz der aktuell guten Situa-
tion und der guten Rahmenbedingungen noch zehn
Jahre, um die Gesamtverschuldungsgrenze von 60 Pro-
zent zu erreichen; das ist die erlaubte europäische
Grenze. – Vor diesem Hintergrund sollte man diesen
Weg ein bisschen bescheidener angehen. Man sollte
nicht glauben, man könne sich schon heute zurückleh-
nen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie haben gesagt, wir sollten Zeitung lesen. Ich habe
das gemacht. Ich habe auch zugehört, was der Finanz-
minister gesagt hat. Der Finanzminister hat gesagt: In
den kommenden Jahren sollen die Ausgaben nur so weit
steigen, wie es mit einem ausgeglichenen Haushalt ver-
einbar ist. – Ich muss sagen: Ich habe mich über dieses
Verständnis ganz schön gewundert. – Es würde mich
freuen, wenn der Staatssekretär zuhören würde, wenn
wir hier über seinen Haushalt reden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich habe mich, wie gesagt, sehr gewundert, dass der
Finanzminister am Dienstag quasi gesagt hat: Wenn wir
viel Geld einnehmen, dann dürfen wir auch viel Geld
ausgeben. – Das bedeutet dieser Satz nämlich.

Ich halte das für ein falsches Verständnis der Schul-
denbremse. Das richtige Verständnis ist: In guten Zeiten
trifft man Vorsorge für schwierige Zeiten, die immer
kommen können. Sie aber erhöhen den Haushalt in der
gesamten Finanzplanperiode um 9,6 Prozent – das ist
viel; die Länder sind in den nächsten vier Jahren viel
sparsamer –





Anja Hajduk


(A) (C)



(D)(B)


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Ja, ja! Nordrhein-Westfalen! Baden-Württemberg!)


und denken sich: Wir haben jetzt gute Zeiten; da lassen
wir es einmal laufen.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Nein! Das ist grüne Haushaltspolitik!)


Ich halte das für ein Missverständnis des Grundgedan-
kens der Schuldenbremse, der nämlich darin besteht,
Vorsorge zu betreiben.

Ich setze noch einen drauf. Sie sagen: Wir wollen in
der kommenden Finanzplanperiode knapp 30 Milliar-
den Euro mehr ausgeben; wir haben in Zukunft ja
42 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Bis 2018!)


Ziehen wir davon die 6,5 Milliarden Euro Neuverschul-
dung aus diesem Jahr ab, verbleiben in dieser Finanz-
planperiode 36,2 Milliarden Euro Steuermehreinnah-
men. Lediglich 1,2 Milliarden Euro davon macht die
Steigerung bei den Investitionen aus. Da kann ich Ihnen
nur sagen: Wenn Sie Ihre Mehrausgaben noch nicht ein-
mal in die Investitionen stecken, dann haben Sie nicht
begriffen, vor welchen Zukunftsherausforderungen wir
stehen,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


und das vor dem Hintergrund, dass die Investitionsquote
einstellig ist und stetig sinkt. Das ist Ihr Plan: Sie soll
stetig sinken. Sie wissen selbst, dass der Verkehrsminis-
ter in seinem Infrastrukturetat viel zu wenig Geld hat;


(Zuruf von der CDU/CSU: Was wollen eigentlich die Grünen?)


wir wissen doch, wie die Brücken aussehen. Sie wissen
auch, dass die Bodewig-Kommission empfohlen hat, für
diesen Bereich weit mehr als nur 1,25 Milliarden Euro
pro Jahr bereitzustellen. Sie aber stellen sich hierhin und
sagen, 5 Milliarden Euro in fünf Jahren seien ganz toll.
Herr Kampeter stellt sich hierhin und sagt, Sie hätten
Großartiges geschafft, weil jetzt das Verkehrsministe-
rium auch für die digitale Infrastruktur zuständig ist. Ich
sage Ihnen: Da reicht keine Namenserweiterung. Dafür
braucht man auch Konzepte und Geld; doch das ist beim
Ausbau der Breitbandversorgung leider gar nicht vor-
handen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Herr Kampeter, ich bin mir sicher, dass Sie die Ver-
mögensbilanz Deutschlands, der öffentlichen Hand ken-
nen. Dann wissen Sie, dass wir Anfang der 60er-Jahre
ein Nettovermögen von ungefähr 50 Prozent, gemessen
am Bruttoinlandsprodukt, hatten, das bis heute auf 0 Pro-
zent gesunken ist. Das heißt, wir haben kein positives
Nettovermögen mehr. Wenn Sie in einer solchen Situa-
tion trotz guter Rahmenbedingungen eine so niedrige In-
vestitionsquote einplanen, dann – das können wir Grüne
nur sagen – brauchen wir eine Schutzregel für Investitio-
nen; denn die Große Koalition ist offensichtlich nicht in
der Lage, eine alternde Gesellschaft davor zu bewahren,
dass die Schuldenbremse dazu dient, nur noch Konsum-
ausgaben zu tätigen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist keine gute Finanzpolitik; das ist zu wenig durch-
dacht. Gemessen an Ihren eigenen Ansprüchen, die Sie
hier seit Dienstag bekräftigt haben, ist das ein bisschen
armselig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Wie schätzen Sie denn die Bildungsund Forschungsausgaben ein?)


Ich komme zu einem anderen Punkt, der die Zu-
kunftsvergessenheit Ihrer Politik noch stärker beschreibt.
Da gehe ich richtig in die Zeitungen, Herr Kollege
Kahrs.


(Johannes Kahrs [SPD]: Lesen bildet!)


Ich zitiere aus der Süddeutschen Zeitung: „Wir können
uns das leisten“, sagte Schäuble zum Auftakt der Haus-
haltsberatungen mit Blick auch auf das Rentenpaket.
Dann schiebt er hinterher: „Wir können uns aber nicht
mehr leisten.“ Da kann ich nur sagen: Wenn Herr
Schäuble, der ein kluger, bedächtiger Mensch ist und
viel Erfahrung hat, uns hier eigentlich davor warnt, dass
die demografische Entwicklung positiv angegangen wer-
den muss, als Herausforderung – auch ich finde, wir soll-
ten sie nicht unbedingt als düstere Zukunft beschreiben –,
dann sind wir uns doch einig, dass wir da eine Heraus-
forderung zu meistern haben.

Wenn Frau Merkel sagt, dass wir eine große Aufgabe
zu bewältigen haben, wenn die Babyboomergeneration
demnächst den Arbeitsmarkt verlässt – das hat sie gesagt
unter dem tiefen Eindruck der jungen afrikanischen Be-
völkerung –, dann kann ich nur fragen: Warum schaffen
Sie mit der Rente ab 63 ein Übergangsphänomen nur für
die geburtenstarken Jahrgänge? Nur diese Jahrgänge
werden vom frühzeitigen Renteneintritt profitieren; denn
die Rente mit 63 soll ja wieder beendet werden. Dieses
Übergangsphänomen soll dann von einem geburten-
schwächeren Jahrgang durchfinanziert werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist verantwortungslos. So etwas kann man doch
nicht allen Ernstes im Jahr 2014 auf den Tisch legen.
Was ist mit dem Prinzip „Vorsorgen für Herausforderun-
gen der Zukunft“? So weit reicht es bei Ihnen nicht.

Die Süddeutsche Zeitung zitiert Herrn Schäuble nach
seinen Äußerungen „Wir können uns das leisten“ und
„Wir können uns aber nicht mehr leisten“ weiter: „Denn
trotz aller Erfolge in der Finanzpolitik dürfe sich auch
die Bundesrepublik nicht zurücklehnen.“ Der „Bevölke-
rungsrückgang und der stetig schrumpfende deutsche
Anteil an der Weltwirtschaftsleistung“ müsse beachtet
werden. – Ich glaube, damit hat Herr Schäuble eingeste-
hen wollen, dass Sie in der Großen Koalition bei der
Rentenreform einen ganz schlechten Kompromiss ge-
macht haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)






Anja Hajduk


(A) (C)



(D)(B)

Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft
das große Projekt der Neuordnung der Bund-Länder-Fi-
nanzbeziehungen. Ich kann nur feststellen: Sie kommen
bei diesem Projekt nicht in die Gänge. Nichts ist zu hö-
ren, wie das angegangen werden soll. Dabei haben wir
große Neuerungen zu beraten. Ich fordere Sie auf: Ma-
chen Sie hier keine Hinterzimmerpolitik!

Ich möchte Ihnen noch etwas sagen: Gehen Sie an-
ders mit Ländern und Kommunen um!


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Das hört sich gefährlich an!)


Was Sie jetzt wieder gemacht haben, ist ein krasser
Wortbruch. Sie hatten sich bei der Verabschiedung des
Fiskalpakts in der letzten Legislaturperiode mit den Län-
dern darauf verständigt, dass Sie die Eingliederungshilfe
in dieser Legislaturperiode neu regeln und finanzieren
wollen. Sie, die Große Koalition, haben nunmehr ent-
schieden, dieses Versprechen zu brechen und das Projekt
in die von damals aus gesehen übernächste Legislatur-
periode zu verschieben. Es geht hier um 5 Milliarden
Euro für die Kommunen.


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Das stimmt nicht!)


Wundern Sie sich nicht, dass Länder und Kommunen
das Gefühl haben, hier werde Wort gebrochen! Das ist
ein schlechter Auftakt für die anstehenden Verhandlun-
gen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Mit Blick auf die Kommunen wird es noch düsterer.
Man hat die Kommunen und die Öffentlichkeit bis zu
den Haushaltsberatungen hinters Licht geführt.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1803104300

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.


Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803104400

Ich komme zum Schuss.


(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Ja, ich glaube, das ist besser!)


Es wurde suggeriert, die Kommunen bekämen im
Jahr 2014 eine zusätzliche Milliarde.


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Nein, das haben wir nicht gemacht! – Johannes Kahrs [SPD]: Das ist doch grober Unfug!)


Das war nur so lange der Fall, bis die SPD dem Koali-
tionsvertrag zugestimmt hat. Danach wurde der Hut ge-
lüftet, und es hat sich gezeigt: Diese Milliarde mehr für
die Kommunen gibt es erst ab 2015. Auch da haben Sie
Wort gebrochen.


(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Das ist doch Quatsch!)


Das geht insbesondere an die Adresse der SPD.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1803104500

Als nächster Redner hat der Kollege Norbert

Brackmann von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Norbert Brackmann (CDU):
Rede ID: ID1803104600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Der Haushaltsentwurf, der uns zu Beginn der
Großen Koalition vorgelegt wurde, ist auch so etwas wie
eine Eröffnungsbilanz, mit der wir in die nächsten vier
Jahre starten.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das stimmt!)


Insofern darf man einmal darauf eingehen, wo wir heute
stehen.

In den vergangenen zwei Jahren hatten Bund, Länder,
Gemeinden und Sozialkassen zusammen mehr Einnah-
men als Ausgaben. Das ist einzigartig in der gesamten
Europäischen Union. Kein anderes Land in der EU hat
dies geschafft.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Auch das muss einmal gesagt werden!)


Deutschland hat die zweitniedrigste Arbeitslosen-
quote in ganz Europa; bei den unter 25-Jährigen haben
wir sogar mit großem Abstand die geringste Arbeits-
losigkeit. Ich glaube, das gibt den Menschen eine gute
Perspektive. Auch dies ist Teil der Eröffnungsbilanz.

Wir werden in diesem Jahr mit über 42 Millionen Be-
schäftigten den höchsten Stand an Beschäftigten in der
Geschichte der Bundesrepublik Deutschland haben. Dies
gibt allen Menschen Zuversicht und selbst Langzeitar-
beitslosen Perspektiven, in den ersten Arbeitsmarkt zu
kommen. Auch das ist eine hervorragende Ausgangs-
basis.

Das alles kann nicht Glück sein, liebe Frau Hajduk,
und das ist es auch nicht. Es war Leistung, und Leistung
wird durch entsprechende Ergebnisse belohnt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es wäre gar nicht spannend, wenn nur meine Kolle-
ginnen und Kollegen aus der Großen Koalition und ich
Ihnen dieses Votum hier vortragen würden. Deshalb ist
es gut, dass auch der neueste Bericht des IWF dies vor
wenigen Tagen ganz deutlich zum Ausdruck gebracht
hat. Mit einer Wachstumsprognose von 1,7 Prozent, so
der IWF, für 2014 haben wir weiterhin eine gute Per-
spektive. Wenn wir uns die jüngsten Wirtschaftsberichte
aus Deutschland anschauen, dann sehen wir, dass wir so-
gar dicht an die 2 Prozent herankommen können. Beson-
ders gelobt wird vom IWF die Binnennachfrage, die wir
hier in Deutschland weiter ankurbeln. Ein Teil dieser
Binnennachfrage ist dadurch bedingt, dass wir in den
letzten fünf Jahren wieder deutliche Lohnzuwächse hat-
ten. Diese Lohnzuwächse sind auch gerecht. Als wir in
einer schwierigen Phase waren, haben die Tarifpartner
Lohnzurückhaltung geübt, womit sie sehr viel dazu bei-





Norbert Brackmann


(A) (C)



(D)(B)

getragen haben, dass wir heute in dieser sehr komfortab-
len Situation sind. Deswegen ist es an der Zeit, einen
Teil davon an die Beschäftigten zurückzugeben, die
diese Leistung erbracht haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir sehen: Die gute wirtschaftliche Lage kommt bei den
Menschen an und ist in ihren Portemonnaies spürbar. In
2014 werden im fünften Jahr infolge die Preise weniger
steigen als die Löhne, und das ist, glaube ich, gut so.

Man sagt uns Deutschen nach, wir würden leben, um
zu arbeiten. Im Rest der Welt sei das andersherum. Aber
ein Stück Leben gehört auch dazu. Deswegen ist eine
Frage nach der Eröffnungsbilanz: Was machen wir ei-
gentlich mit dem Geld? Wir investieren es in soziale
Leistungen. Im Bundeshaushalt, wie er Ihnen hier vor-
liegt, sind 49 Prozent der Ausgaben für den Bereich „Ar-
beit und Soziales“ vorgesehen. Das heißt, das Geld geht
in die Verbesserung unserer Sozialstruktur.


(Beifall der Abg. Petra Hinz [Essen] [SPD])


Weil wir für die Menschen tätig sind, hat die Große
Koalition bewusst festgelegt, dass 23 Milliarden Euro
des Gesamtpakets mit den Maßnahmen, die wir realisie-
ren wollen, nicht unter Finanzierungsvorbehalt stehen,
sondern gleich auf den Weg gebracht werden. Das ist
auch gut so; denn es ist wichtig, dass die Menschen se-
hen, dass wir als Große Koalition zu dem stehen, was
wir sagen, dass wir Menschen belohnen, die dazu beige-
tragen haben, dass es unserem Staat so gut geht. Es ist
vereinbart – und so wird es auch kommen –, dass derje-
nige, der 45 Jahre lang hart gearbeitet und in die Renten-
kasse eingezahlt hat, nach dieser Zeit ohne Abschläge in
Rente gehen kann. Auch die Mütter, die durch die Erzie-
hung ihrer Kinder einen wesentlichen Beitrag geleistet
haben, werden berücksichtigt. Ihnen wird insofern Ge-
rechtigkeit widerfahren.

„Die Zukunft gehört denen, die der nachfolgenden
Generation Grund zur Hoffnung geben.“ Deswegen
kommt es darauf an, was wir uns für die nächsten Jahre
vorgenommen haben und welche Ansätze dieser Haus-
halt beinhaltet. Wir setzen auf Generationengerechtig-
keit. Der Kollege Kahrs hat darauf hingewiesen, dass wir
nicht in die Schuldenfalle laufen dürfen. Deswegen ist es
so wichtig, dass wir keine Steuererhöhungen machen;
denn Steuererhöhungen sind ein Eingriff in die Leis-
tungsfähigkeit der Wirtschaft und ein Eingriff in die
Leistungsfähigkeit der Menschen. Trotzdem gelingt es
uns, einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorzule-
gen und den Weg dafür freizumachen, dass wir im
nächsten Jahr einen vollkommen ausgeglichenen Haus-
halt vorlegen. „Langfristig ist man nur erfolgreich, wenn
man weiß, warum man erfolgreich ist.“ Deshalb wollen
wir den Haushalt auch langfristig sichern. Die guten
Zahlen sind nämlich kein Glück, Kollegin Hajduk.

Dieser Haushalt weist ein paar zusätzliche Ausgaben-
steigerungen auf. Die Zukunft kann nur gewinnen, wer
in Bildung und Forschung investiert. Sie sind langfristig
die Basis für neue Aufgaben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Deswegen hat sich der Etat dieses Haushalts von 2005
bis heute fast verdoppelt. Wir erhöhen das Volumen in
diesem Haushalt im Vergleich zum letzten Jahr noch ein-
mal um 1,7 Prozent, damit diese beispiellose Politik vor-
angebracht werden kann.

Wichtig ist nicht nur, dass wir in Forschung und Bil-
dung investieren, sondern auch, dass wir die Infrastruk-
tur erhalten und weiter zur Verfügung stellen, um lang-
fristig klare Ziele zu setzen. Nun mag man darüber
streiten, ob die 5 Milliarden Euro, die wir für diese Le-
gislaturperiode vorgesehen haben, schon ausreichend
sind; denn wir sehen natürlich die Risiken, die auf uns
zukommen. Da ist der Versuch der Länder Berlin und
Brandenburg, einen Flughafen zu bauen.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Der Bund ist auch dabei!)


Da sind beispielsweise Ausschreibungsergebnisse, die
etwas anders ausfallen, als erwartet wurde. Das zeigt
aber, dass wir bereit sind, mit klaren Entscheidungen
nach vorne zu gehen. So war es auch überhaupt kein
Problem und bei den Mitgliedern der Fraktionen dieses
Hauses nicht umstritten, heute Morgen ein deutliches Si-
gnal für den Nord-Ostsee-Kanal zu setzen, für den wir
überplanmäßig 185 Millionen Euro in die Hand genom-
men haben; denn wir haben gesagt: Diese Schleuse muss
sein. Der Nord-Ostsee-Kanal ist ein Stück Zukunftsper-
spektive für ganz Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir sind davon überzeugt, dass wir den Etat für die
Verkehrsinvestitionen in die Infrastruktur in den nächs-
ten Jahren noch so anpassen können, wie es der Bedarf
erforderlich macht. Denn nicht nur am Nord-Ostsee-Ka-
nal, sondern an vielen Orten sind Brücken wichtig. Das
gilt auch für die Rheinbrücke bei Leverkusen und aktuell
für die Rader Hochbrücke. Brücken verbinden die Men-
schen und die Wirtschaft. Wenn sie nicht mehr zur Ver-
fügung stehen, birgt das erhebliche Risiken. Das zeigt
sich konkret bei der Rader Hochbrücke, auf die Schles-
wig-Holstein Wert legt; denn ohne sie würden die beiden
Landesteile, „up ewig ungedeelt“, auseinanderbrechen.
Das gilt aber auch für viele andere Orte in Deutschland.
Deswegen werden wir daran festhalten, die Infrastruktur
als einen der wichtigsten, zukunftssichernden Maßnah-
menbereiche zu unterstützen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Kollegin Hajduk, Sie haben gesagt, ein bisschen mehr
Bescheidenheit täte uns gut.


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Guter Plan für die Zukunft!)


Aber gerade mit diesem Haushaltsentwurf weisen wir
Bescheidenheit aus. Wie Sie leicht den Zahlen entneh-
men können, liegt das Haushaltsvolumen zum ersten
Mal unter 300 Milliarden Euro, was, glaube ich, ange-
sichts steigender Preise ein hervorragendes Ergebnis ist.





Norbert Brackmann


(A) (C)



(D)(B)


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Haushalt wächst immens im nächsten Jahr!)


Der Stellenbestand des Bundes sinkt von Jahr zu Jahr.
Wir hatten 1990 314 000 Beschäftigte im Bund. Mittler-
weile sind es nur noch 249 000. Das zeigt, dass wir mit
unseren eigenen Anstrengungen vorbildlich vorangehen
und damit unsere Wettbewerbsfähigkeit langfristig unter
Beweis stellen.

Aber wir müssen diese Politik auch durchhalten,
meine lieben Kolleginnen und Kollegen; denn für Haus-
hälter beginnt eine Legislaturperiode am besten mit ei-
nem sanierten Budget. Deswegen ist es so wichtig, die
schwarze Null zu erreichen. Wir müssen nicht nur das
Haushaltsergebnis im Blick behalten, sondern auch be-
achten, was uns unsere Verfassung vorschreibt und wel-
che Spielräume wir in den nächsten Jahren haben wer-
den. Was das strukturelle Defizit angeht, besteht
theoretisch noch die Möglichkeit, in diesem Jahr Kredite
in Höhe von 34 Milliarden Euro aufzunehmen. Das wird
aber in den nächsten Jahren sinken, zunächst auf 11 Mil-
liarden Euro und dann bis auf circa 10 bis 11 Milliarden
Euro im Jahr 2016. Insofern ist die Differenz zwischen
0 und 11 Milliarden Euro der einzige Spielraum, den wir
noch haben, wenn wir auf ungewöhnliche Entwicklun-
gen reagieren wollen, sei es, dass die Wirtschaft irgend-
wann nicht mehr so brummt wie heute, oder sei es, dass
aus anderen Ecken Europas entsprechende Probleme auf
uns zukommen. Deswegen ist es ein Stück Zukunfts-
sicherung, einen soliden Haushalt auf die Beine zu stel-
len, der es uns ermöglicht, auch in Zukunft leistungsfä-
hig zu sein und den großen Aufgaben, die wir in
Deutschland haben, auch in einer Großen Koalition letz-
ten Endes mit großem Erfolg zu begegnen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1803104700

Als nächster Redner hat der Kollege Roland Claus

von der Linken das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Roland Claus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1803104800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie

wollten mit diesem Haushaltsentwurf Deutschlands Zu-
kunft gestalten. Stehen geblieben sind Sie aber bei der
schwarzen Null, im Übrigen einer Größe, die erst Ende
des nächsten Jahres erreicht werden soll. Damit wir uns
nicht missverstehen: Das ist in 19 Monaten. Sie schwa-
dronieren nämlich so, als hätten Sie das schon geschafft.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Staatssekretär Kampeter hat sogar rührend bekannt, dass
er sich in die schwarze Null verliebt habe. Dann musste
er selber darüber lachen. Ich will daran erinnern: Liebe
macht nicht nur heiter, sondern auch blind, Herr Staats-
sekretär.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Keine neuen Schulden – das ist zwar vernünftig, aber
eine verantwortungsvolle Gestaltungspolitik ist das noch
nicht. Ich bleibe dabei: Für die allermeisten Menschen in
diesem Lande ist es für ihren Lebensalltag kein Zuge-
winn, ständig diese Propaganda zu hören.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich will einige Hauptaussagen dieser Haushaltswoche
kommentieren und zähle die bemerkenswerte Erkenntnis
des Staatssekretärs Kampeter, dass von jetzt an die Ge-
setze eingehalten werden, ausdrücklich einmal nicht
dazu.

Bundeskanzlerin Merkel hat gesagt: Wir kümmern
uns um die internationale Finanzmarktregulierung. – Ty-
pisch Merkel! Hier wird der Eindruck erweckt, da würde
jetzt etwas losgehen. Sie hat auch ausdrücklich nichts
Falsches gesagt. Aber sich kümmern zu wollen, ist so
unkonkret, so wenig fassbar, dass darin eben überhaupt
keine Aussage steckt.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben es doch mit entfesselten Finanzmärkten zu
tun. Im Jahre 2012 übertraf die Bilanzsumme der Schat-
tenbanken zum ersten Mal die Bilanzsumme der real
existierenden Banken, also der Banken mit Adresse.
Diese Schattenbanken sind doch nicht mit dem Ziel un-
terwegs, sich an der Wertschöpfung zu beteiligen, son-
dern sie sind die eigentlichen Feinde von Mittelstand
und Handwerk, weil sie nur auf die Umverteilung von
Arbeit und Werten setzen, die von anderen Leuten ge-
schaffen wurden. Da muss man etwas tun. Da hilft keine
Regulierung. Da hilft nur Abschalten.


(Beifall bei der LINKEN)


Frau Merkel hat auch gesagt: Deutschland ist Gewin-
ner der Globalisierung. – Das ist wahr, aber auch zy-
nisch. „The winner takes it all“ – Gewinner nehmen alles
mit. Es wurde mit der gemeinsamen Währung in Europa
eben nicht zugleich vereinbart, wie künftig gemeinsame
Wirtschafts- und Sozialpolitik zu gestalten sei. Deshalb
stehen unseren Gewinnen die sozialen Verwerfungen in
Südeuropa gegenüber. Europäische Verantwortung sieht
anders aus.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Minister Schäuble und Nahles haben die giganti-
sche Dimension des Sozialetats hier als soziale Großtat
gepriesen. 82,5 Milliarden Euro allein für die Renten-
kassenzuschüsse, 10 Milliarden Euro für Aufstocker. Vor
diesem Hintergrund sage ich Ihnen – das kann man näm-
lich auch einmal anders betrachten –: Der Sozialetat ist
ein riesengroßer Reparaturbetrieb für eine zuvor zer-
störte Sozial- und Solidarsystemgesellschaft.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Richtig!)


Sie müssen heilen, was Sie vorher kaputtgemacht haben.
Das Kaputtmachen ist eben geschehen als Folge von
Niedriglohn, von Leiharbeit – beides im Osten doppelt
so hoch wie im Bundesdurchschnitt – und der Privatisie-





Roland Claus


(A) (C)



(D)(B)

rung der Renten. Wir Linken sagen: Da muss ein anderer
Weg gegangen werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Haushalts- und Finanzpolitik in Zeiten einer globali-
sierten Welt ist auch immer internationale Politik; Minis-
ter Gabriel hat das angesprochen. Im besten Fall sind in-
ternationale Wirtschaftsbeziehungen natürlich Beiträge
zur Friedenssicherung. Aber es gibt auch eine Kehrseite,
die nicht verschwiegen werden darf. Das sind Rüstungs-
exporte, bei denen Deutschland inzwischen auf dem un-
rühmlichen dritten Platz gelandet ist. Die Bundesregie-
rung – wir hatten ja Auseinandersetzungen mit der
Bundesregierung – hält weiterhin die Öffentlichkeit und
das Parlament im Unklaren, was Auskünfte über die
Fakten zu Rüstungsexporten angeht. Damit, vor allen
Dingen mit den Exporten selbst, wird sich die Linke we-
der in diesem Haus noch anderswo jemals abfinden.


(Beifall bei der LINKEN)


Bundesminister Gabriel hat auch einen Halbsatz zur
Lage in Ostdeutschland gesagt, als er auf die besondere
wirtschaftliche Situation eingegangen ist. Ein Halbsatz
in einer ganzen Woche zu den ostdeutschen Ländern ist
mir ausdrücklich zu wenig, ist meiner Fraktion zu wenig.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])


Wir fordern mehr Selbstbewusstsein für den Osten, An-
erkennung der Leistungen in diesen schwierigen Um-
bruchs- und Transformationsprozessen und auch Aner-
kennung von Dingen, die wir Erfahrungsvorsprung der
Ostdeutschen nennen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deutschlands Zukunft gestalten heißt, den Lebens-
alltag der Menschen im Blick zu haben und ihn zu ver-
bessern, sich an enkeltauglicher Politik zu orientieren,
endlich Steuergerechtigkeit herzustellen, die Mitte zu
entlasten, endlich von oben nach unten umzuverteilen.
Deutschlands Zukunft gestalten – das beruhigt mich wie-
der ein bisschen – ist zum Glück kein Privileg von Ko-
alition und Regierung. Es ist Sache des ganzen Parla-
ments, Sache der ganzen Gesellschaft. Da kann ich nur
sagen: Gut, dass es die Linke gibt.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1803104900

Als nächster Redner spricht der Kollege Hans-Ulrich

Krüger von der SPD.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD):
Rede ID: ID1803105000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir haben eine durchaus interessante Haushaltswoche
hinter uns. Fakt ist trotz aller Nuancen – da wiederhole
ich mich gerne –: Der vorgelegte Bundeshaushalt 2014
bietet die Möglichkeit, die im Koalitionsvertrag festge-
legten Vorhaben umzusetzen, und das bei einem struktu-
rell ausgeglichenen Haushalt. Hier im Hause wurde dazu
gesagt – auch heute und mit einer kleinen Nuance –, wir
hätten Glück gehabt; die Konjunktur laufe eben gut. Da
kann ich nur antworten: Das hat mit Glück nicht so viel
zu tun. Denn das, was wir heute erleben, sind mit die
Folgen – das sage ich als Sozialdemokrat sehr gerne –
einer klugen und auch weitsichtigen Politik, die wir mit
der rot-grünen Koalition unter Gerhard Schröder be-
gonnen und in Zeiten der Finanzmarktkrise mit Peer
Steinbrück und Olaf Scholz weiterverfolgt haben.


(Beifall bei der SPD)


Dass die Zinsen heute so niedrig sind und dadurch na-
türlich viel Geld gespart wird, hat auch nichts mit Glück
zu tun. Nein, wir haben national, aber auch gemeinsam
mit der EZB mit einer entsprechenden Geldpolitik die
Finanzmarktkrise beantwortet. Das war klug, umsichtig
und zukunftsorientiert.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daher ernten wir nun die Früchte dessen, was wir bereits
2004/05 durchgesetzt haben. Liebe Kollegen von den
Grünen, in Erinnerung daran brauchen Sie Ihr Licht
nicht unter den Scheffel zu stellen.


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Okay, machen wir ab sofort!)


Die Aussichten sind nicht schlecht. Unser Wirt-
schaftswachstum wird 2014 stark auch von der Inlands-
nachfrage getragen; der Kollege Brackmann wies bereits
darauf hin. Die Bruttolöhne und -gehälter werden vo-
raussichtlich bei weiterer Beschäftigungszunahme um
circa 2,9 Prozent zunehmen. Bei einem gleichzeitigen
moderaten Preisanstieg, einer Jahresinflation von
1,5 Prozent, bedeutet das: Zusätzliche Kaufkraft ver-
bleibt beim Verbraucher. Schwarzmalerei hat also hier
und heute wenig zu suchen.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Norbert Barthle [CDU/CSU])


Vor diesem Hintergrund werden wir mit diesem Haus-
halt und auch mit den kommenden Haushalten eine so-
lide, zukunftsorientierte Finanzpolitik betreiben.

Des Weiteren wurde hier behauptet, der Haushalt
habe ein krasses Investitionsdefizit. Dem widerspreche
ich. Schauen Sie sich bitte nur die prioritären Maßnah-
men an, die im Koalitionsvertrag vereinbart wurden.
Diese Maßnahmen sind zukunftsorientiert und weitsich-
tig. So investieren wir mehr in Bildung und Forschung.
Getreu dem Motto „Kein Kind, keinen Jugendlichen und
keinen Schüler zurücklassen“ werden den Ländern
6 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, damit sie zu-
sätzliche Investitionen in Krippen, Kitas und Schulen tä-
tigen können. Denn eines ist der Koalition klar: Gute
Bildung, vom Kindergarten über Schule und Ausbildung
bis zum Studium, ist der Schlüssel für die Teilhabe am
sozialen Aufstieg.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)






Dr. Hans-Ulrich Krüger


(A) (C)



(D)(B)

Gleichzeitig ist gute Bildung eine der Grundvorausset-
zungen für Wachstum und Wohlstand in diesem Land.
Denn eines ist uns klar: Da wir immer teurer sein werden
als die Konkurrenten aus dem Ausland, müssen wir im-
mer besser sein.

Wir halten darüber hinaus 3 Milliarden Euro für In-
vestitionen in der Forschung für unabdingbar. Deutsch-
land ist hier europaweit führend; das ist richtig so. Aber
das muss auch unbedingt so bleiben.

Wir investieren auch mehr in die Infrastruktur, und
zwar 5 Milliarden Euro. Rund 500 Millionen Euro wer-
den in diesem Jahr bereitgestellt, die weiteren 4,5 Mil-
liarden Euro in den nächsten Jahren. Die klassischen In-
vestitionen in Straße, Schiene und Wasserstraße steigen
von 10,5 Milliarden Euro im Jahr 2014 auf 11 Milliarden
Euro im Jahr 2015, auf 11,6 Milliarden Euro im Jahr
2016 und schließlich auf 12,1 Milliarden Euro im Jahr
2017. Das sind Beträge, die als Beleg für ein Investi-
tionsdefizit nicht herhalten können.

Ferner werden die jährlichen Mittel für den Städtebau
– das klang in dieser Woche schon an – auf 700 Millio-
nen Euro aufgestockt. Das Programm „Soziale Stadt“,
das gerade für diejenigen sehr wichtig ist, die in ihren
Bundesländern soziale und wirtschaftliche Brennpunkte
zu verzeichnen haben, ist mit 150 Millionen Euro do-
tiert.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Noch ein Punkt zu den Städten und Gemeinden. Ab
2014 übernimmt der Bund die Kosten der Grundsiche-
rung im Alter in Höhe von 5,5 Milliarden Euro; die
letzte Stufe in einer Größenordnung von über 1 Mil-
liarde Euro ist im Jahre 2014 gezahlt worden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Im Rahmen des vereinbarten Bundesteilhabegesetzes
werden die Kommunen – auch dazu ist schon einiges ge-
sagt worden – im Umfang von 5 Milliarden Euro jähr-
lich von den Kosten der Eingliederungshilfe für behin-
derte Menschen entlastet werden. Bis dieses Gesetz
erarbeitet ist, werden die Kommunen beginnend mit dem
1. Januar 2015 um 1 Milliarde Euro entlastet. Eines ist
klar: Der Entwurf dieses Gesetzes, welches in komple-
xer Art und Weise ein modernes Teilhaberecht zum Ge-
genstand haben wird und welches das Leben der Men-
schen mit Behinderung konkret verbessert, wird im
Jahr 2015 erstellt, im Jahr 2016 beschlossen und – das
ist unser Ziel – bereits 2017 zu einer höheren Entlastung
der Kommunen führen. Insofern ist die Bemerkung, der
Haushalt 2014 habe ein Investitionsdefizit, Unsinn.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Lassen Sie mich noch zwei bis drei Sätze zu unserem
Ziel, eine gerechte und vernünftige Politik auf den Weg
zu bringen, sagen. Die Lebensleistung eines jeden Men-
schen ist anzuerkennen. Das ist eine Plattitüde. Alle sind
sich darüber einig. Dann sollte man sich aber auch über
die Schlussfolgerungen einig sein, die jetzt die Große
Koalition dergestalt formuliert, dass derjenige, der
45 Jahre gearbeitet hat, die Früchte seiner Arbeit auch
ernten soll, ohne mit Abschlägen im Ruhestand rechnen
zu müssen.

Damit nicht genug. Zur sozialen Fairness und Aner-
kennung gehört es auch, dass die Leistung derjenigen,
die Kinder vor 1992 geboren und aufgezogen haben, mit
entsprechenden Rentenpunkten dotiert wird und dass
diese Personen hiermit ab dem Juli dieses Jahres rechnen
dürfen. Gleiches gilt für die Erwerbsminderungsrente.
Wir werden die Erwerbsminderungsrente um circa
5 Prozent steigern. Damit wird angenommen, dass der
oder die Versicherte bis zum 62. Lebensjahr gearbeitet
hat.


(Beifall bei der SPD)


Last, not least sind natürlich in dieser Woche und in
den nächsten Wochen die Fragen im Zusammenhang
mit der Energiewende zu klären. Herr Staatssekretär
Kampeter hat schon einiges zum Bereich des EEG ge-
sagt. Das ist etwas, was uns beschäftigt. Eines ist voll-
kommen klar: Das oberste Ziel der Verhandlungen und
Gespräche war, mit der EEG-Reform die Kostendyna-
mik zu durchbrechen. Das ist geschehen. Das ist ein Er-
folg, der vielleicht dem einen oder anderen zu Beginn
der Verhandlungen noch nicht so klar war und der aus
diesem Grunde nicht hoch genug eingeschätzt werden
kann. Von daher mein Dank an diejenigen, die die Ver-
handlungen geführt haben.

Das alles sind Punkte, die für eine vernünftige und
konstruktive Beratung des Haushalts 2014 eine Rolle
spielen werden. Sofern die Opposition noch entspre-
chende Zusatzvorschläge, gute Vorschläge, vorlegen
wird, werden diese selbstverständlich nicht nur unser ho-
hes Interesse, sondern auch eine entsprechende Reso-
nanz erfahren. Dazu gehören allerdings dann auch Vor-
schläge, wie bestimmte Maßnahmen bezahlt werden
können.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen wir!)


Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1803105100

Als nächste Rednerin hat die Kollegin Deligöz vom

Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1803105200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Seit ein paar Wochen bin ich Haushälterin. Ich habe
gleich gelernt: Die Haushälter sind die Ersten, die das
Haus betreten, und die Letzten, die das Haus verlassen,
und sie sind diejenigen, die sich am stärksten an Prinzi-
pien halten müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Für mich als Grüne lassen sich die Prinzipien meines
Handelns an einer Grundlage festmachen – ich weiß





Ekin Deligöz


(A) (C)



(D)(B)

nicht, ob Sie meine Auffassung teilen –: Wir haben diese
Erde von unseren Kindern nur geborgt. Das ist eine Ver-
pflichtung zur ökologischen Nachhaltigkeit. Das ist aber
auch eine Verpflichtung zur finanziellen Nachhaltigkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das heißt, wir wollen die Sozialkassen nicht plündern;
wir wollen eine nachhaltige Finanzpolitik, also eine Fi-
nanzpolitik, die nicht auf Schuldenberge aufbaut. Das
gehört neben einer lebenswerten Umwelt zur sozialen
Gerechtigkeit.

Liebe Kollegen, ich bin gespannt, ob Sie gleich klat-
schen: Ich bin der Meinung, dass Sie uns trotz einer gu-
ten Situation eine Finanzplanung ohne ein Fundament
vorsetzen; Sie bauen ein Traumschloss. Dieses Traum-
schloss wird bei der ersten konjunkturellen Eintrübung
wie ein Kartenhaus zusammenbrechen, und darauf sind
Sie gar nicht vorbereitet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Das haben Sie uns auch schon vor acht Jahren erzählt!)


Beispielhaft möchte ich auf die Versicherungen ver-
weisen. Herr Kampeter, Sie haben gesagt, wir, die Oppo-
sition, kritisierten in diesem Punkt die Regierungspoli-
tik. Ja, wir kritisieren Ihre Politik, und zwar zu Recht.
Nehmen wir einmal das Beispiel Gesundheitsfonds: Sie
haben bereits gekürzt, und jetzt kürzen Sie noch einmal.
Nächstes Jahr werden Sie vielleicht noch einmal kürzen.
Sie reden hier von Überschüssen. Ich rede von Beitrags-
geldern. Was in die Versicherungskassen fließt, sind soli-
darische Beitragsgelder.

Wir Politiker haben zugesagt, dass wir die versiche-
rungsfremden Leistungen bewusst mit Steuermitteln be-
zahlen, weil dies Ausdruck der Solidarisierung mit der
Gesamtgesellschaft ist.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der LINKEN)


Diese versicherungsfremden Leistungen stehen zum
Beispiel für ein Solidarisieren mit den Erziehenden, mit
den Kindern, mit den Müttern, mit den Vätern. Diese So-
lidarisierung geben Sie auf, und Sie bürden diese Finan-
zierung allein den Beitragszahlern auf.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Quatsch! Beiträge werden nicht belastet!)


Warum sollen alle anderen das nicht mitfinanzieren? Die
soziale Gerechtigkeit hört bei Ihnen dort auf, wenn es
darum geht, die Mittel aus dem Gesundheitsfonds nicht
für andere Zwecke zu plündern. So geht das nicht, Herr
Kollege.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nehmen Sie doch einmal das Beispiel Rentenpaket.
Sie reden hier über die Anerkennung der Lebensleistung.
Wer erkennt hier die Lebensleistung einer Frau an, die
zwar sehr wohl gearbeitet hat, aber nicht auf 45 Bei-
tragsjahre kommt, weil sie Kinder erzogen hat? Sie hat
nämlich nichts von Ihrer Politik. Diese Frau hat viel-
leicht auch nicht genug verdient und ist mittlerweile in
der Grundsicherung gelandet. Diese Frau hat auch nichts
von der Mütterrente. Ihre Ansprüche darauf werden
nämlich eins zu eins auf ihre anderen Sozialleistungen
angerechnet. Wer solidarisiert sich mit dieser Frau? Wer
erkennt die Lebensleistung dieser Frau an? Sie definitiv
nicht!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ihr Rentenpaket wird – das können Sie gar nicht in
Zweifel ziehen – bis zum Jahr 2030 175 Milliarden
Euro kosten. Das wird die Rentenversicherung nicht tra-
gen. Dann werden Sie entweder auf die Steuermittel zu-
rückgreifen müssen, oder Sie werden die Beiträge erhö-
hen müssen. Da haben Sie die Wahl. Was davon werden
Sie machen?


(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Das ist eine sehr gute Erkenntnis!)


Seien Sie doch einmal ehrlich, und verweisen Sie nicht
immer auf die Umfragen. Wenn Sie die Menschen fragen
würden: „Sind Sie bereit, das zu bezahlen?“, dann wür-
den eben diese Umfragen definitiv anders ausfallen; da
bin ich mir ziemlich sicher.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Christine Lambrecht [SPD]: Die Menschen sind viel solidarischer, als Sie denken!)


Es gibt nur eine Kasse, bei der Sie nicht zuschlagen,
und das ist die Arbeitslosenkasse. Warum nicht? Weil
Sie sie längst geplündert haben. Da ist nämlich gar kein
Geld mehr drin. Wenn wir auch nur die leichteste Eintrü-
bung auf dem Arbeitsmarkt hätten, hätten wir mit den
vorhandenen Rücklagen nicht einmal die Möglichkeit,
Kurzarbeitergeld zu zahlen. Das müssen Sie verantwor-
ten.

Herr Schäuble konnte dieses Jahr tatsächlich seinen
Haushalt zu Traumbedingungen präsentieren. Die Kon-
junkturdaten sind gut. Die Stimmung ist gut. Die Ar-
beitslosigkeit ist gering. Die Zinsen sind niedrig. Jetzt
kann man sagen: „Das ist Glück“, oder: „Das ist ge-
macht“. Herr Krüger, es gibt ein tolles türkisches Sprich-
wort. Es heißt: Frag nicht immer, was du getan hast, son-
dern frage, was du tun wirst; denn daran musst du dich
messen lassen.

Sie hätten schon jetzt unter diesen Voraussetzungen
anfangen können, Schulden abzubauen; diese Möglich-
keit hätte es gegeben. Stattdessen machen Sie 6,5 Mil-
liarden Euro neue Schulden. Sie hätten jetzt die Chance
gehabt, Strukturreformen durchzuführen. Wenn Sie hier
schon Schröder zitieren:


(Johannes Kahrs [SPD]: Guter Mann!)


Genau da hat er angesetzt. Warum machen Sie es nicht
wie er? Sie könnten jetzt Subventionen abbauen; aber
davon sehen wir nichts. Sie könnten jetzt zum Beispiel
eine Reform der Finanzierungssysteme angehen. Sie
wollen aber gar nicht gestalten. Sie wollen dieses Land
verwalten; denn genau darauf haben Sie sich in der Gro-
ßen Koalition geeinigt. Einfach nur draufzupacken, das
ist nicht Politik. Einfach nur draufzupacken, ist Aus-





Ekin Deligöz


(A) (C)



(D)(B)

druck des Bangens um Wählerstimmen, aber nicht Aus-
druck von Verantwortungsübernahme in diesem Land.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In der Tat stehen wir eigentlich erst noch vor einer
großen Herausforderung: Das ist der demografische
Wandel. Dieses Land wird älter; wir werden weniger.
Generationen, die nicht geboren werden, bekommen
keine Kinder. Das zu ändern, wird uns im Moment nicht
gelingen. Dieses Land ist auch bunter. All das erfordert
Antworten von der Politik, auch in einem Haushalt.

Die Alterung der Gesellschaft wird neue Kosten mit
sich bringen. Nicht nur die jetzigen, sondern auch die zu-
künftigen Rentnerinnen und Rentner haben einen An-
spruch darauf, sich auf die Sozialversicherungssysteme
verlassen zu können, haben einen Anspruch darauf, der
Politik vertrauen zu können. Ich weiß nicht, ob ich ihnen
im Moment dazu raten könnte. Wir müssen die sozialen
Systeme demografiefest machen. Das tun wir nicht, in-
dem wir sie schon jetzt ausbeuten und leeren. Rücklagen
sind dafür da, dann herangezogen zu werden, wenn man
sie benötigt. Wenn sie jedoch nicht mehr da sind, dann
kann man auch nicht mehr darauf zurückgreifen.

Wir werden weniger. Die wenigen Kinder, die wir ha-
ben, brauchen die beste Bildung, die beste Ausbildung.
Diese müssen wir ihnen anbieten; deshalb die Investitio-
nen in Infrastruktur. Sie rühmen sich damit, 6 Milliarden
Euro dafür plus 3 Milliarden Euro für Forschung zusätz-
lich ausgepackt zu haben. Da die drei Ministerinnen, wie
ich das sehe, aber nur miteinander streiten und Sie nicht
wissen, wie Sie es verteilen und unterbringen können, ist
das Geld im Moment beim Bundesfinanzministerium ge-
parkt worden. Wenn es zu einer pauschalen Überwei-
sung kommt, dann sage ich voraus, dass es nicht in den
Bildungseinrichtungen ankommen wird, sondern verlo-
ren geht. Mein Kollege Swen Schulz hat das gestern zu
Recht kritisiert. Nehmen Sie ihn beim Wort, wenn Sie
schon unsere konstruktiven Ideen nicht wirklich wahr-
nehmen. Wir brauchen verbindliche Strukturen. Diese
müssen Sie schaffen. Wir können es uns nicht leisten,
auch nur ein einziges Kind fallen zu lassen. Dazu gehö-
ren auch die Kinder von Migranten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Apropos „Wir werden bunter“. Dieses Land ist schon
bunt. Ich sage nun etwas, was nichts mit diesem Haus-
halt zu tun hat, aber etwas mit dieser Gesellschaft; die
zukünftigen Steuerzahler müssen schließlich erst noch
heranwachsen. Mit Ihrem Gesetz zur doppelten Staats-
bürgerschaft sprechen Sie die Kinder an, aber nicht de-
ren Eltern. Dieses Gesetz ist nicht nur bürokratisch; es
wird in der Gesellschaft vielmehr als kontraproduktiv
wahrgenommen werden. Wenn Sie die Analyse mit mir
teilen, dass jedes fünfte Kind in Deutschland einen Mi-
grationshintergrund hat, dann seien Sie ehrlich, machen
Sie ganze Politik, nicht nur halbe, setzen Sie Zeichen der
Willkommenskultur! Dazu gehören gute Bildung, gute
Ausbildung, aber auch die doppelte Staatsbürgerschaft
ohne Wenn und Aber und ohne Grenzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Frau Präsidentin, ich höre schon auf. Nur noch einen
Satz. – Sie reden von Strukturreformen. Ich finde es
nicht redlich, wenn wir in Europa alle Länder dazu an-
halten, Strukturreformen zu vollziehen, wir aber nichts
leisten. Wir sind in der Bringschuld.

Ja, Herr Kampeter, ja, liebe Kolleginnen und Kolle-
gen, wir machen konstruktive Vorschläge. Aber zur kon-
struktiven Politik gehört auch ein Nachjustieren: Neh-
men Sie unsere Vorschläge an. Wir haben gute Ideen.
Darauf können Sie sich verlassen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1803105300

Als nächster Redner hat der Kollege Kalb von der

CDU/CSU das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Bartholomäus Kalb (CSU):
Rede ID: ID1803105400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Seit Dienstag dieser Woche diskutieren wir in
diesem Hause intensiv alle Bereiche des Bundeshaus-
halts für das Jahr 2014. Unser Bundesfinanzminister hat
am Dienstag einen Haushaltsplan vorgelegt, der sich se-
hen lassen kann und der in der Haushaltspolitik hinsicht-
lich der mittelfristigen Finanzplanung praktisch eine
Zeitenwende darstellt. Bereits 2014 werden wir nur noch
eine Neuverschuldung von 6,5 Milliarden Euro haben,
wenn wir die Einzahlungen in den ESM herausrechnen,
nur noch von 2,2 Milliarden Euro. Strukturell ist der
Haushalt ohnehin ausgeglichen. Ab nächstem Jahr wer-
den wir wirklich die schwarze Null haben, in die sich
Steffen Kampeter, wie er selbst sagt, verliebt hat.

Der ausgeglichene Haushalt war in der Zeit meiner
Zugehörigkeit zum Deutschen Bundestag schon mehrere
Male in Sichtweite. Das war zum ersten Mal 1989. Dann
kam die Wiedervereinigung, und zwar nicht leider, son-
dern Gott sei Dank. Es waren große Anstrengungen zu
unternehmen. Aber die Wiedervereinigung war gut für
die Menschen in Ost und West, in Gesamtdeutschland, in
Europa, sie war gut für eine friedliche Entwicklung in
der Welt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Zum zweiten Mal war das 2008, als es auch schon die
Perspektive gab, 2010 einen vollkommen ausgegliche-
nen Bundeshaushalt zu haben. Aber es kam dann uner-
wartet die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise, und
wir mussten wieder handeln. Das hat unsere Verschul-
dung natürlich nach oben getrieben. Aber – das haben
auch Kolleginnen und Kollegen schon ausgeführt – die
Maßnahmen, die wir ergriffen haben, waren richtig. Sie
haben den Menschen gedient. Sie haben den Menschen
den Arbeitsplatz erhalten. Sie haben den Menschen Per-
spektive gegeben. Sie haben die Grundlage dafür gelegt,
dass wir heute so gut dastehen, wie wir dastehen, dass
wir besser aus der Krise herausgekommen sind, als wir
hineingegangen sind. Während man Deutschland früher
als den kranken Mann Europas bezeichnet hat, bezeich-
net man Deutschland heute fast neidvoll als die Lokomo-
tive für die wirtschaftliche Entwicklung in Europa.





Bartholomäus Kalb


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Im Übrigen hat der Bund auch dank der guten Haus-
haltsführung seit fünf Jahren immer weniger Schulden
gemacht, als zunächst geplant war. Diesen Konsolidie-
rungspfad werden wir konsequent fortsetzen, und zwar
ohne Steuererhöhungen. Wir haben Steuererhöhungen,
auch verdeckte Steuererhöhungen, für diese Wahlpe-
riode gemeinsam ausgeschlossen.


(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Wir nicht!)


Ich bin sehr dankbar, dass der Wirtschaftsminister und
Vizekanzler Sigmar Gabriel sich gestern ausdrücklich
dafür ausgesprochen hat.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es reicht aber nicht, dass wir auf dem Papier eine
schwarze Null schreiben; wir müssen viele Anstrengun-
gen unternehmen. In der Debatte ist von vielen Fachpoli-
tikern, zum Teil sogar aus unseren eigenen Reihen, eine
Vielzahl von Wünschen geäußert worden.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das stimmt! – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Sehr richtig!)


Es wäre schön, wenn wir diese Wünsche erfüllen könn-
ten, aber wir können nicht alle Wünsche erfüllen, wenn
wir solide Haushaltspolitik machen wollen.


(Beifall des Abg. Swen Schulz [Spandau] [SPD])


Die Grundvoraussetzung für eine solide Entwicklung
in der Zukunft ist eine solide Haushalts- und Finanzpoli-
tik. Die Menschen im Lande erwarten nicht mehr von
uns, als dass wir solide wirtschaften, dass wir das Geld
zusammenhalten, dass wir für die Stabilität der Währung
sorgen. Das ist gut für die Beschäftigung. Das ist gut für
die arbeitenden Menschen. Das ist gut für den Wohlstand
und die soziale Sicherheit im Lande.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Kon-
junktur läuft gut. Die deutsche Wirtschaft wird 2014
nach jüngsten Prognosen stärker wachsen als erwartet.
Wir haben mittlerweile einen Rekordwert bei der Zahl
der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Auch
das darf einmal gesagt werden: Wir haben 32 Millionen
sozialversicherungspflichtig Beschäftigte – das ist ein
Rekordwert in der Nachkriegsgeschichte – und fast
42 Millionen Erwerbstätige insgesamt. Das ist nicht vom
Himmel gefallen. Ich habe vorhin beschrieben, welche
Maßnahmen wir auch in schwierigen Zeiten ergriffen
haben. Das ist die Grundlage dafür, dass wir heute auch
in den Haushalten von Bund, Ländern und Gemeinden
Entspannung feststellen können und die Situation der
Sozialkassen besser ist, als wir noch vor einigen weni-
gen Jahren befürchten mussten.

Wir geben natürlich auch Antworten auf die Heraus-
forderungen durch die demografische Entwicklung, und
zwar in der Weise, dass wir gerade für diese Legislatur-
periode vereinbart haben, mehr zu tun für Bildung, For-
schung, Infrastruktur, überhaupt für die gesamte Ent-
wicklung, aber auch für die soziale Absicherung der
Menschen.


(Beifall der Abg. Swen Schulz [Spandau] [SPD] und Ingrid Arndt-Brauer [SPD])


Das Thema Verkehrsinfrastruktur ist in der vorausge-
gangenen Debatte angesprochen worden. Frau Wilms
von den Grünen – ich glaube, sie ist jetzt nicht mehr
hier – möchte überhaupt nichts mehr bauen. Wir brau-
chen aber alle Verkehrsträger und heute dazu natürlich
auch die Kommunikationstechnologie für eine flächen-
deckend gute Entwicklung im Land. Jeder Verkehrsträ-
ger und jeder Kommunikationsweg muss seine speziel-
len Stärken ausspielen können, damit wir den Wohlstand
auch in der Zukunft sichern können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und was ist daran neu?)


Wir müssen eine Frage stellen; das ist von mehreren
Rednern schon zu Recht angesprochen worden. Es ist
besorgniserregend, dass bei Infrastrukturmaßnahmen
heute bis zu 50 Prozent des Geldes – ich glaube, der Kol-
lege Brinkhaus hat das in der Debatte schon gesagt – für
Planung, für Begleitmaßnahmen, für Umweltmaßnah-
men usw. ausgegeben wird. Da kann man am Ende mit
dem Geld nicht mehr so viel bauen, wie man es gern
täte.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Vorhin wurde die Jugend angesprochen. Der Einzel-
plan 17, also der Haushalt für Familie, Jugend usw.,
steigt überdurchschnittlich stark an. Nur das allein ist
nicht die Antwort. Viel wichtiger für die Zukunftssiche-
rung ist doch, dass wir insgesamt gute Grundlagen für
eine wirtschaftliche Entwicklung und eine hohe Qualität
bei der Bildung und der Forschung schaffen, dass wir
keine Neuverschuldung mehr machen und dass wir die
Altlasten nicht noch höher auftürmen, sondern dort, wo
es möglich ist, Altlasten abbauen, damit Gestaltungs-
spielräume entstehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich
sind wir als Bund nicht alleine. Wir brauchen die übrigen
Partner. Die Länder und die Kommunen müssen mitma-
chen, natürlich müssen auch die Sozialpartner mitma-
chen. Damit wir insgesamt eine vernünftige und gute
Entwicklung haben, müssen richtige Anreize gesetzt
werden, um die Leistungsbereitschaft der verschiedenen
Ebenen zu honorieren und herauszufordern sowie
gleichzeitig die Haushaltsdisziplin zu befördern. Deswe-
gen muss der Länderfinanzausgleich neu geordnet wer-
den. Dass ich aus Bayern komme, ist aufgrund meines
Dialektes nicht schwer zu erraten.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Das hört man!)


Wenn ein einziges Bundesland heute die Hälfte aller Fi-
nanzausgleichsleistungen erbringt, dann stimmt etwas
nicht. Dann müssen neue Maßstäbe gesetzt und neue In-
strumente gefunden werden, damit es wieder ins rechte
Lot kommt und damit sich Anstrengungen für die Geber-





Bartholomäus Kalb


(A)



(D)(B)

länder und die Nehmerländer wieder lohnen. Wir brau-
chen einen fairen Finanzausgleich, der das Leistungs-
und Solidaritätsprinzip wieder ins Gleichgewicht bringt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Deutsch-
land leistet einen wichtigen Beitrag für Europa. Wir ha-
ben gesehen, solide Staatsfinanzen sind kein Selbst-
zweck, sondern die Grundvoraussetzung für Wachstum
und Generationengerechtigkeit. Wie schnell das Ver-
trauen angesichts überbordender Staatsfinanzen verloren
gehen kann, haben wir im Zuge der Staatsschuldenkrise
erlebt. Die Krisenländer haben zwischenzeitlich enorme
Fortschritte gemacht und Reformen durchgeführt. So
konnten Irland und Spanien aus dem Rettungsschirm he-
raus. Portugal ist auf einem guten Wege. Selbst Grie-
chenland gibt zur Hoffnung Anlass. Die gestrige Bege-
bung von griechischen Staatsanleihen ist ein gutes
Signal – auch wenn wir es vorsichtig bewerten – und
lässt den Schluss zu, dass die Maßnahmen, die wir mit
den Rettungsschirmsystemen EFSF und ESM ergriffen
haben – auch die Maßnahmen der EZB –, dazu geführt
haben, dass die internationalen Finanzmärkte wieder
Vertrauen in den europäischen Währungsraum, in den
Euro, gewinnen. Deswegen können wir davon ausgehen,
dass das die richtigen Schritte sind. Vertrauen ist die
Grundvoraussetzung für eine weiterhin gute Entwick-
lung.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deswegen sage ich: Auch im Rahmen des Europawahl-
kampfes sollten bestimmte Spitzenkandidaten den Bür-
gern, insbesondere im Süden Europas, keine falschen
Versprechungen machen. Die Anstrengungen, die sie un-
ternehmen, werden sich lohnen. Das zeigt unser Bei-
spiel.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1803105500

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.


Bartholomäus Kalb (CSU):
Rede ID: ID1803105600

Ich hätte gerne noch etwas zu meiner Vorrednerin be-

züglich der Mütterrente gesagt. Sie sollten eines beden-
ken: Wir haben ein umlagefinanziertes Rentensystem.
Das heißt, die Menschen, die vor 1992 geboren sind,
zahlen in das Rentensystem ein. Deren Mütter haben die
Kinder ohne entsprechende Ausgleichszahlungen erzo-
gen und somit den Weg ermöglicht, dass unsere volks-
wirtschaftliche Leistung heute erbracht werden kann.


(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Über Steuern!)


Auch das gehört zur Wahrheit.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bedanke
mich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1803105700

Als nächste Rednerin hat die Kollegin Ingrid Arndt-

Brauer das Wort.


(Beifall bei der SPD)


Ingrid Arndt-Brauer (SPD):
Rede ID: ID1803105800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und

Herren! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir sind
heute in der Schlussdebatte zum Haushalt, und mit mir
spricht ausnahmsweise mal ein Mitglied des Finanzaus-
schusses; ansonsten haben hier heute morgen, glaube
ich, ausnahmslos Haushälter gesprochen.


(Johannes Kahrs [SPD]: Ist ja auch ein wichtiges Thema!)


Auch wir Finanzausschussmitglieder freuen uns da-
rüber, dass es nächstes Jahr keine Neuverschuldung ge-
ben wird, sofern es dazu kommt. Aber was uns ein biss-
chen stört, ist das Schulterklopfen zwischen Haushältern
und Finanzminister, während man uns Finanzausschuss-
mitglieder vergisst.


(Zurufe von Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU: Oh!)


Die Basis für diesen guten Haushalt legt doch die Steuer-
gesetzgebung, und die findet bei uns statt. Das muss man
doch mal sagen, und das möchte ich hier auch einmal be-
tonen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


In vielen Landesparlamenten und Kommunen ist es ja
so, dass die Einnahmen und die Ausgaben im Haushalts-
ausschuss getätigt werden. Bei uns ist es aber anders:


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Ihr liefert, und wir geben aus!)


Die Einnahmen müssen wir besorgen, und die Ausgaben
werden dann vom Haushaltsausschuss beschlossen, dem
permanent dafür gedankt wird. Vielleicht sollte man mal
darüber nachdenken.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Oh!)


Was passiert, wenn es falsch läuft? Da müssen wir
alle uns nur zurückerinnern, wie es vor vier Jahren im
Finanzausschuss war: Da wurde beschlossen, den Hote-
liers einen reduzierten Mehrwertsteuersatz zu gewähren,
und schon war dauerhaft 1 Milliarde Euro jährlich weg.
Würde so etwas noch einmal passieren, wäre es mit der
schwarzen Null im nächsten Jahr vorbei. Deswegen soll-
ten Sie sich mit den Finanzpolitikern und dem Finanz-
ausschuss gutstellen. Wir sind nämlich 37 sehr qualifi-
zierte und sehr motivierte Mitglieder, viele aus
steuerberatenden Berufen und somit alle Fachleute.


(Christian Hirte [CDU/CSU]: Bei uns in der Union ist das kein Problem!)


Eine Fraktion ist seit dieser Legislatur nicht mehr da-
bei; das war die mit den Plänen zu niedrigen, gerechten
und einfachen Steuern. Frei nach Trude Herr – „Niemals
geht man so ganz“ – wollen wir mal gucken, was aus der
Idee geworden ist: Niedrigere Steuern will keiner mehr.
Sonst kommt man ja auch nächstes Jahr nicht zur
schwarzen Null. Gerechtere Steuern wollen eigentlich
alle. Nur was ist bei den Steuern gerecht? Da gibt es sehr
unterschiedliche Definitionen. Bei der Opposition und
manchmal auch bei der SPD bedeutet „gerecht“, dass es
für einzelne reiche Mitbürger zu einer Steuererhöhung

(C)






Ingrid Arndt-Brauer


(A) (C)



(D)(B)

kommt. Das wird entweder niedergestimmt – leider –
oder gar nicht erst beantragt, weil der Koalitionsvertrag
festlegt, dass es zu keinen Steuererhöhungen kommen
soll.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: So ist das! – Thomas Stritzl [CDU/CSU]: Sie haben dem ja auch zugestimmt!)


– Genau, und so wird es auch sein.

Jetzt bleibt noch das Stichwort „einfach“. Das sollten
wir wirklich ernst nehmen. Denn hier kommt die Stunde
des Finanzausschusses. Wenn wir die Banken- und
Finanzmarktregulierung abgeschlossen haben, dann soll-
ten wir uns das Vorhaben „einfache Steuergesetzgebung“
vornehmen. Im Koalitionsvertrag auf Seite 64 steht ein
bisschen darüber. Da steht, dass Steuervereinfachung
eine Daueraufgabe ist. Angeführt werden die vorausge-
füllte Steuererklärung, das Faktorverfahren und als Zu-
kunftsprojekt auch das Selbstveranlagungsverfahren.
Damit ist die Auflistung eigentlich schon am Ende. Ich
denke, das sollte es nicht sein.

Wir haben eine riesige Koalitionsmehrheit von
504 Abgeordneten, und wir haben in der Bevölkerung
mit dieser Großen Koalition riesige Erwartungen ge-
weckt. Deswegen sollte sich diese Koalition nicht nur
auf das jährliche Jahressteuergesetz freuen und darauf
warten, endlich Steuergesetzgebung in der Form machen
zu können, dass marginal irgendetwas nachjustiert wird,
was aus dem Ruder gelaufen ist. Wir sollten vielmehr
wirklich versuchen, uns die Steuervereinfachung als Pro-
jekt vorzunehmen.


(Beifall des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])


– Ja, genau, das ist einen Applaus wert. –


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir sollten auch nicht darauf warten, dass uns das Bun-
desverfassungsgericht irgendwelche Urteile um die Oh-
ren haut und uns zu irgendwelchen Handlungen zwingt,
sondern wir sollten ganz konkret Projekte angehen.

Das Bundesfinanzministerium hat dankenswerter-
weise ein paar Gutachten in Auftrag gegeben, die wir
uns einmal näher anschauen sollten. Da fällt mir zum
Beispiel ein Gutachten vom RWI ein – das ist kein SPD-
nahes Institut –, das uns vorschlägt, die Mehrwertsteuer
zu reformieren. Darin werden gute Beispiele gerechnet.
Wir sollten uns dieses Vorhaben einmal vornehmen.


(Beifall des Abg. Richard Pitterle [DIE LINKE])


Wir sollten auch einmal darüber diskutieren – unser
stellvertretender Fraktionsvorsitzender hat es schon mal
versucht –: Wo gibt es eigentlich bei den Dingen, die wir
jetzt schon haben, Missbrauch – Stichwort haushalts-
nahe Dienstleistungen? Wir wollen sie nicht abschaffen,
aber wir sollten einmal drüberschauen.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Keine Steuererhöhungen!)

Nur befinden wir uns im Moment in folgender medialer
Situation: Sobald einer auch nur irgendetwas andisku-
tiert, wird schon draufgeschlagen. Das ist eigentlich
schade. Wir sollten uns die Zeit zur Diskussion lassen,
weil wir so die Situation der Menschen wirklich verbes-
sern können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wir wollen keine Steuererhöhungen. Wir wollen nur die
Gesetzgebung, wo nötig, einfacher und gerechter gestal-
ten und aus dem Ruder gelaufene Vorgänge wieder ein-
fangen.

Wir sollten auch darüber nachdenken, die Höhe be-
reits bestehender Pauschalen anzupassen. Ich denke in
diesem Zusammenhang an die Behindertenpauschale,
die ziemlich vergessen worden ist. Das kostet zwar ein
bisschen Geld, aber ich bin der Meinung, das muss drin
sein. Andere Pauschalen sollten wir überdenken und uns
fragen: Sind sie noch sinnvoll? Vielleicht sollten wir
auch neue Pauschalen einführen. Für eine solche Diskus-
sion mit den qualifizierten Mitgliedern des Haushalts-
ausschusses sollten wir uns Zeit nehmen, und ich bitte
Sie, nicht gleich draufzuschlagen, wenn wir ein neues
Thema aufmachen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Im Herbst werden wir uns mit einem Thema beschäf-
tigten müssen, da geht es um eine Regelung, die uns
vom Bundesverfassungsgericht zurückgespiegelt wird,
nämlich das Thema Erbschaftsteuer. Da müssen wir
dann etwas machen.


(Zuruf der Abg. Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Wir sollten die Beratungen in aller Ruhe angehen und
über eine Verbreiterung der Besteuerungsgrundlage
nachdenken. Die Länder würden sich freuen, wenn wir
mehr als 4 Milliarden Euro an sie überweisen würden.


(Beifall des Abg. René Röspel [SPD] – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Schon wieder eine Steuererhöhung! – Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Ich denke, es soll keine Steuererhöhung geben?)


Ich rede nicht von den erbschaftsteuerlichen Regelungen
bei der Nachfolge in Unternehmen, sondern ich rede von
privaten Erbschaften, die ja meistens ein leistungsloses
Einkommen darstellen, das in der Regel in unserer Ge-
sellschaft auch nicht gerecht verteilt ist. Deswegen soll-
ten wir offen über eine Verbreiterung nachdenken. Da
sollte man uns auch ein bisschen Spielraum lassen.

Wir alle hoffen, dass die Wachstumsprognosen, die
uns vorliegen, eintreten. Wenn nicht, dann sind wir als
Finanzer gefordert. Wir werden dann nicht darum he-
rumkommen, irgendetwas zu tun, um Mehreinnahmen
zu generieren; denn die Null bei der Neuverschuldung
wird, wie ich denke, doch auch in den folgenden Jahren
unser Ziel sein. Möglicherweise werden ein paar Krisen
auf uns zukommen. Das können wir jetzt noch nicht ab-
schätzen. Manche Krise deutet sich am Horizont an –
Stichwort Ukraine. Sollte das der Fall sein, könnte es





Ingrid Arndt-Brauer


(A) (C)



(D)(B)

dazu kommen, dass wir Geld in die Hand nehmen müs-
sen.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Wir sind mehr für Sparen! – Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Ja!)


Wir sollten schon jetzt über Steuerquellen nachdenken,
die wir dann akquirieren könnten.


(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Ich habe den Eindruck, dass es gut ist, wenn nur Haushälter reden!)


Ich möchte noch etwas zum Koalitionsvertrag sagen.
Auf Seite 63 steht:

Steuerrecht ist kein statisches Recht. Wenn gesell-
schaftliche oder wirtschaftliche Entwicklungen es
erfordern, muss das Steuerrecht angemessen fort-
entwickelt werden, damit es seine Ziele auch künf-
tig erreicht.

Das sollten wir uns immer vor Augen führen. Wir sollten
jetzt nicht sagen: In den nächsten Jahren machen wir
steuerlich erst einmal gar nichts, weil alles geregelt ist. –
Das wäre falsch. Wir sollten das als dynamischen Pro-
zess begreifen und entsprechend damit umgehen.

Ich möchte noch ein paar Sätze zu meinen Vorrednern
sagen. Frau Dr. Lötzsch, die Finanztransaktionsteuer
kommt; da können Sie sicher sein.


(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Und wann?)


Das steht überall drin, auch im Koalitionsvertrag. Das ist
ja auch keine Steuererhöhung für den Bürger.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Aha!)


Die 50 Milliarden Euro, die Sie damit einnehmen wol-
len, sind nicht im Finanztableau enthalten. Ich halte die
Summe auch ein bisschen für zu hoch. Auch wenn sie
weltweit gelten sollte, ist das ein bisschen zu optimis-
tisch veranschlagt. Aber wenn sie kommen würde, wür-
den wir uns natürlich freuen.

Zum Thema Kindergelderhöhung. Ich denke, hier
wird etwas passieren. Wir haben allerdings das Problem,
dass – das wissen Sie selber – eine Erhöhung der Freibe-
träge um 72 Euro und des Kindergeldes um 24 Euro na-
türlich nicht besonders viel ist. Deshalb sollten wir an
dieser Stelle offensiv über andere Verfahren nachdenken,
wie wir Familien helfen können. Über so etwas wie ei-
nen Kindergrundfreibetrag muss man einmal ernsthaft
nachdenken. Dafür haben wir jetzt genug Zeit. Wir ha-
ben genug Man- und Frauenpower. Das sollten wir nut-
zen.

Die Industrie wird natürlich an den Kosten der Ener-
giewende beteiligt, das ist gar keine Frage. Der Mindest-
lohn wird flächendeckend eingeführt. Der Abbau der
kalten Progression würde zwischen 3 und 8 Milliarden
Euro kosten. Da wir die im Moment nicht übrig haben,
sollten wir über dieses Thema nicht weiter reden. Die
Kommunen werden mehr Geld bekommen, das ist prio-
ritär. Für die Infrastruktur wird mehr ausgegeben, ebenso
wie für ein friedliches Europa; das wünschen wir uns
alle. Wir werden natürlich nicht in veraltete Waffensys-
teme, sondern in sinnvolle Maßnahmen investieren.

Da meine Redezeit abgelaufen ist, werde ich zu den
übrigen Bereichen nichts mehr sagen. Ich bin mir aber
sicher: Wir werden die nächsten Jahre eine gute und fort-
schrittliche Steuerpolitik machen. Liebe Haushälter, ver-
gessen Sie bitte nicht immer, woher das Geld, das Sie
verteilen, kommt und wer das aufbringen muss. Nicht
nur die Bürger, auch wir mit unserer Steuergesetzgebung
sind ein Stück weit beteiligt.

Ich wünsche Ihnen alles Gute für die weiteren Haus-
haltsberatungen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Volkmar Klein [CDU/CSU])



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1803105900

Als nächster Redner hat der Kollege Ingbert Liebing

von der CDU/CSU das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ingbert Liebing (CDU):
Rede ID: ID1803106000

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Im Verlauf der Haushaltsberatungen in
dieser Woche ist auch vielfältig über die Lage der Kom-
munen diskutiert worden. Auch die Opposition hat sich
an diesem Thema abgemüht. Heute ist Gelegenheit, ein
Fazit dieser Debatte zu ziehen. Mit Blick auf die Finanz-
lage der Kommunen lautet das Fazit: Gerade auch die
Kommunen profitieren von der Politik unserer Koalition
und auch der Bundesregierungen der vergangenen Jahre.


(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Das sehen wir aber anders!)


Diese gute Politik setzen wir auch fort.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dies möchte ich an drei Aspekten aufzeigen:

Erstens. Es ist das Ergebnis unserer Politik, die auf
Stabilität und Haushaltskonsolidierung beruht und die
auf wirtschaftliches Wachstum setzt, dass wir in den ver-
gangenen Jahren steigende Steuereinnahmen verzeich-
nen konnten. Die Steuereinnahmen sind aufgrund von
Wachstum gestiegen und nicht aufgrund von Steuererhö-
hungen; das ist das Entscheidende.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Davon profitieren auch die Kommunen, wie die Zahlen
zeigen. Die Kommunen in Deutschland haben im ver-
gangenen Jahr Mehreinnahmen in Höhe von 8 Milliar-
den Euro verzeichnen können. Das ist ein Anstieg um
4 Prozent. Die Gewerbesteuereinnahmen erreichten im
vergangenen Jahr mit netto 32,6 Milliarden Euro einen
neuen Höchststand. Im Ergebnis haben die Kommunen
in Deutschland im vergangenen Jahr schwarze Zahlen
geschrieben: 1,1, Milliarden Euro Überschuss. Die
Kommunen haben mehr investieren können als in den
Jahren zuvor. Das sind gute Ergebnisse unserer Politik.





Ingbert Liebing


(A) (C)



(D)(B)


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Aber 40 Milliarden Euro Kassenkredite sind auch da!)


Dennoch wissen wir, dass die Finanzlage der Kommu-
nen unterschiedlich ist, es hier eine Vielfalt gibt.

Wir haben Städte und Gemeinden, die einen Haus-
haltsausgleich nur dadurch erreichen können, dass sie
auch an der Unterhaltung ihrer Liegenschaften sparen,
also bei den Kindergärten, bei den Schulen und bei den
Straßen, obwohl da viel mehr zu tun wäre.

Die Vielfalt bei der Finanzlage der Kommunen wird
nirgends so deutlich wie bei den Kassenkrediten. Kassen-
kredite sind eigentlich nur zur kurzfristigen Überbrückung
von Liquiditätsengpässen zulässig. Die Kommunen in Ba-
den-Württemberg und Bayern haben im Landesschnitt
kaum Kassenkredite: 14 bzw. 20 Euro Kassenkredit pro
Einwohner in Bayern und Baden-Württemberg. In Nord-
rhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sieht das aber ganz
anders aus: 1 360 Euro Kassenkredit pro Einwohner in
Nordrhein-Westfalen und 1 530 Euro Kassenkredit pro
Einwohner in Rheinland-Pfalz. Die Lage in den einzel-
nen Bundesländern ist also völlig unterschiedlich. Allein
das macht deutlich, dass es nicht gelingen wird, eine für
alle Kommunen passende Lösung auf Bundesebene zu
finden. Hier stehen in allererster Linie die Bundesländer
in der Verantwortung, für eine aufgabengerechte Finanz-
ausstattung der Kommunen zu sorgen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dennoch helfen wir seitens des Bundes auch den
Kommunen. Die zweite gute Botschaft für die Kommu-
nen ist: Der Bundeshaushalt 2014 finanziert die dritte
Stufe der Übernahme der Kosten der Grundsicherung
durch den Bund. 1,6 Milliarden Euro mehr für die Kom-
munen stecken allein für diese Aufgabe im Bundeshaus-
halt 2014.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Das muss einmal gesagt werden!)


Gerade deshalb ist der Vorwurf, der hin und wieder erho-
ben wird, der Bundesfinanzminister spare seinen Haus-
halt zulasten der Kommunen zurecht, schlichtweg
Quatsch.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das Gegenteil ist der Fall: Haushaltskonsolidierung, Sa-
nierung des Haushalts ist zwingende Voraussetzung da-
für, dass wir überhaupt in der Lage sind, für die Kommu-
nen etwas zu leisten.

Diese Politik setzen wir auch in den nächsten Jahren
fort. Der Finanzplan für die Jahre bis 2018 weist dies
aus. In den Jahren 2015, 2016 und 2017 werden wir aus
dem Bundeshaushalt jeweils 1 Milliarde Euro zusätzlich
für die Kommunen bereitstellen, und ab 2018 werden
wir in die Finanzierung der Eingliederungshilfe für Men-
schen mit Behinderungen einsteigen. 5 Milliarden Euro
Entlastung sind zugesagt.


(Zuruf des Abg. René Röspel [SPD])

Zugleich werden wir bei der Eingliederungshilfe die
Menschen in den Mittelpunkt stellen und nicht die Ein-
richtungen.

Dies alles machen wir nicht von ungefähr. Bei der
Grundsicherung machen wir das, um einen Fehler aus
rot-grüner Regierungszeit zu korrigieren. Auch daran
darf man gerne einmal erinnern, dass SPD und Grüne in
der Zeit, in der sie gemeinsam Regierungsverantwortung
trugen, ein tolles Gesetz zur Grundsicherung im Alter
verabschiedet haben. Sie haben sich dafür feiern lassen,
aber die Rechnung an die Kommunen geschickt.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: So ist das!)


Diese Philosophie, schöne Wohltaten zu beschließen,
aber die Kommunen dafür zahlen zu lassen, gehört zu
den Fehlern der Vergangenheit, unter denen die Kommu-
nen noch heute leiden.


(René Röspel [SPD]: Das sind Leistungen, die die Kommunen sowieso zu bezahlen hatten!)


Diese Fehler korrigieren wir. Deswegen ist unser Weg
richtig.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Viele Kommunen leiden vor allem unter steigenden
Soziallasten. Auch hier setzen wir an, um den Kommu-
nen zu helfen. Das ist die dritte gute Botschaft dieses
Bundeshaushaltes für die Kommunen.

Wir lösen die Probleme, die die Kommunen mit stei-
genden Sozialkosten haben, doch nicht dadurch, dass wir
immer mehr Geld in ein Sozialsystem geben. Viel wich-
tiger ist es doch, dass wir die Ursachen der steigenden
Sozialkosten, die Probleme selber anpacken und lösen,
anstatt immer nur mehr Geld zur Finanzierung der Pro-
bleme bereitzustellen. Die Ursachen zu bekämpfen und
die Probleme zu lösen, das ist der richtige Weg. Dies
dient den Menschen am Ende auch viel mehr. Denn
wenn die Menschen unabhängiger werden von staatli-
chen Transferleistungen, wenn sie wieder in Lohn und
Brot kommen und Arbeit haben, wenn sie selber für ih-
ren Lebensunterhalt sorgen können, dient das den Men-
schen mehr, als wenn wir nur die Sozialkosten finanzie-
ren. Auch hierzu leisten wir mit dem Bundeshaushalt
einen Beitrag. Wir stellen uns unserer Verantwortung im
Bund.

Ich nenne nur zwei Stichworte. Die Städtebauförde-
rung ist eines der besten Instrumente, mit denen wir mit
öffentlicher Mitfinanzierung zugleich auch privates Ka-
pital mobilisieren, um die Struktur in den Städten zu ver-
bessern. Auch das hilft, um steigende Sozialkosten zu
verhindern. Die Entflechtungsmittel – das ist das zweite
Stichwort – sollten nach der Föderalismusreform bis
zum Jahr 2019 eigentlich schrittweise abgeschmolzen
werden. So war es mit den Ländern vereinbart. Trotzdem
setzen wir sie auf hohem Niveau gleichbleibend bis 2019
fort. Damit steht in den Ländern Geld zur Verfügung, um
in den Wohnungsbau zu investieren und um Projekte im
Rahmen der Gemeindeverkehrsfinanzierung zu bezah-
len. Auf diese Leistungen sind die Kommunen dringend
angewiesen, und wir stellen diese Gelder zur Verfügung.
Aber jetzt ist es auch notwendig, dass die Länder diese





Ingbert Liebing


(A) (C)



(D)(B)

Mittel genau für diese Zwecke einsetzen und nicht zur
Sanierung ihrer eigenen Haushalte zweckentfremden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Dies alles leisten wir. Wir leisten es nicht auf Pump,
wie es früher üblich war, sondern solide finanziert.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Na ja!)


Wir haben den Haushalt auf der Einnahmenseite in Ord-
nung gebracht und mit Sparsamkeit ebenfalls auf der
Ausgabenseite. Dies ist gute Politik, die allen dient: Das
dient dem Bund bzw. dem Bundeshaushalt. Davon profi-
tieren die Länder. Davon profitieren auch die Kommu-
nen. Das dient aber vor allem den Menschen in den Städ-
ten und Gemeinden. Das ist wichtig. Deswegen ist es
gute Politik.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1803106100

Als nächster Redner hat der Kollege Swen Schulz das

Wort.


(Beifall bei der SPD – Johannes Kahrs [SPD]: Aber jetzt!)



Swen Schulz (SPD):
Rede ID: ID1803106200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Hauptbot-
schaft der Koalition in dieser ersten Lesung des Ent-
wurfs des Haushaltsplans ist: Wir sind auf dem Weg zu
einem ausgeglichenen Haushalt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das ist ein gutes, ein lohnenswertes Ziel; denn das ver-
leiht in den künftigen Jahren größere Handlungsspiel-
räume. Um das zu veranschaulichen, gibt es die be-
kannte Redewendung: Auf Schuldenbergen können
Kinder nicht spielen.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Das stammt von Steffen!)


Der Haushalt gibt aber noch mehr her; denn gleichzeitig
wollen wir in die Zukunft investieren. In der Bildungs-
politik heißt es: Wir wollen für die Kinder sparen, nicht
an den Kindern. – Darum hält diese Koalition 9 Milliar-
den Euro zusätzlich für Bildung und Wissenschaft bereit.
Das ist eine starke Ansage, Kolleginnen und Kollegen!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir sollten aber realistisch sein: Die Spielräume sind
gleichwohl eng. Wir haben uns ja nicht nur vorgenom-
men, keine Schulden mehr zu machen, sondern darüber
hinaus wird eine aktive Steuerpolitik abgelehnt, Kollege
Barthle, und den Subventionsabbau geht unser Koali-
tionspartner nicht an. Daher bleibt so manche sinnvolle
Ausgabe für Verkehr, für Soziales, für Forschung, für
Familien oder eben für Bildung auf der Strecke. Es ist
darum sehr gut, dass wir uns als Haushälter in der Koali-
tion vorgenommen haben, im Falle höherer Einnahmen
die gewonnenen Spielräume für sinnvolle Ausgaben und
Investitionen zu nutzen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich will ein Beispiel ansprechen, das uns und mir sehr
wichtig ist: das BAföG. Das BAföG ist die soziale Bil-
dungsfinanzierung für Schüler und Studierende, die sich
von Haus aus Bildung nicht leisten können. Seit Jahren
ist da nichts mehr gemacht worden. Da müssen wir ran.
Für das BAföG muss auch zusätzliches Geld zur Verfü-
gung gestellt werden.


(Zurufe von der CDU/CSU)


Thomas Oppermann hat das in der Generaldebatte vor
zwei Tagen klar auf den Punkt gebracht, indem er sagte:
Es kann nicht sein, dass wir in der Koalition zusätzliche
Milliarden für die Rentenpolitik mobilisieren, für das
BAföG dann aber kein Geld mehr da ist. Das BAföG
muss strukturell verbessert und die Mittel dafür substan-
ziell erhöht werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE])


In diesem Zusammenhang will ich betonen, dass es
den Abgeordneten von CDU und CSU selbstverständlich
freisteht, sich gegen die Rentenpolitik der Bundesregie-
rung zu stellen. Ich bin grundsätzlich für offene Debat-
ten und freue mich über selbstbewusste Abgeordnete.
Noch mehr würde ich mich allerdings freuen, wenn es
auch nur ansatzweise ein ähnliches Engagement dieser
Abgeordneten für eine stärkere Familien- und Bildungs-
finanzierung gäbe.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das ist doch wichtig für die Zukunft der jungen
Leute. Es ist nicht nur wichtig, dass die Alten fair in
Rente gehen können, sondern auch, dass Bildung und
Familien unterstützt werden. Auch da müssen wir etwas
machen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Wir nehmen beides in den Blick!)


Die Familienpolitik und die frühkindliche Bildung
sind von größter Bedeutung. Gute Betreuungsangebote
sind zum einen wichtig, damit Eltern arbeiten können,
wenn sie wollen oder müssen. Die frühkindliche Bildung
ist zum anderen wichtig für die Entwicklung der Kinder.
Studien zeigen, dass die Kinder, die eine Kita besucht
haben, in der Regel besser auf die Schule vorbereitet
sind. In der Kita werden wichtige Bildungsgrundlagen
geschaffen. Wir müssen diesen Bereich stärken und wei-
ter verbessern. Dieser Herausforderung müssen wir uns
stellen, Kolleginnen und Kollegen!


(Beifall bei der SPD)






Swen Schulz (Spandau)



(A) (C)



(D)(B)

Für die Familien und darüber hinaus ist auch wichtig,
dass wir den gesetzlichen Mindestlohn einführen. Faire
Bezahlung führt zu höheren Steuereinnahmen, mehr
Sozialversicherungsbeiträgen, weniger Sozialausgaben.
Dass nun ausgerechnet Bildungspolitiker der Union for-
dern,


(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Sehr richtig! Richtige Forderung!)


den Mindestlohn an eine abgeschlossene Berufsausbil-
dung zu koppeln,


(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Bravo!)


kann ich nicht nachvollziehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich will Ihnen das erklären: Was wäre denn die Folge?
Leute mit Berufsausbildung würden durch Dumping-
löhne von Ungelernten verdrängt.


(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD])


Das wäre erstens ungerecht und zweitens eine Entwer-
tung der beruflichen Ausbildung. Das können Sie doch
nicht im Ernst wollen, lieber Kollege.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Sie sehen, meine sehr verehrten Damen und Herren:
In einer Koalition ist das immer so eine Sache, zumal in
einer Großen Koalition. Da gibt es eben auch unter-
schiedliche Auffassungen, über die wir fair und offen
miteinander diskutieren sollten. Ich wundere mich zum
Beispiel über Kolleginnen und Kollegen, die in diesen
Haushaltsberatungen ungefähr folgendes Argumentati-
onsmuster an den Tag legen: Erstens wird der Verzicht
auf neue Schulden gefeiert; das ist okay. Zweitens wer-
den gleichzeitig Steuererhöhungen und Subventions-
abbau abgelehnt. Drittens werden dann auch noch Steu-
ersenkungen gefordert – Stichwort: kalte Progression.
Viertens, als Höhepunkt, fordern diese Kolleginnen und
Kollegen bei der Beratung ihres Fachbereichs auch noch
Mehrausgaben. Ich bitte Sie! An dieser Stelle habe ich
den Eindruck, dass manche Kollegen „Im Himmel ist
Jahrmarkt“ spielen wollen.


(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Traumtänzer!)


Mit uns nicht! Die SPD steht für eine solide Haushalts-
und Finanzpolitik.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Wie war das mit der BAföG-Erhöhung?)


Ich will noch ein Thema ansprechen, dessen wir uns
im Haushaltsausschuss grundsätzlich annehmen sollten,
nämlich die demografische Entwicklung und ihre Aus-
wirkung auf das Personal in den Bundesverwaltungen.
Nach Jahren der Stellenreduzierung kommen wir nun in
eine Phase, in der immer mehr Beschäftigte in den Ruhe-
stand gehen. In diesem Jahr werden es gut 2 000 sein, im
Jahr 2018 bereits über 4 000. Die Tendenz ist also sehr
deutlich steigend. Wir müssen uns schnell Maßnahmen
überlegen, damit qualifiziertes Personal die Altersab-
gänge rechtzeitig ersetzt. Wir wollen die Bundesverwal-
tung leistungsfähig halten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Große Koalition
setzt einige neue und richtige Akzente. Dazu zählen die
Städtebauförderung und das Programm „Die soziale
Stadt“, das wir wieder flottmachen. In vielen Städten
gibt es Viertel, die dringend Unterstützung benötigen, in
die investiert werden muss und in denen Projekte geför-
dert werden müssen, die das Zusammenleben verbessern
und die Attraktivität steigern. Solche Sprüche, wie wir
sie in der letzten Legislaturperiode gehört haben, als es
hieß: „Projekte für Kopftuch tragende Mädchen haben
wir genug“, gehören hoffentlich ein für alle Mal der Ver-
gangenheit an.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Roland Claus [DIE LINKE])


Ebenso wichtig ist die Verbesserung der Förderung
für Langzeitarbeitslose durch die Jobcenter. Wir haben
Jahre der Kürzungen bei den arbeitsmarktpolitischen
Maßnahmen hinter uns. Gerade für Langzeitarbeitslose
wurde nicht mehr viel getan. Jetzt sollen viele von ihnen
eine neue Perspektive erhalten, und das ist gut so.

Wir haben uns, über die angesprochenen Punkte hi-
naus, noch mehr vorgenommen. Der Haushalt 2014 wird
noch nicht vollständig ein SPD-Haushalt sein, aber wir
arbeiten daran.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD – Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Das wird er nie sein, Herr Schulz! Damit Sie klarsehen!)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1803106300

Liebe Kolleginnen und Kollegen, als nächste Redne-

rin hat die Kollegin Kerstin Radomski von der CDU/
CSU das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Kerstin Radomski (CDU):
Rede ID: ID1803106400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Diese erste Haushaltswoche – Herr Kampeter hat es ge-
sagt – stand ganz im Zeichen der Null. Bundesfinanz-
minister Wolfgang Schäuble hat uns einen Haushaltsent-
wurf für 2014 vorgelegt, mit dem wir in diesem Jahr die
sogenannte strukturelle Null erreichen und die schwarze
Null klar vor Augen haben. Die Bemühungen der Union
um einen strukturell ausgeglichenen Haushalt ziehen
sich wie ein schwarzer Faden, Herr Schulz, durch die
letzten Jahre. Seit 2009 die Schuldenbremse beschlossen
wurde, begann die letzte Etappe auf dem Weg zu dem
Ziel, im September dieses Jahres erstmals seit 45 Jahren
einen schuldenfreien Haushalt aufzustellen.





Kerstin Radomski


(A) (C)



(D)(B)

Es war kein einfacher Weg bis hierhin. Unter dem
Einfluss der schweren Wirtschafts- und Finanzkrise
mussten wir 2010 eine Neuverschuldung von 80 Milliar-
den Euro beschließen. Damals schien das Ziel in weiter
Ferne. In den Folgejahren kamen zusätzliche finanzielle
Belastungen durch die europäische Staatsschuldenkrise,
die Energiewende und die Flutkatastrophe hinzu. Aber
wir haben es geschafft. Es ist nicht die Aufgabe der Op-
position, die Regierung zu loben.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das machen Sie schon selbst!)


Aber wir als Union sind zu Recht stolz darauf.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der zu beratende Haushaltsentwurf für 2014 liegt mit
deutlichem Sicherheitsabstand über den Vorgaben der
Schuldenbremse. Schon seit 2012, vier Jahre früher als
vorgeschrieben, halten wir diese Obergrenze, die laut
Grundgesetz erst ab 2016 gilt, ein. Wir nutzen die Ver-
schuldungsspielräume nicht aus; das möchten andere.
Wir senken die Nettokreditaufnahme kontinuierlich ab.
Das ist eine solide und nachhaltige Politik. Das zeigt ein-
mal mehr: Die Haushaltspolitik ist bei dieser Regierung
in guten Händen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


In den Beratungen der letzten Tage wurde der Grund,
warum wir die Schuldenbremse eingeführt haben, von
dem einen oder anderen Redner immer wieder verges-
sen. Zur Erinnerung zitiere ich Wolfgang Schäuble aus
den Haushaltsberatungen 2011:

Bei der Reduzierung der zu hohen Defizite nehmen
wir unsere Verantwortung für unsere Kinder und
Enkel wahr. Denn nachhaltige Politik heißt: Man
darf nicht immer höhere Schulden auf die kommen-
den Generationen abwälzen.

Keine neuen Schulden zu machen, bedeutet, die
Handlungsfähigkeit zukünftiger Generationen zu bewah-
ren. Das, meine Damen und Herren, ist wichtig für un-
sere Kinder und Enkelkinder.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


In den kommenden Wochen wird es darum gehen,
alle Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen und zu
schauen, welche Ausgaben im Interesse und zum Wohle
der Menschen sind. Im Blick muss dabei auch stehen,
wo wir die Ausgaben reduzieren können. Generationen-
gerechte Haushaltspolitik bedeutet nicht nur, keine
Schulden mehr zu machen. Nein, sie muss auch für die
Zukunft Handlungsspielräume eröffnen und erhalten.

Es ist jetzt wichtig, nachhaltig zu investieren, damit
Deutschland auch in Zukunft so gut dasteht wie heute.
Deshalb investieren wir in dieser Legislaturperiode zu-
sätzlich 6 Milliarden Euro in Kinderkrippen, Kitas,
Schulen und Hochschulen. Es ist allen bekannt, dass wir
weniger Rohstoffe als andere Länder haben. Die Investi-
tionen in die Aus- und Weiterbildung sind daher die
wichtigste Ressource dieses Landes für die Zukunft.
Aber genauso brauchen wir Investitionen in die Infra-
struktur. Ein Kollege aus dem Haushaltsausschuss sagte
einmal, er möchte in Köpfe und in Beton investieren.
Das kann ich nur unterstreichen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Roland Claus [DIE LINKE])


Zur Wahrheit generationengerechter Haushaltspolitik
gehört auch, dass ein Investitionsstau vermieden werden
muss. Es hilft nicht, keine Schulden zu machen und
nachfolgenden Generationen eine marode Infrastruktur
zu hinterlassen.


(Beifall der Abg. Carsten Körber [CDU/CSU] und Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])


Deshalb unterstützen wir die dringend notwendige Er-
neuerung öffentlicher Verkehrsinfrastruktur mit 5 Mil-
liarden Euro. Zudem hat sich die Koalition darauf ver-
ständigt, in dem Fall, dass sich weitere finanzielle
Spielräume ergeben, die Mittel in den Bereich der Infra-
struktur fließen zu lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Lassen Sie mich noch kurz auf die Kritik der Opposi-
tion eingehen: Dunkelrote oder grüne Nullen gibt es, zu-
mindest in der Finanzpolitik, nicht. Vielleicht ist das ei-
ner der Gründe, warum die Opposition – in der gesamten
Debatte – der Absenkung der Neuverschuldung nicht
den nötigen Respekt zollen konnte.


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ei, ei, ei!)


Die Behauptung, die Absenkung der Neuverschuldung
sei aufgrund der guten konjunkturellen Entwicklung
oder der steigenden Steuereinnahmen sozusagen vom
Himmel gefallen, ist haltlos. Die gute Konjunktur ist vor
allen Dingen ein Verdienst der Menschen in diesem
Land, ihrer Innovations- und Leistungsbereitschaft. Die
Steuereinnahmen werden von den Menschen mit ihrer
täglichen Arbeit erwirtschaftet.

Es ist die Pflicht eines jeden Politikers – nicht nur ei-
nes jeden Haushälters –, mit diesem Geld solide und
sparsam umzugehen. Dass dies nicht überall gilt, sieht
man an mancher Landesregierung. Ich komme aus Nord-
rhein-Westfalen.


(Christian Hirte [CDU/CSU]: Oje!)


Dort regieren bekanntlich die Grünen mit. In Nordrhein-
Westfalen sind die Steuereinnahmen seit 2010 um 9 Mil-
liarden Euro gestiegen. Gleichzeitig wurden aber auch
die Ausgaben um 7 Milliarden Euro erhöht. Zudem hat
man zusätzlich noch jährlich bis zu 5 Milliarden Euro
neue Schulden gemacht.


(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und die Schulden gesenkt!)


Das ist eine verantwortungslose Politik. So geht man
nicht mit dem Geld der Steuerzahler um. Das hat mit so-
liden Staatsfinanzen nichts zu tun.





Kerstin Radomski


(A) (C)



(D)(B)


(Beifall bei der CDU/CSU – Ingrid ArndtBrauer [SPD]: Das ist polemisch!)


Im Bund haben wir bei steigenden Steuereinnahmen
die Ausgaben stabil gehalten und jeden Euro Mehrein-
nahmen für den Abbau der Neuverschuldung eingesetzt.
Die Herausforderung der kommenden Jahre ist, die Null-
verschuldung im Haushalt tatsächlich zu halten und die
Investitionen in einer gesunden Balance zu halten. Dafür
haben uns die Menschen am 22. September letzten Jah-
res gewählt, und daran werden wir uns auch weiter
orientieren.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1803106500

Das war die erste Rede der Kollegin Radomski. Herz-

lichen Glückwunsch dazu!


(Beifall)


Als nächster Redner spricht jetzt der Kollege Carsten
Körber.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Carsten Körber (CDU):
Rede ID: ID1803106600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit Diens-
tag haben wir an dieser Stelle den Regierungsentwurf
zum Bundesetat 2014 ausführlich beraten. Trotz aller
– notwendigerweise vorhandenen – politischen Differen-
zen kann ich feststellen, dass zumindest Einigkeit über
die entscheidenden Themen der Haushaltspolitik be-
steht: Haushaltskonsolidierung, Generationengerechtig-
keit, Unterstützung von Ländern und Kommunen, För-
derung von Bildung und Forschung.

In der Sache gibt es natürlich eine Vielzahl von Dis-
kussions-, vor allem aber Streit- und Konfliktpunkten.
Es ist unsere vornehmste Aufgabe als Abgeordnete, ge-
meinsam zu streiten und miteinander um die bestmögli-
che Lösung zu ringen, vor allem dann, wenn es um das
Budgetrecht – das Königsrecht – des Parlaments geht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der politische Streit, der Konkurrenzgedanke, ist We-
senskern unserer Demokratie und nichts weniger als das.
Dieses Ringen und Streiten sind wir den Bürgern schul-
dig. Dass aus diesem Ringen und Streiten eine Politik er-
wächst, die gut ist für die Menschen in unserem Land,
die gut ist für unsere Wirtschaft und die gut ist für unser
Gemeinwesen überhaupt, dafür tragen wir als unionsge-
führte Koalition Sorge.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der vorgelegte Haushalt zeigt, dass wir dem Auftrag,
gut zu regieren, den wir am 22. September 2013 von den
Wählerinnen und Wählern erhalten haben, gerecht wer-
den. – An dieser Stelle hätte ich eigentlich Widerspruch
der Opposition erwartet.

Was grüne Haushaltspolitik in der Realität bedeutet,
zeigt das ehemalige Musterländle. Baden-Württemberg
hat im vergangenen Jahr unter einem grünen Minister-
präsidenten im Ländervergleich die meisten neuen
Schulden gemacht.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Beschämend! – Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Das ist natürlich ein Ding! – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das Land war 60 Jahre lang schwarz; da ist es nicht so leicht!)


Für solides Wirtschaften auf Länderebene kann ich
Ihnen einen Blick nach Sachsen sehr empfehlen. Im
Freistaat Sachsen zeigt die Union seit mehr als 20 Jah-
ren, wie man es richtig macht.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dort sieht man, dass Investitionen in die Zukunft und so-
lides Haushalten zwei Seiten einer Medaille sind. Des-
halb freue ich mich auch für die SPD auf Bundesebene,
dass Sie einen soliden Koalitionspartner gefunden ha-
ben.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Ach du meine Güte!)


Von den wilden Beglückungsfantasien der Linken in
Sachen Haushaltspolitik will ich an dieser Stelle gar
nicht erst anfangen.


(Beifall des Abg. Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE])


Glauben Sie denn noch immer, dass man bloß mit der
Erhöhung des Spitzensteuersatzes und der Wiederein-
führung der Vermögensteuer


(Beifall des Abg. Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE])


alle Sorgen los sein kann? Nein, es ist gut, dass die Op-
position Opposition ist und dass die Große Koalition re-
giert.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die einen sagen so, die anderen sagen so!)


Der Haushalt, den die Regierung vorgelegt hat, ent-
hält drei Kernpunkte, die für mich von entscheidender
Bedeutung sind: Erstens. Es ist ein strukturell ausgegli-
chener Haushalt. Zweitens. Wir setzen die Entlastung
von Ländern und Kommunen fort. Drittens. Wir setzen
entscheidende Schwerpunkte für die Zukunft. An dieser
Stelle will ich dafür nur drei Beispiele nennen: 6 Milliar-
den Euro mehr für Kitas und Bildung, 5 Milliarden Euro
mehr für Verkehrsinfrastruktur und 3 Milliarden Euro
mehr für Forschung.

Ich habe bereits von Generationengerechtigkeit ge-
sprochen. Als noch junger Abgeordneter bin ich beson-





Carsten Körber


(A) (C)



(D)(B)

ders dankbar, dass dieser Haushalt generationengerech-
ter ist als sämtliche Haushalte seit 1969.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Carsten Schneider [Erfurt] [SPD])


Nach dem strukturellen Haushaltsausgleich in diesem
Jahr wollen wir 2015 ganz ohne neue Schulden auskom-
men. Das gab es seit 45 Jahren nicht mehr. Der letzte
schuldenfreie Haushalt wurde in der Großen Koalition
unter Kanzler Kiesinger verabschiedet.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Das war ein Baden-Württemberger!)


1969: Überlegen Sie einmal, liebe Kolleginnen und
Kollegen, wie alt Sie damals waren! 1969 dauerte es
noch ganze zehn Jahre, bis ich überhaupt geboren wurde.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Haushaltspolitik mit ihrem Architekten Finanz-
minister Schäuble ist vor diesem Hintergrund wahrhaft
als historisch zu bezeichnen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Carsten Schneider [Erfurt] [SPD])


Sehr geehrte Damen und Herren, vergessen wir nicht:
Es fällt kein Geld vom Himmel. Der Staat kann den Bür-
gern nur das an Leistungen zugutekommen lassen, was
er vorher von ihnen in Form von Steuern genommen hat.

Lassen Sie uns nach vorne schauen: Dort steht 2015
die schwarze Null. Ich appelliere an Sie alle, dieses Ziel
mit aller Konsequenz zu verfolgen. Ich wünsche mir so-
gar, dass wir in absehbarer Zeit nicht nur keine neuen
Kredite mehr aufnehmen, sondern auch damit beginnen,
Schulden tatsächlich zurückzuzahlen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Dass dies möglich ist, zeigt wieder der Blick nach
Sachsen. Der Freistaat hat mit Abstand die geringste
Pro-Kopf-Verschuldung aller Bundesländer. Dort gibt es
keine neuen Schulden, bestehende werden getilgt. Er-
wirtschaftete Spielräume werden in Kindergärten und
Bildung investiert.


(Johannes Kahrs [SPD]: Und wer hat’s bezahlt? Hamburg!)


Nur solide Haushalts- und Finanzpolitik schafft Ver-
trauen. Nur Vertrauen schafft Voraussetzung für Investi-
tionen. Investitionen sind Voraussetzung für wirtschaftli-
ches Wachstum und Wohlstand.

All das ist für mich verantwortungsvolles Handeln für
die nachfolgenden Generationen. Das ist für mich ver-
antwortungsvoller Umgang mit den Steuermitteln unse-
rer Bürger. Das ist für mich der haushaltspolitische An-
spruch dieser Koalition. Das ist für mich die Sicherung
der Leistungsfähigkeit von morgen. In diesem Sinne
wünsche ich uns allen erfolgreiche Beratungen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1803106700

Auch Ihnen, Herr Kollege Körber, herzlichen Glück-

wunsch zu Ihrer ersten Rede.


(Beifall)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich schließe die
Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
auf den Drucksachen 18/700 und 17/14301 an den Haus-
haltsausschuss vorgeschlagen. Sind Sie damit einver-
standen? – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist das
der Fall. Die Überweisungen sind damit so beschlossen.

Wir sind damit auch am Schluss unserer heutigen Ta-
gesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf Mittwoch, den 7. Mai 2014, 13 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen eine
schöne Osterpause und ein gutes Wiedersehen.