Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 23. Sitzung des 2. Deutschen Bundestages und bitte um Bekanntgabe der Namen der entschuldigten Abgeordneten.
Es suchen für längere Zeit um Urlaub nach Abgeordneter Dr. Oesterle für fünf Wochen wegen Krankheit und Abgeordneter Dr. Dehler für vier Wochen wegen dienstlicher Inanspruchnahme.
Ich unterstelle, daß das Haus mit dieser Beurlaubung einverstanden ist. — Das ist der Fall.
Der Präsident hat Urlaub erteilt für drei Tage den Abgeordneten Frau Kipp-Kaule, Dr. Köhler, Dr, Lenz , Geiger (Aalen), Gerns, Leibfried, Jacobi.
Der Präsident hat Urlaub erteilt für zwei Tage den Abgeordneten von Manteuffel , Dr. Königswarter, Dr. Orth, Richter.
Der Präsident hat Urlaub erteilt für die heutige Sitzung den Abgeordneten Brockmann , Dr. Leiske, Frau Pitz, Lenz (Brühl), Pelster, Dr. Maier (Stuttgart), Bock, Weyer, Dr. Werber, Gockeln, Dr. Atzenroth, Schneider (Bremerhaven).
Ich danke vielmals. — Glückwünsche zum Geburtstag habe ich auszusprechen: zum 62. Geburtstag am 6. April dem Herrn Bundesminister Dr. Schäfer,
zum 61. Geburtstag am 4. April dem Herrn Abgeordneten Dr. Glasmeyer.
Ich weise darauf hin, daß das vom Bundestag gemäß § 20 der Geschäftsordnung an die Abgeordneten auszuliefernde Amtliche Handbuch des Deutschen Bundestages der 2. Wahlperiode im Tagungsbüro ausgegeben wird.
Wir haben versuchsweise neue Formulare zur handschriftlichen Fixierung von Änderungs- und Entschließungsanträgen während der Plenarsitzung mit Durchschlagsmöglichkeit vorbereitet, um das technische Verfahren zu erleichtern. Diese Formulare werden am Stenographenpult links ausgegeben, wenn sie benötigt werden. Ich unterstelle, I daß während der Haushaltsdebatte vielleicht gelegentlich ein Bedarf bestehen wird.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Herr Bundesminister für Wirtschaft hat unter dem 2. April 1954 die Kleine Anfrage 38 der Abgeordneten Wacher , Fuchs, Spörl und Genossen betreffend Zonenrandgebiet — Drucksache 332 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 423 vervielfältigt.
Der Herr Stellvertreter des Bundeskanzlers hat unter dem 2. April 1954 gemäß § 20 Abs. 5 des Milch- und Fettgesetzes in der Fassung vom 10. Dezember 1952 den Entwurf einer Verordnung M Nr. 1/52 über Preise für Milch, Butter und Käse mit der Bitte um Bekanntgabe übersandt. Der Entwurf liegt im Archiv zur Einsichtnahme auf.
Ich bitte Sie um Ihr Einverständnis, daß wir die Tagesordnung erweitern um den Punkt
Entgegennahme einer Erklärung der
Bundesregierung.
-- Das Haus ist mit der Änderung der Tagesordnung einverstanden.
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.
Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Die Regierung der Sowjetunion hat am 25. März dieses Jahres erklärt, daß sie mit der sogenannten Deutschen Demokratischen Republik die gleichen Beziehungen aufnehme wie mit anderen souveränen Staaten. Die DDR werde die Freiheit besitzen, nach eigenem Ermessen über ihre inneren und äußeren Angelegenheiten einschließlich der Beziehungen zu Westdeutschland zu entscheiden. Mit dieser Erklärung sucht die Sowjetregierung den Anschein zu erwecken, daß der von ihr besetzte Teil Deutschlands ein selbständiges, souveränen Staaten gleichgestelltes Staatswesen geworden sei. Die sowjetische Erklärung vermag jedoch nichts gegen die Tatsache, daß es nur ein en deutschen Staat gibt, gegeben hat und geben wird.
und daß es einzig und allein die Organe der Bundesrepublik Deutschland sind, die heute diesen niemals untergegangenen deutschen Staat vertreten.
Daran ändert auch die schmerzliche Wirklichkeit nichts, daß die deutsche Staatsgewalt heute nicht einheitlich in allen Teilen Deutschlands ausgeübt werden kann.
In jenen Teilen Deutschlands, in denen heute das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland gilt, konnten die Organe des deutschen Staates nach 1945 auf rechtmäßigem Wege — d. h. durch freie Wahlen, die den unverfälschten Willen des deutschen Volkes zum Ausdruck brachten — wiedergeschaffen werden. In allen Ländern der heutigen Bundesrepublik haben nach 1945 freie Wahlen stattgefunden, aus denen Volksvertretungen und verfassungsmäßig geordnete, verantwortliche Regierungen hervorgegangen sind. Vertreter der frei gewählten Landtage haben sich zu einer verfassunggebenden Versammlung zusammengefunden und haben im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland eine freiheitlich-demokratische Verfassung geschaffen, die von den Volksvertretungen der Länder geprüft und angenommen worden ist.
In den Bundestagswahlen von 1949 und 1953 hat sich das deutsche Volk unmittelbar zu dieser neuen verfassungsmäßigen Ordnung Deutschlands bekannt. Schon 1949, bei einer Wahlbeteiligung von 78,5 %, erhielten die Kommunisten nur 1,5 von 25 Millionen Stimmen, also 6 %; 1953 erhielten sie bei der sehr starken Wahlbeteiligung von 86,2 % nur noch etwas über 600 000 von 28 Millionen Stimmen, d. h. nur noch 2,2 %.
Diese Zahlen beweisen, wie das deutsche Volk über ein kommunistisches Regime denkt,
das nicht wagen kann, in der von ihm beherrschten Zone freie Wahlen abzuhalten,
das die Länder mit ihren Volksvertretungen unter
Bruch der eigenen Verfassung beseitigt hat und
dessen „Volkskammer" die willenlose Unterwürfigkeit des Hitlerschen Reichstages noch überbietet, —
ein Regime, dessen einzig entscheidende Partei eine verhaßte Minderheit bildet und das sich am 17. Juni 1953 nur mit brutaler Anwendung von Waffengewalt gegen die Empörung und Verzweiflung der gesamten Bevölkerung am Ruder halten konnte.
Die Bundesrepublik war und ist daher berechtigt, auch für jene 18 Millionen Deutschen zu handeln und zu sprechen, denen schon 1949 versagt war, bei der Schaffung des Grundgesetzes mitzuwirken, und die bis zum heutigen Tage nicht die Freiheit haben, ihren politischen Willen zum Ausdruck zu bringen. Die Bundesregierung fühlt sich deshalb nach wie vor verpflichtet, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die Verbindung zu den Deutschen in der sowjetisch besetzten Zone offenzuhalten. Sie wird alles in ihrer Macht Stehende tun, um die tragischen Folgen der Teilung Deutschlands zu überwinden.
Niemals werden wir anerkennen, daß die durch List, Betrug und Gewalt zur Herrschaft gelangten Machthaber der Sowjetzone befugt sind, deutsche Staatsgewalt auszuüben.
Wir würden uns selbst entehren und alle Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft beleidigen, wenn wir jene Machthaber als Partner beim Werke der Wiedervereinigung Deutschlands anerkennen würden. Ein freies Deutschland könnte aus der Zusammenarbeit mit ihnen nicht hervorgehen.
Niemals werden wir uns mit der Spaltung Deutschlands abfinden und die Existenz zweier deutscher Staaten hinnehmen.
Diese Spaltung, die das Ergebnis einer durch Jahre hindurch konsequent betriebenen Abschnürungspolitik der Sowjets ist, steht im Widerspruch zu den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts wie auch zu den vertraglichen Verpflichtungen, welche die vier Besatzungsmächte 1945 untereinander eingegangen sind. Eine Besatzungsmacht hat nicht das Recht, ihre Besatzungsgewalt zur politischen Zerreißung Deutschlands zu mißbrauchen.
Deutschland als Ganzes ist im Jahre 1945 der alliierten Besatzung unterstellt worden, und nur durch einen frei verhandelten Friedensvertrag der Besatzungsmächte mit Deutschland kann über seine Grenzen entschieden werden. Die sowjetische Erklärung vom 25. März vertieft nicht nur die schon bestehende Spaltung Deutschlands, sondern zielt und vorläufigen ern zielt offenkundig darauf ab, aus einem nur tatsächlichen
völkerrechtlich und politisch endgültigen Zustand zu machen.
Der trügerische Schein von Souveränität, den die sowjetische Erklärung vom 25. März diesem Regime verliehen hat, wird die Nationen der freien Welt nicht irreführen. Die westlichen Großmächte haben bereits anläßlich der New Yorker Konferenz vom 19. September 1950 und seither wiederholt erklärt, daß nur die Bundesregierung legitimiert ist, als einzige frei gewählte Regierung des deutschen Volkes für alle Deutschen zu sprechen. Sie haben damit zugleich zu erkennen gegeben, daß sie eine zweite deutsche Regierung, die sich nicht auf den frei zum Ausdruck gebrachten Willen des deutschen Volkes stützen kann, nicht anerkennen. Keine Nation, die die freie politische Selbstbestimmung jedes Volkes über seine Regierungsform achtet und die gewaltsame Gleichschaltung, Unterwerfung und Beherrschung politisch mündiger Völker und Volksteile ablehnt, wird dieses kommunistische Regime der deutschen Sowjetzone als Regierung eines souveränen Staates anerkennen können.
Die sogenannte Souveränität des Sowjetzonenregimes wird — dessen sind wir gewiß — ebenso vergehen wie die sowjetische Fremdherrschaft und der kommunistische Terror.
Bestehenbleiben wird die unzerstörbare Souveränität des freien deutschen Volkes.
Meine Damen und Herren! Es liegt eine interfraktionelle Vereinbarung vor, daß eine Aussprache über die Regierungserklärung heute nicht stattfinden soll. Mir ist ein Entschließungsantrag aller Fraktionen des Hauses zugegangen folgenden Wortlauts:
Der Bundestag wolle beschließen:
Der Deutsche Bundestag erklärt, daß das deutsche Volk sich niemals mit der Spaltung Deutschlands abfinden und die Existenz zweier deutscher Staaten hinnehmen wird. Er wiederholt die Feststellung, daß das kommunistische Regime in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands nur durch Gewalt existiert und keine Vertretung des deutschen Volkes ist. Die Bundesregierung als die einzige demokratisch und frei gewählte deutsche Regierung ist allein berechtigt, für alle Deutschen zu sprechen. An dieser oft bekundeten Stellungnahme hat sich durch die Erklärung der Regierung der Sowjetunion vom 25. März 1954 nichts geändert.
Vor der Abstimmung über diesen Entschließungsantrag wünscht zu einer Erklärung das Wort der Abgeordnete Dr. Menzel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion stimmt der Entschließung zu. Sie stellt jedoch ausdrücklich fest, daß mit der Annahme
I der Entschließung die parlamentarische Behandlung der um die Souveränitätserklärung zugunsten Pankows entstandenen Probleme nicht erledigt ist. Wir wünschen, daß eine gründliche Erörterung in der bevorstehenden außenpolitischen Aussprache am 29. April stattfindet.
Meine Damen und Herren, ich bitte die Abgeordneten, die dem Entschließungsantrag, den ich eben verlesen habe, zuzustimmen wünschen, sich von ihren Plätzen zu erheben. — Ich stelle fest, daß dieser Entschließungsantrag einstimmig angenommen worden ist. Damit ist der Deutsche Bundestag auf dem Wege geblieben, zu dem er sich oft und einmütig bekannt hat: daß er die Verantwortung für die Freiheit und Einheit Deutschlands in der Weise wahrzunehmen wünscht, die er als sein gemeinsames Anliegen wiederholt in diesem Hause deutlich gemacht hat, und daß er sich durch keinerlei Manipulationen und Versuche der Störung von draußen und drinnen in diesem Wege wird irre machen lassen. Ich danke Ihnen.
Damit, meine Damen und Herren, können wir in die Tagesordnung eintreten. Ich rufe auf den einzigen Tagesordnungspunkt der drei Sitzungstage:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954 (Drucksache 200);
Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksache 350); dazu Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (18. Ausschuß) (Drucksachen 351 bis 379). (Erste Beratung: 11., 12. und 13. Sitzung.)
Wir bleiben bei der Übung, daß das Haushaltsgesetz und der dazu zu erstattende Mündliche Bericht an den Schluß der Beratung der Einzelpläne gestellt werden.
Ich rufe zunächst auf den
Einzelplan 01 — Haushalt des Bundespräsidenten und des Bundespräsidialamtes — .
Berichterstatterin ist Frau Abgeordnete Rösch. Darf ich Sie bitten, das Wort zu nehmen.
Frau Rösch , Berichterstatterin: Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Der Ihnen vorliegende Einzelplan 01 gliedert sich im ordentlichen Haushalt in zwei Kapitel. Das Kap. 0101 umfaßt den ordentlichen Haushalt des Bundespräsidenten und schließt mit einer Ausgabe von 460 000 DM ab. Das sind 40 000 DM mehr, als der ursprüngliche Einzelplan vorsieht. Der Haushaltsausschuß hat den Tit. 240, „Verfügungssumme des Bundespräsidenten für außergewöhnlichen Aufwand aus dienstlicher Veranlassung", um 40 000 DM erhöht. Er ist damit teilweise einer Anregung des Bundesrats gefolgt, der empfohlen hatte, den Ansatz bei diesem Titel zu verdoppeln.
Das Kap. 0103 umfaßt den Haushalt des Bundespräsidialamtes. In den Einnahmen dieses Kapitels sind keine wesentlichen Änderungen eingetreten. Die Personalausgaben dieses Kapitels haben sich gegenüber dem Vorjahr um 150 000 DM erhöht. Neben drei zusätzlichen Beamtenstellen, drei Angestellten- und einer Arbeiterstelle ist diese Erhöhung im wesentlichen auf die in der Zwischenzeit eingetretenen Lohn- und Gehaltserhöhungen zurückzuführen.
Die Sachausgaben und die einmaligen Ausgaben haben eine nennenswerte Änderung nicht erfahren. Insgesamt beläuft sich der Zuschuß bei diesem Kapitel auf 965 200 DM, so daß der Zuschuß beim Einzelplan 01 im ordentlichen Haushalt im ganzen 1 425 000 DM beträgt.
Erstmalig in diesem Jahr ist im Einzelplan 01 auch ein Betrag im außerordentlichen Haushalt ausgebracht. Sie finden im Kap. A 0103 unter Tit. 710 den Betrag von 134 100 DM. Diese Summe ist für einen Um- und Erweiterungsbau des Bundespräsidialamtes bestimmt. Der Haushaltsausschuß hat davon für dringliche kleinere Umbauarbeiten den Betrag von 27 100 DM bewilligt, während die Summe von 107 000 DM mit Sperrvermerk versehen wurde, bis die noch schwebenden Verhandlungen über die Erweiterung zum Abschluß gekommen sind.
Ich bitte Sie namens des Haushaltsausschusses, diesem Einzelplan in der Fassung der Ausschußdrucksache 351 Ihre Zustimmung zu erteilen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich danke der Frau Berichterstatterin und eröffne die Aussprache zum Einzelplan 01.
Wortmeldungen liegen nicht vor. — Ich schließe die Aussprache.
Ich komme zur Abstimmung. Wer dem Einzelplan 01 — Haushalt des Bundespräsidenten und des Bundespräsidialamtes — in der Drucksache 351 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe auf
Einzelplan 03 — Haushalt des Bundesrates. — .
Ich bitte den Berichterstatter, Herrn Dr. Schild, das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Einzelplan 03 weicht materiell und formel kaum wesentlich von dem des Vorjahres ab. Die im Tit. 101 vorgenommenen materiellen Erhöhungen im Betrage von insgesamt 132 000 DM sind lediglich auf aufsteigende Gehälter zurückzuführen. In den Sachausgaben sind nur Erhöhungen für Geschäftsbedürfnisse in dem geringen Umfang von 32 000 DM erfolgt. Unter Tit. 301 und 302 sind in nennenswertem Ausmaße Einsparungen an Fahrkosten und Tagegeldern der Mitglieder des Bundesrats in Höhe von 109 600 DM gegenüber dem Vorjahr erfolgt.
In Abweichung von der Vorlage hat der Haushaltsausschuß beschlossen, im Tit. 101 an Stelle von fünf Oberregierungsräten einen Regierungsdirektor und vier Oberregierungsräte, an Stelle von vier Regierungsamtmännern, sechs Regierungsamtmänner und an Stelle von vier Regierungsoberinspektoren zwei Regierungsoberinspektoren zu nominieren.
Im übrigen sind im Einzelplan 60 die Wünsche des Bundesrats auf eine Erweiterung des Plenarsaals des Bundesrats und die dazu erforderlichen Baukosten erwähnt. Sie ist vom Haushaltsausschuß ebenso wie die Anlage eines Fahrstuhls im Flügel des Bundesratsgebäudes genehmigt.
Der Haushaltsausschuß empfiehlt, den vorgelegten Haushaltsplan, Einzelplan 03, anzunehmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich eröffne die Aussprache in der zweiten Lesung. — Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Ich komme zur Abstimmung. Wer dem Einzelplan 03 — Haushalt des Bundesrates — gemäß dem Ausschußbericht Drucksache 353 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen!
Ich rufe auf:
Einzelplan 24 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — .
Berichterstatterin ist Abgeordnete Frau Lockmann. Ich darf sie bitten, das Wort zu nehmen.
Frau Lockmann , Berichterstatterin: Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit führt die Geschäfte des ehemaligen Bundesministeriums für den Marshallplan weiter. Von besonderer Bedeutung sind die folgenden Aufgaben: 1. Einfügung der gewerblichen Wirtschaft in den Rahmen des europäischen Wiederaufbauwerks,
3) 2. Koordinierung der deutschen Handelspolitik mit den Zielen des Europäischen Wirtschaftsrats, OEEC genannt, 3. Aufstellung von Wirtschaftsprogrammen für den Europäischen Wirtschaftsrat, 4. Weiterentwicklung der Europäischen Zahlungsunion, 5. Durchführung der mit Marshallplan-Mitteln finanzierten Einfuhrprogramme, 6. Aufstellung der Investitions- und Zuschußprogramme, 7. Verwaltung des ERP-Sondervermögens im Einvernehmen mit der FOA und den Bundesressorts.
Der Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit erfordert bei Berücksichtigung der vorgesehenen Kürzung um 4 % einen Zuschuß von rund 8,4 Millionen DM. Der Zuschußbedarf hat sich somit gegenüber dem Vorjahr um rund 1,7 Millionen DM vermindert. Der Personalbestand des Ministeriums ist der gleiche wie im Vorjahr.
Dem Ministerium sind die Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland beim Europäischen Wirtschaftsrat in Paris und die Vertretung der Bundesrepublik Deutschland beim Amt für Auslandshilfe in Washington nachgeordnet. Das bisher dem Ministerium nachgeordnete ERP-Kontor ist wegen Verminderung der amerikanischen Wirtschaftshilfe aufgelöst worden. Dadurch sind gegenüber dem Personalbedarf des Rechnungsjahres 1953 die Stellen für 32 Angestellte weggefallen. Die restlichen Aufgaben, die sich aus der Durchführung der mit Marshallplan-Mitteln finanzierten Einfuhrprogramme ergeben, erfahren ihre Erledigung durch das Ministerium.
Bei der Vertretung der Bundesrepublik in Paris ist hinsichtlich der Aufgabenstellung und des Personalbestandes keine Veränderung eingetreten.
Bezüglich der Vertretung in Washington hat die inzwischen vom Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit durchgeführte Nachprüfung folgendes ergeben. Die im Haushalt für 1954 veranschlagten 28 Stellen für Angestellte sind nur noch mit 22 besetzt. Bis zum 31. Dezember 1954 wird der Gesamtpersonalbestand der Vertretung in Washington um etwa ein Drittel vermindert werden. Dementsprechend wird eine Verminderung der veranschlagten persönlichen und sächlichen Ausgaben eintreten. Die Frage, ob die Vertretung bei der FOA nach ihrer Verkleinerung als selbständige Dienststelle bestehenbleiben oder in die diplomatische Mission eingegliedert werden soll, bedarf noch der Entscheidung. Der Herr Minister hat im Haushaltsausschuß ausführlich über die vorzunehmende Veränderung in Washington berichtet.
Die Mittel für den Beitrag zu den Ausgaben für die Organisation für Europäische Zusammenarbeit konnten gegenüber dem Vorjahre um 200 000 DM auf 2,1 Millionen DM gesenkt werden. Die Beitragsermäßigung war möglich, weil der OEEC aus dem Vorjahr ein Überschuß zur Verfügung stand.
Die vorgesehenen Mittel zur Deckung der Kosten der Veröffentlichungen im Rahmen der amerikanischen Wirtschaftshilfe sind durch Beschluß des Haushaltsausschusses von 350 000 DM auf 250 000 DM gesenkt worden. Der Ausschuß war der Meinung, dieser Betrag müsse mit Rücksicht auf die Einschränkung der amerikanischen Wirtschaftshilfe genügen.
Hinsichtlich der Mittel für die Förderung des Erfahrungsaustausches im Rahmen der amerikanischen Wirtschaftshilfe, die im Regierungsentwurf selber gegenüber dem Vorjahre bereits um 300 000 DM gesenkt worden sind, war der Ausschuß der Meinung, daß der vorgesehene Ansatz von 700 000 DM bestehenbleiben muß.
Das Ministerium verwaltet wie bisher das ERP- Sondervermögen. Alle Einnahmen und Ausgaben dieses Vermögens werden mit Wirkung vom 1. April 1954 nicht mehr wie bisher im außerordentlichen Haushalt des Einzelplans 24, sondern auf Grund des Gesetzes über die Verwaltung des ERP-Sondervermögens in einem besonderen Wirtschaftsplan veranlagt.
Der Haushaltsausschuß hat mit Mehrheit beschlossen, den Einzelplan 24 mit den eben vorgetragenen und aus der Anlage ersichtlichen Änderungen dem Bundestag zur Annahme zu empfehlen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich danke der Frau Berichterstatterin.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Schoettle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte als Vorsitzender des Haushaltsauschusses zu einem Titel eine allgemeine Bemerkung machen, nämlich zu Tit. 298, den Sie in allen Vorlagen des Haushaltsausschusses mit einem Sperrvermerk versehen vorfinden. Das ist der Titel „Gemeinschaftsverpflegung". Ich habe zu erklären, warum diese Mittel gesperrt sind.
Bei den Beratungen im Ausschuß hat sich ergeben, daß Meinungsverschiedenheiten zwischen den beteiligten Ressorts über die Höhe der Sätze für die Gemeinschaftsverpflegung; über die Art
ihrer Errechnung usw. bestehen. Da der Ausschuß auf dem Standpunkt stand, er dürfe sich nicht durch eine Meinungsverschiedenheit zwischen Bundesfinanzministerium und Bundesinnenministerium an der Verabschiedung hindern lassen, kamen wir zu der Auffassung und haben wir beschlossen, es bei den alten Sätzen zu lassen und diese Sätze so lange zu sperren, bis sich die beteiligten Ressorts verständigt haben. Das wollte ich Ihnen zu diesem Titel sagen, der j a in allen Einzelplänen der gleiche ist.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bergmeyer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zum Haushaltsausschuß bin ich der Meinung, daß, nachdem die Arbeiten der Washingtoner Mission mehr oder weniger ausgelaufen sind, diese Mission zum frühestmöglichen Zeitpunkt zurückgezogen werden sollte. Die Aufgaben und Arbeiten der Washingtoner Mission können meines Erachtens ohne weiteres von der Deutschen Botschaft in Washington bzw. dem Generalkonsulat in New York übernommen werden. Ich beantrage daher die Zurücknahme, d. h. die Streichung des Kap. 2403, soweit es sich auf die deutsche Vertretung in Washington bezieht.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Kalbitzer.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns in den vorigen Jahren mit dem Etat des Herrn Bundesministers Blücher für das damalige Marshallplan-Ministerium wiederholt auseinandergesetzt. Die Tragik liegt vielleicht für Herrn Minister Blücher darin, daß er bei der Konstituierung der ersten Bundesregierung 1949 keine echte ministerielle Aufgabe erhalten hat. Der damals so begrüßenswerte Marshallplan bedurfte — das ist sachlich unbestreitbar — zwar der größten politischen und wirtschaftlichen Aufmerksamkeit, aber er bedurfte keines eigenen Ministeriums. Insofern war nach unserer Meinung schon damals keine Berechtigung hierfür gegeben. Die Aufgabe des Marshallplanministeriums ist mit Auslaufen der Marshallplanhilfen laufend weiter gesunken, bis es im Jahre 1953 dazu kam, daß sich die Aufgabe dieses Ministeriums, die eine wirtschaftliche sein sollte, geradezu in ihr Gegenteil verkehrt hat. Ich meine: mit dem Beschluß des 1. Bundestages im vorigen Jahre, 250 Millionen DM aus dem Sondervermögen des Marshallplans nicht, wie es der Sinn dieses Vermögens war, zum Aufbau der Wirtschaft, für Investitionen usw. zu verwenden, sondern zur Abdeckung des Haushalts. Dabei ist die Paradoxie festzustellen, daß im vorigen Haushaltsjahr niemals eine solche Kassenklemme eingetreten ist, daß dieser Kredit tatsächlich je in Anspruch genommen werden mußte. Mit anderen Worten, durch diese Manipulation hat man der Wirtschaft langfristige Kredite in Höhe von 250 Millionen DM vorenthalten.
Ich meine, damit war das Urteil über die Politik dieses Ministeriums endgültig gesprochen.
Nun haben wir in der zweiten Bundesregierung dasselbe Ministerium unter einer anderen Bezeichnung, nämlich als Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit wiedergefunden. Niemand in diesem Hause, am allerwenigsten ich, wird für
Deutschland die Notwendigkeit bestreiten, alle Anstrengungen für internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit zu machen. Aber diese notwendigen Aufgaben ressortieren bereits in zwei großen Ministerien, erstens im Auswärtigen Amt und zweitens im Bundeswirtschaftsministerium. Es ist nicht bekanntgeworden, daß die zweite Bundesregierung etwa den Versuch gemacht hat, aus den genannten großen Ministerien besondere Aufgaben herauszulösen und sie dem Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu übertragen. Ich sehe also nicht, welche reelle Aufgabe dieses Ministerium in irgendeiner Form heute noch hat. Wenn schon die Minister ohne Geschäftsbereich, auf die noch zu sprechen zu kommen sein wird, in der Öffentlichkeit leicht hohnisch gelegentlich als „Fraktionssekretäre mit Ministerrang" bezeichnet werden, so haben sie doch gegenüber diesem Ministerium für wirtschaftliche zusammenarbeit wenigstens den Vorteil, daß sie, da sie kleiner sind, billiger sind. Das damalige ERP-Ministerium war eine Koalitionsverlegenheit. Es wäre in der zweiten Bundesregierung die Möglichkeit gewesen, aus dieser Verlegenheit herauszukommen und dem Herrn Minister Blücher eine echte ministerielle Aufgabe zuzuweisen. Das ist nicht geschehen. Wir können den taktischen Erwägungen der zweiten Kabinettsbildung nicht zustimmen. Wir müssen das hier deshalb ausdrücklich feststellen, weil die CDU in den bevorstehenden Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen offenbar die Propagandathese aufstellen will, man wolle auf Landesebene die Ministerien vermindern und so die Verwaltung und die Regierung verbilligen. Hier, wo eine echte Möglichkeit dazu vorhanden wäre, wird es nicht getan, sondern die CDU setzt sich hier im Gegenteil für ein absolut unnötiges Ministerium ein. Das stellt klar, daß es sich bei der Behauptung, im Lande Nordrhein-Westfalen die Regierungsstellen vermindern zu wollen, um Propaganda, um nichts als leere Propaganda handelt.
Da es sich also nicht um echte Aufgaben handelt, die dem Herrn Minister Blücher zugeteilt worden sind, und dieses Ministerium sich mithin nicht in echte Aufgaben einfügen läßt, ist für uns kein Grund vorhanden, diesem Ministerium im Etat unsere Zustimmung zu geben, und wir lehnen es deshalb ab.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat Herr Bundesminister Blücher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich mit wenigen Worten auf die Vorbringen beider Herren Abgeordneten antworte.
Es handelt sich zunächst um den Wunsch des Herrn Abgeordneten D r. Bergmeyer, der sich mit der Delegation in Washington beschäftigt hat. Ich brauche hier, weil ich Ihre Zeit nicht übermäßig in Anspruch nehmen darf, nicht auf die Geschichte und die geschichtlich begründete Notwendigkeit einer eigenen Vertretung in Washington hinzuweisen. Ich darf mich darauf beschränken, von heute zu sprechen. Und heute ist es allerdings so, daß ich persönlich selbstverständlich bereits aus eigenem Antriebe Washington fortgesetzt den anfallenden Geschäften angepaßt habe, was sich darin äußert, daß der Personalbestand in zwei Jahren
etwa halbiert wurde und daß er in weiteren sechs Monaten, also am 1. Oktober 1954, noch etwa ein Drittel desjenigen von 1952 sein wird.
Nun ist von dem Herrn Abgeordneten die Ansicht ausgesprochen worden, daß diese Aufgaben ohne weiteres von der diplomatischen Vertretung übernommen werden könnten. Zu meinem Bedauern muß ich feststellen, daß diese Ansicht irrig Ist. Es ist auch nicht die Ansicht der diplomatischen Mission in Washington, daß diese ausgesprochen technischen Arbeiten — wie z. B. die Arbeiten der Verschiffungsabteilung oder die Programmierung der Einfuhren, von denen heute noch etwa 92 Millionen Dollar im Überhang auslaufen — nun spezifische Aufgaben der Mitglieder einer diplomatischen Mission seien oder daß es gut sei, die diplomatische Mission auf die Dauer damit zu belasten.
Ich darf noch auf etwas anderes hinweisen. In diesem Hause ist sehr oft der Gedanke aufgeklungen, daß die Bundesrepublik mit dem Versuch zur Beseitigung der Not unserer Flüchtlinge und Vertriebenen und mit der Festigung Berlins eigentlich eine internationale Aufgabe erfülle. In demselben Maße aber, in dem wir dafür das Verständnis der Vereinigten Staaten gewinnen, werden wir auch immer wieder diese Programmierungs-, Verschiffungs- und Zahlungsabwicklung für amerikanische Einfuhren in Washington bewerkstelligen müssen. Daher besteht auch zwischen dem Auswärtigen Amte und mir völliges Einvernehmen darüber, daß wir in einer sehr übersehbaren Zeit meine bisherige Stelle in die diplomatische Vertretung überführen, daß sie aber dort ihre besondere und eigene Aufgabe behalten wird.
Wenn ich mich dann den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Kalbitzer zuwenden darf, so ist es natürlich nicht meine Aufgabe, sondern die der Gesamtregierung, zu der Frage der Zweckmäßigkeit oder Nicht-Zweckmäßigkeit meines Ministeriums Stellung zu nehmen. Ich möchte Sie nur der Vollständigkeit wegen darauf hinweisen — und ich weiß, Herr Kollege Kalbitzer, daß Sie sich gerade dieser Dinge mit sehr großem Interesse und Eifer viereinhalb Jahre angenommen haben —, daß wir ein ständig wachsendes Maß von Arbeit leisten müssen bei dem Versuch, auf gesamteuropäischer Ebene, soweit es sich um das freie Europa handelt, die Integration weiterzutreiben. Sie wissen, daß alle Arbeiten hinsichtlich der Liberalisierung, der Europäischen Zahlungsunion, der allmählichen Freizügigkeit des europäischen Arbeiters, der Vorbereitung einer echten Integration durch die Arbeit in den Vertikalausschüssen nach wie vor bei mir ebenso zusammengefaßt werden müssen wie die Verwaltung eines Sondervermögens, dessen Wirtschaftsplan auf beiden Seiten — er liegt im Augenblick dem Kabinett zur Beschlußfassung vor — im Jahre 1954 mit 1,1 Milliarde DM abschließen wird. Es ist j a doch nicht so, daß diese 250 Millionen DM, die vorübergehend in Anleihen der Bundesrepublik angelegt waren, auf die Dauer verlorengingen. Es ist auch nicht etwa so, daß sich das Sondervermögen auf diese 250 Millionen DM einmaliges Aufkommen beschränkte. Gerade Sie wissen, daß z. B. allein in den letzten vier Jahren in Zehntausenden von Einzelarbeiten der Stadt Berlin von seiten des Sondervermögens mit 2300 Millionen DM geholfen worden ist und daß das Berlin-Programm auch in diesem Jahre — und es ist sehr schwierig zu bearbeiten — wieder mit insgesamt über 300 Millionen DM in meinem Hause, was das Sondervermögen angeht, abschließen wird. Sie wissen weiter, daß der Mindestbetrag, über den in der Bundesrepublik in diesem Jahre zu entscheiden ist, nach dem Wirtschaftsplan für Neuinvestitionen 360 Millionen DM beträgt.
Nehmen Sie die unverminderte Aufgabe der Mitarbeit bei der Zusammenführung der europäischen Wirtschaft und nehmen Sie das, was ich eben sagte: mit diesen Aufgaben ist, möchte ich doch sagen — und ich spreche hier nicht für mich, aber für meine Beamten, Angestellten und Arbeiter —, der Tag dieser Leute vom Morgen bis zum Abend mit heißer und produktiver Arbeit voll angefüllt. Würde diese Arbeit nicht bei mir geleistet, so würde sie in einem anderen, dadurch unförmig anschwellenden Hause zu leisten sein. Ob das faktisch eine Verbilligung wäre, darüber habe ich als Wirtschaftler allerdings meine eigene Ansicht. Ich bezweifle das.
Ich darf damit abschließen und nur noch eines versichern: In Washington — worüber Herr Kollege Bergmeyer gesprochen hat — sind die fortwährenden Minderungen der Ausgaben z. B. so zur Auswirkung gekommen, Herr Kollege Bergmeyer, daß im Jahre 1953, soweit man das heute übersehen kann, allein in Washington 700000 DM, also mehr als ein Drittel des Haushaltsansatzes, eingespart worden sind. Wir tun schon das, was nötig ist und wozu wir gegenüber dem öffentlichen Vermögen verpflichtet sind.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Vogel.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Auftrage meiner Fraktion möchte ich feststellen, daß die Fraktion der CDU/CSU den Aufgabenbereich des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit durchaus bejaht und auch in der Funktion des Ministers als Koordinator der wirtschaftlichen Zusammenarbeit innerhalb des Kabinetts eine überaus nützliche und ersprießliche Tätigkeit für ihn sieht.
Was die Ausführungen meines Fraktionskollegen Bergmeyer anbelangt, so möchte ich sie dahin interpretieren und ergänzen, daß wir mit Befriedigung davon Kenntnis genommen haben, daß Herr Minister Blücher vor dem Hohen Hause erklärt hat, daß die Arbeiten seiner Delegation in Washington auslaufen. Wir möchten allerdings hoffen, daß die Zeit dieses Auslaufens sich auf ein Jahr beschränkt; denn wir sind aus Prinzip der Anschauung, daß die auswärtigen Vertretungen des deutschen Volkes nur in einem Ressort vereinigt sein und nicht in zwei Ressorts auf die Dauer zersplittert nebeneinander laufen können.
Die Existenz der Washingtoner Delegation und der Pariser Delegation hat ihre historische Begründung in der Tatsache, daß diese Aufgaben zur Zeit des Wirtschaftsrates in einem ungeahnt viel größeren Maß bewältigt werden mußten. Infolgedessen waren diese Ämter früher da als das Auswärtige Amt. Dieses Nebeneinander ist nun, nachdem das Auswärtige Amt seine Funktion voll übernehmen konnte, überholt, und wir möchten glauben, daß es deswegen angebracht wäre, so schnell wie möglich hier einen Zustand zu schaffen, wie er in allen anderen Nationen üblich ist, nämlich die Vereinigung der auswärtigen Missionen in einem Ressort.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Weitere Wort-. meldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Einzelberatung zu Einzelplan 24.
Der Abgeordnete Dr. Bergmeyer hat vorhin mündlich den Antrag gestellt, Kap. 2403 zu streichen. Ich hätte Bedenken gehabt, diesen Antrag se entgegenzunehmen und abstimmen zu lassen, weil in der Position 2403 auch die Pariser Vertretung einbegriffen und dieses Kapitel nicht auseinandergezogen ist, inzwischen ist der Antrag aber folgendermaßen formuliert worden:
Die Vertretung der Bundesrepublik bei der FOA in Washington wird zum frühest möglichen Zeitpunkt aufgelöst.
Der Antrag hat damit den Charakter einer Entschließung bekommen. Ich nehme an, daß die Fraktion der CDU/CSU ihn unterstützt;
denn nach der Vorschrift muß er ja von mindestens 15 Abgeordneten unterstützt werden. -- Das geschieht. Abgestimmt wird aber heute nicht darüber, sondern nach der bindenden Vorschrift des § 95 der Geschäftsordnung wird über derartige Entschließungsanträge erst in dritter Lesung abgestimmt. Ich kann ihn also bis zu dritten Lesung zurückstellen.
Ich komme jetzt zur Abstimmung über den Haushaltsplan Einzelplan 24, den Haushalt des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit, wie er Ihnen im Ausschußbericht Drucksache 366 vorliegt. Wer dafür ist, daß er in dieser Form angenommen wird, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Mit Mehrheit angenommen. Damit ist dieser Einzelplan in zweiter Lesung verabschiedet.
Ich rufe auf:
Einzelplan 04 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — .
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Blank . Ich erteile ihm das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Bereich des Einzelplans 04, über den ich dem Hohen Hause im Auftrage des Haushaltsausschusses in den letzten Jahren regelmäßig zu berichten die Ehre hatte, haben sich gegenüber den früheren Jahren verhältnismäßig geringe Änderungen ergeben. Wir können hier feststellen, daß die Personalausstattung, insbesondere im Bundeskanzleramt selbst, praktisch so gut wie zum Abschluß gekommen ist. Die verhältnismäßig geringfügigen Vermehrungen der Planstellen im Kap. 0401 beziehen sich auf insgesamt 6 Stellen, von denen 4 durch die Umwandlung von bisherigen Arbeiterstellen, dem Charakter des Hauses entsprechend, zu erklären sind. Im übrigen sind Vermehrungen nur bei der Position der Oberregierungsräte und bei der Position der Amtsräte — um je eine Stelle — zu verzeichnen. Die Sachausgaben haben sich im Bereich des Kap. 0401 ebenfalls kaum geändert. Der Haushaltsausschuß hat denn auch diesem Kapitel der Regierungsvorlage zugestimmt und irgendwelche Änderungen hierzu dem Hohen Hause nicht vorzuschlagen. Über die besondere Situation bei Tit. 298 — Zuschuß zur Gemeinschaftsverpflegung — hat der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Herr Kollege Schoettle, die notwendigen Ausführungen bereits gemacht.
Unter den einmaligen Ausgaben des Kap. 0401 befinden sich ihrem Charakter entsprechend natürlich einige neue Posten. Die Ausstattung war zu ergänzen, und insbesondere war ein Notstromaggregat für das Haus Schaumburg anzulegen, um es in Notfällen von der öffentlichen Stromversorgung unabhängig zu machen. Im übrigen muß der Neubau, auf den ich noch zu sprechen komme, natürlich auch mit den erforderlichen Möbeln usw. ausgestattet werden.
Ich kann dann gleich zu Kap. 0403 — Presse und Informationsamt der Bundesregierung — übergehen. Dazu habe ich dem Hohen Hause folgendes vorzutragen. Über die Aufgaben des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung brauche ich nichts zu sagen. Sollte ein Kollege unter uns sein, der darüber noch nicht hinlänglich unterrichtet ist, steht es ihm frei, im Vorwort des Einzelplans 04 Entsprechendes nachzulesen.
Im ganzen sind auch hier im Bereich der Personalausgaben die Veränderungen außerordentlich geringfügig. Es war notwendig, auf bestimmten Gebieten eine gewisse Verstärkung vorzunehmen. Es ist dem Haushaltsausschuß bekannt, daß erheblich größere Wünsche seitens des Amtes bestanden haben, daß aber dann im Wege der Verhandlungen mit dem Finanzminister nur eine Vermehrung um insgesamt 8 Angestelltenstellen herausgekommen ist, während die Zahl der beamteten Angehörigen der Dienststelle unverändert bleibt. Die Erhöhungen, die sich in den Personaltiteln ergeben, sind also in erster Linie auf die Besoldungserhöhung zurückzuführen, wie sie sich in allen Haushalten findet.
In den Sachausgaben ist sogar eine geringe Verminderung eingetreten. Die allgemeinen Ausgaben allerdings haben eine wesentliche Erhöhung erfahren, indem der vorjährige Tit. 300 in Höhe von. 5,5 Millionen auf 10 Millionen DM erhöht werden soll. Der Haushaltsausschuß hat entsprechend diesem Antrag der Bundesregierung mit Mehrheit beschlossen. Die Erhöhung dieses Ansatzes dient einer Intensivierung der Arbeit besonders nach dem Ausland, die auf Grund der politischen Entwicklung zur Wahrnehmung elementarer Informationsbelange der Bundesrepublik dringend geboten ist. Außerdem werden die Mittel zur Erforschung der öffentlichen Meinung in Deutschland von dem Vorjahresansatz von 54 000 auf insgesamt 100 000 DM erhöht, da diese Form der Meinungserforschung sich als außerordentlich zuverlässig und zweckmäßig erwiesen hat. Mit Rücksicht darauf, daß erstmals keine einmaligen Ausgaben für die Anschaffung und Installation von technischen Geräten mehr veranschlagt zu werden brauchen, wird schließlich ein neuer Tit. 307 mit einem Ansatz von DM 90 000 zu dem Zwecke ausgebracht, die technischen Geräte, Installationen und Antennen für den Funkaufnahme- und Fernschreibedienst einschließlich der Funkempfangsstelle auf dem Kreuzberg zu unterhalten und unter Berücksichtigung der technischen Entwicklung zu ergänzen. Dementsprechend erfahren, wie schon gesagt, die einmaligen Ausgaben eine wesentliche Verminderung.
Insgesamt ergibt sich bei dem Kap. 0403 gegenüber dem Vorjahr ein um 4,572 Millionen DM erhöhter Zuschußbedarf. Er ist in der Hauptsache
auf den schon erwähnten Titel für die public relations und die Informationsarbeit zurückzuführen.
Ich darf dann, indem ich mir vorbehalte, auf den außerordentlichen Haushalt am Schluß für sämtliche Kapitel zurückzukommen, zur Dienststelle Blank -- Kap. 0404 —, Außenstelle Koblenz --- Kap. 0405 — übergehen und erwähnen, daß auch im Haushaltsausschuß erörtert worden ist, ob nicht allein aus Gründen der Zeitersparnis die außerordentlich lange Dienstbezeichnung dieser Stelle, die ja im übrigen den augenblicklichen Verhältnissen nicht mehr völlig entspricht, umgestaltet werden könne. Es ist von einer solchen Umbenennung, nachdem sich für den Dienstgebrauch der Ausdruck „Dienststelle Blank" endgültig eingebürgert hat, abgesehen worden, weil ja die Hoffnung und die Aussicht besteht, daß das Leben dieser Dienststelle in dieser Form nicht mehr allzu lange andauern wird, wenn endlich die Entscheidung über die Verträge gefallen ist.
Die finanziellen Auswirkungen nur relativ geringfügiger Änderungen innerhalb der Stellenpläne sind entsprechend niedrig. Wir haben eine Zunahme — und ich darf das gleich auf beide Kapitel ausdehnen — wiederum durch die 20% ige Erhöhung der Bezüge der Bediensteten, die diesmal in vollem Umfange in den zuständigen Kapiteln und Titeln selbst zum Ausdruck kommt. Eine wesentliche Änderung gegenüber der bisherigen Regelung ergibt sich allerdings daraus, daß für die Dienststelle Blank ein Staatssekretär in der Besoldungsgruppe B 2 vorgeschlagen ist. Der Haushaltsausschuß hat diesem Antrage der Regierung, zur Entlastung des Leiters der Dienststelle einen Staatssekretär einzusetzen, mit Mehrheit zugestimmt.
Aus Zweckmäßigkeitsgründen haben sich gewisse Verschiebungen zwischen der Dienststelle Blank in Bonn und der Außenstelle Koblenz ergeben. Bei näherem Zusehen werden Sie feststellen, daß entsprechend der Verminderung der Zahl der Stellen bei den Angestellten in Bonn eine Erhöhung der Stellenzahl in Koblenz vorgenommen worden ist.
Eine wesentliche Veränderung gegenüber der Regierungsvorlage ergibt sich beim Tit. 104 aus dem Grunde, weil einem Wunsche des Haushaltsausschusses und — das darf ich hier hinzufügen — auch des Ausschusses dieses Hohen Hauses für Fragen der europäischen Sicherheit entsprechend eine größere Anzahl von sogenannten Gutachtern, die nun schon seit zwei und mehr Jahren dauernd bei der Dienststelle beschäftigt waren, aber noch keinen regulären Angestelltenstatus hatten, nunmehr diesen Angestelltenstatus und einen Vertrag als Angestellte erhalten haben. Dadurch ergibt sich eine nominelle Erhöhung der Personalaufwendungen beim Tit. 104 und eine entsprechende wesentliche Senkung des ehemaligen mit 700 000 DM bemessenen Titels für Sachverständigengutachten.
Im ganzen sind aber entsprechend dem Wartezustand, in dem sich die ganze Institution, ich glaube zum Bedauern auch aller Mitglieder dieses Hauses, immer noch befinden muß, die hier vorgesehenen Änderungen gering, und ich habe den Auftrag des Haushaltsausschusses, dem Hohen Hause die Genehmigung auch dieser beiden Kapitel vorzuschlagen.
Ich darf dann noch mit einigen Worten auf den außerordentlichen Haushalt eingehen. Sie finden in der Drucksache 354, d. h. also dem Mündlichen
Bericht des Haushaltsausschusses zum Einzelplan 04, auf der letzten Seite, daß für den Ergänzungsbau für das Bundeskanzleramt selbst ein dritter Teilbetrag von 1,485 Millionen DM eingesetzt worden ist. Es handelt sich dabei um das Dienstgebäude, das errichtet werden muß, um das Museum König seiner alten Bestimmung wieder zuzuführen und die dort untergebrachten Teile des Bundeskanzleramtes nunmehr in einem eigenen Dienstgebäude unterzubringen.
Für den Neubau des Dienstgebäudes für das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, das zugegebenermaßen zur Zeit in der Ermekeilkaserne sehr unzweckmäßig und schlecht untergebracht ist, hat das Hohe Haus schon in den beiden letzten Jahren im außerordentlichen Haushalt wesentliche Teile bewilligt. Insgesamt stehen dafür, ohne daß bisher mit dem Bau begonnen wurde, 4,1 Millionen DM zur Verfügung. Um das Gebäude zu vollenden, werden weitere 950 000 DM erforderlich sein. Diese werden aber im laufenden, am 1. April begonnenen Haushaltsjahr nicht benötigt. Infolgedessen finden Sie unter dem Kap. A 0403 Tit. 710, Neubau eines Dienstgebäudes für das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, für dieses Haushaltsjahr keinen Ansatz.
Ich habe die Ehre, das Hohe Haus namens des Haushaltsausschusses um die Zustimmung zum Einzelplan 04 zu bitten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir treten in die Beratung ein. Das Wort hat der Abgeordnete Mellies.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion beabsichtigt nicht, im Rahmen der Beratung des Haushalts des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramts eine große politische Aussprache durchzuführen. Wir werden aber genau wie bei einer Reihe von Einzelplänen einige Fragen anzuschneiden haben, die unseres Erachtens bei der Beratung des Haushaltsplanes unbedingt besprochen werden müssen.
Vor etwa drei Jahren wurde der Herr Bundeskanzler im Haushaltsausschuß dieses Hauses einmal gefragt, ob mit der baldigen Ernennung eines Außenministers zu rechnen sei. Der Bundeskanzler hat damals sinngemäß darauf geantwortet, daß er es in Anbetracht der damaligen Situation für zweckmäßig halte, wenn das Amt des Bundeskanzlers und das Amt des Außenministers noch für eine gewisse Zeit in einer Hand vereinigt blieben. Sobald es die politische Situation gestatte, werde er aber einen Außenminister ernennen, zumal niemand etwas über seine Kraft hinaus leisten könne. Unter den Abgeordneten ist damals gleich die Preisfrage gestellt worden, ob wohl der 1. Bundestag noch die Ernennung eines Außenministers erleben werde. Kaum jemand hat damals gewagt, diese Frage mit Ja zu beantworten,
und diejenigen, die die Frage von vornherein mit einem klaren Nein beantworteten, haben recht behalten.
Sie wissen, meine Damen und Herren, daß diese Frage bei der Regierungsbildung nach der Neuwahl des Bundestages wieder diskutiert wurde. Man war doch wohl auch in den Reihen der Regierungsparteien der Auffassung, daß es an der Zeit
sei, einen Außenminister zu berufen. Ein verehrter Kollege dieses Hauses hatte ja schon gegenüber der Presse angedeutet, daß sein Name im Zusammenhang mit der Ernennung eines Außenministers genannt worden sei.
Aber er mußte sich wenige Stunden später auf dem sicher sehr ungewöhnlichen Weg über das Bundespresseamt sagen lassen, daß auch der zukünftige Außenminister Adenauer heißen werde.
Die Mängel, die sich aus der Vereinigung der beiden Ämter ergeben, sind in den letzten Jahren wiederholt in Erscheinung getreten. Der Herr Bundeskanzler hat ja nicht nur diese beiden Aufgaben übernommen; er hat ja, wie wir es soeben in der Berichterstattung gehört haben, in seinem Haushalt immer noch die Dienststelle Blank und erledigt sozusagen auch noch die Aufgaben der Wehrpolitik. Aber wir glauben, daß in einer solch schwierigen politischen Situation, wie sie auf allen Gebieten für die Bundesrepublik gegeben ist, der Bundeskanzler mit der ihm nach dem Grundgesetz zugewiesenen Aufgabe sicher genügend zu tun hätte. Nach dem Grundgesetz bestimmt der Bundeskanzler die Richtlinien der Politik, und wir glauben, daß diese Aufgabe in der gegenwärtigen Zeit eine volle Kraft in Anspruch nimmt.
Durch die jetzt bestehende Personalunion müssen letzten Endes alle Aufgaben leiden, die zu erfüllen sind.
Sie wissen ja alle, wenn der Bundeskanzler abwesend war — vor allen Dingen aber während der
Wochen, in denen er vor kurzem in Griechenland und in der Türkei war —, zeigten sich eine große Führungslosigkeit und ein großes Durcheinander hier in Bonn.
Vielleicht, Herr Bundeskanzler, haben Sie es als einen gewissen persönlichen Triumph genossen, daß sich während Ihrer Abwesenheit sofort eine starke Desorganisation und Entschlußlosigkeit in der Regierung bemerkbar machten,
aber für das Parlament und für das Volk ist doch entscheidend, daß die Sache dann erheblichen Schaden nimmt.
Sie wissen besser, als ich es weiß, welche protokollarischen Schwierigkeiten aus der Tatsache entstanden sind, daß der Regierungschef gleichzeitig das Amt des Außenministers übernommen hat. Herr Bundeskanzler, Sie mögen das vielleicht nicht sehr hoch veranschlagen, aber Sie werden nicht abstreiten können, daß die Vorgänge bei der Tagung des Ministerrats in Brüssel und auch kürzlich bei der Zwischenlandung in Paris während Ihrer letzten Reise nicht gerade geeignet waren, dem Ansehen des Chefs der Regierung der Bundesrepublik und damit auch dem Ansehen des deutschen Volkes zu dienen.
In der Debatte über die Regierungserklarung ist von allen Seiten zum Ausdruck gebracht worden — und ich glaube, wir haben heute morgen gesehen, daß diese Annahme stimmt —, daß der 2. Deutsche Bundestag in außenpolitischen Fragen wahrscheinlich vor noch größeren und schwierigeren Entscheidungen stehen wird, als das beim 1. Bundestag der Fall gewesen ist. Es scheint uns unerträglich, daß in einer solchen Zeit ein Außenminister nicht mit seiner vollen Arbeitskraft für die Außenpolitik zur Verfügung steht.
Nun zu einem zweiten Kapitel. Während des Wahlkampfes hat der Herr Bundeskanzler in der Auseinandersetzung mit der Sozialdemokratie gezeigt, daß er offenbar nicht das Maß kennt, das überhaupt solchen Auseinandersetzungen gesetzt ist, das vor allen Dingen aber für den Chef der Regierung besteht.
Niemand wird dem Bundeskanzler oder den Bundesministern das Recht der sachlichen und auch harten Auseinandersetzung während des Wahlkampfes bestreiten. Aber es dürfte doch wohl zum erstenmal in der Geschichte vorgekommen sein, daß dem Regierungschef durch ein Gericht verboten werden mußte, Behauptungen zu wiederholen und weiter zu verbreiten.
Es dürfte auch wohl das erste Mal sein, daß ein Regierungschef nach dem Wahlkampf gezwungen war, diese Behauptungen mit dem Ausdruck des Bedauerns zurückzunehmen.
Meine Damen und Herren, der Fall liegt nicht nur deshalb schwer, weil er den Chef der Regierung betraf, die Angriffe des Bundeskanzlers sind auch deshalb besonders hart zu be- und verurteilen, weil ihm wie keinem anderen Politiker in der Bundesrepublik die Möglichkeit gegeben war, die Echtheit der ihm zugetragenen Nachrichten zu überprüfen.
Ihm standen neben dem Verfassungsschutzamt und dem Bundeskriminalamt sicher auch die entsprechenden Einrichtungen der Länder zur Verfügung, und er hätte innerhalb weniger Stunden feststellen können, ob die ihm gemachten Mitteilungen auch der Wahrheit entsprachen.
Er hat das nicht getan und hat damit der Demokratie und dem deutschen Volke einen schlechten Dienst erwiesen.
Herr Bundeskanzler, Sie haben in Ihrem Eid hier vor dem Hause gelobt, daß Sie Gerechtigkeit gegen jedermann üben werden. Ich glaube nicht, daß die Angriffe gegen die Sozialdemokratie während des Wahlkampfes mit dieser Pflicht des Bundeskanzlers zu vereinbaren sind.
Meine Damen und Herren, wir hätten wahrscheinlich diese Dinge heute nicht mehr zur Erörterung gebracht, wenn der Bundeskanzler nicht nach der Wahl durch seine Rede in Camberg in Hessen gezeigt hätte, daß er anscheinend gewillt ist, in der von ihm während des Wahlkampfes geübten Praxis fortzufahren. Selbst wenn hier im Parlament und auch draußen in der politischen
Öffentlichkeit scharfe und harte Auseinandersetzungen über die Zweckmäßigkeit und Richtigkeit der Politik stattfinden, darf doch der Kanzler nie vergessen, daß er als Regierungschef Verpflichtungen gegenüber dem gesamten Volke, also auch gegenüber der Opposition und den Länderregierungen, hat.
Wir hoffen, daß wir solche unangenehme Dinge in diesem Hause nicht noch einmal zur Erörterung stellen müssen. Würde es der Fall sein, dann würde sich leider zeigen, daß für den Regierungschef parteipolitische Erwägungen vor den Notwendigkeiten des Staates und vor der Notwendigkeit, eine wirklich gesunde Demokratie aufzubauen, stehen.
Einige Bemerkungen zur Dienststelle Blank. Sie ist durch den Fall Heinz in den letzten Wochen stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt, als das gut und zweckmäßig ist. Unseres Erachtens hat es hier von vornherein an einer klaren Stellungnahme der Dienststelle gefehlt. Gewiß wird mir jetzt entgegengehalten, daß man einer Verdunkelungsgefahr nicht Vorschub leisten dürfe und in ein schwebendes Verfahren nicht eingreifen könne. Aber, meine Damen und Herren, man soll die vorhandenen Tatsachen der Offentlichkeit in einem solchen Falle möglichst rasch unterbreiten. Im Sicherheitsausschuß des Bundestages hat die Dienststelle Blank j a eine Darstellung des Falles gegeben. Wir wünschten nur, auch andere Ministerien wären so schnell bereit, über unangenehme Vorkommnisse den Ausschüssen des Bundestages zu berichten.
Aber die gegenwärtige Entwicklung zeigt doch wohl, daß man entweder in der Dienststelle Blank selbst damals bei der Berichterstattung den ganzen Zusammenhang noch nicht gekannt hat oder den Ausschuß nicht in der notwendigen Ausführlichkeit unterrichtet hat.
In den letzten Tagen ist in der Öffentlichkeit erörtert worden, politische Drahtzieher wollten den Fall Heinz wahrscheinlich benutzen, um eine ihnen notwendig erscheinende personelle Änderung in der Spitze der Dienststelle zu erreichen. Sollte das der Fall sein, meine Damen und Herren, so würde dies wohl zu einem nicht sehr angenehmen politischen Skandal führen.
Nun noch eine Bemerkung zu den Nachrichtendiensten im allgemeinen. Sie sind stets ein schwieriges und heikles Kapitel; das wissen wir alle, und darüber brauche ich nicht viel Worte zu machen. Ebenso wissen wir, daß sie im Interesse des Volkes und des Staates bei der Unvollkommenheit der menschlichen Einrichtungen und der menschlichen Ordnung nicht entbehrt werden können. Aber bei den schwierigen Aufgaben und bei den Gefahren, die damit verbunden sind, kommt es darauf an, daß eine sorgfältige Auswahl der Persönlichkeiten erfolgt und eine fortgesetzte Beobachtung dieser Tätigkeit nicht vernachlässigt wird. Weiter muß unseres Erachtens unbedingt darauf gehalten werden — ich möchte das mit einigem Nachdruck aussprechen —, daß die innenpolitischen Dienste nicht mit den militärischen Nachrichtendiensten verquickt werden oder daß die beiden Aufgaben gar durch eine Hand wahrgenommen werden.
Eine saubere und scharfe Trennung ist hier aus staatspolitischen Erwägungen ein dringendes Gebot. Und noch einer anderen Gefahr muß gerade bei der gegenwärtigen deutschen Situation auf alle Fälle vorgebeugt werden: zu politischen Abenteurern oder zu Gruppen, die Terror- oder Sabotageakte organisieren wollen, darf von den Nachrichtendiensten keinerlei Verbindung bestehen oder aufgenommen werden.
Meine Damen und Herren, in den Haushaltsplänen stehen eine Anzahl Fonds, für die erhebliche Millionenbeträge ausgeworfen sind. Die Rechnungslegung würde nach den Erläuterungen im Haushaltsplan nur von dem Präsidenten des Bundesrechnungshofes überprüft werden. Diese Fonds sind — das möchte ich ganz offen sagen — eine ebenso unangenehme Notwendigkeit wie die Nachrichtendienste. Die Rechnungslegung kann nicht in derselben Weise erfolgen wie generell beim Haushaltsplan. Wir glauben aber, daß im Interesse der parlamentarischen Kontrolle dringend geboten ist, einer eng begrenzten Zahl von Parlamentsmitgliedern Kenntnis von der Verwendung der Gelder zu geben.
Wir sind der Ansicht, daß jede Regierung im wohlverstandenen eigenen Interesse auf eine solche eng begrenzte Kontrolle Wert legen sollte.
Deshalb haben wir den Antrag Umdruck 28 eingebracht und bitten Sie, diesem Antrag Ihre Zustimmung zu geben.
Zusammenfassend darf ich noch einmal sagen: Wir hoffen, daß in absehbarer Zeit durch die Ernennung eines Außenministers der Bundeskanzler entlastet wird, wie es im Interesse der Arbeit, im Interesse des deutschen Volkes und der deutschen Politik unbedingt erforderlich ist. Denn nur dann wird der Herr Bundeskanzler die Möglichkeit haben, sich voll und ganz der entscheidenden und wichtigen Aufgabe zu widmen, nämlich die Richtlinien der Politik zu bestimmen, und zwar nicht nur außenpolitisch, sondern auch innenpolitisch.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete M e 11 i e s hat zunächst an mir als Bundeskanzler und Außenminister Kritik geübt. Er hat dann den Bundeskanzler — ich nehme an, unabsichtlich — weiter kritisiert, obgleich es sich um Dinge handelte, die ich als Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Union getan habe.
— Ich weiß nicht, was darüber zu lachen ist.
Ich werde doch wohl in einem Parteikampf als Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Union auch auftreten und reden dürfen!
— Wenn Sie dieses Auftreten und Reden einige Millionen Stimmen gekostet hat, dann bin ich sehr froh darüber.
Ich rede — —
— Ich verstehe nicht, daß Sie niemals einen anderen anhören können. Hören Sie doch mal einen anderen auch an! Ich habe doch alles angehört, was Herr Mellies gesagt hat, ohne überhaupt mit der Wimper zu zucken.
Aber, meine Damen und Herren, ich möchte jetzt als Bundeskanzler auf das antworten, was Herr Mellies zum Bundeskanzler gesagt hat. Ich werde im Laufe der Debatte auf das antworten, was er gegen den Vorsitzenden und den Abgeordneten gesagt hat. Ich möchte diese Dinge auseinanderhalten.
Der Herr Abgeordnete Mellies hat den dringenden Wunsch ausgesprochen, ich möge. als Bundeskanzler baldmöglichst dafür sorgen, daß ein Bundesaußenminister ernannt werde. Er hat auf Erklärungen zurückgegriffen, die ich früher abgegeben habe. Ich halte diese Erklärungen vollinhaltlich aufrecht. Aber auch Herr Mellies — ich schätze ihn als einen Mann, der, wenn er will, die Dinge sachlich beurteilen kann —
3' würde, wie ich glaube, wenn er in meiner Haut steckte, einstweilen auch die Haut des Bundesaußenministers anbehalten;
denn Pferde wechselt man nicht mitten im Strom; erst muß ein gewisser Abschnitt der Entwicklung vollendet sein. Das habe ich damals gesagt, und dabei bleibe ich.
Wenn der Herr Kollege Mellies von einer Verschiebung von Brüssel spricht, die auf mich zurückzuführen sei, so ist er völlig im Irrtum.
— Ja, dann habe ich Sie falsch verstanden.
Na, meine Damen und Herren, das passiert Ihnen doch auch einmal. Und was Herr Kollege Mellies mit den Vorgängen in Paris gemeint hat, ist mir völlig schleierhaft. Ich weiß überhaupt nicht, inwiefern da ein Vorwurf gemacht werden kann. Aber wenn Herr Mellies mit den Worten schließt, daß es im Interesse der Arbeit und des deutschen Volkes notwendig sei, diese Ämter jetzt zu trennen, dann möchte ich demgegenüber feststellen, daß das deutsche Volk, wie ich glaube, mit dieser Arbeit, und das hat es am 6. September gezeigt, durchaus zufrieden ist.
Nun, meine Damen und Herren, möchte ich als ( Abgeordneter sprechen. Ich weiß nicht, ob ich mich dann erst wieder zum Wort melden muß oder ob es die Geschäftsordnung zuläßt, daß ich jetzt als Abgeordneter spreche.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte, Herr Bundeskanzler.
Also, der Herr Präsident hat entschieden.
Ich möchte jetzt als Abgeordneter feststellen, daß ich auf dem Parteitag der hessischen CDU in Cam-berg nicht als Bundeskanzler, sondern als Vorsitzender der CDU der Bundesrepublik Deutschland gewesen bin und gesprochen habe
und daß allerdings auf diesem hessischen Parteitag eine solche Entrüstung über die SPD in Hessen, über die Art und Weise,
wie sie dort die Regierung handhabt, bestand, daß ich mich darüber außerordentlich gewundert habe. Meine Damen und Herren, wenn das wahr ist — ich habe darüber später mit dem Herrn Ministerpräsidenten Zinn gesprochen —, was dort über eine Rede des Herrn Ministerpräsidenten Zinn im Zusammenhang mit den Vorgängen des 17. Juni gesagt worden ist, dann würde allerdings kein Wort scharf genug sein, um das zu tadeln.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Lassen Sie doch den Herrn Bundeskanzler als Abgeordneten sprechen!
Also, meine Damen und Herren,
es ist sehr gut, wenn Sie meine Methode kennenlernen; lernen Sie doch etwas dazu!
Ich denke, bei der Beratung des Haushaltsplans des Bundeskanzlers brauchen wir über den hessischen Parteitag der CDU in Camberg nicht so viel zu sprechen.
— Ich bin doch von Herrn Abgeordneten Mellies darauf angesprochen worden. Ich habe nun geantwortet, habe sehr kurz geantwortet.
— Wenn es dort gesagt wird, kann ich doch nicht erklären: Es ist wahr oder es ist unwahr. Das ha-
ben mir Leute gesagt, die genau so viel Ehre im Leibe haben wie Sie.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wie soll man denn anders formulieren, wenn man einen historischen Tatbestand schildert!
Meine Damen und Herren!
— Ich habe nichts mit Bedauern zurückzunehmen.
— Ich habe nichts mit Bedauern zurückzunehmen. Wenn ich auf dem Parteitag falsch unterrichtet worden wäre, würde ich das zurücknehmen; aber bisher ist mir der Nachweis dafür, daß die Behauptungen auf dem Parteitag falsch waren, nicht erbracht worden.
— Ich meine, Sie müssen sich doch allmählich daran gewöhnen, einmal einen anderen anzuhören. Das ist doch parlamentarisch,
ist im übrigen auch demokratisch.
Zur Demokratie gehört wirklich, daß man so viel Geduld hat, den anderen ruhig anzuhören; das gehört dazu.
Was nun den anderen Angriff gegen mich angeht, so kann ich sagen, daß die Unterrichtung, die mir zuteil geworden war, nicht richtig war. Als mir das mitgeteilt worden ist, habe ich nicht gezögert, diese Behauptung zurückzuziehen.
Wenn das jeder im politischen Wahlkampf täte,
wenn er die Behauptungen zurückzöge, falls er
sich davon überzeugt, daß sie nicht richtig sind,
dann würden die notwendigen Auseinandersetzungen besser verlaufen. Das käme auch dem parlamentarisch-demokratischen Gedanken zugute.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Deist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat auf Umdruck 32 den Antrag gestellt, beim Presse- und Informationsfonds des Herrn Bundeskanzlers eine Kürzung um 4 Millionen DM vorzunehmen. Dieser Antrag steht in engem Zusammenhang mit unserem Antrag auf Umdruck 30, in dem wir zum Etat des Herrn Bundeswirtschaftsministers die Einstellung eines Betrags von 4 Millionen DM für Belegschaftsmitglieder des Eisenerzbergbaus, die von Stillegung betroffen sind, beantragen. Umdruck 32 ist daher gewissermaßen die Deckungsvorlage für den Antrag Umdruck 30, und Umdruck 30 selbst ist die Begründung für den Antrag auf Umdruck 32. Unter diesen Umständen bitte ich den Herrn Präsidenten, die Begründung beider Anträge zusammenfassen zu dürfen; sie gehören sachlich zusammen.
In den letzten Wochen und Monaten bekommen wir aus allen Teilen Deutschlands, in denen Eisenerzbergbau getrieben wird, alarmierende Nachrichten darüber, daß zahllose Entlassungen vorgenommen werden, daß Stillegungen von ganzen Zechen erfolgen müssen und daß Feierschichten in einem Ausmaß verfahren werden, das kaum noch tragbar erscheint.
Im Salzgitter-Gebiet sind von einer Belegschaft von etwa 5000 Mann insgesamt 500 entlassen worden. Seit dem Sommer des vergangenen Jahres werden ständig etwa vier Feierschichten verfahren. Das hat dazu geführt, daß insgesamt etwa 500 gerade der jüngsten und kräftigsten Bergleute, die für die Zukunftsentwicklung dieses Gebietes kaum entbehrt werden können, freiwillig abgekehrt sind.
Im Siegerland haben bei einer Belegschaft von insgesamt 5000 Mann bisher 1000 Mann die Kündigung erhalten. Das sind 20 % der Belegschaft, die ihre Arbeit und ihr Brot verlieren.
Wir müssen uns darüber klar sein, daß der Eisenerzbergbau in Gebieten betrieben wird, in denen das sonstige gewerbliche und industrielle Leben in der Regel schwach entwickelt ist, und daß daher von den Folgen solcher Maßnahmen nicht nur die Belegschaftsmitglieder, sondern die ganze Umgebung betroffen wird. Schließlich sollten wir angesichts derartiger Entlassungen im Salzgitter-Gebiet nicht vergessen, daß dies ein Gebiet an der Zonengrenze ist, dem politisch eine außerordentliche Bedeutung zukommt, und daß die dort getroffenen Maßnahmen geradezu politisches Sprengpulver sind.
Man kann diese Vorgänge im deutschen Eisenerzbergbau nicht behandeln, ohne die Zusammenhänge mit der Eisen- und Stahlindustrie zu sehen. Denn diese krisenhaften Erscheinungen innerhalb des Eisenerzbergbaus sind darauf zurückzuführen, daß die Anforderungen der Eisen- und Stahlindustrie an den Erzbergbau in einem Ausmaß zurückgegangen sind, angesichts dessen wirtschaftlicher Bergbau einfach nicht mehr zu führen ist. Der Versand an Eisenerz aus dem Salzgitter-Gebiet an die Ruhr — auf Ruhrerz bezogen — ist z. B. um 45 % und der Versand aus dem Siegerland um etwa 33 1/3 % zurückgegangen.
Das bedeutet Veränderungen in der Beschäftigung im Eisenerzbergbau, die untragbar sind.
Ich habe nicht die Absicht, an dieser Stelle etwa die gesamte Eisen- und Stahlpolitik Deutschlands
und ihr Verhältnis zur Politik der Montan-Union zur Debatte zu stellen. Meine Fraktion wird durch eine Große Anfrage Gelegenheit geben, in Kürze dieses ganze Problem ausführlich zu diskutieren. Es scheint mir aber doch wichtig zu sein, einen kleinen Rückblick darauf zu werfen, in welchem Umfang diese Maßnahmen im Eisenerzbergbau mit der Entwicklung in der deutschen Eisen- und Stahlindustrie in Verbindung stehen. Ich freue mich, daß ich über diese Zusammenhänge, über die es an der Ruhr nur eine Meinung gibt, einige Ausführungen machen kann.
Ein Teil der Einschränkungen, die im Eisenerzbergbau notwendig geworden sind, ist auf die Rückentwicklung und die Stagnation in der Eisen-und Stahlindustrie zurückzuführen. Wenn wir die Gründe für diese Stagnation untersuchen, dann finden wir, daß sie zumindest zum Teil auf folgende Ursachen zurückzuführen ist. Im August des Jahres 1952 hat der Herr Bundeswirtschaftsminister einen Versuch unternommen, die Eisen- und Stahlpreise auf ein niedrigeres Niveau zu senken. Man wird dem Herrn Bundeswirtschaftsminister zugeben müssen, daß dieser Versuch in jener Zeit sicherlich eine gewisse Berechtigung hatte. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat aber ein völlig untaugliches Mittel zu einer solchen Senkung der Preise angewandt, indem er im August 1952 vorzeitig die gesamten Eisen- und Stahlzölle gesenkt und damit eine Überschwemmung des deutschen Eisenmarktes mit 1 bis 1,5 Millionen t herbeigeführt hat, die nicht unwesentlich zu einer Verschärfung der Situation in der Eisen- und Stahlindustrie beigetragen haben. Über diesen Tatbestand gibt es unter den sachverständigen Kreisen an der Ruhr, gleich ob sie auf der Unternehmer- oder der Arbeitnehmerseite sitzen, keine verschiedene Auffassungen.
— Ich hatte gerade gebeten, da dieser Antrag die
Begründung für den Streichungsantrag ist, hier zugleich diese Begründung, die selbstverständlich
wirtschaftspolitischer Art ist, bringen zu dürfen.
Ein zweites, was diese Stagnation in der Eisen- und Stahlindustrie und damit die Rückwirkung auf den Eisenerzbergbau verursacht hat, ist das völlige Versagen der öffentlichen Auftragspolitik, insbesondere der Auftragspolitik der Bundesbahn. Dieser große Auftraggeber hätte, wenn frühzeitig für eine Gesunderhaltung der Bundesbahn gesorgt worden wäre, durchaus die Möglichkeit gehabt, die partiellen Stagnationserscheinungen der Eisen-und Stahlindustrie durch eine gesteigerte Auftragserteilung wesentlich zu lindern.
Ich darf hier schließlich eine dritte Bemerkung einschalten. Wenn wir in der Eisen- und Stahlindustrie und im Eisenerzbergbau im Gegensatz zu dem Entwicklungstrend der gesamten deutschen Wirtschaft, die durchaus aufsteigende Tendenzen zeigt, einen Rückgang zu verzeichnen haben, so ist das zweifellos ein gewolltes und logisches Ergebnis des Zusammenwirkens der Eisen-und Stahlindustrie innerhalb der Montan-Union. Es scheint mir doch wichtig zu sein, darauf hinzuweisen, daß diese Entwicklung gerade auf dem Gebiete des Eisenerzbergbaus zur Zeit des Inkrafttretens des Montan-Union-Plans bereits zu übersehen war. Es war der Abgeordnete Dr. Henle, der diese Zusammenhänge in diesem Hause besonders deutlich gemacht hat. Es wäre sicher richtig gewesen, wenn man in jener Zeit dafür gesorgt hätte, bezüglich des Eisenerzbergbaus entsprechende Vorbehalte zu machen, wie sie andere Länder für schwache Wirtschaftsbereiche durchgesetzt haben.
Ich habe diese Tatsachen kurz dargelegt, um zu zeigen, welche besondere Verantwortung die Bundesregierung für die Entwicklung in den Eisenerzbergbaugebieten hat.
Ich darf einen zweiten Tatbestand erwähnen, der nicht ohne Bedeutung für die zur Zeit im Eisenerzbergbau gegebene Entwicklung ist. Dieser Tatbestand ist die Neuordnung der Eisen- und Stahlindustrie in der Form, wie sie durchgeführt worden ist. Ich bedaure, auf diese kurze Darlegung nicht verzichten zu können, weil sie entscheidende Bedeutung für die augenblickliche Situation im Eisenerzbergbau hat. Der deutsche Eisenerzbergbau ist eine der Rohstoffgrundlagen der deutschen Eisen- und Stahlindustrie. Wir wissen, daß es sich dabei um nicht sehr hochwertige Erze, die jedoch mit hohen Gewinnungskosten belastet sind, handelt. Wir wissen aber ebenso gut, daß die deutsche Wirtschaftspolitik ständig Wert darauf gelegt hat, diese Grundlage der deutschen Eisen- und Stahlindustrie in gewissem, volkswirtschaftlich zu rechtfertigendem Umfange aufrechtzuerhalten. Es wäre daher die Aufgabe gewesen, dafür Sorge zu tragen, daß der Eisenerzbergbau im Rahmen der Neuordnung der Eisen- und Stahlindustrie und des Eisenerzbergbaus eine volkswirtschaftlich gesunde und vernünftige Organisation erhält. Diese Forderung wurde nicht erfüllt. Ich möchte gerade in Zusammenhang mit den Problemen, die uns im Augenblick berühren, betonen, daß nach unserer Auffassung ein wesentlicher Teil der Verantwortung für die unglückliche Gestaltung, für die weitgehende Zersplitterung des Eisenerzbergbaus die Bundesregierung im Hinblick auf ihre Verhandlungen bei der Neuordnung der Eisen- und Stahlindustrie trifft.
Jedenfalls haben diese Tatsachen zu dem Ergebnis geführt, daß heute alle organisatorischen Voraussetzungen für eine zweckmäßige und planmäßige Führung der Eisenerzwirtschaft fehlen. Sonst wäre es nicht möglich, daß z. B. im Jahre 1952 die Eisen-und Stahlindustrie an den deutschen Eisenerzbergbau Anforderungen gestellt hat, die von ihm einfach nicht mehr erfüllt werden konnten. In jenen Tagen wurden Pläne erörtert, den Eisenerzbergbau auszudehnen und neue Investitionen zur Ausdehnung der Fördermöglichkeiten vorzunehmen. Heute aber wird an den Eisenerzbergbau die Forderung gestellt, seine Förderung um 35 bis 40 % zu senken.
Unter solchen Umständen ist eine vernünftige Bergwirtschaft ebenso wie im Kohlenbergbau auch in der Eisenerzwirtschaft einfach nicht mehr möglich.
Die Ursachen dafür sind verschiedener Art. Mir scheint es aber doch der Betonung wert zu sein, daß hier eine Aufgabe der deutschen Wirtschaftspolitik liegt. Denn es ist nicht so, daß etwa die Werke der Eisen- und Stahlindustrie sich den Zwangsläufigkeiten, denen sie im Laufe der wirtschaftlichen Entwicklung unterworfen sind, einfach entziehen könnten. Ebenso kann man den Werken
des Eisenerzbergbaus in ihrer augenblicklichen Situation die Verantwortung für diese Entscheidungen, die wirtschaftspolitischer Art sind, nicht zulasten. Denn auf diese zersplitterten Unternehmungen des Eisenerzbergbaus, die in ihrer rechtlichen Konstruktion überhaupt noch nicht eindeutig feststehen, rollt das Verhängnis zu, ohne daß sie sich dagegen wehren können; sie müssen zwangsläufig zu Stillegungen und Entlassungen kommen.
Ich frage Sie, meine Damen und Herren: wie soll der Arbeiter im Eisenerzbergbau diese Entwicklung verstehen? Wie soll er es in Übereinstimmung bringen, daß ihm gesagt wird, der Eisenerzbergbau müsse seine Erzeugung um 35 bis 40% senken, während auf der anderen Seite innerhalb der Montan-Union Pläne im Gange sind, die Erzeugung der Eisen- und Stahlindustrie auf 40 bis 50 Millionen t auszudehnen, die Kokserzeugung um 15 Millionen t und die Erzerzeugung um 16 bis 17 Millionen t auszudehnen? — Meine Damen und Herren, da stimmt etwas nicht! Man kann nicht auf der einen Seite planen, die Stahlerzeugung in ganz Europa großzügig auszudehnen, und auf der anderen Seite dem Erzbergbau Einschränkungen zumuten, unter denen er einfach nicht existieren kann.
Hier wäre es richtig gewesen, rechtzeitig mit konstruktiven wirtschaftspolitischen Maßnahmen einzugreifen, um diese unglücklichen Folgen vom Eisenerzbergbau fernzuhalten. Ich stelle mit Genugtuung fest, daß der Kollege Dr. Höck eine Kleine Anfrage mit ähnlichen Konsequenzen hier im Hause gestellt hat. Wenn es aber nicht möglich ist, mit konstruktiven wirtschaftspolitischen Maßnahmen eine derartige Entwicklung zu verhindern, dann ist es eine Aufgabe der verantwortlichen politischen Stellen, dafür zu sorgen, daß die Lasten einer solchen Entwicklung nicht gerade von denen getragen werden, die sich am wenigsten dagegen wehren können.
Damit komme ich zu dem speziellen Inhalt des Antrags. Sie wissen, meine Damen und Herren, daß wir dem Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl mit erheblichen und entscheidenden Vorbehalten gegenüberstehen. In diesem Vertrag findet sich aber ein außerordentlich gesunder, fortschrittlicher Grundsatz europäischer Wirtschaftspolitik, der folgendes besagt: Wenn es in irgendeinem Wirtschaftszweig zu Entwicklungen kommt, die untragbare Härten für die Belegschaftsmitglieder dieses Zweiges mit sich bringen, dann ist es die Pflicht der öffentlichen Hand, die Anpassung an diese Verhältnisse zu erleichtern.
Ich bin der Auffassung, daß dieser Grundsatz nicht nur als eine reine Deklamation im Montanunion-Vertrag zu. werten ist, sondern daß man ihn in der politischen Praxis auch wirklich anwenden sollte. § 23 der Übergangsbestimmungen zum Montanunion-Vertrag sieht ausdrücklich vor: Wenn im Rahmen der Entwicklung des Gemeinsamen Marktes Unternehmungen oder Teile von Unternehmungen gezwungen sind, ihre Betriebe stillzulegen oder einzuschränken, dann sind die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Belegschaft dieser Betriebe vor den Lasten der Anpassung zu schützen und ihnen eine produktive Beschäftigung zu sichern. Der Montanunion-Vertrag sieht darüber hinaus vor, daß für diesen Zweck Beihilfen gegeben werden, zu denen das beteiligte Land entsprechende Beiträge zu zahlen hat.
Meine Damen und Herren, diesem Zweck dient der Antrag, den wir gestellt haben.
Die sozialdemokratischen Mitglieder der Montanunion haben bereits im Januar dieses Jahres in einer Sitzung des Investitionsausschusses auf dieses schwerwiegende Problem hingewiesen, und wir haben zu unserer Genugtuung feststellen können, daß in einem Bericht der Hohen Behörde vom 20. März diese schwierige Lage des deutschen Eisenerzbergbaues ausdrücklich anerkannt worden ist. Wir haben auf der anderen Seite mit Überraschung feststellen müssen, daß der letzte Satz des betreffenden Passus lapidar lautet: Der Hohen Behörde liegt bis jetzt noch kein Antrag auf Eingreifen vor.
Wir haben daraufhin die Hohe Behörde gefragt, ob sie mit einem solchen Antrage rechne oder auf ihn warte. Darauf ist uns aus Kreisen der Hohen Behörde erklärt worden, eine entsprechende Anforderung an die deutsche Bundesregierung sei ergangen.
Ich darf auf ein weiteres hinweisen. Die Industriegewerkschaften Metall und Bergbau sind bereits vor längerer Zeit an den Herrn Bundeswirtschaftsminister mit dem Antrag herangetreten, in diesem Sinne Anträge an die Hohe Behörde zu stellen. Die Industriegewerkschaft Bergbau hat am 18. März 1954 einen entsprechenden Antrag gestellt. Am 23. März 1954 kam eine völlig hinhaltende Antwort, daß die vielseitige Problematik der Anpassungsbeihilfen zunächst einmal geprüft werden müßte, daß an die Beteiligten konkrete Fragen gestellt worden seien, und daß man sich, wenn dieses Material vorliege, erneut über das Problem unterhalten müsse.
In der Zwischenzeit gehen die Stillegungen und Entlassungen im Eisenerzbergbau vor sich.
Ich weiß nicht, meine Damen und Herren, ob es für die Bundeswirtschaftspolitik nicht doch beschämend ist, daß heute eine Delegation der Industriegewerkschaft Bergbau unmittelbar bei der Hohen Behörde vorstellig werden muß, weil nicht erwartet wird, daß die deutsche Bundesregierung die entsprechenden Schritte einleitet.
Man wird nicht sagen können, daß solche Schritte aussichtslos seien. Ich darf darauf hinweisen, daß in dem Bericht der Hohen Behörde dargelegt wird: Für Italien wird im Augenblick die Möglichkeit von Anpassungsbeihilfen an Belegschaftsmitglieder der Eisen- und Stahlindustrie erörtert, die als Ergebnis einer bereits im Jahre 1948 eingeleiteten Rationalisierung zur Entlassung kommen. Der Bericht besagt weiter, daß die Begründung für Anpassungsbeihilfen in solchen Fällen darin bestehen könne, daß der Montanunion-Vertrag den beteiligten Ländern die Möglichkeit nehme, die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die sie früher hätten ergreifen können, und daß infolgedessen neue Wettbewerbsbedingungen geschaffen sind, die unter Umständen eine Anpassung erschweren.
Wir haben weiterhin von der Hohen Behörde die Zusage erhalten, daß entsprechende Anträge der deutschen Bundesregierung wohlwollend behandelt werden. Denn ganz zweifellos ist der Hohen Behörde bewußt, welche politische Bedeu-
tung insbesondere im Zonenrandgebiet in Salzgitter derartige Entlassungsmaßnahmen haben, wie sie im Augenblick vor sich gehen.
Meine Damen und Herren! Der Antrag meiner Fraktion soll eine Mahnung sein, sich der großen nicht nur wirtschaftspolitischen, sondern im Osten der Bundesrepublik auch politischen Bedeutung dieses Problems bewußt zu werden. Ich darf Sie bitten, dem Antrag zuzustimmen. Ich möchte meinen, daß diese 4 Millionen DM für die Bergarbeiter des Erzbergbaus jedenfalls sinnvoller und zweckmäßiger verwendet werden können als für eine Erhöhung des Presse- und Informationsfonds des Bundeskanzleramts.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Ritzel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich mich einigen Teilen des hier zur Behandlung stehenden Einzelplanes des Bundeskanzleramtes zuwende, möchte ich einige Bemerkungen zu den Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers machen. Der Herr Bundeskanzler hat in einer neckisch gemeinten Weise den amtierenden Herrn Präsidenten gefragt, ob er sich noch einmal zum Wort melden müsse, nachdem er vorher als Bundeskanzler gesprochen habe, wenn er jetzt als Abgeordneter sprechen möchte. Für uns, für die Sozialdemokratische Partei, wäre die Antwort noch leichter, als sie nach der Geschäftsordnung ohnedies ist. Wir können fast ausnahmslos den Herrn Bundeskanzler von dem Vorsitzenden der CDU nicht unterscheiden.
Sehr viele Äußerungen — auch heutige Äußerungen, auch heute zitierte Äußerungen —, die der Herr Bundeskanzler getan hat, bringen ihn in verdächtige Nähe mit der Funktion des Parteipräsidenten dann, wenn er für sich in Anspruch nimmt, als Kanzler zu sprechen. Es ist für den Betrachter, der weiß, daß zwei Seelen in der Brust des Herrn Bundeskanzlers leben und nicht miteinander kämpfen, sehr schwer, den Bundeskanzler von dem Vorsitzenden der CDU zu trennen.
Herr Bundeskanzler, Sie haben in bezug auf Ihre Camberger Rede und in bezug auf die Reden, die Sie vor der Bundestagswahl gehalten haben, das Verlangen nach Wahrheit aufgestellt und im gleichen Zusammenhang sich gerühmt, daß durch die rednerischen Methoden einige Millionen Stimmen — Gott sei Dank, wie Sie etwa sagten — für die von Ihnen vertretene Richtung gewonnen worden seien. Herr Bundeskanzler, diese Millionen Stimmen sind ohne Zweifel in einem nicht feststellbaren, aber sehr erheblichen Ausmaß gewonnen worden durch eine Politik, durch eine rednerische Politik, die sich in der schlimmsten Weise bei der Zurücknahme schwerster politischer Verleumdungen und Beleidigungen gezeigt hat.
Ich möchte bezweifeln, ob man sagen darf, daß man über ein solches Ergebnis sehr froh sein könne.
Sie haben, Herr Bundeskanzler, meinem Kollegen Herrn Mellies attestiert, daß er sachlich sein könne, wenn er wolle. Herr Bundeskanzler, ich gebe es zurück. Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, daß auch Sie in Auseinandersetzungen mit der Opposition sachlich sein können, wenn Sie wollen; nur vermissen wir diesen Willen bei Ihnen.
Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat sich dann auf Grund der Äußerungen meines Kollegen Mellies mit seiner Camberger Rede befaßt. Es war für mich als hessischen Abgeordneten besonders interessant, zu hören, was der Herr Bundeskanzler dazu zu sagen vermochte. Er sagte — ich habe es mitstenographiert —, auf dem Parteitag der hessischen CDU in Camberg sei man über die SPD in Hessen entrüstet gewesen. Herr Bundeskanzler, Sie haben hinzugefügt: wenn das wahr ist, was man Ihnen gesagt hat. Aber seit wann zieht man denn sofort seine Schlüsse in der scharfen und für einen Bundeskanzler mindestens sehr ungewöhnlichen Form, wie der Herr Vorsitzende der CDU diese Schlüsse in Camberg gegenüber der Sozialdemokratischen Partei in Hessen und ihrer Regierung gezogen hat, wenn man noch im Zweifel ist, ob das wahr ist, was man gesagt bekommen hat?
Ihren Appell, Herr Bundeskanzler, an diejenigen, die wissen, was es bedeutet, Ehre im Leib zu haben, unterstützen wir von der Sozialdemokratischen Partei in jeder Hinsicht. Aber man muß dabei nicht nur an die eigene Ehre denken, sondern auch an die Ehre der anderen!
Sie haben mit Recht hervorgehoben, Herr Bundeskanzler, daß Sie die Behauptungen, die Ihnen unterbreitet und von Ihnen als bare Münze genommen worden sind und die schließlich zu einstweiligen Verfügungen usw. geführt haben, zurückgenommen haben, und Sie haben gewünscht, daß das von allen so gehandhabt werden möchte. Ich wüßte Ihnen — ich will es hier nicht öffentlich sagen — eine ausgezeichnete Möglichkeit, Herr Bundeskanzler, mit diesem Verlangen, daß alle so vorgehen möchten, einmal in Ihrer eigenen Bundestagsfraktion zu beginnen.
Herr Kollege Mellies hat darauf hingewiesen, daß Herrn Bundeskanzler Adenauer alle Hilfsmittel zur Verfügung gestanden haben, um die Wahrheit zu erforschen. Herr Bundeskanzler, es ist unbestreitbar — und Sie selbst werden es nicht bestreiten —, daß diese Möglichkeiten bestanden haben. Aber es ist eigentlich doch etwas peinlich, feststellen zu müssen, daß Ihre eigenen Dienststellen vier Monate gebraucht haben, bis sie die Wahrheit feststellen konnten, die Sie dazu veranlaßte, die unwahren Behauptungen zurückzunehmen. Ich weiß nicht: ist das nun die Untauglichkeit der Ämter oder die Böswilligkeit Ihrer Mannen, die Ihnen sachlich zur Verfügung stehen sollten?
Herr Ministerpräsident Zinn wird ohne Zweifel — er hat es schon einmal getan— Veranlassung nehmen, zu den heutigen Bemerkungen des Herrn Bundeskanzlers in bezug auf seine Rede, die hier ohne Angabe des Inhalts zitiert wurde, zurückzukommen. Ich darf aber die Gelegenheit benutzen, den Herrn Bundeskanzler gerade im Hinblick auf sein Zitat, daß die Ehre zu achten sei, an eine
andere kleine Sache zu erinnern. Herr Bundeskanzler, Sie haben sich vor geraumer Zeit auch einmal mit der Politik der hessischen Staatsregierung befaßt und damals erklärt, die hessische Staatsregierung entferne systematisch alle Anhänger der CDU aus ihren Ämtern. Sie haben diese Beschuldigungen ganz deutlich hervorgehoben in bezug auf die angebliche Entfernung von CDU-Angehörigen aus dem Bereich des hessischen Kultusministeriums. Sie haben kurz darauf, Herr Bundeskanzler, ein Schreiben des Herrn hessischen Ministerpräsidenten Zinn erhalten, in dem diese Mitteilungen, die Sie der Öffentlichkeit auch in einer Rede unterbreitet hatten, richtiggestellt und ihre Inhaltlosigkeit nachgewiesen worden sind. Leider glaube ich sagen zu müssen, daß von Ihrer Seite her, Herr Bundeskanzler, bis zu dieser Stunde eine Berichtigung Ihrer damals ausgesprochenen Behauptung, auf die die öffentliche Meinung, das hessische Volk, die hessische Staatsregierung und der hessische Landtag ein Anrecht gehabt hätten, nicht erfolgt ist.
Nun, meine Damen und Herren, gestatten Sie mir einige Bemerkungen zu dem hier vorliegenden Haushaltsplan. In dem Haushaltsplan — darauf ist bereits kurz von dem Herrn Berichterstatter hingewiesen worden — ist wiederum ein Betrag für den Neubau des Dienstgebäudes des Bundeskanzleramts enthalten. Sie finden diesen Ansatz auf der letzten Seite der vor Ihnen liegenden Drucksache 354. Es handelt sich um 1 485 000 DM. Wir Sozialdemokraten haben uns gegen diese Bewilligung ausgesprochen, und zwar aus wohlerwogenen Gründen. Ich will nicht im Detail darauf eingehen, auf die Raumfrage des Bundeskanzleramts und dergleichen mehr, sondern ich möchte nur daran erinnern, daß diese fortgesetzte Neubautätigkeit in Bonn ein Teilstück der Entwicklung ist, über die wir uns im 1. Deutschen Bundestag am 30. September 1949 unterhalten haben. Der damalige Bundestagsabgeordnete Zinn hat in dieser Sitzung vom 30. September 1949 glossiert, daß nach den Berichten der Kommission des Parlamentarischen Rats die Kosten für die Unterbringung der Bundesorgane in Bonn 3 795 000 DM betragen sollten.
Ich habe im Haushaltsausschuß wiederholt die Frage gestellt, was nun Bonn eigentlich wirklich kostet. Ich war zu dieser Frage insbesondere auch um deswillen veranlaßt, weil in der Presse Zahlen genannt wurden. Ich nenne Ihnen eine Zahl aus einer Wirtschaftszeitung; dort wurde die Summe von 500 Millionen DM Bonner Kosten genannt.
Das Bundesfinanzministerium hat auf einen Beschluß des Haushaltsausschusses hin seine Bereitwilligkeit erklärt, dem Haushaltsausschuß die wirklichen Kosten von Bonn zu nennen. Leider hat das Bundesfinanzministerium, obwohl diese Anfrage Monate zurückliegt und obgleich wiederholt moniert wurde, bis zu dieser Stunde die Kosten noch nicht zusammenstellen können. Ich hoffe nicht, daß die Rechenmaschinen des Bundesfinanzministeriums für die Bewältigung der sich hier offenbarenden Größenordnung etwa nicht ausreichen.
Aber es war so ein Kulissengespräch, daß die
Kosten von Bonn, soweit Bundesbauten in Betracht
kommen, den Betrag von zirka 200 Millionen DM erreicht bzw. überschritten haben. Wir haben uns auch im Blick auf diese Tatsachen nicht dazu entschließen können, der neuen Bewilligung von 1 485 000 DM für den Neubau eines Dienstgebäudes des Bundeskanzleramtes zuzustimmen.
Einige Bemerkungen zum Personaletat des Presse- und Informationsamtes. Wir beobachten hier gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung von
3 209 000 auf 3 560 000 DM bei den persönlichen Kosten. Wir haben im Haushaltsausschuß verschiedene Anträge gestellt, so auf Streichung von zwei übertariflich bezahlten Angestellten und drei weiteren Stellen der Vergütungsgruppe II. Leider sind die Anträge der sozialdemokratischen Fraktion abgelehnt worden. Wir haben ernste Bedenken gegen die Fortsetzung einer Personalpolitik, die allein in diesem Jahre eine Steigerung der Zahl der Angestellten von 305 auf 313 Funktionäre aufweist.
Aber noch größer sind unsere Bedenken — und darauf hat Herr Kollege Mellies bereits hingewiesen — gegen die Zumutung, ohne parlamentarische Kontrolle den Ansatz „Zur Verfügung des Bundeskanzlers für Förderung des Informationswesens" von 5,5 Millionen auf 10 Millionen DM zu erhöhen.
Dieser Betrag war im Rechnungsjahr 1953, das vor
wenigen Tagen abgelaufen ist, im Etat mit 4,5 Millionen DM beziffert. Das Istergebnis 1952 beträgt
4 480 000 DM.
Neben der Höhe der Summe, der plötzlich auf
Wunsch der Regierung beantragten Erhöhung von
5,5 auf 10 Millionen DM, stößt uns besonders die
Tatsache, daß im Dispositiv des Etats erwähnt ist: Die Jahresrechnung über die Ausgabe dieses Titels unterliegt nur der Prüfung durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofes. Seine Erklärung bildet die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung.
Unser Verlangen, dem vorhin Herr Kollege Mellies schon Ausdruck gegeben hat, geht auf Mitwirkung des Parlaments bei der Kontrolle der Ausgaben. Wir wollen in Würdigung der Tatsache, um die es sich handelt, wahrhaftig nicht etwa den ganzen Haushaltsausschuß, wir wollen nicht einmal den ganzen Rechnungsprüfungsausschuß zur Bewältigung dieser Funktion eingesetzt wissen. Aber eine Kommission des Parlaments, ein ganz kleiner Ausschuß, der in der Lage ist, eine wirkliche Kontrolle auszuüben, das scheint doch eine absolute Notwendigkeit zu sein. Denn neben dem Haushaltsrecht, das wir heute üben, gehört schließlich das Prüfungsrecht hinsichtlich der Rechnung der Bundesregierung mit zu den vornehmsten Aufgaben eines Parlaments.
Die Bundesregierung stützt sich bei ihrem Verlangen auf die sogenannte Reichshaushaltsordnung, die heute auch für den Bund noch gilt. Diese Reichshaushaltsordnung enthält einen § 89, der da lautet:
Von der Prüfung ausgenommene
Haushaltsbewilligungen
Soweit Haushaltsmittel mit Rücksicht auf ihren Verwendungszweck der Prüfung durch den Rechnungshof nicht unterliegen sollen, muß dies im Haushaltsplane besonders angeordnet werden. Die Prüfung kann durch den Haushaltsplan auch einer anderen Stelle übertragen werden.
Diese andere Stelle wünschen wir in der Form eines kleinen Ausschusses dieses Parlaments.
Wir befinden uns bei der Beurteilung dieser Situation in einer ganz guten Gesellschaft, nämlich in der Gesellschaft eines der ersten Berater des Herrn Bundesfinanzministers, des Herrn Ministerialrats Dr. Vialon, der einen Kommentar zum Haushaltsrecht geschrieben hat. Von diesem Kommentar ist schon voriges Jahr einmal die Rede gewesen. Damals war es Herr Kollege Bausch — den ich leider im Moment nicht im Saale sehe —, der eine Art von Blankowechsel ausgestellt hat: „Wir werden das schon machen; wenn nur mal die Länder vorangehen". Es ist ihm damals zugerufen worden: „Hannemann, geh du voran, du hast die größten Stiefel an!"
Auf Seite 44 des Kommentars des Herrn Dr.
Vialon heißt es — vielleicht kann das der Herr
Bundesfinanzminister einmal nachlesen —: Regelmäßig begründet die Exekutive mit erhöhter Staatsraison die Fernhaltung des kritischen Prüfers von den oben genannten gefährlichen Fonds . Es stellt sich aber oft heraus, daß diese Tendenz nur den Versuch zur Aufrechterhaltung eines Mysteriums oder des Wunschs
— und sicher hat der Herr Bundeskanzler in dem vorliegenden Fall der Verwendung von 10 Millionen ohne Kontrolle diesen Wunsch —
nach ganz selbständiger Bewirtschaftung bedeutet.
Aber mehr noch! Auf Seite 40/41 des gleichen Kommentars des Herrn Ministerialrats Dr. Vialon lesen Sie den schönen Satz:
Das Wesen der Kontrolle, wie sie hier verstanden wird, besteht nicht in der Aufsicht des Schutzmanns, sondern mehr in der Rolle des verantwortungsvollen Mitarbeiters, . . .
So und nicht anders möchten wir unsere Anregung
aufgefaßt wissen!
An anderer Stelle sagt Herr Dr. Vialon:
Viel wichtiger ist die staatspolitische Kontrolle beim Zustandekommen und dem Vollzug des Bundeshaushalts unter dem Gesichtspunkt der Vollständigkeit und der Klarkeit .. .
Die Grundsätze der Etatwahrheit und der Etatklarheit gelten nicht nur für die Aufstellung und Verabschiedung des Haushalts, sondern sie gelten in erhöhtem Maße noch bei der Prüfung der Rechnung der Bundesregierung!
Meine Damen und Herren, es ist bereits einiges über das Instrument des Presse- und Informationsamts als Mittel der Beeinflussung im demokratischen Massenstaat gesagt worden. Der Herr Bundeskanzler trägt die parlamentarische Verantwortung im Rahmen des Grundgesetzes. Ich erlaube mir, dem Herrn Bundeskanzler eine Frage zu stellen. Ist das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung ein vom Staat, also aus den Mitteln der Steuerzahler, bezahltes Propagandaorgan der Pax-Christi-Bewegung, Deutscher Zweig, Hauptarbeitsstelle Aachen? Die Begründung für diese Frage entnehme ich einem Zirkular mit folgendem Absender: „Pax-Christi-Bewegung in Aachen, 24. Februar 1954". Es heißt dort:
An die Fakultäten der deutschen Hochschulen
im deutschen Bundesgebiet. Betrifft Illustrierte Zeitung „Du in der Welt". — Wir gestatten uns, Ihnen a u f Wunsch des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung in Bonn anbei 15 Exemplare der illustrierten Blätter „Du in der Welt" mit der Bitte zu übersenden, dieselben an die Studierenden in Ihrer Fakultät freundlichst verteilen zu wollen. Die Lieferung erfolgt kostenlos. Mit bestem Dank im voraus und freundlichen Pax-Christi-Grüßen
Pax-Christi-Bewegung, Hauptarbeitsstelle,
Heinrich Heinen.
15 Anlagen
Es handelt sich hier nicht so sehr um viel Geld,
sondern hier handelt es sich um den Einsatz einer aus Steuermitteln bezahlten Behörde zugunsten einer einseitig orientierten Organisation. Ich weiß nicht, wieviel Geld in ähnlicher Weise aus Mitteln des Presse- und Informationsamts für andere Zwecke zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung ausgegeben wurde, wieviel Geld ausgegeben wurde für die Beeinflussung der deutschen Wähler. Mich würde es sehr interessieren, eine schlüssige und zuverlässige Erklärung der Bundesregierung etwa dazu zu hören, ob die erheblichen Mittel für die netten Wählerbriefe des Herrn Bundeskanzlers und des Herrn Bundeswirtschaftsministers kurz vor der Wahl vom 6. September 1953 aus den Kassen der CDU — dann geht es uns nichts an — oder etwa aus dem Fonds — jenem „Reptilienfonds", um mit Bismarck zu sprechen — des Presse- und Informationsamts finanziert .worden sind.
Meine Damen und Herren, ich habe im Haushaltsausschuß — und ich scheue mich nicht, das hier auszusprechen — in bezug auf die Verwendung der 4,5 Millionen DM des Jahres 1952 und der 5,5 Millionen DM für 1953, die jetzt angefordert werden, den anwesenden Vertreter der Bundesregierung um detaillierte Auskunft gebeten und ihn gefragt, für welche Zwecke diese Gelder verwendet worden sind. Wir haben eine, nun, ich möchte sagen, „südamerikanische" Auskunft erhalten, aber keine Antwort, die uns wirklich erlaubt, einen Schluß in bezug auf die Verwendung dieser Mittel zu ziehen. Um so eher sollte auch die Mehrheit dieses Hauses in der Lage sein, entsprechend dem Antrag, den mein Kollege Dr. Deist vorhin begründet hat, zur Milderung der Schäden, die der Montan-Union-Pakt gebracht hat, einen Betrag hier wegzulassen und dem Kapitel zuzufügen, in das er gehört, um dort bessere und nützlichere Verwendung zu finden.
Vielleicht ist auch die Möglichkeit gegeben — auch das dürfte im Verlauf der Etatberatung noch laut werden —, dafür zu sorgen, daß beispielsweise aus Gründen der allseitigen Objektivität die Protokolle des Deutschen Bundestages den öffentlichen Büchereien in der Bundesrepublik kostenlos zu Lasten des Dispositionsfonds, von dem ich hier spreche, zur Verfügung gestellt werden.
Wir sind in Würdigung aller Gesichtspunkte nicht in der Lage, dem Etat — Einzelplan 04 — unsere Zustimmung zu erteilen, und beantragen seine Ablehnung.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.
Meine Damen und Herren! Der Wählerbrief, den Herr Ritzel so freundlich war gut zu zensieren,
ist nicht aus Mitteln des Presse- und Informationsamts oder überhaupt einer Bundesstelle bezahlt worden.
— Ich meine, es ist doch richtig, darauf sofort zu antworten.
Dann noch eine Bemerkung nebenbei. Bismarck hat ja nicht das Wort vom „Reptilienfonds" geprägt, sondern das ist g e g en ihn geprägt worden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete von Brentano.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war nicht darauf vorbereitet, daß die Haushaltsdebatte zum Etat des Herrn Bundeskanzlers mit einer Diskussion über die hessische Politik bestritten werden sollte. Das scheint mir dafür zu sprechen, daß doch die übrigen Gravamina sehr gering sind.
Aber, meine Damen und Herren, ich muß doch ein Wort dazu sagen. Man hat hier die Sitzung des Parteiausschusses der hessischen CDU erwähnt und dann festgestellt, Herr Dr. Adenauer habe sich
dort als Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Union in ungebührlicher Weise über die hessische Politik geäußert. Meine Damen und Herren, ich muß der Wahrheit die Ehre geben und sagen: unser erster Parteivorsitzender hat am zurückhaltendsten gesprochen, als die hessische Politik von meiner Partei in Camberg diskutiert worden ist.
Ich war selbst anwesend und darf Ihnen sagen: meine Partei — Sie mögen anderer Meinung sein; das ist oft so in diesem Hohen Hause — ist allerdings der Meinung, daß gerade — da Herr Kollege Ritzel das Beispiel nennt, muß ich es aufnehmen — die Personalpolitik in Hessen so miserabel ist,
daß es höchste Zeit ist, sie zu ändern.
Wir waren und sind auch der Meinung — auch da muß ich offen sein —, daß der von mir sonst geschätzte und verehrte Ministerpräsident Zinn eine Reihe von Reden gehalten hat, die er besser nicht gehalten hätte,
und er muß sich diese Kritik ja auch gefallen lassen, auch von dem ersten Vorsitzenden der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands.
Sie haben dem Bundeskanzler vorgeworfen, er habe durch eine solche Kritik die Grenzen zwischen seinen staatspolitischen Aufgaben als Bundeskanzler und seinen parteipolitischen Aufgaben als Vorsitzender verwischt. Meine Damen und Herren, wir haben einen sehr konkreten Vorwurf gegenüber dem Herrn Zinn zu machen. Herr Ministerpräsident Zinn hat als Chef der hessischen Regierung über die Verfassungsänderung im Bundesrat abgestimmt. Er hat mit Nein gestimmt, und wir sind der Meinung, daß hier der Sozialdemokrat Zinn gesprochen hat, denn der hessische Ministerpräsident, der ja die Wahl vom 6. September mit-. erlebt hat, wenn ich mich recht erinnere, wußte, daß die überwiegende Mehrheit des hessischen Volkes die Außenpolitik der Bundesregierung bedingungslos deckt.
Sehen Sie, das sind so Anstände, die bei uns in der Sitzung des Parteiausschusses der hessischen CDU in Anwesenheit unseres verehrten Parteivorsitzenden diskutiert worden sind. Daß er dazu auch Stellung genommen hat, war nicht nur sein gutes Recht, sondern wir haben es sogar von ihm erwartet. Deswegen haben wir ihn eingeladen. Wir haben dann die Diskussion auf dem hessischen Parteitag in Wiesbaden fortgesetzt. Da war unser erster Vorsitzender nicht dabei, aber ich darf Ihnen sagen, die Kritik war darum nicht geringer.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Höck.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte im Zusammenhang mit den Ausführungen der Kollegen Dr. Deist und Ritzel noch einmal kurz auf den Einzelplan 04 zurückkommen und auf die Anträge, die in bezug auf den Erzbergbau Salzgitter gestellt worden sind. Auf die wirtschaftliche Seite des Erzbergbaus werden wir im Rahmen der Beratung des Einzelplans des Bundeswirtschaftsministeriums kommen. Aber als gewählter Abgeordneter des Gebietes darf ich zu der politischen Seite etwas bemerken. Herr Dr. Deist hat die politische Gefahr aufgezeigt. Wir freuen uns an sich, daß die SPD eine sehr gute Nachrichtenverbindung zu Salzgitter hat. Wenn wir aber schon auf die politische Gefahr, die ich verneinen muß — und ich werde dazu auf einige Tatsachen hinweisen —, eingehen, so möchte ich doch der Hoffnung Ausdruck geben, daß Sie auch zu Ihren Ministern in Niedersachsen eine so gute Verbindung haben. Heute noch steht Herr Minister Kubel auf dem Standpunkt, man müsse soundso viele Menschen aus dem Erzbergbau ins Ruhrgebiet versetzen. Das hätte zur Folge, daß Salzgitter zu einem Armenhaus gemacht würde und die dortigen Wohnungen leerstünden. Wir haben uns in den vergangenen Jahren — das darf ich als der vielleicht maßgebendste Mann in diesem Gebiet während der Demontagezeit sagen — selbst erhalten, wenn auch mit Unterstützung der Bundesregierung. Aber Sie wollen uns dort zum Almosenempfänger machen, indem Sie von den 10 Millionen des Einzelplans 04 4 Millionen wegnehmen wollen. So niedrig schätzen Sie die Salzgitterer Erzkumpels bitte nicht ein!
— Meine Herren, regen Sie sich nicht auf! Wir hoffen nur, daß Sie uns doch helfen, damit unsere Eisenhüttenindustrie mit Hilfe des Westens so in den Konkurrenzkampf eingeschaltet wird, daß wir nicht auf Unterstützungsmaßnahmen angewiesen
I sind. Daß wir in Salzgitter gesunden Menschenverstand haben, mögen Sie daraus ersehen, daß wir trotz aller Maßnahmen und Hetzereien dort immerhin mit 47 % die Wahl gewonnen haben.
— Es ist eine Hetzerei! Wir machen hier Bundeswirtschaftspolitik und nicht Salzgitterer Kommunalpolitik. Dazu spreche ich. Sonst könnte ich hier vielleicht zur Erheiterung des Hauses noch ganz andere Dinge zum besten geben.
Ich möchte noch einmal betonen, daß wir im Rahmen des Haushaltsplanes des Bundeswirtschaftsministeriums
zu diesen Fragen von dieser Stelle aus sehr ausgiebig Stellung nehmen werden, und hoffe, daß dann dazu auch das Nötige gesagt werden kann. Da wir eine auch in wirtschaftlichem Sinne gesunde Grundlage haben, lehnen wir es aber ab, uns hier mit Unterstützungsmaßnahmen in Salzgitter im Sinne eines Almosens — vielleicht zu Wahlzwecken, da wir auch in Niedersachsen vor Wahlen stehen — zu befassen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Müller-Hermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das falsche Pathos, mit dem hier Herr Kollege Ritz e 1 die Ablehnung des Bundeskanzlerhaushalts durch seine Fraktion begründet hat, steht etwas arg im Widerspruch zu der täglichen Praxis der SPD in den Ländern und den Regierungen, in denen sie tonangebend ist,
wo sie bewußt und geschickt alle Möglichkeiten ausnutzt und auch alle staatlichen Instanzen einspannt, um für die von ihr repräsentierte Regierung und für die Sozialdemokratische Partei Propaganda zu machen und zu werben. Ich bin überzeugt, meine Damen und Herren von der Opposition, daß, wenn Sie — was Gott verhüten möge! — eines Tages vielleicht einmal die Regierung im Bund stellen, eine ganz andere Sprache führen werden als die, die Sie jetzt führen, wo Sie noch in der Opposition sind.
Meine Damen und Herren, meine Fraktion muß die beiden von Ihnen gestellten Anträge auf den Umdrucken 28 und 32 ablehnen.Wir sind der Auffassung, daß die Bundesregierung sowohl im Hinblick auf die innerpolitische Situation als auch insbesondere im Hinblick auf das Ausland Mittel, und zwar größere Mittel als bisher zur Verfügung haben muß, um Verständnis für die Politik der Bundesregierung
und vor allem Verständnis für die Situation des deutschen Volkes im Ausland zu wecken.
Wir halten es nicht nur für ein Recht, sondern
auch für die Aufgabe und die Pflicht der Bundesregierung, dies zu tun, und für eine Pflicht des Bundestages, die dafür notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen.
Es geht, innerpolitisch gesehen, um dreierlei: einmal darum, das allgemeine Verständnis für die von der Bundesregierung verfolgte Politik zu wekken, zum andern darum, den von seiten des Ostens lancierten Aktionen zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung in der Bundesrepublik entgegenzuwirken, und es geht drittens in einem sehr entscheidenden Maße darum — und das wird auch besonders Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, interessieren, und Sie werden es mir zugeben müssen —, daß die Bundesregierung mit den modernen Mitteln der Meinungsforschung den Versuch macht, die öffentliche Meinung zu beobachten und aus der Erforschung der öffentlichen Meinung bei ihren Entscheidungen, Entschlüssen und Absichten die entsprechenden Schlußfolgerungen zu ziehen. Bei der Filmdebatte ist vor wenigen Tagen in diesem Hause von verschiedenen Seiten das Wort gesprochen worden: Wir wünschen, daß der Bundestag und die Bundesregierung dem Volk aufs Maul schauen. Man kann mit Fug und Recht die Behauptung aufstellen, daß die Bundesregierung ebenso wie die sie tragenden politischen Parteien dem Volk aufs Maul geschaut und eine Politik betrieben haben, die vom Volk in weitestem Umfange getragen wird, wie das Wahlergebnis des letzten Jahres gezeigt hat.
Wir wünschen, meine Damen und Herren, daß die Bundesregierung in die Lage versetzt wird, gerade in bezug auf die demoskopischen Umfragen noch mehr zu tun. Es ist ja wohl kein Zufall, daß z. B. in Empfehlungen Ihres Parteivorstandes zur Auflockerung der Diskussion innerhalb Ihrer Partei auch empfohlen worden ist, demoskopische Umfragen mehr zu nutzen, als es bisher bei Ihnen geschehen ist. Wenn das für Sie als Partei gilt, um wieviel mehr muß es für die Bundesregierung gelten, die die Verantwortung für die Gesamtheit trägt.
Aber, meine Damen und Herren, die zusätzlichen Mittel, die vom Bundestag für das Presse- und Informationsamt bewilligt werden sollen, sollen ja ausschließlich dem Zweck dienen, im Ausland eine stärkere Informations- und Public-relations-Arbeit zu entfalten. Bisher ist dies in Ermangelung von Mitteln nicht in dieser Weise möglich gewesen. Ich glaube, daß es auch mit der Opposition keine Meinungsverschiedenheit darüber geben sollte, daß ein Volk, das wie wir um sein Ansehen in der Welt, um seine Existenz und um seine Wiedervereinigung ringt, das Äußerste tun und alle Möglichkeiten ausschöpfen muß,
um im Ausland mit den geeigneten Mitteln auf den geeigneten Wegen die Ressentiments gegen das deutsche Volk zu überwinden, der Propaganda gegen das deutsche Volk, der von seiten des Ostens Vorschub geleistet wird, entgegenzuwirken und ein möglichst großes Verständnis für die Probleme des deutschen Volkes im Ausland zu wecken.
Vielleicht ist es für Sie von Interesse, einmal zu hören, welche Mittel für diese und ähnliche Zwecke von anderen Ländern ausgegeben werden.
Nach amerikanischen Beobachtungen wird geschätzt, daß die Sowjetunion jährlich etwa 6 Milliarden DM für ihre Auslandspropaganda und Auslandswerbung ausgibt. Die Vereinigten Staaten haben allein für ihr Überseeinformationsprogramm im Jahre 1951 508 Millionen DM vom Kongreß bewilligt erhalten. Im letzten Jahr waren es etwa 400 Millionen DM. Dazu kommen weitere erhebliche Fonds. Ähnlich ist die Situation in Großbritannien und in Frankreich, wo für die Publicrelations-Arbeit im Ausland ein Vielfaches von dem ausgegeben wird, was bisher bei uns möglich war, und auch von dem, was in Zukunft möglich sein wird. Allein für die staatliche Nachrichtenagentur Frankreichs wird vom französischen Staat ein etwa gleich großer Betrag ausgegeben, wie er jetzt für den Fonds des Bundespresse- und Informationsamts gedacht ist.
Nun ein Wort zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Ritzel über die mangelnde Kontrolle über diesen Fonds durch das Parlament. Es ist zu keiner Zeit üblich gewesen und ist auch heute in keiner der westlichen Demokratien üblich, daß die Verwendung dieser oder ähnlicher Fonds, wie sie hier zur Debatte stehen, öffentlich nachgewiesen wird, und zwar einfach deshalb, weil eine gewisse Geheimhaltung der Verwendung dieser Fonds schon mit Rücksicht auf das Ausland und die Organisationen, mit denen man im Ausland zusammenarbeiten muß, unbedingt notwendig ist. Es ist hier einfach eine Vertrauensfrage. Wir haben das Vertrauen, daß die Bundesregierung, daß das Bundeskanzleramt und das Bundespresse- und Informationsamt von diesen Mitteln die richtige Verwendung in dem Sinne machen werden, wie ich es hier geschildert habe.
Im übrigen wissen Sie ja, daß die Verwendung dieses Fonds vom Präsidenten des Bundesrechnungshofs kontrolliert wird.
Ich glaube, es ist nötig, hier gewisse falsche Vorstellungen zu berichtigen. Es ist doch nicht so, daß nur ein paar Leute im Bundespresse- und Informationsamt diesen Fonds dazu benutzen können, um in allen Gegenden der Welt oder in der Bundesrepublik beliebig Geld unter die Leute zu werfen, sondern die Ausgaben, die aus diesem Fonds gemacht werden, werden ebenso wie alle anderen Ausgaben einschließlich ihres Verwendungszwecks entsprechend dem Zweck des Haushaltstitels vom Bundesrechnungshof bzw. dem Präsidenten und -einem kleinen Kreis von Beamten geprüft. Ich bin der Meinung, daß allein die Tatsache, daß der Präsident des Bundesrechnungshofs eine mit richterlicher Unabhängigkeit ausgestattete Instanz ist, bereits eine Gewähr dafür bietet, daß auch die Kontrolle dieser Mittel in der richtigen Weise gehandhabt wird. Ein Mißtrauen hinsichtlich eines Mißbrauchs dieser Mittel, wie es von Ihnen propagiert wird, ist daher nicht angebracht. Wir werden deshalb auch den Antrag der SPD auf Umdruck 28 ablehnen.
Lassen Sie mich zum Schluß noch ein Problem anschneiden, das in diesem Zusammenhang genannt werden muß. Ihre Partei, die Opposition, entfaltet ja auch — das ist Ihr gutes Recht — eine gewisse propagandistische Tätigkeit im Ausland. Niemand wird Ihnen dieses Recht irgendwie streitig machen wollen. Aber über die Frage, ob diese von Ihnen betriebene Werbe- und Propagandatätigkeit, diese Public-relations-Arbeit in jeder Weise befriedigend und den Notwendigkeiten der politischen Situation in Deutschland entsprechend ist, läßt sich allerdings sehr streiten.
Ich möchte hier nur auf mehrere Artikel hinweisen, die z. B. das Mitglied des Exekutivkomitees der SPD in Deutschland, Herr Heine, in Brüssel und in Paris veröffentlicht hat.
Nur einige Zitate aus diesen Artikeln, die vor und nach den Bundestagswahlen im Ausland veröffentlicht worden sind und die natürlich von allen dem deutschen Volk böswillig gesinnten Kreisen im Ausland gern benutzt worden sind, um gegen das deutsche Volk einzutreten und Propaganda zu machen. So wird z. B. in einem dieser Artikel, veröffentlicht im „Le Populaire de Paris" im Oktober des vergangenen Jahres, behauptet, die Wahlen hätten gezeigt, daß das Nachkriegsdeutschland außer der SPD keine stabile Parteigruppierung besitze, daß die Unbeständigkeit im Aufbau der Parteien Deutschlands mit Ausnahme der SPD ein allgemeines Element der Unsicherheit darstelle, welches die Zukunft der Demokratie in Westdeutschland bedrohen könne.
In Tausenden von Orten — wird hier behauptet — konnten die Sozialdemokraten nicht wagen, zuzugeben, daß sie Mitglieder oder Anhänger der Sozialdemokratischen Partei sind.
Die Bundesregierung — wird behauptet — hat skrupellos Steuergelder ausgegeben und die Beamten der verschiedenen Ministerien für reine Parteizwecke mißbraucht.
In weiteren Artikeln wird der Nachweis zu erbringen versucht, daß der Zuwachs der CDU bei den letzten Bundestagswahlen darauf zurückzuführen sei, daß die ehemaligen Nationalsozialisten ihren Einfluß so erheblich verstärken konnten, daß man heute bezweifeln müsse, ob die CDU überhaupt noch eine demokratische Partei sei.
Die Entwicklung, die durch die Wahlen hervorgerufen ist, muß unbedingt zu den schwersten Sorgen Anlaß geben. Die Geschichte Deutschlands, besonders die der letzten Jahrzehnte, bietet beweiskräftige Beispiele dafür,
wie man die in Bewegung begriffenen Wählermassen mißbrauchen könnte.
Es ist bedauerlich, wenn von maßgeblichen Vertretern Ihrer Partei in diesem Sinne einer Tätig-
keit gegen unser deutsches Volk, das in einer so
schwierigen Situation ist, Vorschub geleistet wird.
Ich bedaure das um so mehr, als hier von einem Vorredner eindrücklich festgestellt wurde, daß die parteipolitischen Notwendigkeiten sich stets den Notwendigkeiten des Staates anzupassen hätten. Davon ist in diesen Äußerungen und in manchen anderen, die ich Ihnen hier ebenso gut zitieren könnte, leider nichts zu merken.
Wir haben die Gewähr und das Vertrauen, daß die von der Bundesregierung und den der Bundesregierung untergeordneten Ämtern geleistete Auslandswerbung eine wirkliche Werbung für das deutsche Volk und sein Ansehen ist und daß diese Werbung auf einer streng überparteilichen Basis erfolgt.
Meine Herren von der Opposition, vielleicht hätten wir es nicht so nötig, die Mittel für den Fonds des Bundespresse- und Informationsamtes um 4,5 Millionen DM auf 10 Millionen DM zu erhöhen, wenn wir immer die Gewähr hätten, daß von Ihrer Seite wirklich konstruktiv mitgearbeitet wird, um das Ansehen des deutschen Volkes auch im Ausland zu steigern.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Gülich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war nicht bestritten, sondern meinem Freunde Ritzel bekannt, daß das Wort von den „Reptilien" von Herrn von Bismarck geprägt worden ist. Aber ich möchte Ihnen vortragen, was er am 30. Januar 1869 im Abgeordnetenhaus dazu gesagt hat:
Ich bin nicht zum Spion geboren meiner ganzen Natur nach; aber ich glaube, wir verdienen Ihren Dank, wenn wir uns dazu hergeben, bösartige Reptilien zu verfolgen bis in ihre Höhlen hinein, um zu beobachten, was sie treiben. Damit ist nicht gesagt, daß wir eine halbe Million geheimer Fonds brauchen können; ich hätte keine Verwendung dafür und möchte die Verantwortung für solche Summen nicht übernehmen.
Das ist genau das, was wir wollen.
Ich glaube, daß auch wir uns Ihren Dank verdienen, wenn wir bösartige Reptilien bis in ihre Höhlen verfolgen. Wir sind der Meinung, daß Werbung für das deutsche Volk nicht im Geheimen gemacht zu werden braucht.
Wenn die Fonds wirklich für die Zwecke verwendet werden sollen, die sowohl im Haushaltsausschuß als auch soeben hier genannt worden sind, ist überhaupt nicht einzusehen, warum nur ein
Beamter, dessen Integrität von keinem von uns angezweifelt wird, die Rechnungsprüfung übernehmen soll.
Zudem prüft der Präsident des Bundesrechnungshofs formal, und es gehört nicht zu den Aufgaben eines so unabhängigen Beamten, politisch zu prüfen. Mein Herr Vorredner hat gesagt: Wir haben das Vertrauen, daß dieser Fonds richtig verwendet wird. Wir haben das Vertrauen nicht; wir können nach den Erfahrungen, die wir mit dem Herrn Bundeskanzler gemacht haben, dieses Vertrauen nicht haben.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Metzger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Ritzel hat vorhin ins richtige Licht gerückt, was der Herr Bundeskanzler in einer Rede in Freiburg in bezug auf die Personalpolitik in Hessen gesagt hat. Ich bedauere, daß Herr Kollege von Brentano, der es besser wissen müßte, Behauptungen dieser Art wiederholt hat.
Der Herr Bundeskanzler hat damals in Freiburg behauptet, daß in Hessen CDU-Leute von der sozialdemokratischen Regierung entfernt worden seien. Ich rechne es mir zur großen Ehre an, daß ich bis vor kurzem dieser sozialdemokratischen Regierung angehört habe.
Ich glaube also, daß ich in dem Hause derjenige
bin, der am besten über diese Dinge urteilen kann.
— Und objektiv! Jawohl, meine Damen und Herren, ich traue mir das zu!
Als der Herr Bundeskanzler wegen seiner Äußerung in Freiburg angegangen wurde, hat er sich insbesondere auf das Kultusministerium, dem ich damals vorgestanden habe, bezogen und hat seine Behauptung wiederholt, daß CDU-Leute um ihrer Parteizugehörigkeit willen aus diesem Ministerium entfernt worden seien. Weil Herr Kollege von Brentano jetzt erneut Behauptungen in dieser Richtung aufgestellt hat, halte ich es für notwendig, das richtigzustellen, damit nicht von neuem Propagandawellen hinausgehen.
Was das Kultusministerium anlangt, kann ich Ihnen im Gegensatz zu dem, was der Herr Bundeskanzler gesagt hat, verbindlich erklären, daß nicht ein einziger CDU-Mann um seiner Parteizugehörigkeit willen aus dem Ministerium entfernt worden ist.
Im Gegenteil! Der Leiter der Schulabteilung z. B. — gewiß ein wichtiger Mann und ein Mann, der auf all das, was in Hessen von der CDU so außerordentlich bemängelt wird, Einfluß hat — ist nach wie vor bis auf den heutigen Tag ein katholischer CDU-Mann.
Ich wollte, wir könnten vom Bund etwas Ähnliches sagen.
Das Bedauerlichste an der ganzen Angelegenheit ist aber folgendes. Herr Ministerpräsident Zinn hat, wie schon gesagt wurde, dem Herrn Bundeskanzler geschrieben und ihm den wahren Sachverhalt dargelegt; aber der Herr Bundeskanzler hat es nicht einmal für nötig gehalten, überhaupt eine Antwort zu geben.
Meine Damen und Herren! Ich bin einer von den Menschen, die gewillt sind, dem andern immer den guten Willen zuzubilligen, bis der Beweis des Gegenteils erbracht ist. Ich bin auch bereit, dem Herrn Bundeskanzler alles nur mögliche Wohlwollen entgegenzubringen. Aber wenn man derartige Dinge erlebt, dann wird das Vertrauen erschüttert.
Und das ist nicht der einzige Fall; wir haben sehr viele Fälle.
Wenn der Herr Bundeskanzler meint, er könne Bundeskanzler und Vorsitzender der CDU so fein säuberlich trennen, so will ich ihm die Frage stellen, warum er es sich dann in Camberg hat gefallen lassen, daß er in aller Öffentlichkeit als Bundeskanzler begrüßt worden ist. Warum tritt er auf der einen Seite öffentlich als Bundeskanzler auf, zieht sich dann hinter ein paar Wände zurück und ist nun auf einmal nicht mehr der Herr Bundeskanzler? Ist dem Herrn Bundeskanzler nicht klar, daß er überall da, wo er redet, mit der Autorität ) des Bundeskanzlers redet
und daß er deshalb seine Worte um so mehr wägen muß?
Auch in Camberg hat er das leider wieder unterlassen. Er hat gesagt: „Es ist uns erzählt worden" — etwas, was er längst hätte prüfen können —,
und dann hat er große staatsmännische Äußerungen von sich gegeben und hat eine Regierung, die das Beste getan hat, in einer Weise beschimpft, wie das für einen Bundeskanzler ungewöhnlich ist.
Meine Damen und Herren, nehmen Sie es uns nicht übel, daß wir diesem Bundeskanzler gegenüber mißtrauisch sind, und wundern Sie sich nicht darüber, wenn auch im Volke dieses Mißtrauen steigt, auch wenn der 6. September gewesen ist!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bitte, Herr Abgeordneter.
Zur Geschäftsordnung! Ich beantrage Schluß der Debatte.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ist gleich erledigt; ich habe ohnehin keine Wortmeldungen mehr vorliegen.
Ich schließe die Aussprache.
Ich komme nun zur Abstimmung. Es liegen zwei Änderungsanträge der Fraktion der SPD vor. Der Antrag auf Umdruck 28 betrifft die Kontrolle; zahlenmäßig wird nichts berührt. Ich lasse zuerst über diesen Antrag auf Umdruck 28*) abstimmen. Wer diesem Antrag der SPD zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.
Ich komme nun zu dem Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 32**), der lautet:
Der Bundestag wolle beschließen,
in Kap. 0403 den Tit. 300 um 4 Millionen DM zu kürzen auf 6 Millionen DM.
Ich komme zur Abstimmung darüber. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Auch dieser Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.
Ich komme nunmehr zur Abstimmung über den Einzelplan 04 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — in der Fassung des Ausschußberichts, Drucksache 354. Wer diesem Einzelplan in dieser Form zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Einzelplan 04 ist mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe nunmehr auf
Einzelplan 05 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts .
Berichterstatter ist Abgeordneter Dr. Vogel. Bitte, wollen Sie das Wort nehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Haushalt des Auswärtigen Amtes erfordert einen Zuschuß von 150,2 Millionen DM, ist also gegenüber dem Haushaltsvoranschlag des vergangenen Jahres um fast 80 0/o gewachsen. Wir haben allerdings im Haushaltsausschuß eine ganze Reihe von Berichtigungen des gedruckten Haushaltsplans vorliegen gehabt, so daß es Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, manchmal vielleicht etwas schwer wird, an Hand der Ihnen vorgelegten Drucksache 355 allen diesen Dingen zu folgen, die ich die Ehre haben werde, Ihnen jetzt vorzutragen.
Die Gesamtanforderungen an Personal für das Auswärtige Amt werden sich, falls der Bundesrechnungshof den Argumenten des Auswärtigen Amts folgt, auf 4052 belaufen, davon allerdings 502 Arbeiter. In Inland, wo bis jetzt allein 524 Beamte im Stellenplan erscheinen, sind 35 mehr in Verhandlungen zwischen Bundesfinanzministerium und Auswärtigem Amt bereits zugestanden worden, und der Haushaltsausschuß hat sich dem angeschlossen. Allerdings soll der Präsident des Bundesrechnungshofs in seiner Eigenschaft als Beauftragter für die Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung eine Durchleuchtung des Haushalts des Auswärtigen Amts vornehmen, um nachzuprüfen, ob die sehr erheblichen Mehranforderungen dem tatsächlichen Bedürfnis entsprechen. Infolgedessen sehen Sie, daß 95 angeforderte Beamtenstellen zunächst noch gesperrt sind und daß gleichfalls 158 Angestellten- und 62 Arbeiterstellen unter diesen Sperrvermerk fallen.
*) Siehe Anlage 1 Seite 843 A **) Siehe Anlage 2 Seite 843 B
Der größte Zuwachsbedarf — ich bitte Sie, hier klar zwischen dem Bedarf des eigentlichen Ministeriums und dem des Haushalts für die auswärtigen Missionen zu unterscheiden — entfällt auf die neue Handelspolitische Abteilung. Hier hat der Haushaltsausschuß bereits Diskussionen geführt, inwieweit durch die Verringerung dieser Abteilung im Haushalt des Bundeswirtschaftsministeriums ein entsprechendes Äquivalent in Erscheinung tritt oder nicht. Wir haben ja wegen gewisser Parallelfälle in anderen Ministerien Anlaß, nachzuprüfen, ob bei Parallelabteilungen auch die entsprechenden Ersparnisse in den Personalhaushalten in Erscheinung treten, und wir werden bei dem Haushalt für das Bundeswirtschaftsministerium auf diese Dinge noch näher zu sprechen kommen.
Das Personal bei den Auslandsvertretungen beziffert sich auf 1202 gegenüber bisher 838 Beamte. Gleichzeitig wächst die Zahl der Angestellten von 1166 auf 1291; darunter befinden sich allerdings allein rund 140 Schreibkräfte in den TOA-Gruppen VIII und VII. Unter den Anforderungen des Auswärtigen Amts befinden sich auch zahlreiche Verbeamtungen von TOA-Stellen, die bis jetzt von Wirtschafts-, Presse-, Sozial- und Kulturattachés innegehabt wurden. Das ist ein Prozeß, den auch der Ausschuß gebilligt hat, obgleich das Auswärtige Amt gebeten worden ist, nicht sofort alle diese Stellen zu besetzen, die der Haushaltsausschuß bewilligt hat. Ferner sind in dem gesamten Personalhaushalt 77 bereits geprüfte Attachés der bisherigen Lehrgänge und 85 Kräfte aufgeführt, die sich der abschließenden Prüfung noch nicht unterzogen haben.
Ein neuer Titel, der gleichfalls in dieses Gebiet I) gehört, ist der für außergewöhnlichen Aufwand der nicht leitenden Beamten und Angestellten in den Auslandsmissionen eingestellte Betrag von 1,3 Millionen.
In dem Eingang von Paßgebühren ist eine erheblich Verminderung eingetreten. Der Haushaltsausschuß begrüßt die Verminderung von 11 Millionen auf 5 Millionen in diesem Falle durchaus, weil sie ein Kennzeichen für den fortgesetzten Abbau des Visumzwanges im Verkehr zwischen Deutschland und den anderen Staaten ist. Die Kosten für die Paßstellen selbst sind entsprechend diesem durchaus begrüßenswerten Vorgang entsprechend von 4,7 Millionen auf 1,2 Millionen zurückgegangen.
Ferner ist neu in diesem Haushalt die Vereinfachung des bisherigen Auslandsbesoldungssystems. Der Anpassungszuschlag als solcher ist weggefallen. Weiter haben wir eine Änderung der Grundbeträge der Aufwandsentschädigungen zu verzeichnen. Insgesamt gesehen, bedeutet dies eine wesentliche und erfreuliche Vereinfachung des bisher immer als zu kompliziert empfundenen Systems, die Auslandsgesamtbezüge zu berechnen.
Der Haushaltsausschuß hat davon Kenntnis genommen, daß im Laufe dieses Sommers und der darauf folgenden Zeit eine Überprüfung der Kosten und der Bedeutung der einzelnen Auslandsmissionen stattfinden wird. Sie finden bereits in diesem Haushaltsplan in den fettgedruckten Stellen des Anhangs die Anhaltspunkte dafür, wo derartige Korrekturen an den früheren Titeln vorgenommen worden sind.
Insgesamt verzeichnen wir heute 106 Auslandsvertretungen, darunter 24 Botschaften, 28 Gesandtschaften, 22 Generalkonsulate und 32 Konsulate.
Allerdings waren für das Jahr 1953 136 Vertretungen geplant. Davon sind 29 bis jetzt noch nicht geschaffen worden; 10 sind in der Eröffnung begriffen, und 14 weitere Auslandsmissionen sollen in den nächsten Monaten eröffnet werden, während man 5 aus politischen Gründen zunächst zurückgestellt hat. Im Jahre 1954/55 sollen zu diesen 136 noch weitere 12 Auslandsvertretungen hinzukommen. Allein aus diesem fortgesetzten Wachstum der Auslandsvertretungen ergeben sich naturgemäß auch Stellenvermehrungen nicht nur bei den Beamten, sondern auch bei den Angestellten und Arbeitern.
Ich darf Sie in diesem Zusammenhang auf die Vermehrung der Botschaftertitel hinweisen. Wir haben in dem Ausweis, der im Anhang enthalten ist, zwei neue Botschafter in Bern und Pretoria zu verzeichnen, ohne daß eine Änderung ihrer Bezüge, die nach wie vor nach B 7a erfolgen, eintritt. Der gleiche Vorgang wiederholt sich auch bei den zu Botschaftern ernannten bisherigen Gesandten in Peru und Paraguay, die ebenfalls in der alten Form eingruppiert bleiben.
Unter den Ausgaben, auf die ich jetzt zu sprechen komme, fällt vor allem der neue große Beitrag von 800 000 DM für das Weltkinderhilfswerk auf, ferner ein zweiter großer Betrag von 4,433 Millionen DM als Zuschuß für das deutsche Feldlazarett in Korea. Wir haben von seiten des Auswärtigen Amts im Haushaltsausschuß eine ausführliche Begründung für die Notwendigkeit dieser Ausgabe gehört. Sie steht im engsten Zusammenhang mit der Vermehrung des Feldlazaretts von 200 auf 400 Betten. In einem weiteren Titel ist hier noch eine zweite Summe von 850 000 DM für diese Erweiterung direkt in den Ausgaben ausgebracht worden. Der Ausschuß hat sich mit Mehrheit der Argumentation des Auswärtigen Amts angeschlossen und diesen Posten bewilligt.
Was die Erhöhung des Titels Ausgaben zur Pflege kultureller, humanitärer und wissenschaftlicher Beziehungen zum Ausland anbetrifft, der von 5 Millionen DM durch einen Beschluß, der in einer der letzten Sitzungen des Haushaltsausschusses gefaßt worden ist, auf 6,8 Millionen DM erhöht worden ist, so stützt sie sich auf die einmütige Zustimmung des Ausschusses, der immer — auch in den vergangenen Jahren — seine vornehmste Aufgabe mit darin gesehen hat, hier, ich möchte einmal sagen, die Regierung sogar zu ermutigen, für diese Zwecke mehr auszubringen, als sie es in ihrem Voranschlag meist getan hat. Ferner ist, wie wir mit Befriedigung festgestellt haben, auch der Titel für die Auslandsschulen von 1,58 Millionen auf 3 Millionen DM erhöht worden. Wenn wir die entsprechenden Mittel zur Verfügung gehabt hätten, wären wir auch hier zu einer Erhöhung des Ansatzes geschritten. Das Auswärtige Amt selbst hatte für die Ausgaben zur Pflege der kulturellen, humanitären und wissenschaftlichen Beziehungen 7,56 Millionen DM angefordert. Aber wir nehmen an, daß es mit den 6,8 Millionen DM, die der Haushaltsausschuß bewilligt hat, in diesem Jahr durchaus zufriedengestellt sein darf und kann.
Ober den Beitrag zum Internationalen Kuratorium für kernphysikalische Forschungen in Bern hat sich im Zusammenhang mit den Ausgaben im Bundesinnenministerium für die wissenschaftliche
Forschung eine sehr lebhafte Debatte entsponnen. Der Herr Bundesfinanzminister hatte ursprünglich die Absicht, diesen Betrag von 3 Millionen DM von den 10 Millionen DM abzuziehen, die für die Schwerpunktsbildungen in der Forschung eingesetzt waren. Der Haushaltsausschuß ist dem nicht gefolgt, sondern er hat einen eigenen Beitrag von 3 Millionen DM für dieses internationale Kuratorium bewilligt und den Ansatz von 10 Millionen DM für die Schwerpunktsbildungen in der Forschung unangetastet gelassen. Für die Arbeiten in diesem internationalen Kuratorium treten gleichfalls an fortlaufenden Zuschüssen 326 000 DM jährlich neu in Erscheinung.
Die Unterstützungen und die Beihilfen für Auslandsdeutsche sind von 1,2 Millionen DM in den Voranschlägen auf 1 Million DM gesenkt worden. Wir haben im Ausschuß darüber diskutiert, ob nicht der zunehmende Drang vor allen Dingen von jungen Leuten, sich ohne hinreichende Erkundigungen ins Ausland zu begeben und sich dann nachher nach Möglichkeit auf Kosten der Bundesrepublik von den Auslandsmissionen wieder kostenfrei zurückbefördern zu lassen, nicht irgendwie gestoppt oder gesteuert werden könnte.
Lassen Sie mich jetzt noch auf den sehr hohen Betrag für Neubauten bei Auslandsmissionen eingehen, der von 3,3 auf 8 Millionen DM 1954 erhöht worden ist. Es handelt sich hier um einen Gesamtbetrag in der Höhe von 28,4 Millionen DM. Davon sind bis jetzt in den vorangegangenen Jahren 15,4 Millionen DM bewilligt worden. Es geht hier vornehmlich um die sehr kostspieligen Grunderwerbungen in London, in Paris und in anderen Hauptstädten, ferner um den Erwerb und die Errichtung von Dienstgebäuden für die Auslandsmissionen. In diesem Zusammenhang hat der Ausschuß den Wunsch ausgesprochen, man möchte zuerst diejenigen Städte berücksichtigen, in denen unsere Auslandsmissionen klimatisch gefährdet sind. Was den Neubau des Auswärtigen Amtes selber anbetrifft, so tritt in diesem Jahr nur noch ein Restposten in Erscheinung. Im nächsten Jahr werden neue Anforderungen nicht mehr gestellt werden.
Sehr hohe Posten sind gleichfalls neu ausgeworfen worden für die erstmaligen Ausstattungen der Auslandsmissionen, für die Neueinrichtung oder -ergänzung des Chiffrierdienstes, für die Übermittlung von Nachrichten in das Ausland durch Funkdienste usw. Allein die Neuanschaffung von Fahrzeugen für die bisherigen oder die neugeschaffenen Auslandsmissionen umfaßt die Summe von zusätzlich 1,79 Millionen DM.
Der Ausschuß hat sich in seiner Aussprache auch sehr eingehend nach dem Gesundheitszustand der Bediensteten in den ausländischen Missionen erkundigt. Er hat dabei die für ihn befriedigende Auskunft erhalten, daß zwar an sich in den tropischen oder sehr hoch gelegenen Missionen — nennen wir Orte wie Karachi, Djakarta, La Paz oder andere — der Gesundheitszustand der Angestellten, zum Teil auch infolge von Überarbeitung, nicht befriedigend ist, daß aber das Auswärtige Amt jetzt zur Einrichtung eines besonderen Gesundheitsdienstes geschritten ist.
Innerhalb des Ministeriums selbst wird das Auswärtige Amt eine Reihe von organisatorischen Maßnahmen zur Zusammenfassung von kleineren Referaten in größeren Referaten durchführen. Der endgültige Organisations- und Stellenplan wird erst nach Erstattung des Gutachtens des Bundesbeauftragten für die Wirtschaftlichkeit vorgelegt werden können. Dann wird eine erneute Beratung dieses Haushaltes im Haushaltsausschuß stattfinden, um die Beratung der dann vom Beauftragten für die Wirtschaftlichkeit vorgeschlagenen Stellen vorzunehmen.
Um Ihnen nur einen Begriff davon zu geben, wie hoch zum Teil einzelne Beträge sind, die sich einsparen lassen, wenn entsprechende organisatorische Maßnahmen ergriffen werden, lassen Sie mich eine Summe nennen, die vielleicht in diesem Zusammenhang etwas bedeutungslos erscheinen mag. Allein durch die Beauftragung eines Instituts mit der Durchführung der Reinigungsarbeiten, vor allen Dingen in dem neuen großen Bau, können nicht weniger als 50 Bedienstete und damit 100 000 DM eingespart werden.
Die Diskussion erstreckte sich im Haushaltsausschuß weiter auf die Titel Förderung der Osteuropaforschung. Hier stießen wir auf eine Reihe von Titeln, die in einem engen Zusammenhang mit dem Bundesministerium des Innern stehen. Aus der bisherigen Entwicklung der Bundesrepublik heraus gesehen, war es unvermeidlich, daß eine Reihe von Dingen im Bundesministerium des Innern getan werden und dort so lange bleiben mußten, weil das Auswärtige Amt erst in einem sehr viel späteren Stadium in Erscheinung trat. Der Haushaltsausschuß hat keine Beschlüsse über die Zuständigkeit z. B. des Archäologischen Instituts oder der Osteuropa-Forschungsinstitute gefaßt, sondern überläßt es der Bundesregierung, nach der Bewilligung der Titel ihrerseits die notwendige Entscheidung zu treffen, ob diese Institute in Zukunft beim Bundesinnenministerium oder im Auswärtigen Amt ressortieren sollen.
Bei Titel 601, Kosten des Sekretariats für deutsche Mitarbeit an der internationalen Flüchtlingshilfe, ist eine Erhöhung des Titels von 30 000 auf 50 000 DM durchgeführt worden, während umgekehrt 20 000 DM bei Tit. 602 gestrichen worden sind.
Wir haben ferner eine einzige Veränderung auch an den Vorschlägen für die Besetzung der Auslandsmissionen vorgenommen, nämlich bei der Gesandtschaft in Straßburg, wo wir an Stelle einer A 1 a-Stelle eine B 7 a-Stelle bewilligt haben.
Ferner ist die Ersetzung eines Konsulats in Linz durch ein entsprechendes Konsulat in den britischen Besitzungen entweder in Mittelamerika oder auf der Insel Cypern zugestimmt worden.
Der Zuschuß von 50 000 DM für das WashingtonInstitut in Stuttgart, der beantragt worden war, konnte nicht bewilligt werden und ist bis zu einer Prüfung durch das Bundesinnenministerium zurückgestellt worden.
Das sind die wichtigsten Beschlüsse, die der Haushaltsausschuß zu dem vorliegenden Haushaltsplan gefaßt hat. Der Haushaltsausschuß empfiehlt Ihnen mit Mehrheit die Annahme des Haushaltseinzelplans 05.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Beratung über den Einzelplan 05 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. —
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Pfleiderer.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Haushalt des Auswärtigen Amts ist von einer solchen Bedeutung, daß meine Freunde und ich den Wunsch haben, bei der Beratung einige besondere Fragen, die mit dem Auswärtigen Dienst zusammenhängen, hier zur Sprache zu bringen. Der Dienst ist jetzt im großen und ganzen aufgebaut. Die Zahlen, die der Herr Berichterstatter vorgetragen hat, sind sowohl nach der personellen wie nach der finanziellen Seite höchst eindrucksvoll. Wir haben es wieder mit einem ausgewachsenen Dienst zu tun. Es wäre interessant, wenn wir eines Tages Vergleichszahlen bekämen, wie die Zahlen im früheren Auswärtigen Dienst waren - etwa 1932/33 — und wie sie in vergleichbaren Ländern sind. Ich glaube, wir schulden allen Dank, die beim Aufbau des Auswärtigen Dienstes mitgewirkt haben, und vielleicht auch denen, die sich dabei abgenutzt haben und, wenn ich so sagen darf, in den Schatten zurückgetreten sind.
In der Koblenzer Straße wächst der Neubau des Auswärtigen Amts empor. Es ist eines der eindrucksvollsten Bauwerke am Sitz der Bundesregierungund mit einer Bausumme von 131/2 Millionen DM ja auch ein sehr teures Haus. Ich glaube, wir alle denken dabei an die frühere Wilhelmstraße in Berlin. Von der Wilhelmstraße — den Häusern 74, 75 und 76 —, vom Wilhelms-Palais, von der Reichskanzlei — von der Bismarckschen, von der Brüningschen und von der Hitlers — steht kein Stein mehr auf dem andern. Offenbar haben Auswärtige Ämter auch baulich etwas mit dem Schicksal ihrer Staaten zu tun. Ich selbst möchte Berlin seine Trümmer nicht entgelten lassen, möchte aber auch umgekehrt die Bundesregierung nicht dafür preisen, daß sie solche großen Neubauten hier erstellt hat, zumal ja auch diese Neubauten gelegentlich einen „Knick" bekommen.
Ich möchte glauben, daß die Trümmer von Berlin ein warnendes Mahnmal für uns sein sollten und ein Sinnbild dafür, wie Staaten und ihre Bauten zusammenbrechen und zusammensinken, wenn die Regierungen der Feindschaft der Welt nicht gewachsen sind oder ihre Zeichen verkennen.
Wir möchten alle wünschen, daß in dem neuen Bau gute Arbeit geleistet werde und daß dort deutsche Politik und nicht bundesrepublikanische Politik getrieben werde. Ein guter Stern möge über der Koblenzer Straße stehen, bis wir wieder in die Wilhelmstraße übersiedeln können.
Ich habe hier noch einen besonderen Wunsch — ich glaube, ich darf hier im Namen des ganzen Hauses sprechen —: daß mit dem weiteren Beziehen des Hauses in der Koblenzer Straße möglichst rasch die Gebäude geräumt werden, die bisher vom Auswärtigen Amt innegehabt worden sind. Das bezieht sich besonders auf das Haus Dahlmannstraße 4, für das die Abgeordneten des Bundestags besondere Wünsche haben, sowohl von seiten der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft wie auch von seiten der Interparlamentarischen Union.
In der Verwaltung unserer auswärtigen Angelegenheiten besteht — das ist von einem der Herren Vorredner bereits ausgeführt worden — die bemerkenswerteste Tatsache darin, daß wir keinen hauptamtlichen Außenminister haben. Meine Damen und Herren, ich möchte mich daran aber nicht aufhalten. Zuweilen — das wird offenbar — bricht sich die Regel an der Ausnahme, bricht sich das Institutionelle am Personellen, bricht sich die Sache am Mann. Wir wollen nicht kritisieren, welche Amter der Herr Bundeskanzler selbst übernimmt. Es ist ja doch auch kein anderer so recht sichtbar geworden, der aus sich selbst heraus gleiche Gewichte in die Waagschalen der Welt zu legen hätte.
Ich glaube, der Ausgleich sollte hier auf einer anderen, tieferen Ebene gesucht werden. Wenn wir etwas zu kritisieren haben, dann ist es Politik mit all ihren Aussichten und Gefahren und nicht die Führung der Geschäfte durch den Herrn Bundeskanzler. Niemand wird ihm bestreiten, daß er sich in der Politik verzehrt, und niemand wird ihm dafür den Dank versagen.
Es ist in der Bundesrepublik üblich, daß sich Minister im Plenum durch beamtete Staatssekretäre vertreten lassen. Wir sind damit nach wie vor nicht einverstanden und sehen darin einen Verstoß gegen. die Grundregeln der parlamentarischen Regierungsform. Minister sollen im Parlament durch Minister und nicht durch Beamte vertreten werden. Jetzt, da wir eine so große Zahl, ich möchte nicht sagen, Minister mit ohne, wohl aber mit auswechselbarem Geschäftsbereich haben, sollte das keine Schwierigkeiten bereiten. In dem, was ich sage, möchte ich aber keine persönliche Spitze irgendwelcher Art gegen den Herrn Staatssekretär des Auswärtigen Amts vorbringen, der ja von den möglichen Staatssekretären, ich darf wohl sagen, der liebenswerteste in diesem Hause ist.
Professor Hallstein ist als Staatssekretär — wenn ich das sagen darf — gewissermaßen zwischen zwei Fakultäten getreten. Er kommt von der Rechtswissenschaft her und geht in die Geschichte ein.
In großer Verlegenheit war freilich das Haus, als sich der Herr Außenminister und sein Staatssekretär zu gleicher Zeit im Ausland befanden. Wir hatten hier keinen rechten Gesprächspartner mehr und waren außenpolitisch eigentlich zwangsweise beurlaubt. Es blieb uns nur übrig, den Herrn Bundeskanzler im Lande der Griechen mit der Seele zu suchen. Gewiß war diese Lage für die einen beruhigend, für andere aber war sie es durchaus nicht. Ich möchte sagen, daß die parlamentarische Vertretung des Herrn Bundeskanzlers während seiner Reise nicht ausreichend geregelt war.
Der Herr Bundeskanzler hat um sich herum einen kleinen Stab persönlicher Berater geschart. Das ist sein gutes Recht. Ich würde auch gar keine Bedenken tragen, wenn dies im Stellenplan seinen Ausdruck fände. Man spricht von einer Art Spitzengruppe im Palais Schaumburg, manche gar vom „Bonner Politbüro". Nun, es ist aber schwierig, auf der einen Seite dem persönlichen Arbeitsstab des mit den Kanzlergeschäften überbürdeten Außenministers oder des mit den auswärtigen Geschäften überbürdeten Bundeskanzlers anzugehören und dann gleichzeitig erstens ein Ministerium in Bonn aufzubauen, zweitens den Erdball mit einem Netz von Diplomaten und Konsuln zu überziehen, drittens Europa zu integrieren, viertens den endlosen Leidensweg der Konferenzen zu durchmessen, fünftens fremde Länder zu besuchen und sechstens für die Regierung unsere Aussprachen im Ausschuß und im Plenum zu bestreiten. Hier besteht die Gefahr, daß die Geschäfte Not leiden, und zwar an
dem Punkt, wo die Beamtenschaft im Inland und die Vertreter im Ausland, die zurückkommen, mit den leitenden Persönlichkeiten in Verbindung treten sollen und nicht so recht zum Zuge kommen können.
Die eigentlichen Träger der ministeriellen Arbeit sind ja nach wie vor die Vortragenden Räte. Aber manchmal scheint es so, als ob vom Vortrag der Vortragenden Räte nur mehr der Titel übriggeblieben sei. Dann werden diese Vortragenden Räte enttäuscht, und dann werden sie zu nachtragenden Räten oder gar zu zwischentragenden Räten,
und die Botschafter, die ins Ausland gehen, nehmen einen schlechten Eindruck mit. Ich möchte hier mit allem Ernst eines besonders hervorheben, und meine Freunde legen Wert darauf, daß ich es tue. Die Beamten des Auswärtigen Dienstes und die deutschen Vertreter im Ausland sind niemals nur Werkzeug oder gar Mitläufer ihres Ministers. Sie haben in der Arbeit ihren eigenen Rang, ihre eigene Pflicht und ihr eigenes Gewicht. Sie haben eben die Sachlichkeit und die Stetigkeit der Arbeit zu gewährleisten und sollen dabei möglichst auch noch Einfälle haben und hoffentlich gute Einfälle. Niemand kann daran denken, die Sachkunde und die Erfahrung der Beamtenschaft brachliegen zu lassen und sich in der großen Politik nur auf den Minister zu verlassen, der in der Regel aus dem parlamentarischen Leben kommt.
Hier taucht die Frage auf — ich möchte mit meinen Freunden dem Entschließungsentwurf der SPD auf Umdruck 24*) durchaus zustimmen —, ob nicht noch ein Staatssekretariat im Auswärtigen Amt geschaffen werden soll. Vielleicht könnte dann der neue Staatssekretär den jetzigen auch durch Gegensatz ergänzen, vielleicht weniger Jurist, vielleicht weniger auf Reisen, vielleicht weniger supranational, aber hoffentlich glücklich verheiratet und dann mindestens so liebenswürdig, wie es Professor Hallstein ist.
Nun, was die Beamtenschaft des Auswärtigen Amts anlangt, so ist auch hierüber einiges zu sagen. Im großen und ganzen ist der Dienst jetzt aufgebaut, das Gröbste ist geschafft. Einige der neuen Beamten haben ganz ausgezeichnete, glänzende Sprachkenntnisse mitgebracht. Andere waren darin weniger glücklich, aber sie sind inzwischen auch bei den unregelmäßigen Zeitwörtern angelangt
und mit den Feinheiten von Syntax und Stilistik vertraut geworden. Dafür sind sie höchstlich zu loben. Wo noch echte Schäden vorhanden sind, die über die normale Abnutzung hinausgehen, sollte man Abhilfe schaffen. Ich glaube, man könnte jetzt sogar schon die Schönheitsreparaturen in Angriff nehmen.
Ich finde es schlecht, wenn über deutsche Gesandte und Botschafter anzüglich und abfällig in den Zeitungen des Auslandes geschrieben wird, und es ist sinnwidrig und unerträglich, wenn deutsche Auslandsbeamte öffentlich zu innerpolitischen Fragen Stellung nehmen.
*) Siehe Anlage 3 Seite 844 A
Wenn es nicht schon das Beamtenrecht verbietet, dann sollte es der Takt verbieten.
Wer für solche Dinge kein Gefühl hat, läßt wesentliche Eigenschaften für den Auswärtigen Dienst vermissen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang die Zustimmung meiner Freunde zu der Einsetzung eines Inspekteurs zum Ausdruck bringen, wie sie im Haushalt vorgesehen und in Umdruck 25*) noch besonders beantragt ist. Ich glaube, auch im Untersuchungsausschuß ist hiervon schon die Rede gewesen.
Die alten und die neuen Beamten wachsen im Auswärtigen Amt zu einer inneren Geschlossenheit und Einheit zusammen. Das ist auch nötig, weil sie durch ihren Beruf über den ganzen Erdball verstreut werden. Der Beruf beweist seine stark formende Kraft, und die gemeinsame Ausbildung wirkt in derselben Richtung. Daß natürlich die Diplomaten stets mit Mißtrauen betrachtet werden und daß jeder an ihnen etwas auszusetzen hat, ist eigentlich zu allen Zeiten und in allen Ländern der Fall gewesen, und diese Einstellung ist nur die Schattenseite der, ich möchte sagen: geheimen Liebe, mit der man die Angehörigen dieser wirklich schönsten und bevorzugtesten Laufbahn betrachtet. Auch die Freude am Diplomatenpaß gehört ja ein bißchen hierher. Vielleicht, Herr Bundeskanzler, sollte man diese Freude begrüßen und sie denen, die sie haben, nicht verderben.
Das Werden der neuen Diplomatie soll uns nicht blind machen vor dem Unglück, das die alte betroffen hat. Es gibt hier noch viel zu helfen, und es ist, glaube ich, eine Ehrenschuld des Auswärtigen Amts und besonders auch des Herrn Bundesfinanzministers, das zu tun. Diplomaten fallen zahlenmäßig nicht ins Gewicht. Sie können und wollen ihrer Natur nach keine Organisationen gründen, die sich mit Lärm zur Geltung bringen. Zum Beispiel gibt es -noch Beamte, die früher auf Posten ins Ausland gesandt worden waren und nach Kriegsende zurückkehrten. Hier muß man fragen: Sollte es nicht möglich sein, diesen Beamten zu helfen, damit sie ihre restliche Habe nach Hause holen können? Sind denn die erlittenen Verluste nicht schon groß genug, und soll man das, was noch gerettet werden kann, auch noch verloren geben? Hier besteht eine Pflicht zum Helfen, und hier soll man nicht mit dürren und beschämenden Erlassen kommen. Solche Erlasse würden von meinen Freunden in keiner Weise gedeckt. Früher hieß es, daß bei den Ernennungen die Urkunde in der Erwartung ausgestellt werde, daß der Betreffende seine Dienstpflichten und seine Dienstobliegenheiten entsprechend seinem Eid erfülle. Dafür wurde ihm der besondere Schutz des Reiches zugesagt. An dieses Versprechen sollte man sich auch heute noch gebunden fühlen.
Von den zahlreichen Beamten des Auswärtigen Dienstes, die nach dem Kriege in die Sowjetunion verbracht wurden, konnten in letzter Zeit mehrere nach Deutschland zurückkehren. Ich möchte persönlich meiner Freude Ausdruck geben, daß mein eigener früherer Chef, der Gesandte Zechlin, zurückgekehrt ist, der über acht Jahre in sibirischen Lagern verbrachte, nachdem er vorher von der Ge-
*) Siehe Anlage 4 Seite 844 B
stapo verhaftet worden war. Er hat sein Geschick mit der Größe des Philosophen getragen und die Bitterkeit des Herzens mit der Kraft des Geistes überwunden. Aber es fehlen noch manche, auf die wir warten und auf die wir um so leidenschaftlicher warten, als die Rückkehr dieser Diplomaten und Konsuln einen Abschnitt, ich möchte nicht sagen: deutsch-sowjetischer Beziehungen, sondern deutsch-sowjetischer Leiden abschließen würde, der nicht schnell genug abgeschlossen werden kann. Wir warten auf rund 100 Beamte und Angestellte des alten Amts, und wir warten auch darauf, daß die Tragödie von Spandau bald ihr Ende findet. Alles, was in dieser Richtung von unserer Regierung und den vier Hohen Kommissaren getan wird, findet unsere lebhafte Unterstützung.
Meine Damen und Herren! Wir haben vom Auswärtigen Amt einen sehr interessanten Geschäftsverteilungsplan, einen Ordnungsplan bekommen, der nach dem sogenannten „Internationalen Dezimalsystem für die Gliederungen einer Verwaltung" aufgestellt worden ist. Man sagt, das Auswärtige Amt sei die erste Bundesbehörde, die nach diesem Schema arbeite, und diese Maßnahme sei auf den neuen Leiter der Personal- und Verwaltungsabteilung zurückzuführen. Dieser Beamte stehe, so heißt es weiter, dem Herrn Bundeskanzler nahe und stamme gleichfalls aus dem Kölner Kommunaldienst. Damit hat also der Kölner Kommunaldienst sowohl den Minister als auch den Personalchef im Auswärtigen Amt gegeben, und wir können beinahe glauben, wir seien ein Vorort von Köln geworden.
Es heißt, der neue Herr verbinde ein frisch-fröhliches Selbstvertrauen mit einem wachen und zweckmäßigen Verstand; er lasse sich von den Überlieferungen der Diplomatie nicht einschüchtern, ohne aber unempfindlich für ihre Reize zu sein.
Von allen Abteilungen des Auswärtigen Amts steht das Protokoll im Ordnungsplan an erster Stelle. Es hat ja auch für das Staatsoberhaupt und die Bundesregierung Pflichten zu erfüllen. Das Protokoll trägt die Aktennummer 0, das Zeremoniell die Aktennummer 000. Aber aus dieser Häufung von Nullen soll man, glaube ich, keine falschen Schlüsse ziehen.
Wer das Protokoll zu handhaben versteht, kann sich durch diese Nullen verzehnfachen und vertausendfachen. In Frankreich sagt man sogar, das Protokoll der Könige habe die Republik gerettet.
Zum Zeremoniell ein paar Worte, die uns als Abgeordnete betreffen. Wir werden im Rang über den Ministerialdirektoren und unter den Staatssekretären eingestuft. Es scheint so, als ob man hier die englische Übung übernommen habe, wo ja auch der permanente Staatssekretär den Vortritt vor dem parlamentarischen hat. An dieser Regelung ist nichts auszusetzen. Freilich, wir Abgeordneten haben es nicht immer ganz leicht, den Regeln des Zeremoniells zu entsprechen; denn unsere Termine und unsere Garderobe verteilen sich auf den Wahlkreis und auf Bonn und sind nicht immer gut zusammenzubringen. Man sollte sich aber doch bemühen, den Erfordernissen des Zeremoniells zu entsprechen und die Arbeit des Protokolls zu erleichtern sowie die Freude der Gastgeber zu erhöhen; man sollte Einladungen rechtzeitig annehmen oder absagen.
Mit dem Stil der Bundesrepublik sind wir im ganzen einverstanden. Der Grundgedanke ist: würdig, doch ohne übertriebenen Aufwand. Wir freuen uns, wenn fremde Staatsmänner zu uns kommen und Besuche erwidern, die von deutscher Seite abgestattet worden sind. Daß Sir Winston Churchill unter diesen Besuchern noch fehlt, bedauern wir lebhaft. Wir möchten wünschen, daß ihm seine Gesundheit erlaube, Deutschland bald zu besuchen. Hier steht neben dem Politischen das Persönliche, das wir an ihm bewundern, und steht das Geschichtliche, das sein Haus seit den Tagen des Herzogs von Marlborough mit Deutschland verbindet. Mein eigener Wahlkreis ist hier nicht uninteressiert. Es wird auch dort in Kürze die 250. Wiederkehr des berühmten Kriegsrats von Groß-Heppach gefeiert, bei der wir gern den englischen Ministerpräsidenten anwesend wüßten.
Unter Aktenzeichen 001 werden die fremden Missionen und Konsulate bearbeitet. Wir haben in Bonn jetzt schon wieder über 50 fremde Missionen und damit ein vollzähliges diplomatisches Corps. Wenn man die Posten beobachtet, die die hiesigen Diplomaten vor und nach Bonn bekleiden, kann man erkennen, daß der Sitz der Bundesregierung als politisch bedeutsam gewertet wird und daß es für fremde Diplomaten auszeichnend ist, hier tätig zu sein. Bonn ist ein beliebter Posten, und die Diplomaten spielen bei uns auch eine große Rolle.
Das Protokoll hat aus Bundesmitteln über 50 Einfamilienhäuser und über 100 Wohnungen erstellen lassen, die den fremden Diplomaten zur Verfügung gestellt werden, ohne daß man auf Gegenseitigkeit geachtet oder mit ihr gerechnet hätte.
Der früher geheiligte Unterschied zwischen Botschaftern und Gesandten ist belanglos geworden. Hervorgehoben sind nur noch die Hohen Kommissare, die als eine Art Tetrarchen oder Vierfürsten noch Gewalt über uns haben. Sie sind neben Spandau eine der letzten politischen Klammern um unser zerrissenes Land.
Die Diplomaten fingen nach dem Kriege meist in militärischem Gewande bei uns an. Sie sind inzwischen durchaus zivil geworden, und die kühle Ferne der Besatzungszeit ist freundschaftlichen Gebärden gewichen. Für die Geselligkeit fehlen in Bonn freilich manchmal die Verhältnisse einer großen Stadt, und so ist manches im gesellschaftlichen Verkehr einseitig geblieben. — Das Geld, das für das Protokoll ausgegeben wird, ist, glaube ich, nützlich angewandtes Geld.
Nun möchte .ich in rascher Folge einige Punkte herausgreifen, die mir in der Personal- und Verwaltungsabteilung bedeutsam zu sein scheinen. Ich wünschte, mit der gleichen Sorgfalt und mit dem gleichen guten Ergebnis, wie es beim höheren Dienst in Speyer der Fall ist, würden auch die Auswahl und die Ausbildung des gehobenen Dienstes vom Auswärtigen Amt in eigene Zuständigkeit genommen. Auf Grund langer Beobachtungen im deutschen und in fremden Auswärtigen Diensten im Inland und im Ausland bin ich der Ansicht, daß im Aufgabengebiet des gehobenen Dienstes die Frau eine vorzügliche Rolle spielen kann. Insbesondere sollte man den in langer Arbeit bewährten, mit den Erfordernissen unseres Dienstes verwachsenen Mitarbeiterinnen den gehobenen Dienst öffnen. Das würde natürlich bedeuten, daß es solchen Damen auch nach längerer Dienstzeit ermöglicht werden müßte, die Kurse zu besuchen und die
Prüfungen abzulegen, die zur Übernahme in das Beamtenverhältnis erforderlich sind. Hierbei handelt es sich nicht um eine wohltätige Maßnahme und auch nicht um die Gleichberechtigung von Mann und Frau, sondern um ein Erfordernis des Auswärtigen Dienstes selbst. Wir sind etwas besorgt, ob der Bundespersonalausschuß genügend Kenntnis des Auswärtigen Dienstes besitzt, um diesen Notwendigkeiten Rechnung zu tragen. Falls es nicht der Fall sein sollte, müßten wir uns vorbehalten, gesetzgeberische Maßnahmen vorzuschlagen.
In der Ausbildung des Nachwuchses für den diplomatischen Dienst sind gute Ergebnisse erzielt worden. Wer Speyer häufiger besucht, ist erfreut über diese Schar fleißiger, wohlerzogener und gescheiter junger Damen und Herren, die in die Laufbahn hineinwachsen. Völlig offen ist jedoch noch die Frage, wie und wo man den Nachwuchs für fernöstliche Posten ausbilden soll. Es fehlt hier sehr das alte Orientalische Seminar der Universität in Berlin. Es gab früher einen hochbedeutsamen, starken Stamm von Beamten mit ganz ausgezeichneten chinesischen und japanischen Sprachkenntnissen. Dieser Stamm hat sich aufgezehrt. Es wird Sache des Amtes sein, hier bald gründlich Abhilfe zu schaffen. Man kann chinesisch und japanisch nicht „nebenbei" lernen. Man wird von den Herren ein volles Studium fordern und es ihnen vielleicht gar ermöglichen müssen. Hier baut der kluge Mann vor.
In Abteilung I wird auch die Frage der diplomatischen und konsularischen Grundstücke im Ausland bearbeitet. Im ordentlichen Haushalt finden wir, wie auch der Herr Berichterstatter vorhin hervorgehoben hat, in Tit. 710 für dieses Jahr einen Betrag von rund 8 Millionen DM für, wie es heißt, „Neubauten, größere Um- und Erweiterungsbauten sowie Erwerb von unbebauten und bebauten Grundstücken für die räumliche Unterbringung der Vertretungen des Bundes im Ausland". Hier handelt es sich, wenn ich das wiederholen darf, um einen Gesamtbetrag — der über eine Reihe von Jahren verteilt wird — von insgesamt 28,4 Millionen DM. In dieser hohen Zahl drückt sich besonders stark die Tatsache aus, daß uns die Siegermächte zahlreiche Dienstgebäude im Ausland nach dem Kriege weggenommen haben. Die Rechtswidrigkeit dieser Maßnahmen braucht im einzelnen nicht mehr dargelegt zu werden. Es handelt sich dabei um die am tiefsten gehende Verletzung des Gesandtschaftsrechts, die in der diplomatischen Geschichte jemals vorgekommen ist. Nur wir Deutschen sind als einzige Macht diskriminiert und gekränkt worden. Alle anderen Staaten haben ihre Gebäude zurückerhalten. Ich darf an die Denkschrift erinnern, die das Auswärtige Amt in der ersten Wahlperiode unter Drucksache Nr. 3969 dem Hause vorgelegt hat. Wir können freilich jetzt mit tiefer Befriedigung feststellen, daß in zahlreichen Staaten das Rechtsgefühl so stark geblieben ist, daß die deutschen Dienstgebäude zurückgegeben worden sind. Besonders zu nennen sind die führenden Staaten Lateinamerikas: Argentinien, Brasilien, Chile; jetzt auch Griechenland, die Türkei, neuerdings Island und die Schweiz, soweit dort nicht noch eine dritte Macht Untermieterin in unseren Häusern geblieben ist.
Mit besonderer Genugtuung hat Deutschland erfahren, daß die Kaiserlich Iranische Regierung bei Eintreffen des deutschen Gesandten sowohl das Stadtgrundstück in Teheran als auch die Sommergesandtschaft in Schemiran zurückgegeben hat. Dieser Sommersitz in Schemiran war in den letzten Jahren das Gästehaus der Kaiserlich Iranischen Regierung. Bei der Rückgabe an den deutschen Gesandten wurde festgestellt, daß die gesamte Einrichtung, Möbel, Teppiche, Bilder, Bestecke, Leuchter, alles in vorbildlicher Ordnung und Vollständigkeit vorhanden war.
Das ist wahrhaftig ein Zeichen für die Achtung vor dem Völkerrecht und vor der Gastfreundschaft, aber auch für die Achtung vor einer fremden Nation in der Zeit ihres tiefsten Unglücks.
Der Kaiserlich Iranische Außenminister Exzellenz Entezam war früher lange Jahre in Stuttgart tätig, und in meinem Wahlkreis bewahrt man eine ehrenvolle und freundschaftliche Erinnerung an seine Besuche im gesegneten Remstal.
Schweden hat unser Gesandtschaftsgrundstück enteignet und an die Stadt Stockholm verkauft. Vom Erlös will uns die Königlich Schwedische Regierung drei Viertel zurückgeben; das restliche Viertel bleibt offenbar der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik vorbehalten.
Quelle délicatesse des sentiments, welch ein Zartgefühl im Norden, besonders in Anbetracht der Tatsache, daß wir Deutschen auf der Londoner Schuldenkonferenz unsere Anleiheschulden gegenüber Schweden nicht zu drei Vierteln, sondern zu vollen vier Vierteln anerkannt haben. Aus dem Erlös soll jetzt ein Gelände gekauft werden, wozu der Erlös wohl ausreichen wird. Auf dem Gelände soll ein neues Gebäude erstellt werden. 1,2 Millionen DM sind in Tit. 710 Ziffer 6 vorgesehen. Ich möchte wünschen, daß die Zeit der amtlichen schwedischen Kühle uns gegenüber abgeschlossen ist. Sie begann nach dem Krieg, als die geflüchteten und geretteten deutschen Wehrmachtsangehörigen von dort aus an die Sowjetunion ausgeliefert wurden und wo neben der Gesandtschaft für 400 Millionen DM deutsches Vermögen enteignet wurde. Wir möchten wünschen, daß mit dem Grundstein zur neuen Gesandtschaft auch der Grundstein zu neuen deutsch-schwedischen Beziehungen gelegt wird. Denn es könnte sein, daß es zwischen Deutschland und Schweden in der Zukunft auch politisch Bedeutsames zu bereden gibt.
Am härtesten haben sich in der Frage unserer diplomatischen und konsularischen Dienstgebäude bisher seltsamerweise die Partner der EVG und des Deutschlandvertrages erwiesen.
Immerhin läuft in den Vereinigten Staaten ein Gesetzesantrag des verdienten und hochangesehenen Senators Langer, 300 000 Dollar an die Bundesregierung als Erlös für die Versteigerung unserer diplomatischen Grundstücke zu zahlen. Ich möchte wünschen, daß die Mitglieder des Hauses, die sich in den Vereinigten Staaten befinden, eine gute Botschaft von unserer Botschaft zurückbringen können.
Großbritannien hat, wie aus der Denkschrift des Auswärtigen Amtes hervorgeht, unsere LeaseRechte an den Gebäuden Carlton House Terrace 7, 8 und 9 aufgehoben. Das wertvolle Inventar der Botschaft einschließlich des Privateigentums der
Botschaftsangehörigen bis zu den Stenotypistinnen wurde versteigert. Ein Gleiches geschah mit dem Inventar der deutschen Vertretungen in Glasgow, Liverpool, Colombo, Hongkong, Lagos, Nairobi und Singapore. Außerdem hat die britische Regierung die deutsche Botschaft in Rom, die Villa Wolkonski, und das Generalkonsulat in Neapel, die Villa Crispi, enteignet und in Benutzung genommen. Grund zu solchen Repressalien von deutscher Seite war nicht gegeben. Das Deutsche Reich hatte sich weder in Berlin noch in einem der besetzten Länder an britischen Gebäuden vergriffen.
Ich weiß, daß ich, wenn ich von solchen Dingen rede, ein sehr heißes Eisen anfasse. Ich weiß auch, daß es in England immer noch leicht ist, eine Welle des Mißtrauens, vielleicht gar des Hasses gegen die Deutschen zu erregen. Und wenn Journalisten solche Dinge schreiben, wissen sie wohl, was ihre Leser gerne lesen. Ich weiß aber auch etwas anderes, daß nämlich ein Abgeordneter und ein Parlament und eine Nation gerade in unserer Lage nur soviel wert sind, wie sie Mut haben und Achtung vor sich selbst besitzen.
Es handelt sich hier nicht darum, die Überreste des Krieges mit einem billigen und gefühlvollen forgive and forget, vergeben und vergessen, zu beseitigen und den Sieger um seinen Sieg und die Beute seines Sieges zu betrügen; sondern es handelt sich darum, ob wir die diplomatischen Gepflogenheiten und Einrichtungen als Mittel des Friedens und der internationalen Verständigung aufrechterhalten wollen oder nicht.
Es handelt sich darum, ob große Nationen, die für die Entwicklung der Welt unerläßlich gewesen sind, aktiv oder passiv vor den Rohheiten eines Zeitalters kapitulieren wollen, und zwar so bedingungslos kapitulieren, daß sie es sogar ablehnen, die Vergangenheit zu korrigieren.
Es geht uns nicht um die 4,4 Millionen DM, die wir im Tit. 710 des Haushalts stehen haben, um ein neues Haus in London zu kaufen. Es geht uns auch nicht um die Steine und den Mörtel von Carlton House Terrace, sondern es geht uns um die letzten Grundsätze, auf denen die Beziehungen der Staaten beruhen; es geht um den Sieg über den Krieg.
Es wäre dankbar zu begrüßen, wenn diese Frage auch in England neu überlegt würde.
Unsere Beziehungen zu England sind sehr eng und sind für beide Teile lebensnotwendig. Auf dem Gebiete unseres Staates stehen die britischen Truppen. In Deutschland wird England mit verteidigt, und wir sollen dabei mitwirken. Das sind, glaube ich, gute Gründe, die Beachtung verdienen.
Meine Damen und Herren! Besonders bemerkenswert ist die Lage am Vatikan. Ich glaube, wenn der neue Botschafter beim Heiligen Stuhl sein Beglaubigungsschreiben übergeben hat, dann wird er bald einmal einen Gang durch die Via Venti Settembre antreten und dort die Villa Buonaparte sehen. Dort haben seine deutschen Amtsvorgänger gewohnt und gearbeitet. Das Haus gehörte früher dem preußischen Staat; es war an das Reich vermietet, und das Reich hat die Bürogebäude darauf erstellt. Heute ist das wertvolle schöne Haus enteignet und ist die Residenz des französischen Botschafters beim Heiligen Stuhl geworden. Frankreich ist die fille aînée de l'église, ist die älteste Tochter der Kirche, und seine Könige hießen die allerchristlichsten. Nun haben wir folgende Lage. Der Vertreter dieses Landes bei Seiner Heiligkeit dem Papst wohnt in einem Haus, das unter Verletzung des Völkerrechts in Besitz genommen worden ist. Das ist politisch für Deutschland höchst demütigend, es ist juristisch eine Verletzung des Gesandtschaftsrechts und christlich eine Übertretung des 7. Gebots. Hier müssen wir fragen, ob denn das die Werte des christlichen Abendlandes seien, die wir verteidigen. Hier kommen wir gegenüber dem Osten in die größte Verlegenheit. Meine Freunde und ich halten den Fall für ernst; er berührt nicht nur Deutschland, sondern es werden die diplomatischen Beziehungen des Heiligen Stuhls zu den Staaten der Welt angetastet.
Wenn wir gerade beim Vatikan sind, dann darf ich zu der Frage des Botschafters dort, der hoffentlich seinen Posten in Kürze wird antreten können, noch ein paar Worte sagen. Die Vorgeschichte der Ernennung war sehr bewegend. Ich habe nicht die geringste Absicht, diese Frage hier im Plenum nochmals aufzurollen. Ich möchte nur versuchen, die Lehren daraus zu ziehen. Für falsch halte ich es, das Bekenntnis der Botschafter am Vatikan und am Quirinal in Beziehung zueinander zu setzen. Vatikan und Quirinal haben sich jeweils so sehr als Besonderheiten gefühlt, als durchaus getrennte Mächte, daß man sie diplomatisch überhaupt nicht in einem Atemzug nennen sollte.
Für die innerpolitische Erörterung der Angelegenheit möchte ich einen Begriff des Völkerrechts verwenden, der vielleicht mit Nutzen auf unsere inneren Angelegenheiten übertragen werden kann. Es gibt im Völkerrecht neben den Rechtssätzen die sogenannte comitas gentium, die Courtoisie, die Höflichkeit, die nicht eigentlich dem Recht, sondern mehr den freundlichen Sitten zugeordnet ist. Die Courtoisie sucht, fast wie die christliche Liebe, nicht das eigene Heil und Wohl, sondern das Heil und Wohl des andern; und so sollten wir auch in der inneren Erörterung der Frage des Bekenntnisses des Botschafters sehr behutsam sein und weniger an uns als an den andern denken.
Es heißt, alle Wege führten nach Rom. Nun, ich bin nicht genügend Fachmann, um das bezeugen zu können. Aber es gibt mindestens zwei Wege nach Rom: den weltlichen, nämlich den diplomatischen, und den sehr ausgebauten geistlichen Weg über die Hierarchie der Kirche. Alles, was Gegenstand kirchlichen Interesses ist, wird praktisch auf beiden Wegen behandelt. Ich möchte glauben, daß ein Kanzler und Außenminister, der auch auf dem Weg über die Hierarchie erfährt, ab-gläubiger Katholik ist, die Ansichten seiner Kirche gesehen davon, daß neben dem diplomatischen Weg unseres Staates auch der diplomatische Weg der Kurie mit dem Nuntius einherläuft. Diese Tatsache sollte bei der Beurteilung der Frage, ob man einen evangelischen oder einen katholischen Botschafter haben sollte, eine Rolle spielen. Die früheren evangelischen Botschafter am Vatikan, Herr von Bergen und Freiherr von Weizsäcker, haben das Vertrauen der Kurie besessen, und sie waren oft mehr Botschafter der Kurie gegenüber Deutschland als umgekehrt. Die evangelischen Kreise haben die
Tätigkeit dieser Botschafter stets mit Stolz und Befriedigung betrachtet, und sie würden es, glaube ich, zutiefst bedauern, sich aus der Beziehung ihres Staates zum Vatikan ausgeschaltet zu sehen, statt eine verantwortliche Rolle zu spielen mit Takt und Umsicht und auf der Höhe der geschichtlichen Aufgabe.
Ich möchte keine Folgerungen aus meiner Auffassung ziehen, sondern das denen überlassen, die vor allem dazu berufen sind, eine Entscheidung zu treffen; und ich möchte dies tun nicht aus juristischen und nicht aus politischen Gründen, sondern eben aus Courtoisie.
Nun, meine Damen und Herren, es wäre viel zu
sagen zu den anderen Abteilungen, der Handelspolitischen, der Rechtsabteilung und der Kulturpolitischen Abteilung. Bei der Handelspolitischen
Abteilung haben wir aber, glaube ich, die Aufgabe,
hier die Befriedigung zum Ausdruck zu bringen,
daß diese große Abteilung nunmehr in das Auswärtige Amt eingegliedert ist. Denn ohne Handelspolitik kann man überhaupt keine auswärtige
Politik treiben. Ich glaube, der Leiter der Abteilung, der vom ersten Tag nach der Kapitulation
an oder von der ersten Bildung einer eigenen deutschen Verwaltung und Staatlichkeit an die auswärtigen Handelsbeziehungen gepflegt hat, verdient es, in diesem Hause ehrend genannt zu werden. Es ist der Botschafter Freiherr von Maltzan.
In Ziffer 9 des Ordnungsplans sind die Vertretungen aufgezählt, die die Bundesregierung in den nächsten Jahren errichten wird. Der Herr Berichterstatter hat die Zahl mit 136 angegeben, zu denen noch 12 hinzukommen sollen. Wenn man eine Weltkarte vor sich hinlegte und überall dort, wo wir eigene Vertretungen haben, ein Fähnchen hineinsteckte, dann wäre das jetzt schon ein rechter Fahnenwald geworden. Ein riesiges Gebiet freilich wäre ausgespart, und zwar wie ein weißer Fleck, eine rechte terra incognita der auswärtigen Politik, über die wir heute nur vom Hörensagen und durch Dritte unterrichtet sind. Ich meine die ganze Welt von Warschau, Prag, Budapest, Sofia, Bukarest über Moskau bis nach Peking im Fernen Osten. Eine Betrachtung des Haushaltsplans führt somit wie von selbst zu den schwierigsten politischen Fragen unserer Außenpolitik. Diese Fragen können wir hier und heute nicht behandeln, aber ich glaube, wir alle fühlen, daß sie unaufschiebbar sind. Unser deutsches Dasein hängt damit zusammen, und ich möchte wünschen — und damit zum Schluß kommen —, daß wir bis zu unseren nächsten Haushaltsberatungen hier einen Schritt weiter sind auf dem Wege zur Sicherheit, zur Einigkeit, zum Frieden für Deutschland und durch Deutschland für den Frieden der ganzen Welt.
Ich empfehle dem Hause, den Haushaltsplan 05 anzunehmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Lütkens.
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausgaben im ordentlichen Haushaltsplan des Auswärtigen Amts werden in diesem Jahre auf 152 Millionen veranschlagt. Es soll eine Erhöhung um 37 Millionen eintreten, von der nur ein Teil auf die Errichtung neuer Auslandsvertretungen zurückzuführen ist. Meine Fraktion muß die Art und Weise beanstanden, in der dieser Haushaltsplan dem Hause vom Ministerium zugeleitet worden ist. Er ist so verspätet vorgelegt worden, daß in den Ausschüssen kaum, in Wirklichkeit keine Zeit für eine sachgemäße Prüfung gegeben worden ist. Der Auswärtige Ausschuß hat überhaupt keine Gelegenheit gehabt, sich mit dem Haushaltsplan zu beschäftigen. Schlimmer aber ist, daß auch der Haushaltsausschuß dazu nicht hat kommen können.
Meine Damen und Herren! Der Haushaltsplan des Auswärtigen Amts wurde diesem Hohen Hause für die erste Lesung in einer nicht vollendeten Form vorgelegt und in dieser Form dem Haushaltsausschuß überwiesen. An zwei Stellen, sowohl was den Organisations- und Stellenplan der Zentrale in Bonn wie was die Pläne für die Auslandsvertretungen anlangt, fand sich in dieser Vorlage der Vermerk, daß Pauschbeträge eingesetzt worden seien. Es heißt dann weiter wörtlich:
Ein von dem Bundesfinanzministerium anerkannter Organisations- und Stellenplan . . . sowie Vorschläge für eine Neufassung dieses Ausgabenabschnitts werden baldigst nachgereicht.
Fertiggestellt — in den interministeriellen Besprechungen fertiggestellt! -- sind diese Pläne, wie man den später nachgereichten Drucksachen entnehmen kann, am 18. Dezember vorigen Jahres. Vorgelegt worden sind sie im Haushaltsausschuß zwei Monate später, am 18. Februar, d. h. an dem einzigen Tage, an dem der Haushaltsausschuß nach den zeitlichen Plänen dieses Hohen Hauses in eine sachliche Kritik dieser Pläne hätte eintreten können. So, meine Damen und Herren, wird, wie ich glaube, eine ordnungsmäßige Kontrolle der Ausgaben eines Ministeriums verhindert, und mir scheint dieser Ablauf in der Tat symptomatisch zu sein für eine Haltung gegenüber der Volksvertretung, die sich auch bei anderen Anlässen auf seiten dieses Ministeriums, nämlich des Auswärtigen Amts, gezeigt hat.
Ich will hier nicht lange in die Materie eintreten; die Zeit läuft schnell, und wir haben heute schon sehr viel Zeit für natürlich notwendige Beratungen gebraucht. Aber ich darf Sie daran erinnern, daß schon in der ersten Wahlperiode im Auswärtigen Ausschuß immer wieder darauf hat hingewiesen werden müssen, daß gerade dieses Ministerium bei den Beratungen des Ausschusses nicht immer vertreten gewesen ist, daß er sehr oft in Abwesenheit sowohl des Herrn Außenministers wie des Herrn Staatssekretärs des Auswärtigen Amts, also in Abwesenheit von Sprechern der Bundesregierung, die sich für die Regierung verantwortlich äußern können, hat verhandeln müssen und daß wir es leider auch haben erleben müssen, daß solche im Grunde nicht verantwortliche Sprecher der Bundesregierung bei ernsten Angelegenheiten im Auswärtigen Ausschuß Aufklärungen gegeben und Feststellungen getroffen haben, von denen ich nicht weiß, ob verantwortliche Sprecher der Regierung sie gegeben bzw. getroffen hätten, die aber in deren Abwesenheit vom Ausschuß haben hingenommen werden müssen und von denen festzustellen ist, daß sie in der Sache nicht zutreffend gewesen sind.
Ich beziehe mich hier insbesondere auf den Fall eines Herrn, der lange Zeit Leiter der Rechtsabteilung des Auswärtigen Amts bzw. Delegations-
führer gewesen ist, der aber jetzt, wie ich höre, aus dem Dienst ausgeschieden ist, so daß man auf die Sache nicht mehr lange einzugehen hat. Ich stelle fest, daß ich manchmal jedenfalls für meine Person den Eindruck bekommen habe, daß diese Auskünfte geradezu mit irreführender Absicht abgegeben worden sind.
Ich wäre vielleicht auf diese Verhältnisse im Auswärtigen Ausschuß gar nicht eingegangen, wenn sich in den letzten Wochen nicht auch gezeigt hätte, daß dieses reichlich „kavaliersmäßige" Verhalten des Auswärtigen Amts .und seiner verantwortlichen Leiter die Arbeiten des Plenums und die darin zum Ausdruck kommenden Rechte der Volksvertreter und des Hohen Hauses als Ganzen zu gefährden droht. Ich beziehe mich darauf, daß wir gemäß unserem Recht in der Fragestunde Fragen an das Auswärtige Amt bzw. seine Verantwortlichen gestellt haben und keine Antwort bekommen konnten, weil niemand anwesend war. Die Herren waren auf Reisen, der Herr Bundesminister in wichtigen politischen Geschäften, der Herr Staatssekretär im Gefolge, wie ich annehme. Jedenfalls war es unmöglich, in diesem Hohen Hause das zu tun, was Aufgabe dieses Hohen Hauses ist. Ich bin der Meinung, daß es mit diesem Ministerium in dieser Weise nicht fortgehen kann.
Ich bedaure, daß der Herr Bundesfinanzminister — ich glaube, er ist nicht anwesend —, der sich doch sonst mit gutem Recht auf seine Härte viel zugute tut, in den interministeriellen Besprechungen mit dem Auswärtigen Amt es an dieser Härte, wie mir scheint, hat fehlen lassen. Ich habe den Eindruck, daß die bürokratische Leitung des Auswärtigen Amts allmählich einen sehr großen Magen bekommen hat, der viel verdauen will. Ihre Ansprüche beginnen offenbar allmählich ins Maßlose zu wachsen. Wenn ich richtig unterrichtet bin, hat der Herr Bundesfinanzminister 12 neue Auslandsvertretungen zugebilligt. Gefordert hatte das Auswärtige Amt nach meinen Informationen nicht weniger als 35. 30 neue Stellen bei schon bestehenden Auslandsvertretungen hat der Herr Bundesfinanzminister zu meinem Bedauern in diesen interministeriellen Besprechungen zugebilligt. Soviel mir bekannt ist, hatte die bürokratische Leitung des Auswärtigen Amts nicht weniger als 183 neue Stellen für höhere Beamte und Angestellte für schon bestehende und meistens seit langer Zeit arbeitende Auslandsvertretungen neuerdings angefordert.
Ich für meine Person habe guten Grund, anzunehmen, daß sich der Auswärtige Dienst schon bisher einer Überfülle an höheren Beamten und Angestellten erfreut, und zwar dürfte das mehr für die Auslandsvertretungen als für die Zentrale in Bonn gelten. Ich darf mich zur Stützung dieser meiner Ansicht auf folgenden Tatbestand beziehen. Auf Anregung meiner Fraktion ist der Rechnungshof gebeten worden, bei Gelegenheit Auslandsvertretungen zu prüfen und zu untersuchen. Es ist in der Tat in einigen Fällen geschehen. Wie ich gehört habe, ist es den Beamten des Rechnungshofes bei ihren Besuchen in Auslandsvertretungen in allen Fällen aufgefallen, daß es dort zu viele Beamte oder Angestellte in höheren Stellen gibt, und sie haben dieser ihrer Meinung auch in schriftlich an das Auswärtige Amt eingereichten Gutachten Ausdruck gegeben. Sie äußern sich — ich glaube, das kommt in den Berichten ebenfalls vor — auch dahin, daß, selbst wenn die Leiter dieser Auslandsvertretungen ihrer Zentrale zur Kenntnis bringen, daß sie innerhalb ihrer Behörden — sinngemäß — keine neuen Beamten mehr beschäftigen könnten, ihnen einfach planmäßig, verplant, wie mir scheint, neue Kräfte zugeleitet werden, nur um das Soll zu erfüllen. Das, glaube ich, sind Zustände, die auch unter dem Gesichtspunkt der Sparsamkeit — ich will hier gar nicht von den Gesichtspunkten sachlicher Arbeit sprechen — nicht zugelassen werden dürfen. Ich gebe der Erwartung Ausdruck, daß solche Berichte des Rechnungshofes aus der Vergangenheit und auch in der Zukunft dem Haushaltsausschuß zugeleitet werden.
Dasselbe gilt für eine Denkschrift, die meines Wissens im Auswärtigen Amt hergestellt worden ist, nämlich eine Denkschrift, die von seiten des Haushaltsausschusses angefordert worden war und die sich damit beschäftigen sollte, welche Bezüge andere Staaten ihren im Ausland beschäftigten Beamten' geben, um auf diese Weise einen Vergleich der im deutschen Auswärtigen Dienst im Ausland gezahlten Bezüge mit den Bezügen zu ermöglichen, die von anderen Staaten für angemessen gehalten werden. Wir geben der Erwartung Ausdruck, daß diese Denkschrift dem Haushaltsausschuß zugeleitet wird, bevor über die noch gesperrten Stellen beraten wird, die erst nach Prüfung durch den Herrn Sparkommissar im Haushaltsausschuß wieder zur Erörterung gestellt werden sollen, damit eine bessere Basis für eine sachliche Beurteilung der Notwendigkeiten gegeben ist.
Ich mache darauf aufmerksam, daß eine allzu hohe Bezahlung der Auslandbeamten — ich glaube, aus der Denkschrift, von der die Rede ist, wird auch ersichtlich sein, daß die Bundesrepublik in sehr vielen Fällen in dieser Hinsicht recht großzügig und großzügiger als andere Staaten vorgeht —, daß ein unnötig großer Niveauunterschied zwischen den im Inland und den im Ausland gezahlten Gehältern und Zuschlägen dahin führen muß, daß bei den im Auswärtigen Dienst und insbesondere in der Zentrale beschäftigten Beamten ein ungebührlicher Drang ins Ausland Platz greift.
Ich darf in diesem Zusammenhang auf den Antrag verweisen, den meine Fraktion auf Umdruck 25 vorgelegt hat. Herr Präsident, ich darf Sie bitten, ein Versehen, das auf diesem Umdruck 25 passiert ist, zu berichtigen. Wir legen hier nicht eine Entschließung zur Beratung des Haushaltsplans, sondern einen Antrag vor. Der Antrag geht dahin, den bisher schon im Haushaltsplan vorgesehenen Inspekteur nunmehr zu ernennen, ihm zwei befähigte und geeignete Beamte zur Verfügung zu stellen, damit die Auslandsstellen in einer systematischen Weise durchgekämmt und auf ihre zweckmäßige Organisation, die sachgemäße Verwendung von Mitteln und natürlich auch die Notwendigkeit der vorliegenden Arbeiten hin geprüft werden können. Für eine solche Aufgabe ist das Auswärtige Amt in seiner Zentrale nicht befähigt. Diese Aufgabe kann es nicht übernehmen. Die Versuche, die, wie ich glaube, seit einiger Zeit gemacht werden, willkürlich eine große Anzahl — wie mir scheint — von Beamten auf Reisen zu schicken, um durch Stippvisiten die Verhältnisse an diesen oder jenen Orten zu prüfen, können zu keinen vernünftigen Ergebnissen führen.
Es ist nicht möglich, bei Gelegenheit dieser Aussprache im Plenum des Hohen Hauses das nachzuholen, was durch Versäumnis, Zaghaftigkeit oder vielleicht aus Absicht des Auswärtigen Amts im Haushaltsausschuß nicht hat geschehen können.
Diese Arbeit wird in Zukunft in den Ausschüssen
und insbesondere natürlich im Haushaltsausschuß
— aber, wie ich glaube, zweckmäßigerweise auch in einer Art Vorbesprechung im Auswärtigen Ausschuß — getan werden müssen. Meine Fraktion glaubt, daß man im Bereich des Auswärtigen Amts und des Auswärtigen Dienstes eine Übersetzung mit Personal, insbesondere eine Kopflastigkeit in der Besetzung mit Personal — nämlich eine zu große Anzahl von höheren Beamten und Angestellten im Verhältnis zu einer zu geringen Zahl von Beamten des gehobenen und mittleren Dienstes sowie sonstiger Hilfskräfte — feststellen kann,
— Zustände, die dahin führen, daß, wie man sich auch gelegentlich durch Augenschein im Ausland überzeugen kann, höhere Beamte oder Angestellte damit beschäftigt sind, Zeitungsausschnitte auf Papier zu kleben und derartige Arbeiten zu verrichten, für die höchstfalls Hilfskräfte eingesetzt werden sollten. Dies geschieht einfach deshalb, damit diese unglücklichen Menschen mit hoher Bezahlung eine Beschäftigung finden.
Wir glauben auch nicht, daß bisher im Auswärtigen Amt — und nicht nur aus Gründen, die beim Auswärtigen Amt liegen — eine sachlich unbedingt befriedigende Personalauswahl hat stattfinden können. Wir glauben auch nicht, daß eine unbedingt zweckmäßige Organisation der Arbeit im Auswärtigen Amt vorliegt. Wir bedauern aus diesem Grunde und aus den Gründen, die ich angedeutet habe, ganz besonders, daß der hierfür in erster Linie verantwortliche Staatssekretär des Auswärtigen Amts sich dieser seiner Hauptaufgabe so wenig widmet oder so wenig widmen kann.
Ich möchte einige wenige Worte über das nun seiner Vollendung entgegengehende Gebäude für das Auswärtige Amt sagen, das mit großen Kosten in Bonn errichtet worden ist. Ich ersehe mit Überraschung aus dem Haushaltsplan, daß die Absicht besteht — wenn auch nicht ganz in dem Umfang, der im Haushaltsplan angedeutet wird —, neben diesem sehr großen Gebäude noch weitere gepachtete oder angemietete Gebäude für die Zwecke des Auswärtigen Amts zu benutzen.
Diese Absichten betreffen, soviel ich unterrichtet bin, insbesondere eine Reihe von Gebäuden, die in der Koblenzer Straße stehen. Ich für meine Person behaupte, Herr Bundeskanzler, daß in dem recht teuren neu errichteten Gebäude reichlich Platz ist, um die ganze Behörde des Auswärtigen Amts unterzubringen, ja, daß sogar mehr Platz ist, als für diese Zwecke notwendig wäre, sofern nur endlich einmal der bürokratische Apparat des Auswärtigen Amts zweckmäßiger organisiert würde, als das zur Zeit der Fall ist.
Hinsichtlich der Frage der inneren Organisation des Auswärtigen Amts will ich mich auf wenige Bemerkungen beschränken. Ich möchte besonders die Aufteilung in der Bearbeitung der politischen Angelegenheiten zwischen zwei Abteilungen kritisieren. Ein Teil der politischen Aufgaben wird in der Abteilung III, der Länderabteilung, ein anderer Teil in der Abteilung II behandelt. Ich glaube, daß das sachlich unzweckmäßig und im übrigen unnötig kostspielig und unnötig umständlich ist. Es führt dazu, daß die Länderabteilung ohne Fühlung mit den politischen Entscheidungen arbeiten muß. Es führt dazu, daß das von der Länderabteilung auf Grund des ihr zufließenden Materials Erarbeitete nicht in einer zweckmäßigen Weise für die politischen Entscheidungen fruchtbar gemacht werden kann. Ich bin auch der Meinung, daß die vor allen Dingen von Chefs von Auslandsbehörden so oft beklagten Zustände damit zusammenhängen, daß sie ohne Weisungen dastehen, und daß die von ihnen übersandten Berichte in Bonn nicht ausgewertet werden. Ich kann mich zu den Einzelheiten dieser Behauptungen nicht äußern, aber ich habe den Eindruck gewonnen, daß sie nicht einfach aus der Luft gegriffen sein können. Ich bin der Meinung, daß die Abteilung II möglichst bald derart aufgeteilt werden müßte, daß der größere Teil dieser Abteilung mit der Abteilung III in eine Politische Abteilung zusammengefaßt und der Rest dem Büro des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts angegliedert wird.
Hier darf ich am Rande folgendes bemerken. Mich berührt es eigenartig, und es wird, glaube ich, viele eigenartig berühren, daß das Saarreferat nach dem neuen Ordnungsplan mit den vielen Nullen in die Unterabteilung für zwischen- und überstaatliche Organisationen und nicht, wie man doch wohl erwarten sollte, in die Unterabteilung „Allgemeine Außenpolitik", und zwar inbesondere in das dort vorhandene Deutschlandreferat, eingegliedert ist.
Diese Aufteilung der politischen Aufgaben auf zwei verschiedene Abteilungen ist, wie ich glaube, in ihren Konsequenzen durch die räumliche Trennung verschlimmert, die jetzt besteht und die, wie es scheint, auch nach Errichtung dieses neuen großen Gebäudes nicht beseitigt werden soll. Im Auswärtigen Amt zeigen sich gewisse Neigungen zur Entwicklung eines neuen Organisationsprinzips. Auch das hängt mit der Aufteilung der politischen Angelegenheiten auf zwei verschiedene Abteilungen zusammen. Es ist, wie ich vielleicht sagen darf, das Organisationsprinzip des Gefolges, des Heeresgefolges, möchte man beinahe sagen. Es besteht die Neigung gewisser leitender Beamter, ihren Platz im Palais Schaumburg zu behalten und darauf zu verzichten, sich in dieses für das Auswärtige Amt besonders errichtete Gebäude zu begeben. Nach meiner Ansicht wäre der erste, der in dieses große Gebäude übersiedeln müßte, der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts, damit er vom Beginn an darauf sehen könnte, daß nun die in dem neuen Gebäude glücklich vereinigten Beamten zu einer zweckmäßigen, von gutem Geist und von der guten Sache erfüllten Arbeit zusammengeführt werden.
Es ist eine schlimme Sache, Herr Staatssekretär -wenn ich Sie auch im Plenum dieses Hohen Hauses ansprechen darf —, daß Ihnen, soweit ich richtig unterrichtet bin, noch nicht einmal die höheren Beamten des Auswärtigen Amts persönlich bekannt geworden sind.
Ich werde einige Worte über das Ausbildungswesen für das Auswärtige Amt zu sagen haben. Ich sehe mit einer gewissen Freude, daß in dem Haushaltsplan für die beiden nächsten Jahre Kurse vorgesehen sind, in denen, wie ich glaube, 40 neue Anwärter im ersten und etwa 60 im zweiten Jahr ausgebildet werden sollen. Jedoch, Herr Bundeskanzler, soweit ich richtig unterrichtet bin, bedarf es jetzt schon einer Frist von zehn Jahren, bevor diese dort in Speyer oder vielleicht später, ich fürchte, in Bonn auszubildenden Anwärter hoffen können, etatmäßig in eine Beamtenstelle eingewiesen zu werden.
Wir sind der Meinung, daß es von größter Wichtigkeit ist, für den auswärtigen Dienst und das Auswärtige Amt einen guten Nachwuchs heranzubilden. Wir würden bereit sein, erhebliche zusätzliche Mittel zu bewilligen und große Anstrengungen zu ermöglichen, damit das geschieht. Aber wie denkt man sich die Laufbahn solcher jungen Menschen, wenn von Anfang an für sie feststeht, daß sie Jahre und Jahre werden warten müssen, bis sie in ein festes Beamtenverhältnis im Rahmen des Auswärtigen Dienstes und des Auswärtigen Amts kommen können? Das ist eine Konsequenz dieser verschwenderischen Übersetzung, die man mit der Einberufung von Beamten und Angestellten von oft sehr fraglicher Eignung in den Dienst insbesondere auch der auswärtigen Vertretungen seit zwei Jahren getrieben hat. Jetzt ist der Weg für den Nachwuchs blockiert. Ich würde daher doch sehr dazu raten, nach Mitteln zu suchen, um diese Schwierigkeit aus dem Wege zu räumen.
Ich habe kürzlich von einem maßgeblichen Beamten der Personalabteilung des Auswärtigen Amts vernommen, er mache sich Sorgen darüber, daß die durchschnittliche Qualität der sich meldenden Bewerber zu wünschen übriglasse, und Sorgen darüber, wie man eigentlich zur Bildung eines wirklich qualifizierten neuen Auswärtigen Dienstes gelangen könne. Wenn man größere Auslandsvertretungen besucht, hat man in der Tat manchmal den Eindruck, daß vieles zu wünschen übrigbleibt hinsichtlich der Art und Weise, wie diese Dienststellen — ich kann nur sprechen von Form und Takt und auch von dem, was man Repräsentation nennt — und wie insbesondere manche der bei ihnen beschäftigten „mittelalterlichen" Kräfte die Bundesrepublik im Ausland vertreten.
Wer Gelegenheit gehabt hat, die Kurse in Speyer zu besuchen — ich sage das ohne alle Kritik, ohne den Wunsch nach irgendeiner Kritik an irgendeinem dort zu findenden Anwärter —, wird sich in der Tat meiner Ansicht nach nicht immer eines etwas besorgten Gefühls haben erwehren können, wie aus wenigstens einem Teil dieses Materials ein wirklich arbeitsfähiger, leistungsfähiger und guter Auswärtiger Dienst herauswachsen soll. Es gibt dort sehr viele gute, auch sehr viele hoffnungsvolle Anwärter. Aber in manchen Fällen hat man doch, soweit man sich solche Eindrücke in kurzer Zeit bilden kann, einige Beklemmungen.
Ich halte es im übrigen nicht für eine gute Idee, so großes Gewicht darauf zu legen — wie das wenigstens eine Zeitlang geschehen ist —, gerade Philologen als Anwärter für den Auswärtigen Dienst zu suchen. Ich sehe darin die richtige Einsicht, daß spezialisierte Juristen, wie die Erfahrung immer wieder gezeigt hat, nicht sehr gute Diplomaten sind. Aber ich darf doch, da von Bismarck die Rede gewesen ist, an eine Anekdote erinnern, an den Besuch einer Dame bei Bismarck, die ihm ihren Sohn als Anwärter für den Auswärtigen Dienst empfehlen wollte mit der Anpreisung, er spreche mehrere Sprachen perfekt. Daraufhin sagte ihr der alte Herr, das täten Friseure auch. Darauf kommt es in der Tat nicht an, so sehr das, zu einer gewissen Zeit jedenfalls, im Auswärtigen Amt von denen, die für die Auswahl der Bewerber maßgebend waren, in den Vordergrund geschoben worden ist. Statt die Anwärter Sprachen ochsen zu lassen und alle möglichen, im Grunde unwichtigen Kenntnisse mit einer Art Nürnberger Trichter in diese Menschen hineinzupfropfen, sollte die Ausbildung vielmehr dahin zielen, die Anwärter als
Menschen aufzulockern, sie als freie Menschen zu entwickeln, die sich im Ausland richtig bewegen und die Bundesrepublik in würdiger Weise vertreten können.
Ich weiß, daß es schwierig ist, geeignete Bewerber für diese Laufbahn zu gewinnen, und ich weiß, daß es außerhalb der Einflußmöglichkeiten jeder Behörde, also auch des Auswärtigen Amts, liegt, diese Schwierigkeiten völlig zu überwinden. Aber die Blockierung der etatmäßigen Anstellung auf lange Zeit hinaus durch eine ungeeignete Personalpolitik, dazu ein weiteres, auf einer anderen Ebene liegendes Moment, auf das ich noch zu sprechen kommen muß, erklären zum Teil, warum sich gute Bewerber oft nicht entschließen können, in den Auswärtigen Dienst einzutreten.
Die leitenden Beamten und in erster Linie der Staatssekretär des Auswärtigen Amts müssen, anstatt in der Welt herumzureisen, auf diese verwaltungsmäßige Aufgabe viel größeres Gewicht legen, als sie das bisher getan haben, damit allmählich eine Beamtenschaft mit guter Eignung, aber auch in einem guten Geist entsteht.
Man muß sie ermuntern — das gehört auch dazu, meine Damen und Herren! —,
freimütig ihre sachlich begründeten Meinungen zu äußern. Im Auswärtigen Amt herrscht ein Geist der Furchtsamkeit.
Das ist keine gute Sache. Die Beamten wagen sich ja gar nicht mehr zu äußern, und das hat schlechte Konsequenzen.
Herr Bundeskanzler, ich weiß nicht, ob es richtig ist, daß die Note des Herrn Bidault in Bonn vorlag, als Sie nach Paris abreisten,
und daß man nicht wagte, sie Ihnen zu geben, so daß Sie bei Ihrer Ankunft in Paris mit dieser Note überrascht wurden.
Ich habe von dem guten Geist gesprochen, der in der Beamtenschaft, wenn er dort noch nicht vorhanden ist, entstehen müsse. Ich habe Ihnen für die Fragestunde schon vor vielen Wochen eine Frage über den Zollschmuggel angemeldet, der in einem Fall mit dem Kuriergepäck getrieben worden ist. Der Zollschmuggel, wenn er allgemein üblich sein sollte, deutet auf einen wenig guten Geist in der Beamtenschaft im Ausland
und vielleicht auch im Inland hin. Ich schneide die Frage jetzt an, weil es vielleicht auf diese Weise möglich sein wird, dem Ministerium in der Fragestunde zu ersparen, noch Zusatzfragen beantworten zu müssen; denn das ist ja in der Fragestunde immer die größere Schwierigkeit. Ich stelle fest, und ich glaube, man kann mir nicht widersprechen, daß zwei Drittel des Inhalts der Kuriersendung, die von der Zollfahndungsstelle Köln beschlag-
nahmt wurde, nicht aus amtlichen Sendungen bestanden haben. Ich möchte das Hohe Haus daran erinnern, daß die Erfahrungen gezeigt haben, wann es vorkommt, daß Kuriergepäck durch einen Zufall leck wird. Es kommt immer dann vor, wenn Zollverwaltungen aus langer Beobachtung den Eindruck gewonnen haben, daß in großem Umfang und über lange Zeit Mißbrauch getrieben wird, und ich weiß nicht, ob dies das einzige Kurierstück war, das innerhalb der letzten Monate zu Bruch gekommen ist und nicht nur solchen Inhalt enthüllte, der auf den Begleitdokumenten angegeben war. Ich möchte das Auswärtige Amt und den Herrn Bundeskanzler als Außenminister ersuchen, diese Sache dem Auswärtigen Ausschuß vorzutragen.
Das gleiche, meine Damen und Herren und Herr Bundeskanzler, erwarten wir hinsichtlich eines anderen Komplexes, der seit dem frühen Sommer vorigen Jahres als eine Wolke einigermaßen peinlicher Gerüchte über Bonn hängt. Es handelt sich um Dinge, die, wie mir scheinen will, unter Umständen zu Fragen der Staatssicherheit Beziehung haben. Ich habe keinen Zweifel, daß das, worauf ich hier anspiele, auch Ihnen bekannt ist. Meine Fraktion wünscht nicht, über diese Frage in eine öffentliche Diskussion zu treten, aber wir geben der Erwartung Ausdruck, daß die Bundesregierung es endlich als notwendig erachten möge, die Lage dem Auswärtigen Ausschuß darzulegen und zu erklären, wie es mit dieser Sache steht, welche Maßnahmen sie für notwendig hält bzw. welche Maßnahmen sie getroffen hat.
Ich habe mir aus vielen Gründen vorgenommen, über einzelne Fälle der Personalpolitik heute und bei dieser Gelegenheit nicht zu sprechen; aber abschließend darf ich auf einen Fall kurz eingehen. Es handelt sich um die Bestellung eines neuen Beobachters bei den Vereinten Nationen. Beschäftigen will ich mich ausschließlich und, wie ich sagte, kurz mit der Form und der Art des Vorgehens. Das Auswärtige Amt hat monatelang mit der Regierung der Vereinigten Staaten über technische Fragen hinsichtlich der Abwicklung der geplanten Entsendung verhandelt. Ich glaube, man hat über Einreisevisen, j a sogar über den Status des zu Entsendenden in der Erwartung verhandelt, die Regierung der Vereinigten Staaten werde ein Sondergesetz erlassen, um dem Beobachter bei den Vereinten Nationen einen diplomatischen Status zuzubilligen, der ihm wie allen anderen Beobachtern bei den Vereinten Nationen, die von Ländern entsandt sind, die nicht Mitglied der Vereinten Nationen sind, nicht zukommt. Während dieser monatelangen Verhandlungen und aus der Natur und Art solcher Verhandlungen ist die Frage des neu zu entsendenden Beobachters in New York in die öffentliche Diskussion gekommen. Es hat eine Pressekonferenz stattgefunden, in der dem Generalsekretär Hammarskjöld der Vereinten Nationen Fragen über eine Person und über eine Sache gestellt wurden, über die er nicht unterrichtet war, und bei der er nicht wußte, daß ein neuer Beobachter entsandt und wer es sein würde.
Das ist eine Situation, die herbeizuführen nach Begriffen der Diplomatie unvorstellbar ist.
Während all dieser Monate hat das Auswärtige Amt es nicht für notwendig gehalten, auch nur
Fühlung mit dem Gastgeber dieses Beobachters zu nehmen.
Die Organisation der Vereinten Nationen wurde vor eine, wenn auch noch nicht ganz vollendete zweite Tatsache gestellt und in die peinliche Lage versetzt, daß der Generalsekretär in einem Fall, der ihm überhaupt noch nicht bekanntgeworden war, hypothetische Antworten geben mußte. Und abschließend stellt das Auswärtige Amt in Bonn fest, daß eine einseitige Mitteilung an die Vereinten Nationen rechtlich genüge, um die Sache ordnungsgemäß über die Bühne gehen zu lassen. Ist das die Diplomatie des Stockes oder die Diplomatie des Taktes,
auf die sich das Auswärtige Amt unter Ihrer Führung, Herr Staatssekretär, ausrichten soll?
Es sind etwa vier Jahre her, seitdem dieses Hohe Haus einen Antrag angenommen hat, wonach ein Auswärtiges Amt — damals ist es anders genannt worden — eingerichtet und dafür ein Staatssekretär zur Wahrnehmung der einem solchen obliegenden Aufgaben eingesetzt werden sollte. Dieser Antrag ist damals von meiner Fraktion bei einer Etatberatung gestellt und am Tage darauf nach einer Beratung im Auswärtigen Ausschuß fast einstimmig angenommen worden. Wenn wir uns heute den Aufbau des Auswärtigen Amts betrachten, scheint es uns, daß noch sehr viel zu tun ist, um es in eine gute Form zu bringen und zu guter Leistungsfähigkeit zu entwickeln. Es ist sehr viel mehr zu tun, als eigentlich nötig sein sollte, nachdem fast vier Jahre darüber hingegangen sind, in denen man sich bemüht hat, aber, wie mir scheint, nicht immer sehr erfolgreich, und zwar hauptsächlich deshalb, weil es im Auswärtigen Amt keine Person gibt, die sich dieser wichtigen Aufgabe wirklich widmen würde. Die Organisation des Auswärtigen Amts ist nicht befriedigend, und sie ist nicht geeignet, für eine Außenpolitik als Instrument zu dienen. Ich fürchte, sie ist ein recht stumpfes Instrument, und die Arbeitsüberlastung, Herr Bundeskanzler, unter der Sie in Ihrem doppelten Amt leiden — da Sie j a beide Ämter beibehalten wollen —, ist sicher zum Teil darauf zurückzuführen, daß dieses Instrument und die Hilfe, die Ihnen zur Verfügung steht, eben nicht genügend und gut ist. Ich fürchte, der Geist, der dieses Amt durchwaltet, ist nicht das, was man sich wünschen könnte. Er bedürfte einer sorgsamen Pflege. Das Gericht, das dort zubereitet ist — ich bitte um Entschuldigung, wenn ich mich nicht so in Lyrismen ausdrücken kann —,
scheint mir nicht sehr schmackhaft, — ein Schnitzel à la Hallstein — —
— Man lernt ja durch Erfahrung; vielleicht würde es bei einer zweiten Probe bekömmlicher sein.
Auf Umdruck 24 hat Ihnen meine Fraktion eine Entschließung vorgelegt, die das Ersuchen beinhaltet, der im Auswärtigen Amt schon bestellte
Staatssekretär — nicht ein zweiter! — möge dazu angehalten werden, sich den Aufgaben des Aufbaues der Organisation und den Bemühungen, daß diese Organisation gut und leistungsfähig bleibt, in erster Linie und mit seiner ganzen Kraft zu widmen. Ich bitte das Hohe Haus, dieser Entschließung in demselben Sinne zuzustimmen, wie auch die Entschließung vom Jahre 1950, auf die sie sich bezieht: „Der Bundeskanzler wird ersucht, alsbald einen Staatssekretär für das Auswärtige Amt zu ernennen," von dem ganz überwiegenden Teil dieses Hohen Hauses angenommen worden ist.
Meine Damen und Herren, meine Fraktion lehnt den Etat des Auswärtigen Amts ab.
Sie lehnt ihn nicht nur aus allgemein politischen Gründen ab. Es bedarf da gar keiner Zwischenrufe, es ist doch eine Selbstverständlichkeit in einem demokratischen — —
Wir lehnen ihn nicht nur aus allgemein politischen Gründen ab. Wir lehnen ihn auch aus den besonderen Gründen ab, die ich dargelegt habe, nämlich deshalb, weil es innerhalb dieser vier Jahre nicht gelungen ist, eine arbeitsfähige Behörde zu schaffen, wie wir sie wünschen und für die Mittel zu bewilligen im Rahmen dessen, was wirklich als notwendig erwiesen werden kann, wir immer bereit sein werden, wie wir es in der Vergangenheit waren.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär Dr. Hallstein.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich darf auf eine Anzahl von Feststellungen eingehen, die die Herren Abgeordneten Dr. Pfleiderer und Dr. Lütkens zu Elementen ihrer Urteilsbildung über den Stand der Dinge im Auswärtigen Amt und insbesondere über die Anforderungen dieses Haushaltsplans gemacht haben.
Zunächst darf ich Herrn Abgeordneten Dr. Pfleiderer versichern, daß sein Wunsch, das Gebäude Dahlmannstraße 4 möge bald im Interesse der Herren Parlamentarier geräumt werden, vom Auswärtigen Amt geteilt wird. Wir werden diese Räumung auf das äußerste beschleunigen.
Herr Abgeordneter Dr. Pfleiderer hat sodann das Problem der Heimschaffung des Vermögens von Diplomaten in einer Weise berührt, der das Auswärtige Amt grundsätzlich nur zustimmen kann. Ich möchte diese Zustimmung allerdings mit einer Qualifikation versehen. Diese Qualifikation hat sich bei mir noch verstärkt unter dem Eindruck von Unterhaltungen, die ich in den letzten Wochen mit unserem Botschafter in Ankara gehabt habe und die sich gerade auf das Problem der Behandlung von Diplomatenvermögen bezogen haben. Bei der Behandlung dieser Frage hat sich nämlich in der Praxis eine Unterscheidung zwischen diesem Vermögen und dem Vermögen von Emigranten herausgestellt, die, wenn sie sich einer ähnlichen Lage gegenübersehen, einen nicht geringeren Anspruch darauf haben, Unterstützung und Erleichterung durch die Bundesrepublik zu erfahren. Wir sind gerade jetzt dabei, gewisse Ungleichmäßigkeiten, die wir als diskriminierend für die Emigranten empfinden, auszuräumen. Mit diesem Zusatz darf ich also dem zustimmen, was der Herr Abgeordnete gesagt hat.
Die dritte Bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Pfleiderer, zu der ich Stellung nehmen möchte, geht dahin, daß wir doch — das ist seine Anregung — die Entwicklung und Ausbildung für den gehobenen Dienst in unsere eigene Regie übernehmen möchten. Auch in diesem Punkte stimmt das Auswärtige Amt dem Herrn Abgeordneten zu. Wahrscheinlich werden wir noch im Laufe dieses Jahres die Maßnahmen abgeschlossen haben, die uns in der Tat in den Stand setzen, die Ausbildung für den gehobenen Dienst in eigene Hände zu übernehmen. Herr Abgeordneter Dr. Lütkens hat diesen Punkt des gehobenen Dienstes gleichfalls berührt. Ich darf vielleicht in Abweichung von der Reihenfolge der Gegenstände, die er selber vorgezogen hat, hier gleich sagen: wir teilen seine Auffassung, daß der Ausstattung unseres Dienstes mit Stellen des gehobenen Dienstes größere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte, als das traditionellerweise der Fall ist. Der gegenwärtig zur Diskussion stehende Haushaltsplan ist bereits ein Beispiel dafür, daß wir die Stellen im gehobenen Dienst zu verstärken trachten, auch — wenn ich das Herrn Abgeordneten Dr. Lütkens gleichzeitig antworten darf — auf Kosten von Stellen des höheren Dienstes. In seiner Anregung, die Gesamtzusammensetzung des Auswärtigen Dienstes sowohl in der Zentrale als auch im Ausland daraufhin zu überprüfen, ob nicht Verschiebungen auf Kosten des höheren Dienstes und zugunsten des gehobenen Dienstes stattfinden könnten, steckt ein richtiger Kern, und wir werden ihr insoweit durchaus entsprechen.
Herr Abgeordneter Dr. Lütken s hat dann die Art und Weise beanstandet, wie der Haushaltsplan verfahrensmäßig behandelt worden ist. Er hat insbesondere gerügt, daß er so verspätet vorgelegt worden sei, daß weder im Haushaltsausschuß noch im Auswärtigen Ausschuß die Zeit gewesen sei, ihn zu erörtern. Es ist richtig, daß die Zeit, die zur parlamentarischen Erörterung des Haushaltsplans des Auswärtigen Amtes zur Verfügung stand, sehr kurz gewesen ist. -Es ist auch richtig, daß unsere eigenen Arbeiten verhältnismäßig früh abgeschlossen waren. Es hat aber dann einer eingehenden Erörterung dieser Dinge im und mit dem Bundesfinanzministerium bedurft. Das hat zu einer gewissen Verspätung der Verabschiedung dieses Teils im Bundeskabinett geführt. Ich glaube allerdings, daß im Ergebnis diese Verspätung der sachlichen Qualität des Plans und damit auch der Erörterung des Plans im Haushaltsausschuß zugute gekommen ist. Wir haben den Plan in einer reiferen und abgeklärteren Form vorlegen können, als es sonst der Fall gewesen wäre.
Der Herr Abgeordnete hat weiter beanstandet, daß der Herr Bundesminister des Auswärtigen und der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes nicht bei der ganzen Beratung im Haushaltsausschuß zugegen gewesen seien. Das ist richtig. Ich darf hier aber feststellen, daß ich selber meine Anwesenheit während dieser Beratungen für die gesamte Zeit angeboten habe, für die der Haushaltsausschuß sie für erforderlich halten würde. Der Haushaltsausschuß hat mich nach einiger Zeit von
der Notwendigkeit, dort anwesend zu sein, mit Rücksicht auf andere Dienstgeschäfte entbunden — ich darf hinzufügen, Herr Abgeordneter —, ohne daß von seiten der Opposition gegen diese Entscheidung des Haushaltsausschusses irgendein Widerspruch erhoben worden ist.
Der Herr Abgeordnete Dr. Lütkens hat sodann gegen einen Herrn, den er nicht namentlich genannt hat, sondern den er nur nach seiner Stellung beschrieben hat, einen schweren Vorwurf erhoben. Er hat diesen Herrn beschrieben als einen Leiter der Rechtsabteilung, der sich nicht mehr im Dienste des Auswärtigen Amtes befinde. Einen solchen Leiter der Rechtsabteilung gibt es nicht, und ich weiß infolgedessen nicht, auf welche Persönlichkeit sich diese Bemerkung bezieht.
Ich muß mich aber gegen die Feststellung verwahren, die der Herr Abgeordnete getroffen hat, daß dieser Beamte, wer immer es sein möge, Auskünfte mit irreführender Absicht abgegeben habe. Das ist ein schwerer Vorwurf gegen die Erfüllung dienstlicher Pflichten durch einen Beamten des Auswärtigen Amtes. Ich darf den Herrn Abgeordneten bitten, mir für diesen Vorwurf, für den er eine Begründung haben wird, das Material zuzuleiten. Es wird an einer Prüfung und Untersuchung seines Vorwurfs dann nicht fehlen.
Es ist weiter gesagt worden, daß das Auswärtige Amt in seinen ursprünglichen Anforderungen über das hinausgegangen sei, was schließlich vom Bundesfinanzministerium bewilligt worden ist. Ich glaube sagen zu dürfen, daß das Auswärtige Amt dieses Schicksal mit allen Ressorts teilt, die Haushaltspläne aufstellen. Es ist, glaube ich, Aufgabe des Bundesfinanzministeriums, die ursprünglichen Anforderungen, die ganz sicher keine Maximalanforderungen sind, die aber natürlich optimale Anforderungen sind — denn es ist unsere Schuldigkeit, Anforderungen so zu stellen, daß wir glauben, den besten Effekt damit zu erzielen —, auf das Maß zurückzuführen, das notwendig gemacht wird durch die Haushaltslage des Bundes und durch die Rücksicht darauf, daß andere Ressorts ebenfalls ihre Bedürfnisse haben.
Der nächste Punkt betrifft die Denkschrift, die das Auswärtige Amt über die Besoldung der Auswärtigen Dienste anderer Länder versprochen hat. Diese Denkschrift ist bis auf die Schlußredaktion fertig. Sie wird unmittelbar, nachdem diese Schlußredaktion abgeschlossen ist, ich denke in den allernächsten Wochen, vorgelegt werden und wird dann die Grundlage für eine Diskussion darüber bilden, ob es wirklich zutrifft, daß die Besoldung unserer Auslandsbeamten unangemessen hoch ist. Das Auswärtige Amt ist nicht dieser Meinung. Vielleicht dürfen wir aber die Disskussion in diesem Fall in den Ausschuß verlegen, in dem die Denkschrift erörtert werden wird.
Es ist sodann gesagt worden, daß es um die Organisation des Auswärtigen Amtes in der Zentrale und die Erfüllung der Dienstobliegenheiten im Auswärtigen Amt so schlecht bestellt sei, daß Missionschefs in kritischen Fällen keine Weisungen bekommen hätten und daß umgekehrt, wie man wisse, Berichte, die von den Missionen eingehen, nicht gelesen würden. Nun, es ist sehr schwer, auf eine solche Aussage etwas zu sagen, wenn sie nicht substantiiert ist. Auch hier wäre ich dankbar, wenn mir Fälle genannt werden könnten, die Anlaß zu einem solchen globalen Urteil gegeben haben, und wir werden diesen Fällen nachgehen. Ich will damit nicht sagen, daß wir nicht in den letzten Jahren unter dem Zustand der Unvollständigkeit und der Unfertigkeit des Aufbaus des Auswärtigen Amtes und des Auswärtigen Dienstes gelitten haben. Ich will ganz gewiß nicht bestreiten, daß es da und dort vorgekommen sein kann, daß ein Missionschef auch einmal in der Lage gewesen ist, auf eigene Verantwortung zu handeln, oder daß einer Anregung, die er gegeben hat, nicht in dem Maße Rechnung getragen worden ist, wie das vielleicht für ihn und im objektiven Interesse erwünscht gewesen wäre. Aber das darf ich doch sagen: daß seit mindestens dem Beginn des vorigen Jahres dieser Vorwurf nicht mehr erhoben werden kann. Wir sind seit etwa einem Jahr an einem Zustand des Aufbaus des Auswärtigen Amts angelangt, der zwar noch nicht vollständig ist, auch quantitativ nicht vollständig — weshalb es sicher auch später noch zu weiteren Anforderungen haushaltsmäßiger Art kommen wird, namentlich was die Erweiterung konsularischer Auslandsvertretungen betrifft —, von dem man aber doch im ganzen sagen kann, daß das Maß der Unzulänglichkeit, das dieser Apparat jetzt noch bietet, das Maß ist, das menschlichen Institutionen allgemein eigen ist, und kein größeres.
Es ist weiter die Frage des Verhältnisses der Abteilungen II und III berührt worden. Der Herr Abgeordnete weiß, daß ich selber im Haushaltsausschuß seit Jahren in den Berichten, die der Erörterung unseres Haushaltsplans voraufgegangen sind, darauf hingewiesen habe, daß wir selber hierin ein, und zwar das größte, Problem der Organisation unserer Zentrale sehen. Aber ich darf doch gleichzeitig hinzufügen, daß inzwischen eine wichtige Änderung sich vollzogen hat, die, glaube ich, das Wesentliche des hier vorgetragenen Gravamen erledigt. Es ist eine Zusammenfassung der Abteilung II, also der politischen Abteilung, die die aktuellen großen politischen Anliegen behandelt, und der Abteilung III, der Länderabteilung, dadurch hergestellt worden, daß beide Abteilungen unter der koordinierenden Leitung des Direktors der Abteilung II zusammengefaßt worden sind. Wodurch unterscheidet sich diese Lösung von der Lösung einer einheitlichen Politischen Abteilung? Eigentlich nur haushaltsmäßig, indem wir dabei eine Reihe von Stellen behalten, die uns haushaltsmäßig besser stellen. Die gegenwärtige Lösung unterscheidet sich also eigentlich nur in der Form, aber nicht in der Substanz von dem Gewünschten. Tatsächlich ist die einheitliche Behandlung politischer Fragen durch diese Zusammenfassung in jeder wünschenswerten und in jeder möglichen Weise sichergestellt.
Ich weiß nicht, woher der Herr Abgeordnete Kenntnis davon zu haben glaubt, daß der Staatssekretär die Beamten des Auswärtigen Dienstes nicht alle kenne. Meine Damen und Herren, es kann sein, daß vielleicht in den letzten drei Wochen Personalveränderungen stattgefunden haben, die es für eine geringe Anzahl von Personen wahrmachen, daß ich die Mitarbeiter des höheren Dienstes — an die Sie ja wohl gedacht haben — nicht kenne. Als eine allgemeine Feststellung ist diese Feststellung schlechthin irrig.
Es ist sodann gesagt worden, daß für unsere Nachwuchsbeamten die Chancen schlecht seien,
weil man — ich hoffe, daß ich richtig zitiere —, wenn man in den Auswärtigen Dienst jetzt als Anwärter eintrete, erst nach zehn Jahren Aussicht auf Einweisung in eine Planstelle habe. Das ist eine sehr ernst zu nehmende Behauptung; es ist sogar eine gefährliche Behauptung, weil sie, wenn sie draußen im Lande vernommen wird, abschreckend auf Bewerber für den Auswärtigen Dienst wirken könnte. Ich lege deshalb Wert darauf, hier ausdrücklich und nachdrücklich festzustellen, daß wir in der Lage sind, jeden Nachwuchsbeamten spätestens ein Jahr nach seinem Großen Examen endgültig zu übernehmen,
und zwar ist das eine Feststellung, die ich für eine erhebliche Zeit treffen darf, sagen wir, jedenfalls für die nächsten zehn Jahre.
Was die Auswahl der Anwärter anlangt, so teile ich die Auffassung des Herrn Abgeordneten, daß man nun nicht das Gewicht von den Juristen auf die Philologen verlegen sollte. Ich habe selbst neulich bei einer dieser Anwärterlisten eingegriffen, weil mir gegen diesen Grundsatz verstoßen zu sein schien. Ich bin nicht ganz so skeptisch in bezug auf die Eignung der Juristen für den Diplomatenberuf. Es mag sein, daß ich befangen bin.
Aber eine bevorzugte Hereinnahme von Philologen in den Auswärtigen Dienst würde auch mir nicht das richtige Remedium scheinen, selbst wenn man davon ausgeht, daß Juristen etwas mit Vorsicht angefaßt werden sollten.
Der Herr Abgeordnete hat sodann bemängelt, daß der Staatssekretär auf die verwaltungsmäßige Seite seiner Obliegenheiten offenbar kein genügendes Gewicht lege. Es ist nicht meine Sache, über die Nützlichkeit meiner Tätigkeit ein Urteil abzugeben.
Aber es ist meine Sache, zum Faktischen schlicht zu sagen, daß ich nicht mehr zu sagen wüßte, womit ich meine Zeit verbringe, wenn ich nicht einen erheblichen Teil dieser Zeit auf die verwaltungsmäßigen Dinge verwende. Es ist leider sehr schwer, von dem Stil der Arbeit eines großen Ministeriums, wie es das Auswärtige Amt ist, einen überzeugenden, anschaulichen Eindruck jemandem zu vermitteln, der in dieser Administration nicht selbst tätig ist. Es gäbe ein Mittel. Wenn ich die Herren Kritiker einladen könnte, gelegentlich einmal an der täglichen Morgenbesprechung teilzunehmen, so würde das ein guter Weg sein, ihnen ein objektives Bild davon zu verschaffen, in welcher Weise hier gearbeitet wird, und ich würde eine solche Möglichkeit auch noch aus einem andern Grunde begrüßen: weil sie nämlich eine Aussage widerlegen würde, die auch hier gemacht worden ist — daß im Auswärtigen Amt ein Geist der Furchtsamkeit herrsche.
Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir, zu sagen: nichts kann falscher sein als dies. Auch deshalb würde ich wünschen, daß sich einmal für Außenstehende eine Gelegenheit böte, den Stil aus der Nähe zu beobachten, in dem die leitenden Beamten des Auswärtigen Amts mit ihren Mitarbeitern umgehen. Jedes Wort, das der Herr Abgeordnete über das Erziehungsziel gesagt hat, das wir uns beim diplomatischen Nachwuchs setzen müssen, daß wir diese Leute zu urteilsfähigen, urteilssicheren und urteilsmutigen Mitarbeitern entwickeln müssen, unterschreibe ich ohne jede Einschränkung. Ich füge aber hinzu, daß das eine Erziehungsarbeit ist, die täglich und stündlich im Auswärtigen Amt geleistet wird. Es ist vielleicht nicht der Stil — ich bitte meine Mitarbeiter, die das hören, es zu entschuldigen, wenn ich das sage —, der im Auswärtigen Amt traditionell ist; aber es ist ganz sicher der Stil, den ich mich mit aller Energie, solange ich eine Verantwortung in diesem Hause trage, dort einzuführen und lebendig zu erhalten bemüht habe, und ich glaube, einige Kritiker würden sich doch wundern, wenn sie sähen, mit welchem Freimut auch große politische Fragen im Kreise der Mitarbeiter diskutiert und beurteilt werden.
Die Frage des Zollschmuggels ist sicher der Herr Bundeskanzler und bin auch ich bereit, so wie es der Herr Abgeordnete vorgeschlagen hat, im Auswärtigen Ausschuß zu erörtern. Ich bin nicht ganz sicher — wir haben leider zwei Vorgänge unerfreulicher Art, auf die sich diese Bemerkungen beziehen können —, welchen der Herr Abgeordnete im Auge hatte. Es gibt einen Fall darunter, in dem uns das Malheur passiert ist — was in einer Verwaltung mit 4000 Köpfen vielleicht menschlich ist —, daß wir einen Verbrecher angestellt haben. Wir haben einen Fahrer gehabt, von dem sich später herausgestellt hat, daß er sich als Schmuggler betätigt und mit einem Amtsgehilfen in Verbindung gestanden hat. Es ist keinerlei Anhalt dafür da, daß über diese beiden Menschen hinaus der Vorgang des Zollschmuggels, der hier angesprochen worden ist, irgendeinen Zusammenhang mit irgendwelchen anderen Beamten oder Angestellten des Dienstes hat, und ich glaube, man darf deshalb aus diesem Vorgang nicht den Schluß ziehen, der gezogen worden ist, daß im Auswärtigen Amt „ein wenig guter Geist" herrsche.
Der letzte Punkt, den ich berühren darf, betrifft die Behandlung der Frage unseres Beobachters bei den Vereinten Nationen. Es ist richtig, daß nicht über Fragen der Form, sondern über sehr wesentliche Fragen des diplomatischen Status dieses Beobachters mit der Regierung der Vereinigten Staaten lange verhandelt worden ist. Es ist nicht richtig, daß mit der Unterrichtung oder der Anmeldung der Person unseres neuen Beobachters bei dem Generalsekretär der Vereinten Nationen über Gebühr gewartet worden ist. Es ist das Pech passiert, daß sich das Anmeldungsschreiben an den Generalsekretär der Vereinten Nationen, das einem Akkreditierungsschreiben verglichen werden kann und das von mir gezeichnet war, auf der Reise nach New York befand, als eine Pressekonferenz stattfand, auf der die bekannten Angriffe gegen die Besetzung des Postens erhoben wurden. Aber auf keinen Fall ist die Tatsache, daß die Ankunft dieses Briefes bei dem Generalsekretär der Vereinten Nationen sich verspätet hat, ursächlich gewesen für irgendeine sachliche Entwicklung in dieser Frage. Wir hätten, wie ich leider sagen muß, die Angriffe, die gemacht worden sind, in derselben Weise erlebt, wenn der Brief dagewesen wäre. Der Generalsekretär hat in dieser Situation eine Antwort gegeben, an der nichts auszusetzen ist, eine Antwort, die auch uns in keiner Weise in eine schwierige Lage gebracht hat. Heute jedenfalls ist die Situation geklärt. Wir
wissen aus einem letzten Bericht über ein Gespräch, das der bisherige Beobachter mit dem Generalsekretär gehabt hat, daß irgendwelche Anstände dort nicht erhoben werden.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Lütkens.
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will nur wenige Punkte der Ausführungen, die wir soeben gehört haben, kurz berühren. Ich freue mich, zu hören, daß Schwierigkeiten für neu eintretende Anwärter wegen ihrer Etatisierung nicht vorausgesehen werden. Ich würde mich freuen, wenn die weitere Entwicklung die Feststellung, die wir gehört haben, bestätigen sollte. Das hängt offensichtlich auch davon ab, wieviele Ernennungen oder Bestätigungen auf der einstufungsmäßig etwas höheren Ebene im Laufe der nächsten Jahre vollzogen werden.
Auf die Angelegenheit des Beobachters bei den Vereinten Nationen möchte ich jetzt nicht weiter eingehen. Die Erklärungen des Herrn Staatssekretärs stehen nicht unbedingt in Übereinstimmung mit Erklärungen, die ein, wie ich eigentlich doch annehmen muß, dazu qualifizierter Vertreter des Auswärtigen Amtes vor wenigen Tagen gegeben hat.
Dagegen muß ich etwas ausführlicher eingehen auf die Antwort des Herrn Staatssekretärs des Auswärtigen Amtes zu der Bemerkung, die ich über etwaige irreführende Auskünfte im Auswärtigen Ausschuß gemacht habe. Ich weiß nicht, ob die Erwiderung sich auf den formellen Einwand stützen sollte, daß ich vielleicht von einem Beamten — ich erinnere mich nicht mehr — gesprochen habe, während es sich in Wirklichkeit vielleicht um einen Bundesbediensteten handelte. Aber wenn der Herr Staatssekretär feststellen will, auf welche Äußerungen eines nicht verantwortlich, aber eben für die Regierung im Auswärtigen Ausschuß Sprechenden ich mich bezogen habe, so brauche ich ihm nicht Material von mir aus zuzuschicken, sondern ich kann ihn bitten, zu lesen und zu studieren: erstens die Protokolle dieses Hohen Hauses, die sich auf die Berichte beziehen, die bei der zweiten Lesung des Vertragswerks vom Mai 1952 erstattet worden sind, und die Vorgänge in den Ausschüssen mit Punkt und Komma, die dort angesprochen sind und zu denen übrigens der Herr Staatssekretär selber nachträglich in einer wohl auch in der Drucksache abgedruckten Erklärung Stellung genommen hat. Ich darf ihn zweitens bitten, anzusehen und zu studieren den Motivenbericht zu demselben Vertragswerk, den die französische Regierung ihrer Kammer bei Einbringung der Gesetze vorgelegt hat, und worin er finden wird, daß der im Auswärtigen Ausschuß sprechende Delegationsführer der Bundesregierung aus den Verhandlungen, die er selbst geführt hat, genau wissen mußte, daß die Auskünfte, die er im Auswärtigen Ausschuß gegeben hat, falsch waren.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Gille.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Entwurf des Haushalts des Auswärtigen Amts enthält, wie uns der Herr Berichterstatter gleich einleitend mitgeteilt hat, eine recht erhebliche Anzahl von Vermehrungen des Personals. Wenn wir ihn recht verstanden haben, soll damit ein gewisser Abschluß des Aufbaus des Auswärtigen Dienstes erfolgen.
Dieser Umstand hat meiner Fraktion Anlaß gegeben, einmal zu prüfen, ob im Rahmen dieser personellen Mehrausstattung auch eine Aufgabe des Auswärtigen Dienstes ausreichende Berücksichtigung gefunden hat, von der wir in der Vergangenheit häufig den Eindruck hatten, daß sie etwas stiefmütterlich behandelt wurde. Wir meinen den Bereich der Arbeit des Auswärtigen Dienstes, der früher einmal in der Ostabteilung des Auswärtigen Amts zusammengefaßt war und der heute als Unterabteilung der Länderabteilung unter der Bezeichnung „Ostblock und Ostfragen" sein Dasein führt. Wenn Sie sich die Zahl der Stellen derjenigen, die hier im Inland im Auswärtigen Dienst beschäftigt sind, in Erinnerung rufen — es handelt sich um mehrere hundert Beamtenstellen und etwa die gleiche Anzahl Angestelltenstellen — und wenn Sie dann hören, daß diese Unterabteilung der Länderabteilung bis zum Jahre 1953 4 Beamte und einige im Angestelltenverhältnis tätige Personen, insgesamt 13 Personen beschäftigt hat, dann werden Sie mir recht geben müssen, daß eine ernste und sorgfältige Nachprüfung notwendig ist, ob dieser kleine Kreis überhaupt in der Lage ist, die Aufgaben auch nur annähernd zu erfüllen, die früher einmal die Ostabteilung in der Wilhelmstraße erfüllt hat. Wir sind nicht der Meinung, daß der Wegfall der diplomatischen Vertretungen zu den Ländern hin, die in dem „weißen Fleck" liegen, von dem Herr Dr. Pfleiderer sprach, etwa den Arbeitsbereich vermindert hat. Es mag dadurch zwar ein Teil der Routinearbeit wegfallen. Wir möchten aber meinen, daß das Fehlen eigener diplomatischer Vertretungen in diesem Raum die Arbeit und die Verantwortung dieser Abteilung in der Zentrale eher noch vermehrt haben sollte.
Der Arbeitsbereich auf diesem Gebiet erfährt durch die völlig unnormalen Verhältnisse eine weitere Erschwerung. Sicherlich ist es dem Hause nicht unbekannt, daß die Vertreter anderer Völker, die in dem gleichen Raume wohnen, insonderheit der Polen, mit einem außerordentlichen Aufwand an Mitteln versuchen, die deutschen Ansprüche auf die Ostgebiete zu bestreiten. Wir haben den Eindruck, daß gegenüber diesem unerhörten Aufwand seitens des Auswärtigen Dienstes in der Vergangenheit bei weitem noch nicht genug geschehen ist. Wir sind der Meinung, daß hier ganz planmäßig und zentral gesteuert die immer wiederkehrenden Angriffe gegen die Berechtigung der deutschen Ansprüche abgewehrt werden müssen. Auch das scheint uns eine Aufgabe zu sein, die mindestens führungsmäßig in dieser Unterabteilung der Länderabteilung liegen sollte.
Wir haben an Hand des Zahlenmaterials festgestellt, daß bei dem beabsichtigten Personalaufbau auch die von mir soeben erwähnte Unterabteilung nicht vergessen worden ist. Im Rahmen des Gesamtaufbaus — also nicht nur die ungesperrten, sondern auch die gesperrten Stellen — wird diese Unterabteilung von 13 auf 18 Personen verstärkt werden. Ich will heute kein Urteil darüber abgeben, ob dieses Ausmaß bereits ausreichend ist. Wir sind aber dadurch etwas betroffen, daß allein 4 Stellen von dieser Vermehrung um 5 Stellen unter den Sperrstift gefallen sind. Unsere herzliche und dringende Bitte — ich darf sie wohl an den Herrn Staatssekretär richten — geht dahin,
bei der in Gang befindlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung hinsichtlich der Notwendigkeit der Stellenvermehrungen diese Abteilung nicht erst an den Schluß zu setzen. Wir meinen, daß hier eine zeitliche Dringlichkeit vorliegt, die ausreichenden Anlaß geben sollte, bei der Überprüfung, die im Gange ist und von der Sie, Herr Staatssekretär, im Haushaltsausschuß gesprochen haben, an diesem Punkt mit besonderer Beschleunigung anzusetzen.
Ich hielt es für notwendig, diese Bitte hier auszusprechen, weil eine Bemerkung von Ihnen, Herr Staatssekretär, im Haushaltsausschuß den Eindruck erwecken konnte, als ob der Ausbau — und zwar der vordringliche Ausbau — dieses Aufgabengebiets nicht Ihrer Auffassung entspreche. Sie haben nämlich im Haushaltsausschuß als besonders notwendig und als besonders dringend einmal den Ausbau der handelspolitischen Abteilung und zum zweiten denjenigen der Abteilung für zwischenstaatliche Verbindungen genannt. Ich möchte hoffen, daß meine Worte zu einer Erweiterung dieses Katalogs beitragen und daß Sie die Erfüllung der von uns geäußerten Bitte in bezug auf dieses Aufgabengebiet als genau so dringlich ansehen. Ich betone nochmals die zeitliche Dringlichkeit, die es rechtfertigt, die Unterabteilung „Ostblock und Ostfragen" in diesen Katalog aufzunehmen. Wir werden uns erlauben, Herr Staatssekretär, im Lauf der nächsten Wochen und Monate persönlich nachzufragen, ob diesem unserem Wunsche entsprochen worden ist. Ich hatte den Auftrag, im Namen meiner politischen Freunde diese Bitte anläßlich der Behandlung des Personaletats des Auswärtigen Dienstes vorzutragen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Leverkuehn.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei der Betrachtung des Hauhaltsplans des Auswärtigen Amts sollte man die Karte heranziehen, die das Auswärtige Amt über den augenblicklichen Stand der Auslandsvertretungen der Bundesrepublik hat drucken lassen. Man wird mit großer Befriedigung feststellen, daß der Umfang der diplomatischen und konsularischen Vertretungen, wie er vor 1939 bestand, im wesentlichen wieder erreicht ist, mit Ausnahme natürlich des „weißen Flecks".
Bei meinen Ausführungen über die Auslandsvertretungen möchte ich insbesondere die konsularischen Vertretungen behandeln. Ich glaube, daß ich dabei als hanseatischer Abgeordneter auch der Befriedigung derjenigen Deutschen Ausdruck geben darf, die nicht in diesem Hause vertreten sein können, weil sie im Ausland, insbesondere in Übersee, leben. Deren Schicksal bildet ja eine der Hauptsorgen der konsularischen Vertretungen.
Man muß sich darüber klar sein, daß in diesem Augenblick, in dem das Leben der Auslandsvertretungen wieder anfängt, sich wirklich lebendig zu gestalten, doch der Ausgangspunkt ein sehr viel anderer ist, als er ursprünglich zu der Zeit war, in der die konsularischen Vertretungen geschaffen wurden. Wann wurde ein Konsulat errichtet? Wenn es sich als notwendig erwies, den Handel Deutschlands im Auslande zu unterstützen und die Deutschen, welche im Auslande lebten, zu betreuen. Heute ist das leider in mancher Beziehung ganz anders. Ich kam auf einer Reise in Ostasien vor einem Jahre in eine der großen Handelsemporien jenes Gebietes. Dort lebten sieben Deutsche, einschließlich Frauen und Kinder. Heute hat sich diese Zahl mehr als verdoppelt; denn an diesen Ort ist eine konsularische Vertretung gekommen, die ebenso viele Personen mitgebracht hat. Ich glaube, an diesem Beispiel zeigt sich sehr deutlich, was ich sagen möchte. Wir haben die Stäbe draußen, aber wir haben noch kein Fußvolk. Die Auslandsniederlassungen sind während des Krieges zerstört worden, ihr Vermögen ist mit den 20 Milliarden DM Auslandsvermögen, die verlorengegangen sind, untergegangen, und die Deutschen, welche dort lebten, sind in die Heimat zurückgekehrt, soweit sie nicht ein härteres Schicksal gehabt haben. Unter den sieben Personen, die ich an jenem Orte fand, war keiner, der eine Niederlassung einer der Firmen zu betreuen gehabt hätte, die zum Teil schon vor hundert Jahren an diesem Orte bestanden haben.
Hier komme ich auf den Punkt, der mir wichtig zu sein scheint: daß es nämlich die Aufgabe des Auswärtigen Amts sein müßte, nicht nur draußen für den Handel und für die Deutschen zu sorgen, sondern auch von der Zentrale aus mehr, als das bisher in der Zuständigkeit des Auswärtigen Amts gelegen hat — wie ich sehr wohl weiß —, die Betreuung zu übernehmen. Stellen Sie sich die Bundesrepublik einmal als ein sehr großes, sehr stark produzierendes Unternehmen vor. Ein solches Unternehmen hat verschiedene Sparten. Die eine ist die Produktion; hier liegt der Schwerpunkt. Die Produktion der Bundesrepublik ist zweifellos in einem ganz überraschenden Maße — wenn man an 1945 denkt — wieder in Gang gekommen. Auch die Verkaufsabteilung scheint mir völlig in Ordnung zu sein; denn die Exportziffern, die wir erleben, sind sehr beträchtlich. Auch die Finanzabteilung ist im wesentlichen in Ordnung, mit einer Ausnahme: es scheint mir, daß die Inkassoabteilung dieses Unternehmens Bundesrepublik in mancher Beziehung noch nicht so ist, wie sie sein sollte. Dasselbe gilt für die Einkaufabteilung. Diese Einkaufsabteilung ist der Überseehandel. Er kann nur wiederhergestellt werden, wenn die Auslandsniederlassungen wiederhergestellt werden.
Wir haben zur Zeit auf die Preisgestaltung der bedeutenden Rohstoffe in der Welt praktisch gar keinen Einfluß. Sie werden mich vielleicht fragen, ob wir denn früher Einfluß gehabt haben. Ich glaube, diese Frage ist zu bejahen. Wenn Sie sich daran erinnern wollen, daß die Bremer Baumwollkaufleute es im Laufe der Jahre durch Fleiß und Geschicklichkeit erreicht hatten, an ihrer Baumwollbörse mehr Geschäft zu bewältigen, als es in Liverpool der Fall war — einer der beträchtlichen Siege des deutschen Handels —, dann wird Ihnen klar sein, daß wir natürlich auch auf die Preisgestaltung eines solchen Rohstoffes Einfluß hatten, einen Einfluß, den wir uns wiedergewinnen sollten. Dasselbe gilt für manche andere Rohstoffe, vor allem im afrikanischen und im asiatischen Raum. Beim Bremer Baumwollhandel liegt es nun nach zuverlässigen Ziffern, die mir zugegangen sind, etwa so, daß infolge der Riesenverluste des Handels im Ausland die Kapitalbasis auf etwa ein Drittel zurückgegangen ist; die Baumwollpreise aber find auf das Vierfache gestiegen. Angesichts der etwa auf ein Zwölftel des Bedarfs herabgesunkenen Kapitalbasis gilt es, aufbauend zu helfen.
In dieser Richtung haben wir eine besondere Bitte an das Auswärtige Amt: beim Bundesfinanzminister mit uns dahin vorstellig zu werden, daß die Unterstützung durch das Rembourskreditgesetz, das im Kielwasser der Schuldenregelung erschien, nunmehr durchgeführt wird. Diejenigen Damen und Herren — ich gehörte nicht dazu —, welche an diesem Gesetz mitgewirkt haben, sind der Auffassung, daß es in einer bestimmten Weise durchgeführt werden muß. Schließlich muß der Bundestag am besten wissen, was er beschlossen hat, nicht die Herren Referenten, wenn sie ihre Kommentare schreiben. Ich hoffe, daß diese Sache bald bereinigt wird; denn sie wird eilig. Die Auslandskredite werden nach der Schuldenregelung nun abgerufen, und man muß wissen, wo man steht. Es wäre schade, wenn die Kreditwürdigkeit von Firmen, die zum Teil über hundert Jahre alt sind, durch ihre ausländischen Gläubiger in Zweifel gezogen würde.
Nun zur Frage der Unterstützung von Auslandsniederlassungen. Ich bin bestimmt kein Freund von Subventionen. Wir dürfen wohl sagen, daß die Hansestädte niemals Freunde von Subventionen gewesen sind. Wohl aber glauben wir, daß der Anteil, den der Überseehandel bisher an den gegebenen Kreditmöglichkeiten hatte, ungewöhnlich klein ist. Ich habe hier den Jahresbericht des Füllhorns, aus dem die Bundesregierung die Unterstützung an die Wirtschaft gibt, der Kreditanstalt für Wiederaufbau, und ich habe mich bemüht, den Handel darin zu finden. Es sind da im ganzen 6 660 Millionen DM verplant worden. Der Handel findet sich unter den Krediten an die „sonstigen Industrien", wobei eine Fußnote besagt, daß wegen der „Geringfügigkeit der Beträge" der Handel nicht aus den sonstigen Industrien ausgegliedert sei. Der Handel figuriert darin mit 7 Millionen DM. Das ist also nicht einmal mit Prozentsätzen auszudrücken, sondern nur mit etwa 1 bis 2 Tausendstel des verplanten Geldes zu bemessen. Das ist wirklich keine richtige Proportion. Die Mittel, welche durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau ausgeteilt werden, kosten nicht viel Zinsen. Sie werden sich erinnern, daß dieses Haus im vorigen Jahre das Abkommen mit den Vereinigten Staaten über die Nachkriegshilfe verabschiedet hat. Der Prozentsatz, der dort in Frage kommt, ist 2 1/2%. Wenn eine Spanne von 2 1/2 bis 7 1/2%, also 5 % einbehalten wird, so ist das reichlich; und wenn wir berücksichtigen, daß die Unternehmungen, für die wir Kredite wünschen, mit viel niedrigeren Zinsbedingungen als in Deutschland in Konkurrenz stehen, so ist es, glaube ich, nicht zuviel, wenn wir erwarten, daß diese merkwürdige Lage überprüft wird.
Noch etwas anderes macht uns auf diesem Gebiete Schwierigkeiten. Das ist die verwirrende Form der Zuständigkeiten hier. Ich habe mich schon ziemlich lange mit diesem Gebiet beschäftigt und, wie ich schon erwähnte, auch einige Reisen gemacht, um wirtschaftliche Fragen sowohl in Ostasien als auch in den Vereinigten Staaten zu prüfen. Das Auswärtige Amt hat uns eine sehr schöne Übersicht über die Ordnung in seinem Hause gegeben. Es wäre sehr dankenswert, wenn dieses kleine Werk ergänzt werden könnte durch einen Führer durch diejenigen Dienststellen, welche für Übersee zuständig sind. Ich habe mindestens vier Ministerien feststellen können; es sind das das Auswärtige Amt, das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, das Wirtschaftsministerium und das Finanzministerium. Meine Damen und
Herren, es ist für den Überseedeutschen leichter, sich in Buenos Aires oder in Singapur zurechtzufinden als in Bonn.
Ich habe hierbei etwas sehr Ernsthaftes im Sinne. Ich glaube, daß die handelspolitische Arbeit des Auswärtigen Amtes, welche in den Auslandsvertretungen jetzt erst wieder voll zum Zuge kommt, auf Grund der Berichterstattung vom Ausland her und auf Grund der besonderen Kenntnis, die sich die Beamten des Auswärtigen Amtes im konsularischen Dienst erwerben und die sie dann hierher mitbringen, auch in der Zentrale sehr viel mehr Gewicht haben müßte. Es gibt in verschiedenen Auswärtigen Ämtern des Auslands Planungsabteilungen. Das ist insbesondere beim State Department der Fall, jedenfalls auf politischem Gebiet. Mir liegt es völlig fern, etwa die Einrichtung einer Planungsabteilung des Auswärtigen Amtes anregen zu wollen. Ich bin überzeugt, daß sie nach wie vor im Palais Schaumburg liegt und dort ausgesprochen gut untergebracht ist. Aber wäre nicht eine Art zentrale Planung auf handelspolitischem Gebiet zu erwägen?
Ich sage das noch aus einem anderen Grunde. Die anderen Länder sind uns in dieser Beziehung zweifellos voraus. Ich denke z. B. daran, daß der in der internationalen Presse viel zitierte Randall-Bericht in den Vereinigten Staaten in der zweiten Hälfte des Januar herausgekommen ist und wir jetzt lesen, daß er bereits Ende März zum Gegenstand gesetzgeberischer Vorschläge des Präsidenten gemacht worden ist. Wenn wir andererseits aus der Presse eninehmen, wie das englische Unterhaus und andere Instanzen in England sich mit dem Schicksal des Ostasienhandels beschäftigen, so muß ich sagen, daß dies doch den Gedanken nahelegt, daß bei uns auf diesem Gebiet noch manches geschehen könnte, z. B. etwa eine Auswertung des Straßburg-Planes oder der Ergebnisse der Westminster-Konferenz.
Dabei fällt aber noch ein Weiteres auf. Die Vereinigten Staaten, die bereits über ein sehr beträchtliches Auslandsvermögen verfügen, bearbeiten nunmehr Gesetzesvorschläge, die zum Inhalt haben, daß die Investierung im Ausland besondere Vorzüge steuerlicher und anderer Art genießen soll. Man hat uns oft gesagt, daß man daran bei uns ja gar nicht denken könne; denn so viel Kapital hätten wir nicht und wir hätten auch nicht die nötigen Devisen. Meine Damen und Herren, diese Stufe ist bereits überschritten. Sonst wären die Ereignisse in Brasilien nicht möglich gewesen, wo wir nun gezwungen werden zu investieren. Der Herr Bundeskanzler wird zweifellos in der Türkei den Eindruck gewonnen haben, daß die allgemeine Politik mit der Handels-, aber auch der Finanzpolitik gegenüber diesem Lande untrennbar verbunden ist.
Ich komme auf den letzten Punkt: die Finanzpolitik. Wo liegt eigentlich die internationale Finanzpolitik bei uns? Wenn ich es recht verstanden habe, liegt sie beim Auswärtigen Amt; denn das größte internationale finanzpolitische Ereignis, das wir nach 1945 erlebt haben, die Londoner Schuldenkonferenz, lag in der Kompetenz des Auswärtigen Amtes, und der Herr Bundeskanzler delegierte in seiner Eigenschaft als Außenminister Herrn Abs, um diese Angelegenheit in Ordnung zu bringen. Ich glaube, auf diesem Gebiet wird noch mancherlei auf uns zukommen, und zwar recht bald. Unsere Position in der internationalen
Finanz ist nicht so blühend, wie sie nach den Ausweisen, die veröffentlicht werden, zu sein scheint. Erst bei der Analyse weiß man genau, wie prekär sich manches herausstellen wird, wenn es einmal zu einer außerordentlichen Krise kommen sollte. Gott möge sie verhüten, aber immerhin muß sie rechtzeitig ins Auge gefaßt werden.
Um zusammenzufassen, was ich meine, darf ich vielleicht folgendes sagen: Der Herr Bundesfinanzminister hat manches Mal in seinen Reden auf die Gestaltung des persönlichen Haushalts zurückgegriffen, den jeder einzelne von uns führt. Wenn im persönlichen Haushalt die Einkäufe nicht auf dem Wochenmarkt oder beim Krämer an der Ecke, sondern in der teuersten Delikatessenhandlung auf der Hauptstraße getätigt werden, so wird das allgemeine Entrüstung beim Haushaltsvorstand erregen. Aber, meine Damen und Herren, was wir zur Zeit tun, ist, daß wir, international gesehen, in den Delikatessenläden kaufen, viel zu teuer. Das, glaube ich, kann durch zweckmäßiges Zusammenarbeiten und insbesondere mit Hilfe des Auswärtigen Amtes anders werden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Abgeordneter Dr. Vogel hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einige ganz kurze Bemerkungen, weil sie bis jetzt nicht zum Vortrag gelangt sind!
Was die Nachwuchsfrage anlangt, so ist bereits vom Kollegen Pfleiderer einiges gesagt worden, dem ich mich vollinhaltlich anschließen möchte. Was aber an kritischen Bemerkungen gegenüber der zufälligen Hereinnahme von einigen Philologen im letzten Lehrgang geäußert worden ist, veranlaßt mich doch, das Auswärtige Amt zu bitten, hier nicht ein Juristenmonopol aufzurichten; denn wir haben ja auch in der Vergangenheit genügend die Erfahrung gemacht, daß Philologen und Volkswirte eine durchaus wertvolle Ergänzung des Stabes des Auswärtigen Amts bilden können.
Dazu eine zweite Bitte. Es möge, wenn schon Speyer als Ausbildungsort nicht mehr erhalten bleiben sollte, so schnell wie möglich dafür gesorgt werden, daß hier dem Nachwuchs in einer würdigen und nahen Umgebung in seiner Ausbildung die Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt geschaffen wird. Diese Dinge dürfen nicht länger hinausgezögert werden.
Alles in allem sollte man heute nicht vergessen, daß beim Personalbestand des Auswärtigen Amts nur noch 25% aus dem alten Auswärtigen Amt stammen und drei Viertel Neuhinzugekommene sind.
Zur Ausstattung und Unterbringung der Auslandsmissionen möchte ich noch sagen: Es hat manchmal beinahe den Anschein, als ob für die, ich möchte einmal sagen, klimatisch bevorzugten Orte ein wenig zu viel des Guten getan wird, während auf der andern Seite für diejenigen Missionen, die unter klimatisch denkbar ungünstigen Umständen arbeiten müssen, zu wenig ausgeworfen worden ist. Vielleicht kann man das in der nächsten Zeit korrigieren.
Was die Auslandsbezüge und die Zulagen anlangt, so ist uns bereits eine ständige Nachprüfung zugesichert worden. Sie sollte sich vor allen Dingen auf diejenigen Orte erstrecken, in denen erstens ein großer Verkehr mit deutschen Reisenden vorhanden ist und zweitens sich große deutsche Kolonien befinden. Gerade diese beiden Gesichtspunkte sollten etwas stärker berücksichtigt werden.
Es ist unbestreitbar, daß sich in der letzten Zeit — und ich glaube, das ist auch ein Verdienst des neuen Chefs der Abteilung Z — wesentliche Verbesserungen in der Organisation und auch im Gesamtzusammenhalt gezeigt haben. Der Weg, den man jetzt eingeschlagen hat, um diese Mammutbehörde mit 4000 Bediensteten enger aneinanderzubringen, hat sich als durchaus gangbar und erfreulich erwiesen. Wir möchten durchaus dazu ermutigen, diesen Weg weiterzugehen. Es ist sicher nicht ganz einfach, eine so große Zahl von hochqualifizierten Personen innerhalb einer so kurzen Zeit zusammenzuschweißen. Wir möchten hierbei das ganz besondere Augenmerk auf einen bestimmten Punkt lenken. Es ist vielleicht noch nicht so ganz gelungen, wie wir es für wünschenswert halten, die Wirtschaftsdelegationen im Ausland in den Gesamtkörper einzubeziehen. Mit der vorgesehenen Zahl der Verbeamtungen von Angehörigen von Wirtschaftsdelegationen ist ein erster Schritt zur Vereinheitlichung des Körpers gemacht worden. Wir können uns nicht vorstellen, daß ein gut ausgebildeter und funktionsfähiger Missionschef sein Amt ausüben kann, wenn er nicht gleichzeitig ein Höchstmaß an Verständnis für die wirtschaftlichen Beziehungen im Ausland sein eigen nennt. Ich glaube, daß hier alte Vorurteile langsam verschwinden müssen. Wir sind allerdings der Überzeugung, daß jetzt mit den Verbeamtungen, der schärferen Auswahl sowie gewissen wertvollen Änderungen in der Ausbildung ein glücklicher Weg beschritten worden ist.
Bei dieser Gelegenheit wünschen wir insgesamt den vielen Hunderten von Auslandsbeamten bis hinunter zu den Stenotypistinnen, die manchmal unter sehr schwierigen Verhältnissen bei sehr ungünstiger Unterbringung ihre Pflicht bis zur Erschöpfung und bis zum körperlichen Ruin getan haben, unseren Dank auszusprechen. Sie sollen wissen, daß sie hier nicht vergessen worden sind.
Wir glauben, daß durch die neue Besoldungsreform heute die -- früher sicher zu Recht bestehenden — Klagen über mangelhafte finanzielle Ausstattung in etwa beseitigt sind. Das Weitere wird sich aus der Nachprüfung der Bezüge ergeben.
Der ärztliche Dienst, der eingerichtet worden ist und den wir ganz besonders begrüßen, wird sicher wohl auch dazu beitragen, daß diejenigen Erholungsmöglichkeiten für Angehörige in klimatisch gefährdeten Orten geschaffen werden, die wir als unabweisbar und als unabdingbar betrachten.
Das sind im großen und ganzen einige Wünsche, die wir dem Auswärtigen Amt noch von unserer Seite mit auf den Weg geben möchten und von denen wir annehmen, daß sie sich in der nächsten Zeit unschwer erfüllen lassen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Zu dem Einzelplan 05 liegen ein Entschließungantrag der SPD, Umdruck 24 — über den ich jetzt
nicht abstimmen zu lassen brauche —, und ein Umdruck 25 vor, der, wie ich sehe, jetzt in „Antrag" geändert worden ist. Soll das bedeuten, daß man meint, darüber sollte jetzt abgestimmt werden? Er ist ja seinem Inhalt nach — wie der andere auf Umdruck 24 — ein Antrag an den Bundestag, eine bestimmte Entschließung zu fassen. Darüber kann man doch bloß einmal abstimmen. Ich meine, wir sollten auch über diesen Antrag in der dritten Lesung abstimmen. Sind die Antragsteller damit einverstanden? —
— Das ist der Fall.
Ich komme dann zur Abstimmung über den Einzelplan 05, Haushalt für den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts, in der Fassung der Drucksache 355, Bericht des Haushaltsausschusses. Wer dieser Drucksache in der vorliegenden Fassung zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Angenommen.
Ich rufe auf:
Einzelplan 12 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr ).
Ich erteile das Wort dem Berichterstatter, Herrn
Abgeordneten Ritzel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor Ihnen liegt die Drucksache 362. In dieser Drucksache, die den Bericht über die Ergebnisse der Beratungen im Haushaltsausschuß enthält, ist eine Zusammenstellung der Änderungen erfolgt, die sich bei der Einzelberatung gegenüber dem gedruckt vorliegenden Entwurf des Haushaltsplans ergeben haben. In dieser Drucksache sind aber auch, und zwar unter Ziffer 2 a bis m, Anträge aufgeführt, die nach dem Beschluß des Haushaltsausschusses für erledigt erklärt werden sollen. Ich darf Sie bitten, Ihre Drucksache dahin zu berichtigen, daß sie für erledigt erklärt werden sollen für das Rechnungsjahr 1954. Warum, werde ich im Verlauf meines Berichts noch ausführen.
Ich glaube in Ihrem Sinne zu handeln, wenn ich es mir erspare, auf Einzelheiten aus dem 34 Seiten umfassenden Bericht, den ich als Berichterstatter dem Haushaltsausschuß gegeben habe, zurückzugreifen. Ich darf aber auf einige wichtige Zahlen und Tat-. sachen im Zusammenhang mit der Darlegung der Bedeutung des Bundeshaushalts zurückkommen. Ich möchte — ich weiß nicht, ob es früher schon je geschehen ist — einmal im Rahmen des Gesamthaushalts die Bedeutung des Bundeshaushalts für das Verkehrswesen in einigen Zahlen darstellen. Nach dem Abschluß, den der Entwurf des gesamten Haushaltsplans im Haushaltsausschuß erfahren hat, weist er jetzt eine Schlußsumme von 27 173 800 000 DM auf. Hiervon entfallen auf den Einzelplan 12, also auf den Plan des Bundesverkehrsministeriums, im ordentlichen Haushalt 634,5 Millionen DM, im außerordentlichen Haushalt 474 Millionen DM. Im ganzen beträgt also der Etat des Bundesministeriums für Verkehr 1108,5 Millionen DM. Diesen Ausgaben stehen Einnahmen von 73,1 Millionen DM gegenüber. Der ordentliche Haushalt des Bundesverkehrsministeriums ist nach einer Berechnung an dem ordentlichen Etat des Bundes in Höhe von insgesamt 25133,4 Millionen DM im ganzen mit 2,52% und an dem außerordentlichen Etat des Bundes,
*) Siehe Anlage 5 Seite 845. der im ganzen 2 040 Millionen DM beträgt, mit 1 22,86 % beteiligt. Daraus ergibt sich, daß das Schwergewicht des Haushalts zu Einzelplan 12 ganz entschieden auf dem außerordentlichen Haushalt ruht. Im ganzen gesehen beziffern sich die Ausgaben im ordentlichen wie im außerordentlichen Haushalt des Bundesverkehrsministeriums auf 4,08 % an allen Leistungen, die der Gesamtetat aufweist.
Ich möchte aus der Summe von Bewilligungen einige Tatsachen hervorheben, die der Öffentlichkeit zeigen sollen, zu welchen Zwecken der Etat des Bundesverkehrsministeriums dient. An den allgemeinen Bewilligungen sind beteiligt die Deutsche Bundesbahn, die Privatbahnen, die Seeschiffahrt, die Luftfahrt, die Forschung, die Förderung des Auslandsreiseverkehrs, die Hafengesellschaften, an denen der Bund beteiligt ist, dann die Bekämpfung der Verkehrsunfälle und die Betriebsbeihilfen für die Schiffahrt. Ich darf einzelne Zahlen herausgreifen. Die Deutsche Bundesbahn ist in diesem Haushalt mit im ganzen 340 Millionen DM berücksichtigt, davon 250 Millionen DM im Ordinarium und 90 Millionen DM im Extraordinarium, die Privatbahnen mit 1 Million DM. Im Gebiet der Seeschifffahrt sind aus einem Gesamtprojekt, das auf mehrere Jahre verteilt wird, von 441 Millionen DM Gesamtumfang, von denen in den Jahren 1950 bis 1952 bereits 270 Millionen DM bewilligt wurden, für 1954 weitere 70 Millionen DM vorgesehen. Der Rest soll in 1955 aufgebracht werden. Für die Berufsausbildung von Seeleuten sind im Haushalt 500 000 DM enthalten.
Ein besonderes Kapitel in diesem Haushalt ist die Luftfahrt. Seine besondere Bedeutung liegt darin, daß hier in stärkerem Maße, als es bisher möglich war, eine aktive Maßnahme des Bundes zum Zwecke der Wiedereinschaltung Deutschlands in den internationalen Luftverkehr und zur Herbeiführung eines eigenen Flugverkehrs innerhalb Deutschlands vorgesehen ist. Von einem geschätzten Investitionsbedarf bis zum Jahre 1960 von 84 Millionen DM entfallen auf den Bund 44,3 Millionen DM. Hiervon sind im Rechnungsjahr 1952 8,7 Millionen DM im Etat enthalten gewesen, in diesem Jahre sind es 15 Millionen DM. Der Rest soll im Rechnungsjahr 1955 bewilligt werden. An Betriebszuschüssen für die Deutsche Luftverkehrsgesellschaft sieht der Haushalt 1954 16,8 Millionen DM vor. Für Flughafengesellschaften werden im diesjährigen Haushalt an Beteiligungen, Darlehen und Investitionszuschüssen im ganzen 1,6 Millionen DM und an Betriebszuschüssen für Flughafengesellschaften 0,6 Millionen DM ausgewiesen. Einen neuen Titel enthält der diesjährige Haushalt mit 0,7 Millionen DM als Zuschuß für Wiederaufbau von Luftfahrtforschungsinstituten.
Einige Mitglieder des Haushalts- und des Verkehrsausschusses haben vor kurzem auf Einladung der Swissair Gelegenheit gehabt, die Einrichtungen der Swissair in Zürich im Flughafen Kloten zu besichtigen, die quasi als Modell für das, was jetzt in der Bundesrepublik im Werden ist, dienen können. Aus den Darlegungen, die uns dort gemacht worden sind, konnten sämtliche Teilnehmer — es waren Parlamentarier und der Herr Bundesverkehrsminister mit einigen seiner Räte anwesend — den Schluß ziehen, daß hier in der Tat in der Schweiz für unsere Bedürfnisse und Zwecke eine Modellarbeit geleistet worden ist, die zu sehen und zu erkennen hochinteressant war. Ich möchte auch diese Gelegenheit benutzen, den Schweizer Gast-
gebern den verbindlichsten Dank der Teilnehmer aus den Parlamentsausschüssen zum Ausdruck zu bringen.
Wir haben eine Situation vor uns, nach der in absehbarer Zeit neue eigene deutsche Flugzeuge einen deutschen Flugverkehr eröffnen sollen. Im ganzen sind je 4 zwei- und viermotorige Flugzeuge im Gesamtwert von 45 Millionen DM vorgesehen. Zur Sicherung der Kaufpreisrate für die viermotorigen Flugzeuge hat der Bund eine selbstschuldnerische Dollarbürgschaft im Gegenwert bis zum Betrag von 30 Millionen DM übernommen. Von den zweimotorigen Flugzeugen vom Typ „Convair 340" sollen zwei im Juni und zwei im Juli 1954 geliefert werden. Bei den viermotorigen Flugzeugen Typ „Constellation" sollen die Lieferungen im Jahre 1955 erfolgen.
Wie groß und wie schwierig die Aufgaben sind, ergibt sich aus einer Feststellung, die sich auf die Ausbildung von Flugpersonal bezieht. Der Referent der Swissair hat uns mitgeteilt, daß die Ausbildung eines einzigen Fliegers an modernen Maschinen heute einen Betrag von rund 100 000 DM erfordert. Daraus und aus den übrigen Angaben, die wir dort gehört haben, können wir entnehmen, welch materiell große Aufgabe auch des Bundes in dieser Frage wartet.
Ich darf Ihnen sagen, daß der Bund an den Flughäfen von Frankfurt, Stuttgart, Hannover, Köln, Bonn und Nürnberg-Kraftshof mit Beteiligungssätzen von 25 bis 33 % beteiligt ist.
Interessant sind vielleicht einige Zahlen über die Verkehrsleistungen der Verkehrsflughäfen in der Bundesrepublik. Die Gesamtstartzahl weist von 1950 bis 1952/53 eine Entwicklung von 3570 über 4180 auf 6525 Starts auf. Die Zahl der beförderten Fluggäste ist von 1950 bis 1952/53 auf den deutschen Flughäfen von 91 500 auf 189 162 gestiegen. Die Luftfracht weist innerhalb von drei Jahren eine Steigerung von 5 200 000 kg auf 9 811 274 kg auf und die Luftpost eine Steigerung von 520 000 auf 659 000 kg.
Bei der Besichtigungsreise haben wir auch Gelegenheit gehabt, die Bundesanstalt für Flugsicherung in Frankfurt, eine Institution des Bundes, zu sehen. Dem Haushaltsausschuß ist hierüber seinerzeit ein eingehendes Gutachten des Herrn Bundesbeauftragten für die Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung vom Dezember 1953 überreicht worden. Dieses Gutachten beweist, was wir dort an Ort und Stelle gesehen haben: die ungeheure Bedeutung dieser Arbeit, die hingebungsvoll geleistet wird. Daß diese Arbeit den Dank aller verdient, beweist, daß die Leistung der Flugsicherung einen Grad von Flugsicherheit herbeizuführen vermag, der erstaunlich ist und immer dankbar anerkannt werden muß.
Wenn ich mich nun einigen anderen Zahlen und Tatsachen zuwende, die die sonstigen Verkehrsaufgaben betreffen, so darf ich zusamtnenfassend sagen, daß für Forschungszwecke in diesem Einzelplan folgende Beträge enthalten sind: für Luftfahrtforschung 1,5 Millionen, für die technische Fortentwicklung von Verkehrsmitteln 0,4 Millionen, für die Forschung auf dem Gebiet der Schiffstechnik 0,2 Millionen, auf dem Gebiet des Wasserbaus 0,22 Millionen und des Straßenbaus 0,35 Millionen.
Der Bund betrachtet, wie es auch im Haushalt seinen Ausdruck findet, die Förderung des Ausländer-Reiseverkehrs in Deutschland gleich anderen Ländern als eine besondere Bundesaufgabe. Der Haushalt enthält hierfür den Ansatz von 4,5 Millionen DM.
Auf dem Gebiete der Hafengesellschaften ist der Bund an einer Reihe von Gesellschaften beteiligt, so insbesondere an Duisburg-Ruhrort und an der Lübecker Hafengesellschaft. Hierfür sind im Haushalt insgesamt 1,5 Millionen DM als Zuschüsse vorgesehen.
Für die Bekämpfung von Verkehrsunfällen, für Aufklärungs- und Erziehungsmaßnahmen sind im Haushalt 300 000 DM vorgesehen. Bei diesem leidigen Kapital der Verkehrsunfälle ist es vielleicht nützlich, an die letzten Feststellungen zu erinnern. In der Bundesrepublik haben sich im Laufe des Kalenderjahres 1953 450 000 Straßenunfälle ereignet. Dabei kamen 10 000 Menschen ums Leben, 350 000 wurden verletzt. Selbstverständlich hängen diese bedauerlichen Tatsachen in erster Linie mit der Steigerung des Fahrverkehrs überhaupt zusammen. Die Zahl der Kraftwagen beträgt heute in der Bundesrepublik nahezu 2 Millionen. Auch die Zahl der Krafträder beläuft sich auf fast 2 Millionen. Außerdem sind zirka 15 Millionen Fahrräder in Betrieb, und die Straßen in der Bundesrepublik werden außerdem von Straßenbahnen, Omnibussen, Oberleitungsomnibussen, Fuhrwerken mit Pferde- und Rindviehbespannung und sonstigen Fahrzeugen verschiedenster Art benutzt. Der Ansatz von 300 000 DM für Erziehungs-, Aufklärungs- und Bekämpfungsmaßnahmen gegen die Verkehrsunfallgefahren wird also keinesfalls als übersetzt bezeichnet werden können.
An Betriebsbeihilfen für die See-, Küsten- und Binnenschiffahrt werden im Haushalt 21 Millionen DM vorgesehen.
Eine besondere Sorge des Bundes gilt den Binnenwasserstraßen. Im außerordentlichen Haushalt sind erhebliche Mittel zur Weiterführung und Verbesserung von Binnenwasserstraßen vorgesehen. Ich will Ihnen die einzelnen Zahlen nicht nennen; sie sind aus dem Haushalt ersichtlich. Ich erwähne nur, daß für Zwecke der Binnenwasserstraßen große Mittel ausgegeben werden für den Rhein, für die Ruhr, die Mosel, den Main, die Donau, für die Rhein-Main-Donau AG allein 9 Millionen DM — ich habe heute gesehen, daß ein Antrag auf Erhöhung von 9 auf 10 Millionen DM vorliegt, über den das Haus zu entscheiden haben wird —, für den Neckar, für die Lahn, für eine Kapitalbeteiligung an der Jochenstein Aktiengesellschaft und für Grundinstandsetzungen. Im Zuge der Binnenwasserstraßen werden wesentliche Beträge für westdeutsche Kanäle im Etat beansprucht, so für die Nordost- und für die Südstrecke des Dortmund-Ems-Kanals, für den RheinHerne-Kanal, für den Wesel-Datteln-Kanal, für den Mittelland-Kanal und für die Beseitigung von Kriegsschäden, ferner für den Küstenkanal und für die Ems, für den Ausbau der Weser, der Elbe, für Berliner Wasserstraßen, außerdem erhebliche Zuschüsse für laufende Unterhaltung der Westberliner Wasserstraßen.
Im ganzen erfordern die Binnenwasserstraßen nach den Ansätzen im außerordentlichen Haushalt 79 Millionen DM. Diese große Summe dient bis auf einen kleinen Betrag der Durchführung von Fortsetzungsaufgaben. Für neue Projekte sieht der Etat im ganzen 1 077 000 DM vor, und zwar einen ersten Teilbetrag für die Niedrigwasserregulierung der Oberweser, für die Wiederherstellung der Vorschleuse Ahl auf der Lahn, für die Errichtung eines selbstzeichnenden Pegels am Rhein bei Rees
und für die einmalige Grundinstandsetzung von Strombauwerken an der Donau.
Für Seewasserstraßen sind ebenfalls große Mittel ausgeworfen, aber nicht so viel, wie der Haushaltsausschuß gern bewilligt hätte.
Ein besonderes Kapitel im Haushalt bezieht sich auf die Bundesfernstraßen. Eine Statistik, die unterbreitet wurde, beweist, daß die Bundesfernstraßen je Kilometer täglich mit 28,4 Kraftfahrzeugen befahren werden. Der Bundeshaushalt 1954 enthält für die Bundesfernstraßen in zahlreichen Einzelteilen eine Gesamtausgabe von 315 Millionen DM für die Bundesfernstraßen, und zwar 219 Millionen DM für die eigentlichen Bundesstraßen und von 96 Millionen DM für Bundesautobahnen. Wir waren uns klar darüber, daß der Ansatz von 96 Millionen für Bundesautobahnen zu niedrig ist, und er ist auch sogar niedriger als im Jahre 1953; aber wir wissen ja um die Bemühungen, die demnächst das Hohe Haus beschäftigen werden, auf einem andern Wege größere Mittel herbeizuführen. Ich darf mich hier auch auf die Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers bei der Einbringung des Etats beziehen.
Interessant ist vielleicht auch eine kurze Darstellung der vorgesehenen Autobahnplanungen. In einer ersten Ausbaustufe im Rahmen eines Zehnjahresplans sind Autobahnen auf folgenden Strekken vorgesehen: Hamburg—Hannover, Hannover—Northeim, südliche Umgehung Hamburgs, südliche Umgehung Bremens, Bremen—Walsrode, Oberhausen—Wesel—Emmerich , Lennep— Wuppertal— Kamen, Köln—Aachen (Reststrecke), Montabaur— Koblenz, FrankfurtWürzburg— Nürnberg (eine Abzweigung Hof und eine Abzweigung Bayreuth), Landstuhl— Saarbrükken, Wolnzach— Regensburg, Karlsruhe— Offenburg, Stuttgart—Ulm und Rosenheim— Kufstein. Weitere Ausbaustufen sollen dann in einem Zwanzigjahresplan folgen.
Meine Damen und Herren! Diese Mittelbewilligungen stehen unzweifelhaft im Zeichen der Finanznot des Bundes. Von den 163,5 Millionen im außerordentlichen Haushalt für Bundesfernstraßen entfallen 85,2 % oder 139,3 Millionen auf die Fortführung von Bauvorhaben und nur 14,8 % oder 24,2 Millionen auf neue Bauvorhaben. Für die Unterhaltung der Bundesstraßen und Bundesautobahnen sind 78,9 Millionen vorgesehen, für Um-und Ausbau der Bundesstraßen und Bundesautobahnen 64,1 Millionen — für 50 laufende Maßnahmen und 70 neue Vorhaben —, für den Neubau von Bundesstraßen und Bundesautobahnen 70 Millionen. Insgesamt handelt es sich hierbei um 90 Bauvorhaben, in der Hauptsache um Ortsumgehungsstraßen. Für neue Baumaßnahmen steht also, wie ich Ihnen gezeigt zu haben glaube, leider sehr wenig Geld zur Verfügung. Ich möchte nicht unterlassen, in diesem Zusammenhang auf die große Bedeutung der Umgehungsstraßen zur Erhaltung der Ortsdurchfahrten, so wie sie nun einmal sind, und auch zur Erhaltung der alten Häuser, insbesondere der Fachwerkhäuser in kleinen Städten, hinzuweisen.
Eine bedauerliche Tatsache ist die Senkung des Ansatzes zur Beseitigung von Frostschäden. Wir hatten im Vorjahr noch 19,9 Millionen, für diesen Zweck im Haushalt, während es in diesem Jahr nur zu 8 Millionen gereicht hat. Für die Beseitigung von Kriegsschäden sind 45,6 Millionen erforderlich.
Ein Wort darf ich zu dem Verhältnis zwischen Bund und Gemeinden im Straßenbau sagen. Im Haushalt sind an Zuschußmitteln für den Ausbau von Ortsdurchfahrten in Gemeinden mit mehr als 9000 Einwohnern 2,3 Millionen vorgesehen, für Umgehungsstraßen 27,5 Millionen, für Darlehen und Zuschüsse zum Wiederaufbau kriegszerstörter Gemeindebrücken 4 Millionen, insgesamt also zugunsten der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden 33,8 Millionen zu Lasten des Bundes.
Meine Damen und Herren, ich darf wohl mit Ihrer Zustimmung die einzelnen Zahlen und Endabschlüsse bei den verschiedenen Bundesoberbehörden übergehen und mich damit dem Schluß meiner Darlegungen nähern. Der Verkehrshaushalt wird eine steigende Beanspruchung und ein steigendes Interesse verzeichnen. Ich bin der Auffassung, daß das Hohe Haus gut daran tut, bei Beratungen, die sich außerhalb des heute vorliegenden Bundeshaushalts mit Verkehrsproblemen befassen, jenes große Interesse zu dokumentieren, auf das unser Volk aus Gründen der Verkehrssicherheit und der Wirtschaftlichkeit einen Anspruch hat, und ich glaube, daß im Rahmen des Menschenmöglichen diesem Anspruch im Haushalt des Verkehrs Rechnung getragen worden ist. Mehr Mittel, als sie im ordentlichen und außerordentlichen Haushalt bereitgestellt sind, konnten leider dem Verkehrshaushalt nicht zugeführt werden. Ich habe die Ehre, Ihnen im Namen des Haushaltsausschusses die Annahme des Einzelplans 12 — Bundesverkehrsministerium — zu empfehlen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Das Wort hat der Bundesverkehrsminister Dr. Seebohm.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Darf ich zunächst auch meinerseits dem Herrn Berichterstatter herzlich danken für die ausgezeichnete Zusammenarbeit, die wir in diesen Monaten bei der Herstellung des Haushaltsplans gehabt haben, und für den wirklich vorzüglichen Bericht, den er schriftlich niedergelegt hat und den ich dem Studium des Hohen Hauses sehr empfehlen möchte. Es ist eine ganz ausgezeichnete Arbeit.
Der Verkehrsausschuß hat am 9. März zur Frage der Wiederaufbaudarlehen an die Seeschiffahrt einen Antrag angenommen, der folgendermaßen lautet:
Der Ausschuß für Verkehrswesen erwartet, daß gelegentlich der abschließenden Beratung des Haushalts im Plenum von der Bundesregierung konkrete Angaben über das künftige Schiffbauprogramm gemacht werden.
Ich möchte, bevor in die Debatte über den Haushalt eingetreten wird, diesem Wunsche des Verkehrsausschusses nachkommen.
Die gesamte seegehende deutsche Handelsflotte umfaßt zur Zeit rund 2,250 Millionen BRT. Zieht man davon den nicht Handelszwecken dienenden Schiffsraum — Fischereifahrzeuge, Schlepper, Leichter, Hebefahrzeuge und die übrige Nebentonnage — ab, so verbleiben rund 2,050 Millionen BRT. Mit den noch in Bau befindlichen Schiffen, die teils im Rahmen von Schiffbauprogrammen mit Bundesmitteln gefördert, teils mit 7 d-Geldern oder anderweitig finanziert werden, wird sich ein Bestand von rund 2,5 Millionen BRT ergeben. Der Zuwachs wird zum großen Teil noch im Laufe dieses Jahres, spätestens im Jahre 1955 in Fahrt kommen. Der Finanzierung dieser zum Teil noch in
Bau befindlichen Schiffe dienen die 70 Millionen DM, die in dem Ihnen. vorliegenden Haushalt, zusätzlich zu den in den voraufgegangenen vier Jahren bewilligten 340 Millionen DM, vorgesehen sind. Die Beschränkung auf 70 Millionen DM war durch die Leistungsfähigkeit des Haushalts bedingt. Wie der Herr Berichterstatter schon gesagt hat, wird ein Rest — er beträgt 31 Millionen DM — auf das nächste Jahr vorgetragen.
Die beteiligten Stellen sind sich darüber klar, daß die 2 1/2 Millionen BRT noch nicht ausreichen, um die Bedürfnisse der deutschen Volkswirtschaft an seegängigem Schiffsraum zu befriedigen. Zu diesem Ergebnis kommt man, gleichgültig, ob man von der Bevölkerung der Bundesrepublik ausgeht, ob man ihr gesamtes Außenhandelsvolumen zugrunde legt oder ob man die im Auslandsgüterverkehr über See zu befördernde Gütermenge als Maßstab wählt. Berücksichtigt man ferner, daß rund 700 000 BRT des gegenwärtigen Schiffsbestandes älter als 20 Jahre sind und daß ihr Ersatz im Laufe kurzer Zeit, wenn nicht schon aus technischen, so doch aus wirtschaftlichen Gründen geboten ist, so kann man für die nächsten Jahre von einem Baubedarf ausgehen, der über einer Million BRT liegen wird.
Die Frage, ob der Wiederaufbau und die Verjüngung der Handelsflotte fortgeführt werden sollen, muß also von unserem Standpunkt aus bejaht werden. Die Initiative dazu muß jedoch bei unseren Reedern liegen. Von ihren Verbänden und aus Pressemeldungen wissen die Reeder, daß sie Anträge auf Finanzierung von Neubauten vorlegen können. Die darin vorgetragenen Bauabsichten werden dann, genau wie auch früher, daraufhin geprüft werden müssen, ob sie einem volkswirtschaftlichen und schiffahrtspolitischen Bedürfnis in solchem Maße entsprechen, daß eine Kredithilfe gerechtfertigt ist. Dieser schiffahrtspolitische Gesichtspunkt muß für den Bundesminister für Verkehr im Vordergrund stehen. Dabei wird von uns natürlich die Bedeutung der Aufträge für die Werftbeschäftigung keinesfalls verkannt. Weiter wird dem Umstand Rechnung zu tragen sein, daß die Lage der Reedereien sich inzwischen schon recht unterschiedlich entwickelt hat. Es wird deshalb nicht schematisch vorgegangen werden können, sondern im Einzelfall geprüft werden müssen, ob und in welchem Umfang für einen förderungswürdigen Neubau Kredithilfen erforderlich sind. Dabei darf ich nochmals ausdrücklich betonen, daß wir für den Wiederaufbau unserer Handelsflotte keine Subventionen gegeben haben, sondern nur Finanzierungshilfen, d. h. also Kredite, die wieder eingefahren und zurückgezahlt werden müssen.
Der Zwang zu sparsamer und wirtschaftlicher Verwendung von Bundesmitteln darf und wird nicht dazu führen, daß ein Reeder den Vorzug hat, nur weil er sich mit der geringsten Bundeshilfe begnügen könnte. In erster Linie muß das Bauvorhaben gefördert werden, das den höchsten volkswirtschaftlichen Nutzen verspricht. Denn darüber kann kein Zweifel bestehen: Ohne eine Kredithilfe des Bundes sind die deutschen Reeder immer noch nicht in der Lage, ihre Flotte weiter auszubauen und zu erneuern. Ich muß immer wieder daran erinnern, daß die Schiffahrt stärker als fast jeder andere Zweig der deutschen Wirtschaft demontiert und auch erst sehr viel später wieder zum Aufbau zugelassen worden ist. Der so oft genannte Korea-Boom hat nur einem kleinen Teil von Reedern durch hohe Frachtraten Vorteile bringen können, nämlich denen, die schon 1951 Schiffe zur Verfügung hatten. Im übrigen hat er lediglich zu einer Erhöhung der Betriebskosten und auch zu einer Erhöhung der Baukosten geführt.
Damit komme ich zu einem Punkt, der mir für die Entwicklung der Werftlage in der nächsten Zeit entscheidend zu sein scheint. Obwohl die Reeder wissen, daß wir ihnen für ein Gespräch über weitere Neubauten zur Verfügung stehen, gehen die Anträge bisher nur spärlich ein. Das hat zweifellos konjunkturelle Gründe; denn das Niveau des Weltfrachtenmarktes ist so abgesunken, daß es schwer ist, die fixen Kosten einzufahren. Um so wichtiger ist unter diesen Umständen die Höhe der Werftpreise für Neubauten. Aus Äußerungen ergibt sich, daß die Werftpreise vielfach mit Recht als zu hoch angesehen werden. Das liegt vor allem an den hohen Materialpreisen, insbesondere für Eisen. Die gleichen Gründe dürften übrigens auch das Ausbleiben von Auslandsaufträgen erklären.
Was nun die Frage der weiteren Finanzierung der Neubauten anbetrifft, so darf ich darauf hinweisen, daß zur Zeit, nämlich bis Ende dieses Jahres, die Schiffahrt noch über die Möglichkeiten des § 7 d Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes verfügt. Ich hoffe, daß es den Reedern gelingen wird, auch in diesem Jahre wieder zinslose Darlehen und verlorene Zuschüsse aus dieser Quelle auf sich zu ziehen. Ende vorigen Jahres haben wir noch im wesentlichen mit Hilfe dieser Bestimmung die Voraussetzungen für den Bau von weiteren rund 145 000 BRT schaffen können. Diese Übergangslösung. und eine ähnliche, im Ausmaß geringere Aktion der letzten Zeit für weitere 20 000 BRT haben die Reeder in die Lage versetzt, weitere Aufträge bis zu etwa 165 000 BRT verteilen zu können. Damit wird sich die Lage wenigstens bei einigen Werften entspannen. Soweit Reeder, die an der Übergangslösung beteiligt sind, Aufträge noch nicht erteilt haben sollten, wird ihre Zurückhaltung auch hier mit der Höhe der Baukosten zu erklären sein. Schiffsbauprogramme sind stets nichts anderes als die Zusammenstellung und Dringlichkeitsordnung der von den Reedern gestellten Anträge. Ohne diese Anträge lassen sich natürlich auch keine Programme aufstellen.
Weiterhin werden in Kürze vier Verordnungen ergehen, die Schiffspfandbrief- und Schiffbauanleihen in Höhe von insgesamt 61 Millionen DM in den Genuß der Steuervorteile des Kapitalmarktförderungsgesetzes bringen. Dieser Erfolg ist um so mehr zu begrüßen, als die Schiffahrt bisher von dem Kapitalmarktförderungsgesetz noch nicht den erwarteten Nutzen gehabt hat und als auch die 61 Millionen DM im wesentlichen zur Konsolidierung bisher gegebener Kredite dienen, die revolvierend Gelder freimachen, die dann zur Finanzierung neuer Bauvorhaben verwandt werden sollen.
Der Wegfall des § 7 d Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes durch das Gesetz über die Kleine Steuerreform von 1953 wird uns ohne Zweifel vor neue Aufgaben stellen. Es ist bereits mehrfach dargestellt worden, welch großen Beitrag diese Finanzierungsquelle für den Wiederaufbau der deutschen Handelsflotte geleistet hat. Ersatz hierfür wird der Kapitalmarkt den Reedern vorerst im erforderlichen Umfang nicht bieten können; denn es wird sicherlich geraume Zeit vergehen, bis er so gefestigt ist, daß er auch der Schiffahrt zur Verfügung steht. Im übrigen spielt neben der Leistungsfähigkeit des
Kapitalmarkts auch die Zinsfrage eine entscheidende Rolle. Die jetzt üblichen hohen Zinsen können die deutschen Reeder keinesfalls tragen, wenn sie gegenüber ihrer ausländischen Konkurrenz wettbewerbsfähig bleiben sollen, die zum größten Teil über hohe Eigenmittel verfügt und Fremdgelder sehr viel zinsgünstiger zu erhalten vermag. Wir erörtern deshalb schon jetzt das Problem eines Zinsausgleichs, insbesondere für die Spitzenfinanzierung. Zweifellos wird sich das Ergebnis der Beratungen über diese Frage im kommenden Haushaltsplan niederschlagen.
Mit den beteiligten Stellen besteht Einvernehmen darüber, daß der Schiffahrt auch weiterhin Darlehen aus dem ERP-Sondervermögen zugeführt werden müssen. Über die Höhe finden zur Zeit Besprechungen statt, die einen günstigen Verlauf nehmen. Sie wissen, daß wir in diesem Jahr 50 Millionen DM dafür erhalten.
Schließlich bleiben als Grundlage, auf die wir keinesfalls verzichten können, die Wiederaufbaudarlehen. Das Gesetz über Darlehen zum Bau und Erwerb von Handelsschiffen von 1950 gilt unverändert fort. Die Bedarfsanmeldung für das Rechnungsjahr 1955 wird zur Zeit vorbereitet. Es wird Sache des Hohen Hauses sein, sich bei den Beratungen über die Haushalte der nächsten Jahre schlüssig zu werden, welche Beträge zur Durchführung dieses Gesetzes bereitgestellt werden sollen und können. Wir müssen uns aber darüber klar sein, daß an einen Abbau dieser Mittel, die in den außerordentlichen Haushaltsplänen der kommenden Jahre erscheinen werden, schwerlich gedacht werden kann, falls wir an den dargelegten Zielen des Wiederaufbaus unserer Handelsflotte festhalten wollen. Die Wiederaufbaudarlehen, mit denen bei Altreedern 40 % der Neubaukosten eines Schiffes finanziert werden, stellen nach wie vor den Grundstock der Schiffsbaufinanzierung dar, auf den wir nicht verzichten können.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Gengler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Verkehrshaushalt ist einer der wenigen Einzelpläne des Bundeshaushalts, durch den nicht nur eine Behördenorganisation, sondern auch ihr Aufgabengebiet, der Verkehr selbst, finanziert wird, seien es die Verkehrswege, Schiene, Straße, Wasserstraße, Häfen, Flughäfen, seien es die Verkehrsmittel, z. B. in der Seeschifffahrt, im Luftverkehr, bei der Eisenbahn. Wie der Herr Berichterstatter vorhin mit Recht ausgeführt hat, steht daher der Verkehrshaushalt im Brennpunkt des öffentlichen Interesses.
Leider hat sich der Eindruck, der von Rednern mehrerer Fraktionen bei der ersten Lesung des Bundeshaushalts schon herausgestellt worden ist, bei eingehender Behandlung dieses Haushaltsplans nur bestätigt, daß nämlich für den Verkehr viel zu wenig getan wird. In einzelnen Fällen hat der Haushaltsausschuß im Einvernehmen mit dem Verkehrsausschuß besonders einschneidende Kürzungen von Etatsansätzen gegenüber dem Vorjahr wieder beseitigt. Ich denke vor allem an die Wiedererhöhung der Mittel für den Dortmund-EmsKanal von 11 auf 16 Millionen DM, für die Mittelweser AG. von 5 Millionen auf 7,8 Millionen DM und für die Rhein-Main-Donau AG. von 5 auf 9 Millionen DM. Die beiden Ausschüsse waren sich in diesen Fällen mit dem Bundesrat darüber einig, daß die in der Regierungsvorlage vorgenommenen Kürzungen der für diese Zwecke vorgesehenen Mittel zu schweren Schäden geführt haben würden, die aus finanziellen, volkswirtschaftlichen und verkehrs- und sozialpolitischen Gründen nicht zu verantworten gewesen wären.
Es ist durchaus die Auffassung meiner Fraktion, daß die Planung neuer Kanalbauvorhaben nur mit äußerster Zurückhaltung betrachtet werden sollte. Der Ausbau der im Bau befindlichen Großschifffahrtsstraßen, des Dortmund-Ems-Kanals, des Neckars, des Mains und der Mittelweser, muß jedoch in einem wirtschaftlicher Vernunft entsprechenden Bautempo zu Ende geführt werden. Mit Genugtuung kann ich feststellen, daß die mir persönlich verständlicherweise besonders am Herzen liegende Neckar-Schiffahrtsstraße bei gleichbleibenden Haushaltsbeträgen 1957 Stuttgart erreicht haben wird. An diesem erfreulichen Ergebnis haben neben dem Land Baden-Württemberg die Stadt Stuttgart und ein an der Fertigstellung des Kanals interessierter schwäbischer Energieversorgungsverband durch Leistung finanzieller Zuschüsse gebührenden Anteil. Man hat sich im Land Baden-Württemberg beim Neckarkanalbau nicht allein auf den Bund verlassen, sondern ist in die Finanzierung selbst kräftig mit eingestiegen.
sowohl zur Förderung des Kanalbaus wie auch wegen der damit verbundenen Gewinnung elektrischer Kraft.
Ich hebe dies deshalb hervor, weil ich glaube, daß diese schwäbische Leistung auch anderen Ländern und Interessenten zum Vorbild dienen könnte. Ich denke dabei insbesondere an eine finanzielle Förderung des Dortmund-Ems-Kanals durch die Länder Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Durch eine tatkräftige Mitwirkung könnte meines Erachtens auch hier der Fertigstellungstermin für den Ausbau des Kanals für das Tausend-TonnenSchiff, der bei gleichbleibenden Bauraten des Bundes nicht vor dem Jahre 1960 liegen könnte, erheblich vorgezogen werden. Die Industrie des Ruhrgebietes und der Hafen Emden würden es ihren Ländern zu danken wissen. Das an die Adresse von Ländern und Interessenten Gesagte gilt auch für den Änderungsantrag der Abgeordneten Frau Strobel auf Umdruck 50*). Wir haben uns im Haushaltsausschuß die Beschlüsse des Bundesrates zu eigen gemacht. Bei einem so abgewogenen Kompromiß sollten wir es belassen und auf einen Stimmungswettlauf auf diesem Gebiete verzichten.
Bei den Seewasserstraßen muß man naturgemäß mit anderen Maßstäben rechnen als bei den Binnenwasserstraßen. Ich darf dabei insbesondere auf die verheerenden Wirkungen der Sturmflut des vergangenen Jahres in Holland, Belgien und England hinweisen. Man hat den Eindruck, daß bei der Zumessung der Mittel im Haushalt der Seewasserstraßenverwaltung mit äußerster Sparsamkeit vorgegangen worden ist und daß weitere Einsparungen schlechterdings unmöglich sind. Hier werden in den nächsten Jahren erheblich größere Belastungen zu erwarten sein, besonders wenn man bedenkt, daß die Tiefgänge der großen Überseedampfer weiter zunehmen und infolgedessen auch die Tiefen der Zugangswege zu den deutschen See-
*) Siehe Anlage 5 Seite 845.
häfen in absehbarer Zeit nicht mehr ausreichen werden. Voran stehen hier die großen Überseehäfen Hamburg und Bremen.
Besonderes Augenmerk bitte ich die Bundesregierung dabei auch weiterhin auf die Unterhaltung und technische Fortentwicklung des NordOstsee-Kanals zu richten, dieser internationalen Schiffahrtsstraße, die in einem gewissen Verhältnis an Bedeutung dem Panamakanal und dem Suezkanal nicht nachsteht.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Träger der Straßenbaulast müssen unverzüglich alle geeigneten finanziellen Möglichkeiten ausschöpfen, um dem Straßenbau die für den beschleunigten Um- und Ausbau der Straßen sowie den Weiterbau der Bundesautobahnen notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen. Durch enge Zusammenarbeit der Beteiligten müssen schwerpunktmäßig möglichst durchgehende Straßenzüge verbessert werden, um die übrigen Straßen in kurzer Frist vom Fernverkehr weitestgehend zu entlasten und ein leistungsfähiges Grundnetz zu schaffen. Die Hauptverkehrsadern der Städte sind durch Neubau oder Erweiterung den heutigen und künftigen Anforderungen des Straßenverkehrs anzupassen. Der Bau von Umgehungsstraßen ist dabei besonders zu fördern. Die Parkraumnot ist durch Bau öffentlicher und Förderung privater Parkplätze zu beheben. Der Fahrradverkehr ist durch Anlage von Radwegen grundsätzlich von den vorwiegend dem Kraftfahrzeugverkehr dienenden Straßen zu trennen. Besonderer Wert muß auf Führung des Fahrradverkehrs bei verkehrsreichen Straßenkreuzungen gelegt werden.
Dieses Programm, meine Damen und Herren, dürfte auf die einmütige Unterstützung des Bundestages rechnen.
Dabei stellt sich jedoch sogleich die Frage, ob der Bundeshaushalt mit seinem jetzigen Volumen diesen Anforderungen gerecht wird. Um diese Frage beantworten zu können, ist es notwendig, sich die Größenordnung vor Augen zu halten, die in diesem Programm steckt. Ich entnehme einem im letzten Heft der Zeitschrift „Straße und Autobahn" erschienenen Aufsatz des Leiters der Abteilung Straßenbau des Bundesverkehrsministeriums, daß dieses Ministerium in Zusammenarbeit mit den Straßenbauverwaltungen der Länder als Auftragsverwaltungen ein Bauprogramm für die Reihenfolge des Ausbaus der Bundesfernstraßen ausgearbeitet hat.
Dieses Programm sieht zwei Dringlichkeitsstufen vor. In der Dringlichkeitsstufe I sind für die Fertigstellung bzw. den Neubau von Strecken nationaler und internationaler Bedeutung rund 2,7 Milliarden DM vorgesehen, davon 1,8 Milliarden DM für Autobahnen, für den Ausbau von Bundesstraßen rund 1,1 Milliarden DM, davon 935 Millionen DM für Umbaumaßnahmen und 150 Millionen DM für die Beseitigung von schienengleichen Wegübergängen, schließlich für noch zu beseitigende Kriegsschäden und Kriegsfolgeschäden 530 Millionen DM. Insgesamt sind in der Dringlichkeitsstufe I Ausbaumaßnahmen mit einem Kostenaufwand von rund 4,3 Milliarden DM vorgesehen, davon rund 2 Milliarden DM für Autobahnen. Die Dringlichkeitsstufe II umfaßt Maßnahmen mit einem Kostenaufwand von weiteren 4,2 Milliarden DM.
Rund 8,5 Milliarden DM sind also erforderlich, um das Bundesfernstraßennetz so auszubauen und so zu verbessern, daß es den Anforderungen des modernen Verkehrs genügt. Die Verkehrsfachleute sind der Auffassung, daß die Entwicklung des Verkehrs den Ausbau der Dringlichkeitsstufe I in einem Zeitraum von längstens 8 bis 10 Jahren erforderlich macht. Das wird aber die Bereitstellung von jährlich rund 500 Millionen DM neben den Mitteln für die laufende Unterhaltung der Bundesstraßen und Bundesautobahnen von rund 150 Millionen DM im Jahr bedeuten. In dieser Relation zeigt sich die Unzulänglichkeit der im außerordentlichen Haushalt ausgebrachten 163 Millionen DM. Hier stehen eben Notwendigkeiten des Verkehrs und finanzielle Leistungsfähigkeit des Bundeshaushalts in einem kaum zu überbrückenden Mißverhältnis.
Einen gewissen Lichtblick gibt das vom Kabinett inzwischen im Entwurf verabschiedete Verkehrsfinanzgesetz, nach dem den Bundesstraßen rund 100 Millionen DM jährlich aus zusätzlichem Steueraufkommen zufließen sollen. Ich begrüße die im Gesetzentwurf niedergelegte Absicht der Bundesregierung, den Autobahnbau mit Hilfe einer Autobahnfinanzierungsgesellschaft weiter zu forcieren. Der Kraftwagenbenutzer wird für die Anhebung der Mineralölsteuer sicherlich Verständnis haben, wenn ihm dafür die Gewähr gegeben wird, daß mit Hilfe des Mehraufkommens für die Verkehrswege etwas Entscheidendes getan wird. Mit den aus der beabsichtigten Anhebung der Mineralölsteuer dem Straßenbau zufließenden 100 Millionen DM würden für Straßenbauinvestitionen rund 263 Millionen DM gegenüber dem vorhin genannten Bedarf von 500 Millionen DM zur Verfügung stehen. Es ist daher weiterhin anzustreben, die hier noch klaffende Lücke zu schließen. Mit dem Ausbau der Straßen dienen wir nicht nur dem Verkehr und der Wirtschaft, sondern, wie die Resolution mit Recht hervorgehoben hat, auch der Verkehrssicherheit. Wir werden bei der Beratung des von der Bundesregierung beschlossenen Entwurfs eines Verkehrssicherheitsgesetzes Gelegenheit erhalten, auf diese Fragen zurückzukommen. Verkehrssicherheit ist zudem nicht, wie manche Leute meinen, eine bloße Polizeifrage, sondern auch eine Aufgabe: neuzeitliche Verkehrserziehung und gemeinsame Rücksichtnahme von Kraftfahrern wie Fußgängern.
Einiges zur Lage der Bundesbahn. Ihre Finanzen nehmen eine bedrohliche Entwicklung. Der Wirtschaftsplan 1954 rechnet mit einem Defizit von 794 Millionen DM. Vorstand und Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn sowie der Bundesverkehrsminister sind der Auffassung, daß die Ausgabenansätze des Wirtschaftsplans die unterste Grenze für die Aufwendungen darstellen, die zur Fortführung der Bundesbahn unter Berücksichtigung der Sicherheit des Betriebes und der Verkehrsbedürfnisse erforderlich sind. Gemäß § 4 Abs. 2 des Bundesbahngesetzes sind im Verkehrs-
haushalt als Darlehen an die Deutsche Bundesbahn 250 Millionen DM im ordentlichen und 90 Millionen DM im außerordentlichen Haushalt vorgesehen. Beide Beträge sind im Wirtschaftsplan der Bundesbahn in der Investitionsrechnung unter Fremdmitteln ausgewiesen. Sie dienen nicht der Abdeckung des Defizits von 794 Millionen DM.
Der vorliegende Bundeshaushalt bringt also keine Deckung dieses Defizits der Bundesbahn. Bei der in Frage stehenden Größenordnung kann er das wohl auch nicht, da für irgendwelche weiteren wesentlichen Zuschüsse an die Bundesbahn die Deckung noch fehlt. Die Vertreter der Bundesregierung haben bei der Ausschußberatung erklärt, daß weitere Hilfen für die Bundesbahn erforderlich seien, sie hätten jedoch noch nicht in die Haushaltsrechnung eingeplant werden können, da sie in engstem Zusammenhang mit den in Vorbereitung befindlichen Verkehrs- und steuerlichen Maßnahmen stünden. Wir müssen uns vorerst mit dieser Erklärung zufrieden geben, da dieser Zusammenhang mit den vom Kabinett vor einer Woche verabschiedeten Gesetzentwürfen nicht bestritten werden kann. Ohne hier auf bekanntgewordene Einzelheiten der beiden Entwürfe eingehen und mich mit ihnen identifizieren zu wollen, glaube ich, daß man ihre Zielsetzung, nunmehr Ordnung in die sich immer mehr zuspitzenden Wettbewerbsverhältnisse im Verkehr zu bringen und dabei für die Bundesbahn möglichst gleiche Startbedingungen in der Konkurrenz zur Straße zu schaffen, nur wird unterstützen können.
Bei der nach Klärung der Dinge dem Bundestag in einem Nachtragshaushalt vorzuschlagenden weiteren finanziellen Hilfe für die Deutsche Bundesbahn sehe ich es als eine Voraussetzung für die Gesundung der Deutschen Bundesbahn an, daß sie von betriebsfremden Personallasten, die an der Entstehung des Defizits wesentlich beteiligt sind, befreit wird. Die betriebsfremden Personallasten sind von der Bundesbahn für das Wirtschaftsjahr 1953 mit 436 Millionen DM beziffert worden. Die Bahn muß unverzüglich wieder auf eine gesunde finanzielle Grundlage gestellt werden. Sie muß in die Lage versetzt werden, ihre noch nicht beseitigten Kriegsschäden, die kürzlich im Verkehrsausschuß mit 1,2 Milliarden DM beziffert worden sind, und ihre Kriegsfolgeschäden, insbesondere den angestauten Nachholbedarf, für den noch 1,3 Milliarden DM aufzuwenden sind, in angemessener Zeit zu beheben, ferner die notwendigen Mittel für die technische Rationalisierung und Modernisierung, insbesondere für eine durchgreifende Elektrifizierung, aufzunehmen. Für diese wirtschaftlichen Zwecke der Bundesbahn ist auch eine größere Anleihe erforderlich und zu bejahen. Von der Bundesbahn muß erwartet werden, daß sie selbst durch organisatorische Vereinfachungsmaßnahmen und weitere Restriktionen des Personalstandes ernsthaft zu .dem erstrebten Erfolg beizutragen bemüht ist.
Nicht übersehen darf man auch die Leistungen der Bundesbahn in Sozialtarifen verschiedenster Art, bei denen die Bahn erheblich zuzahlt, weiterhin die Aufgabe der Versorgung des flachen Landes. Bei den vielen weitergehenden Wünschen auf freie oder verbilligte Fahrten bei der Bundesbahn gewinnt man oft den Eindruck, daß hier die notwendigerweise einzuhaltenden Grenzen nicht gesehen werden. Bestens anzuerkennen sind die großen Fortschritte bei der Bundesbahn im Zugverkehr und in der Ausstattung der Wagen.
Sehr erfreulich ist die Steigerung beim Ausländerreiseverkehr: 5,4 Millionen Übernachtungen 1953 gegenüber 4,4 Millionen Übernachtungen 1952 und ein Devisenaufkommen von 650 Millionen DM 1953 gegen 470 Millionen DM 1952 zeigen die Nützlichkeit der Fremdenwerbung. Diese Ergebnisse sind nicht nur nach der materiellen Seite, sondern auch hinsichtlich des Abbaues der trennenden Schranken zwischen den Völkern zu begrüßen. Wir Deutsche haben die Aufgabe, ein Land der Gastlichkeit und der Völkerverbindung zu sein. Das muß schon an der Grenze beginnen.
Ich glaube aussprechen zu können, daß auch die Deutsche Bundesbahn durch gute, moderne Züge ihren besonderen Anteil an der Steigerung im Ausländerreiseverkehr hat.
Der Herr Bundesminister hat vorhin Veranlassung genommen, über Fragen des Wiederaufbaues der deutschen Handelsschiffahrt zu sprechen. Wir haben von diesen Erklärungen des Herrn Bundesministers mit Befriedigung Kenntnis genommen und hoffen, daß die weiteren Bemühungen für den Ausbau der deutschen Handelsflotte mit Erfolg vorangetrieben werden können.
Ebensowenig wie auf eine eigene Handelsflotte kann ein Land, dessen Industrie und Wirtschaft mit der Weltwirtschaft so verflochten ist wie die unsere, auf eine eigene Handelsluftfahrt verzichten. Diese Grundauffassung hat sich der Deutsche Bundestag bereits beim vorjährigen Haushalt zu eigen gemacht. Man war sich dabei im klaren, daß der Aufbau einer eigenen Luftfahrt in den ersten Jahren eine erhebliche Belastung mit sich bringen würde. Für die Beurteilung der Höhe dieser Ausgaben war es uns, wie bereits der Berichterstatter, Herr Kollege Ritzel, ausgeführt hat, sehr wertvoll, daß kürzlich Vertretern der Fraktionen aus dem Haushalts- und dem Verkehrsausschuß die Möglichkeit gegeben wurde, interessante Einblicke in die Verhältnisse bei der Luftfahrtgesellschaft der Schweiz zu erhalten. In einem sehr instruktiven Vortrag des Präsidenten der Gesellschaft sind uns die verschiedenen Probleme nahegebracht worden, die mit dem Aufbau einer Luftverkehrsgesellschaft verknüpft sind. Die an dieser Besprechung Beteiligten haben die Erkenntnis gewonnen, daß es ratsam ist, in aller Bescheidenheit mit dem Aufbau eines eigenen Luftverkehrs zu beginnen, daß es jedoch eine unterste Grenze der Betriebskapazität gibt, unterhalb derer eine Rentabilität aus den verschiedensten Gründen nicht mehr gewährleistet ist. Auch für die beim Aufbau einer Luftverkehrsgesellschaft zu beachtende Materialpolitik sind uns wertvolle Fingerzeige gegeben worden. Einheitlichkeit des Materials, d. h. Indienststellung von möglichst wenig Flugzeugtypen und Vermeidung aller Experimente mit Flugzeugen, die sich noch in der Entwicklung befinden, ist eine Grundvoraussetzung für die Rentabilität.
Bei der Bedeutung, der Größe und dem Umfang der Aufgaben des Verkehrs zu Wasser und zu Lande kann man nur das Bedauern darüber aussprechen, daß die finanziellen Möglichkeiten uns bei diesem Haushalt auf wichtigen Gebieten harte Grenzen gezogen haben. Von dem Bundesfinanzminister wird gar vieles verlangt, was in der Summierung dann in die Milliarden geht. Beim Verkehr liegen aber auch wichtige wirtschaftliche
und soziale Aufgaben und Forderungen. Man beachte nur die große wirtschaftliche und soziale Auswirkung auf die Beschäftigung als die Grundlage echter Sozialpolitik überhaupt.
Zum Schluß möchte ich allen Beteiligten im Verkehr den besten Dank für ihre verdienstvollen Leistungen aussprechen. Wir wissen, daß die arbeitenden Menschen des Verkehrs sehr oft in anderer Weise und Zeit, in Nacht- und Sonntagsarbeit tätig sind. Für ihre unverdrossene Arbeit gebührt ihnen unser aller Dank und Anerkennung.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich bedaure sehr, daß wir den Haushalt des Bundesverkehrsministeriums, Einzelplan 12, heute nicht mehr zu Ende bringen können, obwohl wir uns eigentlich vorgenommen hatten, heute auch noch den Einzelplan 09, Bundesministerium für Wirtschaft, zu behandeln. Wenn das so weitergeht, sehe ich nicht, wie wir mit der zweiten Lesung, geschweige denn mit der dritten Lesung bis zum Freitag zu Ende kommen wollen. Gemäß einer interfraktionellen Vereinbarung sind wir jetzt am Ende der heutigen Sitzung.
Bevor ich schließe, darf ich noch bekanntmachen, daß die FDP-Fraktion anschließend eine kurze Fraktionssitzung abhält.
Gemäß einer interfraktionellen Vereinbarung bitte ich die Damen und Herren des Ältestenrates für morgen früh 8 Uhr 30 zu einer Sitzung, in der die Zeitfolge und die Arbeitsstunden des Parlaments noch einmal behandelt werden sollen. Angesichts der Redefreudigkeit, die sich heute gezeigt hat, fürchte ich, daß wir morgen um 5 Uhr nicht werden Schluß machen können. Wahrscheinlich wird es länger dauern.
Ich berufe die nächste, die 24. Sitzung auf morgen früh 9 Uhr und schließe die heutige Sitzung.