Rede:
ID0202303400

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 2023

  • date_rangeDatum: 7. April 1954

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 793 23. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954. Geschäftliche Mitteilungen 794 A, 842 C Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Schäfer und Dr. Glasmeyer . . . . 794 B Mitteilung über Verteilung des Amtlichen Handbuches des 2. Deutschen Bundestags . . 794 B Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfrage 38 betr. Zonenrandgebiet (Drucksachen 332, 423) 794 C Vorlage des Entwurfs einer Verordnung M Nr 1/52 über Preise für Milch, Butter und Käse 794 C Entgegennahme einer Erklärung der Bundesregierung (Spaltung Deutschlands und kommunistisches Regime in der sowjetisch besetzten Zone) (Entschließung Umdruck 452) 794 C Dr. Adenauer, Bundeskanzler 794 C Dr. Menzel (SPD) 795 D, 796 A Präsident D. Dr. Ehlers '795 D Einstimmige Annahme der Entschließung Umdruck 452 796 Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954 (Haushaltsgesetz 1954) (Drucksache 200); Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksache 350), dazu Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (Drucksachen 351 bis 379); Einzelplan 01 — Haushalt des Bundespräsidenten und des Bundespräsidialamtes (Drucksache 351) 796 B Frau Rösch (CDU/CSU), Berichterstatterin 796 B Beschlußfassung 796 D Einzelplan 03 — Haushalt des Bundesrates (Drucksache 353) 796 D Dr. Schild (Düsseldorf) (DP), Berichterstatter 796 D Beschlußfassung 797 A Einzelplan 24 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit (Drucksache 366) . . . .. . . . . . . 797 A Frau Lockmann (SPD), Berichterstatterin 797 A Schoettle (SPD) 797 D Dr. Bergmeyer (CDU/CSU) 798 A Kalbitzer (SPD) '798 A Blücher, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit . . 798 D Dr. Vogel (CDU/CSU) 799 D Abstimmungen 800 A Einzelplan 04 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksache 354; Umdruck 28, 32) 800 B, 843 A, B Dr. Blank (Oberhausen) (FDP), Berichterstatter 800 B Mellies (SPD) 801 C Dr. Adenauer (CDU/CSU): als Bundeskanzler 803 D, 811 A als Abgeordneter 804 C Dr. Deist (SPD) . . . . 805 C Ritzel (SPD) 808 A Dr. von Brentano (CDU/CSU) 811 A Dr. Höck (CDU/CSU) 811 C Müller-Hermann (CDU/CSU) 812 A Dr. Gülich (SPD) 814 B Metzger (SPD) 814 C Krammig (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) 815 B Abstimmungen 815 C Einzelplan 05 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts (Drucksache 355; Umdrucke 24, 25) 815 D, 844 A, B Dr. Vogel (CDU/CSU): als Berichterstatter 815 D als Abgeordneter 834 A Dr. Pfleiderer (FDP) 818 A Dr. Lütkens (SPD) 823 B, 831 B Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 828 B Dr. Gille (GB/ BHE) 831 B Dr. Leverkuehn (CDU/CSU) 832 B Abstimmungen 834 D Einzelplan 12 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksache 362; Umdruck 50) 835 A, 845 Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . . 835 A Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 837 D Gengler (CDU/CSU) 839 B Weiterberatung vertagt 842 A Nächste Sitzung 842 C Anlage 1: Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum Einzelplan 04 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Umdruck 28) . . 843 4 Anlage 2: Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum Einzelplan 04 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Umdruck 32) . . 843 B Anlage 3: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zum Einzelplan 05 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts (Umdruck 24) 844 A Anlage 4: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zum Einzelplan 05 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts (Umdruck 25) 844 B Anlage 5: Änderungsantrag der Abg. Frau Strobel, Bauer (Würzburg), Op den Orth u. Gen. zum Einzelplan 12 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Umdruck 50) 845 Die Sitzung wird um 10 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
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    Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 23. Sitzung Änderungsantrag der Fraktion der SPD (Umdruck 28) zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954 (Haushaltsgesetz 1954) Einzelplan 04 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksachen 200, 350, 354) Der Bundestag wolle beschließen: In Kap. 0403 Tit. 300 „Zur Verfügung des Bundeskanzlers für Förderung des Informationswesens" erhält der Zweckbestimmungsvermerk folgende Fassung: „Die Mittel sind übertragbar. Die Jahresrechnung über die Ausgaben dieses Betrages unterliegt der Prüfung einer nach Maßgabe der Geschäftsordnung des Bundestages aus drei Mitgliedern des Bundestages zu bildenden Kommission und der Prüfung durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofes. Die Erklärungen der Kommission und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes bilden die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung." Bonn, den 6. April 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 23. Sitzung Änderungsantrag der Fraktion der SPD (Umdruck 32) zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954 (Haushaltsgesetz 1954) Einzelplan 04 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksachen 200, 350, 354) Der Bundestag wolle beschließen, in Kap. 0403 den Tit. 300 um 4 000 000 DM zu kürzen auf 6 000 000 DM. Bonn, den 7. April 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 zum Stenographischen Bericht der 23. Sitzung Entschließungsantrag der Fraktion der SPD (Umdruck 24) zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954 (Haushaltsgesetz 1954) Einzelplan 05 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts (Drucksachen 200, 350, 355) Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundeskanzler wird ersucht, in Ausführung des Bundestagsbeschlusses vom 31. März 1950 — Drucksache 813 Nr. 2 der 1. Wahlperiode —„Der Bundeskanzler wird ersucht, alsbald einen Staatssekretär für das Auswärtige Amt zu ernennen." dafür zu sorgen, daß der für das Auswärtige Amt bestellte Staatssekretär sich denjenigen Aufgaben widmet, die einem Staatssekretär als dem in erster Linie für den Verwaltungsapparat eines Ministeriums verantwortlichen Beamten obliegen. Bonn, den 6. April 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 4 zum Stenographischen Bericht der 23. Sitzung Entschließungsantrag der Fraktion der SPD (Umdruck 25) zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954 (Haushaltsgesetz 1954) Einzelplan 05 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts (Drucksachen 200, 350, 355) Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, die schon bisher im Haushaltsplan vorgesehene B 7 a Stelle eines Inspekteurs der Auslandsvertretungen (Gesandter zu besonderer Verwendung) nunmehr durch einen mit den Verwaltungsfragen des auswärtigen Dienstes vertrauten Beamten zu besetzen, ihm zur Erfüllung seiner Aufgaben zwei in derselben Weise erfahrene Beamte zuzuteilen und beschleunigt eine Überprüfung der Auslandsbehörden unter den Gesichtspunkten der verwaltungsmäßigen Zweckmäßigkeit und der mit der sachgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben zu vereinbarenden möglichsten Sparsamkeit vorzunehmen. Bonn, den 6. April 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 5 zum Stenographischen Bericht der 23. Sitzung Änderungsantrag der Abgeordneten Frau Strobel, Bauer (Würzburg), Op den Orth und Genossen (Umdruck 50) zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954 (Haushaltsgesetz 1954) Einzelplan 12 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 200, 350, 362) Der Bundestag wolle beschließen: In Kap. A 1203 Tit. 760 (Beteiligung an dem Bauvorhaben der Rhein-Main-Donau A. G.) ist statt „9 000 000 DM" zu setzen „10 000 000 DM". Bonn, den 7. April 1954 Frau Strobel Frau Albrecht Bals Baur (Augsburg) Behrisch Dewald Frenzel Hauffe Bauer (Würzburg) Herold Höhne Hörauf Kahn-Ackermann Dr. Kreyssig Kurlbaum Marx Op den Orth Müller (Erbendorf) Reitzner Sassnick Seidel (Fürth) Seuffert Thieme Wagner (Deggenau) Zühlke
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Konrad Adenauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren!

    (Abg. Dr. Menzel: Was hat Ihnen Zinn gegesagt? — Weitere Zurufe von der SPD. — Abg. Marx: Das nehmen Sie auch wieder mit Bedauern zurück!)

    — Ich habe nichts mit Bedauern zurückzunehmen.

    (Abg. Marx: Das werden Sie aber wahrscheinlich tun!)

    — Ich habe nichts mit Bedauern zurückzunehmen. Wenn ich auf dem Parteitag falsch unterrichtet worden wäre, würde ich das zurücknehmen; aber bisher ist mir der Nachweis dafür, daß die Behauptungen auf dem Parteitag falsch waren, nicht erbracht worden.

    (Lebhafte Zurufe von der SPD.)

    — Ich meine, Sie müssen sich doch allmählich daran gewöhnen, einmal einen anderen anzuhören. Das ist doch parlamentarisch,

    (Zuruf von der SPD: Nachdem das geschehen ist, Herr Bundeskanzler?!)

    ist im übrigen auch demokratisch.

    (Beifall in der Mitte. — Lebhafte Zurufe von der SPD.)

    Zur Demokratie gehört wirklich, daß man so viel Geduld hat, den anderen ruhig anzuhören; das gehört dazu.

    (Zuruf von der SPD: Wenn er die Wahrheit spricht!)

    Was nun den anderen Angriff gegen mich angeht, so kann ich sagen, daß die Unterrichtung, die mir zuteil geworden war, nicht richtig war. Als mir das mitgeteilt worden ist, habe ich nicht gezögert, diese Behauptung zurückzuziehen.

    (Zuruf von der SPD: Ein bißchen lange hat es gedauert! Sechs Monate hat es gedauert!)

    Wenn das jeder im politischen Wahlkampf täte,
    wenn er die Behauptungen zurückzöge, falls er
    sich davon überzeugt, daß sie nicht richtig sind,

    (erneute Zurufe von der SPD)

    dann würden die notwendigen Auseinandersetzungen besser verlaufen. Das käme auch dem parlamentarisch-demokratischen Gedanken zugute.

    (Beifall bei der CDU/CSU und rechts.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Deist.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinrich Deist


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat auf Umdruck 32 den Antrag gestellt, beim Presse- und Informationsfonds des Herrn Bundeskanzlers eine Kürzung um 4 Millionen DM vorzunehmen. Dieser Antrag steht in engem Zusammenhang mit unserem Antrag auf Umdruck 30, in dem wir zum Etat des Herrn Bundeswirtschaftsministers die Einstellung eines Betrags von 4 Millionen DM für Belegschaftsmitglieder des Eisenerzbergbaus, die von Stillegung betroffen sind, beantragen. Umdruck 32 ist daher gewissermaßen die Deckungsvorlage für den Antrag Umdruck 30, und Umdruck 30 selbst ist die Begründung für den Antrag auf Umdruck 32. Unter diesen Umständen bitte ich den Herrn Präsidenten, die Begründung beider Anträge zusammenfassen zu dürfen; sie gehören sachlich zusammen.
    In den letzten Wochen und Monaten bekommen wir aus allen Teilen Deutschlands, in denen Eisenerzbergbau getrieben wird, alarmierende Nachrichten darüber, daß zahllose Entlassungen vorgenommen werden, daß Stillegungen von ganzen Zechen erfolgen müssen und daß Feierschichten in einem Ausmaß verfahren werden, das kaum noch tragbar erscheint.

    (Zuruf von der Mitte: Na, na!)

    Im Salzgitter-Gebiet sind von einer Belegschaft von etwa 5000 Mann insgesamt 500 entlassen worden. Seit dem Sommer des vergangenen Jahres werden ständig etwa vier Feierschichten verfahren. Das hat dazu geführt, daß insgesamt etwa 500 gerade der jüngsten und kräftigsten Bergleute, die für die Zukunftsentwicklung dieses Gebietes kaum entbehrt werden können, freiwillig abgekehrt sind.
    Im Siegerland haben bei einer Belegschaft von insgesamt 5000 Mann bisher 1000 Mann die Kündigung erhalten. Das sind 20 % der Belegschaft, die ihre Arbeit und ihr Brot verlieren.
    Wir müssen uns darüber klar sein, daß der Eisenerzbergbau in Gebieten betrieben wird, in denen das sonstige gewerbliche und industrielle Leben in der Regel schwach entwickelt ist, und daß daher von den Folgen solcher Maßnahmen nicht nur die Belegschaftsmitglieder, sondern die ganze Umgebung betroffen wird. Schließlich sollten wir angesichts derartiger Entlassungen im Salzgitter-Gebiet nicht vergessen, daß dies ein Gebiet an der Zonengrenze ist, dem politisch eine außerordentliche Bedeutung zukommt, und daß die dort getroffenen Maßnahmen geradezu politisches Sprengpulver sind.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Man kann diese Vorgänge im deutschen Eisenerzbergbau nicht behandeln, ohne die Zusammenhänge mit der Eisen- und Stahlindustrie zu sehen. Denn diese krisenhaften Erscheinungen innerhalb des Eisenerzbergbaus sind darauf zurückzuführen, daß die Anforderungen der Eisen- und Stahlindustrie an den Erzbergbau in einem Ausmaß zurückgegangen sind, angesichts dessen wirtschaftlicher Bergbau einfach nicht mehr zu führen ist. Der Versand an Eisenerz aus dem Salzgitter-Gebiet an die Ruhr — auf Ruhrerz bezogen — ist z. B. um 45 % und der Versand aus dem Siegerland um etwa 33 1/3 % zurückgegangen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das bedeutet Veränderungen in der Beschäftigung im Eisenerzbergbau, die untragbar sind.
    Ich habe nicht die Absicht, an dieser Stelle etwa die gesamte Eisen- und Stahlpolitik Deutschlands


    (Dr. Deist)

    und ihr Verhältnis zur Politik der Montan-Union zur Debatte zu stellen. Meine Fraktion wird durch eine Große Anfrage Gelegenheit geben, in Kürze dieses ganze Problem ausführlich zu diskutieren. Es scheint mir aber doch wichtig zu sein, einen kleinen Rückblick darauf zu werfen, in welchem Umfang diese Maßnahmen im Eisenerzbergbau mit der Entwicklung in der deutschen Eisen- und Stahlindustrie in Verbindung stehen. Ich freue mich, daß ich über diese Zusammenhänge, über die es an der Ruhr nur eine Meinung gibt, einige Ausführungen machen kann.
    Ein Teil der Einschränkungen, die im Eisenerzbergbau notwendig geworden sind, ist auf die Rückentwicklung und die Stagnation in der Eisen-und Stahlindustrie zurückzuführen. Wenn wir die Gründe für diese Stagnation untersuchen, dann finden wir, daß sie zumindest zum Teil auf folgende Ursachen zurückzuführen ist. Im August des Jahres 1952 hat der Herr Bundeswirtschaftsminister einen Versuch unternommen, die Eisen- und Stahlpreise auf ein niedrigeres Niveau zu senken. Man wird dem Herrn Bundeswirtschaftsminister zugeben müssen, daß dieser Versuch in jener Zeit sicherlich eine gewisse Berechtigung hatte. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat aber ein völlig untaugliches Mittel zu einer solchen Senkung der Preise angewandt, indem er im August 1952 vorzeitig die gesamten Eisen- und Stahlzölle gesenkt und damit eine Überschwemmung des deutschen Eisenmarktes mit 1 bis 1,5 Millionen t herbeigeführt hat, die nicht unwesentlich zu einer Verschärfung der Situation in der Eisen- und Stahlindustrie beigetragen haben. Über diesen Tatbestand gibt es unter den sachverständigen Kreisen an der Ruhr, gleich ob sie auf der Unternehmer- oder der Arbeitnehmerseite sitzen, keine verschiedene Auffassungen.

    (Abg. Dr. Vogel: Wollen wir das nicht beim Bundeswirtschaftsministerium behandeln?)

    — Ich hatte gerade gebeten, da dieser Antrag die
    Begründung für den Streichungsantrag ist, hier zugleich diese Begründung, die selbstverständlich
    wirtschaftspolitischer Art ist, bringen zu dürfen.
    Ein zweites, was diese Stagnation in der Eisen- und Stahlindustrie und damit die Rückwirkung auf den Eisenerzbergbau verursacht hat, ist das völlige Versagen der öffentlichen Auftragspolitik, insbesondere der Auftragspolitik der Bundesbahn. Dieser große Auftraggeber hätte, wenn frühzeitig für eine Gesunderhaltung der Bundesbahn gesorgt worden wäre, durchaus die Möglichkeit gehabt, die partiellen Stagnationserscheinungen der Eisen-und Stahlindustrie durch eine gesteigerte Auftragserteilung wesentlich zu lindern.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Ich darf hier schließlich eine dritte Bemerkung einschalten. Wenn wir in der Eisen- und Stahlindustrie und im Eisenerzbergbau im Gegensatz zu dem Entwicklungstrend der gesamten deutschen Wirtschaft, die durchaus aufsteigende Tendenzen zeigt, einen Rückgang zu verzeichnen haben, so ist das zweifellos ein gewolltes und logisches Ergebnis des Zusammenwirkens der Eisen-und Stahlindustrie innerhalb der Montan-Union. Es scheint mir doch wichtig zu sein, darauf hinzuweisen, daß diese Entwicklung gerade auf dem Gebiete des Eisenerzbergbaus zur Zeit des Inkrafttretens des Montan-Union-Plans bereits zu übersehen war. Es war der Abgeordnete Dr. Henle, der diese Zusammenhänge in diesem Hause besonders deutlich gemacht hat. Es wäre sicher richtig gewesen, wenn man in jener Zeit dafür gesorgt hätte, bezüglich des Eisenerzbergbaus entsprechende Vorbehalte zu machen, wie sie andere Länder für schwache Wirtschaftsbereiche durchgesetzt haben.
    Ich habe diese Tatsachen kurz dargelegt, um zu zeigen, welche besondere Verantwortung die Bundesregierung für die Entwicklung in den Eisenerzbergbaugebieten hat.
    Ich darf einen zweiten Tatbestand erwähnen, der nicht ohne Bedeutung für die zur Zeit im Eisenerzbergbau gegebene Entwicklung ist. Dieser Tatbestand ist die Neuordnung der Eisen- und Stahlindustrie in der Form, wie sie durchgeführt worden ist. Ich bedaure, auf diese kurze Darlegung nicht verzichten zu können, weil sie entscheidende Bedeutung für die augenblickliche Situation im Eisenerzbergbau hat. Der deutsche Eisenerzbergbau ist eine der Rohstoffgrundlagen der deutschen Eisen- und Stahlindustrie. Wir wissen, daß es sich dabei um nicht sehr hochwertige Erze, die jedoch mit hohen Gewinnungskosten belastet sind, handelt. Wir wissen aber ebenso gut, daß die deutsche Wirtschaftspolitik ständig Wert darauf gelegt hat, diese Grundlage der deutschen Eisen- und Stahlindustrie in gewissem, volkswirtschaftlich zu rechtfertigendem Umfange aufrechtzuerhalten. Es wäre daher die Aufgabe gewesen, dafür Sorge zu tragen, daß der Eisenerzbergbau im Rahmen der Neuordnung der Eisen- und Stahlindustrie und des Eisenerzbergbaus eine volkswirtschaftlich gesunde und vernünftige Organisation erhält. Diese Forderung wurde nicht erfüllt. Ich möchte gerade in Zusammenhang mit den Problemen, die uns im Augenblick berühren, betonen, daß nach unserer Auffassung ein wesentlicher Teil der Verantwortung für die unglückliche Gestaltung, für die weitgehende Zersplitterung des Eisenerzbergbaus die Bundesregierung im Hinblick auf ihre Verhandlungen bei der Neuordnung der Eisen- und Stahlindustrie trifft.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Jedenfalls haben diese Tatsachen zu dem Ergebnis geführt, daß heute alle organisatorischen Voraussetzungen für eine zweckmäßige und planmäßige Führung der Eisenerzwirtschaft fehlen. Sonst wäre es nicht möglich, daß z. B. im Jahre 1952 die Eisen-und Stahlindustrie an den deutschen Eisenerzbergbau Anforderungen gestellt hat, die von ihm einfach nicht mehr erfüllt werden konnten. In jenen Tagen wurden Pläne erörtert, den Eisenerzbergbau auszudehnen und neue Investitionen zur Ausdehnung der Fördermöglichkeiten vorzunehmen. Heute aber wird an den Eisenerzbergbau die Forderung gestellt, seine Förderung um 35 bis 40 % zu senken.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Unter solchen Umständen ist eine vernünftige Bergwirtschaft ebenso wie im Kohlenbergbau auch in der Eisenerzwirtschaft einfach nicht mehr möglich.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Die Ursachen dafür sind verschiedener Art. Mir scheint es aber doch der Betonung wert zu sein, daß hier eine Aufgabe der deutschen Wirtschaftspolitik liegt. Denn es ist nicht so, daß etwa die Werke der Eisen- und Stahlindustrie sich den Zwangsläufigkeiten, denen sie im Laufe der wirtschaftlichen Entwicklung unterworfen sind, einfach entziehen könnten. Ebenso kann man den Werken


    (Dr. Deist)

    des Eisenerzbergbaus in ihrer augenblicklichen Situation die Verantwortung für diese Entscheidungen, die wirtschaftspolitischer Art sind, nicht zulasten. Denn auf diese zersplitterten Unternehmungen des Eisenerzbergbaus, die in ihrer rechtlichen Konstruktion überhaupt noch nicht eindeutig feststehen, rollt das Verhängnis zu, ohne daß sie sich dagegen wehren können; sie müssen zwangsläufig zu Stillegungen und Entlassungen kommen.
    Ich frage Sie, meine Damen und Herren: wie soll der Arbeiter im Eisenerzbergbau diese Entwicklung verstehen? Wie soll er es in Übereinstimmung bringen, daß ihm gesagt wird, der Eisenerzbergbau müsse seine Erzeugung um 35 bis 40% senken, während auf der anderen Seite innerhalb der Montan-Union Pläne im Gange sind, die Erzeugung der Eisen- und Stahlindustrie auf 40 bis 50 Millionen t auszudehnen, die Kokserzeugung um 15 Millionen t und die Erzerzeugung um 16 bis 17 Millionen t auszudehnen? — Meine Damen und Herren, da stimmt etwas nicht! Man kann nicht auf der einen Seite planen, die Stahlerzeugung in ganz Europa großzügig auszudehnen, und auf der anderen Seite dem Erzbergbau Einschränkungen zumuten, unter denen er einfach nicht existieren kann.
    Hier wäre es richtig gewesen, rechtzeitig mit konstruktiven wirtschaftspolitischen Maßnahmen einzugreifen, um diese unglücklichen Folgen vom Eisenerzbergbau fernzuhalten. Ich stelle mit Genugtuung fest, daß der Kollege Dr. Höck eine Kleine Anfrage mit ähnlichen Konsequenzen hier im Hause gestellt hat. Wenn es aber nicht möglich ist, mit konstruktiven wirtschaftspolitischen Maßnahmen eine derartige Entwicklung zu verhindern, dann ist es eine Aufgabe der verantwortlichen politischen Stellen, dafür zu sorgen, daß die Lasten einer solchen Entwicklung nicht gerade von denen getragen werden, die sich am wenigsten dagegen wehren können.

    (Beifall bei der SPD.)

    Damit komme ich zu dem speziellen Inhalt des Antrags. Sie wissen, meine Damen und Herren, daß wir dem Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl mit erheblichen und entscheidenden Vorbehalten gegenüberstehen. In diesem Vertrag findet sich aber ein außerordentlich gesunder, fortschrittlicher Grundsatz europäischer Wirtschaftspolitik, der folgendes besagt: Wenn es in irgendeinem Wirtschaftszweig zu Entwicklungen kommt, die untragbare Härten für die Belegschaftsmitglieder dieses Zweiges mit sich bringen, dann ist es die Pflicht der öffentlichen Hand, die Anpassung an diese Verhältnisse zu erleichtern.
    Ich bin der Auffassung, daß dieser Grundsatz nicht nur als eine reine Deklamation im Montanunion-Vertrag zu. werten ist, sondern daß man ihn in der politischen Praxis auch wirklich anwenden sollte. § 23 der Übergangsbestimmungen zum Montanunion-Vertrag sieht ausdrücklich vor: Wenn im Rahmen der Entwicklung des Gemeinsamen Marktes Unternehmungen oder Teile von Unternehmungen gezwungen sind, ihre Betriebe stillzulegen oder einzuschränken, dann sind die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Belegschaft dieser Betriebe vor den Lasten der Anpassung zu schützen und ihnen eine produktive Beschäftigung zu sichern. Der Montanunion-Vertrag sieht darüber hinaus vor, daß für diesen Zweck Beihilfen gegeben werden, zu denen das beteiligte Land entsprechende Beiträge zu zahlen hat.
    Meine Damen und Herren, diesem Zweck dient der Antrag, den wir gestellt haben.
    Die sozialdemokratischen Mitglieder der Montanunion haben bereits im Januar dieses Jahres in einer Sitzung des Investitionsausschusses auf dieses schwerwiegende Problem hingewiesen, und wir haben zu unserer Genugtuung feststellen können, daß in einem Bericht der Hohen Behörde vom 20. März diese schwierige Lage des deutschen Eisenerzbergbaues ausdrücklich anerkannt worden ist. Wir haben auf der anderen Seite mit Überraschung feststellen müssen, daß der letzte Satz des betreffenden Passus lapidar lautet: Der Hohen Behörde liegt bis jetzt noch kein Antrag auf Eingreifen vor.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Wir haben daraufhin die Hohe Behörde gefragt, ob sie mit einem solchen Antrage rechne oder auf ihn warte. Darauf ist uns aus Kreisen der Hohen Behörde erklärt worden, eine entsprechende Anforderung an die deutsche Bundesregierung sei ergangen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ich darf auf ein weiteres hinweisen. Die Industriegewerkschaften Metall und Bergbau sind bereits vor längerer Zeit an den Herrn Bundeswirtschaftsminister mit dem Antrag herangetreten, in diesem Sinne Anträge an die Hohe Behörde zu stellen. Die Industriegewerkschaft Bergbau hat am 18. März 1954 einen entsprechenden Antrag gestellt. Am 23. März 1954 kam eine völlig hinhaltende Antwort, daß die vielseitige Problematik der Anpassungsbeihilfen zunächst einmal geprüft werden müßte, daß an die Beteiligten konkrete Fragen gestellt worden seien, und daß man sich, wenn dieses Material vorliege, erneut über das Problem unterhalten müsse.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    In der Zwischenzeit gehen die Stillegungen und Entlassungen im Eisenerzbergbau vor sich.
    Ich weiß nicht, meine Damen und Herren, ob es für die Bundeswirtschaftspolitik nicht doch beschämend ist, daß heute eine Delegation der Industriegewerkschaft Bergbau unmittelbar bei der Hohen Behörde vorstellig werden muß, weil nicht erwartet wird, daß die deutsche Bundesregierung die entsprechenden Schritte einleitet.

    (Lebhaftes Hört! Hört! bei der SPD.)

    Man wird nicht sagen können, daß solche Schritte aussichtslos seien. Ich darf darauf hinweisen, daß in dem Bericht der Hohen Behörde dargelegt wird: Für Italien wird im Augenblick die Möglichkeit von Anpassungsbeihilfen an Belegschaftsmitglieder der Eisen- und Stahlindustrie erörtert, die als Ergebnis einer bereits im Jahre 1948 eingeleiteten Rationalisierung zur Entlassung kommen. Der Bericht besagt weiter, daß die Begründung für Anpassungsbeihilfen in solchen Fällen darin bestehen könne, daß der Montanunion-Vertrag den beteiligten Ländern die Möglichkeit nehme, die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die sie früher hätten ergreifen können, und daß infolgedessen neue Wettbewerbsbedingungen geschaffen sind, die unter Umständen eine Anpassung erschweren.
    Wir haben weiterhin von der Hohen Behörde die Zusage erhalten, daß entsprechende Anträge der deutschen Bundesregierung wohlwollend behandelt werden. Denn ganz zweifellos ist der Hohen Behörde bewußt, welche politische Bedeu-


    (Dr. Deist)

    tung insbesondere im Zonenrandgebiet in Salzgitter derartige Entlassungsmaßnahmen haben, wie sie im Augenblick vor sich gehen.
    Meine Damen und Herren! Der Antrag meiner Fraktion soll eine Mahnung sein, sich der großen nicht nur wirtschaftspolitischen, sondern im Osten der Bundesrepublik auch politischen Bedeutung dieses Problems bewußt zu werden. Ich darf Sie bitten, dem Antrag zuzustimmen. Ich möchte meinen, daß diese 4 Millionen DM für die Bergarbeiter des Erzbergbaus jedenfalls sinnvoller und zweckmäßiger verwendet werden können als für eine Erhöhung des Presse- und Informationsfonds des Bundeskanzleramts.

    (Beifall bei der SPD.)