Rede von
Dr.
Heinrich
von
Brentano
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war nicht darauf vorbereitet, daß die Haushaltsdebatte zum Etat des Herrn Bundeskanzlers mit einer Diskussion über die hessische Politik bestritten werden sollte. Das scheint mir dafür zu sprechen, daß doch die übrigen Gravamina sehr gering sind.
Aber, meine Damen und Herren, ich muß doch ein Wort dazu sagen. Man hat hier die Sitzung des Parteiausschusses der hessischen CDU erwähnt und dann festgestellt, Herr Dr. Adenauer habe sich
dort als Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Union in ungebührlicher Weise über die hessische Politik geäußert. Meine Damen und Herren, ich muß der Wahrheit die Ehre geben und sagen: unser erster Parteivorsitzender hat am zurückhaltendsten gesprochen, als die hessische Politik von meiner Partei in Camberg diskutiert worden ist.
Ich war selbst anwesend und darf Ihnen sagen: meine Partei — Sie mögen anderer Meinung sein; das ist oft so in diesem Hohen Hause — ist allerdings der Meinung, daß gerade — da Herr Kollege Ritzel das Beispiel nennt, muß ich es aufnehmen — die Personalpolitik in Hessen so miserabel ist,
daß es höchste Zeit ist, sie zu ändern.
Wir waren und sind auch der Meinung — auch da muß ich offen sein —, daß der von mir sonst geschätzte und verehrte Ministerpräsident Zinn eine Reihe von Reden gehalten hat, die er besser nicht gehalten hätte,
und er muß sich diese Kritik ja auch gefallen lassen, auch von dem ersten Vorsitzenden der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands.
Sie haben dem Bundeskanzler vorgeworfen, er habe durch eine solche Kritik die Grenzen zwischen seinen staatspolitischen Aufgaben als Bundeskanzler und seinen parteipolitischen Aufgaben als Vorsitzender verwischt. Meine Damen und Herren, wir haben einen sehr konkreten Vorwurf gegenüber dem Herrn Zinn zu machen. Herr Ministerpräsident Zinn hat als Chef der hessischen Regierung über die Verfassungsänderung im Bundesrat abgestimmt. Er hat mit Nein gestimmt, und wir sind der Meinung, daß hier der Sozialdemokrat Zinn gesprochen hat, denn der hessische Ministerpräsident, der ja die Wahl vom 6. September mit-. erlebt hat, wenn ich mich recht erinnere, wußte, daß die überwiegende Mehrheit des hessischen Volkes die Außenpolitik der Bundesregierung bedingungslos deckt.
Sehen Sie, das sind so Anstände, die bei uns in der Sitzung des Parteiausschusses der hessischen CDU in Anwesenheit unseres verehrten Parteivorsitzenden diskutiert worden sind. Daß er dazu auch Stellung genommen hat, war nicht nur sein gutes Recht, sondern wir haben es sogar von ihm erwartet. Deswegen haben wir ihn eingeladen. Wir haben dann die Diskussion auf dem hessischen Parteitag in Wiesbaden fortgesetzt. Da war unser erster Vorsitzender nicht dabei, aber ich darf Ihnen sagen, die Kritik war darum nicht geringer.