Rede:
ID0202305600

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. Herr: 1
    5. Abgeordneter: 1
    6. Dr.: 1
    7. Lütkens.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 23. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954 793 23. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 7. April 1954. Geschäftliche Mitteilungen 794 A, 842 C Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Schäfer und Dr. Glasmeyer . . . . 794 B Mitteilung über Verteilung des Amtlichen Handbuches des 2. Deutschen Bundestags . . 794 B Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfrage 38 betr. Zonenrandgebiet (Drucksachen 332, 423) 794 C Vorlage des Entwurfs einer Verordnung M Nr 1/52 über Preise für Milch, Butter und Käse 794 C Entgegennahme einer Erklärung der Bundesregierung (Spaltung Deutschlands und kommunistisches Regime in der sowjetisch besetzten Zone) (Entschließung Umdruck 452) 794 C Dr. Adenauer, Bundeskanzler 794 C Dr. Menzel (SPD) 795 D, 796 A Präsident D. Dr. Ehlers '795 D Einstimmige Annahme der Entschließung Umdruck 452 796 Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954 (Haushaltsgesetz 1954) (Drucksache 200); Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksache 350), dazu Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (Drucksachen 351 bis 379); Einzelplan 01 — Haushalt des Bundespräsidenten und des Bundespräsidialamtes (Drucksache 351) 796 B Frau Rösch (CDU/CSU), Berichterstatterin 796 B Beschlußfassung 796 D Einzelplan 03 — Haushalt des Bundesrates (Drucksache 353) 796 D Dr. Schild (Düsseldorf) (DP), Berichterstatter 796 D Beschlußfassung 797 A Einzelplan 24 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit (Drucksache 366) . . . .. . . . . . . 797 A Frau Lockmann (SPD), Berichterstatterin 797 A Schoettle (SPD) 797 D Dr. Bergmeyer (CDU/CSU) 798 A Kalbitzer (SPD) '798 A Blücher, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit . . 798 D Dr. Vogel (CDU/CSU) 799 D Abstimmungen 800 A Einzelplan 04 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksache 354; Umdruck 28, 32) 800 B, 843 A, B Dr. Blank (Oberhausen) (FDP), Berichterstatter 800 B Mellies (SPD) 801 C Dr. Adenauer (CDU/CSU): als Bundeskanzler 803 D, 811 A als Abgeordneter 804 C Dr. Deist (SPD) . . . . 805 C Ritzel (SPD) 808 A Dr. von Brentano (CDU/CSU) 811 A Dr. Höck (CDU/CSU) 811 C Müller-Hermann (CDU/CSU) 812 A Dr. Gülich (SPD) 814 B Metzger (SPD) 814 C Krammig (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) 815 B Abstimmungen 815 C Einzelplan 05 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts (Drucksache 355; Umdrucke 24, 25) 815 D, 844 A, B Dr. Vogel (CDU/CSU): als Berichterstatter 815 D als Abgeordneter 834 A Dr. Pfleiderer (FDP) 818 A Dr. Lütkens (SPD) 823 B, 831 B Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts 828 B Dr. Gille (GB/ BHE) 831 B Dr. Leverkuehn (CDU/CSU) 832 B Abstimmungen 834 D Einzelplan 12 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksache 362; Umdruck 50) 835 A, 845 Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . . 835 A Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr 837 D Gengler (CDU/CSU) 839 B Weiterberatung vertagt 842 A Nächste Sitzung 842 C Anlage 1: Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum Einzelplan 04 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Umdruck 28) . . 843 4 Anlage 2: Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum Einzelplan 04 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Umdruck 32) . . 843 B Anlage 3: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zum Einzelplan 05 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts (Umdruck 24) 844 A Anlage 4: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zum Einzelplan 05 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts (Umdruck 25) 844 B Anlage 5: Änderungsantrag der Abg. Frau Strobel, Bauer (Würzburg), Op den Orth u. Gen. zum Einzelplan 12 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Umdruck 50) 845 Die Sitzung wird um 10 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Ehlers eröffnet.
  • folderAnlagen
    Anlage 1 zum Stenographischen Bericht der 23. Sitzung Änderungsantrag der Fraktion der SPD (Umdruck 28) zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954 (Haushaltsgesetz 1954) Einzelplan 04 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksachen 200, 350, 354) Der Bundestag wolle beschließen: In Kap. 0403 Tit. 300 „Zur Verfügung des Bundeskanzlers für Förderung des Informationswesens" erhält der Zweckbestimmungsvermerk folgende Fassung: „Die Mittel sind übertragbar. Die Jahresrechnung über die Ausgaben dieses Betrages unterliegt der Prüfung einer nach Maßgabe der Geschäftsordnung des Bundestages aus drei Mitgliedern des Bundestages zu bildenden Kommission und der Prüfung durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofes. Die Erklärungen der Kommission und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes bilden die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung." Bonn, den 6. April 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 2 zum Stenographischen Bericht der 23. Sitzung Änderungsantrag der Fraktion der SPD (Umdruck 32) zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954 (Haushaltsgesetz 1954) Einzelplan 04 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksachen 200, 350, 354) Der Bundestag wolle beschließen, in Kap. 0403 den Tit. 300 um 4 000 000 DM zu kürzen auf 6 000 000 DM. Bonn, den 7. April 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 zum Stenographischen Bericht der 23. Sitzung Entschließungsantrag der Fraktion der SPD (Umdruck 24) zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954 (Haushaltsgesetz 1954) Einzelplan 05 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts (Drucksachen 200, 350, 355) Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundeskanzler wird ersucht, in Ausführung des Bundestagsbeschlusses vom 31. März 1950 — Drucksache 813 Nr. 2 der 1. Wahlperiode —„Der Bundeskanzler wird ersucht, alsbald einen Staatssekretär für das Auswärtige Amt zu ernennen." dafür zu sorgen, daß der für das Auswärtige Amt bestellte Staatssekretär sich denjenigen Aufgaben widmet, die einem Staatssekretär als dem in erster Linie für den Verwaltungsapparat eines Ministeriums verantwortlichen Beamten obliegen. Bonn, den 6. April 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 4 zum Stenographischen Bericht der 23. Sitzung Entschließungsantrag der Fraktion der SPD (Umdruck 25) zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954 (Haushaltsgesetz 1954) Einzelplan 05 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts (Drucksachen 200, 350, 355) Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, die schon bisher im Haushaltsplan vorgesehene B 7 a Stelle eines Inspekteurs der Auslandsvertretungen (Gesandter zu besonderer Verwendung) nunmehr durch einen mit den Verwaltungsfragen des auswärtigen Dienstes vertrauten Beamten zu besetzen, ihm zur Erfüllung seiner Aufgaben zwei in derselben Weise erfahrene Beamte zuzuteilen und beschleunigt eine Überprüfung der Auslandsbehörden unter den Gesichtspunkten der verwaltungsmäßigen Zweckmäßigkeit und der mit der sachgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben zu vereinbarenden möglichsten Sparsamkeit vorzunehmen. Bonn, den 6. April 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 5 zum Stenographischen Bericht der 23. Sitzung Änderungsantrag der Abgeordneten Frau Strobel, Bauer (Würzburg), Op den Orth und Genossen (Umdruck 50) zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954 (Haushaltsgesetz 1954) Einzelplan 12 — Haushalt für den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksachen 200, 350, 362) Der Bundestag wolle beschließen: In Kap. A 1203 Tit. 760 (Beteiligung an dem Bauvorhaben der Rhein-Main-Donau A. G.) ist statt „9 000 000 DM" zu setzen „10 000 000 DM". Bonn, den 7. April 1954 Frau Strobel Frau Albrecht Bals Baur (Augsburg) Behrisch Dewald Frenzel Hauffe Bauer (Würzburg) Herold Höhne Hörauf Kahn-Ackermann Dr. Kreyssig Kurlbaum Marx Op den Orth Müller (Erbendorf) Reitzner Sassnick Seidel (Fürth) Seuffert Thieme Wagner (Deggenau) Zühlke
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Georg Pfleiderer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Haushalt des Auswärtigen Amts ist von einer solchen Bedeutung, daß meine Freunde und ich den Wunsch haben, bei der Beratung einige besondere Fragen, die mit dem Auswärtigen Dienst zusammenhängen, hier zur Sprache zu bringen. Der Dienst ist jetzt im großen und ganzen aufgebaut. Die Zahlen, die der Herr Berichterstatter vorgetragen hat, sind sowohl nach der personellen wie nach der finanziellen Seite höchst eindrucksvoll. Wir haben es wieder mit einem ausgewachsenen Dienst zu tun. Es wäre interessant, wenn wir eines Tages Vergleichszahlen bekämen, wie die Zahlen im früheren Auswärtigen Dienst waren - etwa 1932/33 — und wie sie in vergleichbaren Ländern sind. Ich glaube, wir schulden allen Dank, die beim Aufbau des Auswärtigen Dienstes mitgewirkt haben, und vielleicht auch denen, die sich dabei abgenutzt haben und, wenn ich so sagen darf, in den Schatten zurückgetreten sind.
    In der Koblenzer Straße wächst der Neubau des Auswärtigen Amts empor. Es ist eines der eindrucksvollsten Bauwerke am Sitz der Bundesregierungund mit einer Bausumme von 131/2 Millionen DM ja auch ein sehr teures Haus. Ich glaube, wir alle denken dabei an die frühere Wilhelmstraße in Berlin. Von der Wilhelmstraße — den Häusern 74, 75 und 76 —, vom Wilhelms-Palais, von der Reichskanzlei — von der Bismarckschen, von der Brüningschen und von der Hitlers — steht kein Stein mehr auf dem andern. Offenbar haben Auswärtige Ämter auch baulich etwas mit dem Schicksal ihrer Staaten zu tun. Ich selbst möchte Berlin seine Trümmer nicht entgelten lassen, möchte aber auch umgekehrt die Bundesregierung nicht dafür preisen, daß sie solche großen Neubauten hier erstellt hat, zumal ja auch diese Neubauten gelegentlich einen „Knick" bekommen.
    Ich möchte glauben, daß die Trümmer von Berlin ein warnendes Mahnmal für uns sein sollten und ein Sinnbild dafür, wie Staaten und ihre Bauten zusammenbrechen und zusammensinken, wenn die Regierungen der Feindschaft der Welt nicht gewachsen sind oder ihre Zeichen verkennen.
    Wir möchten alle wünschen, daß in dem neuen Bau gute Arbeit geleistet werde und daß dort deutsche Politik und nicht bundesrepublikanische Politik getrieben werde. Ein guter Stern möge über der Koblenzer Straße stehen, bis wir wieder in die Wilhelmstraße übersiedeln können.
    Ich habe hier noch einen besonderen Wunsch — ich glaube, ich darf hier im Namen des ganzen Hauses sprechen —: daß mit dem weiteren Beziehen des Hauses in der Koblenzer Straße möglichst rasch die Gebäude geräumt werden, die bisher vom Auswärtigen Amt innegehabt worden sind. Das bezieht sich besonders auf das Haus Dahlmannstraße 4, für das die Abgeordneten des Bundestags besondere Wünsche haben, sowohl von seiten der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft wie auch von seiten der Interparlamentarischen Union.
    In der Verwaltung unserer auswärtigen Angelegenheiten besteht — das ist von einem der Herren Vorredner bereits ausgeführt worden — die bemerkenswerteste Tatsache darin, daß wir keinen hauptamtlichen Außenminister haben. Meine Damen und Herren, ich möchte mich daran aber nicht aufhalten. Zuweilen — das wird offenbar — bricht sich die Regel an der Ausnahme, bricht sich das Institutionelle am Personellen, bricht sich die Sache am Mann. Wir wollen nicht kritisieren, welche Amter der Herr Bundeskanzler selbst übernimmt. Es ist ja doch auch kein anderer so recht sichtbar geworden, der aus sich selbst heraus gleiche Gewichte in die Waagschalen der Welt zu legen hätte.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich glaube, der Ausgleich sollte hier auf einer anderen, tieferen Ebene gesucht werden. Wenn wir etwas zu kritisieren haben, dann ist es Politik mit all ihren Aussichten und Gefahren und nicht die Führung der Geschäfte durch den Herrn Bundeskanzler. Niemand wird ihm bestreiten, daß er sich in der Politik verzehrt, und niemand wird ihm dafür den Dank versagen.

    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Es ist in der Bundesrepublik üblich, daß sich Minister im Plenum durch beamtete Staatssekretäre vertreten lassen. Wir sind damit nach wie vor nicht einverstanden und sehen darin einen Verstoß gegen. die Grundregeln der parlamentarischen Regierungsform. Minister sollen im Parlament durch Minister und nicht durch Beamte vertreten werden. Jetzt, da wir eine so große Zahl, ich möchte nicht sagen, Minister mit ohne, wohl aber mit auswechselbarem Geschäftsbereich haben, sollte das keine Schwierigkeiten bereiten. In dem, was ich sage, möchte ich aber keine persönliche Spitze irgendwelcher Art gegen den Herrn Staatssekretär des Auswärtigen Amts vorbringen, der ja von den möglichen Staatssekretären, ich darf wohl sagen, der liebenswerteste in diesem Hause ist.

    (Heiterkeit.)

    Professor Hallstein ist als Staatssekretär — wenn ich das sagen darf — gewissermaßen zwischen zwei Fakultäten getreten. Er kommt von der Rechtswissenschaft her und geht in die Geschichte ein.

    (Erneute Heiterkeit.)

    In großer Verlegenheit war freilich das Haus, als sich der Herr Außenminister und sein Staatssekretär zu gleicher Zeit im Ausland befanden. Wir hatten hier keinen rechten Gesprächspartner mehr und waren außenpolitisch eigentlich zwangsweise beurlaubt. Es blieb uns nur übrig, den Herrn Bundeskanzler im Lande der Griechen mit der Seele zu suchen. Gewiß war diese Lage für die einen beruhigend, für andere aber war sie es durchaus nicht. Ich möchte sagen, daß die parlamentarische Vertretung des Herrn Bundeskanzlers während seiner Reise nicht ausreichend geregelt war.
    Der Herr Bundeskanzler hat um sich herum einen kleinen Stab persönlicher Berater geschart. Das ist sein gutes Recht. Ich würde auch gar keine Bedenken tragen, wenn dies im Stellenplan seinen Ausdruck fände. Man spricht von einer Art Spitzengruppe im Palais Schaumburg, manche gar vom „Bonner Politbüro". Nun, es ist aber schwierig, auf der einen Seite dem persönlichen Arbeitsstab des mit den Kanzlergeschäften überbürdeten Außenministers oder des mit den auswärtigen Geschäften überbürdeten Bundeskanzlers anzugehören und dann gleichzeitig erstens ein Ministerium in Bonn aufzubauen, zweitens den Erdball mit einem Netz von Diplomaten und Konsuln zu überziehen, drittens Europa zu integrieren, viertens den endlosen Leidensweg der Konferenzen zu durchmessen, fünftens fremde Länder zu besuchen und sechstens für die Regierung unsere Aussprachen im Ausschuß und im Plenum zu bestreiten. Hier besteht die Gefahr, daß die Geschäfte Not leiden, und zwar an


    (Dr. Pfleiderer)

    dem Punkt, wo die Beamtenschaft im Inland und die Vertreter im Ausland, die zurückkommen, mit den leitenden Persönlichkeiten in Verbindung treten sollen und nicht so recht zum Zuge kommen können.
    Die eigentlichen Träger der ministeriellen Arbeit sind ja nach wie vor die Vortragenden Räte. Aber manchmal scheint es so, als ob vom Vortrag der Vortragenden Räte nur mehr der Titel übriggeblieben sei. Dann werden diese Vortragenden Räte enttäuscht, und dann werden sie zu nachtragenden Räten oder gar zu zwischentragenden Räten,

    (Heiterkeit)

    und die Botschafter, die ins Ausland gehen, nehmen einen schlechten Eindruck mit. Ich möchte hier mit allem Ernst eines besonders hervorheben, und meine Freunde legen Wert darauf, daß ich es tue. Die Beamten des Auswärtigen Dienstes und die deutschen Vertreter im Ausland sind niemals nur Werkzeug oder gar Mitläufer ihres Ministers. Sie haben in der Arbeit ihren eigenen Rang, ihre eigene Pflicht und ihr eigenes Gewicht. Sie haben eben die Sachlichkeit und die Stetigkeit der Arbeit zu gewährleisten und sollen dabei möglichst auch noch Einfälle haben und hoffentlich gute Einfälle. Niemand kann daran denken, die Sachkunde und die Erfahrung der Beamtenschaft brachliegen zu lassen und sich in der großen Politik nur auf den Minister zu verlassen, der in der Regel aus dem parlamentarischen Leben kommt.
    Hier taucht die Frage auf — ich möchte mit meinen Freunden dem Entschließungsentwurf der SPD auf Umdruck 24*) durchaus zustimmen —, ob nicht noch ein Staatssekretariat im Auswärtigen Amt geschaffen werden soll. Vielleicht könnte dann der neue Staatssekretär den jetzigen auch durch Gegensatz ergänzen, vielleicht weniger Jurist, vielleicht weniger auf Reisen, vielleicht weniger supranational, aber hoffentlich glücklich verheiratet und dann mindestens so liebenswürdig, wie es Professor Hallstein ist.

    (Heiterkeit.)

    Nun, was die Beamtenschaft des Auswärtigen Amts anlangt, so ist auch hierüber einiges zu sagen. Im großen und ganzen ist der Dienst jetzt aufgebaut, das Gröbste ist geschafft. Einige der neuen Beamten haben ganz ausgezeichnete, glänzende Sprachkenntnisse mitgebracht. Andere waren darin weniger glücklich, aber sie sind inzwischen auch bei den unregelmäßigen Zeitwörtern angelangt

    (Heiterkeit)

    und mit den Feinheiten von Syntax und Stilistik vertraut geworden. Dafür sind sie höchstlich zu loben. Wo noch echte Schäden vorhanden sind, die über die normale Abnutzung hinausgehen, sollte man Abhilfe schaffen. Ich glaube, man könnte jetzt sogar schon die Schönheitsreparaturen in Angriff nehmen.
    Ich finde es schlecht, wenn über deutsche Gesandte und Botschafter anzüglich und abfällig in den Zeitungen des Auslandes geschrieben wird, und es ist sinnwidrig und unerträglich, wenn deutsche Auslandsbeamte öffentlich zu innerpolitischen Fragen Stellung nehmen.

    (Abg. Dr. Becker [Hersfeld]: Sehr richtig!) *) Siehe Anlage 3 Seite 844 A

    Wenn es nicht schon das Beamtenrecht verbietet, dann sollte es der Takt verbieten.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Wer für solche Dinge kein Gefühl hat, läßt wesentliche Eigenschaften für den Auswärtigen Dienst vermissen.

    (Sehr richtig!)

    Ich möchte in diesem Zusammenhang die Zustimmung meiner Freunde zu der Einsetzung eines Inspekteurs zum Ausdruck bringen, wie sie im Haushalt vorgesehen und in Umdruck 25*) noch besonders beantragt ist. Ich glaube, auch im Untersuchungsausschuß ist hiervon schon die Rede gewesen.
    Die alten und die neuen Beamten wachsen im Auswärtigen Amt zu einer inneren Geschlossenheit und Einheit zusammen. Das ist auch nötig, weil sie durch ihren Beruf über den ganzen Erdball verstreut werden. Der Beruf beweist seine stark formende Kraft, und die gemeinsame Ausbildung wirkt in derselben Richtung. Daß natürlich die Diplomaten stets mit Mißtrauen betrachtet werden und daß jeder an ihnen etwas auszusetzen hat, ist eigentlich zu allen Zeiten und in allen Ländern der Fall gewesen, und diese Einstellung ist nur die Schattenseite der, ich möchte sagen: geheimen Liebe, mit der man die Angehörigen dieser wirklich schönsten und bevorzugtesten Laufbahn betrachtet. Auch die Freude am Diplomatenpaß gehört ja ein bißchen hierher. Vielleicht, Herr Bundeskanzler, sollte man diese Freude begrüßen und sie denen, die sie haben, nicht verderben.
    Das Werden der neuen Diplomatie soll uns nicht blind machen vor dem Unglück, das die alte betroffen hat. Es gibt hier noch viel zu helfen, und es ist, glaube ich, eine Ehrenschuld des Auswärtigen Amts und besonders auch des Herrn Bundesfinanzministers, das zu tun. Diplomaten fallen zahlenmäßig nicht ins Gewicht. Sie können und wollen ihrer Natur nach keine Organisationen gründen, die sich mit Lärm zur Geltung bringen. Zum Beispiel gibt es -noch Beamte, die früher auf Posten ins Ausland gesandt worden waren und nach Kriegsende zurückkehrten. Hier muß man fragen: Sollte es nicht möglich sein, diesen Beamten zu helfen, damit sie ihre restliche Habe nach Hause holen können? Sind denn die erlittenen Verluste nicht schon groß genug, und soll man das, was noch gerettet werden kann, auch noch verloren geben? Hier besteht eine Pflicht zum Helfen, und hier soll man nicht mit dürren und beschämenden Erlassen kommen. Solche Erlasse würden von meinen Freunden in keiner Weise gedeckt. Früher hieß es, daß bei den Ernennungen die Urkunde in der Erwartung ausgestellt werde, daß der Betreffende seine Dienstpflichten und seine Dienstobliegenheiten entsprechend seinem Eid erfülle. Dafür wurde ihm der besondere Schutz des Reiches zugesagt. An dieses Versprechen sollte man sich auch heute noch gebunden fühlen.
    Von den zahlreichen Beamten des Auswärtigen Dienstes, die nach dem Kriege in die Sowjetunion verbracht wurden, konnten in letzter Zeit mehrere nach Deutschland zurückkehren. Ich möchte persönlich meiner Freude Ausdruck geben, daß mein eigener früherer Chef, der Gesandte Zechlin, zurückgekehrt ist, der über acht Jahre in sibirischen Lagern verbrachte, nachdem er vorher von der Ge-
    *) Siehe Anlage 4 Seite 844 B


    (Dr. Pfleiderer)

    stapo verhaftet worden war. Er hat sein Geschick mit der Größe des Philosophen getragen und die Bitterkeit des Herzens mit der Kraft des Geistes überwunden. Aber es fehlen noch manche, auf die wir warten und auf die wir um so leidenschaftlicher warten, als die Rückkehr dieser Diplomaten und Konsuln einen Abschnitt, ich möchte nicht sagen: deutsch-sowjetischer Beziehungen, sondern deutsch-sowjetischer Leiden abschließen würde, der nicht schnell genug abgeschlossen werden kann. Wir warten auf rund 100 Beamte und Angestellte des alten Amts, und wir warten auch darauf, daß die Tragödie von Spandau bald ihr Ende findet. Alles, was in dieser Richtung von unserer Regierung und den vier Hohen Kommissaren getan wird, findet unsere lebhafte Unterstützung.
    Meine Damen und Herren! Wir haben vom Auswärtigen Amt einen sehr interessanten Geschäftsverteilungsplan, einen Ordnungsplan bekommen, der nach dem sogenannten „Internationalen Dezimalsystem für die Gliederungen einer Verwaltung" aufgestellt worden ist. Man sagt, das Auswärtige Amt sei die erste Bundesbehörde, die nach diesem Schema arbeite, und diese Maßnahme sei auf den neuen Leiter der Personal- und Verwaltungsabteilung zurückzuführen. Dieser Beamte stehe, so heißt es weiter, dem Herrn Bundeskanzler nahe und stamme gleichfalls aus dem Kölner Kommunaldienst. Damit hat also der Kölner Kommunaldienst sowohl den Minister als auch den Personalchef im Auswärtigen Amt gegeben, und wir können beinahe glauben, wir seien ein Vorort von Köln geworden.

    (Heiterkeit.)

    Es heißt, der neue Herr verbinde ein frisch-fröhliches Selbstvertrauen mit einem wachen und zweckmäßigen Verstand; er lasse sich von den Überlieferungen der Diplomatie nicht einschüchtern, ohne aber unempfindlich für ihre Reize zu sein.

    (Heiterkeit.)

    Von allen Abteilungen des Auswärtigen Amts steht das Protokoll im Ordnungsplan an erster Stelle. Es hat ja auch für das Staatsoberhaupt und die Bundesregierung Pflichten zu erfüllen. Das Protokoll trägt die Aktennummer 0, das Zeremoniell die Aktennummer 000. Aber aus dieser Häufung von Nullen soll man, glaube ich, keine falschen Schlüsse ziehen.

    (Heiterkeit.)

    Wer das Protokoll zu handhaben versteht, kann sich durch diese Nullen verzehnfachen und vertausendfachen. In Frankreich sagt man sogar, das Protokoll der Könige habe die Republik gerettet.
    Zum Zeremoniell ein paar Worte, die uns als Abgeordnete betreffen. Wir werden im Rang über den Ministerialdirektoren und unter den Staatssekretären eingestuft. Es scheint so, als ob man hier die englische Übung übernommen habe, wo ja auch der permanente Staatssekretär den Vortritt vor dem parlamentarischen hat. An dieser Regelung ist nichts auszusetzen. Freilich, wir Abgeordneten haben es nicht immer ganz leicht, den Regeln des Zeremoniells zu entsprechen; denn unsere Termine und unsere Garderobe verteilen sich auf den Wahlkreis und auf Bonn und sind nicht immer gut zusammenzubringen. Man sollte sich aber doch bemühen, den Erfordernissen des Zeremoniells zu entsprechen und die Arbeit des Protokolls zu erleichtern sowie die Freude der Gastgeber zu erhöhen; man sollte Einladungen rechtzeitig annehmen oder absagen.
    Mit dem Stil der Bundesrepublik sind wir im ganzen einverstanden. Der Grundgedanke ist: würdig, doch ohne übertriebenen Aufwand. Wir freuen uns, wenn fremde Staatsmänner zu uns kommen und Besuche erwidern, die von deutscher Seite abgestattet worden sind. Daß Sir Winston Churchill unter diesen Besuchern noch fehlt, bedauern wir lebhaft. Wir möchten wünschen, daß ihm seine Gesundheit erlaube, Deutschland bald zu besuchen. Hier steht neben dem Politischen das Persönliche, das wir an ihm bewundern, und steht das Geschichtliche, das sein Haus seit den Tagen des Herzogs von Marlborough mit Deutschland verbindet. Mein eigener Wahlkreis ist hier nicht uninteressiert. Es wird auch dort in Kürze die 250. Wiederkehr des berühmten Kriegsrats von Groß-Heppach gefeiert, bei der wir gern den englischen Ministerpräsidenten anwesend wüßten.

    (Heiterkeit.)

    Unter Aktenzeichen 001 werden die fremden Missionen und Konsulate bearbeitet. Wir haben in Bonn jetzt schon wieder über 50 fremde Missionen und damit ein vollzähliges diplomatisches Corps. Wenn man die Posten beobachtet, die die hiesigen Diplomaten vor und nach Bonn bekleiden, kann man erkennen, daß der Sitz der Bundesregierung als politisch bedeutsam gewertet wird und daß es für fremde Diplomaten auszeichnend ist, hier tätig zu sein. Bonn ist ein beliebter Posten, und die Diplomaten spielen bei uns auch eine große Rolle.
    Das Protokoll hat aus Bundesmitteln über 50 Einfamilienhäuser und über 100 Wohnungen erstellen lassen, die den fremden Diplomaten zur Verfügung gestellt werden, ohne daß man auf Gegenseitigkeit geachtet oder mit ihr gerechnet hätte.
    Der früher geheiligte Unterschied zwischen Botschaftern und Gesandten ist belanglos geworden. Hervorgehoben sind nur noch die Hohen Kommissare, die als eine Art Tetrarchen oder Vierfürsten noch Gewalt über uns haben. Sie sind neben Spandau eine der letzten politischen Klammern um unser zerrissenes Land.
    Die Diplomaten fingen nach dem Kriege meist in militärischem Gewande bei uns an. Sie sind inzwischen durchaus zivil geworden, und die kühle Ferne der Besatzungszeit ist freundschaftlichen Gebärden gewichen. Für die Geselligkeit fehlen in Bonn freilich manchmal die Verhältnisse einer großen Stadt, und so ist manches im gesellschaftlichen Verkehr einseitig geblieben. — Das Geld, das für das Protokoll ausgegeben wird, ist, glaube ich, nützlich angewandtes Geld.
    Nun möchte .ich in rascher Folge einige Punkte herausgreifen, die mir in der Personal- und Verwaltungsabteilung bedeutsam zu sein scheinen. Ich wünschte, mit der gleichen Sorgfalt und mit dem gleichen guten Ergebnis, wie es beim höheren Dienst in Speyer der Fall ist, würden auch die Auswahl und die Ausbildung des gehobenen Dienstes vom Auswärtigen Amt in eigene Zuständigkeit genommen. Auf Grund langer Beobachtungen im deutschen und in fremden Auswärtigen Diensten im Inland und im Ausland bin ich der Ansicht, daß im Aufgabengebiet des gehobenen Dienstes die Frau eine vorzügliche Rolle spielen kann. Insbesondere sollte man den in langer Arbeit bewährten, mit den Erfordernissen unseres Dienstes verwachsenen Mitarbeiterinnen den gehobenen Dienst öffnen. Das würde natürlich bedeuten, daß es solchen Damen auch nach längerer Dienstzeit ermöglicht werden müßte, die Kurse zu besuchen und die


    (Dr. Pfleiderer)

    Prüfungen abzulegen, die zur Übernahme in das Beamtenverhältnis erforderlich sind. Hierbei handelt es sich nicht um eine wohltätige Maßnahme und auch nicht um die Gleichberechtigung von Mann und Frau, sondern um ein Erfordernis des Auswärtigen Dienstes selbst. Wir sind etwas besorgt, ob der Bundespersonalausschuß genügend Kenntnis des Auswärtigen Dienstes besitzt, um diesen Notwendigkeiten Rechnung zu tragen. Falls es nicht der Fall sein sollte, müßten wir uns vorbehalten, gesetzgeberische Maßnahmen vorzuschlagen.
    In der Ausbildung des Nachwuchses für den diplomatischen Dienst sind gute Ergebnisse erzielt worden. Wer Speyer häufiger besucht, ist erfreut über diese Schar fleißiger, wohlerzogener und gescheiter junger Damen und Herren, die in die Laufbahn hineinwachsen. Völlig offen ist jedoch noch die Frage, wie und wo man den Nachwuchs für fernöstliche Posten ausbilden soll. Es fehlt hier sehr das alte Orientalische Seminar der Universität in Berlin. Es gab früher einen hochbedeutsamen, starken Stamm von Beamten mit ganz ausgezeichneten chinesischen und japanischen Sprachkenntnissen. Dieser Stamm hat sich aufgezehrt. Es wird Sache des Amtes sein, hier bald gründlich Abhilfe zu schaffen. Man kann chinesisch und japanisch nicht „nebenbei" lernen. Man wird von den Herren ein volles Studium fordern und es ihnen vielleicht gar ermöglichen müssen. Hier baut der kluge Mann vor.
    In Abteilung I wird auch die Frage der diplomatischen und konsularischen Grundstücke im Ausland bearbeitet. Im ordentlichen Haushalt finden wir, wie auch der Herr Berichterstatter vorhin hervorgehoben hat, in Tit. 710 für dieses Jahr einen Betrag von rund 8 Millionen DM für, wie es heißt, „Neubauten, größere Um- und Erweiterungsbauten sowie Erwerb von unbebauten und bebauten Grundstücken für die räumliche Unterbringung der Vertretungen des Bundes im Ausland". Hier handelt es sich, wenn ich das wiederholen darf, um einen Gesamtbetrag — der über eine Reihe von Jahren verteilt wird — von insgesamt 28,4 Millionen DM. In dieser hohen Zahl drückt sich besonders stark die Tatsache aus, daß uns die Siegermächte zahlreiche Dienstgebäude im Ausland nach dem Kriege weggenommen haben. Die Rechtswidrigkeit dieser Maßnahmen braucht im einzelnen nicht mehr dargelegt zu werden. Es handelt sich dabei um die am tiefsten gehende Verletzung des Gesandtschaftsrechts, die in der diplomatischen Geschichte jemals vorgekommen ist. Nur wir Deutschen sind als einzige Macht diskriminiert und gekränkt worden. Alle anderen Staaten haben ihre Gebäude zurückerhalten. Ich darf an die Denkschrift erinnern, die das Auswärtige Amt in der ersten Wahlperiode unter Drucksache Nr. 3969 dem Hause vorgelegt hat. Wir können freilich jetzt mit tiefer Befriedigung feststellen, daß in zahlreichen Staaten das Rechtsgefühl so stark geblieben ist, daß die deutschen Dienstgebäude zurückgegeben worden sind. Besonders zu nennen sind die führenden Staaten Lateinamerikas: Argentinien, Brasilien, Chile; jetzt auch Griechenland, die Türkei, neuerdings Island und die Schweiz, soweit dort nicht noch eine dritte Macht Untermieterin in unseren Häusern geblieben ist.
    Mit besonderer Genugtuung hat Deutschland erfahren, daß die Kaiserlich Iranische Regierung bei Eintreffen des deutschen Gesandten sowohl das Stadtgrundstück in Teheran als auch die Sommergesandtschaft in Schemiran zurückgegeben hat. Dieser Sommersitz in Schemiran war in den letzten Jahren das Gästehaus der Kaiserlich Iranischen Regierung. Bei der Rückgabe an den deutschen Gesandten wurde festgestellt, daß die gesamte Einrichtung, Möbel, Teppiche, Bilder, Bestecke, Leuchter, alles in vorbildlicher Ordnung und Vollständigkeit vorhanden war.

    (Bravo! in der Mitte.)

    Das ist wahrhaftig ein Zeichen für die Achtung vor dem Völkerrecht und vor der Gastfreundschaft, aber auch für die Achtung vor einer fremden Nation in der Zeit ihres tiefsten Unglücks.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Der Kaiserlich Iranische Außenminister Exzellenz Entezam war früher lange Jahre in Stuttgart tätig, und in meinem Wahlkreis bewahrt man eine ehrenvolle und freundschaftliche Erinnerung an seine Besuche im gesegneten Remstal.
    Schweden hat unser Gesandtschaftsgrundstück enteignet und an die Stadt Stockholm verkauft. Vom Erlös will uns die Königlich Schwedische Regierung drei Viertel zurückgeben; das restliche Viertel bleibt offenbar der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik vorbehalten.

    (Zuruf rechts: Sogenannten!)

    Quelle délicatesse des sentiments, welch ein Zartgefühl im Norden, besonders in Anbetracht der Tatsache, daß wir Deutschen auf der Londoner Schuldenkonferenz unsere Anleiheschulden gegenüber Schweden nicht zu drei Vierteln, sondern zu vollen vier Vierteln anerkannt haben. Aus dem Erlös soll jetzt ein Gelände gekauft werden, wozu der Erlös wohl ausreichen wird. Auf dem Gelände soll ein neues Gebäude erstellt werden. 1,2 Millionen DM sind in Tit. 710 Ziffer 6 vorgesehen. Ich möchte wünschen, daß die Zeit der amtlichen schwedischen Kühle uns gegenüber abgeschlossen ist. Sie begann nach dem Krieg, als die geflüchteten und geretteten deutschen Wehrmachtsangehörigen von dort aus an die Sowjetunion ausgeliefert wurden und wo neben der Gesandtschaft für 400 Millionen DM deutsches Vermögen enteignet wurde. Wir möchten wünschen, daß mit dem Grundstein zur neuen Gesandtschaft auch der Grundstein zu neuen deutsch-schwedischen Beziehungen gelegt wird. Denn es könnte sein, daß es zwischen Deutschland und Schweden in der Zukunft auch politisch Bedeutsames zu bereden gibt.
    Am härtesten haben sich in der Frage unserer diplomatischen und konsularischen Dienstgebäude bisher seltsamerweise die Partner der EVG und des Deutschlandvertrages erwiesen.

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Abg. Mellies: Seltsamerweise?)

    Immerhin läuft in den Vereinigten Staaten ein Gesetzesantrag des verdienten und hochangesehenen Senators Langer, 300 000 Dollar an die Bundesregierung als Erlös für die Versteigerung unserer diplomatischen Grundstücke zu zahlen. Ich möchte wünschen, daß die Mitglieder des Hauses, die sich in den Vereinigten Staaten befinden, eine gute Botschaft von unserer Botschaft zurückbringen können.
    Großbritannien hat, wie aus der Denkschrift des Auswärtigen Amtes hervorgeht, unsere LeaseRechte an den Gebäuden Carlton House Terrace 7, 8 und 9 aufgehoben. Das wertvolle Inventar der Botschaft einschließlich des Privateigentums der


    (Dr. Pfleiderer)

    Botschaftsangehörigen bis zu den Stenotypistinnen wurde versteigert. Ein Gleiches geschah mit dem Inventar der deutschen Vertretungen in Glasgow, Liverpool, Colombo, Hongkong, Lagos, Nairobi und Singapore. Außerdem hat die britische Regierung die deutsche Botschaft in Rom, die Villa Wolkonski, und das Generalkonsulat in Neapel, die Villa Crispi, enteignet und in Benutzung genommen. Grund zu solchen Repressalien von deutscher Seite war nicht gegeben. Das Deutsche Reich hatte sich weder in Berlin noch in einem der besetzten Länder an britischen Gebäuden vergriffen.
    Ich weiß, daß ich, wenn ich von solchen Dingen rede, ein sehr heißes Eisen anfasse. Ich weiß auch, daß es in England immer noch leicht ist, eine Welle des Mißtrauens, vielleicht gar des Hasses gegen die Deutschen zu erregen. Und wenn Journalisten solche Dinge schreiben, wissen sie wohl, was ihre Leser gerne lesen. Ich weiß aber auch etwas anderes, daß nämlich ein Abgeordneter und ein Parlament und eine Nation gerade in unserer Lage nur soviel wert sind, wie sie Mut haben und Achtung vor sich selbst besitzen.

    (Sehr richtig!)

    Es handelt sich hier nicht darum, die Überreste des Krieges mit einem billigen und gefühlvollen forgive and forget, vergeben und vergessen, zu beseitigen und den Sieger um seinen Sieg und die Beute seines Sieges zu betrügen; sondern es handelt sich darum, ob wir die diplomatischen Gepflogenheiten und Einrichtungen als Mittel des Friedens und der internationalen Verständigung aufrechterhalten wollen oder nicht.

    (Sehr richtig!)

    Es handelt sich darum, ob große Nationen, die für die Entwicklung der Welt unerläßlich gewesen sind, aktiv oder passiv vor den Rohheiten eines Zeitalters kapitulieren wollen, und zwar so bedingungslos kapitulieren, daß sie es sogar ablehnen, die Vergangenheit zu korrigieren.

    (Beifall bei der FDP und in der Mitte.)

    Es geht uns nicht um die 4,4 Millionen DM, die wir im Tit. 710 des Haushalts stehen haben, um ein neues Haus in London zu kaufen. Es geht uns auch nicht um die Steine und den Mörtel von Carlton House Terrace, sondern es geht uns um die letzten Grundsätze, auf denen die Beziehungen der Staaten beruhen; es geht um den Sieg über den Krieg.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Es wäre dankbar zu begrüßen, wenn diese Frage auch in England neu überlegt würde.
    Unsere Beziehungen zu England sind sehr eng und sind für beide Teile lebensnotwendig. Auf dem Gebiete unseres Staates stehen die britischen Truppen. In Deutschland wird England mit verteidigt, und wir sollen dabei mitwirken. Das sind, glaube ich, gute Gründe, die Beachtung verdienen.
    Meine Damen und Herren! Besonders bemerkenswert ist die Lage am Vatikan. Ich glaube, wenn der neue Botschafter beim Heiligen Stuhl sein Beglaubigungsschreiben übergeben hat, dann wird er bald einmal einen Gang durch die Via Venti Settembre antreten und dort die Villa Buonaparte sehen. Dort haben seine deutschen Amtsvorgänger gewohnt und gearbeitet. Das Haus gehörte früher dem preußischen Staat; es war an das Reich vermietet, und das Reich hat die Bürogebäude darauf erstellt. Heute ist das wertvolle schöne Haus enteignet und ist die Residenz des französischen Botschafters beim Heiligen Stuhl geworden. Frankreich ist die fille aînée de l'église, ist die älteste Tochter der Kirche, und seine Könige hießen die allerchristlichsten. Nun haben wir folgende Lage. Der Vertreter dieses Landes bei Seiner Heiligkeit dem Papst wohnt in einem Haus, das unter Verletzung des Völkerrechts in Besitz genommen worden ist. Das ist politisch für Deutschland höchst demütigend, es ist juristisch eine Verletzung des Gesandtschaftsrechts und christlich eine Übertretung des 7. Gebots. Hier müssen wir fragen, ob denn das die Werte des christlichen Abendlandes seien, die wir verteidigen. Hier kommen wir gegenüber dem Osten in die größte Verlegenheit. Meine Freunde und ich halten den Fall für ernst; er berührt nicht nur Deutschland, sondern es werden die diplomatischen Beziehungen des Heiligen Stuhls zu den Staaten der Welt angetastet.
    Wenn wir gerade beim Vatikan sind, dann darf ich zu der Frage des Botschafters dort, der hoffentlich seinen Posten in Kürze wird antreten können, noch ein paar Worte sagen. Die Vorgeschichte der Ernennung war sehr bewegend. Ich habe nicht die geringste Absicht, diese Frage hier im Plenum nochmals aufzurollen. Ich möchte nur versuchen, die Lehren daraus zu ziehen. Für falsch halte ich es, das Bekenntnis der Botschafter am Vatikan und am Quirinal in Beziehung zueinander zu setzen. Vatikan und Quirinal haben sich jeweils so sehr als Besonderheiten gefühlt, als durchaus getrennte Mächte, daß man sie diplomatisch überhaupt nicht in einem Atemzug nennen sollte.
    Für die innerpolitische Erörterung der Angelegenheit möchte ich einen Begriff des Völkerrechts verwenden, der vielleicht mit Nutzen auf unsere inneren Angelegenheiten übertragen werden kann. Es gibt im Völkerrecht neben den Rechtssätzen die sogenannte comitas gentium, die Courtoisie, die Höflichkeit, die nicht eigentlich dem Recht, sondern mehr den freundlichen Sitten zugeordnet ist. Die Courtoisie sucht, fast wie die christliche Liebe, nicht das eigene Heil und Wohl, sondern das Heil und Wohl des andern; und so sollten wir auch in der inneren Erörterung der Frage des Bekenntnisses des Botschafters sehr behutsam sein und weniger an uns als an den andern denken.
    Es heißt, alle Wege führten nach Rom. Nun, ich bin nicht genügend Fachmann, um das bezeugen zu können. Aber es gibt mindestens zwei Wege nach Rom: den weltlichen, nämlich den diplomatischen, und den sehr ausgebauten geistlichen Weg über die Hierarchie der Kirche. Alles, was Gegenstand kirchlichen Interesses ist, wird praktisch auf beiden Wegen behandelt. Ich möchte glauben, daß ein Kanzler und Außenminister, der auch auf dem Weg über die Hierarchie erfährt, ab-gläubiger Katholik ist, die Ansichten seiner Kirche gesehen davon, daß neben dem diplomatischen Weg unseres Staates auch der diplomatische Weg der Kurie mit dem Nuntius einherläuft. Diese Tatsache sollte bei der Beurteilung der Frage, ob man einen evangelischen oder einen katholischen Botschafter haben sollte, eine Rolle spielen. Die früheren evangelischen Botschafter am Vatikan, Herr von Bergen und Freiherr von Weizsäcker, haben das Vertrauen der Kurie besessen, und sie waren oft mehr Botschafter der Kurie gegenüber Deutschland als umgekehrt. Die evangelischen Kreise haben die


    (Dr. Pfleiderer)

    Tätigkeit dieser Botschafter stets mit Stolz und Befriedigung betrachtet, und sie würden es, glaube ich, zutiefst bedauern, sich aus der Beziehung ihres Staates zum Vatikan ausgeschaltet zu sehen, statt eine verantwortliche Rolle zu spielen mit Takt und Umsicht und auf der Höhe der geschichtlichen Aufgabe.
    Ich möchte keine Folgerungen aus meiner Auffassung ziehen, sondern das denen überlassen, die vor allem dazu berufen sind, eine Entscheidung zu treffen; und ich möchte dies tun nicht aus juristischen und nicht aus politischen Gründen, sondern eben aus Courtoisie.
    Nun, meine Damen und Herren, es wäre viel zu
    sagen zu den anderen Abteilungen, der Handelspolitischen, der Rechtsabteilung und der Kulturpolitischen Abteilung. Bei der Handelspolitischen
    Abteilung haben wir aber, glaube ich, die Aufgabe,
    hier die Befriedigung zum Ausdruck zu bringen,
    daß diese große Abteilung nunmehr in das Auswärtige Amt eingegliedert ist. Denn ohne Handelspolitik kann man überhaupt keine auswärtige
    Politik treiben. Ich glaube, der Leiter der Abteilung, der vom ersten Tag nach der Kapitulation
    an oder von der ersten Bildung einer eigenen deutschen Verwaltung und Staatlichkeit an die auswärtigen Handelsbeziehungen gepflegt hat, verdient es, in diesem Hause ehrend genannt zu werden. Es ist der Botschafter Freiherr von Maltzan.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    In Ziffer 9 des Ordnungsplans sind die Vertretungen aufgezählt, die die Bundesregierung in den nächsten Jahren errichten wird. Der Herr Berichterstatter hat die Zahl mit 136 angegeben, zu denen noch 12 hinzukommen sollen. Wenn man eine Weltkarte vor sich hinlegte und überall dort, wo wir eigene Vertretungen haben, ein Fähnchen hineinsteckte, dann wäre das jetzt schon ein rechter Fahnenwald geworden. Ein riesiges Gebiet freilich wäre ausgespart, und zwar wie ein weißer Fleck, eine rechte terra incognita der auswärtigen Politik, über die wir heute nur vom Hörensagen und durch Dritte unterrichtet sind. Ich meine die ganze Welt von Warschau, Prag, Budapest, Sofia, Bukarest über Moskau bis nach Peking im Fernen Osten. Eine Betrachtung des Haushaltsplans führt somit wie von selbst zu den schwierigsten politischen Fragen unserer Außenpolitik. Diese Fragen können wir hier und heute nicht behandeln, aber ich glaube, wir alle fühlen, daß sie unaufschiebbar sind. Unser deutsches Dasein hängt damit zusammen, und ich möchte wünschen — und damit zum Schluß kommen —, daß wir bis zu unseren nächsten Haushaltsberatungen hier einen Schritt weiter sind auf dem Wege zur Sicherheit, zur Einigkeit, zum Frieden für Deutschland und durch Deutschland für den Frieden der ganzen Welt.
    Ich empfehle dem Hause, den Haushaltsplan 05 anzunehmen.

    (Beifall rechts und in der Mitte.)



Rede von Dr. Marie-Elisabeth Lüders
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Lütkens.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gerhard Lütkens


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausgaben im ordentlichen Haushaltsplan des Auswärtigen Amts werden in diesem Jahre auf 152 Millionen veranschlagt. Es soll eine Erhöhung um 37 Millionen eintreten, von der nur ein Teil auf die Errichtung neuer Auslandsvertretungen zurückzuführen ist. Meine Fraktion muß die Art und Weise beanstanden, in der dieser Haushaltsplan dem Hause vom Ministerium zugeleitet worden ist. Er ist so verspätet vorgelegt worden, daß in den Ausschüssen kaum, in Wirklichkeit keine Zeit für eine sachgemäße Prüfung gegeben worden ist. Der Auswärtige Ausschuß hat überhaupt keine Gelegenheit gehabt, sich mit dem Haushaltsplan zu beschäftigen. Schlimmer aber ist, daß auch der Haushaltsausschuß dazu nicht hat kommen können.
    Meine Damen und Herren! Der Haushaltsplan des Auswärtigen Amts wurde diesem Hohen Hause für die erste Lesung in einer nicht vollendeten Form vorgelegt und in dieser Form dem Haushaltsausschuß überwiesen. An zwei Stellen, sowohl was den Organisations- und Stellenplan der Zentrale in Bonn wie was die Pläne für die Auslandsvertretungen anlangt, fand sich in dieser Vorlage der Vermerk, daß Pauschbeträge eingesetzt worden seien. Es heißt dann weiter wörtlich:
    Ein von dem Bundesfinanzministerium anerkannter Organisations- und Stellenplan . . . sowie Vorschläge für eine Neufassung dieses Ausgabenabschnitts werden baldigst nachgereicht.
    Fertiggestellt — in den interministeriellen Besprechungen fertiggestellt! -- sind diese Pläne, wie man den später nachgereichten Drucksachen entnehmen kann, am 18. Dezember vorigen Jahres. Vorgelegt worden sind sie im Haushaltsausschuß zwei Monate später, am 18. Februar, d. h. an dem einzigen Tage, an dem der Haushaltsausschuß nach den zeitlichen Plänen dieses Hohen Hauses in eine sachliche Kritik dieser Pläne hätte eintreten können. So, meine Damen und Herren, wird, wie ich glaube, eine ordnungsmäßige Kontrolle der Ausgaben eines Ministeriums verhindert, und mir scheint dieser Ablauf in der Tat symptomatisch zu sein für eine Haltung gegenüber der Volksvertretung, die sich auch bei anderen Anlässen auf seiten dieses Ministeriums, nämlich des Auswärtigen Amts, gezeigt hat.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Ich will hier nicht lange in die Materie eintreten; die Zeit läuft schnell, und wir haben heute schon sehr viel Zeit für natürlich notwendige Beratungen gebraucht. Aber ich darf Sie daran erinnern, daß schon in der ersten Wahlperiode im Auswärtigen Ausschuß immer wieder darauf hat hingewiesen werden müssen, daß gerade dieses Ministerium bei den Beratungen des Ausschusses nicht immer vertreten gewesen ist, daß er sehr oft in Abwesenheit sowohl des Herrn Außenministers wie des Herrn Staatssekretärs des Auswärtigen Amts, also in Abwesenheit von Sprechern der Bundesregierung, die sich für die Regierung verantwortlich äußern können, hat verhandeln müssen und daß wir es leider auch haben erleben müssen, daß solche im Grunde nicht verantwortliche Sprecher der Bundesregierung bei ernsten Angelegenheiten im Auswärtigen Ausschuß Aufklärungen gegeben und Feststellungen getroffen haben, von denen ich nicht weiß, ob verantwortliche Sprecher der Regierung sie gegeben bzw. getroffen hätten, die aber in deren Abwesenheit vom Ausschuß haben hingenommen werden müssen und von denen festzustellen ist, daß sie in der Sache nicht zutreffend gewesen sind.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Ich beziehe mich hier insbesondere auf den Fall eines Herrn, der lange Zeit Leiter der Rechtsabteilung des Auswärtigen Amts bzw. Delegations-


    (Dr. Lütkens)

    führer gewesen ist, der aber jetzt, wie ich höre, aus dem Dienst ausgeschieden ist, so daß man auf die Sache nicht mehr lange einzugehen hat. Ich stelle fest, daß ich manchmal jedenfalls für meine Person den Eindruck bekommen habe, daß diese Auskünfte geradezu mit irreführender Absicht abgegeben worden sind.
    Ich wäre vielleicht auf diese Verhältnisse im Auswärtigen Ausschuß gar nicht eingegangen, wenn sich in den letzten Wochen nicht auch gezeigt hätte, daß dieses reichlich „kavaliersmäßige" Verhalten des Auswärtigen Amts .und seiner verantwortlichen Leiter die Arbeiten des Plenums und die darin zum Ausdruck kommenden Rechte der Volksvertreter und des Hohen Hauses als Ganzen zu gefährden droht. Ich beziehe mich darauf, daß wir gemäß unserem Recht in der Fragestunde Fragen an das Auswärtige Amt bzw. seine Verantwortlichen gestellt haben und keine Antwort bekommen konnten, weil niemand anwesend war. Die Herren waren auf Reisen, der Herr Bundesminister in wichtigen politischen Geschäften, der Herr Staatssekretär im Gefolge, wie ich annehme. Jedenfalls war es unmöglich, in diesem Hohen Hause das zu tun, was Aufgabe dieses Hohen Hauses ist. Ich bin der Meinung, daß es mit diesem Ministerium in dieser Weise nicht fortgehen kann.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Ich bedaure, daß der Herr Bundesfinanzminister — ich glaube, er ist nicht anwesend —, der sich doch sonst mit gutem Recht auf seine Härte viel zugute tut, in den interministeriellen Besprechungen mit dem Auswärtigen Amt es an dieser Härte, wie mir scheint, hat fehlen lassen. Ich habe den Eindruck, daß die bürokratische Leitung des Auswärtigen Amts allmählich einen sehr großen Magen bekommen hat, der viel verdauen will. Ihre Ansprüche beginnen offenbar allmählich ins Maßlose zu wachsen. Wenn ich richtig unterrichtet bin, hat der Herr Bundesfinanzminister 12 neue Auslandsvertretungen zugebilligt. Gefordert hatte das Auswärtige Amt nach meinen Informationen nicht weniger als 35. 30 neue Stellen bei schon bestehenden Auslandsvertretungen hat der Herr Bundesfinanzminister zu meinem Bedauern in diesen interministeriellen Besprechungen zugebilligt. Soviel mir bekannt ist, hatte die bürokratische Leitung des Auswärtigen Amts nicht weniger als 183 neue Stellen für höhere Beamte und Angestellte für schon bestehende und meistens seit langer Zeit arbeitende Auslandsvertretungen neuerdings angefordert.
    Ich für meine Person habe guten Grund, anzunehmen, daß sich der Auswärtige Dienst schon bisher einer Überfülle an höheren Beamten und Angestellten erfreut, und zwar dürfte das mehr für die Auslandsvertretungen als für die Zentrale in Bonn gelten. Ich darf mich zur Stützung dieser meiner Ansicht auf folgenden Tatbestand beziehen. Auf Anregung meiner Fraktion ist der Rechnungshof gebeten worden, bei Gelegenheit Auslandsvertretungen zu prüfen und zu untersuchen. Es ist in der Tat in einigen Fällen geschehen. Wie ich gehört habe, ist es den Beamten des Rechnungshofes bei ihren Besuchen in Auslandsvertretungen in allen Fällen aufgefallen, daß es dort zu viele Beamte oder Angestellte in höheren Stellen gibt, und sie haben dieser ihrer Meinung auch in schriftlich an das Auswärtige Amt eingereichten Gutachten Ausdruck gegeben. Sie äußern sich — ich glaube, das kommt in den Berichten ebenfalls vor — auch dahin, daß, selbst wenn die Leiter dieser Auslandsvertretungen ihrer Zentrale zur Kenntnis bringen, daß sie innerhalb ihrer Behörden — sinngemäß — keine neuen Beamten mehr beschäftigen könnten, ihnen einfach planmäßig, verplant, wie mir scheint, neue Kräfte zugeleitet werden, nur um das Soll zu erfüllen. Das, glaube ich, sind Zustände, die auch unter dem Gesichtspunkt der Sparsamkeit — ich will hier gar nicht von den Gesichtspunkten sachlicher Arbeit sprechen — nicht zugelassen werden dürfen. Ich gebe der Erwartung Ausdruck, daß solche Berichte des Rechnungshofes aus der Vergangenheit und auch in der Zukunft dem Haushaltsausschuß zugeleitet werden.
    Dasselbe gilt für eine Denkschrift, die meines Wissens im Auswärtigen Amt hergestellt worden ist, nämlich eine Denkschrift, die von seiten des Haushaltsausschusses angefordert worden war und die sich damit beschäftigen sollte, welche Bezüge andere Staaten ihren im Ausland beschäftigten Beamten' geben, um auf diese Weise einen Vergleich der im deutschen Auswärtigen Dienst im Ausland gezahlten Bezüge mit den Bezügen zu ermöglichen, die von anderen Staaten für angemessen gehalten werden. Wir geben der Erwartung Ausdruck, daß diese Denkschrift dem Haushaltsausschuß zugeleitet wird, bevor über die noch gesperrten Stellen beraten wird, die erst nach Prüfung durch den Herrn Sparkommissar im Haushaltsausschuß wieder zur Erörterung gestellt werden sollen, damit eine bessere Basis für eine sachliche Beurteilung der Notwendigkeiten gegeben ist.
    Ich mache darauf aufmerksam, daß eine allzu hohe Bezahlung der Auslandbeamten — ich glaube, aus der Denkschrift, von der die Rede ist, wird auch ersichtlich sein, daß die Bundesrepublik in sehr vielen Fällen in dieser Hinsicht recht großzügig und großzügiger als andere Staaten vorgeht —, daß ein unnötig großer Niveauunterschied zwischen den im Inland und den im Ausland gezahlten Gehältern und Zuschlägen dahin führen muß, daß bei den im Auswärtigen Dienst und insbesondere in der Zentrale beschäftigten Beamten ein ungebührlicher Drang ins Ausland Platz greift.
    Ich darf in diesem Zusammenhang auf den Antrag verweisen, den meine Fraktion auf Umdruck 25 vorgelegt hat. Herr Präsident, ich darf Sie bitten, ein Versehen, das auf diesem Umdruck 25 passiert ist, zu berichtigen. Wir legen hier nicht eine Entschließung zur Beratung des Haushaltsplans, sondern einen Antrag vor. Der Antrag geht dahin, den bisher schon im Haushaltsplan vorgesehenen Inspekteur nunmehr zu ernennen, ihm zwei befähigte und geeignete Beamte zur Verfügung zu stellen, damit die Auslandsstellen in einer systematischen Weise durchgekämmt und auf ihre zweckmäßige Organisation, die sachgemäße Verwendung von Mitteln und natürlich auch die Notwendigkeit der vorliegenden Arbeiten hin geprüft werden können. Für eine solche Aufgabe ist das Auswärtige Amt in seiner Zentrale nicht befähigt. Diese Aufgabe kann es nicht übernehmen. Die Versuche, die, wie ich glaube, seit einiger Zeit gemacht werden, willkürlich eine große Anzahl — wie mir scheint — von Beamten auf Reisen zu schicken, um durch Stippvisiten die Verhältnisse an diesen oder jenen Orten zu prüfen, können zu keinen vernünftigen Ergebnissen führen.
    Es ist nicht möglich, bei Gelegenheit dieser Aussprache im Plenum des Hohen Hauses das nachzuholen, was durch Versäumnis, Zaghaftigkeit oder vielleicht aus Absicht des Auswärtigen Amts im Haushaltsausschuß nicht hat geschehen können.


    (Dr. Lütkens)

    Diese Arbeit wird in Zukunft in den Ausschüssen
    und insbesondere natürlich im Haushaltsausschuß
    — aber, wie ich glaube, zweckmäßigerweise auch in einer Art Vorbesprechung im Auswärtigen Ausschuß — getan werden müssen. Meine Fraktion glaubt, daß man im Bereich des Auswärtigen Amts und des Auswärtigen Dienstes eine Übersetzung mit Personal, insbesondere eine Kopflastigkeit in der Besetzung mit Personal — nämlich eine zu große Anzahl von höheren Beamten und Angestellten im Verhältnis zu einer zu geringen Zahl von Beamten des gehobenen und mittleren Dienstes sowie sonstiger Hilfskräfte — feststellen kann,
    — Zustände, die dahin führen, daß, wie man sich auch gelegentlich durch Augenschein im Ausland überzeugen kann, höhere Beamte oder Angestellte damit beschäftigt sind, Zeitungsausschnitte auf Papier zu kleben und derartige Arbeiten zu verrichten, für die höchstfalls Hilfskräfte eingesetzt werden sollten. Dies geschieht einfach deshalb, damit diese unglücklichen Menschen mit hoher Bezahlung eine Beschäftigung finden.
    Wir glauben auch nicht, daß bisher im Auswärtigen Amt — und nicht nur aus Gründen, die beim Auswärtigen Amt liegen — eine sachlich unbedingt befriedigende Personalauswahl hat stattfinden können. Wir glauben auch nicht, daß eine unbedingt zweckmäßige Organisation der Arbeit im Auswärtigen Amt vorliegt. Wir bedauern aus diesem Grunde und aus den Gründen, die ich angedeutet habe, ganz besonders, daß der hierfür in erster Linie verantwortliche Staatssekretär des Auswärtigen Amts sich dieser seiner Hauptaufgabe so wenig widmet oder so wenig widmen kann.
    Ich möchte einige wenige Worte über das nun seiner Vollendung entgegengehende Gebäude für das Auswärtige Amt sagen, das mit großen Kosten in Bonn errichtet worden ist. Ich ersehe mit Überraschung aus dem Haushaltsplan, daß die Absicht besteht — wenn auch nicht ganz in dem Umfang, der im Haushaltsplan angedeutet wird —, neben diesem sehr großen Gebäude noch weitere gepachtete oder angemietete Gebäude für die Zwecke des Auswärtigen Amts zu benutzen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Diese Absichten betreffen, soviel ich unterrichtet bin, insbesondere eine Reihe von Gebäuden, die in der Koblenzer Straße stehen. Ich für meine Person behaupte, Herr Bundeskanzler, daß in dem recht teuren neu errichteten Gebäude reichlich Platz ist, um die ganze Behörde des Auswärtigen Amts unterzubringen, ja, daß sogar mehr Platz ist, als für diese Zwecke notwendig wäre, sofern nur endlich einmal der bürokratische Apparat des Auswärtigen Amts zweckmäßiger organisiert würde, als das zur Zeit der Fall ist.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Hinsichtlich der Frage der inneren Organisation des Auswärtigen Amts will ich mich auf wenige Bemerkungen beschränken. Ich möchte besonders die Aufteilung in der Bearbeitung der politischen Angelegenheiten zwischen zwei Abteilungen kritisieren. Ein Teil der politischen Aufgaben wird in der Abteilung III, der Länderabteilung, ein anderer Teil in der Abteilung II behandelt. Ich glaube, daß das sachlich unzweckmäßig und im übrigen unnötig kostspielig und unnötig umständlich ist. Es führt dazu, daß die Länderabteilung ohne Fühlung mit den politischen Entscheidungen arbeiten muß. Es führt dazu, daß das von der Länderabteilung auf Grund des ihr zufließenden Materials Erarbeitete nicht in einer zweckmäßigen Weise für die politischen Entscheidungen fruchtbar gemacht werden kann. Ich bin auch der Meinung, daß die vor allen Dingen von Chefs von Auslandsbehörden so oft beklagten Zustände damit zusammenhängen, daß sie ohne Weisungen dastehen, und daß die von ihnen übersandten Berichte in Bonn nicht ausgewertet werden. Ich kann mich zu den Einzelheiten dieser Behauptungen nicht äußern, aber ich habe den Eindruck gewonnen, daß sie nicht einfach aus der Luft gegriffen sein können. Ich bin der Meinung, daß die Abteilung II möglichst bald derart aufgeteilt werden müßte, daß der größere Teil dieser Abteilung mit der Abteilung III in eine Politische Abteilung zusammengefaßt und der Rest dem Büro des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts angegliedert wird.
    Hier darf ich am Rande folgendes bemerken. Mich berührt es eigenartig, und es wird, glaube ich, viele eigenartig berühren, daß das Saarreferat nach dem neuen Ordnungsplan mit den vielen Nullen in die Unterabteilung für zwischen- und überstaatliche Organisationen und nicht, wie man doch wohl erwarten sollte, in die Unterabteilung „Allgemeine Außenpolitik", und zwar inbesondere in das dort vorhandene Deutschlandreferat, eingegliedert ist.
    Diese Aufteilung der politischen Aufgaben auf zwei verschiedene Abteilungen ist, wie ich glaube, in ihren Konsequenzen durch die räumliche Trennung verschlimmert, die jetzt besteht und die, wie es scheint, auch nach Errichtung dieses neuen großen Gebäudes nicht beseitigt werden soll. Im Auswärtigen Amt zeigen sich gewisse Neigungen zur Entwicklung eines neuen Organisationsprinzips. Auch das hängt mit der Aufteilung der politischen Angelegenheiten auf zwei verschiedene Abteilungen zusammen. Es ist, wie ich vielleicht sagen darf, das Organisationsprinzip des Gefolges, des Heeresgefolges, möchte man beinahe sagen. Es besteht die Neigung gewisser leitender Beamter, ihren Platz im Palais Schaumburg zu behalten und darauf zu verzichten, sich in dieses für das Auswärtige Amt besonders errichtete Gebäude zu begeben. Nach meiner Ansicht wäre der erste, der in dieses große Gebäude übersiedeln müßte, der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts, damit er vom Beginn an darauf sehen könnte, daß nun die in dem neuen Gebäude glücklich vereinigten Beamten zu einer zweckmäßigen, von gutem Geist und von der guten Sache erfüllten Arbeit zusammengeführt werden.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es ist eine schlimme Sache, Herr Staatssekretär -wenn ich Sie auch im Plenum dieses Hohen Hauses ansprechen darf —, daß Ihnen, soweit ich richtig unterrichtet bin, noch nicht einmal die höheren Beamten des Auswärtigen Amts persönlich bekannt geworden sind.
    Ich werde einige Worte über das Ausbildungswesen für das Auswärtige Amt zu sagen haben. Ich sehe mit einer gewissen Freude, daß in dem Haushaltsplan für die beiden nächsten Jahre Kurse vorgesehen sind, in denen, wie ich glaube, 40 neue Anwärter im ersten und etwa 60 im zweiten Jahr ausgebildet werden sollen. Jedoch, Herr Bundeskanzler, soweit ich richtig unterrichtet bin, bedarf es jetzt schon einer Frist von zehn Jahren, bevor diese dort in Speyer oder vielleicht später, ich fürchte, in Bonn auszubildenden Anwärter hoffen können, etatmäßig in eine Beamtenstelle eingewiesen zu werden.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)



    (Dr. Lütkens)

    Wir sind der Meinung, daß es von größter Wichtigkeit ist, für den auswärtigen Dienst und das Auswärtige Amt einen guten Nachwuchs heranzubilden. Wir würden bereit sein, erhebliche zusätzliche Mittel zu bewilligen und große Anstrengungen zu ermöglichen, damit das geschieht. Aber wie denkt man sich die Laufbahn solcher jungen Menschen, wenn von Anfang an für sie feststeht, daß sie Jahre und Jahre werden warten müssen, bis sie in ein festes Beamtenverhältnis im Rahmen des Auswärtigen Dienstes und des Auswärtigen Amts kommen können? Das ist eine Konsequenz dieser verschwenderischen Übersetzung, die man mit der Einberufung von Beamten und Angestellten von oft sehr fraglicher Eignung in den Dienst insbesondere auch der auswärtigen Vertretungen seit zwei Jahren getrieben hat. Jetzt ist der Weg für den Nachwuchs blockiert. Ich würde daher doch sehr dazu raten, nach Mitteln zu suchen, um diese Schwierigkeit aus dem Wege zu räumen.
    Ich habe kürzlich von einem maßgeblichen Beamten der Personalabteilung des Auswärtigen Amts vernommen, er mache sich Sorgen darüber, daß die durchschnittliche Qualität der sich meldenden Bewerber zu wünschen übriglasse, und Sorgen darüber, wie man eigentlich zur Bildung eines wirklich qualifizierten neuen Auswärtigen Dienstes gelangen könne. Wenn man größere Auslandsvertretungen besucht, hat man in der Tat manchmal den Eindruck, daß vieles zu wünschen übrigbleibt hinsichtlich der Art und Weise, wie diese Dienststellen — ich kann nur sprechen von Form und Takt und auch von dem, was man Repräsentation nennt — und wie insbesondere manche der bei ihnen beschäftigten „mittelalterlichen" Kräfte die Bundesrepublik im Ausland vertreten.
    Wer Gelegenheit gehabt hat, die Kurse in Speyer zu besuchen — ich sage das ohne alle Kritik, ohne den Wunsch nach irgendeiner Kritik an irgendeinem dort zu findenden Anwärter —, wird sich in der Tat meiner Ansicht nach nicht immer eines etwas besorgten Gefühls haben erwehren können, wie aus wenigstens einem Teil dieses Materials ein wirklich arbeitsfähiger, leistungsfähiger und guter Auswärtiger Dienst herauswachsen soll. Es gibt dort sehr viele gute, auch sehr viele hoffnungsvolle Anwärter. Aber in manchen Fällen hat man doch, soweit man sich solche Eindrücke in kurzer Zeit bilden kann, einige Beklemmungen.
    Ich halte es im übrigen nicht für eine gute Idee, so großes Gewicht darauf zu legen — wie das wenigstens eine Zeitlang geschehen ist —, gerade Philologen als Anwärter für den Auswärtigen Dienst zu suchen. Ich sehe darin die richtige Einsicht, daß spezialisierte Juristen, wie die Erfahrung immer wieder gezeigt hat, nicht sehr gute Diplomaten sind. Aber ich darf doch, da von Bismarck die Rede gewesen ist, an eine Anekdote erinnern, an den Besuch einer Dame bei Bismarck, die ihm ihren Sohn als Anwärter für den Auswärtigen Dienst empfehlen wollte mit der Anpreisung, er spreche mehrere Sprachen perfekt. Daraufhin sagte ihr der alte Herr, das täten Friseure auch. Darauf kommt es in der Tat nicht an, so sehr das, zu einer gewissen Zeit jedenfalls, im Auswärtigen Amt von denen, die für die Auswahl der Bewerber maßgebend waren, in den Vordergrund geschoben worden ist. Statt die Anwärter Sprachen ochsen zu lassen und alle möglichen, im Grunde unwichtigen Kenntnisse mit einer Art Nürnberger Trichter in diese Menschen hineinzupfropfen, sollte die Ausbildung vielmehr dahin zielen, die Anwärter als
    Menschen aufzulockern, sie als freie Menschen zu entwickeln, die sich im Ausland richtig bewegen und die Bundesrepublik in würdiger Weise vertreten können.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich weiß, daß es schwierig ist, geeignete Bewerber für diese Laufbahn zu gewinnen, und ich weiß, daß es außerhalb der Einflußmöglichkeiten jeder Behörde, also auch des Auswärtigen Amts, liegt, diese Schwierigkeiten völlig zu überwinden. Aber die Blockierung der etatmäßigen Anstellung auf lange Zeit hinaus durch eine ungeeignete Personalpolitik, dazu ein weiteres, auf einer anderen Ebene liegendes Moment, auf das ich noch zu sprechen kommen muß, erklären zum Teil, warum sich gute Bewerber oft nicht entschließen können, in den Auswärtigen Dienst einzutreten.
    Die leitenden Beamten und in erster Linie der Staatssekretär des Auswärtigen Amts müssen, anstatt in der Welt herumzureisen, auf diese verwaltungsmäßige Aufgabe viel größeres Gewicht legen, als sie das bisher getan haben, damit allmählich eine Beamtenschaft mit guter Eignung, aber auch in einem guten Geist entsteht.

    (Beifall bei der SPD.)

    Man muß sie ermuntern — das gehört auch dazu, meine Damen und Herren! —,

    (Sehr gut! bei der SPD)

    freimütig ihre sachlich begründeten Meinungen zu äußern. Im Auswärtigen Amt herrscht ein Geist der Furchtsamkeit.

    (Lachen in der Mitte.)

    Das ist keine gute Sache. Die Beamten wagen sich ja gar nicht mehr zu äußern, und das hat schlechte Konsequenzen.

    (Lachen in der Mitte.)

    Herr Bundeskanzler, ich weiß nicht, ob es richtig ist, daß die Note des Herrn Bidault in Bonn vorlag, als Sie nach Paris abreisten,

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    und daß man nicht wagte, sie Ihnen zu geben, so daß Sie bei Ihrer Ankunft in Paris mit dieser Note überrascht wurden.

    (Abg. Kunze [Bethel]: Nach Ihrer Methode heute morgen! — Weitere Zurufe von der Mitte.)

    Ich habe von dem guten Geist gesprochen, der in der Beamtenschaft, wenn er dort noch nicht vorhanden ist, entstehen müsse. Ich habe Ihnen für die Fragestunde schon vor vielen Wochen eine Frage über den Zollschmuggel angemeldet, der in einem Fall mit dem Kuriergepäck getrieben worden ist. Der Zollschmuggel, wenn er allgemein üblich sein sollte, deutet auf einen wenig guten Geist in der Beamtenschaft im Ausland

    (Zuruf von der Mitte: Haben Sie noch bessere Kamellen?)

    und vielleicht auch im Inland hin. Ich schneide die Frage jetzt an, weil es vielleicht auf diese Weise möglich sein wird, dem Ministerium in der Fragestunde zu ersparen, noch Zusatzfragen beantworten zu müssen; denn das ist ja in der Fragestunde immer die größere Schwierigkeit. Ich stelle fest, und ich glaube, man kann mir nicht widersprechen, daß zwei Drittel des Inhalts der Kuriersendung, die von der Zollfahndungsstelle Köln beschlag-


    (Dr. Lütkens)

    nahmt wurde, nicht aus amtlichen Sendungen bestanden haben. Ich möchte das Hohe Haus daran erinnern, daß die Erfahrungen gezeigt haben, wann es vorkommt, daß Kuriergepäck durch einen Zufall leck wird. Es kommt immer dann vor, wenn Zollverwaltungen aus langer Beobachtung den Eindruck gewonnen haben, daß in großem Umfang und über lange Zeit Mißbrauch getrieben wird, und ich weiß nicht, ob dies das einzige Kurierstück war, das innerhalb der letzten Monate zu Bruch gekommen ist und nicht nur solchen Inhalt enthüllte, der auf den Begleitdokumenten angegeben war. Ich möchte das Auswärtige Amt und den Herrn Bundeskanzler als Außenminister ersuchen, diese Sache dem Auswärtigen Ausschuß vorzutragen.
    Das gleiche, meine Damen und Herren und Herr Bundeskanzler, erwarten wir hinsichtlich eines anderen Komplexes, der seit dem frühen Sommer vorigen Jahres als eine Wolke einigermaßen peinlicher Gerüchte über Bonn hängt. Es handelt sich um Dinge, die, wie mir scheinen will, unter Umständen zu Fragen der Staatssicherheit Beziehung haben. Ich habe keinen Zweifel, daß das, worauf ich hier anspiele, auch Ihnen bekannt ist. Meine Fraktion wünscht nicht, über diese Frage in eine öffentliche Diskussion zu treten, aber wir geben der Erwartung Ausdruck, daß die Bundesregierung es endlich als notwendig erachten möge, die Lage dem Auswärtigen Ausschuß darzulegen und zu erklären, wie es mit dieser Sache steht, welche Maßnahmen sie für notwendig hält bzw. welche Maßnahmen sie getroffen hat.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Ich habe mir aus vielen Gründen vorgenommen, über einzelne Fälle der Personalpolitik heute und bei dieser Gelegenheit nicht zu sprechen; aber abschließend darf ich auf einen Fall kurz eingehen. Es handelt sich um die Bestellung eines neuen Beobachters bei den Vereinten Nationen. Beschäftigen will ich mich ausschließlich und, wie ich sagte, kurz mit der Form und der Art des Vorgehens. Das Auswärtige Amt hat monatelang mit der Regierung der Vereinigten Staaten über technische Fragen hinsichtlich der Abwicklung der geplanten Entsendung verhandelt. Ich glaube, man hat über Einreisevisen, j a sogar über den Status des zu Entsendenden in der Erwartung verhandelt, die Regierung der Vereinigten Staaten werde ein Sondergesetz erlassen, um dem Beobachter bei den Vereinten Nationen einen diplomatischen Status zuzubilligen, der ihm wie allen anderen Beobachtern bei den Vereinten Nationen, die von Ländern entsandt sind, die nicht Mitglied der Vereinten Nationen sind, nicht zukommt. Während dieser monatelangen Verhandlungen und aus der Natur und Art solcher Verhandlungen ist die Frage des neu zu entsendenden Beobachters in New York in die öffentliche Diskussion gekommen. Es hat eine Pressekonferenz stattgefunden, in der dem Generalsekretär Hammarskjöld der Vereinten Nationen Fragen über eine Person und über eine Sache gestellt wurden, über die er nicht unterrichtet war, und bei der er nicht wußte, daß ein neuer Beobachter entsandt und wer es sein würde.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das ist eine Situation, die herbeizuführen nach Begriffen der Diplomatie unvorstellbar ist.

    (Rufe von der Mitte: Oh! Oh!)

    Während all dieser Monate hat das Auswärtige Amt es nicht für notwendig gehalten, auch nur
    Fühlung mit dem Gastgeber dieses Beobachters zu nehmen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Die Organisation der Vereinten Nationen wurde vor eine, wenn auch noch nicht ganz vollendete zweite Tatsache gestellt und in die peinliche Lage versetzt, daß der Generalsekretär in einem Fall, der ihm überhaupt noch nicht bekanntgeworden war, hypothetische Antworten geben mußte. Und abschließend stellt das Auswärtige Amt in Bonn fest, daß eine einseitige Mitteilung an die Vereinten Nationen rechtlich genüge, um die Sache ordnungsgemäß über die Bühne gehen zu lassen. Ist das die Diplomatie des Stockes oder die Diplomatie des Taktes,

    (Beifall bei der SPD)

    auf die sich das Auswärtige Amt unter Ihrer Führung, Herr Staatssekretär, ausrichten soll?
    Es sind etwa vier Jahre her, seitdem dieses Hohe Haus einen Antrag angenommen hat, wonach ein Auswärtiges Amt — damals ist es anders genannt worden — eingerichtet und dafür ein Staatssekretär zur Wahrnehmung der einem solchen obliegenden Aufgaben eingesetzt werden sollte. Dieser Antrag ist damals von meiner Fraktion bei einer Etatberatung gestellt und am Tage darauf nach einer Beratung im Auswärtigen Ausschuß fast einstimmig angenommen worden. Wenn wir uns heute den Aufbau des Auswärtigen Amts betrachten, scheint es uns, daß noch sehr viel zu tun ist, um es in eine gute Form zu bringen und zu guter Leistungsfähigkeit zu entwickeln. Es ist sehr viel mehr zu tun, als eigentlich nötig sein sollte, nachdem fast vier Jahre darüber hingegangen sind, in denen man sich bemüht hat, aber, wie mir scheint, nicht immer sehr erfolgreich, und zwar hauptsächlich deshalb, weil es im Auswärtigen Amt keine Person gibt, die sich dieser wichtigen Aufgabe wirklich widmen würde. Die Organisation des Auswärtigen Amts ist nicht befriedigend, und sie ist nicht geeignet, für eine Außenpolitik als Instrument zu dienen. Ich fürchte, sie ist ein recht stumpfes Instrument, und die Arbeitsüberlastung, Herr Bundeskanzler, unter der Sie in Ihrem doppelten Amt leiden — da Sie j a beide Ämter beibehalten wollen —, ist sicher zum Teil darauf zurückzuführen, daß dieses Instrument und die Hilfe, die Ihnen zur Verfügung steht, eben nicht genügend und gut ist. Ich fürchte, der Geist, der dieses Amt durchwaltet, ist nicht das, was man sich wünschen könnte. Er bedürfte einer sorgsamen Pflege. Das Gericht, das dort zubereitet ist — ich bitte um Entschuldigung, wenn ich mich nicht so in Lyrismen ausdrücken kann —,

    (Zurufe von der Mitte: Oh, Oh!)

    scheint mir nicht sehr schmackhaft, — ein Schnitzel à la Hallstein — —

    (Heiterkeit bei der SPD. — Lachen und Zurufe von den Regierungsparteien. — Fortgesetzte Rufe von der Mitte: Au! — Anhaltende Unruhe und Zurufe von der Mitte.)

    — Man lernt ja durch Erfahrung; vielleicht würde es bei einer zweiten Probe bekömmlicher sein.

    (Zuruf von der Mitte: Das ist doch keine Politik!)

    Auf Umdruck 24 hat Ihnen meine Fraktion eine Entschließung vorgelegt, die das Ersuchen beinhaltet, der im Auswärtigen Amt schon bestellte


    (Dr. Lütkens)

    Staatssekretär — nicht ein zweiter! — möge dazu angehalten werden, sich den Aufgaben des Aufbaues der Organisation und den Bemühungen, daß diese Organisation gut und leistungsfähig bleibt, in erster Linie und mit seiner ganzen Kraft zu widmen. Ich bitte das Hohe Haus, dieser Entschließung in demselben Sinne zuzustimmen, wie auch die Entschließung vom Jahre 1950, auf die sie sich bezieht: „Der Bundeskanzler wird ersucht, alsbald einen Staatssekretär für das Auswärtige Amt zu ernennen," von dem ganz überwiegenden Teil dieses Hohen Hauses angenommen worden ist.
    Meine Damen und Herren, meine Fraktion lehnt den Etat des Auswärtigen Amts ab.

    (Zurufe von der Mitte: Aha!)

    Sie lehnt ihn nicht nur aus allgemein politischen Gründen ab. Es bedarf da gar keiner Zwischenrufe, es ist doch eine Selbstverständlichkeit in einem demokratischen — —

    (Lachen in der Mitte. — Beifall bei der SPD.)

    Wir lehnen ihn nicht nur aus allgemein politischen Gründen ab. Wir lehnen ihn auch aus den besonderen Gründen ab, die ich dargelegt habe, nämlich deshalb, weil es innerhalb dieser vier Jahre nicht gelungen ist, eine arbeitsfähige Behörde zu schaffen, wie wir sie wünschen und für die Mittel zu bewilligen im Rahmen dessen, was wirklich als notwendig erwiesen werden kann, wir immer bereit sein werden, wie wir es in der Vergangenheit waren.

    (Beifall bei der SPD.)