Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das falsche Pathos, mit dem hier Herr Kollege Ritz e 1 die Ablehnung des Bundeskanzlerhaushalts durch seine Fraktion begründet hat, steht etwas arg im Widerspruch zu der täglichen Praxis der SPD in den Ländern und den Regierungen, in denen sie tonangebend ist,
wo sie bewußt und geschickt alle Möglichkeiten ausnutzt und auch alle staatlichen Instanzen einspannt, um für die von ihr repräsentierte Regierung und für die Sozialdemokratische Partei Propaganda zu machen und zu werben. Ich bin überzeugt, meine Damen und Herren von der Opposition, daß, wenn Sie — was Gott verhüten möge! — eines Tages vielleicht einmal die Regierung im Bund stellen, eine ganz andere Sprache führen werden als die, die Sie jetzt führen, wo Sie noch in der Opposition sind.
Meine Damen und Herren, meine Fraktion muß die beiden von Ihnen gestellten Anträge auf den Umdrucken 28 und 32 ablehnen.Wir sind der Auffassung, daß die Bundesregierung sowohl im Hinblick auf die innerpolitische Situation als auch insbesondere im Hinblick auf das Ausland Mittel, und zwar größere Mittel als bisher zur Verfügung haben muß, um Verständnis für die Politik der Bundesregierung
und vor allem Verständnis für die Situation des deutschen Volkes im Ausland zu wecken.
Wir halten es nicht nur für ein Recht, sondern
auch für die Aufgabe und die Pflicht der Bundesregierung, dies zu tun, und für eine Pflicht des Bundestages, die dafür notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen.
Es geht, innerpolitisch gesehen, um dreierlei: einmal darum, das allgemeine Verständnis für die von der Bundesregierung verfolgte Politik zu wekken, zum andern darum, den von seiten des Ostens lancierten Aktionen zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung in der Bundesrepublik entgegenzuwirken, und es geht drittens in einem sehr entscheidenden Maße darum — und das wird auch besonders Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, interessieren, und Sie werden es mir zugeben müssen —, daß die Bundesregierung mit den modernen Mitteln der Meinungsforschung den Versuch macht, die öffentliche Meinung zu beobachten und aus der Erforschung der öffentlichen Meinung bei ihren Entscheidungen, Entschlüssen und Absichten die entsprechenden Schlußfolgerungen zu ziehen. Bei der Filmdebatte ist vor wenigen Tagen in diesem Hause von verschiedenen Seiten das Wort gesprochen worden: Wir wünschen, daß der Bundestag und die Bundesregierung dem Volk aufs Maul schauen. Man kann mit Fug und Recht die Behauptung aufstellen, daß die Bundesregierung ebenso wie die sie tragenden politischen Parteien dem Volk aufs Maul geschaut und eine Politik betrieben haben, die vom Volk in weitestem Umfange getragen wird, wie das Wahlergebnis des letzten Jahres gezeigt hat.
Wir wünschen, meine Damen und Herren, daß die Bundesregierung in die Lage versetzt wird, gerade in bezug auf die demoskopischen Umfragen noch mehr zu tun. Es ist ja wohl kein Zufall, daß z. B. in Empfehlungen Ihres Parteivorstandes zur Auflockerung der Diskussion innerhalb Ihrer Partei auch empfohlen worden ist, demoskopische Umfragen mehr zu nutzen, als es bisher bei Ihnen geschehen ist. Wenn das für Sie als Partei gilt, um wieviel mehr muß es für die Bundesregierung gelten, die die Verantwortung für die Gesamtheit trägt.
Aber, meine Damen und Herren, die zusätzlichen Mittel, die vom Bundestag für das Presse- und Informationsamt bewilligt werden sollen, sollen ja ausschließlich dem Zweck dienen, im Ausland eine stärkere Informations- und Public-relations-Arbeit zu entfalten. Bisher ist dies in Ermangelung von Mitteln nicht in dieser Weise möglich gewesen. Ich glaube, daß es auch mit der Opposition keine Meinungsverschiedenheit darüber geben sollte, daß ein Volk, das wie wir um sein Ansehen in der Welt, um seine Existenz und um seine Wiedervereinigung ringt, das Äußerste tun und alle Möglichkeiten ausschöpfen muß,
um im Ausland mit den geeigneten Mitteln auf den geeigneten Wegen die Ressentiments gegen das deutsche Volk zu überwinden, der Propaganda gegen das deutsche Volk, der von seiten des Ostens Vorschub geleistet wird, entgegenzuwirken und ein möglichst großes Verständnis für die Probleme des deutschen Volkes im Ausland zu wecken.
Vielleicht ist es für Sie von Interesse, einmal zu hören, welche Mittel für diese und ähnliche Zwecke von anderen Ländern ausgegeben werden.
Nach amerikanischen Beobachtungen wird geschätzt, daß die Sowjetunion jährlich etwa 6 Milliarden DM für ihre Auslandspropaganda und Auslandswerbung ausgibt. Die Vereinigten Staaten haben allein für ihr Überseeinformationsprogramm im Jahre 1951 508 Millionen DM vom Kongreß bewilligt erhalten. Im letzten Jahr waren es etwa 400 Millionen DM. Dazu kommen weitere erhebliche Fonds. Ähnlich ist die Situation in Großbritannien und in Frankreich, wo für die Publicrelations-Arbeit im Ausland ein Vielfaches von dem ausgegeben wird, was bisher bei uns möglich war, und auch von dem, was in Zukunft möglich sein wird. Allein für die staatliche Nachrichtenagentur Frankreichs wird vom französischen Staat ein etwa gleich großer Betrag ausgegeben, wie er jetzt für den Fonds des Bundespresse- und Informationsamts gedacht ist.
Nun ein Wort zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Ritzel über die mangelnde Kontrolle über diesen Fonds durch das Parlament. Es ist zu keiner Zeit üblich gewesen und ist auch heute in keiner der westlichen Demokratien üblich, daß die Verwendung dieser oder ähnlicher Fonds, wie sie hier zur Debatte stehen, öffentlich nachgewiesen wird, und zwar einfach deshalb, weil eine gewisse Geheimhaltung der Verwendung dieser Fonds schon mit Rücksicht auf das Ausland und die Organisationen, mit denen man im Ausland zusammenarbeiten muß, unbedingt notwendig ist. Es ist hier einfach eine Vertrauensfrage. Wir haben das Vertrauen, daß die Bundesregierung, daß das Bundeskanzleramt und das Bundespresse- und Informationsamt von diesen Mitteln die richtige Verwendung in dem Sinne machen werden, wie ich es hier geschildert habe.
Im übrigen wissen Sie ja, daß die Verwendung dieses Fonds vom Präsidenten des Bundesrechnungshofs kontrolliert wird.
Ich glaube, es ist nötig, hier gewisse falsche Vorstellungen zu berichtigen. Es ist doch nicht so, daß nur ein paar Leute im Bundespresse- und Informationsamt diesen Fonds dazu benutzen können, um in allen Gegenden der Welt oder in der Bundesrepublik beliebig Geld unter die Leute zu werfen, sondern die Ausgaben, die aus diesem Fonds gemacht werden, werden ebenso wie alle anderen Ausgaben einschließlich ihres Verwendungszwecks entsprechend dem Zweck des Haushaltstitels vom Bundesrechnungshof bzw. dem Präsidenten und -einem kleinen Kreis von Beamten geprüft. Ich bin der Meinung, daß allein die Tatsache, daß der Präsident des Bundesrechnungshofs eine mit richterlicher Unabhängigkeit ausgestattete Instanz ist, bereits eine Gewähr dafür bietet, daß auch die Kontrolle dieser Mittel in der richtigen Weise gehandhabt wird. Ein Mißtrauen hinsichtlich eines Mißbrauchs dieser Mittel, wie es von Ihnen propagiert wird, ist daher nicht angebracht. Wir werden deshalb auch den Antrag der SPD auf Umdruck 28 ablehnen.
Lassen Sie mich zum Schluß noch ein Problem anschneiden, das in diesem Zusammenhang genannt werden muß. Ihre Partei, die Opposition, entfaltet ja auch — das ist Ihr gutes Recht — eine gewisse propagandistische Tätigkeit im Ausland. Niemand wird Ihnen dieses Recht irgendwie streitig machen wollen. Aber über die Frage, ob diese von Ihnen betriebene Werbe- und Propagandatätigkeit, diese Public-relations-Arbeit in jeder Weise befriedigend und den Notwendigkeiten der politischen Situation in Deutschland entsprechend ist, läßt sich allerdings sehr streiten.
Ich möchte hier nur auf mehrere Artikel hinweisen, die z. B. das Mitglied des Exekutivkomitees der SPD in Deutschland, Herr Heine, in Brüssel und in Paris veröffentlicht hat.
Nur einige Zitate aus diesen Artikeln, die vor und nach den Bundestagswahlen im Ausland veröffentlicht worden sind und die natürlich von allen dem deutschen Volk böswillig gesinnten Kreisen im Ausland gern benutzt worden sind, um gegen das deutsche Volk einzutreten und Propaganda zu machen. So wird z. B. in einem dieser Artikel, veröffentlicht im „Le Populaire de Paris" im Oktober des vergangenen Jahres, behauptet, die Wahlen hätten gezeigt, daß das Nachkriegsdeutschland außer der SPD keine stabile Parteigruppierung besitze, daß die Unbeständigkeit im Aufbau der Parteien Deutschlands mit Ausnahme der SPD ein allgemeines Element der Unsicherheit darstelle, welches die Zukunft der Demokratie in Westdeutschland bedrohen könne.
In Tausenden von Orten — wird hier behauptet — konnten die Sozialdemokraten nicht wagen, zuzugeben, daß sie Mitglieder oder Anhänger der Sozialdemokratischen Partei sind.
Die Bundesregierung — wird behauptet — hat skrupellos Steuergelder ausgegeben und die Beamten der verschiedenen Ministerien für reine Parteizwecke mißbraucht.
In weiteren Artikeln wird der Nachweis zu erbringen versucht, daß der Zuwachs der CDU bei den letzten Bundestagswahlen darauf zurückzuführen sei, daß die ehemaligen Nationalsozialisten ihren Einfluß so erheblich verstärken konnten, daß man heute bezweifeln müsse, ob die CDU überhaupt noch eine demokratische Partei sei.
Die Entwicklung, die durch die Wahlen hervorgerufen ist, muß unbedingt zu den schwersten Sorgen Anlaß geben. Die Geschichte Deutschlands, besonders die der letzten Jahrzehnte, bietet beweiskräftige Beispiele dafür,
wie man die in Bewegung begriffenen Wählermassen mißbrauchen könnte.
Es ist bedauerlich, wenn von maßgeblichen Vertretern Ihrer Partei in diesem Sinne einer Tätig-
keit gegen unser deutsches Volk, das in einer so
schwierigen Situation ist, Vorschub geleistet wird.
Ich bedaure das um so mehr, als hier von einem Vorredner eindrücklich festgestellt wurde, daß die parteipolitischen Notwendigkeiten sich stets den Notwendigkeiten des Staates anzupassen hätten. Davon ist in diesen Äußerungen und in manchen anderen, die ich Ihnen hier ebenso gut zitieren könnte, leider nichts zu merken.
Wir haben die Gewähr und das Vertrauen, daß die von der Bundesregierung und den der Bundesregierung untergeordneten Ämtern geleistete Auslandswerbung eine wirkliche Werbung für das deutsche Volk und sein Ansehen ist und daß diese Werbung auf einer streng überparteilichen Basis erfolgt.
Meine Herren von der Opposition, vielleicht hätten wir es nicht so nötig, die Mittel für den Fonds des Bundespresse- und Informationsamtes um 4,5 Millionen DM auf 10 Millionen DM zu erhöhen, wenn wir immer die Gewähr hätten, daß von Ihrer Seite wirklich konstruktiv mitgearbeitet wird, um das Ansehen des deutschen Volkes auch im Ausland zu steigern.