Rede von
Dr.
Alfred
Gille
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(GB/BHE)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GB/BHE)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Entwurf des Haushalts des Auswärtigen Amts enthält, wie uns der Herr Berichterstatter gleich einleitend mitgeteilt hat, eine recht erhebliche Anzahl von Vermehrungen des Personals. Wenn wir ihn recht verstanden haben, soll damit ein gewisser Abschluß des Aufbaus des Auswärtigen Dienstes erfolgen.
Dieser Umstand hat meiner Fraktion Anlaß gegeben, einmal zu prüfen, ob im Rahmen dieser personellen Mehrausstattung auch eine Aufgabe des Auswärtigen Dienstes ausreichende Berücksichtigung gefunden hat, von der wir in der Vergangenheit häufig den Eindruck hatten, daß sie etwas stiefmütterlich behandelt wurde. Wir meinen den Bereich der Arbeit des Auswärtigen Dienstes, der früher einmal in der Ostabteilung des Auswärtigen Amts zusammengefaßt war und der heute als Unterabteilung der Länderabteilung unter der Bezeichnung „Ostblock und Ostfragen" sein Dasein führt. Wenn Sie sich die Zahl der Stellen derjenigen, die hier im Inland im Auswärtigen Dienst beschäftigt sind, in Erinnerung rufen — es handelt sich um mehrere hundert Beamtenstellen und etwa die gleiche Anzahl Angestelltenstellen — und wenn Sie dann hören, daß diese Unterabteilung der Länderabteilung bis zum Jahre 1953 4 Beamte und einige im Angestelltenverhältnis tätige Personen, insgesamt 13 Personen beschäftigt hat, dann werden Sie mir recht geben müssen, daß eine ernste und sorgfältige Nachprüfung notwendig ist, ob dieser kleine Kreis überhaupt in der Lage ist, die Aufgaben auch nur annähernd zu erfüllen, die früher einmal die Ostabteilung in der Wilhelmstraße erfüllt hat. Wir sind nicht der Meinung, daß der Wegfall der diplomatischen Vertretungen zu den Ländern hin, die in dem „weißen Fleck" liegen, von dem Herr Dr. Pfleiderer sprach, etwa den Arbeitsbereich vermindert hat. Es mag dadurch zwar ein Teil der Routinearbeit wegfallen. Wir möchten aber meinen, daß das Fehlen eigener diplomatischer Vertretungen in diesem Raum die Arbeit und die Verantwortung dieser Abteilung in der Zentrale eher noch vermehrt haben sollte.
Der Arbeitsbereich auf diesem Gebiet erfährt durch die völlig unnormalen Verhältnisse eine weitere Erschwerung. Sicherlich ist es dem Hause nicht unbekannt, daß die Vertreter anderer Völker, die in dem gleichen Raume wohnen, insonderheit der Polen, mit einem außerordentlichen Aufwand an Mitteln versuchen, die deutschen Ansprüche auf die Ostgebiete zu bestreiten. Wir haben den Eindruck, daß gegenüber diesem unerhörten Aufwand seitens des Auswärtigen Dienstes in der Vergangenheit bei weitem noch nicht genug geschehen ist. Wir sind der Meinung, daß hier ganz planmäßig und zentral gesteuert die immer wiederkehrenden Angriffe gegen die Berechtigung der deutschen Ansprüche abgewehrt werden müssen. Auch das scheint uns eine Aufgabe zu sein, die mindestens führungsmäßig in dieser Unterabteilung der Länderabteilung liegen sollte.
Wir haben an Hand des Zahlenmaterials festgestellt, daß bei dem beabsichtigten Personalaufbau auch die von mir soeben erwähnte Unterabteilung nicht vergessen worden ist. Im Rahmen des Gesamtaufbaus — also nicht nur die ungesperrten, sondern auch die gesperrten Stellen — wird diese Unterabteilung von 13 auf 18 Personen verstärkt werden. Ich will heute kein Urteil darüber abgeben, ob dieses Ausmaß bereits ausreichend ist. Wir sind aber dadurch etwas betroffen, daß allein 4 Stellen von dieser Vermehrung um 5 Stellen unter den Sperrstift gefallen sind. Unsere herzliche und dringende Bitte — ich darf sie wohl an den Herrn Staatssekretär richten — geht dahin,
bei der in Gang befindlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung hinsichtlich der Notwendigkeit der Stellenvermehrungen diese Abteilung nicht erst an den Schluß zu setzen. Wir meinen, daß hier eine zeitliche Dringlichkeit vorliegt, die ausreichenden Anlaß geben sollte, bei der Überprüfung, die im Gange ist und von der Sie, Herr Staatssekretär, im Haushaltsausschuß gesprochen haben, an diesem Punkt mit besonderer Beschleunigung anzusetzen.
Ich hielt es für notwendig, diese Bitte hier auszusprechen, weil eine Bemerkung von Ihnen, Herr Staatssekretär, im Haushaltsausschuß den Eindruck erwecken konnte, als ob der Ausbau — und zwar der vordringliche Ausbau — dieses Aufgabengebiets nicht Ihrer Auffassung entspreche. Sie haben nämlich im Haushaltsausschuß als besonders notwendig und als besonders dringend einmal den Ausbau der handelspolitischen Abteilung und zum zweiten denjenigen der Abteilung für zwischenstaatliche Verbindungen genannt. Ich möchte hoffen, daß meine Worte zu einer Erweiterung dieses Katalogs beitragen und daß Sie die Erfüllung der von uns geäußerten Bitte in bezug auf dieses Aufgabengebiet als genau so dringlich ansehen. Ich betone nochmals die zeitliche Dringlichkeit, die es rechtfertigt, die Unterabteilung „Ostblock und Ostfragen" in diesen Katalog aufzunehmen. Wir werden uns erlauben, Herr Staatssekretär, im Lauf der nächsten Wochen und Monate persönlich nachzufragen, ob diesem unserem Wunsche entsprochen worden ist. Ich hatte den Auftrag, im Namen meiner politischen Freunde diese Bitte anläßlich der Behandlung des Personaletats des Auswärtigen Dienstes vorzutragen.