Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Träger der Straßenbaulast müssen unverzüglich alle geeigneten finanziellen Möglichkeiten ausschöpfen, um dem Straßenbau die für den beschleunigten Um- und Ausbau der Straßen sowie den Weiterbau der Bundesautobahnen notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen. Durch enge Zusammenarbeit der Beteiligten müssen schwerpunktmäßig möglichst durchgehende Straßenzüge verbessert werden, um die übrigen Straßen in kurzer Frist vom Fernverkehr weitestgehend zu entlasten und ein leistungsfähiges Grundnetz zu schaffen. Die Hauptverkehrsadern der Städte sind durch Neubau oder Erweiterung den heutigen und künftigen Anforderungen des Straßenverkehrs anzupassen. Der Bau von Umgehungsstraßen ist dabei besonders zu fördern. Die Parkraumnot ist durch Bau öffentlicher und Förderung privater Parkplätze zu beheben. Der Fahrradverkehr ist durch Anlage von Radwegen grundsätzlich von den vorwiegend dem Kraftfahrzeugverkehr dienenden Straßen zu trennen. Besonderer Wert muß auf Führung des Fahrradverkehrs bei verkehrsreichen Straßenkreuzungen gelegt werden.
Dieses Programm, meine Damen und Herren, dürfte auf die einmütige Unterstützung des Bundestages rechnen.
Dabei stellt sich jedoch sogleich die Frage, ob der Bundeshaushalt mit seinem jetzigen Volumen diesen Anforderungen gerecht wird. Um diese Frage beantworten zu können, ist es notwendig, sich die Größenordnung vor Augen zu halten, die in diesem Programm steckt. Ich entnehme einem im letzten Heft der Zeitschrift „Straße und Autobahn" erschienenen Aufsatz des Leiters der Abteilung Straßenbau des Bundesverkehrsministeriums, daß dieses Ministerium in Zusammenarbeit mit den Straßenbauverwaltungen der Länder als Auftragsverwaltungen ein Bauprogramm für die Reihenfolge des Ausbaus der Bundesfernstraßen ausgearbeitet hat.
Dieses Programm sieht zwei Dringlichkeitsstufen vor. In der Dringlichkeitsstufe I sind für die Fertigstellung bzw. den Neubau von Strecken nationaler und internationaler Bedeutung rund 2,7 Milliarden DM vorgesehen, davon 1,8 Milliarden DM für Autobahnen, für den Ausbau von Bundesstraßen rund 1,1 Milliarden DM, davon 935 Millionen DM für Umbaumaßnahmen und 150 Millionen DM für die Beseitigung von schienengleichen Wegübergängen, schließlich für noch zu beseitigende Kriegsschäden und Kriegsfolgeschäden 530 Millionen DM. Insgesamt sind in der Dringlichkeitsstufe I Ausbaumaßnahmen mit einem Kostenaufwand von rund 4,3 Milliarden DM vorgesehen, davon rund 2 Milliarden DM für Autobahnen. Die Dringlichkeitsstufe II umfaßt Maßnahmen mit einem Kostenaufwand von weiteren 4,2 Milliarden DM.
Rund 8,5 Milliarden DM sind also erforderlich, um das Bundesfernstraßennetz so auszubauen und so zu verbessern, daß es den Anforderungen des modernen Verkehrs genügt. Die Verkehrsfachleute sind der Auffassung, daß die Entwicklung des Verkehrs den Ausbau der Dringlichkeitsstufe I in einem Zeitraum von längstens 8 bis 10 Jahren erforderlich macht. Das wird aber die Bereitstellung von jährlich rund 500 Millionen DM neben den Mitteln für die laufende Unterhaltung der Bundesstraßen und Bundesautobahnen von rund 150 Millionen DM im Jahr bedeuten. In dieser Relation zeigt sich die Unzulänglichkeit der im außerordentlichen Haushalt ausgebrachten 163 Millionen DM. Hier stehen eben Notwendigkeiten des Verkehrs und finanzielle Leistungsfähigkeit des Bundeshaushalts in einem kaum zu überbrückenden Mißverhältnis.
Einen gewissen Lichtblick gibt das vom Kabinett inzwischen im Entwurf verabschiedete Verkehrsfinanzgesetz, nach dem den Bundesstraßen rund 100 Millionen DM jährlich aus zusätzlichem Steueraufkommen zufließen sollen. Ich begrüße die im Gesetzentwurf niedergelegte Absicht der Bundesregierung, den Autobahnbau mit Hilfe einer Autobahnfinanzierungsgesellschaft weiter zu forcieren. Der Kraftwagenbenutzer wird für die Anhebung der Mineralölsteuer sicherlich Verständnis haben, wenn ihm dafür die Gewähr gegeben wird, daß mit Hilfe des Mehraufkommens für die Verkehrswege etwas Entscheidendes getan wird. Mit den aus der beabsichtigten Anhebung der Mineralölsteuer dem Straßenbau zufließenden 100 Millionen DM würden für Straßenbauinvestitionen rund 263 Millionen DM gegenüber dem vorhin genannten Bedarf von 500 Millionen DM zur Verfügung stehen. Es ist daher weiterhin anzustreben, die hier noch klaffende Lücke zu schließen. Mit dem Ausbau der Straßen dienen wir nicht nur dem Verkehr und der Wirtschaft, sondern, wie die Resolution mit Recht hervorgehoben hat, auch der Verkehrssicherheit. Wir werden bei der Beratung des von der Bundesregierung beschlossenen Entwurfs eines Verkehrssicherheitsgesetzes Gelegenheit erhalten, auf diese Fragen zurückzukommen. Verkehrssicherheit ist zudem nicht, wie manche Leute meinen, eine bloße Polizeifrage, sondern auch eine Aufgabe: neuzeitliche Verkehrserziehung und gemeinsame Rücksichtnahme von Kraftfahrern wie Fußgängern.
Einiges zur Lage der Bundesbahn. Ihre Finanzen nehmen eine bedrohliche Entwicklung. Der Wirtschaftsplan 1954 rechnet mit einem Defizit von 794 Millionen DM. Vorstand und Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn sowie der Bundesverkehrsminister sind der Auffassung, daß die Ausgabenansätze des Wirtschaftsplans die unterste Grenze für die Aufwendungen darstellen, die zur Fortführung der Bundesbahn unter Berücksichtigung der Sicherheit des Betriebes und der Verkehrsbedürfnisse erforderlich sind. Gemäß § 4 Abs. 2 des Bundesbahngesetzes sind im Verkehrs-
haushalt als Darlehen an die Deutsche Bundesbahn 250 Millionen DM im ordentlichen und 90 Millionen DM im außerordentlichen Haushalt vorgesehen. Beide Beträge sind im Wirtschaftsplan der Bundesbahn in der Investitionsrechnung unter Fremdmitteln ausgewiesen. Sie dienen nicht der Abdeckung des Defizits von 794 Millionen DM.
Der vorliegende Bundeshaushalt bringt also keine Deckung dieses Defizits der Bundesbahn. Bei der in Frage stehenden Größenordnung kann er das wohl auch nicht, da für irgendwelche weiteren wesentlichen Zuschüsse an die Bundesbahn die Deckung noch fehlt. Die Vertreter der Bundesregierung haben bei der Ausschußberatung erklärt, daß weitere Hilfen für die Bundesbahn erforderlich seien, sie hätten jedoch noch nicht in die Haushaltsrechnung eingeplant werden können, da sie in engstem Zusammenhang mit den in Vorbereitung befindlichen Verkehrs- und steuerlichen Maßnahmen stünden. Wir müssen uns vorerst mit dieser Erklärung zufrieden geben, da dieser Zusammenhang mit den vom Kabinett vor einer Woche verabschiedeten Gesetzentwürfen nicht bestritten werden kann. Ohne hier auf bekanntgewordene Einzelheiten der beiden Entwürfe eingehen und mich mit ihnen identifizieren zu wollen, glaube ich, daß man ihre Zielsetzung, nunmehr Ordnung in die sich immer mehr zuspitzenden Wettbewerbsverhältnisse im Verkehr zu bringen und dabei für die Bundesbahn möglichst gleiche Startbedingungen in der Konkurrenz zur Straße zu schaffen, nur wird unterstützen können.
Bei der nach Klärung der Dinge dem Bundestag in einem Nachtragshaushalt vorzuschlagenden weiteren finanziellen Hilfe für die Deutsche Bundesbahn sehe ich es als eine Voraussetzung für die Gesundung der Deutschen Bundesbahn an, daß sie von betriebsfremden Personallasten, die an der Entstehung des Defizits wesentlich beteiligt sind, befreit wird. Die betriebsfremden Personallasten sind von der Bundesbahn für das Wirtschaftsjahr 1953 mit 436 Millionen DM beziffert worden. Die Bahn muß unverzüglich wieder auf eine gesunde finanzielle Grundlage gestellt werden. Sie muß in die Lage versetzt werden, ihre noch nicht beseitigten Kriegsschäden, die kürzlich im Verkehrsausschuß mit 1,2 Milliarden DM beziffert worden sind, und ihre Kriegsfolgeschäden, insbesondere den angestauten Nachholbedarf, für den noch 1,3 Milliarden DM aufzuwenden sind, in angemessener Zeit zu beheben, ferner die notwendigen Mittel für die technische Rationalisierung und Modernisierung, insbesondere für eine durchgreifende Elektrifizierung, aufzunehmen. Für diese wirtschaftlichen Zwecke der Bundesbahn ist auch eine größere Anleihe erforderlich und zu bejahen. Von der Bundesbahn muß erwartet werden, daß sie selbst durch organisatorische Vereinfachungsmaßnahmen und weitere Restriktionen des Personalstandes ernsthaft zu .dem erstrebten Erfolg beizutragen bemüht ist.
Nicht übersehen darf man auch die Leistungen der Bundesbahn in Sozialtarifen verschiedenster Art, bei denen die Bahn erheblich zuzahlt, weiterhin die Aufgabe der Versorgung des flachen Landes. Bei den vielen weitergehenden Wünschen auf freie oder verbilligte Fahrten bei der Bundesbahn gewinnt man oft den Eindruck, daß hier die notwendigerweise einzuhaltenden Grenzen nicht gesehen werden. Bestens anzuerkennen sind die großen Fortschritte bei der Bundesbahn im Zugverkehr und in der Ausstattung der Wagen.
Sehr erfreulich ist die Steigerung beim Ausländerreiseverkehr: 5,4 Millionen Übernachtungen 1953 gegenüber 4,4 Millionen Übernachtungen 1952 und ein Devisenaufkommen von 650 Millionen DM 1953 gegen 470 Millionen DM 1952 zeigen die Nützlichkeit der Fremdenwerbung. Diese Ergebnisse sind nicht nur nach der materiellen Seite, sondern auch hinsichtlich des Abbaues der trennenden Schranken zwischen den Völkern zu begrüßen. Wir Deutsche haben die Aufgabe, ein Land der Gastlichkeit und der Völkerverbindung zu sein. Das muß schon an der Grenze beginnen.
Ich glaube aussprechen zu können, daß auch die Deutsche Bundesbahn durch gute, moderne Züge ihren besonderen Anteil an der Steigerung im Ausländerreiseverkehr hat.
Der Herr Bundesminister hat vorhin Veranlassung genommen, über Fragen des Wiederaufbaues der deutschen Handelsschiffahrt zu sprechen. Wir haben von diesen Erklärungen des Herrn Bundesministers mit Befriedigung Kenntnis genommen und hoffen, daß die weiteren Bemühungen für den Ausbau der deutschen Handelsflotte mit Erfolg vorangetrieben werden können.
Ebensowenig wie auf eine eigene Handelsflotte kann ein Land, dessen Industrie und Wirtschaft mit der Weltwirtschaft so verflochten ist wie die unsere, auf eine eigene Handelsluftfahrt verzichten. Diese Grundauffassung hat sich der Deutsche Bundestag bereits beim vorjährigen Haushalt zu eigen gemacht. Man war sich dabei im klaren, daß der Aufbau einer eigenen Luftfahrt in den ersten Jahren eine erhebliche Belastung mit sich bringen würde. Für die Beurteilung der Höhe dieser Ausgaben war es uns, wie bereits der Berichterstatter, Herr Kollege Ritzel, ausgeführt hat, sehr wertvoll, daß kürzlich Vertretern der Fraktionen aus dem Haushalts- und dem Verkehrsausschuß die Möglichkeit gegeben wurde, interessante Einblicke in die Verhältnisse bei der Luftfahrtgesellschaft der Schweiz zu erhalten. In einem sehr instruktiven Vortrag des Präsidenten der Gesellschaft sind uns die verschiedenen Probleme nahegebracht worden, die mit dem Aufbau einer Luftverkehrsgesellschaft verknüpft sind. Die an dieser Besprechung Beteiligten haben die Erkenntnis gewonnen, daß es ratsam ist, in aller Bescheidenheit mit dem Aufbau eines eigenen Luftverkehrs zu beginnen, daß es jedoch eine unterste Grenze der Betriebskapazität gibt, unterhalb derer eine Rentabilität aus den verschiedensten Gründen nicht mehr gewährleistet ist. Auch für die beim Aufbau einer Luftverkehrsgesellschaft zu beachtende Materialpolitik sind uns wertvolle Fingerzeige gegeben worden. Einheitlichkeit des Materials, d. h. Indienststellung von möglichst wenig Flugzeugtypen und Vermeidung aller Experimente mit Flugzeugen, die sich noch in der Entwicklung befinden, ist eine Grundvoraussetzung für die Rentabilität.
Bei der Bedeutung, der Größe und dem Umfang der Aufgaben des Verkehrs zu Wasser und zu Lande kann man nur das Bedauern darüber aussprechen, daß die finanziellen Möglichkeiten uns bei diesem Haushalt auf wichtigen Gebieten harte Grenzen gezogen haben. Von dem Bundesfinanzminister wird gar vieles verlangt, was in der Summierung dann in die Milliarden geht. Beim Verkehr liegen aber auch wichtige wirtschaftliche
und soziale Aufgaben und Forderungen. Man beachte nur die große wirtschaftliche und soziale Auswirkung auf die Beschäftigung als die Grundlage echter Sozialpolitik überhaupt.
Zum Schluß möchte ich allen Beteiligten im Verkehr den besten Dank für ihre verdienstvollen Leistungen aussprechen. Wir wissen, daß die arbeitenden Menschen des Verkehrs sehr oft in anderer Weise und Zeit, in Nacht- und Sonntagsarbeit tätig sind. Für ihre unverdrossene Arbeit gebührt ihnen unser aller Dank und Anerkennung.