Protokoll:
17052

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 52

  • date_rangeDatum: 2. Juli 2010

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 12:43 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/52 ordneten Sahra Wagenknecht, Michael Schlecht, Dr. Barbara Höll, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Kreditausfallversicherungen (CDS) und deren Handel vollständig verbieten (Drucksachen 17/1733, 17/2097) . . . . . . . Leo Dautzenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Björn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . (Drucksache 17/2232) . . . . . . . . . . . . . . . Garrelt Duin (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ulla Lötzer (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Mathias Middelberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nicolette Kressl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ 5455 C 5455 D 5456 D 5458 D 5460 C 5462 A 5463 C 5464 B 5468 B 5468 C 5470 A 5472 C 5473 D 5475 D 5476 D 5478 B Deutscher B Stenografisch 52. Sitz Berlin, Freitag, de I n h a l Tagesordnungspunkt 19: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Vorbeugung gegen missbräuchliche Wertpapier- und Derivategeschäfte (Drucksachen 17/1952, 17/2336) . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Ab- geordneten Michael Schlecht, Sahra Wagenknecht, Dr. Herbert Schui, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Banken regulieren – Spekula- tionsblasen verhindern (Drucksachen 17/1151, 17/2336) . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Abge- T a b 5455 A 5455 B Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 5465 B 5466 B undestag er Bericht ung n 2. Juli 2010 t : agesordnungspunkt 20: ) Große Anfrage der Abgeordneten Garrelt Duin, Carsten Schneider (Erfurt), Hubertus Heil (Peine), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Umsetzung der Ergebnisse im Bereich der Wirtschafts- und Finanzpolitik der G-8- und G-20- Gipfel durch die Bundesregierung (Drucksachen 17/1796, 17/2295) . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Ulla Lötzer, Dr. Barbara Höll, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: G-20-Gipfel in Toronto für eine demokratische Kontrolle der Fi- nanzmärkte und eine Wende zur nach- haltigen Regulierung der Weltwirt- schaft nutzen 5468 B DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Aumer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . 5479 D 5480 C II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 Tagesordnungspunkt 21: a) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Caren Lay, Dr. Axel Troost, Ka- rin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Finanziellen Ver- braucherschutz stärken – Finanz- märkte verbrauchergerecht regulieren (Drucksachen 17/887, 17/1782) . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Fi- nanzausschusses zu dem Antrag der Abge- ordneten Dr. Gerhard Schick, Dr. Thomas Gambke, Lisa Paus, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Grauen Kapitalmarkt durch einheitliches Anlegerschutzniveau über- winden (Drucksachen 17/284, 17/2335) . . . . . . . . Lucia Puttrich (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Elvira Drobinski-Weiß (SPD) . . . . . . . . . . . . . Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Caren Lay (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 22: Erste Beratung des von den Abgeordneten Memet Kilic, Josef Philip Winkler, Katja Dörner, weiteren Abgeordneten und der Frak- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrach- ten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes (Ehegattennachzug) (Drucksache 17/1626) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reinhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rüdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) . . . . . . . . Ulla Jelpke (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 5481 B 5481 C 5481 D 5483 A 5484 B 5485 B 5486 A 5490 A 5490 A 5491 A 5492 A 5493 A 5494 D 5496 B 5497 B 5498 D 5499 A Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Harald Koch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . L A A 5487 A 5487 D 5488 D iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 mtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5501 A 5501 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5455 (A) ) )(B) 52. Sitz Berlin, Freitag, de Beginn: 9.0
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5499 Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms (A) (C)Berichtigung 51. Sitzung, Seite 5314 (B), die Antwort von Katherina Reiche, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, ist wie folgt zu lesen: „Es gibt keine Überlegungen, laufende Vorhaben zu unterbinden. Außer den 17 Förderbohrungen auf der Mit- telplate und der auf der A6-A – Informationen dazu habe ich Ihnen zukommen lassen – sind keine Details zu Explo- rationsvorhaben oder Planungen bekannt.“ (D) (B) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5501 (A) ) )(B) Drucksache 17/136 Nr. A.1Weinberg, Harald DIE LINKE 02.07.2010 EuB-BReg 37/2009 tung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Schreiner, Ottmar SPD 02.07.2010 Sendker, Reinhold CDU/CSU 02.07.2010 Anlage 1 Liste der entschuldigt A m S z m d Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.07.2010 Beckmeyer, Uwe SPD 02.07.2010 Bluhm, Heidrun DIE LINKE 02.07.2010 Dr. Bunge, Martina DIE LINKE 02.07.2010 Dağdelen, Sevim DIE LINKE 02.07.2010 Dörner, Katja BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.07.2010 Dyckmans, Mechthild FDP 02.07.2010 Freitag, Dagmar SPD 02.07.2010 Friedhoff, Paul K. FDP 02.07.2010 Gottschalck, Ulrike SPD 02.07.2010 Groschek, Michael SPD 02.07.2010 Groth, Annette DIE LINKE 02.07.2010 Höger, Inge DIE LINKE 02.07.2010 Holmeier, Karl CDU/CSU 02.07.2010 Krischer, Oliver BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.07.2010 Lange, Ulrich CDU/CSU 02.07.2010 Leidig, Sabine DIE LINKE 02.07.2010 Link (Heilbronn), Michael FDP 02.07.2010 Maisch, Nicole BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 02.07.2010 Menzner, Dorothee DIE LINKE 02.07.2010 Möller, Kornelia DIE LINKE 02.07.2010 Nietan, Dietmar SPD 02.07.2010 W Z Z A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht en Abgeordneten nlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 atz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung u der nachstehenden Vorlage absieht: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zum Stand der Bemühun- gen um Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtver- breitung sowie über die Entwicklung der Streitkräfte- potenziale 2009 (Jahresabrüstungsbericht 2009) – Drucksache 17/445 – Ausschuss für Wirtschaft und Technologie – der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über ihre Exportpolitik für konventionelle Rüstungsgüter im Jahr 2008 (Rüstungsexportbericht 2008) – Drucksachen 17/1333, 17/1644 Nr. 1.3 – Ausschuss für Kultur und Medien – Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Tech- nikfolgenabschätzung (18. Ausschuss) gemäß § 56 a der Geschäftsordnung Technikfolgenabschätzung (TA) Zukunftsreport – Ubiquitäres Computing – Drucksache 17/405 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unions- okumente zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- olff (Wolmirstedt), Waltraud SPD 02.07.2010 apf, Uta SPD 02.07.2010 immermann, Sabine DIE LINKE 02.07.2010 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 5502 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 (A) (C) )(B) Drucksache 17/720 Nr. A.2 EuB-BReg 72/2010 Drucksache 17/1492 Nr. A.6 Ratsdokument 7032/10 Drucksache 17/1821 Nr. A.3 Ratsdokument 8824/10 Sportausschuss Drucksache 17/136 Nr. A.28 EuB-EP 1972; P6_TA-PROV(2009)0347 Finanzausschuss Drucksache 17/1821 Nr. A.5 EuB-EP 2018; P7_TA-PROV(2010)0056 Haushaltsausschuss Drucksache 17/1270 Nr. A.2 Ratsdokument 6806/10 Drucksache 17/1492 Nr. A.13 Ratsdokument 7180/10 Drucksache 17/1492 Nr. A.14 Ratsdokument 7182/10 Drucksache 17/1492 Nr. A.15 Ratsdokument 7183/10 Drucksache 17/1492 Nr. A.22 Ratsdokument 7830/10 Drucksache 17/1492 Nr. A.23 Ratsdokument 7831/10 Drucksache 17/1693 Nr. A.2 Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Drucksache 17/859 Nr. A.8 EuB-EP 1999; P7_TA-PROV(2009)0110 Drucksache 17/1821 Nr. A.8 Ratsdokument 8502/10 Drucksache 17/1821 Nr. A.9 Ratsdokument 8523/10 Ausschuss für Arbeit und Soziales Drucksache 17/1649 Nr. A.4 Ratsdokument 8320/10 Drucksache 17/1649 Nr. A.5 Ratsdokument 8439/10 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 17/178 Nr. A.40 Ratsdokument 15361/09 Drucksache 17/315 Nr. A.8 Ratsdokument 17196/09 Drucksache 17/504 Nr. A.25 Ratsdokument 16016/09 Drucksache 17/1100 Nr. A.13 Ratsdokument 7110/10 Drucksache 17/1492 Nr. A.46 Ratsdokument 8029/10 Drucksache 17/1492 Nr. A.47 Ratsdokument 8134/10 Drucksache 17/1492 Nr. A.48 Ratsdokument 14930/09 Drucksache 17/1649 Nr. A.12 Ratsdokument 8399/10 Drucksache 17/1821 Nr. A.25 Drucksache 17/1821 Nr. A.7 Ratsdokument 8690/10 (D Drucksache 17/1821 Nr. A.26 Ratsdokument 9233/10 Ratsdokument 9609/10 Ratsdokument 9231/10 52. Sitzung Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705200000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 19 a bis 19 c auf:

a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Vorbeugung gegen
missbräuchliche Wertpapier- und Derivatege-
schäfte

– Drucksache 17/1952 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)


– Drucksache 17/2336 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ralph Brinkhaus
Manfred Zöllmer
Björn Sänger
Dr. Barbara Höll

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Michael Schlecht,
Sahra Wagenknecht, Dr. Herbert Schui, weiterer

A
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b
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Redet
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Banken regulieren – Spekulationsblasen ver-
hindern

– Drucksachen 17/1151, 17/2336 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ralph Brinkhaus
Manfred Zöllmer
Björn Sänger
Dr. Barbara Höll

c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordnete
Wagenknecht, Michael Schlecht, D
Höll, weiterer Abgeordneter und de
DIE LINKE

(C (D ung n 2. Juli 2010 0 Uhr Kreditausfallversicherungen Handel vollständig verbieten – Drucksachen 17/1733, 17/2097 – Berichterstattung: Abgeordnete Ralph Brinkhaus Harald Koch Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen iderspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen autzenberg von der CDU/CSU-Fraktion das Wort. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe olleginnen und Kollegen! Dieses Thema kommt wenn ich das etwas sarkastisch anmerken darf – offen ar für einige heute Morgen so überraschend, dass man einen könnte, das Verbot von Leerverkäufen hätte ichts mit der Präsenz im Bundestag zu tun. (Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Wir sind aber da!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Leo Dautzenberg (CDU):
Rede ID: ID1705200100

ext
Es geht aber heute um ein sehr ernst zu nehmendes
Thema der Finanzmarktregulierung, bei dem die christ-
lich-liberale Koalition


(Bernd Scheelen [SPD]: Das heißt: SchwarzGelb!)


und die Regierung handeln und die notwendigen Maß-
nahmen auf den Weg bringen.

Wir beraten den Gesetzentwurf zur Vorbeugung ge-
gen missbräuchliche Wertpapier- und Derivategeschäfte
heute abschließend in zweiter und dritter Lesung. Was
beinhaltet der Gesetzentwurf? Es geht darin um die so-
genannten ungedeckten Leerverkäufe bei Aktien,

im Euro-Raum und Derivategeschäften.
n Leerverkäufen wird etwas verkauft, das
esitzt, und dann auch noch vervielfältigt

Form. Das ist der Unterschied zu gedeck-
n Sahra
r. Barbara

r Fraktion

Staatspapieren
Bei ungedeckte
man gar nicht b
in spekulativer





Leo Dautzenberg


(A) )


)(B)

ten Leerverkäufen, bei denen innerhalb einer bestimm-
ten Frist von ein bis zwei Tagen die Deckung für das Ge-
schäft erbracht werden muss. Das ist bei ungedeckten
Leerverkäufen nicht der Fall.

Sie dienen dazu, Krisensituationen und bestimmte
Bereiche, die durch den Markt nicht zum Ausdruck
kommen, spekulativ zu nutzen. Damit werden teilweise
bereits bestehende negative Auswirkungen weiter be-
schleunigt. Dem muss Einhalt geboten werden.

Von daher haben wir als Koalitionsfraktionen auch
auf Vorschlag der Regierung, die einen entsprechenden
Kabinettsbeschluss gefasst hat, parallel dazu diesen Ge-
setzentwurf eingebracht und damit auch zum Ausdruck
gebracht, dass wir die Inhalte dieses Gesetzentwurfs
grundsätzlich teilen. Durch die parallele Einbringung
wollen wir relativ zeitnah zu einer Regelung kommen,
um Verzögerungen zu vermeiden. Wir wollen also durch
unsere Beratungspraxis im Plenum dazu beitragen, das
Vorhaben zeitnah umzusetzen.

Die Anhörung hat gezeigt, dass der Weg, den wir auf
nationaler Ebene eingeschlagen haben, richtig ist.


(Manfred Zöllmer [SPD]: In welcher Anhörung waren Sie denn?)


– Scheinbar waren Sie in einer anderen Anhörung, Herr
Kollege. –


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Der Kollege hatte seine eigene Anhörung!)


Die Anhörung hat gezeigt, dass der Weg grundsätzlich
richtig ist. Herr Kollege Zöllmer, wenn Sie daraus den
Schluss ziehen, hier bestehe keine Notwendigkeit der
Regelung, dann verstehe ich im Grunde die Welt nicht
mehr; schließlich halten Sie uns immer vor, wir unter-
nähmen hier nichts.


(Joachim Poß [SPD]: Keine Pappkameraden aufbauen!)


Anscheinend lassen Sie noch nicht einmal auf sich wir-
ken, was hiermit erreicht werden soll.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es geht also um ein Verbot ungedeckter Leerverkäufe
von Aktien, von Staatspapieren in der Euro-Zone und
darüber hinaus von bestimmten Derivaten bis hin zu
Währungsderivaten; dabei geht es um Devisen und Aus-
landswährungen.

Neben diesem grundsätzlichen Verbot war eine Ver-
ordnung vorgesehen, die der BaFin die Kompetenz ver-
schafft hätte, in diese Bereiche selbstständig einzugrei-
fen. Herr Kollege Zöllmer, die Anhörung hat gezeigt:
Wenn es bei einer undifferenzierten Verordnung bleibt,
dann würden wir einzelne Bereiche der Industrie, in de-
nen es gewisse Formen von Absicherungsgeschäften bei
Währungen gibt, in die Gefahr bringen, dass längerfris-
tige Absicherungsgeschäfte nicht mehr möglich wären.
Diese Einsicht hat dazu geführt, dass wir gemeinsam
diese Verordnung herausgenommen haben. Das ist ein
Ergebnis – Herr Zöllmer, wenn Sie zuhören würden –

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(C (D er Anhörung. Damit ist einem berechtigten Petitum aus er Industrie Rechnung getragen worden. (Nicolette Kressl [SPD]: Der BDI war dagegen!)


Frau Kollegin, da Sie den BDI erwähnen: Vieles, was
esagt wird, ist nicht nachvollziehbar. Nach der ab-
chließenden Beratung im Finanzausschuss sind wir dem
etitum aus der Industrie gefolgt. Spezielle Formen der
bsicherung für die Industrie – langfristige Lieferver-

räge, Stichworte: „Kerosin, Rohstoffe“, gebunden an
estimmte Währungen – sind sinnvoll, wenn dafür die
ntsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden.

Angesichts dessen ist es umso unverständlicher, dass
lle Fraktionsvorsitzenden dieses Hauses gestern einen
rief des BDI-Hauptgeschäftsführers bekamen, in dem
uf das Petitum abgestellt und gesagt wurde, das Begeh-
en aus der Industrie gerade für diesen Bereich sei nicht
rfüllt. Anscheinend haben manche in diesem Verband
en Schuss nicht gehört. Sie scheinen nicht begriffen zu
aben, was wir in ihrem Sinne richtigerweise schon auf
en Weg gebracht haben. Ich glaube, zur Arbeit hier ge-
ört, offensiv zu vertreten, dass wir gehandelt haben,
nd das, was hier erfolgt, nicht infrage zu stellen.

An einem weiteren Punkt hat es Korrekturen gegeben
das war ein wichtiges Petitum für den Börsenplatz und
ür den Finanzstandort Deutschland –: Wir nehmen die
ogenannten Intraday-Geschäfte – das sind diejenigen
eschäfte, die innerhalb eines Tages abgewickelt wer-
en – von dem Verbot aus. Sie sind weiterhin möglich;
enn sie sind für die Liquidität des Marktes am jeweili-
en Tag erforderlich. Im Grunde ist entscheidend, wel-
he Nettopositionen am Abend noch offen sind. Deshalb
st diesem Petitum des Finanzmarktes und des Finanz-
tandortes Deutschland Rechnung getragen worden.

Darüber hinaus haben wir auch Formen der Transpa-
enz vorgesehen: Auch die Positionen, die offen sind,
üssen über den Bundesanzeiger namentlich bekannt

egeben werden. Damit stellen wir die Transparenz her,
ie für die Regulierung dieses Marktes und der Markt-
eilnehmer erforderlich ist. Somit führen wir diese Ge-
chäfte aus der Anonymität heraus. Das ist die Zielset-
ung der Transparenzplattformen, die wir hier vorsehen.
amit leisten wir wiederum einen entscheidenden Bei-

rag zur Regulierung von Finanzmärkten. Ich kann auch
er Opposition nur dringend empfehlen, dem zuzustim-
en.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705200200

Das Wort hat nun Manfred Zöllmer für die SPD-Frak-

ion.


(Beifall bei der SPD)



Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1705200300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

assiert nicht sehr häufig, dass sich Helmut Schmidt, un-





Manfred Zöllmer


(A) )


)(B)

ser Altbundeskanzler, zu aktuellen Gesetzentwürfen zu
Wort meldet. Er hat im Cicero Folgendes gesagt:

Was dagegen Merkel macht – dass sie auf eigene
Faust nur für Deutschland Leerverkäufe verbietet –,
ist zum Schieflachen.

Daraufhin sagte der Journalist:

Sie dürfte das wissen und hat das Verbot als Beruhi-
gungsmittel für die öffentliche Meinung in den
Raum gestellt.

Helmut Schmidt entgegnete daraufhin:

Ich hoffe, dass sie weiß, … dass es wirkungslos ist.

Warum hat Helmut Schmidt in diesem Fall leider, leider
recht?

Herr Dautzenberg, die Anhörung hat eines gezeigt:
Dieser Gesetzentwurf ist ein Placebo; er ist wirkungslos;
er ist reine Symbolpolitik.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das ist doch Quatsch! Dann verstehe ich nicht, warum sich manche so aufregen!)


Sie haben hier deutlich gemacht, wie die Geschichte die-
ses Entwurfs verlief und wie Sie von den Koalitionsfrak-
tionen von Beratung zu Beratung zur Verwässerung die-
ses Gesetzentwurfs beigetragen haben.


(Zuruf von der FDP: Verbesserung!)


Er ist ein reines Symbol.

Schauen wir uns einfach einmal an, wie das Gesetz
entstanden ist, welche Geschichte es hat. Die Finanz-
krise ist zwei Jahre alt. Seitdem wurde immer wieder
deutlich, dass ungedeckte Leerverkäufe auf den Finanz-
märkten zerstörerische Wirkungen entfalten können, zu-
letzt in der Krise um Griechenland.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Deshalb lassen Sie sie laufen!)


– Nein, warten Sie ab! – Sie können Kursverzerrungen
auslösen und zu Zwecken des Insiderhandels und der
Marktmanipulation eingesetzt werden. Deshalb haben
wir Sozialdemokraten seit langem gefordert, ungedeckte
Leerverkäufe zu untersagen. Das ist ein ganz wichtiger
Punkt.

Am 9. März 2010 – also in diesem Jahr – gab es eine
Erklärung der Europäischen Kommission, dass sie er-
wäge, ungedeckte Leerverkäufe zu verbieten. Parallel
dazu gab es die Ankündigung eines gemeinsamen Vor-
gehens von Berlin und Paris in dieser Sache. Es war von
einem Brief von Merkel an Sarkozy die Rede. Danach
passierte jedoch nichts mehr. Dann kam über Nacht die
Mitteilung über den Ticker, Deutschland habe als erstes
europäisches Land ungedeckte Leerverkäufe verboten.
Das heißt also, man hat auf eine gemeinsame europäi-
sche Aktion verzichtet


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Die kommt ja noch!)


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(C (D nd ein nationales Vorpreschen Deutschlands aus rein nnenpolitischen Gründen vorgezogen; der öffentliche ruck auf die Regierung war inzwischen im Zusammenang mit dem Euro-Rettungspaket zu groß geworden. an wollte Regierungsund Handlungsfähigkeit in Sa hen Finanzmarktregulierung demonstrieren, obwohl simulieren“ der richtige Ausdruck wäre. Dieses Gesetz at damit einen gravierenden Geburtsfehler: Es ist das rgebnis eines unabgestimmten Alleingangs. Man kann so etwas machen, wenn man vorher alle öglichkeiten zum gemeinsamen Handeln ausgelotet at. Das haben Sie nicht gemacht, obwohl Sie wissen, ass es um schädliche Aktivitäten geht, die nicht nur in eutschland stattfinden, sondern im gesamten Euroaum, in ganz Europa und auf der ganzen Welt. Erst enn es sich als völlig unmöglich erweisen sollte, dass ich eine abgestimmte Regelung durchsetzen kann, muss an nationale Maßnahmen ins Auge fassen. Wer aber o vorgeht, wie Sie es getan haben, der will nicht reguieren, sondern Regulierung nur vortäuschen. Es gibt in ieser Regierung keinen Konsens zu Regulierungsfraen. Sie sind in Regulierungsfragen nach wie vor tief erstritten. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Herr Dautzenberg, lassen Sie uns doch einmal be-
euchten, zu welchem Ergebnis die Expertenanhörung
irklich geführt hat. Das Ergebnis war eindeutig: Dieser
esetzentwurf ist reine Symbolpolitik. Schauen Sie sich
as Ergebnis der Anhörung an: Dieser Gesetzentwurf
urde von der überwältigenden Mehrheit der Sachver-

tändigen regelrecht verrissen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Quatsch!)


r beschränkt sich auf ungedeckte Leerverkäufe von Ak-
en und Schuldtiteln von Staaten der Euro-Zone, die an ei-
er inländischen Börse zum Handel am regulierten Markt
ugelassen sind. Warum – das war eine der Fragen – nur
chuldtitel aus der Euro-Zone? Warum nur auf regulier-

en Märkten? Der überwiegende Teil des Handels findet
ort nicht statt.


(Beifall bei der SPD)


ichtig wäre ein Leerverkaufsverbot an außerbörsli-
hen Plätzen; denn dort findet der relevante Teil des
andels statt. Dieser Bereich wird vom vorliegenden
esetzentwurf überhaupt nicht erfasst. Auch hier zeigt

ich Ihre Unfähigkeit, etwas Wirksames koordiniert um-
usetzen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Jawohl, Herr Oberlehrer!)


Ein Verbot muss etwas bewirken. Das von Ihnen vor-
esehene Verbot bewirkt leider nichts.


(Nicolette Kressl [SPD]: Was sind das alles für dünne Nerven?)


Ja, damit kann ich gut leben.





Manfred Zöllmer


(A) )


)(B)


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Herr Lehrer! Er war ja auch Lehrer!)


Ich zitiere Herrn Münchau von der Financial Times
Deutschland, einen Journalisten, der in der Anhörung als
Sachverständiger vertreten war. Er hat Folgendes formu-
liert:

Der einzige Grund für dieses Gesetz war dessen
Ankündigung. Die Regierung musste etwas tun, um
Deutschlands Journalisten von der Krise abzulen-
ken.

Wohlgemerkt: Nicht die Opposition, sondern ein unab-
hängiger Journalist hat das formuliert.

Sie haben eben deutlich gemacht, wie stark dieses Ge-
setz bereits im Vorfeld beschnitten wurde und nun durch
weitere Änderungsanträge beschnitten werden soll; bei-
spielsweise werden die Regelungen zum Intraday-Han-
del – Sie haben erläutert, was das ist – weiter verwässert.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Verwässert? – Björn Sänger [FDP]: Verbessert!)


– Verwässert.

Ich darf aus der Stellungnahme des BDI zitieren. Dort
heißt es:

Weil sich Kurseinbrüche, insbesondere in Kombi-
nation mit falschen, negativen Marktgerüchten häu-
fig innerhalb eines Tages ereignen …, ist für das
Verbot auf die Einzeltransaktion und nicht auf den
Tagesendbestand abzustellen.

Die Fraktionen von CDU/CSU und FDP – Sie haben das
eben erläutert – wollen nun solche Leerverkäufe wieder
zulassen. Sie haben in einer Presseerklärung ausgeführt,
dass Sie zwischen Missbrauch und normalem Geschäft
unterscheiden wollen, aber in der Praxis lassen Sie mög-
lichen Missbrauch wieder zu.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE] – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Also sind Sie für das Verbot von Intraday-Handel?)


Darüber hinaus streichen die Koalitionsfraktionen die
Ermächtigung des Finanzministeriums, weitergehende
Verbotsverfügungen zu erlassen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Über eine Verordnung!)


– Über eine Verordnung. – Sie wollen es dem Parlament
überlassen, aber auch damit verwässern Sie den Ur-
sprungsentwurf; denn das Parlament kann natürlich je-
derzeit gesetzgeberisch tätig werden. In ihrem Vorgehen
zeigt sich die ganze Hilflosigkeit dieser Koalition gegen-
über der Finanzmarktlobby.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Es gibt allerdings auch etwas Positives.

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(C (D (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist etwas ganz Neues!)


er Gesetzentwurf verbessert die Transparenz auf bisher
öllig intransparenten Märkten,


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Also doch transparent!)


ber leider nur ein wenig; denn das Gesetz eröffnet Um-
ehungsmöglichkeiten bei Meldeverpflichtungen, etwa
urch die Aufteilung von Leerverkäufen auf Konzern-
öchter jeweils unterhalb der Meldeschwelle. Der Ge-
etzentwurf ist und bleibt Symbolpolitik. Er ist Stück-
erk, Symbolpolitik, mit viel zu geringer Wirkung. Nun

cheint wieder eine europäische Lösung der Leerver-
aufsproblematik möglich.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Ja!)


Die FDP hat im Übrigen erklärt: Sollten keine weite-
en Länder folgen, werde das Gesetz in dieser Legisla-
urperiode noch einmal geändert. Liebe Kolleginnen und
ollegen von der Regierungskoalition, Sie finden uns
ozialdemokraten an Ihrer Seite, wenn es darum geht,
urchdachte und wirksame Maßnahmen zur Regulierung
er Finanzmärkte zu beschließen. Sie finden uns aber
icht an Ihrer Seite, wenn Sie versuchen, Regulierung
ur vorzutäuschen wie beim vorliegenden Gesetzent-
urf.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705200400

Das Wort hat Kollege Björn Sänger für die FDP-Frak-

ion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Björn Sänger (FDP):
Rede ID: ID1705200500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Lieber Kollege Zöllmer, Sie haben es offensichtlich
och nicht verwunden, dass wir regulieren, nachdem Sie
lf Jahre lang nicht reguliert haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


ir täuschen auch nichts vor, genauso wie Sie keine Un-
ätigkeit vorgetäuscht haben. Sie waren in diesem Be-
eich elf Jahre lang untätig.

Ich würde mich freuen, wenn Sie sich bei Ihrer Argu-
entation klar werden würden, was Sie denn nun eigent-

ich wollen.


(Nicolette Kressl [SPD]: Was Vernüftiges!)


Ich wage zu bezweifeln, Frau Kollegin Kressl, dass Sie
as Vernünftiges wollen. – Zur Finanztransaktionsteuer

agen Sie uns: Da müssen wir einen nationalen Allein-
ang machen.


(Manfred Zöllmer [SPD]: Das ist ja gar nicht wahr! Erzählen Sie doch nicht so was!)






Björn Sänger


(A) )


)(B)

Beim Leerverkaufsverbot sagen Sie: Es ist nicht euro-
päisch abgestimmt. – Wir stellen fest – und jeder, der das
objektiv betrachtet, kommt zum gleichen Ergebnis –,
dass die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktio-
nen dieser christlich-liberalen Koalition handeln


(Bernd Scheelen [SPD]: Sie meinen „Schwarz-Gelb“, oder? – Joachim Poß [SPD]: Das ist das Einzige, was die ordentlich aussprechen können!)


und auf europäischer Ebene eine Abstimmung suchen,
weil die internationalen Themen der Finanzbranche da-
nach verlangen. Die Bundesregierung bringt sich auf
EU-Ebene und auf G-20-Ebene ein, stimmt sich ab und
startet darüber hinaus nationale Initiativen, was außeror-
dentlich zu begrüßen ist.

Es ist bereits eine effektive Regulierung sichtbar. Wir
haben das Ratinggesetz und kürzlich das Vergütungsge-
setz für die Finanzbranche verabschiedet. Wir beschäfti-
gen uns mit dem Anlegerschutz im grauen Kapitalmarkt,
und das Bankenrestrukturierungsgesetz erscheint auch
schon am Horizont.

Heute befassen wir uns mit dem Verbot missbräuch-
licher Wertpapier- und Derivategeschäfte. Ich sage es
noch einmal: Wenn Sie das in den letzten elf Jahren ge-
macht hätten, wären wir schon ein ganzes Stück weiter.
Ich finde, in der kurzen Zeit, in der diese christlich-libe-
rale Bundesregierung bislang amtiert, haben wir schon
einiges vorzuweisen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Lachen bei der SPD – Manfred Zöllmer [SPD]: Durch Nichtstun!)


Wir nehmen unter den wichtigen Finanzplätzen in Eu-
ropa mit diesem Gesetz eine Vorreiterrolle ein. Es ist ja
nicht so, als ob es etwas Vergleichbares in anderen Län-
dern nicht gäbe. Denn in Irland, Schweden, Österreich
und Belgien – um nur einige zu nennen – gibt es ähnli-
che Regeln, wenngleich diese Finanzplätze sicherlich
nicht unbedingt mit Deutschland vergleichbar sind.

Worum geht es in diesem Gesetz? Es geht darum
– Kollege Dautzenberg hat schon darauf hingewiesen –,
ungedeckte Leerverkäufe in Aktien sowie in Schuldtiteln
von EU-Gebietskörperschaften sowie Währungsderiva-
ten zu verbieten. Es handelt sich um ein grundsätzliches
Verbot. Darüber hinaus wird über den § 4 a Wertpapier-
handelsgesetz Rechtssicherheit für die BaFin geschaffen,
die sie bisher nicht hatte.

Solch ein grundsätzliches Verbot ist für die Freie De-
mokratische Partei schon starker Tobak. Ein hessischer
Abgeordneter, der beispielsweise im Rhein-Main-Gebiet
herumfährt, wird von den Ortsverbänden schon gefragt:
Was macht ihr in Berlin da eigentlich?


(Manfred Zöllmer [SPD]: Das ist eine gute Frage! Was macht die Regierung?)


Denn ein Nachweis für die Krisenursächlichkeit von
Leerverkäufen ist bislang noch nicht erbracht worden.

Leerverkäufe sind durchaus etwas Sinnvolles; denn
sie senden Informationen in den Markt. Sie verhindern

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(C (D ewertungsblasen, und sie sichern schlussendlich auch ie Liquidität im Markt. Deshalb fragen mich die Leute m Rhein-Main-Gebiet – und sie fühlen mir den Puls –, ie am Finanzplatz Frankfurt arbeiten: Was macht ihr da igentlich? Warum wollt ihr dieses sinnvolle Instrument igentlich verbieten? – Darauf kann es nur eine ganz lare Antwort geben: Weil mit diesem Instrument auch issbrauch getrieben werden kann. Eben diesen Miss rauch werden wir verhindern. Das werden wir mit dieem Gesetz auch erreichen; es geht, wie gesagt, um issbräuchliche Geschäfte. Ich möchte an ein Ziel dieser Koalition erinnern: dass ein Finanzplatz, kein Akteur in der Finanzbranche und ein Finanzprodukt zukünftig ohne klare Regeln sein arf. Hinter diesem Grundsatz steht die Freie Demokraische Partei, weil wir aus der Krise gelernt haben. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Ach! – Manfred Zöllmer [SPD]: Seit wann denn?)


emzufolge werden wir versuchen, auch in diesem Be-
eich Schwarz und Weiß zu trennen. Ob das in der Klar-
eit geschieht, die wir uns vorstellen, wird die Erfahrung
eigen. Wir haben dabei die Problemstellungen dieses
anzen Bereichs aus meiner Sicht sehr gut berücksich-
igt. Wir haben den Intradayhandel weiterhin ermöglicht,
eil Spekulanten eben Zeit brauchen, um sich Positio-
en aufzubauen, gegen bestimmte Titel oder Staaten zu
pekulieren. Das schaffen sie nicht an einem Tag. Ande-
erseits brauchen die Börsenplätze genau diese Möglich-
eit, um damit die Liquiditätsfunktion von Leerverkäu-
en sicherzustellen. Das ist für die Börsenplätze
Frankfurt an der Spitze – ein ganz wichtiges Instru-
ent.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir haben darüber hinaus den Bedenken der Real-
irtschaft Rechnung getragen, unserer starken Export-
irtschaft, die ihre Währungsrisiken absichern will. Die
nternehmen können nicht am 1. Januar eines Jahres sa-
en, was für ein Geschäft sie im Dezember des Jahres
achen, sondern sie sichern sich am Anfang eines Jah-

es ab und decken sich ein; das ist dann eben ungedeckt.
ir haben diesen Umstand durch den Terminus „erwar-

ete Währungsrisiken“ im Gesetzentwurf berücksichtigt.
uch das ist für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirt-

chaft ganz wichtig.

Wir haben ferner – das war für uns als Freidemokra-
en sehr wichtig – die Stellung der Bundesbank gestärkt.
ie BaFin muss sich in Zukunft mit der Bundesbank ins
enehmen setzen, wenn es darum geht, dass die BaFin
estimmte Verbote, die unter anderem die Währung be-
reffen, ausspricht. Über diesen Prozess wird die Bun-
esregierung – das ist freundlicherweise zugesagt – die-
em Haus zukünftig berichten.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Was heißt denn „freundlicherweise“?)


Wir haben darüber hinaus die Parlamentsrechte ge-
tärkt – auch Kollege Dautzenberg hat schon darauf hin-
ewiesen –, indem wir die Ermächtigungsgrundlage für





Björn Sänger


(A) )


)(B)

das BMF gestrichen haben. Denn wir finden, das muss
hier in diesem Parlament behandelt werden.

Außerdem haben wir die Möglichkeit der BaFin, Ver-
bote auszusprechen, etwas genauer definiert. Auch
hierzu wird dem Parlament ein Bericht vorgelegt, in dem
die BaFin feststellen muss: Hier gibt es einen Missstand.
Wir haben ihn wie folgt abgestellt. Möglicherweise müs-
sen wir über den Tag hinaus ein bestimmtes Verbot aus-
sprechen. Beschäftigt euch doch bitte mit diesem
Thema. – Dann können wir das schlussendlich gesetz-
lich regeln. Damit haben wir auch diese Regelung auf
eine klare verfassungsmäßige Grundlage gestellt.

Und – das ist eigentlich der wichtigste Punkt –: Wir
haben in diesem sehr dunklen bzw. schummerig be-
leuchteten Umfeld Transparenz hergestellt. Spekulanten
scheuen das Tageslicht, so wie es auch Einbrecher tun.
Klare Transparenzregeln sind das beste marktwirtschaft-
liche Instrument. Dann gibt es nämlich keine Informati-
onsdifferenzen, sondern dann weiß der Markt es ganz
klar: Wer etwas an Information hat, kann daraus Rück-
schlüsse ziehen und sich entsprechend verhalten.

Wir nehmen damit – ich sagte es bereits – eine Vorrei-
terrolle unter den wichtigen Finanzplätzen ein. Natürlich
müssen wir die Ergebnisse und Erfahrungen abwarten,
ob wirklich alle mitziehen. Es bringt ja nichts, wenn
Deutschland vorangaloppiert, während alle anderen
noch auf der Weide stehen und friedlich grasen. Das
bringt uns alle nicht weiter. Das würde in der Tat nicht
dazu führen, diese schädlichen Instrumente zu bannen.


(Manfred Zöllmer [SPD]: Genau! Das ist ja der Punkt!)


Es ist vollkommen klar, dass der Finanzplatz Deutsch-
land nicht zum Verlierer einer möglichen Regulierungs-
arbitrage werden darf.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sollte dieses Gesetz nicht funktionieren – das gilt für alle
Gesetze und ist eine Selbstverständlichkeit –, muss es
geändert werden.

Ich denke, die Vorreiterrolle Deutschlands wird für
die EU an dieser Stelle vorbildlich sein. Es wird auf eu-
ropäischer Ebene zu weiteren Erfolgen kommen, sodass
ich mir gar keine Gedanken darüber machen muss, dass
dieses Gesetz eventuell noch einmal geändert werden
müsste.

Unter dem Strich ist heute ein guter Tag, ein weiterer
guter Tag für die Regulierung der Finanzmärkte in
Deutschland. Es handelt sich um ein hervorragendes,
sinnvolles Gesetz, dem im Übrigen auch Sie zustimmen
können.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705200600

Das Wort hat nun Barbara Höll für die Fraktion Die

Linke.

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(C (D Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Chaos bei der Bundesregierung, Chaos bei der inanzmarktregulierung. (Lachen des Abg. Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU])


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705200700

ber Ihre Gratwanderung ist schon erstaunlich. Der Ge-
etzentwurf geht zwar in die richtige Richtung, aber
vollkommen“ sieht wahrlich anders aus.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wenn Sie es kritisieren, machen wir alles richtig!)


ir werden uns enthalten, da wir grundlegende Nach-
esserungen für nötig halten.

Wo liegt das Problem? Ich sage Ihnen: Der Euro hatte
on Anfang an einen Konstruktionsfehler. Griechenland,
panien und Portugal wirft man heute vor, dass diese
änder über ihre Verhältnisse leben. Dabei wird eines
llzu gern übersehen; Sie erinnern sich vielleicht noch.
ch zitiere mich ausnahmsweise einmal selbst. Am
3. April 1998 sagte ich:

Entscheidender als die Erfüllung der Konvergenz-
kriterien ist für uns …

damals als PDS –

die Frage, ob die Grundlagen einer gemeinsamen
Währung tatsächlich gegeben sind. Die Grundlagen
müssen in der Angleichung der realwirtschaftlichen
und sozialen Entwicklung der Mitglieder einer
Währungsunion bestehen.

Wir wissen doch alle: Was damals galt, gilt heute
och.


(Beifall bei der LINKEN)


Nach wie vor existieren wesentliche Produktivitäts-
nterschiede zwischen einzelnen europäischen Staaten.
as heißt, ohne eine abgestimmte Wirtschaftspolitik
ann eine Währungsunion keinen langfristigen Erfolg
aben. Sie haben damals nicht auf uns gehört, und heute
aben wir den Salat. Ich sage Ihnen: Diese Krise ist
eine kurzfristige Finanzkrise, sondern das Ergebnis Ih-
er damaligen kurzsichtigen Politik.


(Beifall bei der LINKEN)


er Konstruktionsfehler des Euro schlägt hier mit voller
ucht durch.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wir sprechen von Leerverkäufen!)


Nun zu Ihrem Gesetzentwurf. Sie haben seinerzeit
ierigen Bankern Tür und Tor geöffnet. Die haben mit
ogenannten innovativen Finanzprodukten freihändig
ongliert. Nun kommen Sie und wollen so ein bisschen
albherzig regulieren. Ja, einige Produkte können durch-
us ihren Sinn haben. Aber in der Anhörung ist ganz klar
eworden: Mit allen kann massiv spekuliert werden.





Dr. Barbara Höll


(A) )


)(B)

Nehmen wir die CDS. Diese waren für den Zusam-
menbruch des Versicherers AIG verantwortlich. Was
verbirgt sich hinter den drei mysteriösen Buchstaben?
Das ist ziemlich einfach. Das wäre so, als ob ich eine Le-
bensversicherung auf jemand anderen abschließe, bei
der ich begünstigt bin, und dann die Person in den Herz-
infarkt treibe. Mit anderen Worten: CDS ist ein Kredit-
derivat zum Handel mit Ausfallrisiken von Anleihen
oder Krediten. Das Kreditrisiko wird vom eigentlichen
Kredit getrennt und gehandelt.

Das Prinzip: Ein Versicherungsnehmer bezahlt eine
Gebühr und erhält dafür vom Versicherungsgeber eine
Ausgleichszahlung, falls ein vereinbartes Kreditereignis
eintritt. Hierbei ist es völlig egal, ob jemand abzusi-
chernde Positionen, zum Beispiel Staatsanleihen, besitzt.
Das muss man sich einmal genau vorstellen. Das ist ein
innovatives Finanzprodukt? Es ist doch absurd, dass
man Geld mit Sachen verdienen kann, die nur auf dem
Papier stehen. Das ist ein Skandal.

Weder die EZB noch die Bank für Internationalen
Zahlungsausgleich haben überhaupt einen Durchblick,
was da in welchem Umfang abläuft. Für die Jahre 2007
und 2008 wurde der Markt für Finanzderivate auf
600 Billionen US-Dollar geschätzt. Einen genauen
Überblick haben lediglich Banken wie Goldman Sachs
oder die Deutsche Bank. Ich finde, das kann einfach
nicht wahr sein. Der Vertreter der Bundesbank sagte hier
in der Anhörung, es müsse erst einmal Transparenz ge-
schaffen werden. Ja, wer soll das denn schaffen, wenn
nicht die Bundesbank, wo wohl viele – auch hoch be-
zahlte – Experten sitzen?


(Zuruf von der CDU/CSU: Also liegen wir mit unseren Vorschlägen doch richtig, Frau Kollegin!)


Für das Volumen von ausstehenden CDS gibt es et-
was genauere Werte. Nach einer ISDA-Berechnung be-
trug es 2007 etwa 62 Billionen US-Dollar und war damit
größer als das Weltbruttoinlandsprodukt. Dieses betrug
damals 54 Billionen US-Dollar. Das CDS-Volumen stieg
von 2003 bis 2007 um über 2 000 Prozent. Hier wird
doch eindeutig auf Teufel komm raus spekuliert, was
– weil Sie sich für Ihre Schnelligkeit loben, füge ich das
hinzu – schon seit Jahren sichtbar ist. Wer zahlt die Ze-
che? Nicht Spekulanten und Banker, sondern wir alle.

Mit Ihrem Gesetz wollen Sie nun die Spekulation be-
grenzen. Sie wollen erstens ungedeckte Leerverkäufe
von Aktien und Schuldtiteln von Staaten der Euro-Zone,
die an einer inländischen Börse zum Handel im regulier-
ten Markt zugelassen sind, verbieten. Zweitens. Auch
ein Verbot von ungedeckten CDS auf Verbindlichkeiten
von EU-Mitgliedstaaten, bei denen kein eigener Absi-
cherungszweck besteht, ist geplant. Das heißt im Klar-
text: Spekulationen mit der eigenen Währung lehnen wir
ab, aber spekulative Angriffe auf andere Währungen
sind uns egal. Warum sind wir denn hier nicht einfach
einmal konsequent? Aber diese Halbherzigkeit sind wir
von Ihnen gewohnt.

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(C (D Meine Damen und Herren, Fakt ist, dass wir mit einer infachen Bankenregulierung nicht viel erreichen weren. Wenn man das Problem wirklich angehen will, dann uss man endlich ernsthaft regulieren. Das heißt erstens: ransparenz muss her. Zweitens müssen alle Finanzstrumente vor ihrer Zulassung einer vorherigen Prü ung unterzogen werden. Das könnte ein sogenannter Fianz-TÜV erledigen; denn es ist doch wohl vollkommen nverständlich, dass man sich in der EU Gedanken über ie Krümmung von Salatgurken macht, Finanzprodukte ingegen unbekümmert durch die Welt wandern, bwohl diese die Stabilität der Finanzsysteme massiv efährden. Wenn wir die Macht der Spekulanten tatsächich endlich brechen wollen, dann brauchen wir eine inanztransaktionsteuer, am besten natürlich weltweit, ber es geht auch EU-weit, und es geht auch mit einer ationalen Einführung. Der Nutzen liegt auf der Hand: it der Steuer würde man alle Finanztransaktionen rfassen, besonders Transaktionen, die – teils automatiiert – zigmal pro Minute und Stunde durchgeführt weren. Um genau diese geht es hier und nicht um kleine parer. Was bringt das? Selbst wenn sich die Banker immer eue Finanzprodukte ausdenken würden – und das weren sie tun –, würden wir nur hinterherrennen. Mit dieser teuer erfassen wir eine der Wurzeln, denn diese Steuer önnen sie nicht umgehen. Damit werden Spekulationen nattraktiv gemacht. Lassen Sie mich noch eines sagen: Wir haben den -20-Gipfel gehabt, bei dem 860 Millionen Euro für ichts und wieder nichts verbraten wurden. Herausekommen ist gar nichts. Wir haben weder die Finanzransaktionsteuer noch eine Bankenabgabe, wir haben einen Abbau der wirtschaftlichen Ungleichgewichte. tattdessen hat Frau Merkel auf einen harten Sparkurs epocht – zulasten der Bürgerinnen und Bürger, aber icht zulasten der Banken und Spekulanten. Wir brauhen doch das Geld. Wir brauchen das Geld für eine tärkung der Binnennachfrage. Hier muss jetzt etwas ge an werden. Sie könnten endlich die richtigen Schritte ehen durch eine konsequente Regulierung, durch die inanztransaktionsteuer und eine gerechte Steuerpolitik, ie bei den tatsächlich Vermögenden ansetzt, zum Beipiel mit einer Vermögensbesteuerung. Aber dazu sind ie bisher leider zu feige. Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen. Deshalb können wir Ihrem Gesetzentwurf nicht zu timmen. Ich danke Ihnen. )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705200800
Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705200900

(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705201000

Das Wort hat nun Kollege Gerhard Schick für die

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es
ist richtig, bei Leerverkäufen eine gesetzliche Einschrän-
kung vorzunehmen und insbesondere die Leerverkäufe
zu verbieten, bei denen völlig frei ist, wie viel man ver-
kaufen kann, ohne es zu haben. Deswegen ist es richtig,
nur noch gedeckte Leerverkäufe zuzulassen, bei denen
man sich das Produkt wenigstens geliehen hat, aber nicht
mehr völlig freie; denn damit schaffen wir es, die Speku-
lation und den Herdentrieb, die an den Märkten entste-
hen können, zu begrenzen. Das ist wichtig, und das ist
richtig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/CSU] – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Endlich einmal einer, der Ahnung hat!)


Jetzt ist die Frage, was dieses Gesetz leistet. Zwei
Ziele sind im Ausschuss genannt worden. Das eine Ziel
ist, ein Zeichen für die Märkte zu setzen. Das zweite Ziel
ist, ein Zeichen für Europa zu setzen, weil wir das ei-
gentlich europaweit einheitlich machen müssten.

Zuerst einmal zu den Zeichen für die Märkte: Wir
wollen kein Zeichen für die Märkte setzen, sondern wir
wollen Regeln für die Märkte setzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Da liegt das Problem dieses Gesetzes: Es sind so viele
Lücken enthalten, dass es im Kern das Problem nicht be-
seitigen wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Der erste Punkt ist, dass es eine Begrenzung der ge-
setzlichen Normen auf die börslichen Handelsplätze gibt
und wir den ganzen außerbörslichen Bereich nicht wirk-
lich unter Kontrolle bekommen. Damit sind die Umge-
hungsmöglichkeiten offenkundig. Wir beschließen ein
Gesetz, bei dem wir uns alle schon heute ausrechnen
könnten, wie das Gesetz umgangen wird. Wenn wir es
– das ist schon von der Kollegin Höll gesagt worden –
nur auf Leerverkäufe von Wertpapieren begrenzen, die
in Euro notiert sind, wissen wir auch schon, dass dieses
Leerverkaufsverbot eine riesengroße Lücke aufweist,
weil es nicht nur den Euro und Wertpapiere in Euro gibt.
Das ist eine zweite große Lücke bei dem Verbot, das Sie
so groß öffentlich anpreisen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Dann zu der Verordnung, die aus dem Gesetz gestri-
chen wurde: Zuerst war daran gedacht worden, im Deri-
vatebereich – Derivate sind abgeleitete Produkte, mit de-

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(C (D en man häufig etwas machen kann, was man mit dem igentlichen Produkt nicht machen kann – ein gesetzlihes Verbot zu schaffen. Dann hieß es: Wir erlassen eine Verordnungsermächigung, sodass das Finanzministerium die Umgehung ber Derivate gegebenenfalls durch eine Verordnung erhindern kann. – Jetzt fällt auch noch diese Verordungsermächtigung heraus. Damit ist der Umgehung ber den Derivatemarkt Tür und Tor geöffnet. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Leo Dautzenberg [CDU/ CSU]: Die BaFin kann das verhindern!)


Die BaFin kann das für eine kurze Zeit tun, aber es
eht gerade darum, langfristig stabile Regelungen zu
chaffen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Dafür haben wir die Gesetze!)


Genau deswegen ist das richtig, was viele Sachver-
tändige gesagt haben: Dieser Gesetzentwurf ist ein Zei-
hen der Handlungsfähigkeit der Bundesregierung – als
olches wollen Sie es präsentieren –, das Problem mit
en Leerverkäufen wird dadurch im Kern aber nicht ge-
öst.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich komme zu dem zweiten Ziel. Sie haben gesagt:
ir senden ein Zeichen für Europa. – Das finden wir

ichtig. Wir fordern, dass man auch einmal national vor-
ngeht, um ein Zeichen für Europa zu setzen. Richtig!
o, wie Sie das gemacht haben, war das aber kein Zei-
hen, sondern eine Brüskierung der europäischen Part-
er. Die französische Finanzministerin hat sich doch em-
ört gezeigt. Ich habe das in meiner Rede zur ersten
esung dieses Gesetzentwurfes zitiert. Als das Leerver-
aufsverbot von der BaFin am 18. Mai 2010 bekannt ge-
eben wurde, herrschte auf den europäischen Finanz-
ärkten plötzlich Chaos, weil niemand wusste, was

enau gemeint ist. So brüskieren Sie die europäischen
artner, und so gewinnen Sie sie nicht zum Mitmachen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Mich hat – auch das möchte ich sagen – die Anhörung
ehr nachdenklich gemacht. Der Sachverständige Pro-
essor Schmelz hat auf die Frage, was denn sein Re-
ümee nach den vielen Beiträgen der Sachverständigen
ei, gesagt:

Es ist tatsächlich so, dass im Moment auf der
Grundlage irgendwelcher Hypothesen, die politisch
genehm sind oder – mehr oder weniger aktuell – be-
nötigt werden, eine Gesetzgebungsinitiative er-
bracht wird, die sich sicher gut anhört. … Nur, vor
dem Hintergrund, dass – möglicherweise auf etwas
anderem Niveau – eine europäische Regelung be-
vorsteht, fragt man sich wirklich, ob man für ein
halbes Jahr … einen Apparat anwirft, der … mit
Kosten verbunden ist …





Dr. Gerhard Schick


(A) )


)(B)

Der Sachverständige Tänzler der Deutschen Bundes-
bank sagte, wir müssten erst einmal Transparenz schaf-
fen.

Ich zitiere den Sachverständigen der BaFin:

Was das Zahlenmaterial angeht: Da haben wir keine
empirischen Erkenntnisse, wie die Leerverkäufe,
wie hoch die Anteile der Leerverkäufe sind. … Das
kann aufgrund der vorhandenen Datenlage in der
BaFin statistisch nicht erhoben werden.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Weil keine Transparenz da ist!)


Es zeigt sich: Ein wichtiger und wahrscheinlich der
einzig richtig gute Teil dieses Gesetzentwurfs ist, dass
Meldepflichten eingeführt werden.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Also! Ja!)


Das ist ein wichtiger Schritt, um überhaupt erst einmal
Transparenz zu schaffen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Ja!)


An dieser Stelle muss ich natürlich an den früheren
sozialdemokratischen Finanzminister die Frage stellen:
Warum haben wir diese Meldepflichten nicht längst ein-
geführt, obwohl es schon eine lange Diskussion über die
Leerverkäufe gab? Herr Zöllmer sagt, Sie hätten das seit
Jahren gefordert. Warum haben Sie nicht wenigstens die
Transparenz geschaffen, auf deren Grundlage man nun
für eine gute Regulierung sorgen könnte? Diesen Vor-
wurf müssen sich die Sozialdemokraten hier gefallen
lassen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Der Applaus von der FDP an dieser Stelle ist natürlich
völlig heuchlerisch. Hier zu sagen: „Endlich wird eine
FDP-Position umgesetzt“, ist doch unverfroren. Sie ha-
ben in den letzten Jahren nie ein Verbot von Leerverkäu-
fen gefordert, sondern Sie haben hier immer freie Fahrt
für die Finanzmärkte gefordert. Auch das muss einmal
gesagt werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Das Schlimme ist, dass das auch für diesen Gesetzent-
wurf wieder gilt. Ich höre aus der Branche: Mit diesem
Gesetzentwurf können wir gut leben. – Auf Deutsch
übersetzt heißt das: Wir können weitermachen wie bis-
her.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Nein!)


Dafür können wir nicht stimmen. Deswegen werden
wir uns heute enthalten. Die Richtung, Leerverkäufe zu
verbieten, stimmt, aber so erreichen Sie das nicht.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


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(C (D Das Wort hat nun Hans Michelbach für die CDU/ SU-Fraktion. Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle en! Wir ziehen aus der Krise der Finanzund Wähungsmärkte klare Konsequenzen: Erstens reduzieren wir die zu hohen öffentlichen efizite. Die Bundeskanzlerin hat am vergangenen ochenende auf dem G-20-Gipfel in Toronto ein Be enntnis der Industriestaaten zum Schuldenabbau durchesetzt. Das war eine Bestätigung unserer Konsolidieungspolitik. Darauf können wir stolz sein. Das ist der richtige eg. Je rascher die öffentlichen Haushalte in Ordnung ebracht werden, desto stärker verbessern wir die welteite Zukunftsperspektive für Wachstum und Beschäftiung. (Beifall bei der CDU/CSU und Zustimmung bei der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705201100

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1705201200

Zweitens beschließen wir für die Finanzmärkte Schritt
ür Schritt strengere, konsequentere Regelungen, um eine
eue Finanzmarktordnung zu schaffen. Heute setzen
ir hierfür einen wichtigen neuen Baustein. Das ist ein
esentlicher Punkt. Sie von Rot-Grün haben zwar oft und
iel über die Notwendigkeit geredet, aber – das ist doch
ie Wahrheit – Sie haben niemals Richtfest gefeiert.


(Beifall bei der CDU/CSU und Zustimmung bei der FDP)


eute wird in einem wichtigen Punkt Richtfest gefeiert.

Wir hatten doch drei große Probleme, die zur Finanz-
arktkrise geführt haben. Das erste Problem: Wir hatten

ine Verknüpfung von einem Geschäftsbankensystem,
as eigentlich zur Kreditversorgung der Realwirtschaft
a ist, mit einem spekulativen Schattenbankensystem,
it Zweckgesellschaften usw. Das zweite große Pro-

lem war, dass wir eine mangelnde Transparenz auf den
inanzmärkten hatten. Das dritte Problem war, dass wir
xzessive Spekulationen in Verbindung mit sehr frag-
ürdigen Finanzprodukten hatten. Es gilt, Schritt für
chritt diese Probleme zu lösen. Diese Probleme gehen
ir Schritt für Schritt an, und heute wird ein wesentli-

her Schritt nach vorn getan.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Das heute zu beschließende Gesetz zur Vorbeugung
egen missbräuchliche Wertpapier- und Derivatege-
chäfte reiht sich ein in erfolgreiche Initiativen zur Re-
ulierung und zur Bekämpfung von Krisen und Miss-
rauch des Finanzmarkts. Es dürfen im Wesentlichen nur
och gedeckte Geschäfte stattfinden. Da darf ich gleich
it einer Mär aufräumen. Es gab keinen nationalen Al-

eingang.





Dr. h. c. Hans Michelbach


(A) )


)(B)


(Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/ CSU])


Selbstverständlich haben wir als größte Wirtschaftsna-
tion in Europa auch eine Vorreiterrolle, aber Tatsache ist,
dass die Bundeskanzlerin und der französische Staats-
präsident Sarkozy gemeinsam beschlossen haben, diese
Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Es entspricht nicht
der Wahrheit, dass dies ein Alleingang ist,


(Manfred Zöllmer [SPD]: Das ist doch völliger Blödsinn!)


sondern dies ist in der deutsch-französischen Achse ab-
gestimmt und beschlossen worden.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir täuschen also keine Regulierung vor, auch wenn es
hier vonseiten der SPD immer wieder die Vorhaltung
gibt, dass eine Täuschung stattfindet. Wenn es nur ein
Symbol wäre, dann könnten Sie eigentlich leicht zustim-
men. Dann dürften Sie kein Problem haben. Wenn Sie
aber nicht zustimmen, dann zeigt das, dass Sie eigentlich
nichts verändern wollen. Wir sind auf der richtigen
Seite, weil wir etwas verändern.


(Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/ CSU])


Es gibt keinen Geburtsfehler, der in einem Alleingang
bestehen würde. Wenn man von den eigenen Argumen-
ten überzeugt ist, dann kann man auch andere in Europa
überzeugen. Das tun wir.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705201300

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Zöllmer?


Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1705201400

Selbstverständlich, Herr Präsident.


Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1705201500

Herr Kollege Michelbach, Sie haben eben gesagt, es

handele sich hier nicht um einen deutschen Alleingang,
sondern um ein abgestimmtes Vorgehen zwischen
Deutschland und Frankreich. Ich habe hier Auszüge aus
der Presse, der Tagesschau und der Frankfurter Rund-
schau, mit den Überschriften „Deutscher Alleingang är-
gert EU und Investoren“, „Frankreich folgt dem deut-
schen Vorbild nicht“ und „Deutscher Alleingang irritiert
Frankreich“. Ein wörtliches Zitat darf ich vorlesen:

„Ich finde, dass jemand bei einer solchen Maß-
nahme zumindest den Rat der anderen Mitglied-
staaten einholen sollte“, sagte die französische
Wirtschaftsministerin Christine Lagarde am Mitt-
woch. „Folglich erwägen wir dies nicht … Wir
haben nicht vor, dem Schritt zu folgen“, sagte
Lagarde.“


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Er hat über Sarkozy geredet!)


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(C (D alten Sie das für ein abgestimmtes Vorgehen zwischen eutschland und Frankreich? (Beifall bei der SPD – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das widerspricht doch nicht dem, dass Sarkozy das gefordert hat! Das widerspricht dem doch nicht!)



Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1705201600

Herr Kollege Zöllmer, ich kann die Presseberichte na-

ürlich bestätigen. Das waren Presseberichte vom Mitt-
och. Aber am Donnerstag


(Lachen bei der SPD)


aben Frau Merkel und Herr Sarkozy das beschlossen,
nd darauf kommt es an, Herr Zöllmer. Der Beschluss ist
efasst worden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Iris Gleicke [SPD]: Heute ist Freitag! Was ist denn heute?)


ie wissen doch, dass wesentlich ist, was am Ende he-
auskommt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, ich darf Sie daran erinnern,
ass wir einen ganzen Maßnahmenkatalog haben. Wir ha-
en die EU-Verordnung zur Regulierung und Aufsicht
on Ratingagenturen umgesetzt. Wir haben angemes-
ene und transparente Vergütungssysteme im Finanz-
ektor beschlossen. Wir erarbeiten mit Basel III neue
egulierungen. Wir haben in der nächsten Woche den
esetzentwurf zur Umsetzung der geänderten Banken-

ichtlinie und der geänderten Kapitaladäquanzrichtlinie
ur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit des Finanzsys-
ems gegenüber Marktverwerfungen auf der Tagesord-
ung. Die Verbesserung von Finanzprodukten, zum Bei-
piel bei den offenen Immobilienfonds, steht unmittelbar
evor. Ein Referentenentwurf zur Bankenabgabe für ei-
en privatwirtschaftlichen Restrukturierungsfonds liegt
or. Wir gehen ein Restrukturierungsgesetz mit einer In-
olvenzordnung für den Finanzsektor an. Alles das sind

aßnahmen, die in die richtige Richtung gehen. Wir zie-
en Lehren aus der Finanzkrise.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Heute erreichen wir eine wichtige Etappe. Das vorlie-
ende Gesetz ist erstens eine klare Botschaft an alle Fi-
anzmarktteilnehmer, nämlich dass wir Ernst machen
nd maßlose Spekulationsfreiflüge und zweifelhafte Ge-
chäftsaktivitäten ganz konsequent beenden.

Zweitens ist damit eine klare Botschaft an Europa
erbunden, nämlich dass wir in Deutschland gewillt
ind, die Vorreiterrolle auch weiterhin zu übernehmen,
nd darauf setzen, dass europaweit nachgezogen wird.
ch glaube, das ist der richtige Weg.

Es ist drittens eine weitere klare Botschaft, nämlich
ie wir uns die neue Finanzmarktordnung in der Zu-
unft vorstellen. Das geht nicht mit Kahlschlägen, son-
ern nur mit ökonomischer Vernunft und Praxisnähe;
enn der Finanzmarkt – das darf nie vergessen werden –





Dr. h. c. Hans Michelbach


(A) )


)(B)

hat eine dienende Funktion für die Realwirtschaft in un-
serer Marktwirtschaft. Deswegen sind gute fachliche
Praxis und ökonomische Vernunft die wesentlichen Vo-
raussetzungen. Das ist der richtige Weg für die Zukunft.

Wesentlich ist, dass wir in der Gesetzesarbeit auch die
Sorgen der Exportwirtschaft aufgenommen haben, die in
der Anhörung zum Ausdruck gekommen sind. Ich ver-
stehe die Einlassungen des BDI wirklich nicht, weil wir
genau die Dinge korrigiert haben, die als problematisch
herausgearbeitet worden sind. Dass wir keine Freiflüge
einer Behörde genehmigen, ist doch schon vom Selbst-
verständnis des Parlaments her klar. Wir haben deutlich
gemacht: Wir wollen dann ein Gesetz machen, wenn es
zu langfristigen Veränderungen kommt.

Die reale Geschäftstätigkeit ist nicht gefährdet. Die
Auslastung der deutschen Standorte ist gegeben. Der Ex-
port, insbesondere im Bereich des Automobilbaus, ist
ein wesentlicher Faktor. Natürlich müssen Währungsri-
siken abgedeckt werden können und muss auch bei
schwankenden Kursen eine stabile und berechenbare Er-
tragslage zu gewährleisten sein. Das erreichen wir, in-
dem wir die notwendige finanzielle Unterlegung für die
reale Geschäftstätigkeit sicherstellen.

Eine internationale, jedenfalls europäische Regelung
in dieser Frage wird sicher folgen. Daran werden wir
weiter arbeiten. Ich bin ganz sicher, dass wir die Chan-
cen, die mit einer neuen Finanzmarktordnung verbunden
sind, ganz konsequent wahrnehmen werden und so
Wohlfahrt für die Menschen in unserem Land erreichen.
Das ist wesentlich. Dazu gehört ein Finanzmarkt, der in
Ordnung ist. Dazu bedarf es einer Finanzmarktneuord-
nung. Das Ziel werden wir ganz konsequent Schritt für
Schritt weiter umsetzen. Ich bin sehr dankbar, dass dies
in der Koalition sehr effizient und geschlossen angegan-
gen wird.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705201700

Das Wort hat nun Kollege Lothar Binding für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Lothar Binding (SPD):
Rede ID: ID1705201800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sehr verehrte Damen und Herren! Fehler zu machen, ist
kein Problem; denn Fehler kann man korrigieren. Was
uns an diesem Gesetzentwurf stört, hat auch damit zu
tun, was mit der Kanzlerin im Moment los ist. Von ei-
nem Politiker kann man eine Sache verlangen – nicht,
dass er keine Fehler macht, Fehler machen wir alle –,
nämlich dass er das einbringt, was er in seinem Leben
gelernt hat. Das ist das, was man von jedem von uns ver-
langen kann.

Die Kanzlerin hat Physik studiert. Stellen wir uns ein-
mal vor, ein Physiker würde Antworten auf nicht gestellte
Fragen suchen oder Lösungen – vielleicht sogar durch

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(C (D en Aufbau von Experimenten – für Probleme eruieren, ie er überhaupt nicht analysiert hat. So etwas endet im abor und auch in der Theorie im Chaos. Chaos ist sehr efährlich: Der Zufall dominiert, Führung geht verloren. it dem vorliegenden Gesetzentwurf – hier wurde von inem Baustein gesprochen – wird genau das belegt. Ich will noch etwas zu dem sagen, was ich eben im ernsehen gehört habe. Kollege Wissing hat erklärt, in er Anhörung hätten einige Experten gesagt: Ihr macht a viel zu viel. – Andere hätten gemeint: Ihr macht viel u wenig. – Daraus hat Kollege Wissing geschlossen: ann liegen wir genau richtig. – Die Schlussfolgerung st aber leider: Es geht nicht um viel oder wenig, sondern m richtig oder falsch. Aber weil es falsch ist, ist es soohl zu viel als auch zu wenig. Darin liegt das Problem. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich will einen kleinen Satz aus der Anhörung zitieren,
ie Sie offensichtlich für sich als sehr positiv wahrge-
ommen haben. In der Anhörung hat jemand gesagt:
esser umfassend und gut als schnell und fragmenta-

isch! – Fragmentarisch heißt bruchstückhaft. Genau das
st dieser Gesetzentwurf. Er ist ein Baustein, der mit dem
echtssystem des Finanzplatzes insgesamt nicht verbun-
en ist. Deshalb hat auch von Ihnen jemand gesagt, dass
r den Gesetzentwurf eigentlich schon mit einem Ver-
allsdatum versehen könnte.

Warum sehen wir das so? Die Antwort möchte ich an
rei Parametern klarmachen: Der eine Parameter heißt
rodukt, der andere Zeit und der letzte Ort. Sie beschrän-
en sich mit dem Gesetzentwurf auf ungedeckte Leer-
erkäufe von Aktien – das haben wir mehrfach gehört –,
uf Schuldtitel von Staaten der Euro-Zone, die an einer
nländischen Börse in regulierten Märkten gehandelt
erden – weil diese gefährlich sind.

Erstens. Was bedeutet das? Diese Regel bietet genü-
end Gestaltungsspielräume. Unser Kollege Carsten
ieling hat diese Frage nach einer Begrenzung an Herrn
rank Gerstenschläger von der Deutschen Börse gestellt,
er sich damit befasst. Er hat auf diese Frage geantwor-
et:

Ich kann nicht genau erklären, warum es diese Be-
chränkung gibt. Ich gehe aber davon aus, dass diese Be-
chränkung gemacht wurde, um nicht zu versuchen, den
andel mit Werten, der im Ausland auf Primärmärkten

ugelassen ist und wahrscheinlich der deutschen Regu-
ierung gar nicht unterliegt, irgendwie regeln zu wollen.
as ist der eigentliche Grund. – Es ist viel wichtiger, zu

ragen, ob es eine nationale oder eine europäische Rege-
ung gibt; denn sonst ist Regulierungsarbitrage unver-
eidbar. Die wird immer dort ausgenutzt werden, wo
andel möglich ist.

So weit das Zitat. Herr Gerstenschläger schreibt Ihnen
ns Stammbuch, dass Sie mit dieser Begrenzung sofort
rbitragegewinne induzieren. Das ist aber genau das,
as Sie vermeiden wollen.





Lothar Binding (Heidelberg)



(A) )


)(B)

Zweitens. Ich komme zur Intraday-Regelung. Der
Gesetzentwurf, den Sie vorlegen, ist zeitlos schön, aber
er hat an einem Tag keine Gültigkeit, nämlich an jedem
Tag.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Kollege Brinkhaus erklärt Ihnen das! – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Sie haben das nicht verstanden!)


Sie konnten uns nicht erklären, wie Sie mit der Proble-
matik der Zeitzonen in der Welt umgehen. Auch konnten
Sie nicht sagen, wie man Verkettungsgeschäfte vermei-
det, bei denen ein Tag an den anderen gehängt wird.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Es geht um die Umsetzung an einem Tag! Sie haben nicht verstanden, worum es geht!)


Das ist eine sehr komplizierte Ausnahme. Ausnahmen
– das haben Sie im Zusammenhang mit der Mehrwert-
steuer gelernt – sind immer sehr gefährlich.


(Beifall bei der SPD)


Drittens. Ich komme zur Frage des Ortes. Die Begren-
zung auf den Raum, den Sie wählen, erzeugt automa-
tisch den Wunsch, sich außerhalb dieses Raumes zu
bewegen. Das Problem ist, dass Sie mit diesem Gesetz-
entwurf an der gewünschten Stelle keine Lösung anbie-
ten. Deshalb kann ich nur sagen: Das belegt, dass diese
Art der politischen Vorgehensweise im Chaos endet. Das
macht uns große Sorgen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: So sehen Sie aus, Herr Kollege, dass Sie große Sorgen haben!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705201900

Als letztem Redner in dieser Debatte gebe ich Kolle-

gen Ralph Brinkhaus für die CDU/CSU-Fraktion das
Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Ralph Brinkhaus (CDU):
Rede ID: ID1705202000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich

möchte meinen Ausführungen eines voranstellen, weil
das in allen politischen Lagern gerne vergessen wird:
Spekulation ist in der Regel krisenverschärfend, aber
nicht krisenverursachend. Spekulation kann nur dort an-
setzen, wo wirtschaftliche und politische Fehler gemacht
worden sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Aber zum Gesetzentwurf. Meine Damen und Herren
von der Opposition, Sie haben den Gesetzentwurf in Ih-
ren Debattenbeiträgen teilweise kritisiert. Herr Binding,
Ihr physikalisch-semantischer Ausflug durch die Zeit-
zonen diente vielleicht mehr der Heiterkeit.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das war Chaos!)


Frau Höll, Sie haben im Grunde genommen fast ein Plä-
doyer für diesen Gesetzentwurf gehalten. Er geht Ihnen

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(C (D ur nicht weit genug; so habe ich es verstanden. Herr chick hat gelobt, dass jetzt die nötige Transparenz gechaffen wird. Das nehmen wir positiv zur Kenntnis. err Zöllmer, von Ihnen würde ich mir wünschen, dass ie ein bisschen mehr in den technischen Diskurs einteigen und auch konstruktive Vorschläge unterbreiten, ie ein solcher Entwurf besser gemacht werden kann. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Iris Gleicke [SPD]: Und was haben die Schüler jetzt für Noten gekriegt?)


ber als Opposition ist es Ihr gutes Recht, zu kritisieren.
eswegen werde ich versuchen, auf den einen oder an-
eren Punkt einzugehen, Ihre Kritik zu entkräften und
ie zu bewegen, diesem Gesetzentwurf vielleicht doch
och zuzustimmen.

Erstens. Sie haben kritisiert, dass der Gesetzentwurf
ehr schnell auf den Weg gebracht worden ist.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Schnell“ ist nicht die Kritik! Unkoordiniert und chaotisch!)


ch habe bereits im Ausschuss gesagt, dass das nicht
tandard werden soll. Ich denke, dass wir das bei ande-
er Gelegenheit besser machen werden. Aber es ist auch
er Situation geschuldet gewesen, dass man schnell han-
elt.

Zweitens. Von mehreren Rednern ist kritisiert wor-
en, dass wir einen deutschen Alleingang gemacht ha-
en. Das ist nicht ganz falsch. Ich würde es allerdings
icht als Alleingang bezeichnen, sondern als Vorwegge-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


s gibt Situationen, in denen ein solches Vorweggehen
otwendig ist. Wir alle haben in Toronto gesehen, wie
chwierig es ist, einen internationalen Konsens zu erzie-
en. Ich befürchte, das wird auch auf europäischer Ebene
o sein. Deswegen haben die Bundesregierung und die
oalitionsfraktionen die Initiative ergriffen und sind an
ieser Stelle vorweg gegangen. Wir haben gesehen, dass
as ein wichtiger Impuls für die europäische Diskussion
ar; der Kollege Michelbach ist bereits darauf eingegan-
en. Ich denke, dieser Diskurs auf europäischer Ebene
ird auch Ergebnisse zeitigen.

Wir haben trotz dieses nationalen Alleingangs ver-
ucht, die Balance zu halten und den Finanzplatz
eutschland nicht zu beschädigen. Das ist ein Draht-

eilakt; aber ich glaube, er ist uns mit diesem Gesetzent-
urf gelungen. Insofern kann ich es gar nicht als negativ

inschätzen, Herr Schick, wenn die Branche sagt, dass
ie mit diesem Gesetz leben könne. Am Ende des Tages
eben wir nämlich auch von dieser Branche, von den
teuern, die von dieser Branche gezahlt werden, und von
en Arbeitsplätzen, die von dieser Branche geschaffen
erden.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So viel Steuern zahlen die aber nicht!)






Ralph Brinkhaus


(A) )


)(B)

Wir sollten deswegen immer sehr vorsichtig sein und
nicht mit dem Knüppel auf die Menschen schlagen, die
uns am Ende des Tages finanzieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Zum Thema „nationaler Alleingang“ vielleicht noch
eine Bemerkung: Ich bin davon überzeugt, dass wir, um
Bewegung in die Diskussion über die Regulierung der
Finanzmärkte zu bringen, noch sehr viel mehr nationale
Alleingänge machen müssen, vorangehen müssen; denn
das ist unsere Aufgabe als große, verlässliche, starke
europäische Volkswirtschaft. Diesen Weg werden wir als
christlich-liberale Koalition weitergehen.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Fangt doch mal mit der Finanzmarkttransaktionsteuer an!)


– Das ist eine gute Bemerkung, Herr Troost. Finanz-
markttransaktionsteuer – schön, dass Sie mir dieses
Stichwort geben. In dem Fall fordern Sie ein Vorwegge-
hen; hier kritisieren Sie es. Damit wird das Thema doch
auch zu einer Frage der Glaubwürdigkeit der Opposi-
tion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Drittens ist die Herausnahme der Intraday-
Geschäfte, der untertägigen Geschäfte, kritisiert wor-
den. Da ist der BDI als Kronzeuge genannt worden. Sie
müssen allerdings fairerweise dazusagen, dass alle ande-
ren Experten anderer Meinung waren. Wenn Sie die
Herausnahme kritisieren, stehen Sie in der Pflicht, nach-
zuweisen, dass diese Intraday-Geschäfte tatsächlich
schädlich sind. Das können Sie nicht nachweisen. Inso-
fern ist diese Kritik haltlos. Ohne die Herausnahme
schaffen wir vielmehr Probleme, wenn Liquidität in die
Märkte gebracht werden soll. Deswegen ist es richtig,
dass wir die Intraday-Geschäfte herausgenommen ha-
ben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Viertens. Herr Schick, Sie kritisieren, dass die Er-
mächtigung an das BMF, bestimmte Geschäfte durch
Verordnungen zu verbieten, weggefallen ist. Ich glaube
– bei allem Respekt –, Sie haben diese Thematik nicht
ganz verstanden. Es gibt einen zweistufigen Mechanis-
mus. Die BaFin kann schnell, hart und durchschlags-
kräftig reagieren. Sie kann bestimmte Geschäfte verbie-
ten, wenn die Marktstabilität gefährdet ist. In der ersten
Stufe kann sie das über zwölf Monate tun und dies noch
einmal um zwölf Monate verlängern. Wenn das nicht
reicht und wir feststellen, dass eine bestimmte Ge-
schäftsart nachhaltig schädlich ist, dann sind wir in der
zweiten Stufe als Parlament am Zug. Ich kann nicht ver-
stehen, dass gerade Sie von den Grünen das dem Minis-
terium ohne parlamentarische Kontrolle überlassen
wollen. Es ist schon verwunderlich, dass wir als Regie-
rungsfraktion das einfordern müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erst war es ja im Gesetz vorgesehen!)


Es ist weiterhin kritisiert worden, dass bestimmte
Dinge – andere Währungen, ausländische Börsenplätze,

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(C (D ichtregulierte Produkte – nicht einbezogen werden. Wir önnen nur das regeln, was tatsächlich unserer Regeungsmacht unterliegt. Das muss man an dieser Stelle anz klar sagen. Es steht auch im Koalitionsvertrag vielleicht können Sie das noch einmal nachlesen –, ass wir nichtregulierte Produkte in regulierte Märkte berführen wollen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Manfred Zöllmer [SPD]: Doch nicht durch dieses Gesetz! Das machen Sie doch gar nicht!)


(Manfred Zöllmer [SPD]: Was denn?)


Ein letzter Kritikpunkt, der allenthalben laut wurde,
ar, dass es sich bei diesem Gesetzentwurf um Symbol-
olitik handele. Ich glaube, Sie sagten das, Herr
öllmer.


(Manfred Zöllmer [SPD]: Nicht nur ich!)


atürlich handelt es sich um Symbolpolitik. Es ist
anchmal wichtig, nicht nur Fakten zu schaffen, son-

ern auch Symbole und Zeichen zu setzen.


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Die richtigen Symbole!)


ir wissen sehr gut, dass es noch Geschäfte gibt, die wir
it diesem Gesetz nicht erschlagen. Ja, wir wissen, dass

s viele Geschäfte gibt, die wir noch gar nicht kennen
nd die vielleicht erst im nächsten oder übernächsten
ahr die Stabilität der Finanzmärkte beschädigen. Wir
üssen aber doch jetzt das tun, was uns möglich ist. Was

ns jetzt möglich ist, ist, bestimmte Geschäfte zu verbie-
en, der BaFin ein scharfes Schwert in die Hand zu ge-
en, um schnell zu reagieren, und insbesondere – Herr
chick, Sie haben das ausgeführt – Transparenz zu
chaffen, damit wir wissen, wo wir zukünftig regulieren
üssen.

Ich fasse zusammen: Wir haben auf europäischer
bene Bewegung in die Regulierung von Leerverkäufen
ebracht; das ist ohne Zweifel richtig. Wir haben gegen-
ber den Finanzmärkten Handlungsfähigkeit gezeigt,
nd wir werden aufgrund der strengeren Transparenz-
nd Meldevorschriften mehr über die Märkte wissen und
önnen von daher besser reagieren.

Meine Damen und Herren, dieser Gesetzentwurf
rientiert sich wie alle Maßnahmen, die wir bisher auf
en Weg gebracht haben – der Kollege Michelbach hat
azu eben umfangreich ausgeführt –, an vier grundsätzli-
hen Eckpfeilern der neuen, besseren Finanzmarktarchi-
ektur, die wir in dieser Welt brauchen. Wir brauchen
rstens Transparenz, zweitens eine Kopplung von Haf-
ung und Risiko, drittens starke Aufsichtsbehörden und
iertens eine Beteiligung des Finanzsektors an den Kos-
en der Krise. Der vorliegende Gesetzentwurf fügt sich
erfekt in diese Architektur ein. Deswegen können Sie
iesem Gesetzentwurf eigentlich nur zustimmen.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )


)(B)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705202100

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von den Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurf ei-
nes Gesetzes zur Vorbeugung gegen missbräuchliche
Wertpapier- und Derivategeschäfte. Der Finanzausschuss
empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 17/2336, den Gesetzentwurf der
Fraktionen der CDU/CSU und der FDP auf Drucksache
17/1952 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
sung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen von
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der SPD bei
Enthaltung der Linken und der Grünen angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist damit mit den gleichen Mehrheitsverhältnissen
wie zuvor angenommen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Finanzaus-
schusses zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem
Titel „Banken regulieren – Spekulationsblasen verhin-
dern“. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/2336, den An-
trag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/1151 ab-
zulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschluss-
empfehlung ist mit den Stimmen von CDU/CSU, FDP
und Grünen gegen die Stimmen der Linken bei Enthal-
tung der SPD angenommen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Finanzaus-
schusses zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem
Titel „Kreditausfallversicherungen (CDS) und deren Han-
del vollständig verbieten“. Der Ausschuss empfiehlt in sei-
ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/2097, den
Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/1733
abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Be-
schlussempfehlung ist mit den Stimmen von CDU/CSU,
SPD und FDP gegen die Stimmen der Linken bei Enthal-
tung der Grünen angenommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe die Tages-
ordnungspunkte 20 a und 20 b auf:

a) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten
Garrelt Duin, Carsten Schneider (Erfurt),
Hubertus Heil (Peine), weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der SPD

Umsetzung der Ergebnisse im Bereich der
Wirtschafts- und Finanzpolitik der G-8- und
G-20-Gipfel durch die Bundesregierung

– Drucksachen 17/1796, 17/2295 –

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla
Lötzer, Dr. Barbara Höll, Eva Bulling-Schröter,

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(C (D weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE G-20-Gipfel in Toronto für eine demokratische Kontrolle der Finanzmärkte und eine Wende zur nachhaltigen Regulierung der Weltwirtschaft nutzen – Drucksache 17/2232 – Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen iderspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen arrelt Duin für die SPD-Fraktion das Wort. Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen nd Kollegen! Ich habe bereits gestern im Anschluss an ie Regierungserklärung von Minister Brüderle darauf ingewiesen, dass wir erwartet haben, zu den Gipfeln on G 8 und G 20 in Toronto eine Regierungserklärung er Kanzlerin zu hören. Das wäre der Tragweite angeessen gewesen. Wir haben zumindest eine Regierungs rklärung des Bundesfinanzministers erwartet. Er wird ich immerhin, da wir zu diesem Thema eine Große Anrage gestellt haben, in der Debatte gleich zu Wort melen. Welche Erwartungen hat die weltweite Öffentlichkeit it diesen Gipfeln von G 8 und G 20 verbunden? Nicht rst seit dem 15. September 2008, aber seitdem verchärft, haben die Menschen weltweit das Gefühl, dass egen mangelnder Regulierung etwas aus dem Ruder elaufen ist. In vielen Ländern der Erde haben die Menchen konkret gespürt – davor haben sie von Anfang an ngst gehabt –, dass nicht diejenigen, die das Chaos auf en Finanzmärkten verursacht und die entsprechenden uswirkungen auf die Realwirtschaft zu verantworten aben, die Zeche dafür zahlen, sondern dass sie selbst ie Zeche dafür zahlen. Deswegen waren die Erwartunen so groß, und deswegen war nach dem Gipfel in ittsburgh im September des Jahres 2009 Erleichterung u spüren. Dort sind Vereinbarungen getroffen worden, it denen das richtige Ziel verfolgt wurde. Diese Verein arungen bezogen sich auf eine Koordinierung der Wirtchaftspolitiken der beteiligten Länder weltweit, beinalteten aber auch klare Verabredungen für neue Regeln uf den Finanzmärkten. Das, was damals auf den Weg gebracht worden ist, ätte jetzt in Toronto zu Ende gebracht werden sollen. Es ing darum, feste Regeln zu vereinbaren. Nichts davon st in Toronto Realität geworden, und das wirkt weit über ie betroffene Branche hinaus. Das lässt Menschen an en Institutionen der Demokratie und an der Handlungs Garrelt Duin )


(Beifall bei der SPD)

Garrelt Duin (SPD):
Rede ID: ID1705202200




(A) )

fähigkeit der Politik zweifeln. Das ist das schlimme Er-
gebnis dieser Gipfel.


(Beifall bei der SPD)


Sehr geehrter Herr Bundesfinanzminister, ich will als
Beispiel die Finanzmarkttransaktionsteuer heraus-
greifen. Als wir zu Beginn dieses Jahres hier über Grie-
chenland und die Euro-Stabilisierung gesprochen haben,
gab es ein klares Nein. Man sagte, die Bundesregierung
wolle dieses Instrument nicht. Danach hörte man ein
Vielleicht. Dann hat die Bundeskanzlerin erklärt, ja, man
könne dieses Instrument ins Auge fassen; wenn alle da-
für seien, wolle sie sich dem nicht verweigern. Der Hö-
hepunkt war der Auftritt der Bundeskanzlerin beim
DGB, als sie gesagt hat, wenn die Gewerkschaften das in
allen G-20-Ländern organisiert hätten, würde sie das
eventuell mittragen. Wie glaubwürdig ist das eigentlich?
Mit welcher Kraft kann man auf einem solchen Gipfel
dann noch auftreten? Das Ergebnis ist natürlich das
Scheitern in dieser Frage: Man verzagt und vertagt. Jetzt
sagt man: In Seoul wollen wir noch einmal darüber spre-
chen.

Das ist die falsche Strategie, und die hat eine Ursache:
Diese Bundesregierung und insbesondere diese Bundes-
kanzlerin werden ihrer Führungsaufgabe innerhalb der
Europäischen Union nicht gerecht. Das ist ein großes
Drama.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Stattdessen sagen Sie – das steht in Ihrer Antwort auf die
Frage 17; diese Antwort kam zwei Tage vor dem Gipfel –:

Die Bundesregierung nimmt dabei eine aktive Rolle
ein.

Herzlichen Glückwunsch! Weiter heißt es: Aus Sicht der
Bundesregierung ist es von zentraler Bedeutung, dass
ein starkes, nachhaltiges und ausgeglichenes Wachstum
berücksichtigt wird, insbesondere durch Verfolgung ei-
ner nachhaltigen Konsolidierungsstrategie. – Wir haben
gestern über Nachhaltigkeit diskutiert. Allein durch Spa-
ren, und erst recht nicht durch Sparen an der falschen
Stelle, werden Sie weder in Deutschland noch in Europa
noch in der Welt ein nachhaltiges Wachstum generieren
können. Der Weg, auf den Sie sich gemacht haben, ist
der falsche Weg.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es geht im Übrigen nicht darum – Sie sollten diesen
Pappkameraden gar nicht erst aufbauen –,


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Sie bauen den doch auf!)


durch neue Verschuldung Exporte aus den USA zu fi-
nanzieren. Es kann doch nicht angehen, dass wir hier
über Wachstum reden, und das Einzige, das Ihnen ein-
fällt, ist ein Konsolidierungspaket, durch das Sie bei den
Schwächsten unserer Gesellschaft sparen. Wie soll da-
durch Wachstum generiert werden? Das funktioniert we-
der in Deutschland noch in Europa oder weltweit.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


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(C (D Um von den Sparvorschlägen, die Sie gemacht haben, egzukommen: Das Dramatische ist, dass Ihr Scheitern n Toronto kein Einzelfall ist. Wenn wir uns Kopenhagen n Erinnerung rufen – dort ging es um den Klimachutz –, sehen wir, dass diese Bundesregierung auch ort nichts auf die Reihe bekommen hat. Es geht ja nicht ur um den Klimawandel im engeren Sinne, sondern es eht auch darum, intelligente Lösungen zu finden, um in nachhaltiges Wachstum durch einen verstärkten insatz von erneuerbaren Energien, von Effizienztechologien zu bewerkstelligen. In beiden Fällen – in Koenhagen wie in Toronto – gab es keine Einigung, keine lare Linie der deutschen Bundesregierung. Es kann sehr ilfreich sein, wenn ein Christdemokrat wie Jean-Claude uncker in manchen Fragen vorangeht. Aber wir wissen us der Geschichte, dass es notwendig ist, dass die Fühung der deutschen Bundesregierung, dass die Bundesanzlerin gemeinsam mit Franzosen, Briten und anderen uf dieser Ebene stärker auftritt, als das zuletzt der Fall ewesen ist. Ich möchte deutlich betonen: Die Enttäuschung der enschen über die Nichtergebnisse dieses Gipfels ist ine riesige Gefahr für das Vertrauen in die Demokraie, in die Handlungsfähigkeit unserer Institutionen. enn Sie sich im Internet ein bisschen umschauen – Sie üssen gar nicht erst auf die Seiten von Attac gehen, ondern Sie können sich von der Mitte der Gesellschaft esuchte Seiten anschauen –, wenn Sie sich die Komentare zu den Ergebnissen dieses Gipfels ansehen, ann erkennen Sie eine Radikalisierung außerhalb der ewohnten parlamentarischen Strukturen. Die Menschen erden verzweifelter. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wenn sie Ihren Beitrag hören, kann das der Fall sein! – Gegenruf des Abg. Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Getroffene Hunde bellen!)


as Problem besteht nicht nur in Deutschland, sondern
eltweit. Wir erleben nicht nur Menschen, die bei Gip-

eln Randale machen – denen möchte ich hier als Aller-
etzter das Wort reden; davon bin ich weit entfernt –,
ondern wir erleben auch, dass Menschen sich überle-
en, ob unsere Institutionen und Strukturen eigentlich
och in der Lage sind, dieses riesige Problem in den
riff zu bekommen. Wenn wir dieser Radikalisierung et-
as entgegensetzen wollen, dann brauchen wir klarere,
erbindlichere Entscheidungen.

Sehr geehrter Herr Bundesminister Schäuble, Sie ha-
en von Ihrem Vorgänger im Amt, Peer Steinbrück, nach
ittsburgh ein ausgezeichnet bestelltes Feld internationa-

er Zusammenarbeit übernommen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


etzt finden wir eine Brache vor. Das ist ein wirkliches
rama; das habe ich hier beschrieben. Hoffentlich än-
ern Sie das bald.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD)







(A) )


)(B)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705202300

Das Wort hat nun Bundesminister Wolfgang

Schäuble.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan-
zen:

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol-
lege Duin, um die Prozesse, die Sie beschrieben haben,
nicht zu befördern, sollten wir uns darauf verständigen,
dass Global Governance, also eine Welt, die immer
stärker vernetzt ist, in der sich Entwicklungen, Entschei-
dungen und Probleme in einem Teil der Welt in allen
anderen Teilen der Welt auswirken, von einer ungeheu-
ren Komplexität ist. Diese Probleme können von keinem
Land allein gelöst werden. Die Bundeskanzlerin der
Bundesrepublik Deutschland ist eine der wichtigsten
politischen Führungsfiguren in der Welt, aber nicht sie
allein trifft die Entscheidungen für die 7 Milliarden
Menschen auf dieser Welt.

Die Verhandlungen der G 20 sind außergewöhnlich
schwierig. Ich habe großen Respekt; aber wenn Sie sa-
gen, nach dem Ende der Amtszeit meines geschätzten
Vorgängers sei alles gut gewesen und seitdem sei alles
schlechter geworden, machen Sie sich eher lächerlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Lassen Sie einen Moment die Liste der Teilnehmer eines
G-20-Gipfels auf sich wirken: ein paar europäische Län-
der wie Frankreich, Großbritannien, die Bundesrepublik
Deutschland, Italien, die Präsidentschaft, die Euro-
päische Union – auch die Niederlande sind als Gäste da-
bei –, die Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada,
Australien, Japan, Brasilien, Mexiko, Argentinien, Süd-
afrika, die Afrikanische Union, Indonesien, Vietnam,
Türkei, Saudi-Arabien und viele andere. Sie stellen si-
cher schnell fest, dass die Kritik, die Sie hier an der Bun-
desrepublik Deutschland geäußert haben, kein angemes-
sener Diskussionsbeitrag ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir müssen in diesem Prozess mit großer Verantwor-
tung, aber auch mit Ernsthaftigkeit darüber reden, wie
wir angesichts der Probleme und der Erfahrungen, die
wir gemacht haben, Schritt für Schritt vorankommen
können.

Im Vordergrund des Gipfels in Toronto standen im
Wesentlichen zwei Themen – ich bleibe dabei, dass es
die Bereiche sind, die die Hauptursachen für die Krise
waren –, nämlich auf der einen Seite die zu hohe Ver-
schuldung in einem großen Teil der Länder, insbeson-
dere der hoch entwickelten Industrieländer – da sind die
Europäer nicht an der Spitze; es gibt andere, die eine
noch höhere Neuverschuldung haben –, die völlig unter-
schiedlichen Probleme in Indien, in der Volksrepublik
China oder in Brasilien und auf der anderen Seite der
Mangel an Regelungen in einer Welt global vernetzter
Finanzmärkte, die zu diesen desaströsen Entwicklungen
geführt haben.

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(C (D Die Verschuldung, die eine der Hauptursachen der rise ist – das ist bisher unbestritten gewesen –, war ein auptthema vor Toronto. In diesem wichtigen Bereich ind die Europäer – das nennt man Exit-Strategie – mit iner selten einmütigen und einheitlichen Position in Toonto aufgetreten. Die europäische Position hat sich in oronto vollständig durchgesetzt, (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Garrelt Duin [SPD]: Das ist falsch!)


ämlich maßvolle Zurückführung der zu hohen Defizite,
ber zugleich in einer Weise, die wachstumsfreundlich
st und das Wachstum nicht beschädigt.

Wenn man über Wachstumsraten redet, dann gebietet
s die Ehrlichkeit, darauf hinzuweisen, dass wir in
eutschland ein anderes Wachstumspotenzial haben, als

s Indien oder China brauchen. Wir werden mit 1,5 Pro-
ent nachhaltigem Wachstum auskommen müssen, wäh-
end Schwellen- und Entwicklungsländer Wachstums-
aten brauchen, die eher gegen 10 Prozent gehen. Wenn
ir das nicht offen aussprechen, können wir auf interna-

ionalen Konferenzen überhaupt nicht sinnvoll zusam-
enarbeiten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Im Übrigen hat der Bundeswirtschaftsminister in sei-
er Regierungserklärung gezeigt, dass wir mit unserer
xit-Strategie – vom Bundeshaushalt 2010 über das
ukunftspaket bis hin zu unseren Maßnahmen im euro-
äischen und globalen Bereich – vonseiten der konjunk-
urellen Entwicklung in Deutschland her außergewöhn-
ich erfolgreich sind. Deswegen haben wir selbst im
bschlusskommuniqué von Toronto mit der Zustim-
ung der Vereinigten Staaten von Amerika – da klang es

orher ein bisschen anders; das ist wahr – ein klares
ekenntnis zu dem Weg einer maßvollen und wachs-

umsfreundlichen Reduzierung der zu hohen Defizite
unterschiedlich in der Einzelsituation, aber insgesamt

ichtig – abgelegt. Niemand hat die Europäer kritisiert.
ir alle sind in dieser Frage mit einer gemeinsamen

osition aufgetreten. Diese besteht in der Stärkung des
uropäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts. Wir ha-
en daran in Europa noch intensiv zu arbeiten. Aber wir
ind sehr engagiert dabei.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Nun zur Frage einer besseren Regulierung der Fi-
anzmärkte. Es ist wahr, dass wir alle unter dem hier
orhandenen Mangel leiden. Wir alle wünschen uns,
ass es schneller geht. Ich habe es übrigens oft genug
ier gesagt und will es nicht wiederholen. In Toronto
tanden hier im Wesentlichen zwei Punkte im Vorder-
rund; sie waren vorher hinreichend öffentlich disku-
iert. Der eine Punkt ist: Wie können wir Eigenkapital,
iquiditätsmanagement und Risikovorsorge im Finanz-
ektor verbessern? Das ist im Wesentlichen der Basel-
rozess. Wir sind in diesem Prozess. Die Amerikaner
ollen im nächsten Jahr Basel II implementieren. Bisher
aben sie es nicht gemacht; das muss man in allen De-
atten sagen. Aber sie wollen es nun. Mit dem Entwurf
ür Basel III vom Ende vergangenen Jahres liegen uns
eitreichende und weiterführende Vorschläge vor, die in





Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble


(A) )


)(B)

ihren Auswirkungen aber genau geprüft werden müssen.
Dafür haben wir eine Quantitative Impact Study in Auf-
trag gegeben, die im Juli hinsichtlich der Auswirkungen
ausgewertet wird. Danach wird entschieden. In Seoul
wird entschieden; es gibt keinen Zweifel daran, dass wir
alle diese Fragen in Seoul entscheiden werden. Jetzt
wäre es zu früh gewesen; denn wir kennen noch nicht die
Auswirkungen auf die einzelnen Institute.

Ich sage Ihnen vorher: Wir werden noch eine Menge
arbeiten müssen – das sollten wir möglichst gemeinsam
tun –, um zum Beispiel die Besonderheiten des deut-
schen Finanzsektors – ich nenne nur das Stichwort
„Sparkassen und Genossenschaftsbanken“ – im Basel-
Prozess angemessen zu berücksichtigen und darauf zu
achten, dass nichts entschieden wird, was wachstums-
feindlich wäre.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Daran müssen wir arbeiten, und das tun wir, so wie wir
daran arbeiten, in Bezug auf die europäische Finanzauf-
sicht in den Verhandlungen mit dem Europäischen Parla-
ment zu einem erfolgreichen Ergebnis zu kommen.

Wir sind auf einem guten Weg, der aber anstrengend
und ungeheuer schwierig ist. Wir haben übrigens in
Toronto Einvernehmen darüber erzielt, dass für alle
relevanten Finanzinstitute Restrukturierungsverfahren in
den einzelnen Mitgliedsländern eingeführt werden müs-
sen, die sicherstellen, dass die Institute beim nächsten
Mal nicht auf Kosten der Steuerzahler gerettet werden
müssen. So weit sind wir auf der G-20-Ebene. Das ist
nicht schlecht. Damit sind wir nicht am Ziel, aber auf ei-
nem guten Weg.

Ich habe das übrigens von diesem Pult aus schon so
oft gesagt, dass ich Sie darum bitte, nicht immer so zu
tun, als hätten wir das Gegenteil gesagt. Wir haben es
sehr klar gesagt, unter anderem im Wahlprogramm. Wir
haben, übrigens damals noch gemeinsam mit der SPD,
eine Finanztransaktionsteuer gefordert, unter der Voraus-
setzung, dass eine globale Vereinbarung möglich ist.
Frau Merkel hat ihre Position in dieser Frage also über-
haupt nicht geändert. Sie haben ein bisschen Kabarett
gemacht, aber mit der Wirklichkeit hat das nichts zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Joachim Poß [SPD]: Im Parlament hat sich die Regierung lange nicht dazu bekannt!)


– Das war die Position.

Anfang des Jahres haben wir eine Debatte geführt.
Dann haben wir uns, auch nach dem G-7-Finanzminis-
tertreffen Anfang Februar in Kanada, gemeinsam mit
Frankreich entschieden, den Weg einer Restrukturie-
rung des Bankenwesens einzuschlagen. Der Gesetzent-
wurf ist gerade in der Abstimmung. Er wird in der Som-
merpause vorgelegt. Die Eckpunkte haben wir in
Anwesenheit meiner Kollegin Lagarde beschlossen. Wir
wollen das Vorhaben gemeinsam umsetzen. Inzwischen
hat auch die Europäische Union eine entsprechende
Richtung eingeschlagen. Das zeigt übrigens, dass wir,
wenn wir auf nationaler Ebene vorangehen, Europa nicht

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(C (D palten, sondern voranbringen. So viel zu der Debatte, ie Sie gerade geführt haben. Übrigens ist es wahr: Am ersten Tag nach unserem lleingang bei den ungedeckten Leerverkäufen hat Frau agarde in der Presse eine mangelnde Abstimmung kri isiert. Sie hat aber später gesagt, sie werde die Kritik icht aufrechterhalten. In der Tat haben zwei Tage später er französische Staatspräsident und die Bundeskanzlein die Europäische Kommission in einem gemeinsamen rief aufgefordert, eine europäische Regelung für unedeckte Leerverkäufe vorzuschlagen. Das heißt, wir ind genau auf dem richtigen Weg. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Das ist offenbar wie hier! Eine funktionierende Regierung!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


So bringt man es voran, Herr Poß. Sie haben als Spre-
her der Opposition wieder und wieder gefordert, natio-
al voranzugehen, notfalls mit nationalen Alleingängen.
echseln Sie doch die Argumente nicht so häufig, wie

ie es bei diesen heißen Temperaturen hoffentlich mit
hren Hemden tun!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Ich habe es doch begrüßt!)


Zu der Frage Finanztransaktionsteuer will ich
chlicht und einfach wiederholen, was ich in der letzten
ebatte an diesem Pult gesagt habe. Ich habe gesagt:
ir wollen zunächst einmal feststellen, ob es eine
hance auf eine globale Regelung gibt, und das muss

pätestens auf dem Gipfel in Toronto geklärt werden.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: So ist es!)


n Toronto hat sich für niemanden überraschend heraus-
estellt, dass es keine Chance auf eine globale Finanz-
ransaktionsteuer gibt. Das interessiert China, Brasilien,
rgentinien oder Südafrika überhaupt nicht, und auch

nnerhalb der Industrieländer gibt es da keine gemein-
ame Position.

Dann habe ich als Finanzminister gesagt – dazu stehe
ch auch, oder besser gesagt: Ich sitze dazu; denn stehen
ann ich ja nicht –: Wir werden uns, wenn wir nach
oronto wissen, dass es nicht zu einer internationalen
inanztransaktionsteuer kommt, für eine europäische
egelung einsetzen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ch werde in diesen Tagen gemeinsam mit meiner fran-
ösischen Kollegin – das habe ich schon mit ihr bespro-
hen – die Kommission auffordern, Vorschläge für eine
uropäische Finanztransaktionsteuer zu erarbeiten. Wir
erden in diesem Zusammenhang auch die belgische
räsidentschaft anschreiben.


(Garrelt Duin [SPD]: Herr Solms hält sich mit dem Beifall noch etwas zurück!)


Auch Sie haben gerade nicht geklatscht. Es hat nie-
and geklatscht. Warum soll sich Herr Solms nicht ge-

auso verhalten, wie ich es mir eigentlich wünsche,





Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble


(A) )


)(B)

nämlich dass wir uns gegenseitig zuhören, damit wir
vernünftig und sachlich diskutieren können?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Garrelt Duin [SPD]: Jederzeit!)


Dann werden wir daran arbeiten – es wird nicht leicht –,
eine europäische Regelung zustande zu bringen. Wir
werden gemeinsam mit Frankreich vorgehen. Ich hoffe,
dass wir es schaffen.

Wenn wir es nicht schaffen sollten, müssen wir uns
noch einmal der Frage nähern, ob wir es notfalls im Rah-
men der Europäischen Währungsunion versuchen, und
zwar auch dann, wenn andere europäische Staaten dabei
nicht mitmachen. Aber das ist die nächste Sorge. Der
bessere Weg wäre eine europäische Regelung, und genau
dafür treten wir nach Toronto ein. In Toronto haben die
Bundeskanzlerin, Präsident Sarkozy, die französische Fi-
nanzministerin Lagarde und ich verabredet, dass wir
noch in dieser Woche die Initiative ergreifen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Genau das habe ich Ihnen gesagt. Genau diesen Weg ge-
hen wir.

Ich komme zum Schluss. Wenn wir in diesem schwie-
rigen Feld vorankommen wollen, dann müssen wir
schauen, dass wir so viele globale Absprachen wie
möglich treffen; aber wir können uns darauf nicht verlas-
sen. Wir brauchen ein stärkeres Europa. Deswegen muss
Europa möglichst mit einer einzigen Stimme sprechen.
Was die Finanzpolitik angeht, ist dies in Toronto sehr gut
gelungen. Was die Finanzmarktbesteuerung angeht,
müssen wir abwarten; daran arbeiten wir.

Gelegentlich werden wir auch national vorausgehen
müssen, um andere zu einer anderen Haltung zu bewe-
gen. Das ist uns bei der Bankenrestrukturierung gelun-
gen, und das wird uns bei der Finanztransaktionsteuer
genauso gelingen. Ich lade dazu ein, darüber gemeinsam
ernsthaft zu diskutieren und nicht jedes Mal hinterher die
Wahrheit völlig zu verzerren. So werden wir mehr Erfolg
haben, und so werden wir, Herr Kollege Duin, eher eine
Chance haben, dass nicht eintritt – –


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Außer Spesen nichts gewesen!)


– Ach, Herr Heil, dieser Zuruf ist zu dümmlich, als dass
ich darauf eingehen möchte.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir werden am ehesten mit einer der Verantwortung

gerecht werdenden wie auch die Schwierigkeiten benen-
nenden Diskussion eine Chance haben, zu vermeiden,
was unsere gemeinsame Sorge ist: dass aufgrund der Un-
fähigkeit dieser globalen Welt mit 7 Milliarden Men-
schen, diese Probleme besser zu lösen, das Vertrauen in
die demokratischen Institutionen geschwächt wird. Denn
längst stehen nicht nur die finanzielle und die wirtschaft-
liche Stabilität auf dem Spiel, sondern auch die demo-
kratische Stabilität insgesamt. Dem müssen wir uns
alle verpflichtet fühlen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Das Wort hat nun Ulla Lötzer für die Fraktion Die inke. Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Herr chäuble, dann müssen sich die G 20 aber auch daran essen lassen, was sie effektiv zur Lösung der Probleme eisten. Sie als Bundesregierung müssen sich daran mesen lassen, was Sie für eine Rolle dabei spielen. Sie, err Schäuble, haben hier versucht, den Eindruck zu erecken, dass die Bundesregierung auf der Ebene der 20 die Rolle eines Problemlösers, eines Vorantreibers pielt. Das sehe ich nicht so. Ich werde das an einigen eispielen darstellen. Die G 20 versagt angesichts der Krise erbärmlich; das uss man feststellen. Die Bundesregierung ist einer der auptverursacher des Versagens und kein Vertreter des ösens der Probleme. (Beifall bei der LINKEN – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Unsinn!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705202400
Ursula Lötzer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705202500

Schon 2009 in Washington haben Sie zum Beispiel
erkündet, Sie wollten die Ratingagenturen besser
berwachen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Ja!)


as ist seither passiert? Auch da nichts!


(Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]: Das ist doch schon längst beschlossen!)


m Gegenteil: Die europäische Lösung erweist sich in
er europäischen Krise die ganze Zeit als nicht wir-
ungsvoll, als Flickenteppich, durch den überhaupt kein
roblem gelöst wird. Gerade Griechenland beweist, dass
ie Ratingagenturen nach wie vor Öl ins Feuer gießen.
ie sind Brandbeschleuniger bei der Krise und nicht
euerwehr.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie haben dafür gesorgt, dass die Spekulationen auf
taatsanleihen im Rahmen der Griechenland-Krise ange-
eizt wurden. Sie haben dafür gesorgt, dass der Zugang
u Kreditmärkten für Griechenland verteuert wurde. Im
rgebnis zahlt Griechenland heute 8 Prozentpunkte
ehr Zinsen auf seine Staatsschulden als Deutschland.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Eben nicht mehr, Frau Kollegin! Durch den Rettungsring ist das eben nicht mehr der Fall!)


afür zahlen sollen die sozial Benachteiligten. In jeder
inanzmarktkrise der letzten 15 bis 20 Jahre haben die
atingagenturen diese Rolle gespielt. Wir brauchen eine
uropäische Ratingagentur, die dem Treiben dieses
achtkartells endlich ein Ende gebietet. Die Schaffung

iner solchen Agentur verweigern Sie bisher. Auf globa-
er Ebene sind Sie in dieser Frage keinen Schritt voran-
ekommen.


(Beifall bei der LINKEN)






Ulla Lötzer


(A) )


)(B)

Die Liste lässt sich leider endlos verlängern: die Fra-
gen der Einführung einer Bankenabgabe – sie wurde auf
Seoul verschoben – sowie der Beschränkung von Speku-
lationen auf Rohstoffe, Nahrungsmittel und Währungen
und selbst die zaghaften Versuche, die Eigenkapitalhin-
terlegung von Banken zu verschärfen. Bei alldem wird
die Liste der Arbeitsaufträge immer länger; es gibt kei-
nen Schritt zu einer Lösung.

Frau Merkel und Sie, Herr Schäuble, erzählen uns seit
anderthalb Jahren – auch heute Morgen –, wie schwierig
es sei, dass aufs Schwerste daran gearbeitet werde; aber
bei der Verkündung der Ergebnisse werden Sie immer
kleinlauter. Herr Schäuble, Sie haben erneut auf die
Beteiligung des Finanzsektors an den Krisenkosten
hingewiesen. Sie haben jetzt angekündigt, Vorschläge
für eine europäische Lösung einzuholen und dort mit
Frankreich die Initiative zu ergreifen, aufbauend auf dem
Ergebnis von Toronto. Das begrüßen wir.

Das Beste wäre aber, wenn wir hier im Parlament ei-
nen Vorratsbeschluss fassen würden, wie es andere
europäische Parlamente längst getan haben. Es wäre ein
guter Schritt; das hat der österreichische Staatssekretär
im Finanzministerium in der Anhörung gegenüber mei-
nem Kollegen Troost glaubhaft dargelegt.


(Beifall bei der LINKEN)


Er hat gesagt, es wäre extrem positiv, wenn das deutsche
Parlament einen solchen Beschluss fassen würde: Wahr-
scheinlich „wäre das der Durchbruch“ auf europäischer
Ebene. Sie verweigern jedoch nach wie vor einen sol-
chen Beschluss. Wenn Sie es mit dem, was Sie eben ge-
sagt haben, ernst meinen, lassen Sie uns in der nächsten
Sitzungswoche einen entsprechenden Vorratsbeschluss
fassen. Wir werden Ihnen dazu Gelegenheit geben.


(Beifall bei der LINKEN)


Das wäre tatsächlich ein Schritt, um auf globaler Ebene
voranzukommen.

Herr Schäuble, allen Schönredereien gestern von
Herrn Brüderle und heute auch von Ihnen zum Trotz:
Die globale wirtschaftliche Erholung steht auf tönernen
Füßen. Deshalb hat Präsident Obama die G 20 ange-
schrieben und sie gebeten, die Weltkonjunktur zu stüt-
zen. Er kritisierte Länder wie Deutschland, die sich nur
auf ihre Exportstärke verließen und mit ihren Kürzungs-
programmen die Binnennachfrage abwürgten. Das ist
– zu Recht – eine schallende Ohrfeige für das, was Sie
hier eben wieder dargestellt haben. Umso schlimmer ist
es, dass Sie sich ausgerechnet bei diesem Punkt mit einer
Schuldenbremse durchsetzen konnten. In England rechnen
die Regierungsstellen aufgrund des Kürzungspakets
mit dem Wegfall von 600 000 Stellen im öffentlichen
Dienst und weiteren 600 000 Stellen im Privatsektor.
Das wird in der Abschlusserklärung als intelligentes
Sparen bezeichnet. Ich frage Sie allerdings, was daran
intelligent ist, die sozial Benachteiligten, die Ärmsten
der Armen und die Beschäftigten zur Kasse zu bitten, ob
hier, in Griechenland oder in England.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Die Sparpakete werden die Binnenmärkte weiter abürgen, ob hier, in Europa oder den USA. Die Gefahr ist roß, dass die Exporte Deutschlands in die Europäische nion einbrechen. Ihr Glaube, China und die anderen chwellenländer würden längerfristig diese Ausfälle usgleichen und Staubsauger für die deutschen Exporte ein, wird sich als Irrtum herausstellen. Ihre Kürzungsrogramme sind nicht intelligent; sie sind sozial untragar und ökonomischer Selbstmord. Herr Schäuble, ich frage Sie: Warum verpflichten die 20 nicht die Länder mit Exportüberschüssen zu Maß ahmen zur Stärkung der Binnennachfrage? Warum erpflichten Sie nicht die Notenbanken dazu, in Kriseneiten Staatsanleihen zu kaufen? (Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]: Weil sie nicht bescheuert sind!)


(Beifall bei der LINKEN)


arum verpflichten Sie nicht Banken und Fonds, die auf
reisentwicklungen bei Nahrungsmitteln spekulieren,
ie Nahrungsmittel nach Ablauf der Verträge zu kau-
en? Warum lassen Sie nicht Zielkorridore für die Wäh-
ung festlegen, um damit der Spekulation auf Währungen
ntgegenzuwirken und ihr die Grundlage zu entziehen?
ll dies tun Sie nicht; aber es würde die Defizite verrin-
ern.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das hört sich nach Planwirtschaft an, Frau Kollegin! – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Am besten einen Fünfjahresplan!)


So würde das Kasinogeld herausgezogen. Damit wür-
en die weltwirtschaftlichen Ungleichgewichte abgebaut
nd auch hier nachhaltiges Wachstum ermöglicht.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die DDR lässt grüßen!)


All diese Vorschläge stammen von der UN, der
NCTAD. Sie umzusetzen, wäre der richtige Weg.

Die G 20 wollen sich nicht mit den Finanzmarktak-
euren anlegen. Deshalb versagen sie. Wir sagen Ihnen:

achen Sie den Weg frei für einen Neuanfang, zur de-
okratischen Regulierung der Finanzmärkte im Rahmen

er UN! Dann kommt dabei etwas heraus.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705202600

Das Wort hat nun Volker Wissing für die FDP-Frak-

ion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1705202700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

as Sie hier abgeliefert haben, Frau Kollegin, ist schon
emerkenswert.





Dr. Volker Wissing


(A) )


)(B)


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Ja! – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die DDR lässt grüßen!)


Sie beklagen die hohen Refinanzierungskosten Grie-
chenlands und werfen der Regierung gleichzeitig vor,
dass sie eine Schuldenbremse durchgesetzt hat.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie stellen ernsthaft die Frage, weshalb wir die Noten-
banken nicht verpflichten, Staatsanleihen zu kaufen.
Die Antwort ist einfach: Die Notenbanken sind unabhän-
gig, und wir wollen in diese Unabhängigkeit nicht ein-
greifen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wir sind nicht die Reichsbank!)


Wir wollen die Kleinanleger und die Menschen mit nied-
rigem Einkommen vor Hyperinflation schützen. Das ist
soziale Politik.


(Beifall des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP] – Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Was ist mit der Fed zum Beispiel?)


Was Sie tun, ist unverantwortlich.


(Beifall des Abg. Dr. Hermann Otto Solms [FDP])


Der G-20-Gipfel war ein großer Erfolg für die deutsche
Bundesregierung. Das können Sie, Herr Kollege Duin,
auch nicht kleinreden.

Nach dem Gipfel ist eines klar: Die Kritik an der
Konsolidierungspolitik ist verstummt.


(Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Deshalb ist gestern der DAX gefallen! Die amerikanischen Börsen reagieren!)


Der spürbare Gegenwind ist jetzt Rückenwind für die
Konsolidierungspolitik dieser Koalition. Das ist die gute
Botschaft von Toronto.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Das ist ein beachtlicher Erfolg für die Bundeskanzlerin,
aber auch für den Bundesfinanzminister. Herr Schäuble,
Sie haben die Politik der Koalition nicht nur überzeu-
gend dargelegt, Sie haben auch in Toronto überzeugt.
Das ist ein guter, erfolgreicher Schritt für unser Land.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die Politik grenzenloser Staatsverschuldung, wie sie
von weiten Teilen des linken Flügels gefordert wird
– Sie haben eben ein Paradebeispiel dafür abgegeben –,
wurde auf dem G-20-Gipfel in Toronto ad acta gelegt.
Das ist eine überzeugende Botschaft. Das Rahmenwerk
für ein starkes, nachhaltiges und ausgeglichenes Wachs-
tum setzen wir nicht gegen unsere Partner in der Welt
um, sondern mit unseren Partnern in der Welt. Deswegen
wird dieser Weg erfolgreich sein.

Mit unserer wachstumsorientierten Politik, mit den
ersten Entlastungsgesetzen für Menschen mit mittleren

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(C (D inkommen und Familien, haben wir eine Grundlage für tarkes und nachhaltiges Wachstum in Deutschland geegt. Die Horrorszenarien, die uns viele Ökonomen zu eginn der Krise angekündigt haben – Arbeitslosenahlen von bis zu 5 Millionen, derzeit nähern wir uns der -Millionen-Grenze –, haben sich nicht bewahrheitet. amit steht fest: Die wachstumsorientierte Politik der hristlich-liberalen Koalition trägt erste Früchte. as haben wir uns für Kritik von Ihnen anhören müssen. eute wird deutlich: CDU/CSU und FDP haben es ge chafft, die Arbeitsplätze von Millionen von Menschen u sichern. Das ist die sozialste Politik überhaupt. Mit dem Sparpaket setzen wir wachstumsorientiertes paren um. Nach der Euro-Krise müsste auch der Oppoition klar geworden sein: Die Politik grenzenloser taatsverschuldung ist gescheitert. International wurde as erkannt. Die ganze Welt versteht es, aber die Linke n diesem Haus tut sich schwer damit. Auch die Sozialemokraten sind mit ihrer finanzpolitischen Agenda am nde. Ihre Idee, Schulden zu machen, um Wachstum zu chaffen, ist grandios gescheitert. Sie hat ausgedient. Sie rauchen ein neues Konzept. Das ist die Wahrheit. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Garrelt Duin [SPD]: Sie brauchen einen Neuanfang! Nicht wir!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir können in Europa, aber auch darüber hinaus auf
inanz- und haushaltspolitischer Bühne weltweit eine
olitische Neuausrichtung – weg von immer größerer
erschuldung, hin zu wachstumsorientierter Konsolidie-

ung – beobachten. Das Sparpaket der Bundesregierung
st ein Vorgriff auf diese Entwicklung. Wir sparen, ohne

achstum zu schwächen. Sie wollen die Notwendigkeit
er Ausgabenkürzung nicht akzeptieren und erklären
ns immer wieder krampfhaft, wir müssten die Steuern
rhöhen, um die Probleme unseres Landes zu lösen.

Ich möchte Sie an eines erinnern: Wir konsolidieren
n Deutschland nicht nur wegen der Euro-Krise. Wir

üssen auch aufgrund unserer demografischen Entwick-
ung konsolidieren. Wenn wir die Wettbewerbsfähigkeit
nseres Landes erhalten wollen, dann müssen wir Aus-
aben reduzieren. Ihre Steuererhöhungsvorschläge sind
eine Lösung, weil immer weniger Deutsche nicht im-
er höhere Steuern bezahlen können. Deswegen ist
achstumsorientierte Konsolidierung durch Kürzung
er Ausgaben die einzige Alternative.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


as ist Sozialpolitik. Das ist nachhaltige Politik, weil
ir zukünftigen Generationen damit eine Chance geben,
ie Sie ihr mit Ihrer Steuererhöhungspolitik nehmen
ürden.

Was haben Sie denn erreicht? Sie haben die Rekord-
teuererhöhung in dieser Republik beschlossen, weil Sie
icht den Mut hatten, sich auf den unbequemen Weg der
usgabenreduzierung zu begeben. Sie haben die Mehr-
ertsteuer um 3 Prozentpunkte erhöht. Selbst einen





Dr. Volker Wissing


(A) )


)(B)

Wahlbetrug gegenüber Ihren Wählerinnen und Wählern
haben Sie begangen, weil es für Sie einfacher war, sich
bequem mit Steuererhöhungen auf Kosten der Bürgerin-
nen und Bürger einzurichten, anstatt den Mut aufzubrin-
gen und auch den Gegenwind zu ertragen, den nun mal
Ausgabenkürzungen mit sich bringen. Aber was richtig
ist, bleibt richtig und muss jetzt endlich in Angriff ge-
nommen werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Wo beteiligen Sie den Finanzsektor an den Krisenkosten? Seit wann sind das die Ärmsten in diesem Land?)


Es gehört zu den Aufgaben der Opposition, die Regie-
rung kritisch zu begleiten; aber dass wir heute den Mut
aufbringen, den Haushalt auf der Ausgabenseite zu redu-
zieren, sollte auch Ihnen ein Lob wert sein.

G 20 hat auch auf anderen Ebenen Klarheit gebracht.
Der Bundesfinanzminister hat das angesprochen: Eine in-
ternationale Finanztransaktionsteuer ist endgültig ge-
scheitert, sie ist nicht konsensfähig. Es wäre im Interesse
einer sachlichen Diskussion hilfreich, wenn die Opposi-
tion das endlich einsehen würde. Wie war das noch unter
Peer Steinbrück: „Der Welt ist es egal“, hat er damals ge-
sagt, „was der SPD-Ortsverein Kessenich beschließt.“
Toronto war es auch egal, was der SPD-Ortsverein in
Kessenich beschlossen hat.


(Garrelt Duin [SPD]: Es war egal, was Sie beschließen! Das ist schlimmer! Sie haben doch etwas gewollt!)


International ist eine solche Steuer nicht gewollt, deswe-
gen sollten Sie es endlich einsehen.


(Nicolette Kressl [SPD]: Ich dachte, es war ein Regierungsbeschluss! – Garrelt Duin [SPD]: Nicht der Ortsverein ist gescheitert, sondern die Bundesregierung!)


Eines ist doch klar: Wir können nicht – auch das
müsste der sozialdemokratischen Fraktion deutlich sein –
eine solche Steuer national einführen und Ausweichbe-
wegungen um unser Land herum riskieren, weil damit die
Finanzmärkte hier geschwächt werden würden und das
Kapital auf unregulierte Märkte abwandern würde. Was
das zur Stabilität der Finanzmärkte weltweit beitragen
soll, ist nun wirklich völlig unklar.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Deswegen sind wir auch skeptisch, was eine Finanz-
transaktionsteuer nur innerhalb der Euro-Gruppe angeht.


(Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Das hat Herr Schäuble eben als Initiative der Regierung angekündigt!)


Es ist niemandem geholfen, wenn die Finanzmärkte um
die Euro-Zone einen Bogen machen und wir dann an un-
regulierten Märkten, etwa London, eine Ausweichbewe-
gung erleben. Wenn wir Finanzmärkte regulieren, muss
es zu einer echten Stabilisierung kommen. Alles andere
führt uns international nicht weiter.

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(C (D Nach dem Gipfel von Toronto ist klar, wohin der Weg ührt. Wir werden wachstumsorientiert Haushaltsonsolidierung betreiben. Schritt für Schritt werden wir ie Finanzmärkte dort regulieren, wo Regulierungsbearf besteht. Wir werden in den Bereichen, wo es mögich ist, auch ein Zeichen setzen und einen eigenen Weg ehen. Das haben wir heute mit dem Verbot von Leererkäufen gezeigt. Wir werden dort, wo es notwendig st, auch schnell vorgehen. Und dort, wo es notwendig st, sich international abzustimmen, werden wir uns auch ie notwendige Zeit nehmen, um Ausweichbewegunen um unser Land herum zu vermeiden und um die Fianzmärkte in Deutschland, die im Übrigen in vielen ereichen schon regulierter sind als anderenorts in die er Welt, nicht zu gefährden. Was wir hier betreiben, ist eine nachhaltige Politik zur tabilisierung der Finanzmärkte und zum Schutz der Steurzahlerinnen und Steuerzahler in Deutschland. Was unter er Verantwortung sozialdemokratischer Finanzminister assiert ist, darf sich nicht wiederholen. Und ich gebe em Finanzminister recht: Hier ist viel Vertrauen – auch urch Nachlässigkeit in der Finanzpolitik unter Hans ichel und unter Peer Steinbrück – verspielt worden. Jetzt uss nachhaltige Finanzpolitik ohne Hektik, aber mit em nötigen Nachdruck betrieben werden. Diese Regierung ist auf dem richtigen Weg. Desween, sehr geehrter Herr Finanzminister, Glückwunsch zu en Erfolgen in Toronto. Wir sind froh, dass die Politik, ie die christlich-liberale Bundesregierung auf den Weg ebracht hat, international durchsetzungsfähig ist. (Nicolette Kressl [SPD]: Sie haben ihn doch gerade vorgeführt!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


ir haben bewiesen: Wir sind eine handlungsfähige Re-
ierung.


(Lachen bei der SPD)


nd wir werden unserer Verantwortung international ge-
echt.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705202800

Das Wort hat nun Kollegin Christine Scheel, Fraktion

ündnis 90/Die Grünen.


Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705202900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

err Kollege Wissing, mit Selbstbeschwörung allein
ann man noch keine gute Politik machen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Herr Minister Schäuble, Sie haben recht, wenn Sie sa-
en, es gilt, dass wir unsere Demokratien stärken und dass
ir Vertrauen in die Institutionen und in die Politik wie-
eraufbauen, das in der Bevölkerung notwendig ist. Aber
ch finde, wir müssen es sehr ernst nehmen, wenn Men-





Christine Scheel


(A) )


)(B)

schen in der Zeitung lesen, dass ein Gipfel 1 Milliarde
Euro gekostet hat und wie wenig dabei herausgekommen
ist. Dann muss man auch sagen: Das steht in keinem Ver-
hältnis zu den Ergebnissen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es gehört zur Offenheit und zur Klarheit dazu, auch zur
Kenntnis zu nehmen, dass es diese Enttäuschung bei
den Menschen gibt.

Herr Minister Schäuble, es ist zu begrüßen, dass die
Exit-Strategie beschlossen worden ist; das ist ganz klar.
Es ist wichtig, dass wir gegen die ausufernden Verschul-
dungsentwicklungen insgesamt weltweit vorgehen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Ja!)


Es ist aber auch notwendig, dass wir Kriterien entwi-
ckeln, wie die Konsolidierung der Haushalte internatio-
nal gehen soll. Unser Eindruck ist, dass hier der Kom-
pass fehlt, dass es keine tragfähigen Vereinbarungen und
keine nachhaltigen Wachstumsideen gibt.

Wenn Sie sagen, die Defizite sollen abgebaut werden,
bis 2013 sollen sie halbiert werden, und bis 2016 sollen
die Schuldenquoten stabilisiert werden, dann ist das
zwar richtig. Aber wo ist die Ausrichtung auf die soziale
und auf die ökologische Nachhaltigkeit?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Diese Ausrichtung fehlt.

Es reicht auch nicht, dass die Bundeskanzlerin dann in-
ternational sagt: „Supertoll, wir haben jetzt eine Exit-
Strategie durchgesetzt“, wenn gleichzeitig in Deutsch-
land ganz anders diskutiert wird: 2010 beträgt die Neu-
verschuldung 65 Milliarden Euro, es gibt ein strukturel-
les Defizit, und das strukturelle Defizit des Jahres 2013
hat immer noch eine Größenordnung von 32 Milliarden
Euro. Jetzt sehen wir auch, wie ungerecht das Sparpaket
ist, welche Luftbuchungen es beinhaltet, welche Schat-
tenhaushalte Sie vorlegen und dass das, was dort einge-
bucht ist, zum Beispiel eine Brennelementesteuer, gesetz-
geberisch immer noch nicht auf den Weg gebracht
worden ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es gab in Toronto auch eine positive Entscheidung,
die da heißt: Fossile Rohstoffe sollen nach Meinung der
G 20 besteuert werden. Wir Grünen weisen seit Jahren
darauf hin, dass eine solche CO2-Besteuerung vorzu-
nehmen ist. Das ist bislang von der Koalition abgelehnt
worden. Ich bin gespannt, ob Sie das, was Sie in Toronto
mitverhandelt und letztendlich mitbeschlossen haben,
auch im eigenen Land durchsetzen und ob Sie den Mut
haben, auch in Sachen Ökologie und vernünftige Klima-
schutzpolitik, die international von erheblicher Bedeu-
tung ist, endlich voranzukommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es ist schon schade, dass die Kanzlerin die Chance ver-
passt hat, in Toronto über Klimaschutz und Zukunftsin-

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(C (D estitionen zu reden. Wenn man sieht, was alles in der eklaration von Pittsburgh gestanden hat – von Green ecovery, von Energieeffizienz, von erneuerbaren Enerien –, und wenn man jetzt feststellt, dass all das unter Other Issues“ auftaucht, dass diese wichtigen Themen lso nur noch unter „Sonstiges“ abgehandelt worden sind, ann sagen wir: Das ist ein Rückfall in alte Muster. Hier uss man gegensteuern. Dieses Gegensteuern haben wir icht feststellen können. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Letzte Bemerkung – weil Herr Wissing ja wieder so
oll ausgeführt hat,


(Dr. Daniel Volk [FDP]: Guter Mann!)


as sich die FDP bei der Nichtregulierung vorstellt –:
ie Finanzmarktreform ist jetzt gescheitert, was die in-

ernationale Frage anbelangt.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Was? Die ist doch nicht gescheitert!)


s gibt weder eine internationale Bankenabgabe, noch
ibt es eine internationale Finanztransaktionsteuer.
err Schäuble, Sie haben darauf hingewiesen und ge-

agt: Dann machen wir das mit den Franzosen und mit
inigen anderen, die sich daran beteiligen.


(Dr. Volker Wissing [FDP]: Wie sich die Grünen daran beteiligen, haben wir ja heute Morgen an Ihrem Abstimmungsverhalten gesehen!)


as ist ein Schritt in die richtige Richtung, selbstver-
tändlich. Aber Herr Niebel hat klipp und klar gesagt:

it der FDP wird das auf keinen Fall gehen. Ich wün-
che gute Verrichtung! Wir hoffen, Sie setzen sich in die-
em Punkt durch. Dann werden wir weitersehen. Unsere
nterstützung haben Sie, jedenfalls bei der Finanztrans-

ktionsteuer.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Volker Wissing [FDP]: Ja, ja! Aber bei der Regulierung haben Sie sich heute Morgen enthalten! – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wie war das denn, als es heute Morgen um die Regulierung ging?)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705203000

Das Wort hat nun Mathias Middelberg für die CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Mathias Middelberg (CDU):
Rede ID: ID1705203100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kol-

egin Scheel, wir kommen, was die Bilanz des Gipfels in
oronto angeht, zu einer anderen Einschätzung. Ich habe
berhaupt nicht den Eindruck, dass die Bundesregierung
der der Gipfel insgesamt gescheitert wäre, sondern ich





Dr. Mathias Middelberg


(A) )


)(B)

habe den Eindruck, dass er an wesentlichen Punkten
weitergekommen ist, wenn auch nicht an allen Punkten.

Sie haben einige Fragen zu Recht kritisch benannt.
Aber in den wesentlichen Fragen – diese hat Wolfgang
Schäuble eben herausgestellt; das sind auch die Kernfra-
gen des Gipfels, nämlich bei der Finanzmarktordnung
und vor allen Dingen bei der Ausrichtung der internatio-
nalen Wirtschaftspolitik, der Ökonomie – ist die Bundes-
regierung einen ganz entscheidenden Schritt weiterge-
kommen; denn die Diskussionen im Vorfeld des Gipfels
und das Drängen der USA – die USA und Obama sind ja
nicht irgendwer – waren ja, mit dem Kurs kreditfinan-
zierter, schuldenfinanzierter Investitions- und Konjunk-
turpolitik weiterzumachen. Dass die Bundesregierung,
dass Angela Merkel und Wolfgang Schäuble es geschafft
haben, diesen Kurs von mehr Verschuldung umzudrehen
in mehr Konsolidierung, halte ich für einen Kernerfolg.
Das sollte man auch so deutlich und klar sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Kernversagen!)


Die Diskussionen vor dem Gipfel und die Beiträge,
gerade auch von Obama, gingen in eine völlig andere
Richtung. Die USA in diesem Punkt umgedreht zu ha-
ben und sie zu diesem Gipfelbeschluss bewegt zu haben,
ist ein Kernerfolg für diese Bundesregierung, für Angela
Merkel und für Wolfgang Schäuble.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Und für die Europäer!)


Ich würde den Beschluss, die Haushaltsdefizite bis
2013 zu halbieren, auch nicht kleinreden, selbst wenn es
nicht sanktionsbewehrt ist. Aber man muss schon sagen,
es ist ein entscheidender Unterschied, ob wir mit noch
mehr Verschuldung weiter in Richtung Abgrund fahren
– Herr Wissing hat eben zu Recht auf das Beispiel Grie-
chenland verwiesen, das ja eine Finanzkrise ausgelöst
hat – oder ob wir es geschafft haben, diesen verfehlten
Kurs zu drehen, und jetzt in die richtige Richtung unter-
wegs sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich sage zum Thema Finanztransaktionsteuer: Na-
türlich hätten wir uns gewünscht, wenn wir da interna-
tional eine Vereinbarung zustande bekommen hätten; das
muss man ganz klar sagen. Ich hätte mich auch persön-
lich darüber gefreut. Aber wir müssen auch zur Kenntnis
nehmen – das hat Herr Bundesminister Schäuble sehr
nachvollziehbar dargelegt –, dass wir nicht allein auf der
Welt sind, sondern dass es noch andere gibt, darunter
viele, die mit dem Thema Finanz- und Wirtschaftskrise
keine Probleme haben, die ganz andere Fragen stellen
und ganz andere Interessen haben, die kein Interesse an
einer Finanztransaktionsteuer haben. Das muss man als
Realität zur Kenntnis nehmen, wenn man Politik verant-
wortlich gestaltet.

Wolfgang Schäuble hat zu Recht gesagt, wir konzen-
trieren uns jetzt auf die europäische Ebene und verfolgen
dieses Thema dort konsequent weiter. Aber ich sage
auch, wir sollten den Menschen nichts vormachen und
ihnen keinen Sand in die Augen streuen. Die Finanz-

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(C (D ransaktionsteuer kann ein Beitrag sein, die Verursacher n den Kosten der Krise zu beteiligen. (Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Und die Spekulation zu begrenzen!)


ie wird aber nicht der entscheidende Beitrag dafür sein,
ünftige Krisen zu vermeiden.


(Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat auch keiner gesagt!)


arüber müssen wir uns im Klaren sein; denn die Kri-
en, die wir gehabt haben, die Subprimekrise aus den
SA oder die Verschuldungskrise aus Griechenland, wä-

en nicht verhindert worden, wenn wir eine Finanztrans-
ktionsteuer gehabt hätten.


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Hat das denn jemals jemand behauptet?)


Ich will nur die Schwerpunkte betonen. Dass Sie das
icht behauptet haben, ist eine ganz andere Frage. Zu
en Schwerpunkten gehört die Regulierung des Finanz-
arkts im Hinblick auf vorbeugende Mechanismen.
ber einen dieser Mechanismen haben wir heute Mor-
en gesprochen, nämlich das Verbot ungedeckter Leer-
erkäufe und das Verbot ungedeckter Kreditausfallver-
icherungen, der Spekulationen damit. Das ist schon ein
ichtiger Beitrag.

Wir haben eben auch über das Thema Ratingagentu-
en gesprochen. Das ist Ihnen irgendwie durchgerutscht,
rau Lötzer.


(Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Nein!)


u dem Thema haben wir hier nämlich schon einen Be-
chluss gefasst. Das Thema Ratingagenturen und ver-
chärfte Aufsicht über die Ratingagenturen ist hier be-
eits geklärt worden und durch.


(Nicolette Kressl [SPD]: Nein! – Ulla Lötzer [DIE LINKE]: Genau so unzureichend wie die Regelung heute Morgen!)


Der nächste Punkt ist das Restrukturierungsgesetz,
as die mögliche Insolvenz, die Abwicklung von Ban-
en angeht, die damit verbundene Bankenabgabe, der
elbstbehalt bei Verbriefungen, die Anhebung der Ei-
enkapitalanforderungen nach Basel II+ oder Basel III.

Wichtig finde ich auch, dass wir ein Gesetz zur Ver-
ütung für Manager in Banken und Versicherungen be-
chlossen haben. Auch das ist ein Punkt, den man hier
etonen sollte, gerade gegenüber den Zuschauern. Es
ind zwar im Moment leider keine hier; aber sicherlich
itzen Zuschauer zu Hause an den Fernsehschirmen. So
aben wir in diesem Vergütungsgesetz zum Beispiel
estgeschrieben, dass es demnächst höchstens 50 Prozent
lexible Vergütung geben darf. Ferner darf es nicht nur
ine Bonusvergütung geben, sondern in Zukunft muss es
uch Malusregelungen geben. All diese Dinge werden
emnächst in Vorstandsverträgen, in Managerverträgen
estgelegt sein müssen. Dafür stehen die Aufsichtsräte
in. Aufsichtsräte, die demnächst andere Verträge be-
chließen, die diese Punkte nicht enthalten, haften. Das
ind ganz wichtige Punkte, um auch menschliche Re-





Dr. Mathias Middelberg


(A) )


)(B)

gungen wie Gier und Gewinnstreben am Kapitalmarkt
einzuschränken. Das sind wichtige Beiträge, um im Vor-
feld – vorbeugend – den Finanzmarkt zu regulieren. Da
sind wir wesentlich weiter gekommen, als Sie das hier
dargestellt haben.

Herr Kollege Wissing hat auf die übrigen Erfolge die-
ser Bundesregierung verwiesen, mit einer soliden und
eben nicht schuldengetriebenen Wachstumspolitik dieses
Land auf einen vernünftigen Kurs zu bringen. Sie sehen,
dass die Zahl der Arbeitslosen von Monat zu Monat im-
mer mehr sinkt. Sie wird unter die 3-Millionen-Grenze
fallen. Das ist der entscheidende Beitrag. 100 000 Ar-
beitslose weniger in diesem Land entlasten unsere So-
zialkassen um 1,8 Milliarden Euro. Wenn wir es schaf-
fen, durch unsere solide Politik 500 000 Menschen mehr
in diesem Jahr in Beschäftigung zu bekommen, dann ha-
ben wir alleine dadurch schon fast 10 Milliarden Euro
Sparleistung erbracht. Das ist die Politik, für die diese
Regierung steht. Dafür kann man eigentlich nur um Un-
terstützung bitten.

Danke.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705203200

Das Wort hat die Kollegin Nicolette Kressl von der

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Nicolette Kressl (SPD):
Rede ID: ID1705203300

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! In der Regel lohnt es ja nicht, Reden von
Herrn Wissing zu kommentieren.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist aber weniger freundlich!)


Aber heute war das die entlarvendste Rede, die ich seit
langem hier gehört habe. Ich will Ihnen das deutlich ma-
chen: Herr Wissing hat sich hier hingestellt – nachdem
Bundesminister Schäuble gesagt hat, die Regierung sei
mit dem festen Vorsatz nach Toronto gefahren, die Fi-
nanztransaktionsteuer durchzusetzen –


(Dr. Volker Wissing [FDP]: In der Tat!)


und gesagt, es würde hier niemanden interessieren, was
ein sozialdemokratischer Ortsverein beschließt. Uns in-
teressiert das übrigens. Aber bemerkenswert ist der Ver-
gleich: Das hat kein sozialdemokratischer Ortsverein
beschlossen, sondern das hat die Bundesregierung be-
schlossen, und Sie haben diesen Beschluss hier diskredi-
tiert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie haben gesagt, das sei völlig unerheblich. Sie haben
es als Erfolg beschrieben, dass sie in Toronto nicht be-
schlossen worden ist.


(Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]: Da haben Sie aber nicht richtig zugehört! – S H r r S n r n d H f Z d h h e i W k s l g S t h 2 h m k l K g k d i V (C (D Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das haben Sie heute Nacht geträumt, oder was? – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Schwarzgelbes Chaos!)


Herr Minister, ich will Sie fragen: Warum wundern
ie sich noch, dass wir hier konstatieren – und das hat
err Duin vorhin auch getan –, dass die Bundesregie-

ung ihre Durchsetzungskraft auf internationalen Konfe-
enzen – sie war nicht plötzlich schlecht – Stück für
tück verloren hat, dass alle international nachlesen kön-
en, dass Sie mit einer Position zu den Konferenzen fah-
en, die national von den Sie tragenden Fraktionen gar
icht mitgetragen wird? Dann ist es doch logisch, dass
a keine Durchsetzungskraft mehr da ist.


(Beifall bei der SPD – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das nennt Herr Wissing Handlungsfähigkeit! – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Chaos-Regierung, schwarz-gelbes Chaos!)


Ich will einen zweiten Punkt nennen und kann Ihnen,
err Wissing, die Frage nicht ersparen: Welchen Neuan-

ang müssen wir machen? Ich glaube, es wäre an der
eit, sich in Sachen Neuanfänge und Neustarts klar und
eutlich zu äußern.


(Beifall bei der SPD)


Lassen Sie mich eine dritte Bemerkung machen: Ich
alte es für eine Unverschämtheit, hier nicht die Wahr-
eit zu sagen. Mit Minister Steinbrück wären wir 2011 in
inen Haushalt ohne Neuverschuldung gegangen. Das
st völlig klar.


(Beifall bei der SPD)


ir mussten uns wegen der konjunkturellen Lage stär-
er verschulden. Wir müssen da wieder zurück, darüber
ind wir uns einig. Aber hier die Unwahrheit darzustel-
en, zeugt nicht von ernsthaftem Arbeiten, und darum
eht es, nicht um Fairness. Diesen Grundregeln sollten
ie als Ausschussvorsitzender sich eigentlich auch un-

erwerfen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Dr. Volker Wissing [FDP]: Sie fordern doch heute immer noch Steuererhöhungen für die Mitte!)


Dann will ich Ihnen noch einen Punkt im Zusammen-
ang mit Toronto deutlich machen. Die Jahre 2008 und
009 waren von großen Rettungspaketen geprägt. Das
aben wir für die Menschen und ihre Arbeitsplätze ge-
acht, das will ich deutlich sagen, und nicht für die Ban-

en. Dennoch ist es eine Tatsache, dass bisher ausschließ-
ich die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler an den
osten beteiligt werden. Deshalb wäre es auch so wichtig
ewesen, aus Toronto ein weiteres Signal dafür zu be-
ommen, die Steuerzahler nicht alleinzulassen, sondern
ie Verursacher der Krise mitzubeteiligen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das muss man aber auch machen!)


Ich will Ihnen sagen: Die Bankenabgabe, die Sie hier
mmer wieder nennen, führt nicht dazu, dass sich die
erursacher auch nur mit einem einzigen Cent an den





Nicolette Kressl


(A) )


)(B)

Kosten der Krise beteiligen. Das ist ein Vorsorgetopf. –
Ich habe interessiert gelesen, dass Sie auch noch darüber
diskutieren, dass diese Ausgaben, anders als im Regie-
rungsentwurf vorgesehen, womöglich bei der Steuer gel-
tend gemacht werden können.


(Manfred Zöllmer [SPD]: Ja, so ist es!)


Dadurch wollen Sie die Steuerzahler noch einmal an den
Kosten beteiligen. Das, was Sie hier machen, ist doch
absurd.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Ein echter Witz!)


Es ist völlig klar: Für die Märkte müssen Regeln er-
lassen werden, durch die wir weitere Barrieren gegen die
Spekulation auf Kosten anderer erhalten. – Ich persön-
lich und viele andere, wie ich glaube, sind bestürzt. Ei-
gentlich konnten wir davon ausgehen, dass international
ein Zeitfenster vereinbart wird, innerhalb dessen man
diese Regeln vereinbaren kann, aber wir mussten fest-
stellen: Dieses Zeitfenster schließt sich schneller, als wir
uns das erhofft haben.

Damit komme ich zur Durchsetzungsfähigkeit zu-
rück. Eine gewichtige deutsche Stimme wäre gut, um
dieses Zeitfenster länger offen zu halten. Diese haben
wir aber, wie gesagt, leider nicht mehr.

Wenn Sie es sich genau anschauen, dann sehen Sie:
Der G-20-Gipfel in Toronto war für die Finanzmarktre-
gulierung ein Rückschlag. Ich habe die Befürchtung,
dass wir, wenn wir auf diesem Weg weitergehen, den
Menschen nicht mehr erklären können, warum diejeni-
gen, die in Regierungsverantwortung stehen, zwar im-
mer sagen: „Wir müssen das tun“, hinterher aber nichts
passiert.


(Zuruf von der CDU/CSU: Wer war denn Staatssekretärin, Frau Kressl?)


Schauen Sie sich einmal genau an, was in Toronto be-
schlossen worden ist. Es gab keine konkreten Festlegun-
gen im Hinblick auf die Eigenkapitalregeln. Statt der
bisherigen Umsetzungsfrist – bis Ende 2012 – wird eine
reine Zielsetzung formuliert. Das ist keine Verstärkung
der Regulierung, sondern eine Abschwächung der Regu-
lierung.

Wir haben das vorhin besprochen: Hinsichtlich der
Verbesserung des außerbörslichen Handels halten wir
alle die Transparenz für außerordentlich wichtig. Bis
2012 sollten – das ist in Pittsburgh beschlossen worden –
alle standardisierten Derivate über Börsen- oder Han-
delsplattformen gehandelt werden. Hierzu gab es in To-
ronto keinen Fortschritt und keinerlei konkrete Festle-
gung. Ich habe es schon erwähnt: In Toronto wurden
keinerlei Beschlüsse über eine internationale Finanz-
transaktionsteuer oder über eine Bankenabgabe gefasst.

Ich will hier noch einmal auf die Einigkeit und
Durchsetzungskraft zurückkommen. Sie haben hier über
Monate hinweg nicht einmal genau gewusst, ob wir über
eine Finanzaktivitätsteuer, eine Finanztransaktionsteuer
oder eine Bankenabgabe als Vorsorge sprechen. Bei die-

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(C (D er Bankenabgabe können sich die Banken sicher sein, ass die Steuerzahler wieder ergänzend zahlen müssen, enn das Gesammelte nicht ausreicht; dafür gibt es ja uch nette Formulierungen in dem Referentenentwurf. Wenn Sie sich dieses Hin und Her über Wochen hineg anschauen, dann ist völlig klar: Wir werden interna ional nicht durchsetzungsfähig, wenn Sie sich nicht ndlich dazu entschließen, klare und überzeugende Liien zu entwickeln. – Ich sage Ihnen: Wenn wir erkenen könnten, dass Sie das auf den Weg bringen, und enn die FDP nicht wieder alles relativieren würde, was er andere Teil der Regierungskoalition sagt, dann würen wir Sie unterstützen. (Dr. Volker Wissing [FDP]: Fragen Sie doch einmal Herrn Steinbrück! Er hat doch seine Erfahrungen damit! Er kann es Ihnen erklären, Frau Kressl!)


ei diesem Rumgeeiere, das uns national und internatio-
al schadet, können wir aber leider nicht mitmachen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Schwarz-gelbes Chaos – wie immer!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705203400

Das Wort hat der Kollege Thilo Hoppe von Bünd-

is 90/Die Grünen.


Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705203500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

öchte gerne einen Aspekt ansprechen, der in der De-
atte bisher zu kurz gekommen ist. Wenn man nämlich
inen Perspektivwechsel vornimmt und auf die Ergeb-
isse der beiden Gipfel der G 8 und der G 20 aus Sicht
er Entwicklungsländer schaut, dann kann man das nur
it der Schlagzeile der taz vom Montag zusammenfas-

en: „Krümel für die Welt“.

Die Ankündigung der G-8-Staaten, im Kampf gegen
inder- und Müttersterblichkeit etwas mehr als
Milliarden US-Dollar zur Verfügung zu stellen, klingt

rst einmal gut, aber angesichts der 30 Milliarden US-
ollar, die nach Berechnungen der UNO notwendig wä-

en, ist das doch ein sehr bescheidener Betrag. Ganz be-
onders bescheiden hat sich Deutschland gezeigt, das
ro Jahr 80 Millionen Euro geben will. Das ist deutlich
eniger als das, was die ganze Konferenz in Toronto ge-
ostet hat.

Aber das, was noch schwerer wiegt als diese „Geiz-
st-geil“-Mentalität, ist der Abschied von den Verspre-
hungen von Gleneagles. Können Sie sich noch erin-
ern: großes Kino Gleneagles, Tony Blair, umrahmt von
ob Geldof und Bono, und das großartige Versprechen,
0 Milliarden Euro mehr bis 2010? – Versprochen, ge-
rochen!

Maximal zwei Drittel dieser Beträge, die versprochen
urden, feierlich zugesagt worden sind, sind überhaupt
ezahlt worden. Nach Berechnungen von ONE, einer
ntwicklungshilfeorganisation, hat Deutschland gerade





Thilo Hoppe


(A) )


)(B)

mal 25 Prozent seiner Versprechungen auch wirklich
eingehalten und umgesetzt.

In Heiligendamm hat die Kanzlerin noch die anderen
ermahnt, die Ärmsten der Armen nicht im Stich zu las-
sen und die Versprechungen einzuhalten. Jetzt braucht
sie nur in den Spiegel zu schauen, um festzustellen, wer
nicht Wort gehalten hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Wie gesagt, bisher hat man immer noch beteuert, das
ist unsere Verpflichtung. Das ist jetzt im Schatten der an-
deren Krisen heimlich, still und leise aus den Dokumen-
ten verschwunden.

Noch etwas fehlt in den Abschlusskommuniqués der
beiden Gipfeltreffen. Es gab immer so eine Stereotype:
Die WTO-Welthandelsrunde muss auch im Sinne der
Entwicklungsländer zum Erfolg führen. Die fehlt dies-
mal völlig. Die Entwicklungsländer sind außen vor. Jetzt
setzt man auf bilaterale Freihandelsabkommen. Bei
diesen bilateralen Freihandelsabkommen werden die
Schwächsten natürlich wieder unter die Räder kommen.
Auch dort gibt es eine Rückkehr zum Egoismus.

G 8 und G 20 sind diesen Krisen nicht gewachsen, sie
können diesen Krisen nicht wirklich begegnen. Das ha-
ben schon einige gesagt. Die Vereinten Nationen müssen
stärker an Bedeutung gewinnen. In diesem Zusammen-
hang – das wird Sie vielleicht wundern – möchte ich ein-
mal die Kanzlerin loben, nicht für ihr jetziges Auftreten,
sondern für das, was sie vor zwei Jahren zur großen
Überraschung in Davos gesagt hat. Da hat sie eine UN-
Charta für nachhaltiges Wirtschaften gefordert und
eine starke Rolle der Vereinten Nationen.


(Zuruf von der SPD)


Da haben viele Zeitungen getitelt:

Merkel fordert eine „Wirtschafts-UN“.

Doch leider sind diesen großen Worten keine Taten ge-
folgt. Wir haben viele Anfragen gestellt. – Nichts, aber
auch gar nichts.


(Garrelt Duin [SPD]: Kommt ja öfter vor!)


G 8 und G 20 sind gescheitert. Aber diese Ankündi-
gung „Was nicht ist, kann ja noch werden“ bringt uns
dazu, die Kanzlerin zu ermutigen, die Papiere, die Herr
Weidmann damals geschrieben hat, endlich mit Leben zu
erfüllen, ihnen endlich zum Durchbruch zu verhelfen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


G 20 muss sich reformieren! G 20 ist in der Krise,
und ein Herauskommen ist nur denkbar, wenn G 20 nä-
her an die Vereinten Nationen heranrückt, wenn beide
Reformprozesse zusammengeführt werden. Zeigen Sie
uns, dass diese Äußerungen von Davos nicht nur ein Me-
diengag waren!

Danke.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705203600

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

etzt der Kollege Peter Aumer von der CDU/CSU-Frak-
ion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Peter Aumer (CSU):
Rede ID: ID1705203700

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! „Merkel setzt sich gegen Obama durch“,


(Lachen bei der SPD)


o titelte das Handelsblatt am vergangenen Montag über
as Verhandlungsergebnis von Toronto. – Das Lachen
er Opposition, denke ich, kommt an einigen Stellen zu
echt, aber insgesamt sollte man doch die Ergebnisse
ahrnehmen, die erzielt worden sind. Ich denke, diese

ind richtig und wertvoll.

Wesentliche Themenfelder standen im Mittelpunkt
es Treffens der G-20-Länder.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Im Handelsblatt steht etwas anderes!)


Ja, heute. Das war am Montag, kurz nach dem Gipfel.
ch denke, dass das doch das Entscheidende ist, oder?


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Frage des Wachstums und des gleichzeitigen
chuldenabbaus war ein wesentlicher – –


(Garrelt Duin [SPD]: Dieser HandelsblattArtikel hier ist auch von Montag!)


Ja, dann schauen Sie bitte auf Seite eins. Da steht ge-
au das, was ich Ihnen vorher zitiert habe.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das haben die in Niedersachsen noch nicht mitbekommen!)


or allem auf Drängen der Bundeskanzlerin wurde be-
chlossen, dass die Haushaltsdefizite der Industrielän-
er bis 2013 halbiert und ab 2016 abgebaut werden sol-
en. Dieser Beschluss hat gezeigt, dass sich Deutschland

it dem Wesenskern unserer deutschen Politik der nach-
altigen Haushaltsführung bei den wichtigsten Ländern
ieser Erde durchgesetzt hat.

Die Kanzlerin hat vor kurzem gesagt, das, was unsere
eit heute braucht, sind „Solidarität und Solidität“.
ir Deutschen und die Bundeskanzlerin haben unseren
eitrag dazu geleistet, dass Solidität der öffentlichen Fi-
anzen weltweit einen wichtigen Stellenwert erfährt.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Solidität bedeutet Nachhaltigkeit. Ziel unseres Han-
elns muss sein, der Verantwortung für die künftigen
enerationen gerecht zu werden.

„Wachstumsfreundlicher Defizitabbau“ ist die Zu-
ammenfassung des in diesem Punkt Erreichten. Wenn
un die Antragsteller diesen Weg der Solidität infrage





Peter Aumer


(A) )


)(B)

stellen, dann verstehe ich die Welt nicht mehr. Meine
sehr geehrten Damen und Herren der Linken, diesen
Weg der Konsolidierung und Nachhaltigkeit, der sich auf
G-20-Ebene durchgesetzt hat, als schädliche Sanierung
der öffentlichen Haushalte zu bezeichnen, wie Sie das in
Ihrem Antrag tun, ist das einzig Schädliche in dieser De-
batte heute


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


und zeigt, dass Sie nicht verstehen wollen, warum diese
Maßnahmen ergriffen wurden.

Neben diesem wichtigen Punkt der Konsolidierung
der öffentlichen Haushalte stand auch die Frage der Fi-
nanzmarktarchitektur auf der Tagesordnung der G 20.
In einigen Punkten konnte ein Durchbruch errungen
werden. Eine abschließende Verhandlung wird beim
nächsten G-20-Treffen im Herbst stattfinden.

Wenn Sie, sehr geehrte Damen und Herren der SPD,
in Ihrer Großen Anfrage, über die wir heute auch disku-
tieren, bei den Verhandlungen durch die Bundesregie-
rung die notwendige Intensität vermissen, dann schauen
Sie doch bitte auch auf die internationale Situation, so
wie sie der Bundesfinanzminister in seiner Rede aufge-
zeigt hat. Selbstverständlich ergeben sich bei Verhand-
lungen zwischen Nationen unterschiedliche Ansätze, die
angeglichen werden müssen und die zum Teil verzö-
gernd wirken.

Bundeskanzlerin Merkel hat bei einer Pressekonfe-
renz nach dem Gipfel Folgendes gesagt:

Ich glaube, wir werden auch als G 20 Schritt für
Schritt zusammenwachsen müssen, und wir werden
gleiche und dennoch unterschiedliche Verantwor-
tungen haben.

Die Kanzlerin und der Bundesfinanzminister handeln
mit dem nötigen Nachdruck aus der Verantwortung für
unser Land und arbeiten deswegen für die Stabilität der
internationalen Finanzarchitektur und für die Solidität
der internationalen Haushalte – aus der Verantwortung
heraus, die wir Deutschen in dieser Welt und für diese
Welt haben.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705203800

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/2232 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 21 a und 21 b auf:

a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Caren Lay,
Dr. Axel Troost, Karin Binder, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion DIE LINKE

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(C (D Finanziellen Verbraucherschutz stärken – Finanzmärkte verbrauchergerecht regulieren – Drucksachen 17/887, 17/1782 – Berichterstattung: Abgeordnete Klaus-Peter Flosbach Dr. Carsten Sieling Harald Koch b)

richts des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu
dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gerhard
Schick, Dr. Thomas Gambke, Lisa Paus, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Grauen Kapitalmarkt durch einheitliches An-
legerschutzniveau überwinden

– Drucksachen 17/284, 17/2335 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Gerhard Schick

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Sind Sie da-
it einverstanden? – Das ist der Fall.

Dann eröffne ich die Aussprache und erteile als erster
ednerin das Wort der Kollegin Lucia Puttrich von der
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Lucia Puttrich (CDU):
Rede ID: ID1705203900

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-

en! Uns liegen heute zwei Anträge vor, je einer von der
raktion der Linken und von der Fraktion der Grünen.
ie haben das Ziel, den finanziellen Verbraucherschutz
u stärken. Das klingt erst einmal gut. Die Anträge ent-
alten Ansätze, die man durchaus teilen kann. Wenn
an sich mit den Anträgen aber intensiver beschäftigt,

tellt man fest, dass Sie, meine Damen und Herren, doch
ehr viele populistische Forderungen aufgenommen ha-
en und dass Ihnen die öffentliche Wirkung offensicht-
ich wichtiger ist als die tatsächliche Umsetzbarkeit.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Der finanzielle Verbraucherschutz ist uns, der christ-
ich-liberalen Koalition, ein sehr wichtiges Anliegen. Es
st für uns vollkommen inakzeptabel, dass in Deutsch-
and rund 20 Milliarden Euro durch Falschberatung oder
ehlberatung verloren gehen. Wir werden handeln. Des-
alb arbeiten wir daran, dass Verbraucher vor vermeid-
aren Verlusten besser geschützt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir wollen, dass Verbraucher das Vertrauen in den Fi-
anzmarkt und seine Produkte wieder zurückgewinnen.
ber, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen,
as werden Sie mit Ihren Anträgen und der Strangulation
on Finanzmärkten mit Sicherheit nicht erreichen. Wir
etzen auf Transparenz, gezielte Regulierung und Kon-
rolle.





Lucia Puttrich


(A) )


)(B)

Sie, meine Kolleginnen und Kollegen der Linken, for-
dern zum Beispiel eine eigene Verbraucherschutzbe-
hörde, finanziert durch die Finanzbranche. Ebenso for-
dern Sie die Möglichkeit von Sammelklagen und die
Einrichtung eines Finanz-TÜVs.

Lassen Sie mich auf einzelne Dinge eingehen. Es ist
ein vollkommener Trugschluss, zu glauben, dass eine
neue Behörde einen höheren Verbraucherschutz bedingen
würde. Das Gegenteil ist der Fall. Eine neue Behörde
schafft mehr Bürokratie. Eine neue Behörde verursacht
mehr Kosten. Letztendlich werden es die Verbraucherin-
nen und Verbraucher sein, die diese Kosten zu tragen ha-
ben. Deshalb lehnen wir die Einrichtung einer solchen
Behörde ab.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir wollen statt einer neuen Behörde mehr Verantwort-
lichkeit und eine stärkere Haftung.

Ich komme nun zu Ihrer Forderung, Sammelklagen
zuzulassen. Sammelklagen sind erst einmal nur ein Kon-
junkturprogramm für rührige Anwaltkanzleien. Sie brin-
gen keinen erhöhten Verbraucherschutz. Wir lehnen des-
halb Sammelklagen ab.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was wollen Sie denn sonst machen?)


Wir sind der Meinung, dass es andere Mittel gibt, die
sich in anderen Ländern bewährt haben. Man kann
durchaus über Beschwerdeverfahren, wie etwa der Super
Complaint in Großbritannien, nachdenken, bei dem Ver-
braucherschutzverbände die Möglichkeit haben, die Fi-
nanzaufsicht aufzufordern, in bestimmten Fällen einzu-
schreiten. Das halten wir für einen tatsächlichen
Fortschritt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sie fordern von Ihrer Seite einen nationalen oder eu-
ropäischen Finanz-TÜV. Das klingt erst einmal gut, weil
der Begriff „TÜV“ positiv behaftet ist. Wenn man sich
das aber genauer anguckt, dann kann man nur sagen:
Das ist völlig unrealistisch. Damit fordern Sie, dass rund
800 000 Finanzprodukte, allein 350 000 Zertifikate auf
dem deutschen Markt, geprüft werden, und zwar inhalt-
lich und seriös. Angesichts dieser Zahlen kann man nur
sagen: Der Begriff ist schön, die Umsetzung ist schlicht
und einfach nicht möglich.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Erlauben Sie mir die Bemerkung: Ihre Anträge sind
populistisch. Sie sind nicht umsetzbar. Realistische For-
derungen finden Sie wiederum in dem Koalitionsvertrag
der christlich-liberalen Koalition.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Das ist schwarz-gelbes Chaos! – Caren Lay [DIE LINKE]: Dann setzen Sie es doch um!)


Wir werden ein Finanzdienstleistungsrecht schaffen, das
die Anleger wirkungsvoll und angemessen vor unseriö-

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(C (D en Anbietern und Produkten schützt. Wir werden die aftung für Vertriebe und Produkte verschärfen. Unser iel ist es auch, die Anforderungen an Berater und Verittler bezüglich deren Qualifikation und Registrierung u standardisieren. Wir sind uns alle einig, dass die Reform der Finanzufsicht ein wichtiger Bestandteil bei der Verbesserung es Anlegerschutzes ist. Deshalb müssen Anbieter und rodukte künftig hinsichtlich der Verbraucherbelange ontrolliert werden. Wir haben hierzu ein entsprechenes Maßnahmenpaket vorgelegt. Dazu gehören zum Beipiel die gesetzliche Verankerung des Verbraucherschutes bei der Finanzaufsicht. Dazu gehört ein geregelter nd ständiger Dialog zwischen Verbraucherschutzveränden und Verbraucherschutzministerium. Dazu geört die Einführung einer Beschwerdeservicenummer nd standardisierte Beschwerdeverfahren für Verbrauher. Dazu gehört auch die Möglichkeit der Warnung vor nseriösen Finanzprodukten und deren Anbietern, so ie es im Lebensmittelsektor schon geübte Praxis ist. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Lassen Sie mich nur einige wenige Bemerkungen zu
em Antrag der Grünen sagen. Sie fordern, den Schutz
er Anleger speziell auf dem grauen Kapitalmarkt zu
erbessern und ein einheitliches Schutzniveau zu schaf-
en. Hierzu kann ich nur sagen: Sehr gut! Das wollen wir
uch. Regelung und Kontrolle müssen auch auf dem
rauen Kapitalmarkt eintreten.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Inzwischen wollen Sie es auch! Das haben Sie in der letzten Legislaturperiode noch abgelehnt!)


er Entwurf des Finanzministeriums beinhaltet zahlrei-
he Änderungen im Hinblick auf den grauen Kapital-
arkt. Die Eckpunkte sind bekannt. Ich kann aus Zeit-

ründen nicht auf Einzelheiten eingehen.

Ihr Antrag wiederum schießt weit über das Ziel hi-
aus. Ihre Forderung, das Wertpapierdienstleistungs-
echt zu einem ganzheitlichen Kapitalanlagerecht wei-
erzuentwickeln, zeigt, dass Sie die Vielfältigkeit des
inanzmarktes offensichtlich nicht verstanden haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ungleiches kann man nicht gleich behandeln. Zielge-
ichtete, individuelle Maßnahmen sind hier angebracht,
icht Ihre Rasenmähermethode. Sie wollen den grauen
apitalmarkt überwinden. Wir wollen Auswüchse ver-
indern und ihn deshalb kontrollieren und beaufsichti-
en.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei Ihnen soll er grau bleiben! – Gegenruf des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/ CSU]: Nein!)


Wir wollen ein stabiles, erfolgreiches und faires Fi-
anzsystem. Banken müssen ihrer Aufgabe als Dienst-
eister für Unternehmer und Privatpersonen wieder ver-





Lucia Puttrich


(A) )


)(B)

stärkt nachkommen. Bei Ihnen dreht sich beinahe alles
um staatliche Reglementierung und Bevormundung. Ein
Rundum-sorglos-Paket für die Verbraucher ist in der
Realität schlichtweg nicht möglich. Das ist eine populis-
tische Täuschung.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir werden mit schlüssigen und durchgreifenden Ein-
zelmaßnahmen den finanziellen Verbraucherschutz dau-
erhaft verbessern. Damit garantieren wir Freiheit und
Verantwortung als Grundprinzipien des Finanzmarktes
und letztlich auch unserer sozialen Marktwirtschaft.
Deshalb lehnen wir die Anträge der Linken und der Grü-
nen ab.

Besten Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705204000

Das Wort hat jetzt die Kollegin Elvira Drobinski-

Weiß von der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Elvira Drobinski-Weiß (SPD):
Rede ID: ID1705204100

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass wir hier zum
wiederholten Male über das Thema Finanzmarkt disku-
tieren – das letzte Mal gestern Abend –, zeigt, dass der
Markt gerade für Finanzdienstleistungen überhaupt nicht
funktioniert.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Nein!)


Bei vielen Anlageprodukten sind weder Risiken noch
Kosten für den Normalverbraucher – ich denke, um den
geht es hier in erster Linie – durchschaubar. Viele Pro-
dukte sind so komplex, dass oft auch Finanzvermittler
sie nicht verstehen. Das heißt, die Nachfrageseite kann
ihre Aufgabe, gute Angebote von schlechten zu unter-
scheiden, nicht wahrnehmen.

In der Praxis, so haben wir erfahren, ist die Höhe der
Provision oft viel wichtiger, als etwa die Risikobereit-
schaft des Kunden oder dessen Lebenssituation zu be-
rücksichtigen. So bekommen etwa Rentner mit geringem
Vermögen Anlagen aufgeschwatzt, die nicht einmal ver-
mögende Kunden in ihrem Portfolio haben. Als Folge
wird nicht nur der sprichwörtlich kleine Mann um seine
Ersparnisse gebracht; vielmehr sind auch die volkswirt-
schaftlichen Schäden immens. Hinzu kommt eine Fi-
nanzaufsicht, die mangels Kompetenzen oft tatenlos
usehen musste, wie windige Anlagebetrüger Schrott-
immobilien an den Mann gebracht oder einen finanziel-
len Giftcocktail angerührt haben.

Hiermit ist klar: Wir brauchen einen wirklichen Aus-
bau des Verbraucherschutzes im Bereich der Finanz-
dienstleistungen.


(Beifall bei der SPD)


Wir, die SPD, haben gestern Abend mit unserem Antrag
die Bundesregierung aufgefordert, ein schlüssiges – ich

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(C (D etone: schlüssiges – Gesamtkonzept für einen verbrauhergerechten Finanzmarkt vorzulegen. Denn Anleger ollen, einfach gesagt, über Produkte verständlich inforiert und ihrer Lebenssituation entsprechend beraten erden. Dazu sollten Standards für die Qualifizierung er Berater ebenso selbstverständlich sein wie korrekte, ollständige und vor allem miteinander vergleichbare roduktinformationsblätter. Die Vorschläge der Bundesegierung hierzu reichen keinesfalls aus. Wir brauchen erbindliche Muster. Anleger wollen sicher sein, dass alle für Investitionsnd Anlagezwecke infrage kommenden Produkte und hre Vertriebswege gleichen Anforderungen entsprechen üssen. Anleger erwarten eine funktionierende Finanzufsicht, die Missstände sowohl bei den Unternehmen nd den Produkten als auch bei der Beratung aufdeckt, erfolgt und sanktioniert. Anleger wünschen sich eine tarke, unabhängige Verbraucherorganisation, die entprechende Kapazitäten sowohl personell als auch finaniell aufweist, um ihrerseits den Markt zu beobachten, chwarze Schafe mit Abmahnungen und Klagen vom arkt zu drängen und unabhängig beraten zu können. ine Stärkung der Verbraucherorganisationen ist aber in en Plänen von Frau Aigner nicht vorgesehen. Die Verbraucherschutzministerin Frau Aigner hatte chon vor anderthalb Jahren den Anlegerschutz zur hefsache erklärt und kündigt seitdem regelmäßig ge etzliche Maßnahmen an. Leider ist es wie so oft bei dieen Ankündigungen geblieben. Auch an Finanzminister chäubles unzureichendem Arbeitsentwurf zur Stärung des Anlegerschutzes wurde das Ministerium, also as BMELV, mit einer Frist zur Stellungnahme von geade einmal drei Stunden beteiligt. Inzwischen ist der ntwurf, der ursprünglich am 23. Juni im Kabinett vorelegt werden sollte, auf die lange Bank geschoben woren. Wir wissen, warum: damit Lobbyisten diesem Enturf, der kein guter ist, auch noch die letzten Zähne iehen können. Wie viele Studien und Erhebungen, die auf die prolematische Situation auf dem Finanzmarkt aufmerksam achen, brauchen wir noch, damit die Regierung aktiv ird? Frau Aigner, die leider auch heute wieder nicht da ist das Thema scheint ihr also doch nicht so wichtig zu ein – (Otto Fricke [FDP]: Sie ist doch durch eine gute Staatssekretärin vertreten!)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


ganz genau, dann spreche ich eben Frau Klöckner an –,
öchte ich fragen: Verstehen denn Sie die von Ihnen

orgeschlagenen Formulierungen für die Produktinfor-
ationsblätter? Gestatten Sie mir ein Zitat:

Die Kursentwicklung des Zertifikats sowie die
Höhe der Auszahlung hängen von der Entwicklung
des Basiswertes ab. Der Anleger erwirbt das Zerti-
fikat am Emissionstag zu einem Preis, der niedriger





Elvira Drobinski-Weiß


(A) )


)(B)

ist als der Kurswert des Basiswertes am Emissions-
tag (Diskont).


(Otto Fricke [FDP]: Klar!)



(max. bis zum Höchstbetrag)

wertes partizipieren.

Ich gehe davon aus, dass Sie alle das verstanden haben


(Otto Fricke [FDP]: Ja!)


und natürlich auch die Verbraucherinnen und Verbrau-
cher.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dieses Beispiel macht doch deutlich: Wir brauchen ei-
nen entsprechenden Schutz für die Verbraucherinnen und
Verbraucher. Wir haben in unserem gestern debattierten
soliden und umfassenden Antrag deutlich gemacht, wie
wir uns diesen vorstellen. Ich kann Sie nur auffordern,
sich in diesem Sinne weiter einzubringen. Echter ver-
ständlicher Verbraucherschutz ist nämlich wahrlich wich-
tig.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705204200

Das Wort hat der Kollege Frank Schäffler von der

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Frank Schäffler (FDP):
Rede ID: ID1705204300

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Die beiden vorliegenden Anträge sind unterschied-
lich zu beurteilen. Ich will mich zuerst mit dem Antrag
der Linken beschäftigen. Was die Linken hier vorge-
schlagen haben, ist, wie ich glaube, ein Schnellschuss.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Damit wird man den Problemen, die wir in der Finanz-
beratung und bei der Vermittlung von Finanzprodukten
in Deutschland haben, nicht gerecht. Sie werden dem
deshalb nicht gerecht, weil Sie hier Instrumente erwäh-
nen, die Sie ansonsten an anderer Stelle ablehnen.

Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: Der Finanz-TÜV
ist Ihre Allzweckwaffe, um die Qualität der Finanzpro-
dukte in Deutschland zu verbessern. Ich weiß nicht, ob
Sie schon einmal beim TÜV waren, aber eine Untersu-
chung beim TÜV zeichnet sich dadurch aus, dass ein
Auto formal geprüft wird, ob es den technischen Nor-
men entspricht, wofür, anders als Sie es vielleicht erwar-
ten, die Kunden, also die Auftraggeber, den TÜV bezah-
len. Genau das kritisieren Sie aber an anderer Stelle
immer wieder: Denn auch Ratingagenturen werden von
den Auftraggebern faktisch dafür bezahlt, dass sie Ra-
tings über bestimmte Finanzprodukte erstellen. Das, was
Sie hier fordern, entspricht also genau dem Ablauf, wie

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(C (D r sich aktuell am Markt bei Ratings darstellt. Doch geau diesen Ablauf kritisieren Sie. Wir müssen uns sicherlich intensiv über den Missrauch am Finanzmarkt unterhalten. Hierfür gibt es viele istorische Beispiele. Über Phoenix haben wir nicht nur gestern Abend im arlament diskutiert, sondern schon des Öfteren seit 005, also faktisch noch zur rot-grünen Regierungszeit, (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Phoenix Kapitaldienst!)


at dieses Thema dieses Haus beschäftigt. Das sind Vor-
änge, die auf dem regulierten Markt passiert sind und
ie von der BaFin sowie der Entschädigungseinrichtung
er Wertpapierhandelsunternehmen hätten kontrolliert
erden müssen. Hier haben allerdings die Institutionen,
ie wir dafür geschaffen haben, deutlich versagt, obwohl
ich das Ganze nicht einmal in einem unregulierten Be-
eich abgespielt hat. Im regulierten Bereich hat sich also
iner der größten Betrugsskandale in Deutschland abge-
pielt. Nach wie vor warten 20 000 Anleger auf einen
roßteil ihres Geldes. Zugleich müssen die Zwangsmit-
lieder der EdW, obwohl sie diesen Schaden nicht mit-
erursacht haben, dafür bezahlen. All das hat in einem
ehr stark regulierten Bereich stattgefunden.

Ein weiteres aktuelles Beispiel ist der Fall Kiener.
uch hier spielte sich alles im regulierten Investment-

ondsbereich ab.

Daran sehen Sie, dass es nicht reicht, neue Behörden
der neue Institutionen bzw. neue Aufgabenfelder zu
chaffen. Entscheidend ist vielmehr, dass die materielle
egulierung verbessert wird, dass tatsächlich die Quali-

ät der Regulierung verbessert wird. Daran hapert es in
eutschland. Deshalb sollte man aus meiner Sicht zwei
inge anpacken:

Wir müssen zum einen dafür sorgen, dass schwarze
chafe vom Markt entfernt werden. Das erreicht man am
hesten, indem man einen konsistenten Finanzdienstleis-
ungsmarkt schafft, auf dem es keine Arbitrageeffekte
ibt, auf dem es keine Möglichkeit zum Ausweichen auf
ndere Bereiche gibt, zum Beispiel zu den geschlosse-
en Fonds. Diese Lücke wollen wir – wir sind gerade da-
ei – mit dem Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes
chließen. Wir wollen, dass es keine Ausweichmöglich-
eiten am Markt gibt. Wir wollen, dass es einheitliche
tandards gibt, was die Haftung betrifft, dass es einheit-

iche Standards gibt, was die Ausbildung betrifft, und
ass es einheitliche Standards gibt, was die Versicherun-
en betrifft. Diese Standards sind notwendig, damit es
iese Arbitrageeffekte am Markt nicht gibt. Nach der
ommerpause werden wir Vorschläge zur politischen
msetzung vorlegen.

Mir ist zum anderen wichtig, dass uns klar wird, dass
icht nur die schwarzen Schafe das Problem in Deutsch-
and sind. Ganz entscheidend ist, dass wir die Qualität
er Produkte und der Produktvermittlung verbessern.
atürlich kann man in diesem Zusammenhang noch
ehr Dokumentation und noch mehr Produktinformatio-

en fordern. Man kann noch mehr Papier produzieren.





Frank Schäffler


(A) )


)(B)

Bei Verbraucherzentralen und anderen Institutionen
kommt das sicher gut an, ist aber keine Gewähr dafür,
dass die Kunden bessere Produkte bekommen.

Ich glaube, es gibt zwei Wege, die man einschlagen
kann:

Wir müssen auf der einen Seite, was die Vermittlung
betrifft, die Haftungsregeln verbessern und die Haftung
verschärfen; das haben wir im letzten Jahr gemacht.

Wir müssen aber auf der anderen Seite auch eine Re-
gelung für die Produktebene schaffen. Das, was der Ver-
mittler oder Berater seinem Kunden am Ende empfiehlt,
muss das beste Produkt sein, und zwar unabhängig da-
von, welcher Vertriebsweg gewählt wird, ob über die
Bank, über freie Vermittler, über Makler oder über Ho-
norarberater. Am Ende muss der Kunde das beste Pro-
dukt erhalten. Das ist in Deutschland leider nicht ge-
währleistet. Das hat sehr viel mit den Vertriebswegen zu
tun. Das hat aber auch sehr viel damit zu tun, welchem
Bankensektor der jeweilige Berater angehört. Ich glaube,
es ist entscheidend, dass wir diesen Punkt angehen.

Wir unterhalten uns zu oft über die grauen und
schwarzen Schafe auf dem Markt. Wir sollten uns auch
darüber unterhalten, wie die Qualität am Markt insge-
samt verbessert werden kann. Dazu werden wir Vor-
schläge vorlegen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705204400

Das Wort hat die Kollegin Caren Lay von der Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Caren Lay (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705204500

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

ren! Ich muss mich schon sehr darüber wundern, dass
die Vertreterinnen und Vertreter der Koalition heute der
Linken einen Schnellschuss vorwerfen. Wie lange wol-
len Sie eigentlich noch warten, bis Sie endlich handeln?
Die Lehman-Pleite ist zwei Jahre her, und die zweite Fi-
nanzkrise liegt mehrere Monate zurück. Expertinnen und
Experten sprechen von der größten Wirtschafts- und Fi-
nanzkrise nach dem Zweiten Weltkrieg. Da muss ich
mich fragen: Wie lange will die Koalition noch warten,
bis sie endlich handelt?


(Beifall bei der LINKEN)


Die Menschen erwarten von uns als Politikerinnen
und Politikern, dass wir die Finanzmärkte regulieren und
uns mit der Finanzlobby anlegen. Ich bin froh, dass wir,
die Linke, die Initiative ergriffen haben.

Alle Fraktionen haben inzwischen Anträge und Vor-
schläge auf den Tisch gelegt, nur die Koalition lässt auf
sich warten. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich bin
es leid, zum wiederholten Male zu hören, dass ein
Antrag kommt – entweder vor oder nach der Sommer-
pause – und Gesetzentwürfe in irgendwelchen Schubla-

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(C (D en herumliegen. So lange können wir nicht warten. In er Politik zählen nicht Ankündigungen, sondern Taten. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir sind es in vielen Bereichen gewohnt, dass die Re-
ierung Murks macht und nicht regiert. Aber die Men-
chen leiden unter Ihrer Untätigkeit. Viele verlieren ihre
rbeit. Viele verlieren ihr Vermögen, so sie welches ha-
en. Allein durch schlechte Finanzberatung werden Ver-
raucherinnen und Verbraucher jährlich um 20 bis
0 Milliarden Euro geprellt.

Intransparente Finanzprodukte überschwemmen die
ärkte ungehindert, und das immer wieder aufs Neue.
anker kassieren Provisionen, wenn sie unbedarften An-

egern riskante Finanzanlagen aufschwatzen können.
ersteckte Kosten machen nicht einmal vor staatlich ge-

örderten Riester-Renten halt. Überhöhte Zinsen bei Dis-
okrediten treiben Menschen zunehmend in die Über-
chuldung. Schwarz-Gelb schaut sich das alles tatenlos
n und schiebt die vielen versprochenen Reformen vor
ich her.

Der Nachholbedarf beim Verbraucherschutz im Fi-
anzbereich ist enorm. Die USA haben bereits beschlos-
en, eine eigene Verbraucherbehörde einzurichten. Ich
etone: die USA, nicht die Sowjetunion.


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: Die gibt es ja nicht mehr!)


chweden und Großbritannien haben den Verbraucher-
chutz ebenfalls längst wirksam in der Finanzaufsicht
erankert. Warum soll das in Deutschland nicht möglich
ein? Auch wir brauchen eine effektive Verbraucherbe-
örde für die Finanzmärkte. Es gibt in Deutschland für
ast alles eine öffentliche Kontrolle; an Ämtern mangelt
s uns nun wirklich nicht. Aber gerade an der Stelle, wo
s dringend nötig wäre, die Märkte im Interesse der Ver-
raucherinnen und Verbraucher zu regulieren, tun Sie
ichts. Sie wollen die Verantwortung auf die Bürgerin-
en und Bürger abwälzen, weil Sie Angst haben, sich
it der Finanzlobby anzulegen. So sieht es aus.


(Beifall bei der LINKEN)


Meine Damen und Herren, wir brauchen nicht nur ei-
en Schutzschirm für die Banken, sondern auch einen
chutzschirm für die Verbraucherinnen und Verbraucher.


(Beifall bei der LINKEN)


eshalb sagen wir als Linke: Der Verbraucherschutz ge-
ört gesetzlich verankert in die Finanzaufsicht. Wir als
inke haben einige gute Vorschläge gemacht, an denen
ich die Koalition vielleicht ein Beispiel nehmen könnte.

Erstens. Wir wollen eine gute, unabhängige Finanzbe-
atung durch professionell ausgebildete Berater.

Zweitens. Wir wollen einen Ausbau der Finanzbera-
ung bei den Verbraucherzentralen, damit gute Beratung
ein Privileg der Reichen ist.

Drittens. Wir wollen einen TÜV für Finanzprodukte;
enn Schrottpapiere gehören nicht auf den Markt. Ich





Caren Lay


(A) )


)(B)

weiß nicht, was an dieser Forderung unrealistisch sein
soll. Auch die FDP hat sie bislang erhoben.

Über drei Viertel aller Wahlberechtigten sind der An-
sicht, dass die Bundesregierung zu wenig für den Ver-
braucherschutz im Finanzbereich tut. Ich frage mich: Wo-
rauf wartet die schwarz-gelbe Bundesregierung noch?
Gefragt sind nicht Zögerlichkeit und Klein-Klein, son-
dern entschlossenes Handeln mit Konzept.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich erwarte von der Bundesregierung wesentlich mehr
Mut, Entschlossenheit und vor allen Dingen endlich
Handlungen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705204600

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Gerhard Schick

von Bündnis 90/Die Grünen.


Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705204700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

muss sagen: Ich bin es langsam leid, dass in dieser un-
aufrichtigen Art und Weise über dieses Thema geredet
wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Jetzt geben Sie doch einmal zu, dass die Große Koalition
die entscheidenden Problemfelder bei den Anleger-
schutzgesetzen immer ausgespart hat. Deswegen haben
die Menschen die Probleme bekommen, über die wir
jetzt jeden Tag in der Zeitung lesen. Tun Sie nicht so, als
sei es nicht bekannt gewesen, dass den Menschen mit
den Zertifikaten völlig intransparente Produkte verkauft
werden und dass der Staat hier regulieren muss. Wir ha-
ben das schon 2006, also vor der Finanzkrise, angespro-
chen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Heute tun Sie so, als seien Sie die ganz tollen Anleger-
schutzparteien. Sie selber haben es damals abgelehnt, et-
was zu tun. Heute hört man: Ja, wir müssen die Anleger
schützen. Geben Sie es zu: Es war bekannt, Sie wollten
es nicht regulieren, und Sie haben die Leute ins finan-
zielle Verderben laufen lassen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Auch die Sozialdemokraten haben mitgemacht, zum
Beispiel bei der Umsetzung der Versicherungsvermittler-
Richtlinie. 70 Prozent der Vermittler unterliegen nicht
den Qualifkationsanforderungen. Sie haben diese 70 Pro-
zent damals bewusst ausgespart, weil Sie daran nichts än-
dern wollten. Jetzt beklagen Sie lautstark, dass so viele
Menschen eine Fehlberatung erhalten. Daran haben Sie
selber Schuld. Geben Sie das zu, und ändern Sie etwas!

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich bin es leid: Wir haben seit eineinhalb Jahren eine
eue Verbraucherministerin. Ankündigungen hier, An-
ündigungen dort – Verbraucherpolitik ist doch kein
howbusiness. Das gilt auch für Sie, Frau Klöckner.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


erbraucherpolitik hat etwas mit dem Setzen von Regeln
u tun. Das, was Sie machen, ist eine reine Blubb-Veran-
taltung; Sie sind wandelnde Sprechblasen. Ich bin bei
em Thema inzwischen wirklich empört.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Das gilt auch für das, was Sie ankündigen.

err Flosbach hat gestern angekündigt: Wir setzen ein
roßes Anlegerschutzkonzept um. – Der zentrale Pro-
lembereich der Zertifikate taucht aber nicht auf. Die
enschen werden weiter mit Hunderttausenden schlech-

en Zertifikaten überfordert sein und schlechte Produkte
orfinden, genauso wie es heute der Fall ist.

Zweite Leerstelle. Sie machen nichts bei den gebun-
enen Vermittlern. Der Fehler der Großen Koalition
ird nicht korrigiert. Das hat mir gerade die Bundes-

egierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage be-
tätigt. Sie werden es dabei belassen, dass 70 Prozent
es Vermittlermarktes aus unqualifizierten Leuten beste-
en. Das ist so, als ob Menschen mit Zahnproblemen
um Schmied anstatt zum Zahnarzt gingen. Sie belassen
s bei diesem Zustand. Das ist fatal.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


ie Beratungsprotokolle dienen mehr dazu, die Haf-
ungsfreistellung für den Berater sicherzustellen. Das,
as Sie im Verbraucherministerium bisher gemacht ha-
en, ist nicht kundenorientiert. Das ist einfach skanda-
s.

Ein weiterer Punkt ist der graue Kapitalmarkt. Wir
aben uns darüber viele Gedanken gemacht. Schon in
er letzten Legislaturperiode haben wir einen Anstoß ge-
eben. Es ist gut, dass Sie nun unsere Initiative aufgrei-
en. Aber warum lassen Sie wieder die entscheidenden
ücken offen? So geht es weiter wie bisher. Solange Sie
ie Platzierungsgarantie und die Treuhänder nicht einbe-
iehen, muss man sich auf eine Garantie verlassen, von
er nachher nichts mehr da ist. Sie wissen doch, wo die
robleme sind. Das ist doch marktbekannt und politisch
ekannt. Warum tun Sie nichts dagegen?

Es ist wirklich empörend, dass Sie hier eine Show ab-
iehen, anstatt wirklich etwas gegen die Kernprobleme
u tun. Sie haben von einem angemessenen Schutz vor
nseriösen Beratern gesprochen. Genau das wird nicht
rreicht. Wir fordern Sie auf: Tun Sie endlich etwas!
om Showbusiness haben die Menschen genug, wenn
ie Zehntausende Euro verlieren, weil die Politik ihre





Dr. Gerhard Schick


(A) )


)(B)

Hausaufgaben nicht macht. Daran muss sich endlich et-
was ändern.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705204800

Das Wort hat der Kollege Ralph Brinkhaus von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Ralph Brinkhaus (CDU):
Rede ID: ID1705204900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das war

ein ganz wilder Vortrag, Herr Schick. Ich möchte wieder
ein bisschen Ruhe in die Debatte bringen.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir auch schon vor zwei Jahren gehört: Ruhe!)


Wir sind uns doch einig, dass bis vor wenigen Jahren im
Bereich des Verbraucherschutzes, insbesondere im Fi-
nanzdienstleistungsbereich, zu wenig getan worden ist.
Da beißt die Maus keinen Faden ab; das ist so. Es muss
etwas getan werden. Die Tatsache, dass wir uns in dieser
Woche das zweite Mal mit diesem Thema befassen und
dass die Regierung in Bälde einen Kabinettsentwurf zum
Anlegerschutz vorlegen wird, zeigt, dass alle Beteiligten
das Thema trotz aller inhaltlichen Differenzen sehr
wichtig nehmen; das ist auch gut so.

Ich möchte mir ersparen, jetzt alle Einzelmaßnahmen
und alle Einzelvorschläge durchzugehen. Ich möchte
vielmehr die Debatte an dieser Stelle nutzen, um einige
grundlegende Dinge zum Verbraucherschutz im Finanz-
bereich mit auf den Weg zu geben.

Verbraucherschutz ist in vielerlei Hinsicht eine Grat-
wanderung.

Er ist zum Ersten eine Gratwanderung zwischen not-
wendiger Regulierung auf der einen Seite und unnötiger
Bürokratisierung auf der anderen Seite. Das Beratungs-
protokoll ist ein schönes Beispiel dafür. Auf der einen
Seite ist es ein sehr nützliches Instrument. Wenn es gut
gemacht wird, schafft es Transparenz für den Anleger
und für den Verkäufer des Produktes. Auf der anderen
Seite hören wir täglich Klagen über den hohen adminis-
trativen Aufwand. Ein anderes Beispiel ist die Einrich-
tung neuer Institutionen wie eines Finanz-TÜVs. Auf
der einen Seite ist er eine gute Idee. Auf der anderen
Seite habe ich immer ein tiefes Misstrauen, wenn wir
eine neue Behörde oder eine neue Institution aufbauen,
weil das Ganze durchaus eine Eigendynamik entwickeln
kann.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Zweite Gratwanderung. Auf der einen Seite produzie-
ren wir durch Verbraucherschutz die Erwartungshaltung
bei den Verbrauchern, es gebe hundertprozentige Sicher-

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(C (D eit. Auf der anderen Seite haben wir eine große Unicherheit aufgrund der Komplexität der Welt und der rodukte, die verkauft werden. Eine Lehre aus der Fianzkrise ist doch gerade, dass wir hundertprozentige icherheit nicht garantieren können. Wer hätte vor drei der vier Jahren gedacht, dass Staatsanleihen von Spaien, Italien und anderen Ländern zum Problem werden önnten? Wir müssen aufpassen, dass wir dem Verbrauher nicht etwas versprechen, das wir am Ende nicht halen können. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ein schönes Beispiel für die Erwartungshaltung des
erbrauchers: Ich hatte neulich jemanden in der Sprech-
tunde, der in ein Hochrisikoprodukt investiert hatte. Ob er
ut oder schlecht beraten war, weiß ich nicht. Er sagte je-
enfalls: Das hätte die BaFin doch sehen müssen; da hätte
ie doch etwas tun müssen. Ich verklage die BaFin. – Da-
it sind wir bei der Vielzahl der Finanzprodukte, die auf

em Markt sind, und der Tatsache, dass man alle diese
rodukte einordnen und kontrollieren müsste. Wir müs-
en uns dieser Gratwanderung bewusst sein und uns fra-
en: Was versprechen wir durch den Verbraucherschutz,
nd was können wir halten?

Ich glaube, in diesen beiden Punkten sind wir uns alle
n diesem Haus durchaus einig. Aber es gibt noch einen
ritten Unterschied. Es ist ein großer, fundamentaler Un-
erschied, der, glaube ich, bei aller Leidenschaft, die Sie
erade für dieses Thema gezeigt haben, Herr Schick,
wischen uns besteht.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705205000

Herr Kollege Brinkhaus, erlauben Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Koch von den Linken?


Ralph Brinkhaus (CDU):
Rede ID: ID1705205100

Aber gerne.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705205200

Bitte schön.


Harald Koch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705205300

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Brinkhaus, Sie

issen, dass es bei Medikamenten einen Beipackzettel
ibt.


(Otto Fricke [FDP]: Da sagen aber die Gesundheitspolitiker: Das versteht auch keiner mehr!)


ieso soll es nicht möglich sein, ähnlich wie bei Medi-
amenten, die durch eine Aufsichtsbehörde geprüft und
ugelassen werden, auch für Finanzprodukte eine solche
iste vorzugeben?


(Otto Fricke [FDP]: Aber dagegen wehren sich doch eure Gesundheitspolitiker!)



Ralph Brinkhaus (CDU):
Rede ID: ID1705205400

War das die Frage?






(A) )


)(B)


Harald Koch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705205500

Das war die Frage, ja.


Ralph Brinkhaus (CDU):
Rede ID: ID1705205600

Vielen Dank. – Wir werden einen solchen Beipackzet-

tel – so nennen wir es tatsächlich – im Finanzdienstleis-
tungsbereich auf den Weg bringen und abwarten, wel-
chen Erfolg das zeitigt. Wenn es keinen Erfolg zeitigt,
dann müssen wir irgendwie regulieren. Darin gebe ich
Ihnen recht.

Ich möchte noch einmal auf den fundamentalen Un-
terschied zurückkommen, und zwar den Unterschied
zwischen Schutz auf der einen Seite und Bevormundung
auf der anderen Seite. Das ist die Gratwanderung beim
Verbraucherschutz.

Meine Damen und Herren, wir von der Union und
auch unsere Freunde von den Liberalen – deswegen ste-
hen wir bei allen hin und wieder auftretenden Differen-
zen den Liberalen viel näher als Ihnen – haben ein frei-
heitliches Menschenbild, das von einem Menschen
ausgeht, dessen Wesen es ist, Entscheidungen zu treffen,
der dann aber auch die Konsequenzen dieser Entschei-
dungen trägt und verantwortet, im Guten und im
Schlechten. Das ist im Übrigen auch der Kern der
Marktwirtschaft, zu der wir stehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Er muss informiert sein, damit er seine Freiheit nutzen kann!)


Verbraucherschutz kann, wenn er gut gemacht ist,
dazu beitragen, diese Entscheidungen zu verbessern. Er
kann dazu beitragen, dass Märkte funktionieren, indem
er vor allen Dingen zwei Punkte einfordert: Transparenz
und faire Regeln.


(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Und Informationen! – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Und Haftung!)


Wenn Verbraucherschutz allerdings in Entscheidungen
eingreift, indem er den Menschen sagt, was sie zu tun
haben, dann lehnen wir das ab. Denn das ist Bevormun-
dung. Wir Politiker haben nicht das Recht, aus Verbrau-
cherschutzgründen zu sagen: Das ist ein gutes Produkt,
und dies ist ein schlechtes Produkt. Diese Zeiten sind in
Deutschland Gott sei Dank vorbei.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir haben diese Diskussion geführt, als es um die
ethische und ökologische Ausrichtung der Finanzmärkte
gegangen ist. Damals habe ich ausführlich dargelegt,
dass wir es uns nicht anmaßen werden, zwischen guten
und schlechten Produkten zu unterscheiden.


(Widerspruch bei der SPD – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber wir zwischen guter und schlechter Politik!)


Das soll der Markt machen. Der Markt soll diese Ent-
scheidungen treffen.

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(C (D Für den Verbraucher muss eines gelten, nämlich dass erjenige, der die Chancen hat, auch die Risiken tragen uss. Wir alle kennen die Beispiele eines Bankkunden der eines Kunden eines freien Versicherungsund Anagenvermittlers, der immer wieder bei seinem Vermitter nach höheren Zinsen gefragt hat, aber dann, wenn es chiefgegangen ist, nach jemandem sucht, der in Hafung genommen werden kann. Verbraucherschutz ist notwendig. Wir müssen etwas un. Wir müssen mehr tun als in der Vergangenheit. Es ringt überhaupt nichts, Schuldzuweisungen vorzunehen, wer wie lange nichts gemacht hat. Wir müssen ach vorne schauen. Wir werden als Regierung und Reierungsfraktionen handeln. Ich hoffe, dass wir einen Weg finden, der die Gratanderung erfolgreich meistert, sodass wir einen fairen nd transparenten Markt haben, wo Menschen in freier ntscheidung bestimmen können, was sie kaufen. Dann, eine Damen und Herren, haben wir viel gewonnen. Danke schön. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Wo bleiben die Informationen, Herr Kollege?)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705205700

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

er Kollege Carsten Sieling von der SPD-Fraktion das
ort.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Carsten Sieling (SPD):
Rede ID: ID1705205800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine Damen und Herren! Herr Kollege Brinkhaus, die

erbraucherpolitik braucht in der Tat ein freiheitliches
enschenbild. Dieser Auffassung sind auch wir als So-

ialdemokraten. Ich vermute, die meisten im Hause sind
ieser Auffassung.


(Frank Schäffler [FDP]: Na!)


er Unterschied ist aber, glaube ich, was wir unter Frei-
eit verstehen und was die Freiheit ausmacht.


(Frank Schäffler [FDP]: Da sind wir bei Freiheit statt Sozialismus!)


enn Sie hier sagen – Herr Brinkhaus hat leider genauso
rgumentiert, wie auch Sie es hätten ausführen können,
err Schäffler –, die Freiheit bestehe darin, dass sich alle
rodukte auf dem Markt entwickeln können, dann ist das
ine einseitige Freiheit.


(Otto Fricke [FDP]: Das hat doch niemand gesagt!)


Hier fehlt es an Freiheit. Es fehlt nämlich an der Mög-
ichkeit – das ist der Mangel –, dass die Verbraucherin-
en und Verbraucher die gleichen Informationen erhalten.
ur dann, wenn die Gleichheit der Ausgangsbedingun-
en gegeben ist, ist wahre Freiheit möglich. Das müssen
ir reparieren.





Dr. Carsten Sieling


(A) )


)(B)


(Beifall bei der SPD – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wo ist denn da der Widerspruch?)


Der Widerspruch besteht darin, zu sagen, man dürfe
keine weiteren Beaufsichtigungen durchführen, es be-
dürfe keiner behördlichen Blicke darauf.


(Otto Fricke [FDP]: Wer sagt das denn?)


– Ich bin froh, wenn ich von Ihnen an dieser Stelle so
viel Zustimmung bekomme.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Kein Produkt, kein Finanzmarkt ohne Regulierung!)


Ich verstehe dann allerdings nicht, warum Kollege
Brinkhaus hier den Gegensatz zwischen Freiheit und
dem, was in den Vorschlägen der Verbraucherpolitik
zum Ausdruck kam, beschrieben hat; das ist an dieser
Stelle nicht sachgerecht.


(Beifall bei der SPD – Ralph Brinkhaus [CDU/ CSU]: Weil Sie bevormunden wollen, Herr Sieling! – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das ist der Unterschied zwischen Schutz und Bevormundung!)


Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich kann ja
verstehen,


(Otto Fricke [FDP]: Nein, können Sie nicht!)


dass Sie als regierende Koalition, die hier ein Jahr lang
Ankündigungen gemacht hat – ich verweise auf Verbrau-
cherschutzministerin Aigner; Herr Schäuble hat schon
etwas zu Papier gebracht; ich komme darauf gleich –,
hier mit Zwischenrufen agieren müssen; schließlich ha-
ben sie nichts vorgelegt und nichts zustande gebracht.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Ganz schwach! Herr Sieling, das ist nicht Ihr Niveau, was Sie jetzt bringen!)


Herr Schick hat recht: Wir haben große Eile; es ist al-
les viel zu spät. Die Resonanz der Debatte heute Morgen
ist: Handeln Sie und bringen Sie endlich etwas auf den
Weg! Darauf kommt es uns an.


(Beifall bei der SPD – Ralph Brinkhaus [CDU/ CSU]: Ganz schwach!)


Da es mir wichtig ist, möchte ich an dieser Stelle noch
einmal deutlich machen: Wir brauchen einen Finanz-
TÜV. Das heißt aber nicht, dass wir – das ist der Unter-
schied zu dem, was im vorliegenden Antrag der Linken
gefordert wird – eine neue Behörde brauchen. Wir unter-
scheiden uns von den USA auch dadurch, dass wir
Strukturen haben, die man für einen Finanz-TÜV nutzen
kann. Finanz-TÜV heißt vor allem, dass man von Be-
ginn an – vom Produkt über Beratungsprozesse, übri-
gens auch über Qualifizierung der Beraterinnen und Be-
rater, bis zum Verkauf, inklusive der Haftung; auch Herr
Frank Schäffler hat das hier angesprochen; dem stimme
ich ausdrücklich zu – für deutliche Veränderungen und
klare Regeln sorgt.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wer bezahlt? Wer haftet?)


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(C (D Ich will gerne sagen, dass ich in den Diskussionsentürfen – heutzutage heißen Gesetzentwürfe in einem rühen Stadium nicht mehr Referentenentwürfe, sondern iskussionsentwürfe – viele gute Ansätze gesehen habe. (Frank Schäffler [FDP]: Das heißt, es wird noch diskutiert! Das ist doch schön! Das ist Demokratie!)


as ich in dem Entwurf des Bundesfinanzministers ge-
ehen habe, finde ich sehr gut. Umso bedauerlicher ist es
llerdings, dass dieser Entwurf wieder in der Schublade
erschwinden musste.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Abwarten!)


ie ich in der Debatte hier gestern Abend schon gesagt
abe, musste dieser Entwurf offensichtlich erst einmal
it Minister Brüderle, FDP, abgestimmt werden.


(Frank Schäffler [FDP]: Brüderle, das ist auch ein guter Mann!)


nnerhalb der Koalition werden die notwendigen ver-
raucherpolitischen Maßnahmen wieder blockiert.

Ich fordere Sie auf: Beeilen Sie sich! Geben Sie rich-
ig Gas! Wir müssen schnell zu Ergebnissen kommen. In
iesem Sinne haben wir hier gestern Abend und heute
ine gute Diskussion geführt. Jetzt muss nur noch die
oalition endlich einmal handeln. Aber das muss sie auf
ielen Feldern.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705205900

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Finanz-
usschusses zum Antrag der Fraktion Die Linke mit dem
itel „Finanziellen Verbraucherschutz stärken – Finanz-
ärkte verbrauchergerecht regulieren“. Der Ausschuss

mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck-
ache 17/1782, den Antrag der Fraktion Die Linke auf
rucksache 17/887 abzulehnen. Wer stimmt für diese
eschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-
en? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen mit
en Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktion
er SPD gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke bei
nthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zu dem
ntrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Ti-

el „Grauen Kapitalmarkt durch einheitliches Anleger-
chutzniveau überwinden“. Der Ausschuss empfiehlt in
einer Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/2335,
en Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf
rucksache 17/284 abzulehnen. Wer stimmt für diese
eschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer
nthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist angenom-
en mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen

ie Stimmen der Fraktion Die Linke und der Fraktion
ündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der SPD-Frak-

ion.





Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


(A) )


)(B)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf:

Erste Beratung des von den Abgeordneten Memet
Kilic, Josef Philip Winkler, Katja Dörner, weite-
ren Abgeordneten und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs
eines Gesetzes zur Änderung des Aufenthalts-
gesetzes (Ehegattennachzug)


– Drucksache 17/1626 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wi-
derspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so be-
schlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner das Wort dem Kollegen Memet Kilic von
Bündnis 90/Die Grünen.


Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705206000

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen!

Die Familie ist die natürliche Grundeinheit der Ge-
sellschaft und hat Anspruch auf Schutz durch Ge-
sellschaft und Staat.

So steht es in Art. 16 der Allgemeinen Erklärung der
Menschenrechte.

Wir haben einen Gesetzentwurf zum Ehegattennach-
zug eingereicht, um die im Jahr 2007 eingeführten Ver-
schärfungen aufzuheben. Insbesondere geht es uns um
die Aufhebung des sogenannten Spracherfordernisses
sowie der Lebensunterhaltssicherungspflicht beim Nach-
zug zu Deutschen. Beide Regelungen greifen unverhält-
nismäßig in das Recht auf eheliches Zusammenleben
ein. Darüber hinaus sind sie diskriminierend. Sie be-
nachteiligen nicht nur sozial Schwache sowie solche mit
wenig Bildungserfahrung, sondern auch deutsche Staats-
angehörige.

Für viele Ehegatten ist der Spracherwerb im Ausland
kaum möglich, da es etwa an Schulungsmöglichkeiten
fehlt oder sie die Kosten für Sprachkurse nicht aufbrin-
gen können. Die Neuregelung führt in einigen Fällen
dazu, dass Eheleute jahrelang voneinander getrennt le-
ben müssen; bei anderen kann das Spracherfordernis so-
gar ein dauerhaftes Einreisehindernis darstellen.

Die Verpflichtung zum Sprachnachweis wurde von
der Großen Koalition damit begründet, dass Sprachkurse
Zwangsehen verhinderten. Belege dafür kann aber nicht
einmal die Regierung vorlegen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Die Eingriffe in das Recht auf familiäres Zusammeneben in Deutschland werden auch durch das Ziel der Inegration nicht gerechtfertigt. Sprachen lernt man am esten dort, wo sie gesprochen werden. Der Sprachererb in Deutschland ist für die betroffenen Familien viel eichter, schneller, günstiger und weniger belastend als m Ausland. Grundsätzlich ist die Teilnahme an Integraionskursen in Deutschland seit 2005 sogar verpflichend. Ohnehin waren die Verhinderung von Zwangsehen nd die nachgeschobene Begründung der Förderung von ntegration nur vorgeschobene Gründe. Tatsächlich ging nd geht es der Bundesregierung darum, den Ehegattenachzug, insbesondere aus bestimmten Staaten, einzuchränken. Das Recht auf Zusammenleben von Familien om Bildungsniveau der Betroffenen abhängig zu mahen, verstößt gegen alle geltenden Grundrechtsregelunen dieser Welt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Das Spracherfordernis ist auch im Hinblick auf den
leichheitsgrundsatz problematisch. Ausgenommen von
er Nachweispflicht sind unter anderem Ehegatten von
nionsbürgern sowie Ehegatten von Hochqualifizierten,
elbstständigen und Forschern. Benachteiligt werden
lso Ehegatten von deutschen und ausgewählten auslän-
ischen Staatsangehörigen.

Auch die FDP ist der Ansicht, die Regelung sei pro-
lematisch, weil sie auf die Staatsangehörigkeit des
tammberechtigten und nicht des nachziehenden Ehe-
atten abstelle. Darüber hinaus ist auch sie der Meinung,
ass die Regelung unverhältnismäßig sei, weil der Er-
erb von Sprachkenntnissen für die Ehegatten im Aus-

and oft unzumutbar sei. Diese Meinung teilen wir.

Die zweite Regelung, die wir aufheben möchten, un-
erteilt Deutsche in Bürgerinnen und Bürger erster und
weiter Klasse. Heute können die Behörden bei man-
elnder selbstständiger Lebensunterhaltssicherung den
hegattennachzug zu Deutschen versagen, wenn die Be-
ründung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Ausland
umutbar ist. Dies soll insbesondere bei Doppelstaatlern
der bei Deutschen in Betracht kommen, die geraume
eit im Herkunftsland des Ehegatten gelebt und gearbei-

et haben und die Sprache dieses Staates beherrschen.

Das heißt, die uneingeschränkte Wahrnehmung des
echts auf familiäres Zusammenleben in Deutschland ist
eute allein den Deutschen möglich, die es sich finan-
iell leisten können oder keinen interkulturellen Hinter-
rund haben. Mit scheinbar neutralen Vorschriften wer-
en insbesondere Deutsche, die nicht ethnisch deutsch
ind, benachteiligt. Das ist nicht hinnehmbar.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


ie unterschiedliche Behandlung von deutschen Staats-
ürgerinnen und -bürgern nach ethnischer Herkunft und
orhergehendem Wohnsitz widerspricht dem Prinzip der
inheitlichen deutschen Staatsangehörigkeit.





Memet Kilic


(A) )


)(B)

Wir sollten nicht warten, bis das Bundesverfassungs-
gericht oder der Europäische Gerichtshof uns aufgeben,
die geltenden Regelungen aufzuheben. Ich bitte Sie, un-
serem Gesetzentwurf zuzustimmen, um die Regelungen
zum Ehegattennachzug wieder mit unseren Grundrech-
ten in Einklang zu bringen.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705206100

Das Wort hat der Kollege Reinhard Grindel von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1705206200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

will nicht bestreiten, dass es in den Kommunen eine
Reihe von Grünen gibt, die in den letzten Jahren in Sa-
chen Integrationspolitik realistische Positionen bezogen
haben. Herr Kollege Kilic, was Sie aber eben geboten
haben, ist altes Multikultidenken.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, Herr Grindel! – Lachen bei der LINKEN)


Das ist eine Politik, die dazu geführt hat, dass Kinder
nicht ausreichend Deutsch sprechen, jugendliche Mi-
granten überdurchschnittlich arbeitslos sind und nichts
wirklich Wirksames gegen Zwangsehen unternommen
wird. Mit dieser Ideologie können wir Parallelgesell-
schaften nicht überwinden. Es ist eine Politik, die das
Nebeneinander zementiert. Das ist eine Politik, die keine
Brücken zum Miteinander baut, so wie wir das wollen.
Sie helfen nicht, sondern in Wahrheit schaden Sie den
Interessen unserer ausländischen Mitbürger.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Ihre Wahrnehmung!)


Es geht um eine schlichte Frage: Was ist eigentlich
falsch daran, wenn ein Ausländer, der nach Deutschland
kommen will, vorher ein klein wenig Deutsch lernt? Was
ist so falsch daran, wenn ein Ausländer ein klein wenig
über unsere Kultur, unsere Gesetze und unseren Le-
bensalltag erfährt?


(Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie verwechseln das mit Einbürgerungskursen!)


Es ist nicht so, dass bei den Sprachkursen, etwa in der
Türkei, nur Deutschkenntnisse vermittelt werden. Nein,
die Zuwanderer werden auf ein Leben in Deutschland
vorbereitet.

Was ist falsch daran, wenn eine junge Frau, die in
Deutschland in einer arrangierten Ehe leben soll, neben
der deutschen Sprache auch lernt, dass sie sich gegen ih-
ren Mann wehren kann und es vielfältige Hilfsangebote
gibt? Mit Ihrer Politik erreichen Sie nur, dass die zum

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(C (D eil hochgeförderten Frauenberatungsstellen und Zuluchtsorte einer ausländischen Migrantin kaum nutzen, eil sie der deutschen Sprache nicht mächtig ist, was sie aran hindert, die Hilfsangebote in Anspruch zu nehen. Mit Ihrer Politik helfen Sie den Migrantinnen icht, sondern Sie schaden ihnen. Die Zahlen im Rahmen des Ehegattennachzugs sind m Übrigen nicht so dramatisch eingebrochen, wie die pposition das immer behauptet hat. Selbst wenn es eien gewissen Rückgang geben sollte: Sollte sich darin usdrücken – daran glauben wir zutiefst –, dass wir die ine oder andere Zwangsehe haben verhindern können, ann steckt in dem Rückgang der Zahlen auch ein Rückang des Leids junger Frauen, deren Selbstbestimungsrecht durch unsere Politik gestärkt wird. Wir hel en den Frauen. Sie schaden den Frauen. (Beifall bei der CDU/CSU – Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Kaffeesatzleserei! Wo leben Sie denn?)


(Mechthild Rawert [SPD]: So ein Quatsch!)


Niemand sollte glauben, dass es beim Ehegattennach-
ug keine problematischen Konstellationen gibt. Anstatt
ur vom grünen Tisch aus Ihre Politik zu machen, sollten
ie, wie ich das vor drei Wochen gemacht habe, die Vi-
astelle unseres Generalkonsulats in Istanbul besuchen,
o hochprofessionelle Mitarbeiter des Auswärtigen Am-

es über Jahre hinweg eine ausgesprochen schwere Auf-
abe hervorragend meistern. Reden Sie mit den vorwie-
end weiblichen Mitarbeitern des Auswärtigen Amtes;
s sind meistens Frauen, die diese Aufgabe erfüllen. Sie
erden Ihnen sagen, dass es bei 30 Prozent der Anträge

uf Ehegattennachzug keinerlei Bedenken gibt und diese
ewilligt werden. In 70 Prozent der Fälle sehen diese
ochprofessionell arbeitenden Mitarbeiterinnen einen
nlass für eine intensive Nachprüfung, ob es sich um ei-
en korrekten Visaantrag handelt.


(Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist furchtbar!)


Erkundigen Sie sich, mit welchen Fällen diese Mitar-
eiterinnen zu tun haben. Es kommen 14-jährige Mäd-
hen an, deren Eltern kurz zuvor beim örtlichen Gericht
ine Korrektur der Angaben erwirkt haben, was das Ge-
urtsdatum anbelangt. Diese Mädchen sind völlig verängs-
gt. Sie können keine Auskünfte über ihren zukünftigen
hemann geben. Sie brauchen Hilfe. Die Mitarbeiterin-
en der Visastelle haben mir gesagt, das Einzige, was
elfe, seien ein Altersbestimmungstest durch eine Finger-
nochenanalyse und der Nachweis von Deutschkenntnis-
en vor dem Ehegattennachzug. Angesichts eines zutiefst
enschlichen Problems klingt das ausgesprochen büro-

ratisch – das ist wahr –, aber es hilft den jungen Frauen,
nd darauf kommt es an.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705206300

Herr Grindel, erlauben Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Kilic?






(A) )


)(B)


Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1705206400

Selbstverständlich.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705206500

Bitte schön.


Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705206600

Herr Kollege Grindel, stimmen Sie mir zu, dass es be-

reits seit 1996 auf europäischer Ebene eine Regelung
gibt, die besagt, dass Verlobte oder frisch verheiratete
Menschen getrennt voneinander angehört werden, um zu
überprüfen, ob eine richtige Ehe vorliegt oder nicht?
Was wollen Sie, auch wenn es solche dramatischen Fälle
gibt, mit zusätzlichen Regelungen erreichen? Es gibt
diese dramatischen Fälle, und auch wir wollen helfen.
Aber ein vorheriger Sprachkurs ist nicht das richtige
Mittel. Das führt dazu, dass Menschen, die nicht in der
Lage sind, die Sprache zu erlernen, außen vor bleiben
und leiden.

In diesem Sommer habe ich in Ankara eine Frau be-
gleitet. Sie hat ein minderjähriges Kind. Dieses Kind
stand in der Nacht auf und schrie nach dem Papa. Der
Papa will eine Familienzusammenführung, die Mama
auch. Die Mama ist langsam am Ende ihrer psychischen
Kraft. Diese Fälle gibt es auch.


Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1705206700

Ja, diese Fälle gibt es. Aber wenn das so dramatisch

ist, kann Papa ja auch zu Mama ziehen. Es muss ja nicht
umgekehrt sein. Damit fängt es schon mal an.


(Beifall bei der CDU/CSU – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch zynisch!)


– Das ist nicht zynisch, Frau Haßelmann. Man kann ja
auch, wenn man die Frau bei ihrem Umzug nach
Deutschland unterstützen möchte, dafür sorgen, dass sie
in einem Goethe-Institut Deutschkenntnisse vermittelt
bekommt. Es ist nicht so, wie Herr Kilic sagt, dass, etwa
in der Türkei, Sprachkurse nicht flächendeckend ange-
boten werden. Genau das Gegenteil ist der Fall. Wenn
Sie, wie ich es vor drei Wochen getan habe, mit Mitar-
beitern der Goethe-Institute sprechen würden, dann
wüssten Sie das ganz genau.

Aber Ihre Frage zielte ja auf einen anderen Punkt. Wir
haben natürlich – das ist doch die Erfahrung – große
Nachweisschwierigkeiten, wenn es um Zwangsehen
geht. Es gelingt manchmal, insbesondere durch enga-
gierte Mitarbeiter der hiesigen Ausländerbehörden in
Deutschland; aber es ist schwer. Es macht großen Sinn,
wenn Sie einmal zum Beispiel mit den Experten in Neu-
kölln sprechen würden. Die sagen Ihnen, dass es für
viele sehr islamistisch und konservativ geprägte Fami-
lien ein Problem ist, zu wissen, dass die junge Frau, die
nach Deutschland kommt, potenziell in der Lage ist, sich
zu wehren, weil sie einigermaßen Deutsch beherrscht
und um ihre Rechte weiß. So kann sie nicht in eine Pa-
rallelgesellschaft eingesperrt werden. Wenn wir eine
Zwangsehe nicht schon vorher verhindern können, weil
wir Nachweisprobleme haben, dann geben Sie doch bitte

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(C (D en Frauen zumindest ein bisschen Rüstzeug, damit sie ich, wenn sie schon nach Deutschland kommen müssen, ehren können. Das ist es, was wir mit unserer Politik erfolgen. Dann haben Sie gesagt – das wurde vorhin angedeutet –: ie können doch hier in den Integrationskursen Deutsch ernen. Herr Kilic, Sie wissen, das ist graue Theorie. Die rfahrung zeigt doch, dass gerade diejenigen, die es am ötigsten hätten, nicht in unseren Integrationskursen lanen. Wir können aufgrund der europäischen Rechtslage uch niemanden in sein Heimatland zurückführen, wenn r der Pflicht, einen Integrationskurs zu besuchen, nicht achkommt. Genau das sind die Familien, in denen Kiner aufwachsen, ohne dass zu Hause deutsch gesprochen ird. Dass da eine schwierige Schulkarriere geradezu orprogrammiert ist, ist doch klar. In diesem Zusammenhang sagen gerade die Opposiionsparteien: Unser knöchriges, gegliedertes Schulween gibt Ausländerkindern keine Chance. Das ist nicht ichtig. Die Ausländer selber – die ausländischen Väter nd Mütter – müssen ihren Kindern eine Chance geben. afür müssen sie Deutsch können. Diese Botschaft senen wir seit 2007 mit unserer gesetzlichen Regelung aus. as ist vor dem Hintergrund der Integrationspolitik auch ichtig. Es ist nicht in Ordnung, wenn Sie hier den Eindruck rwecken, die Pflicht, Deutschkenntnisse zu erwerben, erstieße gegen deutsches oder europäisches Verfasungsrecht. Genau das Gegenteil ist der Fall. Es liegt ittlerweile die erste höchstrichterliche Entscheidung azu vor. Der Fall, Herr Kilic, betraf eine Ausländerin, nalphabetin, mit fünf Kindern. Auch in so einem Fall at es das Bundesverwaltungsgericht im Lichte des rt. 6 des Grundgesetzes für zumutbar erklärt, dass die rau eine Wartezeit von einem Jahr in Kauf nehmen uss, um entsprechende Sprachkenntnisse zu erwerben. ine allgemeine Härtefallregelung sei nicht erforderlich, nsere Regelung sei auch mit europäischem Recht verinbar. Das Gegenteil von dem, was Sie hier behauptet aben, ist richtig. Der Staat darf, wenn es um Integration eht, den Grundsatz „Fördern und Fordern“ anwenden, eil er im Ergebnis im Interesse der Betroffenen ist. Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Unser neuer undespräsident Christian Wulff, der gleich in diesem ohen Hause vereidigt wird, hat unmittelbar nach seiner ahl gesagt: Parallelgesellschaften in unserem Land verhindern wir am ehesten dadurch, dass wir aufeinander zugehen und nicht aneinander vorbeileben. Wer die Sprache des anderen nicht spricht, der wird mmer aneinander vorbeigehen. Das Aufeinanderzugeen wird noch schwer genug, wenn es um kulturelle, reigiöse und andere Lebensunterschiede geht. Aber Voaussetzung für einen Dialog ist, dass wir zumindest ieselbe Sprache sprechen. Sonst wird dieser Dialog im eim erstickt. Die Grünen zementieren die Parallelgesellschaft. )


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705206800

Herr Grindel, kommen Sie zum Schluss.


Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1705206900

Wir bauen Brücken der Verständigung, und diese

Politik werden wir fortsetzen, weil sie im Sinne der Inte-
gration richtig ist.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705207000

Das Wort hat der Kollege Rüdiger Veit von der SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1705207100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren Kollegen! Herr Grindel, Sie haben recht: Wir
sollten aufeinander zugehen. Das vermeidet Missver-
ständnisse, trägt zur Klärung bei und liegt nicht nur im
Interesse des Verhältnisses zwischen deutschen und aus-
ländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, sondern ge-
legentlich vielleicht auch im Interesse von Abgeordneten
dieses Hauses, wenn sie unterschiedlichen Fraktionen
angehören.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)


Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Der Gesetzent-
wurf der Grünen deckt sich sowohl in seinen gesetzli-
chen Implikationen als auch in seiner Begründung – das
gilt auch für das, was der Kollege Kilic gesagt hat – voll-
inhaltlich mit meinen persönlichen Vorstellungen; um
das klar und deutlich am Anfang zu sagen. Die SPD-
Fraktion beurteilt einen Punkt – Stichwort: Sprach-
erwerb im Ausland vor Ehegattennachzug – ein bisschen
differenzierter; darauf komme ich vielleicht noch zu-
rück, wenn meine Redezeit reicht.

Ich möchte bestätigen, und zwar in etwas drastische-
ren Worten, als es der Kollege Kilic getan hat: Unser Fa-
milienzusammenführungsrecht ist mit Wertungswider-
sprüchen behaftet und zum Teil diskriminierenden
Inhalts. Diese Widersprüche müssen endlich einer Über-
prüfung unterzogen und ausgeräumt werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Nicht nur Sie, Herr Kollege Grindel, sondern auch die
Abgeordneten der Oppositionsfraktionen werden wahr-
scheinlich jetzt wie damals sagen


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das haben wir doch damals zusammen beschlossen! Das wissen Sie doch, oder?)


– ich komme noch dazu –:


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ja, gut!)


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(C (D arum habt ihr dem Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 ugestimmt? (Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Ja! Das wundert mich auch gerade!)


Herr Kollege Wolff, die Wiederholung ist ein wichti-
es pädagogisches Instrument.


(Helmut Brandt [CDU/CSU]: Aber nicht die Wiederholung von Falschem!)


eswegen wiederhole ich es für Sie gerne noch einmal:
ir haben immer gesagt: Im Zuge einer Gesamteinigung

nd vor allen Dingen im Rahmen einer gesetzlichen Alt-
allregelung, die vielen langjährig hier Geduldeten eine
ichere Perspektive geboten hat, sind wir bereit, diesen
ür uns in diesem Punkt sogar sehr schwierigen Kompro-
iss mitzutragen. Es gab damals aus unseren Reihen

iele Erklärungen zur Geschäftsordnung, Stimmenthal-
ungen, Gegenstimmen und Redner, die gesagt haben:
en Punkt des Spracherwerbs vor dem Ehegattennach-

ug halten wir für falsch. – Das ist aber nicht der einzige
ertungswiderspruch.

Lassen Sie mich die Widersprüche einmal aufzählen.
unächst einmal gibt es Deutsche zweierlei Klassen: die,
ie Geld haben, und die, die kein Geld haben.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das ist in dem Zusammenhang doch völlig abwegig!)


enen, die kein Geld haben oder die für die Bestreitung
hres Lebensunterhalts auf staatliche Unterstützung an-
ewiesen sind, kann im Ausnahmefall gesagt werden:
amilienzusammenführung nicht hier in Deutschland.
acht das woanders. Wir machen das nicht mit. – Das

ibt es.

Zweiter Widerspruch. Von bestimmten Staatsangehö-
igen verlangen wir keinen Spracherwerb im Ausland.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Japanische Gemeinde Düsseldorf!)


ch bezeichne das immer gerne als die sogenannte Japa-
er-Klausel. Aber es geht nicht nur um Japaner. Eine
anze Reihe anderer Nationen ist davon ebenfalls betrof-
en: Israelis, Australier, Neuseeländer, Südkoreaner
sw., usf. Kurzum, es gibt eine sehr große Gruppe von
enschen, denen gesagt wird: Bei euch spielt die Staats-

ngehörigkeit desjenigen, den ihr nach Deutschland ho-
en wollt, im Hinblick auf die Frage, ob er vorher
eutsch können muss oder nicht, keine entscheidende
olle.


(Helmut Brandt [CDU/CSU]: Ja! Weil es kein Integrationsproblem gibt!)


as ist die zweite Diskriminierung, die wir immer wie-
er festgestellt haben und die nach wie vor nicht über-
unden ist.

Jetzt komme ich zum dritten Fall von Diskriminie-
ung – er ist noch nicht der letzte –: zur Inländerdiskri-
inierung. Erklären Sie einmal einem Deutschen, der

einen Ehegatten nach Deutschland holen will, dass die-
er hier erst nach 24 Monaten arbeiten darf, während
ein italienischer Nachbar – der Nachbar könnte auch





Rüdiger Veit


(A) )


)(B)

eine andere EU-Staatsbürgerschaft haben – dieses Vor-
haben problemlos sofort ins Werk setzen kann, spätes-
tens jedenfalls nach 12 Monaten. Erklären Sie doch ein-
mal deutschen Staatsbürgern, die davon betroffen sind,
warum für sie eine Frist von 24 Monaten gilt, für andere
EU-Staatsbürger aber eine Frist von nur 12 Monaten.

Letzter Widerspruch. Erklären Sie bitte einmal einem
deutschen Staatsangehörigen, der eine Familienzusam-
menführung anstrebt, dass er erst einmal dafür sorgen
muss, dass sein Ehegatte, der nach Deutschland einrei-
sen möchte, zuvor im Ausland zumindest rudimentäres
Deutsch erlernt, während ein EU-Staatsbürger, der sich
bei uns in Deutschland aufhält, von solchen Erfordernis-
sen völlig befreit ist.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ja! Das müssen wir ändern! Lassen Sie uns das mit den EU-Bürgern ändern! Da bin ich ganz bei Ihnen!)


Nach dem sogenannten Metock-Urteil, das auch Ihrer
Aufmerksamkeit nicht entgangen sein dürfte, ist das so.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ein abwegiges Urteil! Lassen Sie uns das ändern!)


Deswegen, Herr Kollege Grindel, haben wir zu Zeiten
der Großen Koalition – ich weiß noch genau, in wel-
chem Raum wir gesessen haben – zum damaligen Innen-
minister Wolfgang Schäuble und zu Ihnen gesagt: Was
machen wir jetzt eigentlich? Spätestens nach dieser
Rechtsprechung des EuGH müssen wir unser deutsches
Recht doch endlich ändern. Diese Form der Inländerdis-
kriminierung darf nicht fortbestehen. Ihre Antwort da-
mals war: Dann müssen wir dafür Sorge tragen, dass die
Vorschriften auf europäischer Ebene so geändert werden,
dass der EuGH gezwungen ist, anders zu entscheiden.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Genau!)


Die Antwort kann und muss man eigentlich ganz an-
ders geben. Man muss klar und deutlich sagen: Diese be-
sondere Form der Inländerdiskriminierung gehört end-
lich aufgehoben.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nun will ich Ihnen sagen – ich habe das angedeutet –:
Es gibt auch in unseren Reihen Kollegen, die sagen, un-
ter Integrationsgesichtspunkten ist an dem vorherigen
Spracherwerb im Ausland vielleicht sogar etwas dran.
Das ist nicht meine Position. Ich glaube auch nicht, dass
dies die Position der Mehrheit meiner Fraktion ist. Aber
es gibt durchaus ehrenwerte Gründe.

Eines jedoch, Herr Kollege Grindel, gilt mit Sicher-
heit nicht – das war 2007 falsch; das war 2008 falsch, als
wir darüber geredet haben; das war 2009 falsch, und das
ist 2010 falsch –: Ich kenne keinen einzigen Beleg, noch
nicht einmal eine Andeutung in einer wissenschaftlichen
Untersuchung mit empirischem Material, dass vorheri-
ger Spracherwerb im Ausland ein sicheres Mittel gegen
arrangierte und Zwangsehen, insbesondere mit Türkin-
nen, sei. Das gibt es nach meiner Kenntnis nicht.

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(C (D (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es wird ausgesprochen spannend sein, sich den Eva-
uierungsbericht der Bundesregierung in dieser Hinsicht
äher anzuschauen. Ich hätte von Ihnen erwartet – viel-
eicht kann das noch auf andere Art und Weise ge-
chehen –, dass mitgeteilt wird, wann dieser Evaluie-
ungsbericht vorliegt. Denn wenn er da ist, werden wir
inschätzen können, ob das Material, die Erfahrungen
nd die Schlussfolgerungen zutreffend sind, ob sie uns
usreichen, um gesetzliche Änderungen ins Werk zu set-
en. Ich würde mir das jedenfalls wünschen.

Wenn das nicht der Fall sein sollte, dann sollten wir
berlegen, ergänzend dazu eine Sachverständigenanhö-
ung im Innenausschuss durchzuführen, was den Kom-
lex Familienzusammenführung angeht. Sinnvoller-
eise warten wir aber zunächst den Evaluierungsbericht

b. Daraus ist dann der gesetzgeberische Handlungsbe-
arf abzuleiten – hoffentlich auch mit Ihrer Hilfe. Denn
n erster Linie erhoffe ich mir von einer fachlichen Dis-
ussion, von dem Evaluierungsbericht und der gegebe-
enfalls dann noch durchzuführenden Anhörung, dass
uch Sie, die Sie bisher Anhänger der unbelegten These
ind, Spracherwerb im Ausland vor dem Ehegattennach-
ug sei ein Mittel gegen Zwangsehe, einsehen werden,
ass es sich dabei um einen Fehler, um einen Irrglauben
andelt.

Dann muss aber gelten, dass Regelungen, die besten-
alls überflüssig sind – ich sage, sie sind auch diskrimi-
ierend –, abgeschafft werden sollten. In diesem Zusam-
enhang erinnere ich an Ihr Schlusswort, in dem Sie den
undespräsidenten mit den Worten zitiert haben, es sei
ut, aufeinander zuzugehen. Ich jedenfalls werde die
offnung darauf nicht aufgeben.

Danke sehr.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705207200

Das Wort hat jetzt Herr Kollege Hartfrid Wolff von

er FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)


Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit der

nderung des Aufenthaltsgesetzes 2007 durch die Ko-
lition aus Union und SPD wird von Personen, die ein
isum zum Zwecke des Ehegattennachzugs nach
eutschland beantragen, die Fähigkeit zur Verständi-
ung in deutscher Sprache auf einfache Art verlangt.

Bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben hat
ich hinsichtlich des Erwerbs und des Nachweises der
rforderlichen Sprachkenntnisse allerdings eine Praxis
erausgebildet, die die Antragsteller vor zusätzliche, in
inzelfällen auch unzumutbare Härten stellt. Dazu ge-
örte nach Berichten vieler Organisationen zum Nach-
eis von Sprachkenntnissen der ausschließliche Verweis

uf Kurse und Prüfungen der Goethe-Institute. Noch zu





Hartfrid Wolff (Rems-Murr)



(A) )


)(B)

Zeiten der SPD-CDU/CSU-Regierung wurden nur in
Ausnahmefällen auch andere Sprachzertifikate als das
Sprachzertifikat Start Deutsch 1 des Goethe-Instituts an-
erkannt.

Die FDP hat diese Regelung auch deshalb kritisiert,
weil nicht in allen Ländern Goethe-Institute existieren
und es auch nicht zumutbar ist, dass Antragsteller Hun-
derte von Kilometern von ihrem Wohnort entfernt bis zu
drei Monate dauernde Sprachkurse absolvieren müssen.
Sie können in dieser Zeit weder ihrer Erwerbstätigkeit
nachgehen noch verfügen sie dort, wo der langmonatige
Sprachkurs stattfindet, über eine ständige Unterkunft.


(Beifall des Abg. Memet Kilic [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Eine regelmäßige Teilnahme an einem Sprachkurs
kann unter solchen Umständen unzumutbar sein. Eine
einmalige Teilnahme an einer Sprachstandserhebung
kann dagegen auch bei einem gewissen Aufwand durch-
aus zumutbar sein, weil dadurch die Erlaubnis der Ein-
reise nach Deutschland im Rahmen des Ehegattennach-
zugs erworben wird. Deshalb muss es möglich sein,
einen entsprechenden Sprachnachweis auch ohne Kurs-
teilnahme, dann, wenn die Sprachkenntnisse auf ande-
rem Weg erworben wurden, zu erbringen. Wichtig ist,
dass die sprachliche Qualifikation verlässlich erhoben
wird.


(Beifall bei der FDP – Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Das ist ein Problem des Auswärtigen Amtes! Das kann Ihr Parteifreund Westerwelle regeln! – Gegenruf von der SPD: Streitet euch doch wenigstens heute mal nicht!)


– Wir sind ja gerade in Gesprächen in dieser Richtung,
lieber Kollege, und das wissen Sie auch.

Ein Problem entstand zudem – darauf haben einige
Vorredner durchaus richtig hingewiesen – aus der Privi-
legierung nichtdeutscher Bürger. Unionsbürger müssen
keine Sprachkenntnisse vorweisen – so weit okay. Auch
möglicherweise vorhandene Familienangehörige aus
Nicht-EU-Staaten benötigen beim Familiennachzug zu
in Deutschland lebenden Unionsbürgern keine Sprach-
kenntnisse. Diese Ungleichbehandlung zu Deutschen
führt im Ergebnis zu Ehen erster und zweiter Klasse. Die
Ehen zweiter Klasse sind übrigens diejenigen von hier
lebenden Deutschen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Grindel, hören Sie sich das mal an! Das ist Ihr Koalitionspartner!)


Anstatt beim Nachweis der Deutschkenntnisse auf die
Staatsangehörigkeit desjenigen abzuheben, der seinen
Ehegatten in die Bundesrepublik nachholen möchte, ha-
ben wir 2007 vorgeschlagen, im Sinne der Gleichbe-
handlung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofs auf die Staatsangehörig-
keit des nachziehenden Ehegatten abzuheben. Ebenso

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(C (D ehlt in der jetzigen Regelung eine allgemeine Härtefallegelung. In der Koalitionsvereinbarung ist aber festgelegt, dass er grundsätzliche Ansatz, den Beginn des Sprachererbs für Ehegatten schon vor Zuzug hierher starten zu assen, beibehalten wird. Zuwanderer sind in Deutschand willkommen. Sie sind aber auch selbst klar geforert. Die deutsche Sprache, die Grundund Menschenechte sowie Demokratie und Rechtsstaat sind ein für lle geltendes Fundament unserer Gesellschaft. Die Grünen wollen, wie sich dies auch in ihrem Geetzentwurf zeigt, etwas anderes: Sie wollen die Abchaffung der Nachzugsregelung in dieser Form. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


amit werden Sie – wie immer bei solchen Vorschlägen
ur Migrationspolitik – die Akzeptanz von Ausländern
n Deutschland erschweren, indem Sie falsche Erwartun-
en wecken und statt Engagement nur Anspruchsdenken
ördern.


(Beifall bei der FDP – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schlagen Sie doch mal was vor, Herr Wolff!)


Die FDP hat hingegen mit der Union vereinbart, dass
ie Probleme, die aus der Nachzugsregelung von 2007
ntstanden sind, behoben werden sollen. Wir wollen die
öglichkeiten verbessern, im Ausland Deutsch zu ler-

en,


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann denn? Am Ende der Legislatur?)


nd wir wollen den Sprachnachweis organisatorisch ver-
infachen. Dabei soll vor allem auch das Monopol der
oethe-Institute hinterfragt werden.

Lieber Herr Kollege Kilic, weil Sie immer wieder das
rundgesetz bemühen, noch ein Wort zu Ihrem Verweis

uf Art. 6 Grundgesetz: Auch wenn es die Grünen nicht
irklich wahrhaben wollen, ist Art. 6 des Grundgesetzes
on den Vätern und Müttern des Grundgesetzes nie als
reibrief für unkontrollierte und bedingungslose Zuwan-
erung nach Deutschland gedacht gewesen. Bis heute
ird er von der Rechtsprechung auch nicht so interpre-

iert.

Familiennachzug sollte zudem vor allem bedeuten,
ass im Rahmen der Zuwanderung bestehender Familien
ei Integrationsbereitschaft eine Zuzugsmöglichkeit er-
alten bleiben soll.


(Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Familienzusammenführung war nie ungesteuert!)


er Familiennachzug greift nicht für die systematische
nd von Großfamilienclans organisierte Verheiratung
on Zuwanderern oder Zuwandererkindern mit Partnern
us dem Herkunftsland. Dies ist auch mit dem Grund-
nliegen von Art. 6 Grundgesetz nicht vereinbar.





Hartfrid Wolff (Rems-Murr)



(A) )


)(B)

Die Grünen verwenden jeden beliebigen Vorgang aus
der Zuwanderungspolitik als Vorwand, um einer unge-
steuerten Zuwanderung das Wort zu reden.


(Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!)


Wachsende Belastungen für die sozialen Sicherungssys-
teme – Sie fordern ja noch nicht einmal eigenständige
Lebensverhältnisse – und ansteigende Ausländerfeind-
lichkeit scheinen Sie nicht wirklich zu berühren, Sie
nehmen sie sogar billigend in Kauf.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir Liberale haben mit der Union eine Steuerung der
Zuwanderung nach zusammenhängenden, klaren, trans-
parenten und gewichteten Kriterien vereinbart.


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das lenkt doch nur davon ab, dass Sie nichts machen!)


Wir wollen eine Kultur des Willkommens, die keine fal-
schen Versprechungen auf Kosten anderer Leute macht,
sondern Chancen und Perspektiven für diejenigen eröff-
net, die eben nicht nur, territorial betrachtet, nach
Deutschland kommen, sondern auch mit ihrer Kultur in
unserem Land und unserer Gesellschaft mit unseren
Grundwerten ankommen wollen.

Wir halten es nicht für unzumutbar, Deutsch zu ler-
nen. Anders als Grüne oder Linke halten wir Zuwande-
rer nicht für bemitleidenswerte und unfähige Menschen,
denen nur mit Nachsicht oder Sozialhilfe begegnet wer-
den kann und die auf Generationen hinaus mit dem Ma-
kel des Migrationshintergrunds stigmatisiert werden.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aufhören! Jetzt wird es aber peinlich!)


Positives Denken ist an dieser Stelle erforderlich. Wir
brauchen eine Kultur der Anerkennung für diejenigen,
die es geschafft haben. Wir halten integrierte Zuwande-
rer mit ihren Erfahrungen und ihrer Kultur für eine große
Bereicherung unserer Gesellschaft. Wir beglückwün-
schen diejenigen, die dies erfolgreich geschafft und sich
hier integriert haben. Sie können stolz auf ihre Leistung
sein, und wir sind dankbar und stolz, dass sie sich für
Deutschland entschieden haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Schlecht vorgelesen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705207300

Das Wort hat die Kollegin Ulla Jelpke von der Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Ulla Jelpke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705207400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Herr Wolff, ich muss schon
sagen: Es ist ziemlich zynisch, dass Sie ausgerechnet

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(C (D en Grünen und den Linken unterstellen, sie wollten die igrantinnen und Migranten hier diskriminieren. (Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Für Sie ist ein Migrant doch nur eine bemitleidenswerte Person! Für uns ist das ein Mensch!)


Ich will Ihnen ganz deutlich sagen: Natürlich ist die
inke dafür, dass die deutsche Sprache erlernt wird, aber
ir sagen genauso wie die Grünen in ihrem Gesetzent-
urf, dass das viel besser und leichter in Deutschland
eschehen kann. Deswegen treten wir dafür ein, dass die
egelung, dass man die deutsche Sprache erlernen muss,
evor man hier einreisen kann, schnellstens aufgehoben
ird; denn das ist in der Tat eine Schikane für die Be-

roffenen insgesamt.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Linke hatte bereits zu diesem Thema einen An-
rag eingebracht. Wir begrüßen den Gesetzentwurf der
rünen, der in die richtige Richtung geht. Die Fraktion
ie Linke hat damals wie heute gesagt – ich wiederhole
as hier –, dass diese Regelung zutiefst familien- und
usländerfeindlich ist und deswegen abgeschafft werden
uss.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die Folgen des Gesetzes, das die Union und leider
uch die SPD 2007 beschlossen haben, sind für die Be-
roffenen in der Tat spürbar. Unmittelbar nach dem In-
rafttreten dieser Neuregelung ist die Zahl der Visa für
ine Familienzusammenführung erheblich gesunken. An
ie CDU gerichtet, die den Begriff der Familie ja immer
ochhält: Man wundert sich wirklich sehr über das „C“
n Ihrem Namen, wenn man beobachten muss, wie die
amilienpolitik in diesem Bereich auf den Hund gekom-
en ist.

Auch aufgrund der letzten Zahlen muss man deutlich
agen, dass sich der Abwärtstrend nicht verändert hat.
ie Zahl der Familienzusammenführungen liegt heute
och immer unter der von 2006, obwohl die CDU/CSU
mmer behauptet hat, das werde sich schnell wieder ein-
endeln.

Dass Sprachkenntnisse nachgewiesen werden müs-
en, bedeutet im günstigsten Fall, dass der im Ausland
ebende Partner erhebliche Mühen und vor allen Dingen
uch Kosten – das ist hier noch gar nicht genannt wor-
en – auf sich nehmen muss, um diesen Sprachtest able-
en zu können.


(Zuruf von der CDU/CSU: Ja und?)


s stimmt eben nicht, dass es überall Goethe-Institute
ibt. Ich kenne Menschen, die wochenlang Hunderte von
ilometern fahren und übrigens auch viel Fahrgeld auf-
ringen mussten, um diesen Sprachtest absolvieren zu
önnen.

Die Analphabeten sind hier schon angesprochen wor-
en. Man muss hier meiner Meinung nach sehr deutlich
achen – das wurde ja auch im Gesetzentwurf der Grü-

en berücksichtigt –: Es reicht eben nicht aus, nur auf





Ulla Jelpke


(A) )


)(B)

eine Härtefallregelung zu setzen, Herr Wolff. – Ich habe
in der Tat die Hoffnung, dass das Bundesverfassungs-
gericht und der Europäische Gerichtshof eine Rechtspre-
chung finden, mit der sie den Betroffenen gerecht wer-
den; denn im Grunde genommen machen Sie es den
betroffenen Menschen unmöglich, in Deutschland eine
Ehe zu führen oder ein glückliches Familienleben zu ha-
ben.

Mit dem Gesetz von 2007 zielten Sie von Anfang an
darauf ab, bestimmte soziale Schichten möglichst aus-
zuschließen. Wie sollen Menschen mit einem nur gerin-
gen Einkommen, die womöglich in Gegenden leben, in
denen sie keine Arbeit finden und in denen es keine
Schulen gibt, überhaupt einen Deutschkurs besuchen
und absolvieren? Es sollen nur noch Besserbetuchte
kommen dürfen, die eine höhere Bildung haben und den
hiesigen Arbeitsmarktbedürfnissen entsprechen.

Herr Grindel, Sie sprechen immer davon, dass da-
durch Zwangsehen bzw. Zwangsverheiratungen verhin-
dert werden. Dafür haben Sie heute wieder keinen Beleg
gebracht.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Natürlich!)


Ich sage Ihnen: Sie können es allenfalls erschweren, dass
Menschen, die zwangsverheiratet wurden, nach Deutsch-
land kommen, verhindert haben Sie Zwangsheirat da-
durch aber nicht.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Aber Hilfe geben kann man ja wohl!)


Wie gesagt: Den Beweis sind Sie schuldig geblieben.

Eines noch zum Schluss. Ich finde es wirklich er-
schütternd, wie hier mit dem Thema Familienzusam-
menführung umgegangen wird. Ich hoffe nur, dass der
Europäische Gerichtshof und das Bundesverfassungsge-
richt diese Regelung, die wir für verfassungswidrig hal-
ten, endgültig zu Fall bringen.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705207500

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

der Kollege Stephan Mayer von der CDU/CSU-Fraktion
das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1705207600

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen!

Sehr geehrte Kollegen! Die Fußballweltmeisterschaft
tritt in die heiße Phase ein, und ich persönlich finde es
sehr erfreulich, dass man, wenn man in Deutschland
durch die Städte geht, an immer mehr Fahrzeugen die
deutsche Flagge sieht. Dies zeugt von einem aufgeklär-
ten, von einem modernen Patriotismus: Man ist auf das
eigene Land stolz, aber würdigt andere Länder, andere
Nationen nicht herab.

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(C (D Ich sage aber auch ganz offen, ich finde es persönlich och schöner, wenn an den Fahrzeugen neben der deutchen Flagge noch die portugiesische, die brasilianische, ie spanische, die französische und auch, obwohl die annschaft der Türkei diesmal gar nicht dabei war, auch ie türkische Flagge mit angebracht ist. Dies zeugt daon, dass Deutschland ein weltoffenes Land ist, ein gastreundliches Land ist und dass es mittlerweile in vielen ereichen ein wunderbares Miteinander zwischen Deut chen und Ausländern oder zwischen Deutschen und enschen mit sogenanntem Migrationshintergrund gibt. Ich bin dem neugewählten Bundespräsidenten hristian Wulff sehr dankbar, dass er hier vorgestern an ieser Stelle kurz nach seiner Wahl auch deutlich darauf ingewiesen hat, dass es eines seiner Hauptanliegen ist, lles dafür zu tun, dass Parallelgesellschaften in eutschland verhindert werden, dass man, wie heute uch schon erwähnt wurde, aufeinander zugeht. Persönlich bedauere ich es aber durchaus, dass leider ottes der Gesetzentwurf der Grünen, den wir heute deattieren, genau dem Gegenteil Vorschub leistet. Der esetzentwurf der Grünen ist sowohl integrationsfeind ich als auch frauenfeindlich. (Beifall bei der CDU/CSU – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Agnes Alpers [DIE LINKE]: Ist doch nicht wahr!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Weshalb ist der Gesetzentwurf integrationsfeindlich?
s ist, glaube ich, nicht zu bestreiten, dass das Erlernen
er deutschen Sprache die Grundvoraussetzung dafür ist,
n Deutschland Fuß fassen zu können, sich in die deut-
che Gesellschaft integrieren zu können. Das Erlernen
er deutschen Sprache ist die entscheidende Stell-
chraube bei der Frage,


(Widerspruch bei der LINKEN)


b es gelingt, sich in Deutschland beruflich und auch
rivat etablieren zu können, auch sozial aufsteigen zu
önnen. Deswegen ist es gerade nicht integrationsfeind-
ich, sondern integrationsfördernd, dass von nachzugs-
illigen Ehegatten erwartet wird, dass sie zumindest
rundkenntnisse der deutschen Sprache nachweisen
önnen, bevor sie nach Deutschland einreisen.


(Zuruf des Abg. Memet Kilic [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Es wird ja von den nachzugswilligen Ehegatten nicht
erlangt, dass sie perfekt Deutsch können, sondern es
ird erwartet, dass sie sich in einfacher Art und Weise

uf Deutsch artikulieren können und in Deutsch ausdrü-
ken können. Das ist nun einmal die Grundvorausset-
ung dafür, in Deutschland einkaufen gehen zu können,
ich mit Freunden unterhalten zu können und natürlich
uch beruflich in Deutschland Fuß fassen zu können.

Deswegen war es richtig, meine sehr verehrten Kolle-
innen und Kollegen, dass diese Regelung 2007 aufge-
ommen wurde. Herr Kollege Veit, ich bedauere es per-
önlich, dass Sie sich jetzt hier wieder vom Acker
achen, indem Sie hier behaupten – ich persönlich





Stephan Mayer (Altötting)



(A) )


)(B)

glaube das gar nicht –, dass mittlerweile der Großteil Ih-
rer Fraktion diese Regelung so nicht mehr unterstützt.
Sie sind hier 2007 wirklich über Ihren Schatten gesprun-
gen und haben einer meines Erachtens außerordentlich
vernünftigen und sachgerechten Lösung zugestimmt. Ich
würde mich wirklich freuen, wenn sich die Fraktion der
Sozialdemokraten auch in Zukunft weiterhin dieser ver-
nünftigen Regelung anschließt und hier weiterhin bei der
Stange bleibt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, weshalb ist
diese Regelung frauenfeindlich? Sie ist deshalb frauen-
feindlich, weil es unser aller Anliegen sein muss, dass
nachzugswillige Ehegatten, die nach Deutschland kom-
men wollen, so gestellt werden, dass sie selbstbewusst,
eigenständig ihr Leben in Deutschland gestalten können.
Ich sage ganz offen: Was bringt es uns, dass wir Sorgen-
telefone eingerichtet haben, dass wir Bürgersprechstun-
den anbieten für Frauen mit Migrationshintergrund, die
in ihrer Familie geknechtet werden, die zum Teil übel
behandelt werden, die einfach ihre Freiheitsrechte nicht
wahrnehmen können? Es bringt alles nichts, wenn es
nicht gelingt, diese Frauen so zu stellen, dass sie sich in
Deutschland ausdrücken können, dass sie in Deutsch-
land auch Sorgentelefone anrufen können, Bürger-
sprechstunden aufsuchen können, um ihre Probleme dar-
stellen zu können.


(Zuruf des Abg. Memet Kilic [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin sehr
froh, dass das Bundesverwaltungsgericht mit seinem Ur-
teil vom 30. März dieses Jahres deutlich gemacht hat,
dass die Regelung, die wir zusammen mit den Sozialde-
mokraten 2007 getroffen haben, sowohl verfassungsge-
mäß als auch europarechtskonform ist. Ich möchte nicht
negieren, dass es durchaus Verbesserungsbedarf gibt. Ich
bin dem Kollegen Wolff auch für seinen Hinweis dank-
bar, dass wir uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt
haben, die Sprachtests und die Sprachkurse nicht nur zu
evaluieren, sondern auch auf Defizite hin zu untersu-
chen.

Ich möchte es gar nicht negieren: Es gibt Defizite. Es
ist teilweise wirklich zu bürokratisch, im Ausland
Deutsch zu lernen. Teilweise sind die Hürden zu hoch,
wenn es darum geht, einen Sprachtest ablegen zu kön-
nen. Die Monopolstellung, die das Goethe-Institut hat,
ist schon angesprochen worden. Ich sage Ihnen an dieser
Stelle zu: Wir werden alles dafür tun, dass es in Zukunft
organisatorisch einfacher wird, den Nachweis der
Deutschkenntnisse im Ausland zu erbringen. Dies ist ein
Anliegen der christlich-liberalen Koalition, und dem
werden wir auch gerecht werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Regelung ist drei Jahre alt! Wann wollen Sie denn anfangen?)


Mit dem Gesetzentwurf der Grünen soll auch die Le-
bensunterhaltssicherungsklausel zur Disposition gestellt

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(C (D erden. Darauf möchte ich eines ganz deutlich entgegen: Deutschland ist ein weltoffenes Land. Deutschland st ein gastfreundliches Land. Aber es kann nicht in unerem Interesse sein, dass wir einem Zuzug in unsere soialen Sicherungssysteme Vorschub leisten. Deswegen st es richtig, dass im Jahr 2007 eine Klausel aufgenom en wurde, die fordert, dass der Ehegatte, der sich schon n Deutschland befindet, auch über die notwendigen maeriellen Voraussetzungen verfügt, um seine Familie und en nachzugswilligen Ehegatten ernähren zu können. ir wollen keinen Zuzug in unsere sozialen Sicherungs ysteme und in die soziale Hängematte. Wir würden den Millionen von Ausländern in eutschland, die sich schon hervorragend in die deut che Gesellschaft integriert haben, die beruflich Fuß geasst haben, die Steuern zahlen, einen Bärendienst erweien, wenn wir diese Regelungen jetzt abschaffen ürden. Wir werden an der Lebensunterhaltssicherungslausel festhalten. Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kollege. Wir stehen als christlich-liberale Koalition zu den Ge etzesregelungen, die 2007 verabschiedet worden sind. ch kann Ihnen an der Stelle nur noch einmal sagen: Der esetzentwurf der Grünen ist sowohl integrationsfeind ich als auch frauenfeindlich. (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo denn?)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705207700
Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1705207800

eswegen wird ihm Ablehnung zuteilwerden.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1705207900

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
urfs auf Drucksache 17/1626 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
nderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
st die Überweisung so beschlossen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.

Die gemeinsame Sitzung des Deutschen Bundestages
nd des Bundesrates gemäß Art. 56 des Grundgesetzes
er Bundesrepublik Deutschland zur Vereidigung des
undespräsidenten findet um 13 Uhr statt.

Schon jetzt weise ich darauf hin, dass die nächste Sit-
ung des Deutschen Bundestages am Mittwoch, dem
. Juli 2010, 13 Uhr, stattfindet.

Die Sitzung ist geschlossen.