Gesamtes Protokol
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
Sitzung ist eröffnet.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 19 a bis 19 c auf:
a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten
Entwurfs eines Gesetzes zur Vorbeugung gegen
missbräuchliche Wertpapier- und Derivatege-
schäfte
– Drucksache 17/1952 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses
– Drucksache 17/2336 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Ralph Brinkhaus
Manfred Zöllmer
Björn Sänger
Dr. Barbara Höll
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Finanzausschusses zu
dem Antrag der Abgeordneten Michael Schlecht,
Sahra Wagenknecht, Dr. Herbert Schui, weiterer
A
W
D
K
–
b
m
n
Redet
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE
Banken regulieren – Spekulationsblasen ver-
hindern
– Drucksachen 17/1151, 17/2336 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Ralph Brinkhaus
Manfred Zöllmer
Björn Sänger
Dr. Barbara Höll
c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Finanzausschusses zu
dem Antrag der Abgeordnete
Wagenknecht, Michael Schlecht, D
Höll, weiterer Abgeordneter und de
DIE LINKE
extEs geht aber heute um ein sehr ernst zu nehmendesThema der Finanzmarktregulierung, bei dem die christ-lich-liberale Koalition
und die Regierung handeln und die notwendigen Maß-nahmen auf den Weg bringen.Wir beraten den Gesetzentwurf zur Vorbeugung ge-gen missbräuchliche Wertpapier- und Derivategeschäfteheute abschließend in zweiter und dritter Lesung. Wasbeinhaltet der Gesetzentwurf? Es geht darin um die so-genannten ungedeckten Leerverkäufe bei Aktien,im Euro-Raum und Derivategeschäften.n Leerverkäufen wird etwas verkauft, dasesitzt, und dann auch noch vervielfältigtForm. Das ist der Unterschied zu gedeck-n Sahrar. Barbarar FraktionStaatspapierenBei ungedeckteman gar nicht bin spekulativer
Metadaten/Kopzeile:
5456 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010
Leo Dautzenberg
)
)
ten Leerverkäufen, bei denen innerhalb einer bestimm-ten Frist von ein bis zwei Tagen die Deckung für das Ge-schäft erbracht werden muss. Das ist bei ungedecktenLeerverkäufen nicht der Fall.Sie dienen dazu, Krisensituationen und bestimmteBereiche, die durch den Markt nicht zum Ausdruckkommen, spekulativ zu nutzen. Damit werden teilweisebereits bestehende negative Auswirkungen weiter be-schleunigt. Dem muss Einhalt geboten werden.Von daher haben wir als Koalitionsfraktionen auchauf Vorschlag der Regierung, die einen entsprechendenKabinettsbeschluss gefasst hat, parallel dazu diesen Ge-setzentwurf eingebracht und damit auch zum Ausdruckgebracht, dass wir die Inhalte dieses Gesetzentwurfsgrundsätzlich teilen. Durch die parallele Einbringungwollen wir relativ zeitnah zu einer Regelung kommen,um Verzögerungen zu vermeiden. Wir wollen also durchunsere Beratungspraxis im Plenum dazu beitragen, dasVorhaben zeitnah umzusetzen.Die Anhörung hat gezeigt, dass der Weg, den wir aufnationaler Ebene eingeschlagen haben, richtig ist.
– Scheinbar waren Sie in einer anderen Anhörung, HerrKollege. –
Die Anhörung hat gezeigt, dass der Weg grundsätzlichrichtig ist. Herr Kollege Zöllmer, wenn Sie daraus denSchluss ziehen, hier bestehe keine Notwendigkeit derRegelung, dann verstehe ich im Grunde die Welt nichtmehr; schließlich halten Sie uns immer vor, wir unter-nähmen hier nichts.
Anscheinend lassen Sie noch nicht einmal auf sich wir-ken, was hiermit erreicht werden soll.
Es geht also um ein Verbot ungedeckter Leerverkäufevon Aktien, von Staatspapieren in der Euro-Zone unddarüber hinaus von bestimmten Derivaten bis hin zuWährungsderivaten; dabei geht es um Devisen und Aus-landswährungen.Neben diesem grundsätzlichen Verbot war eine Ver-ordnung vorgesehen, die der BaFin die Kompetenz ver-schafft hätte, in diese Bereiche selbstständig einzugrei-fen. Herr Kollege Zöllmer, die Anhörung hat gezeigt:Wenn es bei einer undifferenzierten Verordnung bleibt,dann würden wir einzelne Bereiche der Industrie, in de-nen es gewisse Formen von Absicherungsgeschäften beiWährungen gibt, in die Gefahr bringen, dass längerfris-tige Absicherungsgeschäfte nicht mehr möglich wären.Diese Einsicht hat dazu geführt, dass wir gemeinsamdiese Verordnung herausgenommen haben. Das ist einErgebnis – Herr Zöllmer, wenn Sie zuhören würden –dd–gsPAtbeaBaredhdhu–fsGddgcisrmgdtszDtdmtp
Frau Kollegin, da Sie den BDI erwähnen: Vieles, wasesagt wird, ist nicht nachvollziehbar. Nach der ab-chließenden Beratung im Finanzausschuss sind wir demetitum aus der Industrie gefolgt. Spezielle Formen derbsicherung für die Industrie – langfristige Lieferver-räge, Stichworte: „Kerosin, Rohstoffe“, gebunden anestimmte Währungen – sind sinnvoll, wenn dafür dientsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden.Angesichts dessen ist es umso unverständlicher, dasslle Fraktionsvorsitzenden dieses Hauses gestern einenrief des BDI-Hauptgeschäftsführers bekamen, in demuf das Petitum abgestellt und gesagt wurde, das Begeh-en aus der Industrie gerade für diesen Bereich sei nichtrfüllt. Anscheinend haben manche in diesem Verbanden Schuss nicht gehört. Sie scheinen nicht begriffen zuaben, was wir in ihrem Sinne richtigerweise schon aufen Weg gebracht haben. Ich glaube, zur Arbeit hier ge-ört, offensiv zu vertreten, dass wir gehandelt haben,nd das, was hier erfolgt, nicht infrage zu stellen.An einem weiteren Punkt hat es Korrekturen gegeben das war ein wichtiges Petitum für den Börsenplatz undür den Finanzstandort Deutschland –: Wir nehmen dieogenannten Intraday-Geschäfte – das sind diejenigeneschäfte, die innerhalb eines Tages abgewickelt wer-en – von dem Verbot aus. Sie sind weiterhin möglich;enn sie sind für die Liquidität des Marktes am jeweili-en Tag erforderlich. Im Grunde ist entscheidend, wel-he Nettopositionen am Abend noch offen sind. Deshalbst diesem Petitum des Finanzmarktes und des Finanz-tandortes Deutschland Rechnung getragen worden.Darüber hinaus haben wir auch Formen der Transpa-enz vorgesehen: Auch die Positionen, die offen sind,üssen über den Bundesanzeiger namentlich bekanntegeben werden. Damit stellen wir die Transparenz her,ie für die Regulierung dieses Marktes und der Markt-eilnehmer erforderlich ist. Somit führen wir diese Ge-chäfte aus der Anonymität heraus. Das ist die Zielset-ung der Transparenzplattformen, die wir hier vorsehen.amit leisten wir wiederum einen entscheidenden Bei-rag zur Regulierung von Finanzmärkten. Ich kann aucher Opposition nur dringend empfehlen, dem zuzustim-en.Vielen Dank.
Das Wort hat nun Manfred Zöllmer für die SPD-Frak-
ion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Esassiert nicht sehr häufig, dass sich Helmut Schmidt, un-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5457
Manfred Zöllmer
)
)
ser Altbundeskanzler, zu aktuellen Gesetzentwürfen zuWort meldet. Er hat im Cicero Folgendes gesagt:Was dagegen Merkel macht – dass sie auf eigeneFaust nur für Deutschland Leerverkäufe verbietet –,ist zum Schieflachen.Daraufhin sagte der Journalist:Sie dürfte das wissen und hat das Verbot als Beruhi-gungsmittel für die öffentliche Meinung in denRaum gestellt.Helmut Schmidt entgegnete daraufhin:Ich hoffe, dass sie weiß, … dass es wirkungslos ist.Warum hat Helmut Schmidt in diesem Fall leider, leiderrecht?Herr Dautzenberg, die Anhörung hat eines gezeigt:Dieser Gesetzentwurf ist ein Placebo; er ist wirkungslos;er ist reine Symbolpolitik.
Sie haben hier deutlich gemacht, wie die Geschichte die-ses Entwurfs verlief und wie Sie von den Koalitionsfrak-tionen von Beratung zu Beratung zur Verwässerung die-ses Gesetzentwurfs beigetragen haben.
Er ist ein reines Symbol.Schauen wir uns einfach einmal an, wie das Gesetzentstanden ist, welche Geschichte es hat. Die Finanz-krise ist zwei Jahre alt. Seitdem wurde immer wiederdeutlich, dass ungedeckte Leerverkäufe auf den Finanz-märkten zerstörerische Wirkungen entfalten können, zu-letzt in der Krise um Griechenland.
– Nein, warten Sie ab! – Sie können Kursverzerrungenauslösen und zu Zwecken des Insiderhandels und derMarktmanipulation eingesetzt werden. Deshalb habenwir Sozialdemokraten seit langem gefordert, ungedeckteLeerverkäufe zu untersagen. Das ist ein ganz wichtigerPunkt.Am 9. März 2010 – also in diesem Jahr – gab es eineErklärung der Europäischen Kommission, dass sie er-wäge, ungedeckte Leerverkäufe zu verbieten. Paralleldazu gab es die Ankündigung eines gemeinsamen Vor-gehens von Berlin und Paris in dieser Sache. Es war voneinem Brief von Merkel an Sarkozy die Rede. Danachpassierte jedoch nichts mehr. Dann kam über Nacht dieMitteilung über den Ticker, Deutschland habe als ersteseuropäisches Land ungedeckte Leerverkäufe verboten.Das heißt also, man hat auf eine gemeinsame europäi-sche Aktion verzichtet
uiDhMc„hEMhdDRwsmsldgzlwGdwsEtinzStdWcHGszg–
Herr Dautzenberg, lassen Sie uns doch einmal be-euchten, zu welchem Ergebnis die Expertenanhörungirklich geführt hat. Das Ergebnis war eindeutig: Dieseresetzentwurf ist reine Symbolpolitik. Schauen Sie sichas Ergebnis der Anhörung an: Dieser Gesetzentwurfurde von der überwältigenden Mehrheit der Sachver-tändigen regelrecht verrissen.
r beschränkt sich auf ungedeckte Leerverkäufe von Ak-en und Schuldtiteln von Staaten der Euro-Zone, die an ei-er inländischen Börse zum Handel am regulierten Marktugelassen sind. Warum – das war eine der Fragen – nurchuldtitel aus der Euro-Zone? Warum nur auf regulier-en Märkten? Der überwiegende Teil des Handels findetort nicht statt.
ichtig wäre ein Leerverkaufsverbot an außerbörsli-hen Plätzen; denn dort findet der relevante Teil desandels statt. Dieser Bereich wird vom vorliegendenesetzentwurf überhaupt nicht erfasst. Auch hier zeigtich Ihre Unfähigkeit, etwas Wirksames koordiniert um-usetzen.
Ein Verbot muss etwas bewirken. Das von Ihnen vor-esehene Verbot bewirkt leider nichts.
Ja, damit kann ich gut leben.
Metadaten/Kopzeile:
5458 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010
Manfred Zöllmer
)
)
Ich zitiere Herrn Münchau von der Financial TimesDeutschland, einen Journalisten, der in der Anhörung alsSachverständiger vertreten war. Er hat Folgendes formu-liert:Der einzige Grund für dieses Gesetz war dessenAnkündigung. Die Regierung musste etwas tun, umDeutschlands Journalisten von der Krise abzulen-ken.Wohlgemerkt: Nicht die Opposition, sondern ein unab-hängiger Journalist hat das formuliert.Sie haben eben deutlich gemacht, wie stark dieses Ge-setz bereits im Vorfeld beschnitten wurde und nun durchweitere Änderungsanträge beschnitten werden soll; bei-spielsweise werden die Regelungen zum Intraday-Han-del – Sie haben erläutert, was das ist – weiter verwässert.
– Verwässert.Ich darf aus der Stellungnahme des BDI zitieren. Dortheißt es:Weil sich Kurseinbrüche, insbesondere in Kombi-nation mit falschen, negativen Marktgerüchten häu-fig innerhalb eines Tages ereignen …, ist für dasVerbot auf die Einzeltransaktion und nicht auf denTagesendbestand abzustellen.Die Fraktionen von CDU/CSU und FDP – Sie haben daseben erläutert – wollen nun solche Leerverkäufe wiederzulassen. Sie haben in einer Presseerklärung ausgeführt,dass Sie zwischen Missbrauch und normalem Geschäftunterscheiden wollen, aber in der Praxis lassen Sie mög-lichen Missbrauch wieder zu.
Darüber hinaus streichen die Koalitionsfraktionen dieErmächtigung des Finanzministeriums, weitergehendeVerbotsverfügungen zu erlassen.
– Über eine Verordnung. – Sie wollen es dem Parlamentüberlassen, aber auch damit verwässern Sie den Ur-sprungsentwurf; denn das Parlament kann natürlich je-derzeit gesetzgeberisch tätig werden. In ihrem Vorgehenzeigt sich die ganze Hilflosigkeit dieser Koalition gegen-über der Finanzmarktlobby.
Es gibt allerdings auch etwas Positives.DvagdtswskrtKSddnnwtrneWtrml–wsg
er Gesetzentwurf verbessert die Transparenz auf bisheröllig intransparenten Märkten,
ber leider nur ein wenig; denn das Gesetz eröffnet Um-ehungsmöglichkeiten bei Meldeverpflichtungen, etwaurch die Aufteilung von Leerverkäufen auf Konzern-öchter jeweils unterhalb der Meldeschwelle. Der Ge-etzentwurf ist und bleibt Symbolpolitik. Er ist Stück-erk, Symbolpolitik, mit viel zu geringer Wirkung. Nuncheint wieder eine europäische Lösung der Leerver-aufsproblematik möglich.
Die FDP hat im Übrigen erklärt: Sollten keine weite-en Länder folgen, werde das Gesetz in dieser Legisla-urperiode noch einmal geändert. Liebe Kolleginnen undollegen von der Regierungskoalition, Sie finden unsozialdemokraten an Ihrer Seite, wenn es darum geht,urchdachte und wirksame Maßnahmen zur Regulierunger Finanzmärkte zu beschließen. Sie finden uns abericht an Ihrer Seite, wenn Sie versuchen, Regulierungur vorzutäuschen wie beim vorliegenden Gesetzent-urf.Vielen Dank.
Das Wort hat Kollege Björn Sänger für die FDP-Frak-
ion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-en! Lieber Kollege Zöllmer, Sie haben es offensichtlichoch nicht verwunden, dass wir regulieren, nachdem Sielf Jahre lang nicht reguliert haben.
ir täuschen auch nichts vor, genauso wie Sie keine Un-ätigkeit vorgetäuscht haben. Sie waren in diesem Be-eich elf Jahre lang untätig.Ich würde mich freuen, wenn Sie sich bei Ihrer Argu-entation klar werden würden, was Sie denn nun eigent-ich wollen.
Ich wage zu bezweifeln, Frau Kollegin Kressl, dass Sieas Vernünftiges wollen. – Zur Finanztransaktionsteueragen Sie uns: Da müssen wir einen nationalen Allein-ang machen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5459
Björn Sänger
)
)
Beim Leerverkaufsverbot sagen Sie: Es ist nicht euro-päisch abgestimmt. – Wir stellen fest – und jeder, der dasobjektiv betrachtet, kommt zum gleichen Ergebnis –,dass die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktio-nen dieser christlich-liberalen Koalition handeln
und auf europäischer Ebene eine Abstimmung suchen,weil die internationalen Themen der Finanzbranche da-nach verlangen. Die Bundesregierung bringt sich aufEU-Ebene und auf G-20-Ebene ein, stimmt sich ab undstartet darüber hinaus nationale Initiativen, was außeror-dentlich zu begrüßen ist.Es ist bereits eine effektive Regulierung sichtbar. Wirhaben das Ratinggesetz und kürzlich das Vergütungsge-setz für die Finanzbranche verabschiedet. Wir beschäfti-gen uns mit dem Anlegerschutz im grauen Kapitalmarkt,und das Bankenrestrukturierungsgesetz erscheint auchschon am Horizont.Heute befassen wir uns mit dem Verbot missbräuch-licher Wertpapier- und Derivategeschäfte. Ich sage esnoch einmal: Wenn Sie das in den letzten elf Jahren ge-macht hätten, wären wir schon ein ganzes Stück weiter.Ich finde, in der kurzen Zeit, in der diese christlich-libe-rale Bundesregierung bislang amtiert, haben wir schoneiniges vorzuweisen.
Wir nehmen unter den wichtigen Finanzplätzen in Eu-ropa mit diesem Gesetz eine Vorreiterrolle ein. Es ist janicht so, als ob es etwas Vergleichbares in anderen Län-dern nicht gäbe. Denn in Irland, Schweden, Österreichund Belgien – um nur einige zu nennen – gibt es ähnli-che Regeln, wenngleich diese Finanzplätze sicherlichnicht unbedingt mit Deutschland vergleichbar sind.Worum geht es in diesem Gesetz? Es geht darum– Kollege Dautzenberg hat schon darauf hingewiesen –,ungedeckte Leerverkäufe in Aktien sowie in Schuldtitelnvon EU-Gebietskörperschaften sowie Währungsderiva-ten zu verbieten. Es handelt sich um ein grundsätzlichesVerbot. Darüber hinaus wird über den § 4 a Wertpapier-handelsgesetz Rechtssicherheit für die BaFin geschaffen,die sie bisher nicht hatte.Solch ein grundsätzliches Verbot ist für die Freie De-mokratische Partei schon starker Tobak. Ein hessischerAbgeordneter, der beispielsweise im Rhein-Main-Gebietherumfährt, wird von den Ortsverbänden schon gefragt:Was macht ihr in Berlin da eigentlich?
Denn ein Nachweis für die Krisenursächlichkeit vonLeerverkäufen ist bislang noch nicht erbracht worden.Leerverkäufe sind durchaus etwas Sinnvolles; dennsie senden Informationen in den Markt. Sie verhindernBdideekMbsmkkdtDrhzgtwnsrkf–mwwUgmrWtAstDBbtdssg
emzufolge werden wir versuchen, auch in diesem Be-eich Schwarz und Weiß zu trennen. Ob das in der Klar-eit geschieht, die wir uns vorstellen, wird die Erfahrungeigen. Wir haben dabei die Problemstellungen diesesanzen Bereichs aus meiner Sicht sehr gut berücksich-igt. Wir haben den Intradayhandel weiterhin ermöglicht,eil Spekulanten eben Zeit brauchen, um sich Positio-en aufzubauen, gegen bestimmte Titel oder Staaten zupekulieren. Das schaffen sie nicht an einem Tag. Ande-erseits brauchen die Börsenplätze genau diese Möglich-eit, um damit die Liquiditätsfunktion von Leerverkäu-en sicherzustellen. Das ist für die BörsenplätzeFrankfurt an der Spitze – ein ganz wichtiges Instru-ent.
Wir haben darüber hinaus den Bedenken der Real-irtschaft Rechnung getragen, unserer starken Export-irtschaft, die ihre Währungsrisiken absichern will. Dienternehmen können nicht am 1. Januar eines Jahres sa-en, was für ein Geschäft sie im Dezember des Jahresachen, sondern sie sichern sich am Anfang eines Jah-es ab und decken sich ein; das ist dann eben ungedeckt.ir haben diesen Umstand durch den Terminus „erwar-ete Währungsrisiken“ im Gesetzentwurf berücksichtigt.uch das ist für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirt-chaft ganz wichtig.Wir haben ferner – das war für uns als Freidemokra-en sehr wichtig – die Stellung der Bundesbank gestärkt.ie BaFin muss sich in Zukunft mit der Bundesbank insenehmen setzen, wenn es darum geht, dass die BaFinestimmte Verbote, die unter anderem die Währung be-reffen, ausspricht. Über diesen Prozess wird die Bun-esregierung – das ist freundlicherweise zugesagt – die-em Haus zukünftig berichten.
Wir haben darüber hinaus die Parlamentsrechte ge-tärkt – auch Kollege Dautzenberg hat schon darauf hin-ewiesen –, indem wir die Ermächtigungsgrundlage für
Metadaten/Kopzeile:
5460 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010
Björn Sänger
)
)
das BMF gestrichen haben. Denn wir finden, das musshier in diesem Parlament behandelt werden.Außerdem haben wir die Möglichkeit der BaFin, Ver-bote auszusprechen, etwas genauer definiert. Auchhierzu wird dem Parlament ein Bericht vorgelegt, in demdie BaFin feststellen muss: Hier gibt es einen Missstand.Wir haben ihn wie folgt abgestellt. Möglicherweise müs-sen wir über den Tag hinaus ein bestimmtes Verbot aus-sprechen. Beschäftigt euch doch bitte mit diesemThema. – Dann können wir das schlussendlich gesetz-lich regeln. Damit haben wir auch diese Regelung aufeine klare verfassungsmäßige Grundlage gestellt.Und – das ist eigentlich der wichtigste Punkt –: Wirhaben in diesem sehr dunklen bzw. schummerig be-leuchteten Umfeld Transparenz hergestellt. Spekulantenscheuen das Tageslicht, so wie es auch Einbrecher tun.Klare Transparenzregeln sind das beste marktwirtschaft-liche Instrument. Dann gibt es nämlich keine Informati-onsdifferenzen, sondern dann weiß der Markt es ganzklar: Wer etwas an Information hat, kann daraus Rück-schlüsse ziehen und sich entsprechend verhalten.Wir nehmen damit – ich sagte es bereits – eine Vorrei-terrolle unter den wichtigen Finanzplätzen ein. Natürlichmüssen wir die Ergebnisse und Erfahrungen abwarten,ob wirklich alle mitziehen. Es bringt ja nichts, wennDeutschland vorangaloppiert, während alle anderennoch auf der Weide stehen und friedlich grasen. Dasbringt uns alle nicht weiter. Das würde in der Tat nichtdazu führen, diese schädlichen Instrumente zu bannen.
Es ist vollkommen klar, dass der Finanzplatz Deutsch-land nicht zum Verlierer einer möglichen Regulierungs-arbitrage werden darf.
Sollte dieses Gesetz nicht funktionieren – das gilt für alleGesetze und ist eine Selbstverständlichkeit –, muss esgeändert werden.Ich denke, die Vorreiterrolle Deutschlands wird fürdie EU an dieser Stelle vorbildlich sein. Es wird auf eu-ropäischer Ebene zu weiteren Erfolgen kommen, sodassich mir gar keine Gedanken darüber machen muss, dassdieses Gesetz eventuell noch einmal geändert werdenmüsste.Unter dem Strich ist heute ein guter Tag, ein weitererguter Tag für die Regulierung der Finanzmärkte inDeutschland. Es handelt sich um ein hervorragendes,sinnvolles Gesetz, dem im Übrigen auch Sie zustimmenkönnen.Herzlichen Dank.
Das Wort hat nun Barbara Höll für die Fraktion Die
Linke.
K
F
A
s
„
W
b
v
S
L
a
I
2
–
n
u
D
k
h
h
k
r
D
W
g
s
j
h
a
g
ber Ihre Gratwanderung ist schon erstaunlich. Der Ge-etzentwurf geht zwar in die richtige Richtung, abervollkommen“ sieht wahrlich anders aus.
ir werden uns enthalten, da wir grundlegende Nach-esserungen für nötig halten.Wo liegt das Problem? Ich sage Ihnen: Der Euro hatteon Anfang an einen Konstruktionsfehler. Griechenland,panien und Portugal wirft man heute vor, dass dieseänder über ihre Verhältnisse leben. Dabei wird einesllzu gern übersehen; Sie erinnern sich vielleicht noch.ch zitiere mich ausnahmsweise einmal selbst. Am3. April 1998 sagte ich:Entscheidender als die Erfüllung der Konvergenz-kriterien ist für uns … damals als PDS –die Frage, ob die Grundlagen einer gemeinsamenWährung tatsächlich gegeben sind. Die Grundlagenmüssen in der Angleichung der realwirtschaftlichenund sozialen Entwicklung der Mitglieder einerWährungsunion bestehen.Wir wissen doch alle: Was damals galt, gilt heuteoch.
Nach wie vor existieren wesentliche Produktivitäts-nterschiede zwischen einzelnen europäischen Staaten.as heißt, ohne eine abgestimmte Wirtschaftspolitikann eine Währungsunion keinen langfristigen Erfolgaben. Sie haben damals nicht auf uns gehört, und heuteaben wir den Salat. Ich sage Ihnen: Diese Krise isteine kurzfristige Finanzkrise, sondern das Ergebnis Ih-er damaligen kurzsichtigen Politik.
er Konstruktionsfehler des Euro schlägt hier mit vollerucht durch.
Nun zu Ihrem Gesetzentwurf. Sie haben seinerzeitierigen Bankern Tür und Tor geöffnet. Die haben mitogenannten innovativen Finanzprodukten freihändigongliert. Nun kommen Sie und wollen so ein bisschenalbherzig regulieren. Ja, einige Produkte können durch-us ihren Sinn haben. Aber in der Anhörung ist ganz klareworden: Mit allen kann massiv spekuliert werden.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5461
Dr. Barbara Höll
)
)
Nehmen wir die CDS. Diese waren für den Zusam-menbruch des Versicherers AIG verantwortlich. Wasverbirgt sich hinter den drei mysteriösen Buchstaben?Das ist ziemlich einfach. Das wäre so, als ob ich eine Le-bensversicherung auf jemand anderen abschließe, beider ich begünstigt bin, und dann die Person in den Herz-infarkt treibe. Mit anderen Worten: CDS ist ein Kredit-derivat zum Handel mit Ausfallrisiken von Anleihenoder Krediten. Das Kreditrisiko wird vom eigentlichenKredit getrennt und gehandelt.Das Prinzip: Ein Versicherungsnehmer bezahlt eineGebühr und erhält dafür vom Versicherungsgeber eineAusgleichszahlung, falls ein vereinbartes Kreditereigniseintritt. Hierbei ist es völlig egal, ob jemand abzusi-chernde Positionen, zum Beispiel Staatsanleihen, besitzt.Das muss man sich einmal genau vorstellen. Das ist eininnovatives Finanzprodukt? Es ist doch absurd, dassman Geld mit Sachen verdienen kann, die nur auf demPapier stehen. Das ist ein Skandal.Weder die EZB noch die Bank für InternationalenZahlungsausgleich haben überhaupt einen Durchblick,was da in welchem Umfang abläuft. Für die Jahre 2007und 2008 wurde der Markt für Finanzderivate auf600 Billionen US-Dollar geschätzt. Einen genauenÜberblick haben lediglich Banken wie Goldman Sachsoder die Deutsche Bank. Ich finde, das kann einfachnicht wahr sein. Der Vertreter der Bundesbank sagte hierin der Anhörung, es müsse erst einmal Transparenz ge-schaffen werden. Ja, wer soll das denn schaffen, wennnicht die Bundesbank, wo wohl viele – auch hoch be-zahlte – Experten sitzen?
Für das Volumen von ausstehenden CDS gibt es et-was genauere Werte. Nach einer ISDA-Berechnung be-trug es 2007 etwa 62 Billionen US-Dollar und war damitgrößer als das Weltbruttoinlandsprodukt. Dieses betrugdamals 54 Billionen US-Dollar. Das CDS-Volumen stiegvon 2003 bis 2007 um über 2 000 Prozent. Hier wirddoch eindeutig auf Teufel komm raus spekuliert, was– weil Sie sich für Ihre Schnelligkeit loben, füge ich dashinzu – schon seit Jahren sichtbar ist. Wer zahlt die Ze-che? Nicht Spekulanten und Banker, sondern wir alle.Mit Ihrem Gesetz wollen Sie nun die Spekulation be-grenzen. Sie wollen erstens ungedeckte Leerverkäufevon Aktien und Schuldtiteln von Staaten der Euro-Zone,die an einer inländischen Börse zum Handel im regulier-ten Markt zugelassen sind, verbieten. Zweitens. Auchein Verbot von ungedeckten CDS auf Verbindlichkeitenvon EU-Mitgliedstaaten, bei denen kein eigener Absi-cherungszweck besteht, ist geplant. Das heißt im Klar-text: Spekulationen mit der eigenen Währung lehnen wirab, aber spekulative Angriffe auf andere Währungensind uns egal. Warum sind wir denn hier nicht einfacheinmal konsequent? Aber diese Halbherzigkeit sind wirvon Ihnen gewohnt.edmTinfnudhoglFanMesdSndSkuGngtkSgncStgFdsSs
Metadaten/Kopzeile:
5462 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010
)
Das Wort hat nun Kollege Gerhard Schick für dieFraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Esist richtig, bei Leerverkäufen eine gesetzliche Einschrän-kung vorzunehmen und insbesondere die Leerverkäufezu verbieten, bei denen völlig frei ist, wie viel man ver-kaufen kann, ohne es zu haben. Deswegen ist es richtig,nur noch gedeckte Leerverkäufe zuzulassen, bei denenman sich das Produkt wenigstens geliehen hat, aber nichtmehr völlig freie; denn damit schaffen wir es, die Speku-lation und den Herdentrieb, die an den Märkten entste-hen können, zu begrenzen. Das ist wichtig, und das istrichtig.
Jetzt ist die Frage, was dieses Gesetz leistet. ZweiZiele sind im Ausschuss genannt worden. Das eine Zielist, ein Zeichen für die Märkte zu setzen. Das zweite Zielist, ein Zeichen für Europa zu setzen, weil wir das ei-gentlich europaweit einheitlich machen müssten.Zuerst einmal zu den Zeichen für die Märkte: Wirwollen kein Zeichen für die Märkte setzen, sondern wirwollen Regeln für die Märkte setzen.
Da liegt das Problem dieses Gesetzes: Es sind so vieleLücken enthalten, dass es im Kern das Problem nicht be-seitigen wird.
Der erste Punkt ist, dass es eine Begrenzung der ge-setzlichen Normen auf die börslichen Handelsplätze gibtund wir den ganzen außerbörslichen Bereich nicht wirk-lich unter Kontrolle bekommen. Damit sind die Umge-hungsmöglichkeiten offenkundig. Wir beschließen einGesetz, bei dem wir uns alle schon heute ausrechnenkönnten, wie das Gesetz umgangen wird. Wenn wir es– das ist schon von der Kollegin Höll gesagt worden –nur auf Leerverkäufe von Wertpapieren begrenzen, diein Euro notiert sind, wissen wir auch schon, dass diesesLeerverkaufsverbot eine riesengroße Lücke aufweist,weil es nicht nur den Euro und Wertpapiere in Euro gibt.Das ist eine zweite große Lücke bei dem Verbot, das Sieso groß öffentlich anpreisen.
Dann zu der Verordnung, die aus dem Gesetz gestri-chen wurde: Zuerst war daran gedacht worden, im Deri-vatebereich – Derivate sind abgeleitete Produkte, mit de-nectüvnü–gsscsdlWraScnpLkgmgPsfss
Die BaFin kann das für eine kurze Zeit tun, aber eseht gerade darum, langfristig stabile Regelungen zuchaffen.
Genau deswegen ist das richtig, was viele Sachver-tändige gesagt haben: Dieser Gesetzentwurf ist ein Zei-hen der Handlungsfähigkeit der Bundesregierung – alsolches wollen Sie es präsentieren –, das Problem miten Leerverkäufen wird dadurch im Kern aber nicht ge-öst.
Ich komme zu dem zweiten Ziel. Sie haben gesagt:ir senden ein Zeichen für Europa. – Das finden wirichtig. Wir fordern, dass man auch einmal national vor-ngeht, um ein Zeichen für Europa zu setzen. Richtig!o, wie Sie das gemacht haben, war das aber kein Zei-hen, sondern eine Brüskierung der europäischen Part-er. Die französische Finanzministerin hat sich doch em-ört gezeigt. Ich habe das in meiner Rede zur erstenesung dieses Gesetzentwurfes zitiert. Als das Leerver-aufsverbot von der BaFin am 18. Mai 2010 bekannt ge-eben wurde, herrschte auf den europäischen Finanz-ärkten plötzlich Chaos, weil niemand wusste, wasenau gemeint ist. So brüskieren Sie die europäischenartner, und so gewinnen Sie sie nicht zum Mitmachen.
Mich hat – auch das möchte ich sagen – die Anhörungehr nachdenklich gemacht. Der Sachverständige Pro-essor Schmelz hat auf die Frage, was denn sein Re-ümee nach den vielen Beiträgen der Sachverständigenei, gesagt:Es ist tatsächlich so, dass im Moment auf derGrundlage irgendwelcher Hypothesen, die politischgenehm sind oder – mehr oder weniger aktuell – be-nötigt werden, eine Gesetzgebungsinitiative er-bracht wird, die sich sicher gut anhört. … Nur, vordem Hintergrund, dass – möglicherweise auf etwasanderem Niveau – eine europäische Regelung be-vorsteht, fragt man sich wirklich, ob man für einhalbes Jahr … einen Apparat anwirft, der … mitKosten verbunden ist …
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5463
Dr. Gerhard Schick
)
)
Der Sachverständige Tänzler der Deutschen Bundes-bank sagte, wir müssten erst einmal Transparenz schaf-fen.Ich zitiere den Sachverständigen der BaFin:Was das Zahlenmaterial angeht: Da haben wir keineempirischen Erkenntnisse, wie die Leerverkäufe,wie hoch die Anteile der Leerverkäufe sind. … Daskann aufgrund der vorhandenen Datenlage in derBaFin statistisch nicht erhoben werden.
Es zeigt sich: Ein wichtiger und wahrscheinlich dereinzig richtig gute Teil dieses Gesetzentwurfs ist, dassMeldepflichten eingeführt werden.
Das ist ein wichtiger Schritt, um überhaupt erst einmalTransparenz zu schaffen.
An dieser Stelle muss ich natürlich an den früherensozialdemokratischen Finanzminister die Frage stellen:Warum haben wir diese Meldepflichten nicht längst ein-geführt, obwohl es schon eine lange Diskussion über dieLeerverkäufe gab? Herr Zöllmer sagt, Sie hätten das seitJahren gefordert. Warum haben Sie nicht wenigstens dieTransparenz geschaffen, auf deren Grundlage man nunfür eine gute Regulierung sorgen könnte? Diesen Vor-wurf müssen sich die Sozialdemokraten hier gefallenlassen.
Der Applaus von der FDP an dieser Stelle ist natürlichvöllig heuchlerisch. Hier zu sagen: „Endlich wird eineFDP-Position umgesetzt“, ist doch unverfroren. Sie ha-ben in den letzten Jahren nie ein Verbot von Leerverkäu-fen gefordert, sondern Sie haben hier immer freie Fahrtfür die Finanzmärkte gefordert. Auch das muss einmalgesagt werden.
Das Schlimme ist, dass das auch für diesen Gesetzent-wurf wieder gilt. Ich höre aus der Branche: Mit diesemGesetzentwurf können wir gut leben. – Auf Deutschübersetzt heißt das: Wir können weitermachen wie bis-her.
Dafür können wir nicht stimmen. Deswegen werdenwir uns heute enthalten. Die Richtung, Leerverkäufe zuverbieten, stimmt, aber so erreichen Sie das nicht.Danke.
CgrDWkgrWgwgfnwwvdHmeddmbFewSwcgsgbnml
Zweitens beschließen wir für die Finanzmärkte Schrittür Schritt strengere, konsequentere Regelungen, um eineeue Finanzmarktordnung zu schaffen. Heute setzenir hierfür einen wichtigen neuen Baustein. Das ist einesentlicher Punkt. Sie von Rot-Grün haben zwar oft undiel über die Notwendigkeit geredet, aber – das ist dochie Wahrheit – Sie haben niemals Richtfest gefeiert.
eute wird in einem wichtigen Punkt Richtfest gefeiert.Wir hatten doch drei große Probleme, die zur Finanz-arktkrise geführt haben. Das erste Problem: Wir hattenine Verknüpfung von einem Geschäftsbankensystem,as eigentlich zur Kreditversorgung der Realwirtschafta ist, mit einem spekulativen Schattenbankensystem,it Zweckgesellschaften usw. Das zweite große Pro-lem war, dass wir eine mangelnde Transparenz auf deninanzmärkten hatten. Das dritte Problem war, dass wirxzessive Spekulationen in Verbindung mit sehr frag-ürdigen Finanzprodukten hatten. Es gilt, Schritt fürchritt diese Probleme zu lösen. Diese Probleme gehenir Schritt für Schritt an, und heute wird ein wesentli-her Schritt nach vorn getan.
Das heute zu beschließende Gesetz zur Vorbeugungegen missbräuchliche Wertpapier- und Derivatege-chäfte reiht sich ein in erfolgreiche Initiativen zur Re-ulierung und zur Bekämpfung von Krisen und Miss-rauch des Finanzmarkts. Es dürfen im Wesentlichen nuroch gedeckte Geschäfte stattfinden. Da darf ich gleichit einer Mär aufräumen. Es gab keinen nationalen Al-eingang.
Metadaten/Kopzeile:
5464 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010
Dr. h. c. Hans Michelbach
)
)
Selbstverständlich haben wir als größte Wirtschaftsna-tion in Europa auch eine Vorreiterrolle, aber Tatsache ist,dass die Bundeskanzlerin und der französische Staats-präsident Sarkozy gemeinsam beschlossen haben, dieseMaßnahmen auf den Weg zu bringen. Es entspricht nichtder Wahrheit, dass dies ein Alleingang ist,
sondern dies ist in der deutsch-französischen Achse ab-gestimmt und beschlossen worden.
Wir täuschen also keine Regulierung vor, auch wenn eshier vonseiten der SPD immer wieder die Vorhaltunggibt, dass eine Täuschung stattfindet. Wenn es nur einSymbol wäre, dann könnten Sie eigentlich leicht zustim-men. Dann dürften Sie kein Problem haben. Wenn Sieaber nicht zustimmen, dann zeigt das, dass Sie eigentlichnichts verändern wollen. Wir sind auf der richtigenSeite, weil wir etwas verändern.
Es gibt keinen Geburtsfehler, der in einem Alleingangbestehen würde. Wenn man von den eigenen Argumen-ten überzeugt ist, dann kann man auch andere in Europaüberzeugen. Das tun wir.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Zöllmer?
Selbstverständlich, Herr Präsident.
Herr Kollege Michelbach, Sie haben eben gesagt, es
handele sich hier nicht um einen deutschen Alleingang,
sondern um ein abgestimmtes Vorgehen zwischen
Deutschland und Frankreich. Ich habe hier Auszüge aus
der Presse, der Tagesschau und der Frankfurter Rund-
schau, mit den Überschriften „Deutscher Alleingang är-
gert EU und Investoren“, „Frankreich folgt dem deut-
schen Vorbild nicht“ und „Deutscher Alleingang irritiert
Frankreich“. Ein wörtliches Zitat darf ich vorlesen:
„Ich finde, dass jemand bei einer solchen Maß-
nahme zumindest den Rat der anderen Mitglied-
staaten einholen sollte“, sagte die französische
Wirtschaftsministerin Christine Lagarde am Mitt-
woch. „Folglich erwägen wir dies nicht … Wir
haben nicht vor, dem Schritt zu folgen“, sagte
Lagarde.“
H
D
t
w
h
u
g
S
r
d
b
v
s
s
R
G
r
z
t
n
s
b
n
v
s
M
h
g
n
u
s
v
s
u
I
w
k
d
d
Herr Kollege Zöllmer, ich kann die Presseberichte na-ürlich bestätigen. Das waren Presseberichte vom Mitt-och. Aber am Donnerstag
aben Frau Merkel und Herr Sarkozy das beschlossen,nd darauf kommt es an, Herr Zöllmer. Der Beschluss istefasst worden.
ie wissen doch, dass wesentlich ist, was am Ende he-auskommt.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie daran erinnern,ass wir einen ganzen Maßnahmenkatalog haben. Wir ha-en die EU-Verordnung zur Regulierung und Aufsichton Ratingagenturen umgesetzt. Wir haben angemes-ene und transparente Vergütungssysteme im Finanz-ektor beschlossen. Wir erarbeiten mit Basel III neueegulierungen. Wir haben in der nächsten Woche denesetzentwurf zur Umsetzung der geänderten Banken-ichtlinie und der geänderten Kapitaladäquanzrichtlinieur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit des Finanzsys-ems gegenüber Marktverwerfungen auf der Tagesord-ung. Die Verbesserung von Finanzprodukten, zum Bei-piel bei den offenen Immobilienfonds, steht unmittelbarevor. Ein Referentenentwurf zur Bankenabgabe für ei-en privatwirtschaftlichen Restrukturierungsfonds liegtor. Wir gehen ein Restrukturierungsgesetz mit einer In-olvenzordnung für den Finanzsektor an. Alles das sindaßnahmen, die in die richtige Richtung gehen. Wir zie-en Lehren aus der Finanzkrise.
Heute erreichen wir eine wichtige Etappe. Das vorlie-ende Gesetz ist erstens eine klare Botschaft an alle Fi-anzmarktteilnehmer, nämlich dass wir Ernst machennd maßlose Spekulationsfreiflüge und zweifelhafte Ge-chäftsaktivitäten ganz konsequent beenden.Zweitens ist damit eine klare Botschaft an Europaerbunden, nämlich dass wir in Deutschland gewilltind, die Vorreiterrolle auch weiterhin zu übernehmen,nd darauf setzen, dass europaweit nachgezogen wird.ch glaube, das ist der richtige Weg.Es ist drittens eine weitere klare Botschaft, nämlichie wir uns die neue Finanzmarktordnung in der Zu-unft vorstellen. Das geht nicht mit Kahlschlägen, son-ern nur mit ökonomischer Vernunft und Praxisnähe;enn der Finanzmarkt – das darf nie vergessen werden –
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5465
Dr. h. c. Hans Michelbach
)
)
hat eine dienende Funktion für die Realwirtschaft in un-serer Marktwirtschaft. Deswegen sind gute fachlichePraxis und ökonomische Vernunft die wesentlichen Vo-raussetzungen. Das ist der richtige Weg für die Zukunft.Wesentlich ist, dass wir in der Gesetzesarbeit auch dieSorgen der Exportwirtschaft aufgenommen haben, die inder Anhörung zum Ausdruck gekommen sind. Ich ver-stehe die Einlassungen des BDI wirklich nicht, weil wirgenau die Dinge korrigiert haben, die als problematischherausgearbeitet worden sind. Dass wir keine Freiflügeeiner Behörde genehmigen, ist doch schon vom Selbst-verständnis des Parlaments her klar. Wir haben deutlichgemacht: Wir wollen dann ein Gesetz machen, wenn eszu langfristigen Veränderungen kommt.Die reale Geschäftstätigkeit ist nicht gefährdet. DieAuslastung der deutschen Standorte ist gegeben. Der Ex-port, insbesondere im Bereich des Automobilbaus, istein wesentlicher Faktor. Natürlich müssen Währungsri-siken abgedeckt werden können und muss auch beischwankenden Kursen eine stabile und berechenbare Er-tragslage zu gewährleisten sein. Das erreichen wir, in-dem wir die notwendige finanzielle Unterlegung für diereale Geschäftstätigkeit sicherstellen.Eine internationale, jedenfalls europäische Regelungin dieser Frage wird sicher folgen. Daran werden wirweiter arbeiten. Ich bin ganz sicher, dass wir die Chan-cen, die mit einer neuen Finanzmarktordnung verbundensind, ganz konsequent wahrnehmen werden und soWohlfahrt für die Menschen in unserem Land erreichen.Das ist wesentlich. Dazu gehört ein Finanzmarkt, der inOrdnung ist. Dazu bedarf es einer Finanzmarktneuord-nung. Das Ziel werden wir ganz konsequent Schritt fürSchritt weiter umsetzen. Ich bin sehr dankbar, dass diesin der Koalition sehr effizient und geschlossen angegan-gen wird.Vielen Dank.
Das Wort hat nun Kollege Lothar Binding für die
SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Sehr verehrte Damen und Herren! Fehler zu machen, istkein Problem; denn Fehler kann man korrigieren. Wasuns an diesem Gesetzentwurf stört, hat auch damit zutun, was mit der Kanzlerin im Moment los ist. Von ei-nem Politiker kann man eine Sache verlangen – nicht,dass er keine Fehler macht, Fehler machen wir alle –,nämlich dass er das einbringt, was er in seinem Lebengelernt hat. Das ist das, was man von jedem von uns ver-langen kann.Die Kanzlerin hat Physik studiert. Stellen wir uns ein-mal vor, ein Physiker würde Antworten auf nicht gestellteFragen suchen oder Lösungen – vielleicht sogar durchddLgMeFddzDiuwdnBriRdefdPkvaiwgSFdtssHzlDflmHiAw
Ich will einen kleinen Satz aus der Anhörung zitieren,ie Sie offensichtlich für sich als sehr positiv wahrge-ommen haben. In der Anhörung hat jemand gesagt:esser umfassend und gut als schnell und fragmenta-isch! – Fragmentarisch heißt bruchstückhaft. Genau dasst dieser Gesetzentwurf. Er ist ein Baustein, der mit demechtssystem des Finanzplatzes insgesamt nicht verbun-en ist. Deshalb hat auch von Ihnen jemand gesagt, dassr den Gesetzentwurf eigentlich schon mit einem Ver-allsdatum versehen könnte.Warum sehen wir das so? Die Antwort möchte ich anrei Parametern klarmachen: Der eine Parameter heißtrodukt, der andere Zeit und der letzte Ort. Sie beschrän-en sich mit dem Gesetzentwurf auf ungedeckte Leer-erkäufe von Aktien – das haben wir mehrfach gehört –,uf Schuldtitel von Staaten der Euro-Zone, die an einernländischen Börse in regulierten Märkten gehandelterden – weil diese gefährlich sind.Erstens. Was bedeutet das? Diese Regel bietet genü-end Gestaltungsspielräume. Unser Kollege Carstenieling hat diese Frage nach einer Begrenzung an Herrnrank Gerstenschläger von der Deutschen Börse gestellt,er sich damit befasst. Er hat auf diese Frage geantwor-et:Ich kann nicht genau erklären, warum es diese Be-chränkung gibt. Ich gehe aber davon aus, dass diese Be-chränkung gemacht wurde, um nicht zu versuchen, denandel mit Werten, der im Ausland auf Primärmärktenugelassen ist und wahrscheinlich der deutschen Regu-ierung gar nicht unterliegt, irgendwie regeln zu wollen.as ist der eigentliche Grund. – Es ist viel wichtiger, zuragen, ob es eine nationale oder eine europäische Rege-ung gibt; denn sonst ist Regulierungsarbitrage unver-eidbar. Die wird immer dort ausgenutzt werden, woandel möglich ist.So weit das Zitat. Herr Gerstenschläger schreibt Ihnenns Stammbuch, dass Sie mit dieser Begrenzung sofortrbitragegewinne induzieren. Das ist aber genau das,as Sie vermeiden wollen.
Metadaten/Kopzeile:
5466 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010
Lothar Binding
)
)
Zweitens. Ich komme zur Intraday-Regelung. DerGesetzentwurf, den Sie vorlegen, ist zeitlos schön, aberer hat an einem Tag keine Gültigkeit, nämlich an jedemTag.
Sie konnten uns nicht erklären, wie Sie mit der Proble-matik der Zeitzonen in der Welt umgehen. Auch konntenSie nicht sagen, wie man Verkettungsgeschäfte vermei-det, bei denen ein Tag an den anderen gehängt wird.
Das ist eine sehr komplizierte Ausnahme. Ausnahmen– das haben Sie im Zusammenhang mit der Mehrwert-steuer gelernt – sind immer sehr gefährlich.
Drittens. Ich komme zur Frage des Ortes. Die Begren-zung auf den Raum, den Sie wählen, erzeugt automa-tisch den Wunsch, sich außerhalb dieses Raumes zubewegen. Das Problem ist, dass Sie mit diesem Gesetz-entwurf an der gewünschten Stelle keine Lösung anbie-ten. Deshalb kann ich nur sagen: Das belegt, dass dieseArt der politischen Vorgehensweise im Chaos endet. Dasmacht uns große Sorgen.
Als letztem Redner in dieser Debatte gebe ich Kolle-
gen Ralph Brinkhaus für die CDU/CSU-Fraktion das
Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ichmöchte meinen Ausführungen eines voranstellen, weildas in allen politischen Lagern gerne vergessen wird:Spekulation ist in der Regel krisenverschärfend, abernicht krisenverursachend. Spekulation kann nur dort an-setzen, wo wirtschaftliche und politische Fehler gemachtworden sind.
Aber zum Gesetzentwurf. Meine Damen und Herrenvon der Opposition, Sie haben den Gesetzentwurf in Ih-ren Debattenbeiträgen teilweise kritisiert. Herr Binding,Ihr physikalisch-semantischer Ausflug durch die Zeit-zonen diente vielleicht mehr der Heiterkeit.
Frau Höll, Sie haben im Grunde genommen fast ein Plä-doyer für diesen Gesetzentwurf gehalten. Er geht IhnennSsHSswADdSnsISrdddbnhEnslsKddwgwsDsweslSdw
ber als Opposition ist es Ihr gutes Recht, zu kritisieren.eswegen werde ich versuchen, auf den einen oder an-eren Punkt einzugehen, Ihre Kritik zu entkräften undie zu bewegen, diesem Gesetzentwurf vielleicht dochoch zuzustimmen.Erstens. Sie haben kritisiert, dass der Gesetzentwurfehr schnell auf den Weg gebracht worden ist.
ch habe bereits im Ausschuss gesagt, dass das nichttandard werden soll. Ich denke, dass wir das bei ande-er Gelegenheit besser machen werden. Aber es ist aucher Situation geschuldet gewesen, dass man schnell han-elt.Zweitens. Von mehreren Rednern ist kritisiert wor-en, dass wir einen deutschen Alleingang gemacht ha-en. Das ist nicht ganz falsch. Ich würde es allerdingsicht als Alleingang bezeichnen, sondern als Vorwegge-en.
s gibt Situationen, in denen ein solches Vorweggehenotwendig ist. Wir alle haben in Toronto gesehen, wiechwierig es ist, einen internationalen Konsens zu erzie-en. Ich befürchte, das wird auch auf europäischer Ebeneo sein. Deswegen haben die Bundesregierung und dieoalitionsfraktionen die Initiative ergriffen und sind anieser Stelle vorweg gegangen. Wir haben gesehen, dassas ein wichtiger Impuls für die europäische Diskussionar; der Kollege Michelbach ist bereits darauf eingegan-en. Ich denke, dieser Diskurs auf europäischer Ebeneird auch Ergebnisse zeitigen.Wir haben trotz dieses nationalen Alleingangs ver-ucht, die Balance zu halten und den Finanzplatzeutschland nicht zu beschädigen. Das ist ein Draht-eilakt; aber ich glaube, er ist uns mit diesem Gesetzent-urf gelungen. Insofern kann ich es gar nicht als negativinschätzen, Herr Schick, wenn die Branche sagt, dassie mit diesem Gesetz leben könne. Am Ende des Tageseben wir nämlich auch von dieser Branche, von denteuern, die von dieser Branche gezahlt werden, und vonen Arbeitsplätzen, die von dieser Branche geschaffenerden.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5467
Ralph Brinkhaus
)
)
Wir sollten deswegen immer sehr vorsichtig sein undnicht mit dem Knüppel auf die Menschen schlagen, dieuns am Ende des Tages finanzieren.
Zum Thema „nationaler Alleingang“ vielleicht nocheine Bemerkung: Ich bin davon überzeugt, dass wir, umBewegung in die Diskussion über die Regulierung derFinanzmärkte zu bringen, noch sehr viel mehr nationaleAlleingänge machen müssen, vorangehen müssen; denndas ist unsere Aufgabe als große, verlässliche, starkeeuropäische Volkswirtschaft. Diesen Weg werden wir alschristlich-liberale Koalition weitergehen.
– Das ist eine gute Bemerkung, Herr Troost. Finanz-markttransaktionsteuer – schön, dass Sie mir diesesStichwort geben. In dem Fall fordern Sie ein Vorwegge-hen; hier kritisieren Sie es. Damit wird das Thema dochauch zu einer Frage der Glaubwürdigkeit der Opposi-tion.
Drittens ist die Herausnahme der Intraday-Geschäfte, der untertägigen Geschäfte, kritisiert wor-den. Da ist der BDI als Kronzeuge genannt worden. Siemüssen allerdings fairerweise dazusagen, dass alle ande-ren Experten anderer Meinung waren. Wenn Sie dieHerausnahme kritisieren, stehen Sie in der Pflicht, nach-zuweisen, dass diese Intraday-Geschäfte tatsächlichschädlich sind. Das können Sie nicht nachweisen. Inso-fern ist diese Kritik haltlos. Ohne die Herausnahmeschaffen wir vielmehr Probleme, wenn Liquidität in dieMärkte gebracht werden soll. Deswegen ist es richtig,dass wir die Intraday-Geschäfte herausgenommen ha-ben.
Viertens. Herr Schick, Sie kritisieren, dass die Er-mächtigung an das BMF, bestimmte Geschäfte durchVerordnungen zu verbieten, weggefallen ist. Ich glaube– bei allem Respekt –, Sie haben diese Thematik nichtganz verstanden. Es gibt einen zweistufigen Mechanis-mus. Die BaFin kann schnell, hart und durchschlags-kräftig reagieren. Sie kann bestimmte Geschäfte verbie-ten, wenn die Marktstabilität gefährdet ist. In der erstenStufe kann sie das über zwölf Monate tun und dies nocheinmal um zwölf Monate verlängern. Wenn das nichtreicht und wir feststellen, dass eine bestimmte Ge-schäftsart nachhaltig schädlich ist, dann sind wir in derzweiten Stufe als Parlament am Zug. Ich kann nicht ver-stehen, dass gerade Sie von den Grünen das dem Minis-terium ohne parlamentarische Kontrolle überlassenwollen. Es ist schon verwunderlich, dass wir als Regie-rungsfraktion das einfordern müssen.
Es ist weiterhin kritisiert worden, dass bestimmteDinge – andere Währungen, ausländische Börsenplätze,nklg–düwpZNmdWmeuJmutbSsmEgüuukoddctetvtpd
Ein letzter Kritikpunkt, der allenthalben laut wurde,ar, dass es sich bei diesem Gesetzentwurf um Symbol-olitik handele. Ich glaube, Sie sagten das, Herröllmer.
atürlich handelt es sich um Symbolpolitik. Es istanchmal wichtig, nicht nur Fakten zu schaffen, son-ern auch Symbole und Zeichen zu setzen.
ir wissen sehr gut, dass es noch Geschäfte gibt, die wirit diesem Gesetz nicht erschlagen. Ja, wir wissen, dasss viele Geschäfte gibt, die wir noch gar nicht kennennd die vielleicht erst im nächsten oder übernächstenahr die Stabilität der Finanzmärkte beschädigen. Wirüssen aber doch jetzt das tun, was uns möglich ist. Wasns jetzt möglich ist, ist, bestimmte Geschäfte zu verbie-en, der BaFin ein scharfes Schwert in die Hand zu ge-en, um schnell zu reagieren, und insbesondere – Herrchick, Sie haben das ausgeführt – Transparenz zuchaffen, damit wir wissen, wo wir zukünftig regulierenüssen.Ich fasse zusammen: Wir haben auf europäischerbene Bewegung in die Regulierung von Leerverkäufenebracht; das ist ohne Zweifel richtig. Wir haben gegen-ber den Finanzmärkten Handlungsfähigkeit gezeigt,nd wir werden aufgrund der strengeren Transparenz-nd Meldevorschriften mehr über die Märkte wissen undönnen von daher besser reagieren.Meine Damen und Herren, dieser Gesetzentwurfrientiert sich wie alle Maßnahmen, die wir bisher aufen Weg gebracht haben – der Kollege Michelbach hatazu eben umfangreich ausgeführt –, an vier grundsätzli-hen Eckpfeilern der neuen, besseren Finanzmarktarchi-ektur, die wir in dieser Welt brauchen. Wir brauchenrstens Transparenz, zweitens eine Kopplung von Haf-ung und Risiko, drittens starke Aufsichtsbehörden undiertens eine Beteiligung des Finanzsektors an den Kos-en der Krise. Der vorliegende Gesetzentwurf fügt sicherfekt in diese Architektur ein. Deswegen können Sieiesem Gesetzentwurf eigentlich nur zustimmen.Danke schön.
Metadaten/Kopzeile:
5468 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010
)
)
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von den Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurf ei-
nes Gesetzes zur Vorbeugung gegen missbräuchliche
Wertpapier- und Derivategeschäfte. Der Finanzausschuss
empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfeh-
lung auf Drucksache 17/2336, den Gesetzentwurf der
Fraktionen der CDU/CSU und der FDP auf Drucksache
17/1952 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte
diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfas-
sung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen von
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der SPD bei
Enthaltung der Linken und der Grünen angenommen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist damit mit den gleichen Mehrheitsverhältnissen
wie zuvor angenommen.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Finanzaus-
schusses zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem
Titel „Banken regulieren – Spekulationsblasen verhin-
dern“. Der Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner
Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/2336, den An-
trag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/1151 ab-
zulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschluss-
empfehlung ist mit den Stimmen von CDU/CSU, FDP
und Grünen gegen die Stimmen der Linken bei Enthal-
tung der SPD angenommen.
Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Finanzaus-
schusses zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem
Titel „Kreditausfallversicherungen und deren Han-
del vollständig verbieten“. Der Ausschuss empfiehlt in sei-
ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/2097, den
Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/1733
abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Be-
schlussempfehlung ist mit den Stimmen von CDU/CSU,
SPD und FDP gegen die Stimmen der Linken bei Enthal-
tung der Grünen angenommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe die Tages-
ordnungspunkte 20 a und 20 b auf:
a) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten
Garrelt Duin, Carsten Schneider ,
Hubertus Heil , weiterer Abgeordneter
und der Fraktion der SPD
Umsetzung der Ergebnisse im Bereich der
Wirtschafts- und Finanzpolitik der G-8- und
G-20-Gipfel durch die Bundesregierung
– Drucksachen 17/1796, 17/2295 –
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla
Lötzer, Dr. Barbara Höll, Eva Bulling-Schröter,
A
W
G
u
d
h
v
d
m
e
s
f
d
m
e
s
w
g
s
A
d
A
h
d
g
P
z
m
b
s
h
a
h
g
i
d
d
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5469
)
fähigkeit der Politik zweifeln. Das ist das schlimme Er-gebnis dieser Gipfel.
Sehr geehrter Herr Bundesfinanzminister, ich will alsBeispiel die Finanzmarkttransaktionsteuer heraus-greifen. Als wir zu Beginn dieses Jahres hier über Grie-chenland und die Euro-Stabilisierung gesprochen haben,gab es ein klares Nein. Man sagte, die Bundesregierungwolle dieses Instrument nicht. Danach hörte man einVielleicht. Dann hat die Bundeskanzlerin erklärt, ja, mankönne dieses Instrument ins Auge fassen; wenn alle da-für seien, wolle sie sich dem nicht verweigern. Der Hö-hepunkt war der Auftritt der Bundeskanzlerin beimDGB, als sie gesagt hat, wenn die Gewerkschaften das inallen G-20-Ländern organisiert hätten, würde sie daseventuell mittragen. Wie glaubwürdig ist das eigentlich?Mit welcher Kraft kann man auf einem solchen Gipfeldann noch auftreten? Das Ergebnis ist natürlich dasScheitern in dieser Frage: Man verzagt und vertagt. Jetztsagt man: In Seoul wollen wir noch einmal darüber spre-chen.Das ist die falsche Strategie, und die hat eine Ursache:Diese Bundesregierung und insbesondere diese Bundes-kanzlerin werden ihrer Führungsaufgabe innerhalb derEuropäischen Union nicht gerecht. Das ist ein großesDrama.
Stattdessen sagen Sie – das steht in Ihrer Antwort auf dieFrage 17; diese Antwort kam zwei Tage vor dem Gipfel –:Die Bundesregierung nimmt dabei eine aktive Rolleein.Herzlichen Glückwunsch! Weiter heißt es: Aus Sicht derBundesregierung ist es von zentraler Bedeutung, dassein starkes, nachhaltiges und ausgeglichenes Wachstumberücksichtigt wird, insbesondere durch Verfolgung ei-ner nachhaltigen Konsolidierungsstrategie. – Wir habengestern über Nachhaltigkeit diskutiert. Allein durch Spa-ren, und erst recht nicht durch Sparen an der falschenStelle, werden Sie weder in Deutschland noch in Europanoch in der Welt ein nachhaltiges Wachstum generierenkönnen. Der Weg, auf den Sie sich gemacht haben, istder falsche Weg.
Es geht im Übrigen nicht darum – Sie sollten diesenPappkameraden gar nicht erst aufbauen –,
durch neue Verschuldung Exporte aus den USA zu fi-nanzieren. Es kann doch nicht angehen, dass wir hierüber Wachstum reden, und das Einzige, das Ihnen ein-fällt, ist ein Konsolidierungspaket, durch das Sie bei denSchwächsten unserer Gesellschaft sparen. Wie soll da-durch Wachstum generiert werden? Das funktioniert we-der in Deutschland noch in Europa oder weltweit.
wiisdngeEnpkhJarkagMetWmsbmdgwDwflsgnGwvbPlJDd
as Problem besteht nicht nur in Deutschland, sonderneltweit. Wir erleben nicht nur Menschen, die bei Gip-eln Randale machen – denen möchte ich hier als Aller-etzter das Wort reden; davon bin ich weit entfernt –,ondern wir erleben auch, dass Menschen sich überle-en, ob unsere Institutionen und Strukturen eigentlichoch in der Lage sind, dieses riesige Problem in denriff zu bekommen. Wenn wir dieser Radikalisierung et-as entgegensetzen wollen, dann brauchen wir klarere,erbindlichere Entscheidungen.Sehr geehrter Herr Bundesminister Schäuble, Sie ha-en von Ihrem Vorgänger im Amt, Peer Steinbrück, nachittsburgh ein ausgezeichnet bestelltes Feld internationa-er Zusammenarbeit übernommen.
etzt finden wir eine Brache vor. Das ist ein wirklichesrama; das habe ich hier beschrieben. Hoffentlich än-ern Sie das bald.Herzlichen Dank.
Metadaten/Kopzeile:
5470 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010
)
)
Das Wort hat nun Bundesminister WolfgangSchäuble.
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan-zen:Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol-lege Duin, um die Prozesse, die Sie beschrieben haben,nicht zu befördern, sollten wir uns darauf verständigen,dass Global Governance, also eine Welt, die immerstärker vernetzt ist, in der sich Entwicklungen, Entschei-dungen und Probleme in einem Teil der Welt in allenanderen Teilen der Welt auswirken, von einer ungeheu-ren Komplexität ist. Diese Probleme können von keinemLand allein gelöst werden. Die Bundeskanzlerin derBundesrepublik Deutschland ist eine der wichtigstenpolitischen Führungsfiguren in der Welt, aber nicht sieallein trifft die Entscheidungen für die 7 MilliardenMenschen auf dieser Welt.Die Verhandlungen der G 20 sind außergewöhnlichschwierig. Ich habe großen Respekt; aber wenn Sie sa-gen, nach dem Ende der Amtszeit meines geschätztenVorgängers sei alles gut gewesen und seitdem sei allesschlechter geworden, machen Sie sich eher lächerlich.
Lassen Sie einen Moment die Liste der Teilnehmer einesG-20-Gipfels auf sich wirken: ein paar europäische Län-der wie Frankreich, Großbritannien, die BundesrepublikDeutschland, Italien, die Präsidentschaft, die Euro-päische Union – auch die Niederlande sind als Gäste da-bei –, die Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada,Australien, Japan, Brasilien, Mexiko, Argentinien, Süd-afrika, die Afrikanische Union, Indonesien, Vietnam,Türkei, Saudi-Arabien und viele andere. Sie stellen si-cher schnell fest, dass die Kritik, die Sie hier an der Bun-desrepublik Deutschland geäußert haben, kein angemes-sener Diskussionsbeitrag ist.
Wir müssen in diesem Prozess mit großer Verantwor-tung, aber auch mit Ernsthaftigkeit darüber reden, wiewir angesichts der Probleme und der Erfahrungen, diewir gemacht haben, Schritt für Schritt vorankommenkönnen.Im Vordergrund des Gipfels in Toronto standen imWesentlichen zwei Themen – ich bleibe dabei, dass esdie Bereiche sind, die die Hauptursachen für die Krisewaren –, nämlich auf der einen Seite die zu hohe Ver-schuldung in einem großen Teil der Länder, insbeson-dere der hoch entwickelten Industrieländer – da sind dieEuropäer nicht an der Spitze; es gibt andere, die einenoch höhere Neuverschuldung haben –, die völlig unter-schiedlichen Probleme in Indien, in der VolksrepublikChina oder in Brasilien und auf der anderen Seite derMangel an Regelungen in einer Welt global vernetzterFinanzmärkte, die zu diesen desaströsen Entwicklungengeführt haben.KHserTnaieDezrrwtmnEZptlAmvBt–rWPebsnvdhsgtLsPwhbfw
ämlich maßvolle Zurückführung der zu hohen Defizite,ber zugleich in einer Weise, die wachstumsfreundlichst und das Wachstum nicht beschädigt.Wenn man über Wachstumsraten redet, dann gebietets die Ehrlichkeit, darauf hinzuweisen, dass wir ineutschland ein anderes Wachstumspotenzial haben, alss Indien oder China brauchen. Wir werden mit 1,5 Pro-ent nachhaltigem Wachstum auskommen müssen, wäh-end Schwellen- und Entwicklungsländer Wachstums-aten brauchen, die eher gegen 10 Prozent gehen. Wennir das nicht offen aussprechen, können wir auf interna-ionalen Konferenzen überhaupt nicht sinnvoll zusam-enarbeiten.
Im Übrigen hat der Bundeswirtschaftsminister in sei-er Regierungserklärung gezeigt, dass wir mit unsererxit-Strategie – vom Bundeshaushalt 2010 über dasukunftspaket bis hin zu unseren Maßnahmen im euro-äischen und globalen Bereich – vonseiten der konjunk-urellen Entwicklung in Deutschland her außergewöhn-ich erfolgreich sind. Deswegen haben wir selbst imbschlusskommuniqué von Toronto mit der Zustim-ung der Vereinigten Staaten von Amerika – da klang esorher ein bisschen anders; das ist wahr – ein klaresekenntnis zu dem Weg einer maßvollen und wachs-umsfreundlichen Reduzierung der zu hohen Defiziteunterschiedlich in der Einzelsituation, aber insgesamtichtig – abgelegt. Niemand hat die Europäer kritisiert.ir alle sind in dieser Frage mit einer gemeinsamenosition aufgetreten. Diese besteht in der Stärkung desuropäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts. Wir ha-en daran in Europa noch intensiv zu arbeiten. Aber wirind sehr engagiert dabei.
Nun zur Frage einer besseren Regulierung der Fi-anzmärkte. Es ist wahr, dass wir alle unter dem hierorhandenen Mangel leiden. Wir alle wünschen uns,ass es schneller geht. Ich habe es übrigens oft genugier gesagt und will es nicht wiederholen. In Torontotanden hier im Wesentlichen zwei Punkte im Vorder-rund; sie waren vorher hinreichend öffentlich disku-iert. Der eine Punkt ist: Wie können wir Eigenkapital,iquiditätsmanagement und Risikovorsorge im Finanz-ektor verbessern? Das ist im Wesentlichen der Basel-rozess. Wir sind in diesem Prozess. Die Amerikanerollen im nächsten Jahr Basel II implementieren. Bisheraben sie es nicht gemacht; das muss man in allen De-atten sagen. Aber sie wollen es nun. Mit dem Entwurfür Basel III vom Ende vergangenen Jahres liegen unseitreichende und weiterführende Vorschläge vor, die in
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5471
Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
)
)
ihren Auswirkungen aber genau geprüft werden müssen.Dafür haben wir eine Quantitative Impact Study in Auf-trag gegeben, die im Juli hinsichtlich der Auswirkungenausgewertet wird. Danach wird entschieden. In Seoulwird entschieden; es gibt keinen Zweifel daran, dass wiralle diese Fragen in Seoul entscheiden werden. Jetztwäre es zu früh gewesen; denn wir kennen noch nicht dieAuswirkungen auf die einzelnen Institute.Ich sage Ihnen vorher: Wir werden noch eine Mengearbeiten müssen – das sollten wir möglichst gemeinsamtun –, um zum Beispiel die Besonderheiten des deut-schen Finanzsektors – ich nenne nur das Stichwort„Sparkassen und Genossenschaftsbanken“ – im Basel-Prozess angemessen zu berücksichtigen und darauf zuachten, dass nichts entschieden wird, was wachstums-feindlich wäre.
Daran müssen wir arbeiten, und das tun wir, so wie wirdaran arbeiten, in Bezug auf die europäische Finanzauf-sicht in den Verhandlungen mit dem Europäischen Parla-ment zu einem erfolgreichen Ergebnis zu kommen.Wir sind auf einem guten Weg, der aber anstrengendund ungeheuer schwierig ist. Wir haben übrigens inToronto Einvernehmen darüber erzielt, dass für allerelevanten Finanzinstitute Restrukturierungsverfahren inden einzelnen Mitgliedsländern eingeführt werden müs-sen, die sicherstellen, dass die Institute beim nächstenMal nicht auf Kosten der Steuerzahler gerettet werdenmüssen. So weit sind wir auf der G-20-Ebene. Das istnicht schlecht. Damit sind wir nicht am Ziel, aber auf ei-nem guten Weg.Ich habe das übrigens von diesem Pult aus schon sooft gesagt, dass ich Sie darum bitte, nicht immer so zutun, als hätten wir das Gegenteil gesagt. Wir haben essehr klar gesagt, unter anderem im Wahlprogramm. Wirhaben, übrigens damals noch gemeinsam mit der SPD,eine Finanztransaktionsteuer gefordert, unter der Voraus-setzung, dass eine globale Vereinbarung möglich ist.Frau Merkel hat ihre Position in dieser Frage also über-haupt nicht geändert. Sie haben ein bisschen Kabarettgemacht, aber mit der Wirklichkeit hat das nichts zu tun.
– Das war die Position.Anfang des Jahres haben wir eine Debatte geführt.Dann haben wir uns, auch nach dem G-7-Finanzminis-tertreffen Anfang Februar in Kanada, gemeinsam mitFrankreich entschieden, den Weg einer Restrukturie-rung des Bankenwesens einzuschlagen. Der Gesetzent-wurf ist gerade in der Abstimmung. Er wird in der Som-merpause vorgelegt. Die Eckpunkte haben wir inAnwesenheit meiner Kollegin Lagarde beschlossen. Wirwollen das Vorhaben gemeinsam umsetzen. Inzwischenhat auch die Europäische Union eine entsprechendeRichtung eingeschlagen. Das zeigt übrigens, dass wir,wenn wir auf nationaler Ebene vorangehen, Europa nichtsdALtndrBgs–cnWSIsDWCsIgtAisikTFRIzcewP–mn
So bringt man es voran, Herr Poß. Sie haben als Spre-her der Opposition wieder und wieder gefordert, natio-al voranzugehen, notfalls mit nationalen Alleingängen.echseln Sie doch die Argumente nicht so häufig, wieie es bei diesen heißen Temperaturen hoffentlich mithren Hemden tun!
Zu der Frage Finanztransaktionsteuer will ichchlicht und einfach wiederholen, was ich in der letztenebatte an diesem Pult gesagt habe. Ich habe gesagt:ir wollen zunächst einmal feststellen, ob es einehance auf eine globale Regelung gibt, und das musspätestens auf dem Gipfel in Toronto geklärt werden.
n Toronto hat sich für niemanden überraschend heraus-estellt, dass es keine Chance auf eine globale Finanz-ransaktionsteuer gibt. Das interessiert China, Brasilien,rgentinien oder Südafrika überhaupt nicht, und auchnnerhalb der Industrieländer gibt es da keine gemein-ame Position.Dann habe ich als Finanzminister gesagt – dazu stehech auch, oder besser gesagt: Ich sitze dazu; denn stehenann ich ja nicht –: Wir werden uns, wenn wir nachoronto wissen, dass es nicht zu einer internationaleninanztransaktionsteuer kommt, für eine europäischeegelung einsetzen.
ch werde in diesen Tagen gemeinsam mit meiner fran-ösischen Kollegin – das habe ich schon mit ihr bespro-hen – die Kommission auffordern, Vorschläge für eineuropäische Finanztransaktionsteuer zu erarbeiten. Wirerden in diesem Zusammenhang auch die belgischeräsidentschaft anschreiben.
Auch Sie haben gerade nicht geklatscht. Es hat nie-and geklatscht. Warum soll sich Herr Solms nicht ge-auso verhalten, wie ich es mir eigentlich wünsche,
Metadaten/Kopzeile:
5472 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010
Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
)
)
nämlich dass wir uns gegenseitig zuhören, damit wirvernünftig und sachlich diskutieren können?
Dann werden wir daran arbeiten – es wird nicht leicht –,eine europäische Regelung zustande zu bringen. Wirwerden gemeinsam mit Frankreich vorgehen. Ich hoffe,dass wir es schaffen.Wenn wir es nicht schaffen sollten, müssen wir unsnoch einmal der Frage nähern, ob wir es notfalls im Rah-men der Europäischen Währungsunion versuchen, undzwar auch dann, wenn andere europäische Staaten dabeinicht mitmachen. Aber das ist die nächste Sorge. Derbessere Weg wäre eine europäische Regelung, und genaudafür treten wir nach Toronto ein. In Toronto haben dieBundeskanzlerin, Präsident Sarkozy, die französische Fi-nanzministerin Lagarde und ich verabredet, dass wirnoch in dieser Woche die Initiative ergreifen.
Genau das habe ich Ihnen gesagt. Genau diesen Weg ge-hen wir.Ich komme zum Schluss. Wenn wir in diesem schwie-rigen Feld vorankommen wollen, dann müssen wirschauen, dass wir so viele globale Absprachen wiemöglich treffen; aber wir können uns darauf nicht verlas-sen. Wir brauchen ein stärkeres Europa. Deswegen mussEuropa möglichst mit einer einzigen Stimme sprechen.Was die Finanzpolitik angeht, ist dies in Toronto sehr gutgelungen. Was die Finanzmarktbesteuerung angeht,müssen wir abwarten; daran arbeiten wir.Gelegentlich werden wir auch national vorausgehenmüssen, um andere zu einer anderen Haltung zu bewe-gen. Das ist uns bei der Bankenrestrukturierung gelun-gen, und das wird uns bei der Finanztransaktionsteuergenauso gelingen. Ich lade dazu ein, darüber gemeinsamernsthaft zu diskutieren und nicht jedes Mal hinterher dieWahrheit völlig zu verzerren. So werden wir mehr Erfolghaben, und so werden wir, Herr Kollege Duin, eher eineChance haben, dass nicht eintritt – –
– Ach, Herr Heil, dieser Zuruf ist zu dümmlich, als dassich darauf eingehen möchte.
Wir werden am ehesten mit einer der Verantwortunggerecht werdenden wie auch die Schwierigkeiten benen-nenden Diskussion eine Chance haben, zu vermeiden,was unsere gemeinsame Sorge ist: dass aufgrund der Un-fähigkeit dieser globalen Welt mit 7 Milliarden Men-schen, diese Probleme besser zu lösen, das Vertrauen indie demokratischen Institutionen geschwächt wird. Dennlängst stehen nicht nur die finanzielle und die wirtschaft-liche Stabilität auf dem Spiel, sondern auch die demo-kratische Stabilität insgesamt. Dem müssen wir unsalle verpflichtet fühlen.Herzlichen Dank.
LSmlsHwGsBmHLvüWIdkPdSFShzEmDFReMelg
Schon 2009 in Washington haben Sie zum Beispielerkündet, Sie wollten die Ratingagenturen besserberwachen.
as ist seither passiert? Auch da nichts!
m Gegenteil: Die europäische Lösung erweist sich iner europäischen Krise die ganze Zeit als nicht wir-ungsvoll, als Flickenteppich, durch den überhaupt keinroblem gelöst wird. Gerade Griechenland beweist, dassie Ratingagenturen nach wie vor Öl ins Feuer gießen.ie sind Brandbeschleuniger bei der Krise und nichteuerwehr.
Sie haben dafür gesorgt, dass die Spekulationen auftaatsanleihen im Rahmen der Griechenland-Krise ange-eizt wurden. Sie haben dafür gesorgt, dass der Zugangu Kreditmärkten für Griechenland verteuert wurde. Imrgebnis zahlt Griechenland heute 8 Prozentpunkteehr Zinsen auf seine Staatsschulden als Deutschland.
afür zahlen sollen die sozial Benachteiligten. In jederinanzmarktkrise der letzten 15 bis 20 Jahre haben dieatingagenturen diese Rolle gespielt. Wir brauchen eineuropäische Ratingagentur, die dem Treiben diesesachtkartells endlich ein Ende gebietet. Die Schaffunginer solchen Agentur verweigern Sie bisher. Auf globa-er Ebene sind Sie in dieser Frage keinen Schritt voran-ekommen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5473
Ulla Lötzer
)
)
Die Liste lässt sich leider endlos verlängern: die Fra-gen der Einführung einer Bankenabgabe – sie wurde aufSeoul verschoben – sowie der Beschränkung von Speku-lationen auf Rohstoffe, Nahrungsmittel und Währungenund selbst die zaghaften Versuche, die Eigenkapitalhin-terlegung von Banken zu verschärfen. Bei alldem wirddie Liste der Arbeitsaufträge immer länger; es gibt kei-nen Schritt zu einer Lösung.Frau Merkel und Sie, Herr Schäuble, erzählen uns seitanderthalb Jahren – auch heute Morgen –, wie schwieriges sei, dass aufs Schwerste daran gearbeitet werde; aberbei der Verkündung der Ergebnisse werden Sie immerkleinlauter. Herr Schäuble, Sie haben erneut auf dieBeteiligung des Finanzsektors an den Krisenkostenhingewiesen. Sie haben jetzt angekündigt, Vorschlägefür eine europäische Lösung einzuholen und dort mitFrankreich die Initiative zu ergreifen, aufbauend auf demErgebnis von Toronto. Das begrüßen wir.Das Beste wäre aber, wenn wir hier im Parlament ei-nen Vorratsbeschluss fassen würden, wie es andereeuropäische Parlamente längst getan haben. Es wäre einguter Schritt; das hat der österreichische Staatssekretärim Finanzministerium in der Anhörung gegenüber mei-nem Kollegen Troost glaubhaft dargelegt.
Er hat gesagt, es wäre extrem positiv, wenn das deutscheParlament einen solchen Beschluss fassen würde: Wahr-scheinlich „wäre das der Durchbruch“ auf europäischerEbene. Sie verweigern jedoch nach wie vor einen sol-chen Beschluss. Wenn Sie es mit dem, was Sie eben ge-sagt haben, ernst meinen, lassen Sie uns in der nächstenSitzungswoche einen entsprechenden Vorratsbeschlussfassen. Wir werden Ihnen dazu Gelegenheit geben.
Das wäre tatsächlich ein Schritt, um auf globaler Ebenevoranzukommen.Herr Schäuble, allen Schönredereien gestern vonHerrn Brüderle und heute auch von Ihnen zum Trotz:Die globale wirtschaftliche Erholung steht auf tönernenFüßen. Deshalb hat Präsident Obama die G 20 ange-schrieben und sie gebeten, die Weltkonjunktur zu stüt-zen. Er kritisierte Länder wie Deutschland, die sich nurauf ihre Exportstärke verließen und mit ihren Kürzungs-programmen die Binnennachfrage abwürgten. Das ist– zu Recht – eine schallende Ohrfeige für das, was Siehier eben wieder dargestellt haben. Umso schlimmer istes, dass Sie sich ausgerechnet bei diesem Punkt mit einerSchuldenbremse durchsetzen konnten. In England rechnendie Regierungsstellen aufgrund des Kürzungspaketsmit dem Wegfall von 600 000 Stellen im öffentlichenDienst und weiteren 600 000 Stellen im Privatsektor.Das wird in der Abschlusserklärung als intelligentesSparen bezeichnet. Ich frage Sie allerdings, was daranintelligent ist, die sozial Benachteiligten, die Ärmstender Armen und die Beschäftigten zur Kasse zu bitten, obhier, in Griechenland oder in England.
wgUSaspbGnvzWPdfreAgduUtMmdtWb
arum verpflichten Sie nicht Banken und Fonds, die aufreisentwicklungen bei Nahrungsmitteln spekulieren,ie Nahrungsmittel nach Ablauf der Verträge zu kau-en? Warum lassen Sie nicht Zielkorridore für die Wäh-ung festlegen, um damit der Spekulation auf Währungenntgegenzuwirken und ihr die Grundlage zu entziehen?ll dies tun Sie nicht; aber es würde die Defizite verrin-ern.
So würde das Kasinogeld herausgezogen. Damit wür-en die weltwirtschaftlichen Ungleichgewichte abgebautnd auch hier nachhaltiges Wachstum ermöglicht.
All diese Vorschläge stammen von der UN, derNCTAD. Sie umzusetzen, wäre der richtige Weg.Die G 20 wollen sich nicht mit den Finanzmarktak-euren anlegen. Deshalb versagen sie. Wir sagen Ihnen:achen Sie den Weg frei für einen Neuanfang, zur de-okratischen Regulierung der Finanzmärkte im Rahmener UN! Dann kommt dabei etwas heraus.Danke.
Das Wort hat nun Volker Wissing für die FDP-Frak-
ion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!as Sie hier abgeliefert haben, Frau Kollegin, ist schonemerkenswert.
Metadaten/Kopzeile:
5474 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010
Dr. Volker Wissing
)
)
Sie beklagen die hohen Refinanzierungskosten Grie-chenlands und werfen der Regierung gleichzeitig vor,dass sie eine Schuldenbremse durchgesetzt hat.
Sie stellen ernsthaft die Frage, weshalb wir die Noten-banken nicht verpflichten, Staatsanleihen zu kaufen.Die Antwort ist einfach: Die Notenbanken sind unabhän-gig, und wir wollen in diese Unabhängigkeit nicht ein-greifen.
Wir wollen die Kleinanleger und die Menschen mit nied-rigem Einkommen vor Hyperinflation schützen. Das istsoziale Politik.
Was Sie tun, ist unverantwortlich.
Der G-20-Gipfel war ein großer Erfolg für die deutscheBundesregierung. Das können Sie, Herr Kollege Duin,auch nicht kleinreden.Nach dem Gipfel ist eines klar: Die Kritik an derKonsolidierungspolitik ist verstummt.
Der spürbare Gegenwind ist jetzt Rückenwind für dieKonsolidierungspolitik dieser Koalition. Das ist die guteBotschaft von Toronto.
Das ist ein beachtlicher Erfolg für die Bundeskanzlerin,aber auch für den Bundesfinanzminister. Herr Schäuble,Sie haben die Politik der Koalition nicht nur überzeu-gend dargelegt, Sie haben auch in Toronto überzeugt.Das ist ein guter, erfolgreicher Schritt für unser Land.
Die Politik grenzenloser Staatsverschuldung, wie sievon weiten Teilen des linken Flügels gefordert wird– Sie haben eben ein Paradebeispiel dafür abgegeben –,wurde auf dem G-20-Gipfel in Toronto ad acta gelegt.Das ist eine überzeugende Botschaft. Das Rahmenwerkfür ein starkes, nachhaltiges und ausgeglichenes Wachs-tum setzen wir nicht gegen unsere Partner in der Weltum, sondern mit unseren Partnern in der Welt. Deswegenwird dieser Weg erfolgreich sein.Mit unserer wachstumsorientierten Politik, mit denersten Entlastungsgesetzen für Menschen mit mittlerenEslBz3DcWHszSsSdidEsbfpVriWdueimlugkmwdDwdwsnAw
Wir können in Europa, aber auch darüber hinaus aufinanz- und haushaltspolitischer Bühne weltweit eineolitische Neuausrichtung – weg von immer größerererschuldung, hin zu wachstumsorientierter Konsolidie-ung – beobachten. Das Sparpaket der Bundesregierungst ein Vorgriff auf diese Entwicklung. Wir sparen, ohneachstum zu schwächen. Sie wollen die Notwendigkeiter Ausgabenkürzung nicht akzeptieren und erklärenns immer wieder krampfhaft, wir müssten die Steuernrhöhen, um die Probleme unseres Landes zu lösen.Ich möchte Sie an eines erinnern: Wir konsolidierenn Deutschland nicht nur wegen der Euro-Krise. Wirüssen auch aufgrund unserer demografischen Entwick-ung konsolidieren. Wenn wir die Wettbewerbsfähigkeitnseres Landes erhalten wollen, dann müssen wir Aus-aben reduzieren. Ihre Steuererhöhungsvorschläge sindeine Lösung, weil immer weniger Deutsche nicht im-er höhere Steuern bezahlen können. Deswegen istachstumsorientierte Konsolidierung durch Kürzunger Ausgaben die einzige Alternative.
as ist Sozialpolitik. Das ist nachhaltige Politik, weilir zukünftigen Generationen damit eine Chance geben,ie Sie ihr mit Ihrer Steuererhöhungspolitik nehmenürden.Was haben Sie denn erreicht? Sie haben die Rekord-teuererhöhung in dieser Republik beschlossen, weil Sieicht den Mut hatten, sich auf den unbequemen Weg derusgabenreduzierung zu begeben. Sie haben die Mehr-ertsteuer um 3 Prozentpunkte erhöht. Selbst einen
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5475
Dr. Volker Wissing
)
)
Wahlbetrug gegenüber Ihren Wählerinnen und Wählernhaben Sie begangen, weil es für Sie einfacher war, sichbequem mit Steuererhöhungen auf Kosten der Bürgerin-nen und Bürger einzurichten, anstatt den Mut aufzubrin-gen und auch den Gegenwind zu ertragen, den nun malAusgabenkürzungen mit sich bringen. Aber was richtigist, bleibt richtig und muss jetzt endlich in Angriff ge-nommen werden.
Es gehört zu den Aufgaben der Opposition, die Regie-rung kritisch zu begleiten; aber dass wir heute den Mutaufbringen, den Haushalt auf der Ausgabenseite zu redu-zieren, sollte auch Ihnen ein Lob wert sein.G 20 hat auch auf anderen Ebenen Klarheit gebracht.Der Bundesfinanzminister hat das angesprochen: Eine in-ternationale Finanztransaktionsteuer ist endgültig ge-scheitert, sie ist nicht konsensfähig. Es wäre im Interesseeiner sachlichen Diskussion hilfreich, wenn die Opposi-tion das endlich einsehen würde. Wie war das noch unterPeer Steinbrück: „Der Welt ist es egal“, hat er damals ge-sagt, „was der SPD-Ortsverein Kessenich beschließt.“Toronto war es auch egal, was der SPD-Ortsverein inKessenich beschlossen hat.
International ist eine solche Steuer nicht gewollt, deswe-gen sollten Sie es endlich einsehen.
Eines ist doch klar: Wir können nicht – auch dasmüsste der sozialdemokratischen Fraktion deutlich sein –eine solche Steuer national einführen und Ausweichbe-wegungen um unser Land herum riskieren, weil damit dieFinanzmärkte hier geschwächt werden würden und dasKapital auf unregulierte Märkte abwandern würde. Wasdas zur Stabilität der Finanzmärkte weltweit beitragensoll, ist nun wirklich völlig unklar.
Deswegen sind wir auch skeptisch, was eine Finanz-transaktionsteuer nur innerhalb der Euro-Gruppe angeht.
Es ist niemandem geholfen, wenn die Finanzmärkte umdie Euro-Zone einen Bogen machen und wir dann an un-regulierten Märkten, etwa London, eine Ausweichbewe-gung erleben. Wenn wir Finanzmärkte regulieren, musses zu einer echten Stabilisierung kommen. Alles andereführt uns international nicht weiter.fkddlgviidgnBsSedpddEmdgddgWgUrBHkgwdi
ir haben bewiesen: Wir sind eine handlungsfähige Re-ierung.
nd wir werden unserer Verantwortung international ge-echt.Herzlichen Dank.
Das Wort hat nun Kollegin Christine Scheel, Fraktion
ündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!err Kollege Wissing, mit Selbstbeschwörung alleinann man noch keine gute Politik machen.
Herr Minister Schäuble, Sie haben recht, wenn Sie sa-en, es gilt, dass wir unsere Demokratien stärken und dassir Vertrauen in die Institutionen und in die Politik wie-eraufbauen, das in der Bevölkerung notwendig ist. Aberch finde, wir müssen es sehr ernst nehmen, wenn Men-
Metadaten/Kopzeile:
5476 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010
Christine Scheel
)
)
schen in der Zeitung lesen, dass ein Gipfel 1 MilliardeEuro gekostet hat und wie wenig dabei herausgekommenist. Dann muss man auch sagen: Das steht in keinem Ver-hältnis zu den Ergebnissen.
Es gehört zur Offenheit und zur Klarheit dazu, auch zurKenntnis zu nehmen, dass es diese Enttäuschung beiden Menschen gibt.Herr Minister Schäuble, es ist zu begrüßen, dass dieExit-Strategie beschlossen worden ist; das ist ganz klar.Es ist wichtig, dass wir gegen die ausufernden Verschul-dungsentwicklungen insgesamt weltweit vorgehen.
Es ist aber auch notwendig, dass wir Kriterien entwi-ckeln, wie die Konsolidierung der Haushalte internatio-nal gehen soll. Unser Eindruck ist, dass hier der Kom-pass fehlt, dass es keine tragfähigen Vereinbarungen undkeine nachhaltigen Wachstumsideen gibt.Wenn Sie sagen, die Defizite sollen abgebaut werden,bis 2013 sollen sie halbiert werden, und bis 2016 sollendie Schuldenquoten stabilisiert werden, dann ist daszwar richtig. Aber wo ist die Ausrichtung auf die sozialeund auf die ökologische Nachhaltigkeit?
Diese Ausrichtung fehlt.Es reicht auch nicht, dass die Bundeskanzlerin dann in-ternational sagt: „Supertoll, wir haben jetzt eine Exit-Strategie durchgesetzt“, wenn gleichzeitig in Deutsch-land ganz anders diskutiert wird: 2010 beträgt die Neu-verschuldung 65 Milliarden Euro, es gibt ein strukturel-les Defizit, und das strukturelle Defizit des Jahres 2013hat immer noch eine Größenordnung von 32 MilliardenEuro. Jetzt sehen wir auch, wie ungerecht das Sparpaketist, welche Luftbuchungen es beinhaltet, welche Schat-tenhaushalte Sie vorlegen und dass das, was dort einge-bucht ist, zum Beispiel eine Brennelementesteuer, gesetz-geberisch immer noch nicht auf den Weg gebrachtworden ist.
Es gab in Toronto auch eine positive Entscheidung,die da heißt: Fossile Rohstoffe sollen nach Meinung derG 20 besteuert werden. Wir Grünen weisen seit Jahrendarauf hin, dass eine solche CO2-Besteuerung vorzu-nehmen ist. Das ist bislang von der Koalition abgelehntworden. Ich bin gespannt, ob Sie das, was Sie in Torontomitverhandelt und letztendlich mitbeschlossen haben,auch im eigenen Land durchsetzen und ob Sie den Muthaben, auch in Sachen Ökologie und vernünftige Klima-schutzpolitik, die international von erheblicher Bedeu-tung ist, endlich voranzukommen.
Es ist schon schade, dass die Kanzlerin die Chance ver-passt hat, in Toronto über Klimaschutz und Zukunftsin-vDRg„admntwDtEgHseDsMssUaClTüo
Letzte Bemerkung – weil Herr Wissing ja wieder sooll ausgeführt hat,
as sich die FDP bei der Nichtregulierung vorstellt –:ie Finanzmarktreform ist jetzt gescheitert, was die in-ernationale Frage anbelangt.
s gibt weder eine internationale Bankenabgabe, nochibt es eine internationale Finanztransaktionsteuer.err Schäuble, Sie haben darauf hingewiesen und ge-agt: Dann machen wir das mit den Franzosen und mitinigen anderen, die sich daran beteiligen.
as ist ein Schritt in die richtige Richtung, selbstver-tändlich. Aber Herr Niebel hat klipp und klar gesagt:it der FDP wird das auf keinen Fall gehen. Ich wün-che gute Verrichtung! Wir hoffen, Sie setzen sich in die-em Punkt durch. Dann werden wir weitersehen. Unserenterstützung haben Sie, jedenfalls bei der Finanztrans-ktionsteuer.Danke schön.
Das Wort hat nun Mathias Middelberg für die CDU/
SU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kol-egin Scheel, wir kommen, was die Bilanz des Gipfels inoronto angeht, zu einer anderen Einschätzung. Ich habeberhaupt nicht den Eindruck, dass die Bundesregierungder der Gipfel insgesamt gescheitert wäre, sondern ich
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5477
Dr. Mathias Middelberg
)
)
habe den Eindruck, dass er an wesentlichen Punktenweitergekommen ist, wenn auch nicht an allen Punkten.Sie haben einige Fragen zu Recht kritisch benannt.Aber in den wesentlichen Fragen – diese hat WolfgangSchäuble eben herausgestellt; das sind auch die Kernfra-gen des Gipfels, nämlich bei der Finanzmarktordnungund vor allen Dingen bei der Ausrichtung der internatio-nalen Wirtschaftspolitik, der Ökonomie – ist die Bundes-regierung einen ganz entscheidenden Schritt weiterge-kommen; denn die Diskussionen im Vorfeld des Gipfelsund das Drängen der USA – die USA und Obama sind janicht irgendwer – waren ja, mit dem Kurs kreditfinan-zierter, schuldenfinanzierter Investitions- und Konjunk-turpolitik weiterzumachen. Dass die Bundesregierung,dass Angela Merkel und Wolfgang Schäuble es geschaffthaben, diesen Kurs von mehr Verschuldung umzudrehenin mehr Konsolidierung, halte ich für einen Kernerfolg.Das sollte man auch so deutlich und klar sagen.
Die Diskussionen vor dem Gipfel und die Beiträge,gerade auch von Obama, gingen in eine völlig andereRichtung. Die USA in diesem Punkt umgedreht zu ha-ben und sie zu diesem Gipfelbeschluss bewegt zu haben,ist ein Kernerfolg für diese Bundesregierung, für AngelaMerkel und für Wolfgang Schäuble.
Ich würde den Beschluss, die Haushaltsdefizite bis2013 zu halbieren, auch nicht kleinreden, selbst wenn esnicht sanktionsbewehrt ist. Aber man muss schon sagen,es ist ein entscheidender Unterschied, ob wir mit nochmehr Verschuldung weiter in Richtung Abgrund fahren– Herr Wissing hat eben zu Recht auf das Beispiel Grie-chenland verwiesen, das ja eine Finanzkrise ausgelösthat – oder ob wir es geschafft haben, diesen verfehltenKurs zu drehen, und jetzt in die richtige Richtung unter-wegs sind.
Ich sage zum Thema Finanztransaktionsteuer: Na-türlich hätten wir uns gewünscht, wenn wir da interna-tional eine Vereinbarung zustande bekommen hätten; dasmuss man ganz klar sagen. Ich hätte mich auch persön-lich darüber gefreut. Aber wir müssen auch zur Kenntnisnehmen – das hat Herr Bundesminister Schäuble sehrnachvollziehbar dargelegt –, dass wir nicht allein auf derWelt sind, sondern dass es noch andere gibt, darunterviele, die mit dem Thema Finanz- und Wirtschaftskrisekeine Probleme haben, die ganz andere Fragen stellenund ganz andere Interessen haben, die kein Interesse aneiner Finanztransaktionsteuer haben. Das muss man alsRealität zur Kenntnis nehmen, wenn man Politik verant-wortlich gestaltet.Wolfgang Schäuble hat zu Recht gesagt, wir konzen-trieren uns jetzt auf die europäische Ebene und verfolgendieses Thema dort konsequent weiter. Aber ich sageauch, wir sollten den Menschen nichts vormachen undihnen keinen Sand in die Augen streuen. Die Finanz-taSkDsUra–ndmÜgvswrFZssrwkSggsbsshffeadfess
ie wird aber nicht der entscheidende Beitrag dafür sein,ünftige Krisen zu vermeiden.
arüber müssen wir uns im Klaren sein; denn die Kri-en, die wir gehabt haben, die Subprimekrise aus denSA oder die Verschuldungskrise aus Griechenland, wä-en nicht verhindert worden, wenn wir eine Finanztrans-ktionsteuer gehabt hätten.
Ich will nur die Schwerpunkte betonen. Dass Sie dasicht behauptet haben, ist eine ganz andere Frage. Zuen Schwerpunkten gehört die Regulierung des Finanz-arkts im Hinblick auf vorbeugende Mechanismen.ber einen dieser Mechanismen haben wir heute Mor-en gesprochen, nämlich das Verbot ungedeckter Leer-erkäufe und das Verbot ungedeckter Kreditausfallver-icherungen, der Spekulationen damit. Das ist schon einichtiger Beitrag.Wir haben eben auch über das Thema Ratingagentu-en gesprochen. Das ist Ihnen irgendwie durchgerutscht,rau Lötzer.
u dem Thema haben wir hier nämlich schon einen Be-chluss gefasst. Das Thema Ratingagenturen und ver-chärfte Aufsicht über die Ratingagenturen ist hier be-eits geklärt worden und durch.
Der nächste Punkt ist das Restrukturierungsgesetz,as die mögliche Insolvenz, die Abwicklung von Ban-en angeht, die damit verbundene Bankenabgabe, derelbstbehalt bei Verbriefungen, die Anhebung der Ei-enkapitalanforderungen nach Basel II+ oder Basel III.Wichtig finde ich auch, dass wir ein Gesetz zur Ver-ütung für Manager in Banken und Versicherungen be-chlossen haben. Auch das ist ein Punkt, den man hieretonen sollte, gerade gegenüber den Zuschauern. Esind zwar im Moment leider keine hier; aber sicherlichitzen Zuschauer zu Hause an den Fernsehschirmen. Soaben wir in diesem Vergütungsgesetz zum Beispielestgeschrieben, dass es demnächst höchstens 50 Prozentlexible Vergütung geben darf. Ferner darf es nicht nurine Bonusvergütung geben, sondern in Zukunft muss esuch Malusregelungen geben. All diese Dinge werdenemnächst in Vorstandsverträgen, in Managerverträgenestgelegt sein müssen. Dafür stehen die Aufsichtsrätein. Aufsichtsräte, die demnächst andere Verträge be-chließen, die diese Punkte nicht enthalten, haften. Dasind ganz wichtige Punkte, um auch menschliche Re-
Metadaten/Kopzeile:
5478 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010
Dr. Mathias Middelberg
)
)
gungen wie Gier und Gewinnstreben am Kapitalmarkteinzuschränken. Das sind wichtige Beiträge, um im Vor-feld – vorbeugend – den Finanzmarkt zu regulieren. Dasind wir wesentlich weiter gekommen, als Sie das hierdargestellt haben.Herr Kollege Wissing hat auf die übrigen Erfolge die-ser Bundesregierung verwiesen, mit einer soliden undeben nicht schuldengetriebenen Wachstumspolitik diesesLand auf einen vernünftigen Kurs zu bringen. Sie sehen,dass die Zahl der Arbeitslosen von Monat zu Monat im-mer mehr sinkt. Sie wird unter die 3-Millionen-Grenzefallen. Das ist der entscheidende Beitrag. 100 000 Ar-beitslose weniger in diesem Land entlasten unsere So-zialkassen um 1,8 Milliarden Euro. Wenn wir es schaf-fen, durch unsere solide Politik 500 000 Menschen mehrin diesem Jahr in Beschäftigung zu bekommen, dann ha-ben wir alleine dadurch schon fast 10 Milliarden EuroSparleistung erbracht. Das ist die Politik, für die dieseRegierung steht. Dafür kann man eigentlich nur um Un-terstützung bitten.Danke.
Das Wort hat die Kollegin Nicolette Kressl von der
SPD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undKollegen! In der Regel lohnt es ja nicht, Reden vonHerrn Wissing zu kommentieren.
Aber heute war das die entlarvendste Rede, die ich seitlangem hier gehört habe. Ich will Ihnen das deutlich ma-chen: Herr Wissing hat sich hier hingestellt – nachdemBundesminister Schäuble gesagt hat, die Regierung seimit dem festen Vorsatz nach Toronto gefahren, die Fi-nanztransaktionsteuer durchzusetzen –
und gesagt, es würde hier niemanden interessieren, wasein sozialdemokratischer Ortsverein beschließt. Uns in-teressiert das übrigens. Aber bemerkenswert ist der Ver-gleich: Das hat kein sozialdemokratischer Ortsvereinbeschlossen, sondern das hat die Bundesregierung be-schlossen, und Sie haben diesen Beschluss hier diskredi-tiert.
Sie haben gesagt, das sei völlig unerheblich. Sie habenes als Erfolg beschrieben, dass sie in Toronto nicht be-schlossen worden ist.
Herr Minister, ich will Sie fragen: Warum wundernie sich noch, dass wir hier konstatieren – und das haterr Duin vorhin auch getan –, dass die Bundesregie-ung ihre Durchsetzungskraft auf internationalen Konfe-enzen – sie war nicht plötzlich schlecht – Stück fürtück verloren hat, dass alle international nachlesen kön-en, dass Sie mit einer Position zu den Konferenzen fah-en, die national von den Sie tragenden Fraktionen garicht mitgetragen wird? Dann ist es doch logisch, dassa keine Durchsetzungskraft mehr da ist.
Ich will einen zweiten Punkt nennen und kann Ihnen,err Wissing, die Frage nicht ersparen: Welchen Neuan-ang müssen wir machen? Ich glaube, es wäre an dereit, sich in Sachen Neuanfänge und Neustarts klar undeutlich zu äußern.
Lassen Sie mich eine dritte Bemerkung machen: Ichalte es für eine Unverschämtheit, hier nicht die Wahr-eit zu sagen. Mit Minister Steinbrück wären wir 2011 ininen Haushalt ohne Neuverschuldung gegangen. Dasst völlig klar.
ir mussten uns wegen der konjunkturellen Lage stär-er verschulden. Wir müssen da wieder zurück, darüberind wir uns einig. Aber hier die Unwahrheit darzustel-en, zeugt nicht von ernsthaftem Arbeiten, und darumeht es, nicht um Fairness. Diesen Grundregeln solltenie als Ausschussvorsitzender sich eigentlich auch un-erwerfen.
Dann will ich Ihnen noch einen Punkt im Zusammen-ang mit Toronto deutlich machen. Die Jahre 2008 und009 waren von großen Rettungspaketen geprägt. Dasaben wir für die Menschen und ihre Arbeitsplätze ge-acht, das will ich deutlich sagen, und nicht für die Ban-en. Dennoch ist es eine Tatsache, dass bisher ausschließ-ich die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler an denosten beteiligt werden. Deshalb wäre es auch so wichtigewesen, aus Toronto ein weiteres Signal dafür zu be-ommen, die Steuerzahler nicht alleinzulassen, sondernie Verursacher der Krise mitzubeteiligen.
Ich will Ihnen sagen: Die Bankenabgabe, die Sie hiermmer wieder nennen, führt nicht dazu, dass sich dieerursacher auch nur mit einem einzigen Cent an den
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5479
Nicolette Kressl
)
)
Kosten der Krise beteiligen. Das ist ein Vorsorgetopf. –Ich habe interessiert gelesen, dass Sie auch noch darüberdiskutieren, dass diese Ausgaben, anders als im Regie-rungsentwurf vorgesehen, womöglich bei der Steuer gel-tend gemacht werden können.
Dadurch wollen Sie die Steuerzahler noch einmal an denKosten beteiligen. Das, was Sie hier machen, ist dochabsurd.
Es ist völlig klar: Für die Märkte müssen Regeln er-lassen werden, durch die wir weitere Barrieren gegen dieSpekulation auf Kosten anderer erhalten. – Ich persön-lich und viele andere, wie ich glaube, sind bestürzt. Ei-gentlich konnten wir davon ausgehen, dass internationalein Zeitfenster vereinbart wird, innerhalb dessen mandiese Regeln vereinbaren kann, aber wir mussten fest-stellen: Dieses Zeitfenster schließt sich schneller, als wiruns das erhofft haben.Damit komme ich zur Durchsetzungsfähigkeit zu-rück. Eine gewichtige deutsche Stimme wäre gut, umdieses Zeitfenster länger offen zu halten. Diese habenwir aber, wie gesagt, leider nicht mehr.Wenn Sie es sich genau anschauen, dann sehen Sie:Der G-20-Gipfel in Toronto war für die Finanzmarktre-gulierung ein Rückschlag. Ich habe die Befürchtung,dass wir, wenn wir auf diesem Weg weitergehen, denMenschen nicht mehr erklären können, warum diejeni-gen, die in Regierungsverantwortung stehen, zwar im-mer sagen: „Wir müssen das tun“, hinterher aber nichtspassiert.
Schauen Sie sich einmal genau an, was in Toronto be-schlossen worden ist. Es gab keine konkreten Festlegun-gen im Hinblick auf die Eigenkapitalregeln. Statt derbisherigen Umsetzungsfrist – bis Ende 2012 – wird einereine Zielsetzung formuliert. Das ist keine Verstärkungder Regulierung, sondern eine Abschwächung der Regu-lierung.Wir haben das vorhin besprochen: Hinsichtlich derVerbesserung des außerbörslichen Handels halten wiralle die Transparenz für außerordentlich wichtig. Bis2012 sollten – das ist in Pittsburgh beschlossen worden –alle standardisierten Derivate über Börsen- oder Han-delsplattformen gehandelt werden. Hierzu gab es in To-ronto keinen Fortschritt und keinerlei konkrete Festle-gung. Ich habe es schon erwähnt: In Toronto wurdenkeinerlei Beschlüsse über eine internationale Finanz-transaktionsteuer oder über eine Bankenabgabe gefasst.Ich will hier noch einmal auf die Einigkeit undDurchsetzungskraft zurückkommen. Sie haben hier überMonate hinweg nicht einmal genau gewusst, ob wir übereine Finanzaktivitätsteuer, eine Finanztransaktionsteueroder eine Bankenabgabe als Vorsorge sprechen. Bei die-sdwawtennwddBnnmbendmsK5eDrspwkicnB5bwgE
ei diesem Rumgeeiere, das uns national und internatio-al schadet, können wir aber leider nicht mitmachen.Vielen Dank.
Das Wort hat der Kollege Thilo Hoppe von Bünd-
is 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ichöchte gerne einen Aspekt ansprechen, der in der De-atte bisher zu kurz gekommen ist. Wenn man nämlichinen Perspektivwechsel vornimmt und auf die Ergeb-isse der beiden Gipfel der G 8 und der G 20 aus Sichter Entwicklungsländer schaut, dann kann man das nurit der Schlagzeile der taz vom Montag zusammenfas-en: „Krümel für die Welt“.Die Ankündigung der G-8-Staaten, im Kampf gegeninder- und Müttersterblichkeit etwas mehr alsMilliarden US-Dollar zur Verfügung zu stellen, klingtrst einmal gut, aber angesichts der 30 Milliarden US-ollar, die nach Berechnungen der UNO notwendig wä-en, ist das doch ein sehr bescheidener Betrag. Ganz be-onders bescheiden hat sich Deutschland gezeigt, dasro Jahr 80 Millionen Euro geben will. Das ist deutlicheniger als das, was die ganze Konferenz in Toronto ge-ostet hat.Aber das, was noch schwerer wiegt als diese „Geiz-st-geil“-Mentalität, ist der Abschied von den Verspre-hungen von Gleneagles. Können Sie sich noch erin-ern: großes Kino Gleneagles, Tony Blair, umrahmt vonob Geldof und Bono, und das großartige Versprechen,0 Milliarden Euro mehr bis 2010? – Versprochen, ge-rochen!Maximal zwei Drittel dieser Beträge, die versprochenurden, feierlich zugesagt worden sind, sind überhauptezahlt worden. Nach Berechnungen von ONE, einerntwicklungshilfeorganisation, hat Deutschland gerade
Metadaten/Kopzeile:
5480 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010
Thilo Hoppe
)
)
mal 25 Prozent seiner Versprechungen auch wirklicheingehalten und umgesetzt.In Heiligendamm hat die Kanzlerin noch die anderenermahnt, die Ärmsten der Armen nicht im Stich zu las-sen und die Versprechungen einzuhalten. Jetzt brauchtsie nur in den Spiegel zu schauen, um festzustellen, wernicht Wort gehalten hat.
Wie gesagt, bisher hat man immer noch beteuert, dasist unsere Verpflichtung. Das ist jetzt im Schatten der an-deren Krisen heimlich, still und leise aus den Dokumen-ten verschwunden.Noch etwas fehlt in den Abschlusskommuniqués derbeiden Gipfeltreffen. Es gab immer so eine Stereotype:Die WTO-Welthandelsrunde muss auch im Sinne derEntwicklungsländer zum Erfolg führen. Die fehlt dies-mal völlig. Die Entwicklungsländer sind außen vor. Jetztsetzt man auf bilaterale Freihandelsabkommen. Beidiesen bilateralen Freihandelsabkommen werden dieSchwächsten natürlich wieder unter die Räder kommen.Auch dort gibt es eine Rückkehr zum Egoismus.G 8 und G 20 sind diesen Krisen nicht gewachsen, siekönnen diesen Krisen nicht wirklich begegnen. Das ha-ben schon einige gesagt. Die Vereinten Nationen müssenstärker an Bedeutung gewinnen. In diesem Zusammen-hang – das wird Sie vielleicht wundern – möchte ich ein-mal die Kanzlerin loben, nicht für ihr jetziges Auftreten,sondern für das, was sie vor zwei Jahren zur großenÜberraschung in Davos gesagt hat. Da hat sie eine UN-Charta für nachhaltiges Wirtschaften gefordert undeine starke Rolle der Vereinten Nationen.
Da haben viele Zeitungen getitelt:Merkel fordert eine „Wirtschafts-UN“.Doch leider sind diesen großen Worten keine Taten ge-folgt. Wir haben viele Anfragen gestellt. – Nichts, aberauch gar nichts.
G 8 und G 20 sind gescheitert. Aber diese Ankündi-gung „Was nicht ist, kann ja noch werden“ bringt unsdazu, die Kanzlerin zu ermutigen, die Papiere, die HerrWeidmann damals geschrieben hat, endlich mit Leben zuerfüllen, ihnen endlich zum Durchbruch zu verhelfen.
G 20 muss sich reformieren! G 20 ist in der Krise,und ein Herauskommen ist nur denkbar, wenn G 20 nä-her an die Vereinten Nationen heranrückt, wenn beideReformprozesse zusammengeführt werden. Zeigen Sieuns, dass diese Äußerungen von Davos nicht nur ein Me-diengag waren!Danke.jtrsddRwsd–IS–nVsdlmhdZWBndGsn
Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat
etzt der Kollege Peter Aumer von der CDU/CSU-Frak-
ion das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-en! „Merkel setzt sich gegen Obama durch“,
o titelte das Handelsblatt am vergangenen Montag überas Verhandlungsergebnis von Toronto. – Das Lachener Opposition, denke ich, kommt an einigen Stellen zuecht, aber insgesamt sollte man doch die Ergebnisseahrnehmen, die erzielt worden sind. Ich denke, dieseind richtig und wertvoll.Wesentliche Themenfelder standen im Mittelpunktes Treffens der G-20-Länder.
Ja, heute. Das war am Montag, kurz nach dem Gipfel.ch denke, dass das doch das Entscheidende ist, oder?
Die Frage des Wachstums und des gleichzeitigenchuldenabbaus war ein wesentlicher – –
Ja, dann schauen Sie bitte auf Seite eins. Da steht ge-au das, was ich Ihnen vorher zitiert habe.
or allem auf Drängen der Bundeskanzlerin wurde be-chlossen, dass die Haushaltsdefizite der Industrielän-er bis 2013 halbiert und ab 2016 abgebaut werden sol-en. Dieser Beschluss hat gezeigt, dass sich Deutschlandit dem Wesenskern unserer deutschen Politik der nach-altigen Haushaltsführung bei den wichtigsten Ländernieser Erde durchgesetzt hat.Die Kanzlerin hat vor kurzem gesagt, das, was unsereeit heute braucht, sind „Solidarität und Solidität“.ir Deutschen und die Bundeskanzlerin haben unsereneitrag dazu geleistet, dass Solidität der öffentlichen Fi-anzen weltweit einen wichtigen Stellenwert erfährt.
Solidität bedeutet Nachhaltigkeit. Ziel unseres Han-elns muss sein, der Verantwortung für die künftigenenerationen gerecht zu werden.„Wachstumsfreundlicher Defizitabbau“ ist die Zu-ammenfassung des in diesem Punkt Erreichten. Wennun die Antragsteller diesen Weg der Solidität infrage
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5481
Peter Aumer
)
)
stellen, dann verstehe ich die Welt nicht mehr. Meinesehr geehrten Damen und Herren der Linken, diesenWeg der Konsolidierung und Nachhaltigkeit, der sich aufG-20-Ebene durchgesetzt hat, als schädliche Sanierungder öffentlichen Haushalte zu bezeichnen, wie Sie das inIhrem Antrag tun, ist das einzig Schädliche in dieser De-batte heute
und zeigt, dass Sie nicht verstehen wollen, warum dieseMaßnahmen ergriffen wurden.Neben diesem wichtigen Punkt der Konsolidierungder öffentlichen Haushalte stand auch die Frage der Fi-nanzmarktarchitektur auf der Tagesordnung der G 20.In einigen Punkten konnte ein Durchbruch errungenwerden. Eine abschließende Verhandlung wird beimnächsten G-20-Treffen im Herbst stattfinden.Wenn Sie, sehr geehrte Damen und Herren der SPD,in Ihrer Großen Anfrage, über die wir heute auch disku-tieren, bei den Verhandlungen durch die Bundesregie-rung die notwendige Intensität vermissen, dann schauenSie doch bitte auch auf die internationale Situation, sowie sie der Bundesfinanzminister in seiner Rede aufge-zeigt hat. Selbstverständlich ergeben sich bei Verhand-lungen zwischen Nationen unterschiedliche Ansätze, dieangeglichen werden müssen und die zum Teil verzö-gernd wirken.Bundeskanzlerin Merkel hat bei einer Pressekonfe-renz nach dem Gipfel Folgendes gesagt:Ich glaube, wir werden auch als G 20 Schritt fürSchritt zusammenwachsen müssen, und wir werdengleiche und dennoch unterschiedliche Verantwor-tungen haben.Die Kanzlerin und der Bundesfinanzminister handelnmit dem nötigen Nachdruck aus der Verantwortung fürunser Land und arbeiten deswegen für die Stabilität derinternationalen Finanzarchitektur und für die Soliditätder internationalen Haushalte – aus der Verantwortungheraus, die wir Deutschen in dieser Welt und für dieseWelt haben.Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/2232 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 21 a und 21 b auf:
a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Finanzausschusses zu
dem Antrag der Abgeordneten Caren Lay,
Dr. Axel Troost, Karin Binder, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion DIE LINKE
A
m
R
C
g
F
S
z
h
m
s
s
b
l
l
i
l
F
h
b
n
A
d
v
s
t
richts des Finanzausschusses zu
dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gerhard
Schick, Dr. Thomas Gambke, Lisa Paus, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
Grauen Kapitalmarkt durch einheitliches An-
legerschutzniveau überwinden
– Drucksachen 17/284, 17/2335 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Gerhard Schick
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Sind Sie da-
it einverstanden? – Das ist der Fall.
Dann eröffne ich die Aussprache und erteile als erster
ednerin das Wort der Kollegin Lucia Puttrich von der
DU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-en! Uns liegen heute zwei Anträge vor, je einer von derraktion der Linken und von der Fraktion der Grünen.ie haben das Ziel, den finanziellen Verbraucherschutzu stärken. Das klingt erst einmal gut. Die Anträge ent-alten Ansätze, die man durchaus teilen kann. Wennan sich mit den Anträgen aber intensiver beschäftigt,tellt man fest, dass Sie, meine Damen und Herren, dochehr viele populistische Forderungen aufgenommen ha-en und dass Ihnen die öffentliche Wirkung offensicht-ich wichtiger ist als die tatsächliche Umsetzbarkeit.
Der finanzielle Verbraucherschutz ist uns, der christ-ich-liberalen Koalition, ein sehr wichtiges Anliegen. Esst für uns vollkommen inakzeptabel, dass in Deutsch-and rund 20 Milliarden Euro durch Falschberatung oderehlberatung verloren gehen. Wir werden handeln. Des-alb arbeiten wir daran, dass Verbraucher vor vermeid-aren Verlusten besser geschützt werden.
Wir wollen, dass Verbraucher das Vertrauen in den Fi-anzmarkt und seine Produkte wieder zurückgewinnen.ber, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen,as werden Sie mit Ihren Anträgen und der Strangulationon Finanzmärkten mit Sicherheit nicht erreichen. Wiretzen auf Transparenz, gezielte Regulierung und Kon-rolle.
Metadaten/Kopzeile:
5482 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010
Lucia Puttrich
)
)
Sie, meine Kolleginnen und Kollegen der Linken, for-dern zum Beispiel eine eigene Verbraucherschutzbe-hörde, finanziert durch die Finanzbranche. Ebenso for-dern Sie die Möglichkeit von Sammelklagen und dieEinrichtung eines Finanz-TÜVs.Lassen Sie mich auf einzelne Dinge eingehen. Es istein vollkommener Trugschluss, zu glauben, dass eineneue Behörde einen höheren Verbraucherschutz bedingenwürde. Das Gegenteil ist der Fall. Eine neue Behördeschafft mehr Bürokratie. Eine neue Behörde verursachtmehr Kosten. Letztendlich werden es die Verbraucherin-nen und Verbraucher sein, die diese Kosten zu tragen ha-ben. Deshalb lehnen wir die Einrichtung einer solchenBehörde ab.
Wir wollen statt einer neuen Behörde mehr Verantwort-lichkeit und eine stärkere Haftung.Ich komme nun zu Ihrer Forderung, Sammelklagenzuzulassen. Sammelklagen sind erst einmal nur ein Kon-junkturprogramm für rührige Anwaltkanzleien. Sie brin-gen keinen erhöhten Verbraucherschutz. Wir lehnen des-halb Sammelklagen ab.
Wir sind der Meinung, dass es andere Mittel gibt, diesich in anderen Ländern bewährt haben. Man kanndurchaus über Beschwerdeverfahren, wie etwa der SuperComplaint in Großbritannien, nachdenken, bei dem Ver-braucherschutzverbände die Möglichkeit haben, die Fi-nanzaufsicht aufzufordern, in bestimmten Fällen einzu-schreiten. Das halten wir für einen tatsächlichenFortschritt.
Sie fordern von Ihrer Seite einen nationalen oder eu-ropäischen Finanz-TÜV. Das klingt erst einmal gut, weilder Begriff „TÜV“ positiv behaftet ist. Wenn man sichdas aber genauer anguckt, dann kann man nur sagen:Das ist völlig unrealistisch. Damit fordern Sie, dass rund800 000 Finanzprodukte, allein 350 000 Zertifikate aufdem deutschen Markt, geprüft werden, und zwar inhalt-lich und seriös. Angesichts dieser Zahlen kann man nursagen: Der Begriff ist schön, die Umsetzung ist schlichtund einfach nicht möglich.
Erlauben Sie mir die Bemerkung: Ihre Anträge sindpopulistisch. Sie sind nicht umsetzbar. Realistische For-derungen finden Sie wiederum in dem Koalitionsvertragder christlich-liberalen Koalition.
Wir werden ein Finanzdienstleistungsrecht schaffen, dasdie Anleger wirkungsvoll und angemessen vor unseriö-sHZmzadPkdszubhucuwddvfagDcmgnrtFrnKhgnl
Lassen Sie mich nur einige wenige Bemerkungen zuem Antrag der Grünen sagen. Sie fordern, den Schutzer Anleger speziell auf dem grauen Kapitalmarkt zuerbessern und ein einheitliches Schutzniveau zu schaf-en. Hierzu kann ich nur sagen: Sehr gut! Das wollen wiruch. Regelung und Kontrolle müssen auch auf demrauen Kapitalmarkt eintreten.
er Entwurf des Finanzministeriums beinhaltet zahlrei-he Änderungen im Hinblick auf den grauen Kapital-arkt. Die Eckpunkte sind bekannt. Ich kann aus Zeit-ründen nicht auf Einzelheiten eingehen.Ihr Antrag wiederum schießt weit über das Ziel hi-aus. Ihre Forderung, das Wertpapierdienstleistungs-echt zu einem ganzheitlichen Kapitalanlagerecht wei-erzuentwickeln, zeigt, dass Sie die Vielfältigkeit desinanzmarktes offensichtlich nicht verstanden haben.
Ungleiches kann man nicht gleich behandeln. Zielge-ichtete, individuelle Maßnahmen sind hier angebracht,icht Ihre Rasenmähermethode. Sie wollen den grauenapitalmarkt überwinden. Wir wollen Auswüchse ver-indern und ihn deshalb kontrollieren und beaufsichti-en.
Wir wollen ein stabiles, erfolgreiches und faires Fi-anzsystem. Banken müssen ihrer Aufgabe als Dienst-eister für Unternehmer und Privatpersonen wieder ver-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5483
Lucia Puttrich
)
)
stärkt nachkommen. Bei Ihnen dreht sich beinahe allesum staatliche Reglementierung und Bevormundung. EinRundum-sorglos-Paket für die Verbraucher ist in derRealität schlichtweg nicht möglich. Das ist eine populis-tische Täuschung.
Wir werden mit schlüssigen und durchgreifenden Ein-zelmaßnahmen den finanziellen Verbraucherschutz dau-erhaft verbessern. Damit garantieren wir Freiheit undVerantwortung als Grundprinzipien des Finanzmarktesund letztlich auch unserer sozialen Marktwirtschaft.Deshalb lehnen wir die Anträge der Linken und der Grü-nen ab.Besten Dank.
Das Wort hat jetzt die Kollegin Elvira Drobinski-
Weiß von der SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass wir hier zumwiederholten Male über das Thema Finanzmarkt disku-tieren – das letzte Mal gestern Abend –, zeigt, dass derMarkt gerade für Finanzdienstleistungen überhaupt nichtfunktioniert.
Bei vielen Anlageprodukten sind weder Risiken nochKosten für den Normalverbraucher – ich denke, um dengeht es hier in erster Linie – durchschaubar. Viele Pro-dukte sind so komplex, dass oft auch Finanzvermittlersie nicht verstehen. Das heißt, die Nachfrageseite kannihre Aufgabe, gute Angebote von schlechten zu unter-scheiden, nicht wahrnehmen.In der Praxis, so haben wir erfahren, ist die Höhe derProvision oft viel wichtiger, als etwa die Risikobereit-schaft des Kunden oder dessen Lebenssituation zu be-rücksichtigen. So bekommen etwa Rentner mit geringemVermögen Anlagen aufgeschwatzt, die nicht einmal ver-mögende Kunden in ihrem Portfolio haben. Als Folgewird nicht nur der sprichwörtlich kleine Mann um seineErsparnisse gebracht; vielmehr sind auch die volkswirt-schaftlichen Schäden immens. Hinzu kommt eine Fi-nanzaufsicht, die mangels Kompetenzen oft tatenlosusehen musste, wie windige Anlagebetrüger Schrott-immobilien an den Mann gebracht oder einen finanziel-len Giftcocktail angerührt haben.Hiermit ist klar: Wir brauchen einen wirklichen Aus-bau des Verbraucherschutzes im Bereich der Finanz-dienstleistungen.
Wir, die SPD, haben gestern Abend mit unserem Antragdie Bundesregierung aufgefordert, ein schlüssiges – ichbcwmwdvPrvuimauvsszsMEdsCssSkdrEgdwzbmw–s–mvm
ganz genau, dann spreche ich eben Frau Klöckner an –,öchte ich fragen: Verstehen denn Sie die von Ihnenorgeschlagenen Formulierungen für die Produktinfor-ationsblätter? Gestatten Sie mir ein Zitat:Die Kursentwicklung des Zertifikats sowie dieHöhe der Auszahlung hängen von der Entwicklungdes Basiswertes ab. Der Anleger erwirbt das Zerti-fikat am Emissionstag zu einem Preis, der niedriger
Metadaten/Kopzeile:
5484 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010
Elvira Drobinski-Weiß
)
)
ist als der Kurswert des Basiswertes am Emissions-tag .
wertes partizipieren.Ich gehe davon aus, dass Sie alle das verstanden haben
und natürlich auch die Verbraucherinnen und Verbrau-cher.
Dieses Beispiel macht doch deutlich: Wir brauchen ei-nen entsprechenden Schutz für die Verbraucherinnen undVerbraucher. Wir haben in unserem gestern debattiertensoliden und umfassenden Antrag deutlich gemacht, wiewir uns diesen vorstellen. Ich kann Sie nur auffordern,sich in diesem Sinne weiter einzubringen. Echter ver-ständlicher Verbraucherschutz ist nämlich wahrlich wich-tig.Vielen Dank.
Das Wort hat der Kollege Frank Schäffler von der
FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Die beiden vorliegenden Anträge sind unterschied-lich zu beurteilen. Ich will mich zuerst mit dem Antragder Linken beschäftigen. Was die Linken hier vorge-schlagen haben, ist, wie ich glaube, ein Schnellschuss.
Damit wird man den Problemen, die wir in der Finanz-beratung und bei der Vermittlung von Finanzproduktenin Deutschland haben, nicht gerecht. Sie werden demdeshalb nicht gerecht, weil Sie hier Instrumente erwäh-nen, die Sie ansonsten an anderer Stelle ablehnen.Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: Der Finanz-TÜVist Ihre Allzweckwaffe, um die Qualität der Finanzpro-dukte in Deutschland zu verbessern. Ich weiß nicht, obSie schon einmal beim TÜV waren, aber eine Untersu-chung beim TÜV zeichnet sich dadurch aus, dass einAuto formal geprüft wird, ob es den technischen Nor-men entspricht, wofür, anders als Sie es vielleicht erwar-ten, die Kunden, also die Auftraggeber, den TÜV bezah-len. Genau das kritisieren Sie aber an anderer Stelleimmer wieder: Denn auch Ratingagenturen werden vonden Auftraggebern faktisch dafür bezahlt, dass sie Ra-tings über bestimmte Finanzprodukte erstellen. Das, wasSie hier fordern, entspricht also genau dem Ablauf, wieenbhP2hgddwdsresGgvsAfosRtDDSetganbskSldgdSUnldNmn
at dieses Thema dieses Haus beschäftigt. Das sind Vor-änge, die auf dem regulierten Markt passiert sind undie von der BaFin sowie der Entschädigungseinrichtunger Wertpapierhandelsunternehmen hätten kontrollierterden müssen. Hier haben allerdings die Institutionen,ie wir dafür geschaffen haben, deutlich versagt, obwohlich das Ganze nicht einmal in einem unregulierten Be-eich abgespielt hat. Im regulierten Bereich hat sich alsoiner der größten Betrugsskandale in Deutschland abge-pielt. Nach wie vor warten 20 000 Anleger auf einenroßteil ihres Geldes. Zugleich müssen die Zwangsmit-lieder der EdW, obwohl sie diesen Schaden nicht mit-erursacht haben, dafür bezahlen. All das hat in einemehr stark regulierten Bereich stattgefunden.Ein weiteres aktuelles Beispiel ist der Fall Kiener.uch hier spielte sich alles im regulierten Investment-ondsbereich ab.Daran sehen Sie, dass es nicht reicht, neue Behördender neue Institutionen bzw. neue Aufgabenfelder zuchaffen. Entscheidend ist vielmehr, dass die materielleegulierung verbessert wird, dass tatsächlich die Quali-ät der Regulierung verbessert wird. Daran hapert es ineutschland. Deshalb sollte man aus meiner Sicht zweiinge anpacken:Wir müssen zum einen dafür sorgen, dass schwarzechafe vom Markt entfernt werden. Das erreicht man amhesten, indem man einen konsistenten Finanzdienstleis-ungsmarkt schafft, auf dem es keine Arbitrageeffekteibt, auf dem es keine Möglichkeit zum Ausweichen aufndere Bereiche gibt, zum Beispiel zu den geschlosse-en Fonds. Diese Lücke wollen wir – wir sind gerade da-ei – mit dem Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzeschließen. Wir wollen, dass es keine Ausweichmöglich-eiten am Markt gibt. Wir wollen, dass es einheitlichetandards gibt, was die Haftung betrifft, dass es einheit-iche Standards gibt, was die Ausbildung betrifft, undass es einheitliche Standards gibt, was die Versicherun-en betrifft. Diese Standards sind notwendig, damit esiese Arbitrageeffekte am Markt nicht gibt. Nach derommerpause werden wir Vorschläge zur politischenmsetzung vorlegen.Mir ist zum anderen wichtig, dass uns klar wird, dassicht nur die schwarzen Schafe das Problem in Deutsch-and sind. Ganz entscheidend ist, dass wir die Qualitäter Produkte und der Produktvermittlung verbessern.atürlich kann man in diesem Zusammenhang nochehr Dokumentation und noch mehr Produktinformatio-en fordern. Man kann noch mehr Papier produzieren.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5485
Frank Schäffler
)
)
Bei Verbraucherzentralen und anderen Institutionenkommt das sicher gut an, ist aber keine Gewähr dafür,dass die Kunden bessere Produkte bekommen.Ich glaube, es gibt zwei Wege, die man einschlagenkann:Wir müssen auf der einen Seite, was die Vermittlungbetrifft, die Haftungsregeln verbessern und die Haftungverschärfen; das haben wir im letzten Jahr gemacht.Wir müssen aber auf der anderen Seite auch eine Re-gelung für die Produktebene schaffen. Das, was der Ver-mittler oder Berater seinem Kunden am Ende empfiehlt,muss das beste Produkt sein, und zwar unabhängig da-von, welcher Vertriebsweg gewählt wird, ob über dieBank, über freie Vermittler, über Makler oder über Ho-norarberater. Am Ende muss der Kunde das beste Pro-dukt erhalten. Das ist in Deutschland leider nicht ge-währleistet. Das hat sehr viel mit den Vertriebswegen zutun. Das hat aber auch sehr viel damit zu tun, welchemBankensektor der jeweilige Berater angehört. Ich glaube,es ist entscheidend, dass wir diesen Punkt angehen.Wir unterhalten uns zu oft über die grauen undschwarzen Schafe auf dem Markt. Wir sollten uns auchdarüber unterhalten, wie die Qualität am Markt insge-samt verbessert werden kann. Dazu werden wir Vor-schläge vorlegen.Vielen Dank.
Das Wort hat die Kollegin Caren Lay von der Frak-
tion Die Linke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-ren! Ich muss mich schon sehr darüber wundern, dassdie Vertreterinnen und Vertreter der Koalition heute derLinken einen Schnellschuss vorwerfen. Wie lange wol-len Sie eigentlich noch warten, bis Sie endlich handeln?Die Lehman-Pleite ist zwei Jahre her, und die zweite Fi-nanzkrise liegt mehrere Monate zurück. Expertinnen undExperten sprechen von der größten Wirtschafts- und Fi-nanzkrise nach dem Zweiten Weltkrieg. Da muss ichmich fragen: Wie lange will die Koalition noch warten,bis sie endlich handelt?
Die Menschen erwarten von uns als Politikerinnenund Politikern, dass wir die Finanzmärkte regulieren unduns mit der Finanzlobby anlegen. Ich bin froh, dass wir,die Linke, die Initiative ergriffen haben.Alle Fraktionen haben inzwischen Anträge und Vor-schläge auf den Tisch gelegt, nur die Koalition lässt aufsich warten. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich bines leid, zum wiederholten Male zu hören, dass einAntrag kommt – entweder vor oder nach der Sommer-pause – und Gesetzentwürfe in irgendwelchen Schubla-ddgsAbb3MBlVfpsasnsbSsvshfeebnnmnSDhLsrtkd
Wir sind es in vielen Bereichen gewohnt, dass die Re-ierung Murks macht und nicht regiert. Aber die Men-chen leiden unter Ihrer Untätigkeit. Viele verlieren ihrerbeit. Viele verlieren ihr Vermögen, so sie welches ha-en. Allein durch schlechte Finanzberatung werden Ver-raucherinnen und Verbraucher jährlich um 20 bis0 Milliarden Euro geprellt.Intransparente Finanzprodukte überschwemmen dieärkte ungehindert, und das immer wieder aufs Neue.anker kassieren Provisionen, wenn sie unbedarften An-egern riskante Finanzanlagen aufschwatzen können.ersteckte Kosten machen nicht einmal vor staatlich ge-örderten Riester-Renten halt. Überhöhte Zinsen bei Dis-okrediten treiben Menschen zunehmend in die Über-chuldung. Schwarz-Gelb schaut sich das alles tatenlosn und schiebt die vielen versprochenen Reformen vorich her.Der Nachholbedarf beim Verbraucherschutz im Fi-anzbereich ist enorm. Die USA haben bereits beschlos-en, eine eigene Verbraucherbehörde einzurichten. Ichetone: die USA, nicht die Sowjetunion.
chweden und Großbritannien haben den Verbraucher-chutz ebenfalls längst wirksam in der Finanzaufsichterankert. Warum soll das in Deutschland nicht möglichein? Auch wir brauchen eine effektive Verbraucherbe-örde für die Finanzmärkte. Es gibt in Deutschland fürast alles eine öffentliche Kontrolle; an Ämtern mangelts uns nun wirklich nicht. Aber gerade an der Stelle, wos dringend nötig wäre, die Märkte im Interesse der Ver-raucherinnen und Verbraucher zu regulieren, tun Sieichts. Sie wollen die Verantwortung auf die Bürgerin-en und Bürger abwälzen, weil Sie Angst haben, sichit der Finanzlobby anzulegen. So sieht es aus.
Meine Damen und Herren, wir brauchen nicht nur ei-en Schutzschirm für die Banken, sondern auch einenchutzschirm für die Verbraucherinnen und Verbraucher.
eshalb sagen wir als Linke: Der Verbraucherschutz ge-ört gesetzlich verankert in die Finanzaufsicht. Wir alsinke haben einige gute Vorschläge gemacht, an denenich die Koalition vielleicht ein Beispiel nehmen könnte.Erstens. Wir wollen eine gute, unabhängige Finanzbe-atung durch professionell ausgebildete Berater.Zweitens. Wir wollen einen Ausbau der Finanzbera-ung bei den Verbraucherzentralen, damit gute Beratungein Privileg der Reichen ist.Drittens. Wir wollen einen TÜV für Finanzprodukte;enn Schrottpapiere gehören nicht auf den Markt. Ich
Metadaten/Kopzeile:
5486 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010
Caren Lay
)
)
weiß nicht, was an dieser Forderung unrealistisch seinsoll. Auch die FDP hat sie bislang erhoben.Über drei Viertel aller Wahlberechtigten sind der An-sicht, dass die Bundesregierung zu wenig für den Ver-braucherschutz im Finanzbereich tut. Ich frage mich: Wo-rauf wartet die schwarz-gelbe Bundesregierung noch?Gefragt sind nicht Zögerlichkeit und Klein-Klein, son-dern entschlossenes Handeln mit Konzept.
Ich erwarte von der Bundesregierung wesentlich mehrMut, Entschlossenheit und vor allen Dingen endlichHandlungen.Vielen Dank.
Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Gerhard Schick
von Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ichmuss sagen: Ich bin es langsam leid, dass in dieser un-aufrichtigen Art und Weise über dieses Thema geredetwird.
Jetzt geben Sie doch einmal zu, dass die Große Koalitiondie entscheidenden Problemfelder bei den Anleger-schutzgesetzen immer ausgespart hat. Deswegen habendie Menschen die Probleme bekommen, über die wirjetzt jeden Tag in der Zeitung lesen. Tun Sie nicht so, alssei es nicht bekannt gewesen, dass den Menschen mitden Zertifikaten völlig intransparente Produkte verkauftwerden und dass der Staat hier regulieren muss. Wir ha-ben das schon 2006, also vor der Finanzkrise, angespro-chen.
Heute tun Sie so, als seien Sie die ganz tollen Anleger-schutzparteien. Sie selber haben es damals abgelehnt, et-was zu tun. Heute hört man: Ja, wir müssen die Anlegerschützen. Geben Sie es zu: Es war bekannt, Sie wolltenes nicht regulieren, und Sie haben die Leute ins finan-zielle Verderben laufen lassen.
Auch die Sozialdemokraten haben mitgemacht, zumBeispiel bei der Umsetzung der Versicherungsvermittler-Richtlinie. 70 Prozent der Vermittler unterliegen nichtden Qualifkationsanforderungen. Sie haben diese 70 Pro-zent damals bewusst ausgespart, weil Sie daran nichts än-dern wollten. Jetzt beklagen Sie lautstark, dass so vieleMenschen eine Fehlberatung erhalten. Daran haben Sieselber Schuld. Geben Sie das zu, und ändern Sie etwas!nkSVzsdHgbMtvdwrsdhzeDtwblöhdgfLdzdPbzzueVs
Ich bin es leid: Wir haben seit eineinhalb Jahren eineeue Verbraucherministerin. Ankündigungen hier, An-ündigungen dort – Verbraucherpolitik ist doch keinhowbusiness. Das gilt auch für Sie, Frau Klöckner.
erbraucherpolitik hat etwas mit dem Setzen von Regelnu tun. Das, was Sie machen, ist eine reine Blubb-Veran-taltung; Sie sind wandelnde Sprechblasen. Ich bin beiem Thema inzwischen wirklich empört.
Das gilt auch für das, was Sie ankündigen.err Flosbach hat gestern angekündigt: Wir setzen einroßes Anlegerschutzkonzept um. – Der zentrale Pro-lembereich der Zertifikate taucht aber nicht auf. Dieenschen werden weiter mit Hunderttausenden schlech-en Zertifikaten überfordert sein und schlechte Produkteorfinden, genauso wie es heute der Fall ist.Zweite Leerstelle. Sie machen nichts bei den gebun-enen Vermittlern. Der Fehler der Großen Koalitionird nicht korrigiert. Das hat mir gerade die Bundes-egierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage be-tätigt. Sie werden es dabei belassen, dass 70 Prozentes Vermittlermarktes aus unqualifizierten Leuten beste-en. Das ist so, als ob Menschen mit Zahnproblemenum Schmied anstatt zum Zahnarzt gingen. Sie belassens bei diesem Zustand. Das ist fatal.
ie Beratungsprotokolle dienen mehr dazu, die Haf-ungsfreistellung für den Berater sicherzustellen. Das,as Sie im Verbraucherministerium bisher gemacht ha-en, ist nicht kundenorientiert. Das ist einfach skanda-s.Ein weiterer Punkt ist der graue Kapitalmarkt. Wiraben uns darüber viele Gedanken gemacht. Schon iner letzten Legislaturperiode haben wir einen Anstoß ge-eben. Es ist gut, dass Sie nun unsere Initiative aufgrei-en. Aber warum lassen Sie wieder die entscheidendenücken offen? So geht es weiter wie bisher. Solange Sieie Platzierungsgarantie und die Treuhänder nicht einbe-iehen, muss man sich auf eine Garantie verlassen, voner nachher nichts mehr da ist. Sie wissen doch, wo dierobleme sind. Das ist doch marktbekannt und politischekannt. Warum tun Sie nichts dagegen?Es ist wirklich empörend, dass Sie hier eine Show ab-iehen, anstatt wirklich etwas gegen die Kernproblemeu tun. Sie haben von einem angemessenen Schutz vornseriösen Beratern gesprochen. Genau das wird nichtrreicht. Wir fordern Sie auf: Tun Sie endlich etwas!om Showbusiness haben die Menschen genug, wennie Zehntausende Euro verlieren, weil die Politik ihre
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5487
Dr. Gerhard Schick
)
)
Hausaufgaben nicht macht. Daran muss sich endlich et-was ändern.Danke.
Das Wort hat der Kollege Ralph Brinkhaus von der
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das war
ein ganz wilder Vortrag, Herr Schick. Ich möchte wieder
ein bisschen Ruhe in die Debatte bringen.
Wir sind uns doch einig, dass bis vor wenigen Jahren im
Bereich des Verbraucherschutzes, insbesondere im Fi-
nanzdienstleistungsbereich, zu wenig getan worden ist.
Da beißt die Maus keinen Faden ab; das ist so. Es muss
etwas getan werden. Die Tatsache, dass wir uns in dieser
Woche das zweite Mal mit diesem Thema befassen und
dass die Regierung in Bälde einen Kabinettsentwurf zum
Anlegerschutz vorlegen wird, zeigt, dass alle Beteiligten
das Thema trotz aller inhaltlichen Differenzen sehr
wichtig nehmen; das ist auch gut so.
Ich möchte mir ersparen, jetzt alle Einzelmaßnahmen
und alle Einzelvorschläge durchzugehen. Ich möchte
vielmehr die Debatte an dieser Stelle nutzen, um einige
grundlegende Dinge zum Verbraucherschutz im Finanz-
bereich mit auf den Weg zu geben.
Verbraucherschutz ist in vielerlei Hinsicht eine Grat-
wanderung.
Er ist zum Ersten eine Gratwanderung zwischen not-
wendiger Regulierung auf der einen Seite und unnötiger
Bürokratisierung auf der anderen Seite. Das Beratungs-
protokoll ist ein schönes Beispiel dafür. Auf der einen
Seite ist es ein sehr nützliches Instrument. Wenn es gut
gemacht wird, schafft es Transparenz für den Anleger
und für den Verkäufer des Produktes. Auf der anderen
Seite hören wir täglich Klagen über den hohen adminis-
trativen Aufwand. Ein anderes Beispiel ist die Einrich-
tung neuer Institutionen wie eines Finanz-TÜVs. Auf
der einen Seite ist er eine gute Idee. Auf der anderen
Seite habe ich immer ein tiefes Misstrauen, wenn wir
eine neue Behörde oder eine neue Institution aufbauen,
weil das Ganze durchaus eine Eigendynamik entwickeln
kann.
Zweite Gratwanderung. Auf der einen Seite produzie-
ren wir durch Verbraucherschutz die Erwartungshaltung
bei den Verbrauchern, es gebe hundertprozentige Sicher-
h
s
P
n
S
o
n
k
c
t
V
s
g
d
d
m
d
P
s
g
u
i
d
t
g
z
f
w
g
W
k
z
L
Ein schönes Beispiel für die Erwartungshaltung des
erbrauchers: Ich hatte neulich jemanden in der Sprech-
tunde, der in ein Hochrisikoprodukt investiert hatte. Ob er
ut oder schlecht beraten war, weiß ich nicht. Er sagte je-
enfalls: Das hätte die BaFin doch sehen müssen; da hätte
ie doch etwas tun müssen. Ich verklage die BaFin. – Da-
it sind wir bei der Vielzahl der Finanzprodukte, die auf
em Markt sind, und der Tatsache, dass man alle diese
rodukte einordnen und kontrollieren müsste. Wir müs-
en uns dieser Gratwanderung bewusst sein und uns fra-
en: Was versprechen wir durch den Verbraucherschutz,
nd was können wir halten?
Ich glaube, in diesen beiden Punkten sind wir uns alle
n diesem Haus durchaus einig. Aber es gibt noch einen
ritten Unterschied. Es ist ein großer, fundamentaler Un-
erschied, der, glaube ich, bei aller Leidenschaft, die Sie
erade für dieses Thema gezeigt haben, Herr Schick,
wischen uns besteht.
Herr Kollege Brinkhaus, erlauben Sie eine Zwischen-
rage des Kollegen Koch von den Linken?
Aber gerne.
Bitte schön.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Brinkhaus, Sie
issen, dass es bei Medikamenten einen Beipackzettel
ibt.
ieso soll es nicht möglich sein, ähnlich wie bei Medi-
amenten, die durch eine Aufsichtsbehörde geprüft und
ugelassen werden, auch für Finanzprodukte eine solche
iste vorzugeben?
War das die Frage?
Metadaten/Kopzeile:
5488 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010
)
)
Das war die Frage, ja.
Vielen Dank. – Wir werden einen solchen Beipackzet-
tel – so nennen wir es tatsächlich – im Finanzdienstleis-
tungsbereich auf den Weg bringen und abwarten, wel-
chen Erfolg das zeitigt. Wenn es keinen Erfolg zeitigt,
dann müssen wir irgendwie regulieren. Darin gebe ich
Ihnen recht.
Ich möchte noch einmal auf den fundamentalen Un-
terschied zurückkommen, und zwar den Unterschied
zwischen Schutz auf der einen Seite und Bevormundung
auf der anderen Seite. Das ist die Gratwanderung beim
Verbraucherschutz.
Meine Damen und Herren, wir von der Union und
auch unsere Freunde von den Liberalen – deswegen ste-
hen wir bei allen hin und wieder auftretenden Differen-
zen den Liberalen viel näher als Ihnen – haben ein frei-
heitliches Menschenbild, das von einem Menschen
ausgeht, dessen Wesen es ist, Entscheidungen zu treffen,
der dann aber auch die Konsequenzen dieser Entschei-
dungen trägt und verantwortet, im Guten und im
Schlechten. Das ist im Übrigen auch der Kern der
Marktwirtschaft, zu der wir stehen.
Verbraucherschutz kann, wenn er gut gemacht ist,
dazu beitragen, diese Entscheidungen zu verbessern. Er
kann dazu beitragen, dass Märkte funktionieren, indem
er vor allen Dingen zwei Punkte einfordert: Transparenz
und faire Regeln.
Wenn Verbraucherschutz allerdings in Entscheidungen
eingreift, indem er den Menschen sagt, was sie zu tun
haben, dann lehnen wir das ab. Denn das ist Bevormun-
dung. Wir Politiker haben nicht das Recht, aus Verbrau-
cherschutzgründen zu sagen: Das ist ein gutes Produkt,
und dies ist ein schlechtes Produkt. Diese Zeiten sind in
Deutschland Gott sei Dank vorbei.
Wir haben diese Diskussion geführt, als es um die
ethische und ökologische Ausrichtung der Finanzmärkte
gegangen ist. Damals habe ich ausführlich dargelegt,
dass wir es uns nicht anmaßen werden, zwischen guten
und schlechten Produkten zu unterscheiden.
Das soll der Markt machen. Der Markt soll diese Ent-
scheidungen treffen.
d
m
o
l
l
s
t
t
b
m
n
g
w
u
E
m
d
W
M
V
M
z
d
D
h
W
a
H
P
e
l
n
N
g
w
Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat
er Kollege Carsten Sieling von der SPD-Fraktion das
ort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!eine Damen und Herren! Herr Kollege Brinkhaus, dieerbraucherpolitik braucht in der Tat ein freiheitlichesenschenbild. Dieser Auffassung sind auch wir als So-ialdemokraten. Ich vermute, die meisten im Hause sindieser Auffassung.
er Unterschied ist aber, glaube ich, was wir unter Frei-eit verstehen und was die Freiheit ausmacht.
enn Sie hier sagen – Herr Brinkhaus hat leider genausorgumentiert, wie auch Sie es hätten ausführen können,err Schäffler –, die Freiheit bestehe darin, dass sich allerodukte auf dem Markt entwickeln können, dann ist dasine einseitige Freiheit.
Hier fehlt es an Freiheit. Es fehlt nämlich an der Mög-ichkeit – das ist der Mangel –, dass die Verbraucherin-en und Verbraucher die gleichen Informationen erhalten.ur dann, wenn die Gleichheit der Ausgangsbedingun-en gegeben ist, ist wahre Freiheit möglich. Das müssenir reparieren.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5489
Dr. Carsten Sieling
)
)
Der Widerspruch besteht darin, zu sagen, man dürfekeine weiteren Beaufsichtigungen durchführen, es be-dürfe keiner behördlichen Blicke darauf.
– Ich bin froh, wenn ich von Ihnen an dieser Stelle soviel Zustimmung bekomme.
Ich verstehe dann allerdings nicht, warum KollegeBrinkhaus hier den Gegensatz zwischen Freiheit unddem, was in den Vorschlägen der Verbraucherpolitikzum Ausdruck kam, beschrieben hat; das ist an dieserStelle nicht sachgerecht.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich kann javerstehen,
dass Sie als regierende Koalition, die hier ein Jahr langAnkündigungen gemacht hat – ich verweise auf Verbrau-cherschutzministerin Aigner; Herr Schäuble hat schonetwas zu Papier gebracht; ich komme darauf gleich –,hier mit Zwischenrufen agieren müssen; schließlich ha-ben sie nichts vorgelegt und nichts zustande gebracht.
Herr Schick hat recht: Wir haben große Eile; es ist al-les viel zu spät. Die Resonanz der Debatte heute Morgenist: Handeln Sie und bringen Sie endlich etwas auf denWeg! Darauf kommt es uns an.
Da es mir wichtig ist, möchte ich an dieser Stelle nocheinmal deutlich machen: Wir brauchen einen Finanz-TÜV. Das heißt aber nicht, dass wir – das ist der Unter-schied zu dem, was im vorliegenden Antrag der Linkengefordert wird – eine neue Behörde brauchen. Wir unter-scheiden uns von den USA auch dadurch, dass wirStrukturen haben, die man für einen Finanz-TÜV nutzenkann. Finanz-TÜV heißt vor allem, dass man von Be-ginn an – vom Produkt über Beratungsprozesse, übri-gens auch über Qualifizierung der Beraterinnen und Be-rater, bis zum Verkauf, inklusive der Haftung; auch HerrFrank Schäffler hat das hier angesprochen; dem stimmeich ausdrücklich zu – für deutliche Veränderungen undklare Regeln sorgt.
wfDWsavWhmIbtdeKvaTmesDBgddEAtssdDBemdBt
as ich in dem Entwurf des Bundesfinanzministers ge-ehen habe, finde ich sehr gut. Umso bedauerlicher ist esllerdings, dass dieser Entwurf wieder in der Schubladeerschwinden musste.
ie ich in der Debatte hier gestern Abend schon gesagtabe, musste dieser Entwurf offensichtlich erst einmalit Minister Brüderle, FDP, abgestimmt werden.
nnerhalb der Koalition werden die notwendigen ver-raucherpolitischen Maßnahmen wieder blockiert.Ich fordere Sie auf: Beeilen Sie sich! Geben Sie rich-ig Gas! Wir müssen schnell zu Ergebnissen kommen. Iniesem Sinne haben wir hier gestern Abend und heuteine gute Diskussion geführt. Jetzt muss nur noch dieoalition endlich einmal handeln. Aber das muss sie aufielen Feldern.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Ich schließe die Aussprache.Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Finanz-usschusses zum Antrag der Fraktion Die Linke mit demitel „Finanziellen Verbraucherschutz stärken – Finanz-ärkte verbrauchergerecht regulieren“. Der Ausschussmpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck-ache 17/1782, den Antrag der Fraktion Die Linke aufrucksache 17/887 abzulehnen. Wer stimmt für dieseeschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltun-en? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen miten Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Fraktioner SPD gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke beinthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zu demntrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Ti-el „Grauen Kapitalmarkt durch einheitliches Anleger-chutzniveau überwinden“. Der Ausschuss empfiehlt ineiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/2335,en Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen aufrucksache 17/284 abzulehnen. Wer stimmt für dieseeschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wernthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist angenom-en mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegenie Stimmen der Fraktion Die Linke und der Fraktionündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der SPD-Frak-ion.
Metadaten/Kopzeile:
5490 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
)
)
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf:Erste Beratung des von den Abgeordneten MemetKilic, Josef Philip Winkler, Katja Dörner, weite-ren Abgeordneten und der Fraktion BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfseines Gesetzes zur Änderung des Aufenthalts-gesetzes
– Drucksache 17/1626 –Überweisungsvorschlag:Innenausschuss
RechtsausschussAusschuss für Arbeit und SozialesAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendAusschuss für Menschenrechte und Humanitäre HilfeAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen UnionNach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für dieAussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wi-derspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so be-schlossen.Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-ner das Wort dem Kollegen Memet Kilic vonBündnis 90/Die Grünen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undKollegen!Die Familie ist die natürliche Grundeinheit der Ge-sellschaft und hat Anspruch auf Schutz durch Ge-sellschaft und Staat.So steht es in Art. 16 der Allgemeinen Erklärung derMenschenrechte.Wir haben einen Gesetzentwurf zum Ehegattennach-zug eingereicht, um die im Jahr 2007 eingeführten Ver-schärfungen aufzuheben. Insbesondere geht es uns umdie Aufhebung des sogenannten Spracherfordernissessowie der Lebensunterhaltssicherungspflicht beim Nach-zug zu Deutschen. Beide Regelungen greifen unverhält-nismäßig in das Recht auf eheliches Zusammenlebenein. Darüber hinaus sind sie diskriminierend. Sie be-nachteiligen nicht nur sozial Schwache sowie solche mitwenig Bildungserfahrung, sondern auch deutsche Staats-angehörige.Für viele Ehegatten ist der Spracherwerb im Auslandkaum möglich, da es etwa an Schulungsmöglichkeitenfehlt oder sie die Kosten für Sprachkurse nicht aufbrin-gen können. Die Neuregelung führt in einigen Fällendazu, dass Eheleute jahrelang voneinander getrennt le-ben müssen; bei anderen kann das Spracherfordernis so-gar ein dauerhaftes Einreisehindernis darstellen.Die Verpflichtung zum Sprachnachweis wurde vonder Großen Koalition damit begründet, dass SprachkurseZwangsehen verhinderten. Belege dafür kann aber nichteinmal die Regierung vorlegen.
ltbwlittuIunsvcgGdUSadbSgdwltzgEgzoZtRhzgdsDbve
Das Spracherfordernis ist auch im Hinblick auf denleichheitsgrundsatz problematisch. Ausgenommen voner Nachweispflicht sind unter anderem Ehegatten vonnionsbürgern sowie Ehegatten von Hochqualifizierten,elbstständigen und Forschern. Benachteiligt werdenlso Ehegatten von deutschen und ausgewählten auslän-ischen Staatsangehörigen.Auch die FDP ist der Ansicht, die Regelung sei pro-lematisch, weil sie auf die Staatsangehörigkeit destammberechtigten und nicht des nachziehenden Ehe-atten abstelle. Darüber hinaus ist auch sie der Meinung,ass die Regelung unverhältnismäßig sei, weil der Er-erb von Sprachkenntnissen für die Ehegatten im Aus-and oft unzumutbar sei. Diese Meinung teilen wir.Die zweite Regelung, die wir aufheben möchten, un-erteilt Deutsche in Bürgerinnen und Bürger erster undweiter Klasse. Heute können die Behörden bei man-elnder selbstständiger Lebensunterhaltssicherung denhegattennachzug zu Deutschen versagen, wenn die Be-ründung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Auslandumutbar ist. Dies soll insbesondere bei Doppelstaatlernder bei Deutschen in Betracht kommen, die geraumeeit im Herkunftsland des Ehegatten gelebt und gearbei-et haben und die Sprache dieses Staates beherrschen.Das heißt, die uneingeschränkte Wahrnehmung desechts auf familiäres Zusammenleben in Deutschland isteute allein den Deutschen möglich, die es sich finan-iell leisten können oder keinen interkulturellen Hinter-rund haben. Mit scheinbar neutralen Vorschriften wer-en insbesondere Deutsche, die nicht ethnisch deutschind, benachteiligt. Das ist nicht hinnehmbar.
ie unterschiedliche Behandlung von deutschen Staats-ürgerinnen und -bürgern nach ethnischer Herkunft undorhergehendem Wohnsitz widerspricht dem Prinzip derinheitlichen deutschen Staatsangehörigkeit.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5491
Memet Kilic
)
)
Wir sollten nicht warten, bis das Bundesverfassungs-gericht oder der Europäische Gerichtshof uns aufgeben,die geltenden Regelungen aufzuheben. Ich bitte Sie, un-serem Gesetzentwurf zuzustimmen, um die Regelungenzum Ehegattennachzug wieder mit unseren Grundrech-ten in Einklang zu bringen.Vielen herzlichen Dank.
Das Wort hat der Kollege Reinhard Grindel von der
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
will nicht bestreiten, dass es in den Kommunen eine
Reihe von Grünen gibt, die in den letzten Jahren in Sa-
chen Integrationspolitik realistische Positionen bezogen
haben. Herr Kollege Kilic, was Sie aber eben geboten
haben, ist altes Multikultidenken.
Das ist eine Politik, die dazu geführt hat, dass Kinder
nicht ausreichend Deutsch sprechen, jugendliche Mi-
granten überdurchschnittlich arbeitslos sind und nichts
wirklich Wirksames gegen Zwangsehen unternommen
wird. Mit dieser Ideologie können wir Parallelgesell-
schaften nicht überwinden. Es ist eine Politik, die das
Nebeneinander zementiert. Das ist eine Politik, die keine
Brücken zum Miteinander baut, so wie wir das wollen.
Sie helfen nicht, sondern in Wahrheit schaden Sie den
Interessen unserer ausländischen Mitbürger.
Es geht um eine schlichte Frage: Was ist eigentlich
falsch daran, wenn ein Ausländer, der nach Deutschland
kommen will, vorher ein klein wenig Deutsch lernt? Was
ist so falsch daran, wenn ein Ausländer ein klein wenig
über unsere Kultur, unsere Gesetze und unseren Le-
bensalltag erfährt?
Es ist nicht so, dass bei den Sprachkursen, etwa in der
Türkei, nur Deutschkenntnisse vermittelt werden. Nein,
die Zuwanderer werden auf ein Leben in Deutschland
vorbereitet.
Was ist falsch daran, wenn eine junge Frau, die in
Deutschland in einer arrangierten Ehe leben soll, neben
der deutschen Sprache auch lernt, dass sie sich gegen ih-
ren Mann wehren kann und es vielfältige Hilfsangebote
gibt? Mit Ihrer Politik erreichen Sie nur, dass die zum
T
f
w
d
m
n
i
O
n
a
e
d
g
m
f
z
n
S
s
w
t
g
g
e
w
a
b
h
A
n
b
c
e
b
ti
E
n
h
k
s
m
k
u
K
Niemand sollte glauben, dass es beim Ehegattennach-
ug keine problematischen Konstellationen gibt. Anstatt
ur vom grünen Tisch aus Ihre Politik zu machen, sollten
ie, wie ich das vor drei Wochen gemacht habe, die Vi-
astelle unseres Generalkonsulats in Istanbul besuchen,
o hochprofessionelle Mitarbeiter des Auswärtigen Am-
es über Jahre hinweg eine ausgesprochen schwere Auf-
abe hervorragend meistern. Reden Sie mit den vorwie-
end weiblichen Mitarbeitern des Auswärtigen Amtes;
s sind meistens Frauen, die diese Aufgabe erfüllen. Sie
erden Ihnen sagen, dass es bei 30 Prozent der Anträge
uf Ehegattennachzug keinerlei Bedenken gibt und diese
ewilligt werden. In 70 Prozent der Fälle sehen diese
ochprofessionell arbeitenden Mitarbeiterinnen einen
nlass für eine intensive Nachprüfung, ob es sich um ei-
en korrekten Visaantrag handelt.
Erkundigen Sie sich, mit welchen Fällen diese Mitar-
eiterinnen zu tun haben. Es kommen 14-jährige Mäd-
hen an, deren Eltern kurz zuvor beim örtlichen Gericht
ine Korrektur der Angaben erwirkt haben, was das Ge-
urtsdatum anbelangt. Diese Mädchen sind völlig verängs-
gt. Sie können keine Auskünfte über ihren zukünftigen
hemann geben. Sie brauchen Hilfe. Die Mitarbeiterin-
en der Visastelle haben mir gesagt, das Einzige, was
elfe, seien ein Altersbestimmungstest durch eine Finger-
nochenanalyse und der Nachweis von Deutschkenntnis-
en vor dem Ehegattennachzug. Angesichts eines zutiefst
enschlichen Problems klingt das ausgesprochen büro-
ratisch – das ist wahr –, aber es hilft den jungen Frauen,
nd darauf kommt es an.
Herr Grindel, erlauben Sie eine Zwischenfrage desollegen Kilic?
Metadaten/Kopzeile:
5492 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010
)
)
Selbstverständlich.
Bitte schön.
Herr Kollege Grindel, stimmen Sie mir zu, dass es be-
reits seit 1996 auf europäischer Ebene eine Regelung
gibt, die besagt, dass Verlobte oder frisch verheiratete
Menschen getrennt voneinander angehört werden, um zu
überprüfen, ob eine richtige Ehe vorliegt oder nicht?
Was wollen Sie, auch wenn es solche dramatischen Fälle
gibt, mit zusätzlichen Regelungen erreichen? Es gibt
diese dramatischen Fälle, und auch wir wollen helfen.
Aber ein vorheriger Sprachkurs ist nicht das richtige
Mittel. Das führt dazu, dass Menschen, die nicht in der
Lage sind, die Sprache zu erlernen, außen vor bleiben
und leiden.
In diesem Sommer habe ich in Ankara eine Frau be-
gleitet. Sie hat ein minderjähriges Kind. Dieses Kind
stand in der Nacht auf und schrie nach dem Papa. Der
Papa will eine Familienzusammenführung, die Mama
auch. Die Mama ist langsam am Ende ihrer psychischen
Kraft. Diese Fälle gibt es auch.
Ja, diese Fälle gibt es. Aber wenn das so dramatischist, kann Papa ja auch zu Mama ziehen. Es muss ja nichtumgekehrt sein. Damit fängt es schon mal an.
– Das ist nicht zynisch, Frau Haßelmann. Man kann jaauch, wenn man die Frau bei ihrem Umzug nachDeutschland unterstützen möchte, dafür sorgen, dass siein einem Goethe-Institut Deutschkenntnisse vermitteltbekommt. Es ist nicht so, wie Herr Kilic sagt, dass, etwain der Türkei, Sprachkurse nicht flächendeckend ange-boten werden. Genau das Gegenteil ist der Fall. WennSie, wie ich es vor drei Wochen getan habe, mit Mitar-beitern der Goethe-Institute sprechen würden, dannwüssten Sie das ganz genau.Aber Ihre Frage zielte ja auf einen anderen Punkt. Wirhaben natürlich – das ist doch die Erfahrung – großeNachweisschwierigkeiten, wenn es um Zwangsehengeht. Es gelingt manchmal, insbesondere durch enga-gierte Mitarbeiter der hiesigen Ausländerbehörden inDeutschland; aber es ist schwer. Es macht großen Sinn,wenn Sie einmal zum Beispiel mit den Experten in Neu-kölln sprechen würden. Die sagen Ihnen, dass es fürviele sehr islamistisch und konservativ geprägte Fami-lien ein Problem ist, zu wissen, dass die junge Frau, dienach Deutschland kommt, potenziell in der Lage ist, sichzu wehren, weil sie einigermaßen Deutsch beherrschtund um ihre Rechte weiß. So kann sie nicht in eine Pa-rallelgesellschaft eingesperrt werden. Wenn wir eineZwangsehe nicht schon vorher verhindern können, weilwir Nachweisprobleme haben, dann geben Sie doch bittedswvSlEndaendwvtsruDdDrevsmdAhAFmEuehgwBHWihlrdK
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5493
)
Herr Grindel, kommen Sie zum Schluss.
Wir bauen Brücken der Verständigung, und diese
Politik werden wir fortsetzen, weil sie im Sinne der Inte-
gration richtig ist.
Herzlichen Dank.
Das Wort hat der Kollege Rüdiger Veit von der SPD-
Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren Kollegen! Herr Grindel, Sie haben recht: Wirsollten aufeinander zugehen. Das vermeidet Missver-ständnisse, trägt zur Klärung bei und liegt nicht nur imInteresse des Verhältnisses zwischen deutschen und aus-ländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, sondern ge-legentlich vielleicht auch im Interesse von Abgeordnetendieses Hauses, wenn sie unterschiedlichen Fraktionenangehören.
Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Der Gesetzent-wurf der Grünen deckt sich sowohl in seinen gesetzli-chen Implikationen als auch in seiner Begründung – dasgilt auch für das, was der Kollege Kilic gesagt hat – voll-inhaltlich mit meinen persönlichen Vorstellungen; umdas klar und deutlich am Anfang zu sagen. Die SPD-Fraktion beurteilt einen Punkt – Stichwort: Sprach-erwerb im Ausland vor Ehegattennachzug – ein bisschendifferenzierter; darauf komme ich vielleicht noch zu-rück, wenn meine Redezeit reicht.Ich möchte bestätigen, und zwar in etwas drastische-ren Worten, als es der Kollege Kilic getan hat: Unser Fa-milienzusammenführungsrecht ist mit Wertungswider-sprüchen behaftet und zum Teil diskriminierendenInhalts. Diese Widersprüche müssen endlich einer Über-prüfung unterzogen und ausgeräumt werden.
Nicht nur Sie, Herr Kollege Grindel, sondern auch dieAbgeordneten der Oppositionsfraktionen werden wahr-scheinlich jetzt wie damals sagen
– ich komme noch dazu –:
Wz–gDWufsfmvtDzWZdDigFMgrIngfuMalDRDdwrmsss
Herr Kollege Wolff, die Wiederholung ist ein wichti-es pädagogisches Instrument.
eswegen wiederhole ich es für Sie gerne noch einmal:ir haben immer gesagt: Im Zuge einer Gesamteinigungnd vor allen Dingen im Rahmen einer gesetzlichen Alt-allregelung, die vielen langjährig hier Geduldeten eineichere Perspektive geboten hat, sind wir bereit, diesenür uns in diesem Punkt sogar sehr schwierigen Kompro-iss mitzutragen. Es gab damals aus unseren Reiheniele Erklärungen zur Geschäftsordnung, Stimmenthal-ungen, Gegenstimmen und Redner, die gesagt haben:en Punkt des Spracherwerbs vor dem Ehegattennach-ug halten wir für falsch. – Das ist aber nicht der einzigeertungswiderspruch.Lassen Sie mich die Widersprüche einmal aufzählen.unächst einmal gibt es Deutsche zweierlei Klassen: die,ie Geld haben, und die, die kein Geld haben.
enen, die kein Geld haben oder die für die Bestreitunghres Lebensunterhalts auf staatliche Unterstützung an-ewiesen sind, kann im Ausnahmefall gesagt werden:amilienzusammenführung nicht hier in Deutschland.acht das woanders. Wir machen das nicht mit. – Dasibt es.Zweiter Widerspruch. Von bestimmten Staatsangehö-igen verlangen wir keinen Spracherwerb im Ausland.
ch bezeichne das immer gerne als die sogenannte Japa-er-Klausel. Aber es geht nicht nur um Japaner. Eineanze Reihe anderer Nationen ist davon ebenfalls betrof-en: Israelis, Australier, Neuseeländer, Südkoreanersw., usf. Kurzum, es gibt eine sehr große Gruppe vonenschen, denen gesagt wird: Bei euch spielt die Staats-ngehörigkeit desjenigen, den ihr nach Deutschland ho-en wollt, im Hinblick auf die Frage, ob er vorhereutsch können muss oder nicht, keine entscheidendeolle.
as ist die zweite Diskriminierung, die wir immer wie-er festgestellt haben und die nach wie vor nicht über-unden ist.Jetzt komme ich zum dritten Fall von Diskriminie-ung – er ist noch nicht der letzte –: zur Inländerdiskri-inierung. Erklären Sie einmal einem Deutschen, dereinen Ehegatten nach Deutschland holen will, dass die-er hier erst nach 24 Monaten arbeiten darf, währendein italienischer Nachbar – der Nachbar könnte auch
Metadaten/Kopzeile:
5494 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010
Rüdiger Veit
)
)
eine andere EU-Staatsbürgerschaft haben – dieses Vor-haben problemlos sofort ins Werk setzen kann, spätes-tens jedenfalls nach 12 Monaten. Erklären Sie doch ein-mal deutschen Staatsbürgern, die davon betroffen sind,warum für sie eine Frist von 24 Monaten gilt, für andereEU-Staatsbürger aber eine Frist von nur 12 Monaten.Letzter Widerspruch. Erklären Sie bitte einmal einemdeutschen Staatsangehörigen, der eine Familienzusam-menführung anstrebt, dass er erst einmal dafür sorgenmuss, dass sein Ehegatte, der nach Deutschland einrei-sen möchte, zuvor im Ausland zumindest rudimentäresDeutsch erlernt, während ein EU-Staatsbürger, der sichbei uns in Deutschland aufhält, von solchen Erfordernis-sen völlig befreit ist.
Nach dem sogenannten Metock-Urteil, das auch IhrerAufmerksamkeit nicht entgangen sein dürfte, ist das so.
Deswegen, Herr Kollege Grindel, haben wir zu Zeitender Großen Koalition – ich weiß noch genau, in wel-chem Raum wir gesessen haben – zum damaligen Innen-minister Wolfgang Schäuble und zu Ihnen gesagt: Wasmachen wir jetzt eigentlich? Spätestens nach dieserRechtsprechung des EuGH müssen wir unser deutschesRecht doch endlich ändern. Diese Form der Inländerdis-kriminierung darf nicht fortbestehen. Ihre Antwort da-mals war: Dann müssen wir dafür Sorge tragen, dass dieVorschriften auf europäischer Ebene so geändert werden,dass der EuGH gezwungen ist, anders zu entscheiden.
Die Antwort kann und muss man eigentlich ganz an-ders geben. Man muss klar und deutlich sagen: Diese be-sondere Form der Inländerdiskriminierung gehört end-lich aufgehoben.
Nun will ich Ihnen sagen – ich habe das angedeutet –:Es gibt auch in unseren Reihen Kollegen, die sagen, un-ter Integrationsgesichtspunkten ist an dem vorherigenSpracherwerb im Ausland vielleicht sogar etwas dran.Das ist nicht meine Position. Ich glaube auch nicht, dassdies die Position der Mehrheit meiner Fraktion ist. Aberes gibt durchaus ehrenwerte Gründe.Eines jedoch, Herr Kollege Grindel, gilt mit Sicher-heit nicht – das war 2007 falsch; das war 2008 falsch, alswir darüber geredet haben; das war 2009 falsch, und dasist 2010 falsch –: Ich kenne keinen einzigen Beleg, nochnicht einmal eine Andeutung in einer wissenschaftlichenUntersuchung mit empirischem Material, dass vorheri-ger Spracherwerb im Ausland ein sicheres Mittel gegenarrangierte und Zwangsehen, insbesondere mit Türkin-nen, sei. Das gibt es nach meiner Kenntnis nicht.lnlsreuazürpwadiknaszdhfnmBgHdÄaVDgsehEhwa
Es wird ausgesprochen spannend sein, sich den Eva-uierungsbericht der Bundesregierung in dieser Hinsichtäher anzuschauen. Ich hätte von Ihnen erwartet – viel-eicht kann das noch auf andere Art und Weise ge-chehen –, dass mitgeteilt wird, wann dieser Evaluie-ungsbericht vorliegt. Denn wenn er da ist, werden wirinschätzen können, ob das Material, die Erfahrungennd die Schlussfolgerungen zutreffend sind, ob sie unsusreichen, um gesetzliche Änderungen ins Werk zu set-en. Ich würde mir das jedenfalls wünschen.Wenn das nicht der Fall sein sollte, dann sollten wirberlegen, ergänzend dazu eine Sachverständigenanhö-ung im Innenausschuss durchzuführen, was den Kom-lex Familienzusammenführung angeht. Sinnvoller-eise warten wir aber zunächst den Evaluierungsberichtb. Daraus ist dann der gesetzgeberische Handlungsbe-arf abzuleiten – hoffentlich auch mit Ihrer Hilfe. Dennn erster Linie erhoffe ich mir von einer fachlichen Dis-ussion, von dem Evaluierungsbericht und der gegebe-enfalls dann noch durchzuführenden Anhörung, dassuch Sie, die Sie bisher Anhänger der unbelegten Theseind, Spracherwerb im Ausland vor dem Ehegattennach-ug sei ein Mittel gegen Zwangsehe, einsehen werden,ass es sich dabei um einen Fehler, um einen Irrglaubenandelt.Dann muss aber gelten, dass Regelungen, die besten-alls überflüssig sind – ich sage, sie sind auch diskrimi-ierend –, abgeschafft werden sollten. In diesem Zusam-enhang erinnere ich an Ihr Schlusswort, in dem Sie denundespräsidenten mit den Worten zitiert haben, es seiut, aufeinander zuzugehen. Ich jedenfalls werde dieoffnung darauf nicht aufgeben.Danke sehr.
Das Wort hat jetzt Herr Kollege Hartfrid Wolff voner FDP-Fraktion.
Hartfrid Wolff (FDP):Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit dernderung des Aufenthaltsgesetzes 2007 durch die Ko-lition aus Union und SPD wird von Personen, die einisum zum Zwecke des Ehegattennachzugs nacheutschland beantragen, die Fähigkeit zur Verständi-ung in deutscher Sprache auf einfache Art verlangt.Bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben hatich hinsichtlich des Erwerbs und des Nachweises derrforderlichen Sprachkenntnisse allerdings eine Praxiserausgebildet, die die Antragsteller vor zusätzliche, ininzelfällen auch unzumutbare Härten stellt. Dazu ge-örte nach Berichten vieler Organisationen zum Nach-eis von Sprachkenntnissen der ausschließliche Verweisuf Kurse und Prüfungen der Goethe-Institute. Noch zu
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5495
Hartfrid Wolff
)
)
Zeiten der SPD-CDU/CSU-Regierung wurden nur inAusnahmefällen auch andere Sprachzertifikate als dasSprachzertifikat Start Deutsch 1 des Goethe-Instituts an-erkannt.Die FDP hat diese Regelung auch deshalb kritisiert,weil nicht in allen Ländern Goethe-Institute existierenund es auch nicht zumutbar ist, dass Antragsteller Hun-derte von Kilometern von ihrem Wohnort entfernt bis zudrei Monate dauernde Sprachkurse absolvieren müssen.Sie können in dieser Zeit weder ihrer Erwerbstätigkeitnachgehen noch verfügen sie dort, wo der langmonatigeSprachkurs stattfindet, über eine ständige Unterkunft.
Eine regelmäßige Teilnahme an einem Sprachkurskann unter solchen Umständen unzumutbar sein. Eineeinmalige Teilnahme an einer Sprachstandserhebungkann dagegen auch bei einem gewissen Aufwand durch-aus zumutbar sein, weil dadurch die Erlaubnis der Ein-reise nach Deutschland im Rahmen des Ehegattennach-zugs erworben wird. Deshalb muss es möglich sein,einen entsprechenden Sprachnachweis auch ohne Kurs-teilnahme, dann, wenn die Sprachkenntnisse auf ande-rem Weg erworben wurden, zu erbringen. Wichtig ist,dass die sprachliche Qualifikation verlässlich erhobenwird.
– Wir sind ja gerade in Gesprächen in dieser Richtung,lieber Kollege, und das wissen Sie auch.Ein Problem entstand zudem – darauf haben einigeVorredner durchaus richtig hingewiesen – aus der Privi-legierung nichtdeutscher Bürger. Unionsbürger müssenkeine Sprachkenntnisse vorweisen – so weit okay. Auchmöglicherweise vorhandene Familienangehörige ausNicht-EU-Staaten benötigen beim Familiennachzug zuin Deutschland lebenden Unionsbürgern keine Sprach-kenntnisse. Diese Ungleichbehandlung zu Deutschenführt im Ergebnis zu Ehen erster und zweiter Klasse. DieEhen zweiter Klasse sind übrigens diejenigen von hierlebenden Deutschen.
Anstatt beim Nachweis der Deutschkenntnisse auf dieStaatsangehörigkeit desjenigen abzuheben, der seinenEhegatten in die Bundesrepublik nachholen möchte, ha-ben wir 2007 vorgeschlagen, im Sinne der Gleichbe-handlung unter Berücksichtigung der Rechtsprechungdes Europäischen Gerichtshofs auf die Staatsangehörig-keit des nachziehenden Ehegatten abzuheben. EbensofrdwlldrassDzigfdeMnueGGawvFdwtdbhDuvaa
amit werden Sie – wie immer bei solchen Vorschlägenur Migrationspolitik – die Akzeptanz von Ausländernn Deutschland erschweren, indem Sie falsche Erwartun-en wecken und statt Engagement nur Anspruchsdenkenördern.
Die FDP hat hingegen mit der Union vereinbart, dassie Probleme, die aus der Nachzugsregelung von 2007ntstanden sind, behoben werden sollen. Wir wollen dieöglichkeiten verbessern, im Ausland Deutsch zu ler-en,
nd wir wollen den Sprachnachweis organisatorisch ver-infachen. Dabei soll vor allem auch das Monopol deroethe-Institute hinterfragt werden.Lieber Herr Kollege Kilic, weil Sie immer wieder dasrundgesetz bemühen, noch ein Wort zu Ihrem Verweisuf Art. 6 Grundgesetz: Auch wenn es die Grünen nichtirklich wahrhaben wollen, ist Art. 6 des Grundgesetzeson den Vätern und Müttern des Grundgesetzes nie alsreibrief für unkontrollierte und bedingungslose Zuwan-erung nach Deutschland gedacht gewesen. Bis heuteird er von der Rechtsprechung auch nicht so interpre-iert.Familiennachzug sollte zudem vor allem bedeuten,ass im Rahmen der Zuwanderung bestehender Familienei Integrationsbereitschaft eine Zuzugsmöglichkeit er-alten bleiben soll.
er Familiennachzug greift nicht für die systematischend von Großfamilienclans organisierte Verheiratungon Zuwanderern oder Zuwandererkindern mit Partnernus dem Herkunftsland. Dies ist auch mit dem Grund-nliegen von Art. 6 Grundgesetz nicht vereinbar.
Metadaten/Kopzeile:
5496 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010
Hartfrid Wolff
)
)
Die Grünen verwenden jeden beliebigen Vorgang ausder Zuwanderungspolitik als Vorwand, um einer unge-steuerten Zuwanderung das Wort zu reden.
Wachsende Belastungen für die sozialen Sicherungssys-teme – Sie fordern ja noch nicht einmal eigenständigeLebensverhältnisse – und ansteigende Ausländerfeind-lichkeit scheinen Sie nicht wirklich zu berühren, Sienehmen sie sogar billigend in Kauf.
Wir Liberale haben mit der Union eine Steuerung derZuwanderung nach zusammenhängenden, klaren, trans-parenten und gewichteten Kriterien vereinbart.
Wir wollen eine Kultur des Willkommens, die keine fal-schen Versprechungen auf Kosten anderer Leute macht,sondern Chancen und Perspektiven für diejenigen eröff-net, die eben nicht nur, territorial betrachtet, nachDeutschland kommen, sondern auch mit ihrer Kultur inunserem Land und unserer Gesellschaft mit unserenGrundwerten ankommen wollen.Wir halten es nicht für unzumutbar, Deutsch zu ler-nen. Anders als Grüne oder Linke halten wir Zuwande-rer nicht für bemitleidenswerte und unfähige Menschen,denen nur mit Nachsicht oder Sozialhilfe begegnet wer-den kann und die auf Generationen hinaus mit dem Ma-kel des Migrationshintergrunds stigmatisiert werden.
Positives Denken ist an dieser Stelle erforderlich. Wirbrauchen eine Kultur der Anerkennung für diejenigen,die es geschafft haben. Wir halten integrierte Zuwande-rer mit ihren Erfahrungen und ihrer Kultur für eine großeBereicherung unserer Gesellschaft. Wir beglückwün-schen diejenigen, die dies erfolgreich geschafft und sichhier integriert haben. Sie können stolz auf ihre Leistungsein, und wir sind dankbar und stolz, dass sie sich fürDeutschland entschieden haben.
Das Wort hat die Kollegin Ulla Jelpke von der Frak-
tion Die Linke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Meine Damen und Herren! Herr Wolff, ich muss schonsagen: Es ist ziemlich zynisch, dass Sie ausgerechnetdMLwwgRbwttGDdamatkedhiFmsDnipsladgEgKbkdmn
Ich will Ihnen ganz deutlich sagen: Natürlich ist dieinke dafür, dass die deutsche Sprache erlernt wird, aberir sagen genauso wie die Grünen in ihrem Gesetzent-urf, dass das viel besser und leichter in Deutschlandeschehen kann. Deswegen treten wir dafür ein, dass dieegelung, dass man die deutsche Sprache erlernen muss,evor man hier einreisen kann, schnellstens aufgehobenird; denn das ist in der Tat eine Schikane für die Be-roffenen insgesamt.
Die Linke hatte bereits zu diesem Thema einen An-rag eingebracht. Wir begrüßen den Gesetzentwurf derrünen, der in die richtige Richtung geht. Die Fraktionie Linke hat damals wie heute gesagt – ich wiederholeas hier –, dass diese Regelung zutiefst familien- undusländerfeindlich ist und deswegen abgeschafft werdenuss.
Die Folgen des Gesetzes, das die Union und leideruch die SPD 2007 beschlossen haben, sind für die Be-roffenen in der Tat spürbar. Unmittelbar nach dem In-rafttreten dieser Neuregelung ist die Zahl der Visa fürine Familienzusammenführung erheblich gesunken. Anie CDU gerichtet, die den Begriff der Familie ja immerochhält: Man wundert sich wirklich sehr über das „C“n Ihrem Namen, wenn man beobachten muss, wie dieamilienpolitik in diesem Bereich auf den Hund gekom-en ist.Auch aufgrund der letzten Zahlen muss man deutlichagen, dass sich der Abwärtstrend nicht verändert hat.ie Zahl der Familienzusammenführungen liegt heuteoch immer unter der von 2006, obwohl die CDU/CSUmmer behauptet hat, das werde sich schnell wieder ein-endeln.Dass Sprachkenntnisse nachgewiesen werden müs-en, bedeutet im günstigsten Fall, dass der im Auslandebende Partner erhebliche Mühen und vor allen Dingenuch Kosten – das ist hier noch gar nicht genannt wor-en – auf sich nehmen muss, um diesen Sprachtest able-en zu können.
s stimmt eben nicht, dass es überall Goethe-Instituteibt. Ich kenne Menschen, die wochenlang Hunderte vonilometern fahren und übrigens auch viel Fahrgeld auf-ringen mussten, um diesen Sprachtest absolvieren zuönnen.Die Analphabeten sind hier schon angesprochen wor-en. Man muss hier meiner Meinung nach sehr deutlichachen – das wurde ja auch im Gesetzentwurf der Grü-en berücksichtigt –: Es reicht eben nicht aus, nur auf
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010 5497
Ulla Jelpke
)
)
eine Härtefallregelung zu setzen, Herr Wolff. – Ich habein der Tat die Hoffnung, dass das Bundesverfassungs-gericht und der Europäische Gerichtshof eine Rechtspre-chung finden, mit der sie den Betroffenen gerecht wer-den; denn im Grunde genommen machen Sie es denbetroffenen Menschen unmöglich, in Deutschland eineEhe zu führen oder ein glückliches Familienleben zu ha-ben.Mit dem Gesetz von 2007 zielten Sie von Anfang andarauf ab, bestimmte soziale Schichten möglichst aus-zuschließen. Wie sollen Menschen mit einem nur gerin-gen Einkommen, die womöglich in Gegenden leben, indenen sie keine Arbeit finden und in denen es keineSchulen gibt, überhaupt einen Deutschkurs besuchenund absolvieren? Es sollen nur noch Besserbetuchtekommen dürfen, die eine höhere Bildung haben und denhiesigen Arbeitsmarktbedürfnissen entsprechen.Herr Grindel, Sie sprechen immer davon, dass da-durch Zwangsehen bzw. Zwangsverheiratungen verhin-dert werden. Dafür haben Sie heute wieder keinen Beleggebracht.
Ich sage Ihnen: Sie können es allenfalls erschweren, dassMenschen, die zwangsverheiratet wurden, nach Deutsch-land kommen, verhindert haben Sie Zwangsheirat da-durch aber nicht.
Wie gesagt: Den Beweis sind Sie schuldig geblieben.Eines noch zum Schluss. Ich finde es wirklich er-schütternd, wie hier mit dem Thema Familienzusam-menführung umgegangen wird. Ich hoffe nur, dass derEuropäische Gerichtshof und das Bundesverfassungsge-richt diese Regelung, die wir für verfassungswidrig hal-ten, endgültig zu Fall bringen.Danke.
Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat
der Kollege Stephan Mayer von der CDU/CSU-Fraktion
das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen!Sehr geehrte Kollegen! Die Fußballweltmeisterschafttritt in die heiße Phase ein, und ich persönlich finde essehr erfreulich, dass man, wenn man in Deutschlanddurch die Städte geht, an immer mehr Fahrzeugen diedeutsche Flagge sieht. Dies zeugt von einem aufgeklär-ten, von einem modernen Patriotismus: Man ist auf daseigene Land stolz, aber würdigt andere Länder, andereNationen nicht herab.nsdMdvfBsMCdhaDaGbGlEdisdsopklwGkvwaczsagnsm
Weshalb ist der Gesetzentwurf integrationsfeindlich?s ist, glaube ich, nicht zu bestreiten, dass das Erlernener deutschen Sprache die Grundvoraussetzung dafür ist,n Deutschland Fuß fassen zu können, sich in die deut-che Gesellschaft integrieren zu können. Das Erlernener deutschen Sprache ist die entscheidende Stell-chraube bei der Frage,
b es gelingt, sich in Deutschland beruflich und auchrivat etablieren zu können, auch sozial aufsteigen zuönnen. Deswegen ist es gerade nicht integrationsfeind-ich, sondern integrationsfördernd, dass von nachzugs-illigen Ehegatten erwartet wird, dass sie zumindestrundkenntnisse der deutschen Sprache nachweisenönnen, bevor sie nach Deutschland einreisen.
Es wird ja von den nachzugswilligen Ehegatten nichterlangt, dass sie perfekt Deutsch können, sondern esird erwartet, dass sie sich in einfacher Art und Weiseuf Deutsch artikulieren können und in Deutsch ausdrü-ken können. Das ist nun einmal die Grundvorausset-ung dafür, in Deutschland einkaufen gehen zu können,ich mit Freunden unterhalten zu können und natürlichuch beruflich in Deutschland Fuß fassen zu können.Deswegen war es richtig, meine sehr verehrten Kolle-innen und Kollegen, dass diese Regelung 2007 aufge-ommen wurde. Herr Kollege Veit, ich bedauere es per-önlich, dass Sie sich jetzt hier wieder vom Ackerachen, indem Sie hier behaupten – ich persönlich
Metadaten/Kopzeile:
5498 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 52. Sitzung. Berlin, Freitag, den 2. Juli 2010
Stephan Mayer
)
)
glaube das gar nicht –, dass mittlerweile der Großteil Ih-rer Fraktion diese Regelung so nicht mehr unterstützt.Sie sind hier 2007 wirklich über Ihren Schatten gesprun-gen und haben einer meines Erachtens außerordentlichvernünftigen und sachgerechten Lösung zugestimmt. Ichwürde mich wirklich freuen, wenn sich die Fraktion derSozialdemokraten auch in Zukunft weiterhin dieser ver-nünftigen Regelung anschließt und hier weiterhin bei derStange bleibt.Meine sehr verehrten Damen und Herren, weshalb istdiese Regelung frauenfeindlich? Sie ist deshalb frauen-feindlich, weil es unser aller Anliegen sein muss, dassnachzugswillige Ehegatten, die nach Deutschland kom-men wollen, so gestellt werden, dass sie selbstbewusst,eigenständig ihr Leben in Deutschland gestalten können.Ich sage ganz offen: Was bringt es uns, dass wir Sorgen-telefone eingerichtet haben, dass wir Bürgersprechstun-den anbieten für Frauen mit Migrationshintergrund, diein ihrer Familie geknechtet werden, die zum Teil übelbehandelt werden, die einfach ihre Freiheitsrechte nichtwahrnehmen können? Es bringt alles nichts, wenn esnicht gelingt, diese Frauen so zu stellen, dass sie sich inDeutschland ausdrücken können, dass sie in Deutsch-land auch Sorgentelefone anrufen können, Bürger-sprechstunden aufsuchen können, um ihre Probleme dar-stellen zu können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin sehrfroh, dass das Bundesverwaltungsgericht mit seinem Ur-teil vom 30. März dieses Jahres deutlich gemacht hat,dass die Regelung, die wir zusammen mit den Sozialde-mokraten 2007 getroffen haben, sowohl verfassungsge-mäß als auch europarechtskonform ist. Ich möchte nichtnegieren, dass es durchaus Verbesserungsbedarf gibt. Ichbin dem Kollegen Wolff auch für seinen Hinweis dank-bar, dass wir uns im Koalitionsvertrag darauf verständigthaben, die Sprachtests und die Sprachkurse nicht nur zuevaluieren, sondern auch auf Defizite hin zu untersu-chen.Ich möchte es gar nicht negieren: Es gibt Defizite. Esist teilweise wirklich zu bürokratisch, im AuslandDeutsch zu lernen. Teilweise sind die Hürden zu hoch,wenn es darum geht, einen Sprachtest ablegen zu kön-nen. Die Monopolstellung, die das Goethe-Institut hat,ist schon angesprochen worden. Ich sage Ihnen an dieserStelle zu: Wir werden alles dafür tun, dass es in Zukunftorganisatorisch einfacher wird, den Nachweis derDeutschkenntnisse im Ausland zu erbringen. Dies ist einAnliegen der christlich-liberalen Koalition, und demwerden wir auch gerecht werden.
Mit dem Gesetzentwurf der Grünen soll auch die Le-bensunterhaltssicherungsklausel zur Disposition gestelltwniszimitdWsDsfswksIGlDwnaioudBz7
eswegen wird ihm Ablehnung zuteilwerden.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
urfs auf Drucksache 17/1626 an die in der Tagesord-
ung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
nderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
st die Überweisung so beschlossen.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.
Die gemeinsame Sitzung des Deutschen Bundestages
nd des Bundesrates gemäß Art. 56 des Grundgesetzes
er Bundesrepublik Deutschland zur Vereidigung des
undespräsidenten findet um 13 Uhr statt.
Schon jetzt weise ich darauf hin, dass die nächste Sit-
ung des Deutschen Bundestages am Mittwoch, dem
. Juli 2010, 13 Uhr, stattfindet.
Die Sitzung ist geschlossen.