Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 143. Sitzung des Deutschen Bundestags und bitte um Ihre Aufmerksamkeit für die Bekanntgabe der Namen der entschuldigten Abgeordneten.
Entschuldigt sind die Abgeordneten Dr. Schäfer, Dr. Preller, Dr. Mühlenfeld, Vesper, Dr. Hamacher und Gockeln. Es sucht für längere Zeit um Urlaub nach der Abgeordnete Dr. Semler für sechs Wochen wegen einer Studienreise.
Ich darf annehmen, daß Sie den Urlaub des Herrn Abgeordneten Dr. Semler genehmigen. — Das ist der Fall.
Ich begrüße in unserem Kreis den für den verstorbenen Abgeordneten Leddin gewählten Herrn Abgeordneten Franke. Ich hoffe, daß er in unserem Kreise eine gute und segensreiche Arbeit leisten kann, und wünsche ihm dazu vollen Erfolg.
Weiter begrüße ich in unserem Kreise die für den Abgeordneten Nuding in den Bundestag eingetretene Frau Abgeordnete Strohbach und wünsche ihr für ihre Arbeit Erfolg.
Entsprechend der Übung des Hauses werden die übrigen amtlichen Mitteilungen ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Herr Bundeskanzler hat unter dem 18. Mai 1951 zum Beschluß des Deutschen Bundestages in seiner 117. Sitzung am 14. Februar 1951 betreffend Maßnahmen zugunsten der Wirtschaft bei Ausfall tschechoslowakischer Kohle berichtet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 2262 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 30. April 1951 im Nachgang zu seinem Schreiben vom 23. Mai 1950 zu der Anfrage Nr. 72 der Fraktion der FDP betreffend Rückerstattungspflicht von Fürsorgeaufwendungen (Drucksache Nr. 896) berichtet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 2266 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister für Wirtschaft hat unter dem 18. Mai 1951 die Anfrage Nr. 186 der Fraktion der FDP betreffend Papierlieferungen für die Besatzungsmacht beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 2267 vervielfältigt.
Meine Damen und Herren! Zur heutigen Tagesordnung darf ich auf Grund der Besprechungen im Ältestenrat folgendes mitteilen:
Wir hatten vorgesehen, daß die Tagesordnung, die gestern nicht erledigt werden konnte, heute fortgesetzt werden sollte. Im Ältestenrat ist eine Verständigung darüber herbeigeführt worden, daß der nicht erledigte Punkt 7 der gestrigen Tagesordnung, nämlich die zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950, Einzelpläne IV und IV b, nicht heute, sondern zusammen mit den übrigen anstehenden Haushaltsberatungen der heutigen Tagesordnung am nächsten Donnerstag in einer Sitzung erledigt werden sollen, in der ausschließlich Haushaltsangelegenheiten auf der Tagesordnung stehen.
Wir haben die Aufgabe, heute in der Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes, die gestern unterbrochen wurde, fortzufahren. Weiterhin sind die Punkte 9 und 10 der gestrigen Tagesordnung, nämlich die Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Erhöhung der Renten in der Sozialversicherung und die Beratung des interfraktionellen Antrags betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse heute zu erledigen.
Von der für heute vorliegenden gedruckten Tagesordnung müssen nach dem Ergebnis der gestrigen Beratung die Punkte 1 und 2, d. h. die dritte Beratung des Gesetzentwurfs zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes und die dritte Beratung des Gesetzentwurfs über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Ausfuhr abgesetzt werden.
Weiterhin soll nach Verständigung im Ältestenrat der Punkt 4 der Tagesordnung abgesetzt werden. Er betrifft die Gesetzentwürfe über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen, über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamts für das Versicherungs- und Bausparwesen und über den Sitz des Bundesaufsichtsamts für das private Versicherungswesen.
In Fortsetzung der gestern abgebrochenen Beratung rufe ich auf:
Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes (Nr. 1982 der Drucksachen);
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Nrn. 2212, zu 2212 der Drucksachen).
Ich rufe auf Ziffer 14 des § 1. Abänderungsanträge liegen nicht vor. Wird das Wort dazu gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich bitte die Damen und Herren, die der Ziffer 14 des § 1 zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Offenbar einstimmig angenommen.
Meine Damen und Herren, ich bitte um etwas Ruhe, damit wir in eine flüssige Behandlung des Gegenstandes eintreten können.
Ich rufe auf die Ziffern 15, 16 und 17. Wird das Wort dazu gewünscht? — Keine Wortmeldungen. Ich komme zur Abstimmung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Gegen einige Stimmen ohne Enthaltungen angenommen.
Weiter liegt auf Umdruck Nr. 167 ein Antrag der Fraktion der SPD vor, wonach hinter Ziffer 17 eine Ziffer 17 a eingefügt werden soll. Wer begründet den Antrag? Das Wort hat der Abgeordnete Lausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag auf Offenlegung der Steuerlisten, den zu begründen ich die Ehre habe, hat im Vorjahr in diesem Hause eine gewisse Beunruhigung hervorgerufen. Inzwischen haben, wie ich glaube, die Realitäten eine beredte Sprache gesprochen, und auch in diesem Hause hat sich, wie die gestrige Aussprache und die gestrigen Abstimmungen bewiesen haben, eine wesentlich andere und nüchternere Auffassung durchgesetzt. Auch der Herr Bundesfinanzminister, der uns im vorigen Jahre mit sehr viel Überzeugungskraft seine Auffassung vortrug, daß die Steuermoral nur dadurch gebessert werden könne, daß man die Steuersätze senkt, ist ganz offensichtlich zu einer etwas anderen Auffassung übergegangen. Dafür liefert die Vorlage, die wir jetzt besprechen, einen Beweis. Weiter beweisen das seine verschiedenen Ausführungen, die er in der Frage einer verschärften Steuerprüfung gemacht hat. Wir haben die feste Überzeugung, daß der Herr Bundesfinanzminister in der politischen Vertretung seiner Ansichten über die neue Situation schon wesentlich weiter gegangen wäre, wenn er die Gewißheit gehabt hätte, daß er seinen politischen Freunden und deren Koalitionspartnern soviel Tobak auf einmal zumuten könnte. Wir verstehen, daß er nur mit Dosierungen operieren kann.
Wir glauben, daß für unsern Antrag die Situation heute um einiges günstiger geworden ist. Der Zweck unseres Antrags auf Offenlegung der Steuerlisten deckt sich vollkommen mit dem Ziel, das der Herr Finanzminister mit der schärferen steuerlichen Erfassung verfolgen will. Mit diesem Antrag bezwecken wir ebenfalls eine schärfere steuerliche Erfassung. Man hat bereits im vorigen Jahr den Einwand erhoben: wenn dieser Antrag realisiert wird, werden der Denunziation in Deutschland Tür und Tor geöffnet. Man hat uns ferner entgegengehalten, ein solcher Antrag sei undemokratisch. Ich möchte darauf erwidern: das Gegenteil ist der Fall. Es ist auffallend, daß gerade die alten Demokratien die Offenlegung der Steuerlisten immer als eine Selbstverständlichkeit betrachtet haben, und zwar doch ganz offensichtlich deshalb, weil sie die Offenlegung der Steuerlisten geradezu ais eine Forderung eines demokratischen und auf steuerliche Ordnung bedachten Staates ansehen. Gerade bei uns ist die Offenlegung der Steuerlisten noch wichtiger als in anderen Ländern. Wir haben auch von Vertretern der Regierungsparteien gehört, daß man versuchen will, durch die schärfere steuerliche Erfassung mindestens eine Milliarde DM zu gewinnen. Wir glauben, daß diese Summe bei weitem noch nicht ausreicht. Aber wie dem auch sei: Wenn der Herr Bundesfinanzminister in dieser Richtung vorgeht — und er wird dabei durch unseren Antrag unterstützt —, dann wird er sich die große geistige Anstrengung, nach neuen Steuerquellen zu suchen, ebenso sparen können wie die weitere Anstrengung, diese neuen Steuerquellen seinen Regierungsparteien schmackhaft zu machen, was ihm ja bisher, wie die Tatsachen bewiesen haben, in den meisten Fällen nicht gerade gelungen ist.
Die Offenlegung der Steuerlisten bedeutet aber auch, daß 85 bis 90 % der Bevölkerung, die bisher ganz selbstverständlich ihre Steuern zu bezahlen hatten, endlich einmal insofern eine Chance bekommen, als gegenüber den Veranlagungspflichtigen eine Gleichheit hergestellt wird. Es gibt im Volke einen Spruch, der da lautet, daß es eine Gruppe von Menschen in unserem Lande gibt, die
ihr ganzes Leben lang jammern und stöhnen und, wenn man ihren Angaben glauben darf, ihr ganzes Leben lang von der Substanz leben; und zum Schluß stellt sich heraus, daß sie recht wohlhabende' Leute geworden sind. Dieser Gruppe wollen wir mit unserem Antrag auf die Finger gucken.
Mit der gütigen Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitiere ich hier aus einem sehr interessanten Bericht folgende Worte:
Die tatsächlich gezahlten Steuersätze betragen in Deutschland ungefähr 50 % bei den höchsten Steuersätzen. Große Vermögen haben sich gebildet. Die hohen Einkommensgruppen haben relativ weniger zu dem Steueraufkommen beigetragen als ähnliche Gruppen anderer Demokratien. Manche Kreise der deutschen Geschäfts- und Finanzwelt neigen zu einer krassen Selbstsucht und haben für das Gemeinwohl zu wenig übrig. Ihre Haltung widerspricht den Forderungen der Gegenwart und der Einstellung der Mehrheit der Bevölkerung, die sich wie faire und verantwortliche Staatsbürger zu verhalten wünschen. Es muß dafür gesorgt werden, daß nicht die Bundesrepublik aus Gewinnsucht zugrunde geht.
So zu lesen in dem Sonne-Bericht, herausgegeben von einem Bundesministerium dieser Bundesrepublik!
Die Konsequenzen, die wir im Zusammenhang mit dieser Feststellung deutscher und ausländischer Fachleute zu ziehen haben, heißen: endlich einmal den Schleier wegzureißen von der Verdeckung der großen Einkommen.
Ich glaube, wir werden Wunder erleben. Ich glaube, daß die Steuerbetrüger, die es bisher verstanden haben, sich geschickt herumzudrücken, allein durch einen solchen Paragraphen im Gesetz dazu veranlaßt werden, sich hinfort etwas vorsichtiger zu verhalten. Für die Steuerehrlichen aber wird die Belastung, wenn sie sehen, daß durchgegriffen wird, psychologisch erträglicher, auch wenn diese Belastung sehr groß ist.
Ich glaube, in diesem Deutschland und in dieser Zeit haben wir alle miteinander die Pflicht, den Steuerbetrügern gründlich auf die Finger zu gucken. Dieses Volk ist in der Lage und auch willens, Opfer zu tragen, aber nur unter der Voraussetzung, daß es deutlich erkennt, daß die Regierenden in diesem Lande die ernstliche Absicht haben, der moralischen Verwilderung auf steuerlichem Gebiet mit der gebührenden Deutlichkeit entgegenzutreten.
Ich bitte Sie deshalb, unserem Antrag zuzustimmen.
Zu diesem Antrag wird das Wort offenbar nicht weiter gewünscht. Ich schließe die Besprechung. Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD, Umdruck Nr. 167 Ziffer 5, betreffend die Einfügung einer Ziffer 17 a. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.
Ich rufe weiter auf Ziffer 18. Dazu liegt vor der Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FPD, DP Umdruck Nr. 179 Ziffer 5. Wer begründet den Antrag? — Offenbar wird auf die Begründung verzichtet, da es sich um einen Antrag redaktionellen Inhalts handelt; eine Ziffer 7 c Abs. 1 ist vergessen worden. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag auf Umdruck Nr. 179 unter Ziffer 5 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ist angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über Ziffer 18 unter Berücksichtigung der eben beschlossenen Änderung. Ich bitte die Damen und Herren, die der Ziffer 18 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Zu Ziffer 19 keine Abänderungsanträge und keine Wortmeldungen. Ich komme zur Abstimmung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ist angenommen.
Ich rufe auf § 2 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3. Zu Abs. 3 liegt ein Abänderungsantrag der Fraktion des Zentrums vor, Umdruck Nr. 176 Ziffer 5, in § 2 Abs. 3 hinter Satz 2 einen Halbsatz anzufügen.
Herr Abgeordneter Dr. Bertram zur Begründung.
Meine Damen und Herren! Wir haben den Antrag gestellt, daß Zuschüsse und Darlehen, die nach Verkündung des Gesetzes ausge-
zahlt werden, noch vor diesem Zeitpunkt als gegeben gelten sollen, wenn nachweislich bis zum Tage der Verkündung des Gesetzes das Bauvorhaben bereits eingeleitet und eine feste Zusage des Darlehens- oder Zuschußgebers erfolgt war. Die Einschränkung des § 7 c des vorliegenden Gesetzes dürfte nur dann gelten, wenn die Übergangsregelung entsprechend unserem Antrage getroffen worden ist.
Die praktische Durchführung von Bauvorhaben erfolgt in der Regel so, daß wegen der entscheidenden Bedeutung der Zuschüsse und Darlehen und deren steuerlicher Behandlung für die Sicherstellung der Finanzierung zunächst feste Zusagen seitens der Zuschuß- und Darlehensgeber gemacht werden, die Zuschüsse und Darlehen aber erst nach Inangriffnahme des Baues, und zwar oft mit dem jeweiligen Fortschreiten des Baues in Raten gegeben werden. Die Bauherren und die Darlehensgeber haben sich darauf verlassen, daß 7 c für diese Bauvorhaben in der alten Fassung Anwendung finden würde. Würden wir jetzt das Gesetz in der Ausschußfassung annehmen, dann würden zahlreiche in Angriff genommene Bauvorhaben nicht zu Ende finanziert werden können. Aus dem Grunde glaube ich, daß wir es nach dem Grundsatz von Treu und Glauben, der auch im Verhältnis vom Staat zu seinen Bürgern gelten soll, diesen Bauherren schuldig sind, die Übergangsregelung entsprechend unserem Antrage in das Gesetz einzufügen.
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, den gestellten Abänderungsantrag nicht anzunehmen. Ich darf darauf verweisen: § 7 c ist ja an sich aufrecht erhalten; er ist aber nur mit der Beschränkung auf eine Höchstsumme von 7000 DM aufrecht erhalten, die sich aus den Verhältnissen und Erfahrungen heraus, insbesondere wegen der Mißbrauchs-Erscheinungen als notwendig erwiesen hat. Die ganze Öffentlichkeit ist seit mehr als einem halben Jahre darüber unterrichtet, daß die Einschränkung dieses Betrages zu erwarten ist. Es ist kaum denkbar, daß irgendwelche Zusagen unter der Voraussetzung gegeben worden wären, daß diese Einschränkung nicht erfolgte. Ich glaube also nicht, daß sich jemand darauf berufen könnte, daß er in seinen geschäftlichen Dispositionen überrascht worden wäre.
Der Antrag würde auf der anderen Seite, da er überhaupt keine Beschränkung — weder nach der Höhe noch nach dem Zweck — enthält, die Möglichkeit zu sehr weitgehenden Mißbräuchen bieten. Es ist gerade in der heutigen Zeit eine erste Aufgabe des Gesetzgebers, die gesetzlichen Bestimmungen klar und gegen die Mißbräuche gerichtet zu fassen. Aus diesem Grunde bitte ich, den Abänderungsantrag abzulehnen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung. Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion des Zentrums auf Umdruck Nr. 176 Ziffer 5. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrage zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Antrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ich rufe weiter auf Abs. 4, — Abs. 5 entfällt, — Abs. 6, — Abs. 7, — Abs. 8, — Abs. 9, — Abs. 10 und 11 entfallen. Keine Wortmeldungen dazu. Ich schließe die Besprechung. Ich komme zur Abstimmung über § 2 gemäß dem Antrag des Ausschusses. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Gegen wenige Stimmen angenommen.
Ich rufe auf Abschnitt II, — Überschrift von Abschnitt II, — § 3, — § 4, —
— Zu § 3, Herr Abgeordneter Dr. Koch!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir müssen in Ziffer 2 des § 3, das ist in § 11 Abs. 1 Ziffer 5 des Körperschaftsteuergesetzes, dieselbe Vorschrift aufnehmen, die wir gestern im Einkommensteuergesetz beschlossen haben, und zwar bezüglich der wissenschaftlichen Zwecke. Ich überreiche also dem Herrn Präsidenten einen Antrag, in Ziffer 5 als Satz 2 aufzunehmen:
Für wissenschaftliche Zwecke erhöht sich der Vomhundertsatz von fünf um weitere fünf vom Hundert.
Satz 2 wird dann Satz 3.
Sie haben den Antrag gehört. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich kann also abstimmen lassen über den Antrag der Fraktion der SPD, der eben vom Herrn Abgeordneten Dr. Koch begründet worden ist. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrage zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Mit großer Mehrheit angenommen.
Unter Berücksichtigung dieser Abänderung komme ich zur Abstimmung über § 3, gleichzeitig über § 4. Dazu wird das Wort auch nicht gewünscht. Ich bitte die Damen und Herren, die unter Berücksichtigung dieser Abänderung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Abschnitt II ist angenommen.
Ich rufe auf Abschnitt III, das entfällt, — § 5 entfällt ebenfalls. — Dann liegen vor der Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck Nr. 167 unter Ziffer 6 auf Einfügung eines § 5 a und ein Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Bucerius auf Umdruck Nr. 180 ebenfalls auf Einfügung eines § 5 a.
Das Wort hat der Abgeordnete Brandt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat Ziffer 6 des vorliegenden Änderungsantrags auf Umdruck Nr. 167 deshalb vorgeschlagen, weil wir uns von der Auffassung leiten lassen, daß das Land Berlin in alle wesentlichen bundesgesetzlichen Regelungen einbezogen werden muß. Angesichts der verfassungsrechtlichen Lage gibt es ja zunächst nur den Weg der Einbeziehung in jedes einzelne Gesetz, und zwar in der Form, daß dem Gesetz Geltung für Berlin verschafft wird, sobald das Abgeordnetenhaus von Berlin die Anwendung des Gesetzes gemäß Art. 87 der Berliner Verfassung beschließt. Wir hoffen, daß es vielleicht auf diesem Wege möglich sein wird, zu einer Lockerung und Aushöhlung jener Suspension beizutragen, durch die die alliierten Kontrollmächte das Inkrafttreten von Art. 23 des Grundgesetzes bis auf weiteres verhindert haben.
Die Auffassung meiner Fraktion geht dahin, daß die Frage der Einbeziehung des Landes Berlin in dieses Gesetz und ähnliche Gesetze von der Frage
des materiellen Inhalts des Gesetzes getrennt werden sollte. Wenn diese Einbeziehung im Berliner und im gesamtdeutschen Interesse liegt, dann wird sie auch um den Preis betrieben werden müssen, daß Berlin in gesetzlicher Hinsicht von den Unzulänglichkeiten der Gesetzgebung in der Bundesrepublik nicht verschont bleibt. Meine Fraktion wird darum sinngemäß auch noch einen Artikel, wie er hier als § 5 a vorgeschlagen wird, bei den zu behandelnden Umsatzsteuer- und Ausfuhrförderungsgesetzen vorschlagen.
Abgesehen von der politisch-staatsrechtlichen Seite handelt es sich darum, daß Westdeutschland und das Land Berlin ein einheitliches Währungs-und Wirtschaftsgebiet sind. Darum erscheint es uns unerläßlich, daß eine Angleichung an und eine Eingliederung in das Finanzsystem des Bundes erfolgt. Es handelt sich nicht um ein Novum; denn wir haben in einer Reihe von Gesetzen, die dieses Haus beschlossen hat — ich erinnere an das Wirtschaftssicherungsgesetz und an das Gesetz über die Besteuerung von Mineralöl —, bereits eine solche Einbeziehung vorgesehen. Die sozialdemokratische Fraktion ist allerdings der Meinung, daß eine solche Einbeziehung in bundesgesetzliche Regelungen — sie soll wo immer möglich erfolgen — den besonderen Schwierigkeiten Berlins Rechnung tragen und die Entwicklung der Berliner Wirtschaft fördern sollte, jener Berliner Wirtschaft, ohne deren Entfaltung der Widerstand gegen den östlichen Totalitarismus geschwächt werden müßte.
Im vorliegenden Fall kommt diese Absicht dadurch zum Ausdruck, daß wir in Abs. 2 des vorgeschlagenen § 5 a eine Regelung wünschen, die dahin geht, daß die §§ 7 a und 7 e des Einkommensteuergesetzes in der Fassung vom Dezember vergangenen Jahres für Berlin bis zum 31. Dezember nächsten Jahres in Geltung bleiben sollen. Es dreht sich also dabei um jene beiden Paragraphen, die von der Bewertungsfreiheit für die Ersatzbeschaffung beweglicher Wirtschaftsgüter und für Fabrikgebäude, Lagerhäuser und landwirtschaftliche Betriebsgebäude handeln.
Zur Begründung dieser Sonderregelung darf ich nicht nur auf die in diesem Hause häufig dargelegte besondere Notlage des Landes Berlin verweisen, sondern auch auf die Tatsache, daß die Regelung gemäß §§ 7 a und 7 e des Einkommensteuergesetzes in der alten Fassung in Berlin erheblich später als im unmittelbaren Geltungsbereich des Grundgesetzes erlassen wurde. Es scheint daher billig, diese Regelung so zu treffen, wie sie hier vorgeschlagen wird. Die Fassung ist restriktiv gehalten, so daß die Möglichkeit des Ausschließens von Mißbräuchen gegeben ist.
Nachdem gestern Ziffer 6 unseres Antrags auf Umdruck Nr. 167 eingereicht war, haben Besprechungen mit Kollegen aus den Regierungsparteien und auch mit Vertretern der Verwaltung stattgefunden. Aus diesen Besprechungen hat sich eine redaktionelle Neufassung des Abs. 2 von § 5 a ergeben. Diese redaktionelle Neufassung, die den Sinn der von uns vorgeschlagenen Regelung nicht verändert, ergibt sich aus dem Änderungsantrag, wie er von den Kollegen Dr. Bucerius und Dr. Tillmanns eingebracht worden ist. Abs. 1 des Antrags der Kollegen Dr. Bucerius und Dr. Tillmanns ist identisch mit dem Abs. 1 des sozialdemokratischen Antrags. Wir haben keine Bedenken, dem Abs. 2 in der von den beiden eben erwähnten Kollegen vorgeschlagenen redaktionellen Neufassung zuzustimmen.
Ich darf das Hohe Haus bitten, dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion zuzustimmen. Die sozialdemokratische Fraktion wird ihrerseits keine Bedenken haben, den Abs. 2 in der abgeänderten Form zu akzeptieren.
Herr Abgeordneter Dr. Bucerius, bitte!
Meine Damen und Herren! Die hier vorgeschlagene Regelung entspricht einem ganz besonderen Wunsch des Berliner Senats. Die Unterlagen hierzu sind in der letzten Sitzung des Berlin-Ausschusses, die in Berlin stattgefunden hat, erarbeitet worden. Es erweist sich bei dieser Gelegenheit, daß trotz mancher Umständlichkeiten und Kosten die Sitzungen von Ausschüssen in Berlin, vor allem die Sitzungen der zuständigen Fachausschüsse, von erheblicher Bedeutung sind. Ich möchte die Gelegenheit benutzen, den Berlinern zu sagen, daß diese fruchtbare Arbeit, die sich wohl auch in Berlin ein gewisses Maß von Anerkennung erworben hat, auch in Zukunft fortgesetzt werden soll.
Der Unterschied zwischen der Fassung des sozialdemokratischen Antrags und der unseren beruht in folgendem.
Darf ich Sie einen Augenblick unterbrechen? — Die Lautsprecher scheinen nicht hinreichend zu funktionieren. Ich bitte, sie so einzusteuern, daß auch die Damen in der Mitte des Saales etwas verstehen können.
Wir haben Gewicht darauf gelegt, festzustellen, daß die Vergünstigungen, auf die die Berliner Wirtschaft nach unserer Überzeugung Anspruch hat, wirklich auf diejenigen beschränkt bleiben, welche nur in Berlin ein Einkommen erzielen, und nicht auch denjenigen Personen und Körperschaften zugute kommen, welche gleichzeitig im Bundesgebiet und in Westberlin geschäftlich tätig sind.
Der Herr Vorredner hat mit Recht von der Notwendigkeit gesprochen, Westdeutschland und Berlin als ein einheitliches Währungs- und Wirtschaftsgebiet zu behandeln. Die Bemühungen dieses Hauses und des Finanzministers gehen mit großem Nachdruck in diese Richtung. Ich habe den Eindruck, daß die Verhandlungen in letzter Zeit schon zu einer wesentlichen Angleichung geführt haben. Das gilt nach meinen Informationen insbesondere auch für den in der Vergangenheit recht strittigen Punkt der Versicherungsanstalt Berlin. Ich habe, was ich an dieser Stelle auch den Berlinern sagen möchte, mit einigem Bedauern gehört, daß in diesem Punkt in der letzten Zeit Mißverständnisse aufgetreten zu sein scheinen, die, wie ich glaube, im Interesse Berlins möglichst bald beseitigt werden sollten.
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte gegen den sachlichen Inhalt der gestellten Abänderungsanträge Bucerius und Tillmanns keinerlei Bedenken erheben.
Der Sinn dieser Anträge ist ja, daß, wenn das Einkommensteuergesetz in Berlin mit diesen Vorzugsbestimmungen für die Berliner Wirtschaft zur Anwendung kommt, deswegen für Berlin bei den laufenden Verhandlungen über die gegenseitige Finanzgebarung und Finanzhilfe keinerlei nachteilige Rückschlüsse gezogen werden sollen. Dieser Tendenz stimme ich vollkommen zu. Aber — entschuldigen Sie — ich bin auch Jurist, und als solcher habe ich gegen die Fassung „Dieses Gesetz gilt auch in Berlin" juristisch-technische Bedenken, da ja die Bundesrepublik an sich durch ihre Gesetzgebung ein Gesetz in Berlin nicht in Kraft setzen kann. Ich möchte aber der Beratung keine Hemmnisse entgegenstellen, nachdem dieser Wortlaut bei anderen Gesetzen auch gewählt worden ist. Ich behalte mir vor, bei der dritten Lesung vielleicht noch eine redaktionelle Verbesserung nach der Richtung vorzuschlagen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.
Nachdem der Antrag der Fraktion der SPD im Umdruck Nr. 167 Ziffer 6 zugunsten des Antrags im Umdruck Nr. 180 zurückgezogen worden ist, brauche ich nur über den letzten Antrag Dr. Bucerius und Dr. Tillmanns abstimmen zu lassen. Ich bitte die Damen und, Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen gegen die Stimmen der Kommunistischen Fraktion angenommen.
Ich rufe auf Abschnitt IV, Schlußvorschrift § 6. Dazu liegt vor ein Antrag der Fraktion des Zentrums im Umdruck Nr. 176 Ziffer 6.
Zur Begründung hat das Wort der Herr Abgeordnete Dr. Bertram.
Meine Damen und Herren! Schon bei der ersten Beratung dieses Gesetzes ist von Rednern verschiedener Fraktionen darauf hingewiesen worden, daß die Erhöhung der Einkommensteuer nicht erfolgen könne, ohne gleichzeitig sicherzustellen, daß die entsprechenden Beträge auch wirklich für die vorgesehenen Zwecke, nämlich für den Bundeshaushalt zur Verfügung stehen. Wenn wir heute und in der nächsten Woche auch in dritter Lesung das Gesetz beschließen, dann würden tatsächlich die Länder Nutznießer der hier zu erwartenden höheren Aufkommensbeträge werden.
— Die Länder können natürlich nicht von der Luft leben. Aber sie behaupten ja ihr entsprechendes Aufkommen.
Die Frage, die mit dem Antrag aufgeworfen wird, ist nur die: Wem soll das Mehraufkommen aus diesem Einkommensteueränderungsgesetz zufließen? Das Mehraufkommen ist aber nach den eigenen Erklärungen der Bundesregierung dazu bestimmt, die zusätzlichen Belastungen des Bundeshaushalts zu decken, da ja der Bund z. B. die sozialen und Kriegsfolgelasten auf sich zu nehmen hat. Wenn wir das Gesetz in dieser Form in zweiter und dritter Lesung annehmen, dann würde das Mehraufkommen nicht für den Bund gesichert bleiben, sondern zunächst den Ländern zufließen. Es ist richtig, daß die Bundesregierung ein Durchführungsgesetz nach Art. 106 zum Zwecke der teilweisen Inanspruchnahme von Teilen der Einkommen- und Körperschaftsteuer zugunsten des Bundes eingebracht hat. Dieses Gesetz liegt uns noch nicht vor, es ist aber im Bundeskabinett beschlossen und liegt dem Bundesrat vor. Über diese Fragen finden eingehende Verhandlungen zwischen dem Bundesfinanzminister und dem Bundesrat statt. Eine Einigung ist noch nicht erzielt worden. Wenn wir das Gesetz in Kraft treten lassen und nicht gleichseitig sicherstellen, daß auch das Mehraufkommen für den Bund zur Verfügung gestellt wird, dann ist, glaube ich, die Möglichkeit eines Scheiterns des Gesetzes nach Art. 106 sehr nahe gerückt. Daher bin ich der Ansicht, daß wir hier die neuen Einnahmen nicht rechtskräftig beschließen dürfen, bevor nicht auch ihre Sicherstellung für den Bund de jure erfolgt ist.
Das ist der Sinn unseres Antrags, nach dem wir das Inkrafttreten dieses Gesetzes verkoppelt wissen wollen mit dem Inkrafttreten des anderen Gesetzes nach Art. 106, das zur Zeit beraten und uns demnächst zugeleitet wird. Durch die von uns vorgeschlagene Fassung wird nur die Verkoppelung hergestellt, nichts mehr. Das, glaube ich, liegt im Interesse der Bundesfinanzen, und deshalb bitten wir Sie, unserem Antrage zuzustimmen.
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich erinnere mich hier an einen alten Satz: Warum soll man es einfach machen, wenn man es umständlich auch machen kann? Der Antrag Bertram bringt Umständlichkeiten hinein, die sehr bedenklich sind, weil sie praktisch bedeuten, daß das Inkrafttreten des Einkommensteuergesetzes in der jetzigen Form vielleicht um Wochen, vielleicht sogar um Monate verzögert wird. In seiner Begründung geht der Herr Antragsteller von einer falschen Voraussetzung aus.
Das Gesetz nach Art. 106 Abs. 3 des Grundgesetzes hat den Bundesrat bereits passiert; es ist dort grundsätzlich angenommen. In den Prozentsätzen, die der Bund für sich beansprucht und die der Bundesrat vorschlägt, besteht noch eine Divergenz von etwa 20 % gegenüber der Anforderung des Bundes.
Meine Damen und Herren, das Kabinett hat bereits zu den Anregungen des Bundesrates Stellung genommen, und ich bedauere, daß infolge der Feiertage und eines technischen Versehens die Gesetzentwürfe mit der Stellungnahme des Kabinetts dazu dem Hohen Hause noch nicht zugegangen sind. Ich habe mich erkundigt; sie werden vom Bundeskanzleramt aus vermutlich heute noch dem Hohen Hause zugeleitet werden. Sie werden aus der Stellungnahme des Bundesrats und der Stellungnahme des Kabinetts ersehen, daß eine Gefahr für das Zustandekommen des Gesetzes nach Art. 106 Abs. 3 des Grundgesetzes grundsätzlich nicht besteht. Die einzige Differenz ist, wie gesagt, die Differenz bezüglich der Höhe des Prozentsatzes, der vorerst nur 20 % der Anforderung entspricht. Ich bin der Überzeugung, daß, wenn der Bundestag eine klare Linie beibehält, das Gesetz nach Art. 106 Abs. 3 des Grundgesetzes an dieser Differenz bestimmt im Bundesrat nicht scheitern wird. Denn wer es zum Scheitern brächte, müßte die Verantwortung für das Scheitern des Ganzen übernehmen und damit auch die Verantwortung für
das finanzielle Chaos, das dann für beide Teile entstehen würde. Ich bin der sicheren Hoffnung und Erwartung, daß auch die Einigung über den Prozentsatz noch erfolgen wird, und glaube deshalb, daß ein Anlaß, das Inkrafttreten des Einkommensteuergesetzes zu verzögern, weil über das andere Gesetz im Bundestag und im Bundesrat in der letzten Lesung noch nicht abgestimmt worden sei, wirklich nicht besteht. Ich bitte daher, die Dinge nicht zu komplizieren, sondern möglichst rasch vorwärtszutreiben.
Das Wort hat der Abgeordnete Müller.
Meine Damen und Herren! Ich wundere mich einigermaßen über den Antrag der Fraktion des Zentrums, der doch nichts anderes bezweckt, als dem Finanzminister Ländersteuern in die Kasse zu treiben, obwohl die Lage in den einzelnen Ländern doch bekanntlich alles andere als rosig ist. Die Pläne, die der Finanzminister ja schon seit längerer Zeit entwickelt hat, gehen doch darauf hinaus, den Ländern zumindest ein Drittel der ihnen gehörenden Einkommen-und Körperschaftsteueranteile wegzunehmen. Die Gründe dafür sind bekannt, und wir werden noch Gelegenheit nehmen, im einzelnen darauf zurückzukommen. Darüber aber, daß auf\\ diese Art und Weise, eben durch die Abschöpfung der den Ländern zustehenden Einkommen- und Körperschaftsteuern nichts anderes bezweckt werden soll — und darüber werden Sie sich ja hoffentlich mit der Zeit klar werden —, als das durch die 9,7 Milliarden Besatzungskosten im Haushalt des Bundes entstandene Defizit abzudecken, brauche ich keine weiteren Ausführungen mehr zu machen. Auf der anderen Seite steht doch ganz eindeutig fest, daß die finanzielle Lage in den Ländern alles andere als rosig ist.
Gestatten Sie mir, gerade auf Grund der jetzigen steuerlichen Entwicklung auf einige wenige Tatsachen hinzuweisen. So hat z. B. der Finanzminister des Landes Hessen vor kurzem mitgeteilt, daß das Land auf Grund der Entwicklung der Steuern gegenüber den Gemeinden und Kreisen eine Reduzierung der Zuweisungen um etwa 18 Millionen wird vornehmen müssen. Die Stadt Frankfurt wird durch diese Reduzierungen ein Defizit von etwa 12 Millionen aufweisen. Die Lasten aus dieser Politik, die hier von der Bundesregierung im Interesse des Aufbringens der Besatzungskosten, d. h. im Interesse der Remilitarisierung diktiert werden, werden auf diese Art und Weise auf die Länder bzw. Kreise und Gemeinden abgewälzt.
Da hat zum Beispiel die sozialdemokratische Regierung in Hessen nunmehr an die Kreise und Gemeinden die Anweisung gegeben, den ihnen durch die Kürzung der Steuerüberweisungen entstandenen Ausfall durch die Erhöhung der örtlichen und der Kreisumlagen auszugleichen. Es wurde ihnen direkt die Anweisung gegeben, die Kreisumlagen zu erhöhen, die Steuern und die Abgaben in den Gemeinden und die Tarife für Gas, Wasser, Elektrizität sowie die Tarife für die Straßenbahnen usw. zu erhöhen.
Das bedeutet also, daß durch diese Politik vom Bund aus — mit der Konsequenz der Wegnahme von ungefähr einem Drittel der Einkommen- und Körperschaftsteueranteile — die arbeitenden Menschen, die Gemeinden und die Kreise durch die Erhöhung ihrer Kreis- und Gemeindeumlagen, der
Gebühren und Tarife gezwungen sind oder gezwungen werden sollen, die Mittel aufzubringen, die auf dem Wege über den Bund praktisch der Remilitarisierung und Aufrüstung zufließen; und dagegen wenden wir uns.
— Ja, meine Damen und Herren, daß ein Teil von Ihnen das nicht begreifen will, ist mir angesichts der Tatsache, daß Sie ja mit den Plänen des Petersberges absolut einverstanden sind, durchaus verständlich. Ich kann mir absolut vorstellen, daß ein Deputierter des Petersberges hier, gleichgültig in welcher Form, von diesem Platz aus seine Ehre dareinsetzen wird, dem Petersberg zu erklären, daß er den letzten Groschen aus dem deutschen Volk herausholen werde, damit dieses deutsche Volk die Besatzungs- und damit die Aufrüstungskosten aufbringen könne.
Herr Abgeordneter Müller, darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß wir über den § 6 des Gesetzes debattieren. Ich wäre dankbar, wenn Sie sich an die Fragestellung dieses § 6 hielten.
Das gehört absolut dazu, Herr Präsident.
Ich möchte damit nur zum Ausdruck bringen, daß wir uns gegen die in dem Antrag des Zentrums zutage tretende Tendenz und den darin enthaltenen Auftrag an die Regierung, nämlich den Ländern Einkommen- und Körperschaftsteueranteile wegzunehmen, gerade im Interesse einer Verringerung der Belastung unseres Volkes durch die Besatzungskosten mit aller Entschiedenheit zur Wehr setzen.
Herr Abgeordneter Seuffert, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war die einhellige Auffassung im Steuerausschuß, daß die Verabschiedung dieses Gesetzes die möglichst gleichzeitige Verabschiedung auch des Gesetzes zu Art. 106 des Grundgesetzes über die Verteilung der Einkommensteuer zwischen Bund und Ländern voraussetzt.
Wir halten an dieser Auffassung fest und wir begrüßen es, daß der Antrag des Zentrums dieselbe Auffassung vertritt. Es bestehen bei uns jedoch Zweifel darüber, ob es zweckmäßig ist, in der Form, wie es der Antrag des Zentrums vorsieht, das Schicksal dieses Gesetzes mit dem Gesetz zu Art. 106, das ein Zustimmungsgesetz ist, zu verbinden. Wir werden uns deshalb bei diesem Antrag der Stimme enthalten und behalten uns vor, in der dritten Lesung die soeben dargelegte Auffassung mit Anträgen, wie wir sie technisch für richtig halten, zu vertreten.
Weitere Wortmeldungen zu diesem Paragraphen? — Das ist nicht der Fall. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag der Fraktion des Zentrums auf Umdruck Nr. 176 zu Ziffer 6 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen gegen 4 Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Meine Damen und Herren! Der Abgeordnete Müller hat eben, wie ich aus dem Stenogramm
festgestellt habe, von „Deputierten des Petersberges" gesprochen. Darf ich fragen, Herr Abgeordneter Müller, ob Sie damit die Abgeordneten des Deutschen Bundestages gemeint haben?
— Ich habe alles Verständnis dafür, daß Sie über
Fernsteuerung von Parlamenten unterrichtet sind.
Aber ich weise den Vorwurf, daß Abgeordnete des Deutschen Bundestages Deputierte des Petersberges seien, zurück und rufe Sie zur Ordnung.
Meine Damen und Herren, ich komme zur Abstimmung über § 6 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — § 6 ist bei Enthaltungen angenommen.
Ich komme zur Einleitung und Überschrift. Wird dazu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich abstimmen. Ich bitte die Damen und Herren, die der Einleitung und der Überschrift des Gesetzes zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen mit Mehrheit angenommen.
Damit, meine Damen und Herren, ist die zweite Beratung des Gesetzes beendet.
Ich rufe aus der Tagesordnung von gestern den Punkt 9 auf:
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Erhöhung der Renten in der Sozialversicherung .
Der Ältestenrat schlägt eine Aussprachezeit von 90 Minuten vor. Wer wünscht den Antrag zu begründen? — Bitte, Herr Abgeordneter!
Meine Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag hat sich in seiner 122. Sitzung vom 1. März dieses Jahres sehr eingehend mit der Sozialversicherung und mit der Erhöhung der Renten für die Invalidenrentner beschäftigt. Der damaligen Beratung in diesem Hause lagen drei Anträge zugrunde, der Antrag der SPD, der Antrag der DP und der Antrag der CDU/CSU.
In dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion wird darauf hingewiesen, daß die Fraktion bereits am 29. Juli 1950 eine Anpassung der Leistungen in der Sozialversicherung an die Preisentwicklung gefordert hat. Außerdem verlangt dieser Antrag, daß die Regierung beauftragt wird, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den Wünschen der Rentner entspricht. Es ist darin ferner gefragt worden, was die Bundesregierung zu tun gedenke, um eine den Verhältnissen gerecht werdende Verbesserung der Leistungen auf allen in Betracht kommenden Gebieten der Sozialfürsorge durchzuführen. Schließlich wird gefragt, wann dieser Gesetzentwurf bzw. diese Maßnahmen in Kraft treten sollen. Auch in . dem Antrag der Fraktion der Deutschen Partei wird von der Regierung die Vorlage eines Gesetzentwurfes verlangt, der diesen
Wünschen der Sozialrentner Rechnung trägt. Ebenso fordert der Antrag der CDU/CSU-Fraktion von der Regierung die Vorlage eines Gesetzentwurfes, der die gesetzliche Rentenversicherung sanieren und eine den wirtschaftlichen Verhältnissen der Rentner angemessene Rentenerhöhung zusichern soll. Abs. 2 dieses Antrages besagt, daß die Renten der gesetzlichen Rentenversicherungen im Durchschnitt um 25 % erhöht werden sollen. Gleichzeitig soll die Rentenhöhe stärker als bisher von der Anzahl der bisher entrichteten Beiträge abhängig gemacht werden.
In dieser entscheidenden Sitzung vom 1. März, in der sich der Bundestag sehr eingehend mit den Rentnern beschäftigt hat, sind eine Reihe wichtiger Ausführungen gemacht worden. So hat die Frau Abgeordnete Kalinke ihren Antrag damit begründet, daß die augenblickliche Rente für die große Masse der Rentenempfänger in allen Sparten unzureichend ist und daß die Kaufkraft der Renten um mehr als die Hälfte geringer geworden ist. Auch der Herr Abgeordnete Arndgen von der CDU hat erklärt, daß dem Antrag auf Erhöhung der Renten kein Wort hinzugefügt zu werden brauche, er könne das unterstreichen, was seine Vorredner gesagt hätten. Schließlich hat der Herr Arbeitsminister erklärt: „Ich kämpfe seit Wochen mit dem' Bundesfinanzminister darum, daß er mir für den neuen Etat die Mittel zur Verfügung stellt, um die Dinge in ihrer Grundsätzlichkeit regeln zu können". Er hat hinzugefügt, daß kleine Pflästerchen nicht mehr ausreichten, es müsse eine neue Durcharbeitung dieser Versorgungsinstitutionen erfolgen.
In der Sitzung des Bundestages am 1. März 1951 habe ich namens der sozialdemokratischen Fraktion einen Antrag eingereicht, der eine Erhöhung der Renten um 25 % ab 1. April 1951 vorsieht, und gebeten, über ihn im Plenum am selben Tage abzustimmen. Ich habe damals verlangt, daß dieser Antrag nicht dem Ausschuß überwiesen wird, sondern daß über ihn im Plenum des Bundestages sofort abgestimmt wird, damit die Rentner ab 1. April 1951 in den Genuß der Rentenerhöhung kommen können. Dieser Antrag ist dann in der Abstimmung abgelehnt worden. Dagegen ist der Antrag der CDU/CSU angenommen worden, der eine durchschnittliche Erhöhung der Renten um 25 % vorsieht. Wir haben seinerzeit dafür gestimmt. Ich habe aber damals bereits erklärt, daß bei den Rentnern dadurch, daß die Zeitungen geschrieben haben, die Renten würden um 25 % erhöht, Hoffnungen erweckt werden, denen wahrscheinlich eine schwere Enttäuschung folgen wird. Wir warten bis zum heutigen Tage darauf, daß die Regierung den damaligen Beschluß, die Renten um 25 % zu erhöhen, durchführt. Die Regierung hat ein Versprechen einzulösen. Sie hat in ihrer Regierungserklärung vom 24. September 1949 selbst erklärt, daß sie eine soziale Regierung sein will. Ich bin deshalb der Meinung, daß die Regierung die Verpflichtung hat, den Beschluß des Bundestages vom 1. März dieses Jahres möglichst rasch in die Tat umzusetzen.
Wir haben nun folgendes erlebt. Vor einigen Wochen hat die Presse gemeldet, daß das Kabinett einige Beschlüsse gefaßt habe. In den Zeitungen ist folgendes als Überschrift veröffentlicht worden: „Beamtengehälter werden um 20 % erhöht — Rentner erhalten drei Mark Zulage pro Monat". Mit anderen Worten heißt das: Die Rentner er-
halten eine Erhöhung ihrer Renten um 10 Pfennig pro Tag.
Von uns bestreitet niemand, daß eine Neuregelung
auch der Beamtengehälter erfolgen muß, nachdem
die letzte Regelung der Beamtengehälter im Jahre
1927 vorgenommen wurde. Auf der anderen Seite
aber kommt es einer Verhöhnung der Invaliden
gleich, wenn man den Invaliden gleichzeitig 3 Mark
Erhöhung ihrer Renten anbietet.
Dabei ist das Entscheidende, daß die Rentenerhöhung, wie damals gesagt worden ist,.. erst am 1. Juli in Kraft treten soll.
Der Herr Abgeordnete Wuermeling hat seinerzeit bei der Beratung des Gesetzes zu Art. 131 des Grundgesetzes erklärt, es sei für die CDU selbstverständlich, daß nach Regelung dieses Gesetzes auch die Rentenerhöhung durchgeführt werden müsse.
Verehrte Anwesende, wir haben in der 134. Sitzung des Deutschen Bundestages am 12. April 1951 einen Antrag eingebracht, nach welchem eine Vorauszahlung auf die Rentenerhöhung für die Invalidenrentner erfolgen soll. Unser Antrag ist damals abgelehnt worden. Wir haben jetzt erneut einen Antrag eingebracht, auf den ich gleich zu sprechen kommen werde. In der 134. Sitzung vom. 12. April 1951 hat sich aber doch einiges ereignet, das ich bei der heutigen Sitzung in das Gedächtnis zurückrufen möchte. Der Herr Bundesarbeitsminister Storch hat nach dem Protokoll damals folgendes erklärt:
Ich habe am Dienstag dieser Woche dem Kabinett einen Gesetzentwurf vorgelegt, der sich genau an die Beschlüsse dieses Hohen Hauses über die Erhöhung der Renten um 25 % anlehnt. Es ist selbstverständlich, daß der Herr Bundesfinanzminister sehen muß, wie er die finanzielle Grundlage für dieses Gesetz herbeizaubern kann, aber ich darf Ihnen sagen, daß sowohl der Bundeskanzler als auch alle anderen Minister auf dem Standpunkt gestanden haben, daß hier die größte Not herrsche und daß hier am schnellsten geholfen werden müsse. Ich habe die Hoffnung, daß dieses Gesetz möglichst bald diesem Hohen Hause vorgelegt werden kann.
In derselben Sitzung ist unser Antrag auf eine Vorauszahlung abgelehnt worden. Der Herr Abgeordnete Horn von der CDU hat damals erklärt, nachdem der Herr Bundesarbeitsminister eben gesagt habe, daß dieser Gesetzentwurf möglichst bald vorgelegt werde, sehe er keine Notwendigkeit mehr, dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion zuzustimmen. Er hat aber hinzugefügt:
Wir halten die Bundesregierung allerdings —
das möchte ich mit allem Nachdruck sagen —
an die jetzt vom Herrn Arbeitsminister abgegebene Erklärung gebunden. Wir würden es
in den Regierungsparteien nicht hinnehmen
können, daß die Vorlage jetzt noch über das unerläßlich notwendige Maß, das für die
dringliche Bearbeitung erforderlich ist, hinaus
verzögert wird.
Die Bundesregierung hat bis zum heutigen Tag einen Gesetzentwurf nicht vorgelegt.
Wir haben deshalb erneut den heute zur Debatte stehenden Antrag eingebracht, in dem erstens die Vorlage des seit 10 Monaten geforderten Gesetzentwurfs und zweitens verlangt wird, daß bis zur endgültigen Regelung der Renten rückwirkend ab 1. April an die Rentenempfänger ein Vorschuß von 15 DM monatlich, an die Witwen- und Witwer-Rentenempfänger ein solcher von 12 DM monatlich und an die Waisen-Renten-Empfänger ein solcher von 6 DM monatlich gezahlt wird. Das soll keine endgültige Regelung sein, diese Beträge sollen vielmehr lediglich Vorschüsse bis zur endgültigen Regelung durch den Gesetzentwurf darstellen.
Nun liegt uns heute morgen auf Umdruck Nr. 182 ein Antrag der Regierungsparteien vor. Darin wird verlangt, daß die Bundesregierung den geforderten Gesetzentwurf bis zum 15. Juni J951 vorlegt. Weiter ist gesagt, daß der Beschluß betreffend Erhöhung der Renten um durchschnittlich 25 % ab 1. Juni 1951 wirksam werden soll. Meine Damen und Herren, die Teuerung tritt ja nicht erst am 1. Juni 1951 in Kraft, sondern die Teuerung besteht seit langer Zeit. Es bedeutet nach meiner Auffassung — ich möchte es gelinde sagen — einen Betrug an den Rentnern, nachdem man ihnen seit langer Zeit eine Erhöhung ihrer Renten versprochen hat, daß man jetzt den Termin vom 1. April auf den 1. Juni verschiebt, um so die Rentner für ein Vierteljahr um ihre erhöhten Rentenunterstützung zu bringen. Wir sind deshalb der Meinung, daß der Bundestag heute unseren Antrag annehmen sollte, den Rentnern einen Vorschuß zu gewähren. Ich brauche nicht von der Empörung zu sprechen, die draußen in den Kreisen der Rentner über die Beschlüsse des Bundestags herrscht. Wir meinen, nachdem alle Fraktionen am 1. März und auch am 12. April hier so warm für die Rentner eingetreten sind, bedeutet der Antrag, den die sozialdemokratische Fraktion eingereicht hat, eine absolute Verpflichtung des Bundestags. Ich möchte Sie bitten, es nicht nur bei den Worten zu belassen, sondern dafür einzutreten, daß unser Antrag angenommen wird und daß den Worten auch die Taten folgen.
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Arbeit.
Storch, 'Bundesminister für Arbeit: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu den Ausführungen, die soeben gemacht worden sind, habe ich folgendes zu sagen. Am 1. März dieses Jahres hat dieses Hohe Haus den Beschluß gefaßt, die Bundesregierung möge baldmöglichst ein Gesetz zur Erhöhung der Renten in der Sozialversicherung vorlegen. Ich darf Ihnen sagen, daß dieses Gesetz bereits seit vier Wochen fertiggestellt ist
und daß in dieser Zeit in der Bundesregierung sehr ernste Verhandlungen über die Deckung der Ausgaben dieser Gesetzesvorlage geführt worden sind. Es handelt sich hier um eine Mehrausgabe aus Bundesmitteln, die in der Zukunft jährlich 1 Milliarde DM ausmachen wird. Ich kann mir sehr wohl vorstellen, daß auch die Mitglieder dieses Hohen Hauses wissen, wie eminent schwer es ist, einen derartigen Betrag im Haushalt unterzubringen. Ich habe mir einmal die Auswirkungen des heute vorliegenden Antrages der Sozialdemokratischen Partei durchgerechnet und finde, daß hier eine Jahresleistung von 810 Millionen DM gefordert wird, ohne daß auch nur die geringsten Versuche gemacht
werden, hierfür die Deckung anzubieten. Die antragstellende Partei weiß doch ganz genau, daß mit derartigen Beschlüssen nichts anzufangen ist, wenn dem Bundesfinanzminister nicht von diesem Hohen Hause auch die Einnahmen zur Deckung der Ausgaben gegeben werden.
— Das ist unerhört, sagen Sie! Es ist für jedes Parlament etwas Selbstverständliches, daß man, wenn man einen Antrag stellt, der eine Ausgabe von 810 Millionen DM verlangt, auch sagt, wo der Haushalt das Geld hernehmen soll. So kann man es doch draußen im Volke nicht machen.
Ich habe Ihnen nur noch einmal zu sagen, daß nach den Verhandlungen, die in dieser Woche im Kabinett geführt worden sind, die Deckung, soweit man es überhaupt übersehen kann, als gesichert angesehen werden kann. Das Bundeskabinett wird Ihnen auf dem schnellsten Wege — ich hoffe, daß der Bundesrat auf seine dreiwöchige Frist zur Behandlung des Gesetzes verzichten wird — den Gesetzentwurf und die Deckungsvorlage vorlegen. Ich hoffe, daß dann die Parteien allgemein zusammen mit der Regierung die Versprechen einlösen, die sie den Rentnern gegeben haben.
— Diese Ungezogenheiten können Sie sich zu Hause erlauben oder dort, wo Sie hingehören.
Das Wort hat der Abgeordnete Horn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin mit dem Herrn Kollegen Freidhof völlig einig in der Auffassung, daß es sich bei der Verwirklichung des Beschlusses vom 1. März dieses Jahres um eine Verpflichtung dieses Parlaments und der Bundesregierung handelt, der wir uns unmöglich entziehen können.
Es ist in den letzten Monaten bei den wiederholten Debatten über die Notwendigkeit der Erhöhung der Renten in der Sozialversicherung so viel gesprochen worden, daß das heute nicht wiederholt zu werden braucht. Der Kollege Freidhof hat in seinen Ausführungen u. a. auch meine Darlegungen in der Sitzung vom 12. April dieses Jahres zitiert. Es ist richtig, ich habe damals namens meiner Freunde erklärt, daß wir die Bundesregierung nach den Auslassungen des Herrn Bundesarbeitsministers als an ihr Wort gebunden ansehen. Ich habe auch hinzugefügt, daß wir ein über das unerläßlich erforderliche Maß hinausgehendes Zuwarten in dieser Angelegenheit nicht hinnehmen könnten und zu gegebener Zeit diesem Hause unsererseits weitere Schritte vorschlagen würden.
Seit der Debatte vom 1. März sind zweieinhalb Monate vergangen und seit der Debatte vom 12. April ist wieder ein Monat ins Land gegangen. Ich kann namens meiner politischen Freunde und, ich glaube, auch namens der Regierungsparteien insgesamt, heute nur dem sehr tiefen Bedauern darüber Ausdruck geben, daß es bei dem Ernst dieser Frage bis zur Stunde noch nicht möglich
geworden ist, dem Hause eine Gesetzesvorlage darüber zu machen.
Wir hätten heute viel lieber über den endgültigen Gesetzentwurf Beschluß gefaßt. Aber, meine Damen und Herren — das darf ich an dieser Stelle auch sagen —, die Opposition in einem Parlament hat es bei diesen Dingen immer um gewichtige Grade leichter als die Regierungsparteien, die letztlich die Verantwortung dafür zu tragen haben.
Es ist schon ein riesengroßer Unterschied, ob man sich als–Angehöriger der Opposition einfach hier hinstellen kann, um das an sich noch so berechtigte Verlangen in der Form, wie wir es gehört haben, zu vertreten, oder ob man als Abgeordneter der Regierungsparteien schließlich mit der Regierung in erster Linie die Verantwortung dafür spürt, wie eine Deckung für derartige Vorlagen gefunden werden kann.
Eigentlich sollte sich das ganze Haus, auch die Opposition, in dieser Verantwortung einig sein.
Wir verstehen die große Verstimmung, die Verbitterung, die draußen in weitesten Kreisen nicht nur der betroffenen Rentnerschaft selber über diese lange Wartezeit entstanden ist.
— Das ist ein billiges Mätzchen, meine Herren — ich weiß nicht, wer diese Zwischenrufe gemacht hat — —
Herr Abgeordneter Horn, ich darf doch bitten, die Kritik in Formen zu halten, die im Parlament üblich sind.
Ich werde mich bemühen, sofern mir das nicht allzu schwer gemacht wird.
Meine Damen und Herren, zur sachlichen Seite der Angelegenheit darf ich noch sagen: Ich bin mit meinen politischen Freunden seit der Debatte vom 1. März und erst recht seit der vom 12. April dieses Jahres, in der der Herr Bundesarbeitsminister seine Erklärung abgegeben hat, ununterbrochen sowohl mit dem Arbeitsministerium als auch mit dem Herrn Bundesfinanzminister in Verbindung geblieben, und wir haben unsererseits alle uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten benutzt, um die Herren immer wieder auf die Dringlichkeit der Vorlage hinzuweisen. Von der Dringlichkeit und von der Notwendigkeit dieser vom Parlament beschlossenen Erhöhung waren diese Herren
so wie wir ebenfalls überzeugt. Aber wenn es bis zur Stunde noch nicht zur Vorlage des Entwurfs gekommen ist,
dann liegt das eben daran, daß, wie alle Welt weiß, die Bundesregierung und damit auch wir, uns sehr ernste Sorgen darum machen müssen, wie der Haushalt des Jahres 1951/52 ausgeglichen werden
und wie den in steigendem Maße an den Bund herantretenden Anforderungen im Rahmen des Etats Genüge getan werden kann.
Aber, meine Damen und Herren, lassen Sie mich hier auch an die Adresse der Menschen draußen sagen, daß wir, wie damals so auch heute, auf folgendem Standpunkt stehen — und da knüpfe ich an die Erklärung an, die Kollege Wuermeling damals abgegeben hat —: Es ist nicht möglich, daß man einmal ein Gesetz nach Art. 131, zum zweiten eine zwanzigprozentige Erhöhung der Beamtenbesoldung und andere Dinge in diesem Hause beschließt und daß die Ansprüche der Menschen, die sich nicht so deutlich vernehmbar machen können, wie das anderen Interessentengruppen möglich ist, bis zuletzt zurückgestellt werden, so daß sie schließlich vor der bangen Frage stehen, ob überhaupt noch Geld vorhanden wäre, ihre dringenden, lebenswichtigen Interessen zu berücksichtigen. Wir erklären heute, daß wir unter allen Umständen darauf bestehen, daß der Beschluß des Bundestages vom 1. März beschleunigt realisiert wird.
Nun zum Antrag der SPD im einzelnen! Auch dazu habe ich. in der Sitzung vom 12. April dieses Jahres unsere Auffassung und die der Regierungsparteien schon eindeutig zum Ausdruck gebracht. Ich darf mich im wesentlichen darauf beziehen. Es ist in der Tat so, daß wir, wenn wir heute den Antrag der SPD annehmen wollten, denselben Fehler machen würden,
der schon einmal begangen wurde und von dem, wie wir damals hier erklärt haben, wir uns ein zweites Mal freihalten möchten. Eine Verwirklichung dieses Beschlusses macht die Schwierigkeiten einer kommenden Sanierung und Reform der Sozialversicherung nur noch größer.
Wir möchten uns die Wege dazu nicht noch mehr verbauen.
Wenn die Zahlen, die mir bekannt geworden sind, richtig sind, dann bedeutet die Verwirklichung des Beschlusses allein in der Invaliden-und Angestelltenversicherung einen Aufwand von rund 52 Millionen DM im Monat. Angesichts der finanziellen Schwierigkeiten, in denen sich der Bund im ganzen befindet, wird wohl jeder vernünftige Mensch einsehen, daß die Erfüllung der Anforderungen immer schwerer oder letztlich unmöglich werden muß, wenn wir zu den heute schon vorhandenen Aufwendungen noch weitere hinzufügen., die also für diese beiden Monate über 100 Millionen DM ausmachen würden.
Wir von den Regierungsparteien sind deshalb der Auffassung, daß, damit der Beschluß vom 1. März nunmehr beschleunigt realisiert werden kann, der SPD-Antrag so abgeändert werden sollte, wie wir das auf Umdruck Nr. 182 beantragen. Wenn der Herr Bundesarbeitsminister soeben darauf hingewiesen hat, daß der Regierungsentwurf schon seit Wochen fertiggestellt ist und daß seine Durchführung über 1 Milliarde DM erfordert, so sind das Zahlen, die wir auch damals schon hier erörtert haben. Angesichts der Tatsache, daß der Entwurf seit Wochen fertig ist, und unter Bezugnahme auf die vom Herrn Bundesarbeitsminister soeben abgegebene Erklärung —daß man sich über die Deckungsvorlage innerhalb des Kabinetts quasi einig sei — muß ich sagen, daß wir nun erst recht die Durchführung des damaligen
Beschlusses durch die ganz beschleunigte Vorlage des Gesetzentwurfes fordern und erwarten.
Der Herr Kollege Freidhof hat kritisiert, daß in unserem Antrag für die Vorlage des Entwurfs ein Termin bis zum 15. Juni gesetzt worden ist. Ich darf darauf hinweisen, daß der SPD-Antrag das Datum vom 26. April 1951 trägt,
und in diesem Antrag ist als Termin für die Vorlage des Entwurfs der 20. Mai eingesetzt. Meine Damen und Herren von der SPD, wir sind bei unserer Terminstellung wahrscheinlich von den gleichen Überlegungen ausgegangen, die auch Sie bei Ihrem Antrag angestellt haben. Wir haben dabei die Zeit einkalkuliert, die dem Bundesrat nach den nun einmal geltenden Vorschriften für die Bearbeitung des Gesetzentwurfes zusteht. Infolgedessen sind wir zu dieser Terminbestimmung „15 Juni" gekommen. Daß das aber keine Benachteiligung der Rentner bedeuten soll, wird erwiesen durch den in Ziffer 2 unseres damaligen Antrages der Bundesregierung gegebenen Auftrag, eine durchschnittliche Erhöhung der Renten um 25 % mit Wirkung vom 1. Juni vorzusehen.
Meine politischen Freunde bzw. die Regierungsparteien, in deren Auftrag ich hier spreche, werden
an diesem Verlangen, das Gesetz zum 1. Juni in
Kraft zu setzen, unter allen Umständen festhalten.
Aus den von mir dargelegten Gründen bitte ich das Hohe Haus, unserem Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 182 zuzustimmen und den SPD-Antrag aus den mehrfach dargelegten Grün den abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Renner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum dritten Male in diesem Jahre beschäftigt sich das Plenum des Bundestages mit dem Problem der Invalidenversicherungsgesetzgebung. Der Herr Kollege Freidhof hat den Ablauf der Verhandlungen vom 1. März und vom 12. April dieses Jahres wahrheitsgemäß vorgetragen. Er hat mit Recht daran erinnert, daß der Herr Bundesarbeitsminister damals schon von seinem seit Wochen so heldenhaft geführten Kampf mit dem Bundesfinanzminister zur Sicherung der Deckung für die Mehrausgaben gesprochen hat. Aber der Herr Bundesarbeitsminister hat an diesem Tage noch etwas mehr gesagt. Er hat gesagt: Es hilft nicht mehr, daß wir irgendwo wieder ein kleines Pflästerchen daraufsetzen; es muß etwas Grundsätzliches geschehen! So meinte er. Und auf den Zwischenruf des Kollegen Richter — nachzulesen im Protokoll —, was die hungernden Invaliden bis zum Inkrafttreten des damals beschlossenen neuen Gesetzes machen sollten, hat der Herr Bundesarbeitsminister wörtlich geantwortet: Sie müssen eben so lange noch durch die Wohlfahrtsämter zusätzlich unterstützt werden!
Was der Herr Kollege Freidhof bedauerlicherweise aber nicht gesagt hat, ist, daß wir Kommunisten am 12. April einen Antrag eingebracht haben, in dem eine Erhöhung der Renten der Invaliden,
der Knappschaftsinvaliden und -pensionäre, der Unfallbeschädigten und der Witwen und Waisen, eine Erhöhung der Arbeitslosenunterstützungssätze um 30 % und eine Erhöhung der Wohlfahrtsrichtsätze um 50 % gefordert wurde. Dieser unser Antrag wurde bei Stimmenthaltung der sozialdemokratischen Fraktion von den übrigen Parteien des Hauses abgelehnt. Es stimmt, daß wir Kommunisten für den Antrag der Sozialdemokraten, der an dem Tage behandelt worden ist und der mit dem heutigen Antrage eigentlich identisch ist, gestimmt haben.
Die bürgerliche Presse — das ist heute auch schon erwähnt worden — hat damals große Tiraden über diesen Beschluß gemacht. Mir steht noch die Ausgabe der „Welt" vor Augen, die am 13. April 1951 schrieb: „Lichtblick für die Rentner — 25 vom Hundert Zulage geplant". Damals standen wir vor der Durchführung von Wahlen, und wir verstehen sehr gut, warum seinerzeit den Invaliden dieser Beschluß auf Schaffung eines Gesetzentwurf es schon so dargestellt wurde, als hätten sie damit bare Münze in der Tasche.
Was heute gemacht wird, ist nichts anderes. Heute wird geredet von der „Absicht", etwas zu tun, und es wird so der Eindruck erweckt, als hätten die Invaliden damit schon bares Geld in der Tasche. Sie hungern aber weiter. In der Zwischenzeit hat sich der Herr Bundesfinanzminister eingeschaltet. Er hat kategorisch erklärt: „Ehe ich diese neuen Mittel zur Verfügung stellen kann" — damals sprach man von 900 Millionen und nicht von einer Milliarde, wie das heute geschehen ist —, „brauche ich neue Einnahmen. Der Bundestag muß neue Steuern beschließen." Ohne der Diskussion — die leider gestern nicht stattgefunden hat - um das 1 Problem Erhöhung der Umsatzsteuer von 3 % auf 4,5 bzw. 5 % und Schaffung einer neuen Sonderumsatzsteuer vorzugreifen und ohne auf das Problem näher einzugehen, möchte ich nur herausstellen, daß die Regierung die Deckung dieser Mehrausgaben in der Form anstrebt, daß neue Steuern, die die Masse des Volkes tragen soll und die auch die Invaliden durch eine Verteuerung ihrer Lebenshaltungskosten mitfinanzieren sollen, geschaffen werden sollen.
Die Erhöhung von 3 Mark, die 'der Invalide mit Wirkung vom 1. Juli bekommen soll, hat man zudem damit begründet, sie solle zur Abdeckung der Mehraufwendungen dienen, die durch den Wegfall der Subventionen für Konsumbrot und Margarine entstehen. Das lauert ja auch noch im Hintergrund!
Man hat noch etwas anderes getan. Von der Regierung wurde offiziell eine Diskussion ausgelöst über das Problem „Ruhen der Renten beim Doppelbezug von Renten". In bürgerlichen Zeitungen erscheinen Artikel: „Die Renten sind nicht tabu". Wir haben es also mit einem Großangriff der reaktionären Regierung gegen die berechtigten Ansprüche der Rentner zu tun.
Auch heute ist wieder von dem Vermögensverlust der Sozialversicherungsträger gesprochen worden. Darf ich daran erinnern, daß Ende 1943 das Vermögen der Sozialversicherungsträger 20,4 Milliarden Mark betragen hat, mehr als das gesamte Aktienkapital der damaligen deutschen Schwerindustrie? Das Vermögen ist vertan worden, durch den Hitler-Krieg vertan worden.
Hinzu kam, daß der noch über den Krieg hinweggerettete Rest durch Ihre berühmte sogenannte Währungsreform vernichtet worden ist.
Ja doch, im Wirtschaftsrat war CDU-Herrschaft!
Wenn Sie heute von der Aufwertung des den Sozialversicherungsträgern durch den Krieg gestohlenen Milliardenvermögens reden, dann seien Sie sich klar, was das bedeutet. Es bedeutet, daß eine Vermögenssubstanz von mindestens 40 Milliarden zu ersetzen ist.
Es ist davon gesprochen worden, daß zur Deckung der Rentenleistungen neue Steuern geschaffen werden müßten. Wir lehnen es ab, die Not der Invaliden mit dem Problem der Beschaffung neuer Steuern zu verquicken.
— Herr Strauß, etwas ruhiger! Vielleicht geht's auch noch in Ihren etwas vernebelten Kopf ein.
Sie haben heute von den Mehrausgaben und ihrer Deckung gesprochen. Der Herr Minister Schäffer hat gesagt: Wir haben in der Regierung lange und ernste Überlegungen angestellt, um die Deckungsfrage zu lösen. Haben Sie, als Sie die 9,7 Milliarden Besatzungskosten bezahlten, die Deckungsfrage gestellt? Haben Sie da gesagt: Wir zahlen erst dann, wenn alle sozialen Bedürfnisse unseres Volkes befriedigt sind?
— Ja, Herr Strauß, es ist bitter, sich diese Wahrheiten anhören zu müssen, wenn man selber — wie Sie — für die Kosten der Remilitarisierung mitverantwortlich ist.
Das Verweisen der Sozialrentner an die Wohlfahrtsämter bedeutet in der Praxis doch nur folgendes. Die Wohlfahrtsämter, deren Richtsätze zugegebenermaßen heute ungeheuerlich hinter dem sogenannten Existenzminimum zurückstehen, haben doch nur die Aufgabe, diese Differenz zwischen Rente und Wohlfahrtsrichtsatz auszugleichen. Die Praxis ist: was die Regierung auf der einen Seite zulegt, nehmen die Wohlfahrtsämter auf der andern Seite wieder ab. Das tatsächliche Einkommen des Rentners erhöht sich nicht.
Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Wir haben gestern von Berichten einer sozialdemokratischen Zeitung über die Elendsverhältnisse in den Kreisen der Sozialberechtigten gehört. Es heißt dort, daß 6,2 Millionen Bewohner des Bundesgebiets zur Zeit ein Einkommen unter 100 Mark monatlich haben. Wir müsssen doch endlich begreifen und zugeben, daß die Zahlung von 9,7 Milliarden DM Besatzungskosten der Durchführung einer ausreichenden Sozialgesetzgebung bei uns hinderlich ist.
Kommen Sie zum Schluß!
Wer die Remilitarisierung bejaht, ist gleichzeitig für den Hunger der Invalidenrentner verantwortlich.
Das Problem, das hier zu lösen ist, heißt: Weg mit der Regierung Adenauer! Weg mit der Regierung der Kriegsvorbereitung und des Hungers! Entweder Kriegsvorbereitung und Krieg oder Sozialgesetzgebung. So steht die Alternative vor uns.
Kommen Sie zum Schluß, Herr Abgeordneter!
Wenn man den Sozialversicherten eine ausreichende Rentenversorgung geben will, dann muß man dafür sorgen, daß die Ursachen des Krieges und des Hungers beseitigt werden.
Wir stimmen für den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion und beantragen namentliche Abstimmung.
- Schreien Sie ruhig weiter! Wir wissen ja, was Sie auf dem Petersberg treiben.
Das Wort hat der Herr Bundesarbeitsminister.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich über die Ausführungen des Herrn Renner eigentlich sehr gefreut. Er hat nämlich gesagt, er lehne es ab, über eine Deckungsvorlage überhaupt zu verhandeln,
mit der Steuern beschlossen werden sollen, um den Sozialrentnern zu helfen.
Er stellt sich wahrscheinlich den Ablauf der Dinge so vor,
wie es bei seinen Freunden östlich der Elbe geschieht,
wo man derartige Bedürfnisse mit der Notenpresse deckt,
womit man die Kaufkraft der dortigen neuen Mark allmählich auf den Wert von 20 Pfennigen unserer Währung heruntergewirtschaftet hat.
Wir lehnen es auf jeden Fall ab, eine derartige Politik zu treiben, Herr Renner. Wir sind der Meinung, daß die Menschen bei uns nicht durch eine neue Inflation, wie sie Ihre politischen Freunde dort,
wo sie die Regierungsmöglichkeit haben, durchführen, um die Erträgnisse ihrer Arbeit betrogen werden sollen.
Das Wort hat der Abgeordnete Willenberg.
Meine Damen und Herren! Als das Hohe Haus in der 122. Sitzung am 1. März dieses Jahres den Antrag der Regierungsparteien auf Erhöhung der Renten um 25 %, annahm, und zwar einstimmig, wurde draußen im Lande die berechtigte Hoffnung erweckt, daß an die Verwirklichung dieser Forderung möglichst schnell herangegangen würde. Diese Erwartung ist enttäuscht worden. Daß dem Antrag durch eine Gesetzesvorlage der Bundesregierung entsprochen werden würde, durfte man um so eher annehmen, als er ja von den Regierungsparteien gestellt worden war.
Die Rentenempfänger, die Invaliden, die Witwen und die Waisen sind nun sehr stark enttäuscht worden.
Ich habe schon in meiner Rede vom 1. März dieses Jahres gesagt, wie hoch die Durchschnittsrenten der Invaliden und der Witwen sind. Wenn man weiß, daß die Renten in der Invalidenversicherung durchschnittlich bei 60 bis 65 DM und die Witwenrenten durchschnittlich bei 37 DM liegen, kann man die Empörung der Menschen draußen im Lande verstehen; und man muß sagen: sie ist berechtigt. Man möge einmal an den Auszahlungsterminen dorthin gehen, wo diese Renten ausgezahlt werden,
um die Ausdrücke der Enttäuschung und Empörung der Betroffenen zu hören. Meine Damen und Herren, diese Menschen können, wenn sie von ihren Renten oder Pensionen die Mieten bezahlt haben, kaum noch Brot, Kartoffeln, Margarine oder Marmelade kaufen.
Es ist also verständlich, daß heute ein Antrag
eingebracht wird, wenigstens ab 1. April — so
verstehe ich den Antrag — einen Ausgleichsbetrag
zu zahlen. Ich selber bin ebenso wie meine politischen Freunde an sich nicht dafür, daß man nachträglich feste Zuschläge zahlt; aber bei den Rentenempfängern ist die Notlage so groß, daß man in
diesem Fall doch überlegen sollte, ob man nicht
diesem Antrag zustimmen kann. Die Bundesregierung mag erneut Mittel und Wege suchen, um wenigstens die Nachzahlung für diese zwei Monate zu gewähren.
Ich habe nun noch ein Bedenken. Vom Herrn Bundesarbeitsminister, dessen soziale Einstellung ich keinen Moment bezweifle und noch nie angezweifelt habe, ist gesagt worden, daß die Rentenerhöhung um 25 % vorgenommen werden soll. Wie liegt die Sache nun bei jenen, die heute eine Rente bekommen, die niedriger ist als der Wohlfahrtssatz, oder bei jenen, die zusätzlich einen Betrag aus der Soforthilfe erhalten, damit Mann und Frau zusammen wenigstens die Grenze von 100 Mark erreichen? Wenn die 25%ige Erhöhung der Rente gewährt wird, aber gleichzeitig die Leistungen aus der öffentlichen Wohlfahrt in Fortfall kommen, ist den Rentenempfängern nicht gedient. So ist es auch bei jenen, die eine Unterstützung aus der Soforthilfe erhalten.
Herr Präsident, Sie erlauben doch, daß ich hier etwas verlese. — Ich habe hier eine Zuschrift von einem Rentenempfänger. Er bekommt für sich und seine Frau monatlich 82,10 DM, aus den Mitteln der Soforthilfe zusätzlich 17,90 DM, so daß er einen Gesamtbetrag von 100 DM hat. Wird jetzt eine
25% ige Rentenerhöhung vorgenommen, dann erhält der Mann 82,10 DM plus 25%; das macht einen Gesamtrentenbetrag von 102,60 DM. Vorher hat er nur 100 DM erhalten. Die Erhöhung für ihn würde demnach, wenn die Leistungen aus der Soforthilfe in Fortfall kommen, nur 2,60 DM ausmachen. Meine politischen Freunde sind der Auffassung, daß die Rentenerhöhung um 25% unter keinen Umständen auf die Leistungen aus der Wohlfahrt, aus der Fürsorge oder aus der Soforthilfe angerechnet werden dürfen. Diese 25 % müssen zusätzlich gezahlt werden, wenn wir der Notlage der Pensionsempfänger in etwa Rechnung tragen wollen.
Das Wort hat der Abgeordnete Freidhof.
Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst mit aller Entschiedenheit gegen die Ausführungen des Kollegen Horn wenden. Der Kollege Horn beschuldigt uns, die Opposition; er sagt, wir hätten es leicht, für die Rentner einzutreten. Er hat sogar davon gesprochen, daß es „billige Mätzchen" wären. Ich glaube, das Eintreten für die Rentner ist nicht nur eine Angelegenheit der Opposition, sondern eine Angelegenheit des ganzen deutschen Volkes.
Ich möchte die Behauptung hinzufügen, daß, wenn die Opposition in dieser Frage nicht aktiv gewesen wäre, die Regierung nichts unternommen hätte, um den Rentnern zu helfen.
Ich will auch den Beweis dafür antreten. Als im Frühjahr dieses Jahres mit den Beamten des Finanzministeriums über den neuen Voranschlag verhandelt wurde, haben die Beamten im Finanzministerium erklärt, Mittel für die Erhöhung der Beamtengehälter seien im neuen Voranschlag vorgesehen; als aber die Frage an sie gerichtet wurde, ob auch Mittel für die Erhöhung der Renten vorgesehen seien, haben sie erklärt, dafür seien keine Mittel vorgesehen!
Es ist also die absolute Verpflichtung der Opposition, in dieser Richtung aktiv zu werden, um so die Regierung zu zwingen, auf dem Gebiet etwas zu tun.
Nun sagt der Herr Kollege Horn, wir sollten die Mittel bewilligen, die zur Auszahlung der Renten nötig sind. Ich möchte den Herrn Finanzminister und den Herrn Staatssekretär, der ja anwesend ist, auffordern, die drei Milliarden Steuern einzuziehen, die nach Aussagen des Finanzministers in Deutschland hinterzogen werden,
dann sind Mittel vorhanden, um die Rentenerhöhung durchzuführen, und weiter die durch Kapitalflucht verlorenen 800 Millionen hereinzubringen! Dann besteht die Möglichkeit, diese Dinge hier durchzufuhren.
Der Abgeordnete Horn hat darauf hingewiesen, daß für die Durchführung des Gesetzes nach Art. 131 und für die Erhöhung der Beamtengehälter Mittel nötig sind. Wenn das Gesetz nach Art. 131 mit unserer Zustimmung beschlossen worden ist und wenn wir für die Erhöhung der Beamtengehälter eintreten, dann wehren wir uns gegen den Grundsatz: Den Letzten beißen die Hunde, nämlich die Invalidenrentner; dann muß auch für die Invalidenrentner Geld vorhanden sein. Wer weiß, daß die durchschnittliche Wochenrente in der Invalidenversicherung 15,07 DM beträgt,
die Witwenrente in der Invalidenversicherung und in der Angestelltenversicherung 9 DM bzw. 10,83 DM, der wird zugeben, daß man davon nicht leben kann.
Im übrigen ist die Regierung durch ihre Wirtschaftspolitik
dafür verantwortlich, daß diese Situation herbeigeführt wurde. Die Regierung kann sich von dieser Verantwortung nicht freisprechen; sie trägt die Verantwortung.
Ich beantrage deshalb über unseren Antrag namentliche Abstimmung.
Das Wort hat der Abgeordnete Horn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Kollegen Freidhof veranlassen mich zu dieser nochmaligen Wortmeldung.
Die Auffassung, die ich vorhin über das Verhältnis oder das Verhalten von Opposition und Regierungsparteien geäußert habe, wird, wie ich überzeugt bin, in der Form, wie ich es gesagt habe, von wahrscheinlich allen Angehörigen der Regierungsparteien geteilt werden.
Wenn der Kollege Freidhof mir dann unterstellte, ich hätte mit Bezug auf das Eintreten der SPD für diese Rentenerhöhung von „billigen Mätzchen" gesprochen, so weise ich diese Unterstellung mit allem Nachdruck zurück!
In. dieser Form habe ich die Bemerkung „billige Mätzchen" nicht gemacht, sondern auf einen Zwischenruf von links oder ganz links — das weiß ich nicht genau —, und ich kann mich im Augenblick auch nicht mehr genau auf den Wortlaut dieses Zwischenrufs besinnen.
Mit Bezug auf diesen Zwischenruf
habe ich diese Bemerkung gemacht, die vom Herrn Präsidenten, an sich mit Recht, gerügt worden ist. Ich muß also, damit in der Öffentlichkeit keine Märchenbildungen entstehen,
mit aller Eindeutigkeit darauf hinweisen, daß meine Ausführungen zum Thema durchaus sachlich und klar gewesen sind.
Lassen Sie mich noch einen Satz nachtragen, damit auch das ausgesprochen wird. Im Verlaufe dieser Diskussion ist auch mehrfach von den 3 DM Teuerungszulage gesprochen worden, mit denen man, wie auch Zeitungen geschrieben haben, die Rentner abspeisen möchte. Ich stelle hier ausdrücklich fest, daß in den Reihen der Regierungsparteien zu keiner Minute irgend jemand daran gedacht hat, daß diese 3 DM ein Ersatz für den Beschluß des Bundestages vom 1. März sein könnten.
Das ist vielmehr ein Vorhaben, das der Herr Bundesfinanzminister bzw. die Bundesregierung ganz außerhalb des Rahmens dieses Beschlusses auf durchschnittliche Erhöhung der Renten um 25% zusätzlich vorgesehen hat.
Ich möchte das auch hier gesagt haben, und ich bitte, das auch mit der Deutlichkeit zur Kenntnis zu nehmen, wie es bei den Regierungsparteien Überzeugung ist.
Diese 3 DM können in gar keiner Weise auch nicht der geringste Ersatz für die Erfüllung unseres Verlangens sein.
Das Wort hat der Abgeordnete Euler.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Gespräche über die Deckung, die für den vermehrten Aufwand zu beschaffen ist, haben sich von vornherein immer bezogen auf den Mehraufwand von 1 Milliarde DM, der durch die Erhöhung der Renten entsteht, auf den Mehraufwand, der weiterhin entsteht durch die Erhöhung der Grundgehälter der Beamten um 20%. Das ist ein weiterer Posten von 3/4 Milliarden DM. Zusammen ist das also eine zusätzliche Anforderung von 1 3/4 Milliarden. Die Regierungsparteien sind immer davon ausgegangen, daß es unumgänglich erforderlich ist, diesen Mehraufwand anzuerkennen. Dann muß man aber vorher dem Finanzminister die Deckung gegeben haben. Es ist also völlig falsch, völlig unbegründet, wenn hier Herr Kollege Freidhof davon spricht, die Deckungsbemühungen der Regierungsparteien hätten sich nur auf das eine oder das andere, auf die Deckung der Erhöhung der Renten oder der Erhöhung der Beamtengehälter bezogen. Vielmehr war von vornherein beides Gegenstand der Gespräche, die in diesen Tagen zum Abschluß kommen werden.
Lassen Sie mich auf ein zweites hinweisen. Herr Kollege Freidhof sprach von Beträgen der Einkommensteuer, die von der Finanzverwaltung nicht beigebracht würden. Nun, wir haben leider keine Bundesfinanzverwaltung, sondern wir haben Länderfinanzverwaltungen, und die Finanzverwaltungen in mehreren Ländern sind in Händen sozialdemokratischer Länderregierungen.
Es wäre Aufgabe dieser Länderregierungen gewesen, doch einmal zu zeigen, was sie mit ihrer Regierungskunst vermögen,
um gerade die Ergiebigkeit der Einkommen- und Köperschaftsteuer zu steigern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben Ihnen ein Hilfsmittel in die Hand gegeben, wenn Ihnen daran gelegen ist, eine bessere Ergiebigkeit gerade der Einkommen- und Körperschaftsteuer herbeizuführen. Wir haben den Antrag eingebracht, das Grundgesetz dahin zu ändern, daß wieder eine Bundesfinanzverwaltung, wie wir sie früher gehabt haben, geschaffen werde.
— Nein, es geht an Ihre Adresse. Wir wissen zwar, welche Schwierigkeiten bei gewissen politischen Gruppen aus föderalistischen Vorstellungen heraus bestehen; wir wissen aber auch, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie, daß es gerade sehr fraglich ist, ob die sozialdemokratisch regierten Länder im Bundesrat für unseren Antrag stimmen werden.
Wir werden das demnächst erleben.
Ich möchte Sie hiermit aufgefordert haben, Ihren Einfluß entsprechend geltend zu machen.
Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung über die Anträge Drucksache Nr. 2209 und Umdruck Nr. 182. Damit sich alle Damen und Herren über den Inhalt der Anträge klar sind, mache ich darauf aufmerksam, daß Ziffer 2 des Beschlusses vom 1. März 1951 folgenden Wortlaut hat:
Die Renten der gesetzlichen Rentenversicherungen sollen im Durchschnitt um 25% erhöht werden, gleichzeitig soll die Rentenhöhe stärker als bisher von der Anzahl und der Höhe der entrichteten Beiträge abhängig gemacht werden.
Der Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP stellt zu einem Teil einen Änderungsantrag zu dem Antrage der Fraktion der SPD dar. Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP.
— Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Die entsprechende Unterstützung des Antrages liegt vor. Ich bitte die Damen und Herren, die für namentliche Abstimmung sind, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. —
Das zweite ist die Mehrheit. Der Antrag auf namentliche Abstimmung ist abgelehnt.
— Meine Damen und Herren, wir stehen hier doch schließlich nicht vor Troja. Ich bitte doch die Auseinandersetzungen vor den Kämpfen nicht zu übertreiben.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP auf Umdruck Nr. 182. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrage zuzustimmen wünschen, eine Hand
zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Antrag ist angenommen.
Damit ist der Antrag der Fraktion der SP) unter Ziffer 1 erledigt.
Ich komme zur Abstimmung über Ziffer 2 des Antrages der Fraktion der SPD. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe auf den letzten Punkt der Tagesordnung von gestern:
Beratung des interfraktionellen Antrags betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse .
Meine Damen und Herren, ich bin darauf aufmerksam gemacht worden, daß der Antrag der Fraktion des Zentrums betreffend Wiederherstellung der deutschen Rechte an den Konzernen der Vereinigte Glanzstoffwerke AG — Nr. 2208 der Drucksachen — in erster Linie den Ausschuß für Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten angeht. Darf ich die Frage stellen, ob auch Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik gewünscht wird?
— Das ist der Fall, also federführend der Ausschuß für Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten und mitberatend der Ausschuß für Wirtschaftspolitik. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag auf Umdruck Nr. 164 — mit dieser Abänderung — zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Antrag ist angenommen.
Meine Damen und Herren! Damit kommen wir zur gedruckten Tagesordnung von heute, Mittwoch. Nachdem die Punkte 1 und 2 abgesetzt worden sind, rufe ich auf Punkt 3 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Neuburger, Stahl, Eickhoff und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Behandlung von Tabakerzeugnissen besonderer Eigenart .
Im Ältestenrat ist eine Verständigung darüber herbeigeführt worden, daß heute auch die Vorlage der Bundesregierung auf Drucksache Nr. 2242 — Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes — auf die Tagesordnung gesetzt werden soll. Ich darf annehmen, daß auf Grund dieser Vereinbarung Bedenken dagegen, daß die Tagesordnung um diesen Punkt erweitert wird, nicht erhoben werden. — Ich stelle fest, daß diesem Vorschlag nicht widersprochen wird.
Weiterhin ist eine Verständigung darüber erzielt worden, daß weder der Antrag Drucksache Nr. 2214 noch die Gesetzesvorlage Drucksache Nr. 2242 begründet oder hier besprochen werden soll. — Das Haus ist auch damit einverstanden.
Ich schlage dem Hause vor, die beiden Gesetzentwürfe dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen zu überweisen.
— Herr Abgeordneter Dr. Horlacher, bitte!
Ich bitte, den Antrag wegen steuerlicher Behandlung von Tabakerzeugnissen besonderer Eigenart auf jeden Fall auch dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen, weil es sich hier in erster Linie um eine landwirtschaftliche Frage handelt.
— Bitte, es ist so, Herr Kollege Mellies!
Wir können die Sache abkürzen. Herr Abgeordneter Scharnberg wünscht auch Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik. Meine Damen und Herren, darf ich annehmen, daß das Haus damit einverstanden ist, daß diese beiden Gesetzentwürfe nicht nur dem federführenden Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen, sondern auch dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik überwiesen werden. - Das ist offenbar der Fall.
— Bei welchem Ausschuß wird Widerspruch erhoben?
— Es besteht also Einmütigkeit über die Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen. Ich bitte die Damen und Herren, die für die Überweisung auch an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sind, die Hand zu erheben. Ich bitte um die Gegenprobe. — Die Mehrheit des Hauses wünscht die Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Ich frage weiter: Wer ist für Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik?
— Meine Damen und Herren, Sie tun uns einen Dienst, wenn Sie sich an der Abstimmung beteiligen. Ich wiederhole: Wer ist für die Überweisung auch an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik? — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit. Die Überweisung ist erfolgt.
Punkt 4 der Tagesordnung betreffend Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen usw. war ebenfalls abgesetzt worden.
Ich darf zunächst darauf aufmerksam machen, daß mir mitgeteilt worden ist, es sei eine Verständigung darüber herbeigeführt worden, daß der Punkt 6 der Tagesordnung betreffend Industriekreditbank Aktiengesellschaft ebenfalls abgesetzt werden soll. Ist das zutreffend?
— Offenbar! Dann bitte ich, diesen Punkt von der Tagesordnung zu streichen.
Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Lohnzahlung an Feiertagen ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Nr. 2204 der Drucksachen); Änderungsantrag Umdruck Nr. 181 (Erste Beratung: 120. Sitzung).
— Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Bergmann, bitte!
Auf Wunsch mehrerer Abgegeordneten bitte ich den Punkt 5 von der Tages-
ordnung abzusetzen und den Gegenstand noch einmal dem Ausschuß zu überweisen.
Herr Abgeordneter Even, bitte!
Da eine große Fraktion diesen Wunsch ausspricht, glauben wir keinen Grund zu haben, diesen Antrag ablehnen zu sollen. Ich bitte, ihm zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, es ist der Antrag gestellt worden, den Gesetzentwurf und den Bericht des Ausschusses noch einmal an den Ausschuß für Arbeit zurückzuverweisen. Ich bitte die Damen und Herren, die dieser Rückverweisung zustimmen, die Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit. Die Rückverweisung ist erfolgt.
Es sind also jetzt abgesetzt Punkt 6, Punkt 7 betreffend die Einzelpläne XXIII und XXI des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950, ferner die Punkte 8 und 9 sowie der Punkt 10 betreffend Einsparung von 150 Millionen DM Zinsen.
Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten
Der Antrag wird durch Herrn Abgeordneten Neber begründet. Ich erteile ihm das Wort.
Herr Präsident, Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag auf Drucksache Nr. 2215 wird
wahrscheinlich nicht auf allgemeine Gegenliebe stoßen. Er erscheint uns aber angesichts der Gesamtsituation in der Landwirtschaft sehr berechtigt. Es wäre nämlich falsch, wenn man aus den Preissteigerungen der letzten Wochen und Monate schließen wollte, als ob nun die Landwirtschaft im vollen schwimme und als ob es nun möglich sei, daß die Landwirtschaft auf der einen Seite der Forderung nach vermehrter Produktion insbesondere auch im Sinne des Marshallplans nachkommen könnte und auf der andern Seite imstande sei, die Verpflichtungen zu erfüllen, die ihr in so vielseitiger Weise insbesondere durch neue steuerliche und sonstige Belastungen auferlegt werden.
Die Dinge liegen wesentlich anders. Es besteht noch immer eine Diskrepanz zwischen Produktionsmittelpreisen und Produktenpreisen, obwohl in der Rhöndorfer Besprechung angekündigt wurde, daß nun endlich einmal diese Diskrepanz tatsächlich beseitigt würde und damit Produktionsmittelpreise und Preise für landwirtschaftliche Produkte endlich in ein richtiges Verhältnis zueinander kämen. Es ist nun einmal so, daß die vorgenommene Getreidepreiserhöhung der deutschen Landwirtschaft so viel wie gar nichts gebracht hat. Es muß gesagt werden, daß wir im Vorjahr infolge der mangelnden Einnahmen auf den verschiedenen landwirtschaftlichen Gebieten und Sparten gezwungen waren, unser Getreide unmittelbar nach der Ernte bzw. gleich nach dem Drusch abzusetzen, so daß hieraus keine Einnahmen mehr zu erwarten sind. Wenn wir heute die gestiegenen Produktionsmittelkosten und auf der anderen Seite die gestiegenen Einnahmen einander gegenüberstellen, dann müssen wir feststellen, daß die Preisschere weiter auseinanderklafft, als es vorher jemals der Fall war.
Wir haben beispielsweise auch festzustellen, daß gerade im Vorjahr und auch jetzt wieder bei dem Absatz von landwirtschaftlichen Produkten wie Gemüse, Obst usw. anstatt Mehreinnahmen Mindereinnahmen zu verzeichnen waren. Auch von verschiedenen anderen Sparten der Landwirtschaft ist Ähnliches zu berichten. Ich erinnere nur an die Tabakernte. Gerade vorhin haben wir über das Tabakbauproblem einiges gehört. Auch die Tabakernte des Vorjahres mußte zu völlig ungenügenden Preisen abgesetzt werden.
Wir haben weiter festzustellen, daß auf einem besonderen Gebiet der Landwirtschaft, im Weinbau, der ja besonders bei uns in der Pfalz eine Rolle spielt, die Dinge auch nicht so rosig sind, wie sie darzustellen mancherorts beliebt wird. Man darf sich auch nicht dadurch täuschen lassen, daß bei einzelnen Versteigerungen Qualitätsweine entsprechend bezahlt werden. Ich darf vielmehr daran erinnern, daß beispielsweise im vergangenen Herbst die Weine mit Preisen bis herunter zu 320 DM pro 1000 Liter und pro Fuder bezahlt wurden und daß heute eine Stagnation im Absatz insbesondere bei den Konsumweinen festzustellen ist, so daß auch hier die Lage der Landwirtschaft alles andere als rosig ist.
Die Auswirkungen haben wir gerade in diesem Frühjahr erlebt. Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten darf ich ein untrügliches Zeugnis dafür beibringen, wie die Situation in der Landwirtschaft aussieht. Da berichtet beispielsweise die Industrie-und Handelskammer Frankfurt am Main in der Frankfurter Rundschau" vom 8. Mai bezüglich des Preisstandes und Umsatzrückganges, daß die Zahlungseingänge gerade in der Landwirtschaft besonders schleppend sind. Wir haben das vor einigen Tagen von unserem Kollegen Günther hier ebenfalls gehört. Die „Frankfurter Rundschau" schreibt weiter, daß der Absatz von Dünge- und Schädlingsbekämpfungsmitteln erheblich zurückgegangen ist. Wir haben auch bei den landwirtschaftlichen Genossenschaften feststellen können, daß infolge des Mangels an Geld der Absatz von Düngemitteln sehr zurückgegangen ist. Schließlich liegt es im Interesse des ganzen Volkes, daß zunächst einmal die Produktion der Landwirtschaft gefördert wird. Dafür aber müssen dann auch die nötigen Produktionsmittel bereitgestellt werden. Bei den bekannten Kreditverhältnissen waren Düngemittel, Saatgut usw. ohne Bargeld fast nicht zu haben. Bekam man sie doch einmal ohne Bargeld, dann mußte man Akzepte geben, die schon im allgemeinen für die Landwirtschaft untragbar sind, besonders aber bei der kurzen Laufzeit von vier Monaten.
Es ist infolgedessen notwendig, hinsichtlich der Belastung endlich das zu tun, was schon längst, da es eine Selbstverständlichkeit ist, hätte getan .werden müssen, da von der Preisseite allein — das erkennen auch wir an — nicht geholfen werden kann. Es ist ja nicht so, als ob die deutsche Landwirtschaft mit Steuern und Abgaben nicht in hinreichendem Maße belastet wäre, es ist auch nicht so. als ob nun die Landwirtschaft nur mit der Umsatz-und Einkommensteuer belastet wäre, sondern ich darf daran erinnern, daß außer beim Hausbesitz und bei den gewerblichen Betrieben gerade in der Landwirtschaft die Realbesteuerung sehr beachtlich ist und daß diese Realbesteuerung, die Besteuerung die von den Kommunen ausgeht, uns besonders drückt. Ich darf erinnern an die erhöhten sonstigen Belastungen, z. B. an die Belastung durch die So zialbeiträge aller Art, an die erhöhten Berufs-
genossenschaftsbeiträge, die wir gerade in den letzten Wochen und Monaten zahlen mußten, an alle sonstigen Erhöhungen wie die der Versicherungsbeiträge usw. Es ist klar, daß die finanzielle Inanspruchnahme der Landwirtschaft durch die Beschaffung von Düngemitteln und Saatgut und durch die erhöhten Anforderungen auf der Belastungsseite gerade im Monat Mai besonders groß ist und daß die Einnahmen in dieser Zeit in äußerst geringem Maße fließen. Deshalb scheint es uns notwendig zu sein, daß unserem Antrag Rechnung getragen wird und daß die Aussetzung der Erhebung der Soforthilferate vom 20. Mai vom Hohen Hause beschlossen wird, zumal wir ja auch darauf hinweisen können, daß ja seinerzeit schon bei der Verabschiedung des Soforthilfegesetzes nur an ein Provisorium gedacht war. Man dürfte sich wohl auch in diesem Hohen Hause und im Lastenausgleichsausschuß darüber klar sein, daß eine endgültige Belastung der Landwirtschaft beim Lastenausgleich in der Höhe der seitherigen Soforthilfe unter keinen Umständen tragbar sein wird, wenn die Funktionsfähigkeit der Landwirtschaft nicht Schaden leiden soll.
Wir ersuchen daher das Hohe Haus, unserem Antrag zuzustimmen. Wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit — wir haben heute schon den 23. Mai — sollte dieser Antrag im Lastenausgleichsausschuß beschleunigt behandelt werden. Wir erwarten, daß der Herr Finanzminister inzwischen an die Finanzbehörden Anweisung erteilen wird, wonach bis zur Entscheidung über unseren Antrag von der Erhebung von Zuschlägen und von den Maßnahmen, wie sie bisher seitens der Finanzbehörden gewohnt waren, abgesehen wird. Ich bitte also das Hohe Haus, diesem unseren Antrag zuzustimmen.
Meine Damen und Herren! Wir haben zunächst über die Begrenzung der Redezeit Beschluß zu fassen.
Ich schließe mich diesem Vorschlag an: 40 Minuten. Ist das Haus einverstanden? — Es ist so beschlossen.
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag auf Drucksache Nr. 2215 sieht ein Ersuchen an die Bundesregierung vor, die am 20. Mai 1951 fällige Rate der allgemeinen Soforthilfeabgabe für Abgabepflichtige mit überwiegend land- und forstwirtschaftlichem Vermögen bis zum Erlaß des Lastenausgleichsgesetzes auszusetzen. Zu dem Antrag muß ich folgendes bemerken.
Erstens: Es sind schon mehrfach im Bundestag besondere Stundungsmaßnahmen zugunsten der Landwirtschaft beantragt worden, so insbesondere durch den Antrag Drucksache Nr. 543. Durch sie sollte die Bundesregierung ersucht werden, die Februar-Rate 1950 weitgehend zu stunden und alsbald Vorschläge zu unterbreiten, wie bei Durchführung des Soforthilfegesetzes den veränderten Verhältnissen der Landwirtschaft Rechnung getragen werden könne. Auf Grund der Ausschußberatungen ist der Antrag dann abgeändert worden in ein Ersuchen an die Bundesregierung — Drucksache Nr. 966 —, die Finanzämter anzuweisen, bei Anwendung des Stundungserlasses für die Landwirtschaft vom 13. Februar 1950 der Beseitigung auftretender Härtefälle besondere Aufmerksamkeit zu schenken und bei der Bearbeitung von Stundungsanträgen aus der Landwirtschaft weitgehend Sachverständige zuzuziehen. In der Plenarsitzung vom 23. Juni 1950 ist der so abgeänderte Antrag angenommen worden. Der Berichterstatter hat dabei betont, daß die Aufbringungsseite „vollkommen ins Rutschen kommen" würde, wenn wegen individueller Härten über das bisher geübte Stundungsverfahren hinaus in Einzelfällen eine generelle, eine z. B. regionale Stundung für bestimmte Gruppen verfügt werden würde. Auch in der Interpellation Dr. Horlacher und Genossen vom 27. Oktober 1950 — Drucksache Nr. 1531 — ist die Bundesregierung gefragt worden, ob sie bereit sei, bis auf weiteres hinsichtlich der Hälfte der am 20. November 1950 fälligen Rate der Soforthilfeabgabe Stundung zu gewähren. Der Bundesminister der Finanzen hat darauf im Bundestag die Erklärung abgegeben, daß er die Finanzbehörden noch einmal an die bisherigen Stundungserlasse, die eine individuelle Berücksichtigung der Einzelfälle vorsähen, eripnert habe und daß er nach der Rechtslage zu weiteren Maßnahmen nicht imstande sei.
Zweitens: Die bisher sowohl im Lastenausgleichsausschuß als auch im Plenum des Bundestages somit anerkannten Bedenken gegen eine generelle Berücksichtigung der Landwirtschaft bei. der Erhebung der Soforthilfeabgabe bestehen unvermindert weiter. Nicht zu verkennen sind die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, unter denen ein nicht geringer Teil der landwirtschaftlichen Betriebe zu leiden hat. Dabei ist jedoch zu bedenken, daß die wirtschaftliche Lage der Betriebe sehr verschiedenartig sein kann. Schon deshalb sind bisher ausnahmslos generelle Stundungsmaßnahmen für bestimmte Berufsgruppen oder für bestimmte Gebiete nicht gewährt worden. Solche Maßnahmen wären auch mit den Stundungsgrundsätzen des bis zum Erlaß des Lastenausgleichsgesetzes noch voll weitergeltenden Soforthilfegesetzes nicht zu vereinbaren. Sie würden das weitere Aufkommen an Soforthilfeabgabe in einer Art gefährden, die gegenüber dem Anspruchsberechtigten wohl kaum zu verantworten wäre. Es kommt hinzu, daß eine generelle Stundung zugunsten der Landwirtschaft sofort und dann wohl mit mindestens derselben Berechtigung wie bei der Landwirtschaft die gleichen Ansprüche auf allgemeine Stundungsanordnungen bei den zum 'Teil wirtschaftlich sehr schwer ringenden Hausbesitzern hervorrufen würde.
Auch gewisse Gruppen der gewerblichen Wirtschaft, wie z. B. Flüchtlingsbetriebe, Schwerkriegsbeschädigtenbetriebe und bestimmte Branchen würden vermutlich mit gleichen Wünschen auftreten. Das würde praktisch das Ende einer ordnungsmäßig funktionierenden Soforthilfeabgabe, damit aber auch der notwendigen Soforthilfeleistungen bedeuten. Derartige generelle Maßnahmen kann der Bundesfinanzminister in Form von Verwaltungsanordnungen überhaupt nicht treffen. Sie bedürften einer Änderung des bestehenden Gesetzes. Es muß vielmehr bei der bisher eingespielten und den berechtigten Belangen des wirtschaftlich besonders schwachen Teiles der Landwirtschaft hinreichend gerecht werdenden Handhabung verbleiben, nämlich der Einzelstundung auf Antrag
unter Darlegung der Verhältnisse im jeweils fraglichen Fall.
Bei der Prüfung der Wirtschaftslage ist selbstverständlich unter anderem auch der erforderliche Bedarf an Düngemitteln, gegebenenfalls auch ein unabweislicher Nachholbedarf als notwendiger Aufwand zu berücksichtigen. Dies ist bereits anläßlich der Anweisungen über die Behandlung von Stundungsanträgen im Rahmen des Erlasses vom 13. Februar 1950 hervorgehoben worden.
Ich möchte und muß aber noch besonders auf den § 47 des dem Bundestag vorliegenden Lastenausgleichsgesetzentwurfes hinweisen. Danach darf bis zum Inkrafttreten des Lastenausgleichsgesetzes die Soforthilfeabgabe nicht mit der Begründung gestundet werden, daß die voraussichtlichen Leistungen an Vermögensabgaben niedriger sein werden. Auf diesen Grundsatz ist auch in dem Runderlaß vom 8. Dezember 1950 hingewiesen worden. Im übrigen ist auch der Fälligkeitstermin des 20. Mai 1951 bereits verstrichen, so daß eine generelle nachträgliche Maßnahme eine Privilegierung und Bevorzugung der säumigen Zahler bedeuten würde und diejenigen, die der gesetzlichen Vorschrift entsprechend ihre Raten pünktlich entrichtet haben, sich unter Umständen mit Recht benachteiligt fühlen würden.
Drittens: Die Soforthilfeabgabe führt, wie die Bundesregierung nie verkannt hat, zu erheblichen Härten für gewisse Schichten der Abgabepflichtigen. Das gilt insbesondere wegen der rohen Grundsätze, die seinerzeit zum schnellen Vollzug des Gesetzes als notwendig anerkannt werden mußten, z. B. für das Verbot des Schuldenabzugs und des Abzugs der Altenteilslasten. Diese rohen Grundsätze können jedoch nur für eine beschränkte Zeit hingenommen werden. Infolgedessen bittet die Bundesregierung im Interesse gerade dieser Schichten, der wirtschaftlich schwachen Kreise der Abgabepflichtigen, das Hohe Haus, die Beratung über den Gesetzentwurf betreffend den Lastenausgleich zu beschleunigen und das Gesetz baldmöglichst zu verabschieden.
Das beste Mittel, den Härten, die sich aus der rohen Gestaltung des Soforthilfegesetzes zweifellos ergeben, abzuhelfen, ist eine möglichst rasche Verabschiedung des Gesetzentwurfes über den Lastenausgleich.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Dr. Preiß.
Herr Präsident! Meine Damen und Heren! Angesichts der Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers erkläre ich im Namen der Antragsteller, daß wir auf eine weitere Debatte über diesen Antrag in der heutigen Sitzung verzichten, aber das Haus doch dringend bitten, den Antrag an den Ausschuß für den Lastenausgleich zu überweisen und dem Ausschuß die Weisung mitzugeben, diesen Antrag in der nächsten Sitzung vorrangig zu behandeln.
Der Antrag wird unterstützt. Dann lasse ich abstimmen.
— Ich möchte niemandem das Wort abschneiden. Ich wollte nur fragen, ob das ganze Haus mit diesem Antrag einverstanden ist.
— Ich möchte die Debatte nicht abschneiden.
— Gewiß, doch möchte ich die Debatte nicht so ohne weiteres abschneiden.
— Ich muß wohl abstimmen lassen. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist also an den Ausschuß für den Lastenausgleich verwiesen, zugleich mit der Bitte diese Angelegenheit vordringlich zu behandeln.
Damit, meine Damen und Herren, ist die Tagesordnung erschöpft.
Ich habe noch mitzuteilen, daß der Vortrag von Commander King-Hall über das Thema „Das Verhältnis von Regierung und Abgeordneten in England" in den Räumen der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft heute abend stattfindet.
Ich berufe die nächste, die 144. Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf Mittwoch, den 30. Mai 1951, 14 Uhr, und schließe die 143. Sitzung.