Rede von
Oskar
Müller
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Ich wundere mich einigermaßen über den Antrag der Fraktion des Zentrums, der doch nichts anderes bezweckt, als dem Finanzminister Ländersteuern in die Kasse zu treiben, obwohl die Lage in den einzelnen Ländern doch bekanntlich alles andere als rosig ist. Die Pläne, die der Finanzminister ja schon seit längerer Zeit entwickelt hat, gehen doch darauf hinaus, den Ländern zumindest ein Drittel der ihnen gehörenden Einkommen-und Körperschaftsteueranteile wegzunehmen. Die Gründe dafür sind bekannt, und wir werden noch Gelegenheit nehmen, im einzelnen darauf zurückzukommen. Darüber aber, daß auf\\ diese Art und Weise, eben durch die Abschöpfung der den Ländern zustehenden Einkommen- und Körperschaftsteuern nichts anderes bezweckt werden soll — und darüber werden Sie sich ja hoffentlich mit der Zeit klar werden —, als das durch die 9,7 Milliarden Besatzungskosten im Haushalt des Bundes entstandene Defizit abzudecken, brauche ich keine weiteren Ausführungen mehr zu machen. Auf der anderen Seite steht doch ganz eindeutig fest, daß die finanzielle Lage in den Ländern alles andere als rosig ist.
Gestatten Sie mir, gerade auf Grund der jetzigen steuerlichen Entwicklung auf einige wenige Tatsachen hinzuweisen. So hat z. B. der Finanzminister des Landes Hessen vor kurzem mitgeteilt, daß das Land auf Grund der Entwicklung der Steuern gegenüber den Gemeinden und Kreisen eine Reduzierung der Zuweisungen um etwa 18 Millionen wird vornehmen müssen. Die Stadt Frankfurt wird durch diese Reduzierungen ein Defizit von etwa 12 Millionen aufweisen. Die Lasten aus dieser Politik, die hier von der Bundesregierung im Interesse des Aufbringens der Besatzungskosten, d. h. im Interesse der Remilitarisierung diktiert werden, werden auf diese Art und Weise auf die Länder bzw. Kreise und Gemeinden abgewälzt.
Da hat zum Beispiel die sozialdemokratische Regierung in Hessen nunmehr an die Kreise und Gemeinden die Anweisung gegeben, den ihnen durch die Kürzung der Steuerüberweisungen entstandenen Ausfall durch die Erhöhung der örtlichen und der Kreisumlagen auszugleichen. Es wurde ihnen direkt die Anweisung gegeben, die Kreisumlagen zu erhöhen, die Steuern und die Abgaben in den Gemeinden und die Tarife für Gas, Wasser, Elektrizität sowie die Tarife für die Straßenbahnen usw. zu erhöhen.
Das bedeutet also, daß durch diese Politik vom Bund aus — mit der Konsequenz der Wegnahme von ungefähr einem Drittel der Einkommen- und Körperschaftsteueranteile — die arbeitenden Menschen, die Gemeinden und die Kreise durch die Erhöhung ihrer Kreis- und Gemeindeumlagen, der
Gebühren und Tarife gezwungen sind oder gezwungen werden sollen, die Mittel aufzubringen, die auf dem Wege über den Bund praktisch der Remilitarisierung und Aufrüstung zufließen; und dagegen wenden wir uns.
— Ja, meine Damen und Herren, daß ein Teil von Ihnen das nicht begreifen will, ist mir angesichts der Tatsache, daß Sie ja mit den Plänen des Petersberges absolut einverstanden sind, durchaus verständlich. Ich kann mir absolut vorstellen, daß ein Deputierter des Petersberges hier, gleichgültig in welcher Form, von diesem Platz aus seine Ehre dareinsetzen wird, dem Petersberg zu erklären, daß er den letzten Groschen aus dem deutschen Volk herausholen werde, damit dieses deutsche Volk die Besatzungs- und damit die Aufrüstungskosten aufbringen könne.