Rede von
Fritz
Schäffer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag auf Drucksache Nr. 2215 sieht ein Ersuchen an die Bundesregierung vor, die am 20. Mai 1951 fällige Rate der allgemeinen Soforthilfeabgabe für Abgabepflichtige mit überwiegend land- und forstwirtschaftlichem Vermögen bis zum Erlaß des Lastenausgleichsgesetzes auszusetzen. Zu dem Antrag muß ich folgendes bemerken.
Erstens: Es sind schon mehrfach im Bundestag besondere Stundungsmaßnahmen zugunsten der Landwirtschaft beantragt worden, so insbesondere durch den Antrag Drucksache Nr. 543. Durch sie sollte die Bundesregierung ersucht werden, die Februar-Rate 1950 weitgehend zu stunden und alsbald Vorschläge zu unterbreiten, wie bei Durchführung des Soforthilfegesetzes den veränderten Verhältnissen der Landwirtschaft Rechnung getragen werden könne. Auf Grund der Ausschußberatungen ist der Antrag dann abgeändert worden in ein Ersuchen an die Bundesregierung — Drucksache Nr. 966 —, die Finanzämter anzuweisen, bei Anwendung des Stundungserlasses für die Landwirtschaft vom 13. Februar 1950 der Beseitigung auftretender Härtefälle besondere Aufmerksamkeit zu schenken und bei der Bearbeitung von Stundungsanträgen aus der Landwirtschaft weitgehend Sachverständige zuzuziehen. In der Plenarsitzung vom 23. Juni 1950 ist der so abgeänderte Antrag angenommen worden. Der Berichterstatter hat dabei betont, daß die Aufbringungsseite „vollkommen ins Rutschen kommen" würde, wenn wegen individueller Härten über das bisher geübte Stundungsverfahren hinaus in Einzelfällen eine generelle, eine z. B. regionale Stundung für bestimmte Gruppen verfügt werden würde. Auch in der Interpellation Dr. Horlacher und Genossen vom 27. Oktober 1950 — Drucksache Nr. 1531 — ist die Bundesregierung gefragt worden, ob sie bereit sei, bis auf weiteres hinsichtlich der Hälfte der am 20. November 1950 fälligen Rate der Soforthilfeabgabe Stundung zu gewähren. Der Bundesminister der Finanzen hat darauf im Bundestag die Erklärung abgegeben, daß er die Finanzbehörden noch einmal an die bisherigen Stundungserlasse, die eine individuelle Berücksichtigung der Einzelfälle vorsähen, eripnert habe und daß er nach der Rechtslage zu weiteren Maßnahmen nicht imstande sei.
Zweitens: Die bisher sowohl im Lastenausgleichsausschuß als auch im Plenum des Bundestages somit anerkannten Bedenken gegen eine generelle Berücksichtigung der Landwirtschaft bei. der Erhebung der Soforthilfeabgabe bestehen unvermindert weiter. Nicht zu verkennen sind die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, unter denen ein nicht geringer Teil der landwirtschaftlichen Betriebe zu leiden hat. Dabei ist jedoch zu bedenken, daß die wirtschaftliche Lage der Betriebe sehr verschiedenartig sein kann. Schon deshalb sind bisher ausnahmslos generelle Stundungsmaßnahmen für bestimmte Berufsgruppen oder für bestimmte Gebiete nicht gewährt worden. Solche Maßnahmen wären auch mit den Stundungsgrundsätzen des bis zum Erlaß des Lastenausgleichsgesetzes noch voll weitergeltenden Soforthilfegesetzes nicht zu vereinbaren. Sie würden das weitere Aufkommen an Soforthilfeabgabe in einer Art gefährden, die gegenüber dem Anspruchsberechtigten wohl kaum zu verantworten wäre. Es kommt hinzu, daß eine generelle Stundung zugunsten der Landwirtschaft sofort und dann wohl mit mindestens derselben Berechtigung wie bei der Landwirtschaft die gleichen Ansprüche auf allgemeine Stundungsanordnungen bei den zum 'Teil wirtschaftlich sehr schwer ringenden Hausbesitzern hervorrufen würde.
Auch gewisse Gruppen der gewerblichen Wirtschaft, wie z. B. Flüchtlingsbetriebe, Schwerkriegsbeschädigtenbetriebe und bestimmte Branchen würden vermutlich mit gleichen Wünschen auftreten. Das würde praktisch das Ende einer ordnungsmäßig funktionierenden Soforthilfeabgabe, damit aber auch der notwendigen Soforthilfeleistungen bedeuten. Derartige generelle Maßnahmen kann der Bundesfinanzminister in Form von Verwaltungsanordnungen überhaupt nicht treffen. Sie bedürften einer Änderung des bestehenden Gesetzes. Es muß vielmehr bei der bisher eingespielten und den berechtigten Belangen des wirtschaftlich besonders schwachen Teiles der Landwirtschaft hinreichend gerecht werdenden Handhabung verbleiben, nämlich der Einzelstundung auf Antrag
unter Darlegung der Verhältnisse im jeweils fraglichen Fall.
Bei der Prüfung der Wirtschaftslage ist selbstverständlich unter anderem auch der erforderliche Bedarf an Düngemitteln, gegebenenfalls auch ein unabweislicher Nachholbedarf als notwendiger Aufwand zu berücksichtigen. Dies ist bereits anläßlich der Anweisungen über die Behandlung von Stundungsanträgen im Rahmen des Erlasses vom 13. Februar 1950 hervorgehoben worden.
Ich möchte und muß aber noch besonders auf den § 47 des dem Bundestag vorliegenden Lastenausgleichsgesetzentwurfes hinweisen. Danach darf bis zum Inkrafttreten des Lastenausgleichsgesetzes die Soforthilfeabgabe nicht mit der Begründung gestundet werden, daß die voraussichtlichen Leistungen an Vermögensabgaben niedriger sein werden. Auf diesen Grundsatz ist auch in dem Runderlaß vom 8. Dezember 1950 hingewiesen worden. Im übrigen ist auch der Fälligkeitstermin des 20. Mai 1951 bereits verstrichen, so daß eine generelle nachträgliche Maßnahme eine Privilegierung und Bevorzugung der säumigen Zahler bedeuten würde und diejenigen, die der gesetzlichen Vorschrift entsprechend ihre Raten pünktlich entrichtet haben, sich unter Umständen mit Recht benachteiligt fühlen würden.
Drittens: Die Soforthilfeabgabe führt, wie die Bundesregierung nie verkannt hat, zu erheblichen Härten für gewisse Schichten der Abgabepflichtigen. Das gilt insbesondere wegen der rohen Grundsätze, die seinerzeit zum schnellen Vollzug des Gesetzes als notwendig anerkannt werden mußten, z. B. für das Verbot des Schuldenabzugs und des Abzugs der Altenteilslasten. Diese rohen Grundsätze können jedoch nur für eine beschränkte Zeit hingenommen werden. Infolgedessen bittet die Bundesregierung im Interesse gerade dieser Schichten, der wirtschaftlich schwachen Kreise der Abgabepflichtigen, das Hohe Haus, die Beratung über den Gesetzentwurf betreffend den Lastenausgleich zu beschleunigen und das Gesetz baldmöglichst zu verabschieden.
Das beste Mittel, den Härten, die sich aus der rohen Gestaltung des Soforthilfegesetzes zweifellos ergeben, abzuhelfen, ist eine möglichst rasche Verabschiedung des Gesetzentwurfes über den Lastenausgleich.