Herr Präsident, Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag auf Drucksache Nr. 2215 wird
wahrscheinlich nicht auf allgemeine Gegenliebe stoßen. Er erscheint uns aber angesichts der Gesamtsituation in der Landwirtschaft sehr berechtigt. Es wäre nämlich falsch, wenn man aus den Preissteigerungen der letzten Wochen und Monate schließen wollte, als ob nun die Landwirtschaft im vollen schwimme und als ob es nun möglich sei, daß die Landwirtschaft auf der einen Seite der Forderung nach vermehrter Produktion insbesondere auch im Sinne des Marshallplans nachkommen könnte und auf der andern Seite imstande sei, die Verpflichtungen zu erfüllen, die ihr in so vielseitiger Weise insbesondere durch neue steuerliche und sonstige Belastungen auferlegt werden.
Die Dinge liegen wesentlich anders. Es besteht noch immer eine Diskrepanz zwischen Produktionsmittelpreisen und Produktenpreisen, obwohl in der Rhöndorfer Besprechung angekündigt wurde, daß nun endlich einmal diese Diskrepanz tatsächlich beseitigt würde und damit Produktionsmittelpreise und Preise für landwirtschaftliche Produkte endlich in ein richtiges Verhältnis zueinander kämen. Es ist nun einmal so, daß die vorgenommene Getreidepreiserhöhung der deutschen Landwirtschaft so viel wie gar nichts gebracht hat. Es muß gesagt werden, daß wir im Vorjahr infolge der mangelnden Einnahmen auf den verschiedenen landwirtschaftlichen Gebieten und Sparten gezwungen waren, unser Getreide unmittelbar nach der Ernte bzw. gleich nach dem Drusch abzusetzen, so daß hieraus keine Einnahmen mehr zu erwarten sind. Wenn wir heute die gestiegenen Produktionsmittelkosten und auf der anderen Seite die gestiegenen Einnahmen einander gegenüberstellen, dann müssen wir feststellen, daß die Preisschere weiter auseinanderklafft, als es vorher jemals der Fall war.
Wir haben beispielsweise auch festzustellen, daß gerade im Vorjahr und auch jetzt wieder bei dem Absatz von landwirtschaftlichen Produkten wie Gemüse, Obst usw. anstatt Mehreinnahmen Mindereinnahmen zu verzeichnen waren. Auch von verschiedenen anderen Sparten der Landwirtschaft ist Ähnliches zu berichten. Ich erinnere nur an die Tabakernte. Gerade vorhin haben wir über das Tabakbauproblem einiges gehört. Auch die Tabakernte des Vorjahres mußte zu völlig ungenügenden Preisen abgesetzt werden.
Wir haben weiter festzustellen, daß auf einem besonderen Gebiet der Landwirtschaft, im Weinbau, der ja besonders bei uns in der Pfalz eine Rolle spielt, die Dinge auch nicht so rosig sind, wie sie darzustellen mancherorts beliebt wird. Man darf sich auch nicht dadurch täuschen lassen, daß bei einzelnen Versteigerungen Qualitätsweine entsprechend bezahlt werden. Ich darf vielmehr daran erinnern, daß beispielsweise im vergangenen Herbst die Weine mit Preisen bis herunter zu 320 DM pro 1000 Liter und pro Fuder bezahlt wurden und daß heute eine Stagnation im Absatz insbesondere bei den Konsumweinen festzustellen ist, so daß auch hier die Lage der Landwirtschaft alles andere als rosig ist.
Die Auswirkungen haben wir gerade in diesem Frühjahr erlebt. Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten darf ich ein untrügliches Zeugnis dafür beibringen, wie die Situation in der Landwirtschaft aussieht. Da berichtet beispielsweise die Industrie-und Handelskammer Frankfurt am Main in der Frankfurter Rundschau" vom 8. Mai bezüglich des Preisstandes und Umsatzrückganges, daß die Zahlungseingänge gerade in der Landwirtschaft besonders schleppend sind. Wir haben das vor einigen Tagen von unserem Kollegen Günther hier ebenfalls gehört. Die „Frankfurter Rundschau" schreibt weiter, daß der Absatz von Dünge- und Schädlingsbekämpfungsmitteln erheblich zurückgegangen ist. Wir haben auch bei den landwirtschaftlichen Genossenschaften feststellen können, daß infolge des Mangels an Geld der Absatz von Düngemitteln sehr zurückgegangen ist. Schließlich liegt es im Interesse des ganzen Volkes, daß zunächst einmal die Produktion der Landwirtschaft gefördert wird. Dafür aber müssen dann auch die nötigen Produktionsmittel bereitgestellt werden. Bei den bekannten Kreditverhältnissen waren Düngemittel, Saatgut usw. ohne Bargeld fast nicht zu haben. Bekam man sie doch einmal ohne Bargeld, dann mußte man Akzepte geben, die schon im allgemeinen für die Landwirtschaft untragbar sind, besonders aber bei der kurzen Laufzeit von vier Monaten.
Es ist infolgedessen notwendig, hinsichtlich der Belastung endlich das zu tun, was schon längst, da es eine Selbstverständlichkeit ist, hätte getan .werden müssen, da von der Preisseite allein — das erkennen auch wir an — nicht geholfen werden kann. Es ist ja nicht so, als ob die deutsche Landwirtschaft mit Steuern und Abgaben nicht in hinreichendem Maße belastet wäre, es ist auch nicht so. als ob nun die Landwirtschaft nur mit der Umsatz-und Einkommensteuer belastet wäre, sondern ich darf daran erinnern, daß außer beim Hausbesitz und bei den gewerblichen Betrieben gerade in der Landwirtschaft die Realbesteuerung sehr beachtlich ist und daß diese Realbesteuerung, die Besteuerung die von den Kommunen ausgeht, uns besonders drückt. Ich darf erinnern an die erhöhten sonstigen Belastungen, z. B. an die Belastung durch die So zialbeiträge aller Art, an die erhöhten Berufs-
genossenschaftsbeiträge, die wir gerade in den letzten Wochen und Monaten zahlen mußten, an alle sonstigen Erhöhungen wie die der Versicherungsbeiträge usw. Es ist klar, daß die finanzielle Inanspruchnahme der Landwirtschaft durch die Beschaffung von Düngemitteln und Saatgut und durch die erhöhten Anforderungen auf der Belastungsseite gerade im Monat Mai besonders groß ist und daß die Einnahmen in dieser Zeit in äußerst geringem Maße fließen. Deshalb scheint es uns notwendig zu sein, daß unserem Antrag Rechnung getragen wird und daß die Aussetzung der Erhebung der Soforthilferate vom 20. Mai vom Hohen Hause beschlossen wird, zumal wir ja auch darauf hinweisen können, daß ja seinerzeit schon bei der Verabschiedung des Soforthilfegesetzes nur an ein Provisorium gedacht war. Man dürfte sich wohl auch in diesem Hohen Hause und im Lastenausgleichsausschuß darüber klar sein, daß eine endgültige Belastung der Landwirtschaft beim Lastenausgleich in der Höhe der seitherigen Soforthilfe unter keinen Umständen tragbar sein wird, wenn die Funktionsfähigkeit der Landwirtschaft nicht Schaden leiden soll.
Wir ersuchen daher das Hohe Haus, unserem Antrag zuzustimmen. Wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit — wir haben heute schon den 23. Mai — sollte dieser Antrag im Lastenausgleichsausschuß beschleunigt behandelt werden. Wir erwarten, daß der Herr Finanzminister inzwischen an die Finanzbehörden Anweisung erteilen wird, wonach bis zur Entscheidung über unseren Antrag von der Erhebung von Zuschlägen und von den Maßnahmen, wie sie bisher seitens der Finanzbehörden gewohnt waren, abgesehen wird. Ich bitte also das Hohe Haus, diesem unseren Antrag zuzustimmen.