Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 86. Sitzung des Deutschen Bundestages und bitte den Herrn Schriftführer, die Abwesenheitsliste zu verlesen.
Es fehlen wegen Erkrankung die Abgeordneten Dr. Baur , Schütz, Morgenthaler, Müller (Worms), Lohmüller, Dr. Bergstraeßer, Graf, Bielig, Stopperich, Nuding, Dr. Gülich, Bazille. Entschuldigt fehlen die Abgeordneten Lübke, Dr. Laforet, Frau Dr. Weber (Essen), Struve, Dr. Kopf, Dr. Semler, Dr. Holzapfel, Frau Niggemeyer, Gockeln, Siebel, Fürst Fugger von Glött, Höfler, Dr. Weber (Koblenz), Dr. Oesterle, Hilbert, Bauereisen, Schmitt (Mainz), Rümmele, Glüsing, Dr. Pünder, Henßler, Dr. Arndt, Baur (Augsburg), Klabunde, von Knoeringen, Brandt, Dr. Greve, Seuffert, Nowack (Harburg), Herrmann, Jahn, Dr. Oellers, Juncker, Dr. Dr. Nöll von der Nahmer, Freudenberg, Frühwald, Dr. Becker (Hersfeld), Revenstorff, Dannemann, Dr. Middelhauve, Frau Dr. Ilk, Roth, Zinn, Hoecker, Meyer (Bremen), Eickhoff, Niebergall, Agatz, Giencke, Wittenburg, Paul (Württemberg), Euler, Dr. Wahl, Wirths. Außerdem fehlen die Abgeordneten Reimann, Rische, Renner, Müller (Offenbach), Vesper, Fisch.
Ich danke Ihnen.
In der 82. Sitzung des Deutschen Bundestages ist der Gesetzentwurf über die Änderung des Gesetzes über die Deutsche Genossenschaftskasse, Drucksache Nr. 1281, dem Ausschuß für Geld und Kredit allein überwiesen worden. Der Ältestenrat hat sich gestern noch einmal mit dieser Überweisung beschäftigt und schlägt Ihnen vor, die Vorlage dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ebenfalls zu überweisen, und zwar soll dieser Ausschuß federführend sein. Der Ausschuß für Geld und Kredit und der Ausschuß für Wirtschaftspolitik sollen mitbeteiligt werden. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Dann rufe ich auf Punkt 1 der Tagesordnung: Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Schifferdienstbücher .
1 Der Ältestenrat war der Meinung, daß die Überweisung dieses Entwurfs an den zuständigen Ausschuß ohne besondere Begründung und ohne besondere Debatte erfolgen könnte. Es ist ein rein technisches Gesetz. Dafür ist zuständig der Ausschuß für Verkehr. Ist das Haus damit einverstanden?
Damit ist die erste Lesung abgeschlossen. Dieser Entwurf wird dem Ausschuß für Verkehr überwiesen.
Punkt 2 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Überleitung der Besatzungslasten, sonstigen Kriegsfolgelasten und von Steuern und Monopolerträgen auf den Bund (Nr. 1064 der Drucksachen).
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Nr. 1337 der Drucksachen).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Dr. Höpker-Aschoff.
Ich schlage Ihnen vor, mit diesem Überleitungsgesetz zusammen zu behandeln den Punkt 3 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über eine vorläufige Finanzhilfe für das Land Schleswig-Holstein im Rechnungsjahr 1950 .
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Nr. 1340 der Drucksachen).
Auch hier ist der Abgeordnete Dr. HöpkerAschoff Berichterstatter. Ist das Haus damit einverstanden, daß beide Punkte gleichzeitig behandelt werden?
— Es ist so beschlossen.
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Höpker-Aschoff als Berichterstatter.
Meine Damen und Herren! Da die beiden Gesetzentwürfe, das sogenannte Überleitungsgesetz und das Gesetz Schleswig-Holstein, in einem engen Zusammenhang miteinander stehen, insbesondere mit Rücksicht auf die in § 2 des Überleitungsgesetzes behandelte Interessenquote, so erstreckt sich mein Bericht gleichzeitig auf beide Gesetzentwürfe. Beide Gesetzentwürfe sind seinerzeit zwei Ausschüssen, dem Finanz- und Steuerausschuß und dem Haushaltsausschuß, überwiesen worden. Die Federführung lag beim Finanz- und Steuerausschuß. Die Beratungen sind so gelaufen, daß der Finanz- und Steuerausschuß beide Gesetzentwürfe, insbesondere den Entwurf des Überleitungsgesetzes, in mehreren Verhandlungen eingehend beraten hat und daß dann eine gemeinsame Beratung mit dem Haushaltsausschuß stattgefunden hat, der die beiden Gesetzentwürfe daraufhin geprüft hat, ob sie haushaltsrechtliche Bedenken auslösen. Da es sich hier im wesentlichen um das Verhältnis des Bundes zu den Ländern und um das Verhältnis der Länder untereinander handelt, haben einige gemeinsame Sitzungen des Finanz- und Steuerausschusses mit den Vertretern des Finanz- und Steuerausschusses des Bundesrats stattgefunden. Wir haben solche gemeinsamen Beratungen mit dem Finanzausschuß des Bundesrats schon wiederholt gehabt. Das hat sich als eine fruchtbare Methode erwiesen, schon im Laufe der Beratungen Meinungsverschiedenheiten auszugleichen und es nicht auf die Anrufung des in Art. 77 des Grundgesetzes vorgesehenen Vermittlungsausschusses ankommen zu lassen. Ich glaube, daß wir uns bei dieser Methode als gute Föderalisten im wohlverstandenen Sinne des Wortes bewährt haben.
Der Finanz- und Steuerausschuß hat im Laufe dieses Jahres nahezu zwölf Gesetzentwürfe behandelt, verabschiedet und dem Hause vorgelegt, darunter solche bedeutsamen Gesetze wie die Novelle zum Einkommen- und Körperschaftsteuergesetz und das Gesetz über den Aufbau der Finanzverwaltung. Auch dieses Überleitungsgesetz ist ein sehr bedeutungsvolles Gesetz, wenn es auch die politischen Leidenschaften nicht so erregt wie andere Gesetze, die in den letzten Tagen in diesem Hause behandelt worden sind, bedeutungsvoll, weil dieses Gesetz die Grundlage für eine saubere Finanzgebarung sowohl des Bundes als auch der Länder ist. Ich verweise Sie auf die Bestimmungen des Grundgesetzes über die Aufteilung der Steuereinnahmen, auf die Bestimmung des Grundgesetzes, daß der Bund gewisse Belastungen zu übernehmen hat. Das Grundgesetz bestimmt, daß aus der Masse der der Gesetzgebung des Bundes unterworfenen Steuern ein erheblicher Teil dem Bunde zufällt, insbesondere die Zölle, die Verbrauchssteuern, aber auch die Umsatzsteuer und die Beförderungssteuern, daß andere Steuern dagegen in die Kasse der Länder fließen. Der Art. 120 des Grundgesetzes verpflichtet auf der anderen Seite den Bund, gewisse Lasten, die bisher von den Ländern getragen wurden, zu übernehmen, insbesondere die Besatzungskosten und die Besatzungsfolgekosten, die Kriegsfolgelasten, die Zuschüsse zur Sozialversicherung, zur Arbeitslosenversicherung und zur Arbeitslosenfürsorge. Aber das Grundgesetz läßt den Zeitpunkt, zu welchem diese Lasten und die entsprechenden Deckungsmittel auf den Bund übergehen sollen, offen und enthält in Art. 120 nur die Bestimmung, daß der Übergang der Lasten und der Deckungsmittel gleichzeitig erfolgen muß. Es ist nun eben der Sinn dieses sogenannten Überleitungsgesetzes, die Überleitung der Lasten und der Deckungsmittel auf den Bund zu regeln.
Ich muß hier nunmehr auf die Einzelheiten des Gesetzentwurfes eingehen. Der § 1 in der Fassung, die er durch die Beschlüsse des Finanz- und Steuerausschusses erhalten hat, bestimmt, den Übergang der Lasten betreffend, daß mit Wirkung vom 1. April 1950 auf den Bund übergehen sollen die Aufwendungen für die Besatzungskosten und Auftragsausgaben, also diejenigen Besatzungskosten, die in den von den Alliierten aufgestellten Besatzungshaushalt aufgenommen sind, ferner aber auch die sogenannten Besatzungsfolgekosten, also Lasten, die mit der Besatzung in einem engeren Zusammenhang stehen, von den Alliierten aber nicht als Besatzungskosten anerkannt werden und daher auch nicht in den Besatzungshaushalt aufgenommen werden. Darauf beziehen sich die Ziffern 1 und 1 a des § 1 des Gesetzentwurfes.
Der Entwurf bestimmt weiter, daß die sogenannten Kriegsfolgelasten auf den Bund übergehen, also die Aufwendungen für die Kriegsfolgenhilfe, die Aufwendungen für die Umsiedlung Heimatvertriebener und für die Auswanderung von Kriegsfolgehilfeempfängern, die Aufwendungen für die Rückführung von Deutschen, die Aufwendungen für Grenzdurchgangslager, dann die Aufwendungen für verdrängte Angehörige des öffentlichen Dien-
stes und für ehemalige berufsmäßige Wehrmachtangehörige und endlich die Aufwendungen für Kriegsbeschädigte, Kriegshinterbliebene, ihnen gleichgestellte Personen und für Angehörige von Kriegsgefangenen. Hierauf beziehen sich die Ziffern 2, 3, 3 a, 3 b, 4 und 5 in § 1 des vorliegenden Gesetzentwurfs.
Der Entwurf bestimmt weiter in den nachfolgenden Ziffern 6, 7, 8, daß die Aufwendungen der Arbeitslosenfürsorge, die Zuschüsse zur Arbeitslosenversicherung und die Zuschüsse zu den Lasten der Sozialversicherung auf den Bund übergehen.
Der § 1 enthält also eine umfassende Aufzählung derjenigen Lasten, die auf Grund der Bestimmungen des Bundesgesetzes fortan, nämlich vom 1. April 1950, vom Bunde zu tragen sind.
Auf der anderen Seite bestimmt dann der § 3 des Gesetzentwurfes, daß mit Wirkung vom 1. April auch bestimmte Deckungsmittel auf den Bund übergehen, nämlich die Umsatzsteuer, die Verbrauchssteuern mit Ausnahme der Biersteuer, die Beförderungssteuer, die einmaligen Zwecken dienenden Vermögensabgaben — also insbesondere die Soforthilfeabgabe — und der Ertrag der Monopole. Die Zölle sind nicht besonders erwähnt, weil sie bereits im Rechnungsjahr 1949 in die Kasse des Bundes flossen. Dasselbe gilt auch für die Umsatzausgleichssteuer, die mit den Zöllen in engem Zusammenhang steht, und für die Kaffee- und Teesteuer.
In dem besonderen Teil des Gesetzentwurfes sind dann nähere Vorschriften darüber enthalten, was unter den einzelnen Lasten, die der Bund übernimmt, zu verstehen ist. Die Darstellung dieser Einzelheiten in meinem Bericht ist nicht möglich; ich würde Ihre Zeit über Gebühr in Anspruch nehmen. Ich muß mich hier auf die Versicherung beschränken, daß diese Vorschriften sehr eingehend erörtert, aber auch in mancher Hinsicht geändert worden sind und daß sich Meinungsverschiedenheiten von Bedeutung weder innerhalb des Ausschusses noch zwischen dem Ausschuß und den Vertretern des Bundesrats ergeben haben. Ich glaube also, auf die Einzelbestimmungen dieses zweiten Teils des Gesetzentwurfes nicht einzugehen zu brauchen.
Nunmehr aber komme ich zu dem Kernpunkt unserer Beratungen, dem § 2 des Gesetzentwurfes. Es handelt sich hier um die Frage, ob die von dem Bunde zu übernehmenden Lasten, die ich eben aufgezählt habe und die in § 1 des Gesetzentwurfes im einzelnen aufgeführt sind, von dem Bunde in vollem Umfange übernommen werden sollen oder ob die Länder mit einer sogenannten Interessenquote an diesen Lasten beteiligt werden sollen. Eine solche Belastung ist in § 2 vorgesehen einmal für die Besatzungskosten im weiteren Sinne des Wortes, also einschließlich der Besatzungsfolgekosten — Ziffer 1 und 1 a des § 2 a — sodann für die Kriegsfolgelasten im weiteren Sinne des Wortes — Ziffer 3 bis 5 — und endlich auch für die Zuschüsse zur Arbeitslosenfürsorge mit Ausnahme der Grundförderungsbeträge — Ziffer 6 —, dagegen nicht für die Zuschüsse zur Sozialversicherung und Arbeitslosenversicherung und die Grundförderungsbeträge der Arbeitslosenfürsorge. Diese Aufwendungen trägt der Bund allein.
Bei der Prüfung des bedeutsamen § 2 des Gesetzes muß man zunäst eine haushaltsrechtliche Betrachtung anstellen; und diese haushaltsrechtliche Betrachtung haben wir im Finanz- und Steuerausschuß angestellt. Sie wissen alle aus der Denkschrift des Herrn Finanzministers Drucksache Nr. 1000, aus der sogenannten Katastrophendenkschrift, daß bei dem Übergang der Deckungsmittel und Lasten, wenn man die Rechnungsergebnisse des Jahres 1949 — andere zuverlässige Zahlen lagen ja damals nicht vor — zugrunde legt, der Bund den Ländern 7350 Millionen DM Deckungsmittel wegnehmen würde — Steuern, die auf den Bund übergehen, daß auf der anderen Seite der Bund aber, wenn man von den eben aufgezählten Lasten ausgeht, Lasten im Ausmaße von 8830 Millionen DM übernehmen würde, daß also, wenn die Deckungsmittel und die Lasten in vollem Umfange von dem Bunde übernommen werden würden, verglichen mit den bisherigen Zahlen eine wesentliche Verbesserung der Finanzlage der Länder und eine erhebliche Verschlechterung der Finanzlage des Bundes eintreten würde. Es würde dann ein Ausgleich des Bundeshaushalts, schlechthin unmöglich werden, wenn eben nicht eine Beteiligung der Länder an den vom Bunde zu übernehmenden Lasten nach der Aufzählung des § 2 des Gesetzes vorgesehen würde. Der Anteil, den die Länder als Interessenquote nach dem § 2 übernehmen sollen, beläuft sich nach den Berechnungen des Finanzministeriums auf 1135 Millionen. Würden wir also den Ländern eine Interessenquote nicht auferlegen, so würde im Haushalt des Bundes eine Lücke von 1135 Millionen entstehen, und es wäre nicht abzusehen, wie der Ausgleich herbeigeführt werden sollte. Ohne eine Interessenquote bliebe dann nur ein anderer Weg, nämlich der Rückgriff auf Art. 106 Abs. 3 des Grundgesetzes, also der Rückgriff des Bundes auf einen Teil der Einkommen- und Körperschaftsteuer. Ich brauche nicht zu sagen, daß ein solcher Rückgriff große Schwierigkeiten in sich schließen würde, weil ein entsprechendes Gesetz der Zustimmung des Bundesrates bedürfen würde und aller Voraussicht nach auf einen geschlossenen Widerstand wenigstens der großen Mehrheit des Bundesrates stoßen würde.
Soweit, meine Damen und Herren, die haushaltsrechtliche Betrachtung. Dann aber noch eine verfassungsrechtliche Betrachtung. Wir haben im Finanz- und Steuerausschuß die Frage sehr eingehend erörtert, ob es nach dem Grundgesetz zulässig ist, die Länder mit einer Interessenquote an den vom Bunde zu übernehmenden Lasten zu beteiligen. Ich muß hier auf den Art. 120 des Grundgesetzes zurückgreifen. Im Art. 120 ist bestimmt, daß der Bund die Aufwendungen für Besatzungskosten und die sonstigen inneren und äußeren Kriegsfolgelasten nach näherer Bestimmung eines Bundesgesetzes und die Zuschüsse zu den Lasten der Sozialversicherung mit Einschluß der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitslosenfürsorge trägt. Von Bedeutung sind die Worte: „nach näherer Bestimmung eines Bundesgesetzes". Die Beratungen des Parlamentarischen Rates ergeben, daß man schon damals davon ausgegangen ist, daß eine Beteiligung der Länder an den Besatzungskosten und den Aufwendungen für die inneren und äußeren Kriegsfolgelasten möglich sei. Man hat schon damals die Zweckmäßigkeit einer Interessenquote der Länder erörtert, davon ausgehend, daß die Verwaltung auf diesem Gebiet überall in den Händen der Länder liegen würde, und daß es aus Gründen der Sparsamkeit und sauberen Verwaltung nicht zweckmäßig erscheint, den Ländern die Verwaltung auf Kosten des Bundes zu überlassen, weil ja natürlich derjenige, der für Rechnung eines Dritten wirtschaftet, bewußt oder unbewußt geneigt sein wird, großzügiger zu wirtschaften als derjenige, der ein materielles Interesse an den Aufwendungen der Verwaltung hat. Also der Gedanke der Interessen-
quote lag bereits den Beratungen des Parlamentarischen Rates zugrunde.
Es fragt sich aber, und das ist die eigentliche Doktorfrage, ob eine solche Beteiligung mit einer Interessenquote auch bei der Arbeitslosenfürsorge möglich ist. Bei den Zuschüssen zur Sozialversicherung ist eine Interessenquote nicht vorgesehen. Die Frage beschränkt sich also darauf: ist eine solche Beteiligung an den Kosten der Arbeitslosenfürsorge möglich? Ich bemerke, daß die Grundförderungsbeträge der Bund allein trägt und eine Beteiligung der Länder nur bei den übrigen Aufwendungen für die Arbeitslosenfürsorge in Frage kommt. Die überwiegende Meinung im Finanz- und Steuerausschuß war die, daß eine solche Beteiligung auch hier möglich sei; einmal weil sie der ratio legis entspricht, weil auch hier der Gedanke seine Berechtigung hat, daß die Länder eine starke Ingerenz auf die Verwaltung der Aufwendungen für die Arbeitslosenfürsorge haben, und da auch hier dasselbe Moment zum Tragen kommt, daß derjenige, der für fremde Rechnung verwaltet, mit einem materiellen Anteil an den Lasten beteiligt werden soll.
Ich darf endlich auch darauf verweisen, daß ja nun diese ganze Angelegenheit in gewissem Sinne ein Stück Finanzausgleich enthält, eben wenn man die Länder an diesen Ausgaben beteiligt, und daß die Gesetzgebung des Bundes für diesen Finanzausgleich sich aus den Art. 106 und 107 des Grundgesetzes ergibt. Ich darf endlich darauf verweisen, dab die Vorschläge der Ministerpräsidentenkonferenz, die sich im vorigen Herbst mit diesen Dingen beschäftigte, sich auch eindeutig für die Übernahme einer Interessenquote durch die Länder ausgesprochen haben. Auch im Finanz-Ausschuß des Bundesrates ist eine starke Mehrheit für diese Interessenquote vorhanden; man kann sagen, auch im Plenum des Bundesrates, und hier heute voraussichtlich eine größere Mehrheit als bisher, nachdem Bayern seinen zunächst ablehnenden Standpunkt aufgegeben hat. Die Opposition im Finanz- und Steuerausschuß — wenn ich einmal so sagen darf —, also die Vertreter der sozialdemokratischen Fraktion, haben gewisse Bedenken gegen die Übernahme dieser Interessenquote erhoben, weniger aus rechtlichen Gründen als aus finanzpolitischen Gründen. Aber auch die Vertreter der sozialdemokratischen Fraktion würden, wenn ich die Dinge recht beurteile, diese Bedenken zurückstellen, wenn eine Gewähr dafür bestünde, daß die durch die individuelle Interessenquote ausgelöste Belastung der schwächeren Länder durch ein alsbald zu verabschiedendes Gesetz über einen horizontalen Finanzausgleich gemildert würde. Auch die im Bundesrat vorhandene Minorität würde ihre Bedenken als gemindert oder vielleicht sogar als beseitigt betrachten, wenn eine solche Gewähr vorhanden wäre.
Die Frage ist also: Können wir bei der Verabschiedung dieses Gesetzes damit rechnen, daß dieses Gesetz alsbald durch ein Gesetz über den horizontalen Finanzausgleich unter den Ländern ergänzt wird. Wir haben auch diese Frage im Finanz- und Steuerausschuß eingehend erörtert. Der Herr Finanzminister hat uns berichtet, daß die Vorarbeiten für ein solches Gesetz über den horizontalen Finanzausgleich durch eine Studienkommission geleistet worden sind, in der Vertreter des Bundesfinanzministeriums und der Länder sich zu gemeinsamer Arbeit zusammengefunden haben und daß im Schoße dieser Studienkommission bereits zwei Entwürfe entstanden sind.
Ich muß hier, um den ganzen Zusammenhang mit dem horizontalen Finanzausgleich aufzuhellen, auf den Grundgedanken dieser beiden Entwürfe mit einigen Worten eingehen. Grundgedanke beider Entwürfe ist der, daß die Länder, deren Finanzkraft die durchschnittliche Finanzkraft aller Länder übersteigt, Beiträge an einen Ausgleichsstock leisten, und diejenigen Länder, deren Finanzkraft hinter der durchschnittlichen Finanzkraft zurückbleibt, Zuschüsse aus diesem Ausgleichsstock erhalten. Die Finanzkraft soll dabei an einer Finanzmeßkraftzahl gemessen werden, die so errechnet wird, daß auf der Aktivseite die wesentlichen Steuereinnahmen der Länder und auf der Passivseite eine Reihe von Belastungsmomenten in Rechnung gestellt werden, nämlich die Anteile der Länder an den vom Bund übernommenen Kriegsfolge- ,und Soziallasten, also eben die Interessenquote des Überleitungsgesetzes, die Kriegszerstörungslasten, die mittelbaren Flüchtlingslasten, die Lasten der Dauerarbeitslosigkeit und die Lasten der beiden Hansestädte, die sich aus der Unterhaltung ihrer Seehäfen ergeben. Das Entscheidende ist also, daß bei der Berechnung der Finanzkraft, die dem horizontalen Finanzausgleich zugrunde gelegt wird, auch die Interessenquote, die wir durch dieses Überleitungsgesetz den einzelnen Ländern auferlegen wollen, mit in die belastenden Momente eingerechnet wird und dadurch eben die aus der individuellen Belastung der einzelnen Länder durch die Interessenquote den schwächeren Ländern aufgebürdeten Lasten eine erhebliche Minderung erfahren werden. Würde also ein solcher horizontaler Finanzausgleich alsbald Gesetz werden, so verlieren die Bedenken gegen die individuelle Interessenquote an Gewicht.
Ist eine alsbaldige Verabschiedung eines solchen Gesetzentwurfs gewährleistet? Ich verweise auf die Erklärungen des Herrn Bundesfinanzministers, die ich eben schon erwähnte, auf die Arbeiten der Studienkommission. Es ist nach diesen Erklärungen eine grundsätzliche Übereinstimmung zwischen dem Bundesfinanzminister und dem Finanzausschuß des Bundesrates gegeben. Wir können also damit rechnen, daß in absehbarer Zeit — wir hoffen noch im Laufe des Monats Oktober — der Entwurf über den horizontalen Finanzausgleich den gesetzgebenden Körperschaften zugehen wird. Wir werden im Finanz- und Steuerausschuß sicherlich das unsrige tun, wie bisher für eine schnelle und sorgfältige Erledigung zu sorgen.
Besonders dringlich aber, meine Damen und Herren, ist nun ein horizontaler Finanzausgleich — oder sagen wir hier ganz konkret: eine Entlastung des in einer gewissen Notlage befindlichen Landes Schleswig-Holstein; und diese Entlastung ist so dringlich, daß dem Gesetz über den horizontalen Finanzausgleich ein provisorisches Gesetz zugunsten von Schleswig-Holstein vorangeschickt werden muß, das Gesetz, das eben in der Drucksache Nr. 1231 enthalten ist. Der Grundgedanke dieses Gesetzentwurfs ist der, daß die Finanzkraft des Landes Schleswig-Holstein vorläufig so erhöht werden soll, daß sie der Finanzkraft des nächst schwächeren Landes, also des Landes Niedersachsen, gleichkommt. Die erforderlichen Mittel sollen von denjenigen Ländern aufgebracht werden, deren Kraft die des Landes Niedersachsens übersteigt. Bei der Errechnung der Finanz- und Steuerkraft der einzelnen Länder werden die wesentlichen Steuern in Rechnung gestellt, aber als Abzug wiederum die nach dem Überleitungsgesetz zu zahlende Interessenquote in Ansatz gebracht. Also auch hier die enge Verbindung zwischen dem Überleitungsgesetz und diesem provisorischen Gesetz über Schleswig-Holstein.
Die Hilfe, die Schleswig-Holstein auf diese Weise erhalten würde, beträgt 80 bis 90 Millionen DM, je nach der Schätzung der aufkommenden Steuern. Ich bemerke aber ausdrücklich, daß dieser Gesetzentwurf Schleswig-Holstein nur provisorische Geltung haben wird und außer Kraft treten würde, wenn das Gesetz über den horizontalen Finanzausgleich, dessen Grundgedanken ich soeben entwikkelt habe, von diesem Hause verabschiedet werden würde. Der Gesetzentwurf über Schleswig-Holstein ist auch von uns eingehend beraten und mit kleinen redaktionellen Änderungen einmütig verabschiedet worden. Dabei hat der Finanz- und Steuerausschuß den Vorschlag des Bundesrates, Beiträge für Schleswig-Holstein nur von den Ländern zu erheben, deren Steuerkraft den Durchschnitt — und also nicht, wie es im Gesetzentwurf vorgesehen ist, die Steuerkraft von Niedersachsen — übersteigt, als dem Grundgedanken des Gesetzes widersprechend abgelehnt.
Meine Damen und Herren! Ich kann mich also vorläufig dahin zusammenfassen: Erstens. Streichen wir die Interessenquote überhaupt, so ist das Gleichgewicht des Haushalts völlig zerstört. Es bliebe nur der Rückgriff auf Art. 106 Abs. 3 des Grundgesetzes, also der Rückgriff auf die Einkommen- und Körperschaftssteuer, der aber die Zustimmung des Bundesrates nicht finden wird. Zweitens: Belasten wir, wie es vom Bundesrat ursprünglich angeregt war, die Gesamtheit der Länder mit der Interessenquote nach Maßgabe des Aufkommens der Einkommen- und Körperschaftssteuer, gehen wir also nicht von einer individuellen Interessenquote der einzelnen Länder aus, so entfällt der Zwang zu sparsamer Verwaltung, den die individuelle Interessenquote auslösen würde, und der Bund hat den Schaden. Außerdem entziehen wir nach Lage der Verhandlungen im Ausschuß für
Finanz- und Steuerfragen und im Bundesrat dem Gesetzentwurf Schleswig-Holstein und dem in der Ausarbeitung befindlichen Entwurf eines Gesetzes über den horizontalen Finanzausgleich den Boden; denn beide gehen von einer individuellen Interessenquote aus, die sie bei der Berechnung der Finanzkraft der einzelnen Länder in Rechnung stellen. Dann aber ist nicht abzusehen, wie der Gesetzentwurf Schleswig-Holstein und der Gesetzentwurf über den horizontalen Finanzausgleich die erforderliche Zustimmung des Bundesrats überhaupt finden soll, und alles ist in Frage gestellt. Aus all diesen Gründen empfiehlt ihnen der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen die Annahme beider Gesetzentwürfe gemäß den von ihm gefaßten Entschlüssen. Ich wiederhole noch einmal, daß sich eine Minderheit bei der entscheidenden Abstimmung über den § 2 der Stimme enthalten hat, ihre Bedenken aber zurückstellen würde, wenn sie davon überzeugt sein könnte, daß eine Gewähr für die gleichzeitige Verabschiedung des Gesetzes Schleswig-Holstein und für eine alsbaldige Verabschiedung des Gesetzes über den horizontalen Finanzausgleich überhaupt bestehen würde. Diese Gewähr ist wohl — so darf man vorsichtig sagen — auch bei dem in Vorbereitung befindlichen Gesetz über den horizontalen Finanzausgleich nach dem heutigen Stand der Verhandlung gegeben.
Meine Ausführungen bedürfen aber im Hinblick auf Berlin noch einer Ergänzung. Sie wissen, meine Damen und Herren, daß uns die Frage Berlin wiederholt beschäftigt hat. Keinen von uns wird es befriedigt haben, daß eine provisorische Hilfe für Berlin immer wieder neu ausgehandelt werden mußte. Daher tauchte der Gedanke auf, ob man nicht diese Hilfe für Berlin in ein System bringen könnte. Das würde möglich sein, wenn man diesen Gesetzentwurf, das Überleitungsgesetz, auch auf Berlin anwenden würde. Im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen ist von dem Abgeordneten Reif ein entsprechender Antrag gestellt worden. Wir haben mit Rücksicht darauf, daß der Herr Bundesfinanzminister gewisse außenpolitische Bedenken äußerte, über diesen Antrag keinen Beschluß gefaßt. Wir haben uns aber mit Zustimmung des Bundesfinanzministers dann darauf geeinigt, in das Gesetz § 18 a, eine Ermächtigung, aufzunehmen, wodurch die Bundesregierung ermächtigt wird, mit dem Land Berlin eine der Regelung des Überleitungsgesetzes entsprechende Vereinbarung für das Gebiet des Landes Berlin abzuschließen. Ferner haben wir im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen eine Entschließung angenommen, deren Formulierung einigen Mitgliedern des Ausschusses übertragen wurde und die daher noch nicht in die Drucksache aufgenommen ist. Diese Entschließung soll folgenden Wortlaut haben:
Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung zu ersuchen, von der ihr durch § 18a erteilten Ermächtigung unverzüglich Gebrauch zu machen mit dem Ziele, an Stelle vorläufiger immer wieder auszuhandelnder Hilfen für Berlin eine systematische Hilfe zu setzen und so einen Zustand herbeizuführen, bei dem Berlin spätestens mit Wirkung vom 31. 3. 1951 ab auf dem in dem Überleitungsgesetz geregelten Gebiete dieselben Rechte und Pflichten hat wie alle Länder der Bundesrepublik.
Meine Damen und Herren, ich darf wohl sagen, daß die Ermächtigung des § 18a und diese Entschließung, wenn beides angenommen würde, der engen Verbundenheit, die nach dem Willen dieses Hauses zwischen der Bundesrepublik und der Stadt Berlin bestehen soll, einen guten Ausdruck verleihen 1 würde.
Ich habe schließlich noch vorzutragen, daß der Haushalts-Ausschuß, der beide Vorlagen in einer gemeinsamen Sitzung mit dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen behandelte, beschlossen hat, gegen beide Vorlagen keine haushaltrechtlichen Bedenken zu erheben. Ich habe dem Hause im Namen des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen und mit Bezug auf den Beschluß des Haushalts-Ausschusses vorzuschlagen, beide Vorlagen nach den Beschlüssen des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen und die eben vorgetragene Entschließung anzunehmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Meine Damen und Herren, wir haben auf der Tagesordnung die zweite und dritte Lesung. Der Ältestenrat schlägt Ihnen für die zweite und dritte Lesung eine Redezeit von zusammen 120 Minuten vor. Das wird unter Umständen eine komplizierte Rechnerei geben; aber ich glaube, damit werden wir fertig werden. — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Weiter schlage ich Ihnen vor, daß wir nunmehr die Drucksache Nr. 1337 — Überleitungsgesetz — paragraphenweise aufrufen und debattieren und unmittelbar anschließend dasselbe beim Schleswig-Holstein-Gesetz machen. — Sie sind einverstanden; — ich danke Ihnen.
Ich mache noch darauf aufmerksam, daß die Generalaussprache erst in der dritten Lesung stattfinden kann, nicht jetzt in der zweiten.
Dann rufe ich auf Drucksache Nr. 1337 § 1. — Keine Wortmeldungen. Ich lasse abstimmen. Wer für Annahme des § 1 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
§ 2. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Wuermeling.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Anläßlich der ersten Beratung des hier vorliegenden Überleitungsgesetzes hatte ich Gelegenheit, die Bedenken vorzutragen, die gegen die jetzige Fassung des § 2 geltend zu machen sind. Der Herr Berichterstatter hat sich eben noch einmal mit diesen Gesichtspunkten auseinandergesetzt. Nachdem hier im Hause einigermaßen Klarheit darüber besteht, wie die Dinge in der Abstimmung behandelt werden sollen, möchte ich darauf verzichten, die Bedenken verfassungsrechtlicher Art und auch die Bedenken aus Gründen der steuerlichen Gerechtigkeit, die weiterhin geltend zu machen sind, nochmals zu wiederholen. Ich möchte aber als Grundlage für die späteren Verhandlungen über das Finanzausgleichsgesetz sicherstellen, daß das Weiterbestehen dieser Bedenken auch in der zweiten Lesung hier nochmals zum Ausdruck gebracht worden ist, und bitte diejenigen Kollegen des Hauses, die die Bedenken teilen, sich bei der Abstimmung über den § 2 der Stimme zu enthalten.
Das Wort hat der Abgeordnete Lausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Gesetz ist im wesentlichen, soweit es nichts weiter als die Durchführung des Verfassungsbefehls entsprechend Art. 120 Abs. 1 des Grundgesetzes darstellt, ein technisches Gesetz. Durch den § 2 aber bekommt es mit der Einführung der Interessenquote ein völlig anderes und politisches Gesicht. Die Bedenken, die meine politischen Freunde gerade gegen den § 2 erhoben haben, sind Ihnen bereits aus der ersten Lesung bekannt; und ich möchte bei der zweiten Beratung die Gelegenheit benutzen, nochmals auf sie hinzuweisen. Die Auffassung, daß die Legitimierung der Interessenquote durch den Art. 120 Abs. 1 des Grundgesetzes gegeben sei, können wir nach wie vor nicht teilen. Die Interessenquote ist isoliert betrachtet verfassungsrechtlich nicht möglich. Sie kann nur im Zusammenhang mit dem durch Art. 106 Ziffer 4 gegebenen horizontalen Finanzausgleich legitimiert werden.
Unsere Bedenken sind aber nicht nur formal-rechtlicher Art, sondern die Durchführung der Interessenquote, isoliert von dem Finanzausgleich, wird ganz bestimmte praktische Wirkungen in den verschiedenen Ländern in unterschiedlicher Weise haben. Darauf ist bereits hingewiesen worden, und wir brauchen es nicht zu wiederholen. Ein Ausweg ist nur dadurch möglich, daß entweder die Interessenquote verfeinert oder noch besser, daß gleichzeitig der horizontale Finanzausgleich vorgelegt wird.
Der Herr Bundesfinanzminister hat nun in einer Sitzung der Finanzausschüsse des Bundestags und des Bundesrats die bindende Erklärung abgegeben, daß eine Vorlage über den horizontalen Finanzausgleich alsbald dem Bundesrat vorgelegt werde. Diese Erklärung ist substantiiert. Der Herr Finanzminister hat darauf hingewiesen, daß eine Studienkommission ihre Arbeiten beendet habe, und er hat uns mit den Grundsätzen dieses zukünftigen Finanzausgleichs bekanntgemacht. Die Tatsache, daß beabsichtigt ist, die Interessenquote bei dem Finanzausgleich als eines der verschiedenen Elemente zu verwerten, ist bestätigt worden. Damit sind unsere Bedenken um einiges gemindert worden; aber ich möchte erklären: Wir sind bereit, keinen Widerspruch gegen den § 2 zu erheben, doch nur unter der Voraussetzung, daß der Herr Bundesfinanzminister zu dem uns in der Sitzung gegebenen Worte steht
und sofort die Vorlage über den Finanzausgleich dem Bundesrat zustellt.
Wir lassen uns dabei noch von zwei anderen Erwägungen leiten. Wir wünschen nicht, daß das Schleswig-Holstein-Gesetz gefährdet wird, und wir wünschen, daß die Anwendung der Interessenquote, die zur Zeit schon praktiziert wird, schleunigst legalisiert wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Ewers.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der ersten Lesung dieser Vorlage habe ich als Schleswig-Holsteiner — weniger als Mitglied meiner Fraktion —, gesteuert von einem allzu gestrengen Vorsitzenden dieses Hauses, nicht dem gegenwärtigen, Herrn Professor Schmid, in einer knappen Redezeit versucht, darzulegen, welche schwerwiegenden finanzwirtschaftlichen, steuermoralischen und verfassungsrechtlichen Bedenken insbesondere gegen § 2 bestehen könnten. Diese Bedenken sind heute nicht der Sache nach, wohl aber wegen der Auswirkung der gesetzlichen Regelung zerstreut. Ich bitte aber das gesamte Haus, ebenso wie mein Herr Vorredner, zu beachten, daß es sich hierbei, wie damals der Herr Vertreter von Rheinland-Pfalz im Bundestag überzeugend darlegte, um einen außerordentlich entscheidenden Punkt unseres gesamten föderativen Aufbaus handelt, bei dem man diese sehr schwierige Materie nicht allein nach formalen, sondern nur nach politisch auswägenden Gesichtspunkten unter Dach und Fach bringen kann.
Nachdem nunmehr die Interessenquote allgemein später im Finanzausgleich berücksichtigt werden soll und dies durch das zweite zur Beratung stehende Gesetz betreffend die Finanzhilfe für Schleswig-Holstein zunächst schon einmal geschehen ist, möchte ich alle diejenigen, die gleich mir aus den verschiedensten Gründen Bedenken gegen diese Gestaltungsform erhoben haben, bitten, diese um der Praxis unseres politischen Lebens willen zurückzustellen. Wenn jedenfalls die Vorlage betreffend Schleswig-Holstein, dem Katastrophenlande unserer Republik, heute mit verabschiedet wird, so möchte ich als Schleswig-Holsteiner — und ich glaube, gleich mir alle politischen Abgeordneten aus Schleswig-Holstein, einerlei, welcher Partei sie angehören — unsere Bedenken, so gewichtig sie auch waren, zurückstellen, um dem Leben zu lassen, was das Leben braucht, nämlich Weiterleben!
Ich glaube allerdings, daß dadurch, daß man die Interessenquote dann wieder in den Finanzausgleich einbaut, der eigentliche Sinn dieses merkwürdigen Begriffes, daß nämlich der Verwaltungsbeamte, der Bundesmittel verwaltet, durch eine I Belastung des eigenen Landes zur Sparsamkeit
veranlaßt sein soll, in etwa wieder aufgehoben ist und damit die Katze sich eigentlich in den Schwanz beißt. Aber das sind Bedenken, die am Rande liegen. Ich spreche sie hier nur aus, und ich bitte Sie, alles zurückzustellen, was man etwa theoretisch einwenden könnte, und praktisch den beiden Vorlagen zuzustimmen.
Daß mein Herr Vorredner für die anderen deutschen Länder außer Schleswig-Holstein zur Bedingung und Voraussetzung gemacht hat, daß in der Tat für den gesamten horizontalen Finanzausgleich mit denkbarster Beschleunigung die endgültige Lösung kommen muß, die für Schleswig-Holstein zunächst vorläufig angebahnt ist, das unterstreiche ich namens meiner Fraktion in jedem Wort, das da gesprochen ist. Für Schleswig-Holstein aber erkläre ich mich für den Augenblick namens der Abgeordneten dieses Hauses, für die ich glaube sprechen zu dürfen, für befriedigt.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Besold.
Dr. Besold: : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Verhandlungen im Finanz- und Steuerausschuß haben gezeigt, daß es sich bei der Fassung des § 2 des Überleitungsgesetzes um eine sehr wichtige und sehr strittige Frage im Verhältnis von Bund und Ländern handelt. Die steuerschwachen Länder haben sich auf den Standpunkt gestellt, daß in Abs. 2 dieser Bestimmung unbedingt eine Sicherung eingebaut werden muß. Die Tatsache, daß der entsprechende Antrag, der dahin lautet, daß die Länder den auf sie nach Abs. 1 entfallenden Anteil im Verhältnis ihres Aufkommens an Einkommen- und Körperschaftsteuer im Rechnungsjahr 1950/51 aufbringen und daß der Bund diese Beträge entsprechend der Bestimmung des Art. 106 Abs. 3 des Grundgesetzes von jedem Lande erhebt — ich sage, diese Tatsache, daß diese Sicherung zweimal mit Mehrheit im Finanzausschuß angenommen wurde, beweist Ihnen, wie wichtig die Frage „Bund und Länder" ist. Lediglich bei der dritten Verbescheidung dieses Antrages sahen sich mit Rücksicht darauf, daß der horizontale Finanzausgleich — der ja noch nicht verabschiedet ist und der in der Zukunft liegt —eventuell eine diesbezügliche Sicherung der Länder erbringt, einzelne Mitglieder dann zur Enthaltung veranlaßt.
Aus den Ausführungen des Herrn Höpker-Aschoff muß ich aber nunmehr in der Annahme des § 2 des Überleitungsgesetzes, so wie er jetzt lautet, eine große Gefahr für diese Länder sehen. Herr Höpker-Aschoff glaubt, daß die Fassung für die Interessenquote, so wie sie jetzt festgelegt ist, in Art. 120 des Grundgesetzes gegeben sei. Der Art. 120 aber gibt nicht die Ermächtigung, eine Bestimmung, wie hier im § 2 des Gesetzes, zu fundieren, wenn eine andere Bestimmung des Grundgesetzes eine besondere Regelung vorsieht. Wie die Deckung eines Defizits des Bundes vorzunehmen ist, ist ja ausdrücklich in einer Spezialbestimmung des Art. 106 Abs. 3 festgelegt; ich habe sehr deutlich gehört, daß man diesen Weg, den die Länder auch vorgeschlagen haben, deshalb umgeht, weil dann die Deckung gefährdet sei, da ein solches Gesetz der Zustimmung des Bundesrats bedürfte. Es steht für mich fest, daß diese Fassung des § 2 des Überleitungsgesetzes wider das Grundgesetz ist, weil hierdurch ein wesentliches Recht der Länder, nämlich die Zustimmung des Bundesrats, einfach ausgeschaltet würde. Das ist nach meiner Ansicht verfassungswidrig.
Uns kann auch nicht die Zusicherung, daß in einem späteren horizontalen Finanzausgleich die Länderrechte gesichert seien, beruhigen. Wir verstehen nicht, daß man schon seit April ohne gesetzliche Regelung nach diesem Gesetz verfährt und nicht noch einige Wochen wartet, bis der horizontale Finanzausgleich, zu dem ja schon Vorschläge vorliegen, endgültig verabschiedet ist. Es würde an der ganzen Lage nichts ändern, wenn den Ländern Sicherheit und Gewißheit darüber gegeben würde, wie die Regelung im horizontalen Finanzausgleich endgültig festgelegt wird. Nachdem dieser horizontale Finanzausgleich gerade für die Länder, die gegen die Fassung des § 2 Bedenken haben, von grundsätzlicher Bedeutung ist, würde es ein wohlzuverstehendes und auch berechtigtes und begründetes Entgegenkommen sein, wenn man die endgültige Verbescheidung dieses Gesetzes bis zur endgültigen Verbescheidung des horizontalen Finanzausgleichs verschieben würde, weil der horizontale Finanzausgleich ein Essentiale der hier festgelegten Bestimmung des § 2 ist, die in der derzeitigen Fassung nicht den gemäß Art. 106 Abs. 3 verbürgten Rechten der Länder entspricht. Aus diesen Gründen kann meine Fraktion dieser Fassung des § 2 und damit dem Gesetze nicht zustimmen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Bertram.
Meine Damen und Herren! Der Gedanke der Interessenquote kann nur insofern von Bedeutung sein, als die Länder tatsächlich in der Lage sind, durch eine sparsame Verwaltung und durch eine sparsame Ausgabenwirtschaft etwas zu ersparen. Wenn Sie sich aber einmal den Katalog des § 2 zusammen mit § 5 a ansehen, so werden Sie sehen, daß der größte Teil der Ausgaben, ich möchte sagen 90 % dieser Ausgaben, von den Ländern gar nicht beeinflußt werden können. Wie kann man jemand an einer Ausgabe interessieren, die ihm zwangsläufig erwächst? Insofern ist der Gedanke der Interessenquote, so richtig er an sich ist, doch falsch ausgeführt, indem den Ländern ein bestimmter Prozentsatz an der Gesamtheit der Ausgaben vorbehalten bleibt. Ich meine deshalb: wenn man von dem Gedanken der Interessenquote ausgeht, dann sollte man diejenigen Ausgaben, die von den Ländern beeinflußbar sind — das sind insbesondere die Verwaltungsausgaben —, gesondert auswerfen und daran möglicherweise die Länder beteiligen, sofern das aus rechtlichen Gründen zulässig sein sollte.
Es kommt noch ein weiterer, steuerpolitischer Gesichtspunkt hinzu. Die Beteiligung der Länder an Interessenquoten sieht so aus, als wären die Länder die Betroffenen. Aber wer ist denn letzten Endes der Betroffene? Doch nicht die Länder! Letzten Endes werden die Finanzzuweisungen an die Gemeinden gekürzt werden müssen, damit die Länder ihre Haushalte in Ordnung bringen können. Die Gemeinden werden ihrerseits wieder die Gemeindesteuern auf den höchstzulässigen Hebesatz bringen müssen, um ihre Aufgaben erledigen zu können. Damit gehen also diese in der Konzeption nicht richtig durchdachten Interessenquoten im Endeffekt zu Lasten der Gemeinden und zu Lasten der Steuerpflichtigen. Dadurch wird
ein Gedanke, der doch unser gesamtes Steuerrecht beherrscht, nämlich die Gleichmäßigkeit der Besteuerung, in Frage gestellt. Ich glaube deshalb, daß dieser Gedanke der Interessenquote, so bestechend er im ersten Augenblick sein mag, bei genauerer Überlegung doch nicht den Wert hat, den man ihm in der Diskussion beigemessen hat.
Es kommt aber noch ein Gesichtspunkt hinzu. Art. 120 des Grundgesetzes sagt ausdrücklich, daß der Bund die Besatzungs- bzw. Kriegsfolgelasten, und zwar nicht einzelne, sondern die gesamten Lasten nach näherer Maßgabe eines Bundesgesetzes zu übernehmen habe. Das kann doch nur bedeuten, daß sich dieses Bundesgesetz mit dem Zeitpunkt oder mit den Modalitäten der Übernahme zu befassen hat, aber doch nicht, daß der Bund tatsächlich nicht 100 %, sondern, wie es hier heißt, nur 75 % der Kriegsfolgelasten zu übernehmen habe. Damit übernimmt er ja nicht die Lasten, wie es das Grundgesetz vorschreibt, sondern nur einen Teil der Lasten. Ich glaube deshalb, daß bei einer Wortinterpretation mindestens die hier getroffene Regelung dem Grundgesetz nicht entsprechen dürfte.
Aber entspricht die Regelung denn dem Sinn des Grundgesetzes? Ich glaube, man wird sagen müssen, daß sie dem Sinn des Grundgesetzes ebensowenig entspricht; denn der Gesetzgeber hat in ganz richtiger Erkenntnis der politischen Bedeutung dieser Angelegenheit — ich komme gleich noch darauf zu sprechen — die Umlage dieser Ausgaben auf die Steuerkraft der einzelnen Länder abgestellt. Wenn wir nämlich den Maßstab der Steuerkraft der einzelnen Länder verlassen wollten, dann würden wir die steuerschwachen Länder noch zusätzlich politisch schwächen. Man muß bedenken, daß bereits im laufenden Haushaltsjahr die steuerschwachen Länder Kassenhilfen bei den steuerstarken Ländern haben erbitten müssen. Daß solche Kassenhilfen die Möglichkeit auch einer politischen Schwächung und einer politischen Beeinflussung ihrer Abstimmung bei anderen Dingen im Bundesrat ergeben könnten, liegt doch auf der Hand. Es ist immer so im politischen Sektor: woher das Geld kommt, von da geht auch ein entsprechender politischer Einfluß aus, und diese Gefahr zumindest sollten wir sehen und nicht ohne weiteres vernachlässigen. Denken Sie doch bitte einmal an das Heilige Römische Reich, in dem die großen Territorialgewalten ebenfalls auf Kosten der Städte und auf Kosten der Zentralgewalt gestärkt worden sind. Eine ähnliche Entwicklung kann mit dieser Gesetzgebung herbeigeführt werden. Wir machen deshalb auf die Gefahr aufmerksam, die in einer solchen Entwicklung liegen kann.
Ein letzter Gesichtspunkt! Es ist richtig, daß bisher nach diesem Gedanken, wie er hier niedergelegt worden ist, verfahren wurde. Es ist der Weg des geringsten Widerstandes gegangen worden; der Weg des geringsten Widerstandes verlockt ja immer dazu, begangen zu werden. Aber ob man entgegen den Bestimmungen des Grundgesetzes und trotz der politischen Gefahren, die mit einer solchen Entwicklung für die Gemeinden und letzten Endes für die Steuerpflichtigen verbunden sind, den Weg des geringsten Widerstandes gehen soll, ist doch eine sehr große Frage. Die Verhandlungen über dieses Gesetz sind über sehr lange Zeit geführt worden. Meine politischen Freunde und ich selber glauben nicht, daß wir im gegenwärtigen Zeitpunkt noch in der Lage sind, den Gesetzesinhalt materiell zu ändern.
Wir wollen uns deshalb der Stimme enthalten, N wollten aber nicht verfehlen, auf die Bedenken hinzuweisen, die dieses Gesetz für uns mit sich bringt.
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist im Laufe der Aussprache die Frage aufgeworfen worden, ob der Bundesfinanzminister zu seinem Wort stehen könne, daß der horizontale Finanzausgleich baldigst den gesetzgebenden Körperschaften vorgelegt werde.
Ich darf hierzu folgende Erklärung abgeben. Der horizontale Finanzausgleich beruht auf einem Gutachten, das eine hierzu eigens eingesetzte Kommission des Bundesrats ausgearbeitet hat. Dieses Gutachten ist gestern im Finanzausschuß des Bundesrats von den Finanzministern der Länder besprochen worden. Es ist mit sehr großer Mehrheit und insbesondere mit voller Zustimmung aller steuerschwachen Länder als eine geeignete Grundlage für den horizontalen Finanzausgleich erklärt worden.
Der Gesetzentwurf über den horizontalen Finanzausgleich ist lediglich die gesetzestechnische Verarbeitung des Inhalts dieses Gutachtens. Dieser Gesetzentwurf, der bereits ausgearbeitet ist, wird in den nächsten Tagen dem Kabinett zur Beschlußfassung vorgelegt werden. Er wird dann dem Bundesrat vorgelegt, und ich zweifle nach der Stellungnahme, die der Bundesrat zu dem Gutachten eingenommen hat, nicht daran, daß sich wohl dieselbe Mehrheit grundsätzlich für den Gesetzentwurf entscheiden wird.
Ich kann also hiermit erklären, daß der Bundesfinanzminister in der Lage sein wird, diesen Gesetzentwurf über den horizontalen Finanzausgleich in allerkürzester Frist den gesetzgebenden Körperschaften zuzuleiten, und daß er sich berechtigt glaubt, die Hoffnung auszusprechen, daß dieser Gesetzentwurf nach den geleisteten Vorarbeiten zum wenigsten auch die Zustimmung des Bundesrats finden wird.
Im Laufe der Aussprache sind dann noch, insbesondere von dem Redner der Bayernpartei, Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 2 des Überleitungsgesetzes geäußert worden. Ich möchte dazu nur folgendes feststellen.
Der ganze Gedanke der Interessenquote ist ja nicht erst von der Bundesregierung geboren worden, sondern dieser Gedankengang ist bereits von den Ministerpräsidenten in der Zeit der Entstehung des Grundgesetzes ausgesprochen worden. Die Anregung für das, was wir heute in dem Gesetzentwurf verabschieden, liegt in den Vorschlägen, die die Ministerpräsidenten im Zeitpunkt der Entstehung des Grundgesetzes zur Ausführung desselben und zur Erleichterung des Übergangs gemacht haben. Daß der Übergang von diesen Milliardenwerten an Ausgaben und Einnahmen am 1. April 1950 keine leichte Aufgabe gewesen ist, daß er in gewissem Sinn eine Probe auf die Loyalität der beiden Partner — Bund und Länder — gewesen ist, brauche ich hier nicht noch einmal darzulegen. Der Übergang ist reibungslos gestaltet worden. Meine Damen und Herren, wir haben hier zwar einen faktischen Zustand; aber es ist das Bemühen beider Teile, ihn auch zu einem formell gesetzlich fundierten Zustand zu machen. Gerade die
Rücksichtnahme auf die gesetzgebenden Körperschaften verbietet es den beteiligten Kreisen — das sind die Länderregierungen und die Bundesregierung —, einen Zustand zu schaffen, der nicht mehr geändert werden kann, der also die gesetzgebenden Körperschaften in die Lage versetzen würde, zwangsweise etwas zu übernehmen, und zwar einfach deshalb, weil es so geworden ist.
Eine weitere Verschiebung, wie sie hier vorgeschlagen ist, würde diesen faktischen Zustand immer mehr zu einem nicht mehr abänderbaren Zustand machen. Gerade deshalb lege ich Wert darauf. daß die gesetzgebenden Körperschaften — das war unser Bemühen — so früh wie möglich ihr Votum zu dem Überleitungsgesetz geben.
Das Überleitungsgesetz steht nach unser aller Überzeugung mit der Verfassung in völliger Übereinstimmung. Der Art. 120 des Grundgesetzes ist auf keinen Fall verletzt. Ich will hier nicht weiter auf die Frage eingehen, weil sie gar keine Rolle spielt, ob die Worte „nach näherer Bestimmung eines Bundesgesetzes" bedeuten können, daß solche Lasten nicht voll, sondern nur zu einem entsprechenden Teil vom Bund übernommen werden. In diesem Fall werden die Lasten an sich voll übernommen. Nur mit Rücksicht darauf, daß die Länder den Wunsch haben, die Verwaltung dieser Lasten in der Hand zu behalten, wird durch das System der Interessenquote neben der vollen Übernahme der Lasten eine Einnahme für den Bund geschaffen, die die Sicherung der Verwaltung zum Gegenstand hat. Daß die Bedenken bei den Ländern nicht bestehen, beweist die folgende Tatsache: Gerade auch das Land, von dem ich annehme, daß der Redner der Bayernpartei Wert darauf legt, das Land Bayern, das das Grundgesetz doch gewiß in föderalistischem Sinn gehandhabt wissen will, gibt jetzt nach der Erklärung seines Vertreters im gemischten Ausschuß der Regelung seine Zustimmung. Also, ich glaube, wir bräuchten in diesem Fall nicht ängstlicher und mehr besorgt zu sein als die bayerische Staatsregierung, die ganz gewiß gewillt ist, dem föderalistischen Charakter des Grundgesetzes Rechnung zu tragen.
— Die bayerische Staatsregierung hat sich davon überzeugt, daß der Weg, der hier vorgeschlagen ist, nicht nur dem Grundgesetz, sondern insbesondere auch den Interessen der steuerschwachen Länder entspricht.
Ich muß sagen, es ist ein Vorzug der bayerischen Staatsregierung, wenn sie sachlichen Gründen ihr Ohr schenkt.
Es ist viel besser, sich durch sachliche Gründe überzeugen zu lassen, als durch unsachliche Gründe auf einem einmal vorschnell eingenommenen Standpunkt bestehen zu bleiben.
Also ich glaube, resümieren zu können. Der horizontale Finanzausgleich wird vorgelegt und der horizontale Finanzausgleich wird — die Länder wissen ganz genau, wie die Auswirkungen sein werden — die Zustimmung der Mehrheit des Bundesrates, insbesondere der steuerschwachen Länder, finden. Und zweitens, Bedenken gegen das
System der Interessenquote werden von der ganz großen Mehrheit der Länder, insbesondere von den Ländern, die auf den föderativen Charakter des Grundgesetzes Wert legen, nicht mehr erhoben.
Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Dr. Besold!
Meine Damen und Herren! Mit Rücksicht auf die eben abgegebene Erklärung des Herrn Bundesfinanzministers, daß der horizontale Finanzausgleich eine fast sichere Zustimmung findet und daß er demnächst und schnellstens verabschiedet werden kann, beantragt meine Fraktion die Vertagung der Verbescheidung dieses Überleitungsgesetzes.
— Das ist nicht unlogisch. Der horizontale Finanzausgleich ist — das wird nicht bestritten — ein Essentiale dieses Überleitungsgesetzes. Ich glaube ohne weiteres den Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers, daß der horizontale Finanzausgleich eventuell so zustandekommt, wie er geplant ist, und den steuerschwachen Ländern zugutekommt. Aber der Herr Bundesfinanzminister ist Rechtsanwalt genau so wie ich, und kein Anwalt kann vor Beendigung eines Prozesses, auch wenn er noch so aussichtsreich ist, sagen, daß der Prozeß gewonnen ist. In der Demokratie ist, glaube ich, dieser Grundsatz noch viel schärfer anzuwenden, und wir haben keine Gewähr, wie sich die demokratischen Verhältnisse bei der Festlegung des horizontalen Finanzausgleichs irgendwie verschieben können. Wir sind auch der Ansicht, daß der illegale Zustand so rasch als möglich beseitigt werden muß. Nachdem er aber schon so lange gedauert hat und die Regelung des horizontalen Finanzausgleichs unmittelbar vor der Tür steht, ist es keine unbillige Verzögerung, wenn Sie diese beiden Gesetze durch eine Vertagung der Abstimmung über dieses Gesetz heute bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir Gewißheit über die Gestaltung des horizontalen Finanzausgleichs haben werden, verbescheiden.
Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Dr. Dr. Höpker-Aschoff!
Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, den geschäftsordnungsmäßigen Antrag des Herrn Kollegen Dr. Besold abzulehnen. Herr Kollege Dr. Besold, die Schlange beißt sich in den Schwanz ! Wenn Sie hier dieses Gesetz nicht verabschieden, ist die Grundlage für die Ausarbeitung eines horizontalen Finanzausgleichs nicht gegeben.
Durch den horizontalen Finanzausgleich soll doch die Finanzkraft der Länder gegeneinander abgewogen werden. Dabei treten als Elemente in Rechnung nicht nur die Steuereinnahmen der Länder, sondern auch die Belastungsmomente und darunter auch die Belastung durch die Interessenquote. Wir müssen also zunächst diese Grundlage durch Verabschiedung des Überleitungsgesetzes schaffen, wenn später der horizontale Finanzausgleich geschaffen werden soll.
— Nein, das ist nicht möglich.
Dann möchte ich noch auf etwas anderes hinweisen. Herr Kollege Dr. Besold, die Demokratie verlangt, daß die Verwaltung im. Rahmen der Gesetze geführt wird. Das ist ein Grundsatz der demokratischen Verfassung. Die Verwaltung arbeitet unter dem Zwang der Dinge seit dem 1. April nach den Grundsätzen dieses Gesetzentwurfes, ohne daß die gesetzliche Grundlage da ist. Ich glaube, alle Fraktionen dieses Hauses haben den dringenden Wunsch, daß dieser gesetzwidrige Zustand so schnell wie möglich in Ordnung gebracht wird.
Aus allen diesen Gründen bitte ich also, den Antrag abzulehnen.
Wir stimmen über den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Besold ab. Wer für die Aussetzung der Beratung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Mit allen Stimmen gegen die der Antragsteller und der kommunistischen Fraktion abgelehnt.
— Bei einer Reihe von Enthaltungen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Hagge.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich erlaube mir, deswegen hier das Wort zu nehmen, weil ich als Mitglied dieses Hohen Hauses auch Mitglied des Ausschusses für Steuer und Finanzen und schleswig-holsteinischer Abgeordneter bin. Ich habe persönlich gegen den § 2 grundsätzliche Bedenken gehabt. Aber um der Ordnung in unserem Bund und in unseren Ländern zu dienen, habe ich mich nicht dazu entschließen können, gegen den § 2 und damit gegen das Überleitungsgesetz zu stimmen.
Ich habe deswegen auch die Bitte an das Hohe Haus, dieser Ordnungsgesetzgebung Geltung zu verschaffen durch die Annahme nicht nur des Überleitungsgesetzes in der jetzt vorgelegten Form, sondern auch durch die Annahme des Gesetzes, das für die Finanzhilfe Schleswig-Holsteins Ihnen vorgelegt ist.
Ich möchte aber nicht die Gelegenheit versäumen, um Ihnen zu sagen, daß das Land Schleswig-Holstein nicht nur Finanzhilfe braucht, sondern vor allen Dingen den wiederholt versprochenen Bevölkerungsausgleich benötigt. Meine Damen und Herren! Das, was einmal beschlossen und zugesagt ist, geht in einem sehr langsamen Tempo vor sich.
Ich möchte aber auch darauf hinweisen, daß dem nicht so ist, wie die finanzstarken und großen Länder sagen, daß in Schleswig-Holstein der Kriegszerstörungsgrad nicht so groß sei wie in den anderen Ländern unseres Bundesgebietes. Bedenken Sie, daß in Schleswig-Holstein — —
Herr Kollege, wir haben jetzt keine Generalaussprache. Bitte, nur zu § 2!
Aber, meine Damen und Herren, gestatten Sie mir dann zumindest den Hinweis darauf, daß von eineinhalb Millionen Einwohnern im Lande Schleswig-Holstein vor 1939 beinahe die Hälfte, nämlich in den Gebieten Kiel, Lübeck und Neumünster, von der Kriegszerstörung betroffen sind und daß unter Berücksichtigung dieses Umstandes die Bevölkerungsbelastung durch den Krieg und die Vertreibung besonders hart ist.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache zu § 2.
Ich lasse über diesen § 2 abstimmen. Wer für die Annahme in der Fassung des Ausschußberichtes ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen einige Stimmen angenommen.
— Wollen die Herren, die sich der Stimme enthalten haben, ihre Zahl festgestellt wissen?
— Dann bitte ich die Damen und Herren, die sich der Stimme enthalten haben, das anzuzeigen. — Rund 15 Stimmen. Jedenfalls ist § 2 mit überzeugender Mehrheit angenommen worden.
§ 3. Ich eröffne die Aussprache. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Aussprache. Wer für die Annahme von § 3 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen einige Stimmen angenommen.
§ 4. Ich eröffne die Aussprache. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Aussprache. Wer für Annahme von § 4 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
§ 5. Ich eröffne die Aussprache. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Aussprache. Wer für Annahme von § 5 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen einige Stimmen angenommen.
§ 5a. Ich eröffne die Aussprache. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Aussprache. Wer für Annahme von § 5 a ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen einige Stimmen angenommen.
§ 6. Ich eröffne die Aussprache. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Aussprache. Wer für Annahme von § 6 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
§ 7. Ich eröffne die Aussprache. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Aussprache. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
§ 8. Ich eröffne die Aussprache. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Aussprache. Wer für Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
§ 9. Ich eröffne die Aussprache. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Aussprache. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Es scheint sich zu den folgenden Paragraphen niemand zum Wort melden zu wollen. Ich bitte, mich zu ermächtigen, entgegen der normalen Bestimmung der Geschäftsordnung diese Paragraphen zusammenfassen zu dürfen. Ich rufe sie einzeln auf, lasse aber abstimmen, wenn sie alle zusammen aufgerufen worden sind.
§§ 10, — 11, — 12, — 13, — 13 a, — 13 b, —13 c, — 14, — 15, — 16, — 17, — 17 a, — 18, — 18a, — 19. Wer für die Annahme dieser Paragraphen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
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Nunmehr rufe ich auf in der zweiten Beratung das
Gesetz über eine vorläufige Finanzhilfe für
das Land Schleswig-Holstein im Rechnungsjahr 1950 .
§§ 1,— 2,— 3,— 4,— 5,-6. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Aussprache. Wer für die Annahme dieser Paragraphen im einzelnen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Einleitung und Überschrift. — Angenommen. Nach Schluß der zweiten Beratung treten wir
in die
dritte Beratung
ein. Ich eröffne die allgemeine Aussprache.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Neuburger.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Sie mit Ausführungen über Einzelheiten des Gesetzes nicht aufhalten. Sie haben darüber in der vorausgegangenen Debatte genügend gehört. Sie wissen, daß die Regelung des gegenseitigen Verhältnisses zwischen Bund und Ländern auf dem Gebiete der Finanzen und Steuern schon bei der Beratung und Schaffung des Grundgesetzes zu den schwierigsten Materien gehörte. Wir wissen alle, daß damals das Zustandekommen des Grundgesetzes infolge der
Auseinandersetzungen hierüber beinahe gefährdet wurde.
Nun geht es an die teilweise Ausführung dieser Bestimmungen, und auch da hat sich gezeigt, daß die Ausführung nicht weniger schwierig ist. Dem heutigen Gesetze gingen monatelange Verhandlungen voraus. Diese Verhandlungen wurden — das möchte ich ausdrücklich feststellen — von allen Seiten mit dem Willen geführt, eine Einigung, eine tragbare Einigung zu erzielen. Andererseits drängte die Zeit; denn das neue Rechnungsjahr begann, und die Lasten waren vom Bund übernommen. Diese Lasten waren höher als die Einnahmen, die mitübernommen wurden. Wir stehen daher vor der Tatsache, daß dieses Gesetz heute in praxi schon durchgeführt wird, obwohl wir hier noch über seine Annahme debattieren.
Daher stehen wir auch unter dem Zwang, nun einmal mit dieser gesetzlichen Regelung einen Anfang zu machen. Niemand von uns wird behaupten wollen, daß mit diesem Gesetz auf diesem schwierigen Gebiet bereits eine Lösung gefunden wurde, die dem Ei des Kolumbus gleicht. Aber wichtiger als das Streiten um Zahlen und um Prozente ist die Auseinandersetzung über die Grundsätze, die diesem Gesetz zugrunde liegen, und da kann ich doch feststellen, daß über diese Grundsätze im wesentlichen eine Einigung erzielt werden konnte.
Zunächst der Grundsatz der Interessenquote. Wie der Herr Bundesfinanzminister schon festgestellt hat, ist diese Interessenquote erstmalig von den Ministerpräsidenten als ein zu bejahender Faktor in die Debatte geworfen worden. Die Ministerpräsidenten waren es also, die erklärt haben: Wir sind für eine Interessenquote. — Und warum? Sie sind deshalb für eine Interessenquote, weil sie andererseits den Standpunkt vertreten, daß die Verwaltung und die Steuerung dieser Ausgaben in dem Zuständigkeitsbereich der Länder bleiben sollte. Daher ist es keine verfassungsrechtliche Frage, sondern es ist sozusagen eine Frage der Vereinbarung zwischen dem Bund einerseits und den zuständigen Ministerpräsidenten andererseits, eine
Vereinbarung, die auf dem Gebiete der Verwaltung liegt. Hier einerseits Interessenquote, andererseits das Belassen der Verwaltung dieser Lasten im Bereich der Länder. Da also die Länder eine Einwirkungsmöglichkeit, eine Einflußnahme auf die Höhe der Ausgaben haben, deshalb auch die Interessenquote, und je nach dem Grad dieser Einflußnahme ändert sich auch die Höhe der Interessenquote.
Zweifellos konnte dieser Finanzausgleich, den man vielleicht als einen Anfang eines vertikalen Finanzausgleichs bezeichnen könnte, nicht getrennt von den Grundsätzen beraten werden, die für den horizontalen Finanzausgleich gelten müssen, der auf den Grundsätzen des Art. 106 des Grundgesetzes basiert. Daher war die zweite Forderung im Ausschuß, daß für die gleiche Zeit, für die dieses Gesetz gelten soll, auch ein horizontaler Finanzausgleich geschaffen wird. Wir haben von dem Bundesfinanzminister gehört, daß dieser Finanzausgleich sich bereits zur Beratung in den Gremien des Bundesrates befindet und daß wir demnächst eine entsprechende Vorlage bekommen.
Ein weiterer Grundsatz ist der, daß die Interessenquote als solche ein Kostenelement dieses horizontalen Finanzausgleichs bildet.
Wir stehen, wie gesagt, vor einem Anfang, und die Lösung wird zunächst eine Probe sein. Deshalb auch die Beschränkung dieses Gesetzes auf das Etatsjahr 1950. Der Grundsatz der Verfeinerung kann also erst im kommenden Jahr verwirklicht werden, nachdem wir einerseits aus diesem Gesetz und andererseits aus dem Gesetz über den horizontalen Finanzausgleich Erfahrungen gesammelt haben. Ich habe vorhin erwähnt, daß die Verhandlungen auch im Ausschuß für Finanzen und Steuern allseitig mit dem Willen einer Einigung geführt wurden. Niemand hat den Gedanken' — und ich unterstelle, daß auch niemand in diesem Hause diesen Gedanken hat —, die staatsrechtliche Grundlage des Grundgesetzes irgendwie zu trüben oder mit diesen Gesetzen über vertikalen und horizontalen Finanzausgleich in diesen föderativen Aufbau unserer Bundesrepublik Spaltpilze zu legen. Es wäre auch mehr als verfehlt; denn unter einem Schicksal stehen wir alle, ein Schicksal schwebt über uns allen, gleichgültig, ob wir an der Elbe, am Rhein, an der Weser oder an der Donau wohnen. Dieses Schicksal aber rechnet nicht mit spitzem Bleistift und nicht mit kleinen Prozenten.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Wellhausen.
Meine verehrten Damen und Herren! Es bedarf keiner Erwähnung, daß wir den Worten meines Vorredners in vollem Umfange zustimmen. Ich habe mich nicht zum Wort gemeldet, um das auszudrücken, sondern um Sie zu bitten, eine kleine redaktionelle Änderung durch das ganze Gesetz hindurch vorzunehmen. In dem Gesetz sind mehrfach die Worte „in der französischen Zone" enthalten. An einer anderen Stelle, nämlich in § 18, heißt es: „der Länder des französischen Besatzungsgebietes". Wir empfehlen — und bitten, nicht etwas dahinter suchen zu wollen —, die Worte in allen Paragraphen, in denen sie stehen, durch eine Aufzählung der drei Länder zu ersetzen.
— Daran habe ich auch gedacht, aber es war mir nicht wichtig genug. Das sollte die Verwaltung entscheiden.
Meine Damen und Herren, ich nehme an, daß es nicht ein Abänderungsantrag war, sondern eine Anregung für die Vornahme redaktioneller Änderungen. — Keine weiteren Wortmeldungen zur allgemeinen Aussprache. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache zum Gesetz über eine vorläufige Finanzhilfe für das Land Schleswig-Holstein. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung im einzelnen. Ich bitte mich zu ermächtigen, die Paragraphen summarisch aufzurufen. Zunächst Drucksache Nr. 1337 §§ 1 bis 19, Einleitung und Überschrift. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Nunmehr zur Schlußabstimmung im ganzen. Wer für die Annahme dieses Gesetzes ist, den bitte ich-, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das Gesetz ist angenommen.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über die vorgeschlagene Entschließung. Herr Kollege Dr. Höpker-Aschoff, ich habe mir erlaubt, eine redaktionelle Änderung vorzunehmen und statt „die Bundesregierung zu ersuchen" zu sagen: „Die Bundesregierung wird ersucht". Wer für die Annahme dieser Entschließung -ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Einmütig so beschlossen.
Nunmehr das Schleswig-Holstein-Hilfe-Gesetz, §§ 1 bis 6, Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Angenommen.
Nunmehr zur Schlußabstimmung: Annahme des Gesetzes im ganzen. Wer dafür ist, den bitte ich die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das Gesetz ist angenommen.
— Einige Stimmenthaltungen!
Damit sind diese beiden Punkte der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf Punkt 4 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Errichtung und Aufgaben des Bundesrechnungshofes .
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (Nr. 1317 der Drucksachen).
Ich erteile das Wort Herrn Abgeordneten Dr. Koch als Berichterstatter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu meiner Freude kann ich mich bei dem Bericht, den ich Ihnen im Auftrage des Finanzausschusses zu erstatten die Ehre habe, außerordentlich kurz fassen. Es hieße, glaube ich, Eulen nach Athen tragen und wäre vielleicht geradezu beleidigend, wenn ich Ihnen hier über die Bedeutung des Bundesrechnungshofs und über die Wichtigkeit seiner Arbeit irgendwelche Ausführungen machen wollte. Ich darf Sie aber noch einmal, wie es schon die Regierung getan hat, auf Art. 114 Abs. 2 des Grundgesetzes hinweisen, wonach die Rechnung, die der Bundesminister der g Finanzen alljährlich vorzulegen hat, durch einen Rechnungshof, dessen Mitglieder richterliche Unabhängigkeit besitzen, geprüft wird. Das vorliegende Gesetz ist also ein Gesetz zur Durchführung dieses Art. 114 unseres Grundgesetzes.
Zu den einzelnen Bestimmungen dieses Gesetzes habe ich noch einige Bemerkungen zu machen. Der Bundesrat hatte beantragt, dem § 1 einen neuen Abs. 4 hinzuzufügen, nach dem Außenabteilungen des nunmehr zu bildenden Bundesrechnungshofs lediglich mit Zustimmung des Bundesrats gebildet werden dürfen. Der Finanzausschuß des Bundestags hat diesen Antrag des Bundesrats abgelehnt, weil ihm unerfindlich war, weshalb es der Zustimmung des Bundesrats bei einem Organ der Bundesverwaltung bedürfen soll, das lediglich Bundesaufgaben zu erledigen hat. Der Finanzausschuß hat es also, wenn ich mich so ausdrücken darf, abgelehnt, hier den Ländern die Möglichkeit der Zuzugsgenehmigung und der Aufenthaltsbewilligung für Bundesorgane zu geben.
Der Bundesrat hatte ferner vorgeschlagen, in § 3 Buchstabe b Ziffer 3, wo es heißt, daß der Bundesrat nunmehr an die Stelle des Reichsrats tritt, hinzuzufügen: „und zwar mit den sich aus der Reichshaushaltsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. April 1930. . . ergebenden Befugnissen". Auch diesen Abänderungsantrag des Bundesrats hat der Finanzausschuß abgelehnt. Der Finanzausschuß bittet Sie, ,dasselbe zu tun, weil er auf dem Standpunkt steht, daß hier die Bezugnahme auf die Reichshaushaltsordnung nicht richtig ist, zumal hier auf die Fassung der Reichshaushaltsordnung vom 14. April 1930 Bezug genommen wird, hingegen in § 2 auf die am 8. Mai 1945 geltende Fassung. Ich glaube, es wäre gesetzestechnisch nicht richtig, hier auf eine Fassung der Reichshaushaltsordnung von einem ganz anderen Datum Bezug zu nehmen. Im übrigen macht sich der Finanzausschuß die Begründung zu eigen, die die Bundesregierung in ihrem Zuleitungsschreiben gegeben hat.
Nun komme ich zu einer zusätzlichen Änderung, die in der schriftlichen Niederlegung des mündlichen Berichts des Ausschusses noch nicht berücksichtigt ist und die ich Ihnen im Auftrage des Ausschusses sowie auf Anregung des Finanzministeriums selber als Antrag vorzulegen habe. Wir bitten Sie, in § 3 Buchstabe b Ziffer 4 nunmehr auch die Worte zu streichen: „des Reichsministers und des Chefs des Reichskanzlei", so daß unter Ziffer 4 lediglich die Worte bestehen bleiben: „des Reichskanzlers: der Bundeskanzler". Diese Änderung hat folgenden Grund. Durch einen Führererlaß aus dem Jahre 1938, 1939 oder 1940 wurde die Ernennung der Beamten des Bundesrechnungshofs dem Reichsminister und Chef der Reichskanzlei vorbehalten. Wenn wir also diese Worte hier stehen ließen, wäre nach dem Grundgesetz in Zukunft lediglich der Bundeskanzler zusammen mit dem Bundespräsidenten für die Ernennung der Beamten des Bundesrechnungshofs zuständig. Das wäre nach den allgemeinen Prinzipien des Grundgesetzes nicht richtig. Es ist notwendig, daß in erster Linie der Bundesfinanzminister federführend ist. Deshalb müssen die Worte „des Reichsministers und des Chefs der Reichskanzlei" hier gestrichen werden. Ich bitte, das bei der Abstimmung zu berücksichtigen.
In § 4 wird der bisherige Abs. 4 Abs. 3, der bisherige Abs. 5 Abs. 4 und der bisherige Abs. 3 mit den vom Bundesrat und der Bundesregierung vorgeschlagenen Änderungen Abs. 5.
Der neue Abs. 4, der alte Abs. 5, ist Gegenstand eingehender Besprechungen auch im Finanzausschuß gewesen. Der Finanzausschuß hat es abgelehnt, diese Bestimmung zu ändern. Die vorgeschlagene Neufassung bedeutet allerdings gegen-
über dem bisherigen Prüfungsrecht des Rechnungshofs bei den Trägern der Sozialversicherung eine Neuerung. Bisher war das Prüfungsrecht des Rechnungshofs gegenüber den Trägern der Sozialversicherung, wie Sie aus der Begründung auf Seite .13 der Drucksache Nr. 1141 entnehmen können, auf die Verwendung der Zuschüsse beschränkt. Wenn die Bestimmung in der vorliegenden Form angenommen wird, wird der Bundesrechnungshof in Zukunft das Recht haben, auch die gesamte Geschäftsführung der Sozialversicherungsträger zu prüfen. Ob der Bundestag einen derartigen Eingriff in die Selbstverwaltung der Sozialversicherungsträger in diesem Umfang wünscht, stelle ich dahin. Ich trage vor, daß der Finanzausschuß sich mit Mehrheit der vorliegenden Fassung des Abs. 4 angeschlossen hat.
In § 7 finden Sie eine kleine Änderung. Der Bundesrat hat die Einfügung der Worte „auf deren Antrag" vorgeschlagen. Der Finanzausschuß hat diese Änderung angenommen.
In § 10 Abs. 1 hat der Bundesrat die Einfügung der Worte „am Sitz des Bundesrechnungshofes" hinter den Worten „Vereinigter Senat" gewünscht. Der Finanzausschuß hat diesen Abänderungsantrag abgelehnt. Diese Worte bedeuten mehr, als sie zu bedeuten scheinen. Würden wir die Worte „am Sitz des Bundesrechnungshofes" einschalten, so bestünde nämlich der Vereinigte Senat nicht mehr beim Bundesrechnungshof sozusagen als eine Abteilung des Bundesrechnungshofes, sondern er wäre nunmehr eine Behörde, ein Gericht oder ein Amt sui generis, aus eigenem Recht, und wir wünschen nicht - das war die Ansicht des Finanzausschusses -, daß der Vereinigte Senat eine Behörde neben 'dem Bundesrechnungshof ist.
Dagegen hat der Finanzausschuß den Änderungsantrag des Bundesrates, in Abs. 4 des § 10 den letzten Satz zu streichen, angenommen, nicht etwa nur, weil er nun auch gern einmal einem Änderungsvorschlag des Bundesrats zustimmen wollte, sondern weil er auf dem Standpunkt steht, daß besondere Senate neben dem Vereinigten Senat überflüssig sind. Der Vereinigte Senat hat grundsätzliche Entscheidungen in grundsätzlichen Fragen zu treffen, und da ist es unseres Erachtens nicht notwendig, daß die Geschäftsordnung die Bildung von Einzelsenaten vorsieht, da diese grundsätzlichen Entscheidungen am besten sofort von dem Vereinigten Senat getroffen werden.
In § 11 hatte der Bundesrat eine Änderung des Abs. 1 Satz 2 vorgeschlagen. Nach diesem Änderungsvorschlag sollte der Satz 2 folgende Fassung erhalten:
Die dem Vereinigten Senat angehörenden Mitglieder der obersten Rechnungsprüfungsbehörden der Länder müssen nach Landesrecht richterliche Unabhängigkeit besitzen.
Auf den Worten „nach Landesrecht" liegt die Betonung. Wir schließen uns der Auffassung der Bundesregierung an, die auf dem Standpunkt steht, daß die Frage der richterlichen Unabhängigkeit
der Mitglieder des Bundesrechnungshofes, die ja im Grundgesetz garantiert wird, eine Sache des Bundesrechtes ist und nicht eine Sache des Landesrechts. Landesrecht könnte in dem einen Fall nicht ausreichen, in dem anderen Fall wäre es möglicherweise zu weitgehend.
Der Finanzausschuß schlägt Ihnen vor, mit diesen Änderungen das vorliegende Gesetz anzunehmen, also auch mit der einen Änderung, die in dem schriftlich vorliegenden Bericht noch nicht berücksichtigt ist.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten in die Einzelberatung zweiter Lesung ein. Ich rufe auf § 1. — Keine Wortmeldungen. —§ 2. — Keine Wortmeldungen. Wer für die Annahme dieser beiden Paragraphen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — An-. genommen.
Zum § 3 stellt der Ausschuß den Antrag, in Ziffer 4 die Worte zu streichen: „des Reichsministers und Chefs der Reichskanzlei". Wer für die Streichung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
§ 3. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
§ 4. Hier liegt ein Abänderungsantrag des Abgeordneten Richter vor. Ich erteile ihm das Wort zur Begründung.
Richter [Frankfurt] : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Auftrage meiner Fraktion muß ich Ihnen unterbreiten, daß wir mit der Fassung dies § 4 Abs. 5 — —
§ 4 Abs. 4!
Richter [Frankfurt] : Nein, nach, meiner Vorlage Abs. 5, Herr Präsident.
Nach dem Ausschußbericht ist es § 4 Abs. 4.Richter [Frankfurt] : Dann stütze ich mich auf den Wortlaut, da ich den Ausschußbericht im Augenblick nicht vor mir liegen habe. Dieser besagt, daß der Bundesrechnungshof die Haushaltsund Wirtschaftsführung der Träger der Sozialversicherung, wenn sie Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln erhalten, zu prüfen hat. In dieser Fassung kann der § 4 von uns nicht angenommen, insbesondere die Begründung nicht hingenommen werden, daß nach Art. 120 des Grundgesetzes die Sozialversicherungsträger künftig Leistungen aus Bundesmitteln, z. B. die Grundbeträge der Invalidenversicherung, erhalten. Diese Begründung ist irreführend. Wie heute der Bund, so hat früher das Reich die Grundbeträge der Invalidenversicherung und außerdem noch einen jährlichen Beitrag zu leisten gehabt. § 1384 der Reichsversicherungsordnung, der nach wie vor in Kraft ist, verpflichtete auch das Reich zur Bereitstellung von Mitteln, wenn die Leistungen der Rentenversicherungsträger durch die Beiträge nicht mehr gedeckt werden konnten. Trotz dieser über die heutigen Leistungen des Bundes erheblich hinausgehenden Zahlungen und Verpflichtungen hat das Reich den Rentenversicherungsträgern gegenüber niemals die Prüfung durch den Rechnungshof verlangt, und diese waren niemals der Prüfung durch den Rechnungshof unterworfen.
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3230 Deutscher Bundestag — 88. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. September 1950
Nach der Begründung in § 4 Abs. 5 des Entwurfs, Drucksache Nr. 1141, soll dem Rechnungshof in allen diesen Fällen ein auf die Verwendung der Zuschüsse beschränktes Prüfungsrecht nach § 64a in Verbindung mit § 87 der Reichshaushaltsordnung und dem § 4 Abs. 2 des Gesetzentwurfes bereits zugestanden haben. Auch diese Behauptung in dem Entwurf bzw. in der Begründung, ist — gelinde ausgedrückt — irreführend. Der Rechnungshof war auf Grund der Reichshaushaltsordnung und der sie ergänzenden Gesetze niemals — auch nicht in beschränktem Umfange — zur Prüfung der Landesversicherungsanstalten zuständig, obwohl dieses stets Mittel des Reiches erhalten haben. Der zuständige Minister konnte lediglich den Nachweis über die Verwendung der Mittel verlangen; er konnte aber nicht den Nachweis durch eine Prüfung anordnen. § 64a der Reichshaushaltsordnung begründete also bisher ein Prüfungsrecht des Rechnungshofes gegenüber den Rentenversicherungsträgern nicht. Die Rentenversicherungsträger haben den Nachweis über die Verwendung der ihnen zur Verfügung gestellten Mittel auf Grund des § 1358 der Reichsversicherungsordnung zu erbringen.Ich stelle also fest, daß der Rechnungshof bis 1945 zur Prüfung der Rentenversicherungsträger niemals, auch nicht in beschränktem Umfang, zuständig war, daß weiter nach den geltenden Bestimmungen die Rentenversicherungsträger ebenso wie die Gemeinden und Gemeindeverbände ausdrücklich von der Prüfung durch den Rechnungshof ausgenommen worden sind. Die Rentenversicherungsträger unterliegen einem Sonderrecht über den Nachweis ihrer Mittel und über die Prüfung ihrer Geschäftsführung, das sich aus der Reichsversicherungsordnung bzw. aus dem Angestelltenversicherungsgesetz usw. ergibt.§ 4 Abs. 2 und Abs. 5 des Entwurfs enthält eine neue, mit der bisherigen Entwicklung in Widerspruch stehende und durch sachliche Erfordernisse nicht begründete Ausdehnung der Zuständigkeit des Rechnungshofes auf die Rentenversicherungsträger. Auf Grund der Tatsache, daß wir in aller Kürze eine Vorlage über die Selbstverwaltung bei den Sozialversicherungsträgern, sowohl den Krankenkassen wie den Berufsgenossenschaften und Rentenversicherungsträgern, hier in diesem Hause sicherlich verabschieden werden, und daß die Vorstände und Vertreterversammlungen — ganz gleich in welcher Quote zusammengesetzt — aus Arbeitgebern und Versichertenvertretern bestehen werden, halte ich es für ausgeschlossen, daß man diese Selbstverwaltungsorgane und diese Institutionen der Arbeitnehmerschaft diesem Prüfungsrecht des Rechnungshofes unterstellen kann, und zwar neben den Prüfungsverpflichtungen auf Grund der Reichsversicherungsordnung, die bereits jahrzehntelang bestehen und sich jahrzehntelang bewährt haben. Die Versicherungsträger bzw. ihre Verbände haben die Prüfungseinrichtungen, haben die Personen, die nicht nur addieren und subtrahieren können, sondern die auch das Sozialrecht kennen, die also auch wissen, ob die Selbstverwaltungsorgane bzw. die Geschäftsführung hier im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen der Reichsversicherungsordnung bzw. des Angestelltenversicherungsgesetzes gehandelt hat oder nicht. Dies wird genügen, und das dürfte letzten Endes entscheidend sein. Die Prüfung durch den Rechnungshof wird nicht nur die Zeit der Angestellten der Sozialversicherungsträger in Anspruch nehmen, sondern auch zusätzliche Kosten verursachen.All das — nicht die Scheu vor einer gründlichen einwandfreien Prüfung, sondern diese sachlichen Erwägungen, die ich mir erlaubt habe, Ihnen zu unterbreiten — veranlaßt uns, zu beantragen, dem § 4 in seinem entsprechenden Absatz folgende Fassung zu geben:Der Bundesrechnungshof hat ferner das Recht zur Prüfung der Einnahmen, Ausgaben und Belege der Träger der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitslosenfürsorge.Wir haben also nur die Sozialversicherungsträger aus diesem Absatz herausgenommen, nicht die Träger der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitslosenfürsorge, denn die waren kraft alten Rechtes immer den Prüfungsrechten und -pflichten des Rechnungshofes unterworfen. Wir haben Ihnen eine Fassung vorgeschlagen, die der Fassung des AVAVG entspricht, die da lautet: „Das Recht zur Prüfung der Einnahmen, Ausgaben und Belege hat auch der Rechnungshof des Deutschen Reiches". Das Wort ;,auch" ist in dem Gesetz enthalten, weil die eigenen Prüfungseinrichtungen bzw. Vorstand und Verwaltungsrat der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung ja auch dieses Recht hatten. Deshalb heiß es hier „auch".Ich bitte Sie, unseren Änderungsantrag anzunehmen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Besold.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe im Auftrage meiner Fraktion schon im Finanz- und Steuerausschuß einen Abänderungsantrag zu § 4 gestellt, der insbesondere auch den Interessen Bayerns und der föderativen Grundlage des Grundgesetzes entspricht. Die Fassung des § 4 widerspricht, so wie sie hier niedergelegt ist, dem föderativen Aufbau des Bundes sowie der föderativen Stellung und Würde der Länder; denn auch die Länder sind Träger des Bundes, und man muß ihnen daher das Vertrauen geben, daß sie in diesem Betracht im Interesse des Bundes ihre Auftragsverwaltung erledigen. Mein Abänderungsantrag zu § 4 geht im wesentlichen auf eine Abänderung der Absätze 2 und 3, und zwar Abs. 2 dahingehend, daß der Bundesrechnungshof die Haushalts- und Wirtschaftsführung von Landesverwaltungen insoweit prüft, als diese im Auftrage des Bundes mit der Wahrnehmung von Bundesaufgaben gemäß Art. 89 usw. — das sind die Bundeswasserstraßen und die Bundesautobahnen — befaßt sind. Dazu ein Abs. 3, der lautet:
Bei der Gewährung von Zuschüssen des Bundes an ein Land prüft der Bundesrechnungshof die Ordnungsmäßigkeit der Verausgabung, die 'oberste Rechnungsprüfungsbehörde des Landes die Verwendung der Mittel.
Der Art. 114 des Grundgesetzes bestimmt: Die Rechnungsprüfung wird durch Bundesgesetze geregelt. Es ist selbstverständlich, daß dieses vorgesehene Gesetz — überhaupt jedes Bundesgesetz — sich im Rahmen des Grundgesetzes und auch im Geiste des Grundgesetzes halten muß. Nun sind den Ländern gewisse föderative Rechte im Grundgesetz gesichert, und diese müssen auch gewahrt werden. Zu den souveränen Rechten der
Länder, die nicht auf den Bund übertragen worden sind, gehört auch das Recht, die Haushalts- und Wirtschaftsführung ihrer Verwaltung durch eine unabhängige oberste Rechnungsprüfungsbehörde überwachen zu lassen. Dieses Recht der Länder ist auf Grund der einzelnen Landesverfassungen zugleich auch ihre Pflicht. Daraus ergibt sich eine klare Abgrenzung zwischen der Zuständigkeit des Bundesrechnungshofes einerseits und der Zuständigkeit der obersten Rechnungsprüfungsbehörden der Länder andererseits. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn die Landesverwaltungen mit dem Vollzug von Bundesgesetzen befaßt sind, da die Länder die Bundesgesetze grundsätzlich als eigene Angelegenheit ausführen, wie ja im Art. 83 des Grundgesetzes festgelegt ist, und nach den Bestimmungen des Art. 83 darf dem Bund nicht eine weitere Zuständigkeit auf dem Wege über den Art. 114 des Grundgesetzes gegeben werden. Die Befugnisse. die in diesem Falle dem Bunde gegen-
über den Ländern zustehen, sind in Art. 84 des Grundgesetzes im einzelnen festgelegt. Ein Recht des Bundesrechnungshofes, den Vollzug der Bundesgesetze bei den Landesverwaltungen nachzuprüfen, ist nicht darin enthalten.
Meine Damen und Herren! Nachdem insbesondere auch im Art. 30 des Grundgesetzes festgelegt ist, daß die Erfüllung der staatlichen Befugnisse und die Durchführung der staatlichen Aufgaben Sache der Länder ist, und außerdem nach Art. 83 die Vermutung für die Zuständigkeit der Länder gegeben ist, müssen Sie dem auch in diesem Gesetz Rechnung tragen. In diesem Hause wird so viel von Rechtsstaat und Demokratie gesprochen. Diese Begriffe werden abgenützt. wenn die verbürgten föderativen Rechte der Länder. wie sie im Grundgesetz niedergelegt sind, nicht beachtet werden. Wir stellen daher diesen Abänderungsantrag und ersuchen Sie, ihm zuzustimmen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Neuburger.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie, beide Abänderungsanträge abzulehnen. Beide waren Gegenstand der Beratung im Finanz- und Steuerausschuß. Die Gründe, die hier vorgetragen wurden, wurden auch dort im einzelnen vorgetragen, konnten aber nicht überzeugen.
Wenn ich zunächst auf den Antrag des Abgeordneten Besold zurückkomme, so möchte ich auf folgendes hinweisen. Tatsache ist, daß der Bund gewise Zuschüsse für bestimmte Zwecke geben muß. Andererseits haben die Länder immer Wert darauf gelegt, gewisse Teile des Bundesvermögens zu verwalten. Ich erinnere nur an das Gesetz über die Finanzverwaltung. Da es sich hier um Bundesmittel handelt, ist es selbstverständlich, daß der Bund auch das Recht hat, nachzusehen: Was geschieht mit diesen meinen Mitteln? Was geschieht mit diesem meinem Vermögen? Um aber den Interessen der Länder, die hierbei berührt werden, nicht zu nahezutreten, hat der Ausschuß in seine Formulierung aufgenommen, daß die Prüfung auf diesem Gebiete nur gemeinsam — ich bitte Sie also, zu beachten, nur gemeinsam — mit den obersten Rechnungsprüfungsstellen der Länder durchgeführt wird. Auf Grund der Tatsache, daß auf diesem Gebiet nach dem Gesetz eine gemeinsame, also keine einseitige Prüfung durch den
Bund vorgenommen wird, sind wir zu der Überzeugung gekommen, daß hier die föderativen Rechte der Länder in jeder Weise gewahrt sind. Wenn ich hier den Bund völlig ausscheide, dann könnte ich dasselbe, was Herr Besold im Interesse der Länder vorgetragen hat, im gleichen Interesse des Bundes vortragen und könnte mich auf mindestens genau so viele Artikel des Grundgesetzes beziehen. Wir haben also diese Einwände berücksichtigt und haben die gemeinsame Rechnungsprüfung auf diesem Gebiet in Vorschlag gebracht. Ich bitte das Hohe Haus, auch diesem Vorschlag des Ausschusses zuzustimmen.
Auch mit dem zweiten Abänderungsantrag haben wir uns beschäftigt und sind zu dem Ergebnis gekommen, daß dem Bund auch eine Rechnungsprüfung gegenüber d en Sozialversicherungsträgern zusteht, soweit diese Sozialversicherungsträger Zuschüsse aus Mitteln des Bundes erhalten.
— Soweit sie Zuschüsse aus Mitteln des Bundes erhalten.
Zunächst auch hier wieder der Gedanke, daß, wenn Mittel gegeben werden, man auch ein Interesse daran hat, daß diese Mittel entsprechende Verwendung finden. Darüber hinaus habe ich aber auch dem Gedanken Ausdruck verliehen und das möchte ich auch hier sagen, daß der Bund ja, wenn auch nicht ausgesprochen und in keinem Gesetz festgelegt, doch die tatsächliche Haftung für die Existenz der Sozialversicherungsträger hat. Wenn hier irgendwie die Mittel nicht reichen, dann muß eben der Bund in seiner Totalität einspringen. Er hat die Gesamthaftung, und daher hat er schon aus diesem Grund ein Interesse an einer gewissen Überprüfung, zumindest an dieser beschränkten Überprüfung.
Nun kommt folgendes dazu: Bis 1945 oblag diese Prüfung im wesentlichen der Zuständigkeit des Reichsversicherungsamts. Wir haben heute kein Reichsversicherungsamt mehr. Wir wollen dafür ein Bundesversicherungsamt schaffen. Die Meinung im Ausschuß ging durchaus dahin, daß wir, wenn einmal dieses Bundesversicherungsamt geschaffen wird, dann wohl keine Abneigungen mehr haben werden, die Rechnungsprüfungspflicht in bezug auf die Mittel, die an die Sozialversicherungsträger gegeben werden, diesem Bundesversicherungsamt zu übertragen. Bis dahin aber sind wir der Auffassung, daß der Bundesrechnungshof diese Prüfung haben muß. Wir haben weiter die Überzeugung, daß das auch im Interesse der Sozialversicherungsträger und der dafür Verantwortlichen selbst liegt. Denn Sie wissen: man ist vor Angriffen nicht geschützt. Wenn aber hier die Wirtschafts- und Rechnungsführung vom Bundesrechnungshof überprüft wird, dann können wir alle und können insbesondere die Herren, die die Verantwortung tragen, sicher sein, daß das den besten Schutz gegen irgendwelche Angriffe von außen darstellt. So sind wir zu dem Ergebnis gekommen, daß es in beiderseitigem Interesse liegt, die Fassung so zu belassen bzw. so anzunehmen, wie sie der Ausschuß bereits mit Mehrheit beschlossen hat.
Herr Kollege Neuburger, haben Sie den Antrag gestellt, im Abs. 4 das Wort „wenn" vor „sie Zuschüsse aus öffent-
lichen Mitteln erhalten" in „soweit" umzuändern? Ich habe Sie so verstanden.
— Das ist nicht der Fall?
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache über § 4. Wir kommen zur Abstimmung.
Am weitesten geht der Antrag der Bayernpartei, den Herr Dr. Resold begründet hat. Wer für die Annahme dieses Antrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Kollegen Richter, Abs. 4 gemäß seinem überreichten schriftlichen Antrag abzuändern. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Darf ich bitten, die Abstimmung zu wiederholen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Ich kann nicht mit Bestimmtheit sagen, welches die Mehrheit war. Wir müssen durch Hammelsprung abstimmen. Wer für den Antrag ist, den bitte ich, durch die Ja-Tür zu kommen. — Während der Abstimmung dürfen sich nur Abgeordnete im Vorraum aufhalten.
Meine Damen und Herren, ich bitte, den Saal zu räumen. Die Schriftführer bitte ich, sich an die Türen zu stellen.
Ich bitte, die Türen zu schließen. Die Abstimmung beginnt.
D Ich bitte, die Türen zu schließen. — Die Abstimmung ist geschlossen.
Meine Damen und Herren! Das Ergebnis der Abstimmung ist: mit Ja haben 109 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 146; 10 Mitglieder des Hauses haben sich der Stimme enthalten. Damit ist der Abänderungsantrag abgelehnt.
§ 5. — Das Wort hat der Herr Abgeordnete Koch.
Meine Damen und Herren, ich bitte um Gehör für den Redner.
Zu § 5, meine Damen und Herren, möchte ich nur eine kleine Änderung vorschlagen.
Meines Erachtens muß das Wort „in" vor „Satzungen" und vor „Vereinbarungen" gestrichen werden, damit die Worte „anderen fortgeltenden"
auch für Satzungen und Vereinbarungen gelten.
Und wenn wir das schon ändern, würde ich vorschlagen, daß wir das Wort „ihren" vor Präsidenten abändern in „deren"; dann wird es wenigstens richtiges Deutsch.
Ist das Haus damit einverstanden, diesen Antrag als redaktionelle Anregung zu behandeln also ohne Abstimmung? — Dann wird der Text entsprechend geändert.
— Weitere Wortmeldungen? Nein! Dann schließe ich die Aussprache über § 5. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe. — Angenommen!
§§ 6, — 7, — 8, — 9. — Bei § 9 ist ein Antrag der Bayernpartei angekündigt, wenn ich mich nicht irre.
— Alle Ihre weiteren Anträge sind hinfällig geworden?
Dann §§ 10, — 11, — 12, — 13, — 14. — Wer für die Annahme dieser einzelnen Paragraphen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Einleitung und Überschrift. — Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Dann treten wir in die
dritte Lesung
ein. — Das Wort hat der Herr Abgeordnete Richter.
Richter [Frankfurt] : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestützt auf die Geschäftsordnung lege ich gegen die dritte Lesung Einspruch ein und beantrage die Überweisung der Vorlage an den Sozialpolitischen Ausschuß zurr Prüfung der strittigen Fragen.
Wird noch zu diesem Antrag gesprochen? — Ich lese die Bestimmung vor:
Die dritte Beratung erfolgt frühestens am zweiten Tage nach Verteilung der in zweiter Beratung gefaßten Beschlüsse oder, falls keine Änderungen der Vorlage beschlossen sind, nach Schluß der zweiten Beratung.
— Es ist der Antrag gestellt worden, die Beratung auszusetzen. Über diesen Antrag muß Beschluß gefaßt werden. Ein Antrag, die dritte Beratung zurückzustellen, kann natürlich jederzeit gestellt werden. Es ist nur so: falls wir abändernde Beschlüsse gefaßt hätten, müßten wir die Beratung zurückstellen, während es jetzt im Belieben des Hauses steht, ob so verfahren werden soll. — Wer für den Antrag eist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
— Es sind Änderungen vorgenommen worden. — Nur solche rein redaktioneller Art!
Wer dagegen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
— Herr Abgeordneter Koch, wollen Sie zur Abstimmung sprechen?
— Ich frage Sie, ob Sie zur Abstimmung sprechen wollen.
— Wir sind in der Abstimmung! Die Mehrheit ist gegen die Aussetzung.
Meine Damen und Herren! Maßgeblich sind nur Abänderungen, die in der zweiten Beratung vorgenommen worden sind.
In zweiter Beratung haben wir aber keine Abänderungen vorgenommen.
— Das spielt nach der Geschäftsordnung keine Rolle. Erheblich sind ausschließlich die Abänderungen, die in der zweiten Lesung vorgenommen worden sein sollten.
- Abgelehnt!
Ich eröffne die allgemeine Aussprache in dritter Lesung. — Wortmeldungen liegen nicht vor. — Ich schließe die Aussprache.
Ich rufe die einzelnen Paragraphen auf : 1,
2, — 3,—4, — 5,—6, — 8, — 9, — 10, 11, — 12, — 13, — 14 und Einleitung und Überschrift. — Wer für die Annahme dieser einzelnen Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen einige Stimmen angenommen.
Schlußabstimmung: Wer für die Annahme des Gesetzes als Ganzes ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das Gesetz ist angenommen. — Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf Punkt 5 der Tagesordnung: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Etzel , Dr. Besold, Dr.-Ing. Decker, Dr. Seelos und Fraktion der Bayernpartei betreffend Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Besteuerung stimulierender Getränke (Nr. 1254 der Drucksachen).
— Meine Damen und Herren! Es handelt sich um eine bedeutsame Angelegenheit.
Aus diesem Grunde schlägt Ihnen der Ältestenrat vor: Als Redezeit sind für die Begründung des Antrags 10 Minuten, für die Aussprache 90 Minuten vorgesehen.
Ist das Haus damit einverstanden?
— Dann bitte ich um Vorschläge.
— Es 'ist der Vorschlag gemacht worden: 60 Minuten!
— Meine Damen und Herren, es ist wirklich eine wichtige Angelegenheit!
— Was dem einen unwichtig erscheinen mag, mag dem andern wirklich äußerst wichtig sein, sein
— nicht nur scheinen.
— Ich schlage Ihnen vor: 60 Minuten. — Kein Widerspruch. — Redezeit 60 Minuten.
Wer begründet? - Ich erteile das Wort dem Herrn Kollegen Dr. Decker.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß auch der Finanzminister der Ansicht ist, daß dieser Antrag durchaus nicht ganz so unwichtig ist. Uns haben zwei Gründe veranlaßt, diesen Antrag zu stellen. Der eine Grund ist die Einhaltung gleicher Wettbewerbsbedingungen. Alle stimulierenden Getränke sind besteuert, soweit sie durch Gärung und Destillation erzeugt werden, also Bier, Branntwein und Wein. Außerdem sind die Aufgußgetränke, wie Kaffee und Tee, besteuert. Es ist also kein vernünftiger Grund da, warum nun ebenso stimulierende Getränke, die unter Verwendung von Drogen fabrikmäßig hergestellt werden, nicht versteuert werden sollen. Ich möchte gleich, damit nicht irgendein Irrtum auftritt, erwähnen, daß natürlich Most, Limonade und Fruchtsäfte nicht unter diesen Antrag fallen sollen.
— Das ist richtig.
Ein zweiter Grund, warum wir diesen Antrag gestellt haben, ist ein finanzpolitischer. Für die auf Drogenbasis hergestellten Getränke werden jährlich Unsummen umgesetzt, und es wandern außerordentlich hohe Beträge dafür ins Ausland.
Auf der anderen Seite fällt der Umsatz für unsere Winzer, für unsere Brauereien aus. Es ist also auch vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus von äußerster Bedeutung, hier gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.
Ich glaube, daß auch die Mitglieder dieses Hauses sich nicht 'davon beeinflussen lassen, daß sie selbst eifrige Coca-Cola-Trinker sind. Es hat sich herausgestellt, daß seit der Zeit des Parlamentarischen Rates, als der Umsatz im Monat 350 Flaschen betrug, er hier im Hause bis auf 15 000 Flaschen im Monat gestiegen ist.
Ich möchte hoffen, daß die Mitglieder des Hauses gern bereit sind, die paar Pfennige, die das Coca-Cola mehr kosten wird, wenn es besteuert wird, zu opfern im Interesse der ganzen deutschen Volkswirtschaft, und ich hoffe, daß Sie damit alle unserem Antrag zustimmen werden.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Horlacher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man soll sich das Leben nicht schwerer machen, als es ohnehin schon ist. Ich hab's gewußt, mir hat's schon vor drei Monaten geträumt,
daß die Propaganda für Coca-Cola — mir ist Pepsi-Cola lieber — so weit um sich greift, daß sie hier im Bundeshaus angelangt ist.
Es gibt keinen Artikel in der Welt, der so viel von sich reden macht wie dieses Getränk.
Der Antrag ist ein getarnter Antrag. Er spricht von stimulierenden, unter Verwendung von Drogen hergestellten Getränken. Man kann sich darunter nichts Richtiges vorstellen. Ich habe mir gedacht, daß sind so ,,simulierte" Getränke.
In Wirklichkeit handelt es sich doch um die stimulierenden Getränke von Coca-Cola.
Aber lassen Sie mich jetzt einige ernste Worte an Sie richten. Es handelt sich hier doch im Grunde genommen um eine sehr ernste Angelegenheit.
Hier handelt es sich um zwei Linien, die durch unser Volk hindurchgehen, und deswegen bitte ich Sie, aus dieser Frage um Gottes willen keine hochpolitische oder gar parteipolitische Frage zu machen. Denn hier gehen die Ansichten auseinander. Ein Teil unserer Bürger und Bürgerinnen, insbesondere ein großer Teil unserer Jugend, sind hier verschiedener Auffassung. Die einen— dazu gehören insbesondere die .Älteren — schätzen ganz besonders hoch die Erkenntnisquelle, die in den alkoholischen Getränken liegen soll,
die anderen sind von der Erkenntnisquelle etwas abgekommen, und die Jüngeren schätzen die antialkoholischen Getränke als eine Ernüchterungs-
und Kraftquelle.
Unsere Jugend, die heute mehr sportbegeistert ist als früher, hat nicht mehr die Alkoholgesinnung der Alten.
Deshalb hat sich die Situation auf diesem Gebiet ganz naturgemäß geändert, und deswegen muß man die Dinge so nehmen, wie sie sind.
Wenn wir beispielsweise die .Biersteuer ermäßigt haben, so wird damit, auf lange Sicht gerechnet, vielleicht eine Steigerung des Konsums erzielt; wer aber annehmen wollte, daß nun etwa der Friedenskonsum erreicht wird oder daß aus den Nicht-Biertrinkern in großem Umfange wieder Biertrinker werden, der irrt sich. Jedes Getränk hat jetzt im Volk seine eigene Bodenständigkeit und seine eigene Berechtigung, und wir müssen auch den Verhältnissen unserer Jugend auf diesem Gebiet Rechnung tragen, insbesondere unserer sportbegeisterten Jugend entgegenkommen. Deshalb spreche ich folgendes aus: Die antialkoholischen Getränke, die für diesen Teil der Jugend absolut notwendig und wichtig sind, sind ohnehin im Preis zum großen Teil übersetzt,
so daß hier eine Korrektur unbedingt notwendig wäre.
Auf der andern Seite steht ja die Kraft des Alkohols.
Die Kraft des Alkohols braucht natürlich einen größeren Motor, und weil der Motor größer ist, haben sich die Finanzminister immer für diese Kraftquelle interessiert.
Das ist in allen Zeiten so gewesen. Wir haben auch schon einmal eine Mineralwasser- und Limonadensteuer gehabt — es gibt ja nichts im Leben, was man nicht schon einmal hatte! —; aber die, Herr Bundesminister, hat man damals wegen der Höhe der Verwaltungskosten wieder aufgegeben; denn dabei ist die Überwachung der einzelnen Betriebe und sind alle möglichen Dinge erforderlich. Auf der andern Seite habe ich naturgemäß
beispielsweise vom landwirtschaftlichen Standpunkt aus ein Interesse daran, daß der Absatz von Fruchtsäften usw. gefördert wird
und daß auch unser Weinbau keine Einbuße im Weinabsatz erleidet.
Das sind lauter Gesichtspunkte, die nebeneinander herlaufen. Wir haben hier keine gleichlaufenden Interessen. Man muß also die Interessen gegeneinander abwägen, und damit das geschehen kann, schlage ich vor, diesen Antrag erstens dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und zweitens dem Wirtschaftsausschuß zu überweisen, damit insbesondere die wirtschaftliche Seite .dieses Problems und auch die Frage der Zusammensetzung von Coca-Cola usw. im Gesamtzusammenhang geprüft werden kann. Also sind wir da nicht so ängstlich! Stimmen Sie meinem Antrag zu! Ich glaube, daß zum Schluß etwas Vernünftiges herauskommt, und wenn das geschieht, können sich alle miteinander freuen: die Alkoholfreunde und die Antialkoholiker.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Koch.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag ist für uns nicht um deswillen so interessant und wichtig, weil er von der Bayernpartei gestellt worden ist und weil sich hinter ihm möglicherweise bayerische Belange verbergen; er ist für uns interessant und wichtig, weil wir aus der Presse vernommen haben, daß sich der Herr Finanzminister für diese neue Steuerart interessiert und schon gesagt hat, daß er die Absicht habe, Coca-Cola gegebenenfalls zu besteuern.
Aus diesem Grunde, meine Damen und Herren, wird dieser, wenn ich einmal so sagen darf, krachlederne Antrag,
der vielleicht für für einen kommenden Wahlkampf in Bayern, wo so viel mehr Bier getrunken wird, besonders interessant ist, für uns alle — das hat schon der Herr Abgeordnete Horlacher hervorgehoben — zu einem ernsten Stück Finanzpolitik. Ich glaube, wir haben Veranlassung, uns darüber zu freuen, daß aus dieser Frage nicht in der Diskussion schon eine außenpolitische Frage geworden ist.
Wir wollen uns davor hüten, die Frage auf dieses Gebiet zu schieben. Im übrigen haben wir, soweit ich weiß, in irgendwelchen Interviews noch nichts über diese Coca-Cola-Frage gehört,
und aus diesem Grunde wollen wir sie auch nicht unter außenpolitischen Aspekten beurteilen.
Wenn sich der Herr Finanzminister für diesen Antrag interessiert, dann denkt er auch wohl weniger an die Außenpolitik und die Gesundheitspolitik — auch das wäre ja eine Möglichkeit, diese Frage zu betrachten —, sondern er denkt an den Etat, und er denkt an die Geldbeutel der Steuerzahler und daran, wie er noch etwas aus ihnen herausholen kann.
Bedauerlicherweise denkt der Herr Finanzminister bei seiner Mentalität in diesem Falle aber wieder einmal an die Steuerzahler mit den kleinen Einkommen, — wie in aller Regel; denn ich möchte behaupten, daß diese geplante Coca-Cola-Steuer ganz zweifellos eine Massenverbrauchssteuer werden wird.
Meine Damen und Herren, denken wir einmal an die Diskussion über die kleine Steuerreform zurück, die wir in diesem Hause gehabt haben! Wir sollten uns daran erinnern, daß der Herr Finanzminister sein Füllhorn nicht nur über Gerechte und Ungerechte ausgeschüttet hat, sondern insbesondere über die, die schon allerhand haben,
und aus diesem Grunde müssen wir von der Opposition auch in diesem Falle unsere Stimme gegen die Pläne des Herrn Finanzministers erheben und erklären, daß wir getreu unserer Politik unter allen Umständen dagegen stimmen werden, daß hier eine neue Konsumsteuer, eine neue Massenverbrauchssteuer eingeführt wird. Der Herr Finanzminister hat, wie wir aus den Zeitungen wissen, auf dem Petersberg versprochen, einen ausgeglichenen Etat vorzulegen. Wir warten auf das Ergebnis seiner Bemühungen, den Etat auszugleichen. Wir warten bange auf die Vorlage seiner Luxussteuerpläne. Wir warten auf die Vorlage seiner Aufwandsteuerpläne. Wir hören jetzt von dieser ganz neuen Steuerart. Wir werden uns grundsätzlich — das sei hier bezüglich der Pläne, von denen wir gehört haben und die ich andeutete, schon vorweggenommen — gegen jede Art neuer indirekter Besteuerung wenden, weil die 3) indirekten Steuern in jedem Falle unsozial und ungerecht sind.
Aus diesem Grunde sprechen wir uns heute auch wieder gegen den vorliegenden Antrag der Bayernpartei aus, weil die vorgeschlagene Steuer eine typische Massenverbrauchssteuer sein wird.
Ich glaube, daß ich das nicht zu beweisen brauche. Der Herr Abgeordnete Horlacher hat es schon getan. Gehen Sie doch einmal sonntags auf die Sportplätze! Lassen Sie sich einmal erzählen, wieviel derartige Getränke in den Kantinen der Großbetriebe getrunken werden! Den Ausführungen des Antragstellers darüber, was hier im Bundeshaus verzehrt wird, brauchen wir, glaube ich, nicht zu folgen.
Der Antrag wäre, wie der Kollege Horlacher mit Recht gesagt hat, in der Form, wie er hier vorliegt, ohne daß wir alle parallellaufenden Dinge prüfen, ganz zweifellos gegen ,die Jugend und gegen die breiten Massen gerichtet.
Die Limonaden- und Coca-Cola-Exzesse sind, meine Damen und Herren, die bescheidenen Sonntagsfreuden der breiten Massen und insbesondere der Jugend.
Meine Damen und Herren, wir werden uns grundsätzlich gegen diese neue indirekte Steuer wenden. Und wenn Sie unseren sozialen Erwägungen nicht folgen wollen, so denken Sie doch wenigstens mit uns daran, wie sich die neue Steuer praktisch auswirkt. Wollen wir denn unser Steuersystem immer weiter komplizieren? Wollen wir neue Steuern einführen, von denen wir wissen, daß wenigstens 500/0, wenn nicht sogar noch mehr, in der Verwaltung aufgehen werden? Ich meine, wir sollten uns doch an die alten klassischen Steuern halten, wenn es wirklich notwendig ist, eine Ergänzung für den Etat zu suchen und zu finden.
Ich möchte noch auf zwei weitere Gesichtspunkte hinweisen. Wir haben im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen über die Beseitigung des Kriegszuschlags auf den Schaumwein gesprochen. In diesem Zusammenhang wurde auch der Vorschlag dieser Coca-Cola-Steuer erwähnt. Wir waren im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen alle der Ansicht, daß im Interesse der Schaumweinindustrie, aber noch viel mehr im Interesse der 'deutschen Weinbauern daran gedacht werden kann, den Kriegszuschlag, der bisher auf dem Schaumwein liegt, zu senken oder doch in irgendeiner Form zu staffeln. Aber daraus — und das sage ich denen, die für die Beseitigung oder Senkung dieses Kriegszuschlags sind — kann selbstverständlich nichts werden, wenn wir vorher eine neue indirekte Steuer auf diese Getränke einführen.
Der zweite Gesichtspunkt ist folgender. Wir sollten daran denken, daß eine derartige Steuer in der Hand des Bundes eine glatte Doppelbesteuerung bedeutet. Wir sollten nicht vergessen, daß die Getränkesteuern doch in erster Linie Cemeindesteuern sind. Wir sollten auch daran denken, daß die Gemeinden schon mit sehr viel Argwohn auf die künftigen Finanzausgleichsverhandlungen, auf die Möglichkeiten des künftigen Finanzausgleichs und auf das warten, was dabei für sie übrigbleibt. Aus diesem Grunde sollten wir diese Getränke, die bisher zweifellos in erster Linie dem Besteuerungsrecht der Gemeinden unterlagen, nicht heranziehen, um Lücken beim Bund zu schließen.
Aus all diesen Gründen bitte ich Sie im Namen meiner politischen Freunde, diesen Antrag jetzt nicht an irgendeinen Ausschuß zu verweisen, sondern ihn sofort abzulehnen.
Meine Damen und Herren, Coca-Cola ist ein ganz besonderer Saft.
Sie sollten bei der Abstimmung daran denken, daß ein ganzes Volk unter einer schier unerträglichen Steuerlast seufzt. Verkümmern Sie diesem Volke nicht die Möglichkeit, den Durst, den es dabei bekommt, zu löschen.
Das Wort hat der
Herr Bundesfinanzminister.
Schäffer, Bundesminister der Finanzen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Vorredner sprach nicht nur vom Durst, sondern er sprach auch von der Mentalität des Bundesfinanzministers. Ich habe nicht vor, über den Durst zu reden, sondern ich habe vor, über die Mentalität des Bundesfinanzministers zu sprechen.
Die Mentalität des Bundesfinanzministers geht nicht dahin, eine Steuerpolitik mit dem Ziel zu betreiben, den Reichen reicher und den Armen ärmer zu machen.
Von dieser Voraussetzung ging aber wohl der Herr Vorredner aus.
Ich darf einmal wiederholen, was ich bei einem Vortrag vor einigen Tagen ausgeführt habe. Die Damen und Herren, die Mitglieder des Kontrollausschusses ,des Hauptamts für Soforthilfe sind, erinnern sich, daß wir um die Jahreswende 1949/50 über das Aufkommen der Soforthilfeabgabe ernste Sorgen gehabt haben. Diese Mitglieder des Kontrollausschusses wissen wohl, daß in einer Verlautbarung, die ich vor einigen Tagen ergehen lassen konnte, der kleine Satz steht, daß das Aufkommen an Soforthilfeabgabe sich günstiger entwickelt hat, als wir damals annahmen. Meine Damen und Herren, die Einkommensteuersenkung war die Rettung der Soforthilfeabgabe! Ohne Einkommensteuersenkung wäre das Aufkommen an Soforthilfeabgabe nicht zu halten gewesen. Überlegen Sie, welche Belastung der einzelne trägt, wenn man sein Einkommen, den Ertrag, nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Steuerbelastung, sondern gleichzeitig unter dem Gesichtspunkt der Soforthilfeabgabe betrachtet. Ich habe schon oft über die Zahlen gesprochen. Auf dem Gebiet der Körperschaftsteuer kommen wir bei einem gesunden, normalen Betrieb, der etwa 10 % Dividende bringt, auf eine Steuerbelastung von 95 %.
Die Soforthilfabgabe sollte gehalten werden. Da Einkommensteuer in der alten Höhe plus Soforthilfeabgabe volkswirtschaftlich unmöglich waren, mußte dem einzelnen auf dem Gebiet der Einkommensteuer schon unter diesem Gesichtspunkt eine Erleichterung gebracht werden. Die Mentalität des Bundesministers war also auch hier von sozialen Gesichtspunkten getragen. Im übrigen kommt das Erträgnis der Einkommensteuer den Ländern zugute, und die Sicherung der Soforthilfeabgabe kommt den Kriegsgeschädigten aller Art unmittelbar zugute.
Soviel zum ersten Kapitel: „Mentalität des Bundesfinanzministers".
Nun zu dem zweiten Kapitel: „Mentalität des Bundesfinanzministers" im Hinblick auf Coca-Cola und ähnliche Getränke. Ich gebe zu, daß der Bundesminister der Finanzen bereits einen Gesetzentwurf über die Besteuerung von Kunstgetränken ausarbeitet. Ich bitte, als bekannt voraussetzen zu dürfen, daß Coca-Cola ein Koffein-Getränk ist. Ich bitte weiter, als bekannt voraussetzen zu dürfen, daß diese Koffein-Getränke süchtig machen
und daß das der Grund ist, warum man in anderen Ländern mit anderen Mitteln Coca-Cola zum Gegenstand einer Gesetzgebung gemacht hat. Ich bitte weiter, darauf hinweisen zu dürfen, daß Kaffee einer hohen Besteuerung unterliegt und daß die Koffein-Essenzen, die vom Ausland eingeführt und zur Herstellung von Coca-Cola verwendet werden, keiner Besteuerung unterliegen. Die Mentalität ,des Bundesministers der Finanzen ist erstens so, daß sie Gesichtspunkte, die in anderen Ländern zu anderen Maßnahmen geführt haben, hier auch steuerlich mit berücksichtigt und daß sie zweitens eine Gleichmäßigkeit der Besteuerung für Kaffee einerseits, für Koffein-Essenzen andererseits für notwendig hält.
Meine Damen und Herren, das ist meine Mentalität!
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Bertram.
Die Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers hinsichtlich Coca-Cola finden unsere volle Unterstützung.
Es ist gar nicht einzusehen, warum Kaffee in Form von Bohnen versteuert wird und Kaffee in Form von Essenzen nicht versteuert wird.
Die Gefahren, die für eine Verteuerung in einer solchen Steuer gesehen und befürchtet werden, kann man ja durch eine entsprechende technische Ausgestaltung des Steuergesetzes umgehen.
Es ist tatsächlich richtig, daß die alkoholfreien Getränke im Ausschank überall viel zu teuer sind.
Und daß eine Verbilligung dieser Getränke mit den technischen Mitteln einer Steuergesetzgebung erstrebt wird, scheint mir absolut notwendig zu sein und im Interesse der Jugend zu liegen. Es wäre beispielsweise möglich, zu bestimmen, daß die Steuer bei einem Literverkaufspreis unter 1 DM wesentlich niedriger ist als bei einem Literverkaufspreis über 1 DM. Auf diese Art und Weise würden wir die Gaststätten und ebenso die Coca-Cola-Gesellschaft zwingen, entsprechend billiger zu verkaufen.
Ich glaube, daß man das ohne weiteres erreichen kann. Denn jetzt ist die Handelsspanne gerade bei den alkoholfreien Getränken der Stein des Anstoßes. Die Erhebungskosten sind bei derartigen Erzeugnissen, die in wenigen Fabriken zentral hergestellt werden, nicht so hoch, daß sie, wie bei der Mineralwassererzeugung, die allenthalben durchgeführt werden kann, erheblich ins Gewicht fallen würden. Ich glaube deshalb, daß wir im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und der Verbilligung alkoholfreier Getränke eine Ausdehnung der Kaffeesteuer auf koffeinhaltige Getränke erwägen sollten. Wir sprechen uns aber dagegen aus, daß die alte Mineralwassersteuer wieder eingeführt wird, da dafür ein gesetzgeberischer Grund nicht erblickt werden kann.
Vizepräsident- Dr. Schmid: Das Wort hat der
Abgeordnete Dr. Decker.
Ich muß doch noch mit ein paar Worten auf meinen Vorredner, Herrn Kollegen Koch, eingehen. Ich war außerordentlich erstaunt, von ihm als einem Vertreter der SPD solche schützenden Worte für eines der größten kapitalistischen Unternehmen zu hören,
noch dazu das Eintreten für dieses große Unternehmen, das Unsummen verdient,
und das dann noch in so ganz sentimentale Gartenlaubenklänge von den Sonntagsfreuden der deutschen Jugend verbrämt zu hören.
Wie es in Wirklichkeit aussieht, dafür möchte ich, wenn Sie gestatten, Herr Präsident, kurz einen Satz aus einem Brief vom 12. September zitieren, den ich vom Erfinderausschuß in Nürnberg erhalten habe:
Wir fügen weiter hinzu, daß man für das gleiche Geld, für das man in Deutschland eine Flasche Coca-Cola bekommt, das Zweieinhalbfache eines durchaus höherwertigen deutschen Produktes erhalten kann.
Herr Kollege Koch hat leider auch übersehen, daß ich besonders betont habe, es handle sich nicht um eine Besteuerung von Limonaden, Fruchtsäften und anderen einheimischen Produkten. Im Gegenteil, hier muß die Steuerfreiheit unbedingt weitergewährt werden.
Dann möchte ich noch gern fragen — auch das nach der Seite der Linken hin —: Was werden die Brauereiarbeiter, die Weinbergarbeiter, die deutschen Arbeiter in den Obstplantagen und Obstgärten dazu sagen, wenn wir das Geld nur für ein ausländisches Produkt hergeben?
Zum Schluß möchte ich noch darauf hinweisen, daß Herrn Koch ein Irrtum passiert ist. Im möchte ihm hier kein Kolleg halten über den Unterschied zwischen einer Krachledernen und einem Kracherl. Das ist nämlich ein sehr wesentlicher Unterschied!
Abschließend möchte ich noch darum bitten, diesen Antrag auch dem Ausschuß für Gesundheitswesen zu überweisen. Der Herr Bundesfinanzminister hat die Gründe; die hierfür maßgebend sind, schon dargelegt.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Es ist der Antrag gestellt, den Antrag der Bayernpartei an drei Ausschüsse zu überweisen: Finanz- und Steuerausschuß, wirtschaftspolitischen Ausschuß und Ausschuß für Gesundheitsfragen. Welcher Ausschuß soll nach Absicht der Antragsteller federführend sein.
— Finanz- und Steuerausschuß.
— Ausschußüberweisungsanträge gehen immer vor, meine Damen und Herren; das ist auch nie anders gehandhabt worden.
— Ein Antrag, der eine geschäftsordnungsmäßige Behandlung vorsieht, geht weiter als ein Antrag zur Sache selbst.
Wer also für den Antrag auf Überweisung an diese drei Ausschüsse, und zwar federführend an den Finanz- und Steuerausschuß, ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Die Mehrheit ist für die Überweisung.
Damit, meine Damen und Herren, ist die Tagesordnung erledigt.
Ich habe Ihnen noch einiges bekanntzugeben. Ich bitte Sie, die Tagesordnungen mit den Drucksachen für die Plenarsitzungen der nächsten Woche den Fächern des Tagungsbüros zu entnehmen; sie werden nicht verschickt werden.
Die Konstanz-Delegation der Europäischen Parlamentarischen Union tritt anschließend an diese Sitzung in Zimmer 02 zusammen.
Die nächste, die 87. Sitzung des Deutschen Bundestages berufe ich ein auf Donnerstag, den 21. September 1950, 14 Uhr 30.
Ich schließe die 86. Sitzung des Deutschen Bundestages.