Rede:
ID0108601100

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Metadaten
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    Vokabeln: 8
    1. Das: 1
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    5. Herr: 1
    6. Abgeordnete: 1
    7. Dr.: 1
    8. Bertram.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 86. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. September 1950 3217 86. Sitzung Bonn, Freitag, den 15. September 1950. Geschäftliche Mitteilungen 3217C, 3237D Überweisung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Genossenschaftskasse (Nr. 1281 der Drucksachen) an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten . 3217D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Schifferdienstbücher (Nr. 1311 der Drucksachen) 3217D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Überleitung der Besatzungslasten, sonstigen Kriegsfolgelasten und von Steuern und Monopolerträgen auf den Bund (Überleitungsgesetz) (Nr. 1064 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 1337 der Drucksachen) in Verbindung mit der Zweiten und dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über eine vorläufige Finanzhilfe für das Land Schleswig-Holstein im Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1231 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 1340 der Drucksachen) 3218A Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP), Berichterstatter 3218B, 3225D Dr. Wuermeling (CDU) 3222A Lausen (SPD) 3222A Ewers (DP) 3222C Dr. Besold (BP) 3223A, 3225C Dr. Bertram (Z) 3223D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3224C Hagge (CDU) 3226A Neuburger (CDU) 3227A Dr. Wellhausen (FDP) 3227D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Errichtung und Aufgaben des Bundesrechnungshofes (Nr. 1141 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 1317 der Drucksachen) 3228B Dr. Koch (SPD), Berichterstatter 3228B, 3232B Richter (Frankfurt) (SPD) . 3229C, 3232C Dr. Besold (BP) 3230D Neuburger (CDU) 3231B Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Besteuerung stimulierender Getränke (Nr. 1254 der Drucksachen) 3233A Dr. Decker (BP), Antragsteller 3233C, 3236D Dr. Horlacher (CSU) 3233D Dr. Koch (SPD) 3234C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 3235D Dr. Bertram (Z) 3236C Nächste Sitzung 3237D Die Sitzung wird um 9 Uhr 7 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid eröffnet.
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    Rede von Dr. Carlo Schmid


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Besold.
    Dr. Besold: (BP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Verhandlungen im Finanz- und Steuerausschuß haben gezeigt, daß es sich bei der Fassung des § 2 des Überleitungsgesetzes um eine sehr wichtige und sehr strittige Frage im Verhältnis von Bund und Ländern handelt. Die steuerschwachen Länder haben sich auf den Standpunkt gestellt, daß in Abs. 2 dieser Bestimmung unbedingt eine Sicherung eingebaut werden muß. Die Tatsache, daß der entsprechende Antrag, der dahin lautet, daß die Länder den auf sie nach Abs. 1 entfallenden Anteil im Verhältnis ihres Aufkommens an Einkommen- und Körperschaftsteuer im Rechnungsjahr 1950/51 aufbringen und daß der Bund diese Beträge entsprechend der Bestimmung des Art. 106 Abs. 3 des Grundgesetzes von jedem Lande erhebt — ich sage, diese Tatsache, daß diese Sicherung zweimal mit Mehrheit im Finanzausschuß angenommen wurde, beweist Ihnen, wie wichtig die Frage „Bund und Länder" ist. Lediglich bei der dritten Verbescheidung dieses Antrages sahen sich mit Rücksicht darauf, daß der horizontale Finanzausgleich — der ja noch nicht verabschiedet ist und der in der Zukunft liegt —eventuell eine diesbezügliche Sicherung der Länder erbringt, einzelne Mitglieder dann zur Enthaltung veranlaßt.
    Aus den Ausführungen des Herrn Höpker-Aschoff muß ich aber nunmehr in der Annahme des § 2 des Überleitungsgesetzes, so wie er jetzt lautet, eine große Gefahr für diese Länder sehen. Herr Höpker-Aschoff glaubt, daß die Fassung für die Interessenquote, so wie sie jetzt festgelegt ist, in Art. 120 des Grundgesetzes gegeben sei. Der Art. 120 aber gibt nicht die Ermächtigung, eine Bestimmung, wie hier im § 2 des Gesetzes, zu fundieren, wenn eine andere Bestimmung des Grundgesetzes eine besondere Regelung vorsieht. Wie die Deckung eines Defizits des Bundes vorzunehmen ist, ist ja ausdrücklich in einer Spezialbestimmung des Art. 106 Abs. 3 festgelegt; ich habe sehr deutlich gehört, daß man diesen Weg, den die Länder auch vorgeschlagen haben, deshalb umgeht, weil dann die Deckung gefährdet sei, da ein solches Gesetz der Zustimmung des Bundesrats bedürfte. Es steht für mich fest, daß diese Fassung des § 2 des Überleitungsgesetzes wider das Grundgesetz ist, weil hierdurch ein wesentliches Recht der Länder, nämlich die Zustimmung des Bundesrats, einfach ausgeschaltet würde. Das ist nach meiner Ansicht verfassungswidrig.
    Uns kann auch nicht die Zusicherung, daß in einem späteren horizontalen Finanzausgleich die Länderrechte gesichert seien, beruhigen. Wir verstehen nicht, daß man schon seit April ohne gesetzliche Regelung nach diesem Gesetz verfährt und nicht noch einige Wochen wartet, bis der horizontale Finanzausgleich, zu dem ja schon Vorschläge vorliegen, endgültig verabschiedet ist. Es würde an der ganzen Lage nichts ändern, wenn den Ländern Sicherheit und Gewißheit darüber gegeben würde, wie die Regelung im horizontalen Finanzausgleich endgültig festgelegt wird. Nachdem dieser horizontale Finanzausgleich gerade für die Länder, die gegen die Fassung des § 2 Bedenken haben, von grundsätzlicher Bedeutung ist, würde es ein wohlzuverstehendes und auch berechtigtes und begründetes Entgegenkommen sein, wenn man die endgültige Verbescheidung dieses Gesetzes bis zur endgültigen Verbescheidung des horizontalen Finanzausgleichs verschieben würde, weil der horizontale Finanzausgleich ein Essentiale der hier festgelegten Bestimmung des § 2 ist, die in der derzeitigen Fassung nicht den gemäß Art. 106 Abs. 3 verbürgten Rechten der Länder entspricht. Aus diesen Gründen kann meine Fraktion dieser Fassung des § 2 und damit dem Gesetze nicht zustimmen.

    (Beifall bei der BP.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Bertram.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Helmut Bertram


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)

    Meine Damen und Herren! Der Gedanke der Interessenquote kann nur insofern von Bedeutung sein, als die Länder tatsächlich in der Lage sind, durch eine sparsame Verwaltung und durch eine sparsame Ausgabenwirtschaft etwas zu ersparen. Wenn Sie sich aber einmal den Katalog des § 2 zusammen mit § 5 a ansehen, so werden Sie sehen, daß der größte Teil der Ausgaben, ich möchte sagen 90 % dieser Ausgaben, von den Ländern gar nicht beeinflußt werden können. Wie kann man jemand an einer Ausgabe interessieren, die ihm zwangsläufig erwächst? Insofern ist der Gedanke der Interessenquote, so richtig er an sich ist, doch falsch ausgeführt, indem den Ländern ein bestimmter Prozentsatz an der Gesamtheit der Ausgaben vorbehalten bleibt. Ich meine deshalb: wenn man von dem Gedanken der Interessenquote ausgeht, dann sollte man diejenigen Ausgaben, die von den Ländern beeinflußbar sind — das sind insbesondere die Verwaltungsausgaben —, gesondert auswerfen und daran möglicherweise die Länder beteiligen, sofern das aus rechtlichen Gründen zulässig sein sollte.
    Es kommt noch ein weiterer, steuerpolitischer Gesichtspunkt hinzu. Die Beteiligung der Länder an Interessenquoten sieht so aus, als wären die Länder die Betroffenen. Aber wer ist denn letzten Endes der Betroffene? Doch nicht die Länder! Letzten Endes werden die Finanzzuweisungen an die Gemeinden gekürzt werden müssen, damit die Länder ihre Haushalte in Ordnung bringen können. Die Gemeinden werden ihrerseits wieder die Gemeindesteuern auf den höchstzulässigen Hebesatz bringen müssen, um ihre Aufgaben erledigen zu können. Damit gehen also diese in der Konzeption nicht richtig durchdachten Interessenquoten im Endeffekt zu Lasten der Gemeinden und zu Lasten der Steuerpflichtigen. Dadurch wird


    (Dr. Bertram)

    ein Gedanke, der doch unser gesamtes Steuerrecht beherrscht, nämlich die Gleichmäßigkeit der Besteuerung, in Frage gestellt. Ich glaube deshalb, daß dieser Gedanke der Interessenquote, so bestechend er im ersten Augenblick sein mag, bei genauerer Überlegung doch nicht den Wert hat, den man ihm in der Diskussion beigemessen hat.
    Es kommt aber noch ein Gesichtspunkt hinzu. Art. 120 des Grundgesetzes sagt ausdrücklich, daß der Bund die Besatzungs- bzw. Kriegsfolgelasten, und zwar nicht einzelne, sondern die gesamten Lasten nach näherer Maßgabe eines Bundesgesetzes zu übernehmen habe. Das kann doch nur bedeuten, daß sich dieses Bundesgesetz mit dem Zeitpunkt oder mit den Modalitäten der Übernahme zu befassen hat, aber doch nicht, daß der Bund tatsächlich nicht 100 %, sondern, wie es hier heißt, nur 75 % der Kriegsfolgelasten zu übernehmen habe. Damit übernimmt er ja nicht die Lasten, wie es das Grundgesetz vorschreibt, sondern nur einen Teil der Lasten. Ich glaube deshalb, daß bei einer Wortinterpretation mindestens die hier getroffene Regelung dem Grundgesetz nicht entsprechen dürfte.
    Aber entspricht die Regelung denn dem Sinn des Grundgesetzes? Ich glaube, man wird sagen müssen, daß sie dem Sinn des Grundgesetzes ebensowenig entspricht; denn der Gesetzgeber hat in ganz richtiger Erkenntnis der politischen Bedeutung dieser Angelegenheit — ich komme gleich noch darauf zu sprechen — die Umlage dieser Ausgaben auf die Steuerkraft der einzelnen Länder abgestellt. Wenn wir nämlich den Maßstab der Steuerkraft der einzelnen Länder verlassen wollten, dann würden wir die steuerschwachen Länder noch zusätzlich politisch schwächen. Man muß bedenken, daß bereits im laufenden Haushaltsjahr die steuerschwachen Länder Kassenhilfen bei den steuerstarken Ländern haben erbitten müssen. Daß solche Kassenhilfen die Möglichkeit auch einer politischen Schwächung und einer politischen Beeinflussung ihrer Abstimmung bei anderen Dingen im Bundesrat ergeben könnten, liegt doch auf der Hand. Es ist immer so im politischen Sektor: woher das Geld kommt, von da geht auch ein entsprechender politischer Einfluß aus, und diese Gefahr zumindest sollten wir sehen und nicht ohne weiteres vernachlässigen. Denken Sie doch bitte einmal an das Heilige Römische Reich, in dem die großen Territorialgewalten ebenfalls auf Kosten der Städte und auf Kosten der Zentralgewalt gestärkt worden sind. Eine ähnliche Entwicklung kann mit dieser Gesetzgebung herbeigeführt werden. Wir machen deshalb auf die Gefahr aufmerksam, die in einer solchen Entwicklung liegen kann.
    Ein letzter Gesichtspunkt! Es ist richtig, daß bisher nach diesem Gedanken, wie er hier niedergelegt worden ist, verfahren wurde. Es ist der Weg des geringsten Widerstandes gegangen worden; der Weg des geringsten Widerstandes verlockt ja immer dazu, begangen zu werden. Aber ob man entgegen den Bestimmungen des Grundgesetzes und trotz der politischen Gefahren, die mit einer solchen Entwicklung für die Gemeinden und letzten Endes für die Steuerpflichtigen verbunden sind, den Weg des geringsten Widerstandes gehen soll, ist doch eine sehr große Frage. Die Verhandlungen über dieses Gesetz sind über sehr lange Zeit geführt worden. Meine politischen Freunde und ich selber glauben nicht, daß wir im gegenwärtigen Zeitpunkt noch in der Lage sind, den Gesetzesinhalt materiell zu ändern.

    (Abg. Dr. Wellhausen: Na also!) Wir wollen uns deshalb der Stimme enthalten, N wollten aber nicht verfehlen, auf die Bedenken hinzuweisen, die dieses Gesetz für uns mit sich bringt.


    (Beifall beim Zentrum.)