Rede von
Dr.
Carlo
Schmid
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der
Herr Bundesfinanzminister.
Schäffer, Bundesminister der Finanzen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Vorredner sprach nicht nur vom Durst, sondern er sprach auch von der Mentalität des Bundesfinanzministers. Ich habe nicht vor, über den Durst zu reden, sondern ich habe vor, über die Mentalität des Bundesfinanzministers zu sprechen.
Die Mentalität des Bundesfinanzministers geht nicht dahin, eine Steuerpolitik mit dem Ziel zu betreiben, den Reichen reicher und den Armen ärmer zu machen.
Von dieser Voraussetzung ging aber wohl der Herr Vorredner aus.
Ich darf einmal wiederholen, was ich bei einem Vortrag vor einigen Tagen ausgeführt habe. Die Damen und Herren, die Mitglieder des Kontrollausschusses ,des Hauptamts für Soforthilfe sind, erinnern sich, daß wir um die Jahreswende 1949/50 über das Aufkommen der Soforthilfeabgabe ernste Sorgen gehabt haben. Diese Mitglieder des Kontrollausschusses wissen wohl, daß in einer Verlautbarung, die ich vor einigen Tagen ergehen lassen konnte, der kleine Satz steht, daß das Aufkommen an Soforthilfeabgabe sich günstiger entwickelt hat, als wir damals annahmen. Meine Damen und Herren, die Einkommensteuersenkung war die Rettung der Soforthilfeabgabe! Ohne Einkommensteuersenkung wäre das Aufkommen an Soforthilfeabgabe nicht zu halten gewesen. Überlegen Sie, welche Belastung der einzelne trägt, wenn man sein Einkommen, den Ertrag, nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Steuerbelastung, sondern gleichzeitig unter dem Gesichtspunkt der Soforthilfeabgabe betrachtet. Ich habe schon oft über die Zahlen gesprochen. Auf dem Gebiet der Körperschaftsteuer kommen wir bei einem gesunden, normalen Betrieb, der etwa 10 % Dividende bringt, auf eine Steuerbelastung von 95 %.
Die Soforthilfabgabe sollte gehalten werden. Da Einkommensteuer in der alten Höhe plus Soforthilfeabgabe volkswirtschaftlich unmöglich waren, mußte dem einzelnen auf dem Gebiet der Einkommensteuer schon unter diesem Gesichtspunkt eine Erleichterung gebracht werden. Die Mentalität des Bundesministers war also auch hier von sozialen Gesichtspunkten getragen. Im übrigen kommt das Erträgnis der Einkommensteuer den Ländern zugute, und die Sicherung der Soforthilfeabgabe kommt den Kriegsgeschädigten aller Art unmittelbar zugute.
Soviel zum ersten Kapitel: „Mentalität des Bundesfinanzministers".
Nun zu dem zweiten Kapitel: „Mentalität des Bundesfinanzministers" im Hinblick auf Coca-Cola und ähnliche Getränke. Ich gebe zu, daß der Bundesminister der Finanzen bereits einen Gesetzentwurf über die Besteuerung von Kunstgetränken ausarbeitet. Ich bitte, als bekannt voraussetzen zu dürfen, daß Coca-Cola ein Koffein-Getränk ist. Ich bitte weiter, als bekannt voraussetzen zu dürfen, daß diese Koffein-Getränke süchtig machen
und daß das der Grund ist, warum man in anderen Ländern mit anderen Mitteln Coca-Cola zum Gegenstand einer Gesetzgebung gemacht hat. Ich bitte weiter, darauf hinweisen zu dürfen, daß Kaffee einer hohen Besteuerung unterliegt und daß die Koffein-Essenzen, die vom Ausland eingeführt und zur Herstellung von Coca-Cola verwendet werden, keiner Besteuerung unterliegen. Die Mentalität ,des Bundesministers der Finanzen ist erstens so, daß sie Gesichtspunkte, die in anderen Ländern zu anderen Maßnahmen geführt haben, hier auch steuerlich mit berücksichtigt und daß sie zweitens eine Gleichmäßigkeit der Besteuerung für Kaffee einerseits, für Koffein-Essenzen andererseits für notwendig hält.
Meine Damen und Herren, das ist meine Mentalität!