Rede von
Dr.
Michael
Horlacher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man soll sich das Leben nicht schwerer machen, als es ohnehin schon ist. Ich hab's gewußt, mir hat's schon vor drei Monaten geträumt,
daß die Propaganda für Coca-Cola — mir ist Pepsi-Cola lieber — so weit um sich greift, daß sie hier im Bundeshaus angelangt ist.
Es gibt keinen Artikel in der Welt, der so viel von sich reden macht wie dieses Getränk.
Der Antrag ist ein getarnter Antrag. Er spricht von stimulierenden, unter Verwendung von Drogen hergestellten Getränken. Man kann sich darunter nichts Richtiges vorstellen. Ich habe mir gedacht, daß sind so ,,simulierte" Getränke.
In Wirklichkeit handelt es sich doch um die stimulierenden Getränke von Coca-Cola.
Aber lassen Sie mich jetzt einige ernste Worte an Sie richten. Es handelt sich hier doch im Grunde genommen um eine sehr ernste Angelegenheit.
Hier handelt es sich um zwei Linien, die durch unser Volk hindurchgehen, und deswegen bitte ich Sie, aus dieser Frage um Gottes willen keine hochpolitische oder gar parteipolitische Frage zu machen. Denn hier gehen die Ansichten auseinander. Ein Teil unserer Bürger und Bürgerinnen, insbesondere ein großer Teil unserer Jugend, sind hier verschiedener Auffassung. Die einen— dazu gehören insbesondere die .Älteren — schätzen ganz besonders hoch die Erkenntnisquelle, die in den alkoholischen Getränken liegen soll,
die anderen sind von der Erkenntnisquelle etwas abgekommen, und die Jüngeren schätzen die antialkoholischen Getränke als eine Ernüchterungs-
und Kraftquelle.
Unsere Jugend, die heute mehr sportbegeistert ist als früher, hat nicht mehr die Alkoholgesinnung der Alten.
Deshalb hat sich die Situation auf diesem Gebiet ganz naturgemäß geändert, und deswegen muß man die Dinge so nehmen, wie sie sind.
Wenn wir beispielsweise die .Biersteuer ermäßigt haben, so wird damit, auf lange Sicht gerechnet, vielleicht eine Steigerung des Konsums erzielt; wer aber annehmen wollte, daß nun etwa der Friedenskonsum erreicht wird oder daß aus den Nicht-Biertrinkern in großem Umfange wieder Biertrinker werden, der irrt sich. Jedes Getränk hat jetzt im Volk seine eigene Bodenständigkeit und seine eigene Berechtigung, und wir müssen auch den Verhältnissen unserer Jugend auf diesem Gebiet Rechnung tragen, insbesondere unserer sportbegeisterten Jugend entgegenkommen. Deshalb spreche ich folgendes aus: Die antialkoholischen Getränke, die für diesen Teil der Jugend absolut notwendig und wichtig sind, sind ohnehin im Preis zum großen Teil übersetzt,
so daß hier eine Korrektur unbedingt notwendig wäre.
Auf der andern Seite steht ja die Kraft des Alkohols.
Die Kraft des Alkohols braucht natürlich einen größeren Motor, und weil der Motor größer ist, haben sich die Finanzminister immer für diese Kraftquelle interessiert.
Das ist in allen Zeiten so gewesen. Wir haben auch schon einmal eine Mineralwasser- und Limonadensteuer gehabt — es gibt ja nichts im Leben, was man nicht schon einmal hatte! —; aber die, Herr Bundesminister, hat man damals wegen der Höhe der Verwaltungskosten wieder aufgegeben; denn dabei ist die Überwachung der einzelnen Betriebe und sind alle möglichen Dinge erforderlich. Auf der andern Seite habe ich naturgemäß
beispielsweise vom landwirtschaftlichen Standpunkt aus ein Interesse daran, daß der Absatz von Fruchtsäften usw. gefördert wird
und daß auch unser Weinbau keine Einbuße im Weinabsatz erleidet.
Das sind lauter Gesichtspunkte, die nebeneinander herlaufen. Wir haben hier keine gleichlaufenden Interessen. Man muß also die Interessen gegeneinander abwägen, und damit das geschehen kann, schlage ich vor, diesen Antrag erstens dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und zweitens dem Wirtschaftsausschuß zu überweisen, damit insbesondere die wirtschaftliche Seite .dieses Problems und auch die Frage der Zusammensetzung von Coca-Cola usw. im Gesamtzusammenhang geprüft werden kann. Also sind wir da nicht so ängstlich! Stimmen Sie meinem Antrag zu! Ich glaube, daß zum Schluß etwas Vernünftiges herauskommt, und wenn das geschieht, können sich alle miteinander freuen: die Alkoholfreunde und die Antialkoholiker.