Rede von
Dr.
Harald
Koch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag ist für uns nicht um deswillen so interessant und wichtig, weil er von der Bayernpartei gestellt worden ist und weil sich hinter ihm möglicherweise bayerische Belange verbergen; er ist für uns interessant und wichtig, weil wir aus der Presse vernommen haben, daß sich der Herr Finanzminister für diese neue Steuerart interessiert und schon gesagt hat, daß er die Absicht habe, Coca-Cola gegebenenfalls zu besteuern.
Aus diesem Grunde, meine Damen und Herren, wird dieser, wenn ich einmal so sagen darf, krachlederne Antrag,
der vielleicht für für einen kommenden Wahlkampf in Bayern, wo so viel mehr Bier getrunken wird, besonders interessant ist, für uns alle — das hat schon der Herr Abgeordnete Horlacher hervorgehoben — zu einem ernsten Stück Finanzpolitik. Ich glaube, wir haben Veranlassung, uns darüber zu freuen, daß aus dieser Frage nicht in der Diskussion schon eine außenpolitische Frage geworden ist.
Wir wollen uns davor hüten, die Frage auf dieses Gebiet zu schieben. Im übrigen haben wir, soweit ich weiß, in irgendwelchen Interviews noch nichts über diese Coca-Cola-Frage gehört,
und aus diesem Grunde wollen wir sie auch nicht unter außenpolitischen Aspekten beurteilen.
Wenn sich der Herr Finanzminister für diesen Antrag interessiert, dann denkt er auch wohl weniger an die Außenpolitik und die Gesundheitspolitik — auch das wäre ja eine Möglichkeit, diese Frage zu betrachten —, sondern er denkt an den Etat, und er denkt an die Geldbeutel der Steuerzahler und daran, wie er noch etwas aus ihnen herausholen kann.
Bedauerlicherweise denkt der Herr Finanzminister bei seiner Mentalität in diesem Falle aber wieder einmal an die Steuerzahler mit den kleinen Einkommen, — wie in aller Regel; denn ich möchte behaupten, daß diese geplante Coca-Cola-Steuer ganz zweifellos eine Massenverbrauchssteuer werden wird.
Meine Damen und Herren, denken wir einmal an die Diskussion über die kleine Steuerreform zurück, die wir in diesem Hause gehabt haben! Wir sollten uns daran erinnern, daß der Herr Finanzminister sein Füllhorn nicht nur über Gerechte und Ungerechte ausgeschüttet hat, sondern insbesondere über die, die schon allerhand haben,
und aus diesem Grunde müssen wir von der Opposition auch in diesem Falle unsere Stimme gegen die Pläne des Herrn Finanzministers erheben und erklären, daß wir getreu unserer Politik unter allen Umständen dagegen stimmen werden, daß hier eine neue Konsumsteuer, eine neue Massenverbrauchssteuer eingeführt wird. Der Herr Finanzminister hat, wie wir aus den Zeitungen wissen, auf dem Petersberg versprochen, einen ausgeglichenen Etat vorzulegen. Wir warten auf das Ergebnis seiner Bemühungen, den Etat auszugleichen. Wir warten bange auf die Vorlage seiner Luxussteuerpläne. Wir warten auf die Vorlage seiner Aufwandsteuerpläne. Wir hören jetzt von dieser ganz neuen Steuerart. Wir werden uns grundsätzlich — das sei hier bezüglich der Pläne, von denen wir gehört haben und die ich andeutete, schon vorweggenommen — gegen jede Art neuer indirekter Besteuerung wenden, weil die 3) indirekten Steuern in jedem Falle unsozial und ungerecht sind.
Aus diesem Grunde sprechen wir uns heute auch wieder gegen den vorliegenden Antrag der Bayernpartei aus, weil die vorgeschlagene Steuer eine typische Massenverbrauchssteuer sein wird.
Ich glaube, daß ich das nicht zu beweisen brauche. Der Herr Abgeordnete Horlacher hat es schon getan. Gehen Sie doch einmal sonntags auf die Sportplätze! Lassen Sie sich einmal erzählen, wieviel derartige Getränke in den Kantinen der Großbetriebe getrunken werden! Den Ausführungen des Antragstellers darüber, was hier im Bundeshaus verzehrt wird, brauchen wir, glaube ich, nicht zu folgen.
Der Antrag wäre, wie der Kollege Horlacher mit Recht gesagt hat, in der Form, wie er hier vorliegt, ohne daß wir alle parallellaufenden Dinge prüfen, ganz zweifellos gegen ,die Jugend und gegen die breiten Massen gerichtet.
Die Limonaden- und Coca-Cola-Exzesse sind, meine Damen und Herren, die bescheidenen Sonntagsfreuden der breiten Massen und insbesondere der Jugend.
Meine Damen und Herren, wir werden uns grundsätzlich gegen diese neue indirekte Steuer wenden. Und wenn Sie unseren sozialen Erwägungen nicht folgen wollen, so denken Sie doch wenigstens mit uns daran, wie sich die neue Steuer praktisch auswirkt. Wollen wir denn unser Steuersystem immer weiter komplizieren? Wollen wir neue Steuern einführen, von denen wir wissen, daß wenigstens 500/0, wenn nicht sogar noch mehr, in der Verwaltung aufgehen werden? Ich meine, wir sollten uns doch an die alten klassischen Steuern halten, wenn es wirklich notwendig ist, eine Ergänzung für den Etat zu suchen und zu finden.
Ich möchte noch auf zwei weitere Gesichtspunkte hinweisen. Wir haben im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen über die Beseitigung des Kriegszuschlags auf den Schaumwein gesprochen. In diesem Zusammenhang wurde auch der Vorschlag dieser Coca-Cola-Steuer erwähnt. Wir waren im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen alle der Ansicht, daß im Interesse der Schaumweinindustrie, aber noch viel mehr im Interesse der 'deutschen Weinbauern daran gedacht werden kann, den Kriegszuschlag, der bisher auf dem Schaumwein liegt, zu senken oder doch in irgendeiner Form zu staffeln. Aber daraus — und das sage ich denen, die für die Beseitigung oder Senkung dieses Kriegszuschlags sind — kann selbstverständlich nichts werden, wenn wir vorher eine neue indirekte Steuer auf diese Getränke einführen.
Der zweite Gesichtspunkt ist folgender. Wir sollten daran denken, daß eine derartige Steuer in der Hand des Bundes eine glatte Doppelbesteuerung bedeutet. Wir sollten nicht vergessen, daß die Getränkesteuern doch in erster Linie Cemeindesteuern sind. Wir sollten auch daran denken, daß die Gemeinden schon mit sehr viel Argwohn auf die künftigen Finanzausgleichsverhandlungen, auf die Möglichkeiten des künftigen Finanzausgleichs und auf das warten, was dabei für sie übrigbleibt. Aus diesem Grunde sollten wir diese Getränke, die bisher zweifellos in erster Linie dem Besteuerungsrecht der Gemeinden unterlagen, nicht heranziehen, um Lücken beim Bund zu schließen.
Aus all diesen Gründen bitte ich Sie im Namen meiner politischen Freunde, diesen Antrag jetzt nicht an irgendeinen Ausschuß zu verweisen, sondern ihn sofort abzulehnen.
Meine Damen und Herren, Coca-Cola ist ein ganz besonderer Saft.
Sie sollten bei der Abstimmung daran denken, daß ein ganzes Volk unter einer schier unerträglichen Steuerlast seufzt. Verkümmern Sie diesem Volke nicht die Möglichkeit, den Durst, den es dabei bekommt, zu löschen.