Protokoll:
15164

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 164

  • date_rangeDatum: 11. März 2005

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 14:46 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/164 Sebastian Edathy (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Bosbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Max Stadler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD) . . . . . . . Dr. Günther Beckstein, Staatsminister (Bayern) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Haupt (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jutta Dümpe-Krüger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . Sabine Bätzing (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Scheuer (CDU/CSU) . . . . . . . Julia Klöckner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Kerstin Griese (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ingrid Fischbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 19: 15347 C 15349 B 15350 C 15351 C 15353 B 15354 C 15356 C 15357 C 15357 D 15369 D 15371 B 15373 C 15375 A 15376 D 15377 B 15379 A 15381 B Deutscher B Stenografisch 164. Sitz Berlin, Freitag, den I n h a l Tagesordnungspunkt 17: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Ent- wurfs eines Gesetzes zur Änderung des Versammlungsgesetzes und des Strafge- setzbuches (Drucksachen 15/4832, 15/5051) . . . . . . . b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk, Thomas Strobl (Heilbronn), weiteren Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs ei- nes Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über befriedete Bezirke für Verfas- sungsorgane des Bundes (BefBezÄndG) (Drucksachen 15/4731, 15/5069) . . . . . . . E P H T G S w C ( D C 15347 A 15347 B Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . 15358 A 15359 C undestag er Bericht ung 11. März 2005 t : rwin Marschewski (Recklinghausen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . ermann Bachmaier (SPD) . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 18: roße Anfrage der Abgeordneten Andreas cheuer, Maria Eichhorn, Thomas Dörflinger, eiterer Abgeordneter und der Fraktion der DU/CSU: Jugend in Deutschland Drucksache 15/3396) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Andreas Scheuer (CDU/CSU) . . . . . . . . . hristel Riemann-Hanewinckel, Parl. Staatssekretärin BMFSFJ . . . . . . . . . . . . . 15360 D 15362 A 15363 A 15364 D 15365 A 15367 A a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Siebten Gesetzes zur Änderung des II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. März 2005 Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschrän- kungen (Drucksachen 15/3640, 15/5049) . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit zu dem Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Gudrun Kopp, Daniel Bahr (Münster), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Für einen wirksamen Wettbewerbsschutz in Deutschland und Europa (Drucksachen 15/760, 15/3136) . . . . . . . . Dr. Ditmar Staffelt, Parl. Staatssekretär BMWA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Schauerte (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Werner Schulz (Berlin) (BÜNDNIS 90/ Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marie-Luise Dött (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Abgeordneten Sibylle Laurischk, Rainer Funke, Birgit Homburger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Ver- fahren der Vaterschaftstests vereinfachen und Grundrechte wahren (Drucksache 15/4727) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sibylle Laurischk (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . Dr. Jürgen Gehb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . 15383 C 15383 C 15383 D 15386 B 15406 A 15407 B 15408 B 15408 C 15409 C 15410 C DIE GRÜNEN). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Monika Griefahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Schauerte (CDU/CSU) . . . . . . . . Ernst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartmut Schauerte (CDU/CSU) . . . . . . . . Jörg Tauss (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 20: Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zum Büro- kratieabbau (Drucksache 15/4646) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Pfister, Minister (Baden-Württemberg) Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . I C N B A L A Z E b U A A 15390 A 15391 D 15394 A 15394 D 15395 C 15398 A 15399 D 15400 D 15401 C 15403 C 15403 C 15404 D rmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hristoph Strässer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erichtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung des ntwurfs eines Gesetzes zum Bürokratieab- au (Tagesordnungspunkt 20) lrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 3 mtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15412 C 15413 C 15415 C 15415 C 15417 A 15417 D 15418 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. März 2005 15347 (A) ) (B) ) 164. Sitz Berlin, Freitag, den Beginn: 9.0
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    Berichtigungen 162. Sitzung, Seite 15160 (A), der fünfte Absatz ist wie folgt zu lesen: „Es geht um die berühmten Marker- gene und die Resistenzen, die dabei entstehen könnten. An dieser Stelle geht es genau darum, diese auszuschlie- ßen.“ Seite 15160 (A), der zweite Absatz ist wie folgt zu le- sen: „Ich weiß von den Gesprächen mit Putin oder ande- ren Vertretern der russischen Regierung, dass immer ge- fragt wird, wie die Schritte zur Stabilisierung im nördlichen Kaukasus, insbesondere Tschetschenien, aus- sehen, und dass auf diesem Thema eindringlich beharrt wird.“ (D) (B) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. März 2005 15417 (A) ) (B) ) wässert werden.DIE GRÜNEN KProbst, Simone BÜNDNIS 90/ 11.03.2005 onkurrenzgründen zwischen den Bundesländern ver- Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten A n n v d L B d n G D A w v d d Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.03.2005 Andres, Gerd SPD 11.03.2005 Barthle, Norbert CDU/CSU 11.03.2005 Bender, Birgitt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.03.2005 Bettin, Grietje BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.03.2005 Bierwirth, Petra SPD 11.03.2005 Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 11.03.2005 Brunnhuber, Georg CDU/CSU 11.03.2005 Eickhoff, Martina SPD 11.03.2005 Feibel, Albrecht CDU/CSU 11.03.2005 Frechen, Gabriele SPD 11.03.2005 Göppel, Josef CDU/CSU 11.03.2005 Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 11.03.2005 Freiherr von und zu Guttenberg, Karl- Theodor CDU/CSU 11.03.2005 Haack (Extertal), Karl Hermann SPD 11.03.2005 Hilsberg, Stephan SPD 11.03.2005 Hochbaum, Robert CDU/CSU 11.03.2005 Dr. Küster, Uwe SPD 11.03.2005 Lanzinger, Barbara CDU/CSU 11.03.2005 Michelbach, Hans CDU/CSU 11.03.2005 Minkel, Klaus CDU/CSU 11.03.2005 Mortler, Marlene CDU/CSU 11.03.2005 Dr. Pinkwart, Andreas FDP 11.03.2005 R S S S S S S S S D T T V A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht nlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zum Bürokratieabbau (Tagesordnungspunkt 20) Ulrich Kelber (SPD): Aus der Werbewirtschaft ken- en wir das Prinzip, ein positiv besetztes Wort inflatio- är zu nutzen und mit völlig sachfremden Inhalten zu erbinden. Das Gleiche versucht die Mehrheit im Bun- esrat mit dem Gesetzentwurf, den wir heute in erster esung beraten. Die Überschrift des Gesetzes heißt ürokratieabbau. Der Inhalt ist ein anderer, ein ganz an- erer. Es geht der Mehrheit im Bundesrat gar nicht um we- iger Regelungen, es geht in den meisten Punkten des esetzentwurfes nur darum, dass die Bundesländer die inge selbst regeln wollen. Darüber kann man ja reden. ber weniger Bürokratie ist das nicht, schon gar nicht, enn die Regelungen von Bundesland zu Bundesland, on Gewerbegebiet zu Gewerbegebiet, kurz, von Lan- esgrenze zu Landesgrenze unterschiedlich sind. Hier ist ie Gefahr sehr groß, dass wichtige Regelungen aus ühe, Volker CDU/CSU 11.03.2005 charping, Rudolf SPD 11.03.2005 chmidbauer, Bernd CDU/CSU 11.03.2005 chröder, Gerhard SPD 11.03.2005 eib, Marion CDU/CSU 11.03.2005 inghammer, Johannes CDU/CSU 11.03.2005 teenblock, Rainder BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.03.2005 treb-Hesse, Rita SPD 11.03.2005 trothmann, Lena CDU/CSU 11.03.2005 r. Thomae, Dieter FDP 11.03.2005 illmann, Antje CDU/CSU 11.03.2005 rittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.03.2005 iolka, Simone SPD 11.03.2005 bgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich 15418 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. März 2005 (A) ) (B) ) Auch im Bereich des Umweltschutzes hat der Gesetz- entwurf der Bundesratsmehrheit keineswegs den Abbau von Bürokratie, sondern nur den Abbau von Umwelt- schutz zur Folge. Das mag ja erklärtes Ziel von CDU/ CSU und FDP sein; dass Sie dabei aber auch bereit sind, am laufenden Band gegen geltendes EU-Recht zu ver- stoßen und damit saftige Geldstrafen zu riskieren, kön- nen Sie weder mir noch uns noch den Bürgerinnen und Bürgern erklären. Haben die Bundesländer versteckte Haushaltstöpfe entdeckt, aus denen sie Strafen bezahlen wollen? Wenn ja, sagen Sie uns, wo; wir hätten da eine Menge guter Ideen, wie man damit in die Bildung unse- rer Kinder investiert. Aber zurück zu dem so genannten Bürokratieabbau, der hier betrieben werden soll. An mehr als einer Stelle würden die Vorschläge eher zu mehr Bürokratie als zu weniger führen, so zum Beispiel beim Kreislaufwirt- schaftsgesetz oder bei den Vorschlägen zum SGB IV. Am verheerendsten aber wäre dieser Gesetzentwurf der Bundesratsmehrheit im Bereich der Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und Bürger. Beim Bundes-Immissions- schutzgesetz soll die Öffentlichkeitsbeteiligung, sollen die Anhörungsrechte der betroffenen Bürgerinnen und Bürger in das Gutdünken der Länder gestellt werden. Ich persönlich habe noch nie etwas davon gehört, dass Luft- verunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und Ähnliches sich in Nordrhein-Westfalen anders anfühlen und auswirken als in Bayern oder Berlin. Werfen wir mal einen ganzen oberflächlichen Blick auf diesen Gesetzentwurf: Da werden 25 Artikel zur Än- derung bestehender Gesetze aneinander gereiht. Sechs dieser Vorschläge stimmt die Bundesregierung zu und sagt zu, sie in zukünftigen Gesetzentwürfen zu berück- sichtigen. Bei drei Vorschlägen wird deutlich, dass diese eher zu mehr Bürokratie als zu weniger führen. Bei vier weiteren Änderungsvorschlägen handelt es sich um solche, in denen Bund und Länder bereits in der Abstim- mung bzw. Überprüfung sind bzw. gerade erst gemein- sam andere Beschlüsse gefasst haben, Beispiel Kreis- laufwirtschaftsgesetz. Elf Vorschläge verstoßen gegen EU-Richtlinien und Beschlüsse. Haben Sie mitgezählt? Es bleibt einer! Einer, wo wir tatsächlich anderer Mei- nung sind als Sie und das betrifft den Jugendarbeits- schutz. Ich denke, allein mit diesem Kurzüberblick auf den Gesetzentwurf wird schon deutlich, was er ist: purer Aktionismus. Ich kann wirklich nur hoffen, dass sich Frau Merkel und Herr Stoiber bis nächste Woche etwas mehr einfallen lassen, wenn Sie mit dem Bundeskanzler auch über Bürokratieabbau reden wollen. Wie geht Bürokratieabbau wirklich? Die Bundes- regierung hat mit ihrem Masterplan Bürokratieabbau in einem Jahr bereits mehr als 75 Projekte umgesetzt, und dies in Zusammenarbeit mit Wirtschaftsverbänden und -instituten. Sie wird dort auch weiter konsequent voran- gehen. Im Bereich der Umweltschutzgesetzgebung wäre es aus unserer Sicht ein lohnender Versuch, die vielen Ge- setze und Verordnungen in ein stringent und übersicht- lich gestaltetes Umweltgesetzbuch zu überführen. Ich p o d v s s r A H A M z f d m d n m V P t (C (D ersönlich könnte sogar auf sehr viele Gesetze und Ver- rdnungen im Umweltschutz verzichten, wenn wir statt- essen für alle Bereiche Grenzwerte festlegen und ein erschärftes Haftungsrecht für Umweltsünder und -ver- chmutzer umsetzen würden. Ich bin überzeugt, dass ein olches Haftungsrecht zu viel mehr Umweltschutz füh- en würde, als jedes Gesetz dies vermag. nlage 3 Amtliche Mitteilungen Die Abgeordneten Marga Elser, Ulrike Mehl und ans-Joachim Hacker haben darum gebeten, bei dem ntrag Die Regionalentwicklung in Brandenburg und ecklenburg-Vorpommern braucht Klarheit – Die ivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide ist über- ällig auf Drucksache 15/4792 nachträglich in die Liste er Antragsteller aufgenommen zu werden. Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 er Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den achstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die Delegation der Bundesrepublik Deutschland in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Euro- parates vom 26. bis 30. April 2004 in Straßburg – Drucksachen 15/4082, 15/4290 Nr. 1.1 – – Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parla- mentarischen Versammlung des Europarates Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Euro- parates vom 21. bis 25. Juni 2004 in Straßburg – Drucksachen 15/4083, 15/4290 Nr. 1.2 – Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen – Unterrichtung durch die Bundesregierung Straßenbaubericht 2004 – Drucksache 15/4609 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben itgeteilt, daß der Ausschuss die nachstehenden EU- orlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische arlament zur Kenntnis genommen oder von einer Bera- ung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 15/4458 Nr. 2.27 Rechtsausschuss Drucksache 15/4085 Nr. 1.15 Drucksache 15/4085 Nr. 1.17 Drucksache 15/4213 Nr. 2.34 Drucksache 15/4213 Nr. 2.44 Drucksache 15/4213 Nr. 2.47 Drucksache 15/4296 Nr. 1.3 Drucksache 15/4458 Nr. 2.18 Drucksache 15/4458 Nr. 2.22 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 164. Sitzung. Berlin, Freitag, den 11. März 2005 15419 (A) (C) (B) (D) Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Drucksache 15/103 Nr. 2.93 Drucksache 15/2447 Nr. 2.42 Drucksache 15/2519 Nr. 2.22 Drucksache 15/4567 Nr. 1.3 Drucksache 15/4705 Nr. 1.16 Drucksache 15/4705 Nr. 2.3 Drucksache 15/4705 Nr. 2.9 Drucksache 15/4705 Nr. 2.11 Drucksache 15/4705 Nr. 2.14 Drucksache 15/4705 Nr. 2.16 Drucksache 15/4705 Nr. 2.17 Drucksache 15/4705 Nr. 2.20 Drucksache 15/4705 Nr. 2.21 Drucksache 15/4705 Nr. 2.23 Drucksache 15/4705 Nr. 2.31 Drucksache 15/4780 Nr. 2.1 Drucksache 15/4780 Nr. 2.6 Drucksache 15/4780 Nr. 2.7 Drucksache 15/4780 Nr. 2.10 Drucksache 15/4780 Nr. 2.15 Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Drucksache 15/4780 Nr. 2.5 Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Drucksache 15/4705 Nr. 2.28 Drucksache 15/4780 Nr. 2.13 Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Drucksache 15/4705 Nr. 2.26 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 15/4780 Nr. 2.16 164. Sitzung Berlin, Freitag, den 11. März 2005 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516400000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 17 a und 17 b auf:
a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-

nen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Geset-
zes zur Änderung des Versammlungsgesetzes
und des Strafgesetzbuches
– Drucksache 15/4832 –

(Erste Beratung 158. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus-
schusses (4. Ausschuss)

– Drucksache 15/5051 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Sebastian Edathy
Erwin Marschewski (Recklinghausen)

Silke Stokar von Neuforn
Dr. Max Stadler

b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord-
neten Wolfgang Bosbach, Hartmut Koschyk,
Thomas Strobl (Heilbronn), weiteren Abgeordne-

B
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J
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Redet
ten und der Fraktion der CDU/CSU eingebrach-
ten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des
Gesetzes über befriedete Bezirke für Verfas-
sungsorgane des Bundes (BefBezÄndG)

– Drucksache 15/4731 –

(Erste Beratung 158. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäfts-
ordnung (1. Ausschuss)

– Drucksache 15/5069 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Erika Simm
Thomas Strobl (Heilbronn)

Volker Beck (Köln)

Jörg van Essen

(C (D ung 11. März 2005 0 Uhr Zum Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und des ündnisses 90/Die Grünen liegt ein Entschließungsanag der Fraktion der FDP vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für ie Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort Kolgen Sebastian Edathy, SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Sebastian Edathy (SPD):
Rede ID: ID1516400100

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und
ollegen! Sich über Rechtsextremismus berechtigter-
eise zu empören reicht nicht; man muss ihn bekämp-
en. Die Demokratie ist wehrhaft. Die Bundesrepublik
at insofern ein Erbe von Weimar übernommen, als wir
issen: Ein einmal erreichter Grad an Zivilisierung einer
esellschaft ist nicht mit einer Ewigkeitsgarantie verse-
en, sondern wir müssen gemeinsam Tag für Tag und
ahr für Jahr dafür arbeiten, dass demokratische Grund-
erte gelebt werden können.
Es sind in den letzten Wochen mehr oder minder

ext
glückliche Vergleiche zwischen der Bundesrepublik
Deutschland heute und der Zeit der Weimarer Republik
gezogen worden. Was wir von Weimar lernen können,
ist sicherlich, dass eine Demokratie durch hohe Arbeits-
losigkeit gefährdet wird. Ebenso wichtig ist aber, zur
Kenntnis zu nehmen, dass Weimar letztlich daran ge-
scheitert ist, dass es zu wenig Demokraten und Demo-
kratinnen gab, die zum Rechtsstaat gestanden haben, und
somit die Demokratie selber nicht hinreichend verteidigt
worden ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Unsere Demokratie ist wehrhaft. Allein einige Mel-
oche belegen das sehr eindrücklich:
hat das Brandenburgische Oberlandes-
ihe von jungen Männern wegen Bildung
dungen dieser W
Am Montag

gericht eine Re






(A) )



(B) )


Sebastian Edathy

einer terroristischen Vereinigung verurteilt. Diese Bande
hatte den Vorsatz gefasst und auch konkret daran gear-
beitet, ausländischen Mitbürgern in Brandenburg durch
Brandanschläge die Existenzgrundlage zu nehmen.

Am Mittwoch hat der Berliner Innensenator, Herr
Körting, zwei neonazistische Kameradschaften auf der
Grundlage des Vereinsrechts verboten. Ich begrüße das
für die SPD-Fraktion ausdrücklich. Wer sich gegen die
Grundwerte unserer Verfassung richtet, der muss wissen,
dass wir ihm dabei nicht tatenlos zuschauen, sondern
handeln.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch selbstverständlich!)


Am Donnerstag hat der Bundesgerichtshof erfreuli-
cherweise eine Entscheidung des Kammergerichtes von
Berlin aus dem Jahre 2003 bestätigt, die darin bestand,
dass eine abscheuliche rechtsradikale Musikgruppe
als kriminelle Vereinigung eingestuft wurde. Auch diese
Bestätigung ist wichtig.

Wir sind, liebe Kolleginnen und Kollegen, gleichwohl
dauerhaft gehalten, das Gesetzesinstrumentarium, das
wir in Deutschland haben, laufend auf seine Tauglichkeit
im Umgang mit den Feinden der Verfassung zu überprü-
fen. Das enthebt uns nicht – das will ich hier deutlich
zum Ausdruck bringen – der Pflicht, uns auch mit der
Überlegung zu befassen, wie wir es hinbekommen, dass
junge Menschen erst gar nicht anfällig werden für
rechtsextremistische Ideologien. Wir alle wissen, der
Rechtsextremismus in Deutschland ist erschreckend
jung: Es handelt sich meist nicht um Ewiggestrige, son-
dern häufig um Neugestrige, die da in Erscheinung treten.
Ich hoffe, dass der Konsens, der sich bei der Verände-
rung des Strafgesetzbuches und des Versammlungsrechts
hinsichtlich unserer Abstimmung andeutet, auch im
Laufe der nächsten Wochen und Monate bestehen wird,
wenn es darum geht, Programme, Initiativen und Pro-
jekte zu stärken, die sich gegen Rechtsextremismus,
Fremdenfeindlichkeit und Gewalt einsetzen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, Karl Jaspers hat einmal
formuliert: „Es darf keine Freiheit geben zur Zerstörung
der Freiheit.“ Das ist richtig. Gleichwohl gilt, dass auch
Rechtsextremisten, wenn sie nicht entsprechende Grund-
rechte verwirkt haben, Grundrechtsträger sind. Das fest-
zuhalten ist bisweilen schwer; aber es ist etwas, was uns
von den Totalitaristen qualitativ unterscheidet. Das
heißt, wir müssen uns, wenn wir über den Änderungsbe-
darf im Strafgesetzbuch und im Versammlungsgesetz re-
den, vor Augen halten, dass Grundrechte nach Art. 5 des
Grundgesetzes – Meinungsfreiheit – und Art. 8 – Ver-
sammlungsfreiheit – ein hohes Gut sind, das man, wie
Heribert Prantl gestern in der „Süddeutschen Zeitung“
zutreffend geschrieben hat,


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Das ist mein Freund, der Prantl, mein bester Freund!)



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(C (D nicht zu kleiner Münze“ machen darf. Das ist wahr. Inofern bewegen wir uns immer auf einem schmalen rat, aber – das sage ich zugleich sehr deutlich – auf eiem begehbaren Grat. Ich glaube, dass wir mit dem vorliegenden Gesetzenturf eine Antwort darauf bieten, wie man, ohne Grundechte zur Disposition zu stellen, im einfachgesetzlichen ereich in einem stärkeren Maße als bisher sicherstellen ann, dass bestimmte Handlungsweisen schlichtweg icht Ausdruck von Meinung sind, sondern ein Verbrehen und damit unter Strafe gestellt werden können. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich will zunächst auf das Bezug nehmen, was wir für
en Bereich des Strafgesetzbuches vorschlagen. Wir ha-
en die Absicht, die bisherige Strafbarkeitsschwelle
ür Volksverhetzungstatbestände abzusenken von der
trafbarkeit der Leugnung des Holocaust, bei der sie bis-
er liegt, auf öffentliche oder in Versammlungen getä-
igte Äußerungen, die darin bestehen, dass das national-
ozialistische Gewalt- und Unrechtsregime gebilligt,
erherrlicht oder gerechtfertigt wird.
Weil das vom Ansatz her ein nicht unerheblicher Ein-

riff in die Wahrnehmung des Rechts auf Meinungsfrei-
eit ist, haben wir gleichzeitig mit einem neuen Abs. 4 in
130 Strafgesetzbuch Sicherungssysteme eingebaut, die
icherstellen, dass nur dann eine Strafbarkeit vorliegt,
enn die Würde von Opfern gröblichst verhöhnt und der
ffentliche Friede gestört wird. Wir schlagen vor – ich
ill das vorlesen, weil das ein ganz wichtiger Punkt ist,
uch für die heutige Debatte, der eine wesentliche
rundlage darstellt und auch Auswirkungen auf das Ver-
ammlungsrecht haben wird, über das wir in den letzten
ochen diskutiert haben –:

Mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit Geld-
strafe wird bestraft, wer öffentlich oder in einer
Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die
Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört,
dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Will-
kürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.

amit ist sichergestellt: Der Tatbestand der Störung des
ffentlichen Friedens muss erfüllt sein und die Störung
es öffentlichen Friedens muss dadurch erfolgen, dass
ie Würde der Opfer verletzt wird.
Nach unserem Dafürhalten wird diese Neuregelung in

ielen Gerichtsverfahren eine klare Grundlage für ent-
prechende Entscheidungen bieten. Wir haben bislang
ine sehr gemischte Rechtsprechung. Das Parlament hat
ie große Chance, hier und heute deutlich zu machen,
ass diejenigen, die unter Bezugnahme auf die Nazizeit
ositive Äußerungen dergestalt tätigen, dass sie die
ürde der Opfer der Nationalsozialisten mit Füßen tre-

en, sich nicht auf die Meinungsfreiheit berufen können,
ndem wir eine ganz klare Trennlinie im Sinne der wehr-
aften Demokratie aufzeigen und deutlich machen:
er diese Grenze überschreitet, der macht sich künftig
trafbar.






(A) )



(B) )


Sebastian Edathy


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die zweite Regelung, die

wir hier zur Abstimmung vorschlagen, ist eine Verände-
rung des Versammlungsgesetzes. In § 15 des Versamm-
lungsgesetzes soll ein neuer Absatz eingefügt werden,
der darauf Bezug nimmt, dass an bestimmten Orten,
nämlich an Gedenkstätten von historischer, herausragen-
der, überregionaler Bedeutung, dann eine Versammlung
oder ein Aufzug verboten werden kann, wenn zu be-
fürchten ist, dass durch die beantragte Versammlung
oder den beantragten Aufzug die Würde der Opfer be-
einträchtigt wird.

Ein solcher Ort, für den Einschränkungen gemäß dem
eingefügten § 15 Abs. 2 des Versammlungsgesetzes ex-
plizit gelten, ist das Denkmal für die ermordeten Juden
in Berlin. Die Bundesländer können auf Grundlage der
historischen und überregionalen Bedeutung von Orten
selber Gedenkstätten festlegen, für die dieser neue Pas-
sus des Versammlungsgesetzes gelten soll. Wir haben
großes Vertrauen darin, dass unsere Kolleginnen und
Kollegen in den Landtagen mit dieser Regelung sehr
verantwortungsbewusst, maßvoll und der Sache ange-
messen umgehen werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir schlagen heute
also zwei Änderungen vor: eine Änderung im Bereich
des Strafgesetzbuches und eine Änderung im Bereich
des Versammlungsgesetzes. Es gehört zu einer leben-
digen Demokratie, regelmäßig zu überprüfen, ob unsere
Gesetze ausreichen. Wir sind der Auffassung, dass die
beiden genannten Gesetze gemäß unseren Vorschlägen
verbessert werden sollten. Aber man wird die Debatte
darüber hinaus führen müssen.

Ich will noch eine Bemerkung zum Abschluss ma-
chen. Frau Bundesministerin Zypries, ich habe mit gro-
ßem Interesse gelesen, dass Sie sich in dieser Woche öf-
fentlich für eine Initiative ausgesprochen haben, die
Symbole und Zeichen der NS-Zeit und insbesondere
der NSDAP EU-weit zu verbieten. Ich will Ihnen im Na-
men der SPD-Bundestagsfraktion ausdrücklich unsere
Unterstützung bei diesem Vorhaben aussprechen.

Danke sehr.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hartmut Koschyk [CDU/ CSU]: Da kann ja nichts mehr schief gehen!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516400200

Ich erteile das Wort Kollegen Wolfgang Bosbach,

CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Wolfgang Bosbach (CDU):
Rede ID: ID1516400300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es hat in

den vergangenen Wochen über die geplanten Änderun-
gen im Versammlungsrecht und im Strafgesetzbuch eine
lebhafte und auch kontroverse, aber zum größten Teil
sachliche Debatte gegeben. Dabei gab es regelmäßig

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(C (D ritik an dem, was heute mit großer Mehrheit beschlosen werden wird. Die erste Kritik lautete, dass wir als Gesetzgeber nicht ber jedes Stöckchen springen dürften, das uns die NPD der andere hinhalten. Die zweite Kritik war, dass der taat beschämende Bilder von Neonazidemonstrationen ushalten müsse; man solle und man könne sie auch icht verhindern. Dazu in aller Kürze: Es stimmt, dass wir nicht über je es Stöckchen springen müssen, das uns Extremisten inhalten. Das tun wir auch nicht. Aber der Staat kann ich nicht alles bieten lassen. Wir können nicht jede Prookation achselzuckend hinnehmen und zur Tagesordung übergehen. In einer Demokratie muss man vieles aushalten. Wir üssen sogar verfassungsfeindliches Gedankengut und erfassungsfeindliche Äußerungen hinnehmen. Aber wir üssen den Feinden der Demokratie und den Feinden nseres Grundgesetzes auch ihre Grenzen aufzeigen. as ist nicht nur unser Recht, sondern auch unsere flicht. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Eine wirklich wehrhafte Demokratie verdient diesen
amen nur, wenn sie sich auch wehrt. Tut sie es nicht,
ann ist sie auch nicht wehrhaft. Deshalb, Herr Bundes-
nnenminister, war das Verbot der Zeitung „Vakit“
ichtig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


ir verdanken dieses Verbot in erster Linie der Auf-
erksamkeit der Kollegin Kristina Köhler, aber auch Ih-
er raschen Reaktion. Angesichts der Tatsache, dass Sie
n den türkischen Medien beschimpft und als Adolf
itler dargestellt werden und dass der Vorsitzende des
ürkischen Presserates sagt, Sie hätten Justizmord began-
en, fühlt sich die Opposition mit beleidigt und stellt
ich ebenfalls vor diesen Innenminister.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Neonazis melden ihre Demonstrationen ganz bewusst

ür solche Tage und zu solchen Anlässen an, die an die
aziherrschaft erinnern sollen. Sie wählen für ihre Auf-
ärsche bewusst sensible Orte wie beispielsweise das
randenburger Tor. Bilder und Berichte von solchen De-
onstrationen gehen um die Welt und beschädigen das
nsehen unseres Landes. Das Ansehen unseres Landes
ollte uns nicht egal sein. Es geht nicht nur darum, was
er Staat und seine Institutionen aushalten können; es
eht auch darum, wie solche Bilder und solche Aufmär-
che auf die Opfer des Holocaust, auf die Hinterbliebe-
en und auf die anderen Opfer von Gewalt- und Willkür-
errschaft wirken. Deren Würde wollen wir mit dem
euen Recht besser schützen.






(A) )



(B) )


Wolfgang Bosbach


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der SPD)

Meine Damen und Herren von der Koalition, umso

mehr bedauern wir es, dass Sie sich nicht in der Lage se-
hen, den befriedeten Bezirk „Deutscher Bundestag“ um
die Liegenschaft „Brandenburger Tor“ zu erweitern. Wir
haben die Anregungen und Bedenken und auch die Kri-
tik der Sachverständigen, die sie in der Anhörung vorge-
bracht haben, aufgenommen.


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Sehr wahr!)


Wir haben unseren Gesetzentwurf geändert. Jetzt kann
man nicht mehr mit verfassungsrechtlichen Bedenken
argumentieren. Wenn Sie dennoch dagegen argumentie-
ren wollen, dann sollten Sie ehrlicherweise sagen: Wir
wollen das Brandenburger Tor nicht schützen. – Das ist
ehrlicher,


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Genauso ist es!)


als verfassungsrechtliche Bedenken an den Haaren her-
beizuziehen. Das ist ein ganz sensibler Bereich.

Nach geltender Rechtslage schützen wir mit dem be-
friedeten Bezirk „Deutscher Bundestag“ unter anderem
die Schweizer Botschaft, die Spree, das Parlament der
Bäume, das Sowjetische Ehrenmal und die Dresdner
Bank. Aber das eigentliche Ziel der Demonstrationen
schützen wir nicht. Das halten wir für einen Fehler.


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Sehr wahr!)


Deswegen sind wir nach wie vor der Auffassung, dass
unser Gesetzentwurf richtig ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dessen ungeachtet hoffen wir, dass solche Aufmär-

sche am Brandenburger Tor durch die im Strafgesetz-
buch und im Versammlungsgesetz vorgesehenen Ände-
rungen zukünftig leichter verhindert werden können. Es
ist auch richtig, dass sich der Bundesgesetzgeber darauf
konzentriert, im Bundesrecht nur das Holocaust-Denk-
mal in einen befriedeten Bezirk einzubeziehen. Ansons-
ten entscheiden die Landesgesetzgeber zukünftig selber.
Wir sind kein besserer Gesetzgeber. Wir gehen davon
aus, dass die Länder – das war immer unser Vorschlag –
verantwortungsbewusst mit dem neuen Recht umgehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich freue mich, dass es heute eine große Mehrheit für

die Änderungen im Strafgesetzbuch und im Versamm-
lungsrecht gibt. Wir beschwören oft die Gemeinsamkeit
der Demokraten im Kampf gegen den politischen Extre-
mismus von rechts oder links. Es ist gut, dass wir nicht
nur darüber reden, sondern ihn heute auch praktizieren.

Danke für das Zuhören.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordne ten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Ich erteile das Wort Kollegin Silke Stokar von euforn, Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen. Silke Stokar von Neuforn (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516400400
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unsere

erfassung vertraut auf die Fähigkeit der Bürgerinnen
nd Bürger, sich mit extremen Positionen auseinander zu
etzen. Nicht durch Verbote, sondern durch öffentlichen
treit sollen politisch unerträgliche Meinungen abge-
ehrt werden. Die Meinungsfreiheit findet dort ihre
chranken, wo gleichwertige Rechtsgüter verletzt wer-
en. Die Verletzung der persönlichen Ehre ist nicht er-
aubt.
Die von den Koalitionsfraktionen vorgeschlagenen
nderungen zum Versammlungsrecht und zum Straf-
echt bewegen sich in diesem engen verfassungsrechtli-
hen Rahmen. Wir beziehen uns auf den Schutz der
ürde der Opfer des Nationalsozialismus und wir halten
n dem Grundsatz fest, dass in dem sensiblen Bereich
er Meinungsfreiheit primär nur Strafbewehrtes verbo-
en werden kann.
Mit unseren Änderungsanträgen stellen wir rechtzei-

ig vor der Einweihung des Holocaust-Mahnmals sicher:
m Mahnmal für die ermordeten Juden Europas dulden
ir keine Versammlung von Neonazis. Wir schützen hier
nd an anderen herausragenden Orten des Gedenkens
ie Würde der Opfer des Nationalsozialismus.
In Richtung FDP sage ich: Ihre Argumentation ist äu-

erst widersprüchlich. Einerseits behaupten Sie: Der
chutz der Orte des Gedenkens ist schon auf der Grund-
age des heutigen Rechts möglich. Andererseits sagen
ie, wir gingen mit unseren Klarstellungen zu weit und
eschädigten die Versammlungsfreiheit. Sie lehnen in
hrem Entschließungsantrag die örtliche Beschränkung
es Versammlungsrechts ab und haben gleichzeitig die
rwartung, dass Neonazis nicht am Holocaust-Mahnmal
emonstrieren dürfen.
Meine Damen und Herren von der FDP, Sie haben of-

enkundig den Sinn für die Verantwortung des Gesetzge-
ers verloren. Wir wollen uns nicht auf ein diffuses
ichterrecht verlassen. Sie wissen sehr genau, wie wi-
ersprüchlich die Rechtsprechung bei Verboten und Auf-
agen ist.
Wir – der Bundestag – müssen klipp und klar sagen:
eonazidemonstrationen am Holocaust-Mahnmal
nd an KZ-Gedenkstätten wollen wir nicht dulden.
as ist unsere Verantwortung als Deutscher Bundestag
nd damit als Gesetzgeber.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Liberalität des Versammlungsrechts bleibt durch
ie Neuregelung unangetastet. Eine Einschränkung der
ersammlungsfreiheit am Brandenburger Tor lehnen wir
b. Entsprechende Anträge der Union, die Bannmeile
es Bundestages bis zum Brandenburger Tor auszuwei-
en, sind weder rechtlich mit dem Grundgesetz noch
olitisch mit unseren Überzeugungen vereinbar. Wir






(A) )



(B) )


Silke Stokar von Neuforn

schützen eben nicht die Spree, sondern wir schützen die
Arbeitsfähigkeit des Bundestages.


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Die französische Botschaft und die Dresdner Bank!)


Darin sind wir in der Sachverständigenanhörung auch
sehr deutlich bestätigt worden.

Ich möchte mich allerdings bei der Union ausdrück-
lich für die konstruktiven Gespräche bedanken. Wir be-
grüßen Ihre Bereitschaft, die Gesetzentwürfe von SPD
und Grünen zu unterstützen. Eine breite Mehrheit des
Bundestages gibt heute den Opfern der NS-Gewalt das
Signal: Deutschland bleibt auch 60 Jahre nach Ausch-
witz wachsam. Wir lassen nicht zu, dass die nationalso-
zialistische Gewalt- und Willkürherrschaft verherrlicht
und ihre Opfer verhöhnt werden. Ich begrüße es, dass
sich eine breite Mehrheit des Bundestages gemeinsam
auf dieses Signal verständigen kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir erweitern behutsam den Straftatbestand der
Volksverhetzung. Wer die Verletzung der Würde von
NS-Opfern öffentlich billigt, rechtfertigt oder verherr-
licht und dadurch den öffentlichen Frieden stört, muss
mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren rechnen.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So steht es aber nicht drin! – Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/CSU]: Das wäre rechtswidrig!)


Wir schaffen mit diesen Formulierungen im Gesetz
auch eine erweiterte Grundlage für Auflagen oder Ver-
sammlungsverbote. Gleichzeitig warnen wir vor einer
falschen Erwartungshaltung. Wir müssen auch den Bür-
gerinnen und Bürgern in Wunsiedel offen und ehrlich sa-
gen, dass die Gesetzeserweiterung zwar hilfreich ist,
dass wir aber mit gesetzlichen Regelungen nicht generell
ein Verbot von NPD-Versammlungen in Wunsiedel
erreichen können. Hier müssen wir andere Formen der
Unterstützung der Menschen vor Ort finden. Insofern
wäre es gut, wenn wir bei dem nächsten zu erwartenden
Ereignis im August – wenn kein Verbot möglich ist – an-
wesend wären, um deutlich zum Ausdruck zu bringen,
dass wir uns gegen solche Aufmärsche in Wunsiedel zur
Wehr setzen.

Lassen Sie mich zum Schluss feststellen: Ich halte die
Anregung von Herrn Edathy für richtig, uns für ein
europaweites Verbot von Symbolen und Zeichen der NS-
Zeit, insbesondere der NSDAP, einzusetzen.

An den Bundesinnenminister gerichtet möchte ich
noch etwas anderes anregen. Damit wir nicht warten
müssen, bis auf europäischer Ebene eine Einigung in
dieser schwierigen und sensiblen Frage zustande kommt,
empfiehlt es sich vielleicht, zu prüfen, ob wir in
Deutschland ein gesetzliches Einfuhrverbot für diese bei
uns verbotenen Symbole und Zeichen besser durchset-
zen können.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Ich erteile Kollegen Max Stadler, FDP-Fraktion, das ort. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en! Vor vier Wochen jährte sich zum 250. Male der Toestag des großen Aufklärers und Vordenkers des Rechttaats Baron de Montesquieu. Eines seiner berühmtesten itate hat auch heute noch Gültigkeit: „Wenn es nicht otwendig ist, ein Gesetz zu erlassen, ist es notwendig, ein Gesetz zu erlassen.“ Meine Damen und Herren, selten hat der Ratschlag ontesquieus an den klugen Gesetzgeber so gut gepasst ie auf die von Rot-Grün und CDU/CSU vorgelegten erschärfungen des Versammlungsund Strafrechts. (Sebastian Edathy [SPD]: Das ist aber ganz schön arrogant, Herr Kollege!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516400500

(Beifall bei der FDP)

Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1516400600

(Beifall bei der FDP)


enn diese Änderungen sind erstens zum großen Teil
icht notwendig, zweitens zum Teil nicht geeignet und
rittens mit verfassungsrechtlichen Risiken und politi-
chen Nebenwirkungen verbunden.


(Beifall bei der FDP)

In der aktuellen Debatte geht es vor allem um drei

ragen: den Aufmarsch von Neonazis vor dem Holo-
aust-Mahnmal, den Marsch der NPD durch das Bran-
enburger Tor am 8. Mai und die jährliche Rudolf-Heß-
undgebung in Wunsiedel. In dem vorliegenden Gesetz-
ntwurf lösen Sie zwei dieser drei Probleme gar nicht
nd das einzige Problem, das Sie zu lösen vorgeben,
ätte keiner gesetzlichen Neuregelung bedurft.


(Beifall bei der FDP)

Mit diesem letzten Punkt meine ich den Aufmarsch

on Neonazis vor dem Holocaust-Mahnmal. Es wäre
icht akzeptabel, wenn dort Neonazis demonstrieren
ürden. Darin läge ein Angriff auf die Menschenwürde
er Opfer und ihrer Angehörigen und auf die Würde des
rtes. Daher kann eine derartige Demonstration vor dem
olocaust-Mahnmal schon nach geltendem Recht verbo-
en werden.


(Beifall bei der FDP)

uch die Sachverständigenanhörung des Bundestages
m letzten Montag hat klar ergeben: Dafür brauchen wir
eine Gesetzesänderung.


(Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP]: Genau so ist es!)


Damit komme ich zu den zwei der drei angesproche-
en Probleme, die Sie nicht lösen. Ich gebe zu: Schwieri-
er liegt der Fall zwar beim geplanten NPD-Marsch
urch das Brandenburger Tor; aber dieses Problem
ird durch den Gesetzentwurf von Rot-Grün nicht ge-
öst.






(A) )



(B) )


Dr. Max Stadler


(Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP]: So ist es!)

Von der Union wird eine unpassende Lösung vorge-
schlagen: die Ausdehnung des befriedeten Bezirks, die
verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen würde.

Daher muss ohnehin auf das geltende Recht zurück-
gegriffen werden.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das muss doch sowieso geschehen!)


Ebenso wie der Berliner Senator Körting, wie Verfas-
sungsexperte Professor Battis und wie Herr Wiefelspütz
von der SPD ist auch die FDP der Überzeugung: Das
geltende Versammlungsrecht reicht aus, um einen Auf-
marsch der NPD durch das Brandenburger Tor am
8. Mai zu verbieten. Von den Berliner Behörden erwar-
ten wir, dass sie dieses Verbot aussprechen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Diese unerträgliche Provokation hat mit dem Jahrestag
der Beendigung der Naziherrschaft zu tun. Daher dürfen
Neonazis an genau diesem Tag nicht durch das Branden-
burger Tor marschieren. Aber wir können nicht schlecht-
hin einen Ort, an dem so viele – auch kommerzielle –
Veranstaltungen stattfinden, ausgerechnet von politi-
schen Versammlungen freihalten; denn das wäre eine un-
angebrachte Abwertung politischer Versammlungen und
Demonstrationen.


(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, richtig ist, dass die Ver-

sammlungen von Neonazis zum Gedenken an Hitlers
Stellvertreter Rudolf Heß in Wunsiedel in den letzten
Jahren – im Gegensatz zu früher – von Gerichten gestat-
tet worden sind. Sie, Rot-Grün und CDU/CSU, versu-
chen nun, dem mit einer Änderung des Strafrechts entge-
genzuwirken. Da in meiner Heimatstadt jahrelang
Bundesparteitage der DVU und der NPD stattfanden und
auch ich dagegen demonstriert habe, sage ich ausdrück-
lich: Ich wünsche den geplagten Bürgern von Wunsie-
del, dass sie nicht mehr alljährlich von Tausenden
Rechtsextremisten aus ganz Europa heimgesucht wer-
den. Aber die FDP hat erhebliche Zweifel, dass dies
durch die Regelungen des vorliegenden Gesetzentwurfes
zu gewährleisten ist; denn sein Wortlaut gibt dafür nichts
her.

Erst in der Begründung Ihres Gesetzentwurfes wird
erwähnt, dass die Verherrlichung von Personen aus
der NS-Zeit strafwürdig ist. Wir werden sehen müssen,
ob sich Gerichte damit zufrieden geben, dass Sie das,
was Sie eigentlich regeln wollen, in die Begründung des
Gesetzestextes schreiben. Warum haben Sie das, was Sie
wollen, nicht in den Gesetzestext selbst geschrieben?
Deswegen sage ich: Dieser Versuch ist untauglich.


(Beifall bei der FDP)

Da Ihre Vorschläge teils unnötig, teils untauglich sind,

stellt sich die Frage: Lohnt sich im Sinne von
Montesquieu dieser Aufwand, wenn auf der anderen
Seite Risiken und Nebenwirkungen zu befürchten sind?

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(C (D ie wissen genau: Kein Sachverständiger in der Anhöung wollte die Hand dafür ins Feuer legen, dass alles as in Karlsruhe Bestand haben wird. Hierin liegt ein Riiko. (Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr Sachverständiger hat gesagt: Wir können noch mehr machen!)


Und es ist nicht die erste verfassungsrechtlich proble-
atische Gesetzgebung der rot-grünen Koalition in die-
er Legislaturperiode. Ich erinnere zum Beispiel an das
uftsicherheitsgesetz; ich erinnere an die automatisierte
ontenabfrage oder auch an einzelne Elemente der so
enannten Antiterrorgesetzgebung. Das ist die politische
ebenwirkung, auf die wir als Liberale aufmerksam ma-
hen: Dieser Bundestag gewöhnt sich daran, immer
ehr in Grundrechte einzugreifen. Das ist in jedem Ein-
elfall vielleicht sogar noch plausibel begründbar, aber
n der Summe ist es unserer Meinung nach eindeutig zu
iel.


(Beifall bei der FDP)

Die Grundrechte der Meinungsfreiheit und der Ver-

ammlungsfreiheit sind von fundamentaler Bedeutung
ür jede Demokratie. Wenn also ein Eingriff in Art. 5
nd Art. 8 des Grundgesetzes nicht zwingend erforder-
ich ist, dann sollte man es lieber bei der geltenden
echtslage belassen. Aber Sie gehen mit Ihrem heutigen
esetzesbeschluss einen Schritt weiter, in Richtung
esinnungsstrafrecht und Gesinnungs-TÜV im Ver-
ammlungsrecht.


(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Jawohl, genau so ist es.

(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Wenn einem selber nichts einfällt, sollte man sachlich bleiben!)


s ist doch gerade die freiheitssichernde Funktion der
rundrechte, andere Meinungen und ihre öffentliche De-
onstration zuzulassen und zu ertragen, soweit nicht die
enschenwürde Dritter verletzt wird.
Ich erwähne das aus folgendem Grund: Jeder neue
rundrechtseingriff ist eine gefährliche Gratwande-
ung. Dem ersten Schritt folgt dann leicht ein zweiter.
ch muss schon daran erinnern: Wir hatten hier im
ohen Hause auch schon Vorschläge zu diskutieren, wo-
ach Versammlungen zu verbieten seien, die dem außen-
olitischen Ansehen der Bundesrepublik Deutschland
chaden. Jeder erkennt: Wenn aus diesem Grund schon
ersammlungen verboten werden dürften, wäre das of-
enkundig mit dem Grundsatz der Meinungsfreiheit un-
ereinbar. So etwas steht heute nicht zur Abstimmung,
ber dies zeigt: Es gibt auch solche weiter gehenden
deen hier im Bundestag. Deswegen ist es richtig, heute
ier den Anfängen zu wehren.


(Beifall bei der FDP – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn das für ein Vergleich? „Wehret den Anfängen!“ steht in einem anderen Zusammenhang!)







(A) )



(B) )


Dr. Max Stadler

Sie werden sehen, dass die Ausweisung versamm-

lungsfreier Orte in sehr großer Zahl vorgenommen wer-
den wird. Ein Bundesland hat schon jetzt, ehe das Gesetz
erlassen worden ist, angekündigt, dem Landesgesetzge-
ber 17 Orte vorzuschlagen, die versammlungsfrei sein
sollen. Das zeigt: Es wird nicht dabei bleiben, dass nur
ausnahmsweise einzelne Orte von herausragender histo-
rischer Bedeutung versammlungsfrei gestellt werden.
Wenn das geschieht, was wir befürchten, dann ist dies
nicht mehr mit der Brokdorf-Rechtsprechung des Bun-
desverfassungsgerichts vereinbar, wonach man den Ort
einer Demonstration frei wählen darf.

Damit kein Missverständnis entsteht: Es gibt eine
große Gemeinsamkeit hier im Parlament, den Rechts-
extremismus politisch zu bekämpfen.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Aber es muss erlaubt sein, darauf hinzuweisen, dass
juristische Maßnahmen in diesem politischen Kampf ge-
gen Rechtsextreme wenig bringen. Das haben wir doch
beim gescheiterten NPD-Verbotsverfahren gesehen.


(Beifall bei der FDP)

Wir als FDP sind der Überzeugung, dass man Rechts-
extremismus nicht dadurch wirksam bekämpft, dass man
das für alle Bürgerinnen und Bürger geltende Versamm-
lungsrecht einschränkt. Daher ist die von Ihnen vorge-
schlagene Verschärfung des Versammlungsrechts der
falsche Weg in der Auseinandersetzung mit den Rechts-
extremisten.

Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der FDP – Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/CSU]: So viel Beifall von der FDP!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516400700

Das Wort hat nun Kollegin Cornelie Sonntag-

Wolgast, SPD-Fraktion.

Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD):
Rede ID: ID1516400800

Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen!

Man sieht: Ein Wechselbad der Kommentare begleitet
unsere heutige Debatte. Die einen, Herr Kollege Stadler,
vermissen den „Aufstand der Anständigen“ und die an-
deren werfen uns Hysterie oder Eiferertum vor und ver-
langen mehr Gelassenheit.

Ich will uns einmal vor Augen führen, welche Situa-
tion wir antreffen. Die rechtsextreme Szene hat weiter-
hin Zulauf. Seit Jahren organisieren ihre Rädelsführer
Aufmärsche, gegen die sich die Bürger wehren müssen,
mit Gegenkundgebungen, mit bunten Festen, so gesche-
hen in Elmshorn, Nortorf, Passau, Wunsiedel und vielen
anderen Orten. Die NPD festigt ihre Strukturen in Sach-
sen: Sie wird professioneller und entwickelt eine ge-
radezu perfide Sachkenntnis in Rechtsfragen. Mit dem
Eklat im Dresdner Landtag Ende Januar hat sie die Leit-
melodie der Gedenkfeiern zum 60. Jahrestag des Kriegs-
endes in ihrer Weise intoniert. In München entlarvt der
Prozess gegen Führungskader der so genannten Kame-
radschaft Süd einen geplanten Anschlag bei der Grund-

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(C (D teinlegung für das jüdische Zentrum als Gruppenaktion. n Brandenburg wurden soeben junge Neonazis wegen ildung einer terroristischen Vereinigung verurteilt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, so ist die Lage. eshalb bin ich nicht gelassen und ich finde es richtig, ass wir etwas tun. Wir sind auf dem richtigen Weg, err Kollege Stadler. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


m Ihr Wort „Wehret den Anfängen!“ aufzunehmen: Ich
abe geschildert, welche Anfänge wir meinen und woge-
en wir uns mit den Mitteln der Demokratie zur Wehr
etzen wollen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es wird keine Gesinnungsverfolgung geben. Wir wer-

en es weiterhin erleben müssen, dass Rechtsextremis-
n böswillig die Geschichte verzerren, dass sie sich auf
re wirre Art zum Anwalt der angeblich sozial Entrech-
ten aufspielen, dass sie mit Antiglobalisierungssprü-
hen auf die nationalistische Pauke hauen. Das alles
uss eine gefestigte Demokratie ertragen. Denn die
rundprinzipien der Freiheit gelten auch für diejenigen,
ie sie zerstören wollen.
Aber eine gefestigte Demokratie muss Grenzen ihrer

oleranz ziehen können. Die verlaufen dort, wo Unsägli-
hes in Unerträgliches mündet. Das ist dann der Fall,
enn dem hohen Gut der Meinungs- und Versamm-
ngsfreiheit etwas gleichermaßen Schützenswertes ge-
enübersteht: die Würde der Opfer der NS-Diktatur.
as ist das Signal, das wir heute setzen. Herr Kollege
tadler, das Versammlungsrecht geht nicht zugrunde,
enn Neonazis nicht grölend am Mahnmal für die er-
ordeten Juden vorbeiziehen dürfen, weil das unter
trafe steht. Es wird auch nicht beschädigt, wenn einer,
er die Untaten der Nationalsozialisten billigt oder beju-
elt, bestraft werden kann.
Das Städtchen Wunsiedel wird Jahr für Jahr von Tau-

enden Rechtsradikaler aus ganz Europa heimgesucht
so kann man ruhig sagen –, die dort mit wachsender
eteiligung einen Rudolf-Heß-Glorifizierungsmarsch
eranstalten.
Ich habe schon im vergangenen Sommer gemeinsam
it meinen Kolleginnen Petra Ernstberger und Gabriele
ograscher darauf gedrängt, den Kommunalpolitikern
nd vielen anderen, die sich dagegen zur Wehr setzen,
ei ihren Protestaktionen Schützenhilfe zu leisten. Ich
and es eindrucksvoll, wie sich eine 30- bis 40-köpfige
elegation aus Bürgermeister und Landrat, Vertretern
on Schulen und Kirche nach Berlin auf den Weg
achte, um uns im Innenausschuss in Wort und Bild ihre
öte zu schildern. Wir haben das eindringliche Plädoyer
es Wunsiedeler Landrats bei der Expertenanhörung
rlebt und uns dann die Köpfe darüber zerbrochen, wie
ir ihnen zu einem verfassungsfesten Verbot dieser per-
iden Treffen verhelfen können. Eine Garantie dafür lie-
ert unser Vorschlag zur Verschärfung des Strafrechts
icht, aber immerhin eine erleichterte Handhabe. Mein
usdrücklicher Respekt gilt allen Wunsiedelern, die sich
ür ihre Sache so hartnäckig ins Zeug gelegt haben.






(A) )



(B) )


Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)


Ich freue mich, dass unsere Gesetzesänderung eine so
breite parlamentarische Mehrheit findet. Das ist ein
gutes Signal der wehrhaften Demokratie. Eines ist aller-
dings auch klar: Nach getaner Gesetzesänderung dürfen
wir uns bestimmt nicht aufs Ruhekissen legen: Das Ge-
dankengut der rechtsextremen Wirrköpfe und die Anste-
ckungsgefahr, gerade für junge Leute, ist keineswegs ge-
bannt. Es mag ja sein, dass Angst und Unsicherheit dafür
den Nährboden bilden können. Aber, liebe Kolleginnen
und Kollegen, wir müssen auch immer wieder deutlich
machen: Kein noch so trister Alltag, keine noch so
schwierige Suche nach Arbeit oder Ausbildung rechtfer-
tigt es, sich den Antisemiten, den Rassisten und den Ver-
fassungsfeinden anzuschließen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Gott sei Dank sind viele Bürger wachsamer und sen-
sibler geworden. Sie sind gemeinsam mit uns allen dazu
aufgerufen, mit Argumenten und Aktionen gegenzusteu-
ern: in den Familien, in den Sportvereinen, in den Ju-
gendzentren und vor allem in den Schulen. Das alles ist
eine nachhaltige Aufgabe. Es gibt jede Menge Vor-
schläge, Ideen und Möglichkeiten des Engagements.
Stützen wir zum Beispiel das Bündnis für Demokratie
und Toleranz und sorgen wir als Parlamentarier dafür,
dass die Bundesprogramme „Civitas“ und „Entimon“
finanziell dauerhaft auf einer verlässlichen Grundlage
stehen!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben keine
„Lex 8. Mai“ gemacht, aber dieses Datum wird die Be-
währungsprobe für das zivile Engagement im demokrati-
schen Rechtsstaat.

Wir haben mit gutem Grund und bestätigt durch die
Experten im Hearing davon abgesehen, die Bannmeile
zu verändern und das populärste Bauwerk Berlins zum
politikfreien Raum zu machen. Ich bin mir ziemlich si-
cher – ziemlich! –, dass am 8. Mai keine Fahnen der
Jungen Nationaldemokraten am Brandenburger Tor flat-
tern werden. Ich hoffe, das ist mit einer guten Portion
pragmatischer und sachkundiger Begründung zu verhin-
dern.

Mindestens ebenso wichtig ist aber auch die Präsenz
der demokratischen Öffentlichkeit. Viele Menschen
müssen dastehen: Alte und Junge, Unbekannte und Pro-
minente, vor allem auch die Meinungsführer aus Politik,
Kunst, Wirtschaft, Gewerkschaften, Religionsgemein-
schaften und Sport. Sie müssen sich den Krakeelern und
Hetzern, wenn sie denn da sein sollten, friedlich und ru-
hig entgegenstellen und sagen: Wir besetzen diesen öf-
fentlichen Raum und ihr habt keine Chance, weder am
Brandenburger Tor noch anderswo.

Ich bedanke mich.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516400900

Ich erteile das Wort dem Bayerischen Staatsminister

es Innern, Günther Beckstein.

(Beifall bei der CDU/CSU – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Guter Mann!)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1516401000

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren,
olleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Die Innen-
inister der Länder haben sich in den vergangenen
ahren immer wieder mit der Frage des Versammlungs-
echts beschäftigt. Insbesondere hat es die Innenminis-
erkonferenz bereits am 24. November 2000 für gebo-
en erachtet, Versammlungen verbieten zu können, die
egen die Grundlagen der menschlichen Gemeinschaft,
es Friedens und der Gerechtigkeit gerichtet sind und
nsbesondere die Gewalt- und Willkürherrschaft verherr-
ichen oder verharmlosen.
Das Versammlungsrecht, das wir als ein elementares
rundrecht kennen und schätzen, hat in der Tat eine
roße Bedeutung. Wir wissen um die engen Zusammen-
änge zwischen der Meinungsfreiheit und dem Ver-
ammlungsrecht. Das Versammlungsrecht stellt gerade
ür denjenigen, der keine großen Gelegenheiten hat,
eine Meinung über die Medien kundzutun, eine Mög-
ichkeit dar, in der Demokratie Einfluss zu nehmen. In
nseren juristischen Seminaren in der Ausbildung haben
ir deswegen gelernt: Das Versammlungsrecht ist die
ressefreiheit des kleinen Mannes.


(Dr. Max Stadler [FDP]: Richtig!)

rotzdem ist auch dieses wichtige Recht selbstverständ-
ich nicht schrankenlos.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es!)

Es gibt in mehreren Ländern, gerade aber auch bei

ns in Bayern, Erscheinungen, die als außerordentlich
roblematisch angesehen werden müssen.


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Sehr wahr!)


s ist außerordentlich unerfreulich, wenn die Polizei in
ine Auseinandersetzung geschickt werden muss und ge-
wungen ist, eine Versammlung zu schützen, weil einer-
eits Rechtsextremisten demonstrieren und andererseits
inksextremisten und Autonome das verhindern wollen.
nsbesondere die Einstellung der jungen Polizisten – es
ibt ja nicht nur die 50-jährigen Polizeibeamten – wird
urch Sprechchöre wie „Deutsche Polizisten schützen
aschisten!“ außerordentlich beeinträchtigt. Das ist sehr
nerfreulich.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Jedes Jahr im August kommen Tausende von Rechts-

xtremisten aus ganz Europa nach Wunsiedel. Dort
üssen dann zwangsläufig natürlich auch Tausende von
olizeibeamten eingesetzt werden, um die Gegen-
emonstrationen von Bürgerlichen, die für die freiheitli-






(A) )



(B) )


Staatsminister Dr. Günther Beckstein (Bayern)


che Demokratie eintreten, zu schützen und die Trennung
zwischen den Rechtsextremen und den Autonomen bzw.
den Leuten, die dem linksextremen Bereich zuzuordnen
sind, sicherzustellen. Die Stadt befindet sich dann quasi
in einem Bürgerkriegszustand, wie das der Bürgermeis-
ter von Wunsiedel immer wieder dargestellt hat.

Herr Kollege Körper hat mit mir an einer eindrucks-
vollen Veranstaltung in Wunsiedel teilgenommen und
erlebt, wie das die Bürger sehen, die im August ihre
Häuser zusperren und zum Teil die Stadt verlassen, weil
sie derartige Erscheinungen nicht miterleben wollen. Ich
meine, jeder muss sehen, dass hier Grenzen überschrit-
ten werden und dass der Staat zu reagieren hat, damit
sich die überwiegende Mehrzahl der Bürger vom Staat
nicht verlassen fühlt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Kollege Stadler, ich bin davon überzeugt, dass
auch Sie hier die Notwendigkeit einer Regelung betonen
würden, wenn Sie dies in Wunsiedel selbst miterlebt hät-
ten. Denn es ist eben nicht gelungen, mit Versammlungs-
verboten diesen Aufmarsch zu verhindern. Die Verbote,
die vom Landratsamt äußerst sorgfältig begründet wor-
den sind, haben mehrfach gehalten. Aber durch sich seit
2000 laufend verschärfende Rechtsprechungen des Bun-
desverfassungsgerichts sind mehrfach OVG-Entschei-
dungen aufgehoben worden. Darum halte ich es für ein-
deutig, dass der Gesetzgeber reagieren muss, um das,
was er für wünschenswert hält, durchzusetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben deswegen als Innenminister den Vorgang
begleitet, um Vorschläge in diesem sensiblen Bereich zu
erarbeiten, und im Herbst des vergangenen Jahres ab-
schließende, übereinstimmende Vorschläge vorgelegt.
Wir waren dann etwas überrascht, dass es Monate ge-
dauert hat, bis die Bundesregierung reagiert hat. Im No-
vember hatte der Bundesinnenminister angekündigt,
dass kurzfristig ein Vorschlag gemacht werde.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Der hat keine Mehrheit gegenüber den Grünen!)


Dieser Vorschlag ist dann von Frau Zypries und Herrn
Schily vorgelegt worden; das haben wir begrüßt.

Ich war etwas überrascht, als Rot-Grün dann die ei-
gene Regierung zurückgepfiffen hat. Das ist schon er-
staunlich.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Das kommt jetzt häufiger vor!)


Immerhin haben die Justizministerin und der Bundes-
innenminister Regelungen vorgestellt, die mit den Bun-
desländern erarbeitet und allseits als verfassungsrecht-
lich unbedenklich angesehen worden sind. Dass solche
Regelungen dann zurückgepfiffen werden, ist erstaun-
lich; allerdings nicht nach den Erlebnissen, die wir in der
Vergangenheit hatten. So etwas ist nämlich immer wie-
der einmal passiert. Wir meinen aber, dass die Regelun-
gen, die jetzt gefunden wurden, in die richtige Richtung

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(C (D ehen. Sie kommen jedoch spät, sind gehetzt und nur albherzig. Trotzdem stimmen wir ihnen zu, weil es in ie richtige Richtung geht. Die erste Änderung betrifft das Strafgesetzbuch. Al erdings fehlt in der entsprechenden Vorschrift – § 130 bs. 4 – der Begriff der Verharmlosung. Ich verstehe icht, warum es dagegen so große Bedenken gegeben at. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hätten Sie mal an der Anhörung teilgenommen!)


enn in § 130 wird der Begriff der Verharmlosung be-
eits heute verwendet, und zwar unbeanstandet.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Holocaust!)


Wenn er auf die Frage des Holocaust Anwendung fin-
en soll, dann verstehe ich nicht, warum ein solcher
egriff im Zusammenhang mit der Verherrlichung der
ationalsozialistischen Gewaltherrschaft plötzlich pro-
lematisch sein soll. Denn wenn der Begriff unscharf ist,
st er auch bei der Frage des Holocausts unscharf. Des-
egen verstehe ich das nicht.
Ich sage: Es wäre richtig gewesen, in § 130 Abs. 4

en Begriff „Verharmlosung“ mit aufzunehmen und ei-
en entsprechenden Tatbestand unter Strafe zu stellen,
odass dies dann im Bereich des Versammlungsrechtes
irkung entfaltet.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich meine, auch die Risiken im Zusammenhang mit
unsiedel könnten bei einer solchen Regelung eher be-
renzt werden, als das jetzt der Fall ist. Ich hoffe sehr,
ass die jetzt getroffene Regelung auch für Wunsiedel
usreichend ist. Denn in der Tat: Wenn der Hitler-Stell-
ertreter ohne jede Kritik sozusagen verherrlicht wird,
ann ist das auch eine Verherrlichung der Gewaltherr-
chaft. Aber es sind jetzt durchaus Gestaltungsformen
öglich, durch die ein Einschreiten sehr schwierig wird.
ir müssen hoffen, dass Gerichte dem Rechnung tragen,
as der Gesetzgeber gewollt hat. Ich will hier ausdrück-
ich festhalten, dass das gesamte Hohe Haus die Absicht
at, mit der jetzt zu treffenden Regelung gerade auch die
emonstrationen der vergangenen Jahre in Wunsiedel
ür verbotsfähig zu erklären. Das ist für uns ganz wichtig
nd gewissermaßen der Ausgangspunkt, um dieser
egelung zustimmen zu können.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


an hätte sicher leichter zum Ziel kommen können,
enn man ausdrücklich auch den Begriff der Verharm-
osung aufgenommen hätte. Denn dann wäre meines Er-
chtens kein Zweifel mehr möglich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen,

uch die zweite Regelung, die sich mit den befriedeten
rten beschäftigt, geht aus meiner Sicht zwar in die
ichtige Richtung, ist aber durchaus verbesserungsfähig.
etzt wird eine Regelung getroffen, die das Brandenbur-
er Tor nicht erfasst. Aber das betrifft nicht den Freistaat






(A) )



(B) )


Staatsminister Dr. Günther Beckstein (Bayern)


Bayern; darum möchte ich mich nicht in erster Linie da-
mit beschäftigen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: München ist weit weg vom Brandenburger Tor!)


Es betrifft jedoch jedes Bundesland, wenn Bilder dieses
deutschen Symbols in einer Weise durch die Welt gehen,
die wir so nicht wollen.

Meine Ausführungen sollen sich schwerpunktmäßig
mit der Anwendung für die Zukunft beschäftigen. Es
heißt, dass Gedenkstätten von historisch herausragender,
überregionaler Bedeutung befriedete Orte sind. Was in
diesem Zusammenhang „historisch herausragend“ be-
deutet, ist nicht ganz einfach zu erläutern. Ist das Doku-
mentationszentrum auf dem Reichsparteitagsgelände in
Nürnberg etwas historisch Herausragendes, ist das von
überregionaler Bedeutung? Die Beantwortung dieser
schwierigen Fragen überlassen Sie den Ländern, schrän-
ken sie aber insoweit ein. Ich bin allerdings froh darüber,
dass die Länder die Möglichkeit bekommen, weitere
Orte festzulegen. Ich bedauere es jedoch, dass dies nur
mit einem förmlichen Gesetz möglich ist; denn gerade
die Abgrenzung hätte ein Verordnungsgeber ohne weite-
res besser als der förmliche Gesetzgeber durchführen
können.

Insgesamt geht diese Verschärfung des Versamm-
lungsrechts in die richtige Richtung. Deswegen stimmen
wir zu. Wir müssen uns mit dem Rechtsextremismus
massiv auseinander setzen. Derzeit läuft in München der
Prozess gegen die „Kameradschaft Süd“ und Herrn
Wiese. Ich füge hinzu: Deren Straftaten konnten, so die
Polizei, nur durch Maßnahmen des großen Lauschan-
griffs, die heute nicht mehr zulässig wären, verhindert
werden.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es!)

Wir haben hier ganz bewusst Maßnahmen des großen
Lauschangriffs eingesetzt. Nur dadurch konnten diese
Straftaten verhindert werden.

Wir brauchen die Auseinandersetzung mit den
Rechtsextremisten. Allerdings ist eine Auseinanderset-
zung mit dem Extremismus insgesamt notwendig; denn
Rechtsextremismus und Linksextremismus sind oft nah
beieinander. Die Person des Herrn Mahler führt das ein-
drucksvoll vor. In dieser Auseinandersetzung ist das vor-
liegende Gesetz ein Baustein. Aber selbstverständlich
brauchen wir darüber hinaus weitere Maßnahmen, die
wir gemeinsam auf den Weg bringen werden.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516401100


Ich erteile das Wort Kollegen Christian Ströbele,
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

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(C (D Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Guten Morgen, Herr Präsident, verehrte Kolleginnen

nd Kollegen! Herr Kollege Stadler, das war nicht in
rdnung: Wider besseres Wissen haben Sie hier behaup-
et, uns gehe es um Gesinnungsstrafrecht oder etwas
hnliches. Sie wissen, dass das nicht stimmt. Wir ver-
ieten keine Gesinnung. Das wollen wir nicht, das kön-
en wir nicht und das dürfen wir nicht. Nicht einmal die
esinnung von Neonazis wird verboten.
Es gibt aber Gesinnungen, die dann, wenn sie geäu-

ert werden, die Würde anderer Menschen dermaßen
erletzen, dass das strafwürdig ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


s kann doch nicht sein, dass wir alle uns dagegen weh-
en können, wenn wir im Privatleben beleidigt werden,
lso unsere Würde angegriffen wird, es aber straffrei
leibt, wenn im öffentlichen Raum – auf Versammlun-
en oder öffentlichen Veranstaltungen – die Würde von
pfern nationalsozialistischer Gewalt und Willkürherr-
chaft dramatisch verletzt wird. Hier müssen wir mit
leichem Maß messen und dies unter Strafe stellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das, was wir an Änderungen vornehmen, ist keine
erschärfung des Versammlungsgesetzes, sondern es
eht uns bei den beiden Vorschriften, im Strafgesetzbuch
nd im Versammlungsgesetz, um den besseren Schutz
er Würde der Opfer des Nationalsozialismus, um
ichts anderes. Das ist richtig und wichtig. Auch in Zu-
unft wird es in Deutschland keine demonstrationsfreien
onen geben. Das gilt auch für das Holocaust-Denkmal.
uch dort dürfen Versammlungen und Aufzüge stattfin-
en. Sogar Neonazis dürfen dort demonstrieren. Was sie
ber nicht dürfen, ist, in einer Art und Weise oder mit In-
alten zu demonstrieren, die die Würde der Opfer verlet-
en. Dagegen wehren wir uns und dagegen richten sich
ie Klarstellungen im Versammlungsgesetz und die
euen Bestimmungen im Strafgesetzbuch. Um nichts an-
eres geht es hier.
Herr Kollege Stadler, Sie wissen, dass in der Anhö-

ung hier im Deutschen Bundestag auch von den Sach-
erständigen gesagt worden ist: Wenn wir als Schutzgut
ie Würde der Opfer entsprechend der Rechtsprechung
es Bundesverfassungsgerichts aufnehmen, dann sind
olche Regelungen, wie wir sie jetzt im Strafrecht und in
as Versammlungsrecht einführen, zulässig.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das ist aber nicht nötig!)


ie sind dann nach dem Grundgesetz hinnehmbar. Das
ntspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungs-
erichts etwa zur Leugnung des Holocaust. Auf dieser
bene bewegen wir uns. Deshalb kann man diese Ge-
etze, wie wir sie heute einbringen und im Bundestag
erabschieden werden, durchaus vertreten.
Ich sage den Kolleginnen von der PDS: Es kann nicht

ein, dass Sie mit den Antifas zu Gegendemonstrationen






(A) )



(B) )


Hans-Christian Ströbele

zu Neonaziaufmärschen aufrufen und auf entsprechen-
den Veranstaltungen verlangen, dass Demonstrationen
dieser Art verboten werden, sich aber dann, wenn im
Bundestag die gesetzlichen Voraussetzungen dafür prä-
zisiert werden sollen, dagegen aussprechen. Das ist nicht
ehrlich und das ist nicht folgerichtig. Das ist wider-
sprüchlich. Da sollten Sie Ihre Auffassung einmal über-
prüfen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Hier geht es jetzt ausdrücklich und ausschließlich um
den Schutz der Opfer des Nationalsozialismus, nicht
mehr – wie es früher einmal im Gesetzwurf vorgesehen
war – um die Opfer anderer Völkermorde. Das haben
wir extra herausgenommen, um in der Diskussion nichts
durcheinander zu bringen.


(Dr. Max Stadler [FDP]: Das gehört zu unserer Kritik!)


Deshalb: Zeigen Sie, dass Sie Antifaschisten sind und
stimmen Sie diesem Gesetz zu!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Oh, das ist allerdings schon grenzwertig, Herr Kollege! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Jetzt komme ich zu dem Antrag der Union. Wir wol-
len keine Bannmeile um das Brandenburger Tor. Wir
lehnen auch den neuen Antrag zur Erweiterung des be-
friedeten Bereichs über den jetzigen Bereich hinaus rund
um das Brandenburger Tor herum ab. Wir verteidigen
das Demonstrationsrecht an diesem wichtigsten Ort in
Deutschland. Wir sagen allen, die vielleicht jetzt in der
Diskussion nicht mehr auseinander halten können, was
sie in Zukunft dürfen und was sie nicht dürfen: Wer am
Brandenburger Tor morgen, übermorgen oder in den
nächsten Jahren demonstrieren will, der kann dort de-
monstrieren. Er kann dort uneingeschränkt demonstrie-
ren und nicht unter anderen Voraussetzungen, als sie
heute schon gegeben sind.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Können wir auch gegen Sie demonstrieren?)


Auch in Zukunft ist es nicht notwendig – so wäre es
nach Ihrem Gesetzentwurf –, dass die Leute etwa beim
Bundesinnenminister um Erlaubnis fragen müssen, ob
sie am Brandenburger Tor demonstrieren dürfen.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So schlecht wäre das gar nicht!)


Das wollen wir nicht. Wir wollen diesen Demonstra-
tionsort für alle erhalten. Wir sind die Verteidiger des un-
eingeschränkten Demonstrationsrechts und das werden
wir bleiben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zurufe von der FDP: Oh!)


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(C (D Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort dem ollegen Guido Westerwelle, FDP-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en Kolleginnen und Kollegen! Wir haben bisher eine useinandersetzung über die unterschiedliche Bewerung eines Gesetzesvorhabens gehabt. Wir sollten uns alerdings nicht auf ein Niveau begeben, bei dem denjenien, die diesem Gesetz nicht zustimmen, mangelnder ille unterstellt wird, gegen Extremismus und braunen eist vorzugehen, Herr Kollege Ströbele. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] und der Abg. Petra Pau [fraktionslos] – Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/CSU]: Das ist eine Sauerei! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat überhaupt keiner gemacht! Herr Stadler hat von Gesinnungsstrafrecht gesprochen!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516401200
Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1516401300

Ich jedenfalls möchte Ihre Formulierung „Zeigen Sie,
ass Sie Antifaschisten sind und stimmen Sie diesem
esetzentwurf zu!“ für die FDP in aller Entschiedenheit
urückweisen. Wir sind gegen jeden Extremismus und
egen jeden Faschismus, übrigens nicht nur gegen den
on rechts, sondern auch, Herr Kollege, gegen den von
inks. Trotzdem stimmen wir diesem Gesetzentwurf
icht zu.


(Beifall bei der FDP)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516401400

Zu einer Reaktion haben Sie jetzt Gelegenheit, Kol-

ege Ströbele.

(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Einfach mal entschuldigen, dann ist es schon gut!)

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN):
Herr Kollege Westerwelle, wenn Sie genauer zuge-

ört hätten, dann hätten Sie festgestellt, dass ich mich
agegen gewehrt habe, dass der Kollege Stadler uns vor-
eworfen hat, wir würden mit diesem Gesetz Gesin-
ungsstrafrecht betreiben.


(Dr. Max Stadler [FDP]: In den weiteren Schritten!)


agegen wehre ich mich, weil es nicht wahr ist und weil
ch weiß, dass der Kollege Stadler weiß, dass das nicht
ahr ist. Das hat mit Gesinnungsstrafrecht nichts zu tun.
Wenn ich hier die Aufforderung ausgesprochen habe,

ass die Kolleginnen von der PDS, die sich als Antifa-
chisten bezeichnen, diesem Gesetz zustimmen müssen,
enn sie ihrem Anspruch gerecht werden wollen, dann
at das überhaupt nichts damit zu tun, dass ich irgendje-
anden in eine braune Ecke stellen will, Sie schon gar
icht.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516401500

Ich erteile das Wort Kollegen Jürgen Gehb, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Jürgen Gehb (CDU):
Rede ID: ID1516401600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn sich

Herr Westerwelle nicht zur Intervention gemeldet hätte,
hätte ich die Gelegenheit genutzt, das richtig zu stellen.
Dass er sich gemeldet hat, entbindet mich von dieser
Pflicht. So muss das sein. Auf der anderen Seite – das
gebe ich auch zu –: Der Begriff Gesinnungsstrafrecht
– selbst wenn Sie, Herr Stadler, gesagt haben, das sei ein
Schritt in diese Richtung – dient nicht dazu, ein bisschen
das Timbre herunterzusetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, Innenminister Beckstein

hat eben schon gesagt, wir diskutierten hier nicht zum
ersten Mal die Frage, wie das Versammlungsrecht ver-
schärft oder verändert werden kann. Ich meine, wir ha-
ben einen unbestimmten Rechtsbegriff in § 15 des Ver-
sammlungsgesetzes. Danach sind Versammlungen zu
verbieten oder an Auflagen zu binden, wenn sie gegen
die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstoßen. Nun
ist das ein weites Feld für die Kasuistik sowohl der
Instanzgerichte als auch des Bundesverfassungsge-
richts. Wir versuchen seit geraumer Zeit, bei diesem un-
bestimmten Rechtsbegriff ein bisschen Butter bei die
Fische zu tun, ihn mit Fleisch anzufüttern. Deswegen ist
jetzt in § 15 des Versammlungsgesetzes etwa ein Verbot
von Versammlungen insbesondere an bestimmten Orten
vorgesehen.

Nun muss ich sagen: Die Anhörung in der letzten Wo-
che – jeder nimmt offenbar irgendeinen für sich als
Kronzeugen – hat die breite Palette aller Auffassungen
dargelegt.


(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Genau so war es!)


Ich erinnere mich an Herrn Battis, der gesagt hat, er
könne sich auch vorstellen, dass es bei der geltenden Ge-
setzeslage bleibt. Dann gab es andere, die gesagt haben,
es hätte gereicht, wenn man nur an der Schraube des
Versammlungsrechts gedreht hätte. Übrigens wäre das
auch mir näher gekommen. Die – nicht extreme – ganz
andere Position ist, sowohl das Versammlungsrecht als
auch das Strafrecht zu ändern. Das ist der Gesetzent-
wurf, den wir heute hier beraten und dem wir auch zu-
stimmen.

Meine Damen und Herren, wo sind die Vor- und
Nachteile? Das soll hier heute keine Rechtsvorlesung
sein, sondern wir machen Rechtspolitik. Dennoch muss
man, um das einmal den Leuten klarzumachen, sagen,
wo die Gefahren liegen. Sicherlich wäre es unseriös,
heute hier aufzutreten und zu sagen: Mit diesem Gesetz-
entwurf ist ein für alle Mal jeder Aufmarsch der Nazis
unterbunden; er ist verfassungsfest und auch gerichts-
fest. – Damit würden freilich falsche Begehrlichkeiten
geweckt und wir liefen Gefahr, wenn es keinen Bestand
vor den Gerichten hat, noch schlechter dazustehen als

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(C (D etzt; denn es ist nichts schlimmer, als wenn ein Politiker ollmundig von der Verfassungsmäßigkeit redet und hinerher die Verfassungswidrigkeit attestiert bekommt. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Andererseits dürfen wir aber auch nicht bei jedem
erbleibenden Rest an Bedenken sofort unsere legislato-
ischen Maßnahmen runterschrauben auf null, quasi ge-
annt wie das Häschen vor der Schlange nach Karlsruhe
der auch zu den Instanzgerichten schauen: Wird das
ohl Bestand haben? Alle Sachverständigen haben ge-
agt, eine Garantie, dass das vor dem Verfassungsgericht
ält, könnten sie nicht geben. Sie dürften sie auch gar
icht geben, denn in Deutschland gibt es nur eine einzige
nstitution, die feststellen kann, ob etwas verfassungs-
idrig ist oder nicht: Das ist das Bundesverfassungs-
ericht. Selbst dort ist in den Senaten die Entscheidung
icht immer unisono, sondern – wir wissen es alle – wir
aben knappe Entscheidungen von vier zu vier über fünf
u drei bis sieben zu eins, acht zu null. Die gesamte Pa-
ette ist möglich. Niemand soll für sich in Anspruch neh-
en, er hätte nun die Weisheit für sich gepachtet.
Meine Damen und Herren, gerade das Bundesverfas-

ungsgericht hat in seiner neueren Rechtsprechung zum
ersammlungsrecht eine Grenze des Versammlungs-
echts in den Strafgesetzen gesehen. Nur warne ich da-
or, grundrechtswidrige Eingriffe etwa dadurch rechtfer-
igen oder nobilitieren zu wollen, dass man sie einfach
nter Strafe stellt. Die bloße Pönalisierung von Verhal-
en, auch von Meinungsäußerungen, wird nicht deshalb
rundrechtskonform, weil man es unter Strafe stellt. Al-
erdings ist hier doch etwas anders gemacht worden,
err Stadler: Man hat es nicht dabei bewenden lassen,
ie bloße Artikulation von Meinungen strafbewehrt wer-
en zu lassen, sondern man hat den Tatbestand um zwei
rfolgsmerkmale ergänzt, nämlich die Störung des öf-
entlichen Friedens und die Verletzung der Menschen-
ürde. Da gibt es eigentlich an der Verfassungsmäßig-
eit keine signifikanten Bedenken. Ich will mich jetzt
icht selbst einreihen und sagen, ob es verfassungsmäßig
st oder nicht, obwohl ich eben gesagt habe, außer dem
undesverfassungsgericht könne das keiner machen. Es
ibt aber keine durchgreifenden Bedenken. Das ist aller-
ings durchgängig von den Gutachtern auch gesagt wor-
en, namentlich von Herrn Professor Poscher, von Herrn
ack und von den anderen auch.
Ich sehe eine kleine andere Schwierigkeit, bedingt da-

urch, dass ich hauptberuflich damit sowohl in der Exe-
utive als auch in der Judikative bereits befasst war,
ämlich die Frage: Wie soll eigentlich ein Beamter in ei-
er Versammlungsbehörde prognostizieren, ob ein Auf-
arsch und eine Versammlung der Neonazis – erstens –
en öffentlichen Frieden stört, und das – zweitens – in
iner die Würde der Opfer verletzenden Weise?
in Strafgericht kann das besser, weil es eine Ex-post-
etrachtung vornimmt. Da wird durch den Staatsanwalt
rmittelt. Es gibt einen Referendar, der das Votum vorbe-
eitet. Dann beugen sich drei Berufsrichter darüber.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Jürgen Gehb

Dann gibt es einen Anwalt, dann wird Beweis erhoben.
Im Nachhinein ein Verhalten als strafwürdig zu betrach-
ten ist sehr viel einfacher – obwohl es sicherlich noch
schwierig genug ist –, als es prospektivisch beispiels-
weise durch einen Oberinspektor einer Ordnungsbe-
hörde gerichtsfest machen zu lassen, und zwar weniger
verfassungsgerichtsfest als instanzgerichtsfest; denn zu-
erst kommen die Verfahren, in denen es um Verbotsver-
fügungen geht, die mit Widerspruch angegriffen werden,
und in denen einstweiliger Rechtsschutz beantragt wird,
vor die Instanzgerichte. Das endet in der Regel vor dem
OVG oder dem VGH. Dann muss quasi in einer Nacht-
und-Nebel-Aktion – das Gericht hat oft nicht viel Zeit,
weil die Demonstrationen meistens samstags stattfin-
den – bei summarischer Würdigung der Sach- und
Rechtslage entschieden werden, ob einstweiliger Rechts-
schutz gewährt wird oder nicht. Das ist schwierig.

Wir müssen dem Gesetz trotzdem eine Bewährungs-
chance geben. Wir können natürlich am grünen Tisch
leicht alles abwägen. Aber was sollen wir den Leuten in
Wunsiedel sagen? Herr Kollege Dr. Friedrich – Frau
Sonntag-Wolgast hat schon einen anderen Betroffenen
genannt –, Sie sehen fast täglich, was dort los ist, wir
nicht. Der Kollege Bosbach hat Recht: Wir befinden uns
zwischen Szylla und Charybdis. Entweder kann man uns
vorwerfen: „Ihr lasst euch im Wettlauf mit den Gutmen-
schen um die beste Lösung gegen die Naziaufmärsche
treiben“ oder es heißt: „Ihr schaut tatenlos zu, wie sich
diese braune Brut kampflos wieder entwickelt.“ In die-
sem Spannungsbogen mussten wir tätig werden und wir
sind tätig geworden. Ich selber möchte die Verfassungs-
widrigkeit und die Aufhebung durch Instanzgerichte
nicht herbeireden. Vielmehr möchte ich den Gerichten
und den Behörden die Gelegenheit geben, zu überprüfen,
ob sich dieses Gesetz bewährt oder nicht. Wenn wir kei-
nes machen, dann bleibt alles, wie es ist. Nach der mo-
mentanen Gesetzeslage – de lege lata – werden eben
nicht alle diese Dinge ausgeschlossen; denn sonst gäbe
es ja keine Gerichtsentscheidungen, mit denen nachträg-
lich Verbotsverfügungen aufgehoben wurden.

Meine Damen und Herren, lassen Sie es uns bei aller
juristisch-dogmatischen Feinziselierung doch einmal
darauf ankommen, wie sich das Gesetz in der Praxis be-
währt. Neben der Juristerei müssen natürlich die mündi-
gen Bürger – davor habe ich keine Bange – zeigen, wer
die Mehrheit im Staate hat und dass Rechtsextremisten
und Linksextremisten bei uns in Deutschland absolut in
der Minderheit sind und auf politischem Wege bekämpft
werden müssen. Wenn das nicht hilft, müssen die Exeku-
tive und die Judikative flankierend tätig werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516401700


Ich erteile das Wort dem Bundesminister des Innern,
Otto Schily.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! uerst gilt es den erfreulichen Sachverhalt festzustellen, ass unter den Parteien Einmütigkeit darüber herrscht, ass die Versammlungsfreiheit zu den elementaren Betandteilen unserer Verfassungskultur und – wir können as sogar noch weiter fassen – der europäischen Verfasungskultur gehört. Wir verdanken der Versammlungsreiheit den Aufwuchs des Rechtsstaates und der emokratie in Europa. Deshalb haben alle diejenigen echt, die diese Verfassungskultur hochhalten und vereidigen. Eine kleine Fußnote: Wer den Anspruch erhebt, sich rgendwann einmal unter das Dach der europäischen erfassungskultur zu begeben, muss sehr darauf achten, ass Frauendemonstrationen nicht brutal niedergeschlaen werden, wie es in der Türkei geschehen ist. Ich will die Gelegenheit nutzen, mich bei Herrn Kol egen Bosbach für seine Äußerungen ausdrücklich zu beanken, genauso wie bei Frau Kollegin Köhler, die mich uf eine schlimme, antisemitische und rassistische Publiation in der Türkei aufmerksam gemacht hat. Es ist icht mit der europäischen Rechtskultur zu vereinbaren nd nicht zu dulden, dass ein Blatt in der Türkei die eutsche Regierung oder ein Mitglied des deutschen Paraments – in diesem Fall ist Frau Kollegin Köhler betrofen – beleidigt. Auch das halte ich für unmöglich. Ein weiterer erfreulicher Sachverhalt ist, dass sich die roßen demokratischen Parteien hier aufeinander zubeegt haben. Zu einer respektvollen politischen Auseiandersetzung gehört, dass wir auch diejenigen achten, ie eine andere Auffassung – der Kollege Stadler hat es ier vorgemacht – vertreten. Ich finde, das gehört sich o. Wir sollten niemandem, der diesem Gesetz nicht zutimmt, unterstellen, dass er sich von Rassismus und echtsextremismus nicht ebenso scharf abgrenzt. Das nzuerkennen gehört zu einer fairen Auseinandersetung. (Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)

Otto Schily (SPD):
Rede ID: ID1516401800

(Beifall im ganzen Hause)


(Beifall im ganzen Hause)


Erwartungsgemäß begrüße ich es sehr, dass dieser
esetzentwurf heute vorgelegt wird. Er ist gewiss ein
ompromiss. Sie werden es mir auch nicht verargen,
enn ich Ihnen nicht vorenthalte, dass ich es eher be-
rüßt hätte, wenn der ursprüngliche Entwurf von Frau
ollegin Zypries und mir Zustimmung gefunden hätte.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Wir auch!)

s wäre unehrlich, wenn ich Ihnen das verheimlichen
ollte.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Uns war das schon bekannt!)


ch teile die Auffassung des Kollegen Beckstein, dass
er Begriff der Verharmlosung in der Gesetzgebung in






(A) )



(B) )


Bundesminister Otto Schily

der Tat schon heute verwendet wird; deshalb sehe ich
keinen Grund, ihn nicht auch hier zu verwenden.

Aber es gibt immerhin eine Verbesserung. Auch das
ist ein Fortschritt. Wir können jetzt nichts tun – Herr
Gehb hat das richtig dargestellt –; dann bleibt es beim
jetzigen Zustand, und zwar mit allen schlimmen Auswir-
kungen, die wir aus der Rechtsprechung kennen. Hier ist
mehrfach von der Gemeinde Wunsiedel und dem, was
diese Gemeinde Jahr für Jahr ertragen muss, die Rede
gewesen. Ich begrüße ausdrücklich, dass von allen Sei-
ten Solidarität mit der demokratischen Öffentlichkeit
Wunsiedels geäußert worden ist. Das sollte noch einmal
unterstrichen werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)


Wenn wir jetzt etwas tun, um diesen Menschen Beistand
zu leisten, dann ist das auf jeden Fall besser, als wenn
wir nichts tun.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: So ist es!)

Wie Herr Gehb zu Recht gesagt hat, werden wir se-

hen, ob sich unser Vorgehen in der Praxis bewährt. Man
kann bezweifeln, dass durch unser Tun alles verhindert
wird; aber immerhin kommt ein weiteres Werkzeug zur
Anwendung. Man muss hier ganz schlicht entscheiden:
Ist es besser, es so zu belassen, wie es ist, oder ist es bes-
ser, es in diesem Sinne zu verändern? Ich bin eindeutig
dafür, etwas auf der Grundlage des gemeinsamen Ge-
setzentwurfs zu tun.

Um hier ganz ehrlich zu sein – wir müssen offen mit-
einander reden –: Ich bleibe dabei, dass es besser wäre
– ich sage das, obwohl man sich als Vertreter der Exeku-
tive hier zurückzuhalten soll –, wenn der Bundestag den
befriedeten Bezirk um das Brandenburger Tor erwei-
tert.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich weiß, dass ich damit eine gegensätzliche Meinung zu
der meiner Freunde in der Koalition vertrete.

Ich bin mir auch darüber im Klaren, dass der Ansatz,
den ich vertrete, kein Allheilmittel ist; schließlich soll
diese Regelung nur an Sitzungstagen gelten. Aber es
gäbe an diesen Tagen eben eine gewisse Schutzwirkung.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wovor denn?)


Ich teile die Ansicht von Herrn Bosbach – ich muss das
hier offen sagen –: Warum soll durch die Regelung über
den befriedeten Bezirk ausgerechnet das Brandenburger
Tor nicht geschützt werden, wenn wir die unmittelbare
Umgebung des Reichstages dadurch schützen? Das ist
nicht zu verstehen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich muss noch eine kurze Bemerkung an Frau Kolle-

gin Stokar richten.

(Erwin Marschewski [Recklinghausen] [CDU/ CSU]: Das ist aber ganz selten! – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Jetzt kommen seine Lieblinge!)


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(C (D er Kollege Stadler hat seine Rede mit einem wunderbaen Satz von Montesquieu begonnen. Dieser Satz trifft in iesem Fall auf Sie, Frau Stokar, zu. Natürlich ist die infuhr von Gegenständen, deren Verbreitung in eutschland unter Strafe gestellt ist, verboten. Dafür raucht man kein zusätzliches Gesetz. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


ir dürfen keine Gegenstände einführen, deren Verbrei-
ng in Deutschland verboten ist. Insofern brauchen Sie
ich keine Sorgen zu machen. Deshalb verweise ich an
ieser Stelle auf Montesquieu.
Das Versammlungsrecht ist das eine, die Zivilcourage

nd das beherzte Auseinandersetzen mit Rechtsextre-
ismus und Neonazismus das andere. In diesem Zusam-
enhang sollten wir einen wichtigen Satz von Cornelie
onntag-Wolgast hervorheben. Ich finde, sie hat voll-
ommen Recht, wenn sie sagt, dass es – neben allen
olizeilichen, gesetzlichen und strafrechtlichen Maßnah-
en – sehr entscheidend ist, dass wir die Öffentlichkeit
elbstbewusst für uns als Demokraten in Anspruch neh-
en. Das Wichtigste ist, dass die demokratische Öffent-
chkeit am 8. Mai hier vollzählig versammelt ist, damit
ein Neonazi auch nur eine Spur breit Raum hat, sich
ort zu bewegen. Die demokratische Öffentlichkeit muss
ort zeigen, was Demokratie bedeutet.
Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516401900

Ich erteile das Wort dem Kollegen Erwin
arschewski, CDU/CSU-Fraktion.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Er hält seine 125. Rede, Herr Präsident!)



Erwin Marschewski (CDU):
Rede ID: ID1516402000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Wir sind fast am Ende dieser Debatte. Mein
esümee: Wer ständig und überall Neonazis bekämpfen
ill – Herr Westerwelle, das will das gesamte Hohe
aus –, der muss das insbesondere hier, mitten in Berlin,
uch am Brandenburger Tor, tun.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ch teile voll Ihre Auffassung, Herr Bundesinnenminis-
er. Auch der ehemalige Vorsitzende der Jüdischen Ge-
einde dieser Stadt, Herr Nachama, der Berliner Kardi-
al und Gerhard Schröder im Jahr 2000, auf dem
eburtstag der Gewerkschaft der Polizei, haben dies ge-
ordert.
Ich finde es unverantwortbar – Günther Beckstein,

as gilt nicht nur für Wunsiedel –, in Berlin die Polizei in
as Feuer zwischen linksradikalen Autonomen und
echtsradikalen zu schicken und sie so dafür haften zu
assen, dass Rot-Grün keine Lösung bietet,


(Widerspruch bei der SPD)







(A) )



(B) )


Erwin Marschewski (Recklinghausen)


obwohl dies möglich wäre. Das hat die Anhörung erge-
ben.

Einer Erweiterung des befriedeten Bezirks um das
Brandenburger Tor steht – insbesondere nach dem
neuen Entwurf – eben nicht die Verfassungswidrigkeit
„auf der Stirn“. Das steht im Gegensatz zu dem, was Sie,
Herr Kollege, behauptet haben. Die Funktionsfähigkeit
des Parlaments – der Kollege Hartmut Koschyk hat das
beim letzten Mal erläutert – muss nämlich erhalten blei-
ben. Der Zugang von den Wohnungen, von den Büroräu-
men und von den Sitzungssälen Unter den Linden muss
garantiert werden. Dies entspricht voll dem Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit. Hierdurch würde der durch das
Gesetz eingeräumte Ermessensspielraum nicht auf null
verkürzt, wie es die Bundesjustizministerin beim letzten
Mal gesagt hat.

Ich möchte noch etwas, ich meine, Bedeutenderes,
anführen. Für uns, für die deutsche Bevölkerung ist das
Brandenburger Tor zum Symbol für die Wiedervereini-
gung in Frieden und Freiheit geworden. Es erinnert an
die Morde des SED-Regimes an der Mauer, am Bran-
denburger Tor, vor allem an den 30. Januar 1933, mit
dem alles seinen Anfang nahm: Beseitigung der pluralen
Demokratie, Rassismus, Antisemitismus. All das ist
unvereinbar mit den Menschenrechten. Im krassen
Widerspruch dazu stehen die Neonazis, wenn sie ihre
menschenverachtende Ideologie insbesondere am Bran-
denburger Tor zum Ausdruck bringen. Denn gerade hier,
so meine ich, verletzen sie die Menschenrechte und die
Menschenwürde, die der Opfer nationalsozialistischer
Gewalt und Willkürherrschaft, die aller Demokraten und
vor allem die unserer jüdischen Mitbürger.

Herr Bundesinnenminister, ich teile erneut Ihre Auf-
fassung. Sie haben unter Hinweis auf die Veranstaltung
zur Befreiung des KZs in Auschwitz darauf aufmerksam
gemacht: Welch seelische Schmerzen tun wir diesen
Menschen, gerade den jüdischen Mitbürgern an, wenn
sie dies alles erleben müssen, hier, unmittelbar nebenan?
Das beschreibt doch unsere gemeinsame Verantwortung.
Dass die Verletzung der Menschenwürde, dieses obers-
ten Wertes unserer gesamten Rechts- und Sozialordnung,
ein Versammlungsverbot rechtfertigt, ist doch völlig un-
bestritten.

Dies sei auch an die Adresse von Karlsruhe gesagt:
Es geht bei dem Gedankengut der Neonazis eben nicht
um politisch missliebige Meinungen, es geht auch nicht
um politisch unerwünschte Anschauungen,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie Recht!)


es geht vielmehr um Vorstellungen – das hat Karlsruhe
auch einmal gesagt; diese Rechtsprechung kenne ich –,
die mit der historisch bedingten Wertordnung des
Grundgesetzes schlechterdings unvereinbar sind, die die
Nazis aber eben hier aktiv, aggressiv und kämpferisch
verfolgen. Weil die Schwelle zum Unrecht mit der
Bekämpfung der Grundordnung von den Neonazis
überschritten wird, werbe ich um Zustimmung für null
Toleranz, wie es auch der Kollege Wiefelspütz beim
letzten Mal gefordert hat –

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(C (D b über die Bannmeilenregelung oder über die Kontruktion, die ich Ihnen anbiete. Dies wollen nämlich iele Menschen, insbesondere viele Berliner. Jetzt komme ich zu Ihnen, Herr Kollege Ströbele: as hier nichts nützt, ist bloße Parteitaktik, bloße Ideo ogie. Ich weiß zwar nicht, ob heute noch alle Grünen hre Meinung teilen, sie seien geradezu geboren aus dem echt, zu demonstrieren. Wie dem auch sei: Das Werden er Union vor 60 Jahren war ebenfalls Demonstration, enn auch ein wenig anders: (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine Geschichtsklitterung!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


emonstration gegen totalitäres Denken jeglicher Prove-
ienz. Unser Schutzwall dabei war das christliche Men-
chenbild, die Würde des Menschen, die Sie ansonsten
ichtigerweise auch in den Mittelpunkt stellen, sei es bei
en Formulierungen im Versammlungsgesetz, sei es bei
en Regelungen im Strafgesetzbuch in Bezug auf Ver-
ammlungen an Gedenkstätten oder anderswo, wie eben
n Wunsiedel beim Kollegen Hans-Peter Friedrich, wo
azigewalt und Willkürherrschaft gebilligt, verherrlicht
der gerechtfertigt werden.
Der Vorschlag, den die Koalitionsfraktionen machen,

st rechtmäßig, Herr Kollege Stadler, weil die Meinungs-
reiheit nur unter Wahrung des Grundsatzes der Ver-
ältnismäßigkeit eingeschränkt wird und weil es um
en Schutz gleichwertiger herausragender Rechtsgüter
eht. Deswegen ist das, was hier vorgeschlagen wird,
urchaus rechtmäßig, Herr Kollege,


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


nd, wie ich im Gegensatz zu dem, was gestern Abend
olemisch in der ARD-Sendung „Panorama“ behauptet
orden ist, meine, auch erfolgversprechend. Deswegen
timmt die Union diesem Gesetzentwurf zu.
Meine Damen und Herren, hektische Tage liegen hin-

er uns: Es gab ein Versprechen der Koalition und ihres
anzlers, daraufhin wurden mehrere Gesetzentwürfe
ingebracht – wir haben darüber gesprochen –, ein von
eiden Verfassungsministerien eingebrachter Entwurf
tieß schon im Vorfeld auf Ablehnung; dann gab es eine
on der Union beantragte Anhörung, die uns alle zum
achdenken gebracht hat, und zwar mit Erfolg, denn
eide Seiten, Koalitionsfraktionen und Union, sind auf-
inander zugegangen. Für mich und für meine Fraktion
eht diese Einigung – Sie wissen das –, insbesondere
as die Regelungen zum Brandenburger Tor anbetrifft,
icht weit genug. Aber das kann sich, so lehrt meine
angjährige Erfahrung in diesem Parlament, noch än-
ern. Wie vieles, wird sich das auch noch ändern – ich
eile da völlig die Meinung des Herrn Bundesinnenmi-
isters –, weil wir darin übereinstimmen, dass die Frei-
eit des Andersdenkenden ein hohes Gut ist, aber diese
reiheit in unserer wehrhaften Demokratie dort ihre
renze finden muss, wo das menschenverachtende
edankengut der Nazis wieder Platz zu greifen droht.
as dürfen wir nirgendwo und niemals zulassen, meine






(A) )



(B) )


Erwin Marschewski (Recklinghausen)


Damen und Herren, insbesondere nicht an diesem
8. Mai.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Joachim Stünker [SPD])


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516402100

Herr Kollege Koschyk hat mir vorhin zugerufen, dass

das Ihre 125. Rede im deutschen Parlament war, Kollege
Marschewski. Respekt!


(Beifall)

Ich erteile das Wort Kollegin Petra Pau.

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1516402200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein

Aufmarsch der NPD, ausgerechnet am 60. Jahrestag der
Befreiung vom Faschismus, ausgerechnet am Branden-
burger Tor, ist schwer hinnehmbar und soll verhindert
werden.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Das ist Konsens. Deshalb begrüßt die PDS auch, dass
sich das breite Berliner Bündnis für ein Europa ohne
Rassismus reaktiviert hat und dass auch alle Parteien im
Bundestag zu Zivilcourage, Frieden und Demokratie
aufrufen wollen.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Denn das entscheidende Signal gegen Rechtsextre-
mismus, Rassismus und Nationalismus kann niemand
anders geben als die Gesellschaft selbst, die Bürgerinnen
und Bürger.


(Beifall der Abg. Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die PDS unterstützt das ausdrücklich.
Heute geht es hier um staatliche Sperren, um Ände-

rungen im Versammlungs- und Strafrecht. Sie sollen
rechtsextreme Aufmärsche verbieten helfen. Dazu gab
es am Montag eine Anhörung von Experten. Dabei
warnten nahezu alle vor leichtfertigen und schwerwie-
genden Eingriffen in Grundrechte der Verfassung, kon-
kret in das Recht auf Versammlungsfreiheit und in das
Recht auf Meinungsfreiheit. Nach der Anhörung wurden
die ursprünglichen Vorschläge modifiziert.


(Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Das kann auch der Sinn einer Anhörung sein!)


– Das gebe ich gerne zu, Frau Kollegin. Ich würdige hier
gerade, dass wir alle klüger geworden sind und jetzt mo-
difizierte Vorschläge auf der Tagesordnung haben.

Es bleiben drei Vorschläge: Die CDU/CSU will den
befriedeten Bezirk rund um den Bundestag ausweiten,
SPD und Grüne wollen das Strafrecht konkretisieren und
die Bundesländer sollen Gedenkorte benennen, an denen
die Würde der Opfer nicht demonstrativ verhöhnt wer-
den darf.

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(C (D Eine Ausweitung der so genannten Bannmeile oder es befriedeten Bezirks lehnen wir ab. Sie wäre zweckremd und unbotmäßig. (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


ie träfe übrigens auch demokratische Initiativen, die am
randenburger Tor für ihre Rechte demonstrieren. Wer
as dennoch fordert, setzt sich dem Verdacht aus, auch
iese Einschränkung zu wollen.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Wir lehnen ebenso ab, dass Gedenkstätten von be-
onderer Bedeutung benannt werden; denn damit wür-
en zugleich Gedenkstätten sowie Opfer erster und
weiter Klasse definiert und es würden dort Einfallstore
ür Nazidemonstrationen geöffnet, wo das Präventivver-
ot nicht gilt.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau das stimmt nicht!)


Frau Kollegin, das haben wir in der Praxis alles schon
rlebt.
So weit erst einmal in aller Sachlichkeit zu zwei der

ier vorliegenden Vorschläge.
Nun zu Ihnen, Herr Kollege Ströbele. Sie meinten,

efinieren zu können, wer Antifaschist ist, nämlich nur
erjenige, der beim Nachdenken zu Ihren Schlüssen ge-
ommen ist und Ihrem Gesetzentwurf zustimmt. Das er-
be ich in letzter Zeit immer öfter, wenn wir hier über
ürgerrechte reden, zum Beispiel wenn Sie hier plötz-
ch die Verlängerung des Lauschangriffes begründen
der Ihre Meinung zum Luftsicherheitsgesetz darlegen.
ch sage Ihnen deutlich: Die PDS versteht sich als antifa-
chistische Partei. Meine Kollegin und ich verstehen uns
ls Antifaschistinnen, ganz egal ob wir uns am Holo-
aust-Mahnmal befinden, an der Gedenkstätte der Sozia-
sten in Lichtenberg oder auf dem Friedhof in Marzahn,
o das Sammellager für die Berliner Sinti und Roma
ährend der Olympischen Spiele eingerichtet wurde,
nd das gilt auch für den Alltag.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Gehen Sie auch nach Hohenschönhausen?)


Ich gehe auch nach Hohenschönhausen, Herr Kollege
oschyk, vielleicht viel öfter als Sie.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das hat in der Aufzählung noch gefehlt!)


ir verstehen uns als Antifaschisten und brauchen nicht
ie Belehrung von Herrn Ströbele, wer hier der richtige
ntifaschist ist.
Ich sage Ihnen noch etwas – das habe ich Ihnen ges-
rn schon gesagt –: Die PDS im Bundestag könnte der
onkretisierung im Strafrecht zustimmen, vorausge-
etzt, SPD und Grüne würden hier heute eine Einzelab-
timmung zulassen. Darum haben Sie sich offensichtlich
icht gekümmert.






(A) )



(B) )


Petra Pau

Grundsätzlich bleibt die PDS im Bundestag allerdings

bei ihrer Kritik. Solange das Thema Rechtsextremismus
vorwiegend im Innen- und Rechtsausschuss und mit um-
strittenen Paragraphen behandelt wird, so lange agieren
wir am Ende des Problems und nicht an den Wurzeln.
CDU/CSU, SPD und Grüne haben sich seit Wochen viel
mit Aktionismus selbst unter Druck gesetzt. Eine gründ-
liche, ressortübergreifende Debatte mit dem Ziel der
politischen Auseinandersetzung und der gesellschaftli-
chen Ächtung von Rechtsextremismus gab es bislang
nicht. Ich finde, das ist ein Armutszeugnis, das wir uns
allesamt im Bundestag heute ausstellen müssen.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516402300


Ich erteile das Wort Kollegen Hermann Bachmaier,
SPD-Fraktion.


Hermann Bachmaier (SPD):
Rede ID: ID1516402400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sicherlich

wäre es besser, wenn wir solche Gesetze, deren Ände-
rung wir heute beraten und beschließen, erst gar nicht
brauchen würden. In diesem Punkt gebe ich Herrn
Stadler durchaus Recht. Wir wissen natürlich, dass die
Auseinandersetzung mit dem Rechtsradikalismus und
mit denjenigen, die zynisch und menschenverachtend
die Gewalttaten der Nazis verherrlichen, in erster Linie
politisch erfolgen muss. Menschenverachtung und
Dummheit kann man nicht mit dem Strafrecht und mit
dem Versammlungsrecht aus der Welt schaffen.

Wir können aber auch nicht tatenlos zusehen, dass auf
der Würde der Millionen Opfer der nationalsozialisti-
schen Gewaltherrschaft buchstäblich mit Füßen herum-
getrampelt wird. Das kann und darf ein Gesetzgeber
nicht zulassen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es ist eine der vornehmsten Aufgaben des Gesetzgebers,
die Meinungsfreiheit zu schützen. Er muss aber auch
derart menschenverachtende Umtriebe verhindern.

Wir wissen – darauf hat uns bis in die jüngste Zeit nicht
zuletzt das Bundesverfassungsgericht in einer Reihe
grundlegender Entscheidungen hingewiesen –, dass uns
aufgrund der Meinungsfreiheit manches zugemutet wer-
den kann. Meinungsfreiheit ist in unserem Lande aber nur
dann gewährleistet, wenn wir bereit sind, auch Meinun-
gen zu ertragen, über die wir nicht nur den Kopf schütteln
können, sondern die uns bisweilen geradezu unerträglich
erscheinen. Da gebe ich meinen Vorrednern völlig Recht.

Wie wir in der Anhörung erfahren konnten, geht das
Bundesverfassungsgericht beim Schutz der Meinungs-
freiheit sogar so weit, dass Art. 5 des Grundgesetzes
auch noch solche Meinungsäußerungen in seinen Schutz
mit einbezieht, die im Widerspruch zur Werteordnung
der Verfassung stehen. Es gibt also einen sehr weit rei-
chenden Schutz der Meinungsfreiheit.

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(C (D Dennoch kann in einer Werteordnung, wie sie das rundgesetz vorgibt, auch der sehr weitgehende Schutz er Meinungsfreiheit nicht grenzenlos sein. Art. 5 des rundgesetzes nennt als Schranken die allgemeinen Geetze, die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der ugend und das Recht der persönlichen Ehre – man önnte auch sagen: Würde. Wenn wir nunmehr neben § 15 des Versammlungsge etzes vor allem auch § 130 des Strafgesetzbuches beutsam ergänzen, so knüpft das an diesen Rahmen des rt. 5 an. Das Strafgesetzbuch setzt Grenzen. Meinungsreiheit darf nicht genutzt werden, um Volksverhetzung u betreiben und dadurch die Würde der Opfer zu bechädigen. Wer die heutige Fassung des so genannten olksverhetzungsparagraphen im Strafgesetzbuch liest, ird vor allem auch im Lichte mittlerweile erfolgter echtsradikaler Aufmärsche und so genannter Heldennd Opfergedenken erkennen, dass dieser Straftatbetand dringend der Ergänzung bedarf. Aufbauend auf dem ursprünglichen Vorschlag der ustizministerin und des Innenministers haben wir desalb nach sehr intensiven Beratungen, die sicherlich in urzer Zeit erfolgten, und unter Mithilfe von Verfasungsund Strafrechtsexperten jetzt mit dem neuen 130 Abs. 4 des Strafgesetzbuches eine recht gute, wie h meine, und höchstwahrscheinlich verfassungsfeste ösung gefunden. Sicher kann man sich diesbezüglich ie sein. Es besteht für den Gesetzgeber immer das Riiko, dass das Bundesverfassungsgericht bestimmte Reelungen in einem neuen Lichte sieht. Der Gesetzgeber uss aber diesen Mut zum Handeln aufbringen. Die gefundene Lösung bietet eine Chance, denjenigen as Handwerk zu legen, die unter Ausnutzung der Meiungsfreiheit die Würde der Opfer verhöhnen. Wir haen dabei peinlich darauf geachtet, dass wir den bewusst eiten Rahmen, den die Freiheitsordnung der Bundesreublik der Meinungsund Demonstrationsfreiheit geährt, nicht überschreiten. Wer die nationalsozialistische ewaltund Willkürherrschaft in einer die Würde der pfer verletzenden Weise billigt, verherrlicht oder rechtertigt und dadurch den öffentlichen Frieden stört – insoern ist das kein Meinungsdelikt, Herr Stadler, sondern in Erfolgsdelikt, wie die Juristen zu sagen pflegen –, (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


ann sich in Zukunft für sein menschenverachtendes
reiben nicht auch noch auf den Schutz des Grundgeset-
es berufen. Das war unser Ziel.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb muss es neben dem Schutz besonders hervor-
ehobener Orte des Gedenkens auch einen Schutz vor
llen Formen militanter, zynischer und die Würde der
pfer verachtender Verherrlichung des Nationalsozialis-
us geben. Dies ist zwingend geboten. Diesen bisher
icht hinreichend gegebenen Schutz, der selbstverständ-
ch auch auf das Versammlungsrecht ausstrahlt, soll der






(A) )



(B) )


Hermann Bachmaier

neue Straftatbestand in § 130 Abs. 4 Strafgesetzbuch
bieten. Wir gehen davon aus – das ist schon mehrfach
gesagt worden –, dass die neuen Regelungen auch Orten
wie Wunsiedel weiterhelfen, Orten, die sich Radikale
und Neonazis buchstäblich zur Beute nehmen, um da-
durch auf ihr widerliches Geschäft der Verherrlichung
des NS-Regimes aufmerksam zu machen. Ich weiß, wo-
von ich spreche. Denn die Stadt Schwäbisch Hall in mei-
nem Wahlkreis wird nur deshalb jedes Jahr zum Auf-
marschort für dumpfe Parolenschreier, weil sich diese
Stadt aus der Sicht der Rechtsradikalen vor einigen Jah-
ren erdreistet hat, die Wehrmachtsausstellung zu zeigen.

Ich meine, dass wir nunmehr im Rahmen des uns ver-
fassungsrechtlich Möglichen unsere rechtlichen Instru-
mentarien im Versammlungs- und Strafrecht so geschärft
haben, dass wir in Zukunft den zynischen Herausforde-
rungen auch rechtlich besser begegnen können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Otto Fricke [FDP]: Das sagen Sie jedes Mal!)


Trotzdem bleibt die Hauptlast – dies ist gut und rich-
tig so – der politischen Auseinandersetzung überlas-
sen. Es ist Aufgabe von uns allen, die Menschen davon
zu überzeugen, dass eine Verherrlichung des NS-Will-
kürregimes keine, aber auch gar keine Antwort auf die
Fragen gibt, die uns heute beschäftigen und bedrängen.

Deshalb appelliere ich in diesem Zusammenhang an
uns alle: Auch wenn einige immer wieder einmal ver-
sucht sind, den Demokraten die Existenz der Neonazis in
die Schuhe zu schieben, war es bislang eine gute Übung,
dass sich die demokratischen Parteien die Existenz der
Nichtdemokraten und Radikalen nicht gegenseitig zum
Vorwurf machen. Wir sollten vielmehr gemeinsam ver-
suchen, diesen Irrsinn mit allen uns zur Verfügung ste-
henden, verfassungsrechtlich zulässigen Mitteln einzu-
dämmen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auch deshalb ist es gut und richtig, dass wir heute die
wohl überlegten Ergänzungen des Versammlungs- und
Strafrechtes weitgehend gemeinsam verabschieden, also
mit den Stimmen der Regierungskoalition und der CDU/
CSU-Fraktion. Auch wenn ich Ihre Meinung, Herr
Stadler, respektiere – wir kennen uns sehr gut; wir unter-
stellen uns gegenseitig nichts –, würde es mich natürlich
freuen, wenn auch die FDP zustimmen würde. Aber dies
können wir von unserer Seite aus nicht erzwingen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516402500

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von den

Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen
eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Versammlungsgesetzes und des Strafgesetzbuches. Der

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(C (D nnenausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehung auf Drucksache 15/5051, den Gesetzentwurf in der usschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die em Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen ollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – nthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter eratung mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, des ündnisses 90/Die Grünen und der CDU/CSU gegen die brigen Stimmen des Hauses angenommen. Dritte Beratung nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzenturf ist damit mit der gleichen Mehrheit wie zuvor anenommen. Wir kommen nun zur Abstimmung über den Ent chließungsantrag der Fraktion der FDP auf Druckache 15/5066. Wer stimmt für diesen Entschließungsanrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der ntschließungsantrag ist mit den Stimmen der SPD, der DU/CSU und des Bündnisses 90/Die Grünen gegen die timmen der FDP-Fraktion bei Enthaltung der beiden raktionslosen Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch und etra Pau abgelehnt. Tagesordnungspunkt 17 b. Abstimmung über den von er Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurf eines esetzes zur Änderung des Gesetzes über befriedete Beirke für Verfassungsorgane des Bundes. Der Ausschuss ür Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung mpfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druckache 15/5069, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte iejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, m das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthalungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit en Stimmen der SPD, des Bündnisses 90/Die Grünen, er FDP und der beiden fraktionslosen Abgeordneten r. Gesine Lötzsch und Petra Pau gegen die Stimmen er CDU/CSU-Fraktion abgelehnt. Damit entfällt nach nserer Geschäftsordnung die weitere Beratung. Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Andreas Scheuer, Maria Eichhorn, Thomas Dörflinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU Jugend in Deutschland – Drucksache 15/3396 – Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für ie Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen ndreas Scheuer, CDU/CSU-Fraktion, das Wort. Die Kolleginnen und Kollegen, die den Plenarsaal erlassen wollen, bitte ich, das umgehend zu tun, damit ir die Beratungen ungestört fortsetzen können. Präsident Wolfgang Thierse (Dirk Niebel [FDP]: Aber rechtzeitig zur Ab stimmung wiederkommen!)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )

Bitte schön, Herr Kollege Scheuer.


Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1516402600

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Es wäre gut, wenn die Kolleginnen und Kollegen von
der SPD-Fraktion aufpassen würden;


(Sabine Bätzing [SPD]: Wir sind ganz Ohr!)

dann würden sie die niederschmetternden Zahlen hören,
die die Situation der Jugend in Deutschland deutlich
machen.

Derzeit sind 680 000 Jugendliche arbeitslos. 7,2 Pro-
zent der unter 18-Jährigen sind auf Sozialhilfe angewie-
sen. Der Anteil der Schulabgänger ohne Schulabschluss
betrug zuletzt 7,9 Prozent und unter den ausländischen
Jugendlichen sogar 19,2 Prozent. Auf jedes neugeborene
Kind in Deutschland kommen 16 900 Euro Schulden zu.
Es ist kaum verwunderlich, dass knapp die Hälfte der Ju-
gendlichen in Deutschland die Zukunftsaussichten als
düster beurteilt.

Man muss sich in einer Jugenddebatte sehr eindring-
lich mit der Politik der zuständigen Frau Ministerin
Renate Schmidt beschäftigen, die heute wegen Krank-
heit verständlicherweise nicht an dieser Sitzung teilneh-
men kann. Wir wünschen ihr gute Besserung.


(Beifall im ganzen Hause – Zuruf von der CDU/CSU: Nicht nur für ihren Gesundheitszustand!)


Trotzdem wird die Auseinandersetzung mit ihrer Poli-
tik recht hart werden. Das kann ich schon ankündigen.
Die Ministerin selber duckt sich weg. Sie ist zwar sonst
rührig im Umgang mit den Medien, aber die Realität
hinsichtlich der Arbeit und der Umsetzung sieht anders
aus. Sie handelt nach dem Motto „Die Jugend einlullen
statt politisch zu handeln“.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sabine Bätzing [SPD]: So ein Quatsch!)


Die Priorität der Politik der Bundesregierung liegt of-
fensichtlich nicht in der Unterstützung der Jugend. Unter
den sehr zahlreichen zu Topthemen erklärten Sachfragen
auf ihrer Homepage kommt die Jugend seit langem nicht
mehr vor. Eine Ausnahme stellt seit gestern die Antwort
auf die Große Anfrage zum Thema Jugend in Deutsch-
land dar. Es ist schon ein Fortschritt, dass auch bei die-
sem Thema die CDU/CSU-Fraktion die Bundesregie-
rung wachgerüttelt hat.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ebenso bemerkenswert ist, dass die Jugend auch auf

der Startseite des zuständigen Ministeriums nicht vor-
kommt. Das ist ein Totalausfall. Im Bundesministerium
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend steht die Ju-
gend somit nicht nur begrifflich, sondern auch inhaltlich
an allerletzter Stelle.

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(C (D (Jutta Dümpe-Krüger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die Letzten werden die Ersten sein!)


Frau Staatssekretärin, Sie haben längst den roten Fa-
en verloren, der Sie aus der Vogel-Strauß-Politik des
egduckens Ihres Ministeriums herausgeführt hat. Wo

st denn die Ministerin, wenn die Arbeitslosenzahlen
orgelegt werden? Wo sind die Konzepte zur Bekämp-
ung der Jugendarbeitslosigkeit? Eigentlich müsste dazu
in Aufschrei der zuständigen Ministerin im Kabinett er-
olgen. Aber nichts dergleichen geschieht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die bayerische Verfassung stellt in Art. 125 treffend
est: „Kinder sind das köstlichste Gut eines Volkes.“ Wir
timmen sicherlich alle darin überein, dass dies auch für
ie Jugendlichen gilt.


(Ulrich Kelber [SPD]: Die bayerische Verfassung ist ja noch nicht einmal in Kraft!)


arüber sollten wir uns im Bundestag einig sein. Die
DU/CSU-Fraktion hat der Bundesregierung eine sehr
mfangreiche Große Anfrage mit 225 Fragen zum
hema Jugend in Deutschland vorgelegt.


(Jutta Dümpe-Krüger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und 138 Unterfragen! Ich habe es nachgezählt!)


och es schien der Bundesregierung schwer zu fallen,
echenschaft über ihre eigene Politik abzulegen. Die
ntwort ließ bis gestern und damit neun Monate auf sich
arten – eine wahrhaft schwere Geburt – und wurde erst
urz vor dieser Debatte am Mittwoch durch das Kabinett
eprügelt.


(Jutta Dümpe-Krüger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei den vielen Fragen hätte ich drei Jahre gebraucht, Herr Scheuer!)


Den jungen Menschen in Deutschland wird damit
lar, dass sich die CDU/CSU ihrer Probleme annehmen.
ber Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, sind
arauf nicht vorbereitet.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Einzelbereiche sprechen eine deutliche Sprache.
inder zu haben ist in Deutschland zum Armutsrisiko
eworden. Rund 7 Prozent der Kinder sind Sozialhilfe-
mpfänger. Das ist bitter und peinlich für ein Land wie
eutschland. Ich verweise in diesem Zusammenhang
uf den Armutsbericht.
Ich fordere Sie auf, meine Damen und Herren von
ot-Grün, den Kindern, Jugendlichen und jungen Fami-
ien endlich eine Perspektive zu bieten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Zum nächsten Thema: der deutschen Bildungs-
isere. Es genügt nicht, sich darüber zu freuen, dass
an nicht mehr unter den Letzten ist. Ziel muss sein,
ieder zu den Besten zu gehören. Das war immer die
arantie für unseren Wohlstand in Deutschland. Doch






(A) )



(B) )


Dr. Andreas Scheuer

das gebetsmühlenartige Beschwören von PISA und Co.
hat bei der Bundesregierung nur oberflächliche Panik-
handlungen bewirkt. Man denke nur an die diffuse Dis-
kussion über Eliteuniversitäten. Der Braindrain, also die
Abwanderung der Talente und der Führungskräfte von
morgen, ist ungebrochen. Die besten Köpfe verlassen
unter Rot-Grün unser Land.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


An diese jungen Menschen kann ich nur den Appell rich-
ten: Ab 2006 wird es in Deutschland unter einer unions-
geführten Bundesregierung wieder aufwärts gehen.
Kommt zurück und helft beim Aufschwung mit!


(Beifall bei der CDU/CSU – Christel Humme [SPD]: War das eine Drohung, oder was?)


Zur Jugendarbeitslosigkeit. Die Erwerbsbiographien
der heutigen Jugendlichen unterscheiden sich gravierend
von denen früherer Generationen. Gute Bildung ist heute
kein Garant mehr für einen Arbeitsplatz. Stattdessen
werden Akademiker, unterstützt von der Bundesagentur
für Arbeit, zunehmend zu Dauerpraktikanten. Wen wun-
dert das angesichts der gegenwärtigen Arbeitsmarkt-
lage?

In diese Kerbe schlägt das Antidiskriminierungs-
gesetz. In Wahrheit ist es ein Antiaufschwungs-, ein An-
tilehrstellen- und ein Antiarbeitsplatzgesetz.


(Nicolette Kressl [SPD]: Sie haben sich ja auch so sehr um Lehrstellen gekümmert! – Gegenruf des Abg. Michael Kretschmer [CDU/ CSU]: Ja, so ist es! Hören Sie ihm doch mal zu! – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Genau! Nicht mit nacktem Finger auf angezogene Leute zeigen!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, Sie ka-
pieren es einfach nicht. Wie viele Mühlsteine wollen Sie
dem Standort Deutschland noch umhängen? Sie haben
es zu verantworten, dass den Unternehmen die letzten
noch vorhandenen Anreize, für junge Leute Lehrstellen
zu schaffen, genommen werden. Frau Ministerin, wenn
Sie am Fernseher zusehen, sage ich Ihnen: Kommen Sie
zur Vernunft; denn sonst werden Sie immer mehr zur
Antijugendministerin.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ein weiteres drängendes Problem ist die mehr als

mangelhafte Integration ausländischer Jugendlicher,
die Sie nur zu gerne schönreden wollen. Die Schande-
morde an jungen Türkinnen hier in Berlin stellen vorläu-
fig den traurigen Höhepunkt einer Entwicklung dar, die
wir seit längerem mit Sorge beobachten. In der gestrigen
Debatte wurde klar: Die Union hat sich dieser Schicksale
angenommen, und das ist gut so.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Bereitschaft der dritten Zuwanderungsgeneration,

sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren, nimmt
leider ab bzw. wird in keiner Weise gefördert. Statt-
dessen scheint gerade bei den Jugendlichen, die wenig
mit unserem Wertekanon, unserer Hausordnung in

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(C (D eutschland und unserem Verständnis von Menschenechten zu tun haben, die Zustimmung zu Praktiken der usgrenzung zu wachsen. Meine Damen und Herren on Rot-Grün, begreifen Sie endlich, dass sich eine thnisch vielfältige Gesellschaft nicht von allein regelt. a hilft kein Schönreden, auch dann nicht, wenn man es och so oft versucht. Ich wünsche mir, dass insbesondere die Kollegin laudia Roth – meine Damen von den Grünen, vielleicht ichten Sie ihr das aus – einmal eine empörungsfreie Zeit inlegt, damit man sachlich und mit kühlem Kopf mit ihr iskutieren kann, (Julia Klöckner [CDU/CSU]: Genau! Erst denken, dann heizen!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


as bei ihrem gegenwärtigen Gemütszustand nicht mög-
ch ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jutta Dümpe-Krüger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dummes Zeug!)


Vielleicht haben Sie von den Grünen momentan viel
m die Ohren, weil all Ihre gesellschaftspolitischen Um-
älzungen, mit denen Sie unser Land verändern wollten,
ie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen. Ich wün-
che Ihnen viel Spaß beim weiteren Fortgang des Visa-
ntersuchungsausschusses.


(Jutta Dümpe-Krüger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielleicht können wir mal wieder zum Thema kommen!)


Meine Damen und Herren, Parallelgesellschaften sind
ängst zur Realität geworden. Hören Sie also endlich auf,
inzelfälle, die gut verlaufen sind, zu verallgemeinern
nd sie ständig als Monstranz vor sich herzutragen. Ich
ordere Sie auf, diesen Jugendlichen endlich eine Identi-
t und Werte zu geben. Ich gebe zu: Das ist sicherlich
chwierig, wenn man selbst als politische Führung mit
iesen Begriffen auf Kriegsfuß steht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Damit sind vier von insgesamt 20 Themengebieten
nserer Großen Anfrage beim Namen genannt. Mein
azit lautet: Nach sechs Jahren Rot-Grün sind die Kin-
er und Jugendlichen in unserem Land ärmer: sowohl
ateriell als auch an Perspektiven und Chancen. Das ist
ehr traurig. Wir müssen gegensteuern und diesen jun-
en Menschen endlich Perspektiven geben.
An einem Beispiel sieht man allerdings, wie fahrläs-

ig Rot-Grün handelt. Die Erfahrungen beim Aufbau Ost
eigen: Man kann es der Jugend in Deutschland nicht
ünschen, dass sie von Rot-Grün zur Chefsache erklärt
ird.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Jawohl!)

o ist denn der Regierungschef, wenn es um die Jugend
eht? Er schweigt und findet zu diesem Thema keine
orte.






(A) )



(B) )


Dr. Andreas Scheuer

Meine Damen und Herren, unsere Jugend ist nicht die

so genannte Null-Bock- oder Fun-Generation. Ich bin
von der Kreativität, dem Ideenreichtum und der Eigen-
initiative unserer Jugend überzeugt. Allerdings müssen
wir ihr Freiraum lassen, damit sie ihre Eigeninitiative
entfalten kann. Wir müssen ihre Anliegen ernst nehmen
und zukunftsorientierte Rahmenbedingungen in Schu-
len, Verbänden, Jugendzentren, Behörden und in den
Köpfen schaffen. Die Jugend muss klar sehen – darin
sind wir uns alle einig –, dass es nichts nützt, sein Kreuz
bei extrem rechten oder extrem linken Parteien zu ma-
chen oder, statt zur Wahl zu gehen, zu Hause zu bleiben.
Unsere Große Anfrage beweist, dass sich die CDU/CSU
den Problemen unserer Jugend annimmt. Daher kann ich
nur folgenden Appell an die jungen Leute richten: Geht
zur Wahl und wählt CDU und CSU; denn dann wählt ihr
Zukunft.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Klaus Haupt [FDP] – Nicolette Kressl [SPD]: Da muss er selber lachen!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516402700


Ich erteile das Wort der Parlamentarischen Staats-
sekretärin Christel Riemann-Hanewinckel.

Christel Riemann-Hanewinckel, Parl. Staats-
sekretärin bei der Bundesministerin für Familie, Senio-
ren, Frauen und Jugend:

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Ich glaube nicht, dass wir uns irgendwo auf
der Straße im Wahlkampf befinden.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Wir sind im Plenarsaal, Frau Staatssekretärin!)


Deshalb lasse ich die Rede von Herrn Scheuer unkom-
mentiert; es lohnt nicht, sich damit intensiver zu be-
schäftigen.

Was brauchen Kinder und Jugendliche? Sie brau-
chen Chancen für ihre Entwicklung; darin sind wir uns
einig. Zu diesen Chancen gehören Freiräume und
Schutz; dazu gehören aber auch Bildung und Erziehung.
Kinder und Jugendliche wollen Teilhabe; dazu brauchen
sie Eltern, Erwachsene und eine Gesellschaft, die ihnen
Spielräume geben. Die Gesellschaft muss ihnen Raum
geben, damit sie ihrer Neugier nachgehen können; denn
– das wissen wir inzwischen – in ihrer Neugier und
Wissbegierde sind die Kleinsten die Größten. Kinder
und Jugendliche brauchen Gelegenheiten, um ihre Er-
fahrungen in unterschiedlichen Bereichen und in ver-
schiedenen sozialen Beziehungen machen zu können,
mit und in der Familie, mit anderen Kindern, in der
Nachbarschaft, in den Kindertagesstätten, in der Schule,
in der Freizeit. Kinder und Jugendliche brauchen diese
Chancen und Möglichkeiten zum Erleben und zum Er-
lernen von Anfang an. Damit sind sie auf eine breite Al-
lianz in der Gesellschaft angewiesen.

Was tut die Bundesregierung?

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(C (D (Zurufe von der CDU/CSU: Ja! – Gute Frage! – Gegenruf der Abg. Kerstin Griese [SPD]: Hören Sie doch erst mal zu!)


enn Sie die Antworten der Bundesregierung auf die
roße Anfrage gelesen hätten – darüber wollten Sie ja
eute nicht debattieren –, dann wüssten Sie zu dieser
rage schon einiges.
Ich bin sehr verwundert darüber, dass die größte Op-

ositionspartei im Deutschen Bundestag in ihrer Großen
nfrage zur nachfolgenden Generation keine einzige
rage zu früher Förderung und Erziehung, zu Betreuung
nd frühkindlicher Bildung gestellt hat.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Kinder und Jugend!)


amit ignorieren Sie nicht nur – hören Sie erst einmal
u; das ist manchmal sehr hilfreich –


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Lesen ist auch hilfreich!)


issenschaftliche Erkenntnisse; Sie gehen auch an den
ünschen und Bedürfnissen der Kinder und Eltern vor-
ei. Ferner nehmen Sie die Notwendigkeit der frühen
örderung im Blick auf Schulbildung und Ausbildung
icht ernst.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516402800

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Scheuer?
Christel Riemann-Hanewinckel, Parl. Staats-

ekretärin bei der Bundesministerin für Familie, Senio-
en, Frauen und Jugend:
Nein, im Moment nicht. Herr Scheuer hat hier schon

arlegen können, was er zu sagen hat. Es bedarf also kei-
er weiteren Frage von ihm.


(Widerspruch bei der CDU/CSU – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Das ist der Standard der Bundesregierung: keine Fragen beantworten!)


Wir brauchen für die Kinder und Jugendlichen eine
essere und vor allem frühe Erziehung und Bildung der
inder in Ergänzung zur Familie, damit die Herkunft
ines Kindes nicht mehr über seine Bildungschancen
ntscheidet. Der qualitätsorientierte Ausbau der Kinder-
etreuung ist eines der zentralen gesellschaftspolitischen
orhaben der Bundesregierung. Mit dem Tagesbetreu-
ngsausbaugesetz hat die Bundesregierung das Not-
endige getan.


(Beifall der Abg. Kerstin Griese [SPD])

as Gesetz, das am 1. Januar dieses Jahres in Kraft ge-
reten ist, war der längst überfällige Schritt zu einer Ver-
esserung der Tagesbetreuung für die unter Dreijähri-
en.


(Beifall bei der SPD)

nser Ziel ist es, für die ganz Kleinen bis 2010 circa
30 000 zusätzliche neue Plätze zu schaffen. Die Zahl
er öffentlich geförderten Tagesmütter und Tagesväter
oll mittelfristig von 10 000 auf etwa 70 000 steigen.






(A) )



(B) )



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1516402900

Frau Kollegin, gestatten Sie zwei Zwischenfragen,

von der Kollegin Klöckner und von der Kollegin Lenke?

Christel Riemann-Hanewinckel, Parl. Staatssekre-
tärin bei der Bundesministerin für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend:

Nein, ich gestatte im Moment gar keine Zwischenfra-
gen.


(Lachen bei der CDU/CSU – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Man könnte ja mal was Wahres sagen!)


Ich werde das, was ich zu sagen habe, vortragen und
dann haben die Kolleginnen und Kollegen die Chance,
im Rahmen einer Kurzintervention


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Es reicht uns auch schriftlich!)


– nein, nicht schriftlich – die Fragen zu stellen oder in
ihren Redebeiträgen das darzustellen, was sie in die De-
batte einbringen wollen.

In Westdeutschland ist es nötig, die magere Quote
von 2,7 Prozent Krippenplätzen – an dieser Stelle sollten
die Damen und Herren, die jetzt eine Zwischenfrage
stellen wollten, gut zuhören – für die unter Dreijährigen
in den fünf Jahren bis 2010 auf ein bedarfsgerechtes
Niveau zu steigern und in Ostdeutschland die gute und
ausreichende Betreuung zu erhalten. Im Osten nehmen
wir mit dem Angebot an Kinderbetreuung weltweit
einen Spitzenplatz ein,


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Damit haben Sie als Bundesregierung aber wenig zu tun!)


wie uns die jüngste OECD-Studie bescheinigt hat. Das
nützt dem Kindeswohl und hilft den Eltern bei der Ver-
einbarkeit von Familie und Beruf. Die Betreuung, die
Bildung und die Erziehung – diese Trias wird auch von
der OECD begrüßt: als genau das, was jetzt getan wer-
den muss. Diese Trias gilt jetzt auch in der Kindertages-
pflege. Der Förderauftrag bezieht sich auf die soziale,
die emotionale, die körperliche und die geistige Ent-
wicklung eines Kindes.

Es ist aber Aufgabe der Länder, Qualitäts- und
Bildungskriterien detailliert zu regeln. Ich bin froh,
dass sich alle Länder auf vorschulische Bildungsziele
verständigt haben und dass die Nationale Qualitätsinitia-
tive unseres Ministeriums mit der Mehrzahl der Bundes-
länder durchgeführt wird. Das ist übrigens ein gutes Bei-
spiel für funktionierenden Föderalismus: Der Bund gibt
einen verlässlichen Rahmen vor, den die Länder, auch
im Wettbewerb miteinander, ausfüllen. Deshalb ist es gut
und liegt auch im Interesse der Kinder und Jugendlichen,
dass das Kinder- und Jugendhilferecht in der Zuständig-
keit des Bundes liegt.

Meine Damen und Herren, nicht nur Kinder, sondern
auch Eltern brauchen Bildung. Sie haben Fragen und
Beratungsbedarf zur Erziehung ihrer Kinder. Kinder und
Eltern in schwierigen Situationen haben einen besonde-

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(C (D en Bedarf an Unterstützung. Sie werden aber durch die tandardangebote oft nicht erreicht. Das Nebeneinander erschiedener Hilfsangebote reicht nicht mehr aus. Daer haben wir das Modell „Häuser für Familien und Kiner“ gestartet. Auch bei den lokalen Bündnissen, die chon an vielen Orten in Deutschland – es gibt inzwichen über 200 – initiiert worden sind, geht es darum, as zusammenzuführen, was schon da ist, oder aber, Deizite miteinander zu beseitigen und das Engagement erschiedener Akteurinnen und Akteure vor Ort für die inder und für die Familien zu bündeln. Kinder und Jugendliche brauchen aber auch mehr eit zum Lernen. (Jens Spahn [CDU/CSU]: Können wir mal was zur Jugend hören?)

ugendliche in Deutschland brauchen neue Räume, brau-
hen mehr Zeit dafür. Deshalb ist der Kurswechsel in der
ildungspolitik überfällig gewesen. Entscheidend ist
uch hier eine frühe Förderung von Schülerinnen und
chülern.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Jugend!)

erechte Chancen für alle Kinder


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Jugend!)

nd Jugendlichen sind nötig, und zwar sowohl für die
inder und Jugendlichen aus benachteiligten und aus
igrantenfamilien als auch für die besonders Begabten
nd diejenigen, die einen besonderen Förderbedarf ha-
en. Deshalb hat die Bundesregierung das Investitions-
rogramm „Zukunft, Bildung und Betreuung“ gestartet.
s ist mit 4 Milliarden Euro das größte je auf den Weg
ebrachte Bildungsprogramm. Bis Sommer 2005 wird es
000 neue Ganztagsschulen in Deutschland geben. Die
anztagsschulen geben Raum und haben Raum für neue
onzepte. Das, meine Damen und Herren, ist auch nötig.
Wir haben eben vom Kollegen Scheuer gehört, wie

iele Jugendliche ohne Schulabschluss dastehen. Das ist
in Problem der Bildungspolitik der Bundesländer. Des-
alb war es notwendig, dass die Bundesregierung an die-
er Stelle für eine optimale Förderung und Entfaltung
er individuellen Begabung das entsprechende Geld be-
eitgestellt hat. Notwendig ist jetzt für die gemeinsame
ntwicklung mit den Ganztagsschulen die Kooperatio-
en zwischen den unterschiedlichen Akteurinnen und
kteuren. Ich zähle hier nur stellvertretend auf: die zwi-
chen der Jugendhilfe und der Schule, die zwischen den
erbänden und der Schule, aber auch die zwischen Kin-
ertageseinrichtungen und der Schule. Ich kann es auch
nders sagen, sehr viel globaler – Sie alle sind mit aufge-
ordert –: Was wir brauchen, ist eine nationale Kraft-
nstrengung für Jugendliche, die die Schule ohne Ab-
chluss verlassen haben. Deshalb brauchen der Bund,
or allen Dingen aber die Länder hier einen entsprechen-
en Kurswechsel.
Wir geben in Deutschland mehr Geld für Bildung und

orschung aus, als das bisher der Fall war – jetzt ist die
ächste Altersstufe dran, die der Studierenden. Noch
ie hat eine Bundesregierung so viel in Forschung und
ildung investiert: 2005 allein fast 10 Milliarden Euro.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretärin Christel Riemann-Hanewinckel

Denn gute Bildung – das wissen wir alle – ist die beste
Versicherung gegen Arbeitslosigkeit – und auch für eine
funktionierende Volkswirtschaft.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Erste Erfolge sind sichtbar: Über 2 Millionen junge
Menschen studieren. Die Studierendenquote liegt inzwi-
schen bei 36,5 Prozent. Sie lag einmal bei 28 Prozent.
Das ist ein Erfolg, vor allen Dingen für die jungen
Frauen und die jungen Männer. Damit wird das Ziel, das
die OECD vorgibt – 40 Prozent aller jungen Leute ein
Studium zu ermöglichen – bald erreicht. Entscheidende
Beiträge zu diesen Erfolgen sind die BAföG-Reform, die
neuen Bachelor- und Master-Studiengänge und vor allen
Dingen auch die praxisnähere Ausbildung.

Meine Damen und Herren, ich habe es schon festge-
stellt: Kinder und Jugendliche sind von Natur aus neu-
gierig und innovativ. Das merken wir besonders deutlich
bei den Schüler- und Jugendwettbewerben. Bei
„Jugend forscht“ gab es 2004 erneut einen Teilnahme-
rekord, nämlich 8 315 Anmeldungen. Es ist auch interes-
sant, dass davon fast 40 Prozent junge Frauen und
Mädchen waren. Die Unterstützung vonseiten der Bun-
desregierung lag im Jahre 2004 bei 820 000 Euro. Das
halte ich für gut investiertes Geld, das in der Zukunft
eine wirklich gute Rendite erbringen wird; denn wir wis-
sen, dass die Jugendlichen auch innovative Beiträge ge-
leistet haben, die zum Teil in der Produktion umgesetzt
werden können.


(Dirk Niebel [FDP]: Sie hätten die Regierungsbank mal stärker besetzen können! – Dr. Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Bei dieser Rede spürt man richtig den Ruck, der durch die Regierung geht!)


Wir brauchen besondere Anstrengungen für bessere
und gerechte Chancen auf Arbeit und Bildung. Ich
nenne einige Punkte, die die Bundesregierung in der
Vergangenheit auf den Weg gebracht hat: Beispielge-
bend sind der Nationale Pakt für Ausbildung und Fach-
kräftenachwuchs in Deutschland und die Erhöhung der
Zahl der Ausbildungsplätze in der Bundesverwaltung im
Jahre 2004 um 20 Prozent. Damit werden insgesamt
14 000 Ausbildungsplätze vor allem in den neuen Bun-
desländern finanziert. Außerdem ist es uns durch eine
Modernisierung und Neuschaffung von Ausbildungsbe-
rufen gelungen, neue Möglichkeiten für Jugendliche zu
eröffnen. Hier nenne ich besonders die Neuordnung
zweijähriger Berufe, weil wir an diese Jugendlichen be-
sonders denken müssen. Daneben nenne ich noch das
Aktionsprogramm „Jugend für Toleranz und Demokra-
tie – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit
und Antisemitismus“.

Die Bundesinitiative „wir … hier und jetzt“ in den
neuen Bundesländern möchte ich hier noch besonders
ansprechen, weil diese Initiative von allen Politikerinnen
und Politikern auf den unterschiedlichsten Seiten unter-
stützt worden ist. Durch diese Initiative wurden die er-
folgreichen Programme „Die soziale Stadt“, „Regio-
kom“, „Soziales Kapital für soziale Zwecke“ sowie die

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(C (D lattform „Entwicklung und Chancen junger Menschen sozialen Brennpunkten“ – E & C – ergänzt. Diese undesinitiative war sehr erfolgreich. Ich nenne nur urz ein paar Zahlen dazu: Durch 416 Projekte in allen stdeutschen Bundesländern wurden 13 000 junge Menchen zusammengebracht, die eine regionale Verbundeneit entwickelt haben und denen Perspektiven zum Bleien in den östlichen Bundesländern aufgezeigt wurden. icht wenige haben aus dieser Initiative heraus einen rbeitsplatz gefunden. Die Bundesregierung hat mit dieser Initiative einen nschub gegeben. Nachhaltigkeit war ein Auswahlkriteium bei der Auftragsvergabe. Zu meiner Freude laufen etzt viele Projekte weiter, weil Kommunen oder Länder ie Finanzierung übernommen haben. Zum Teil haben ie Jugendlichen es aber auch geschafft, eine eigene inanzkraft zu entwickeln. Meine Damen und Herren, der Nationale Aktionsplan Für ein kindergerechtes Deutschland 2005–2010“ iegt Ihnen vor. Sie hatten viele Fragen. Ich empfehle Ihen: Lesen Sie in diesem Nationalen Aktionsplan nach. ort finden Sie alles zu Ihrer Großen Anfrage aufgeliset. Dort steht, was die Jugendlichen in Deutschland rauchen, was die Bundesregierung schon getan hat und as sie in Zukunft noch tun wird. Ich habe mit der Aussage begonnen, auf den Anfang omme es an. Meine Damen und Herren von der CDU/ SU, auch bei Ihnen kommt es auf den Anfang an. Fanen Sie also an, mitzutun und Ihre gesellschaftliche Verntwortung wahrzunehmen, und reden Sie die Jugend nd das, was für die Jugend in Deutschland getan wird, icht nur schlecht. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516403000

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Klaus Haupt.


Klaus Haupt (FDP):
Rede ID: ID1516403100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1516403200
Wie wichtig Sie in Ihrem Haus die Jugendpolitik
ehmen, zeigt sich daran, dass ich die Antwort auf die
roße Anfrage vorgestern Abend erhalten habe.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das war ein bisschen knapp!)


eshalb sehe ich mich außerstande, Ihre Antwort, die si-
herlich klug und weise formuliert ist, in meiner Rede
berhaupt zu berücksichtigen.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: So ist es!)

o darf man mit einer Großen Anfrage zu einem wichti-
en gesellschaftlichen Thema nicht umgehen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Klaus Haupt

Die Rechte und Interessen von Kindern und

Jugendlichen sind im politischen Handeln gegenwärtig
längst noch nicht ausreichend berücksichtigt. Ich glaube,
wir sind uns einig: Wir alle sind gefordert, darauf zu ach-
ten, welche Auswirkungen unsere Politik gerade auf die
junge Generation hat. Wir müssen zum Beispiel Kindern
und Jugendlichen ernst gemeinte, auf sie zugeschnittene
und altersdifferenzierte Angebote zur Teilhabe am
politischen und gesellschaftlichen Leben machen.

Für die FDP ist die aktive Einbeziehung und politi-
sche Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ein
Leitziel, das nur erfolgreich erreicht werden kann, wenn
Scheinpartizipation vermieden wird.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Alle Vorschläge der Kinder und Jugendlichen sollten
von den politischen Instanzen und sonstigen Entschei-
dungsträgern wirklich ernsthaft überdacht und im Rah-
men der Möglichkeiten umgesetzt werden. Denn Mit-
wirkung muss Wirkung zeigen.

Die Union spricht in ihrer Anfrage berechtigt die
Frage der Finanzierung von Jugendpolitik an. Dazu
muss ganz klar gesagt werden: Ausgaben für Kinder und
Jugendliche sind Investitionen in die Zukunft.


(Beifall bei der FDP)

Wer hier zu sehr spart, spart an der falschen Stelle und
verursacht damit zum Teil wesentlich höhere Folgekos-
ten.

Allerdings muss Kinder- und Jugendarbeit einerseits
sparsam und effizient und andererseits mit Kontinuität
und Nachhaltigkeit verfolgt werden. Nachhaltigkeit und
Kontinuität sind derzeit durch die Tendenz zu kurzfristi-
ger Projektförderung gefährdet. Langfristiges Engage-
ment ist aber eine wichtige Voraussetzung für die Quali-
tätssicherung in der Jugendarbeit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die jüngsten beträchtlichen Haushaltskürzungen der Re-
gierungskoalition im Bereich der Jugendverbandsarbeit
stehen dazu im Widerspruch.


(Zuruf von der SPD: Es gibt doch gar keine Kürzungen!)


Sie treffen übrigens, Frau Staatssekretärin, insbesondere
die neuen Bundesländer, wo die Verbandsstrukturen
noch im Aufbau oder weniger gefestigt sind.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Integration von Kindern und Jugendlichen mit
Migrationshintergrund ist Herausforderung und – das
betone ich – Chance zugleich. Diese jungen Menschen
können Brücken bilden und Vermittler zwischen den
Kulturen sein. Kinder und Jugendliche mit Migrations-
hintergrund dürfen aus unserer Sicht nicht nur als Pro-
blemfälle behandelt werden, sondern müssen auch in ih-
ren Stärken gefördert werden. Voraussetzung für die
Nutzung dieser Chancen ist eine umfassende Sprach-

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(C (D ompetenz. Das Beherrschen der deutschen Sprache uss in den Fokus der gesamten Bildungslaufbahn rüken. Das gilt insbesondere deshalb, weil Zuwanderer in nterschiedlichen Lebensphasen nach Deutschland komen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ausbildung und Arbeit sind für Jugendliche mehr
ls nur Grundlage für ein wirtschaftlich unabhängiges
eben. Sie haben auch zentrale Bedeutung für die Identi-
tsfindung, die Selbstverwirklichung und die Selbstbe-
timmung. Die bisherige Politik hat jedoch nicht verhin-
ern können, dass vielen Jugendlichen die Chance, in ein
ualifiziertes und erfülltes Erwerbsleben einzutreten, er-
chwert, ja sogar verwehrt wird.
Im Februar hatten wir eine Steigerung der Arbeits-
senquote bei jungen Menschen unter 25 Jahren auf
3,6 Prozent, im Osten sogar auf 20,5 Prozent. Fehlende
usbildungs- und Berufsperspektiven sind wiederum die
ntscheidenden Gründe für die dramatischen Abwande-
ungszahlen junger Hoffnungsträger aus den neuen Län-
ern in Richtung Westen. Dies wiederum entvölkert zu-
ehmend ganze periphere Regionen mit allen fatalen
olgewirkungen wie Wohnungsleerstand, Rückgang von
ommunalen Steuereinnahmen, sinkende Nachfrage,
ückgang von Investitionen usw.
Jüngst haben sowohl UNICEF als auch der Armuts-

nd Reichtumsbericht den dramatischen Anstieg der
inderarmut in Deutschland aufgezeigt. Die Zahl der
inder, die von Sozialhilfe leben, ist erneut gestiegen:
m rund 64 000 auf 1,08 Millionen. Die Zahl der von
rmut betroffenen Kinder ist laut UNICEF noch höher
nd liegt bei 1,5 Millionen. Das ist ein Armutszeugnis
ür unsere Gesellschaft. Die Bundesregierung ist in der
rmutsbekämpfung gescheitert. Arbeitsplätze und Ver-
inbarkeit von Beruf und Familie – vor allem durch gute
inderbetreuungsangebote – sind letztlich die besten
ege aus der Armut. Beides verspricht die Regierung
eit Jahren, ohne dass wirklich etwas geschieht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

azit: Grundlegende Reformen in der Bildungs-, Wirt-
chafts- und Arbeitsmarktpolitik sind für die Zukunft der
ngen Menschen in Deutschland drängender denn je.
Bildung ist für die späteren gesellschaftlichen Chan-

en junger Menschen von zentraler Bedeutung. Bildung
st daher ein wichtiges Ziel der meisten jungen Leute.
iejenigen Heranwachsenden, die mit den Anforderun-
en in Schule und Beruf weniger gut zurechtkommen,
ühlen sich benachteiligt, reagieren darauf mit Aggres-
ion oder Resignation und sind überproportional häufig
on der Demokratie als Staatsform enttäuscht. Sie waren
eispielsweise bei der Landtagswahl in meinem Ländle
achsen das größte Wählerreservoir der NPD.
In vielen Gebieten Ostdeutschlands ersetzen die so

enannten Kameradschaften die im Westen über Jahr-
ehnte gewachsene soziale Infrastruktur für Kinder und
ugendliche. Kameradschaften formen das Freizeitver-






(A) )



(B) )


Klaus Haupt

halten der Mitglieder, wobei rechtsextremistische
Grundpositionen gleichsam als weltanschauliche Klam-
mer dienen, die die Gruppenidentität prägt. Viele Ju-
gendliche schließen sich ihnen aus einem Hang zur Pro-
vokation an. Aber wenn junge Menschen nicht die
Perspektive haben, sich in den Städten und Gemeinden,
in denen sie zu Hause sind, ihren Lebensunterhalt zu
verdienen und beruflich eine Zukunft zu haben, dann
wird es schwer, die daraus folgenden Frustrationen auf-
zufangen und die viel beschworene Bürgergesellschaft
zu stärken. Deshalb müssen wir der Jugend Chancen bie-
ten, Talente und Fähigkeiten zu entfalten und eine Auf-
gabe zu haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die positive Zukunftssicht der jungen Generation,
die sich etwa in der 14. Shell-Jugendstudie zeigt, darf
auch die Politik optimistisch stimmen. Die Jugendlichen
von heute stellen sich den großen gesellschaftlichen und
persönlichen Herausforderungen mit Pragmatismus,
Fleiß und Ehrgeiz. „Aufstieg statt Ausstieg“ ist das
Motto für die meisten der jungen Generation. Diese Ge-
neration kann nach liberaler Auffassung wirklich im
positiven Sinne als die Zukunft unserer Gesellschaft be-
zeichnet werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ihren Mut zur Zukunft darf Politik nicht durch Bürokra-
tismus, Massenarbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit
behindern,


(Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!)

sondern muss ihn konsequent und nachhaltig stärken.
Die Regierung ist in der Pflicht, die dazu unabdingbaren
Reformen nicht im Hinblick auf anstehende Wahl-
termine aufzuschieben, sondern unverzüglich anzupa-
cken.

Danke.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516403300

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Jutta Dümpe-

Krüger.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die
Große Anfrage der Union zum Thema „Jugend in
Deutschland“ vor dem Hintergrund der 14. Shell-Studie
hat 225 Fragen mit 138 Unterfragen. Ich habe mir ein-
mal den Spaß gemacht und sie alle zusammengezählt,
was 363 ergibt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Hoffentlich haben Sie sie auch gelesen!)


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(C (D ie Antwort der Bundesregierung umfasst 265 Seiten. ch finde, das Motto „Fragen und Lesen bildet“ kann urchaus zur Aufklärung beitragen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


err Scheuer, zu Ihrem Beitrag von heute Morgen muss
ch allerdings sagen: Es gehört dazu, dass man sich zu-
indest mit einigen der eigenen Fragen und auch mit
en Antworten inhaltlich auseinander setzt. Davon habe
ch heute Morgen gar nichts gehört. Das finde ich
chade.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Wir leider auch noch nicht! – Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Zwei Bemerkungen vorab. Die 14. Shell-Studie be-
eist, dass junge Menschen in Deutschland leistungsbe-
eit, zukunftsorientiert und engagiert sind. Diesen
chluss zieht auch die Union. Ich finde, das ist schon et-
as. Leider entgleist Ihnen dann aber schon der zweite
atz im zweiten Absatz Ihrer Anfrage – ich zitiere –:

Wenn aber die Politik der Bundesregierung Bedin-
gungen und Zukunftsaussichten für die junge Gene-
ration massiv negativ beeinträchtigt, drohen selbst
für optimistische Jugendliche Verunsicherung und
Perspektivlosigkeit.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Ja, so ist das!)


as steht selbstverständlich nicht in der 14. Shell-Stu-
ie. Das ist allein die etwas boshafte Herangehensweise
er Union


(Lachen bei der CDU/CSU – Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Das ist die Realität in Deutschland, Frau Kollegin! Das Leben ist so!)


ach dem Motto: Wir stellen unsere Fragen so, weil wir
ie Antworten gar nicht hören wollen, sondern sowieso
on vornherein wissen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


ugendsprachlich formuliert, Herr Scheuer, würde ich
erade in Ihre Richtung sagen – Sie sind ja der Haupt-
utor dieser Großen Anfrage –: Das war voll der unter-
rdische Touchdown.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Kann ich das noch einmal hören?)


Etwas irritiert war ich auch, als ich gesehen habe,
ass die Union in ihren Fragen die Altersgrenze für Ju-
end fast durchgängig bis 35 Jahre zieht. Grundsätzlich
eschreibt der Begriff Jugend den Zeitraum zwischen
em Eintritt der biologischen und dem der sozialen Reife
zw. der wirtschaftlichen Eigenständigkeit der Heran-
achsenden. Jugendpolitik vertritt daraus abgeleitet
unge Menschen zwischen dem 14. und 27. Lebensjahr.
uch das SGB VIII geht davon aus, bei Bedarf Hilfen
is 27 Jahre zu leisten.






(A) )



(B) )


Jutta Dümpe-Krüger

Ich habe mich wirklich gewundert und gefragt, woher

der schleierhafte Ansatz von 35 Jahren kommt. Dann
habe ich nachgelesen, dass die Mitgliedschaft in der Jun-
gen Union mit dem 35. Lebensjahr erlischt. Aus Sicht
von Jugendfachleuten ist das zwar mit Sicherheit nicht
unbedingt SGB -VIII-kompatibel; darauf kommt es Ih-
nen aber auch nicht an. Es ist aber immerhin eine Erklä-
rung, wie diese unfachliche Zahl in Ihr Papier gekom-
men ist.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

Ich möchte jetzt zum Bereich des Jugendstrafrechts

kommen. Interessant sind die Fragen zum Jugendstraf-
recht, besonders wenn sich die Union um „innovative
Formen von Strafsanktionen“ kümmert.


(Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

– Sie sollten jetzt einmal die Ohren spitzen und zuhören.
Wer die CDU/CSU und ihren ständigen Ruf nach Ver-
schärfungen des Jugendstrafrechts kennt, bei dem gehen
dabei alle Warnlichter an: Sicherungsverwahrung für
Heranwachsende, Warnschussarrest, Erhöhung der
Höchststrafe auf 15 Jahre bis hin zur Herabsetzung des
Strafmündigkeitsalters auf 12 oder 10 Jahre, um nur die
absurdesten Vorschläge zu nennen.


(Maria Eichhorn [CDU/CSU]: Absurd? Richtig!)


Das sind dann Ihre so genannten Innovationen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Dabei sollten Sie eigentlich wissen, dass Verschärfungs-
tendenzen im Jugendstrafrecht allen fachlichen Erkennt-
nissen zur Verhinderung von Jugendkriminalität wider-
sprechen. Kern unseres Jugendstrafrechts ist der
Erziehungsgedanke.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Was heißt hier „Ihres Jugendstrafrechts“? Es ist deutsches Jugendstrafrecht!)


Das oberste Ziel jeder jugendstrafrechtlichen Interven-
tion ist die Vermeidung künftiger Straftaten. Das errei-
chen wir am besten durch Prävention. Alle Akteure, die
mit jungen Menschen zu tun haben, sind hier gefragt. In
den allermeisten Fällen fehlt es nicht an geeigneten Kon-
zepten, sondern an echtem Willen und ausreichenden
Mitteln für die Umsetzung.


(Zuruf von der CDU/CSU: Ach! Von wem denn?)


Ich komme zum Bereich Kinder- und Jugendhilfe,
also zu den Fragen ab 214. Sie wollen wissen, ob die
Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe in der Lage
sind, die Probleme benachteiligter Jugendlicher ziel-
sicher und effektiv zu bekämpfen. Die Antwort darauf
kann nur sein: Natürlich sind sie dazu in der Lage. Man
muss ihnen nur die Möglichkeit dazu geben. Das
SGB VIII stellt die nötigen fachlichen Instrumente zur
Verfügung. Die Träger der Jugendhilfe können darauf
virtuos spielen. Für Missklang sorgen nur diejenigen, die

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(C (D hnen die nötigen finanziellen Ressourcen vorenthalten ollen. Da will ich niemanden scharf angucken. Hinter der Frage 218, die die Zuordnung junger Voll ähriger mit seelischen Behinderungen zum Gesamtsysem der Sozialhilfe und Reha beinhaltet, versteckt sich ine weitere Begehrlichkeit der Union. Sie wollen nämich den gesamten Bereich der Hilfen für junge Menchen im Sozialhilferecht regeln. Aus fachlicher Sicht ehen Sie damit nicht einen Schritt vor, sondern mindesens zehn zurück. § 35 a wurde im SGB VIII eingeführt, damit für Kin er und Jugendliche passgenaue Angebote gestrickt weren können, nämlich eine Kombination von medizinichen und pädagogischen Angeboten. Ich bin dafür, dass ir endlich alle Kinder und Jugendlichen gleich behaneln. Unabhängig von der Art ihrer Behinderung sollten lle Hilfen über das SGB VIII erhalten. Das wäre eine eiterentwicklung der Kinderund Jugendhilfe und da über sollten wir streiten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Ich komme zum Bereich Ehe und nachhaltige Part-

erschaft. Interessant ist die Fragestellung der Union,
ie viele Jugendliche, und zwar ausschließlich mit der
etonung auf deutsche Jugendliche, sich vorstellen kön-
en, eine Ehe einzugehen, und ob es hierbei Ost-West-
nterschiede gebe. Ergebnis: Neben der Ehe gibt es – wer
ätte das gedacht? – auch noch andere attraktive Formen
es Zusammenlebens. Familie haben heißt nicht mehr au-
matisch, dass man verheiratet sein muss. Das meinen
unge Menschen aus den neuen Bundesländern noch häu-
iger als Jugendliche aus den alten.
Richtig spannend aber wird es in diesem Zusammen-

ang bei Frage 119 der Union. Da wollen Sie wissen, ob
s Daten darüber gibt, „welcher Anteil deutscher Ju-
endlicher eine nachhaltige Partnerschaft als notwendig
etrachtet, um Kinder zu erziehen“. Die Bundesregie-
ung sagt hierzu, dass ihr keine Datenquelle mit genau
ieser Fragestellung bekannt ist. Mich hat das nicht ge-
undert. Ich kannte auch nur nachhaltige Holzwirt-
chaft, meine Damen und Herren, was ja bedeutet, dass
ur so viel Holz geschlagen wird, wie in derselben Zeit
achwachsen kann.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Wissen Sie auch, wie eine Motorsäge angeht?)


ie Bezeichnung „nachhaltige Partnerschaft“ als Ab-
renzung zur Ehe war mir hingegen neu. Aber wenn die
hell-Jugendstudie dazu beigetragen hat, dass für die
nion 36 Jahre nach Woodstock durch den Begriff
Nachhaltigkeit“ ein Stück weit die Zeit der freien Liebe
ngebrochen ist, dann haben Sie aus familienpolitischer
icht endlich etwas Neues am Start.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und bei der SPD – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Bei Ihnen scheint die Zeit schon lange vorbei zu sein!)







(A) )



(B) )


Jutta Dümpe-Krüger

Warum haben wir einen Schwerpunkt auf das „Pro-

jekt P“ gelegt? Die Antwort ist ganz einfach: Kinder und
Jugendliche brauchen eine starke Stimme, und zwar ihre
eigene. Sie sollen selbst Anwälte ihrer Interessen sein.
Nur so können sie sich zu eigenständigen Persönlichkei-
ten entwickeln und nur so können anstehende Probleme
am besten gelöst werden. Warum versteht das die Union
nicht?

Sie machen mit der Frage 22 ganz deutlich, dass Sie
nicht verstehen, warum die Bundesregierung die Parti-
zipation fördert, wo das doch – so Ihre Auffassung – be-
reits die Jugendverbände machen. Sie müssen einfach
einmal zur Kenntnis nehmen, dass es unterschiedliche
Beteiligungsformen gibt. Es gibt die parlamentarischen
Formen, beispielsweise Kinder- und Jugendparlamente.
Es gibt offene Formen, beispielsweise Zukunftswerkstät-
ten. Darüber hinaus gibt es verwaltungsorientierte For-
men, beispielsweise Kinderbeauftragte und Kinderbüros.
Schließlich gibt es noch unsere Jugendverbände, die her-
vorragende Arbeit leisten.

Jede dieser Formen hat ihre Berechtigung und alle ge-
meinsam sorgen dafür, dass Jugendpolitik als Quer-
schnittsaufgabe verstanden wird, die bei allen politi-
schen Entscheidungen zu berücksichtigen ist. Denn
Partizipation und lebendige Demokratie gehören zusam-
men.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich komme nun auf den Bereich „Programme gegen
Rechtsextremismus“ zu sprechen. Damit sind wir bei
dem Komplex angelangt, bei dem Sie immer wieder wie
Don Quichotte unverdrossen gegen Windmühlen kämp-
fen.


(Dr. Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Wollen Sie nicht dagegen kämpfen?)


Ich sage an dieser Stelle: Setzen Sie sich mit den Ant-
worten der Bundesregierung auseinander! Wer lesen
kann, ist klar im Vorteil. Ich fand die Antworten der
Bundesregierung richtig gut. Die Bekämpfung von
Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Anti-
semitismus ist ein Schwerpunktthema der Bundesregie-
rung. Es sollte – es ist mir ganz wichtig, an dieser Stelle
darauf hinzuweisen – ein Schwerpunkt aller Demokraten
sein.

Meine Damen und Herren, ich komme leider nicht
mehr zum Thema Migration, das ich mir auch vorge-
nommen hatte. Es bleibt zu sagen: Meine Damen und
Herren von der Union, mit Ihrer Anfrage haben Sie in
erster Linie zwei Dinge deutlich gemacht: Erstens. Pa-
pier ist geduldig. Zweitens. Im Bereich der Jugendpolitik
haben Sie nach allem, was bisher hier zu hören und zu
lesen war, ich will nicht sagen: nichts, aber nicht viel da-
zugelernt. Darum nutzen Sie die Chance, die Ihnen die
Antwort der Bundesregierung bietet. Lebenslanges Ler-
nen gilt schließlich nicht nur für junge Menschen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Wir haben nichts dagegen!)


Danke schön.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516403400

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Michael
retschmer.


(Beifall bei der CDU/CSU – Nicolette Kressl [SPD]: Jetzt werden wir merken, wie notwendig lebenslanges Lernen ist!)



Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1516403500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Diese
oche begann mit einem unangenehmen Zeitungsar-

ikel, der einen Vorfall in einer S-Bahn beschrieb: Eine
unge Frau wurde von fünf Jugendlichen belästigt und
eprügelt und keiner hat reagiert. – Das, was wir gerade
ehört haben, ist eine viel zu einfache Antwort auf diese
ragen. Man kann nicht einfach den Problemen in der
ugendpolitik und der Perspektivlosigkeit der Jugend-
ichen nur mit Sozialpolitik begegnen. So einfach ist es
ben nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn wir über Jugendpolitik und über die Frage, wie

s den Jugendlichen in Deutschland geht, reden wollen
nd dabei nicht ein Mitglied der Bundesregierung anwe-
end ist, dann zeigt das, wie wichtig Rot-Grün dieses
hema nimmt. Ich finde es gut, dass die CDU/CSU-
raktion diese Anfrage in ihrer umfassenden Form ge-
tellt hat. Frau Dümpe-Krüger, Ihre Antwort war ange-
ichts der Komplexität des Themas in der Tat zu dumpf
nd viel zu einfach.
Meine Damen und Herren, in Ostdeutschland ist das

roblem noch viel größer als im Rest des Landes. Für
iele hängt von der Perspektive einer Berufsausbildung
lles ab: die Möglichkeit, in der Heimat zu bleiben, eine
igene Familie zu gründen und sich ein Leben mit selbst
erdientem Geld aufzubauen.
Viele Jugendliche stimmen seit Jahren mit den Füßen

b. Sie verlassen ihre Heimat. Im Februar 2005 waren
24 000 Jugendliche unter 25 Jahre in den neuen Bun-
esländern arbeitslos. Trotz Ausbildungspakt und Nach-
ermittlung haben 4 700 Jugendliche in den neuen Bun-
esländern bis Ende 2004 keine Lehrstelle gefunden.
74 000 Jüngere sind in Maßnahmen wie JUMP oder in
erufsvorbereitungen geparkt. Das ist zwar besser als
ichts, aber kein Ersatz für eine Lehrstelle, für eine Be-
ufsausbildung.
Schon längst ist der Wegzug aus Ostdeutschland dra-
atisch. Aus meiner ehemaligen Schulklasse haben
icht mehr als drei oder vier einen Ausbildungsplatz in
hrer Heimat gefunden, der ihnen eine Chance bietet. Die
eisten sind aber weggegangen. Der dadurch bedingte
motionale Sprengstoff bei Großeltern und Eltern sowie
reunden ist gewaltig. Die Frustration steigt und wir ver-
ieren unsere Zukunft im Osten. Aber Ostdeutschland ist
unehmend überall in Deutschland. Perspektivlosigkeit
ibt es auch in anderen Regionen, wenn auch nicht so
lächendeckend und ausgeprägt wie in Ostdeutschland.
ber wir können an Ostdeutschland ablesen, was auch in






(A) )



(B) )


Michael Kretschmer

Westdeutschland passieren wird, wenn sich nichts än-
dert, wenn wir die wirtschaftlichen Probleme unseres
Landes nicht lösen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Lösung der wirtschaftlichen Probleme ist die
Antwort auf die Frage, wie es mit der Jugend in
Deutschland weitergeht. Seit der Wiedervereinigung ha-
ben über 1 Million Menschen Ostdeutschland verlassen.
Davon waren zwei Drittel zwischen 18 und 25 Jahre.
Gegangen sind vor allen Dingen junge, gut ausgebildete
Frauen. Sie bekommen ihre Kinder in Zukunft in West-
deutschland. Die Folgen für unser gesellschaftliches
Klima und die Infrastruktur werden verheerend sein. So-
lange Sie unfähig sind, die Konjunktur in Schwung zu
bringen, wird sich die Perspektive der Jugend in
Deutschland nicht bessern. Wir brauchen keine Pro-
gramme wie „wir … hier und jetzt“ zur Förderung des
Heimatgefühls. Wir lieben nämlich unsere ostdeutsche
Heimat.


(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Frau Präsidentin, die unterhalten sich auf der Regierungsbank! Kein Mensch hört zu!)


– Meine Herren von der Regierung, wenn Sie zuhören
mögen! – Wir brauchen aber Arbeit, damit die Jugend in
Ostdeutschland bleiben kann. Wir haben kein Verständ-
nis dafür, dass Rot-Grün mit Überregulierung und Be-
sitzstandsdenken die Lösung der Probleme unseres Lan-
des verhindert.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Frau Präsidentin, ist es möglich, dass Herr Staffelt auf

der Regierungsbank Platz nimmt?

(Dr. Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Pöbelhaf tes Verhalten!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516403600

Ich bin gehalten, darauf zu achten, dass von der Re-

gierungsbank aus nicht dazwischengeredet wird. Aber
ich glaube, dass ich Aufstehen nicht verhindern kann
und sollte.


Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1516403700

Es ist recht. Aber es ist bei einem solchen Thema eine

Frage des Anstandes, dass man sich voll und ganz dem
Redner widmet und zuhört; denn die Probleme sind in
der Tat gewaltig.

Wenn ich an meine ostdeutsche Heimat denke und die
Lethargie sehe, die weite Teile des Landes im Griff hat,
dann wird mir angst und bange. Ich frage mich, warum
die Bundesregierung nicht längst gehandelt hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das Institut der deutschen Wirtschaft sagt ganz klar: Die
wirtschaftliche Lage und insbesondere die Lehrstellenlü-
cke sind die Hauptursachen für die Abwanderung. Wir
brauchen deshalb keine Programme, die die Rückkehr-
bereitschaft fördern sollen. Vielmehr brauchen wir

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(C (D rbeitsplätze und Ausbildungsplätze, damit die Juend in Ostdeutschland eine Chance hat. In unserer Großen Anfrage haben wir auch das hema Berufsbildungsrecht angesprochen und uns ach Berufen mit zweijähriger Ausbildung erkundigt. In hrer Antwort, die Sie kontinuierlich verschleppt haben, odass sie erst einen Tag vor der heutigen Debatte vorlag nd niemand die Möglichkeit hatte, sie genau zu lesen, erden Sie diesem Thema nicht gerecht. In der Tat brauhen wir mehr zweijährige Ausbildungen; denn gerade ugendliche ohne Schulabschluss oder mit schlechten oten haben immer weniger Chancen auf eine Lehrtelle. Die Konkurrenz ist einfach zu gut und zu zahleich. Deutschland ist das einzige Land mit einer dreiährigen Berufsausbildung zum Tankwart. Wir wollten as ändern. Wir haben vorgeschlagen, die Stufenausbilung zur Regel zu machen. So könnte eine Verkäuferin chrittweise zur Einzelhandelskauffrau weitergebildet erden. Aber Ihre Parteigenossen haben das bei der Noelle zum Berufsbildungsgesetz verhindert; denn die Geerkschaftsideologen hatten nicht die Jugendlichen, ondern ihre eigenen Pfründe im Sinn. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Widerspruch bei der SPD)


Vom Osten kann man lernen; denn dort werden trotz
ines schwierigen wirtschaftlichen Umfelds – prozentu-
l – mehr Lehrstellen bereitgestellt als anderswo. Doch
afür ist insgesamt mehr Flexibilität notwendig. Wir
ollten das im Berufsbildungsrecht verankern. Wir
ollten die Stufenausbildung zur Regel machen sowie
ine angemessene und verbindliche Ausbildungsvergü-
ung festlegen. Aber Sie haben die Chancen vertan, mehr
usbildungsplätze in kleinen Betrieben zu schaffen.
Wer, wie ich in einem Gespräch mit einer zehnten
lasse, erlebt, wie niedergeschlagen Jungen und Mäd-
hen nach 30 oder 40 erfolglosen Bewerbungen sind,
en befällt ein kalter Schauer. Diese Jugendlichen sind
einahe noch Kinder. Was würden Sie antworten, wenn
ugendliche Ihnen erzählten, sie wollten bei der Prüfung
bsichtlich durchfallen, weil noch ein Jahr in der Schule
esser als ein sinnloses Jahr in der Berufsvorbereitung
ei?
Nur eine persönliche Perspektive kann diese Jugend-

ichen überzeugen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


er Wert von Demokratie und Freiheit ist für die Ju-
endlichen mit einer beruflichen Chance unmittelbar
erbunden. Sie wollen arbeiten; sie wollen ihr Geld
elbst verdienen. Aber statt neuer Ideen sendet die Bun-
esregierung immer mehr verheerende Signale in den
sten. Der Jahresbericht der Bundesregierung zum
tand der Deutschen Einheit soll eingestellt werden. Die
undesagentur sagt: Arbeitslose über 55 sollen nicht
ehr vermittelt werden. Die Jugendlichen fragen sich:
ind wir die Nächsten? So wird es nichts mit dem Auf-
au Ost und so wird es uns auch nicht mehr gelingen,
iesen jungen Leuten eine Perspektive zu schaffen.






(A) )



(B) )


Michael Kretschmer

Das muss uns aber gelingen. Wir müssen eine andere

Politik machen, eine Politik, die jungen Leuten in
Deutschland und vor allen Dingen in Ostdeutschland
eine Chance gibt. Wir müssen die jungen Leute zurück-
holen und ihnen sagen: Ihr habt eine Chance. Schreibt
euch nicht ab, wir kümmern uns um euch!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516403800

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Sabine Bätzing.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Sabine Bätzing (SPD):
Rede ID: ID1516403900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir sprechen hier im Deutschen Bundestag
zur besten Sendezeit über die Jugendpolitik in Deutsch-
land.


(Michael Kretschmer [CDU/CSU]: Es geht nicht um Sendezeit, sondern um junge Leute, Frau Kollegin!)


Ich hoffe sehr, Herr Kretschmer, dass möglichst viele,
vor allem junge Menschen diese Debatte verfolgen. Ich
bin der Auffassung, dass Ihre Polemik heute Morgen
völlig fehl am Platz ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Michael Kretschmer [CDU/ CSU]: Das ist die Wahrheit!)


Sie brauchen sich gar nicht aufzuregen; denn ich bin
Ihnen für Ihre Große Anfrage an die Bundesregierung
zur Jugendpolitik in Deutschland eigentlich dankbar.
Getreu dem Motto „Wer nicht fragt, bleibt dumm“ hoffe
ich sehr, dass nicht nur Sie von der Opposition, sondern
vor allem viele Jugendliche die Antworten lesen werden.


(Dr. Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Das hoffen wir auch!)


Jugendpolitik ist für uns eine Politik für das Kost-
barste, wofür wir Verantwortung tragen: für unsere Zu-
kunft. Alles, was in jungen Jahren gesät wird, werden
wir ernten: Erfolge und Misserfolge. Daher sind wir alle
hier gemeinsam in der Pflicht, für die jungen Mitglieder
unserer Gesellschaft Zukunftschancen zu sichern. Ein
Markenzeichen sozialdemokratischer Jugendpolitik ist,
dass wir junge Menschen ernst nehmen. Wichtig war
und ist uns, dass wir Politik nicht nur für, sondern auch
gemeinsam mit den jungen Menschen machen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Denn wer kennt die Nöte, die Ängste und die Bedürf-
nisse von Jugendlichen besser als sie selbst? Genau da-
rum haben wir unsere Beteiligungskampagne ins Leben
gerufen.

Damit sind wir beim Thema Partizipation. Partizipa-
tion ist ein oft bemühtes Wort, das wir mit Leben gefüllt
haben.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Das sieht man an der Regierungsbank! Blühende Partizipation!)


as heißt überhaupt Partizipation? Partizipieren bedeu-
et laut Duden: etwas abbekommen, teilhaben. Was be-
ommen die Jugendlichen also ab? Wir wollen junge
enschen für die Kernwerte einer demokratischen Ge-
ellschaft gewinnen. Dazu gehören Toleranz und Mitge-
taltung. Wir wollen der Entwicklung, dass immer mehr
ugendliche demokratischen Institutionen, Parteien und
epräsentanten gleichgültig oder ablehnend gegenüber-
tehen, entgegentreten. Daher müssen wir den Teufels-
reis durchbrechen, der entsteht, wenn sich Jugendliche
icht beteiligen, weil Politik von oben gemacht wird,
nd wenn Politik von oben gemacht wird, weil sich Ju-
endliche nicht beteiligen.
Wir wollen junge Menschen dafür begeistern, sich in

hre Angelegenheiten einzumischen. Kurzum, wir wol-
en, dass sie mitmischen. Wir wollen ihr Vertrauen ge-
innen. Genau an dieser Stelle setzt das „Projekt P“ an:
P“ steht für Partizipation und für Politik. Ich muss sa-
en: Ich bin ein großer Fan von diesem Projekt; denn es
unktioniert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Mit dieser Initiative lernen junge Menschen, dass je-
er Einzelne Einfluss nehmen kann. In mehr als
00 Projekten haben sich bereits 6 000 Jugendliche en-
agiert. Dass dieser Erfolg in knapp anderthalb Jahren
rzielt werden konnte, liegt sicherlich auch an der her-
orragenden Kooperation mit unseren erfahrenen Part-
ern, dem Deutschen Bundesjugendring und der Bun-
eszentrale für politische Bildung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Aber nicht nur Junge können hier lernen, sondern
uch Erwachsene und damit auch Sie, meine Damen und
erren. Oftmals fehlt den Erwachsenen der Mut, Verant-
ortung an junge Menschen abzugeben und mit ihnen
uf gleicher Augenhöhe zu verhandeln. Genau das ist
um Beispiel beim Projekt „Come in Contract“ mög-
ich – der Beitrag der Jugendverbände zum „Projekt P“.


(Beifall der Abg. Kerstin Griese [SPD])

Hier entstehen Lernpartnerschaften zwischen Jugend-

ichen und politischen Instanzen. Ich selbst habe Ver-
räge mit dem schwul-lesbischen Jugendnetzwerk
ambda und mit dem Kreisjugendring meines Wahlkrei-
es geschlossen. Die Professionalität und die Bereit-
chaft der Jugendlichen, Verantwortung zu übernehmen,
aben mich bei beiden Gruppen begeistert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Bei dem Projekt in meiner Heimatstadt Altenkirchen
ird vor allem deutlich, dass gerade durch die projekt-
ezogene Förderung – unabhängig von bestehenden






(A) )



(B) )


Sabine Bätzing

politischen Organisationen – junge Menschen erreicht
werden können, die noch nie vorher mit politischem En-
gagement in Berührung gekommen sind. Ich habe zum
Beispiel einen Vertrag mit einer Gruppe von Cheerlea-
dern, Mädchen von 9 bis 17 Jahren, zur erweiterten Nut-
zung der örtlichen Turnhalle geschlossen. Auch das mit
Erfolg. Diese hatten vorher noch nie Kontakt mit Politik
gehabt. Hier haben sie zum ersten Mal ernstes Interesse
für ihre Anliegen erfahren. Mit diesen Beispielen
möchte ich auch Sie ermutigen, sich am „Projekt P“ zu
beteiligen.

„Projekt P“ ist übrigens auch auf europäischer Ebene
auf großes Interesse gestoßen. Eine Zusammenarbeit
wird angestrebt – für die Demokratinnen und Demokra-
ten von morgen. „Projekt P“ als Blaupause für die EU –
ich glaube, das ist ein großartiger Erfolg und führt uns
vor allen Dingen direkt zu einem anderen wichtigen Be-
reich der Jugendpolitik, dem internationalen Jugend-
austausch.

Wenn einer eine Reise tut, kann er viel erzählen, und
Reisen bildet. Das wissen wir alle. Ein Blick über den
Tellerrand, die Erweiterung des eigenen Horizonts ist für
viele junge Menschen der Impuls für eine tolerante und
interessierte Lebenseinstellung. Ob Schüleraustausch für
zwei Wochen oder Auslandssemester, die Möglichkeiten
sind vielfältig, die Erfahrung einmalig. Ob es nun unsere
Programme „Leonardo da Vinci“ oder „Sokrates“, das
EU-Programm „Jugend“ oder Aktionen außerhalb der
EU sind: Insgesamt unterstützen wir den Jugendaus-
tausch mit 16 Millionen Euro.


(Beifall bei der SPD)

Aber auch die Wirtschaft trägt Verantwortung für die
junge Generation im Rahmen von Public Private Part-
nership.

Wichtig ist aber auch, dass diese Angebote für den in-
ternationalen Jugendaustausch nicht nur existieren, son-
dern dass sie den Jugendlichen auch bekannt und vor al-
lem attraktiv für sie sind. Die Internetseiten des IJAB
oder „rausvonzuhaus.de“ sind an der Stelle gelungene
Beispiele. Die machen richtig Lust auf die große weite
Welt.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Weg von Deutschland, das glaube ich!)


Auch für Sie gilt: Einen Blick über den Tellerrand zu
werfen ist nicht verkehrt.

Jugendaustausch trägt zum Aufbau von Vertrauen und
zum Abbau von Ängsten bei. Damit tragen wir auch
dazu bei, gegen den Rechtsextremismus anzugehen. Wir
haben etwas gegen Rechtsextremismus und Fremden-
feindlichkeit, nämlich unser Aktionsprogramm „Jugend
für Toleranz und Demokratie“. Denn in toleranten, welt-
offenen Köpfen ist kein Platz für Hakenkreuze.

Sosehr wir den Kindern eine Welt ohne Grenzen wün-
schen, so sehr müssen wir uns auch den Gefahren stel-
len, denen sie dadurch ausgesetzt sind. Wir können sie
nicht vor den Gefahren durch Drogen oder Gewaltme-
dien wegsperren, wenn wir Kinder aufwachsen sehen

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(C (D ollen, die sich entfalten. Darum sind Politiker im Rahen der Gesetzgebung und jeder Einzelne von uns verntwortlich dafür, dass wir Kindern und Jugendlichen ompetenzen vermitteln, um selbstbewusst mit diesen isiken umzugehen. Prävention ist der beste Schutz. Ganz besonders ist jeder verpflichtet, sich für Kinder erantwortlich zu fühlen, deren eigene Eltern und Angeörige sie missbrauchen und vernachlässigen; denn sie aben niemand außer vielleicht Ihnen, der auf sie Acht ibt. Die kleine Jessica aus Hamburg hatte leider nieanden. Die Präventionskampagne „Hinsehen.Haneln.Helfen!“ ist ein durchaus erfolgreicher, aber noch ange nicht der letzte Schritt auf dem Weg zu einer verntwortungsvollen und sensibilisierten Gesellschaft. Fernsehen, Internet und DVDs prägen das Aufwach en in einer modernen Welt. Kein Medium ist von vornerein gut oder schlecht für unsere Kinder. Es kommt mmer darauf an, was man damit macht. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Mit dem gesetzlichen Kinder- und Jugendmedien-
chutz sind wir dabei einen großen Schritt nach vorn ge-
angen. Medienkompetenz ist das Stichwort. Diese gilt
s Kindern und Eltern zu vermitteln. Die Kampagne
SCHAU HIN! Was deine Kinder machen.“ zeigt bei-
pielhaft, dass wir alle in der Verantwortung stehen,
enn es um unsere Kinder geht.
Meine Damen und Herren, aus Kindern werden Se-

ioren. Damit komme ich zum Thema Jugend und De-
ographie. Wir Abgeordnete, und nicht nur wir, sind
icht nur dem Hier und Jetzt verpflichtet, sondern auch
er Zukunft.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516404000


Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
cheuer?


Sabine Bätzing (SPD):
Rede ID: ID1516404100

Gerne, Herr Scheuer.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516404200


Wir machen es dann so, dass Sie die Antwort mit Ih-
en Schlusssätzen verbinden; denn Ihre Redezeit ist ab-
elaufen.


Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1516404300

Frau Präsidentin! Hochgeschätzte Frau Kollegin
ätzing, Sie waren vorher beim Jugendschutz. Im natio-
alen Aktionsplan „Für ein kindergerechtes Deutsch-
and“ wird ja von der Bundesregierung der Jugendschutz
roß ausgebreitet. Können wir uns darüber unterhalten,
b Ballerspiele und ähnliche Dinge verboten werden,
ie wir es in dem von uns vor einiger Zeit eingebrachten
ntrag vorgesehen haben, und würden Sie dabei mitma-
hen?






(A) )



(B) )



Sabine Bätzing (SPD):
Rede ID: ID1516404400

Herr Scheuer, ich bin nicht erstaunt, dass Sie das

Thema schon wieder ansprechen. Wir haben uns ja be-
reits oft im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend sowie im Ausschuss für Kultur und Medien da-
rüber unterhalten. Ich habe Ihnen immer gesagt – und
das ist auch heute wieder meine Antwort –, dass wir das
Jugendschutzgesetz evaluieren.


(Zuruf von der CDU/CSU: Wie lange denn?)

Dabei werden wir sehen, welche Entwicklungen es gibt.
Wenn es dann erforderlich sein sollte, werden wir uns
vielleicht auch über solche Maßnahmen Gedanken ma-
chen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Eigentlich war ich ja schon in der Schlussphase mei-
ner Rede, Frau Präsidentin, angekommen. Ich möchte
die Zeit nutzen, um mit Ausführungen zum Thema
Generationengerechtigkeit meinen Beitrag in dieser ju-
gendpolitischen Debatte zu beenden. Der Begriff Gene-
rationengerechtigkeit wird ja in Ihrer Großen Anfrage
erwähnt. Er wird aber durchaus unterschiedlich definiert.
Ich finde, er darf nicht nur, wie aus Ihren Fragen hervor-
geht, auf die sozialen Sicherungssysteme bezogen wer-
den. Er muss auch Eingang in die Finanzpolitik genauso
wie in die Bildungs- und Wirtschaftspolitik finden.
Standortpolitik ist eben auch Jugendpolitik und Bil-
dungspolitik ist Standortpolitik.

Unsere Regierung, meine sehr geehrten Damen und
Herren, hat Jugendpolitik als eine Querschnittsaufgabe
erkannt. Die Interessen der jungen Menschen finden auf
allen Handlungsebenen Berücksichtigung. Ohne die Ju-
gend und ohne ein Miteinander von Jung und Alt sieht
unser Staat alt aus. Damit ist kein Staat zu machen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516404500

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Julia Klöckner.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1516404600

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

legen! Frau Kollegin Bätzing, Sie haben eben gesagt, die
Bundesregierung will Lust auf die große weite Welt ma-
chen. Ich muss Ihnen da entgegenhalten: Wir wollen un-
seren Jugendlichen erst einmal Lust auf Deutschland,
auf ihr Heimatland, machen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Sabine Bätzing [SPD]: Es geht um den Austausch und das Erlernen gegenseitiger Toleranz!)


Der eine will die Jugend ewig haben, der andere will
noch einmal 16 sein. Angeblich soll ja die Jugendzeit
eine der schönsten im Leben sein. Damals, als Sie und
ich vielleicht noch 16 waren und sich so mancher

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(C (D ünschte, auch noch einmal in unserem Alter zu sein, aben wir diesen Wunsch, jung sein zu wollen, vielleicht och verstanden. Wie sieht es denn heute aus? Ehrlich esagt möchte ich heute nicht in der Haut einer 16-Jährien stecken. (Lachen bei der SPD – Zuruf von der SPD: Quatsch!)


Die Perspektive für die Zukunft ist alles andere als
ptimal:


(Ute Kumpf [SPD]: Sie machen alles mies!)

ekordverschuldung, Rekordarbeitslosigkeit, Rekordin-
olvenzen. Wenn Sie uns auffordern, Deutschland bei
en jungen Menschen nicht mies zu machen,


(Ute Kumpf [SPD]: Sie machen es doch!)

rwidere ich Ihnen: Sie dürfen die Lage auch nicht
chönzeichnen, sonst bricht man nämlich in das Eis ein.
üten Sie sich davor, warnen Sie die Jungen und
chauen Sie sich einmal die Zahlen an! Von diesem
tandpunkt aus müssen wir die Richtung noch einmal
orrigieren. Das ist nämlich eine traurige Spitzenleis-
ung der Bundesregierung.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das, was für viele Jugendliche gewiss ist, ist, dass sie

ie Rechnung dafür zahlen müssen, was heute schief
äuft. Schauen wir uns das einmal genauer an: Sie wer-
en die Rechnung für die optische Schönung von Ar-
eitslosenzahlen zahlen müssen,


(Widerspruch bei der SPD – Anton Schaaf [SPD]: Wer hat denn die Zahlen immer geschönt? Es wäre schon angebracht, dass Sie wahrhaftiger wären!)


ie werden die Rechnung für das Türken von Bundes-
aushalten und für den Verkauf des Tafelsilbers, der von
hnen betrieben wird, zahlen müssen. Sie werden auch
ie Rechnung für die Abschaffung des demographischen
aktors unter Rot-Grün bezahlen müssen, der dann
rgendwann wieder unter dem Namen Nachhaltigkeits-
aktor – der Begriff Nachhaltigkeit wird ja sehr oft infla-
ionär gebraucht – eingeführt wurde.


(Jörg Tauss [SPD]: Studiengebühren, nicht?)

Leider ist Ihre Jugendzeit, Herr Tauss, schon länger
orbei. Sie hatten es vielleicht noch ganz gut. Für die
eutige Jugend sieht es aber anders aus.


(Ute Kumpf [SPD]: Was?)

ie verfehlte Renten- und Gesundheitspolitik trägt das
hrige dazu bei.
Das Schlimmste, was diese Regierung – die heute lei-

er sehr übersichtlich hier vertreten ist – der Jugend an-
un kann, ist, ihr den Glauben an die Zukunft zu nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

iebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, Sie
eden ja gerne von Nachhaltigkeit. Sie benutzen dieses
ort ziemlich oft und inflationär, wodurch es immer






(A) )



(B) )


Julia Klöckner

inhaltsleerer wird. Nachhaltig wäre es gewesen, wenn
Sie unserem Antrag auf Einrichtung eines Zukunftsaus-
schusses vom vergangenen Jahr zugestimmt hätten. Jähr-
liche Generationenbilanzen und Gesetzeschecks vor dem
Hintergrund der Generationengerechtigkeit wären ein
Warnsignal gewesen, auch über die nächsten Wahlen hi-
naus.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Mittlerweile lebt – Sie haben es im Armutsbericht ge-

lesen – jedes zehnte Kind in relativer Armut. Hinzu
kommt ein neuer Aspekt, dem wir uns noch nicht
genügend zugewendet haben: die Verschuldung von
Jugendlichen und die Verstrickung in Kostenspiralen.
Das ist ein neues Problem, das auf uns zurollt. Die Kauf-
anreize sind groß, Verträge sind problemlos geschrieben,
bargeldlos ist schnell eingekauft. Die jugendliche Ziel-
gruppe steht im Fokus von Lockangeboten. Auch die
mangelnde Kenntnis vom Haushalten, vom Umgang mit
Geld wird ein Problem werden, dem wir uns zuwenden
wollen. Hier brauchen die jungen Menschen unsere Un-
terstützung.

Es wird gewiss nicht einfacher werden, für die Ju-
gendlichen in diesem Land eine Lanze zu brechen. Wir
reden fast über Minderheitenpolitik.


(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Julia, etwas langsamer, die Regierung möchte zuhören!)


– Das ist ein bisschen schwierig. Wahrheiten tun oft
weh. – Bis 2050 wird sich der Anteil der unter 20-Jähri-
gen von derzeit 21 Prozent auf 16 Prozent verringern.
Besonders bedrückend ist die Entwicklung im länd-
lichen Raum. Ein Blick zeigt, dass die Jugend dort sehr
schwach vertreten ist bzw. abwandert. Laut Statisti-
schem Bundesamt sind nur rund 19 Prozent der Bevöl-
kerung im ländlichen Raum angesiedelt. Abgewandert
sind von 1996 bis 2001 rund 300 000 Jugendliche. Die
Dörfer aber entwickeln sich nur mit den Jugendlichen
und umgekehrt entwickeln sich die Jugendlichen mit ih-
ren Dörfern.

Eine kräftige Wirtschaft ist einer der wichtigsten de-
mographischen Faktoren. Laut Aussage der Bundesre-
gierung, auch in einer Antwort auf unsere Große An-
frage – die, nachdem sie so oft verschoben wurde,
vorgestern Abend auf dem Tisch lag; ich finde es eine
Unverschämtheit, dass Sie sich jetzt auf eine Antwort
beziehen, über die noch nicht einmal die Staatssekretärin
gesprochen hat; außerdem ist es ein starkes Stück, ein-
fach nur einen Berg Papier zu produzieren; Gesetze müs-
sen Sie uns in der Antwort nicht erklären, die können wir
selbst nachlesen, stattdessen hätten wir gerne konstruk-
tive Ansätze und Perspektiven für die Zukunft erfah-
ren –,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

ist es ihr Ziel, allen Jugendlichen die Chance einer

Ausbildung zu eröffnen. Das hört sich sehr gut an. Aber
wie sieht es denn konkret aus? In unsere Abgeordneten-
sprechstunden kommen in jüngster Zeit immer mehr Ju-
gendliche, die sich darüber beklagen, dass ihre Lehrver-
träge aufgelöst werden, und zwar nicht deshalb, weil ihre

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(C (D etriebe sie nicht wollten, sondern weil den Betrieben on der Bundesagentur für Arbeit Praktikanten angebon werden, die mobil sind und Auto fahren können. Ein ehrling kostet Zeit, Nerven und auch Geld und die raktikanten werden zurzeit wie „sauer Bier“ angeboten. as hat einen Kannibalisierungseffekt. Auf der einen eite fordern Sie, dass die Betriebe einstellen, auf der nderen Seite subventionieren Sie diesen Ausverkauf. chauen Sie, dass Ihre Umsetzungen stringent sind! Beundungen allein helfen nicht, schon gar nicht den Juendlichen. Zum Thema Rechtsextremismus hat schon mein ollege Michael Kretschmer einiges gesagt. Da stehen ir alle zusammen, auch parteiübergreifend. (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hoffentlich!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ir sind uns sicher, dass Demokratie und ein tolerantes,
eltoffenes, soziales Miteinander erlernbar sind. Wir
öchten die Jugendlichen nicht abschreiben. Aber eines
ällt uns schon auf. Jugendliche sind dort gefestigt, wo
ie in ländlichen Strukturen, Vereinen und demokratisch
gitimierten Jugendgruppen integriert sind. Uns wun-
ert, dass die Bundesregierung gerade die Gelder für
iese Jugendorganisationen streicht.


(Sabine Bätzing [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)


Wenn das nicht stimmt, hat leider auch Ihr Juso-Vorsit-
ender aufgrund einer falschen Sachlage die Bundes-
egierung kritisiert. – Diese Jugendorganisationen müs-
en unterstützt werden, damit Demokratie erlernbar
leibt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ein letzter Blick auf die Landwirtschaft. Diese Bun-

esregierung hat nur eine Museumslandschaft im Auge.
ch denke in diesem Zusammenhang an Ministerin
ünast, die ein Denkverbot in Richtung Grüne Gentech-
ik ausgesprochen hat. Die Landwirtschaft ist aber mehr
ls nur eine Museumslandschaft. Sie ist ein starker Wirt-
chaftsfaktor; denn die Produktivität pro Arbeitskraft ist
den letzten Jahren gestiegen. Außerdem bietet sie mit
3 grünen Berufen den Jugendlichen eine Zukunft.
Wenn die Bundesregierung den Jugendlichen wirklich

ine Chance geben will, dann darf sie nicht weiter den
usverkauf unserer Landwirtschaft betreiben. Wir brau-
hen vielmehr ein Bekenntnis zur Landwirtschaft im
eutschen Raum und wir müssen diejenigen unterstüt-
en, die Betriebe übernehmen.
Lassen Sie uns die Jugendlichen und die Kinder in

en Mittelpunkt unserer Politik stellen! Bei dem, was
tzt entschieden wird, sollten Sie nicht nur an die
ächste Wahl denken, sondern auch daran, dass diejeni-
en, die nach uns kommen, die späteren Lasten und Kos-
n tragen müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516404700

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Kerstin Griese.


(Beifall bei der SPD)


Kerstin Griese (SPD):
Rede ID: ID1516404800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Kollegin Klöckner, diese Schwarzmalerei passt
eigentlich gar nicht zu Ihrem Gemüt.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Woher kennen Sie mein Gemüt?)


Wir sollten nicht alles schwarz malen, sondern wir soll-
ten uns die Fakten einmal genau ansehen. Es gibt durch-
aus ernsthafte Probleme. Daher muss man ernsthaft nach
Lösungen suchen und darf nicht billige Taktiererei be-
treiben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Rekordhalter im Schuldenmachen ist immer noch
Theo Waigel.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

Man muss sich einmal die Entwicklungen ansehen, um
erkennen zu können, was wir für die Zukunft unseres
Landes und für die Zukunft unserer Kinder und Jugend-
lichen tun können.

Wenn man einmal die verschiedenen Lösungen ver-
gleicht, die die Opposition


(Anton Schaaf [SPD]: Da haben wir gar nichts gehört!)


und die SPD und die Grünen anbieten, dann kann man
sehr deutliche Unterschiede feststellen. Herr Scheuer,
ich möchte zunächst ein Beispiel aus Bayern anführen.
Der Freistaat Bayern hat – unterstützt von der CDU/
CSU – in den Bundesrat das kommunale Entlastungs-
gesetz eingebracht. Schauen wir uns dieses Gesetz doch
einmal genauer an. Es beinhaltet, dass soziale Leistun-
gen in den Kommunen reine Sparmasse sein sollen und
dass ein Finanzvorbehalt eingeführt werden soll. Das wi-
derspricht aber dem, was im Sozialgesetzbuch steht,
nämlich dass die Menschen ein Recht auf ein menschen-
würdiges Dasein haben. Die von Ihnen geplante Einfüh-
rung einer Finanzklausel würde dazu führen, dass die
Ausgaben für Kinder und Jugendliche nur noch Manö-
vriermasse wären.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie senden ein falsches Signal aus. Denn Ihre Vor-
schläge beinhalten, dass Menschen, die wirklich Hilfe
brauchen, sie nicht in Anspruch nehmen können und
dass sie nur zu einer finanziellen Belastung der Kommu-
nen degradiert werden. Wir brauchen eine sozial ge-
rechte Lösung. Wir müssen zwar die Finanzierbarkeit
beachten. Aber die Hilfe für Menschen, die sie brauchen,
muss im Vordergrund stehen. Die Konzepte der Union
beinhalten dagegen nur Abbau von Rechten. Die Ju-
gendlichen in Bayern sollten sich daher genau überle-
gen, wo sie ihr Kreuz machen.

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(C (D Unsere Reform der Kinderund Jugendhilfe sieht nders aus. Wir werden sie sinnvoll und nachhaltig weirentwickeln. Wir werden dabei übrigens die Kommuen entlasten. Wir werden keine Ausgaben streichen, ondern wir werden dafür sorgen, dass jedes Kind und der Jugendliche, das bzw. der Hilfe braucht, diese ilfe auch bekommt. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir werden die Jugendämter stärken und wir werden
as Kinder- und Jugendhilfegesetz weiterentwickeln, um
issbrauch zu verhindern. Wir werden die Eingliede-

ungshilfen zielgenauer formulieren und die Qualität
ichern. Wir werden außerdem – auch das gehört zur
ozialen Gerechtigkeit – finanzstarke Eltern stärker an
en Kosten beteiligen. Es handelt sich also um eine gute
nd sinnvolle Weiterentwicklung von bestehenden Re-
elungen und um eine sinnvolle Investition in die Zu-
unft von Kindern und Jugendlichen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich nenne Ihnen ein zweites Beispiel, das zeigt, wie
ir die Chancen und Teilhabemöglichkeiten von Kin-
ern und Jugendlichen verbessern können. Es geht um
en Bereich Ausbildung, der schon häufig angesprochen
orden ist. Sie sollten nicht immer mit einem Finger auf
ndere zeigen; denn vier Finger zeigen auf Sie zurück.
s bedarf einer gemeinsamen Anstrengung, die Ausbil-
ungssituation zu verbessern. Wir haben den Ausbil-
ungspakt auf den Weg gebracht. Es zeigen sich bereits
eutliche Erfolge. Es gibt mehr Ausbildungsplätze, weil
ich Politik und Unternehmen verstärkt darum geküm-
ert haben, dass Jugendliche eine Chance bekommen.
Die Lösung, die Sie in Ihrem „Pakt für Deutschland“

orschlagen, beinhaltet als einzigen Ansatz, die Bestim-
ungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes zu verschär-
en. Es wird dabei aber vergessen, dass darin weder die
ergütung noch Einstellungsvoraussetzungen geregelt
erden. Mit den Änderungen im Jugendarbeitsschutzge-
etz wollen Sie nur die Regelungen hinsichtlich der Ar-
eits- und Ruhezeiten für Jugendliche verschlechtern.
ch glaube, das ist nicht der richtige Ansatz, um Jugend-
chen mehr Chancen auf Bildung zu geben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Ausbildungspakt ist ein Erfolg. Seit 2004 konnte
ie Zahl der Ausbildungsverträge zum ersten Mal wieder
rhöht werden. Bundesweit wurden 573 000 Ausbil-
ungsverträge abgeschlossen. Das ist ein Plus von fast
Prozent. Ich sage aber sowohl an die Adresse der Un-
rnehmen als auch an die Adresse der Politik sehr deut-
ch, dass das noch nicht genug ist. Aber diese Trend-
ende, die wir eingeleitet haben, ist ein erster richtiger
chritt.
Ein drittes Beispiel dafür, was wir Sinnvolles tun, ist

er europäische Pakt für die Jugend. Wir haben heute
chon über Identität und Werte gesprochen. Dies ist eine
iskussion, die ich für durchaus wichtig halte. Ich finde






(A) )



(B) )


Kerstin Griese

es deshalb gut, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder
zusammen mit drei anderen Staats- und Regierungschefs
die Errichtung eines europäischen Pakts für die Jugend
vorgeschlagen hat, um die Jugendpolitik als Quer-
schnittsaufgabe in der Europäischen Union zu verankern
und die junge Generation in Europa zukunftsweisend
auszubilden, ihr Beschäftigungschancen zu geben und
ihr natürlich auch, Frau Klöckner, Chancen auf Jugend-
austausch zu geben. Ein solcher Austausch ist doch dazu
da, dass man etwas lernt, mit diesem Wissen wieder-
kommt und es hier im Lande anwenden kann. Wir alle
kennen Jugendliche, die an dem Parlamentarischen Pa-
tenschafts-Programm des Bundestages teilgenommen
haben, und wissen, wie sinnvoll es ist. Wir wollen aber,
dass mehr Jugendliche diese Chance erhalten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Uns geht es darum, das, was im Weißbuch Jugend
vorgesehen ist, nämlich Partizipation, Information und
mehr Freiwilligendienste, tatsächlich in Deutschland zu
verankern. Dafür haben wir wichtige Projekte gestartet;
meine Kolleginnen haben schon darauf hingewiesen.

Ich will zu einem weiteren Punkt etwas sagen; denn
Sie behaupten immer wieder, wir hätten die Mittel für
die Jugendverbände gekürzt. Das stimmt nicht. Wir ha-
ben im derzeitigen Haushalt – im Gegenteil – die Mittel
im Kinder- und Jugendplan noch einmal um 2 Millionen
Euro erhöht. Wenn man sich all die Streichungsvor-
schläge, die auf dem Tisch lagen, ansieht, kommt man zu
dem Ergebnis, dass es viel schlimmer hätte aussehen
können. Wir haben also die Mittel erhöht und zusätzlich
EU-Mittel, die diese Summe um ein Vielfaches überstei-
gen, ganz gezielt im Bereich der Jugendlichen einge-
setzt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Besonders wichtig ist dabei das Programm „Jugend
für Toleranz und Demokratie – gegen Rechtsextremis-
mus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“. Die
Mittel für dieses Programm haben wir – das wissen Sie;
wir haben darüber diskutiert – nicht gekürzt. Wir halten
diese Aufgabe vielmehr weiterhin für äußerst wichtig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das Deutsch-Polnische und das Deutsch-Französi-
sche Jugendwerk sind zwei wichtige Säulen des Jugend-
austausches. Wir haben mit Tandem im Rahmen des
deutsch-tschechischen Jugendaustausches und mit Con-
Act im Rahmen des deutsch-israelischen Jugendaustau-
sches und jetzt neu mit dem deutsch-russischen Jugend-
austausch einen wichtigen Schritt gemacht und finan-
zielle Mittel dafür eingesetzt, dass Jugendliche die
Erfahrung des Jugendaustausches machen können.

Ich will in diesem Zusammenhang die gute und wich-
tige Arbeit der Jugendverbände ausdrücklich hervorhe-
ben, die einen wertvollen Beitrag dafür leisten, dass Kin-
der und Jugendliche in unserer Gesellschaft lernen,
solidarisch und demokratisch miteinander aufzuwachsen

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(C (D nd Eigenverantwortung zu übernehmen. Diese Arbeit nterstützen wir im Kinderund Jugendplan. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich denke, dass wir hoffentlich gemeinsam erkannt
aben – dies müssen wir aber auch umsetzen –, dass die
ntegration von Jugendlichen besonders aus dem Kreis
er Spätaussiedler und ausländischer Jugendlicher bzw.
ugendlicher mit Migrationshintergrund äußerst wichtig
st. Sie kennen vielleicht das Programm „Entwicklung
nd Chancen junger Menschen in sozialen Brennpunk-
en“. Dies ist ein wichtiges Programm, in das viele EU-
ittel fließen. Fast 1,8 Millionen Euro werden im Haus-
alt des Jugendministeriums zur Verfügung gestellt.
amit wird vor Ort, in den Stadtteilen, soziale Ausgren-
ung bekämpft, werden Kompetenzen und Qualifikatio-
en für die Zukunft erworben und Eigenverantwortung
nd soziales Engagement gestärkt. Es werden soziale
äume geschaffen, die eine Aus- und Weiterbildung er-
öglichen. Das ist ein sinnvoller Schritt, um dies tat-
ächlich nachhaltig – da hat das Wort seine richtige Be-
eutung – zu sichern.
Wir haben im Bereich des Internets große Fort-

chritte gemacht; darüber haben wir schon häufig disku-
iert. Wir haben, nachdem die Schulen in Deutschland
m Netz sind – obwohl wir dort gern noch mehr Compu-
er und eine bessere Ausstattung hätten –, einen nächsten
ichtigen Schritt mit der Bundesinitiative „Jugend ans
etz“ gemacht. Damit wird Jugendlichen in Jugendein-
ichtungen die Möglichkeit eines Zugangs zu Computern
nd damit zum Internet gegeben. Das ist ein kostengüns-
iges Angebot. Das führt dazu, dass mehr Jugendliche
uf das Internet zugreifen können.
Sie sehen, wir haben alles in allem viel getan, damit

ugendliche eine größere Perspektive und Chancen ha-
en. Es geht darum, gemeinsam mit Kindern und Ju-
endlichen für Kinder und Jugendliche die Zukunft zu
estalten. Wir haben die Investitionen in Bildung und
usbildung erhöht.
Dazu muss man ganz deutlich sagen: Ich glaube, es ist
eitaus sinnvoller, in Bildungschancen, in Kinderbe-
reuung und in Bildungsangebote für Kinder und Ju-
endliche zu investieren als weiterhin in die Eigenheim-
ulage. Das wäre ein Schritt, bei dem Sie beweisen
önnten, dass Sie in die Zukunft investieren wollen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben einen Paradigmenwechsel eingeleitet. Wir
aben die Angebote für Kinder und Jugendliche verbes-
ert. Wir alle wissen, dass es heute für junge Frauen und
änner wichtig ist, dass die Kinderbetreuung ausgebaut
ird, damit sie die Chance haben, ihre Kinderwünsche
u verwirklichen und damit Männer und Frauen sich tat-
ächlich gleichberechtigt berufliches Engagement und
rziehungsarbeit teilen können.
Dieses Thema gehört ebenso zur Jugendpolitik, auch
enn das in den 225 Fragen Ihrer Großen Anfrage nicht
orkommt. Die Masse macht ja bei den Anfragen oft






(A) )



(B) )


Kerstin Griese

nicht die Klasse. Auch wir haben in der letzten Wahl-
periode eine Große Anfrage zur Jugendpolitik gestellt.
Vielleicht schauen Sie noch einmal nach; wir haben
81 Fragen gestellt. Aber diese haben alle Themenfelder
umfasst, die Kinder und Jugendliche angehen. Deshalb
muss auch das, was wir im Bereich der Frühförderung
von Kindern tun, eine wichtige Rolle spielen.

Alles in allem muss unser Motto lauten: „Auf ins Le-
ben“, und zwar mit vielen guten Ansätzen, die die jun-
gen Menschen unterstützen. Die „Rheinische Post“
schreibt auf der Titelseite ihrer heutigen Ausgabe: Die
Jungen kommen. Ich glaube, wir brauchen keinen billi-
gen Schlagabtausch. Wenn es darum geht, die Chancen
von Kindern und Jugendlichen zu verbessern, ist viel-
mehr eine ernsthafte Zusammenarbeit notwendig.

Wir haben als rot-grüne Koalition gute Ansätze ge-
wählt und wirkliche Verbesserungen erzielt. Ich kann
das für mein Bundesland Nordrhein-Westfalen bestäti-
gen, wo mit einer nachhaltigen Jugendpolitik die Ju-
gendarbeit deutlich gestärkt wird. Das werden die Ju-
gendlichen auch merken.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516404900

Jetzt müssen Sie erst einmal durchatmen. – Das Wort

hat nun die Abgeordnete Ingrid Fischbach.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1516405000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch

ich muss erst einmal Luft holen, Frau Griese. Es trifft
nicht nur zu, dass in der Masse nicht die Klasse liegt,
sondern auch nicht in der Schnelligkeit. Es war sehr
schwer, Ihnen zuzuhören. Vielleicht war sogar etwas
Gutes dabei. Wir konnten Ihnen aber kaum folgen.


(Sabine Bätzing [SPD]: Wir haben es geschafft! – Christel Humme [SPD]: Jetzt stellen Sie aber Ihr Licht unter den Scheffel!)


Ich bin richtig aufgeregt und muss mich erst einmal et-
was beruhigen.

Wir haben aber trotzdem zugehört. Sie haben vom
lebenslangen Lernen gesprochen und festgestellt, dass
Lesen bildet.


(Christel Humme [SPD]: Zuhören manchmal auch!)


Diese Tatsache gilt nicht nur für die Opposition, sondern
sicherlich auch für die Regierung.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jutta DümpeKrüger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die gilt für alle!)


Sie gilt auch für die Frau Staatssekretärin, die die Ant-
worten aus ihrem eigenen Haus nicht gelesen zu haben
scheint.

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(C (D Da Lesen bildet und wir lebenslang lernen wollen, rau Staatssekretärin, zitiere ich die von Ihnen angegeene Zahl der Ausbildungsplätze, die die Bundesveraltung anbietet. Auf Seite 5 der Antworten ist von 0 Prozent die Rede, um die sich die Zahl dieser Ausbilungsplätze erhöht hat. Die Opposition liest. (Jutta Dümpe-Krüger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Daran habe ich keinen Zweifel, Frau Fischbach!)


ie hat das in der Schule noch gelernt. In den guten Re-
ierungszeiten von Helmut Kohl haben wir noch richtig
iel mitbekommen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

ir haben sogar bis Seite 86 gelesen.
Ich zitiere nochmals aus Seite 5:
Die Bundesregierung hat ihrerseits im Jahr 2004
die Zahl der Ausbildungsplätze in der Bundesver-
waltung um 30 Prozent erhöht.

ch zitiere aus Seite 86:
Die Bundesregierung erhöht die Zahl der Ausbil-
dungsplätze in der Bundesverwaltung in 2004 um
20 Prozent.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: 10 Prozent machen nichts aus! Das ist wie beim Bundeshaushalt!)


enn ich bis Seite 210 weiterlese, dann sind es 10 Pro-
ent und in Wirklichkeit null.
Allein dieses Beispiel – auf weitere gehe ich gar nicht

in – zeigt, wie Sie auf die Anfrage eingehen und mit
elcher Ernsthaftigkeit Sie sie beantwortet haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Klaus Haupt [FDP])


as ist ein Schlag ins Gesicht der jungen Leute, die sich
on Ihnen veräppelt fühlen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Anders als Sie haben wir nicht gesagt: Auf den An-

ang kommt es an. Wir meinen vielmehr, dass es auf die
ugend ankommt. Deshalb haben wir im vergangenen
ahr ein erstes Expertengespräch in der Fraktion durch-
eführt, in dem junge Leute aus ganz Deutschland zu
ort kamen.


(Christel Humme [SPD]: Konsequenz?)

ir haben zugehört. Aufgrund der Wünsche und Vor-
tellungen der jungen Leute ist die vorliegende Anfrage
ustande gekommen. Wir geben ihnen nämlich nicht vor,
as sie zu fragen oder zu beanspruchen haben oder wel-
he Ideen sie äußern sollen.
Frau Staatssekretärin, Sie haben bedauert, dass Kin-

erbetreuungsangebote und frühe Förderung in unserer
nfrage fehlen. Diese Punkte interessieren die Jugendli-
hen zurzeit überhaupt nicht. Sie haben andere Sorgen,
nd zwar hinsichtlich der Arbeitslosigkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Ingrid Fischbach

Sie aber sind nur in den letzten drei Minuten Ihrer zwölf-
minütigen Rede mit ein paar Halbsätzen auf die Arbeits-
losigkeit eingegangen, Frau Staatssekretärin. Deshalb
denke ich, dass Sie an der Jugend vorbeireden. Sie wis-
sen nicht, was die Jugend bewegt und was sie will.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Klaus Haupt [FDP])


Ich möchte einige Sätze des Bundeskanzlers aus dem
Jahr 1998 zitieren: Wir brauchen eine bessere Ausbil-
dung. Wir müssen dafür sorgen, dass die Arbeitslosigkeit
zurückgedrängt wird.

Wie sollen unsere jungen Menschen unsere Gesell-
schaft und unsere Zukunft gestalten, wenn wir ih-
nen nicht die Möglichkeit geben, für sich selber zu
sorgen? Wir stehen für das Zukunftsprojekt
Deutschland. Wir machen keine unhaltbaren Ver-
sprechungen.

Wir alle wissen, dass die Arbeitslosenzahlen 1998/99
zurückgingen. Insofern stellen die Zahlen von heute
– sechs Jahre nach Beginn Ihrer Regierungszeit – einen
dramatischen Anstieg allein gegenüber dem Vorjahr dar.
Die Jugendarbeitslosigkeit hat sich um 28,5 Prozent er-
höht.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: 28,5 Prozent! Sehr bitter!)


680 000 junge Menschen unter 25 sind ohne Arbeit. In
Nordrhein-Westfalen – Frau Griese, Sie haben auf NRW
hingewiesen – ist der Anstieg der Arbeitslosigkeit
ebenso eklatant: Dort sind im Februar 23 000 junge
Leute mehr ohne Arbeit, insgesamt nun 129 300.

Nun sagen Sie, das liege an den Hartz-Gesetzen und
das sei so, weil Sie das gesamte System umgestaltet hät-
ten. Ich nenne Ihnen nur einmal die Zahlen, die uns zu
neuen Ausbildungsverträgen vorliegen. Bereits im
Jahr 2001 sank die Anzahl der neuen Ausbildungsver-
träge. Damals waren noch keine Hartz-Gesetze in Kraft.
Allein im Jahr 2003 sank die Anzahl der Ausbildungs-
verträge junger Leute um mehr als 20 000. Das hat also
nichts mit den Hartz-Gesetzen, sondern mit verfehlter
Wirtschaftspolitik zu tun. Das möchte ich Ihnen einmal
sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Klaus Haupt [FDP])


Jetzt komme ich auf Frau Dümpe-Krüger zu spre-
chen. Wer lesen kann, ist glatt im Vorteil.


(Jutta Dümpe-Krüger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das ist so!)


Sie haben ja aus dem zweiten Abschnitt unserer Großen
Anfrage zitiert:

Wenn aber die Politik der Bundesregierung Bedin-
gungen und Zukunftsaussichten für die junge Gene-
ration massiv negativ beeinträchtigt, drohen selbst
für optimistische Jugendliche Verunsicherung und
Perspektivlosigkeit.

Meine Damen und Herren, Sie sollten einmal hören, was
der Kanzler dazu gesagt hat:

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(C (D Es ist kein Zweifel: Unser drängendstes und auch schmerzhaftestes Problem bleibt die Massenarbeitslosigkeit. Sie führt zu psychischen Zerstörungen, zum Zusammenbruch von Sozialstrukturen. Den einen nimmt sie die Hoffnung, und den anderen macht sie Angst. as haben nicht wir gesagt, sondern Ihr Kanzler. (Klaus Haupt [FDP]: Wo der Kanzler Recht hat, hat er Recht!)

o er Recht hat, hat er Recht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Klaus Haupt [FDP])


Herr Müntefering hat am 6. dieses Monats gesagt:
ir haben die Arbeitslosigkeit in der Größenordnung
8 Helmut Kohl plus Statistik Hartz. Es ist ein Schlag
ns Gesicht der jungen Leute, wenn er weiter ausführt:
Das ist bedrückend viel, aber es ist nicht mehr gewor-
en. Liebe Leute, so geht das nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Klaus Haupt [FDP] – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Eine Verhöhnung der Arbeitslosen ist das!)


Nun gehe ich ganz kurz auf zwei weitere Aspekte ein,
ie Sie sehr gerne ansprechen. Frau Dümpe-Krüger, zum
JHG. Ist Ihnen der gemeinsame Antrag Nordrhein-
estfalens und Bayerns zu den Änderungen im KJHG
ekannt?


(Jutta Dümpe-Krüger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich sage nur: Finanzkraftklausel!)


n Nordrhein-Westfalen, dem Bundesland, aus dem Sie
ommen, wurde eine Volksinitiative gegen die Kürzun-
en durchgeführt, die das Land im Jahr 2003 im gesam-
en Jugendbereich durchführen wollte. Wenn nicht die
DU und verschiedene Organisationen, zum Beispiel
ugendverbände, gemeinsam eine Volksinitiative ins Le-
en gerufen hätten, hätten Sie dort schon im Jahre 2003
und zwar ohne Bayern – die Mittel gekürzt.


(Jutta Dümpe-Krüger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätten wir gar nicht, Frau Fischbach! Kein Stück! Das wissen Sie genau!)


as ist die Realität.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Da wird ja gefälscht, dass sich die Balken biegen!)


Das muss ich leider auch der Kollegin Griese sagen.
ch könnte es mir einfach machen, Frau Griese, und sa-
en: Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird sich ent-
prechend all den Gesprächen, die wir geführt haben,
erhalten


(Zuruf von der SPD: Das könnten Sie auch ruhig ernsthaft machen!)


nd ihre Entscheidung im Interesse der Jugendlichen
reffen. Aber, wie gesagt: Lesen bildet. Wer liest, ist glatt
m Vorteil. Daher empfehle ich Ihnen, Frau Griese, die






(A) )



(B) )


Ingrid Fischbach

Lektüre Ihres Gesetzentwurfes zum SGB XII, den Sie
– auch das ist schon eine Weile her – im Jahre 2003 vor-
gelegt haben.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516405100

Jetzt müssen Sie bitte auf Ihre Redezeit achten. Keine

langen Lesereien mehr!

Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1516405200

Das ist mein letzter Satz, Frau Präsidentin. – In Ihrem

Gesetzentwurf zum SGB XII steht unter § 70 – Einrich-
tungen und Dienste –:

Die Vereinbarungen müssen den Grundsätzen der
Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungs-
fähigkeit entsprechen und

– jetzt kommt es –
die Finanzkraft der öffentlichen Haushalte ange-
messen berücksichtigen.

Das ist nichts anderes als eine Finanzkraftklausel.
Diese war in Ihrem Gesetzentwurf zum SGB XII enthal-
ten.


(Christel Humme [SPD]: Sie vermischen da was! Das ist falsch!)


– Nein, wir vermischen gar nichts. Sie müssen nur rich-
tig lesen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Christel Humme [SPD]: Also, Frau Fischbach, Lesen bildet! Lesen Sie das noch einmal nach!)


– Ich lese wahrscheinlich besser und schneller als Sie,
weil ich eine Brille aufhabe. Aber eine Brille haben Sie
ja auch, Frau Humme.

Ich möchte Sie daran erinnern:

(Nicolette Kressl [SPD]: Ich glaube, Sie sind eigentlich fertig!)

Die Jugend will und braucht Zukunft. Die CDU/CSU-
Fraktion bietet der Jugend Zukunft. Da Sie nicht alles
anders, aber vieles besser machen wollten, und der
Kanzler gesagt hat, wir seien abgewählt worden, –


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516405300

Frau Kollegin!

Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1516405400

– weil wir die Arbeitslosigkeit nicht in den Griff be-

kommen haben, vermute ich, –

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516405500

Frau Kollegin, jetzt geht es nicht mehr.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Ingrid Fischbach (CDU):
Rede ID: ID1516405600

– dass auch Sie abgewählt werden, spätestens im

Jahr 2006.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Klaus Haupt [FDP])


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(C (D Ich schließe damit die Aussprache. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 19 a und 19 b auf: a)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516405700

gierung eingebrachten Entwurfs eines Siebten
Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen
Wettbewerbsbeschränkungen
– Drucksache 15/3640 –

(Erste Beratung 124. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Wirtschaft und Arbeit (9. Ausschuss)

– Drucksache 15/5049 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Hubertus Heil

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit

(9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten

Rainer Brüderle, Gudrun Kopp, Daniel Bahr

(Münster), weiterer Abgeordneter und der Frak-

tion der FDP
Für einen wirksamen Wettbewerbsschutz in
Deutschland und Europa
– Drucksachen 15/760, 15/3136 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Hartmut Schauerte

Zum Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes ge-
en Wettbewerbsbeschränkungen liegen ein Entschlie-
ungsantrag der Fraktion der CDU/CSU und zwei Ent-
chließungsanträge der Fraktion der FDP vor.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für

ie Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Wi-
erspruch höre ich nicht. Dann ist so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst

er Parlamentarische Staatssekretär Ditmar Staffelt.

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Dr. Ditmar Staffelt (SPD):
Rede ID: ID1516405800

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Der vorliegende Gesetzentwurf ist zweifelsfrei
ür die Wirtschaftsordnung unseres Landes von großer
edeutung. Tatsächlich zeigt die Erfahrung: Ein funktio-
ierender Preis- und Qualitätswettbewerb ist eine ganz
ntscheidende Voraussetzung für wirtschaftlichen und
echnologischen Fortschritt.


(Beifall bei der SPD)

r ist unerlässlich, wenn die Wahlmöglichkeiten und die
ewertungsfähigkeit der Verbraucher sichergestellt sein
ollen.
Anlass und Hauptanliegen des vorliegenden Gesetz-

ntwurfes ist die Anpassung des deutschen Wettbe-
erbsrechts an das zum 1. Mai 2004 geänderte europäi-
che Wettbewerbsrecht. Die Zeit drängt. Seit letztem
ai gilt für die deutschen Unternehmen zweierlei Recht:






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Dr. Ditmar Staffelt

ein deutsches für rein regionale und lokale Vereinbarun-
gen, ein europäisches für nationale und grenzüberschrei-
tende Bindungen. Es ist Zeit, diesen Zustand zu been-
den.


(Beifall bei der SPD)

Ziel ist, das deutsche Wettbewerbsrecht europatauglich
zu machen; denn das europäische Recht hat Vorrang vor
anders lautenden nationalen Vorschriften. Wo dies der
Fall ist, zeichnen wir im Gesetzentwurf europäisches
Recht nach. Aber auch dort, wo wir eigene Gesetzge-
bungshoheit haben, bei Vereinbarungen ohne zwischen-
staatliche Relevanz, übernehmen wir die Prinzipien
europäischen Rechts. Das Verbot wettbewerbsbeschrän-
kender Vereinbarungen wird an das europäische Recht
angepasst. Gleiches gilt für die Ausgestaltungen der
Ausnahmen von dem Kartellverbot. So entsteht im Inte-
resse der Unternehmen ein einheitliches Wettbewerbs-
recht, das wir dringend benötigen. Die Unternehmen
können sich nunmehr auf einheitliche Rechtsstandards
einstellen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich möchte an dieser Stelle auch darauf hinweisen,
dass dies insbesondere für unsere kleinen und mittleren
Unternehmen wertvoll ist und für sie dadurch eine
Gleichbehandlung mit den großen Unternehmen ermög-
licht wird.

Wie im europäischen Recht wird das bisherige An-
melde- und Genehmigungssystem für wettbewerbsbe-
schränkende Vereinbarungen abgeschafft und durch ein
System der so genannten Legalausnahme ersetzt. Dies
bedeutet, dass Vereinbarungen automatisch freigestellt
sind, wenn sie die gesetzlichen Freistellungstatbestände
erfüllen. Wichtig hierbei ist: Das bisherige behördliche
Prüf- und Freistellungsverfahren entfällt nunmehr. Da-
mit trägt das Gesetz ganz im Sinne dieses Hauses und
auch im Sinne der Politik der Bundesregierung dazu bei,
Unternehmen ein weiteres Mal von Bürokratie zu entlas-
ten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich glaube, dass wir so die Wachstumskräfte unserer
Wirtschaft stärken können. Zweifellos werden auch in
Zukunft die Kartellbehörden für die Diskussion über
konkrete Einzelfälle zur Verfügung stehen. Die Unter-
nehmen haben also von dem neuen System keinerlei
Nachteile zu erwarten. Dies ist auch der Grund dafür,
dass wir uns in diesen Fragen in absoluter Übereinstim-
mung mit den Verbänden der deutschen Wirtschaft be-
finden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Um sicherzustellen, dass mit dem Systemwechsel
kein Verlust an Wettbewerbsschutz verbunden ist, sind
im Gesetzentwurf eine Reihe flankierender Maßnahmen
vorgesehen. So werden die Ermittlungs- und Sanktions-
befugnisse der Kartellbehörden gestärkt, etwa durch die
Einführung eines Enqueterechts und durch die Erhöhung

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(C (D es Bußgeldrahmens. Auch der Rechtsschutz Privater egen Kartellrechtsverstöße wird verbessert. Unterlasungsund Schadensersatzansprüche werden deutlich ereichtert. In diesem Zusammenhang weist der Gesetzenturf auch den Verbraucherverbänden – das möchte ich esonders hervorheben – eine stärkere Rolle bei der urchsetzung des Wettbewerbsrechts zu: (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie können Unterlassungsansprüche geltend machen,
or allem aber können sie von Kartelltätern unter be-
timmten Voraussetzungen die Herausgabe der so ge-
annten Kartellrendite verlangen, also der Einnahmen,
ie zu Unrecht durch die Unternehmen realisiert worden
ind; ich denke, auch das ist ein ganz wichtiger Fort-
chritt durch dieses Gesetz. Dies alles – ich sage es noch
inmal – stärkt das Wettbewerbsprinzip und macht deut-
ich, dass funktionierender Wettbewerb immer auch dem
erbraucher dient und dass wir, diese Bundesregierung
nd die Koalitionsfraktionen, den Wettbewerb in diesem
ande ganz entschieden fördern, weil wir von seinen
orteilen überzeugt sind.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Insbesondere zwei Änderungen waren in den letzten
onaten Gegenstand vertiefter Diskussion: Erstens. Im
ereich der Zusammenschlusskontrolle wird der vor-
äufige Rechtsschutz gegen Freigabeentscheidungen des
undeskartellamtes maßvoll zurückgeführt. Wie im all-
emeinen Verwaltungsprozessrecht kommt es künftig
uf die Verletzung eigener Rechte an. Damit verfolgen
ir ein wichtiges Ziel: Der vorläufige Rechtsschutz darf
icht zur Blockade wichtiger Investitionsentscheidungen
m Standort Deutschland missbraucht werden;


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


uch das müsste eigentlich allgemeine Auffassung in
iesem Hause sein.
Zweitens. Der vorläufige Rechtsschutz gegen Minis-

ererlaubnisse des Bundesministers für Wirtschaft und
rbeit bleibt davon ausgenommen. In diesem besonders
ensiblen Bereich soll der Rechtsschutz der Unterneh-
en nicht eingeschränkt werden. Auch der Rechtsschutz
der Hauptsache bleibt selbstverständlich unverändert.
ies ist – auch hier gibt es wieder große Übereinstim-
ung mit der deutschen Wirtschaft und ihren Verbän-
en – eine insgesamt ausgewogene, den Wettbewerb und
ie Investitionskraft dieses Landes stärkende Lösung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, Sie alle wissen – das hat
ns ja sehr bewegt –, dass die Bundesregierung in die-
em Zusammenhang auch Änderungen der pressespezi-
ischen Regelungen des GWB vorgeschlagen hat. Ziel
t es, die seit 1976 geltenden Regelungen im Lichte der
trukturellen und konjunkturellen Probleme der Zei-
ngsverlage zu modernisieren. Damit sollten die wirt-
chaftlichen Grundlagen für Anbieterpluralität auf der






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Dr. Ditmar Staffelt

einen und Meinungsvielfalt auf der anderen Seite ver-
bessert und gesichert werden. Die Bundesregierung be-
grüßt deshalb, dass die Koalitionsfraktionen mit ihren
Beschlüssen dieser Initiative gefolgt sind.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die jetzt gefundene Lösung wird einen wichtigen und
nachhaltigen Beitrag zur Bewältigung der Probleme der
Zeitungsverlage leisten. Ziel der Vorschläge des Regie-
rungsentwurfes war immer, die Selbstständigkeit der
Zeitungsverlage durch Stärkung ihrer wirtschaftlichen
Basis zu erhalten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das ist unserer Auffassung nach der beste Garant für
eine gesicherte strukturelle Eigenständigkeit der Redak-
tionen und es ist Voraussetzung für den Erhalt der in
Europa und in der Welt einmaligen Vielfalt der deut-
schen Zeitungslandschaft.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Bundesregierung hat in ihrem Entwurf ein Kon-
zept zur Erreichung dieses Ziels mit den Elementen
Schwellenerhöhung, Kooperations- und Fusionserleich-
terungen vorgeschlagen. Sie hat dabei immer ihre Offen-
heit für bessere Wege zur Erreichung dieses Ziels betont.
Nur: Am Ziel – das war für uns der entscheidende
Punkt – sollte festgehalten werden. Wir glauben, dass
wir diesen Weg gemeinsam in sehr konstruktiver Weise
gegangen sind.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das glauben auch nur Sie!)


Durch den jetzt zur Abstimmung anstehenden Kom-
promiss werden wesentliche Teile des Regierungsent-
wurfs, aber auch eine ganze Reihe von Kritikpunkten be-
rücksichtigt und verlagswirtschaftliche Kooperationen
in den Vordergrund gestellt. Diese Kooperationen kön-
nen durch Gemeinschaftsunternehmen abgesichert wer-
den, solange der redaktionelle Teil ausgeklammert
bleibt. Ausgangspunkt der Vorschläge im Regierungs-
entwurf war eine Problemlage bei einer beteiligten Zei-
tung. Wenn sich eine solche abzeichnet oder tatsächlich
vorhanden ist, dann werden die entsprechenden weiteren
Schritte eingeleitet. Auch dabei ist es geblieben: Ansatz-
punkt ist die Erforderlichkeit der Kooperation für die
langfristige Sicherung der wirtschaftlichen Grundlage
und die Fortführung der Not leidenden Zeitung.


(Beifall bei der SPD)

Wir finden, dass die obligatorische Einschaltung

der Kartellbehörden eine insgesamt gesehen starke
Verbesserung ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wegen des Verfahrensaufwandes stellt sie einerseits
zwar eine gewisse zusätzliche Belastung für die Unter-
nehmen dar, andererseits bietet sie aber auch eine ganze

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(C (D eihe von Vorteilen; denn größere Projekte werden in aler Regel ohnehin vorab informell mit den Kartellbehören besprochen. Das formale Verfahren, das wir einfühen, garantiert hier letztlich Rechtssicherheit und damit uch Investitionssicherheit für alle Beteiligten. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Bei den im Regierungsentwurf vorgeschlagenen
chwellenerhöhungen ist es geblieben. Deren Bedeu-
ung sollte nicht unterschätzt werden. Dies ist vor allem
ine mittelstandsfreundliche Maßnahme. Die Hand-
ungsspielräume mittelständischer Verlage für Fusionen
ntereinander werden durch diese Regelung erweitert.
leinen Verlagen wird es ermöglicht, bei der Suche nach
achfolgern den Marktwert ihrer Zeitungen zu realisie-
en.
Wesentliche Ziele des Regierungsentwurfs sind durch

en nun vorliegenden Entwurf aus unserer Sicht erreicht.
ie jetzige Lösung ist ein Kompromiss, den wir als Bun-
esregierung ausdrücklich mittragen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sie glauben doch selbst nicht, dass das ein guter Kompromiss ist! Er ist schlecht!)


Ich möchte allerdings nicht verhehlen, dass sich die
undesregierung weiter gehende Spielräume für die
eitungsverlage gewünscht hätte. So könnte noch stär-
er, als es in der Begründung anklingt, verdeutlicht wer-
en, dass die Sicht der betroffenen Verlage beim Erfor-
erlichkeitstest ein hohes Gewicht haben sollte. Die
rforderlichkeit muss in der Rechtsanwendung nach
raktischen Gesichtspunkten geprüft werden und darf
ich nicht nur an theoretischen Prinzipien orientieren;
as wollen wir in dieser Debatte ausdrücklich betonen.
ch will damit sagen: Wichtig ist eine vernünftige kauf-
ännische Betrachtung und nicht nur eine juristische
etrachtung aus der Sicht der Verlage und des Verlegers.


(Beifall bei der SPD)

Die zeitliche Befristung der Gültigkeit des § 31 GWB

nd die Pflicht, nach drei Jahren einen Erfahrungsbericht
orzulegen, geben dem Parlament die Möglichkeit, die
ngemessenheit der Regelung zu überprüfen und sie ge-
ebenenfalls zu korrigieren. Dies ist übrigens ein gutes
eispiel für ein zeitgemäßes Vorgehen.


(Beifall bei der SPD)

m Übrigen sind wir auch sehr erfreut darüber – dazu
ird nachher sicherlich noch einiges zu sagen sein –,
ass wir in Sachen Grosso-Vertriebssystem eine ordent-
iche, tragfähige und für alle Beteiligten akzeptable Lö-
ung gefunden haben.


(Beifall bei der SPD)

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. Ich
öchte Sie alle bitten, diesem Gesetzentwurf Ihre Zu-
timmung zu geben. Das ist wichtig für unser Land. Sie
nterstellen in Ihrem Entschließungsantrag, dass es so-
usagen nur die Behauptung einer Strukturkrise gibt, die
edoch nicht real ist.






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Dr. Ditmar Staffelt


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist auch so!)


Das zeugt davon, dass Sie offensichtlich nicht in der
Lage sind, die realen wirtschaftlichen Verhältnisse dieser
Branche einzuschätzen.


(Beifall bei der SPD – Ernst Hinsken [CDU/ CSU]: Das ist falsch! Das nehmen Sie sofort zurück!)


Wir sehen uns hier in einem Boot mit der Wirtschaft
und mit den Verlegern in diesem Lande. In diesem Sinne
hoffe ich auf Zustimmung und gute Diskussionen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wie können Sie da Beifall klatschen?)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516405900

Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen für Ihre Rede.

Ich möchte aber, dass Sie Ihren Kolleginnen und Kolle-
gen die Botschaft ausrichten, dass ich es nicht als Res-
pekt gegenüber einer Parlamentsdebatte und Ihnen als
Redner ansehe, wenn niemand auf der Regierungsbank
sitzt. Ich bitte Sie, diese Anmerkung weiterzuleiten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hubertus Heil [SPD] – Ernst Hinsken [CDU/ CSU]: Respekt, Frau Präsidentin!)


Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Hartmut
Schauerte.


Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1516406000

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Wettbewerbsrecht ist für viele Normalbürger fast
so etwas wie ein Fremdwort. Für alle, die etwas von
Marktwirtschaft und sozialer Marktwirtschaft verste-
hen, ist klar, dass es so etwas wie das Grundgesetz der
Wirtschaft ist. Es sind Spielregeln, die nicht nur im Sport
gelten müssen, sondern natürlich auch in der Wirtschaft.
Sie müssen ordnend eingreifen. Ihr oberstes Ziel sollte
sein, Wettbewerb zu fördern und zu sichern


(Beifall des Abg. Hubertus Heil [SPD])

und so die Kreativität zu stärken und die Innovationsge-
schwindigkeit, die Erträge und die Zahl der Arbeits-
plätze in Deutschland zu erhöhen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Bis jetzt vernünftig!)


Das ist ein wichtiges Thema. Deswegen ist es schade,
dass so wenige Abgeordnete anwesend sind. Es ist auch
schade, weil wir heute nicht nur über das allgemeine
Wettbewerbsrecht reden, sondern insbesondere über die
Sonderstellungen im Pressebereich. Die Pressevielfalt ist
ein hochsensibles Gut, eines der höchsten Güter, das wir
in der Demokratie zu verteidigen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der vorliegende Gesetzentwurf, muss daraufhin geprüft
werden, ob er diesen Ansprüchen gerecht wird.

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(C (D Ich beginne mit den allgemeinen Grundsätzen, bei deen unsere Meinungen gar nicht so weit auseinander lieen. Die CDU/CSU war sehr konstruktiv. Wir haben beeits 2001, als sich die SPD noch scheute, die egalausnahme für richtig gehalten. Das ist wichtig für en Bürokratieabbau. Es muss nicht mehr jedes Vorhaen bei der Kartellbehörde angezeigt werden. Eigentlich üssen die Marktteilnehmer mittlerweile wissen, was ie dürfen und was sie nicht dürfen und deswegen sollen ie handeln. Aber wenn sie falsch gehandelt haben, wenn ie Regelverstöße begangen haben, die den Wettbewerb efährden, oder wenn sie Marktmacht ausgeübt oder arktmachtmissbrauch betrieben haben, sollen sie auch rastisch bestraft werden. Das ist völlig unstreitig. Wir haben immer wieder eine Bitte vorgetragen – sie st ernst gemeint –, die Sie aber leider nicht aufgenomen haben. Das war die Bitte, dass in besonders schwieigen Fällen insbesondere mittelständische Unternehen, die keine großen Rechtsabteilungen haben, das echt haben müssen, eine Rechtsauskunft vom Kartellmt zu bekommen, ob ihr Vorgehen rechtmäßig ist. ei allem gewachsenen Kenntnisstand über das Wettbeerbsrecht gibt es eben doch noch erhebliche Lücken. ch denke, die Bundesregierung hätte sich diesem hema öffnen können. Sie hat es nicht getan. Auch die oalition hat dieses Thema übersehen. Wir werden im undesrat versuchen, diesen Punkt, vielleicht unterstützt urch eine praktikable Lösung, noch einmal aufzugreien. (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Das war Absicht, das war kein Versehen!)


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist schwierig!)


Ob es nun ein Versehen war oder ob sie es nur nicht
ollen, jedenfalls ist es eine Schwäche im allgemeinen
ettbewerbsrecht.


(Beifall bei der CDU/CSU)

In diesem Zusammenhang muss man daran erinnern,
arum wir jetzt darüber diskutieren. Es gab eine Minis-
ererlaubnis für die Fusion von Eon und Ruhrgas, die
einlich war. Der Clement-Entwurf wollte darauf reagie-
en und Ministererlaubnisse noch leichter machen. Ich
inde es gut, dass insbesondere die Grünen in diesem
all unserer Meinung waren und zu der Erkenntnis ge-
ommen sind, dass eine Aufweichung, eine Erleichte-
ung von Ministererlaubnissen schädlich wäre. Das
ürde einer falsch verstandenen Industriepolitik Tür und
or öffnen. Insoweit ist dies eine Verbesserung. Aber ich
inde es interessant, dass man im Haus Clement, das ja
igentlich der Wettbewerbshüter in diesem Land ist, zu-
ächst einen völlig anderen Weg gehen wollte. Das
urde gestoppt; das begrüßen wir.
Im Zeitungsbereich hatten wir auch einen konkreten
nlass, tätig zu werden. Ich meine den „Tagesspiegel“
nd die „Berliner Zeitung“ in Berlin. Wir haben den
anz großen Verdacht, dass all das, was wir im Pressefu-
ionsrecht jetzt an Sondertatbeständen zu erwarten ha-
en, letztlich eine Antwort auf diese Situation geben






(A) )



(B) )


Hartmut Schauerte

soll. Wer weiß, wer wem in diesem Zusammenhang wel-
che Zusagen gemacht hat.


(Jörg Tauss [SPD]: Das ist eine Verschwörungstheorie!)


Auch deswegen sind wir hochnervös und hochaufmerk-
sam, was in diesem Bereich passiert. Wir müssen darauf
bestehen, dass diese Sache in einem Vermittlungsaus-
schussverfahren noch einmal gründlich geprüft wird.
Das können wir Ihnen und Ihren internen Absprachen
mit wem auch immer beim besten Willen nicht überlas-
sen. Ich sage es noch einmal: Wir operieren hier am offe-
nen Herzen der Demokratie, weil es darum geht, Mei-
nungsvielfalt zu erhalten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Auf diesem Gebiet dürfen wir uns gegenseitig keinen
einzigen Fehler erlauben.

Lassen Sie mich jetzt auf das Thema pressespezifi-
sches Kartellrecht zu sprechen kommen denn das ist im
Moment die wichtigste Frage; alles andere ist eher ver-
nachlässigbar. Es geht im Prinzip um die Anpassung an
das europäische Kartellrecht mit einigen wenigen
Schwächen in Ihrem Entwurf, auf die ich aber nicht nä-
her eingehen möchte. Ich möchte mich besonders mit
dem pressespezifischen Kartellrecht beschäftigen.

Ich habe in dieser Frage eine lange Erfahrung. Ich
glaube, 1970 habe ich die erste Diskussion mit dem da-
maligen stellvertretenden Chefredakteur der „Westfäli-
schen Rundschau“, Herrn Clement, zum Thema Presse-
fusion und -konzentration gehabt. In den 70er-Jahren
kam es zu einer erheblichen Konzentrationswelle. Herr
Stiegler, Sie erinnern sich. Sie waren ja einer, der mit ge-
rufen hat: Haut dem Springer auf die Finger! Zerschlagt
die Pressekonzerne! – Ich darf daran erinnern: Im Nach-
beben dieser Diskussion haben wir beobachtet, dass in
der Gesellschaft wahnsinnig viele Konzentrationspro-
zesse abliefen. Diese haben wir mit der Schaffung eines
Sonderrechts für die Presse im Kartellrecht gestoppt.

Wir haben der Presse sehr enge Regeln vorgegeben.
Diese Operation war ausgesprochen erfolgreich. Dass
Herr Staffelt vorhin erklären konnte: „Wir verfügen in
Deutschland über eine der vielfältigsten Presselandschaf-
ten in Europa“, ist richtig und hängt damit zusammen,
dass wir damals übereinstimmend, Sozialdemokraten
und CDU/CSU, dieses Gesetz zur Pressefusion und -kon-
zentration beschlossen und damit Ruhe in die Presseland-
schaft gebracht haben, die der Meinungsvielfalt in
Deutschland und der mittelständischen Struktur unserer
Presse, den Verlagen und Unternehmen ausgesprochen
gut getan hat.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: So eine lange Tradition hat das bei uns!)


Ich sage Ihnen: Der konkrete Anlass für Ihr Handeln
sind die „Berliner Zeitung“ und „Der Tagesspiegel“. Sie
geben aber vor, dass es ein besonderes Pressestruktur-
problem gebe, und deswegen müsse etwas geändert wer-
den.

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(C (D Lassen Sie mich zum wirtschaftlichen Problem etwas agen. Der Presse in Deutschland geht es so schlecht wie er übrigen Wirtschaft – nicht besser und auch nicht chlechter. Ich sehe keine Zusammenbrüche und auch eine Konkurse. Die Konkurse sehe ich auf anderen irtschaftsfeldern. Die Presse hat in der Tat ein kon unkturelles Problem; denn die Anzeigenerlöse sind eggebrochen. Sie hat auch Modernisierungsund trukturprobleme, weil neue Wettbewerber auf den arkt gekommen sind. Das haben alle Unternehmen in eutschland. Was mich an diesem Thema aber besonders nervös acht, ist Ihre Begründung. Aus der konjunkturellen elle, von der einige behaupten, sie sei insbesondere trukturell, bei der aber niemand einen volkswirtschaftich erklärbaren und nachvollziehbaren Nachweis gelieert hat, was an dieser Welle strukturell bedingt sei Delle, Welle oder Wellendelle; auch eine Welle kann ach unten gehen –, (Ludwig Stiegler [SPD]: In der Welle heißt das Tal!)


(Jörg Tauss [SPD]: Delle!)


chaffen Sie ein Presserecht, das nicht die damaligen
erengungen im allgemeinen Kartellrecht aufhebt. Sie
ehen über die damaligen Verengungen im Kartellrecht
inaus und erklären: Jetzt kann ohne Berücksichtigung
er Größe das größte mit dem kleinsten Unternehmen in
eutschland ohne jede Deckelung fusionieren und ko-
perieren, wie immer man will.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das ist verheerend! – Hubertus Heil [SPD]: Fusionieren ist etwas anderes als Kooperieren!)


Das ist an sich schon verheerend genug. Aber was die
ache neben dem sehr sensiblen Gut Presse noch verhee-
ender macht, ist Folgendes:


(Jörg Tauss [SPD]: Reden Sie mal mit Ihren Verlegern!)


it dieser oberflächlichen Begründung können Sie das
esamte deutsche Kartellrecht im Grunde in den Papier-
orb werfen. Mit der gleichen Begründung kann man sa-
en: Natürlich behindern Auflagen für Zusammen-
chlüsse in der Entsorgungsbrache, Herr Repnik, viele
nternehmerische Initiativen. Manch einer würde gerne
anz anders in der Fläche operieren und sich rechts oder
inks verbrüdern, verbinden und organisieren können. In
er Automobilzuliefer- und Lebensmittelbranche haben
ir diese Probleme bereits. Sie können jeden Wirt-
chaftsbereich nehmen. Alle großen Unternehmen in
eutschland hätten lieber weniger Kartellrecht. Die
asse der kleinen Unternehmen in Deutschland hätte

ieber mehr Kartellrecht, weil sie sich dann etwas besser
egen Macht- und Marktmissbrauch geschützt wähnen.
ie sollen ja auch geschützt werden.
Mit der Begründung, die Sie hier vortragen und die

urch keine wirklich nachvollziehbare wirtschaftswis-
enschaftliche Analyse und durch kein Gutachten bewie-
en ist,


(Hubertus Heil [SPD]: Quatsch!)







(A) )



(B) )


Hartmut Schauerte

wird behauptet, wir hätten ein Strukturproblem und
müssten deshalb alle Grundsätze über Bord werfen.


(Widerspruch bei der SPD)

Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Deswegen kön-
nen wir diesem Gesetz leider nicht mehr zustimmen, was
wir sonst gerne getan hätten, weil es immer gut ist, wenn
alle Beteiligten bei Spielregelsetzungen, bei Grundsatz-
fragen der Volkswirtschaft oder bei verfassungsähn-
lichen Fragen, die das Funktionieren der sozialen Markt-
wirtschaft berühren, an einem Strang ziehen; denn die
Akzeptanz solcher Regeln wird erhöht, wenn die Men-
schen, die diese Regeln beachten und anwenden müssen,
wissen, dass das der Wille des gesamten deutschen Par-
laments ist. Insoweit ist das schade. Sie haben uns aber
durch diese Art der Vorgehensweise die Zustimmung un-
möglich gemacht.


(Jörg Tauss [SPD]: Na ja!)

Die ersten Steine sind aus dem Damm herausgebro-

chen. Wir können Ihrer Begründung nicht folgen, weil
wir nicht bereit sind, das Kartellrecht insgesamt zu
schwächen. Dies ist aber ein erster und entscheidender
Punkt zur Schwächung des Kartellrechts. Sie könnten
bei jedem Wirtschaftsbereich die gleichen Begründun-
gen anführen; es gäbe sogar noch gewichtigere Gründe.
Deshalb sage ich: Sie müssen an dieser Stelle noch ein-
mal nachdenken. Ich hoffe, wir werden es im Bundesrat
hinkriegen, dass Sie nachdenken.

Jetzt will ich in die Einzelheiten gehen. Die Altverle-
gerklausel – das war der Ansatz von Clement – ist jetzt
beerdigt, obwohl noch Elemente in der Fünferregelung,
auf die ich noch zu sprechen komme, durchschimmern.
Darin überlebt der alte Vorschlag in modifizierter Form.


(Hubertus Heil [SPD]: Sie müssen Fusion und Kooperation unterscheiden!)


Es gibt Sondertatbestände, die wir ablehnen; ich habe
das angesprochen. Wir meinen, dass Sie mit dieser Re-
gelung nicht einmal mehr die Obergrenze von
500 Millionen Euro bei Kartellen einhalten, die für alle
Wirtschaftskreise gelten. Es ist bedauerlich, dass Sie das
eingebaut haben. Ich weiß, warum das passiert ist. Ich
muss das hier nicht weiter erläutern; das kann sich jeder
denken. Ich glaube, dass nur bei wenigen Gesetzen so
viel Lobbyarbeit betrieben worden ist wie bei diesem.
Sie haben sich der Lobbyarbeit ein Stück weit ergeben.
Ich meine, dass das zu weitgehend war. Dass sie stattfin-
det, wissen wir alten Fuhrleute. Wie weit man sich ihr
ergibt, ist jedoch immer die Frage. Daran müssen wir
uns messen lassen.


(Jörg Tauss [SPD]: Da sind wir ganz zufrieden!)


Sie sind zu nachgiebig gewesen.
Sie hätten mit uns eine Regelung finden können, um

dem Mittelstand eine stärkere Kooperation zu erlauben,
wenn eine Deckelung vorgesehen worden wäre. Das
wäre vernünftig. Wir haben doch die erfreuliche Bilanz
des Hauses Springer gesehen. Sie wurde gestern veröf-
fentlicht.

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(C (D (Hubertus Heil [SPD]: Glauben Sie, dass wir denen etwas Gutes tun wollen?)


ie Bilanz ist doch erfreulich.

(Jörg Tauss [SPD]: Können Sie das noch ein mal wiederholen?)

ie Bilanzen von Bauer und Holtzbrinck sind doch er-
reulich. Die Bilanz der WAZ ist ebenfalls erfreulich.
ei der WAZ arbeitet übrigens ein ehemaliger Kanzler-
erater. Vielleicht hat der seine Beratungen wieder auf-
enommen.


(Hubertus Heil [SPD]: Wer sitzt denn bei Springer?)


Die WAZ kann ertragsmäßig – das ist ihr von Herzen
egönnt – vor Kraft nicht laufen. Sie hat das strukturelle
roblem, das Sie anführen, nicht. Die WAZ weiß, dass
ie in Zukunft vor allem auf dem europäischen Markt
gieren muss. Eine weitere Konzentration auf Deutsch-
and ist nicht gut bekömmlich, aus welchen Gründen
uch immer, übrigens auch aus unternehmerischen
ründen nicht. Insoweit ist die WAZ gehalten – das tut
ie auch –, in Osteuropa Fuß zu fassen. Die Expansion,
ie wir positiv sehen und der WAZ wünschen, wird auf
uropäischer Ebene erfolgen. Das sind nicht die Punkte,
ie so wichtig waren. Sie sind ihr gefällig gewesen. Es
at Verflechtungen gegeben. Ich weiß nicht, was ver-
prochen worden ist.


(Monika Griefahn [SPD]: Das sind Unterstellungen!)


as macht uns an dieser Stelle so besonders ängstlich
nd zurückhaltend.
Ich möchte noch etwas zu den Presse-Grosso-Ver-

retern sagen. Die Verteilung der Zeitungen in Deutsch-
nd ist ein sehr komplizierter Vorgang. Insoweit kann
an Ausnahmen von eigentlichen unternehmerischen
nd kaufmännischen Prinzipien nicht nur akzeptieren,
ondern sogar mit erfinden, damit das vernünftig läuft.
ch begrüße sehr, dass es eine Vereinbarung zwischen
en Verlagen und dem Presse-Grosso gegeben hat und
an diese Art der Verteilung stabilisieren will. Das ha-
en Sie jetzt in den Änderungen bezüglich Abonnement
nd Vertrieb akzeptiert. Wir haben immer gefordert, dass
as beachtet werden muss. Trotzdem bleibt natürlich
uch da richtig: Jede weitere Konzentration in der Pres-
elandschaft wird diese Presse-Grosso-Vertriebe unver-
eidlich gefährden.
Deshalb können Sie keine reine Freude an diesem

organg empfinden. Sie sind froh, dass die Vereinbarung
ustande gekommen ist. Sie sitzen aber zwischen Baum
nd Borke und hoffen, dass das Eis trägt, auf dem Sie
iteinander gehen wollen. Ich sage Ihnen aber: Die
onzentrationsvorschübe, die Sie leisten, bleiben in die-
em Bereich problematisch.
Ich habe noch eine Frage: Wie kommen Sie eigentlich

arauf, die Sonderregelung zu treffen, dass sich fünf Zei-
ngen bzw. fünf Verlage zusammentun dürfen? Ich habe
arüber nachgedacht.


(Zurufe von der SPD: Zeitungen, nicht Verlage!)







(A) )



(B) )


Hartmut Schauerte

– Ich werde das noch erläutern. – Im Kartellrecht kennen
wir eigentlich nur Größenordnungen in Höhe von 25 Mil-
lionen oder 50 Millionen. Manchmal spricht man auch
von Größenordnungen in Höhe von 100 Millionen oder
500 Millionen. Diese Größenordnungen kann man ver-
treten.

Sie sagen einfach fünf, ohne dabei eine finanzielle
Größenordnung anzugeben.


(Monika Griefahn [SPD]: Kooperationen!)

Hängt es vielleicht damit zusammen, dass es fünf Finger
an einer Hand gibt? Das wäre ja eine natürliche, biolo-
gische Erklärung für diese Zahl. Die Zahl ist doch eigen-
artig und nicht begründbar; sie wird auch nirgendwo er-
klärt.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Gegriffen!)

Deswegen muss der Verdacht aufkommen, dass es eine
5-er Konstellation gibt, die schon mit Ihnen gesprochen
hat. Gibt es so etwas? Wurde das schon berechnet? Ha-
ben einige schon eine Strategie?


(Ludwig Stiegler [SPD]: Herr Schauerte, das hätten Sie doch längst rausbekommen!)


– Nein, es sind schon so viele, die mit der Zahl Fünf
rechnen. Sie glauben gar nicht, wer mir schon alles vor-
gerechnet hat, was man mit Fünf alles machen kann.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Pofalla ist für 50 Prozent!)


Genau deswegen sind wir dagegen. Das sprengt jeden
Ansatz, den wir sonst im Kartellrecht haben. Ich sage Ih-
nen: Sie richten mit dieser Aktion erheblichen Schaden
an.


(Hubertus Heil [SPD]: Kollege Pofalla wollte sechs haben!)


– Nein, auch die Sechs hätte eine biologische Erklärung.
Nein, ich bleibe dabei: Wo kommt die Zahl Fünf her?


(Hubertus Heil [SPD]: Das sage ich Ihnen gleich!)


Sie bleibt unerklärlich.
Der Gesetzgeber sollte jedoch rational und nachvoll-

ziehbar handeln. Hier handelt es sich um reine Spekula-
tion, nehme ich zu Ihren Gunsten an. Das kann nicht ver-
nünftig sein, das ist falsch.

Ich will einen letzten Punkt ansprechen, der mir in
diesem Zusammenhang sehr wichtig ist: Wie wertvoll ist
die Presse? Ich bitte die SPD noch einmal, ihre Pressebe-
teiligungen zu überprüfen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Das haben wir getan!)


Es ist der SPD unbenommen, ihre Gelderträge

(Jörg Tauss [SPD]: Nur kein Neid! – Monika Griefahn [SPD]: Wir haben nicht so große Spender wie Sie!)


in der Volkswirtschaft zu organisieren.

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(C (D (Jörg Tauss [SPD]: Ja, ja! – Hubertus Heil [SPD]: Aus dem Koffer!)


Da es doch so große strukturelle Probleme in der Zei-
ngsbranche gibt – Sie behaupten, diese seien der
rund für die Reform –


(Jörg Tauss [SPD]: Wir beherrschen sie!)

nd die Risiken groß sind, würde ich Ihnen auch im Inte-
esse Ihres eigenen Vermögens empfehlen, aus der Zei-
ngsbranche auszusteigen. Handeln Sie doch kaufmän-
isch vernünftig und lassen Sie in Zukunft gelten: Das,
as draufsteht, muss auch drin sein.


(Beifall bei der CDU/CSU)

as, was drin ist, muss auch auf den Titelblättern stehen.
enn auf Zeitungen, die Ihnen zum Teil gehören und
on Ihnen maßgeblich beeinflusst werden,


(Jörg Tauss [SPD]: „Beeinflusst“? Unverschämtheit!)


unabhängig, überparteilich“ steht, dann ist das eine Ver-
rauchertäuschung, die Sie in jedem anderen Bereich, in
em Sie nicht selber betroffen sind, durch Ihre Verbrau-
herministerin längst gestoppt hätten. An dieser Stelle
ssen Sie die Verbrauchertäuschung weiter zu.


(Hubertus Heil [SPD]: Klagen Sie doch mal dagegen!)


Nein, es ist eine Frage der politischen Hygiene, über
ie wir hier reden,


(Lachen bei der SPD – Jörg Tauss [SPD]: Da fällt uns aber etwas anderes ein!)


nd keine Frage des Klagerechts.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hubertus Heil [SPD]: Reden Sie mal mit Dr. Helmut Kohl oder Herrn Koch über Hygiene!)


Wenn die CDU die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“
der den „Spiegel“ eigentümermäßig mit 30 oder 40 Pro-
ent beeinflussen könnte,


(Hubertus Heil [SPD]: Brauchen Sie ja gar nicht!)


ollte ich sehen, wie Sie, die Sie hier alle sitzen, mit die-
em Thema umgehen würden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ch kann Sie beruhigen: Wir hätten das Geld, um uns an
er einen oder anderen Seite zu beteiligen; aber wir tun
s aus Prinzip nicht. Es gehört sich nicht, dass politische
arteien Zeitungen herausgeben und beeinflussen, die
icht nur für ihre eigenen Mitglieder bestimmt sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hubertus Heil [SPD]: Das ist furchtbar! Schämen Sie sich!)


nsonsten müssten Sie darauf schreiben: Dies ist eine
eitung der SPD. – Wir werden daher den Verdacht nicht
s, dass Ihre eigenartige Großzügigkeit in der Presse-
usionsfrage






(A) )



(B) )


Hartmut Schauerte


(Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Einer der größten Skandale in der Bundesrepublik Deutschland!)


etwas damit zu tun hat, dass Sie auch eigene, für uns im
Moment nicht wirklich erkennbare, aber aus gutem
Grund vermutete wirtschaftliche Interessen an diesen
Regelungen haben. Das verbietet sich und ist ungehörig
bei einem solchen für die Demokratie und die Presse
wichtigen Recht.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516406100

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Werner Schulz.

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Er war damals schon gegen die Staatspresse! – Hans Der kann dem Schauerte in vielen Punkten folgen!)

Hans-Peter Repnik (CDU):
Rede ID: ID1516406200

Werner Schulz (Berlin) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege
Schauerte, ich freue mich, dass wir uns über die Bedeu-
tung und den Stellenwert des Wettbewerbsrechts als
Magna Charta in der Marktwirtschaft einig sind. Das
klang jedenfalls in Ihren ersten Sätzen an. Ich hätte mich
noch mehr gefreut, wenn sich die Einigkeit auch auf
sämtliche Kapitel und Detaillösungen erstreckt hätte und
wenn Sie nicht auf dem schwierigen Feld der Presse-
fusion spekulative Attacken geritten und Eskapaden ge-
macht hätten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Bleiben Sie bei Ihrer Meinung, die Sie vor drei Monaten hatten! Sagen Sie ja nichts anderes!)


Sinn und Zweck der siebten Novelle zum Gesetz ge-
gen Wettbewerbsbeschränkungen ist die Anpassung an
das seit Mai vorigen Jahres geltende, vorrangige euro-
päische Kartellrecht. Damit wird ein einheitliches Recht
für große, grenzüberschreitende Unternehmen sowie für
kleine und mittelständische Unternehmen geschaffen.
Das neue Wettbewerbsrecht bringt etliche Verbesserun-
gen. Hervorheben möchte ich die Stärkung der Verbrau-
cherinteressen sowie ein verbessertes Anhörungsrecht
und die Möglichkeiten für Verbraucherverbände, gegen
den Missbrauch marktbeherrschender Stellungen
vorzugehen.

Für uns gehören hohe Wettbewerbsintensität und ho-
her Verbraucherschutz zusammen. Bei der Kontrolle der
Einhaltung von wettbewerbsbeschränkenden Vereinba-
rungen wird das Anmelde- und Genehmigungsverfahren
durch das System der Legalausnahme ersetzt. Die Unter-
nehmen selbst müssen einschätzen, ob eine Vereinba-
rung zu unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen führt
oder nicht. Damit setzen wir künftig auf mehr Eigenver-
antwortung der Unternehmen und leisten einen Beitrag
zum Bürokratieabbau.

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(C (D Um der Gefahr von Missbrauch und Intransparenz ntgegenzuwirken, werden die Sanktionsund die Erittlungsbefugnisse der Kartellbehörden gestärkt und ie private Rechtsdurchsetzung vereinfacht. Ziel ist, die artellbehörden von unnötigen Verfahren zu entlasten. em stehen erweiterte Einspruchsund Klagemöglicheiten der von solchen Vereinbarungen möglicherweise etroffenen Wettbewerber und Verbraucherverbände geenüber. Deswegen haben wir nach ausführlicher Disussion den ursprünglichen Gesetzentwurf im Punkt vorläufiger Rechtsschutz bei Ministererlaubnis“ geänert. Eine solche Ausnahmeerlaubnis kann von Drittberoffenen weiterhin angefochten werden. Es gibt also eine Beschränkung. Um Rechtsklarheit zu schaffen und ein zweiteiliges artellrecht zu verhindern, werden Vereinbarungen ohne wischenstaatliche Bedeutung dem europäischen Recht ngepasst. Dabei geht es unter anderem um die Beibealtung der Freistellung von Mittelstandskooperationen. ies erhöht die Rechtssicherheit für kleine und mittlere nternehmen. Ich kann hier nicht auf alle Einzelheiten des Gesetzes ingehen. Nur einige Worte zur Kritik der FDP-Fraktion: ie lehnt unter anderem eine Vorteilsabschöpfung urch die Verbraucherverbände ab und begründet das dait, dass sich sonst das deutsche Sanktionsrecht dem S-amerikanischen annähere. Wenn man das genau berachtet, kommt man zu dem Schluss, dass das nicht der all ist; denn das Recht auf Vorteilsabschöpfung bietet eine Möglichkeit für eine Sammelklage nach US-ameikanischem Vorbild, sondern eröffnet die Möglichkeit ür eine echte Verbandsklage. Nach unserer Auffassung ind Missbrauchsmöglichkeiten dabei ausgeschlossen. ußerdem folgt die Regelung ganz klar dem Vorbild des esetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Sie haben sicherlich noch meine kritischen Worte bei er Einbringung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend as Kartellrecht im Pressebereich in Erinnerung; das haen Sie angesprochen. Wenn Sie sich den vorliegenden esetzentwurf genau anschauen und ehrlich sind, dann önnen Sie wesentliche Verbesserungen im Vergleich um ursprünglichen Gesetzentwurf feststellen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ie einhellige Kritik am Redaktionsmodell oder an der
o genannten Altverlegerlösung, die in der Sachverstän-
igenanhörung geäußert wurde, ist fast vollständig auf-
egriffen worden.
Nach intensiven Verhandlungen mit unserem Koali-

ionspartner haben wir uns auf einen tragfähigen Kom-
romiss in Sachen Pressefusion geeinigt. Wir haben eine
ösung gefunden, die Verlagen in der Krise die Mög-
ichkeit bietet, mit anderen Verlagen – unter bestimmten
mständen und bei Garantie ihrer redaktionellen Selbst-
tändigkeit – zu kooperieren. Es gibt nun also – im Ge-
ensatz zum ursprünglichen Gesetzentwurf – keine
öglichkeit mehr für eine verschwiemelte Fusion. Diese
ösung trägt der Erkenntnis Rechnung, dass auch
resse- und Meinungsvielfalt einer wirtschaftlichen
rundlage bedürfen.






(A) )



(B) )


Werner Schulz (Berlin)


Zu der berechtigten Kritik, dass der Gesetzgeber

keine sektorale Strukturpolitik betreiben darf, muss ich
natürlich sagen: Wir dürfen den Strukturwandel durch
eine restriktive Gesetzgebung nicht verhindern. Auch da
müssen wir einen Ausgleich schaffen. Ich glaube, dass
die notwendige Balance mit dem jetzt vorliegenden An-
satz gewahrt ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Künftig sind Kooperationen zwischen Presseverla-
gen im Bereich „Anzeigen, Vertrieb und Druck“ mög-
lich, wenn eine solche Kooperation zur langfristigen Si-
cherung der wirtschaftlichen Grundlage mindestens
einer der beteiligten Zeitungen erforderlich ist. Damit
wollen wir das Überleben bedrohter Zeitungen ermög-
lichen, ohne dass diese auf ihre publizistische Eigenstän-
digkeit verzichten müssen.

Weil wir davon ausgehen, dass auch solche Koopera-
tionen den Wettbewerb einschränken und die Vielfalt ge-
fährden können, muss das Kartellamt sie vorher geneh-
migen. Wettbewerb auf dem Pressemarkt trägt dazu bei,
Meinungsvielfalt zu ermöglichen. Sie ist daher einer le-
bendigen Demokratie verpflichtet. Die Bürgerinnen und
Bürger müssen die Möglichkeit haben, sich umfassend
und aus verschiedenen Quellen zu informieren und ihre
Meinung zu bilden. Wir haben in Deutschland, wie
schon gesagt, eine Presselandschaft, die in ihrer Vielfalt
einzigartig ist und auch in wirtschaftlich schwierigen
Zeiten unbedingt erhalten werden muss, um ebendies zu
garantieren.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Das Kartellamt hat nun einen großen Ermessensspiel-
raum. Es muss prüfen, ob die Kartelle zum Erhalt der
Zeitungen und deren langfristiger Sicherung erforderlich
sind oder ob es weniger wettbewerbsbeeinträchtigende
Möglichkeiten zum Erhalt der Zeitungen gibt. Die Prü-
fung der Erforderlichkeit beinhaltet eine Beurteilung der
gegenwärtigen und zukünftigen wirtschaftlichen Situa-
tion der betroffenen Zeitungen. An einer Kooperation
dürfen maximal fünf Zeitungen beteiligt sein. Herr
Schauerte, das ist ein Hinweis darauf, dass wir diese Ko-
operation nicht unendlich ausdehnen wollen. Natürlich
kann man die Frage „Warum fünf, warum vier, warum
drei, warum nicht sechs?“ – eine Art Zahlenspiel – stel-
len. Das ist müßig. Ich glaube, es gibt darauf keine
schlüssige Antwort, die Sie zufrieden stellen könnte.

Die so genannte Aufgreifschwelle wird von
25 Millionen Euro auf 50 Millionen Euro erhöht. Ver-
lage, die einen gemeinsamen Umsatz von mehr als
50 Millionen Euro haben, müssen ihr Fusionsvorhaben
vom Kartellamt prüfen lassen. Dies entscheidet dann, ob
eine marktbeherrschende Stellung entsteht. Verlage mit
einem Jahresumsatz von unter 2 Millionen Euro können
sich, wenn sie das wollen, mit anderen Verlagen zusam-
menschließen, ohne dass das Kartellamt dies prüft. Der
Umsatz der hinzukommenden Verlage fällt dann nicht
ins Gewicht.

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(C (D Außerdem haben wir eine Missbrauchsklausel verinbart. Das Kartellamt bekommt dadurch die notwenige Handhabe, um gegen Kooperationen, die durch die intertür doch zu Fusionen führen und bei denen die reaktionelle Vielfalt gefährdet wird, vorzugehen. Daurch haben wir das Kartellamt im sensiblen Bereich der resseund Meinungsvielfalt gestärkt. Die Regelung über die Kooperationszusammen chlüsse ist auf fünf Jahre befristet. Danach werden wir ie auf der Grundlage von wissenschaftlicher Analyse nd einem Erfahrungsbericht der Bundesregierung evauieren. Bestehende Kooperationen werden allerdings estand haben. Entscheidend wird sein, ob die neuen egeln den Praxistest bestehen, ob Kooperationen im ereich „Anzeigen, Vertrieb und Druck“ bei redaktioeller Selbstständigkeit die wirtschaftliche Situation etliher Zeitungen verbessern können. Wir werden die Lage enau verfolgen und überprüfen. Die eingefügte Evauationsklausel hilft uns, Veränderungen wahrzunehen und entsprechend zu reagieren. Herr Kollege Schauerte, Sie haben gesagt: Das ist ine Operation am offenen Herzen. Sie werden gespannt ein, wie die Überprüfung im Bundesrat ausfällt. Ich inde, Sie sollten nicht nur gespannt sein, sondern auch twas beitragen. ch habe von Ihnen nicht gehört, was Sie besser machen ollen. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


(Jörg Tauss [SPD]: Konstruktiv beitragen!)


iner Operation zuzuschauen ist wirklich keine Leis-
ung. Manchmal ist es besser, früh einen Bypass zu le-
en, als dem Rat zu folgen, den Herzinfarkt zu ignorie-
en. Das entspräche dem, was Sie vorgeschlagen haben:
ie Krise auf dem Zeitungsmarkt überhaupt nicht zur
enntnis zu nehmen und darauf nicht zu reagieren. Wir
aben versucht, hier eine Brücke zu bauen, um die Pres-
evielfalt zu erhalten und gleichzeitig den Wettbewerb
u stärken.
Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516406300

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Rainer Brüderle.

(Jörg Tauss [SPD]: Jetzt sieht man gleich, ob er medizinische Grundkenntnisse hat! Jetzt kommt der Narkosearzt!)



Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1516406400

Herr Tauss, Sie waren schon besser.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Ge-

etz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist in der Tat
icht irgendein Gesetz; es ist das Grundgesetz einer so-
ialen Marktwirtschaft. Die Fehlentwicklung der Wett-
ewerbsstrukturen ist eine der Ursachen dafür, weshalb
ir in Deutschland zunehmend weniger erfolgreich






(A) )



(B) )


Rainer Brüderle

wurden, weshalb das Wachstum des Produktionspoten-
zials viel zu niedrig ist und wir bei der Bewältigung der
Arbeitslosigkeit nicht recht vorankommen.

Es war bisher Tradition bei allen Novellen des Geset-
zes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die entspre-
chenden Regelungen parteiübergreifend zu treffen. Sie
wollten das diesmal nicht. Wir waren immer gesprächs-
bereit. Ich hatte damals ausdrücklich auch dem Kollegen
Heil angeboten – bei der Anpassung an das europäische
Recht sind wir nicht weit auseinander –, ein Gespräch zu
führen. Es wurde nie geführt. Das hat man nicht gewollt.
Vielleicht war auch das Gerangel innerhalb der Koalition
so groß, dass man es nicht konnte.

Das, was heute als Koalitionskompromiss vorgelegt
wird, lehnt die FDP ab.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Leider!)


Ich muss das präzisieren: Wir müssen dies als Partei der
sozialen Marktwirtschaft, des Wettbewerbs, ablehnen.
Wir werden uns im Vermittlungsausschuss wieder-
sehen; denn Sie brauchen die Zustimmung des Bundes-
rates. Das Gesetz wird so, wie es heute von Ihnen auf
den Weg gebracht wird, mit Sicherheit nicht rechtskräf-
tig.


(Jörg Tauss [SPD]: Da sind wir gespannt!)

Interessant ist, dass heute der Bundesverband der Zei-

tungsverleger, dem immerhin so renommierte Verlags-
häuser wie der Spiegel-Verlag – –


(Zurufe des Abg. Jörg Tauss [SPD])

– Herr Tauss, müssen Sie immer stören? Können Sie
nicht einmal zuhören? Sie sind doch hier nicht am
Stammtisch, sondern im Parlament.


(Jörg Tauss [SPD]: Am Stammtisch macht man das nicht!)


– Hören Sie doch mal zu! Immer muss Herr Tauss da-
zwischenquaken, um davon abzulenken, dass ihm nichts
einfällt.


(Beifall bei der FDP)

Also: Der Bundesverband der Zeitungsverleger hat

heute ein Rechtsgutachten der Universität Rostock
vorgelegt, das Ihren Gesetzentwurf für verfassungs-
widrig hält. Immerhin gehören diesem Bundesverband
der Spiegel-Verlag,


(Hubertus Heil [SPD]: Zeitschriften, nicht Zeitungen! Sie verwechseln das immer!)


der Burda-Verlag, der Süddeutsche Verlag und andere
an.

Der von Ihnen vorgelegte Gesetzentwurf ist eine Klat-
sche für den Bundeswirtschaftsminister. Das von ihm je-
doch vehement verteidigte Altverlegermodell hätte das
Ende einer Fusionskontrolle im Zeitungsmarkt bedeutet.
Damit wäre ein wesentliches Element des Wettbewerbs-
rechts zugunsten einer Branche platt gemacht worden.

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(C (D (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Angeblich zugunsten einer Branche!)


it diesem Vorhaben ist Herr Clement zu Recht vor die
and gelaufen.
Wir sind das gewohnt. Das passiert ihm oft: bei der
nternehmensteuerreform, beim Antidiskriminierungs-
esetz, der EU-Dienstleistungsrichtlinie, beim Energie-
irtschaftsgesetz und jetzt beim Pressefusionsrecht. Der
irtschaftsminister kann sich in dieser Koalition, in die-
er Regierung eben nicht durchsetzen, und das vor dem
intergrund von 5,5 Millionen Arbeitslosen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zweiter Verlierer sind die Grünen. Sie tragen Bürger-
echte wie eine Monstranz vor sich her.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Lang, lang ist’s her!)


ber wenn es im Bundestag zum Schwur kommt – siehe
icherheitsgesetze, siehe Bankgeheimnis


(Jörg Tauss [SPD]: Oh, oh! – Zuruf der Abg. Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Frau Hustedt, Sie werden doch bald irgendwohin beru-
en; Sie bekommen doch bald einen Job –, siehe Presse-
artellrecht –, machen die Grünen mit. Insgesamt be-
eist Grün-Rot einmal mehr, dass sie mit Wettbewerb
icht viel am Hut haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Jetzt aber! – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Eine ÖTV-Partei!)


Zwar sieht das Pressekartellrecht Genehmigungen
eitens des Bundeskartellamtes für Anzeige-, Vertriebs-
nd Druckkooperationen vor; aber die engen Prüfkrite-
ien schränken diesen Genehmigungsvorbehalt gleich
ieder entscheidend ein. Nach Ihren Vorstellungen muss
as Bundeskartellamt auch dann eine Zusammenarbeit
ulassen, wenn diese zu einer Marktbeherrschung führt.
ie missbrauchen die Magna Charta der sozialen Markt-
irtschaft für sektorale Strukturpolitik.
Auch die kleinen Verlage sind den Grünen und Roten

ffenbar schnuppe; sonst würden sie der Einführung ei-
er Bagatellklausel nicht zustimmen.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


s können circa 30 selbstständige Zeitungsverlage kon-
rollfrei aufgekauft werden.
Herr Kollege Schulz, ich schätze Sie sonst sehr, muss

hnen jedoch einige Zitate Ihrer Rede bei der ersten Be-
andlung der Novelle vortragen.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ja, ja, da kommt es ans Licht!)


ie sagten wörtlich – ich zitiere aus dem Protokoll des
undestages –:






(A) )



(B) )


Rainer Brüderle

Es ist aber nicht nachvollziehbar, warum auf die
konjunkturellen und strukturellen Herausforderun-
gen einer Branche

– die Pressebranche ist gemeint –
mit einer so umfassenden Gesetzesänderung rea-
giert werden sollte.

(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: So hat er gesagt!)


Ein weiteres Zitat:
Allerdings gehen die Vorschläge zur Anzeigen-
kooperation zu weit.

Anderes Zitat:
Auf unsere Ablehnung stößt auch die Einführung
einer Bagatellklausel ... Das wären möglicherweise
Schnäppchen für die Großen.

Ein weiteres Zitat:
Wir sind der Auffassung, all diese Regelungen wür-
den zu weniger und nicht zu mehr Vielfalt auf dem
Pressemarkt führen.

– Soweit die damalige Äußerung des Kollegen Schulz.

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das stimmt immer noch!)

Aber das wird dann wie immer schnell wieder geändert.


(Monika Griefahn [SPD]: Deshalb haben wir ja Änderungen vorgenommen, Herr Kollege! Das ist ja der Punkt!)


Bisher galten wenigstens im Pressebereich die glei-
chen Kontrollmaßstäbe für Entstehung oder Verstärkung
einer marktbeherrschenden Stellung wie in anderen
Märkten. Sie wollen nun ausdrücklich ein weniger stren-
ges Wettbewerbsrecht für eine bestimmte Branche. Das
bedeutet nicht weniger und nicht mehr als den Anfang
vom Ende eines allgemeinen Wettbewerbsrechts.


(Beifall bei der FDP)

Sie setzen Ihren Weg fort nach den Sonderregelungen im
Energiesektor und dem Weisungsrecht im Telekommuni-
kationsbereich. Es hat keine Bundesregierung, egal wel-
cher Couleur, je gewagt, ein Weisungsrecht in einen
bestimmten Markt hinein gesetzlich zu konstituieren. Da
zeigt sich, dass Sie eben nicht in gesamtwirtschaftlichen
Zusammenhängen denken und nach ordnungspoliti-
schen Prinzipien handeln, sondern Ihr Denken und
Handeln an einzelnen Betrieben bzw. Konzernen ausge-
richtet ist. Bei Ihrer Politik ist Wettbewerb also nicht
mehr die Essenz der Marktordnung.

Ich hätte mir sehr gewünscht – das ist eine Rand-
bemerkung –, wenn der Vorgänger von Herrn Clement in
Brüssel genauso engagiert für Wettbewerbsprinzipien
wie für einen Sockel an Steinkohlensubventionen ge-
kämpft hätte. Wir sehen jetzt, was sich daraus als nächs-
ter Schritt ergibt: Die Pläne zum Börsengang einer neuen
Ruhrkohle AG, die jetzt Herr Müller leitet, sind das Er-
gebnis.


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(C (D (Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das denn jetzt damit zu tun?)


Das hat sehr viel mit Ordnungspolitik zu tun, Frau
ustedt, auch wenn Sie das nicht übersehen. – Subven-
onen werden fortgeführt, die Risiken des Steinkoh-
nabbaus auf den Staat abgewälzt, während die anderen
eschäftsfelder privatisiert werden.


(Beifall bei der FDP – Jörg Tauss [SPD]: Da seid ihr Fachleute!)


isiken sozialisieren, Gewinne privatisieren – das ergibt
ich in Konsequenz aus einer vorhandenen Schieflage in
er praktischen Umsetzung.
Wir haben Ihnen zehn konkrete Verbesserungsvor-

chläge vorgelegt, um das Wettbewerbsrecht effektiver
u machen. Sie haben das eine oder andere – das gebe
h zu – in den Entwurf aufgenommen, wären aber gut
eraten, diese Vorschläge viel ernsthafter in Ihre Überle-
ungen einzubeziehen. Denn jenseits aller parteipoliti-
chen Auseinandersetzungen wäre es gut, wenn es ein
aar Dinge in der Wirtschaftspolitik gäbe, auf die man
ich parteiübergreifend einigt. Das war bisher auch die
radition. Der Mechanismus des Wettbewerbs ist näm-
ch die Essenz der marktwirtschaftlichen Ordnung. Der
tzt eingeschlagene ordnungspolitische Weg führt aller-
ings weg von einem dezentral gesteuerten Wettbewerb
in zu einer sektoralen Industriepolitik. Sie verfolgen
amit Ansätze, die nicht zu mehr Effizienz und Leis-
ngsfähigkeit führen und letztlich den Steuerzahler viel
eld kosten werden und viele Beschäftigte um ihre Ar-
eitsplätze bringen werden.


(Jörg Tauss [SPD]: Ach, Herr Brüderle!)

Überlegen Sie einmal, was Sie mit Ihren Fehlsteue-

ungen, sei es im Bereich der Steinkohle oder im Stahl-
ektor, angerichtet haben: Das Geld ist weg, die Arbeits-
lätze sind auch weg und die Situation ist nicht besser
eworden.


(Zuruf des Abg. Jörg Tauss [SPD])

Dass Sie da, Herr Tauss, als ein Mann, der sich jahre-
ng bei der IG Metall aktiv engagiert hat, befangen
ind, verstehe ich ja. Sie sollten aber trotzdem die Kraft
ufbringen, die richtigen Entscheidungen zu treffen und
b und zu auch einmal zuzuhören.
Es wäre gut, wenn man nicht nur beschwört, dass De-
okraten zusammenstehen sollen, sondern sich bei
irklichen Grundsatzfragen – und hier geht es um eine
rundsatzfrage – auch so verhalten würde. Es wäre
emnach gut gewesen, wenn der Wirtschaftsminister
tatt auf der CeBIT bei einem so wichtigen Gesetz auch
em Parlament seine Präsenz gegönnt hätte.
Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Hubertus Heil [SPD]: CeBIT ist aber auch wichtig!)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516406500

Das Wort hat die Kollegin Monika Griefahn, SPD-

Fraktion.

(Beifall bei der SPD)



Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1516406600

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Nachdem ich Herrn Schauerte gehört
habe, komme ich zu dem Schluss, dass er nicht wahr-
genommen hat, was seit einigen Jahren passiert. Sie ha-
ben praktisch ignoriert, dass es tatsächlich strukturelle
Änderungen im Zeitungsmarkt gibt.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Offen angesprochen!)


Sie haben gesagt, diese gebe es de facto nicht.

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Wo gibt es das denn nicht?)

Man muss einfach einmal sehen: Durch das Internet
wurde beispielsweise der Anzeigenmarkt bei Druck-
erzeugnissen erheblich kleiner. Heute verkauft doch kei-
ner mehr sein Auto über die örtliche Zeitung, sondern
nur noch über das Internet.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das ist im Automobilhandel auch so!)


Das ist de facto so; diese Entwicklung kann man nicht
mehr zurückdrehen. Auch bei einer Verbesserung der
konjunkturellen Lage würde sich diese Situation nicht
ändern, sondern sie würde so bleiben. Darauf müssen
wir doch reagieren. Das ist der Punkt.

Sie haben die ganze Zeit nur größere Zeitungen ange-
sprochen. Wir reden im Zusammenhang mit Pressefusio-
nen nur über Zusammenschlüsse von Zeitungen. Wir re-
den nicht über Verlagszusammenschlüsse oder über
Zusammenschlüsse von Zeitschriften, sondern über Zei-
tungszusammenschlüsse bzw.


(Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Er hat ja gerade den Vergleich angestellt! – Jörg Tauss [SPD]: Kooperationen!)


– das wollte ich jetzt anführen – Kooperationen.

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das ist die neue Umschreibung für Kartelle!)

Ich komme aus einer Region, Herr Schauerte, in der

es hauptsächlich kleine Zeitungen gibt. Ich sehe, dass
deren Abonnentenzahl stark zurückgegangen ist, unter
anderem deswegen, weil es mittlerweile viele kostenlose
Angebote von Wochenblättern etc. gibt.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Die haben nicht nach dem neuen Recht gerufen!)


Diese haben sozusagen geradezu gefleht, dass sie we-
nigstens den Abonnementbetrieb zusammen machen
dürfen und dass Anzeigenkooperationen erlaubt sind.
Das sind Punkte, die wir hier aufgegriffen haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D as ist eine notwendige Änderung, die genau diesen leinen Zeitungen vor Ort hilft, statt sie zu zerstören. Wir waren als Kulturpolitiker sehr intensiv daran be eiligt. Gegenüber den ersten Vorschlägen waren wir kriisch; das haben Sie vollkommen richtig gesagt. Desween hat das Parlament nun anderthalb Jahre diskutiert nd ganz konkrete Änderungen vorgeschlagen. Das Karellamt ist explizit mit einbezogen worden, auch bei der rage der Kooperationen und der Zusammenschlüsse. ußerdem haben wir das Instrument der Evaluation eineführt, was dazu führt, dass ab morgen, wenn das Geetz in Kraft tritt, überprüft wird, wie die Umsetzung erläuft. Ich glaube, das sind entscheidende Punkte: ersens, dass das Kartellamt auch weiterhin einbezogen ird – das ist eine wesentliche Verbesserung gegenüber er vorherigen Regelung –, und zweitens, dass der Proess in Form der Evaluation begleitet wird und überprüft ird, ob die Umsetzung des Gesetzes tatsächlich funkioniert. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516406700

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Schauerte?

Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1516406800

Gerne, natürlich.


(Hubertus Heil [SPD]: Ich will auch eine!)


Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1516406900

Sie haben ja, Frau Kollegin Griefahn, als Laufzeit

ieser Regelung fünf Jahre vorgesehen.

Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1516407000

Richtig.

Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1516407100

In dieser Zeit wollen Sie überprüfen. Was machen Sie

enn, wenn in den fünf Jahren etwas falsch läuft? Haben
ie die Möglichkeit, das, was falsch läuft, zurückzuho-
en, oder muss das Falsche dann bestehen bleiben?


Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1516407200

Das ist genau der Punkt: Dadurch, dass das Kartell-

mt die Umsetzung begleitet, kann auch eingegriffen
erden.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Nein, eben nicht! – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Da haben wir negative Erfahrungen gemacht, zum Beispiel beim Energiewirtschaftsgesetz!)


Das werden wir dann sehen. Dafür läuft der Evalua-
ionsprozess ab morgen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zu einem weiteren Punkt, der ganz wichtig ist, der
or allem uns als Kulturpolitikern ganz wichtig war.






(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516407300

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Brüderle?

Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1516407400

Lassen Sie mich doch kurz noch zu den anderen

Punkten kommen, vielleicht komme ich dann ohnehin zu
dem, was Sie fragen wollen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516407500

Sie gestatten sie also nicht.

Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1516407600

Im Moment nicht.
Wenn wir – darauf haben Sie richtig hingewiesen;

auch da spreche ich wieder vom ländlichen Raum – eine
Pressevielfalt auch in der Fläche erhalten wollen, dann
ist es ganz entscheidend, dass wir das Presse-Grosso er-
halten und dass gewisse Zeitungen an jedem Ort gekauft
werden können, nicht nur in der Großstadt am Bahnhofs-
kiosk.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich bin sehr froh, dass es eine Vereinbarung zwischen
den Verlagen und dem Presse-Grosso gibt. Wir haben in
unseren Gesetzentwurf ebenfalls aufgenommen, dass ge-
nau geprüft wird, ob die Umsetzung so erfolgt, wie wir
uns das vorstellen, und werden gegebenenfalls aktiv
werden können. Deswegen glaube ich auch, Herr
Brüderle, dass Ihr Entschließungsantrag in diesem Falle
unnötig ist; denn wir haben das in den Gesetzentwurf
aufgenommen. Es ist Teil der Beratungen, die wir in den
letzten anderthalb Jahren durchgeführt haben. Das Parla-
ment und die Fraktionen haben das aufgegriffen. Die
Formulierung ist so gewählt, dass wir die Kooperation in
diesem Fall ausschließlich auf den Abonnementvertrieb
konzentrieren. Darüber hinaus prüfen wir, ob die Verein-
barung so umgesetzt wird, wie wir uns das vorstellen.
Das ist uns als Parlament wichtig und da schauen wir ge-
nau hin.


(Beifall bei der SPD)

Natürlich besteht im Feld der Kooperationen eine

Gefahr. Natürlich muss gewährleistet sein, dass die Re-
daktionen tatsächlich selbstständig bleiben. Die Redak-
tionsselbstständigkeit ist das A und O für die Presseviel-
falt. Mit den konkreten Maßnahmen, die wir hier
vorschlagen, unternehmen wir den Versuch – es ist ein
Versuch; bei jedem Gesetz kann sich herausstellen, dass
an einigen Stellen Änderungen vorgenommen werden
müssen, wenn die Praxis zeigt, dass das eine oder andere
nicht richtig funktioniert –, Redaktionstätigkeit zu erhal-
ten, die sonst ganz wegfallen würde. Die kleinen Zeitun-
gen, die ich eben erwähnt habe, würden sonst sang- und
klanglos untergehen, sie würden dann einfach zuge-
macht. Sie werden nicht aufgekauft, sondern verschwin-
den einfach. Wenn hier mit der Bagatellgrenze die Mög-
lichkeit besteht, durch Kooperationen den Titel als
solchen und die Redaktion als solche zu erhalten, dann
ist das einen Versuch wert; das gilt auch für die Fusion

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(C (D ei kleineren Titeln mit weniger als 2 Millionen Euro ahresumsatz. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, bei dem wir, wie ei anderen Punkten, die uns wirklich im Magen lagen, um Beispiel beim Altverlegermodell, in den vielen Deatten, die wir hatten, eine Lösung gefunden haben, die raktikabel und redaktionsfreundlich ist, auch im Sinne er Pressevielfalt. Herr Heil wird sicherlich nachher och auf die anderen Punkte in diesem Zusammenhang ingehen. Die Unterstellungen, die bezüglich der Beteiliungen der SPD geäußert wurden, sind unglaublich und önnen nicht unwidersprochen bleiben. eine Redezeit reicht allerdings nicht aus, um dies klarustellen. Herr Heil wird, wie gesagt, noch darauf eingeen. Ich bitte um Zustimmung. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516407700

Das Wort hat der Kollege Ernst Hinsken, CDU/CSU-

raktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1516407800

Werte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kol-

egen! Der Hinweis der Vizepräsidentin Frau
r. Vollmer, dass sich die Regierungsbank füllen möge,
at gewirkt. Der Anteil der anwesenden Regierungsmit-
lieder hat sich immerhin um 200 Prozent erhöht.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


etzt sitzen immerhin zwei Staatssekretäre auf der Re-
ierungsbank, um dieser wichtigen Debatte zu lauschen.
ber eigentlich müsste bei dieser wichtigen Debatte, in
er es um wesentliche Punkte geht, der Bundeswirt-
chaftsminister selbst zugegen sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Er hat es initiiert!)


Ich möchte nicht darauf eingehen, was es mit dem
WB, dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen,
peziell auf sich hat. Aber wir wissen, dass unsere Wirt-
chaft und gerade unser Mittelstand ein klares Bekennt-
is zur Marktwirtschaft und zu einem freien und fairen
eistungswettbewerb brauchen.
Ich möchte eingangs feststellen: Dieses GWB hat sich

n der Bundesrepublik Deutschland bewährt. Es hat in-
ernational anerkannte Maßstäbe gesetzt und den Mittel-
tand unserer Republik einmal groß gemacht. Erfreuli-
herweise darf ich darauf verweisen, dass wir in diesem
ereich bislang immer Konsens hatten. Änderungen
urden mit größter Sorgfalt, ohne Zeitdruck und unter






(A) )



(B) )


Ernst Hinsken

Berücksichtigung des Rates Sachverständiger vorge-
nommen. Leider hat das Rot-Grün in diesem Gesetzge-
bungsverfahren nicht immer so gehandhabt. Insbeson-
dere bei einem Teil des Gesetzes, nämlich der
Pressefusionskontrolle, hat man uns, die Opposition, bei
der Entscheidungsfindung völlig außen vor gelassen,
Herr Heil. Darauf komme ich später noch zu sprechen.


(Jörg Tauss [SPD]: Was heißt hier „später“?)

– Herr Tauss, passen Sie gut auf, dass Sie beim Nach-
plappern nicht auch noch Fehler machen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie mich zunächst etwas Grundsätzliches zum

GWB sagen. Hier ist, was das neue europäische Kartell-
rechtsverfahren anbelangt, festzustellen, dass es sich um
einen Systemwechsel von einem Anmelde- und Ge-
nehmigungssystem zu einem System der so genannten
Legalausnahme handelt. Das ist zu begrüßen,


(Hubertus Heil [SPD]: Sehr gut!)

führt doch dies erstens zur Rechtsvereinfachung, zwei-
tens zu mehr Rechtssicherheit und drittens zu einem ge-
ringeren Aufwand für die betroffenen Unternehmen.
Dies ist bei immer mehr Bürokratie besonders wichtig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Trotz dieser Anpassung an europäisches Recht dürfen
die Besonderheiten des deutschen Kartellrechts aber
nicht über Bord geworfen werden.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Genau! – Hubertus Heil [SPD]: Wunderbar!)


Für meine Fraktion ist deshalb weiterhin unverzichtbar:
erstens die Missbrauchsaufsicht über marktbeherr-
schende und marktstarke Unternehmen


(Hubertus Heil [SPD]: Ja!)

sowie zweitens die Beibehaltung des Freistellungstat-
bestands der Mittelstandskooperation.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hubertus Heil [SPD])


Es wird sich zeigen, wie sich das neue System der
Legalausnahme für die betroffenen Unternehmen aus-
wirkt. Dies hängt entscheidend von der künftigen Hand-
habung in der Verwaltungspraxis ab. Denn schließlich
wird den Unternehmen das Risiko der Fehleinschätzung
aufgebürdet. Das bedeutet für diese eine erhebliche
Rechtsunsicherheit und finanzielles Risiko.


(Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Gerade deshalb braucht der Mittelstand in bestimmtem
Umfang Unterstützungsmaßnahmen durch die Wett-
bewerbsbehörden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Für den Mittelstand ist der Erlass einer Verfügung des

Bundeskartellamts, dass kein Anlass zum Tätigwerden
besteht, von herausragender Bedeutung. Unbefriedigend
ist jedoch, dass es im Ermessen der Kartellbehörde liegt,

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(C (D b sie eine solche Entscheidung trifft. Aber das will die undesregierung so. Gerade kleine und mittlere Unternehmen verlieren echtsund Planungssicherheit bei strittigen Fällen und roßen Investitionen, haben sie doch in aller Regel keine däquate eigene Rechtsberatung. Kollege Schauerte und ollege Brüderle haben das bereits in treffender Art und eise angesprochen. Ihnen drohen stattdessen ein Untersagungsund Buß eldrisiko sowie die Nichtigkeit der getätigten Gechäfte. or allem Investitionen in Zukunftssektoren, wo nicht uf Erfahrungen aus der Praxis zurückgegriffen werden ann, können so zu einem unkalkulierbaren unternehmeischen Risiko werden. Das alles sehen Sie nicht. ies kann umso mehr geschehen, als im Rahmen der iebten GWB-Novelle die Sanktionsmechanismen der artellbehörden verschärft werden sollen. Meine Damen und Herren, es besteht kein Zweifel an er Bereitschaft und an dem guten Willen sowohl der uropäischen Kommission als auch der deutschen Wettewerbsbehörden, betroffenen Unternehmen auch künfig Gelegenheit zu informellen Gesprächen zu geben. ber in manchen Fällen wird auch in Zukunft Gewisseit über die kartellrechtliche Zulässigkeit einer geplanen Vereinbarung nur durch eine förmliche Entscheidung er Wettbewerbsbehörden möglich sein. Die Praxis eigt, dass etwaige Absprachen vielfach entweder auf en Einzelfall bezogen sind oder Sachverhalte betreffen, eren kartellrechtliche Relevanz nicht im Rahmen einer ruppenfreistellungsverordnung allgemein gültig beureilt werden kann. Im Interesse der Rechtssicherheit und des Nachteils usgleichs gerade für kleine und mittlere Unternehmen st es daher geboten, Unternehmen für einen eng defiierten Kreis von Fällen einen Anspruch auf eine Entcheidung nach § 32 c GWB innerhalb einer angemesenen Frist einzuräumen und dies ausnahmsweise nicht n das Ermessen der Kartellbehörden zu stellen, sofern in erhebliches rechtliches und wirtschaftliches Interesse eltend gemacht werden kann. Anknüpfungskriterien önnen Umsatzschwellen oder Investitionssummen sein. atsächliche oder rechtliche Umstände, die eine kartellechtliche Beurteilung erheblich erschweren, müssen daei vorliegen und vom betroffenen Unternehmen nachewiesen werden. Ich erspare mir, auf das Preisbindungsverbot und die issbrauchsaufsicht näher einzugehen. Bei der Missrauchsaufsicht sind die nationalen Regelungen beizubealten. Es ist gut, dass sie ausdifferenzierter und schlagräftiger als europäische Bestimmungen sind; das möchte ch hier ausdrücklich feststellen. So können gerade kleine Ernst Hinsken und mittlere Unternehmen vor der Gefahr der missbräuchlichen Ausnutzung besonderer Marktmachtpositionen besser geschützt werden. Ebenso ist eine Vorteilsabschöpfung durch Verbände abzulehnen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Ja!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Hubertus Heil [SPD]: Das ist doch gut, oder?)


(Hubertus Heil [SPD]: Genau!)





(A) )


(B) )


Beim Pressefusionsrecht haben Sie von Rot-Grün
eine völlig unbefriedigende Lösung vorgelegt; sie ist
einfach nicht zu akzeptieren. Grundsätzlich stellt sich
die Frage, warum es überhaupt einer Neufassung bedarf;


(Hubertus Heil [SPD]: Das erkläre ich Ihnen gleich!)


sind wir doch bisher mit der Pressevielfalt, mit den vie-
len mittleren Verlagen neben den großen, in unserem
Lande gut gefahren.


(Hubertus Heil [SPD]: Ja, dabei soll es bleiben!)


Die Behauptung, wir hätten ein Strukturproblem und
deshalb sei die Korrektur notwendig – dies hat soeben
der jetzt nicht mehr anwesende Staatssekretär
Dr. Staffelt vorgetragen; jetzt ist Herr Schlauch da; dies
haben auch die Redner der SPD und Herr Schulz so dar-
gestellt –, ist doch nicht wahr. In der Anhörung haben
verschiedene Sachverständige darauf hingewiesen, dass
diese Behauptung überzeichnet ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dies sagte zum Beispiel bei der Anhörung zum GWB
der Präsident des Verbandes Bayerischer Zeitungsverle-
ger, Herr Dr. Balle. Herr Kollege Stiegler, wie ich in Er-
fahrung gebracht habe, hat er Ihnen selbst das gesagt und
Sie sollen ihm sogar Recht gegeben haben.


(Jörg Tauss [SPD]: Jetzt aber!)

Hier so zu schreien und in persönlichen Gesprächen an-
ders zu reden ist ein nicht akzeptabler Stil.


(Hubertus Heil [SPD]: Bleiben Sie anständig, Herr Hinsken! Sie sind doch ein netter Kerl! – Jörg Tauss [SPD]: Jetzt zitieren Sie mal! Was hat er denn gesagt?)


– Herr Kollege Tauss, wenn Sie nachlesen wollen, was
er genau gesagt hat, dann lesen Sie das Protokoll nach.
Dass Sie es nicht genau wissen, ist ein Zeichen dafür,
dass Sie erstens nicht an der Anhörung teilgenommen


(Jörg Tauss [SPD]: Doch, doch!)

und zweitens nicht die Zeit gefunden haben, zumindest
das Protokoll nachzulesen, um hier mitreden zu können.


(Jörg Tauss [SPD]: Bei mir sind die Verleger gesessen!)


Sie von Rot-Grün vergessen völlig: Zeitungs- und
Zeitschriftenverlage bringen kein übliches Wirtschafts-
gut hervor. Die grundgesetzlich verbürgte Pressefreiheit
ist mittelbar berührt. Gerade die Vielfalt publizistischer
Meinungen, der Verlage und der Titel ist von überragen-
der Bedeutung für die freiheitlich-demokratische Mei-

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(C (D ungsbildung. Wir werden es deshalb nicht zulassen, ass dies von Ihnen mutwillig aufs Spiel gesetzt wird. ir wollen die publizistische Vielfalt weiter schützen. Ich muss auch auf Folgendes hinweisen: Ursprünglich ah der Gesetzentwurf der Bundesregierung mit der so enannten Altverlegerklausel – Sie haben das eben angeprochen, verehrte Frau Kollegin Griefahn, auch wenn ie es anders bewertet haben –, der Freistellung von Aneigenkooperationen vom allgemeinen Kartellverbot, der ichtanwendbarkeit der Vorschriften zur Zusammenchlusskontrolle auf Anzeigenkooperationen und der inführung einer De-minimis-Regelung gravierende Änerungen im pressespezifischen Kartellrecht vor. Diese Regelungen konnten Sie nicht durchsetzen. lle einschlägigen Verbände und Institutionen wie die onopolkommission, die Kartellrechtsprofessoren, das undeskartellamt und die Landeskartellämter haben sich agegen ausgesprochen. Jetzt versuchen Sie es erneut, nd zwar mit Trick 17 durch die Hintertür. Herr Bundesminister Clement hat vergessen oder will issachten, dass die Sachverständigen ihm seinen Enturf regelrecht um die Ohren gehauen haben. (Beifall bei der CDU/CSU – Ludwig Stiegler [SPD]: Cool down, Ernst!)


(Lachen des Abg. Peter Dreßen [SPD])


Sie haben ihm des Weiteren ins Stammbuch geschrie-
en, Herr Kollege Stiegler: Ihre Änderungsvorschläge
um pressespezifischen Kartellrecht genügen den grund-
ätzlichen Anforderungen an eine Novellierung des Ge-
etzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht. – Das
ntspricht der Note sechs; Thema verfehlt.
Jetzt meinen Sie, mit durchschaubaren Vorschlägen

och noch ihr angestrebtes Ziel erreichen zu können.
abei machen wir aber nicht mit.
Ich setze auf den Bundesrat und bin fest davon über-

eugt, dass im Vermittlungsausschuss die notwendigen
aßnahmen ergriffen werden.
Lassen Sie mich noch darauf verweisen – –

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516407900

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1516408000

Frau Präsidentin, mein Kollege Hartmut Schauerte

at mir eine Minute Redezeit geschenkt.

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516408100

Nein, er hat Ihnen keine Minute geschenkt. Der Kol-

ege Schröder, der Schriftführer der CDU ist, hat das
rotokoll exakt geführt.


Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1516408200

Dann muss ich mich erkundigen. Es ist bedauerlich,

ass ich nicht die zur Verfügung stehende Redezeit aus-
chöpfen kann, weil sogar um eine Minute gefeilscht
nd diese gestrichen wird.






(A) )



(B) )


Ernst Hinsken

Alles in allem frage ich Sie: Sind Sie bereit, in sich zu

gehen, das Ganze noch einmal zu überdenken und eine
vernünftige Lösung vorzulegen, die gerade für das Pres-
sefusionsgesetz notwendig ist? Das gilt insbesondere
dann, wenn wir dem Leitgedanken folgen, –


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516408300

Herr Kollege Hinsken, Sie müssen bitte zum Schluss

kommen.


Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1516408400

– dass eine Änderung überhaupt nicht erforderlich ist.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516408500

Das Wort hat der Kollege Hubertus Heil, SPD-Frak-

tion.


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1516408600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zu meiner Freude wurde ein Satz in den bisherigen Re-
den fraktionsübergreifend fast wortgleich wiederholt.
Das GWB ist tatsächlich das Grundgesetz – oder wie ei-
nige es nennen: die Magna Charta – der Marktwirtschaft.
Ohne das, was sich mit dem GWB seit 1958 im deut-
schen Kartellrecht entwickelt hat, hätte sich die Absiche-
rung des Wettbewerbs als entscheidendes Ordnungsprin-
zip unserer sozialen Marktwirtschaft nicht in der Form
entwickeln können.


(Beifall bei der SPD)

Mit der siebten GWB-Novelle, die wir heute in zwei-

ter und dritter Lesung beraten, tragen wir auf der einen
Seite dieser guten Tradition und auf der anderen Seite
den veränderten Rahmenbedingungen Rechnung. Wir
sind uns – auch das freut mich – in vielen Bereichen ei-
nig, beispielsweise in Bezug auf die europäische Ent-
wicklung.

Wir werden zukünftig mit dem GWB einen europäi-
schen Rechtsrahmen umsetzen, der sicherstellt, dass bei
der Beurteilung von Kartellvereinbarungen Legalaus-
nahmen das bisherige Anzeige- und Genehmigungsver-
fahren ersetzen. Dieser Systemwechsel bedeutet auf der
einen Seite – das geben wir offen zu – eine wesentliche
Entlastung der Kartellbehörden von entbehrlichen Routi-
neaufgaben; auf der anderen Seite bietet er Unternehmen
die Möglichkeit, Verfahrenskosten zu sparen. Aber wir
verschweigen auch nicht, Herr Hinsken, dass es gerade
auch für kleine und mittlere Unternehmen eine Heraus-
forderung darstellt, selber einschätzen zu können, ob ihr
Vorgehen rechtskonform ist.

Nichtsdestoweniger stehen die Kartellbehörden auch
zukünftig für Auskünfte in diesem Bereich zur Verfü-
gung. Es gibt schließlich Telefon, Herr Hinsken. Inso-
fern ist aus unserer Sicht Ihrem Anliegen Genüge getan.
Wir können sicherstellen, dass Unternehmen tatsächlich
Rat einholen können.

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(C (D Wir können aber nicht auf einen Systemwechsel verichten. Er ist einerseits vernünftig und andererseits im inblick auf die Europäische Union geboten. Der Umetzungsprozess ist mit Chancen und Risiken verbunden. s wird zwar zweifellos eine Zeit dauern, bis sich alles ingespielt hat, aber wir bekennen uns zu diesem Proess. Wenn wir diesen Systemwechsel vornehmen, müssen ir eine wirksame Balance schaffen: zwischen den euen Freiheiten, die die Unternehmen dadurch gewinen, und den Möglichkeiten des Kartellamtes, gegen den issbrauch dieser Freiheiten vorzugehen. Deshalb ist in er neuen Fassung des GWB unter anderem vorgesehen, ass das Kartellamt zur wirksamen Bewahrung des ettbewerbs effektive und scharfe Schwerter einsetzen arf. Es kommt zum Beispiel zur Übernahme des streneren europäischen Bußgeldsystems. Hinzu tritt die Reelung der Vorteilsabschöpfung, welche von einigen erbänden immer wieder kritisiert wird. Sie wissen das; enn manchmal machen sich diese Kritik auch einige ollegen aus Ihren Reihen zu Eigen. Ich finde es gut, wenn wir in unseren Wettbewerbsge etzen – das „Grundgesetz“, das GWB, novellieren wir etzt; aber es gibt auch noch das UWG, das Gesetz gegen nlauteren Wettbewerb, und das Telekommunikationsesetz – möglichst ähnliche oder sogar gleiche Regelunen abbilden. Das ist zum Beispiel bei der Vorteilsabchöpfung, die im UWG, im TKG und nun auch im WB einheitlich geregelt ist, der Fall. Das dient der larheit und sollte auch für die Schadensersatzund Unerlassungsansprüche gelten. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich öchte meine Redezeit nutzen, um vor allen Dingen ber das heiß umstrittene Thema Pressefusionskonrolle zu sprechen. Herr Schauerte, ich möchte Sie an ieser Stelle direkt ansprechen. In einem Punkt sind wir ns einig: Weil der Pressebereich mit Meinungsvielfalt u tun hat, muss man für ihn im Gesetz gegen Wettbeerbsbeschränkungen spezielle Regelungen schaffen. Es ar richtig, dass diese Regelungen im Jahre 1976 tatächlich eingeführt wurden. (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das schmeißen Sie jetzt über Bord! – Monika Griefahn [SPD]: Das war 1976 eine SPD-Regierung!)


Sie wissen – allerdings haben Sie das in der Debatte
erschwiegen –, dass es damals auch andere Vorstellun-
en über die Ausgestaltung des Presserechts gab. Inzwi-
chen ist seine Verankerung im Kartellrecht eine be-
ährte Tradition. Aber im Jahre 1976 herrschte auf dem
eitungsmarkt eine andere Situation. Nun fragen Sie
diese Frage ist auch berechtigt –: Worin besteht der
nterschied zu anderen Branchen?


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: So ist es! Ja!)

chließlich fand auch in anderen Branchen ein Struktur-
andel, technischer Fortschritt und Ähnliches statt.
Ich will Ihnen sagen: Diese Frage haben Sie zu Be-

inn Ihrer Rede selbst beantwortet: Der Pressemarkt ist
in ganz spezieller Markt; denn es geht um Meinungs-






(A) )



(B)


Hubertus Heil

vielfalt. Unsere Überzeugung ist, dass man Meinungs-
vielfalt nicht nur proklamieren darf, sondern dass man
auch dafür sorgen muss, dass Meinungs- und Zeitungs-
pluralismus in Deutschland eine wirtschaftliche Grund-
lage haben. Darum geht es.


(Beifall bei der SPD)

Wie ist denn die Lage, die Sie angeblich – denn auch

Sie wissen es besser – nicht zur Kenntnis nehmen wol-
len? Es gibt im Zeitungsbereich strukturelle Verwerfun-
gen und fortlaufend massive Veränderungen; dies wurde
übrigens auch im Rahmen der Anhörung belegt. Wenn
Sie uns nicht glauben wollen, sage ich Ihnen: Es gibt
auch Gutachten, die dies belegen.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Die gibt es nicht!)


Lassen Sie mich nur eine Zahl als Beispiel nennen:
Im Jahre 1976 finanzierten sich Tageszeitungen grob
nach dem Schema: ein Drittel Vertriebserlöse, zwei Drit-
tel Anzeigenerlöse. Inzwischen ist das Verhältnis fifty-
fifty. Das hat nicht nur konjunkturelle Gründe. Ich gebe
zu: In den letzten drei Jahren waren die Probleme, mit
denen die Zeitungen zu tun hatten, vor allem konjunktu-
reller Natur; diese Situation verbessert sich allerdings
wieder.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ja, wenn wir dran sind!)


Aber die strukturellen Veränderungen, die Frau
Griefahn vorhin angedeutet hat, möchte ich noch etwas
ausmalen. Wenn man über die Konkurrenz im Anzeigen-
bereich spricht, muss man berücksichtigen, dass es die
heutigen elektronischen Medien im Jahre 1976 noch
nicht gab. Weder gab es ein Privatfernsehen noch SMS
noch Internet.

Schauen Sie sich nur einmal an, in welchem Umfang
die Anzeigen in den Rubriken Automobile und Immo-
bilien von den Tageszeitungen ins Internet migriert sind;
denn die dortigen Anwendungen und technischen Mög-
lichkeiten sind für die Nutzer viel interessanter als das,
was die Tageszeitungen zu leisten vermögen. Daneben
ist bei denen, die Werbung schalten, ein tief greifender
Konzentrationsprozess zu beobachten. Schauen Sie sich
nur den Lebensmittelbereich an: Lidl, Aldi und viele an-
dere führen umfangreiche Reihen- und Kettenschaltun-
gen durch. Es besteht bei Anzeigen also auf der Nachfra-
geseite eine unheimliche Marktmacht.

Es gibt also, was die wirtschaftlichen Grundlagen von
Zeitungen betrifft, Veränderungen; das kann man nicht
leugnen. Wenn Sie mir nicht glauben, dann schauen Sie
sich in den Redaktionen um. Reden Sie mit Redakteuren,
deren Redaktionen massiv zusammengekürzt wurden.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Diesen Vorgang werden Sie beschleunigen!)


Reden Sie auch einmal mit Menschen, die als freie Mit-
arbeiter und Journalisten arbeiten und in einer wirklich
schwierigen Situation sind, und nicht nur mit irgendwel-
chen Verbandsvertretern.

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(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Dann müssen Sie ja erst recht unserer Meinung folgen!)


Sie sollten wirklich einmal eine solche Redaktion be-
uchen. Dann würden Sie feststellen, dass Rationalisie-
ung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zwar etwas
ernünftiges ist. Wenn Rationalisierungsdruck aber dazu
ührt, dass die Zeitungen vor allen Dingen im redaktio-
ellen Bereich zusammenschrumpfen, dann ist das ein
roblem für die Meinungsvielfalt; das will ich Ihnen sa-
en. Wenn die Zeitungsvielfalt darin besteht, dass in den
edaktionen nur noch Agenturmeldungen zusammenge-
tückelt werden, dann ist das nicht der Meinungsplura-
ismus, den wir wollen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Genau gegenteilig ist das!)


Deshalb haben wir eine andere Regelung vorgeschla-
en.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516408700

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Schauerte?


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1516408800

Gerne, Herr Schauerte.


Hartmut Schauerte (CDU):
Rede ID: ID1516408900

Ich komme aus einem Kreis, in dem sich die Eigentü-
er der „WAZ“, der damaligen „Westfalenpost“ und der
Westfälischen Rundschau“ zusammengeschlossen ha-
en, aber die Redaktionen selbstständig blieben. In die-
em Kreis gibt es nur diese Zeitungen. Die Lokalredak-
ionen sind personell so mager besetzt, dass man sie
aum noch findet. Denn dem Eigentümer ist es egal,
elche Zeitung ein Abonnent bestellt; alle gehören ja
hm. In dem Nachbarkreis, der auch zu meinem Wahl-
reis gehört, Lüdenscheid, gibt es eigentümergeführte,
ittelständische Zeitungen, etwa die „Lüdenscheider
achrichten“ der Ippen-Gruppe. Die Lokalredaktionen
ind personell um ein Vielfaches stärker besetzt; das ist
uf den Wettbewerb zurückzuführen. Der Umfang dieser
eitungen beträgt das Dreifache der Zeitungen im ande-
en Kreis; das dient auch der Meinungsvielfalt. Das ist
in praktisches Beispiel dafür, wie Zusammenarbeit aus-
ehen kann.
Ich frage Sie: Glauben Sie ernsthaft, dass Sie mit Ih-

er Konzentrationsbeschleunigung, die Sie mit diesem
esetz möglich machen, tatsächlich Arbeitsplätze für
ournalisten retten? Sie werden sich wundern.


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1516409000

Ich antworte Ihnen am besten mit einem Beispiel aus
einem Wahlkreis, Gifhorn–Peine. Er liegt in Nieder-
achsen. Ich habe das Glück, dass es in meinem Wahl-
reis fünf verschiedene Tageszeitungen gibt, die zwei
der drei Verlegern gehören.
)






(A) )



(B) )


Hubertus Heil


(Rainer Brüderle [FDP]: Wo gibt es das denn? Das gibt es doch nur ganz wenig!)

– Das gibt es in meinem Wahlkreis. Ich lade Sie ganz
herzlich ein. Es gibt zwar nicht so wunderbaren Wein
wie bei Ihnen, aber es gibt fünf Tageszeitungen.


(Rainer Brüderle [FDP]: Ich bringe Ihnen eine Flasche mit!)


In meinem Wahlkreis, ganz im Norden, gibt es ein sehr
kleines Blatt, das „Isenhagener Kreisblatt“. Der Verleger
möchte diese Zeitung gern weiterführen. Bei einer Auf-
lage von sage und schreibe 5 000 Exemplaren – die Zei-
tung ist ganz klein; ich freue mich darüber, dass es das
Blatt gibt – hat der Verleger allerdings kaum noch die
Möglichkeit, gerade bei größeren Unternehmen Anzei-
gen in nennenswertem Umfang für diese Zeitung ein-
zuwerben. Warum sollten wir es diesem Unternehmen
verweigern, mit einem benachbarten größeren Unterneh-
men eine Anzeigenkooperation einzugehen?


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das gibt es ja schon!)


– Anzeigenkooperation gibt es schon. Aber wir wollen
sie gerade auch mit Blick auf die strukturelle Verände-
rung erleichtern.

Von daher glaube ich, dass wir ein gutes Modell ge-
funden haben, für den Bereich der Anzeigen, des Ver-
triebs und des Drucks gesellschaftsrechtlich oder auch
vertraglich Kooperationen zu ermöglichen, unter der
Voraussetzung, dass bestimmte Kriterien erfüllt sind. Ich
will Ihnen das gern erklären.

Im Gesetzentwurf ist keine Zusammenlegung von
Redaktionen vorgesehen. Ebenfalls sind keine Fusionen
vorgesehen. Vielmehr wollen wir auf den von mir ge-
nannten Feldern Kooperationen in der Reichweite, die
ich eben beschrieben habe, ermöglichen. Das ist aller-
dings keine Garantie dafür, dass es Freiräume für redak-
tionelle Arbeit gibt; das will ich Ihnen gern einräumen.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das ist die falsche Medizin!)


Aber es bietet die Chance, Meinungsvielfalt zu erhalten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Was wäre denn Ihre Alternative etwa für das „Isenha-

gener Kreisblatt“? Wir wollen jedenfalls nicht zu-
schauen, wie es zusammenbricht.


(Beifall bei der SPD)

Ich will noch einige Punkte nennen. Wir haben Krite-

rien aufgestellt, weil wir, Herr Schauerte, nicht wollen,
dass diese Regelungen missbraucht werden. Diese Kri-
terien sind vorhin genannt worden. Zum einen muss es
der Wettbewerbsfähigkeit dienen; zum zweiten muss
durch die Kooperation eine der beteiligten Zeitungen
langfristig gesichert werden und zum dritten ist eine Be-
grenzung auf fünf Zeitungen vorgesehen. Herr Kollege
Schauerte, zum fünften Male: Es geht um Zeitungen und
nicht um Verlage.



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(C (D (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Und Verlagshäuser!)


Nein, es geht um Zeitungen und nicht um Verlage.

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Und Ver lagshäuser!)

m Gesetzentwurf ist von an der Kooperation beteiligten
eitungen die Rede. Lesen Sie bitte den Gesetzestext!
as hilft.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Und davor stehen die Verlagshäuser!)


Ich will Ihnen klar sagen, dass ich mir in diesem Be-
eich mehr vorstellen könnte. Da bin ich übrigens in gu-
r Gesellschaft mit Ihrem stellvertretenden Fraktions-
orsitzenden, Herrn Pofalla, den ich heute sehr vermisse.
err Hinsken, warum schweigen Sie eigentlich dazu,
ass Herr Pofalla Vorschläge gemacht hat, die weit über
as hinausgegangen sind, was Herr Clement und wir
orgeschlagen haben?


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Weil wir die Vorschläge zurückgezogen haben!)


arum verschweigen Sie das heute und tun so, als wür-
en wir uns in diesem Bereich zu schaffen machen?


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516409100

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Tauss?


(Birgit Homburger [FDP]: Nein, Herr Tauss!)



Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1516409200

Ja, gern.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1516409300

Danke schön. – Lieber Kollege Heil, nachdem Sie ge-

ade das Wort „Missbrauch“ in den Mund genommen
aben und Herr Kollege Schauerte die heutige Debatte
azu missbraucht hat, die Sachfragen mit vermeintlichen
influssnahmen der SPD auf Redaktionen, die redak-
ionelle Unabhängigkeit und auf Verlage zu verbinden,
öchte ich Sie fragen: Könnten Sie mir in diesem Zu-
ammenhang freundlicherweise nochmals die histori-
chen Zusammenhänge aufzeigen,


(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die letzten 60 Jahre, bitte schön!)


ie dazu geführt haben, dass eine Gesellschaft, an der die
PD beteiligt ist, nach Überwindung der Diktaturen, des
azi-Reichs und der SED-Diktatur die Rückgabe von
erlagen erreichen konnte, weil es sich dabei um zu Un-
echt enteignetes Eigentum gehandelt hat? Und wie be-
erten Sie die Versuche der CDU, das heute wieder
ückgängig zu machen?


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1516409400

Herr Kollege Tauss, ich will Ihnen antworten, ver-
eise aber auf die Auseinandersetzung, die wir hier vor
inem Jahr schon zu diesem Thema hatten.






(A) )



(B) )


Hubertus Heil


(Ludwig Stiegler [SPD]: Es gibt ein schönes Buch dazu!)

Ich finde es bedauerlich, dass Sie, Herr Schauerte, in
Ihrer Rede ständig mit Unterstellungen gearbeitet haben
– das tun wir nicht. Wir sind in der Sache an der einen
oder anderen Stelle über die Wirkung unterschiedlicher
Auffassung – das gehört zum Meinungsstreit in der
Demokratie –, aber dass Sie uns sozusagen verschwö-
rungstheoretisch Eigeninteresse unterstellen, ist nicht
nur falsch, es ist schäbig, erst recht in dem Ton, in dem
Sie es getan haben; das will ich Ihnen klar sagen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kollege Tauss hat vorhin deutlich gemacht: Die
Zeitungsbeteiligungen, die Parteien haben, sind nichts
Ehrenrühriges, weil sie keinen redaktionellen Einfluss
nehmen.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Wie bitte?)

– Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis.


(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Was ist mit der „Frankfurter Rundschau“?)


Lesen Sie einmal ein paar Zeitungen, an denen die
DDVG beteiligt ist. Ich sage Ihnen: Ich ärgere mich
manchmal schwarz über das, was ich lese.


(Monika Griefahn [SPD]: Wohl wahr!)

Reden Sie beispielsweise mit Herrn Wulff darüber, ob er
sich über die Berichterstattung der „Hannoverschen All-
gemeinen Zeitung“ beschweren kann – er wird es
schwerlich können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Eine Zeitung, die der SPD gehört, ist nicht unabhängig! – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Was drauf steht, muss auch drin sein!)


Gerade Sie von der CDU sollten in der Frage, wie Sie
Ihre Partei finanzieren, einmal ganz ruhig sein!


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516409500

Herr Kollege Heil, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Hinsken?

Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1516409600

Gerne, ich habe heute noch jede Menge Zeit; ich muss

bloß noch zum Unterbezirksparteitag meiner Partei in
Peine.


Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1516409700

Herr Kollege Heil, ich befürchte, dass Sie das, was

Sie vorhin angekündigt haben, nicht wahr machen, näm-
lich uns darüber aufzuklären, was es mit der Zahl fünf
auf sich hat, dass nach fünf Jahren überprüft werden soll.


(Jörg Tauss [SPD]: Nicht nach fünf Jahren, innerhalb von fünf Jahren!)


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(C (D Doch, das will ich. Wenn sich vier Starke mit einem Fünften, Schwachen, usammensetzen, zusammenschließen, kommt auch die ahl fünf zustande. Haben Sie sich darüber hinaus vieleicht von dem Gedanken leiten lassen, dass Sie fünf eitungsverlage in Ihrem eigenen Bereich haben? Ich ann das nicht nachvollziehen. Gut, dass Sie nachfragen; dann kann ich Ihnen antorten. Sie sind diesen Fragen schon im Wirtschaftsausschuss usgewichen. Dann sagen Sie wenigstens heute etwas azu! (Ludwig Stiegler [SPD]: Das ist hoffnungslos!)

Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1516409800
Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1516409900
Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1516410000
Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1516410100


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1516410200

Das mache ich sehr gerne, Herr Kollege, wenn es zur
eiterbildung dient. Sie bringen ein paar Dinge durch-
inander. Ich will das aber gerne mit Ihnen aufrollen,
enn wir die Zeit dazu haben.
Erstens. Wir haben im Entwurf eine Begrenzung auf

ünf Zeitungstitel vorgenommen. Ich gebe wie der Kol-
ege Schulz zu: Es hätten auch sechs oder sieben oder
cht sein können. Aber fünf war die Begrenzung, die wir
it den Grünen ausgehandelt haben. Ihr Kollege Pofalla
ollte gar keine Begrenzung. So weit dürften wir uns ei-
ig sein.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das tut nichts zur Sache!)


Zweitens. Sie haben nach den fünf Jahren gefragt,
ach der zeitlichen Begrenzung, und danach, ob man ei-
en solchen Zusammenschluss auch wieder rückab-
ickeln kann.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Ja!)

ch will Ihnen dazu sagen: Wir wollen, dass Koopera-
ionen möglich sind. Natürlich geht keiner eine Koope-
ation und damit ein wirtschaftliches Risiko ein, wenn
as Rad nach fünf Jahren zurückgedreht wird. Sie kön-
en eben – mit Ludwig Stiegler gesprochen – aus einem
melett kein Ei mehr machen.


(Heiterkeit bei der SPD)

eshalb haben wir dem Kartellamt mit der Ex-ante-Prü-
ung klare rechtsstaatliche Kriterien und genug Möglich-
eiten an die Hand gegeben, um Missbrauch möglichst
inzugrenzen. Nach fünf Jahren wollen wir sehen, was
iese Regelung für die Branche bedeutet. Wir können sie
erlängern, wenn sie sich bewährt hat. Aber zuvor müs-
en wir das überprüfen.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wir können es nicht!)







(A) )



(B) )


Hubertus Heil

Herr Hinsken, wir beide können doch nicht in die Zu-
kunft schauen, auch wenn ich das uns beiden wünschen
würde; wir sind beide nette Kerle. Aber wir haben unter-
schiedliche Auffassungen über die Vergangenheit und
die Gegenwart. Das ist der Unterschied zwischen uns:
Sie sagen: „Es gibt keine strukturelle Krise auf dem Zei-
tungsmarkt.“


(Abg. Ernst Hinsken [CDU/CSU] nimmt wieder Platz)


Sehen Sie das so, Herr Hinsken? Dann bleiben Sie ste-
hen;


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Nein! – Ludwig Stiegler [SPD]: Bleib stehen!)


ich bin mit meiner Antwort noch nicht zu Ende. Fragen
stellen und dann keine Antwort erwarten – so geht es
nicht; das sind rhetorische Fragen, aber keine Zwischen-
fragen im Deutschen Bundestag!


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Sie können noch eine halbe Stunde darüber reden!)


– Wenn Sie es nicht verstehen wollen, muss ich länger
reden; das tut mir leid.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wenn Sie ankündigen, Sie sprechen darüber, dann aber nichts sagen!)


Dann will ich Ihnen zum Schluss gerne eins sagen: Auch
ich hätte mir gewünscht, dass wir das miteinander im
ruhigen Gespräch hätten klären können;


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

ich sage Ihnen das ganz offen. Nur, diese Debatte hier
und auch im Wirtschaftsausschuss und die Presseäuße-
rungen, die Sie gleich, nachdem wir uns in der Koalition
verständigt hatten, abgegeben haben, haben uns zu der
Auffassung gebracht, dass es sinnvoller ist, mit vernünf-
tigen Landeswirtschaftsministern Ihrer Partei zu reden


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

als mit ideologischen Menschen, die nur ein Ziel haben:
uns die übelsten Motive zu unterstellen. Das tue ich bei
Ihnen auch nicht: Ich unterstelle, dass Sie politisch
falsch liegen. Sie wiederum sagen, ich liege falsch. Aber
Sie unterstellen uns dabei, dass wir das aus niederen Be-
weggründen tun. Das finde ich nicht gut.


(Jörg Tauss [SPD]: Unglaublich! – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Aus nicht nachvollziehbaren Gründen!)


Wissen Sie, Herr Hinsken – ich sage Ihnen das in aller
Ruhe; Sie sind doch freundlicher als Herr Schauerte, der
ständig etwas andeutet –: Es nützt letztlich keinem,
wenn wir uns gegenseitig in jeder politischen Auseinan-
dersetzung skandalisieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wer ständig „Skandal“ ruft,


(Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Das ist ein Skandal!)


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(C (D uss sich nicht wundern, dass die wirklichen Skandale n Deutschland nicht mehr auffallen. Das ist kein Skanal, sondern eine unterschiedliche politische Bewertung. (Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Doch, ein riesiger Skandal!)


Ach, ja, Sie sind für Ihre sachlichen Einschätzungen
on politischen Situationen ja allgemein bekannt, Herr
ollege.
Ich will Ihnen nur sagen: Mit der heutigen GWB-
ovelle schaffen wir das Grundgesetz der Marktwirt-
chaft der Zukunft. Es gibt veränderte Rahmenbedin-
ungen. Der Pressebereich ist sehr sensibel. Dort bleibt
s bei Spezialregelungen. Bezogen auf die Aufgreif-
chwelle und die Bagatellklausel haben wir behutsame
nderungen vorgenommen, womit wir die entsprechen-
en Regelungen übrigens an die anderer Branchen ange-
asst haben. Ich finde, auch bei den Kooperationen sind
ir einen guten und vernünftigen Schritt weitergekom-
en.
Ich hätte mir gewünscht, dass wir die Beratungen hier

m Bundestag sachlich hätten abschließen können und
ass wir kein Vermittlungsverfahren brauchen würden.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das kommt erst noch!)


ch sage: Das ist an Ihnen gescheitert. Es wird zum Ver-
ittlungsverfahren kommen. Herr Hinsken, ich bin sehr
espannt, wie sich die Landeswirtschaftsminister in die-
er Frage verhalten werden.


(Beifall bei der SPD)

Herr Brüderle, der sonst immer kritisiert, dass zum
eispiel Minister nicht anwesend sind – –


(Jörg Tauss [SPD]: Wo ist er denn? – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Er hat sich verabschiedet! – Birgit Homburger [FDP]: Dass er nicht mehr da ist, wurde abgesprochen!)


Okay, dann habe ich das nicht mitbekommen und ich
ntschuldige mich. Wir sollten die Aufgeregtheiten aber
uch dann lassen, wenn Staatssekretäre weg müssen.
as war bei diesem Punkt nämlich auch abgesprochen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


err Hinsken, das haben Sie vorhin nur nicht mitbekom-
en; so, wie ich eben.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Moment einmal, die haben doch fünf von der Sorte in einem Ministerium!)


Ich will nur sagen, dass wir eine vernünftige Rege-
ung getroffen haben, mit der viele leben können.
Es gibt Verleger, die sich mehr gewünscht hätten.
err Schauerte hat Recht, wenn er sagt, dass es in der
atur von Unternehmen liegt, dass sie das Kartellrecht
icht sonderlich originell finden.


(Zuruf von der CDU/CSU: Redezeit!)







(A) )



(B) )


Hubertus Heil

– Ich habe noch zehn Sekunden. – Wir als Politiker müs-
sen das Kreuz durchdrücken, damit wir dort vernünftige
Spielregeln haben. Manchen Verlegern geht das nicht
weit genug, anderen geht das zu weit. Das heißt, wir sind
mit diesem Gesetzentwurf in der guten Mitte. Sie wer-
den sehen, dass wir uns durchsetzen werden.

Herzlichen Dank und schönes Wochenende.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ludwig Stiegler [SPD]: Das nächste Mal redet bei der CDU/CSU der Pofalla!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516410300

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-

desregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Ände-
rung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen,
Drucksache 15/3640. Der Ausschuss für Wirtschaft und
Arbeit empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 15/5049, den Gesetzentwurf in der Aus-
schussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter
Beratung mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstim-
men von CDU/CSU und FDP angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist damit mit demselben Stimmergebnis wie in der
zweiten Beratung angenommen.

Wir kommen nun zu den Entschließungsanträgen.
Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Fraktion
der CDU/CSU auf Drucksache 15/5053? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag
ist mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen
der CDU/CSU und der FDP abgelehnt.

Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak-
tion der FDP auf Drucksache 15/5054? – Wer stimmt da-
gegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist
mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der
FDP und der CDU/CSU abgelehnt.

Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak-
tion der FDP auf Drucksache 15/5055? – Wer stimmt da-
gegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist
ebenfalls mit den Stimmen der Koalition bei Gegenstim-
men der FDP und der CDU/CSU abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 19 b: Abstimmung über die Be-
schlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und
Arbeit auf Drucksache 15/3136 zu dem Antrag der Frak-
tion der FDP mit dem Titel „Für einen wirksamen Wett-
bewerbsschutz in Deutschland und Europa“. Der Aus-
schuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/760
abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschluss-

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(C (D mpfehlung ist mit den Stimmen der Koalition bei Geenstimmen der FDP und der CDU/CSU angenommen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Bürokratieabbau – Drucksache 15/4646 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung Ausschuss für Verkehr, Bauund Wohnungswesen Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Tourismus Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Wirt chaftsminister des Landes Baden-Württemberg, Ernst fister. Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren Abge rdnete des Deutschen Bundestages! Sie wissen, dass er Bundesrat auf Initiative des Landes Baden-Württemerg eine Gesetzesinitiative zum Abbau von Bürokratie n Deutschland vorgelegt hat. Dies war notwendig, nachem es zwar in der Vergangenheit immer wieder Ankünigungen von allen Seiten gegeben hat, diesen Jobkiller ummer eins, Bürokratie, in Deutschland zurückzudreen, aber im Grunde das Gegenteil passiert ist. ie Zahl der Gesetze und Verordnungen hat in den letzen Jahren permanent zugenommen. Noch schlimmer ist ber: Bürokratie ist nicht nur eine Angelegenheit, die ns alle ärgert, auch als Privatpersonen, sondern Büroratie hat mit Kosten zu tun, und zwar auch mit Kosten ür die mittelständische Wirtschaft. Es gibt eine Unersuchung des Instituts für Mittelstandsforschung in onn. In dieser wird uns vorgerechnet, dass die Bürokraiekosten für die deutsche Wirtschaft im Jahr 1994 noch ei 30 Milliarden Euro pro Jahr lagen und diese Zahl in er Zwischenzeit auf 50 Milliarden Euro angestiegen ist. Noch schlimmer ist: Wenn Sie die Bürokratiekosten ines Großbetriebes betrachten, dann werden Sie festtellen, dass diese Kosten pro Nase und pro Jahr im Auenblick bei etwa 350 Euro liegen. Wenn Sie einen kleien oder mittleren Betrieb betrachten, dann sehen Sie, ass diese Kosten mehr als zehnfach so hoch sind. Sie iegen bei 4 300 Euro. Das heißt, Bürokratie ist insbeondere ein Problem des Mittelstandes, jenes Bereiches, er zu 70 Prozent für Ausbildungsplätze und zu 80 Proent für Arbeitsplätze sorgt. Gerade dieser Bereich ist urch die Bürokratie besonders belastet. Ernst Pfister, Minister Deshalb sollten wir alle keine Ruhe geben und diesen Jobkiller dahin befördern, wo er hingehört: in den Papierkorb. Der Bundesrat hat am 26. November 2004 mit großer Mehrheit dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zum Bürokratieabbau zugestimmt. Erstmals – das ist bemerkenswert – wurden die Anstrengungen der Länder zum Bürokratieabbau gebündelt. Die Landesregierung von Baden-Württemberg war hieran maßgeblich beteiligt. Wir haben das Thema Bürokratieabbau längst zur Chefsache gemacht. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Vergeblich!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1516410400

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


– Das liegt an Ihnen, Herr Kollege.

(Jörg Tauss [SPD]: Innerhalb Baden-Württem bergs!)

Denn richtig ist: Wir allein als Bundesrat, als Bundes-

länder können dies nicht schultern. Das hängt damit zu-
sammen, meine Damen und Herren Bundestagsabgeord-
nete, dass das Wirtschaftsrecht zu 90 Prozent in Berlin
oder auch in Brüssel gemacht wird. Das wollen wir und
das will der Bundesrat mit diesem Gesetzentwurf ge-
meinsam angehen.


(Jörg Tauss [SPD]: Föderalismuskommission!)

Bürokratie darf nicht in Brüssel entstehen. Da sind wir
uns einig. Sie darf auch nicht in Berlin perfektioniert
werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Sie müssen sich ein aktuelles Beispiel dafür gefallen

lassen, dass ständig, auch von der Bundesregierung, zu-
lasten von Bürgerinnen und Bürger und zulasten der
Wirtschaft draufgesattelt wird. Das prominenteste Bei-
spiel dafür ist das Antidiskriminierungsgesetz.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Popanz!)


Dieses Gesetz diskriminiert in Wahrheit rechtschaffene
Unternehmen und Bürger. Es ist ein gigantisches Ar-
beitsbeschaffungsprogramm für Rechtsanwälte und Ge-
richte und mit Sicherheit ein neues bürokratisches Mons-
trum, das wir zurückdrängen sollten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass die

deutsche Krankheit so umschrieben werden kann, dass
die Deutschen eine Mentalität haben, die da lautet: Wenn
sie nur entfernt am Firmament ein Problemchen ent-
decken, dann kommen sie sofort auf die Idee, diesem
Problemchen ein Gesetz hinterherzuschmeißen.


(Jörg Tauss [SPD]: Richtlinie, Herr Pfister!)

Damit muss Schluss sein. Deshalb will ich Ihnen sagen,
dass der Bundesrat das vom Kollegen Clement vorge-
legte und von Ihnen bereits beschlossene Gesetz zum
Bürokratieabbau durchaus positiv sieht. Über einige
Punkte muss man im Bundesrat noch sprechen. Das wird
am nächsten Freitag der Fall sein. Bei einigen Punkten
hätte ich mir mehr Mut gewünscht. Aber das ist jetzt
nicht entscheidend. Wenn wir von uns aus dem Deut-

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(C (D chen Bundestag und der Bundesregierung signalisieren, ass wir an einem Strick ziehen wollen, dann erwarte ich on Ihnen, meine Damen und Herren Bundestagsabgerdnete, im Gegenzug Ihre Unterstützung für diese Iniiative des Bundesrates. Das ist nicht mehr als in Ordung. Der Bundesrat hat mit dieser Gesetzesinitiative ge eigt, dass es ihm mit dem Bürokratieabbau Ernst ist. Ich edauere sehr, dass die Bundesregierung in ihrer Stelungnahme offensichtlich der Mut verlassen hat. Diese utlosigkeit können wir uns nicht mehr erlauben. Büroratie als einer der fünf oder sechs stärksten Jobkiller hat umindest den Vorteil, dass wir an dieser Stellschraube rehen können, ohne dass es uns auch nur einen einzigen ent kostet. Im Gegenteil: Wir werden dabei sogar noch eld sparen. Deshalb sollten wir uns gemeinsam, Bundesrat und undestag, darauf konzentrieren, in der Zukunft nicht ie Menschen, sondern die Bürokratie zu diskriminieren. nterstützen Sie bitte diese gemeinsame Initiative der änder mit dem gemeinsamen Ziel! Diese Bürokratie önnen wir uns in unserem Lande für die Menschen, ber auch für die Wirtschaft nicht mehr erlauben. Haben Sie herzlichen Dank. Die Rede des Kollegen Ulrich Kelber, SPD-Fraktion, ird zu Protokoll gegeben.1)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516410500
em Kollegen Dr. Michael Fuchs, CDU/CSU-Fraktion,
as Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Michael Fuchs (CDU):
Rede ID: ID1516410600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

en! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es freut
ich, dass wir überhaupt wieder eine Debatte über das
hema Bürokratieabbau haben. Die letzten Debatten ha-
en Sie zeitlich immer so geschoben, dass sie nicht mehr
tattfanden. Über Ihren eigenen Antrag haben wir über-
aupt nicht debattiert. Er stand zwar dreimal auf der Ta-
esordnung, aber beim dritten Mal wurde er gegen Mit-
ernacht zu Protokoll gegeben. Das zeigt, wie groß Ihr
nteresse am Bürokratieabbau ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Versuch, alles zu kaschieren, ist für Ihre Politik be-

eichnend. Sie haben das Jahr 2005 zum Leerlaufjahr er-
lärt. Reformen wird es nicht mehr geben, stattdessen ein
isschen Tagesgeschäft und sehr viele Auslandsbesuche.
nsonsten wartet die Bundesregierung darauf, dass die
onjunktur aus irgendwelchen von ihr nicht verschulde-
en Gründen anspringt. In Berlin spielt das Staatsen-
emble das Stück: Warten auf ein Wunder. Irgendwie, ir-
endwann wird alles besser.

Anlage 2






(A) )



(B) )


Dr. Michael Fuchs

Doch dass Sie mit dieser Methode vor allem beim

Thema Bürokratieabbau überhaupt keinen Erfolg haben,
zeigt die jüngste Allensbach-Umfrage. Ich weiß nicht,
ob Sie davon gehört haben, Herr Tauss. Es wäre gut,
wenn Sie einmal zuhören würden.


(Jörg Tauss [SPD]: Ich höre doch!)

Das Allensbach-Institut hat eine Umfrage in ganz Deutsch-
land durchgeführt und festgestellt, dass 86 Prozent der
Wirtschaft Bürokratie für die höchste Belastung halten.
Bürokratie kommt noch vor Steuern, die von 77 Prozent
als Belastung genannt werden. Wo sind denn Ihre wirkli-
chen Reformvorschläge zum Bürokratieabbau?


(Jörg Tauss [SPD]: Zwei Drittel aus den Ländern!)


Wieso legen Sie uns keine vernünftigen Gesetzentwürfe
vor? Die Bundesratsinitiative des Landes Baden-Würt-
temberg zusammen mit Bayern und Niedersachsen ent-
hält immerhin 40 Einzelmaßnahmen. Sie haben ganze
neun aufgelistet. Viel weniger geht nun wirklich nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Bedauerlicherweise haben Sie an diesem Thema kein

Interesse und schon gar nicht sind Sie an einer konstruk-
tiven Zusammenarbeit mit den Ländern interessiert. Der
Bundesumweltminister hat die Initiative der Bundeslän-
der gar eine „Mogelpackung“ genannt.


(Jörg Tauss [SPD]: Da hat er nicht Unrecht!)

Mit ihm seien Senkungen von Umweltstandards nicht
zu machen. Doch wieder einmal vergaloppiert sich Herr
Trittin mit seiner grünen Umweltideologie zulasten der
mittelständischen Wirtschaft. Es geht nicht um das Ab-
senken von Umweltstandards, sondern es geht um den
Abbau umweltunverträglicher Bürokratie.

Herr Trittin ist und bleibt für mich der Minister für
Deindustrialisierung des Standortes Deutschland.


(Lachen bei der SPD)

Wissen Sie, was das beste Wirtschaftsprogramm für
Deutschland wäre? Wir schicken ihn für zwei Jahre nach
China. Dann verlassen alle deutschen Unternehmer
fluchtartig China und kommen wieder zu uns zurück.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss [SPD]: Billig!)


Das Bundesumweltministerium hat den Ökologismus
in Deutschland längst zu einer Quasistaatsreligion erho-
ben. Leidtragende dabei sind die Unternehmen und vor
allen Dingen die Industrie. Man braucht gar nicht mit der
Gentechnologie anzufangen, das können Sie querbeet
sehen. Mit den Strompreiserhöhungen, die Sie in
Deutschland verursacht haben, machen Sie die Industrie-
zweige, die Strom als wesentliche Kostenquelle haben,
in Deutschland nahezu unmöglich. Demnächst werden
wir keine Aluminiumindustrie mehr in Deutschland ha-
ben. Sie bauen obendrein mit Ihrer heiligen Ökoreligion
überall noch zusätzliche bürokratische Hemmnisse ein.
Wo bleiben Ihre Bürokratiereformen?

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(C (D Ich habe mich einmal mit dem Bundesinnenministeium beschäftigt. Leider ist kein Vertreter heute hier. Das nnenministerium schafft tatsächlich 250 Vorschriften b. Darüber habe ich mich gefreut und ich habe gesagt: onnerwetter, da passiert endlich etwas. – Dann habe h geschaut, was in dem Gesetz steht. Es ist 350 Seiten ick. Darin wird beispielsweise die Verordnung über die uszahlung des Ehrensoldes für Träger höchster Kriegsuszeichnungen aus dem Ersten Weltkrieg abgeschafft. as ist wahrlich wichtig. Auch wird die Verordnung für ie deutschen Spruchgerichte zur Aburteilung von Mitliedern von Verbrecherorganisationen von 1947 abgechafft. Dadurch wird die deutsche Wirtschaft sicher ehr entlastet. Es ist ziemlich erschütternd, womit Sie ich beim Bürokratieabbau beschäftigen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es gibt bei Ihnen noch ein zusätzliches Problem. Sie
ollen uns jetzt die Megabürokratie des Antidiskrimi-
ierungsgesetzes überstülpen. Da geht es so richtig los.
ieses Nicht-mehr-unterscheiden-dürfen-Gesetz wird
rhebliche Folgen für die gesamte deutsche Wirtschaft
aben. Dann geht es ans Eingemachte. Wir werden mit
icherheit einige Stories aus den Unternehmen über die
egabürokratie hören. Sie werden es schaffen, dass die
nternehmen keine Lust mehr haben. Das ist das
chlimmste. Sie verderben das Klima und die Lust, in
eutschland noch etwas zu unternehmen. Das ist für
ich eines der größten Probleme.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie satteln grundsätzlich bei jedem Gesetz drauf. Ich
öchte in diesem Zusammenhang zitieren, was ein nicht
einer Fraktion angehörender EU-Kommissar über das
DG und das, was Sie daraus gemacht haben, gesagt
at. Herr Verheugen hat zu Ihrer Gewohnheit, immer
och draufzusatteln, gesagt, die deutsche Umsetzung der
U-Gesetzgebung gleiche einem Pferd, dem nach
urchlaufen des deutschen Gesetzgebungsverfahrens so
iel draufgesattelt werde, dass es danach als Kamel mit
wei Höckern im Bundesgesetzblatt stehe. Schöner kann
an nicht ausdrücken, was Sie machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

chöner kann man nicht beweisen, dass Sie es immer
och nicht kapiert haben, dass wir weniger Belastungen
rauchen und nicht mehr.


(Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Es ist nicht alles falsch, was Verheugen sagt!)


as tun Sie trotz 5,2 Millionen Arbeitslosen. Es wäre al-
rhöchste Zeit, dass Sie begreifen, dass Sie so nicht wei-
rmachen können.
Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516410700

Nächster Redner ist der Kollege Winfried Hermann,
ündnis 90/Die Grünen.






(A) )


)


Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516410800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber

Ex-Landtagskollege Pfister! Wir haben heute zum wie-
derholten Male in dieser Woche unter wechselnden
Überschriften eine Mantradebatte. Alle sprechen von Bü-
rokratieabbau und alle beklagen die Bürokratie. Ich habe
ehrlich gesagt keine Lust, hier im Bundestag weiterhin
Mantras zu verbreiten. Ich finde, wir müssen konkret
über den Gesetzentwurf sprechen, der heute vorliegt, der
„Entwurf eines Gesetzes zum Bürokratieabbau“ heißt
und vom Bundesrat eingebracht wurde. Darüber haben
Sie merkwürdigerweise nicht gesprochen.


(Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Sie haben nicht zugehört!)


Der Gesetzentwurf hat einen außerordentlich hohen
Anspruch. Bürokratie und Überregulierung, die die Bür-
ger fesseln – reden wir von Baden-Württemberg oder re-
den wir von Bayern? –, sollen durch zahlreiche Maßnah-
men in verschiedenen Lebensfeldern abgeschafft werden.
Das ist ein hoher Anspruch und man hätte eigentlich er-
warten können, dass, wenn die Mehrheit des Bundesrats
etwas vorschlägt, substanziell gearbeitet und geklärt
wird, was Bürokratie ist, wer die Bürokratie macht, wer
dafür verantwortlich ist und wie sie angelegt ist. All das
wird nicht geklärt, sondern es wird allgemein gesprochen.
Anschließend kommt eine Reihe von konkreten Vor-
schlägen, die aber bei weitem nicht so grundsätzlich sind.
Man kann nicht erkennen, an welcher Stelle die Länder,
der Bund oder die Kommunen verantwortlich sind.

Eines müssen wir festhalten: Die Ebene der Verwal-
tung sind die Länder und nicht der Bund, daher ist der
Ort, an dem die Bürokratiebekämpfung ansetzen muss,
die Landesebene.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Birgit Homburger [FDP]: Quatsch!)


Die Länder haben nicht nur eigene Gesetzgebungskom-
petenz, sondern erlassen darüber hinaus auch Verord-
nungen. Ich will ein Beispiel nennen: Der von der CDU
regierte Freistaat Thüringen ist Rekordhalter bei den
Verordnungen, die in den letzten Jahren erlassen wurden.
Man sieht, es gibt überall etwas zu tun.

Kommen wir zu Ihren Vorschlägen. Was schlagen
Sie konkret vor? Wo ist laut des vom Bundesrat einge-
brachten Entwurfs das Zentrum der Bürokratie? Art. 1
des Gesetzentwurfs befasst sich mit der Änderung der
Weinverordnung, ein zentrales Thema. Art. 2 des Ge-
setzentwurfs zum Bürokratieabbau befasst sich mit der
Änderung der Wein-Überwachungsverordnung. Ich
könnte so weitermachen, der Gesetzentwurf befasst sich
mit der Änderung der Altholzverordnung, der Änderung
der Druckluftverordnung,


(Birgit Homburger [FDP]: Alles Bundesverordnungen!)


der Änderung der Medizinprodukte-Betreiberverord-
nung, der Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes
usw.

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(C (D (Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Das sind absolut wichtige Sachen! – Marie-Luise Dött [CDU/ CSU]: Das zeigt die Vielfältigkeit!)


ch möchte Ihnen das nicht noch weiter vorlesen, aber
ch bin sicher, dass Sie das Zentrum der Bürokratie da-
it nicht erreicht haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Zweifellos machen Sie konkrete Vorschläge. Es ist
irklich herzig, was da als Entbürokratisierung betrach-
et wird. Ich lese beispielsweise den Vorschlag des Bun-
esrates zur Änderung der Druckluftverordnung vor, da-
ei soll es um Entbürokratisierung gehen. Darin heißt es:

1. Dem § 6 werden folgende Sätze angefügt:
„Die Ausnahmezulassung ist schriftlich zu be-
antragen. Dem Antrag ist bei einer Abweichung
von den Regelungen des § 4 Abs. 1 ein Gutach-
ten eines behördlich anerkannten Sachverständi-
gen und bei einer Abweichung von den Rege-
lungen des § 9 Abs. 1 oder 2 oder § 21 Abs. 4
ein Gutachten eines ermächtigten Arztes bei-
zufügen, das jeweils dokumentiert, ob der
Schutz der Arbeitnehmer gewährleistet ist. Über
den Antrag ist innerhalb einer Frist von vier
Wochen …“


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Genau auf die vier Wochen kommt es an!)


Das gesamte Gesetz ist voll von solchen bürokrati-
chen Phrasen. Das nennen Sie Bürokratieabbau!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie beziehen sich aber auch auf durchaus wichtige
unkte, die Hälfte des Gesetzentwurfs bezieht sich auf
mweltgesetze. Offenkundig haben Sie im Umwelt-
ereich einen zentralen Bürokratiefaktor erkannt. Um sich
inen genauen Überblick über Ihre Vorschläge zu ver-
chaffen, muss man im Gesetzentwurf die Seiten 5, 6, 7 ff.
nschauen. Diese Seiten – das kann ich Ihnen sagen –
ienten auch dem Bundestagskabarett „Die Wasser-
erker“ als Grundlage. Auf diesen Seiten wird detailliert
nd bürokratisch festgelegt, wie viel Hühner und Ferkel
it welchem Gewicht wann und wo zu halten sind und
b es eine standortbezogene Umweltverträglichkeits-
rüfung oder eine allgemeine Vorprüfung geben muss.
enau das findet sich in Ihrem Gesetzentwurf wieder, er
t kabarettreif.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Der einzige Punkt, der zum Bürokratieabbau beiträgt,
ezieht sich darauf, dass man inzwischen – ich habe
azu ein paar Beispiele herausgesucht – keine Umwelt-
erträglichkeitsprüfung mehr braucht, wenn man bis zu
0 000 Hühner oder bis zu 560 Ferkel hält – letztere dür-
en allerdings nur bis zu 30 Kilogramm schwer sein –, es
t darüber hinaus keine Umweltverträglichkeitsprüfung
ötig, wenn man 4 500 Ferkel hält, die jedoch nur 10 bis
0 Kilogramm schwer sein dürfen usw. Das nennen Sie
ntbürokratisierung!

(B)







(A) )



(B) )


Winfried Hermann


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Es ist nicht mehr und nicht weniger als Standard-

abbau im Umweltbereich unter dem Etikett „Bürokratie-
abbau“. Der Gesetzentwurf ist durch und durch bürokra-
tisch und setzt den Bürokratismus fort, statt ihn
abzuschaffen.

Ich komme zum Schluss und fasse zusammen: Der
Gesetzentwurf ist das Produkt einer Bürokratie, die au-
ßerordentlich detailliert und unverständlich schreibt und
denkt.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516410900

Herr Kollege, Sie müssen jetzt wirklich zusammen-

fassen.

Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1516411000

Ich komme zum Schluss. – Sie schaffen Bürgerbetei-

ligung ab und nennen das Bürokratieabbau. Alle Ihre
Vorschläge sind 2001 im Vermittlungsverfahren – Sie
mussten dabei nachgeben – gemeinsam verabredet wor-
den. Jetzt behaupten Sie, das sei Bürokratieausbau. Ich
muss Ihnen sagen: Ihr Gesetzentwurf ist ein bürokrati-
scher Witz.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516411100

Das Wort hat die Kollegin Marie-Luise Dött, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU – Detlef Dzembritzki [SPD]: Jetzt sagen sie nicht, dass das mit den Ferkeln nicht stimmt!)



Marie-Luise Dött (CDU):
Rede ID: ID1516411200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nein,

Herr Dzembritzki, aber es ist sehr komisch und ein biss-
chen lächerlich, wenn man den selber eingebrachten
Entwurf eines Gesetzes, das die Schwellenwerte in den
Verordnungen reduzieren und so letztendlich Bürokratie
abbauen soll, als bürokratisch bezeichnet.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Internationale Vergleichsstudien belegen: Je höher die

Regelungsdichte in einem Land ist, desto weniger ge-
lingt es, mögliche Beschäftigungspotenziale auszu-
schöpfen. Genau das ist unser Problem in Deutschland.
Fachleute schätzen, dass zwischen 2 und 7 Prozent der
Unternehmensumsätze für Bürokratiekosten aufgewen-
det werden müssen, obwohl dieses Geld in Wachstum
und Beschäftigung weitaus besser investiert wäre. Von
den Verbesserungen, die Bundeswirtschaftsminister
Wolfgang Clement in seinem Masterplan Ende 2002 so
vollmundig angekündigt hat, werden weder der einzelne
Bürger noch die Unternehmen etwas bemerkt haben. An-
meldungs-, Anzeige-, Aufzeichnungs-, Berechnungs-,
Erklärungs-, Ermittlungs-, Nachweis- und Abführpflich-
ten prägen unseren bürokratischen Alltag. Allein auf
Bundesebene gibt es rund 2 200 Gesetze mit knapp

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(C (D 7 000 Einzelvorschriften und mehr als 3 000 Rechtserordnungen mit fast 40 000 Einzelvorschriften, Tenenz steigend. In der letzten Wahlperiode hat die Regieung pro Tag mehr als 1,5 Gesetze erlassen, aber nsgesamt nur 91 gestrichen, Herr Hermann. Jeder Arbeitsplatz im Mittelstand wird jährlich mit is zu 3 500 Euro Kosten für staatlich verordneten Büroratiedienst belastet. Ein Mitarbeiter hat jährlich durchchnittlich 62 Stunden staatlich verordneter Bürokratierbeit zu leisten. In der Folge bedeutet dies, dass – laut mfrage – knapp 41 Prozent der Betriebe mehr invesierten, wenn sie weniger Bürokratie befolgen müssten. it anderen Worten: Erstens. Bürokratie bindet Arbeitsraft. Zweitens. Bürokratie verhindert Investitionen. rittens. Bürokratie verhindert die Schaffung von Areitsplätzen. Viertens. Bürokratie bindet Ressourcen inofern, als Unternehmen häufig gezwungen sind, kostenos Hilfsarbeiten für den Staat durchzuführen, die nicht hre originären Aufgaben sind. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Aus meinem Fachbereich Umwelt lassen sich eben-
alls Beispiele für unnötigen Bürokratieaufwand finden.
o ist am Zulassungsverfahren für Biozidprodukte in
eutschland neben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz
nd Arbeitsmedizin als Zulassungsstelle eine ganze
eihe weiterer Behörden beteiligt. Einvernehmens-
ehörden sind hierbei das Umweltbundesamt, das
undesinstitut für Risikobewertung sowie eine weitere
bteilung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Ar-
eitsmedizin. Ohne das Einvernehmen dieser Behörden
ann keine Zulassung ausgesprochen werden. Daneben
ind – je nach Produktart – die Bundesanstalt für Mate-
ialforschung und -prüfung, das Bundesamt für Ver-
raucherschutz und Lebensmittelsicherheit sowie das
obert-Koch-Institut als Benehmensbehörden vorgese-
en. Darüber hinaus entscheiden das Bundesamt für Ver-
raucherschutz und Lebensmittelsicherheit sowie das
obert-Koch-Institut als Zulassungsstellen in besonde-
en Fällen, wie zum Beispiel beim Infektionsschutz oder
ei der Seuchenbekämpfung. So sieht es in Deutschland
us.
Die Vielzahl der beteiligten Behörden hat einen gro-

en bürokratischen Aufwand zur Folge. Durch aufwen-
ige Abstimmungsprozeduren zwischen den einzelnen
ehörden wird nicht nur das Zulassungsverfahren erheb-
ich verlängert. Vielmehr ist es auch sehr schwierig, eine
inheitliche deutsche Position auf europäischer Ebene
echtzeitig zu formulieren.


(Beifall bei der CDU/CSU)

ier könnte die Zahl der beteiligten Behörden stark re-
uziert sowie das Verfahren entsprechend vereinfacht
nd verkürzt werden.
Ein anderes Beispiel ist die Änderung der Umwelt-

erträglichkeitsrichtlinie – das hatten Sie gerade ange-
prochen, Herr Hermann –, die von der Bundesregierung
urch das Artikelgesetz nicht im Maßstab eins zu eins
mgesetzt worden ist. Darüber haben wir häufig im
arlament debattiert; denn umweltpolitische Verschär-
ungen auf nationaler Ebene verschlechtern die






(A) )



(B) )


Marie-Luise Dött

Wettbewerbssituation deutscher Unternehmen im Ver-
gleich zu den europäischen Mitbewerbern. Insbesondere
die Herabsetzung der Schwellenwerte hat dazu geführt,
dass die UVP-Pflichtigkeit auch ganz kleine Betriebe
und Handwerker erfasst sowie im Einzelfall existenzbe-
drohende Auswirkungen hat.

Die Hauptkritikpunkte sind daher:
Erstens: die geplante Ausdehnung des Anlagen-

begriffs im UVP-Gesetz. Begründung: Das leistet keinen
Beitrag zur vehement geforderten Deregulierung. Das
leistet keinen Beitrag zur Beschleunigung der Zulas-
sungsverfahren. Das geht über das europäische Maß hi-
naus. Das berücksichtigt nicht die entstehenden Kosten-
belastungen für die Industrie. Das belastet damit vor
allem die mittelständische Industrie.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Zweitens: der Begriff „Stand der Technik“. Die Auf-

nahme der „Gewährleistung der umweltverträglichen
Abfallentsorgung“ als Kriterium für den Stand der Tech-
nik ist nämlich ein deutscher Sonderweg mit Verschär-
fungen und bringt damit Benachteiligungen im europäi-
schen Vergleich mit sich. Angesichts dessen bin ich über
den vom Bundesrat eingebrachten Gesetzentwurf sehr
froh.

Eine grundsätzliche Herangehensweise an die Entbü-
rokratisierung erfordert eine aktive Bürgergesellschaft,
die sich von einem aktivierenden Staat nicht bevormun-
den lassen will. Mehr Freiheit und Selbstverantwortung
für den Einzelnen bedeuten für ihn auf der anderen Seite
aber auch mehr Risikozumutbarkeit; wer seine Freiheit
will, der muss auch bereit sein, das damit einhergehende
Risiko zu tragen. In unserem Antrag zum Bürokratie-
abbau benennen wir grundsätzliche Maßnahmen und
Instrumente, gegossen in eine systematische Selbstver-
pflichtung. Wir sagen nicht nur wo, sondern auch wie
Bürokratie abgebaut wird. Ich finde, Sie sollten uns da-
rin zustimmen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516411300

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetz-

entwurfs auf Drucksache 15/4646 an die in der Tages-
ordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt
es dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der
Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Sibylle
Laurischk, Rainer Funke, Birgit Homburger, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Verfahren der Vaterschaftstests vereinfachen
und Grundrechte wahren
– Drucksache 15/4727 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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(C (D Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die raktion der FDP fünf Minuten erhalten soll. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle in Sibylle Laurischk, FDP-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die rage „Ist es auch wirklich mein Kind?“ hat einen groen Unterhaltungswert, wie die Realityshows zum hema Vaterschaftstest zeigen. In Titelgeschichten hat ich die bundesweite Presse mit der männlichen Urangst, in fremdes Kind aufziehen zu müssen, befasst. (Beifall der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sibylle Laurischk (FDP):
Rede ID: ID1516411400

it dieser Frage muss verantwortungsvoll umgegangen
erden.
Rechtliche Vaterschaft und biologische Vaterschaft

önnen auseinander fallen, wie § 1592 BGB zeigt. Dies
ann sehr private Gründe haben. Eigentlich sollte der
mgang mit diesen sehr privaten Gründen den Eltern
berlassen bleiben.
Die rechtliche Zuordnung von Vater, Mutter und Kind

ieht aber auch schlicht materielle Konsequenzen im
nterhalts- und im Erbrecht nach sich. Gerade das erbit-
ert die betroffenen Väter ganz besonders. Im Extremfall
st der rechtliche Vater bloßer Zahlvater, ohne jede emo-
ionale und sozial-familiäre Bindung und Verantwor-
ung. Dies liegt bisweilen noch nicht einmal an der
erantwortungslosigkeit der Väter, sondern an der ge-
cheiterten Beziehung zur Mutter des Kindes.
Das Recht der Väter, die biologische Vaterschaft fest-

tellen zu lassen, muss unterstützt werden.

(Beifall bei der FDP)


islang muss ein Vater bei Zweifeln an seiner Vater-
chaft das förmliche Vaterschaftsanfechtungsverfahren
ach §§ 1600 ff. BGB nutzen. Dieses Verfahren sieht bei
egativem Ergebnis auch das Ende jeder rechtlichen va-
erschaftlichen Beziehung zu dem Kind vor und es stellt
ohe Hürden für die Einleitung des Verfahrens auf.
Viele Väter sehen sich deswegen zu einem heimlich

urchgeführten Test gezwungen. Wir hören aus dem Jus-
izministerium, dass im Zuge der Regelung im Gen-
iagnostikgesetz jegliche heimliche Vaterschaftsfest-
tellung unter Strafe gestellt werden soll. Um es ganz
eutlich zu sagen: Die FDP-Fraktion lehnt dies entschie-
en ab.


(Beifall bei der FDP)

Wir bejahen aber grundsätzlich das Recht auf infor-
ationelle Selbstbestimmung aller Verfahrensbeteilig-
en. Hier finden wir uns mit dem Bundesgerichtshof
inig, der in seinem Urteil zum Beweisverwertungs-
erbot in Bezug auf heimliche Vaterschaftstests das
nformationelle Selbstbestimmungsrecht des Kindes ge-
enüber dem Recht des Vaters auf Kenntnis seiner biolo-






(A) )



(B) )


Sibylle Laurischk

gischen Vaterschaft abgewogen hat. Der Bundesge-
richtshof hat die Interessen des Kindes sogar als
vorrangig erachtet.

Um den widerstreitenden Interessen zwischen Vater,
Mutter und Kind gerecht werden zu können, schlagen
wir, die FDP, vor, ein niedrigschwelliges, förmliches, da-
für aber auch offenes Verfahren, ein Abstammungstest-
verfahren, anzubieten, das nicht notwendigerweise mit
der Auflösung der Vaterschaft enden muss. Vaterschaft
ist mehr als biologische Abstammung und Zahlvater-
schaft.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Berechtigt, den Test zu beantragen, sollten der recht-
liche Vater, die Mutter, aber auch das Kind sein, also die-
jenigen, die auch gemäß der §§ 1600 ff. BGB die Vater-
schaft anfechten können, aber eben außerhalb dieses
Verfahrens und ohne damit automatisch verbundene An-
fechtung der Vaterschaft.

Wir fordern zur Sicherung des Grundrechts auf infor-
mationelle Selbstbestimmung den Richtervorbehalt für
die Anordnung eines DNA-Analysetests. Dann könnte
auch schon die Äußerung eines Zweifels überhaupt ge-
nügen, um einen Antrag auf Durchführung eines Ab-
stammungstestverfahrens zu begründen.

Außerdem schlagen wir die Bestellung eines Verfah-
renspflegers für das Kind in diesem offenen Abstam-
mungstestverfahren vor, da die Eltern als Personensorge-
berechtigte in einem solchen Verfahren nicht immer die
Rechte des Kindes wahrnehmen können.

Es wird auch eine Beratungspflicht für die betroffe-
nen Väter im Vorfeld eines solchen Testverfahrens ange-
regt. Das ist eine durchaus überlegenswerte Vorstellung,
die manch einen vor vorschnellen, unüberlegten Ent-
scheidungen bewahren mag. Ich halte das für einen
wichtigen Punkt im Hinblick darauf, wie wir ein solches
Verfahren flankierend gestalten sollten.

Ich wünsche mir mehr Ehrlichkeit in den Beziehun-
gen von Männern und Frauen zueinander, insbesondere,
wenn Kinder betroffen sind, und hoffe, dass ein erleich-
tertes Abstammungstestverfahren heimliche Tests über-
flüssig macht.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Schließlich zitiere ich die „Süddeutsche Zeitung“

vom 14. Januar 2005:
Die Entscheidung, ob er

– der zweifelnde Vater –
mit dem Zweifel lebt oder womöglich an der Her-
stellung der Gewissheit verzweifelt oder gesundet,
kann kein Gesetz dem Vater abnehmen. Der Ge-
setzgeber kann allerdings versuchen, ein Verfahren
zur Klärung von Zweifeln zur Verfügung zu stellen,
das juristisch und menschlich einigermaßen erträg-
lich ist.

Wir, die FDP-Fraktion, stellen uns dieser Aufgabe.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516411500

Das Wort hat die Bundesministerin der Justiz, Brigitte

ypries.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1516411600

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine sehr geehrten
amen und Herren! Frau Laurischk, vielen Dank für Ih-
en Debattenbeitrag. Mit einem haben Sie Recht: Wir ha-
en in der Tat allen Anlass, die Frage zu diskutieren,
elche Regelung wir zur Durchführung der Vater-
chaftstests treffen sollten. Selten hat ein Gesetzesvor-
chlag so viele öffentliche Debatten ausgelöst wie dieser,
er in Zusammenhang mit dem Gendiagnostikgesetz
teht. Es geht ja nicht darum, quasi aus der hohlen Hand
twas anders zu regeln, sondern es geht generell um die
rage: Wie ist es eigentlich mit Regelungen zur Gen-
iagnostik?
Der Gesetzgeber hat Veranlassung, hier Regelungen

u treffen; denn es gibt technische Entwicklungen, die es
eute ganz leicht machen, aus genetischem Material Da-
en herauszulesen und diese zu verwerten. Dies diskutie-
en wir auch im Rahmen der Strafverfolgung intensiv.
ir wissen inzwischen auch, dass viele Menschen ver-
ucht sind, einen Vaterschaftstest machen zu lassen, eben
eil es so einfach ist, es inzwischen auch sehr viel
chneller geht und in Privatlabors auch nur noch zwi-
chen 100 und 150 Euro kostet. Darüber hinaus sind
uch Menschen versucht, einen solchen Test zu veran-
assen, die mit der engeren sozialen Familie eigentlich
ar nichts zu tun haben. Dazu, dass vielleicht Schwieger-
ltern oder irgendwelche Nachbarn meinen, sich in fami-
iäre Strukturen einmischen zu müssen, müssen wir ganz
lar sagen: Das geht nicht. Es muss – das halte ich auch
ei der Debatte um das Gendiagnostikgesetz für richtig –
er Grundsatz gelten, dass niemand die genetischen Da-
en eines anderen ohne dessen Einwilligung untersuchen
assen darf.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as sind höchstpersönliche Daten, die vom Recht auf
nformationelle Selbstbestimmung grundrechtlich ge-
chützt sind. Ich glaube, das versteht jeder.
Hinsichtlich der von Ihnen angesprochenen Straf-

ndrohung ist es so, dass im deutschen Recht die Straf-
ndrohung für einen schweren Verstoß gegen das Recht
uf informationelle Selbstbestimmung immer lautet:
eldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Diese
egelung haben wir im Atomgesetz, diese Regelung ha-
en wir im Ausländergesetz und auch in anderen Geset-
en. Da muss man sich allenfalls einmal überlegen, ob
iese Strafandrohung überzogen ist und ob man sie ge-
erell ändern muss.
Man muss sich aber auch sehr sorgfältig überlegen,

b es wirklich gerechtfertigt ist, andere Regelungen zu
reffen. Es muss sich ja nicht notwendigerweise um eine






(A) )



(B) )


Bundesministerin Brigitte Zypries

innerfamiliäre Beziehung handeln. Der Mann, der viel-
leicht nach einer kurzlebigen bzw. flüchtigen Beziehung
meint, er sei der Vater des Kindes, kann zu einer entspre-
chenden Feststellung nicht legitimiert sein. Das alles
sind also ganz schwierige Abgrenzungen, über die wir
im Einzelnen reden müssen. Deshalb ist Ihr Diskussions-
beitrag wichtig, es ist in der Tat nicht einfach. Wir disku-
tieren im Bundesministerium der Justiz, seitdem diese
Debatte hochgekocht ist, mit den verschiedensten Fami-
lienrechtlern, Richtern am Bundesgerichtshof, Wissen-
schaftlern, Praktikern, Rechtsanwälten und Vertretern
von Jugendhilfe und anderen Erziehungsberechtigten,
wie wir das sinnvoll regeln können.

Der Vorschlag, den Sie machen, ist zumindest teil-
weise nicht praktikabel – das kann man schon jetzt
sagen –, weil er für die Länder zu kostenaufwendig
wäre. Wenn man jedes Mal einen gerichtlichen Ent-
scheid zur Grundlage machen will, bringt das Kosten mit
sich, die einfach für die Länderhaushalte ganz schwer zu
verkraften sind. Man muss sich auch fragen, ob es wirk-
lich sinnvoll ist. Wir wissen ja inzwischen, dass mindes-
tens 80 Prozent aller Tests, die Väter durchführen lassen,
zum Ergebnis haben, dass die Zweifel der Väter unbe-
rechtigt waren. Das heißt, da schlagen sich Männer mit
Sorgen herum, die völlig unbegründet sind. Man müsste
da einmal versuchen, zu einer Abschichtung zu kom-
men.

Unsere Überlegungen gehen im Moment in die Rich-
tung, ein Verfahren zu finden, das den geringsten Ein-
griff in die Familie verursacht, dem zweifelnden Vater
aber erlaubt, sich ohne größere Hürden Gewissheit zu
verschaffen, ob er der Vater ist oder nicht. Wir wollen,
um diesen Eingriff möglichst wenig belastend zu gestal-
ten, zunächst die Bereitschaft innerhalb der Familie för-
dern, einem Verfahren zuzustimmen. Wenn die Frau als
Sorgeberechtigte für das Kind zustimmt – nur insofern
hat ihre Zustimmung ja Relevanz –, kann man das Ganze
gerichtsfrei stellen, was sowohl unter Verfahrens- als
auch Kostengesichtspunkten für meine Begriffe das Ver-
nünftigste wäre.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir müssen uns auch überlegen, wie wir das Kind
schützen. Sie haben den Vorschlag gemacht, dem Kind
einen Verfahrenspfleger beizuordnen. Das ist ein
Punkt, über den man in bestimmten Fällen sicherlich re-
den kann. Wir überlegen auch, eine Härteklausel einzu-
führen. Es mag ja bestimmte Situationen geben, in denen
einem Kind ein solches Testverfahren gar nicht zumut-
bar wäre, beispielsweise weil es in der Pubertät suizidge-
fährdet ist. Statt es dann mit einer weiteren Umbruchs-
situation im Leben zu konfrontieren, sollte man lieber in
bestimmten Fällen ganz darauf verzichten können.

All das sind ganz schwierige Entscheidungen. Ich
freue mich, wenn demnächst über Ihren Antrag und auch
über unsere Vorschläge in aller Breite diskutiert wird.
Ich glaube, wir alle sind uns in der Sache einig: Wir wol-
len eine vernünftige Regelung finden. Wir alle wissen,
dass zum Vatersein sehr viel mehr gehört, als nur die
gleichen Gene zu haben, dass zugleich Blut auch ein be-

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(C (D onderer Saft ist. Anders kann man es sich ja gar nicht rklären, dass in diesem Bereich so viele Aufregungen ntstehen. Ich freue mich auf eine angeregte Debatte auch außer alb dieses Saales und bin sicher, dass dem Haus in ürze dann auch sachgerechte Vorschläge vorliegen erden. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516411700

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Jürgen Gehb,
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Jürgen Gehb (CDU):
Rede ID: ID1516411800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau
inisterin hat zu Recht gesagt, dass kaum ein rechts-
olitisches Thema in den letzten Monaten in der Öffent-
ichkeit so heftig und leidenschaftlich diskutiert worden
st wie das Thema heimliche Vaterschaftstests – einmal
bgesehen von der nach der Ermordung Moshammers
öllig zu Recht erhobenen Forderung, Möglichkeiten der
NS-Analyse bei der Verbrechensbekämpfung zu ver-
essern.
Die Untersuchung genetischen Materials ist ein

hema, das die Öffentlichkeit antreibt – keine Frage.
abei geht es nicht in erster Linie und auch nicht nur um
ie Angst der Bevölkerung vor dem leichtfertigen Um-
ang mit genetischem Material, um die Angst vor der
chaffung des bis in die Haarspitze gläsernen Menschen,
m die Angst vor Überwachung. Nein, was die Men-
chen bewegt, sind ganz persönliche Ängste und Pro-
leme. Das gilt insbesondere für heimliche Vaterschafts-
ests, über die wir heute reden.
Väter, die Zweifel haben, ob sie überhaupt die Väter

ind, möchten diese Zweifel aus der Welt räumen. Das
üssen wir einfach zur Kenntnis nehmen. Ich will nur
in paar Zahlen nennen: 5 bis 10 Prozent aller Kinder
ollen Schätzungen zufolge nicht von den Männern ab-
tammen.


(Detlef Dzembritzki [SPD]: Dass sie von Männern abstammen, ist wohl klar!)


ünf bis zehn von 100 Kindern sind also so genannte
uckuckskinder. Mehr als 50 000 Vaterschaftstests wer-
en jedes Jahr für rund 40 Millionen Euro in Auftrag ge-
eben.


(Irmingard Schewe-Gerigk GRÜNEN)


Wir haben es mit einem gesellschaftlich wichtigen
nd juristisch sehr schwierigen Thema zu tun. Das ver-
ietet legislative Schnellschüsse, Frau Laurischk. Natür-
ich ist dieser Vorschlag des Verfahrens zur Vaterschafts-
eststellung nicht ganz neu. Wir haben schon vor
onaten erklärt – erst unlängst bin ich damit im „Spie-
el“ zitiert worden –, dass das einer von mehreren not-
endigen Schritten ist.






(A) )



(B)


Dr. Jürgen Gehb

Auch die Bundesjustizministerin hat – das kann man

an dieser Stelle ruhig einräumen – entsprechende Rege-
lungen bereits in Aussicht gestellt, wenngleich ich sagen
muss, dass die Menschen diese Anknüpfung an die
Strafbarkeit nicht verstehen. Andererseits muss ich sa-
gen: Ein Verbot, an das bei Verstoß keine Sanktionen ge-
knüpft worden sind, ist – jetzt tue ich dir den Gefallen,
lieber Alfred – eine Lex imperfecta, für Hofgeismarer
ein in sich nicht ganz stimmiges Gesetz.


(Alfred Hartenbach [SPD]: Immenhausener! – Ute Kumpf [SPD]: Gilt das auch für Stuttgarter?)


Meine Damen und Herren, natürlich ist das Verfahren
zur Anfechtung der Vaterschaft reformbedürftig. Aber
wir können das nicht nur über die Verfahrensfragen re-
geln. Sie haben eben gesagt, Sie hoffen, dass die heim-
lichen Tests damit obsolet werden. Das wird wahr-
scheinlich nicht der Fall sein. Also bleibt am Ende die
juristische Frage: Was wird mit den heimlichen Tests? In
der Gesellschaft wird gesagt – das unterstütze ich sogar –:
Lieber heimlich testen und seine Frau gar nicht damit
konfrontieren, um den Ehefrieden nicht zu stören,


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Da ist die Ehe aber auch schon nicht mehr so in Ordnung!)


und wenn sich dann herausstellt, dass – wie es in den
meisten Fällen ist, wie die Ministerin gesagt hat – der
Verdacht unbegründet war, kommt es zu keinem noto-
rischen Verfahren – außer Spesen nichts gewesen.

Dennoch gibt es ein Gerichtsurteil. Der BGH als
höchstes Gericht hat nun einmal diese heimlichen Tests
als Verstoß gegen das informationelle Selbstbestim-
mungsrecht angesehen. Ich will das ganz kurz erläutern,
damit die Menschen draußen verstehen, was das an sich
für ein lebensfremdes Urteil ist: Da kommt ein von
Zweifeln geplagter Vater, will seine Vaterschaft anfech-
ten und legt zur Untermauerung der Plausibilität seines
Anfechtungsgrundes dar, dass er zeugungsunfähig, je-
denfalls vermindert zeugungsfähig ist. In seinem Inte-
resse hoffe ich, dass es sich dabei nur um eine Impotentia
generandi und nicht um eine Impotentia coeundi gehan-
delt hat, denn Letzteres wäre der sehr viel tragischere
Fall.


(Detlef Dzembritzki [SPD]: Als Nichtlateiner hätten wir auch von „temporär“ gesprochen!)


Er ist dann trotz dieses Arguments und eines Attests in
allen Instanzen abgelehnt worden. Jahre später gibt es
die DNS-Analyse und er beschließt, die Vaterschaft jetzt
endgültig zu klären. Es stellt sich heraus, er ist nicht der
Vater, muss sich aber vom BGH wieder sagen lassen, er
könne das nicht plausibel darlegen.

Meine Damen und Herren, Verwertungsverbote im
Beweisrecht verstehe ich ja noch. Aber hier soll dieses
Testergebnis nicht an die Stelle eines später lege artis
forensisch durchzuführenden Verfahrens gesetzt werden.
Die DNA-Analyse ist bloß die Eintrittskarte, um sagen
zu können: Testet, ob ich der Vater bin oder nicht.

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(C (D So viel zum gesellschaftlichen Szenario. Aber – ich abe es eben schon angedeutet – im Raum steht das iktum, dass es ein Verstoß gegen das informationelle elbstbestimmungsrecht ist. Damit ist die Heimlichkeit it dem Stigma der Rechtswidrigkeit behaftet. eswegen ist zu überlegen, ob man diese Tests nicht ielleicht positivrechtlich zulassen kann. Meine Damen und Herren, ich habe mich mit dem echt auf informationelle Selbstbestimmung damals bei en Volkszählungsklagen herumschlagen müssen. Man uss sich das einmal überlegen: Wenn Sie heute eine intrittskarte für die Fußball-WM oder auch nur eine undenkarte haben wollen, dann müssen Sie ein Vielfahes an Daten preisgeben, verglichen mit dem, was Sie einerzeit bei der Volkszählung preisgeben mussten. Waum soll man dem Bundesverfassungsgericht nicht die hance geben, sich zu läutern? Wieso soll nicht die hance bestehen, dass das Bundesverfassungsgericht in nsehung der Daten sagt, dass es kein Verstoß gegen das nformationelle Selbstbestimmungsrecht ist? (Brigitte Zypries, Bundesministerin: Heimlich!)


(Christoph Strässer [SPD]: So ist es!)


Wie: „heimlich“?

(Alfred Hartenbach [SPD]: Wenn du die Fußballkarte kaufst, machst du das doch freiwillig!)


Was heißt hier, „heimlich“? Ich verstehe Ihren Zuruf
icht. Ich sage nur, dass das einer der gangbaren Wege
st. Ansonsten werden Sie vor einem Problem wie sei-
erzeit bei der Abtreibung stehen, nämlich dass Men-
chen ins Ausland gehen – im Falle der Abtreibung zu
en Engelmachern –, wenn etwas in Deutschland verbo-
en wird. Sie können die Menschen doch nicht ändern.
ir müssen ihnen vielmehr helfen, aus dieser Konflikt-
ituation herauszukommen.


(Alfred Hartenbach [SPD]: Aber doch nicht mit illegalen Methoden, Herr Gehb!)


arüber müssen wir sicherlich noch diskutieren.
Ich muss sagen, dass die Begründung des Bundesge-

ichtshofs auch in anderen Punkten nicht verfängt. Apo-
iktisch heißt es: Das Recht des Vaters auf Kenntnis sei-
er Vaterschaft steht dem Recht auf informationelle
elbstbestimmung nach. – Gründe dafür werden nicht
enannt.
Der Gesetzgeber muss sich um eine Lösung bemühen.
ie höchstrichterliche Rechtsprechung steht im Raum.
on allen, die die Vaterschaft anfechten können – also
ater, Mutter und Kind –, haben die Väter die höchste
ürde zu überwinden. Denn es ist der Normalfall, dass
ie Männer als Ehemänner Väter sind oder die Vater-
chaft anerkennen. Um die Vaterschaft später anzufech-
en, muss man hohe Hürden überwinden.
Ich habe neulich schnippisch gesagt – ich habe es

ber nicht so gemeint –: Wenn jemand zehn Monate lang
uf hoher See war und bei seiner Rückkehr von seiner
)






(A) )



(B) )


Dr. Jürgen Gehb

Ehefrau mit einem Kind anderer ethnischer Herkunft
überrascht wird, dann kann er wahrscheinlich die Ver-
mutung, dass er während der Empfängniszeit beige-
wohnt hat, widerlegen. Aber das ist doch völlig lebens-
fremd.


(Zuruf des Abg. Detlef Dzembritzki [SPD])

– Vielleicht bei Elefantenkühen, Herr Kollege! Die
Dauer der Schwangerschaft von neun Monaten können
auch Sie nicht in Zweifel ziehen.

Jetzt aber Spaß beiseite.

(Sibylle Laurischk [FDP]: So spaßig ist das nicht!)

– Nein, es ist nicht spaßig. Man muss die Situation aber
manchmal wie eine Karikatur darstellen, weil die Leute
es sonst nicht verstehen. Wir dürfen nicht zu abstrakt
diskutieren. Bei allem Verständnis, Frau Laurischk,
muss ich sagen: Ich glaube nicht, dass alle das verstan-
den haben, was Sie vorgelesen haben. Wir machen doch
Politik für die Bevölkerung. Wir sind hier nicht im El-
fenbeinturm, um Klimmzüge am juristischen Hochreck
zu machen. Wir müssen beispielsweise den Menschen
auf der Tribüne, den anwesenden Schülerinnen und
Schülern, erklären können, um was es hier geht.


(Sibylle Laurischk [FDP]: Gerade deshalb legen wir den Antrag vor, damit etwas passiert!)


Wir werden uns jetzt nach allen Richtungen orientie-
ren müssen. Es war immerhin kein Geringerer als der
Justizminister von Baden-Württemberg – ich habe es
vorhin schon erwähnt –, der einen entsprechenden Vor-
schlag gemacht hat. Dieser Vorschlag wird ja nicht per
se verfassungswidrig sein, lieber Herr Staatssekretär.


(Alfred Hartenbach [SPD]: Das war jetzt eine Frechheit!)


Den Vorschlag wird man doch noch prüfen dürfen.
Die FDP hat sich mit diesem Thema beschäftigt. Aber

sie ist eine Antwort auf die Tatsache schuldig geblieben
– diese hat sie einfach ausgeblendet –, dass es ungeach-
tet der förmlichen Verfahren immer die heimlichen Tests
geben wird, weil der Mann, der von Zweifeln geplagt
wird, einfach wissen möchte, ob sein Verdacht begründet
ist, bevor er damit seine eigene Familie konfrontiert und
vor Gericht zieht. Er will nicht, dass man im Falle eines
unbegründeten Verdachts mit dem Finger auf ihn zeigt
und ihn auch noch auslacht.

Die Frage ist also, wie Zweifel an der Vaterschaft ve-
rifiziert bzw. falsifiziert werden können. In allen Fällen
müssen wie bisher wissenschaftlich fundierte Untersu-
chungen in angesehenen Labors durchgeführt werden.
Das hat auch niemand bestritten. Wir müssen uns aber
fragen, wie hoch die Hürden gestellt werden müssen, um
plausibel machen zu können, dass es Zweifel an der Va-
terschaft gibt. Das ist der neuralgische Punkt. Darüber
unterhalten wir uns noch zu einem späteren Zeitpunkt.

Wir sehen uns nächste Woche in alter Frische wieder.
Ich wünsche Ihnen eine gute Heimfahrt und ein schönes
Wochenende.

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(C (D Herzlichen Dank. Wir müssen noch zwei Redner abwarten, bevor wir ns Wochenende gehen können. (Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516411900
tragen!)

Das Wort hat die Kollegin Irmingard Schewe-Gerigk,
ündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eschlechterkämpfe sind im 21. Jahrhundert eigentlich
icht mehr so häufig anzutreffen. Aber als Justizministe-
in Zypries Anfang des Jahres bekannt gab, dass sie im
ahmen des Gendiagnostikgesetzes die heimlichen Va-
erschaftstests verbieten wolle, brachen diese Kämpfe
och ganz heftig aus. Eine Zeitung titelte sogar
Schlampenschutzgesetz“. Diese Überschrift war beson-
ers „gelungen“.
Ich fand es schon etwas frappierend, dass der An-

chein erweckt wurde, als hätten Frauen nichts anderes
or, als bei der erstbesten Gelegenheit dem Mann ein
ind unterzuschieben. Ziehen wir einmal die Empirie
eran, stellen sich die Verhältnisse etwas anders dar. Die
eisten Vaterschaften werden angefochten, wenn sich
aare scheiden lassen. Hier wird die Vaterschaft oftmals
on den Männern zur materiellen Frage degradiert. Es
eht also um die Zahlung von Unterhalt. Dieser Zahlung
ommen mehr als ein Drittel aller Väter gar nicht und
in weiteres Drittel nur teilweise nach. Das belastet un-
ere Unterhaltsvorschusskassen bundesweit pro Jahr mit
inem Betrag von 780 Millionen Euro.
Mit dem Verbot heimlicher Vaterschaftstests geht es

icht, wie suggeriert wird, um die Beschneidung der
echte von Vätern, sondern um den Schutz der Rechte
es Kindes.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


enn diesen können wir keine Schutzrechte in Bezug
uf die Untersuchung ihres genetischen Materials vor-
nthalten, während wir uns bei Arbeitnehmern und Ar-
eitnehmerinnen oder bei Patienten und Patientinnen da-
ür einsetzen. Der Bundesgerichtshof hat das – das
ewerte ich anders als Sie, Herr Kollege Gehb – glückli-
herweise klargestellt: Die Entnahme und Analyse des
rbguts eines Kindes ohne sein Wissen oder ohne das
issen seiner Mutter als seiner Stellvertreterin würde
ine klare Verletzung dieses Grundrechts bedeuten.


(Otto Fricke [FDP]: Immer?)

eshalb sind heimliche Vaterschaftstests vor Gericht un-
erwertbar.






(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk

Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Bundesverfas-

sungsgericht da anderer Meinung sein wird. Denn nie-
mand weiß genau, ob diese Daten geschützt sind.

Dass der Familienfrieden mit heimlichen Vater-
schaftstests zu retten sein soll, ist eine Doppelmoral aus
dem biederen Bürgertum des vorletzten Jahrhunderts.


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Jetzt geben Sie es mir aber wieder!)


Wenn ein Mann Zweifel hegt, ob er der biologische Va-
ter eines Kindes ist, gehen damit natürlich auch tief grei-
fende Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit seiner Part-
nerin einher.


(Otto Fricke [FDP]: Richtig!)

Selbstverständlich sehe ich aber auch das Recht des Va-
ters darauf, zu erfahren, ob er der biologische Vater ist.
Ohne das Einverständnis der Mutter bleibt ihm bisher
nur das gerichtliche Anfechtungsverfahren. Das bedeu-
tet, dass sich Väter, die vor Gericht ihre Vaterschaft be-
streiten, quasi von ihren Kindern lossagen müssen.

Wenn heimliche Vaterschaftstests verboten sind – ich
plädiere dafür – und dieses Verbot auch Wirkung zeigen
soll, bietet es sich an, den Vätern, die Zweifel haben, ein
unkomplizierteres Feststellungsverfahren ohne die
rechtlichen Hürden eines Anfechtungsverfahrens zu er-
möglichen. Die FDP hat entsprechend votiert.

Was die Strafbarkeit betrifft, so ist sicherlich eine ver-
nünftige Abwägung nötig; denn ohne Sanktionen – da
haben Sie, Herr Gehb, Recht – ist ein Verbot ein stump-
fes Schwert. Aber wenn die Verletzung des Briefgeheim-
nisses unter Ehepartnern mit einer Haftstrafe von bis zu
einem Jahr belegt werden kann, dann halte ich es für
wirklich schwer argumentierbar, dass es bei der heimli-
chen Entnahme genetischen Materials des Kindes nicht
so sein sollte. Wenn man das einmal miteinander ver-
gleicht, fragt man sich, warum hier die Empörung so
groß ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Darum geht der Antrag der FDP in die richtige Rich-
tung. Wir werden ihn beraten. Ich würde mich dafür aus-
sprechen, ein zweistufiges Verfahren vorzusehen: Wil-
ligt die Mutter nicht in einen Test ein, könnte ihre
Zustimmung durch das Gericht ersetzt werden. Das An-
fechtungsverfahren ist dann erst der zweite Schritt und
wird nur noch in den seltensten Fällen nötig werden;
denn zwischen 80 und 90 Prozent der Tests beweisen,
dass der Getestete auch tatsächlich der biologische Vater
ist. Man sollte es noch einmal klarstellen: Vater ist laut
BGB derjenige, der mit der Mutter verheiratet ist oder
der die Vaterschaft anerkannt hat. Dieses Prinzip – wir
haben es auch im Kindschaftsrecht verankert – dient
dem Wohl des Kindes. Das soll hier die Maxime sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch im Feststellungsverfahren muss gelten, dass es

einem Test entgegenstehen kann, wenn er für das Kind
eine unverhältnismäßig große Härte bedeutet. Außerdem

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(C (D alten wir eine Beratung des Vaters vor einem Feststelungsverfahren für notwendig – zum einen, um darüber u sprechen, ob die Vaterschaftsklage das wirkliche Prolem ist, zum anderen, um die Väter auf alle Konsequenen ihres Handelns vorzubereiten. Ich danke Ihnen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516412000

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege
hristoph Strässer, SPD-Fraktion.


Christoph Strässer (SPD):
Rede ID: ID1516412100

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
erren! Herr Kollege Gehb, ich hoffe, ich komme Ihren
nsprüchen an die Aussprache des Lateinischen einiger-
aßen entgegen, wenn ich jetzt mit einem Zitat beginne.

(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Das wird schwer; aber Sie können sich bemühen!)

Mater certa, pater semper incertus.“


(Dr. Jürgen Gehb [CDU/CSU]: Gilt heute auch nicht mehr! Vorbei!)


ür diejenigen in diesem Raum, die das große Latinum
ider Erwarten nicht haben sollten, übersetze ich: Die
utter eines Kindes ist bekannt, aber der Vater ist stets
ngewiss.
Die neue Technik der DNA-Analyse macht es mög-

ich und ein Blick in das Internet – und nicht nur darauf,
ondern auch auf die Werbetafeln der S-Bahn – genügt,
m festzustellen, wie breit und ausufernd das Angebot
olcher Tests mittlerweile ist.
Die ungewisse Vaterschaft scheint mittlerweile end-

ültig der Vergangenheit anzugehören. Der Putativvater
ann seine Vaterschaft bzw. Nichtvaterschaft wissen-
chaftlich nachweisen lassen, zur Not auch heimlich.
Wie Sie wissen, bereiten wir gerade ein Gendiagnos-

ikgesetz vor. Die rasante Entwicklung der Biotechnolo-
ie und der Anstieg der Zahl genetischer Untersuchun-
en machen es auch notwendig, die Durchführung
olcher Untersuchungen gesetzlich zu regeln. Trotz der
nbestrittenen Vorteile und Chancen dieser Technolo-
ien müssen Vorkehrungen getroffen werden, um die
echte des Einzelnen auf informationelle Selbst-
estimmung zu wahren.
Das Gendiagnostikgesetz wird deshalb auch Regelun-

en über den Umgang mit und den Schutz von geneti-
chen Proben und Daten zur Abklärung der Abstam-
ung umfassen. Dabei geht es um Fragen des
nformationellen Selbstbestimmungsrechts sowohl des
indes als auch der Mutter, sowohl um die berechtigten
nteressen des Vaters als auch um die Praktikabilität bei
er Durchsetzung solcher Vorschriften.
Für uns steht schon jetzt fest: Für einen heimlichen
aterschaftstest, so verständlich er im Einzelfall auch






(A) )



(B) )


Christoph Strässer

erscheinen mag, werden genetische Daten des Kindes
genutzt. Damit liegt immer eine Verletzung des Grund-
rechts auf informationelle Selbstbestimmung desjenigen
vor, dessen genetische Daten ohne Einwilligung unter-
sucht werden. Dass dies in der Form nicht zulässig sein
kann, kann sicherlich jedem verständlich gemacht wer-
den.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der Bundesgerichtshof hat diese Auffassung Anfang
des Jahres bestätigt. Heimliche Tests sind daher zu un-
tersagen. Dabei soll es nach unserer Überzeugung auch
bleiben. Wir wollen selbstverständlich auch, dass die
Väter Gewissheit über ihre Vaterschaft bekommen kön-
nen, und zwar in einem geregelten, von uns zu regelnden
Verfahren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, wir
stimmen mit Ihnen überein, dass insbesondere nach die-
ser Entscheidung des BGH über vereinfachte Verfah-
ren zur Feststellung der Vaterschaft nachzudenken ist.
Ihr Antrag bietet dafür einen diskussionswürdigen An-
satz. Aber wie vonseiten des Bundesjustizministeriums
vorgetragen wurde, können wir uns auch andere Lösun-
gen vorstellen, beispielsweise ein zweistufiges Verfah-
ren, das nicht zwingend mit einem gerichtlichen Verfah-
ren beginnt. Ich werde später noch kurz darauf
zurückkommen.

Wir widersprechen aber in jedem Fall den Vorschlä-
gen, die zum Teil aus den Bundesländern an uns heran-
getragen werden. Das gilt insbesondere für den
Vorschlag aus Baden-Württemberg. Der dortige Justiz-
minister, Ulrich Goll, hat erklärt, dass Väter und Mütter
mit gesetzlichem Segen auch heimliche Vaterschaftstests
durchführen lassen dürften. Dem halte ich in aller Deut-
lichkeit entgegen – ich denke, in dieser Frage gibt es
keine Kompromisse –: Dies ist der falsche Weg, den wir
auf keinen Fall mitgehen werden.

Väter sollen die ihnen zustehenden Rechte bekom-
men.


(Zuruf von der CDU/CSU: Aber wie?)

Das ist unbestritten. Wir haben hier schon sehr oft über
Männer und Väter und ihre Rechte gesprochen. Im Vor-
dergrund steht aber eindeutig das Wohl des Kindes. Das
Familienrecht hat sich in den vergangenen Jahren durch
das Bestreben ausgezeichnet, Kinder als Persönlichkei-
ten wahrzunehmen. Jeder heimliche Vaterschaftstest
stellt eine Missachtung der Würde des Kindes dar.

In allen Bereichen propagieren wir das Selbstbestim-
mungsrecht des Einzelnen. Gestern haben wir in diesem
Hohen Hause lang und breit und überwiegend sachlich
über die Patientenverfügung diskutiert. Sollten wir heute
das Selbstbestimmungsrecht der Kinder aushebeln? Das
geht nach meiner Auffassung nicht an.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dabei halte ich es mit Spiros Simitis, dem Vorsitzen-
den des Nationalen Ethikrates – ich zitiere –:

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(C (D Was ist das … für eine Gesellschaft, die behauptet, den Einzelnen zu respektieren, die auf der einen Seite aber heimliche Tests toleriert und deren Ergebnisse sogar öffentlich in Talkshows verkündet? ir befürworten deshalb die Überlegungen, die von rau Zypries heute vorgetragen worden sind, auch wenn ie noch weiterentwickelt werden müssen. Der an seiner aterschaft zweifelnde Mann muss die Möglichkeit haen, die Klärung in einem formalisierten Verfahren hereizuführen, das die Rechte aller Beteiligten absichert. Dabei könnte es in der ersten von zwei Stufen darum ehen, einen Anspruch auf Zustimmung zur Durchfühung eines privaten genetischen Vaterschaftstests mit der öglichkeit einer gerichtlichen Ersetzung durchzufüh en. Die Vorteile einer solchen Lösung liegen für uns auf er Hand: Erstens. Der Vater muss sich nicht vom Kind lossagen nd seine Vaterschaft sofort und unmittelbar anfechten. Zweitens. Wir glauben auch, dass die vorgesehene ustimmung die Anzahl der Klagen auf Ersetzung der ustimmung vermutlich senken würde. Drittens. Wir glauben, dass es sich hierbei um ein iedrigschwelliges und praktikables Verfahren handeln önnte. Erst in einem zweiten Schritt käme – sofern dies doch otwendig werden sollte – die gerichtliche Anfechtungslage zum Tragen. In den in Ihrem Antrag vorgesehenen Regelungen er enne ich noch einige Ungereimtheiten. Erstens würde urch das Instrument der Feststellungsklage die Zahl der erichtsverfahren anders als nach unseren Vorschlägen tark ansteigen. Zweitens. Sie fordern, dass die Anforderungen an die laubhaftmachung eines Zweifels beim Vater niedriger nzusetzen sind. Über Details schweigen Sie sich jedoch us. (Otto Fricke [FDP]: Das hat Frau ScheweGerigk schon gesagt!)


abei müssten Sie an dieser Stelle viel konkreter wer-
en.
Ich glaube, dass wir, wenn es um die Fragen der Ver-

ährung und Verwirkung des Anspruchs auf Feststellung
er Vaterschaft geht, auch darüber nachdenken müssen,
ie Zweijahresfrist durch eine Einrede zu ersetzen, um
uch nach Ablauf der Frist eine einvernehmliche Rege-
ung zu ermöglichen.
Es gibt also eine Reihe offener Fragen, die wir disku-

eren werden. Ich hoffe, dass wir in diesem Zusammen-
ang und im Rahmen unserer Beratungen über das
endiagnostikgesetz vernünftige, vielleicht sogar ge-
einsame Regelungen schaffen können.
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







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Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1516412200

Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf

Drucksache 15/4727 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit
einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überwei-
sung so beschlossen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf Mittwoch, den 16. März 2005, 13 Uhr, ein.

Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen, allen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch den Zuhö-
rerinnen und Zuhörern auf der Tribüne ein schönes Wo-
chenende.

Die Sitzung ist geschlossen.