Protokoll:
15142

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 142

  • date_rangeDatum: 25. November 2004

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 20:30 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/142 in Verbindung mit Tagesordnungspunkt I.18: Einzelplan 09 Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (Drucksachen 15/4309, 15/4323) . . . . . . . . . . Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU) . . . . . . . . Karl-Josef Laumann (CDU/CSU) . . . . . . . Volker Kröning (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Hinsken (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Arnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werner Schulz (Berlin) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Klaus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karl-Josef Laumann (CDU/CSU) . . . . . . . . . Gerd Andres (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Singhammer (CDU/CSU) . . . . . . . Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) . . . . . . . 13135 B 13135 D 13136 B 13138 C 13141 B 13142 A 13154 D 13156 A 13158 C 13159 D 13161 C 13163 C 13166 C 13167 C 13169 A 13170 A 13170 D Deutscher B Stenografisc 142. Si Berlin, Donnerstag, de I n h a Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt I: a) Zweite Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2005 (Haushaltsgesetz 2005) (Drucksachen 15/3660, 15/3844) . . . . . . . b) Beschlussempfehlung des Haushaltsaus- schusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bun- des 2004 bis 2008 (Drucksachen 15/3661, 15/3844, 15/4326) 13135 A 13135 B 13135 B Gerd Andres (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Kröning (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . 13142 C 13143 B undestag her Bericht tzung n 25. November 2004 l t : Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Kröning (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dietrich Austermann (CDU/CSU) . . . . . . Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU) . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Arnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Clement, Bundesminister BMWA . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . 13144 D 13145 B 13145 C 13146 C 13147 C 13148 D 13149 B 13149 D 13150 A 13150 B 13152 C 13153 A Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13171 D 13172 A II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 142. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. November 2004 Tagesordnungspunkt I.19: Einzelplan 15 Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (Drucksachen 15/4313, 15/4323) . . . . . . . . . . in Verbindung mit Tagesordnungspunkt I.20: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht (Verwaltungsvereinfa- chungsgesetz) (Drucksache 15/4228) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Tagesordnungspunkt I.21: Antrag der Abgeordneten Horst Seehofer, Andreas Storm, Annette Widmann-Mauz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Wirkungen und Nebenwirkun- gen des GKV-Modernisierungsgesetzes – Kritische Bestandsaufnahme (Drucksache 15/4135) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Zöller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Peter Dreßen (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Waltraud Lehn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Luther (CDU/CSU) . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Klaus Kirschner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Luther (CDU/CSU) . . . . . . . . Dr. Michael Luther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Michael Luther (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Erika Lotz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hildegard Müller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Michael Luther (CDU/CSU) . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Kirschner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Andreas Storm (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . 13174 B 13174 B 13174 D 13175 A 13176 B 13177 A 13178 C 13179 A 13180 C 13181 B 13182 C 13184 C 13184 D 13187 B 13187 D 13188 A 13189 A 13190 B 13191 A 13192 A 13192 D Klaus Kirschner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Marion Caspers-Merk, Parl. Staatssekretärin BMGS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniel Bahr (Münster) (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU) . . . . . . Zusatztagesordnungspunkt 3: Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungs- ausschuss) zu dem Zweiten Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose- orientierten Fallpauschalensystem für Kran- kenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften (Zweites Fallpauschalenände- rungsgesetz – 2. FPÄndG) (Drucksachen 15/3672, 15/3974, 15/4177, 15/ 4272) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt I.22: Einzelplan 10 Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (Drucksachen 15/4310, 15/4323) . . . . . . . . . . Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Ernst Bahr (Neuruppin) (SPD) . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Renate Künast, Bundesministerin BMVEL . . Julia Klöckner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Jella Teuchner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst Bahr (Neuruppin) (SPD) . . . . . . . . . Franziska Eichstädt-Bohlig (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Helmut Zöllmer (SPD) . . . . . . . . . . Ursula Heinen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Ilse Aigner (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13194 B 13195 C 13197 A 13198 C 13199 C 13201 B 13201 C 13201 D 13204 A 13206 B 13207 C 13208 A 13208 D 13211 B 13213 D 13215 D 13216 C 13217 C 13219 A 13220 A 13221 B 13222 B 13224 B 13226 A 13228 B Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 142. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. November 2004 III Tagesordnungspunkt I.23: Einzelplan 12 Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (Drucksachen 15/4311, 15/4323) . . . . . . . . . . in Verbindung mit Tagesordnungspunkt I.24: Zweite und dritte Beratung des von den Frak- tionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Ver- kehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes (Drucksachen 15/4133, 15/4254) . . . . . . . . . . Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gunter Weißgerber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP) . . . . . . . . . Franziska Eichstädt-Bohlig (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Franziska Eichstädt-Bohlig (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . Uwe Göllner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Günther (Plauen) (FDP) . . . . . . . . . . Dr. h. c. Manfred Stolpe, Bundesminister BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Norbert Barthle (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Horst Friedrich (Bayreuth) (FDP) . . . . . . . . . Dr. h. c. Manfred Stolpe, Bundesminister BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dirk Fischer (Hamburg) (CDU/CSU) . . . . . . Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt I.25: Einzelplan 16 Bundesministerium für Umwelt, Natur- schutz und Reaktorsicherheit (Drucksachen 15/4314, 15/4323) . . . . . . . . . . in Verbindung mit 13226 A 13226 B 13226 C 13231 A 13231 B 13233 C 13234 C 13237 B 13239 A 13239 C 13241 A 13242 A 13244 D 13246 C 13246 D 13247 A 13248 B 13250 A 13250 B 13253 A Tagesordnungspunkt I.26: Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neugestaltung des UIG (Drucksachen 15/3406, 15/3680, 15/4243) . . in Verbindung mit Tagesordnungspunkt I.27: Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- schusses für Umwelt, Naturschutz und Reak- torsicherheit zu der Verordnung der Bun- desregierung: Dritte Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung (Drucksachen 15/4107, 15/4207 Nr. 2.1, 15/4248, 15/4266) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Albrecht Feibel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Elke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) . . . . . . . . Otto Fricke (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Georg Girisch (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Petra Bierwirth (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Helge Braun (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . Dr. Peter Paziorek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Gerd Friedrich Bollmann (SPD) . . . . . . . . . . Georg Girisch (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt I.28: Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 15/4320) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt I.29: Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 15/4322) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt I.30: Haushaltsgesetz 2005 (Drucksachen 15/4324, 15/4325) . . . . . . . . . . 13253 A 13253 B 13253 C 13255 C 13256 A 13258 A 13259 C 13261 B 13262 D 13264 B 13265 C 13266 B 13268 B 13270 A 13271 D 13274 B 13275 C 13276 C 13276 D 13277 B IV Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 142. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. November 2004 Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Gisela Piltz (FDP) zur Abstimmung über den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Ände- rung der Vorschriften zum diagnoseorientier- ten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften (Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz – 2. FPÄndG) (Zusatztagesordnungspunkt 3) . . Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Lambrecht und Dr. Erika Ober (SPD) zur Abstimmung über die Beschluss- empfehlung zu der Verordnung der Bundes- regierung: Dritte Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung (Tagesordnungs- punkt I.27) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Karl-Josef Laumann (CDU/CSU) zur Abstim- mung über die Beschlussempfehlung zu der Verordnung der Bundesregierung: Dritte Ver- ordnung zur Änderung der Verpackungsver- ordnung (Tagesordnungspunkt I.27) . . . . . . . Anlage 5 Erklärung des Abgeordneten Franz Müntefering (SPD) zur namentlichen Abstim- mung über den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2005 (Haushaltsgesetz 2005), hier: Einzelplan 10 – Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verbraucher- schutz, Ernährung und Landwirtschaft (Ta- gesordnungspunkt I.22) . . . . . . . . . . . . . . . . . 13277 D 13279 A 13279 B 13279 D 13280 C 13280 D Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 142. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. November 2004 13135 (A) (C) (B) (D) 142. Si Berlin, Donnerstag, de Beginn: 9
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    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 142. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. November 2004 13279 (A) (C) (B) (D) budget liegen, eine Garantie gibt, dass ein bestimmter Höchstanpassungswert nicht überschritten wird. die eine Abgabenregelung wollte, durchgesetzt. Bei der Unterschreitung einer festgelegten Mehrwegquote sollte den Krankenhäusern, die über einem festgelegten Ziel- packungsverordnung gegen den Widerstand der SPD, Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Gisela Piltz (FDP) zur Ab- stimmung über den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zum diagnoseorientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften (Zweites Fallpauschalenände- rungsgesetz – 2. FPÄndG) (Zusatztagesord- nungspunkt 3) Ich erkläre, dass ich mich entgegen dem Votum mei- ner Fraktion enthalte. Mein Abstimmungsverhalten möchte ich kurz wie folgt begründen: Durch den Beschluss des Vermittlungsausschusses wird die Konvergenzphase, binnen derer die Kranken- häuser den Anpassungsprozess an die landesweiten Ba- sisfallwerte vornehmen müssen, von vormals drei auf jetzt fünf Jahre bis Ende 2009 ausgedehnt. Zusätzlich wird eine Kappungsgrenze auf fünf Jahre eingeführt, die Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Fischbach, Ingrid CDU/CSU 25.11.2004 Fritz, Erich G. CDU/CSU 25.11.2004 Haupt, Klaus FDP 25.11.2004 Hustedt, Michaele BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 25.11.2004 Irber, Brunhilde SPD 25.11.2004 Jonas, Klaus Werner SPD 25.11.2004 Dr. Leonhard, Elke SPD 25.11.2004 Nolte, Claudia CDU/CSU 25.11.2004 Raab, Daniela CDU/CSU 25.11.2004 Scharping, Rudolf SPD 25.11.2004 Schauerte, Hartmut CDU/CSU 25.11.2004 Dr. Stinner, Rainer FDP 25.11.2004 Wöhrl, Dagmar CDU/CSU 25.11.2004 Anlagen zum Stenografischen Bericht Hierzu muss ich feststellen, dass die gefundenen Re- gelungen lediglich den Krankenhäusern der Maximal- versorgung sowie den Universitätkliniken zugute kom- men. Die Krankenhäuser der Grundversorgung, die zum größten Teil unterhalb des Zielbudgets liegen und des- halb nach der alten Regelung mit einer Anpassung nach oben rechnen konnten, wird nun ein wesentlicher Teil dieser Preisanpassung genommen. Damit ist ihr Budget deutlich niedriger, als sie es ursprünglich erwartet hat- ten. Die jetzt gefundenen Änderungen bedeuten daher massive Einschnitte für kleinere kommunale Kranken- häuser. Zum einen haben sie bereits einen erheblichen organisatorischen und personellen Kraftakt vollzogen, um die Umstellung zum Fallpauschalsystem rechtzeitig vollziehen zu können. Mit der Ausdehnung der Konver- genzzeit sind sie jetzt die Verlierer des gefundenen Kom- promisses im Vermittlungsausschuss. Zum anderen ent- gehen den kommunalen Krankenhäusern wesentliche, schon eingeplante finanzielle Mittel. Das führt zu unkal- kulierbaren Kostenrisiken für die Krankenhäuser und möglicherweise nicht nur zu einem Abbau von Betten, sondern zur Schließung ganzer Krankenhäuser, wovon insbesondere die Versorgung in der Fläche betroffen sein wird. Die Kommunen sind abermals die Leidtragenden. Städte und Gemeinden werden bei finanziellen Engpäs- sen der Krankenhäuser einspringen müssen, damit die Grundversorgung gewährleistet bleibt. Der Kompromiss bedeutet im Ergebnis wieder eine Belastung der Kommunen. Diese einseitige Verlagerung der finanziellen Verantwortung vom Bund auf die Kom- mune kann ich nicht mittragen und stimme dem Be- schluss des Vermittlungsausschusses nicht zu. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christine Lambrecht und Dr. Erika Ober (SPD) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu der Verordnung der Bundesregierung: Dritte Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung (Tages- ordnungspunkt I 27) Wir stimmen der dritten Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung zu, weil wir die Stärkung des Mehrwegsektors im Getränkebereich ökologisch wie ökonomisch für richtig halten. Schon die bisherigen Er- folge, wie das fast vollständige Verschwinden der Ge- tränkedose aus den Supermärkten und die Stärkung klei- ner Brauereien, die immer auf ein Mehrwegsystem gesetzt und nie in die Dose investiert haben, zeigt, wie erfolgreich diese Neuregelung des Pfandsystems ist. Anfang 1990 wurde von der Regierung Kohl die Ver- 13280 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 142. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 25. November 2004 (A) (C) (B) (D) danach eine Pfandpflicht ausgelöst werden. Als Umwelt- ministerin hat Angela Merkel die Verordnung erweitert, sodass die Pfandpflicht auch für Wein, Säfte und Milch gelten sollte. Diese Erweiterung konnte von Rot-Grün vor allem zugunsten der Winzer und Molkereien einge- schränkt werden. Die rot-grüne Bundesregierung setzt das von CDU/CSU und FDP geschaffene Recht um, wo es sinnvoll ist, und wird dafür von den Urhebern der Pfandpflicht massiv kritisiert. Das ist politischer Oppor- tunismus. Dennoch haben wir Bedenken, so genannte geschlos- Wir fordern die Bundesregierung und den Bundesrat auf, noch einmal zu prüfen, ob es nicht doch möglich ist, einen Unterschied zwischen geschlossenen Insellösun- gen des Handels und offenen Herstellerlösungen zu ma- chen. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Karl-Josef Laumann (CDU/ sene Insellösungen des Handels mit so genannten offe- nen Hersteller-lnsellösungen gleichzusetzen und regen an, hier eine unterschiedliche Behandlung erfolgen zu lassen. Viele Getränkehersteller haben sich in den letzten Jahren dazu entschlossen, sich bei der Herstellung und Befüllung von PET-Flaschen Herstellerverbünden anzu- schließen. Es handelt sich dabei um Mehrwegkastensys- teme. Die PET-Flaschen in den Kästen werden nach Rücknahme nicht wieder befüllt sondern recycelt, um wieder in neue Flaschen eingearbeitet zu werden. Fla- schen und Kästen sind bepfandet und werden generell, außer in Discountern, zurückgenommen. In diesen Verbünden sind vornehmlich kleine mittel- ständische und regionale Brunnen zusammengeschlos- sen, die ihre Getränke alle im gleichen Kasten auf den Markt bringen. Dies erscheint den Unternehmen – neben qualitativen Vorteilen in Bezug auf das Produkt – wirt- schaftlich günstiger und auch ökologisch vernünftiger, als sich dem Mehrwegsystem anzuschließen. Mittler- weile haben diese Unternehmen große Investitionen ge- tätigt, um Abfüllanlagen zu bauen, die das Mineralwas- ser und andere Produkte in die PET-Flaschen füllen. Daran hängt eine große Zahl von Arbeitsplätzen. Bekanntlich haben die CDU-regierten Länder im Rahmen der Verpackungsverordnung im Bundesrat durchgesetzt, dass neben dem Mehrwegsystem auch In- sellösungen für bepfandete Einwegprodukte zugelassen werden. Mittlerweile hat das Bundeskabinett die Ab- schaffung aller Insellösungen beschlossen, insbesondere mit Blick auf anhängige Vertragsverletzungsverfahren vor dem EuGH. Hierbei wurde nicht unterschieden, ob die Flasche, wie bei einem Herstellerverbund, in einem Mehrwegkasten steht oder nicht. Herstellerverbünde gel- ten derzeit als Insellösung. Die faktische Abschaffung würde bedeuten, dass viele kleine und mittelständische Brunnen in ihrer Existenz bedroht wären. Darüber hi- naus ging eine größere Zahl von Arbeitsplätzen verloren. CSU) zur Abstimmung über die Beschlussemp- fehlung zu der Verordnung der Bundesregie- rung: Dritte Verordnung zur Änderung der Ver- packungsverordnung (Tagesordnungspunkt I.27) Durch die Novellierung der Verpackungsordnung wird das PETCYCLE-System mit der normalen Einweg- verpackung gleichgesetzt. Entgegen den Äußerungen des Bundesumweltministers Trittin, der nur eine Ab- schaffung der so genannten Discounter-Insellösungen zum Ziel erklärte, bedeutet die jetzige Novellierung auch eine Abschaffung der herstelleroffenen Insellösungen. Dadurch werden Milliardeninvestitionen und Arbeits- plätze infrage gestellt. Das ist Vertrauensbruch. Denn noch im Juli 2003 hat das Bundesumweltministerium das PETCYCLE-System ausdrücklich bestätigt und an- erkannt. Die Abschaffung der herstelleroffenen mehrwegkas- tengestützten Insellösungen ist unnötig und überflüssig und bedeutet den wirtschaftlichen Ruin vieler mittelstän- discher Abfüller. Dieses Vorgehen lehne ich sehr energisch ab. Anlage 5 Erklärung des Abgeordneten Franz Müntefering (SPD) zur namentlichen Abstimmung über den Ent- wurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2005 (Haushaltsgesetz 2005), hier: Einzel- plan 10 – Geschäftsbereich des Bundesministe- riums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (Tagesordnungspunkt I.22) In der Abstimmungsliste ist mein Name nicht aufge- führt. Mein Votum lautet Ja. 142. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 25. November 2004 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Anlage 5
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514200000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Die heutige Tagesordnung soll nach einer interfrak-

tionellen Vereinbarung um die Beratung des Ergebnisses
des Vermittlungsausschusses zum Zweiten Fallpauscha-
lenänderungsgesetz – Drucksache 15/4272 – erweitert
und nach der verbundenen Beratung zum Einzelplan 15
mit dem CDU/CSU-Antrag zum GKV-Modernisierungs-
gesetz aufgerufen werden. Sind Sie damit einverstan-
den? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so be-
schlossen.

Wir setzen die Haushaltsberatungen – Tagesord-
nungspunkt I – fort:

a) Zweite Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das
Haushaltsjahr 2005 (Haushaltsgesetz 2005)

– Drucksachen 15/3660, 15/3844 –

(Erste Beratung 124. Sitzung)


b) Beratung der Beschlussempfehlung des Haus-
haltsausschusses (8. Ausschuss) zu der Unterrich-
tung durch die Bundesregierung

Rede
Finanzplan des Bundes 2004 bis 2008
– Drucksachen 15/3661, 15/3844, 15/4326 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dietrich Austermann
Walter Schöler
Anja Hajduk
Dr. Andreas Pinkwart

Ich rufe Tagesordnungspunkt I.18 auf:
Einzelplan 09
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
– Drucksachen 15/4309, 15/4323 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Volker Kröning
Kurt J. Rossmanith
tzung

n 25. November 2004

.00 Uhr

Hans-Joachim Fuchtel
Anja Hajduk
Otto Fricke

Es liegen drei Änderungsanträge der Fraktion der
CDU/CSU sowie ein Änderungsantrag der Abgeordne-
ten Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau vor. Über einen
Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU werden
wir später namentlich abstimmen.

Über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/
CSU auf Drucksache 15/4340, der sich auch auf
Einzelplan 09 bezieht, ist bereits bei Einzelplan 08 abge-
stimmt worden.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache zwei Stunden vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen
Hans-Joachim Fuchtel, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Hans-Joachim Fuchtel (CDU):
Rede ID: ID1514200100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu Beginn

dieser Debatte möchte ich mich zunächst einmal bei den

text
Beamten Ihres Hauses, Herr Minister Clement, für die
intensive Zuarbeit herzlich bedanken. Ebenfalls möchte
ich mich bei den Kolleginnen und Kollegen aller Frak-
tionen für die sachliche Arbeit, die wir hinsichtlich die-
ses großen Etats in den letzten Monaten im Haushalts-
ausschuss geleistet haben, bedanken.

Noch mehr würde ich mich natürlich bedanken, wenn
unseren Änderungsanträgen zugestimmt worden wäre.
Dem Steuerzahler möchte ich von hier aus sagen: Wenn
die CDU/CSU in der Verantwortung wäre, dann würden
in diesem Etat allein in den Kapiteln zum Arbeitsmarkt
2,5 Milliarden Euro eingespart werden:


(Beifall bei der CDU/CSU)

Euro bei der Arbeitslosenhilfe und
uro bei den Arbeitsämtern.
1,5 Milliarden
1 Milliarde E

(Zurufe von der SPD)







(A) (C)



(B) (D)


Hans-Joachim Fuchtel

– Da Sie an dieser Stelle Zurufe machen, muss ich Ihnen
sagen: Haben Sie doch den Mut, eine Zwischenfrage zu
stellen! Machen Sie nicht nur Lärm, sondern stellen Sie
sich der Sache!

Meine Damen und Herren, wir hätten uns früher eine
Opposition gewünscht, die sich so verhält, wie wir es
tun,


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


eine Opposition, die beim Sparen hilft.

(Ludwig Stiegler [SPD]: Das dürfen Sie 20 Jahre bleiben!)

Sie sind allerdings heute noch nicht in der Lage, richtig
zu sparen. Wir hingegen haben den Mut zum rigorosen
Sparen. Sie haben diesen Mut nicht. Das unterscheidet
uns grundsätzlich.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514200200

Kollege Fuchtel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Laumann? –

(Lachen bei der SPD)


Ja oder nein?


Hans-Joachim Fuchtel (CDU):
Rede ID: ID1514200300

Ja; diese Zwischenfrage kommt allerdings ein biss-

chen überraschend.

(Heiterkeit)



Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1514200400

Herr Kollege Fuchtel, da vonseiten der SPD keine

Zwischenfragen gestellt werden, sondern nur gegrölt
wird, möchte ich Ihnen folgende Frage stellen: Können
Sie einmal genau erklären, wie wir zu den Einsparungen
in Höhe von 2,5 Milliarden Euro kommen wollen?


Hans-Joachim Fuchtel (CDU):
Rede ID: ID1514200500

Das mache ich sehr gerne, Herr Kollege. – Erstens

gibt es bei der Arbeitslosenhilfe eine überplanmäßige
Ausgabe, die vorsieht, dass im November und Dezember
dieses Jahres 1,4 Milliarden Euro zusätzlich verausgabt
werden; das wurde so beschlossen. Daher gibt es keinen
Grund, für die Zeit ab Januar nächsten Jahres weitere
1,5 Milliarden Euro zu beantragen. Hier schaffen sich
die Regierungsfraktionen ein so genanntes Dezember-
polster, mit dessen Hilfe sie im nächsten Jahr lässig
1,5 Milliarden Euro verstecken können.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Das ist das Weihnachtsgeld!)


Wir wollen Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deswegen ist das völlig überflüssig und muss korrigiert
werden. Doch dazu sind die Damen und Herren von Rot-
Grün nicht in der Lage.
Zweitens geht es um den Zuschuss an die Bundes-
agentur für Arbeit in Höhe von 1 Milliarde Euro. Die
neuesten Berichte des Bundesrechnungshofes geben al-
len Anlass, stärkere Sparmaßnahmen zu verlangen.


(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unterhalten Sie sich mal mit den Arbeitslosen!)


Anstatt die Bürger abzuzocken, sollten Sie lieber einmal
die Außenstände eintreiben helfen, die die Bundesagen-
tur für Arbeit noch hat. Das sind über 4,5 Milliarden
Euro. Davon lässt sich 1 Milliarde Euro lässig eintreiben
– man muss es nur wollen. Von den Schwaben können
Sie bekanntlich das Sparen lernen; hier wäre ein typi-
sches Beispiel.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ich-AG! Personal-Service-Agentur!)


– Darauf komme ich nachher zurück, Herr Kollege
Austermann.

Ich möchte noch darauf eingehen, wie der Bundes-
kanzler hier gestern aufgetreten ist. Der Bundeskanzler
nimmt es einfach nicht ernst. Diese Laxheit,


(Walter Schöler [SPD]: Was?)

mit der er gestern von dieser Stelle aus über die enormen
Schulden gesprochen hat! Wir brauchen uns nicht zu
wundern, wenn die Bürger draußen im Lande fragen:
Wieso sollen wir eigentlich bei den Kommunen, bei den
Ländern, bei uns selber sparen, wenn der Bundeskanzler
so locker über all diese Probleme hinweggeht? Kaum
fünf Minuten hat er sich innerhalb einer einstündigen
Rede damit befasst! Das ist mit Sicherheit keine staats-
männische Form, sich mit dieser großen Frage auseinan-
der zu setzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Meine Damen und Herren, der Bundeshaushalt sieht
so schlecht aus, weil die Bundesregierung in Sachen
Wirtschaft und Arbeit die Hausaufgaben nicht gemacht
hat; Herr Minister Clement, in erster Linie sind Sie hier
gefragt. Angela Merkel hat gestern in der Debatte die
eindeutigen Feststellungen des Sachverständigenra-
tes und der OECD zitiert: Es sind überwiegend hausge-
machte Fehler, die zu dieser Situation geführt haben.

Ich möchte Ihnen aufzeigen, wie die Lage aus Sicht
der Haushälter heute aussieht: In der Zeit von
Februar 2001 bis Oktober 2004 hat die Anzahl der Be-
schäftigten um 1,5 Millionen abgenommen. Ein Be-
schäftigungsrückgang in dieser Größenordnung wirkt
sich ungeheuer stark auf die Haushaltsentwicklung aus.
Für den Bund und die Bundesagentur für Arbeit entste-
hen dadurch Mehrausgaben bzw. Mindereinnahmen von
nicht weniger als 28,5 Milliarden Euro im Jahr 2005.
Den Sozialversicherungen fehlen dann nochmals
9 Milliarden Euro. – Der Herr Kollege Kröning schaut
betreten weg. Er weiß natürlich als Haushälter, welche
Zahlen hier zu Buche schlagen. Meine Damen und






(A) (C)



(B) (D)


Hans-Joachim Fuchtel

Herren, wenn solch große Finanzvolumina ausfallen,
dann ist ganz klar: Das ist Ergebnis Ihrer Politik. Rot-
Grün macht arm und arbeitslos – den Staat und den ein-
zelnen Bürger.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dieses Geld fehlt natürlich für Investitionen, für Mit-

telstandspolitik, für Forschung, für Entwicklung. Wenn
dieses Geld wegbricht, fehlt es in diesen Bereichen an
den notwendigen Impulsen vom Staat; das ist doch ganz
klar.

Ich habe es einmal untersuchen lassen: Wo der Wirt-
schaftsminister im Jahre 2003 1 Euro ausgeben konnte,
da gab der Arbeitsminister 4,3 Euro aus. In den
Jahren 2004 und 2005 verschiebt sich diese Relation auf
1 : 5: 1 Euro für die Wirtschaft, 5 Euro für den Arbeits-
markt. Meine Damen und Herren, so schafft man nicht
mehr Arbeit in Deutschland!


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Deutschland ist Exportweltmeister. Normalerweise
überträgt sich der Exportaufschwung auf die Binnen-
konjunktur – in Deutschland nicht. Das ist nicht normal.
Jeder Chefvolkswirt einer großen Bank kann Ihnen die
Gründe nennen, warum dies so ist: In Deutschland
herrscht ein durch die Politik hervorgerufener tiefer Ver-
trauensverlust. Das, Herr Clement, ist das Werk von Rot-
Grün, von sechs Jahren rot-grüner Wirtschafts- und Ar-
beitsmarktpolitik.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Der einfache Bürger spart heutzutage, so gut er kann,
und verzichtet auf Konsum. Der Betrieb stellt nicht ein
und wenn er einstellt, dann nur befristet. Herr Minister
Clement, das zentrale Problem ist, dass landauf, landab
niemand mehr an Ihre Zahlen glaubt. Sie geben jedes
Jahr Prognosen ab, die am Ende des Jahres von ganz an-
deren Ergebnissen überrollt werden. Sie sollten sich
mehr der Realität widmen und nicht den Fiktionen, die
Sie sich auf dem Papier zusammendichten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Die Verlässlichkeit muss zurückgewonnen werden;
das ist die Aufgabe der Politik, das ist unsere Aufgabe
hier in diesem Hause. Wir wollen eine Politik mit klaren
Zielsetzungen.

Dieses Land steuert in diesem Winter auf 5 Millionen
Arbeitslose zu. Das ist ein dramatischer Rekord. Wir
müssen uns jedes einzelne Schicksal anschauen.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Eine Verdrehung der Tatsachen! Das hat der Sachverständigenrat nicht geschrieben! Lesen Sie das Gutachten des Sachverständigenrates! Sie wollen nur hetzen!)

– Herr Stiegler, Sie schreien hier schon wieder dazwi-
schen. Sie sollten einmal ganz ruhig sein. Sie waren der
größte Rufer, als gesagt wurde, dass die Zahl der Ar-
beitslosen bis 2002 auf 3,5 Millionen gesenkt werde.
Heute machen Sie den Mund wieder auf. Sie sollten un-
ter Ihrem Tisch in der Versenkung verschwinden. Das
wäre sachlich angemessen.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Lesen Sie die Zahlen und was der Sachverständigenrat dazu sagt! Sie wollen nur hetzen! Saudummes Daherreden!)


Sie sollten hier nicht so arrogant daherreden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)

Sie haben eine Art Zwei-Klassen-Gesellschaft pro-

duziert: Auf der einen Seite gibt es diejenigen, die einen
Arbeitsplatz besitzen, und auf der anderen Seite gibt es
diejenigen, die keinen Arbeitsplatz besitzen.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Sie wollen nur hetzen! Sie reden saudumm daher!)


Ziel der Unionspolitik ist es, diese Zwei-Klassen-Gesell-
schaft zugunsten eines durchgängigen Arbeitsmarktkon-
zeptes aufzubrechen, wodurch jedem eine Chance gege-
ben wird. Vor dieser Aufgabe stehen wir.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ludwig Stiegler [SPD]: Abschaffung des Kündigungsschutzes und Abschaffung der sozialen Gerechtigkeit! Sie wollen eine Tagelöhnergesellschaft! Das ist es! – Weiterer Zuruf von der SPD: Wie?)


– Sie fragen, „Wie?“ Das können wir Ihnen sehr klar sa-
gen und das wird Ihnen auch der Wähler sagen, wenn er
Sie in die Opposition schickt, damit wir zeigen können,
wie die Antwort auf das „Wie“ in die Tat umgesetzt
wird.


(Lachen bei der SPD)

Zunächst einmal geht es darum, dass wir die Maßnah-

men umsetzen, die kein Geld kosten. Das machen Haus-
hälter am allerliebsten; das ist sonnenklar. Hier gibt es
sehr viel zu tun. Ich nenne nur die Stichworte Deregulie-
rung – in diesem Bereich wurde noch lange nicht das er-
reicht, was erreicht werden muss – und Entbürokrati-
sierung, wofür das Gleiche gilt. Hier sind ungeheure
Substanzen für die Belebung des Arbeitsmarktes vorhan-
den, die genutzt werden müssen. Natürlich müssen wir
auch die Ausgaben für den Arbeitsmarkt durchforsten
und selektiver tätigen.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Sie wollen die Arbeitsmarktpolitik abschaffen!)


Wir dürfen – das gilt beispielsweise für den Bereich
der Eingliederungszuschüsse – auch keine Gewöhnungs-
effekte oder Automatismen zulassen. Ich-AGs, Jobfloa-
ter und Personal-Service-Agenturen müssen umgehend
abgeschafft werden, da sie unter dem Strich viel mehr
Geld kosten, als sie an Erfolg für den Arbeitsmarkt ein-
bringen.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Die kann man sich ersparen!)







(A) (C)



(B) (D)


Hans-Joachim Fuchtel

Das ist hinausgeworfenes Geld. Allein daraus würden
sich erhebliche Sparpotenziale ergeben, die wir für In-
vestitionen nutzen könnten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sämtliche Programme zur Bekämpfung der Arbeits-
losigkeit müssen auf den Prüfstand.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Das habe ich mir gedacht!)


– Sie haben sich das gedacht. Wahrscheinlich wissen Sie
über diese Dinge nicht so viel wie ich. Deswegen sage
ich es Ihnen hier einmal.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Alles abschaffen!)

Es kann nicht länger akzeptiert werden, dass bei-

spielsweise bei Jugendprogrammen pro Kopf und Jahr
durchschnittliche Kosten in Höhe von 12 100 Euro ent-
stehen. Das, was hier für einen arbeitslosen Jugend-
lichen im Jahr ausgegeben werden muss, verdient ein
Arbeiter in den neuen Bundesländern oftmals nicht netto
im Jahr. Das muss anders und effektiver gemacht wer-
den. Das liegt doch auf der Hand.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Ein anderes Beispiel dafür, was einen umhaut und

was man sich kaum vorstellen kann, sind die Lehrgänge
im Zuge einer dreijährigen Ausbildung in Berufsbil-
dungswerken. Gemäß der Unterlagen der BA kosten sie
pro Person mittlerweile bis zu 106 000 Euro.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Was?)

– Sie haben richtig gehört. – Herr Stiegler, diese Dyna-
mik muss doch gebremst werden. Das müsste selbst in
ein SPD-Hirn hineingebracht werden können.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Bundesagentur ist unter dem Vorstandsvorsitzen-
den Herrn Weise transparenter und kostenbewusster ge-
worden. Das unterstützen wir ausdrücklich. Wir möch-
ten aber auch noch darauf hinweisen, dass die im
hinteren Teil der Veröffentlichungen des Bundesrech-
nungshofes im Monat November stehenden Bemerkun-
gen sehr lesenswert sind. Dort lesen Sie, wie viel Geld
noch zur Disposition steht und dass man mit ihm besser
umgehen kann. Das muss man in dieser Situation drin-
gend tun. Auch bei Hartz IV gibt es Ähnliches zu sagen.
Das werden meine Kollegen nachher noch tun.

Alle Jahre wieder gehen die Prognosen von Herrn
Clement in die Hosen.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP – Ludwig Stiegler [SPD]: Aber stinken tun nur Ihre!)


Leider werden Sie nach meiner Rede einen weiteren Akt
dieser arroganten Traumtänzerei erleben. Ich sage aus-
drücklich: Dafür übernimmt die Union keine Verantwor-
tung.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ludwig Stiegler [SPD]: Ihr habt sie ja auch nicht! Setzt euch nur hin!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514200600

Ich erteile Kollegen Volker Kröning, SPD-Fraktion,

das Wort.

(Beifall bei der SPD)



Volker Kröning (SPD):
Rede ID: ID1514200700

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Das war nun der Kollege Fuchtel von der CDU/
CSU, wie er leibt und lebt.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Sehr gut!)

Da es bei der CDU/CSU mehrere dieser Art gibt, spricht
nachher noch das Urgestein Rossmanith.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Bravo!)

Ich fasse nun im Folgenden die Bereiche Wirtschaft und
Arbeit zusammen.

Der Einzelplan 09 steht 2005 mehr als noch in diesem
Jahr im Zeichen der Arbeitsmarktreform. Aber den-
noch, meine Damen und Herren, dürfen wir den Bereich
Wirtschaft nicht vernachlässigen. Die beiden gravie-
rendsten Veränderungen in dem Einzelplan haben ihre
Ursachen zum einen im Ausgang des Vermittlungsver-
fahrens zur Arbeitsmarktreform im Juli und in den politi-
schen Fortschreibungen im August dieses Jahres, zum
anderen in den Konjunktur- und Arbeitsmarktdaten so-
wie der Steuerschätzung, die mitten in die Beratungen
des Ausschusses fielen und praktisch von einer Woche
zur anderen zu berücksichtigen waren.

Die beiden Veränderungen führten zum einen zu Auf-
stockungen der Arbeitsmarktausgaben um zunächst
2,2 Milliarden Euro, sodann um weitere 1,5 Milliar-
den Euro, zum anderen zur Erhöhung der globalen Min-
derausgabe um 1 Milliarde Euro. Zumindest die beiden
ersten Aufstockungen hätte die CDU/CSU unterstützen
müssen, hat sie doch die zugrunde liegenden Gesetze mit
der Koalition beschlossen.

Stattdessen – das muss man in der Öffentlichkeit
deutlicher machen, als das bisher geschehen ist – flüch-
ten Sie sich wie schon am Anfang der Umsetzungsstre-
cke zur Arbeitsmarktreform in der Mitte dieses Jahres
wieder aus der Verantwortung.

Mit Ihrem Antrag, die Arbeitslosenhilfe um 1 Milliar-
de Euro zu kürzen, haben Sie den bisherigen Arbeitslo-
senhilfeempfängern und künftigen Arbeitslosengeld-II-
Empfängern sogar damit gedroht, im Januar des nächs-
ten Jahres kein Geld zu erhalten. Dies haben wir selbst-
verständlich im Haushaltsausschuss zurückgewiesen.


(Dirk Niebel [FDP]: Das war doch Ihr Minister, wenn ich das recht sehe!)


Es ist merkwürdig, dass Sie diesen Antrag hier nicht
wieder stellen, aber dennoch in der Öffentlichkeit damit
agitieren.






(A) (C)



(B) (D)


Volker Kröning


(Beifall bei der SPD – Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Das war die Idee von Bundesminister Clement! Wir zitieren nur Bundesminister Clement! – Ludwig Stiegler [SPD]: Nur hetzen!)


Was die Konsequenzen aus den gesamtwirtschaftli-
chen Eckwerten angeht, so unterstützt die versammelte
Opposition die Erhöhung des Zuschusses an die Bun-
desagentur für Arbeit nicht. Im Gegenteil: Beide Oppo-
sitionsfraktionen haben sich mit Kürzungsanträgen über-
boten.


(Beifall des Abg. Hans-Joachim Fuchtel [CDU/ CSU] und des Abg. Dirk Niebel [FDP])


Auch die Anhebung der Haushaltsansätze beim Arbeits-
losengeld II und bei den Leistungen zur Eingliederung
in Arbeit trägt die Koalition alleine. Ich bin mir sicher,
dass alle im Land, die das angeht, erkennen werden, wer
für sie Verantwortung trägt und wer nicht.

Die nach wie vor schleppende Konjunkturerholung
macht es notwendig, im Haushalt der Bundesagentur
14,12 Milliarden Euro für arbeitsmarktpolitische Maß-
nahmen bereitzustellen. Davon entfallen 4,4 Milliar-
den Euro allein auf den Eingliederungstitel, in dem die
meisten Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförde-
rung zusammengefasst sind. Zusätzlich werden im
Bundeshaushalt Eingliederungsleistungen von 6,55 Mil-
liarden Euro finanziert. Beides drückt aus, dass die Soli-
dargemeinschaft der Beitragszahler zur Arbeitslosenver-
sicherung und die Gesamtheit der Steuerzahler das
Fördern genauso ernst nehmen wie das Fordern.

Die Anstrengungen der Bundesagentur und der Kom-
munen, ob sie nun Arbeitsgemeinschaften gebildet ha-
ben oder optieren, sind ebenfalls weit gediehen. Die
Bundesregierung und die sie tragende Koalition haben
für diesen Umstellungsprozess – einschließlich der so
genannten Revisionsklausel – eine Finanzausstattung
bereitgestellt, die den Erfolg garantiert. Es ist Vorsorge
getroffen, dass diese Revisionsklausel ohne Risiko für
den Gesamthaushalt praktiziert werden kann.

Von der Spitze bis zur Basis der Gesamtorganisation
wird hart gearbeitet. Davon haben sich viele Kolleginnen
und Kollegen aus diesem Haus in den letzten Monaten
und Wochen überzeugt. Ich glaube, ich darf in Ihrem Na-
men jenseits der Polemik, die hier und heute stattfindet,
allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der 181 Agen-
turen im Lande und den Mitarbeitern von Bahn, Post und
Telekom danken, die der Agentur aushelfen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dieser Einsatz wird gerade in den nächsten Monaten an
der Schwelle von diesem zum nächsten Jahr gebraucht
werden.

Vorrangiges Ziel in dem Umsetzungsprozess ist es,
den Menschen beizeiten Sicherheit über ihre Einkom-
mens- und Betreuungssituation zu geben. Dies wird nur
Schritt für Schritt gehen.
Entscheidend ist, dass die neuen Leistungen pünktlich
gewährt werden. Es ist ein gutes Zeichen, dass 84 Pro-
zent aller bisherigen Arbeitslosenhilfebezieher einen
Antrag auf Arbeitslosengeld II gestellt haben. Doch
muss man einräumen, dass erst 41 Prozent der Anträge
bearbeitet sind. Auch muss mit Widerspruchsverfahren
in nicht unbeträchtlicher Zahl gerechnet werden. Dies
zeigt, welchen Kraftakt die Bundesagentur und die
Kommunen noch vor sich haben und wie sehr sie – hof-
fentlich mit den Beschlussmehrheiten in beiden Häusern
im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens – auf unsere
Unterstützung angewiesen sind. Die beiden Kommunen
in meinem kleinen Land, nämlich Bremen und Bremer-
haven, haben schon eine Antragsquote von über
90 Prozent und eine Bearbeitungsquote von über 70 bzw.
über 50 Prozent erreicht.

Auch die Förderung mithilfe des neuen Fallmanage-
ments ist eingeleitet. Sie beginnt bei den bis zu 25-Jähri-
gen mit einem Personalschlüssel von 1 : 75. Diese An-
strengung wird auch durch die Einstiegsqualifizierung
Jugendlicher flankiert, die im Rahmen des Ausbil-
dungspaktes mit der Wirtschaft vereinbart ist. Es ist
schön, dass sich gerade in den letzten Tagen herausge-
stellt hat, dass dieses umfassende Konzept, von dem der
Ausbildungspakt ein Teil war, Früchte trägt. Die Integra-
tion in den Arbeits- und in den Ausbildungsmarkt bleibt
das Hauptziel der Reform.


(Dirk Niebel [FDP]: Diese Rede verstößt gegen das Folterverbot!)


– Herr Niebel, Sie sind zum Glück eine rettungslose
Minderheit. Das wird gleich bei der Wirtschaftspolitik
noch deutlich werden.


(Beifall bei der SPD)

Da bei den Protesten gegen die Arbeitsmarktreform

so oft die Rede davon war, es werde gar nicht gespart,
möchte ich festhalten: Wir müssen hart darauf hinarbei-
ten, den Zuschuss an die Bundesagentur und die Bei-
träge zur Arbeitslosenversicherung in den nächsten Jah-
ren zu senken.


(Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Genau das machen wir!)


Für 2005 setzen wir darauf, dass die nun veranschlagte
Höhe des Bundeszuschusses ausreicht. Das wären
1,2 Milliarden Euro weniger als in diesem Jahr. Dies
schließt allerdings ein, dass das mit der Bundesregierung
verabredete Maßnahmenpaket, das Einsparungen in
Höhe von 600 Millionen Euro bei der Agentur umfasst,
realisiert wird.

Mehr Effizienz ist das eine, mehr Wachstum und Be-
schäftigung das andere. Klar ist, dass alles daran gesetzt
werden muss, ein hohes Wirtschaftswachstum, einen
Beschäftigungszuwachs zu erreichen und die Zahl der
Arbeitslosen zu senken. Es geht nicht darum, darüber zu
philosophieren, ob die Eckwerte der Bundesregierung
eingehalten werden können, sondern es geht einzig und
allein darum, alles daranzusetzen, dass dies gelingt. Das
nenne ich aktive Politik. Hat dies keinen Erfolg – da-
rüber müssen wir uns im Klaren sein –, wird es auch






(A) (C)



(B) (D)


Volker Kröning

2005 im Bundeshaushalt im Ganzen und speziell im Ein-
zelplan 09 schwierig werden.

Umso wichtiger ist es mir, noch einiges zum Teil
Wirtschaft dieses Einzelplans zu sagen. Er hat ja die
Funktion, neben den gesetzlichen Rahmenbedingungen,
auf die der Minister sicherlich noch eingehen wird, im
Haushalt Stabilität zu vermitteln und Anreize zu setzen.
Darum geht es gerade bei den Förderprogrammen im
Bereich Wirtschaft. Zunächst ist all denen, die zur Vo-
raussetzung des ökonomischen Erfolges unseres Landes
eine rigide Sparpolitik machen, zu sagen: Der Einzelplan
wächst im Bereich Wirtschaft nicht, er sinkt gegenüber
2004 sogar von 4,7 Milliarden Euro auf rund 4 Milliar-
den Euro, aus denen 2005 sogar noch eine globale Min-
derausgabe in Höhe von 60 Millionen Euro zu erwirt-
schaften ist.

Zahlreiche Einzelansätze sind schon bei der Aufstel-
lung durch die Bundesregierung im Zusammenhang mit
der Koch/Steinbrück-Liste gekürzt worden. Bei den wei-
teren Kürzungen ist zu berücksichtigen, dass von den
verfügbaren 4 Milliarden Euro durch Zusagen aus den
Vorjahren bereits mehr als zwei Drittel rechtlich oder po-
litisch gebunden sind. Bei den Beratungen des Haus-
haltsausschusses war deshalb nicht viel mehr möglich,
als die Ansätze für regionale Wirtschaftsförderung, für
Innovation und für den Mittelstand zu stabilisieren. Zu-
sätzlich sind einige Akzente bei den Baransätzen und
den Verpflichtungsermächtigungen verstärkt worden,
zum Beispiel bei der industriellen Gemeinschaftsfor-
schung und der Verbesserung der Materialeffizienz, aber
auch beim Export.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang aller-
dings, dass sich bei der Mittelstandspolitik die Wege der
Opposition getrennt haben und dass sich die FDP isoliert
hat: Sie hat im Ausschuss Kürzungsanträge gestellt, die
aus mittelstandspolitischer Sicht verheerend sind und
mit denen sie alleine geblieben ist. In den Programmen
Pro Inno und Inno-WATT zum Beispiel würden die an-
spruchsvollen und risikoreichen Innovationsbemühun-
gen von weit über 1 000 kleinen und mittleren Unterneh-
men abbrechen und der wirtschaftliche Aufholprozess
gerade in Ostdeutschland würde gefährdet werden.


(Siegfried Scheffler [SPD]: Skandalös ist das!)

Als Haushälter sind wir beileibe nicht fachpolitisch

blind. Im Gegenteil: Wir würden gerne einige Ansätze
verstärken, wenn es die Haushaltslage zuließe. Leider ist
der Anteil des Wirtschaftsressorts an der Innovationsof-
fensive der Bundesregierung mit 20 Millionen Euro bis
zur Entscheidung über die Eigenheimzulage gesperrt. Es
wäre gut, wenn sich der Bundesrat bereit finden würde,
dieses weitere Stück Subventionsabbau mitzumachen.

Ich möchte aber auch die Weichenstellungen erwäh-
nen, bei denen wir uns zwischen den Fraktionen einig
waren. Dies betrifft zum einen die Luftfahrtförderung.
Die Absicherung des A350 und eines neuen Airbustrieb-
werkes haben wir gemeinsam geschlossen. Auch bei den
Hilfen für die Werftindustrie sind wir uns einig, den Um-
bau von Produktions- zu Innovationshilfen fortzusetzen.
Ich bin froh, dass die Abstimmungsschwierigkeiten, die
wir in den vergangenen Monaten mit den Küstenländern
hatten, überwunden sind. Es ist auch anzuerkennen, dass
die Wirtschaft auf diesem Gebiet Einsicht in die enge
Haushaltslage zeigt.

Die Mittel für den A350 und das Triebwerk – und da-
mit die Sicherheit für ein KfW-Darlehen – sind gesperrt.
Die Zielrichtung, mit der wir – auch darin sind wir uns
einig – nach dem so genannten Launch durch die Indus-
trie an eine Entsperrungsvorlage herangehen werden, ist
aus den Erläuterungen klar: Wir wollen in Deutschland
Wertschöpfung – das heißt vor allem Arbeitsplätze – si-
chern.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Darum werden wir auf den so genannten Workshare bei
der Entwicklung und der Produktion achten. Das gilt
auch für die regionale Verteilung innerhalb der Bundes-
republik Deutschland.

In diesen Zusammenhang fällt schließlich die Siche-
rung der regionalen Wirtschaftsförderung, die im
Haushalt und in der mittelfristigen Finanzplanung schon
von der Regierung vorgenommen worden ist und die
auch in der Kommission zur Modernisierung der bun-
desstaatlichen Ordnung eine Rolle spielt. Nachdem der
Finanzierungsanteil des Bundes an dieser Gemein-
schaftsaufgabe durch die Konsolidierungsmaßnahmen
der letzten Jahre reduziert werden musste, hat die Bun-
desregierung nun ein gleich bleibendes Niveau in Höhe
von 700 Millionen Euro pro Jahr bis zunächst 2008 fest-
geschrieben. Dies hat Vertrauen gebildet. Das können
wir gerade in der Kommissionsarbeit feststellen.

Der Haushaltsausschuss hat noch ein Übriges getan:
Er hat in Übereinstimmung mit dem Ausschuss für Wirt-
schaft und Arbeit die Deckelung der Rückeinnahmen be-
seitigt und damit mehr als 700 Millionen Euro pro Jahr
verfügbar gemacht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auf dieser Basis sollten nun die Verhandlungen zwi-
schen der Bundesregierung und den betroffenen Ländern
zu Ende geführt werden, die auf eine ziel- und wirkungs-
sichere Strukturförderung gerichtet sind. Es kommt nicht
in erster Linie darauf an, wie viel Geld bereitgestellt
wird, sondern dass es investiv und innovativ eingesetzt
wird.

Alle diese Entscheidungen des Haushaltsausschusses
stehen unter dem Damoklesschwert einer zusätzlichen
Minderausgabe in Höhe von 65,7 Millionen Euro, die
als Teil der zusätzlichen globalen Minderausgabe von
1 Milliarde Euro auf unseren Einzelplan entfällt. Dies
war im letzten Moment der Ausschussberatungen zu be-
schließen, weil die Beratungen andernfalls neu hätten
aufgerollt werden müssen. Ich muss bekennen, dass ich
diese Entscheidung nur schweren Herzens mitgetragen
habe, dass sie aber wegen der Kürze der zur Verfügung
stehenden Zeit alternativlos war.

Doch ich warne wie vor einem Jahr vor einer Aushöh-
lung des Haushaltsrechts: Wenn schon Soll und Ist, also






(A) (C)



(B) (D)


Volker Kröning

das politische Ziel des Haushaltsgesetzgebers und das
prognostische Ergebnis, auseinander klaffen, dann ist
eine prioritätengerechte Haushaltssteuerung zwingend.
Nach Verabschiedung des Haushalts ist dies Aufgabe der
Regierung. So hat sich das Verhältnis zwischen den Ge-
walten umgekehrt. Aber ich erkläre für das Parlament,
dass wir dies kontrollieren werden.


(Beifall des Abg. Kurt J. Rossmanith [CDU/ CSU])


Es ist ernst, aber wahr: Wo rechtliche und politische
Vorbindungen existieren, ist nichts zu holen; wo der
Haushaltsausschuss Kürzungen abgelehnt oder Aufsto-
ckungen vorgenommen hat, ebenfalls nicht. Was bei der
Haushaltsaufstellung weder der Bundesregierung noch
dem Parlament gelungen ist, bleibt also nachzuholen.
Um nicht kontraproduktiv zu handeln, müssen im Haus-
haltsvollzug Alternativen gefunden werden. Wir waren
uns im Ausschuss mit dem Minister einig, dass wir uns
dabei gegenseitig nach Kräften unterstützen.

Darum bitte ich auch das Finanzressort. Wenn es rich-
tig ist, in der aktuellen wirtschaftlichen Situation einen
vernünftigen Mix aus Konsolidierung, Strukturreformen
und Wachstumsimpulsen zustande zu bringen, sind das
Wirtschafts- und das Finanzressort besonders aufeinan-
der angewiesen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will auch nicht
anstehen, wie der erste Sprecher heute Morgen den Be-
richterstatterkolleginnen und -kollegen zu danken, also
Ihnen, Herr Fuchtel und Herr Rossmanith, und auch
Herrn Kollegen Fricke, den ich heute Morgen noch nicht
gesehen habe. Offenbar ist der FDP der Haushalt doch
nicht so wichtig. Sie kündigt ja auch öffentlich Kür-
zungsanträge an, wie man heute Morgen in der Zeitung
lesen kann, ohne dass die Anträge dem Haus vorliegen.
Das ist für mich eine unmögliche Einstellung zum parla-
mentarischen Geschäft.


(Widerspruch bei der FDP)

Meiner Kollegin Anja Hajduk möchte ich besonders
herzlich für die gute Zusammenarbeit innerhalb der Ko-
alition danken. Last, but not least ein Dank an das Minis-
terium und besonders an die Mitarbeiterinnen und Mitar-
beiter der Haushaltsabteilung. Sie haben uns loyal und
kompetent unterstützt. Auf diese Unterstützung werden
wir alle gemeinsam auch in Zukunft angewiesen sein!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514200800

Ich erteile das Wort Kollegen Rainer Brüderle, FDP-

Fraktion.

(Beifall bei der FDP)



Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1514200900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Haus-

haltsberatungen werden von der Regierung wie üblich
bestritten: Sie beschimpft die Opposition, unterstellt ihr
Schwarzmalerei, wirft ihr vor, Zerrbilder darzustellen,
und legt selbst keine Konzepte vor. Aber eines müssen
Sie sich sagen lassen: Es ist Ihr Finanzminister, der zum
vierten Mal die Störung des gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts ausruft, weil er mehr Schulden macht,
als er Investitionen tätigt. Das grenzt geradezu an wirt-
schafts- und finanzpolitische Schizophrenie. Entweder
können Sie der Opposition begründet vorwerfen, sie
stelle Zerrbilder dar und betreibe Schwarzmalerei, oder
die Situation ist tatsächlich so dramatisch, dass Sie zum
vierten Mal hintereinander die Störung des gesamtwirt-
schaftlichen Gleichgewichts ausrufen müssen, um mehr
Schulden aufnehmen zu können, als Sie Investitionen tä-
tigen. Deshalb sollten Sie redlich bleiben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Gestern haben wir erfahren, dass die Wirtschaft im
dritten Quartal dieses Jahres wieder stagniert. Der
Exportboom schwächt sich ab, neigt sich eher dem
Ende zu. Die Binnenkonjunktur fängt diesen Ausfall
nicht auf. Das ist, wie ich weiß, eine Momentaufnahme,
aber dieses Bild ist durch tiefer gehende Gründe geprägt.
Unser Kernproblem ist – das sagen auch die Sachver-
ständigen – ein zu schwaches Trendwachstum. Der
Wachstumspfad in Deutschland bewegt sich seit Jahren
kontinuierlich bei etwa einem Prozent, während die
Amerikaner ein Trendwachstum von 3 bis 3,5 Prozent
haben. Ergebnis dieser Schere in der Entwicklung des
Grundwachstums ist volkswirtschaftlich eine Differenz
in der Produktivität zwischen den Vereinigten Staaten
und Deutschland von 30 Prozent. In einfachen Worten
gesprochen heißt das: Wenn 1 000 Arbeitnehmer und
500 Maschinen in Amerika und in Deutschland jeweils
10 Stunden arbeiten, werden in Amerika 30 Prozent
mehr Autos produziert. Durch Ihre verfehlte Politik ha-
ben sich bei uns die Strukturen so verfestigt, dass ein-
fach kein Wachstum entsteht. Unser Trendwachstum
bleibt unter der Schwelle, an der der Arbeitsmarkt an-
springt und neue Arbeit entsteht.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr richtig!)

Wenn wir es nicht schaffen, das Trendwachstum deutlich
anzuheben – vergleichbar einer Größenordnung in ande-
ren Ländern –, werden alle oszillierenden Teilmaßnah-
men nicht helfen.

Man kann sich auch nicht aus der Verantwortung re-
den, denn es ist eine Tatsache, dass die Arbeitslosigkeit
in Großbritannien, Holland und Schweden nur etwa halb
so hoch ist wie in Deutschland. Diese Länder bewegen
sich in derselben Weltwirtschaft wie wir. Also ist doch
logisch und völlig klar: Hier in Deutschland wird etwas
grundlegend falsch gemacht, wenn es uns über Jahre
nicht gelingt, das Wachstum zu steigern, und wenn in an-
deren Ländern die Arbeitslosigkeit nur halb so hoch ist
wie in Deutschland. Das Problem liegt hier!


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514201000

Kollege Brüderle, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Niebel?






(A) (C)



(B) (D)


Präsident Wolfgang Thierse


(Zurufe von der SPD: Oh! – Redezeitverlängerung! – Ute Kumpf [SPD]: Er schindet wieder Redezeit!)



Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1514201100

Natürlich gern.

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514201200

Bitte, Herr Niebel.

Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1514201300

Vielen Dank, Herr Kollege Brüderle. – Nachdem Sie

die Dramatik der Situation der deutschen Wirtschaft und
des Arbeitsmarktes hier schon so anschaulich geschildert
haben, wie bewerten Sie – auch im Hinblick auf die
Rede des Kollegen Kröning – die Tatsache, dass das Fi-
nanzministerium bei der Haushaltsberatung über diese
wichtige Thematik nicht vertreten ist?


Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1514201400

Ich halte das symptomatisch für den Stil, in dem die

Regierung mit der Opposition und einem der vornehms-
ten Rechte des Parlaments, dem Etatrecht, umgeht. Das
drückt sich auch in der mangelnden Präsenz auf der Re-
gierungsbank aus. Der Finanzminister hat wahrschein-
lich eine Stunde des Sichschämens für den von ihm vor-
gelegten Haushalt eingelegt.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD – Zuruf von der SPD: Supergut abgesprochen!)


Das Resultat der erwähnten strukturellen Schwächen
liegt auf der Hand. Im Frühjahr nächsten Jahres wird die
Zahl der registrierten Arbeitslosen auf 5 Millionen stei-
gen. In Wahrheit werden es noch viel mehr sein; denn
man muss die Zahl der sich in ABM und ähnlichen Maß-
nahmen befindenden Menschen hinzurechnen. Herr
Andres wird schon einmal vorgeschickt, um die Öffent-
lichkeit darauf vorzubereiten, dass die Zahl der Ar-
beitslosen demnächst bei 5 Millionen liegt. Herr Weise
von der Bundesagentur für Arbeit hat bereits erklärt, es
sei durchaus möglich, dass die Zahl der Arbeitslosen auf
5 Millionen steige. Die geäußerten Befürchtungen wer-
den sich leider bestätigen; dessen bin ich mir sicher.

Die Nettoneuverschuldung hat eine Größenordnung
von über 43 Milliarden Euro erreicht. Im nächsten Jahr
wird sie um 22 Milliarden Euro – –


(Zuruf des Abg. Volker Kröning [SPD])

– Dass ausgerechnet Sie, der Sie eine Rede gehalten ha-
ben, die die Qualität einer Schlafpille hatte, etwas über
meinen Redestil sagen, finde ich prima.


(Volker Kröning [SPD]: Sie reden über alles, aber nicht zum Haushalt!)


Glauben Sie, der Sie Ihre Zahlen fast wie ein Buchhalter
verlesen haben, wirklich, dass Ihre Rede ein Beispiel da-
für war, wie man Parlamentsdebatten lebendig machen
und die Menschen draußen im Lande, insbesondere die
jungen Leute, für unsere Arbeit interessieren kann? Dass
Sie einen solchen Zuruf in einer Parlamentsdebatte ma-
chen, ist der Gipfel und zeigt, dass Sie sich jenseits der
Realität bewegen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514201500

Kollege Brüderle, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Andres?

Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1514201600

Sehr gern.

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514201700

Bitte, Herr Andres.

Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1514201800

Herr Brüderle, würden Sie dem Hohen Hause sagen,

dass es richtig ist, dass der Sachverständigenrat in sei-
nem Gutachten sinngemäß ausgeführt hat, es könne sein
– es muss also nicht –, dass im Februar des kommenden
Jahres die Zahl der Arbeitslosen an die 5-Millionen-
Grenze herankomme oder sie überschreite, dass dies
aber keineswegs etwas mit einer Erhöhung der Arbeits-
losigkeit zu tun habe, sondern in Verbindung mit der
Einführung der neuen Leistung Arbeitslosengeld II
stehe, wodurch es statistische Effekte geben könne?


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Die Statistik stimmt ja ohnehin nicht! Wir sind ja schon jetzt über 5 Millionen!)



Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1514201900

Es kann statistische Effekte geben; das ist schon rich-

tig.

(Gerd Andres [SPD]: Nein! Sie sollen nur sagen, ob der Sachverständigenrat das gesagt hat!)


– Herr Andres, es ist Ihr gutes Recht, eine Zwischen-
frage zu stellen. Aber mein gutes Recht ist es, sie zu be-
antworten. Deshalb überlassen Sie freundlicherweise
mir die Beantwortung der gestellten Frage. Wenn Sie
Ihre Frage selbst beantworten wollen, dann sollten Sie
das zu Hause tun.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Andres, wenn Sie jetzt freundlicherweise meine
Antwort entgegennähmen! Es ist richtig, dass statistische
Effekte auftreten können. Es ist aber auch richtig, dass
die Arbeitslosigkeit in Wahrheit höher ist. Sie wissen
ganz genau, dass 1,5 Millionen Menschen durch ABM
und andere Maßnahmen künstlich in Arbeit gehalten
werden, dass es sich dabei aber nicht um Arbeitsplätze
handelt, die durch gute betriebliche Ergebnisse und
Markterfolge entstanden sind. Es handelt sich vielmehr
um Notmaßnahmen, die sicher erforderlich sind. In Regio-
nen wie Mecklenburg-Vorpommern, wo die Arbeitslo-
sigkeit extrem hoch ist – dort kommen 35 Arbeitslose auf
eine offene Stelle –, kann man sicherlich nicht auf ABM






(A) (C)



(B) (D)


Rainer Brüderle

verzichten. Aber die Wahrheit ist, dass die Zahl der Ar-
beitslosen bei etwa 6 Millionen liegt. Von dieser Größen-
ordnung sollte man ausgehen.

Jeder Arbeitslose ist – vielleicht sind wir uns darin so-
gar einig – ein Arbeitsloser zu viel; denn hinter jeder
Zahl verbirgt sich ein persönliches Schicksal. Bei der
Beseitigung von Arbeitslosigkeit geht es nicht nur da-
rum, den Menschen wieder zu ermöglichen, durch Ar-
beit Geld zu verdienen. Der Besitz eines Arbeitsplatzes
hat vielmehr auch etwas mit dem Selbstwertgefühl der
Menschen zu tun, Teil der Gesellschaft zu sein, dabei zu
sein. – Herr Andres, ich bin zwar noch nicht fertig mit
der Beantwortung Ihrer Frage, aber Sie dürfen sich bei
Ihrem augenscheinlichen Gewicht ruhig schon setzen.


(Zuruf von der SPD)

– Wenn Sie zuhören würden, anstatt vor sich hinzuqua-
ken, würden Sie vielleicht etwas mitnehmen können. Es
wäre für viele Parlamentsdebatten besser, wenn man zu-
hören und sich auseinander setzen würde, als sich wie
Sie als Spezialist für Zwischenrufe zu betätigen. Einer
im Saal muss sicherlich der Doofste sein. Sie müssen
sich aber nicht zu erkennen geben.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514202000

Kollege Brüderle, gestatten Sie eine weitere Zwi-

schenfrage des Kollegen Kröning?


Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1514202100

Sehr gern.


Volker Kröning (SPD):
Rede ID: ID1514202200

Nach dieser fulminanten Antwort auf die Frage des

Parlamentarischen Staatssekretärs Andres, der auf der
Abgeordnetenbank Platz genommen hat, möchte ich Sie
erstens bitten, zu bestätigen, dass das Bundesfinanzmi-
nisterium durch den Parlamentarischen Staatssekretär
Diller anwesend ist.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Inzwischen! Überraschend!)


Zweitens. Wie ist es mit Ihrem Parlamentsverständnis
zu vereinbaren, dass Sie Ihren wackeren jungen Kolle-
gen Fricke im Rahmen einer abschließenden Lesung des
Bundeshaushalts überhaupt nicht zu Wort kommen las-
sen?


Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1514202300

Herr Kollege, aus Respekt vor dem Antwortenden

bleibt man normalerweise stehen. Aber wenn Sie Pro-
bleme haben, dann können Sie sich gern setzen.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Es ist noch nicht so weit, dass Sie festlegen, wer von
der FDP redet.


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es war ja nur eine Frage!)

Noch steht es uns frei, im Parlament das zu sagen, was
wir wollen. Wir lassen uns von Ihnen nicht vorschreiben,
wer von uns redet.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Kümmern Sie sich um Ihre Eier! Machen Sie einmal
eine gescheite Politik! Das ist besser, als sich nach Ihrer
blamablen Rede mit so einem Kasperletheater hier im
Parlament profilieren zu wollen.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oberkasper!)


Unsere Sozialsysteme sind schwer angeschlagen. Die
Lohnnebenkosten steigen. Von dem Ziel, sie auf
17 Prozent zu senken, sind wir weit entfernt; sie bewe-
gen sich wieder auf 20 Prozent zu. Das Kernproblem ist:
Sie managen die Krise nur; aber Sie haben kein Konzept
für eine wirtschaftspolitische Runderneuerung Deutsch-
lands. Es fehlt Ihnen an Ideen und an Mut, die notwendi-
gen Veränderungen vorzunehmen.

Wachstum kommt dann zustande, wenn wir Steuern
senken. Ihre sozialdemokratische Ministerpräsidentin in
Schleswig-Holstein, Frau Simonis, macht eine Kampa-
gne, die Steuererhöhungen in Höhe von 20 Milliar-
den Euro vorsieht. Sie will die Mehrwertsteuer um drei
Prozentpunkte erhöhen, sie will die Erbschaftsteuer er-
höhen und sie will die Vermögensteuer wieder einfüh-
ren. Keiner widerspricht, weder Herr Eichel noch Herr
Diller – er sitzt inzwischen wieder auf seinem Platz –
noch Herr Clement.

Durch diese Äußerungen werden die Menschen in un-
serem Land permanent verunsichert. Sie lassen das zu.
Sie dürfen sich daher nicht wundern, dass das Angstspa-
ren zunimmt und dass wir die Binnenkonjunktur nicht in
den Griff bekommen. Die Menschen müssen ja – das ist
der Eichhörncheneffekt – Vorsorge betreiben, wenn Sie
ihnen täglich von neuen Bedrohungen und Zusatzbelas-
tungen erzählen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Franz Müntefering [SPD]: Und wenn sie Ihre Reden hören, dann auch!)


So kommen Sie nicht voran.
Herr Müntefering, ich darf mich bei Ihnen ausnahms-

weise einmal bedanken: Sie haben dem Spuk, den
3. Oktober, den Nationalfeiertag, abzuschaffen, um so
das Wirtschaftswachstum zu fördern, ein Ende bereitet.
Es hat mich schon schockiert, dass die Partei Willy
Brandts solche Überlegungen öffentlich vorträgt. Sie
sind offensichtlich der letzte Patriot der Sozialdemokra-
ten. Ich bedanke mich dafür, dass es durch Sie eine sol-
che Haltung, für die Willy Brandt einmal stand, bei Ih-
nen noch gibt.

Stichwort Bürokratieabbau: Herr Clement wird bei
keiner Rede müde, zu sagen: Jawohl, da müssen wir et-
was machen. Recht hat er! „Masterplan“ und ähnliche
tolle Begriffe werden in die Diskussion eingebracht. Le-
sen Sie einmal die „Süddeutsche Zeitung“ von heute
– sie ist Ihnen ja durchaus gewogen –: Worten sollen






(A) (C)



(B) (D)


Rainer Brüderle

Taten folgen; von 1 000 Vorschlägen sind 29 auf den
Weg gebracht worden. So wird Bürokratie nicht abge-
baut und so wird dem Mittelstand nicht geholfen, neue
Arbeitsplätze in Deutschland zu schaffen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Stichwort Ladenschlusszeiten: Statt die Laden-
schlusszeiten in der Woche endlich freizugeben, schie-
ben Sie die Beratung dieses Themas in die Föderalis-
muskommission ab. Nichts von dem, was angekündigt
worden ist, wird umgesetzt. So werden wir mit Sicher-
heit keinen Befreiungsschlag schaffen.

Unser Kernproblem ist: Ein niedriges Wachstum geht
mit einer zu geringen Elastizität der Volkswirtschaft und
mit einer zu geringen Fähigkeit zur Absorption von Ver-
änderungen einher. Jede Veränderung draußen in der
Welt – Schwankungen des Wechselkurses oder der Öl-
preise – wirkt sich bei uns stärker als woanders auf das
System aus, weil unsere Volkswirtschaft im Vergleich zu
anderen Volkswirtschaften in Bezug auf Elastizität und
Fähigkeit zur Absorption von Veränderungen insgesamt
zu schwach ist.

Das hat etwas mit den Arbeitsmarktstrukturen zu
tun: Sie lassen betriebliche Bündnisse für Arbeit nicht
zu. Sie lassen nicht zu, dass die Beschäftigten, der Be-
triebsrat und die Unternehmensleitung bei einer Mehr-
heit von 75 Prozent eigene Wege finden können. Sie hal-
ten das Tarifkartell hoch, weil Sie Angst vor den
Gewerkschaften haben. Besser wäre es, den Arbeitneh-
mern im Betrieb – es geht um deren Job und deren Le-
bensperspektive – die Möglichkeit zu geben, selbst zu
entscheiden.


(Beifall bei der FDP)

Wir setzen dabei einen hohen Anspruch. Das alles wird
verweigert und anschließend wundern Sie sich, dass wir
nicht vorankommen.

Sie haben das ERP-Vermögen wieder angetastet. Ich
habe sowieso nicht verstanden, weshalb das Wirtschafts-
ministerium die Deutsche Ausgleichsbank aus der Hand
gegeben hat. Eigentlich dürfte mich das nicht wundern;
denn Ihr Vorgänger hat wirtschaftspolitische Themen
mit nicht allzu viel Tiefgang behandelt.


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht so arrogant, Herr Brüderle! Das macht keinen guten Eindruck!)


Sie lassen zu, dass Ihre Förderinstrumentarien schlei-
chend ausgehöhlt werden. In diesem Bereich kann man
etwas für den Mittelstand tun, der große Probleme hat.


(Volker Kröning [SPD]: Welche Anträge hat denn die FDP gestellt?)


Pro Jahr gibt es 50 000 bis 60 000 Konkurse. Wir strei-
ten uns über 30 000 fehlende Ausbildungsplätze in
Deutschland, müssen aber jährlich 60 000 Konkurse ver-
zeichnen. Wenn wir in einem Jahr diese Konkursquote
nicht hätten, hätten wir keine Probleme bei der Ausbil-
dungsplatzsituation. Das sind die wahren Zusammen-
hänge.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

In wenigstens einem Satz will ich exemplarisch sa-
gen, was der zweite Kernbereich ist. Dass Arbeitsplätze
durch Verlagerung verloren gehen, ist bei einer offenen
Wirtschaft und Strukturwandel nicht verhinderbar. Aber
es muss Neues entstehen. In Deutschland entsteht aber
kaum etwas Neues. Ich nenne nur die Gentechnik. Herr
Fischer hat es als hessischer Umweltminister fertig ge-
bracht, die Insulinproduktion bei den Farbwerken
Hoechst aus Hessen und aus Deutschland zu vertreiben.
Heute importieren wir künstlich hergestelltes Insulin für
die Therapie, weil es günstiger ist. Frau Künast ist ge-
rade dabei, durch ein Gentechnikverhinderungsgesetz ei-
nen Wachstumsbereich, in dem wir echte Chancen hät-
ten, neue Arbeitsplätze zu schaffen, neue Perspektiven
zu erreichen, kaputt zu machen. Sie arbeitet mit Studien
aus den 40er-Jahren über Maisanbau im Kaukasus und
ähnlich skurrilen Dingen – aus ideologischen Gründen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deshalb haben wir zu wenig Zukunftsperspektive. Des-
halb kommen wir nicht voran.

Wir legen Rückholprogramme für Wissenschaftler
auf. Machen Sie es doch gleich so, dass die Wissen-
schaftler hier bleiben, dass sie in Deutschland vernünftig
arbeiten können, dass neue Arbeitsplätze entstehen, dass
der Strukturwandel vernünftig bewältigt werden kann,
statt durch permanente Blockaden zu verhindern, dass
das, was bei uns an Perspektive möglich ist, umgesetzt
wird! Wir sind nicht blöder als früher. Wir sind nicht
fauler als früher. Wir sind in Deutschland falsch aufge-
stellt. Teil der falschen Aufstellung ist die Regierung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514202400

Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich dem

Kollegen Otto Fricke, FDP-Fraktion.

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben wohl alle keine Redezeit gekriegt, oder?)



Otto Fricke (FDP):
Rede ID: ID1514202500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen von

der Koalition! Wenn man vom werten Kollegen Kröning
zweimal angesprochen wird, muss man auch die Chance
erhalten, dazu kurz Stellung zu nehmen.

Herr Kollege Kröning – verehrter Kollege Kröning! –,

(Volker Kröning [SPD]: Ich höre zu!)


erstens zu der Frage, warum ich nicht rede. Meine Frak-
tion hat so großes Vertrauen in mich, dass sie mich diese
Woche sogar dreimal reden lässt. Es ist nicht notwendig,
dass ich zu jedem Haushalt rede. Was Sie gesagt haben,
ist also falsch.

Zweitens. Meine Fraktion hat großes Vertrauen in den
Kollegen Brüderle. Er sagt hier genau die richtigen und
notwendigen Sachen.

Drittens sind wir beide uns darüber einig, glaube ich,
Herr Kollege Kröning, dass Wirtschaftspolitik und






(A) (C)



(B) (D)


Otto Fricke

Arbeitsmarktpolitik nicht nur vom Haushalt, nicht nur
von nüchternen und trockenen Zahlen, sondern zu einem
großen Teil auch davon abhängig sind, welche Wirt-
schaftspolitik und welche Gesetze gemacht werden.


(Beifall bei der FDP)

Schließlich, Herr Kollege Kröning, habe ich von Ih-

nen gleich am Anfang Ihrer Rede gehört, dass Sie mich
hier sehr vermisst haben. Das finde ich sehr nett. Das
zeigt, dass wir unter uns Haushältern trotz aller Ausei-
nandersetzungen immer eine sehr starke Verbundenheit
haben.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Zeitschinderei!)


Aber es ist nicht nur Aufgabe des Haushälters, in den
Haushaltsdebatten da zu sein, Herr Kollege Kröning; es
ist auch Aufgabe des Haushälters, sich darum zu küm-
mern, dass der Haushalt in Ordnung kommt. Sie bemü-
hen sich gemeinsam mit Ihrem Koaltionspartner nicht
darum, einen verfassungsgemäßen Haushalt hinzube-
kommen. Sie bemühen sich nicht, den Haushalt 2004
verfassungsgemäß zu machen.


(Zuruf des Parl. Staatssekretärs Karl Diller)

– Herr Kollege Diller, wir schon. Ich kann Ihnen das di-
cke Buch noch einmal zum Lesen geben. Vielleicht fällt
Ihnen doch noch etwas ein. – Deswegen kümmert sich
die FDP-Fraktion gemeinsam mit der CDU/CSU-Frak-
tion darum, wie wir vernünftig und Haushältern gemäß
nach Karlsruhe gehen, um die Ausgaberitis, die Sie hier
wieder betreiben, endlich zu stoppen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514202600

Kollege Kröning, Sie haben das Wort zur Reaktion.

(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er muss auf so einen Schwachsinn nicht antworten!)



Volker Kröning (SPD):
Rede ID: ID1514202700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es steht

für uns beide fest, Herr Kollege Fricke, dass wir uns höf-
lich behandeln. Ich habe nicht Sie kritisiert; ich fühle
mich aber verpflichtet, Ihre Fraktion zu stellen.

Von Herrn Brüderle ist gesagt worden, dass unzulässi-
gerweise Förderprogramme gekürzt werden. Auf der an-
deren Seite aber verkündet Ihre Fraktion laut „FAZ“
vom heutigen Tag – die nenne ich nur beispielhaft –,
dass Sie weitere Einsparungen in Höhe von 5,6 Mil-
liarden Euro bei Zuwendungen, Zuschüssen und sonsti-
gen Titeln für realistisch halten.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ja!)

Das mag so allgemein sein, dass das niemand erkennt.
Ich will aber auf die Anträge eingehen, die Sie im Haus-
haltsausschuss gestellt haben. Ich bitte Sie, mir durch
wen auch immer – durch Sie, Ihren Fraktionsvorsitzen-
den oder den fabelhaften Herrn Brüderle, zu dessen Aus-
führungen mir nur noch der Satz einfällt: same proce-
dure as every year –


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

zu sagen, was Sie mit Ihrer Kritik an der gesetzlichen
und finanziellen Förderpolitik des Bundes gemeint ha-
ben. Im Haushaltsausschuss haben Sie Kürzungen vor-
geschlagen, die nicht nur die Förderprogramme Pro Inno
und Inno-Watt betreffen, die ich vorhin erwähnt habe,
sondern zum Beispiel auch die Förderung von Existenz-
gründungen und Technologietransfer, die Förderung der
Innovationsfähigkeit von mittleren und kleineren Unter-
nehmen und die Förderung der Errichtung, Modernisie-
rung und Ausstattung von überbetrieblichen Fortbil-
dungseinrichtungen. Durch Kürzungen in diesen und
vielen weiteren Punkten sollen im Bereich der Mittel-
standspolitik nach Ihren Vorstellungen insgesamt
20 Prozent eingespart werden. Sie verhalten sich unauf-
richtig, wenn Sie diese Frage nicht aufklären.


(Beifall bei der SPD – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Wir verlängern die Debatte jetzt nicht mehr! Wir kommen darauf zurück!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514202800

Das Wort erteile ich Kollegin Anja Hajduk,

Bündnis 90/Die Grünen.


Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514202900

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

ren! Ich möchte vorab eine Bemerkung machen, die
nicht unmittelbar im Zusammenhang mit dieser Debatte
steht. Orange ist die Farbe der Opposition in der
Ukraine. Ich glaube, heute ist ein Tag, an dem wir mit
den Orangen auf unseren Plätzen in diesem Haus unsere
Solidarität mit der Opposition in der Ukraine zeigen
sollten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Von Abgeordneten der SPD werden orangefarbene Aktendeckel emporgehalten)


– Ich sehe, wir sind uns darüber in diesem Hause einig.
Wir können nur wünschen, dass der Kampf der Opposi-
tion um die Anerkennung ihres Erfolges auf friedliche
Weise gelingt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Nun zurück zum Haushalt: Der Haushalt des Bundes-
ministeriums für Wirtschaft und Arbeit ist der Haushalt
mit den größten Veränderungen auf der Ausgabenseite.
Das hängt hauptsächlich natürlich mit der sehr schwieri-
gen Situation, die wir auf dem Arbeitsmarkt haben, zu-
sammen. Es wurde hier schon erwähnt, dass die Zahl
von derzeit 4,5 Millionen Arbeitslosen aufgrund der sta-
tistischen Veränderungen im Winter möglicherweise in
Richtung 5 Millionen geht.






(A) (C)



(B) (D)


Anja Hajduk

Gerade da es aber der Haushalt mit den größten Ver-

änderungen ist, kann man am Umgang mit diesem Haus-
halt ablesen, wie überzeugend bzw. wie widersprüchlich
und hilflos die Änderungsvorschläge der Opposition
sind. Ich muss damit beginnen, weil hier von den Kolle-
gen Fuchtel und Brüderle Vorwürfe gegen uns erhoben
wurden. Der Kollege Fuchtel hat gesagt, die Union habe
den Mut zum rigorosen Sparen. Vielleicht genauso ge-
meint, aber in sich vollkommen widersprüchlich wirft
uns der Kollege Austermann vor, wir würden einen un-
seriösen Haushalt vorlegen, der nicht den Prinzipien von
Haushaltsklarheit und -wahrheit entspreche.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Richtig! – Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Da hat er Recht! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Er ist verfassungsunkonform! – Gegenruf des Abg. Klaus Brandner [SPD]: Schallplatte!)


Dazu sage ich Ihnen Folgendes: Wir haben in den
Haushaltsberatungen den Ansatz für den Arbeitsmarkt-
bereich nach oben korrigieren müssen, weil wir auf ein
Vermittlungsausschussergebnis reagieren mussten, für
das auch Sie die Verantwortung tragen. Demnach wer-
den die Kommunen um weitere 1,4 Milliarden entlastet
werden. Sie haben auch unsere Entscheidung gebilligt,
den Auszahlungstermin für das neue Arbeitslosengeld II
auf Januar zu legen. Das ist richtig, und das alles kostet
uns 2,2 Milliarden mehr. Schließlich haben wir den Etat
erhöht, weil es aufgrund der neuen wirtschaftlichen Da-
ten bezüglich des Gesamtvolumens für das Arbeits-
losengeld II im Jahre 2005 höhere Risiken gibt und weil
die Bundesagentur für Arbeit mehr Geld braucht. Wir
haben also für Haushaltswahrheit und -klarheit gesorgt,
indem wir den Ansatz um insgesamt 3,8 Milliarden er-
höht haben. Was machen Sie? Sie wollen einfach noch
2 Milliarden streichen. Sie schaffen damit allein im Ar-
beitsmarktbereich eine Risikolücke für das Ministerium
für Wirtschaft und Arbeit in Höhe von über 5 Milliarden.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Das ist in höchstem Maße fahrlässig und unseriös. Ich
würde sogar so weit gehen, zu sagen, das, was Sie hier
veranstalten, ist Betrug an der Öffentlichkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich will auch etwas zu dem so mächtigen Wort, Rot
und Grün mache arm und arbeitslos, sagen. Das ist eine
maßlose Unverschämtheit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Fuchtel, der Kollege Laumann aus Ihrer Fraktion
hat Sie zum Glück aufgefordert: Herr Fuchtel, sagen Sie
einmal, was wir beantragen. Darauf haben Sie geantwor-
tet: Wir wollen jetzt 1 Milliarde Euro bei der Arbeitslo-
senhilfe streichen, weil sich Rot-Grün damit nur ein
Polster anlegt. – Das ist eine maßlose Frechheit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Denn diese 1 Milliarde Euro wird – das war schon im-
mer so – als Dezembergeld für die Arbeitslosenhilfe-
empfänger im Januar etatisiert. Dieses Geld wollen Sie
einfach einkassieren. Den Mut, das mit einer gesetzli-
chen Änderung zu erwirken, haben Sie aber nicht. Sie
unterstellen uns, wir würden auf diese Weise ein Polster
schaffen. Aber wenn hier jemand die Leute arm machen
würde, dann die, die diesen Antrag durchsetzen würden,
und das sind Sie. Wir werden das jedoch nicht mitma-
chen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514203000

Frau Kollegin, gestatten Sie ein Zwischenfrage des

Kollegen Austermann?

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514203100

Wenn es denn der Erhellung der CDU/CSU dient,

gerne.

Dietrich Austermann (CDU):
Rede ID: ID1514203200

Frau Kollegin Hajduk, sind Sie bereit, erstens zur

Kenntnis zu nehmen, dass die Tatsache, dass die FDP
und wir Änderungsanträge zu diesem Haushalt gestellt
haben, nicht bedeutet, dass wir uns für den Haushalt ins-
gesamt für verantwortlich erklären, und zweitens, dass
wir gemeinsam in der letzten Sitzung des Haushaltsaus-
schusses 1,4 Milliarden Euro mehr zur Verfügung ge-
stellt haben, die zusätzliche Ausgaben für die Arbeitslo-
senhilfe im November und Dezember abdecken sollten,
dass wir nach dieser Entscheidung sagen, dass für die
Arbeitslosenhilfe im Januar – die Arbeitslosenhilfe hat
eine Rekordhöhe von 18,8 Milliarden Euro erreicht, weil
es noch nie so viele Langzeitarbeitslose gab – nicht noch
ein Betrag von 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung ge-
stellt werden muss, und dass wir den Betrag aus diesem
Grunde streichen wollten? Sind Sie bereit, das zur
Kenntnis zu nehmen?


Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514203300

Ich bin froh, dass Sie diese Frage stellen, denn ich

hoffe, dass Sie nach meiner Antwort verstehen, worum
es bei diesen 1,5 Milliarden Euro im Januar eigentlich
geht. Ich bin bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass Sie
der diesjährigen Nachveranschlagung für die Arbeitslo-
senhilfe zugestimmt haben.


(Otto Fricke [FDP]: Aber wir nicht!)

Aber die Arbeitslosenhilfe wird doch immer am Ende ei-
nes Monats gezahlt und im folgenden Monat etatisiert.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das ist Mogelei!)


Sie haben einem Betrag zugestimmt, der nur für die Zah-
lungen an die Arbeitslosenhilfeempfänger reicht, die
dem Monat November zuzuordnen sind.

Ich möchte nur, dass Ehrlichkeit in diese Debatte ein-
kehrt,


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das wird Zeit!)







(A) (C)



(B) (D)


Anja Hajduk

auch bei Ihnen. Dazu gehört, zu sagen, dass die Zahlung,
die im Januar etatisiert wird, sich auf die Zahlung für die
Arbeitslosenhilfeempfänger im Dezember bezieht. Wenn
Sie bei den Arbeitslosenhilfeempfängern keine tatsächli-
che Kürzung wollen, bitte ich Sie, zuzugeben, dass Sie
sich geirrt haben und Ihre Milliardenentlastung eine
Luftnummer ist. Dann sind wir uns einig.

Ich will Ihnen nur eines noch in Erinnerung rufen,
Herr Austermann, denn ich bin sehr für eine sachliche
Debatte. Ihre Zustimmung zu der Nachveranschlagung
bei der Arbeitslosenhilfe war richtig. Ich konnte aber
überhaupt nicht nachvollziehen, dass Sie sich bei der
Veranschlagung des Arbeitslosengeldes II ausgerechnet
bei der Entlastung der Kommunen bei den Unterkunfts-
kosten – Ergebnis des Vermittlungsausschusses –, bei
diesen zusätzlichen 1,4 Milliarden Euro, die Sie unbe-
dingt wollten, im Haushaltsausschuss enthalten haben.


(Zurufe von der SPD: Hört! Hört!)

Das ist völlig lächerlich. Ich finde, Sie sollten so viel
Gradlinigkeit besitzen, zu den Sozialreformen, denen Sie
zugestimmt haben, auch hier im Plenum zu stehen. Das
darf die Öffentlichkeit auch von einer Opposition erwar-
ten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514203400

Kollegin Hajduk, gestatten Sie eine Nachfrage des

Kollegen Austermann und dann eine weitere Zwischen-
frage des Kollegen Fuchtel?


Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514203500

Ja, es ist ja ein wichtiges Thema.


Dietrich Austermann (CDU):
Rede ID: ID1514203600

Frau Kollegin, ich sage es noch einmal: Dass wir zu

verschiedenen Punkten Änderungsanträge vorgelegt ha-
ben, bedeutet nicht, dass wir uns mit dem Gesamtkon-
zept von Hartz IV, wie es jetzt kalkuliert ist, einverstan-
den erklären. Deshalb haben wir uns an dieser Stelle
enthalten. Dass die Kalkulation bei Hartz IV vorne und
hinten nicht aufgeht, weiß inzwischen jeder. Sie selbst
haben an anderer Stelle gesagt, Sie sehen dort große Ri-
siken. Deswegen werden Sie sich nicht wundern, dass
wir uns – ich glaube, das können Sie verstehen und den
Menschen auch erläutern – an dieser Stelle enthalten ha-
ben. Sind Sie bereit, das zur Kenntnis zu nehmen?


Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514203700

Ich bin bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass Sie un-

sere Konzepte nicht mittragen wollen; denn es handelt
sich um schwere Entscheidungen, die Sie dann noch
konsequenter mitverantworten müssten. Ich gestehe Ih-
nen zu, dass Sie das nicht tun. Aber ich erlaube mir hier
auch, einen Widerspruch deutlich zu machen: Sie unter-
veranschlagen im Arbeitsmarktbereich, Ihre Haushalts-
planung enthält zu große Risiken und Sie wären dafür
verantwortlich, dass noch einmal 5 Milliarden Euro we-
niger dort etatisiert wären. Diesen Widerspruch haben
Sie zu verantworten. Ich lege Wert darauf, dieses hier
deutlich zu machen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514203800

Kollege Fuchtel.

Hans-Joachim Fuchtel (CDU):
Rede ID: ID1514203900

Meine erste Frage. Frau Kollegin Hajduk, sind Sie be-

reit, zur Kenntnis zu nehmen, dass meine Aussage, Rot-
Grün mache arm und arbeitslos, sich auf die Gesamtsitua-
tion bezieht, die aufgrund der hohen Zahl von Arbeits-
losen in unserem Land, sowohl in Ost als auch in West,
eingetreten ist? Darauf können Sie nicht einfach mit
Nein antworten. – Das ist meine erste Frage.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514204000

Herr Kollege Fuchtel, Sie müssen sich schon ent-

scheiden, ob Sie eine oder mehrere zusammenhängende
Fragen stellen wollen.


Hans-Joachim Fuchtel (CDU):
Rede ID: ID1514204100

Dann stelle ich noch eine zweite Frage. Sind Sie be-

reit, zur Kenntnis zu nehmen, dass in einem Schreiben
des Finanzministeriums – das ist die Ausschussdruck-
sache 15/2493 des Haushaltsausschusses – die über-
planmäßige Ausgabe in Höhe von rund 1,4 Milliarden
Euro damit begründet wird, dass der Bedarf für die Mo-
nate November und Dezember 2004 abgedeckt werden
solle?

In diesem Schreiben steht nicht, dass der Bedarf noch
höher liegt. Es wurde der Eindruck erweckt, dass mit
diesem überplanmäßigen Ausgabenbedarf der gesamte
zusätzliche Bedarf abgedeckt wird. Aber heute nehmen
Sie eine ganz andere Haltung ein. Im Übrigen wissen Sie
sehr wohl, dass alle Titel deckungsfähig sind. Oder ist
Ihnen das in diesen Minuten am Rednerpult entfallen?


Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514204200

Zur zweiten Frage. Herr Fuchtel, ich bin bereit, Ihnen

das in einem Vieraugengespräch außerhalb des Plenums
noch einmal zu erklären,


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

da Sie es offenbar immer noch nicht verstanden haben.


(Beifall der Abg. Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Zur ersten Frage möchte ich sagen: Ich bin durchaus
bereit, anzuerkennen, dass Sie sich mit unserer Politik
insgesamt nicht einverstanden erklären wollen. Das ent-
nehme ich Ihrer frechen Behauptung, unsere Politik ma-
che arm und arbeitslos. Ich stelle fest: Wenn es konkret
wird, dann verdrücken Sie sich. Das ist unredlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich möchte an dieser Stelle deutlich machen: Die
Politik von Rot-Grün im Bereich des Arbeitsmarktes ist






(A) (C)



(B) (D)


Anja Hajduk

gar nicht so einfach. Sie bedeutet nämlich Einschränkun-
gen, zum Beispiel Einschränkungen durch Hartz III und
Hartz IV. Es geht also nicht nur um die Zusammenle-
gung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe, sondern
auch – das habe ich schon erwähnt – um die Verkürzung
der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes auf maximal
12 bzw. 18 Monate. Das wird zu einer großen Entlastung
ab den Jahren 2007 und 2008 führen. Auch diese lang-
fristige Wirkung ist sehr wichtig; denn wir müssen auch
auf lange Sicht den Haushalt strukturell auf feste Füße
stellen.

Wir können heute lesen – das ist eine gute Nachricht –,
dass die Praxis der Frühverrentung zurückgegangen
ist. Es ist wichtig, dass wir in diesem Bereich umsteuern
und umdenken. Wir schaffen die Voraussetzungen – das
ist für uns eine große Herausforderung –, dass die Ver-
mittlungsbemühungen der Bundesagentur auch mit
Blick auf die Arbeitgeber intensiviert werden.

Ich möchte noch erwähnen, dass man heute schon
spüren kann, dass die Bundesagentur ihre Aufgabe, ihre
Haushaltsmittel effizient einzusetzen, sehr ernst nimmt.
Im Jahr 2004 gab es auf dem Arbeitsmarkt keine Entlas-
tung. Die Situation bleibt weiterhin sehr schwierig. Mit
Blick auf die Opposition möchte ich sagen: Wenn der
Bundesagentur wegen der schlechten Entwicklung auf
dem Arbeitsmarkt Mittel in Höhe von über 1 Milliar-
de Euro fehlen, dann ist es eine große Leistung – das
müssen auch Sie anerkennen –, dass sie durch Um-
schichtung der Ausgaben ungefähr mit den Mitteln aus-
kommt, die wir veranschlagt haben. Diese neue Politik
der Bundesagentur sollten wir alle würdigen. Sie ist
nicht einfach durchzusetzen; denn sie betrifft auch Maß-
nahmen für Arbeitslose, die an der einen oder anderen
Stelle nicht mehr so gefördert werden können wie früher.
Aber insgesamt muss man sagen, dass dies der richtige
Ansatz ist. Das muss einmal deutlich gesagt werden. Es
zeichnen sich auch schon Erfolge ab.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte jetzt auf die FDP eingehen. Bei der Bera-

tung dieses Haushaltes – auch Sie sagen, man brauche
Mut zum rigorosen Sparen – haben Sie nicht nur für den
Bereich des Arbeitsmarktes, wie ich finde, völlig un-
seriöse Sparvorschläge gemacht. Sie haben auch in dem
Bereich Förderung der Leistungs- und Wettbewerbs-
fähigkeit kleinerer und mittlerer Unternehmen und vor
allem auf dem Gebiet Forschung, Entwicklung und
Innovation im Bereich des Mittelstandes Kürzungsvor-
schläge mit einem Volumen von rund 130 Millionen
Euro vorgelegt.

Als Haushälterin habe ich gewiss Respekt davor,
wenn man auch bei Dingen, die man im Prinzip für gut
hält, um Einsparungen wirbt. Aber vorzuschlagen, Mit-
tel für Forschung, Entwicklung und Innovation in einem
Bereich, wo dies für unseren wirtschaftlichen Standort
wirklich wichtig ist, in einem solchen Ausmaß zu rasie-
ren, sich jedoch bei der Abschaffung der Eigenheimzu-
lage stur zu stellen, lässt darauf schließen, dass Sie im
Moment wirtschaftspolitisch ein großes Kompetenzloch
haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist unglaublich! – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sie haben es nicht begriffen!)


Das ist natürlich schwer für eine Partei, die immer für
den Mittelstand eingetreten ist.


(Abg. Rainer Brüderle [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Herr Brüderle, stellen Sie einen Kontakt zwischen Ih-
ren Haushältern und Ihren Wirtschaftspolitikern her!
Das müssen Sie bereinigen; das passt auf keine Kuhhaut.
Haben Sie mehr Mut beim Subventionsabbau!


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514204300

Kollegin Hajduk, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514204400

Nein. Ich möchte jetzt zum Schluss kommen.
Ich möchte zum Abschluss ein Wort zur Steinkohle

sagen; denn das ist der Subventionsabbaubereich, bei
dem Sie uns Vorwürfe machen. Dazu muss ich ganz
deutlich sagen: Sowohl der Vorschlag von der CDU/
CSU als auch der von der FDP, die in diesem Bereich ge-
währten Subventionen im nächsten Jahr einfach auf null
zu setzen, ist nicht ehrlich. Da gibt es gesetzliche Festle-
gungen.


(Beifall der Abg. Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir Grünen sind gewiss für eine stärkere Regression
der Steinkohlesubventionen. Aber ich sag Ihnen eines
– Herr Präsident, ich bin gleich fertig –: Wir machen ei-
nen realistischen und stärkeren Subventionsabbau. Nicht
nur die Summe reduziert sich. Wir haben vielmehr mit
unserem Koalitionspartner vereinbart, dass der Welt-
marktpreis, wenn er hoch bleibt, bei der nächsten Runde
der Kohlefinanzierung tatsächlich zusätzlich subven-
tionsmindernd wirken wird. Das sind realistische Pers-
pektiven für einen stärkeren Subventionsabbau.

Mehr Realismus, mehr Ehrlichkeit hat die Bevölke-
rung in so schweren Zeiten verdient. Sie bauen immer
nur Luftschlösser auf und verwenden kraftvolle Worte.
Wenn aber schwierige Dinge zu entscheiden sind, dann
schlagen Sie sich in die Büsche. Das ist traurig, aber lei-
der wahr.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514204500

Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich dem

Kollegen Rainer Brüderle.

Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1514204600

Kollegin Hajduk, nachdem Sie meine Zwischenfrage

nicht zugelassen haben, will ich auf diese Weise klarstel-
len: Wir alle reden seit Jahren über den Subventionsab-
bau.






(A) (C)



(B) (D)


Rainer Brüderle


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sehen so gelb im Gesicht aus!)

– Wenn ich Sie sehe, immer. Dann kommt mir alles
hoch. – Wir kommen aber trotz aller Diskussionen und
des Weltökonomen Kuhn seit Jahren im Subventionsab-
bau nicht voran.

Jetzt sagt die FDP: Wir müssen endlich in den Abbau
von Subventionen einsteigen. Dieser Abbau sollte quer-
beet um 20 Prozent erfolgen. Denn keiner kann behaup-
ten, dass er, wenn er nur noch über 80 Prozent der Mittel
verfügt, seine Aufgabe nicht mehr erfüllen kann. Es wird
nur gehen, indem Sie mit der Rasenmähermethode ein-
steigen. Der Subventionsabbau ist seit vielen Jahren ein
Ladenhüter. Deshalb wurde dieser Ansatz gewählt. Sie
können nicht so vorgehen, dass es an einer bestimmten
Stelle nicht sein darf. Wenn Sie in den Subventionsabbau
einsteigen, dann müssen Sie querbeet alle Subventionen
um 20 Prozent heruntersetzen.

Zur Eigenheimzulage. Die Eigenheimzulage gehört
im Rahmen einer vernünftigen Steuerreform abge-
schafft; das ist völlig richtig. Aber sie jetzt isoliert abzu-
schaffen, ohne gleichzeitig steuerlich zu entlasten, heißt,
dass Sie faktisch die Steuern erhöhen und der Not lei-
denden Bauwirtschaft, der es am schlechtesten von allen
Sektoren geht, noch einen Tritt draufsetzen.


(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie immer noch nicht verstanden!)


Reden Sie einmal mit der IG BAU oder mit anderen, die
etwas davon verstehen. Ein isolierter Abbau ohne eine
Entlastung ist eine Steuererhöhung.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


In einer Zeit, in der die Binnenkonjunktur seit vier
Jahren lahmt, Steuererhöhungen zu betreiben heißt, dass
Sie die Einführungsvorlesung in die Volkswirtschafts-
lehre nachholen müssen – vielleicht gemeinsam mit dem
Weltökonomen Kuhn, der immer durch große Originali-
tät glänzt.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514204700

Kollegin Hajduk.

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514204800

Herr Kollege Brüderle, ich bin überzeugt: Wir brau-

chen diese volkswirtschaftliche Vorlesung gar nicht, son-
dern – ich sage das noch einmal – mehr Ehrlichkeit in
dieser Debatte. Die Steuern werden zum 1. Januar nächs-
ten Jahres gesenkt. Daher besteht jetzt die Möglichkeit
– das sagen uns die Sachverständigen –, den Subven-
tionsabbau anzugehen. Das ist in der volkswirtschaftli-
chen Diskussion ganz unstrittig. Leider wollen Sie da
nicht mitmachen. – Das zur Eigenheimzulage. Hier kann
man natürlich unterschiedlicher Meinung sein, wenn
man von dieser Zulage überzeugt ist.

Jetzt möchte ich noch etwas zum Subventionsabbau
sagen; denn Sie haben gerade gesagt, man müsse Mut
zur Rasenmähermethode im Haushalt haben. Wenn Sie
meinen Worten nicht folgen wollen, dann nehmen Sie
doch wenigstens Ihren eigenen Antrag ernst, den Sie die-
sem Hause im Sommer vorgelegt haben. Darin haben
Sie ein Subventionsabbaugesetz vorgeschlagen, in dem
es in erster Linie darum ging, alle steuerlichen Subven-
tionstatbestände, damit auch die Eigenheimzulage, abzu-
schaffen. Sie haben die sofortige Abschaffung dieser
Steuersubventionen gefordert. Darüber hinaus hieß es,
wenn es Subventionen geben soll, dann höchstens als be-
fristete und degressive Finanzhilfen.

Wir steuern um, wir geben Finanzhilfen, befristet und
degressiv. Wir werben bei Ihnen für Ihr Mitmachen im
Bundesrat, wir werben für den Steuervergünstigungsab-
bau. Sie müssen sich Ihren Antrag noch einmal verge-
genwärtigen, Sie sollten ihn auch dem Kollegen
Westerwelle zeigen; denn er hat das in der gestrigen De-
batte ganz anders dargestellt.

Nehmen Sie sich doch selber ernst! Dann kommen
wir einen Schritt voran. Damit wäre auch dem Haushalt
gedient.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514204900

Das Wort zu einer weiteren Kurzintervention erteile

ich dem Kollegen Wolfgang Gerhardt.

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die FDP muss von dieser Rede schon getroffen sein!)



Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP):
Rede ID: ID1514205000

Zur Erläuterung, damit wir nicht dauernd im Disput

stehen, ohne dass jemand Gelegenheit erhält, dazu län-
gere Ausführungen zu machen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr hattet doch Redezeit!)


Der Mittelstand, Herr Kröning, verlangt nicht per-
manente Finanzhilfen und Zuweisungen. Der Mittel-
stand verlangt eine klare Wettbewerbschance durch
Steuersenkungen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deshalb ist der Kern der Mittelstandsförderung nicht das
Programm, das Sie über Finanzhilfen und Dienstleistun-
gen bei hohen Steuersätzen vorsehen. Wir wollen die
Steuern senken und dem Mittelstand Wettbewerbs- und
Chancengerechtigkeit durch niedrigere Steuern geben.

Das Gleiche gilt für die Forschungslandschaft. Der
deutschen Forschungslandschaft helfen finanzielle Zu-
wendungen allein nicht, ihr wäre durch eine Autonomie
der Hochschulen,


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


durch eine klare Deregulierung, durch die Eröffnung von
Forschungschancen in Deutschland auf Märkten, die die
Grünen bisher völlig blockieren, geholfen.






(A) (C)



(B) (D)


Dr. Wolfgang Gerhardt

Deshalb ist der Kern Ihrer Einwendungen an uns,

Frau Kollegin Hajduk und Herr Kollege Kröning, völlig
verfehlt.


(Gerd Andres [SPD]: Quatsch!)

Wir wollen den Subventionsabbau und Einsparungen im
Haushalt, um Spielräume für Steuersenkungen zu er-
möglichen, damit sich die Beschäftigungsdynamik ent-
falten kann.


(Beifall bei der FDP)

Sie beschränken sich auf kleines Karo, nahezu auf Pe-
pita,


(Volker Kröning [SPD]: Völlig irreal, was Sie sagen!)


auf dem ich nicht Schach spielen kann, wenn ich volks-
wirtschaftliche Zusammenhänge bewerte.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514205100

Kollegin Hajduk.


Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514205200

Ich will das nur kurz kommentieren. Wir stehen dazu,

dass wir den Schwerpunkt der staatlichen Förderung auf
den Bereich Forschung und Innovation setzen. Auch Sie
sind dafür, bestimmte Dinge staatlich zu unterstützen.
Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie in diesem Bereich, ins-
besondere für den Mittelstand, der es schwer hat, eigene
Forschungsinitiativen allein voranzubringen, Absenkun-
gen wollen. Ich glaube, es ist für Sie im Moment schwie-
rig,


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Überhaupt nicht!)


hier öffentlich dazu stehen zu müssen, dass Sie in die-
sem Forschungs- und Entwicklungsbereich einen über-
proportionalen Eingriff vornehmen wollen. Ich halte
diese überproportionale Absenkung für falsch und bin
sehr dafür, dass Rot-Grün bei der Unterstützung der In-
novationsfähigkeit unserer Gesellschaft vorangeht und
nicht bei alten Hüten bleibt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Belassen Sie das vorher bei ihnen! Erst wollen Sie es abnehmen und dann zurückgeben!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514205300

Nun erteile ich dem Kollegen Arnold Vaatz, CDU/

CSU-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1514205400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten

Sie mir eingangs einen Satz zur Ukraine. Es ist uns
– das erkläre ich namens meiner Fraktion – genauso wie
der Fraktion der Grünen ein Anliegen – ich nehme an,
das gilt für alle Fraktionen in diesem Haus –, dass es die
demokratischen Kräfte in der Ukraine erreichen, dass die
Verhältnisse in der Ukraine nicht wieder so werden, wie
sie vor dem Fall des Eisernen Vorhangs in Europa wa-
ren. Dafür haben sie unsere Solidarität.


(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Ich halte es für richtig, dass wir das auch optisch durch
eine Orange zum Ausdruck bringen. Orange ist die
Farbe der Hoffnung in der Ukraine, es ist im Übrigen
auch die Farbe der CDU.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Hoffnung?)


Ich möchte Sie von der Koalition aber auch daran er-
innern, dass Sie den Bundesaußenminister stellen. Wir
erwarten vom Bundesaußenminister, dass er zu dieser
Situation klare Worte äußert. Dem sollte auch eine allzu
enge Männerfreundschaft zu Politikern einer anderen
Partei nicht im Wege stehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Kommen wir zum Einzelplan Wirtschaft und Arbeit.

Diese Aussprachen dienen ja immer einer grundsätz-
lichen Verständigung über die Regierungspolitik. In die-
sem Zusammenhang möchte ich Sie zunächst einmal an
ein Wahlversprechen erinnern. Die SPD hat im Jah-
re 1998 den Wahlkampf mit der klaren Zielsetzung ge-
führt, die Arbeitslosigkeit in Deutschland signifikant
abzusenken. Insbesondere wir in Ostdeutschland haben
auf diese Ankündigung Hoffnungen gesetzt. In Ost-
deutschland waren die Chancen für eine Absenkung der
Arbeitslosigkeit damals auch gar nicht so schlecht. Denn
es gibt ja in Ostdeutschland gleichzeitig das dramatische
demographische Problem, das darin besteht, dass we-
sentlich mehr ältere Arbeitnehmer aus dem Arbeitspro-
zess ausgeschieden sind, als junge in ihn eingetreten
sind. Wenn also die Zahl der Arbeitsplätze in Ost-
deutschland nur konstant geblieben wäre, hätten wir
schon mit einer leichten Entspannung rechnen können.
Heute, sechs Jahre danach, müssen wir feststellen: Es ist
nichts, aber auch gar nichts von dieser Versprechung, die
Arbeitslosigkeit in Deutschland signifikant zu senken,
eingelöst worden.


(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Leider, leider ist das wahr!)


Das ist leider die Realität. Es nützt nichts, wenn das ver-
drängt wird; es nützt nichts, wenn beispielsweise der
Herr Bundeskanzler gestern – ich habe ganz genau zuge-
hört – über die Lage in Ostdeutschland und über die im
Vergleich zum Westen doppelt so hohe Arbeitslosigkeit
überhaupt kein einziges Wort verliert. Ich denke, das ist
eine Provokation und ein Stück Realitätsverweigerung.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Kurt J. Rossmanith [CDU/ CSU]: Und Realitätsverlust!)







(A) (C)



(B) (D)


Arnold Vaatz

Es wäre eigentlich vom gesunden Menschenverstand

her zu erwarten, dass man sich im Haushalt des Bundes-
ministers für Wirtschaft und Arbeit dieser Lage annimmt
und dass aus diesem Haushalt heraus Impulse gegeben
werden, die Wege aus diesem Dauerdilemma weisen und
vielleicht auch den Menschen im Osten ein Stück weit
Hoffnung geben, dass sie im Vergleich zu den Menschen
im Westen etwas stärker aus dem Dilemma der Arbeits-
losigkeit herauskommen. Das Problem ist, dass ich sol-
che Impulse – da bin ich nicht allein; auch die Kollegen
von der FDP sind dieser Ansicht – nicht erkennen kann.
Es ist wiederum ein Reparaturhaushalt, in dem nicht die
Frage nach dem Aufwuchs von neuen Arbeitsplätzen in
den Mittelpunkt gestellt wird, sondern in dem man sich
der Verwaltung von Dauerarbeitslosigkeit widmet.

Im Übrigen haben sich die Aussichten in Ostdeutsch-
land auch nicht durch Hartz IV verbessert. Ich sage Ih-
nen heute von dieser Stelle aus: Im nächsten Jahr werden
wir feststellen,


(Gerd Andres [SPD]: Das ist noch gar nicht in Kraft getreten!)


dass durch die Einführung von Hartz IV in Ostdeutsch-
land keine zusätzlichen Arbeitsplätze geschaffen worden
sind.


(Gerd Andres [SPD]: Das tritt doch erst im Januar in Kraft! – Volker Kröning [SPD]: Schwarzmalerei!)


Das prognostiziere ich hier. In einem Jahr werden wir
uns ja bei dieser Gelegenheit wieder sehen.

Im Übrigen haben Sie auch die Randbedingungen zur
Umsetzung von Hartz IV in Ostdeutschland keineswegs
günstig gestaltet. Ich darf nur daran erinnern, dass die
Kommunen oder die Landkreise, die optieren werden,
dadurch teilweise finanziell so überfordert werden, dass
sie hinterher trotz der Kompensation schlechter dastehen
werden als vorher. Das hängt mit der Art der Verteilung
dieser 1 Milliarde Euro Kompensation zusammen, die
sich ganz stark zulasten der ostdeutschen Kommunen,
die optieren werden, auswirken wird.


(Klaus Brandner [SPD]: Quatsch! – Volker Kröning [SPD]: Schwarzmalerei!)


– Das ist keine Schwarzmalerei; vielmehr werden Sie se-
hen: Das ist die Realität. Wer sich schon so oft getäuscht
hat wie Sie, der sollte mit Vorwürfen wie „Schwarzmale-
rei“ sehr vorsichtig sein.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir alle wissen, dass es kein Patentrezept gibt, um die
Lage in Ostdeutschland schlagartig zu verbessern; das
sagen uns auch die Wirtschaftsforschungsinstitute.

Herr Clement, Ihr Kollege Stolpe denkt laut darüber
nach, wie er Wachstumskerne schaffen kann; das ist mei-
nes Erachtens falsch. Schaffen soll die Regierung keine
Wachstumskerne, sondern Rahmenbedingungen dafür,
dass Wachstumskerne entstehen und sich entwickeln
können; das ist die richtige Denkweise.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Genau diese Rahmenbedingungen sind in Ostdeutsch-
land nicht optimal. Dafür will ich Ihnen ein Beispiel
nennen: die Energiepolitik. Die sächsischen Grünen ha-
ben im letzten Landtagswahlkampf mit dem Slogan auf
sich aufmerksam gemacht, dass sie den Ausstieg aus der
sächsischen Braunkohleverstromung wollen. Dieser
Bereich ist in Ostdeutschland allerdings einer der ganz
wenigen Anker für Dauerbeschäftigung. Diese These
verfängt außerdem nur in Städten, in denen man zu den
Bedingungen in den weiter abseits gelegenen Regionen
gar keine richtige Bindung mehr hat. Ganz abgesehen
davon sage ich Ihnen Folgendes: Das Problem ist, dass
der Ausstieg aus der ostdeutschen Braunkohleverstro-
mung tatsächlich vorprogrammiert ist, zwar nicht kurz-
oder mittelfristig, aber langfristig.

Aus welchen Gründen? Der erste Grund ist, dass es
weiterhin bei der marktverzerrenden Bevorzugung der
rheinischen Steinkohle durch Subventionszahlungen
bleiben wird. Dadurch werden die Marktchancen verrin-
gert.

Der zweite Grund ist, dass die Brennstoffbezogenheit
bei der Zuteilung von Verschmutzungslizenzen laut Na-
tionalem Allokationsplan abgelehnt worden ist. Was be-
deutet das? Das bedeutet, dass der naturgemäß geringere
Wirkungsgrad bei der Verstromung von ostdeutscher
Braunkohle für diese wettbewerbsverschärfend zu Bu-
che schlagen wird. Jetzt können wir zwar bis zum Ende
der Abschreibungsdauer der neuen und nach höchsten
Umweltstandards gebauten Kraftwerke mit der Braun-
kohleverstromung rechnen. Aber es wird nicht den ge-
ringsten Anreiz dafür geben, diese Art der Energiege-
winnung über diesen Zeitraum hinaus fortzusetzen und
neu zu investieren. Das wird nicht geschehen.

Der dritte Grund ist, dass Sie den Preislevel der in
Deutschland erzeugten Energien durch die Vergütung für
die Einspeisung von alternativen Energien so weit nach
oben drücken, dass wir mittelfristig sowieso nicht kon-
kurrenzfähig sein werden.


(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Ich sage nur: Windräder!)


Hinzu kommen noch die Kosten, die Sie werden aufbrin-
gen müssen, um aus der Nutzung der Kernkraft auszu-
steigen und sie zu substituieren. Für all das haben Sie
keinerlei Vorkehrungen getroffen. Das wird unsere Wirt-
schaft, im Osten wie im Westen, im Mark treffen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Meine Damen und Herren, die Wirtschaft erwartet
von Debatten wie dieser klare Signale. Das von Ihrem
Haushalt ausgehende Signal bedeutet für die ostdeutsche
Wirtschaft keine freie Fahrt; denn die Mittel für Ost-
deutschland werden um fast 400 Millionen Euro gekürzt.
In diesem Betrag eingeschlossen sind 155 Millionen
Euro für die Verbesserung der regionalen Wirtschafts-
struktur sowie 7 Millionen Euro für die Förderung des






(A) (C)



(B) (D)


Arnold Vaatz

Absatzes ostdeutscher Produkte. Die Mittelstandsförde-
rung ist seit 1998 um insgesamt 50 Prozent zurückge-
gangen,


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ein Skandal ist das! Ein echter Skandal!)


obwohl Sie immer betonen, dass der Mittelstand der
größte Hoffnungsträger unserer Wirtschaft ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Mindeste, was in den neuen Ländern bzw. in

ganz Deutschland gebraucht wird, ist Planungssicher-
heit. Allerdings habe ich gelesen, dass Sie in Ihren Haus-
halt eine globale Minderausgabe in Höhe von 65 Millio-
nen Euro einstellen werden.

Herr Clement, erinnern Sie sich bitte an die Argu-
mente für den Tanz um die Auszahlung der GA-Mittel in
diesem Jahr: Auch dieses Argument war dabei. Ich be-
schwöre Sie: Nutzen Sie dieses Argument nicht noch
einmal, um den Auszahlungsprozess zu verzögern. Am
Ende sehen wichtige Unternehmen von ihrer Absicht, in
Ostdeutschland zu investieren, ab.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ein wichtiger Punkt der Planungssicherheit ist auch
die Frage, wie es mit dem Solidarpakt weitergeht. Dazu
kann ich Ihnen nur sagen: Wir brauchen eine Spezifizie-
rung der zugesagten Solidarpaktmittel in Höhe von
156 Milliarden Euro. Diese Mittel dürfen nicht zur Dis-
position gestellt werden – und das können sie, solange
sie nicht spezifiziert sind. Dass die Sorge um Kürzungen
berechtigt ist, zeigen die Kürzung der GA-Mittel und die
schleichende Kürzung des Plafonds für die Investitions-
zulage von 2,34 Milliarden Euro 2004 und auf rund
600 Millionen Euro 2005. Beide Förderinstrumente,
Herr Clement, sind wesentliche Bestandteile des Soli-
darpaktes.

Aus Zeitgründen kann ich jetzt nicht mehr auf einen
weiteren Punkt eingehen, der uns sehr am Herzen liegt.
Alles das, was Sie im Haushalt vorsehen, ist nicht mit ei-
ner plausiblen Weichenstellung für die Reduzierung von
Bürokratie und die Verkürzung von Genehmigungsver-
fahren verknüpft. Sie haben mit der Verlängerung des
Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes um ein
Jahr einen ordentlichen Ansatz gemacht. Das reicht aber
nicht aus und das wissen Sie auch ganz genau: Sie wis-
sen, was wir für Planungszeiten haben. Wir brauchen für
die gesamten Planungen Dispositionssicherheit und auch
für Anschlussplanungen, die sich aus vorhergehenden
Planungen ergeben. Ich bitte Sie also, setzen Sie endlich
Zeichen, damit wenigstens die Bürokratie und die Zähig-
keit der Genehmigungsverfahren in Ostdeutschland ein
bisschen zurückgehen, sodass wieder etwas stärkere
Hoffnung auf einen Aufwuchs von Infrastruktur und da-
mit ermöglichte neue Arbeitsplätze entsteht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514205500

Ich erteile dem Bundesminister für Wirtschaft und

Arbeit, Wolfgang Clement, das Wort.
Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft

und Arbeit:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich grüße

Sie sehr herzlich. Ich bin dieser Debatte sehr aufmerk-
sam gefolgt. Ich bin sehr dankbar für das, was in den
Ausschüssen und auch heute zu den Haushaltsberatun-
gen beigetragen worden ist. Ich habe teilweise erregende
Beiträge gehört,


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Kröning!)


beispielsweise von Ihnen, Herr Kollege Brüderle, dem
rheinland-pfälzischen Ökonomen. Ich habe Ihren Bei-
trag zur Eigenheimzulage aufmerksam verfolgt, wie Sie
sie begründet haben: auch mit den strukturellen Proble-
men, unter denen die Bauwirtschaft derzeit leidet. Fällt
Ihnen dabei nicht auf, dass Sie der Kohle im Grunde ge-
nommen das gleiche Argument widmen müssten?


(Rainer Brüderle [FDP]: 40 Jahre!)

Wenn Sie sich etwas aus Rheinland-Pfalz herausbewe-
gen, nach nebenan, ins Saarland oder nach Nordrhein-
Westfalen, in eine Bergbauregion, in eine Bergbaustadt,
dann sehen Sie, wie die Bergbauförderung, die finan-
zielle Unterstützung der Kohleförderung


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Aufwächst!)


für den Mittelstand dort – das geht auch an die Adresse
von Herrn Gerhardt, der über den Mittelstand gespro-
chen hat – von ausschlaggebender Bedeutung ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Otto Fricke [FDP]: Dann könnten wir genauso gut noch Kutschen bauen!)


Im Übrigen, Herr Kollege Brüderle, würde ich Sie gerne
darauf hinweisen, dass wir mit dem radikalen Zurück-
fahren der Subventionen für den Steinkohlebergbau


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Stimmt ja gar nicht!)


genau auf der Linie weiterfahren, die 1997 von meinem
Amtsvorgänger, Herrn Kollegen Rexrodt, vereinbart
worden ist. Auf diesem Wege fahren wir die Subven-
tionen zurück. Wenn in allen Bereichen, einschließlich
der Eigenheimzulage, so verfahren würde, wären wir mit
dem Subventionsabbau heute wesentlich weiter.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir wären dann aus der allgemeinen Phraseologie he-
raus. Das ist ja das, was einem so auffällt: einerseits
diese Phraseologie und andererseits das Handeln. Ich
sehe jetzt gerade Herrn Kollegen Gerhardt nicht, der von
Steuersenkungen und von den radikalen Schnitten, die
die FDP vornehmen wollte, gesprochen hat. Sie haben
viel Zeit gehabt zu solchen Schritten.


(Jörg van Essen [FDP]: Das ist doch an den Ministerpräsidenten Ihrer Partei gescheitert!)







(A) (C)



(B) (D)


Bundesminister Wolfgang Clement

Wir werden ab Januar einen Eingangssteuersatz von

15 Prozent haben; das ist der niedrigste Steuersatz in der
Geschichte der Bundesrepublik. Weil von Mittelstand
die Rede ist: Wir werden einen Spitzensteuersatz von
42 Prozent haben, der gerade für die – mittelständi-
schen – Personengesellschaften von großer Bedeutung
ist. Deshalb empfehle ich Ihnen, das in aller Ruhe zu be-
trachten und auch Ihre eigene Phraseologie an den Fak-
ten, für die Sie selbst Verantwortung tragen und die
heute geschaffen werden, zu messen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: Die Kohlebeihilfe steigt!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514205600

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Brüderle?
Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft

und Arbeit:
Das scheint jetzt zur Gewohnheit zu werden. Bitte

sehr, Herr Präsident.

Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1514205700

Herr Minister, sind Sie bereit, mir zuzustimmen, dass

der einzige wesentliche Schritt zum Abbau der Kohle-
subventionen von der Vorgängerregierung und Ihrem
Vorvorgänger, Herrn Rexrodt, gemacht wurde?

Dies geschah damals trotz heftiger Gegendemonstra-
tionen. Lafontaine und Joseph Fischer sind Hand in
Hand mit den Kumpels gegen den Abbau der Steinkoh-
lesubventionen marschiert. Ihr Vorgänger hat die Lauf-
zeit ausdrücklich verlängert, um jetzt bei der
Ruhrkohle AG als Vorstandsvorsitzender die Subventio-
nen weiter verwalten zu können.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft

und Arbeit:
Herr Kollege Brüderle, die letzte Bemerkung be-

trachte ich als Erfüllung Ihrer Pflichtaufgabe.
Ich erinnere mich sehr gut an die Verhandlungen mit

meinem Amtsvorvorgänger, Herrn Rexrodt. Ich selbst
habe damals nämlich nicht demonstriert, sondern in aller
Seriosität mit ihm verhandelt. Wir haben einen vernünf-
tigen Weg zum Rückbau der Kohle bis heute gefunden.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Jetzt geht es wieder hoch!)


Genau nach diesem Prinzip, das damals unter anderem
von mir mit Herrn Rexrodt verhandelt worden ist – die-
ses wird bis heute umgesetzt und das setzen wir bis zum
Jahr 2012 fort –, handeln wir.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das stimmt nicht!)


Wir bewegen uns also völlig in der Logik des Weges,
den mein Amtsvorvorgänger, Herr Kollege Rexrodt, be-
schritten hat.


(Waltraud Lehn [SPD]: Wir lösen Probleme!)

Ich betrachte das als außerordentlich vernünftig. Sie
sollten dies auch tun.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kollege Vaatz, Sie haben sehr ruhig und sehr
eindringlich über die Lage in Ostdeutschland gespro-
chen. Zum Ersten. Wir wollen in Ostdeutschland so wie
in Westdeutschland vorankommen, indem wir insgesamt
ein wirtschaftliches Wachstum in einer nennenswerten
Größenordnung erzielen. Die isolierte Betrachtung von
Ostdeutschland müssen wir überwinden.


(Beifall des Abg. Otto Fricke [FDP])

Zum Zweiten. Ich weiß nicht, weshalb Sie die Wachs-

tumskerne, die es in Ostdeutschland inzwischen gibt,
einfach ignorieren. Das kann nicht in Ihrem und erst
recht nicht im sächsischen Interesse liegen. Ich nehme
das, was Sie sagen, sehr ernst.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es gibt kaum eine Region – erst recht nicht in Sachsen –,
in der nicht neue Wachstumsimpulse und Wachstums-
möglichkeiten von den Menschen und Unternehmen vor
Ort geschaffen worden sind. Sie müssen davon ausge-
hen, dass ich inzwischen ganz gut damit vertraut bin.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Gute Landesregierung!)


Wir tun gut daran und wir werden auch weiterhin gut da-
ran tun, diese Wachstumskerne zu fördern. Natürlich tun
wir dies nicht, indem wir andere Bereiche des Landes
– zum Beispiel den landwirtschaftlichen Bereich, also
die landwirtschaftlichen Regionen – außer Acht lassen.
Wir tun dies, indem wir auf die Wachstumsmöglichkei-
ten, die dort erarbeitet worden sind, setzen und dies fort-
führen.

Im Übrigen: Lassen Sie uns ein bisschen von der Dis-
kussion über Subventionen wegkommen und über einen
vernünftigen Zugang zu diesen Themen sprechen. Dann
wird beispielsweise klar werden, dass die Kapital-
marktbedingungen in Ostdeutschland wie in West-
deutschland nicht gut genug sind. Deshalb bereiten wir
zurzeit eine Kapitalmarktkonferenz in Ostdeutschland
vor. Dies werden wir – das tun wir auch jetzt schon – in
verschiedenen Regionen Westdeutschlands ebenfalls
tun. Wir werden uns mit der Kreditwirtschaft zusam-
mensetzen und sie fragen: Wie sieht es mit den Krediten
und mit der Möglichkeit der Eigenkapitalbildung aus
und was können die KfW-Gruppe, die hier sehr viel tut,
die Sparkassen und die Kreditwirtschaft dazu beitragen?
Die eigentlichen Fragen, die in Ostdeutschland gestellt
und beantwortet werden müssen, sind Fragen zu Unter-
nehmensgründungen, zum Risikokapital und zum Eigen-
kapitalaufbau. Wir werden sie beantworten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In dem Entwurf des Einzelplans sind für 2005
38 Milliarden Euro vorgesehen. Das sind 3,7 Milliar-
den Euro mehr, als wir bei der Einbringung des Haus-
halts veranschlagt hatten.


(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: So ist es!)







(A) (C)



(B) (D)


Bundesminister Wolfgang Clement

88 Prozent davon – das sind 33,3 Milliarden Euro – sind
Ausgaben für den Arbeitsmarkt. Das ist ein gewaltiges
Volumen. Um die Probleme am Arbeitsmarkt überwin-
den zu können, setzen wir aber noch mehr ein.

Auch an diesen nackten Zahlen – sehr viel mehr na-
türlich an den Schicksalen der Menschen – wird die Not-
wendigkeit von grundlegenden Reformen am Arbeits-
markt und von Wachstum deutlich.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Aha!)

Wir brauchen in Deutschland Wachstum und Reformen,
durch die dieses Wachstum gefördert wird.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ja!)

Wie ist die Stimmungslage in Deutschland? Sie ist

so, wie sie hier heute Morgen auf bilderbuchhafte Weise
deutlich geworden ist: himmelhoch jauchzend, zu Tode
betrübt. Sie finden das überall in Deutschland. Vor zwei
Tagen wurden neue Daten von Unternehmen, von
Privatbanken und vom Institut der deutschen Wirtschaft
veröffentlicht. Die „Financial Times“ brachte vor zwei
Tagen die Schlagzeile „Deutschland dümpelt in der Kon-
junkturflaute“. Morgen werden wir das bei den Ifo-Ge-
schäftsdaten wiederfinden.


(Rainer Brüderle [FDP]: Heute schon!)

Am selben Tag schrieb das „Handelsblatt“: „Stimmung
in der deutschen Wirtschaft wird besser“.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Auf welchem Niveau denn?)


Das charakterisiert uns. Herr Kollege Fuchtel, ich habe
es Ihnen schon einmal gesagt: Sie müssen es aushalten,
dass es in Deutschland noch einen Rest an zuversichtli-
chen Menschen und Optimisten gibt. Ich gehöre dazu.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie wollen, dass das ganze Land zu Tode betrübt ist, mit
gesenktem Haupt herumläuft und nur noch auf die Stie-
felspitzen schaut.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Realismus wollen wir!)


Nein, das machen wir nicht. Wir setzen darauf, dass die
Situation besser wird, und wir können sie auch verbes-
sern.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wie ist die Lage? Aus den vorliegenden Daten kann
jeder etwas anderes herauslesen. Wir streiten ja heute in
Deutschland – das ist unsere Fähigkeit – über die Wachs-
tumsprognosen. Liegen sie ein Zehntel höher oder nied-
riger? Verschätzt sich Clement um ein Hundertstel?


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ein Hundertstel? 1 Prozent!)


Ist das nicht wieder ein gebrochenes Versprechen, wenn
er sich um ein Zehntel verschätzt hat? Das ist die
Kampflage und die Art und Weise, wie heute in
Deutschland diskutiert wird.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Um 1 bis 2 Prozent daneben!)


Ich sage Ihnen: Die Stagnation ist vorbei. Wir sind auf
dem Weg, die Wachstumsschwäche zu überwinden. Es
geht aufwärts und es wird auch weiter aufwärts gehen;
darauf können Sie sich verlassen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514205800

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Hinsken?

Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft
und Arbeit:

Mit dem größten Vergnügen.

(Heiterkeit bei der SPD – Gerd Andres [SPD]: Laternen-Hinsken!)



Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1514205900

Herr Minister, wie bewerten Sie die Aussage des Prä-

sidenten des Bundesrechnungshofes – ich möchte darauf
verweisen, dass er ein Genosse und damit ein Freund
von Ihnen ist –:

Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft
und Arbeit:

Das weiß ich gar nicht.


Ernst Hinsken (CSU):
Rede ID: ID1514206000

„Die Schieflage ist so extrem, dass es einem den

Atem verschlägt.“ – Das sagt doch alles. Das widerlegt
das, was Sie gerade zum Besten gegeben haben. Das gibt
mir zu denken. Ich glaube ihm das, weil er das sehr in-
brünstig vorgetragen hat.

Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft
und Arbeit:

Es ist gut, wenn Ihnen die Äußerung des Bundesrech-
nungshofpräsidenten, den ich übrigens nie nach seiner
Parteizugehörigkeit gefragt habe, zu denken gibt. Mir
gibt es zu denken – das ermutigt mich aber auch –, dass
der Sachverständigenrat, deren einzelne Mitglieder ich
auch nie nach ihrer Parteizugehörigkeit gefragt habe, die
Politik der Bundesregierung so positiv beurteilt, wie er
das gerade getan hat.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Sie alle reden Deutschland schlecht!)


Sie müssen sehr weit in die Vergangenheit schauen, bis
Sie ein Gutachten des Sachverständigenrates finden, in
dem die Arbeit der Bundesregierung so gut und so posi-
tiv beurteilt wird, wie das jetzt der Fall ist.






(A) (C)



(B) (D)


Bundesminister Wolfgang Clement


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: Sie haben wohl nur die erste Seite gelesen!)


Schauen Sie sich ruhig alle verschiedenen Äußerun-
gen an. Herr Hinsken, ich kann Sie doch nicht daran hin-
dern, dass Sie aus den verschiedenen Äußerungen das
herausfiltern, was Sie gerne haben möchten. In Bayern
möchten Sie gerne jubeln und hier wollen Sie gerne zu
Tode betrübt sein. Ich werde Sie nicht davon abhalten
können, dass Sie so sind, wie Sie sind.


(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich kann aber alle dazu ermutigen, die Kräfte in
Deutschland zu bündeln und zu verstärken. Diese Kräfte
zeigen sich in einer Weise in der Exportwirtschaft, wie
es in der Geschichte der Bundesregierung fast noch nie
der Fall gewesen ist. Das Exportwachstum wird in die-
sem Jahr wahrscheinlich real 11 bis 12 Prozent betragen.
Ich war gerade in Bangkok und habe dort an der Asien-
Pazifik-Konferenz der deutschen Wirtschaft teilgenom-
men. Dort waren mit 800 deutschen Unternehmen noch
nie so viele deutsche Vertreter. Das Ansehen der deut-
schen Wirtschaft und der Bundesrepublik Deutschland
ist nie besser als heute gewesen.


(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Doch!)

An diese Performance, wie wir heutzutage sagen, kommt
keine andere Volkswirtschaft heran. Keine andere Volks-
wirtschaft der Welt exportiert mehr als die Bundesrepu-
blik Deutschland, Herr Kollege Hinsken.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Realitätsverlust!)


Es ist ein Grund, glücklich zu sein, wenn man an die-
sem Punkt ist. Ich habe mir gesagt: Mensch, könnte ich
alle 800 Vertreter mit in den Deutschen Bundestag neh-
men, damit diese sagen, wie gut die deutsche Wirtschaft
ist, dann würden Sie das vielleicht für einen Tag akzep-
tieren, auch wenn Sie unterstellen, dass das nichts mit
der rot-grünen Regierung zu tun hat. – Vielen Dank für
die Frage.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zurzeit bestehen noch ein paar Unsicherheiten, wobei
sich die Lage auf dem Ölmarkt allmählich entspannt,
was aber nicht für unsere Währung gilt. Wir werden das
sehr aufmerksam zu beobachten haben. Es ist sehr wich-
tig, dass es nicht nur Anzeichen für Bewegung gibt, son-
dern dass sich die Investitionen im Inland verstärken,
was sich im vergangenen Quartal in einem deutlichen
Plus bei den Ausrüstungsinvestitionen gezeigt hat. Es
spricht viel dafür, dass die Dinge in Gang kommen.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Optimist!)

Der private Konsum hingegen ist die Achillesferse

der Konjunktur. Seit dem Jahresende 2002 sinkt der pri-
vate Verbrauch und stagnierte im dritten Quartal. Das
kann auf Dauer auch nicht durch den stärksten Export-
boom ausgeglichen werden. Vielmehr macht uns dies für
außenwirtschaftliche Schocks anfällig, sei es in Gestalt
von Ölpreissteigerungen, sei es in Gestalt von Kursan-
stiegen. Wir brauchen beides: Wir brauchen einen exzel-
lenten Auftritt der deutschen Wirtschaft – ihre Wettbe-
werbsfähigkeit war noch nie besser –, die durch den
Export zum Wachstum beiträgt. Wir brauchen zugleich
mehr Robustheit und mehr Schutz vor außenwirtschaft-
licher Verwundbarkeit. Dazu gehört ein gewisses Wachs-
tumspotenzial, an dem wir arbeiten müssen.

Das geht nur mit mehr Dynamik auf den heimischen
Güter- und Dienstleistungsmärkten. Das geht nur, wenn
wir bei geringerem Wachstum mehr Beschäftigung
schaffen, und das geht nur, wenn wir entsprechende Re-
formen in Deutschland in Gang setzen, die auch den
Bürokratieabbau umfassen. Ich habe Ihre Aussagen ge-
hört, dass der Bürokratieabbau schwierig ist. Es lohnt
sich übrigens, einmal nachzulesen, welche Maßnahmen
zum Bürokratieabbau auf den Weg gebracht worden
sind.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Was haben Sie denn gemacht?)


Ich bin heute Morgen aus Brüssel zurückgekommen.
Dort haben wir Diskussionen unter anderem zu diesem
Thema geführt. Wir kämpfen in Brüssel um jede ein-
zelne Vorschrift. Das gleicht manchmal einem Häuser-
kampf. Wahrscheinlich waren Sie von der Opposition
auch an manchen Vorschriften beteiligt, die dort entstan-
den sind. Ich jedenfalls bin daran beteiligt gewesen. Wir
haben entschieden, dass von 300 Vorschriften, die dort
geprüft worden sind, 15 geändert werden.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Geändert oder abgeschafft?)


Das geschieht Schritt für Schritt. Sie können mich dafür
kritisieren, wie Sie wollen, aber ich werde weiterma-
chen. Von diesen 15 Vorschlägen stammen sechs aus
Deutschland. Wir sind auf der Gewinnerstraße.


(Beifall bei der SPD – Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Streichen Sie doch Vorschriften in Deutschland!)


Ich weiß, dass man sich dabei die Hörner abstoßen
kann. Das braucht mir keiner zu erklären. Ich habe aber
Sie alle, die Sie davon reden, nie gesehen, als es darum
ging, Bürokratie abzubauen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Machen Sie einfach mit! Herr Austermann, als Sie Ver-
antwortung hatten, haben Sie das nicht getan. In den
Ländern, in denen Sie Verantwortung haben, tun Sie es
auch nicht.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: In Niedersachsen, in Hessen, überall wird es doch gemacht!)


Herr Kollege Vaatz, das gilt übrigens auch für Sie in
Ostdeutschland. Sie wenden sich immer an den Bund.
Die eigentliche Verwaltungshoheit liegt bei den Län-
dern. Bei der Reduzierung von Verwaltungsvorschriften,
beim Thema Abschaffung von Überbürokratisierung und






(A) (C)



(B) (D)


Bundesminister Wolfgang Clement

Überreglementierung muss vor allen Dingen in den Län-
dern mehr Tempo gemacht werden. Es gibt auch in Ost-
deutschland genügend Bürokratie und Fehlentwicklun-
gen. Ich will gar nicht über die Verwendung der Mittel
aus dem Solidarpakt reden. Es gibt genügend zu tun. Ich
kann uns nur alle auffordern, etwas zu tun.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514206100

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Vaatz?
Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft

und Arbeit:
Sehr gerne.

Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1514206200

Herr Minister, Sie erinnern sich sicher noch an die

Zeit, in der Sie als Staatskanzleichef der Regierung von
Nordrhein-Westfalen in die Verhandlungen über das
Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz einbe-
zogen waren.

Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft
und Arbeit:

Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz. Das sagt
über uns alles.


(Heiterkeit bei der SPD)


Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1514206300

Ich freue mich, dass Sie sich durch Verwendung der

Vokabel „uns“ zum ersten Mal einbeziehen.
Herr Clement, ist Ihnen noch in Erinnerung, wie da-

mals die Konstellation gewesen ist und wer damals ver-
sucht hat, dieses Gesetz im Bundesrat zum Scheitern zu
bringen? Kennen Sie die Namen der entsprechenden
Ministerpräsidenten?


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Sind unter diesen Ministerpräsidenten Ostdeutsche ge-
wesen?

Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft
und Arbeit:

Das ist mir nicht in Erinnerung.

(Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Das kann ich mir vorstellen! – Abg. Arnold Vaatz [CDU/CSU] nimmt wieder Platz)


– Wir beide müssen jetzt stehen bleiben und das tapfer
durchhalten.

Sie sind mir vor allen Dingen aus diesen Diskussio-
nen noch bekannt. Wir beide waren damals Chefs der je-
weiligen Staatskanzleien. Sie waren einer der jungen,
dynamischen, aufstrebenden Leute. Ich war schon älter.
Mir ist das alles noch bekannt. Ich weiß, dass wir damals
Fehler gemacht haben. Selbstverständlich.

(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Aha!)

Ich würde gerne einmal mit Ihnen über die Fehler dis-

kutieren, die von allen gemacht worden sind. Ich war an
ziemlich vielen Verhandlungen dieser Art beteiligt, am
Vertrag zur deutschen Einheit und allem, was dazu ge-
hört.

Natürlich haben wir Fehler gemacht, unter anderem
den, dass wir das komplette Rechtssystem und damit
auch die Verwaltungsordnung Ostdeutschland überge-
stülpt haben. Das war damals Gegenstand der Diskus-
sion. Da war Herr Schäuble übrigens auf der richtigen
Seite. Wir haben das damals falsch entschieden. Ich
könnte aber auch andere Dinge anführen, die von Herrn
Schäuble und anderen falsch beurteilt worden sind. Das
wissen wir heute alle und korrigieren das.

Entscheidend ist doch: Wenn wir für das Verkehrswe-
geplanungsbeschleunigungsgesetz einen anderen Namen
finden könnten, wäre es gut. Es ist aber richtig und wich-
tig, wir sollten es um mehr als ein Jahr verlängern und
auf ganz Deutschland ausdehnen. Das ist meine Ansicht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Dann machen Sie es doch!)


Jetzt verlängern wir es erst einmal um ein Jahr. Das ist,
wie Sie zu Recht gesagt haben, ein Fortschritt. Der Fort-
schritt ist eine Schnecke. Wir werden den Weg weiter
gehen.

Zu den Reformen gehört die soziale Grundsiche-
rung für Arbeitsuchende. Das ist ein radikaler System-
wechsel, ein Schritt zur neuen Gerechtigkeit von För-
dern und Fordern, von Leistung und Gegenleistung und
von Rechten und Pflichten. Sie kennen das alle. Zurzeit
beschäftigt viele Menschen, dass wir die soziale Grund-
sicherung einführen. Es gibt viele, gerade in den Reihen
der FDP, die bezweifelt haben, dass das geht.

Wir sind zurzeit dabei, das EDV-System einzuführen.
Das betrifft etwa 3 Millionen Menschen. Wir, auch ich,
haben versprochen, dass jeder, der berechtigt ist und den
Antrag rechtzeitig stellt, Anfang Januar eine Leistung
bekommt. Dabei bleibt es. Wir haben jetzt eine Rück-
laufquote von über 85 Prozent. Es sind von etwa
2,6 Millionen Anträgen über 50 Prozent in das System
eingegeben. Etwa 700 000 Leistungsbescheide sind be-
reits versandt worden.

In der Presse wurde über technische Probleme berich-
tet. Das wird gleich als Chaos bewertet, für das die Bun-
desregierung bzw. ich die Verantwortung tragen. Dabei
verläuft die Einführung eines neuen EDV-Systems – sei
es auch bei der kleinsten Zeitungsredaktion; ich war sei-
nerzeit selber daran beteiligt – niemals ohne technische
Probleme. So ist es auch in diesem Fall. Dadurch ist es
zu Verzögerungen gekommen, aber wir liegen im Zeit-
plan. Wir machen Fortschritte und kommen voran.

Probleme gibt es noch im Zusammenhang mit dem
Antragsrücklauf bei den kommunalen Trägern. 310 Trä-
ger sind befragt worden; der Antragsrücklauf beläuft
sich bisher auf durchschnittlich etwa 70 Prozent. Bei






(A) (C)



(B) (D)


Bundesminister Wolfgang Clement

etlichen kommunalen Trägern sind es bisher weniger als
50 Prozent. Die Spreizung liegt bei den kommunalen
Trägern zurzeit zwischen 15 und 100 Prozent. Ich habe
die Bitte, dass jeder, der die Möglichkeit dazu hat, vor
Ort mit den kommunalen Behörden, den Arbeitsgemein-
schaften und den Agenturen spricht, damit es vorangeht.

Gehakt hat es, wie gesagt, bei der Software. Wir ha-
ben aber Verbesserungen erzielt. Die BA und T-Systems
haben eine schnelle Eingreiftruppe eingesetzt, die dafür
sorgt, dass die Probleme vor Ort erfasst und möglichst
gelöst werden. Wir werden bis zum großen „Big Bang“
Anfang Januar durch organisatorische Maßnahmen in
den einzelnen Ämtern Hilfe leisten. Vor Ort wird im
Mehrschichtbetrieb und an Wochenenden gearbeitet.
Gestern sind 84 000, 74 000 und 73 000 Fälle sind in
den letzten drei Tagen im System erfasst worden. Es
wird also mit Hochdruck gearbeitet. Darauf weise ich in
aller Ruhe hin.

Ich möchte an dieser Stelle allen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern der Bundesagentur und der Kommu-
nen, die allen Widrigkeiten zum Trotz Großes leisten,
meinen herzlichen Dank aussprechen.


(Beifall bei der SPD)

Es geht um die größte Sozialreform in der Geschichte

der Bundesrepublik und wir sind darauf angewiesen,
dass die Menschen, die dafür Mitverantwortung tragen,
mitwirken. Das tun sie und dafür danke ich ihnen noch-
mals.

Wie Sie wissen, sind wir zurzeit dabei, die Zusatzjobs
und den „Arbeitsmarkt im Aufbruch“ vorzubereiten. Wir
werden in diesem Bereich der Eingliederung, insbeson-
dere auch der Zusatzjobs, die landläufig als 1-Euro-Jobs
bezeichnet werden, bereits in diesem Jahr mindestens
100 000 Maßnahmen – wahrscheinlich sind es sogar
noch mehr – durchführen. Diese Zahl wird dann noch
deutlich steigen.

Herr Kollege Brüderle, Sie sprechen immer wieder
davon, dass diese Maßnahmen nichts an der Arbeitslo-
sigkeit ändern und nur aus statistischen und sonstigen
Gründen durchgeführt würden. Das geht an der Sache
vorbei. Tatsache ist, dass diese Maßnahmen notwendig
sind, weil wir damit fast 1 Million Menschen aus der So-
zialhilfe holen und konzentriert in die Arbeitsvermitt-
lung bringen. Selbstverständlich sind stufenweise Über-
gänge notwendig, um, wenn irgend möglich, die
Menschen in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Das ist
unverändert unser Ziel und es geschieht in Ostdeutsch-
land wie in Westdeutschland.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich bin davon überzeugt, dass wir Erfolge erzielen
werden. Das zeigt sich übrigens auch am Ausbildungs-
markt und am Ausbildungspakt. Herr Müntefering hat
dies gestern bereits dargestellt. Mit Stand vom
21. Oktober mussten noch rund 25 000 junge Leute ver-
sorgt werden. Die Zahl der zur Verfügung stehenden An-
gebote ist hingegen größer als 25 000.
Ich schätze, dass wir in diesem Monat die Zahl der zu
Vermittelnden erneut um etwa 10 000 senken konnten.
Ich bin fest davon überzeugt, dass jedem und jeder, die
zurzeit noch keinen Ausbildungsplatz haben, ein Ange-
bot gemacht werden kann, und zwar entweder bezogen
auf einen betrieblichen oder außerbetrieblichen Ausbil-
dungsplatz oder auf eine Einstiegsqualifikation. Für Ein-
stiegsqualifikationen stehen 25 000 Plätze zur Verfü-
gung, von denen noch kaum welche vergeben worden
sind. Diese Plätze sollten genutzt werden.

Ich glaube, dass wir mit dem Ausbildungspakt einen
ausgesprochen guten und vernünftigen Weg gegangen
sind. Es ist sehr wichtig, dass wir diesen Erfolg verspre-
chenden Weg weiterverfolgen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte noch darauf hinweisen, Herr Kollege
Vaatz, dass mit dem Haushalt bei der Gemeinschaftsauf-
gabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“
mit rund 700 Millionen Euro, die überwiegend den
neuen Ländern zugute kommen, für Stabilität gesorgt
wird – dafür bin ich sehr dankbar – und dass wir die
Rückflüsse – das ist in den Ausschussberatungen meines
Wissens unter Mitwirkung aller so beschlossen wor-
den –, das heißt die Rückzahlungen aus abgerechneten
Projekten, nicht nur begrenzt, sondern in voller Höhe zur
Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen zur Verfü-
gung stellen können. Auch dafür bin ich sehr dankbar. Es
schafft sehr viel mehr Spielraum, als auf den ersten
Blick zu erkennen ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich freue mich über die Verpflichtungsermächtigun-

gen für die Entwicklung des Airbus 350 und eines Trieb-
werks für Regionalflugzeuge. Auch das sind wichtige
Schritte.

Ich begrüße es auch, dass wir uns über die Wett-
bewerbshilfen für den Schiffbau verständigen konnten.
Dabei gehen wir langsam, aber sicher zu einer Innova-
tionsförderung über. Dies ist für uns und den weiteren
Prozess außerordentlich wichtig.

Ich freue mich, dass Stellen für die Regulierungsbe-
hörde ausgebracht worden sind. Das ist der Vorgriff auf
die Regulierung des Gas- und Strombereiches im
Netz, die kommen muss. Meine Bitte von hier aus ist,
auf diesem Gebiet zu einer Verständigung zu kommen
– vielleicht sogar ohne den Vermittlungsausschuss –, um
das Ziel, das wir uns vorgenommen haben, zu erreichen.
Wir wollen so rasch wie möglich den Vorgaben folgen
und eine Regulierung in Deutschland in Gang bringen,
damit auch in den Strom- und Gasnetzen ein echter
Wettbewerb stattfinden kann.

Meine Damen und Herren, in einer solchen Debatte
ist es sehr schwer, eine Übersicht über alles zu geben,
was geschieht und was getan werden muss. Unser Ziel
ist selbstverständlich, auf allen Feldern zu konsolidieren.
Dazu brauchen wir die Reformen in der Bundesrepublik.
Unser Ziel ist es, Steuern zu senken; das tun wir. Unser
Ziel ist eine Senkung der Lohnnebenkosten; das ist in






(A) (C)



(B) (D)


Bundesminister Wolfgang Clement

Gang, insbesondere durch die Maßnahmen im Bereich
der Gesundheitskosten. Wir müssen den Arbeitsmarkt in
Ordnung bringen und es gibt nichts Wichtigeres – das
wissen Sie alle – als die Einführung der sozialen Grund-
sicherung, die unter dem Schlagwort Hartz IV zusam-
mengefasst wird.

Ein weiteres wichtiges Vorhaben ist der Bürokratie-
abbau. Nicht weniger wichtig ist die Föderalismusre-
form, damit wir auch im Staat zwischen Bund, Ländern,
Städten und Gemeinden handlungsfähig werden. Ich
weiß aus den Diskussionen um Hartz IV – alle, die daran
beteiligt waren, wissen das –, wie schwierig es ist, unter
den gegenwärtigen von uns selbst im Laufe der Jahr-
zehnte geschaffenen föderalen Bedingungen auf diesem
Gebiet zu vernünftigen Lösungen zu kommen.

Auf eines will ich noch hinweisen, Herr Kollege
Brüderle, weil das bei Ihnen jedes Mal zu kurz gesprun-
gen ist: Die Mittel und Kräfte, die wir dadurch frei be-
kommen, brauchen wir für Schulen und Hochschulen,
für Bildung, Wissenschaft und Forschung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deshalb müssen Sie jetzt den Weg frei machen durch
eine Reduzierung der Mittel für den Eigenheimbau.
Das ist auch wichtig für meinen Haushalt. Ich setze da-
rauf, dass letztlich doch die Vernunft siegt und wir zu ei-
nem Schritt kommen, der nachhaltig wirksam ist.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Mit 95 Millionen werden Sie doch überhaupt gar nichts bewegen, Herr Minister! Sie täuschen doch bewusst die Öffentlichkeit!)


Sie und die von Ihnen regierten Länder wissen doch,
dass das auch im Interesse der Länder ist. Ich kann mir
nicht vorstellen, dass es Ihnen auf Dauer gelingt, von
hier aus zu entscheiden, was zum Wohle der Länder ist.
Jedenfalls erinnere ich mich noch sehr gut an meine Zeit
als Ministerpräsident.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das waren schlimme Zeiten für Nordrhein-Westfalen!)


Ich hätte mir das, was Sie den Ländern mit Ihrer Blocka-
dehaltung zumuten, nicht gefallen lassen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Also: Bewegen Sie sich, meine Damen und Herren!
Wir alle müssen uns bewegen. Wir verlangen von den
Menschen und von den Unternehmen, dass sie sich be-
wegen. Wir haben deutliche Anzeigen dafür, dass es bes-
ser wird.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wenn sich die Bundesregierung doch mal bewegen würde!)


Machen Sie sich keine Hoffnungen! Sie werden mit dem
Versuch, eine Trübsalstimmung in Deutschland zu er-
zeugen, scheitern. Verlassen Sie sich darauf!


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir setzen darauf, dass sich die Dinge ändern, und
wir tun alles dafür. Wir brauchen, wie der amerikanische
Botschafter gesagt hat, einen emotionalen Turnaround in
Deutschland. Machen Sie dabei mit! Stehen Sie nicht
immer rum und nörgeln – das hat keinen Zweck –, son-
dern sehen Sie zu, dass wir vorankommen!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Steffen Kampeter [CDU/ CSU]: Das war eine schlechte Rede!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514206400

Ich erteile das Wort Kollegin Gudrun Kopp, FDP-

Fraktion.

Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1514206500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren und Da-

men! Sehr geehrter Herr Minister Clement, wir stehen
nicht herum, sondern wir bewegen uns mehr, als Ihnen
lieb ist.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Sie vertreten sich die Beine!)


Wir haben Ihren Hilferuf an die Opposition, wir mö-
gen Ihnen doch helfen bei den Aufgaben, die Sie einfach
nicht geregelt bekommen, sehr wohl gehört. Wir haben
allerdings schon jede Menge Konzeptionen vorgelegt
und Reformvorschläge gemacht; Sie sind diese schuldig
geblieben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich sage Ihnen in dieser Haushaltsdebatte noch ein-
mal: Der Wirtschaftsetat ist zu 85 Prozent ausgebucht
durch Arbeitsmarktmaßnahmen. Es bleibt kaum noch
ein Spielraum. Bei dem, was Sie beim verbleibenden
Rest zu tun haben, versagen Sie vollkommen. Das ist
heute Morgen klar geworden.

Unser Hauptproblem ist die Bewältigung der
Arbeitslosigkeit. An dieser Bewältigung arbeiten Sie
nicht genügend; das ist defizitär. Sie versuchen mit Ihrer
Rede, dem Deutschen Bundestag Opium zu geben.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Ja!)

Die Wirkung ist jedoch gleich null, weil Sie nicht die
notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, die Voraus-
setzung für wirtschaftliches Wachstum und Arbeit sind.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Steffen Kampeter [CDU/ CSU]: Der Gewöhnungseffekt des Opiums!)


Ich finde es sehr bezeichnend, dass Sie mit keinem
Wort erwähnt haben, was in Deutschland schief läuft.
Ich nenne als Beispiel die Energiepolitik. In den Jahren
von 1998 bis 2004 wurden die Ausgaben für den priva-
ten Stromverbraucher durch Steuern, Abgaben, Aufla-
gen, Umlagen – EEG und KWK – um 64 Prozent erhöht,
ganz zu schweigen von der energieintensiven Industrie.
Sie begehen hier eine Verfehlung.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr gut!)







(A) (C)



(B) (D)


Gudrun Kopp

Sie reagieren nicht und schauen hilflos zu, wie Ihr Um-
weltminister Energiepolitik betreibt. Sie stehen rum und
sind bewegungslos.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Steffen Kampeter [CDU/ CSU]: In Ostwestfalen-Lippe!)


– Richtig, auch in Ostwestfalen-Lippe.
Der Bürokratieabbau ist nur heiße Luft. Es steckt

nichts dahinter.
Lassen Sie mich noch ein Wort zum Abbau der Stein-

kohlesubventionen sagen. Dies ist ja ein ewig Ding, bei
dem wir nicht vorankommen. Mein Kollege Brüderle hat
vollkommen Recht: Die FDP bemüht sich seit Jahren um
eine Beendigung dieser Subventionen, und zwar ab
2005. Wir wollen keine Fortführung der Steinkohlesub-
ventionen bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag.

Herr Clement, ich finde es bezeichnend – Sie haben
heute Morgen nichts dazu gesagt –, dass Sie
16 Milliarden Euro, die für die getroffene Anschlussre-
gelung für den Zeitraum von 2006 bis 2012 benötigt
werden, noch nicht einmal rechtlich abgesichert haben.
16 Milliarden Euro für Steinkohlesubventionen!


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: 2,2 Milliarden pro Jahr! Die EU hat noch nicht zugestimmt!)


Auf welcher Basis haben Sie eigentlich diese Vereinba-
rung getroffen? Sie haben zwar im Haushalt 2005 Vor-
sorge für die erste Rate getroffen. Aber was soll danach
geschehen?


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Nichts!)

Auf welcher rechtlichen Grundlage bzw. mit welcher
Berechtigung, meinen Sie, können wir weiter die Ver-
gangenheit finanzieren? Die betroffenen Arbeitnehmer
wissen längst, was die Stunde geschlagen hat. Sie auf
eine Beendigung der Steinkohlesubventionen vorzube-
reiten ist unumgänglich. Hier haben Sie komplett ver-
sagt.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514206600

Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1514206700

Ich komme zum Schluss.
Völlig versagt haben Sie beim ERP-Sonderver-

mögen. Sie gehen an die Mittelstandsförderung heran,
obwohl die dafür vorgesehenen Mittel nicht bundeseigen
sind. Vielmehr handelt es sich um ein Sondervermögen
aus dem Marshallplan,


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr wahr! Das wird jetzt geplündert!)


das bei Existenzgründungen helfen soll, Eigenkapital
aufzubauen. Sie lassen es zu, dass Herr Eichel das ERP-
Sondervermögen als Steinbruch nutzt, um Milliarden für
den Schuldenabbau zu transferieren. Aber auch das wird
nichts mehr nutzen.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Plünderer!)

Sie lassen jedenfalls die mittelständische Wirtschaft

wieder einmal bluten. Darüber haben Sie allerdings kein
Wort verloren. Erzählen Sie uns nicht, dass die Lage
prima sei! Sie ist tatsächlich katastrophal. Aber Sie ste-
hen beiseite und schauen tatenlos zu. Das ist eine
Schande.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514206800

Frau Kollegin, Sie haben Ihre Redezeit schon verdop-

pelt.

(Zurufe von der SPD: Oh!)



Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1514206900

Zum Schluss halte ich noch einmal unser Sparbuch

hoch. Wir sind fleißig. 12,5 Milliarden Euro Einsparun-
gen. Machen Sie mit! Folgen Sie dem FDP-Beispiel!

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1514207000

Ich erteile das Wort Kollegen Werner Schulz, Frak-

tion des Bündnisses 90/Die Grünen.
Werner Schulz (Berlin) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-

NEN):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen von der FDP, wenn es um die
Kohlesubventionen geht, vergessen Sie mit regelmäßiger
Hartnäckigkeit, dass Sie, als Sie mutig eine Subvention
hätten kürzen können – Ende der 90er-Jahre sollte der
Kohlepfennig abgeschafft werden, weil das Bundesver-
fassungsgericht es nicht mehr zuließ, ihn mit der Strom-
rechnung zu erheben –, dafür gesorgt haben, dass die
Einnahmen aus dem Kohlepfennig zusätzlich in die
Steinkohlesubventionen fließen. Das ist eine Altlast, die
wir heute noch abzutragen haben.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: 16 Milliarden Euro draufgesattelt! – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Nicht abgebaut! Reden Sie doch nicht!)


So viel zum Mut der FDP, Kohlesubventionen abzu-
bauen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte mich an der Kurvendiskussion darüber,

wie viel Wachstum wir im nächsten Jahr erreichen wer-
den – die Bandbreite reicht von 1,4 über 1,6 bis zu
2 Prozent –, nicht unbedingt beteiligen; denn es ist mü-
ßig, über die Stellen hinter dem Komma zu diskutieren.
Fakt ist auf jeden Fall: Es gibt Wachstum und es liegt
tendenziell etwa im Durchschnitt der letzten zehn Jahre.






(A) (C)



(B) (D)


Werner Schulz (Berlin)


Der eine oder andere mag das für nicht ausreichend hal-
ten. Man kann sich sicherlich mehr vorstellen. Aber ich
befürchte, dass wir ein höheres Wachstum nicht so
schnell erzielen können. Deswegen ist es realistisch, mit
den prognostizierten Wachstumsraten zu rechnen und
sich darauf einzustellen.

Es ist klar, dass wir damit allein die Arbeitslosigkeit,
das Hauptproblem in unserem Land, nicht bewältigen
können. Deswegen brauchen wir – auch über Hartz IV –
arbeitsmarktpolitische Flankierungen. Auf diesem Ge-
biet werden wir allerdings noch die eine oder andere
Verbesserung vornehmen müssen.

Erfolgreich ist die deutsche Wirtschaft – Erfolge gibt
es zweifellos in der Außenwirtschaft, noch nicht so bei
der Bewältigung der Probleme und Herausforderungen
der Binnenkonjunktur; das besagt auch das Gutachten
des Sachverständigenrats. Gewisse Risiken bestehen
durch die Schwäche des Dollars und durch das doppelte
Defizit in den USA. Die damit verbundenen Lasten ha-
ben natürlich alle europäischen Länder zu tragen. Darauf
hat Frau Merkel gestern hingewiesen. Sie hat rhetorisch
gefragt: Wieso liegen wir dann an letzter Stelle?

Der Nationalfeiertag wurde wacker verteidigt. Übri-
gens haben auch wir wenig davon gehalten, den 3. Okto-
ber zum kalendarischen nationalen Wandertag zu ma-
chen. Das gilt auch für die fiskalische Begründung der
Verschiebung dieses Feiertags. Es hätte viele gute politi-
sche Gründe gegeben, den 9. November als Nationalfei-
ertag auszurufen. An diesem Tag ist in unserer Schick-
salsnation manches zusammengekommen: Demut und
Stolz auf die errungene Demokratie, aber auch Scham
wegen des Absturzes in die Barbarei.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wollen Sie jetzt einen zusätzlichen Feiertag?)


All das ist innerhalb von 150 Jahren passiert.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)

Frau Merkel und auch Herr Merz haben etwas verges-

sen. Herr Merz hat in seiner Rede ein surrealistisch an-
mutendes Bild eines kleinen Kindes mit einem Mühl-
stein um den Hals gemalt – das war fast wie ein Goya-
Gemälde – und so versucht, darzustellen, was wir den
künftigen Generationen aufbürden. Sie haben allerdings
vergessen, dass wir die Lasten, die Hypotheken, die Ver-
werfungen der deutschen Einheit nach wie vor als Trans-
ferleistung schultern, und das sind immerhin 4 Prozent
des Bruttoinlandsprodukts.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Für uns ist die Einheit keine Last! – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Was hätten Sie denn da anders gemacht?)


– Herr Kampeter, ich kann Ihnen ganz klar sagen, was
wir anders gemacht hätten: Wir hätten nicht auf Pump fi-
nanziert. Wir hätten nicht zugelassen, dass die Lohnne-
benkosten in die Höhe getrieben werden; sie sind um
mehr als 7 Prozent gestiegen. Noch heute sind 4 Prozent
der Lohnnebenkosten durch die deutsche Einheit be-
gründet. Das kostet Arbeitsplätze in Ost und in West.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Die Drittelfinanzierung ist doch richtig gewesen! Woher hätte man das Geld denn nehmen sollen?)


Durch Ihre Politik kam es zu Überkapazitäten in der
Bauindustrie, was heutzutage konjunkturelle Schwierig-
keiten hervorruft.

Von den industriellen Kernen, die die Treuhand schaf-
fen wollte, ist doch nichts übrig geblieben. Erst heute
sind im Osten allmählich Cluster zu erkennen. Das ist
mit Wirtschaftsförderung und übrigens auch mit neuen
Ansätzen der Strukturförderung erreicht worden. Sie
haben sich an dieser Stelle also wirklich nicht zu be-
schweren. Im Gegenteil: Sie haben einen Großteil dazu
beigetragen, dass wir diese Lasten heute zu tragen ha-
ben.

Es gibt sicherlich viele Gründe, sich über Kostensen-
kungen und über Kostenoptimierung am Standort
Deutschland den Kopf zu zerbrechen; schließlich muss
man die inneren Probleme lösen. Man sollte aber zur
Kenntnis nehmen, dass wir keine Basarökonomie haben.
Es ist eine Unterstellung, dass die Wertschöpfung über-
wiegend oder nur noch im Ausland stattfindet und dass
in Deutschland nur noch die Endmontage erfolgt. Im Ge-
genteil: Es ist der deutschen Wirtschaft durch ihre relativ
gute Wettbewerbsfähigkeit gelungen – das sagt der
Sachverständigenrat ganz klar –, die internationale Ar-
beitsteilung für sich gewinnbringend zu nutzen. Das un-
terscheidet unsere Wirtschaft von der früherer Jahre, als
ganze Industriezweige wie die Unterhaltungselektronik
verschwunden sind.

Dennoch gibt es vernünftige Gründe, die Kosten zu
senken. Ich habe allerdings etwas dagegen, wenn das mit
einer ideologischen Offensive, sprich: mit der Forderung
nach einer Einschränkung des Kündigungsschutzes,
einhergeht, wie wir das momentan erleben. Der Kündi-
gungsschutz ist in der Ära Kohl eingeschränkt worden.
Wir haben dies rückgängig gemacht. Wir führen hier
eine reine Ideologiediskussion. Möglicherweise sind mit
der Einschränkung des Kündigungsschutzes, was die
Einstellungsbarriere anbelangt, psychologische Mo-
mente verbunden, aber keine beschäftigungsfördernden
Effekte. Ihr ehemaliger Arbeitsminister Blüm sagt: Da-
mals sind als Gegenleistung für die Herabsetzung der
Kündigungsschwelle 300 000 Arbeitsplätze verspro-
chen worden. Auf diese Arbeitsplätze wartet er noch
heute; es ist in dieser Richtung nichts passiert.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ihr habt es doch wieder geändert!)


Nehmen wir die Mitbestimmung als Beispiel: Der
BDI-Präsident Rogowski spricht sogar von einem „Irr-
tum der Geschichte“. Allein diese Wortwahl deutet auf
den Bildungsnotstand auch in den hohen Etagen der In-
dustrie; die Geschichte kann kein Akteur sein. Rogowski
meint möglicherweise, dass die Mitbestimmung ana-
chronistisch ist. Willy Brandt hat in den 70er-Jahren
„Mehr Demokratie wagen“ und Wolfgang Ullmann hat
1989 „Demokratie jetzt“ gesagt. Ich meine, dass das
keine Irrtümer waren. Das galt für alle Bereiche. Wir
dürfen den demokratischen Sektor im 21. Jahrhundert






(A) (C)



(B) (D)


Werner Schulz (Berlin)


nicht vor den Betriebstoren in unserer Republik enden
lassen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


So war das nicht zu verstehen. Ich meine, dass nur Igno-
ranten und Abenteurer ernsthaft glauben können, dass
man Solidarität und Partnerschaft aufs Spiel setzen kann,
ohne dass das Ganze ein politisches Nachspiel und einen
politischen Preis hat.

Wir wissen, dass die Mitbestimmung den sozialen
Frieden am Standort erhalten hat. Wir wissen, dass die
Mitbestimmung gerade bei den letzten Konflikten
– Karstadt-Quelle und Opel – der Konfliktbereinigung
gedient hat. Also: Kostensenkung ja, aber vielleicht auf
einem anderen Gebiet.

Wir sollten uns nicht nur die Arbeitsproduktivität und
die Lohnstückkosten, sondern vielleicht auch einmal die
Materialökonomie anschauen; denn da sind wirklich
Schätze verborgen. Wir haben deswegen die Verpflich-
tungsermächtigungen beim Titel „Verbesserung der
Materialeffizienz“ deutlich erhöht. Gerade im Material-
verbrauch, in der Materialausbeute liegen enorme Reser-
ven. Wir haben in der deutschen Volkswirtschaft etwa
180 Milliarden Euro pro Jahr Materialreserve. Nach ei-
ner Prognos-Studie könnten wir, wenn wir das ausschöp-
fen, eine Steigerung des Bruttoinlandsprodukts um etwa
14 Prozent erreichen. Das wären etwa 760 000 Arbeits-
plätze. Uns geht es vor allem um das Know-how, was
vorhanden ist. Es gilt die vorhandenen Methoden und
Technologien zu nutzen und dem Mittelstand zur Verfü-
gung zu stellen.

Das Gleiche gilt beispielsweise für die Energieeffi-
zienz. Es geht darum, intelligentere Energiesysteme zum
Einsatz zu bringen, mehr Ausbeute aus der Verbrennung
von fossilen Energieträgern zu erzielen und neue Ener-
gieträger zu entwickeln, Biotreibstoffe zu entwickeln,
beispielsweise im Zuge der Wiedernutzung der Fischer/
Tropsch-Synthese. Das sind Zukunftsfelder – neben dem
Export der erneuerbaren Energien. Das sind die Felder,
auf denen wir Wachstum generieren können, auf denen
zukünftige Arbeitsplätze entstehen können.

Wir sollten uns vielleicht an einen Lehrsatz von
Henry Ford, dem Pionier des Industriezeitalters, erin-
nern,


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Seid ihr jetzt doch wieder fürs Auto? – Weitere Zurufe)


nicht an den, dass Autos keine Autos kaufen können
– der ist ja auch bekannt –, sondern an den, dass sich die
Wettbewerbsfähigkeit eines Landes nicht in den Fabri-
ken oder Forschungslabors, sondern in den Schulen be-
weisen wird. Deswegen kämpfen wir darum, dass die
Mittel für die Eigenheimzulage nicht mehr in den Bau
von Eigenheimen, sondern in Schulen, in Bildung, in
Wissenschaft und Forschung fließen. Nur wenn wir dort
entsprechend vorankommen, können wir uns auch das
„schönere Wohnen“ künftig leisten.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das ist ja ärmlich! – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Ein zynischer Angriff auf die Eigenkapitalbildung!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514207100

Das Wort hat der Kollege Kurt Rossmanith, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Kurt J. Rossmanith (CSU):
Rede ID: ID1514207200

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Herr Kollege Schulz, nur einen Satz von Ihnen
möchte ich korrigieren; es gäbe vieles zu korrigieren,
aber das ist für mich elementar. Wir beschäftigen uns
hier nicht mit den Lasten der deutschen Einheit, sondern
mit den Lasten, die der Sozialismus in einem Teil
Deutschlands hinterlassen hat. Das ist das Problem und
das sollten wir uns immer wieder vor Augen führen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Der Sozialismus hat auch im anderen Teil Deutschlands Spuren hinterlassen! – Volker Kröning [SPD]: Aber es stimmt, dass das 15 Jahre her ist!)


– Wenn solche Zwischenrufe kommen, dann kann ich
auch das sagen, was ich eigentlich nicht sagen wollte:
Und mit diesen Sozialisten regieren Sie in einigen Bun-
desländern zusammen. Das ist an sich eine Schande.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zurufe von der CDU/CSU: Pfui!)


Wenn man erst später in die Debatte eingreifen darf,
hat das den Vorteil, dass man sich auf das eine oder an-
dere beziehen kann, was die Kolleginnen und Kollegen
dargelegt haben. Herr Kollege Kröning, ich schätze Sie
sehr wegen Ihrer Aufrichtigkeit. Sie haben uns dafür ge-
rügt, dass wir sparen wollen.


(Widerspruch bei der SPD – Volker Kröning [SPD]: Nein, nein!)


– Vielleicht wollten Sie das nicht zum Ausdruck brin-
gen, aber Sie haben es wortwörtlich gesagt.


(Volker Kröning [SPD]: Absolut unglaubwürdig!)


Bei Hans Eichels Weltrekord im Schuldenmachen
– 45 Milliarden Euro; das sind in der alten Währung in
Deutschland annähernd 100 Milliarden DM – uns als
Opposition dann, wenn wir uns bemühen, Beiträge zu
leisten und Vorschläge dafür zu machen, wo sinnvoller-
weise Sparmaßnahmen angesetzt werden könnten, zu
rügen und zu beschimpfen, finde ich nicht ganz korrekt.


(Volker Kröning [SPD]: Von Beschimpfung ist keine Rede!)


Bei diesem Haushalt müssten wir an sich sagen: Wir
verweigern schlicht und einfach die Debatte darüber.
Nicht nur ein juristisch gebildeter Mensch, sondern jeder






(A) (C)



(B) (D)


Kurt J. Rossmanith

kann es an sich mit den Händen greifen, dass dieser
Haushalt, über den wir in dieser Woche sprechen, verfas-
sungswidrig ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Peter Dreßen [SPD]: Null Ahnung!)


Es ist in den 55 Jahren seit dem Bestehen der Bundesre-
publik Deutschland noch nicht vorgekommen, dass
selbst der Präsident des Bundesrechnungshofes, Herr
Engels,


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Der Genosse Präsident, bitte!)


der, auch wenn er Ihr Parteibuch besitzt, ein ehrenwerter
Mensch ist


(Horst Kubatschka [SPD]: Eine Unverschämtheit ist so etwas! – Sie Bauer!)


– lieber Kollege, ich stamme von Bauern ab; alle meine
Vorfahren waren Bauern und ich bin stolz darauf, dass
ich ein Sohn von Bauern bin; da stimme ich Ihnen zu –,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ludwig Stiegler [SPD]: Komm zur Sache!)


sagt, dass die Schieflage des Etats einem den Atem ver-
schlägt.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Das ist ein schlecht gewähltes Bild!)


Lieber Herr Bundesminister Clement, Sie haben in Ih-
rer Art die 20 Minuten Redezeit an diesem Pult sehr ge-
konnt genutzt.


(Volker Kröning [SPD]: Was stimmt, das stimmt! – Ludwig Stiegler [SPD]: Was man von Ihnen bisher nicht sagen kann!)


Nur inhaltlich habe ich von Ihnen wenig bis gar nichts
gehört. Ich bin jedoch der Meinung, dass man nicht ein-
fach so nonchalant über das eine oder andere hinwegge-
hen sollte. Es macht schon einen Unterschied, lieber
Herr Bundesminister Clement, ob es 0,1 Prozentpunkt
Wirtschaftswachstum mehr oder weniger gibt, ob ein
Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent, auf das Sie nach
wie vor setzen, erreicht wird oder nur noch eines von
maximal 1,4 Prozent, wie es die Wirtschaftsweisen ge-
sagt haben. Wenn unser Wachstum, wie die Wirtschafts-
weisen prognostiziert haben, um 0,4 Prozentpunkte
niedriger ausfällt, hätte das nämlich zur Folge, dass noch
mehr Menschen aus dem Arbeitsleben in die Arbeitslo-
sigkeit geschickt werden. Dabei habe ich die Auswir-
kungen, die das auf den Haushalt hätte, noch gar nicht
berücksichtigt.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Die Wirtschaftsweisen reden von einem Zuwachs der Beschäftigung, nicht von einem Abbau! Nicht einmal das Gutachten haben Sie gelesen!)


Der Punkt ist doch, Herr Bundesminister, dass die Be-
schäftigtenzahl permanent zurückgeht und die Arbeitslo-
senzahl steigt.

(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: So ist es! – Ludwig Stiegler [SPD]: Die Wirtschaftsweisen sagen das Gegenteil!)


Kollege Fuchtel hat schon darauf hingewiesen und
auch Sie selber haben es bestätigt, dass 88 Prozent der
Haushaltsmittel des Bundesministeriums für Wirtschaft
und Arbeit für Arbeitsmarktmaßnahmen vorgesehen
sind.


(Peter Dreßen [SPD]: Gut so!)

Das heißt, dass 34 Milliarden Euro rein konsumtiv aus-
gegeben und in die Landschaft verstreut werden. Für die
eigentlichen Aufgaben, für die ein Bundesminister der
Wirtschaft zuständig wäre, bleibt nur ein ganz schmaler
Finanzrahmen von etwa 3,5 Milliarden Euro. An diesem
Punkt kranken wir doch.


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie machen doch keinen Vorschlag!)


Sie haben gesagt, wir sollten uns bewegen, Herr Bun-
desminister Clement. Die beste Bewegung, die die Bun-
desregierung unter Kanzler Schröder machen könnte, ist,
sich hinauszubewegen und zurückzutreten. Machen Sie
diese Bewegung! Nur damit und mit nichts anderem
wäre Deutschland geholfen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das war ein guter Vorschlag!)


Sie, Herr Bundesminister Clement, haben vom Kon-
solidieren gesprochen. Ihnen müsste man eigentlich kon-
dolieren, dass Sie Mitglied einer derartigen Bundesre-
gierung sind.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Zurufe von der SPD: Ha, ha!)


Bis 2006 wird die Situation in Deutschland noch schlim-
mer, aber dann werden Sie sich bewegen müssen. Dann
wird Ihnen nichts anderes mehr übrig bleiben.

Lassen Sie mich noch etwas zum Verkehrswegepla-
nungsbeschleunigungsgesetz sagen. Sie haben es natür-
lich vermieden, Ausführungen darüber zu machen. Ich
möchte Sie daran erinnern, dass 1991 der Vorsitzende
der Ministerpräsidentenkonferenz – der hieß damals
Gerhard Schröder – zusammen mit seinem Gehilfen
– das war ein gewisser Trittin – massiv gegen dieses Ge-
setz Stellung bezogen hat. Von der Haltung von Herrn
Lafontaine will ich gar nicht erst reden.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wer ist das denn? – Ludwig Stiegler [SPD]: Reden wir lieber über Horst Seehofer!)


Ich könnte als Bundesminister für Wirtschaft nicht so
fröhlich in diese Runde blicken, wenn mir der Kreditver-
sicherer Euler Hermes mitteilen würde, dass in diesem
Jahr über 40 000 Unternehmensinsolvenzen zu erwarten
sind; gegenüber dem Vorjahr bedeutet das einen 3-pro-
zentigen Anstieg.

Deshalb stellen wir jetzt – der Kollege Vaatz hat das
schon angesprochen


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Zu Recht!)







(A) (C)



(B) (D)


Kurt J. Rossmanith

und die Gründe erläutert – den Antrag auf Anhebung der
Verpflichtungsermächtigung für die Gemeinschafts-
aufgabe; denn damit werden Arbeitsplätze geschaffen.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Sagen Sie doch mal, was Sie mit dem Dieselöl gemacht haben!)


Man kann nicht einfach sagen, die Subventionen werden
gestrichen, sondern muss erläutern, was Unfug ist und
was notwendig, weil es die Wirtschaftskraft fördert und
Arbeitsplätze schafft. Wir fordern, dass die Verpflich-
tungsermächtigung für die Gemeinschaftsaufgabe ange-
hoben wird, weil dadurch 260 000 bis 300 000 Arbeits-
plätze geschaffen werden können.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Dazu hat er nichts gesagt!)


Auch das Thema Werften will ich erwähnen. Sie
verhandeln mit den Ministerpräsidenten und vereinba-
ren, aus dem Verhältnis von einem Drittel Bund und
zwei Dritteln Länder ein Verhältnis von 50 zu 50 zu ma-
chen. Aber mit welcher Konsequenz? Dadurch wird der
Förderrahmen eingeengt, den wir ohnehin nur noch bis
31. März nächsten Jahres haben, in den wir jetzt die Mit-
tel fließen lassen müssten und für den wir vielleicht noch
zusätzliche Mittel ansetzen müssten, weil wir alle Auf-
träge, die wir bis 31. März nächsten Jahres bekommen,
in diesen EU-Förderrahmen mit aufnehmen können, wo-
durch Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft für unsere Not
leidende Werftindustrie hier in Deutschland geschaffen
werden könnten statt in Korea und anderen Ländern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das schadet dem Schiffsbau!)


Aber hier wird gestrichen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514207300

Herr Kollege Rossmanith, Ihre Redezeit ist zu Ende.


Kurt J. Rossmanith (CSU):
Rede ID: ID1514207400

Ich bedanke mich und komme zu meinem letzten

Satz, Frau Präsidentin.

(Ludwig Stiegler [SPD]: Nichts zum Haus halt!)

Eines hat mich besonders geärgert: Sie haben selber

wieder gesagt, dass in China 800 Unternehmer waren
und Deutschland in Südostasien hohes Ansehen genießt.
Warum brauchen wir denn dann eine Gesellschaft mit
dem Namen Invest in Germany, die den Standort
Deutschland verbessern soll? Die dafür vorgesehenen
8,5 Millionen Euro könnten wir einsparen. Streichen Sie
einfach diesen Unfug! Dann haben wir schon wieder
8,5 Millionen Euro, die wir sinnvoll einsetzen könnten.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514207500

Herr Kollege Rossmanith, das war aber ein etwas län-

gerer Satz.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Es geht ja auch um viel Geld, Frau Präsidentin!)


Kurt J. Rossmanith (CSU):
Rede ID: ID1514207600

Deshalb müssen wir leider – auch wenn ich mich für

die Zusammenarbeit mit Ihrem Haus und den Kollegin-
nen und Kollegen im Haushaltsausschuss bedanke – die-
sen Haushalt ablehnen. Er ist nicht nur unehrlich, er ist
auch falsch und setzt völlig falsche Schwerpunkte. Des-
halb schadet er unserem Land.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514207700

Das Wort hat der Kollege Klaus Brandner, SPD-Frak-

tion.

(Beifall bei der SPD)



Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1514207800

Sehr geehrte Präsidentin! Meine sehr verehrten Da-

men und Herren! Heute Morgen haben wir ja schon eine
spaßige Debatte gehört;


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Nein, das war todernst!)


aber ich glaube, wir können es uns nicht ersparen, die
Fakten sprechen zu lassen.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Da kannst du dich ja bloß noch aufhängen!)


Herr Fuchtel hat vorgetragen, Rot-Grün mache
schwarz


(Lachen und Beifall bei der CDU/CSU)

– ich meine: arm und arbeitslos;


(Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Das ist leider Gottes auch wahr!)


aber richtig ist: Nicht Rot-Grün, sondern Schwarz-Gelb
machte arm und arbeitslos,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

arm, weil Sie in den vielen Jahren Ihrer Regierungszeit
nichts anderes gemacht haben, als die Sozialversiche-
rungsbeiträge in die Höhe zu treiben –


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Reden Sie doch mal über die Zukunft!)


wir haben sie abgesenkt –, weil Sie die Steuern in die
Höhe getrieben haben – wir haben die Steuern abge-
senkt –, weil die Abgabenlast in diesem Lande unter Ih-
nen hoch war; wir haben sie begrenzt, sicherlich noch
nicht so weit, wie wir es uns vorstellen können, aber im
Kern sind die verfügbaren Einkommen nicht geringer,
sondern höher geworden. Insofern haben Sie nicht
Recht, wenn Sie hier vollmundig behaupten, Rot-Grün
mache arm und arbeitslos. Das fällt auf Sie zurück, Herr
Fuchtel.

Auch, dass Schwarz-Gelb arbeitslos gemacht hat,
müssen Sie sich vorhalten lassen. Die höchste Arbeits-
losigkeit hatten wir im Februar 1998 mit 4,82 Millionen
Arbeitslosen.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Sehr wahr! Sie sind immer noch Rekordhalter!)







(A) (C)



(B) (D)


Klaus Brandner

Das sollten Sie sich hinter die Ohren schreiben oder zu-
mindest vor den Spiegel stecken, damit Sie jeden Mor-
gen beim Rasieren sehen, über was wir hier reden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Rot-Grün hat den Trend gestoppt und in vielen Fällen

auch umkehren können. Von einer Zweiklassengesell-
schaft – das ist Panikmache – kann angesichts dessen,
was wir von Ihnen übernommen haben – ich habe es ge-
rade angesprochen –, überhaupt keine Rede sein.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514207900

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Rossmanith?

Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1514208000

Ich möchte weiter vortragen; denn sonst werden wir

heute überhaupt nicht fertig.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie haben Angst vor Rossmanith!)

Die Arbeitslosigkeit in den neuen Ländern, von der

Herr Vaatz gesprochen hat, ist bedrohlich hoch. Wir kön-
nen darüber nicht jubeln. Aber Sie müssen auch da bei
der Wahrheit bleiben, Herr Vaatz. Die Arbeitslosigkeit in
den neuen Ländern geht zurück. Die Arbeitslosigkeit im
Osten liegt in diesem Monat bei durchschnittlich
17,5 Prozent. 1998 betrug sie durchschnittlich 18,2 Pro-
zent. Auch das sind harte Fakten, die Sie zur Kenntnis
nehmen müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Da Sie von zerstörten Hoffnungen reden, möchte ich

Sie fragen: Wer hat denn die Hoffnungen der Menschen
in den neuen Ländern zerstört?


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Der Bundeskanzler hat gestern zum Aufbau Ost überhaupt nichts gesagt! Er hat den Osten schon längst aufgegeben!)


Das war doch wohl Helmut Kohl, der davon gesprochen
hat, die deutsche Einheit könne aus der Portokasse fi-
nanziert werden. Er wollte es ohne Steuererhöhungen
schaffen und hat dafür die Sozialkassen missbraucht.
Damit hat er die Menschen getäuscht.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Jetzt täuschen Sie doch nicht Sympathie für die neuen Länder vor!)


Das wollen wir Ihnen nicht durchgehen lassen. Sie müs-
sen sich das schon vorhalten lassen.


(Beifall bei der SPD)

Ich will ganz deutlich sagen, dass das, was in den

neuen Bundesländern passiert ist, kein Schritt nach
vorne ist. Auch hier muss der Wahrheit die Ehre gegeben
werden. Deswegen will ich daran erinnern, dass Herr
Milbradt der größte Befürworter für schärfere Ein-
schnitte auf dem Arbeitsmarkt war. Danach aber wollte
er mit den Demonstranten Arm in Arm dafür eintreten,
dass die Schärfen abgemildert werden. Ähnlich hat sich
der nordrhein-westfälische Herausforderer Rüttgers ver-
halten. Er hat von einer Generalrevision bei Hartz ge-
sprochen. Das zeigt, dass er sich nicht der Verantwor-
tung für den notwendigen Wandel in diesem Land stellt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [FDP]: Diese Rede haben Sie schon dreimal gehalten! – Joachim Poß [SPD]: Vergangenheitsminister Rüttgers!)


Lassen Sie uns zu weiteren harten Fakten kommen.
Die Konjunkturentwicklung in diesem Land ist sicher-
lich mit Unsicherheiten behaftet. Ich nenne beispiels-
weise die Entwicklung des Ölpreises, die Stärke des Eu-
ros und die Wechselkursschwankungen. Diese Faktoren
bringen natürlich Unsicherheiten mit sich. Aber in dem
Herbstgutachten wird von einem Wirtschaftswachstum
von 1,5 Prozent gesprochen. Der Sachverständigenrat
spricht von 1,4 Prozent und das Institut der deutschen
Wirtschaft sogar von 2 Prozent. Ich denke, dass die Bun-
desregierung richtig liegt, wenn sie von einem wirt-
schaftlichen Wachstum zwischen 1,5 und 2 Prozent aus-
geht.

Man kann feststellen, dass es schon jetzt deutliche
Anzeichen für eine konjunkturelle Erholung der Binnen-
wirtschaft gibt. Ich will in diesem Zusammenhang nur
daran erinnern, dass die Ausrüstungsinvestitionen im
dritten Quartal gegenüber dem zweiten Quartal 2004 um
4,1 Prozent gestiegen sind. Das zeigt, dass die deutschen
Unternehmen Vertrauen in die wirtschaftliche Entwick-
lung haben. Ich kann Sie nur auffordern, die Unterneh-
men in diesem Vertrauen zu bestärken. Mäkeln Sie des-
halb nicht rum, wenn sie keine Alternativen haben,
sondern unterstützen Sie diesen positiven Kurs!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Das glauben Sie doch selber nicht, was Sie hier sagen! – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: So lustlos vorgetragen überzeugt uns das nicht!)


Die Konjunktur in diesem Lande belebt sich. Dafür
gibt es harte Fakten. Diese positive Konjunkturentwick-
lung wird vom Sachverständigenrat bestätigt. Man muss
aber auch feststellen, dass das Volumen der Kommunal-
finanzen aufgrund der Reform der Gewerbesteuer im
ersten Halbjahr 2003 im Vergleich zum ersten Halbjahr
2004 um 12,8 Prozent gestiegen ist. Durch die Gewerbe-
steuerumlage kommt eine weitere Verbesserung der Ge-
werbesteuereinnahmen auf der kommunalen Ebene in
Höhe von circa 3 Milliarden Euro hinzu. Sie wissen,
dass sich im nächsten Jahr zusätzlich Einsparungen
durch Hartz in Höhe von 2,5 Milliarden Euro ergeben
werden.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das wollen wir erst einmal abrechnen im nächsten Jahr!)


Das zeigt, dass wir bei der Stimulierung der Konjunktur
erfolgreich waren.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Bis jetzt haben Sie keine Zusage zu der Gewerbesteuer eingehalten!)







(A) (C)



(B) (D)


Klaus Brandner

– Das stellen wir über unsere Revisionsklausel sicher.
Herr Kampeter, das wissen Sie doch genau. Verunsi-
chern Sie die Menschen nicht, sondern helfen Sie mit,
dass sie Vertrauen in die Zukunft haben!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Auch die Stabilisierung der Lohnnebenkosten ist ein
weiterer harter Fakt. Verschiedene Maßnahmen dazu
werden die Konjunktur ebenfalls stimulieren. Der An-
stieg der verfügbaren Einkommen – der Sachverständi-
genrat geht von 2,3 Prozent aus – ist ein deutliches Zei-
chen dafür, dass die Binnennachfrage steigt. Der private
Konsum wird erstmals wieder im Jahre 2005 um
0,8 Prozent ansteigen, nachdem es mehrere Jahre entwe-
der überhaupt keinen Anstieg oder sogar einen Rück-
gang gab.

Das sind die harten Fakten, die deutlich machen, dass
die Konjunktur in diesem Land stimuliert wird und dass
deshalb Vertrauen in diese Entwicklung angesagt ist.

Ich will aber auch darauf hinweisen, dass unser Haus-
halt andere qualitative Maßnahmen beinhaltet, indem
wir zum Beispiel dafür sorgen – das ist von einigen Red-
nern angesprochen worden –, dass wir ein Programm mit
dem Namen „Materialeffizienz“ auflegen, das endlich
auch dazu führt – die gesamtwirtschaftliche Diskussion
konzentriert sich aus meiner Sicht viel zu sehr auf die
Personalkosten, die Arbeitszeit, die Flexibilisierung und
die Kostensenkung im Hinblick auf den Faktor Arbeit –,
dass der Faktor Material stärker beachtet wird. Obwohl
die Kosten für das Material im verarbeitenden Gewerbe
etwa doppelt so hoch sind wie die Kosten, die durch den
Faktor Arbeit entstehen, ist die Aufmerksamkeit in Be-
zug auf diesen Bereich leider zu gering.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Gilt das auch für die Energiekosten, Herr Brandner?)


Die Materialproduktivität gilt gemeinhin als selbstop-
timierende Größe eines Unternehmens. Sie ist in den
letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen. Allerdings ist die
Arbeitsproduktivität – das muss uns aufmerksam ma-
chen – sehr viel stärker gestiegen. Studien belegen, dass
nur 50 Prozent des Effizienzpotenzials genutzt werden
und dass das Bruttoinlandsprodukt durch Produkt- und
Prozessinnovationen erheblich gesteigert werden kann,
wenn wir diesem Themenfeld mehr Aufmerksamkeit
widmen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Um die Potenziale in der Materialeffizienz zu nutzen,

hat die Koalition dankenswerterweise ein Impulspro-
gramm mit dem Namen „Materialeffizienz“ aufgelegt,
das – davon bin ich überzeugt – mithelfen wird, das wirt-
schaftliche Wachstum in diesem Land nachhaltig zu för-
dern und die Nutzung der Ressourcen zu verbessern. Ich
darf unseren Haushältern und unserem Minister dafür
danken, dass sie dieses Programm so deutlich unterstüt-
zen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich darf in diesem Zusammenhang auch darauf hin-
weisen, dass die Wachstumsförderung durch ÖPP, durch
öffentlich-private Partnerschaften, ein wichtiger As-
pekt ist, um die Konjunktur in diesem Lande zu stimulie-
ren. Immer mehr Kommunen erkennen zwischenzeitlich
die Chance, die öffentlich-private Partnerschaften bie-
ten. Nehmen wir das Beispiel einer rheinischen Klein-
stadt: Dort gibt es einen Instandhaltungsstau und Sanie-
rungsbedarf von gut 27 Millionen Euro im Hinblick auf
ihre 13 Schulkomplexe.


(Zuruf des Abg. Steffen Kampeter [CDU/ CSU])


– Auch das ist ein gutes Beispiel, Herr Kampeter. Ich
kenne mich in meinem Heimatwahlkreis aus. Über die
positiven Dinge sollten wir reden; darum trage ich sie
gerade vor.

Jedes Jahr ergibt sich in vielen Kommunen ein Stau
bei notwendigen Investitionen, auch bei Investitionen in
die Erneuerung. In der mittelrheinischen Stadt Monheim
ist es letztlich so, dass der Betriebsaufwand von
3,15 Millionen Euro oft nicht ausreichte, um die Schulen
in einen vernünftigen Zustand zu versetzen.

Mit dem Programm ÖPP lassen sich in diesem Land
wichtige Investitionen schneller und auch effizienter
umsetzen. In Deutschland ist ein Milliardenmarkt in Be-
zug auf öffentlich-private Partnerschaften im Entstehen.
Wir wollen diesen Markt – das sage ich ganz deutlich –
fördern, und zwar nicht nur im öffentlichen Hochbau,
sondern auch in anderen Bereichen, zum Beispiel im
Verkehrsbereich, bei den sozialen Dienstleistungen, im
Verteidigungsbereich, bei der Modernisierung des Staa-
tes, also auf allen anderen Feldern, wo sich dieses Instru-
ment einsetzen lässt.

Deshalb wollen wir als SPD-Bundestagsfraktion uns
dieser Aufgabe konzentrierter stellen. Wir arbeiten an ei-
nem ÖPP-Beschleunigungsgesetz, das sicherstellt, dass
solche Maßnahmen in diesem Land noch schneller und
effizienter implementiert werden können, damit weitere
Investitionen, die möglich sind, zur wirtschaftlichen Ent-
wicklung beitragen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte ansprechen, dass der Sachverständigen-
rat das, was ich gerade vorgetragen habe, in seinem
Grundduktus sehr deutlich stützt. Er sagt wörtlich:

Die andauernde Binnenschwäche … drückt sich in
einer inzwischen in Deutschland weit verbreiteten
Auffassung aus, die wirtschaftlichen Zukunftsper-
spektiven seien in düsteren Farben zu malen.

Ich darf an dieser Stelle anmerken: Der Sachverständi-
genrat meint anscheinend die Opposition, die dies seit
Jahren tut.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wir sind realistisch! Der Sachverständigenrat berät in der Regel die Regierung!)







(A) (C)



(B) (D)


Klaus Brandner

Der Sachverständigenrat stellt weiter fest:

Dies übersieht …: Zum einen verfügt die deutsche
Volkswirtschaft über eine im Grundsatz wettbe-
werbsfähige unternehmerische Basis, die es selbst
in den … wirtschaftlich schwierigen Jahren ge-
schafft hat, die Vorteile der internationalen Arbeits-
teilung gewinnbringend zu nutzen.

Das macht deutlich: Wir haben allen Grund, positiver
in die Zukunft zu schauen. Wir sollten dies tun, wenn
wir über unsere Stärken reden: die hohen Exportüber-
schüsse und die Wettbewerbsfähigkeit trotz des starken
Euro. Der Standort ist auch für Unternehmen mit auslän-
dischen Forschungsaktivitäten – wie zum Beispiel für
General Electric in München – attraktiv. Warum reden
wir nicht über die positiven Beispiele? Der Standort ist
attraktiv, weil der Strukturwandel, der die Wettbewerbs-
fähigkeit in diesem Land unterstützt, gemeinsam mit den
Arbeitnehmern getragen und nicht gegen sie durchge-
setzt wird.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das ist nur möglich, weil wir in diesem Land flexibel
handelnde Gewerkschaften und Betriebsräte haben.
Die Flexibilität zeigt sich unter anderem in differenzier-
ten Tarifverträgen. Ich nenne als Beispiele Siemens in
Kamp-Lintfort und Bocholt, DaimlerChrysler in Sindel-
fingen oder auch VW. Diese Beispiele machen deutlich,
wo die Wachstumspotenziale liegen. Sie liegen nicht in
der Abschaffung der Tarifautonomie, sondern in deren
Stärkung. Wir müssen das konstruktive Potenzial in die-
sem Land stärken.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich möchte abschließend sagen: Moderne Tarifver-
träge erweitern den Handlungsspielraum in diesem
Land. Moderne Tarifverträge differenzieren und sie las-
sen und schaffen Raum für die Gestaltung der Innova-
tion.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Und mit betrieblichen Bündnissen für Arbeit!)


Das ist mit Mitbestimmung zu erreichen. Dass die Union
und die FDP die Mitbestimmung quasi abschaffen wol-
len,


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Nein! Sie haben nur unsere Anträge nicht gelesen!)


ist ein Zeichen dafür, dass sie die Zukunftsfähigkeit noch
nicht erreicht haben.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Ihr habt eure Zukunft schon hinter euch!)


Ich bitte Sie, darüber nachzudenken. Helfen Sie mit,
dass unser Land zukunftsfähig bleibt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514208100

Das Wort hat der Kollege Karl-Josef Laumann, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Rainer Brüderle [FDP])



Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1514208200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Nachdem ich die Rede des Wirtschaftsminis-
ters gehört habe, in der es hieß, die Lage in Deutschland
sei zunehmend optimistisch zu sehen und werde besser,
frage ich mich: Wie passt diese Aussage damit zusam-
men, dass der Finanzminister für den Haushalt 2004 zum
wiederholten Mal feststellt, dass das gesamtwirtschaftli-
che Gleichgewicht in unserem Land gestört ist?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wie diese beiden Aussagen von Mitgliedern dieser Bun-
desregierung zusammenpassen, müssen Sie mir erklären.

Kollege Brandner, Sie haben gerade gesagt, Schwarz-
Gelb habe arm gemacht, während die Sozialversiche-
rungsbeiträge bei Ihnen gesunken seien. Eine Zwischen-
frage haben Sie nicht zugelassen und ich weiß auch, wa-
rum.


(Klaus Brandner [SPD]: Hellseher!)

Sie haben nämlich verschwiegen, dass Sie durch die Er-
höhung der Mineralölsteuer 5 Milliarden Euro, durch die
Erhöhung der Tabaksteuer 4 Milliarden Euro und durch
die Ökosteuer 6,6 Milliarden Euro zusätzlich eingenom-
men haben. Allein durch diese Verbrauchsteuern haben
Sie dem deutschen Volk zwischen 15 und 16 Milliarden
Euro entzogen und beklagen sich jetzt über die Entwick-
lung in der Binnenkonjunktur. Ein bisschen redlicher
sollte man in einer solchen Auseinandersetzung schon
sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Herr Clement, es gehört schon Mut dazu, zu sagen,
wir seien bei der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt
– diesen möchte ich zuerst ansprechen – auf gutem Weg.
Der Bundeskanzler hat 1998 gesagt, er wolle die
Arbeitslosigkeit senken. Als er das sagte, gab es in un-
serem Land 3,8 Millionen Arbeitslose. Als Sie Ihr Amt
übernahmen, gab es bereits 4 Millionen Arbeitslose. Ein
halbes Jahr vor Ihrem Amtsantritt hat die Hartz-Kom-
mission getagt und versprochen, drei Jahre später – das
wäre im nächsten August – solle die Arbeitslosigkeit
mithilfe ihrer Instrumente bei 2 Millionen liegen. Der
Sachverständigenrat sagt uns aber leider fürs nächste
Jahr 5 Millionen Arbeitslose voraus.


(Klaus Brandner [SPD]: Herr Hartz ist nicht Gesetzgeber!)


Ich bin gespannt, wie Sie mithilfe der Hartz-Instru-
mente bis August Ihr Ziel, die Arbeitslosigkeit auf
2 Millionen abzubauen, erreichen wollen.


(Joachim Poß [SPD]: Wer hat denn davon gesprochen?)







(A) (C)



(B) (D)


Karl-Josef Laumann

Wenn Sie redliche Politik betreiben würden, müssten Sie
zugeben, dass Sie mit Ihrer Arbeitsmarktpolitik gänzlich
gescheitert sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir haben in den letzten zwei Jahren in Deutschland

1,1 Millionen sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze
verloren, zurzeit gibt es 26,3 Millionen. Im gleichen Zeit-
raum hat es 80 000 Unternehmensinsolvenzen gegeben.
Der Sachverständigenrat sagt uns voraus, dass die Zahl
der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nächstes
Jahr noch einmal um 3,5 Prozent abnehmen wird. Folg-
lich wird es im nächsten Jahr in Deutschland weniger als
26 Millionen sozialversicherungspflichtige Beschäftigte
geben. Das ist die Lage am Arbeitsmarkt.

Was tun wir, um da rauszukommen? Wie sieht es mit
der Vermittlung der Arbeitslosen in Deutschland aus?
2001 gab es bei der Bundesagentur nach Auswahl und
Vorschlag 1,4 Millionen Vermittlungen. 2002 waren es
noch 886 000, 2003 714 000. Die Zahlen für dieses Jahr,
die bis Oktober vorliegen, zeigen, dass die Vermittlungs-
tätigkeit der Bundesagentur noch einmal um ein Viertel
zurückgegangen ist. Dass Sie in einer solchen Situation,
in der die Bundesagentur das Kerngeschäft immer
schlechter hinbekommt, die Agentur im Rahmen der Zu-
sammenlegung von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe
– die wir inhaltlich unterstützen – beauftragen, für wei-
tere Millionen von Personen zuständig zu werden, ist an-
gesichts der Tatsache, dass sie ihre eigentliche Aufgabe,
nämlich vermitteln, immer weniger bewältigt, schon ein
politischer Fehler, den wir Ihnen vorhalten müssen. Sie
haben damit eine große Verantwortung dafür übernom-
men, dass die Arbeitsverwaltung in diesem Land über-
haupt nicht mehr funktioniert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich will einen weiteren Punkt ansprechen. Wenn wir

die Lage auf dem Arbeitsmarkt und die Leistungsfähig-
keit der Arbeitsverwaltung realistisch einschätzen wür-
den – ich bin gern bereit, diese Debatte im Ausschuss
mit der Regierung und den Regierungsfraktionen zu füh-
ren –, dann würden wir einsehen: Es ist notwendig, dass
wir eine emotionslose, sehr sachliche Debatte über die
Arbeitsmarktpolitik, die wir in Deutschland traditionell
betreiben, führen. Traditionell stecken wir viel Geld in
den Qualifizierungsbereich und führen dort viele Maß-
nahmen durch; traditionell arbeiten wir relativ viel mit
Beschäftigungszuschüssen. Ich glaube, dass wir gut be-
raten wären, wenn wir einmal in andere Länder schauen
würden, die in den von mir genannten Bereichen wesent-
lich weniger machen, die dafür aber den Schwerpunkt
auf eine bessere Betreuung setzen. Ich könnte mir vor-
stellen, dass die Bundesagentur die Möglichkeit erhält
– so wie sie Bildungsprogramme vergibt –, auch mit pri-
vaten Agenturen zusammenzuarbeiten, um die Vermitt-
lungstätigkeit zu verbessern, sodass die Menschen ziel-
genauer vermittelt werden können und die Arbeitgeber
für sie passende Vorschläge bekommen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514208300

Herr Kollege Laumann, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Andres?


Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1514208400

Gern.


Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1514208500

Lieber Kollege Laumann, wenn Sie eine arbeits-

marktpolitische Diskussion fordern, dann stelle ich mir
die Frage


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie sollen ihm eine Frage stellen!)


– ich weiß schon, wem ich die Frage stellen muss, Herr
Kollege; herzlichen Dank für den Hinweis –, was wir ei-
gentlich in den letzten sechs Jahren gemacht haben.


(Zuruf von der FDP: Diese Frage ist berechtigt! – Lachen und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Karl-Josef Laumann [CDU/ CSU]: Das ist genau der Punkt!)


– Ich kann es Ihnen sagen: Wir haben mit Hartz I, mit
Hartz II, mit Hartz III


(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Frage!)


und jetzt mit Hartz IV genau die arbeitsmarktpolitischen
Schritte umgesetzt, die wir gemeinsam diskutiert haben –
im Ausschuss, im Parlament und überall sonst.

Aber ich wollte etwas anderes fragen.

(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP – Rainer Brüderle [FDP]: Ist das üblich, Frau Präsidentin? – Dr. Peter Ramsauer [CDU/ CSU]: Die Präsidentin ist permissiv!)


Sie haben, Herr Laumann, die Zahlen über die Vermitt-
lungstätigkeit der Bundesagentur genannt. Würden Sie
bitte zur Kenntnis nehmen, dass es für die Bundesagen-
tur in einer wirtschaftlich schwierigen Situation, die wir
unzweifelhaft hatten, schwieriger ist, Jobs zu vermitteln?
Und würden Sie bitte Ihre Aussage korrigieren, der
Sachverständigenrat erwarte, wir würden im nächsten
Jahr sozialversicherungspflichtige Beschäftigung verlie-
ren?


(Rainer Brüderle [FDP]: Ist das eine Frage, Frau Präsidentin, oder ist das eine Kurzintervention? – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das ist sehr permissiv! Äußerst permissiv!)


Er erwartet nämlich das genaue Gegenteil. Ferner hat der
Sachverständigenrat mitgeteilt, dass die Stagnations-
phase überwunden ist und die sozialversicherungspflich-
tige Beschäftigung im nächsten Jahr aufwächst. Würden
Sie das bitte zur Kenntnis nehmen, Herr Laumann?


(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Weiter reden!)







(A) (C)



(B) (D)



Karl-Josef Laumann (CDU):
Rede ID: ID1514208600

Herr Kollege Andres, es ist ja richtig, dass Sie die

Hartz-Gesetze durchgezogen haben.

(Gerd Andres [SPD]: Gemeinsam!)


Aber als wir Hartz I gemacht haben, war die Erwartung:
Wir erreichen in drei Jahren eine Halbierung der Ar-
beitslosigkeit. Sie haben jetzt noch ein halbes Jahr dafür
Zeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das heißt, Hartz ist gescheitert: Die PSA ist gescheitert;
die Ich-AG ist gescheitert. Es ist viel Geld versenkt wor-
den. Wir sollten jetzt, da es mit diesen Instrumenten
nicht klappt, darüber reden, wie wir in dieser Beziehung
besser werden können. Da können Sie sich aufregen, wie
Sie wollen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Welt, Herr Kollege Andres, ist Gott sei Dank wei-

ter, als Sie denken. Ich habe vor ein paar Tagen die Bun-
desagentur in Hanau besucht. Ich habe mir ein Projekt
angeschaut, in dem diese Agentur bei der Vermittlung
mit einem privaten Unternehmen zusammenarbeitet. Die
Arbeitgeber sagen: Wir bekommen passgenaue Vor-
schläge. Die Arbeitnehmer sagen: Wir bekommen mehr
Stellen vorgeschlagen, die besser zu uns passen. Aber
leider gibt es noch viel zu wenige solcher Modelle. Hier
müssen wir viel mehr tun. Aber dann sollten wir auch
die Mittel freischaufeln. Ich würde lieber weniger Maß-
nahmen durchführen, dafür aber mehr in die zielgenaue
Vermittlung investieren. Das ist ein ganz konkreter Vor-
schlag, den wir an dieser Stelle machen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich will einen weiteren Punkt ansprechen. Alle Frakti-
onen in diesem Hause wissen, dass wir in Deutschland
mehr Wachstum und mehr Arbeitsplätze brauchen, um
aus unserer Situation herauszukommen. Aber die Bun-
desregierung geht in ihrer mittelfristigen Finanzplanung
davon aus, dass die Arbeitnehmer in den nächsten fünf
bis sieben Jahren einen Nettolohnverlust hinnehmen
müssen. In Ihrem Haushalt, Herr Clement, heißt es näm-
lich: Die Steuern und Sozialabgaben werden stärker stei-
gen als die Löhne. Wie soll die Binnenkonjunktur in ei-
ner solchen Situation anspringen? Auch hierzu hat die
Union ganz klare Vorschläge erarbeitet, was uns in den
letzten zwei Wochen wahrlich nicht leicht gefallen ist.
Wir sagen: In einer solchen Situation muss man zumin-
dest die Beiträge einer großen Sozialversicherung vom
Arbeitsverhältnis und damit vom Lohn abkoppeln. Da-
mit haben wir erneut einen ganz konkreten Vorschlag ge-
macht, wie wir der Entwicklung, dass die Nettolöhne
langsamer steigen werden als die Sozialabgaben und
Steuern, entgegenwirken können. Schlagen doch auch
Sie diesen Weg ein!

Wenn wir Wachstum schaffen wollen, müssen wir
sehr stark auf innovative Produkte setzen. Ich sehe, dass
Sie in Ihrem Haushalt riesige Anstrengungen zur Förde-
rung der Nanotechnologie unternehmen. Das begrüße
ich; denn in diesem Bereich sind hohe Zuwachsraten zu
erwarten. Aber gleichzeitig ist festzustellen, dass die
gleiche Bundesregierung die Grüne Gentechnik, die
ein ähnlicher Schlager werden kann, politisch diffamiert
und in Deutschland unmöglich macht. Das, was Sie bei
der Nanotechnologie aufbauen, schmeißen Sie bei der
Grünen Gentechnik mit dem Hintern wieder um. Eine
solche Regierung kann kein Wachstum schaffen. Das ist
die Wahrheit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

In den letzten drei Wochen wurde in Deutschland

– das sage ich Ihnen ganz offen – eine irre Diskussion
über das Thema Arbeitszeiten geführt. Die Bundesre-
gierung hat gesagt: Wir können unser Land retten, indem
wir den Nationalfeiertag abschaffen. Andere meinten,
man müsse sich in der Politik jetzt auch mit den Rau-
cherpausen in den Betrieben beschäftigen. Aus diesem
Thema sollten wir uns lieber fein heraushalten; denn das
kann in den Betrieben besser als im Deutschen Bundes-
tag geregelt werden.

Wahr ist aber, dass wir flexiblere Arbeitszeiten brau-
chen. Zur Wahrheit gehört auch, dass die Arbeitszeiten
in Deutschland eher länger als kürzer werden müssen,
damit wir wieder aus der gegenwärtig problematischen
Situation herauskommen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Auch hierzu hat die Union einen ganz praktischen Vor-
schlag gemacht. Wir sagen: Im Tarifvertragsgesetz muss
klargestellt werden, dass betriebliche Bündnisse für Ar-
beit möglich sind. Denn dann wird sich diese Entwick-
lung in den Betrieben sehr passgenau einstellen. Das ist
im Rahmen großer Tarifverhandlungen gar nicht zu ma-
chen. Auch hier haben wir einen konkreten Vorschlag
gemacht, um zu mehr Wachstum und mehr Beschäfti-
gung zu kommen.

Zur Wahrheit gehört auch: Viele unserer Botschaften
bedeuten insbesondere für die Arbeitnehmer in unserem
Land, dass sie sich für das gleiche Geld mehr anstrengen
müssen. Wenn wir das aber mit einer Debatte verbinden,
die zu der Erkenntnis führt, dass sich auch die Eliten in
unserem Land eine neue Bescheidenheit auferlegen müs-
sen, damit der Kitt in unserer Gesellschaft erhalten
bleibt, dann ist das hinzukriegen.

In diesem Zusammenhang verstehe ich nicht, dass der
Bundeskanzler in der letzten Woche eine Gesetzesinitia-
tive zur Veröffentlichung von Managergehältern ge-
stoppt hat. Denn wenn man weiß, dass in den 70er-Jahren
Manager ungefähr das Dreißigfache eines durchschnittli-
chen Arbeitnehmereinkommens verdient haben, sie aber
heute das Zweihundertfünfzigfache dessen verdienen,
der wird einsehen, dass wir diesen Kitt in der Gesell-
schaft brauchen, um die notwendigen Veränderungen der
nächsten Monate und Jahre den Menschen zumuten zu
können.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Clement, ich bin der Meinung, dass im Bereich

von Wirtschaft und Arbeit nichts erreicht wurde. Die
Situation auf dem Arbeitsmarkt ist so trostlos wie nie






(A) (C)



(B) (D)


Karl-Josef Laumann

zuvor. Mit Ihrer Politik werden Sie in die Geschichte un-
seres Landes nicht als erfolgreicher Wirtschaftsminister
eingehen, sondern als jemand, der die schwierigste Lage
auf dem Arbeitsmarkt zu verantworten hatte und unter
dem die Situation von Monat zu Monat eher schlimmer
als besser geworden ist.

Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514208700

Das Wort hat die Kollegin Petra Pau.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1514208800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich beginne mit einer Meldung, die gestern von der Bun-
desbank verbreitet wurde. Demnach haben die Gewinne
von Unternehmen und Vermögenden einen neuen Re-
kordstand erreicht. Zugleich liegt die Lohnquote der Be-
schäftigten auf dem niedrigsten Stand seit 30 Jahren. Da-
mit belegt die Bundesbank das, was die PDS im
Bundestag wiederholt kritisiert hat: Die Reichen werden
immer reicher und die Armen immer zahlreicher.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Das ist allerdings kein Naturgesetz, sondern das Erbe
aus der Ära Kohl, das von Rot-Grün weitergeführt wird.
Das finden wir falsch, ungerecht und unsozial.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Die Sozialisten haben das ganze Land von vorne bis hinten arm gemacht! Sie sollten sich schämen, Derartiges zu sagen!)


Nun bin ich mitten in der Diskussion über die so ge-
nannte Arbeitsmarktreform, über Hartz IV. Durch sie
wird die Schere zwischen Arm und Reich weiter geöff-
net – vorsätzlich. Auch deshalb lehnt die PDS Hartz IV
ab.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Dagegen sprechen aber auch wirtschaftliche Gründe:
Die Rekordgewinne entspringen nämlich, wenn nicht
Spekulationsgeschäften, vor allem dem Exportboom.
Der Binnenmarkt hingegen lahmt. Durch Hartz IV wird
er noch lahmer, weil die Kaufkraft sinkt. Das ist bekannt,
Rot-Grün setzt es dennoch durch und die Opposition zur
Rechten zollt dem Ganzen auch noch Beifall – die PDS
nicht.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Das Wohl und Wehe vieler Unternehmen hängt von
der Kaufkraft auf dem Binnenmarkt ab. Die ostdeut-
schen Wirtschafts- und Arbeitsminister – von CDU bis
PDS – haben hochgerechnet: Mit Hartz IV wird die
Kaufkraft allein in den neuen Bundesländern um 1 Mil-
liarde Euro sinken. Das macht viele arm. Das bedroht
kleine und mittlere Unternehmen und damit weitere Ar-
beitsplätze. Deshalb unsere Prognose: Hartz IV schafft
nicht weniger Arbeitslose, sondern mehr, arme Arbeits-
lose, nebst Angehörigen. Auch deshalb sagen wir Nein.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Rot-Grün hat mit Hartz IV ein Doppelmotto verkün-
det: Fordern und Fördern. Ganz egal, was ich davon
halte, es geht nicht auf – das Fordern schon, das Fördern
aber nicht. Das gilt insbesondere für strukturschwache
Regionen, und zwar in Ost und West. Hinzu kommen die
nackten Fakten: Die geplante Finanzausstattung der
Bundesagentur für Arbeit reicht nicht. Es wäre daher nur
ehrlich und auch zwingend, den vorliegenden Haushalt
zu korrigieren. Deshalb haben wir beantragt, den Etat
der Bundesagentur für Arbeit um 2 Milliarden Euro auf-
zustocken.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Bedenken
gegenüber Hartz IV sind übrigens nicht nur sozialer oder
wirtschaftlicher Natur, unsere Kritik hat auch einen
rechtlichen Boden: Wir halten Hartz IV für mit dem
Grundgesetz nicht vereinbar. Dazu wird die PDS in der
nächsten Woche ein Gutachten vorstellen und wir wer-
den Betroffene ermutigen, auf dieser Basis ihr Recht ein-
zuklagen. Schließlich möchte ich noch anmerken, dass
Hartz IV mit dem Datenschutz gründlich über Kreuz
liegt. Auch das geht auf das Konto von Rot-Grün.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Noch ein Extrawort an die Grünen – nicht an alle; ei-
nige haben sich ihr soziales und bürgerrechtliches Ge-
wissen sehr wohl bewahrt; aber sie sind bekanntlich in
der Minderheit –: Ich höre aus Ihrer Fraktion immer wie-
der, dass Sie die Hartz-Gesetze nach Jahresfrist überprü-
fen und notfalls korrigieren wollen. Das ist schwarzer
Humor pur, jedenfalls für alle, die bis dahin ihr Vermö-
gen aufbrauchen mussten, nebst dem ihrer Angehörigen.
Außerdem – das habe ich Ihnen gestern schon gesagt –
treiben Sie vor allen Dingen Frauen in neue Abhängig-
keiten. Das ist das Gegenteil von Emanzipation.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Vor diesem Hintergrund ist es geradezu obszön, wenn
die Bundestagsgrünen solche Gesetze beschließen und
anschließend die Hauptstadtgrünen ausgerechnet von der
PDS fordern, dass sie diese Gesetze umsetzt, und zwar
so, dass niemandem etwas genommen wird und dass es
niemandem wehtut.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514208900

Das Wort hat der Kollege Johannes Singhammer,

CDU/CSU-Fraktion.






(A) (C)



(B) (D)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1514209000

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Herr Minister Clement, nach Ihrer Rede kann
man nur feststellen: Sie leiden an fortgeschrittenem
Wahrnehmungsverlust; denn seit der Haushaltsdebatte
im vergangenen Jahr hat sich wenig geändert.


(Beifall des Abg. Dr. Peter Ramsauer [CDU/ CSU])


Nach wie vor schwebt die Abrissbirne über viel zu vie-
len Arbeitsplätzen in Deutschland. Allein in Jahresfrist
haben wir 450 000 voll sozialversicherungspflichtige
Arbeitsplätze verloren.


(Beifall des Abg. Dr. Peter Ramsauer [CDU/ CSU])


Die Deindustrialisierung des Standortes Deutschland ist
ein gutes Stück weiter vorangekommen und die Erosion
der Industriearbeitsplätze ist von Ihrer Regierung in kei-
ner Weise gestoppt worden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Täglich verschwinden 900 Industriearbeitsplätze. Sie

werden ins Ausland verlagert, schlichtweg eingedampft,
verdunsten, sind nicht mehr da. Herr Bundesminister,
Sie selbst haben in Ihrer Haushaltsrede am 5. Dezem-
ber 2002 für sich die Maßstäbe gesetzt, an denen wir Sie
heute messen wollen. Sie haben damals gesagt – ich zi-
tiere –:

… nicht einmal 1,5 Prozent Wachstum, wie Sie es,
meine Damen und Herren von der Opposition, im
Schnitt von 1995 und 1998 trotz boomender US-
Konjunktur „eingefahren“ haben – das ist einfach
zu wenig.

Herr Bundesminister, vor wenigen Tagen prognostizierte
der Sachverständigenrat für das kommende Jahr ein
Wachstum von lediglich 1,4 Prozent. Herr Minister, das
ist zu wenig für Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Joachim Poß [SPD]: Das Institut der deutschen Wirtschaft sagt: 2 Prozent!)


Wenn wir uns die Prognosen des Ifo-Instituts einmal
vergegenwärtigen, das voraussagt, dass in den kommen-
den Jahren gerade auch im Mittelstand ein weiterer Ver-
lust von Arbeitsplätzen ins Ausland zu erwarten ist, dann
ist das alles andere als erfolgversprechend. Den Silber-
streif am Horizont, den Sie glauben zu entdecken, müs-
sen Sie uns einmal deutlich zeigen.

Was ist nämlich die Realität? Karstadt, Opel in Bo-
chum und in Rüsselsheim – jeden Tag kommt eine neue
Tatarenmeldung in Deutschland. Wo hier Zuversicht auf-
kommen soll, bleibt Ihr Geheimnis.


(Zuruf des Abg. Peter Dreßen [SPD])

– Schreien Sie nicht so! – Nicht die Opposition, sondern
die Bundesregierung mit ihrem Kurs der planvollen
Wachstumsverweigerung bzw. Wachstumsverhinderung
verbreitet hier ein Klima der Perspektivlosigkeit; das ist
es.

(Peter Dreßen [SPD]: Bei solch einem Schwachsinn muss man sich aufregen!)


Unser Land wird unter Wert regiert. Die Menschen in
Deutschland haben eine bessere Regierung verdient. Der
Königsweg lautet Wachstum. Ich nenne Ihnen drei Be-
reiche, in denen Sie dieses Hauptziel verfolgen sollten,
um aus dem Schlamassel herauszukommen.


(Peter Dreßen [SPD]: Eine fähige Opposition wäre schon etwas!)


Ein erster Punkt ist die Energieversorgung: Sie ha-
ben ein Energiegesetz jahrelang verschleppt. Nach den
Vorgaben der Europäischen Union hätten Sie schon zum
1. Juli 2004 ein derartiges Gesetz vorlegen sollen. Nicht
zuletzt deshalb liegen 40 Milliarden Euro für Ersatzin-
vestitionen im Bereich der Energiewirtschaft brach.
Diese Investitionen, die zunächst keine Steuergelder be-
dingen, werden nur dann getätigt werden, wenn Klarheit
herrscht. Wenn Unklarheit das Wesensmerkmal Ihrer Po-
litik ist, dann wird nicht investiert, dann herrscht Still-
stand.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Rainer Brüderle [FDP])


Ich möchte einen zweiten Punkt herausgreifen. Wir
sehen mit Sorge, dass die Konkurrenzfähigkeit Deutsch-
lands bei bestimmten Produkten im Zuge der Globalisie-
rung abnimmt. Was ist die Folge daraus? – Wir müssen
um so viel besser sein, wie wir in Deutschland teurer
sind. Dieser Abstand muss immer eingehalten werden.
Erreichen können wir das mit einer engen örtlichen und
systematischen Vernetzung von Innovation, For-
schung und Produktion, der so genannten Clusterbil-
dung. Dabei müssen die Schwerpunkte eindeutig auf der
Spitzentechnologie liegen. Nur so wird Deutschland sei-
nen Vorsprung erhalten und einen neuen Vorsprung
schaffen. Wir brauchen die forschungsintensive kom-
plexe Wertschöpfung mit Systemlösungen, die von der
Billigkonkurrenz nicht leicht imitiert werden kann.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514209100

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Willsch?

Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1514209200

Gerne.


(Klaus Brandner [SPD]: Habt ihr keine Fraktionssitzung?)



Klaus-Peter Willsch (CDU):
Rede ID: ID1514209300

Herr Kollege Singhammer, Sie haben gerade über

Forschung und Innovation gesprochen. In diesem Zu-
sammenhang möchte ich Ihnen folgenden Vorgang schil-
dern:

Die Bundesregierung hat sich bei der Verabschiedung
des Einzelplanes 30 dafür feiern lassen, dass seitens der
Koalition 10 Millionen Euro für die nationale Weltraum-
forschung zusätzlich zur Verfügung gestellt wurden.
Nun hat mich unmittelbar danach folgende Information
erreicht: Nachdem zur Erwirtschaftung der globalen






(A) (C)



(B) (D)


Klaus-Peter Willsch

Minderausgabe schon für das laufende Jahr 8 Millio-
nen Euro zulasten der nationalen Weltraumforschung
gingen, sind für das nächste Jahr gleich noch einmal
5,5 Millionen Euro vorgesehen.

Stimmen Sie mir zu, dass von der Regierung vor allen
Dingen Rosstäuscherei betrieben wird und in diesem Be-
reich keine reale Politik gemacht wird?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Johannes Singhammer (CSU):
Rede ID: ID1514209400

Ich stimme dem zu, und zwar aus gutem Grund. An

diesem Beispiel sehen wir wiederum, dass Taten und
Worte weit auseinander klaffen. Wenn es zukünftig eine
Chance auf sichere Arbeitsplätze in Deutschland geben
soll, dann im Bereich der Hochtechnologie. Wenn wir
die wenigen Ressourcen bündeln, dann dort. Für jeden
Euro, den wir an der falschen Stelle einsparen, müssen
wir doppelt so viel bei der Bundesagentur für Arbeits-
lose ausgeben. Das ist die Wahrheit. Deshalb ist dies
eine falsche Politik.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es ist richtig und notwendig, dass sich auch die Bun-

desregierung systematisch überlegt: Wie kommen wir
mit der so genannten Clusterbildung voran? Es gibt ei-
nige Bundesländer – es sind vor allem die unionsregier-
ten Länder –, die hier erfolgreich sind. Ich nenne zum
Beispiel Sachsen mit der Chipindustrie am Standort
Dresden. Ich denke hier auch an Bayern, wo wir in Mün-
chen vor kurzem die so genannte Neutronenquelle in Be-
trieb genommen haben – heftig kritisiert und lange blo-
ckiert von dieser Bundesregierung. Die Folgen sind sehr
schnell sichtbar geworden: Nach nur wenigen Monaten
Betriebszeit eröffnet dort General Electric ein großes
Forschungszentrum und mittelständische Industrie sie-
delt sich an. Es entsteht ein so genannter industrieller
Kern mit sicheren Arbeitsplätzen in der Hochtechnolo-
gie. Diese Art der Vernetzung in vielen unserer Lan-
desteile mit einem klaren Plan und einer klaren Strategie
vermissen wir bei der Bundesregierung. Wir stellen hier
nur fest: Ideenlosigkeit regiert allenthalben.

Mein dritter Punkt: Wir brauchen zur Sicherung von
Arbeitsplätzen und des industriellen Standorts Deutsch-
land eine Bundesregierung, die deutsche Interessen
vertritt. Was meine ich damit, Herr Bundesminister
Clement? Was war Ihre Reaktion auf die unredlich ge-
führte Übernahmeschlacht zwischen Sanofi und Aventis,
bei der die französische Regierung in massivster Form
eingegriffen hat, um den Standort Frankreich durchzu-
setzen? Was haben Sie in der Folgezeit getan, um für den
deutschen Industriestandort gleiche und faire Bedingun-
gen zu erreichen? Was haben Sie getan, um derartig ag-
gressive Praktiken in Zukunft zu verhindern? Was haben
Sie getan, als Siemens überlegte, mit Alstom ins Ge-
schäft zu kommen, und die französische Regierung die
Verhandlungen gestoppt hat?

Wir wollen nicht interventionistisches Fehlverhalten
mit gleicher Münze zurückzahlen; das sage ich ganz
klar. Aber eine Arbeitsteilung in Europa mit der Grundli-
nie „Zentrale in Paris und Filiale in Berlin“ liegt – so
empfinden wir das – nicht im deutschen Interesse. Dabei
geht es nicht um theoretische Diskussionen, sondern
massiv um Arbeitsplätze. Wo werden denn die Arbeits-
plätze zuerst abgebaut: in der Zentrale oder in der Filiale?
Jeder von uns kennt die Antwort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Deshalb erwarten wir von Ihnen, Herr Minister, und
von dieser Bundesregierung einen Einsatz für deutsche
Interessen und deutsche Arbeitsplätze mit messbaren Ef-
fekten. Denjenigen, die in den vergangenen zwölf Mona-
ten ihren Arbeitsplatz verloren haben, hat die rot-grüne
Wirtschaftspolitik nicht geholfen. Wir wollen, dass nicht
weitere Hunderttausende ein ähnliches Schicksal erlei-
den. Deshalb sage ich: Statt einer asozialen Haushaltspo-
litik brauchen wir eine soziale Wachstumspolitik für
Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514209500

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den Einzel-

plan 09, Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit,
in der Ausschussfassung. Hierzu liegen vier Änderungs-
anträge vor, über die wir zuerst abstimmen. Wer stimmt
für den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf
Drucksache 15/4348? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der
Koalition, der FDP und der beiden Abgeordneten
Dr. Lötzsch und Pau gegen die Stimmen der CDU/CSU
abgelehnt.

Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion der
CDU/CSU auf Drucksache 15/4349? – Wer stimmt da-
gegen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist mit
den Stimmen der Koalition, der FDP und der beiden Ab-
geordneten Dr. Lötzsch und Pau gegen die Stimmen der
CDU/CSU abgelehnt.

Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion
der CDU/CSU auf Drucksache 15/4350. Die Fraktion
der CDU/CSU verlangt namentliche Abstimmung. Ich
bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorge-
sehenen Plätze einzunehmen. Sind die Plätze an den Ur-
nen besetzt? – Das ist der Fall. Dann eröffne ich die Ab-
stimmung.

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall.
Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schrift-
führerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu
beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen
später bekannt gegeben.

Ich weise darauf hin, dass wir jetzt noch über einen
weiteren Änderungsantrag abstimmen und nach der Aus-
zählung über den Einzelplan 09 – Bundesministerium
für Wirtschaft und Arbeit – abstimmen werden.






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner


(Schönebeck) Holger HaibachGerda Hasselfeldt

Dr. Klaus W. Lippold Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Manfred Carstens (Emstek)

Peter H. Carstensen

(Nordstrand)


Gitta Connemann
Leo Dautzenberg
Hubert Deittert
Alexander Dobrindt
Vera Dominke
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann

Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Siegfried Helias
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Robert Hochbaum
Klaus Hofbauer
Dr. Michael Luther
Dorothee Mantel
Erwin Marschewski

(Recklinghausen)


Stephan Mayer (Altötting)

Dr. Conny Mayer (Freiburg)

Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Dr. Angela Merkel

Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe
Albert Rupprecht (Weiden)

Peter Rzepka
Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr. Wolfgang Schäuble
Andreas Scheuer
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Angela Schmid
Cajus Julius Caesar Klaus-Jürgen Hedrich

(Offenbach)


Patricia Lips
Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith
Wir kommen zur Abstimm
antrag der Abgeordneten Dr
Pau auf Drucksache 15/4351.
derungsantrag? – Wer stimmt
Der Änderungsantrag ist mit
der CDU/CSU und der FDP
den PDS-Abgeordneten abge

Bis zum Vorliegen des Er
Abstimmung unterbreche ich

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 577;
davon

ja: 236
nein: 341

Ja
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Artur Auernhammer
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck

(Reutlingen)


Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Dr. Rolf Bietmann
Clemens Binninger
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Dr. Maria Böhmer
Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Helge Braun
Georg Brunnhuber
Verena Butalikakis
Hartmut Büttner
ung über den Änderungs-
. Gesine Lötzsch und Petra
Wer stimmt für diesen Än-
dagegen? – Enthaltungen? –
den Stimmen der Koalition,
gegen die Stimmen der bei-
lehnt.
gebnisses der namentlichen
die Sitzung.

Anke Eymer (Lübeck)

Georg Fahrenschon
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Enak Ferlemann
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)


Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Jochen-Konrad Fromme
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Roland Gewalt
Eberhard Gienger
Georg Girisch
Michael Glos
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Kurt-Dieter Grill
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Karl-Theodor Freiherr von
und zu Guttenberg

Olav Gutting

(Unterbrechung von 1 Die unterbrochene Sitzung Ich gebe das von den Sch führern ermittelte Ergebnis d mung über den Änderungsan CSU zu Einzelplan 09 auf Dr Abgegebene Stimmen 577. M mit Nein haben gestimmt keine. Der Änderungsantrag Joachim Hörster Hubert Hüppe Susanne Jaffke Dr. Peter Jahr Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Steffen Kampeter Irmgard Karwatzki Bernhard Kaster Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)


Volker Kauder
Gerlinde Kaupa
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Kristina Köhler (Wiesbaden)

Manfred Kolbe
Norbert Königshofen
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Michael Kretschmer
Günther Krichbaum
Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn (Zingst)

Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Helmut Lamp
Barbara Lanzinger
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Eduard Lintner
2.05 bis 12.11 Uhr)
ist wieder eröffnet.
riftführerinnen und Schrift-
er namentlichen Abstim-
trag der Fraktion der CDU/
ucksache 15/4350 bekannt.
it Ja haben gestimmt 236,

341, Enthaltungen gab es
ist damit abgelehnt.

Friedrich Merz
Laurenz Meyer (Hamm)

Doris Meyer (Tapfheim)

Maria Michalk
Hans Michelbach
Klaus Minkel
Marlene Mortler
Dr. Gerd Müller
Stefan Müller (Erlangen)

Bernward Müller (Gera)

Hildegard Müller
Bernd Neumann (Bremen)

Henry Nitzsche
Michaela Noll
Günter Nooke
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Melanie Oßwald
Eduard Oswald
Rita Pawelski
Dr. Peter Paziorek
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)

Katherina Reiche
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Hannelore Roedel
Franz Romer






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt (Fürth)

Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Kurt Segner
Matthias Sehling
Marion Seib
Heinz Seiffert
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Jens Spahn
Erika Steinbach
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Antje Tillmann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Uwe Vogel
Andrea Astrid Voßhoff
Gerhard Wächter
Marko Wanderwitz
Peter Weiß (Emmendingen)

Gerald Weiß (Groß-Gerau)

Ingo Wellenreuther
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer (Neuss)

Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Elke Wülfing
Wolfgang Zeitlmann
Wolfgang Zöller
Willi Zylajew
Fraktionslose Abgeordnete
Dr. Gesine Lötzsch
Petra Pau

Nein
SPD
Dr. Lale Akgün
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr (Neuruppin)

Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Sören Bartol
Sabine Bätzing
Uwe Beckmeyer
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Hans-Werner Bertl
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig
Gerd Friedrich Bollmann
Klaus Brandner
Willi Brase
Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Edelgard Bulmahn
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Marion Caspers-Merk
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Karl Diller
Martin Dörmann
Peter Dreßen
Elvira Drobinski-Weiß
Detlef Dzembritzki
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Hans Eichel
Martina Eickhoff
Marga Elser
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich (Mettmann)

Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Alfred Hartenbach
Michael Hartmann

(Wackernheim)


Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Petra Heß
Monika Heubaum
Gisela Hilbrecht
Gabriele Hiller-Ohm
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Iris Hoffmann (Wismar)

Frank Hofmann (Volkach)

Eike Hovermann
Klaas Hübner
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Dr. h.c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Hans-Ulrich Klose
Astrid Klug
Dr. Bärbel Kofler
Dr. Heinz Köhler
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Rolf Kramer
Anette Kramme
Ernst Kranz
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Dr. Hans-Ulrich Krüger
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Dr. Uwe Küster
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Christine Lehder
Waltraud Lehn
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann
Gabriele Lösekrug-Möller
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Lothar Mark
Caren Marks
Hilde Mattheis
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Petra-Evelyne Merkel
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Ursula Mogg
Michael Müller (Düsseldorf)

Christian Müller (Zittau)

Gesine Multhaupt
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Volker Neumann (Bramsche)

Dietmar Nietan
Dr. Erika Ober
Holger Ortel
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Karin Rehbock-Zureich
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Christel Riemann-
Hanewinckel

Walter Riester
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth (Esslingen)

Michael Roth (Heringen)

Gerhard Rübenkönig
Ortwin Runde
Marlene Rupprecht

(Tuchenbach)


Thomas Sauer
Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)

Gudrun Schaich-Walch
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Horst Schmidbauer

(Nürnberg)


Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt (Meschede)

Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Heinz Schmitt (Landau)

Carsten Schneider
Walter Schöler
Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Wilfried Schreck
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Brigitte Schulte (Hameln)

Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Swen Schulz (Spandau)

Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Christoph Strässer
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben

Renate Künast
Markus Kurth

Ernst Burgbacher
Helga Daub Dr. Dieter Thomae
Waltraud Wolff

(Wolmirstedt)


Heidi Wright
Uta Zapf

Wir stimmen nun über den
schussfassung ab. Wer stimm
gegen? – Enthaltungen? – De
Stimmen der Koalition bei
CSU, der FDP und der beide
nommen.

Ich rufe die Tagesordnung
I.19 Einzelplan 15

Bundesministerium
Soziale Sicherung
– Drucksachen 15/431
Berichterstattung:
Abgeordnete Waltraud
Dr. Michael Luther
Anja Hajduk
Otto Fricke

I.20 Erste Beratung des vo
gebrachten Entwurfs e
fachung der Verwalt

(Verwaltungsve – Drucksache 15/4228 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Gesundheit u Undine Kurth Dr. Reinhard Loske Anna Lührmann Jerzy Montag Einzelplan 09 in der Aust dafür? – Wer stimmt dar Einzelplan 09 ist mit den Gegenstimmen der CDU/ n PDS-Abgeordneten ange spunkte I.19 bis I.21 auf: für Gesundheit und 3, 15/4323 – Lehn n der Bundesregierung einines Gesetzes zur Vereinungsverfahren im Sozialreinfachungsgesetz)


nd Soziale Sicherung (f)

Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)


Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss

I.21 Beratung des Antrag
Seehofer, Andreas S
Mauz, weiterer Abge
der CDU/CSU
Wirkungen und Ne
Modernisierungsgese
standsaufnahme
– Drucksache 15/4135
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit u
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft un
Ausschuss für Familie, Sen
Haushaltsausschuss

Über den Änderungsantra
CSU auf Drucksache 15/43
Einzelplan 15 bezieht, ist ber
gestimmt worden.

Nach einer interfraktione
die Aussprache eineinhalb S
höre keinen Widerspruch.
Jürgen Türk
Dr. Guido Westerwelle
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing

s der Abgeordneten Horst
torm, Annette Widmann-
ordneter und der Fraktion

benwirkungen des GKV-
tzes – Kritische Be-


nd Soziale Sicherung (f)


d Arbeit
ioren, Frauen und Jugend

g der Fraktion der CDU/
40, der sich auch auf den
eits beim Einzelplan 08 ab-

llen Vereinbarung sind für
tunden vorgesehen. – Ich
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Hans-Jürgen Uhl
Rüdiger Veit
Simone Violka
Jörg Vogelsänger
Ute Vogt (Pforzheim)

Dr. Marlies Volkmer
Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Andreas Weigel
Petra Weis
Reinhard Weis (Stendal)

Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker

Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Andrea Wicklein
Jürgen Wieczorek (Böhlen)

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Brigitte Wimmer (Karlsruhe)

Engelbert Wistuba
Barbara Wittig

Manfred Helmut Zöllmer
Dr. Christoph Zöpel
BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Kerstin Andreae
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Cornelia Behm
Birgitt Bender
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Dr. Thea Dückert
Jutta Dümpe-Krüger
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Joseph Fischer (Frankfurt)

Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Winfried Hermann
Antje Hermenau
Peter Hettlich
Ulrike Höfken
Thilo Hoppe
Jutta Krüger-Jacob
Fritz Kuhn
Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Friedrich Ostendorff
Simone Probst
Claudia Roth (Augsburg)

Krista Sager
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Rezzo Schlauch
Albert Schmidt (Ingolstadt)

Werner Schulz (Berlin)

Petra Selg
Ursula Sowa
Rainder Steenblock
Silke Stokar von Neuforn
Hans-Christian Ströbele
Marianne Tritz
Dr. Antje Vogel-Sperl
Dr. Antje Vollmer
Dr. Ludger Volmer
Josef Philip Winkler
Margareta Wolf (Frankfurt)

FDP
Dr. Karl Addicks
Daniel Bahr (Münster)

Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Christel Happach-Kasan
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Dr. Heinrich L. Kolb
Hellmut Königshaus
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Markus Löning
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)


Eberhard Otto (Godern)

Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Andreas Pinkwart
Dr. Hermann Otto Solms
Carl-Ludwig Thiele






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege

Wolfgang Zöller, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1514209600

Grüß Gott, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Gestatten Sie mir zunächst, dass ich der Ge-
sundheitsministerin von ganzem Herzen Gesundheit
wünsche. Ich kann verstehen und als Politiker nachemp-
finden: Es kann wohl nichts Schlimmeres geben, als
wenn man seine Stimme verliert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nichtsdesto-
trotz muss man natürlich, wenn wir heute über den
Haushalt beraten, auch über die Halbzeitbilanz von Rot-
Grün reden, die nun einmal von anhaltendem wirtschaft-
lichen Niedergang und anhaltender hoher Arbeitslosig-
keit geprägt ist. Das belegen Ihre eigenen Zitate, meine
sehr geehrten Damen und Herren. Ich darf aus dem Ge-
setzentwurf der Bundesregierung zitieren:

Das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht ist im
Jahre 2004 ernsthaft gestört … Das Ziel eines ho-
hen Beschäftigungsstandes wird nach wie vor gra-
vierend verfehlt … Es zeichnet sich ab, dass der
Beschäftigungsrückgang deutlich stärker ausfallen
wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit doku-
mentiert die Bundesregierung selbst, dass sie mit ihrer
Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik völlig geschei-
tert ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das Schlimme daran ist, dass wir dieses Trauerspiel nun
im fünften Jahr in Folge erleben müssen.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

Dies hat natürlich auch Folgen für die bestehenden

sozialen Sicherungssysteme. Die Rentenkassen sind
leer. Die Rücklagen sind aufgebraucht. Es ist zu befürch-
ten, dass die Rentner immer öfter eine Nullrunde hinneh-
men müssen. Kein Problem ist nachhaltig gelöst. Alles
wird ständig auf künftige Generationen verschoben.

Auch in der Pflegeversicherung hat die Bundesregie-
rung in den letzten Jahren die Einnahmeseite durch poli-
tische Fehlentscheidungen verschlechtert. Noch 1998
hatte die Pflegeversicherung einen Überschuss in Höhe
von rund 5 Milliarden Euro. Nun ist zu befürchten, dass
im kommenden Jahr die Mindestreserve in Höhe von
0,8 Milliarden Euro nicht mehr gehalten werden kann.
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass der seit 1995 sta-
bile Beitragssatz in Höhe von 1,7 Prozent nicht mehr
ausreichen wird, um die Pflegeleistungen verlässlich zu
finanzieren.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Mit dem Zusatzbeitrag haben die schon an der Schraube gedreht!)


Was hat die Bundesregierung dagegen unternommen?
Sie hat eine – nach meiner Meinung: einfallslose – Bei-
tragserhöhung vorgenommen, indem sie versucht hat,
das Bundesverfassungsgerichtsurteil, das – man be-
achte! – am 3. April 2001 erlassen wurde, dreieinhalb
Jahre später, also kurz vor Toresschluss, umzusetzen, al-
lerdings auf eine Art, die in keiner Weise den Vorgaben
des Bundesverfassungsgerichtsurteils entspricht. Statt
Versicherte mit Kindern zu entlasten, wird das Bundes-
verfassungsgerichtsurteil durch die einseitige Beitragser-
höhung für Kinderlose zum Stopfen von selbst verschul-
deten Finanzlöchern missbraucht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ein solcher Strafbeitrag für Kinderlose widerspricht dem
Geist des Bundesverfassungsgerichtsurteils.

Die gesetzliche Krankenversicherung tritt trotz
Mehreinnahmen und Einsparungen ebenfalls auf der
Stelle. Die Krankenkassen sind nicht in der Lage, die
Entlastungen als Beitragssenkungen an die Versicherten
weiterzugeben.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das haben wir schon im letzten Sommer gesagt!)


Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe: zum einen das
Wegbrechen der Einnahmen – auch hier müssen Sie sich
wieder den Vorwurf gefallen lassen, eine verfehlte Wirt-
schafts- und Beschäftigungspolitik betrieben zu haben –
und zum anderen die falschen Angaben über die tatsäch-
liche Verschuldung der Krankenkassen. Während die
Bundesregierung noch im letzten Jahr von 4 Milliarden
Euro gesprochen hat, muss man heute fairerweise von
8 Milliarden Euro Verschuldung ausgehen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf des Abg. Jörg Tauss [SPD])


– Herr Kollege Tauss, Ihre Zurufe sind vom Inhalt her
nicht immer die interessantesten. Aber als Gesundheits-
politiker sei mir gestattet, darauf hinzuweisen, dass Ihre
Zurufe von der Lautstärke her allmählich gesundheitsge-
fährdend für Ihre Nachbarn sind.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ohne das gemeinsam mit uns verabschiedete Gesund-
heitsmodernisierungsgesetz läge der Beitragssatz in
der gesetzlichen Krankenversicherung heute über
15 Prozent.

Den Sozialkassen droht der finanzielle Offenba-
rungseid. Aber hier geht es nicht nur um ein finanzielles
Problem. Dies hätte vielmehr auch massive Auswirkun-
gen auf die Stabilität und den inneren Zusammenhalt un-
serer Gesellschaft. Dieser steht auf dem Spiel. Wer die
soziale Sicherung in ihren Grundfesten gefährdet, der
riskiert gesellschaftspolitische Konflikte. Deshalb ist es
die politische Pflicht aller demokratischen Parteien – da-
rin sollten wir uns in diesem Hohen Hause einig sein –,
Konzepte zu entwickeln, die uns aus dieser Misere he-
rausführen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) (C)



(B) (D)


Wolfgang Zöller

Die Union hat sich dieser Verantwortung gestellt. Ob-

wohl sie in der Opposition ist, hat sie klare Reformvor-
schläge gemacht.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo denn? Erklären Sie uns das einmal! – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich bin neugierig, Herr Zöller!)


– Da Sie unruhig auf den Stühlen herumrutschen, ver-
mute ich, dass Sie mehr über unsere solidarische Ge-
sundheitsprämie wissen wollen. Ich möchte in diesem
Zusammenhang zwei wesentliche Punkte ansprechen.
Erstens. Durch die Festschreibung der Arbeitgeberbei-
träge kommt es erstmals zu einer Entkopplung der Ar-
beitskosten von den Gesundheitskosten. Dadurch ver-
bessern wir die Chancen für die Schaffung von
Arbeitsplätzen. Dies sollte eigentlich unser gemeinsa-
mes Anliegen sein, damit es in Deutschland wieder auf-
wärts geht.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Zweitens. Es werden erstmals auch die Besserver-

dienenden zum solidarischen Ausgleich herangezogen.
Gesamtgesellschaftliche Aufgaben sollten auch von der
Gemeinschaft finanziert werden.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: So ist es! – Waltraud Lehn [SPD]: Das ist eine abenteuerliche Rede!)


Deshalb ist eine Finanzierung der Beiträge für Kinder
aus Steuermitteln system- und sachgerecht.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dies ist übrigens eine konsequente Fortführung unserer
Bestrebungen, versicherungsfremde Leistungen aus der
gesetzlichen Krankenversicherung herauszunehmen.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie groß sind denn die Finanzlöcher? Können Sie uns darüber einmal aufklären?)


Das von der Union vorgelegte Reformkonzept

(Jörg Tauss [SPD]: Ist Unfug!)


bietet darüber hinaus weitere Ansätze für eine konkrete
Ausgestaltung.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514209700

Herr Kollege Zöller, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Dreßen?


Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1514209800

Ja, bitte schön.


Peter Dreßen (SPD):
Rede ID: ID1514209900

Herr Kollege Zöller, können Sie mich einmal darüber

aufklären, wie es mit der Finanzierung nun wirklich aus-
sieht?


(Otto Fricke [FDP]: Wir haben nicht stundenlang Zeit!)

Bei Einführung der Kopfpauschale wollen Sie den Spit-
zensteuersatz um drei Prozentpunkte senken. Das heißt,
der Staat hat 6 Milliarden Euro weniger in der Kasse.
Hinzu kommt – das geben Sie selbst zu –, dass Ihr Kom-
promiss einen Zuschuss aus Steuermitteln in Höhe von
14 Milliarden Euro vorsieht. Insgesamt sind also zusätz-
lich 20 Milliarden Euro aufzubringen. Können Sie mich
jetzt einmal darüber aufklären, von welcher Stelle des
Haushalts Sie diese 20 Milliarden Euro nehmen wollen?
Wollen Sie die Rente oder irgendwelche Subventionen
kürzen?


Wolfgang Zöller (CSU):
Rede ID: ID1514210000

Herr Kollege Dreßen, es wäre mir wesentlich lieber,

wir könnten uns einmal über ein Konzept von Ihnen un-
terhalten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Sie sind nämlich an der Regierung und nicht wir.
Um auf Ihre Frage konkret zu antworten: Es ist nicht

redlich, immer nur die eine Seite zu sehen. Wir haben
gesagt: Die Finanzierung muss im Zusammenhang mit
der Steuerreform gesehen werden. Sie werden sich wun-
dern, wie gut man unsere Vorschläge bei den Beratungen
in diesem Haus finden wird.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen doch die Steuern senken!)


Wir wollen auch strukturelle Komponenten einbauen.
Dadurch wollen wir mehr Transparenz, mehr Wettbe-
werb und – das ist ganz wichtig – endlich einmal weni-
ger staatliche Reglementierung im Gesundheitswesen er-
reichen.


(Waltraud Lehn [SPD]: Das ist Ihnen voll gelungen! – Jörg Tauss [SPD]: Mutig!)


Wir wollen auch, dass die Wahlmöglichkeiten der Ver-
sicherten wesentlich verbessert werden.

Die Opposition legt konkrete Vorschläge vor.

(Erika Lotz [SPD]: Konkret?)


Von der Regierung dagegen habe ich bisher kein schlüs-
siges Konzept gehört.


(Peter Dreßen [SPD]: Haben Sie noch nie was von der Bürgerversicherung gehört?)


– Ich bin für das Stichwort „Bürgerversicherung“ dank-
bar. Korrekterweise müssten Sie es „Bürgerzwangsver-
sicherung“ nennen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Waltraud Lehn [SPD]: Ja, genau!)


Es ist besonders bemerkenswert, dass sich bisher weder
die Fraktion noch die Ministerin noch der Kanzler öf-
fentlich zur Bürgerzwangsversicherung bekannt haben.
Das wundert mich. Ich will einmal sehen, wie Sie dazu
stehen. Auch Sie sollten endlich kapieren: Sozial ist, was






(A) (C)



(B) (D)


Wolfgang Zöller

Arbeit schafft. Danach sollten wir die Maßnahmen aus-
richten, um das Ziel zu erreichen.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat Ihnen Frau Merkel den Redenschreiber überlassen?)


Leider ist festzuhalten: Unter Rot-Grün wurden die
Sozialsysteme, ob Renten-, Pflege-, Arbeitslosen- oder
Krankenversicherung, finanziell an die Wand gefahren.
Das Schlimmste dabei ist: Man sieht keine Konzepte.
Die Bürger sehen keine Perspektive, wie man aus dieser
Misere herauskommt. Rot-Grün hat zwei Jahre vor der
Bundestagswahl keinen Mut mehr, die notwendigen Re-
formen anzupacken. Die Union handelt getreu einer Kol-
ping-Devise: Wer Mut hat, macht Mut.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dr. h. c. Susanne Kastner Vizepräsidentin:
Das Wort hat die Kollegin Waltraud Lehn, SPD-Frak-

tion.

Waltraud Lehn (SPD):
Rede ID: ID1514210100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der Haushalt des Bundesministeriums für Gesundheit
und Soziale Sicherung ist vor dem Hintergrund einer
zweifelsfrei schwierigen Haushaltssituation beraten wor-
den. Dennoch: Dieser Haushalt bleibt ein sozialer Haus-
halt. Die aktuelle Steuerschätzung erwartet für das
nächste Jahr Steuereinnahmen von etwa 190 Milliarden
Euro. Davon werden wir allein 128 Milliarden Euro für
soziale Leistungen ausgeben, also gut 67 Prozent. Das
heißt im Klartext: Von 100 Euro, die wir an Steuerein-
nahmen haben, geben wir 67 Euro für soziale Leistungen
aus:


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Den Rest macht ihr mit Schulden!)


bei der Arbeitslosenhilfe angefangen über die Jugend-
hilfe bis hin zur Rente.

Wir unterstützen und begleiten mit dem Haushalt
2005 die Reformpolitik von Bundeskanzler Gerhard
Schröder mit einem starken sozialen Beitrag. Ohne
Frage: Wir muten den Menschen mit unserer Reformpo-
litik Veränderungen zu, aber nehmen unsere soziale Ver-
antwortung ernst – ganz im Gegensatz zu Ihnen.


(Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Schauen Sie einmal, wie es in der Rentenkasse aussieht!)


Eine Streichorgie ohne Ende bei den sozialen Leis-
tungen wollte die Union bei der Beratung im Haushalts-
ausschuss durchsetzen.


(Zuruf von der SPD: Unglaublich!)

Es ist beschämend, Herr Zöller, dass Sie hier so reden.
Entweder haben Sie keine Ahnung oder Sie sagen be-
wusst die Unwahrheit. Beides disqualifiziert Sie.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Diese Aussage von Ihnen hat Sie disqualifiziert!)


Sie haben 19 Kürzungsanträge mit Eingriffen zum Bei-
spiel bei den Leistungen für chronisch Kranke und Pfle-
gebedürftige oder bei den Mitteln für die Aidsbekämp-
fung gestellt!


(Andreas Storm [CDU/CSU]: So ein Blödsinn!)


– Oh nein, kein Blödsinn! Ich gebe Ihnen die Anträge
gleich zum Einrahmen, damit Sie das nachlesen kön-
nen. – Der designierte Nachfolger von Herrn Seehofer
stellt sich hierhin und tut so, als wäre die Absicht der
Union, eine Wohltat nach der anderen zu verteilen. Da-
von sollte sich das ganze Parlament distanzieren. So geht
es nicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Gleich ganz streichen wollten Sie den Bundeszu-
schuss zu den familienpolitischen Leistungen. Wenn
ich mich nicht irre, Herr Zöller, waren Sie doch dabei,
als Herr Seehofer das in den Koalitionsverhandlungen –
in den Verhandlungen zur Gesundheitsreform durchge-
setzt hat.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


– Das war gut, nicht? Aber das war ja auch so etwas wie
eine große Koalition in Fragen der Gesundheit. Wir wür-
den uns wünschen, dass wir in den Fragen, die für die
Bevölkerung so zentral sind, weiterhin gut zusammenar-
beiten können.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ist das ein Liebeswerben, Frau Lehn?)


Aber die Zusammenarbeit haben Sie durch das, was Sie
jetzt vorgelegt haben, denke ich, eindeutig aufgekündigt.

Der Zwangsgemeinschaft Merkel/Stoiber ist nichts
mehr heilig, kein sozialpolitisches Handeln und kein So-
zialpolitiker. Horst Seehofer wurde auf dem Altar eines
schon jetzt erkennbar brüchigen inneren Friedens geop-
fert. Kein Wunder, dass er jetzt ins Kloster will!

Die mühsam versammelte Union geht auch, und zwar
weit weg, weit weg von sozialer Verantwortung und weit
weg von sozialer Gerechtigkeit. Mit ihrem Lohn-
nebenkostenabkopplungs-Einheitspauschale-Steueran-
teils-Modell hat die Union ein ebenso unsoziales wie bü-
rokratisches Monstrum vorgelegt.


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Wo ist denn euer Modell?)


Sie von der Union wurden getrieben – von der Notwen-
digkeit, endlich mehr als Allgemeinplätze auf den Tisch
zu legen und endlich den Streit in den eigenen Reihen zu
schlichten, und zwar den Streit zwischen den Radikalre-
formern der CDU und den doch wertebewussteren Mit-
gliedern der CSU.


(Albrecht Feibel [CDU/CSU): Sagen Sie doch

mal, was Sie wollen! – Jens Spahn [CDU/






(A) (C)



(B) (D)


Waltraud Lehn

CSU]: Was wollen Sie denn? – Gegenruf des
Abg. Klaus Kirschner [SPD]: Bürgerversiche-
rung, ist doch klar!)

Was ist das Resultat? Verriss des Papiers durch alle,
aber wirklich alle Experten. Alle stimmen in Folgendem
überein: zu bürokratisch, sozial unausgewogen, ohne
Antworten auf Zukunftsfragen. Das Allerbezeichnendste
aber ist: Sie von der CDU/CSU können nicht mit Geld
umgehen; Sie können nicht rechnen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU)


– Ich verstehe, dass Ihnen das wehtut. Sie können nach-
weislich nicht rechnen.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Der 11.11. war doch schon!)


Unklar bleibt nur, was zuerst da war: die gedankliche
Verwirrung oder das Zahlenwirrwarr in Ihrer Rechnung.
Wirr jedenfalls ist das, was hinten herauskommt.


(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie fragen, wie ich dazu komme, so etwas zu

sagen, dann antworte ich Ihnen: Die Experten, und zwar
alle, haben Ihnen gesagt, dass Sie in Ihrem Konzept eine
Finanzierungslücke – das war die Krönung – in Höhe
von rund 18 Milliarden Euro haben.


(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)

Wir reden nicht von ein paar Hunderttausend, wir reden
auch nicht von ein paar Millionen, wir reden von
18 Milliarden Euro.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hildegard Müller [CDU/CSU]: Das ist nichts gegen Ihren Haushalt! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


Das gilt schon jetzt. Weiterhin ist völlig unklar, wie es
mit der Prämie in Höhe von 109 Euro, die, wie schon
gesagt, völlig falsch berechnet wurde, weitergehen soll.
Wir haben nämlich – auch das sagen die Experten über-
einstimmend – steigende Gesundheitskosten. Die fünf
Wirtschaftsweisen erwarten, dass eine solche Prämie in
den nächsten Jahrzehnten massiv angehoben werden
müsste. Ganz konkret sagen die Wirtschaftsweisen, dass
die Prämie bereits in zehn Jahren – das ist ein überschau-
barer Zeitraum – bei 239 Euro,


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Aber nur, wenn ihr an der Regierung bleibt! – Gegenruf des Abg. Klaus Kirschner [SPD]: So lange bleiben wir dran!)


2030 bei 331 Euro und 2050 sogar bei 500 Euro liegen
würde. Wer soll das denn bezahlen?


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514210200

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Luther?

Waltraud Lehn (SPD):
Rede ID: ID1514210300

Selbstverständlich. Wenn er schon nicht als Erster re-

den durfte, dann soll er jetzt wenigstens als Erster das
Wort zu einer Zwischenfrage haben.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Kümmern Sie sich um Ihr Zeug und nicht um unseres!)


Bitte, Herr Kollege Luther.

Dr. Michael Luther (CDU):
Rede ID: ID1514210400

Liebe Kollegin Lehn, Sie haben ja jetzt sehr ausführ-

lich Stellung zu dem Gesundheitsreformkonzept genom-
men, das die Union umsetzen möchte, wenn sie in der
Regierungsverantwortung steht, also sicher ab 2006.
Mich interessiert jetzt natürlich ganz besonders, was Sie
bis 2006 machen wollen. Auch Sie wissen, dass wir die
sozialen Sicherungssysteme nicht einfach so weiterlau-
fen lassen können. Ich bin auf Ihre Antwort sehr ge-
spannt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ich auch!)



Waltraud Lehn (SPD):
Rede ID: ID1514210500

Das ist eine gute Frage, weil ich jetzt etwas Redezeit

einspare. Ich springe nämlich jetzt fast an das Ende mei-
ner Rede


(Dr. Uwe Küster [SPD], zu Abg. Dr. Michael Luther [CDU/CSU] gewandt: Aber Sie dürfen stehend zuhören!)


– das ist wahr – und kann Ihnen dazu Folgendes sagen:
Zunächst einmal haben wir bereits Änderungen in den
Sozialsystemen vorgenommen. Wir haben das mit Au-
genmaß gemacht und dabei immer das Ziel vor Augen
gehabt, den Sozialstaat zu erhalten.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Davon wissen die Rentner ein Lied zu singen!)


Herr Luther, Sie wissen, dass Sie dabei erfreulicherweise
mitgeholfen haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es ist positiv, dass fast das ganze Haus mitgemacht hat.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wir haben den Mut, sogar noch weiter zu gehen!)


Nur die FDP hat nicht mitgemacht. Wir setzen in der Ge-
sundheitspolitik – das wissen doch auch Sie – auf die
Bürgerversicherung,


(Zuruf von der CDU/CSU: Wie sieht die denn aus?)


an der auch Selbstständige, an der auch Beamte und an
der auch Gutverdienende beteiligt werden sollen, und
zwar entsprechend ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber doch nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze!)


Wer viel hat, der soll viel geben. Wer wenig hat, der
muss nicht so viel bezahlen. Unser Modell der Bürger-
versicherung ist sozial gerecht, familienfreundlich und






(A) (C)



(B) (D)


Waltraud Lehn

zukunftsfähig. Im Übrigen bin ich gerne bereit, Ihnen,
damit Sie das auch im Detail nachlesen können – ich
verstehe ja, dass man das, was man nicht hören will, un-
gern zur Kenntnis nimmt –, das schriftlich zu geben. Sie
können das dann nachlesen und nacharbeiten.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir wollen es jetzt wissen! – Andreas Storm [CDU/CSU]: So etwas Dünnes! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514210600

Frau Kollegin, gestatten Sie eine weitere Zwischen-

frage des Kollegen Kolb?


Waltraud Lehn (SPD):
Rede ID: ID1514210700

Aber selbstverständlich.


(Rudolf Bindig [SPD]: Die Männer reizen dich!)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1514210800

Ich bedanke mich, Frau Kollegin. – Es klingt ja immer

so schön, wenn gesagt wird, auch diejenigen, die mehr
verdienen, sollen zur Finanzierung der GKV beitragen. Es
gibt aber doch eine Beitragsbemessungsgrenze in der
gesetzlichen Krankenversicherung. Denken Sie denn da-
ran, diese Beitragsbemessungsgrenze anzuheben? Das
wäre ja fatal, weil dadurch die Lohnnebenkosten steigen
würden. Wenn Sie sie nicht anheben, würde das Konzept
einer Bürgerversicherung darauf hinauslaufen, dass die
Mittelschicht in unserem Land mehr Beiträge zahlt, weil
neben dem Bruttoeinkommen zukünftig beispielsweise
Festgeldzinsen und Mieteinnahmen zusätzlich verbei-
tragt werden sollen und damit die Bemessungsgrundlage
verbreitert wird. Sie erzählen hier doch eine Mär! Von
der Bürgerversicherung werden doch nicht diejenigen
betroffen, die viel verdienen, sondern diejenigen, die ein
mittleres Einkommen haben!


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Stimmt das?


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Die Frage kann man mit Ja beantworten!)



Waltraud Lehn (SPD):
Rede ID: ID1514210900

Wenn eine Bürgerversicherung eingeführt wird, be-

deutet das selbstverständlich, dass das ganze System in
sich überdacht wird; sonst macht das keinen Sinn.


(Lachen bei der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ah!)


– Natürlich gehört das dazu, da muss man gar nicht
„Ah!“ sagen. Alles andere wäre doch geradezu blöd.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dann können wir es doch gleich richtig machen!)


Natürlich haben wir das System überdacht. Wir lassen
uns von dem Prinzip leiten, dass stärkere Schultern mehr
tragen können müssen als schwache Schultern.

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber wie ist es mit der Beitragsbemessungsgrenze?)


– Es macht natürlich Sinn, dass man nach oben eine
Grenze zieht, genauso wie man mit Blick auf die unteren
Einkommen sagt: Niemand soll prozentual übermäßig
belastet werden. Aber im Gegensatz zu dem Modell, das
die CDU/CSU auf den Tisch gelegt hat und von dem Sie
von der FDP sich, wie ich meine, zu Recht distanzieren,
weil Sie das selber für unsinnig halten, ist es bei unserem
Modell nicht so, dass der einzige Gewinner die Privat-
krankenkassen sind. Denn was machen Sie? Sie treiben
die Leute durch die Vielzahl von Entscheidungen, die
Sie schon in dem Papier stehen haben, zu den privaten
Kassen und sorgen dafür, dass sich zukünftig alle in vie-
len Bereichen – darauf komme ich gleich noch – zusätz-
lich versichern müssen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Frage nicht beantwortet!)


Ich sage der CDU/CSU: Vielleicht wäre es klug ge-
wesen, Sie hätten vorher einmal etwas intensiver, als Sie
es getan haben, über die Grenze in die Schweiz ge-
schaut, wo es, wie man weiß, die Kopfpauschale gibt.
1996 wurde dieses System dort eingeführt und innerhalb
von sieben Jahren ist die Durchschnittspauschale um
50 Prozent angestiegen.


(Rolf Stöckel [SPD]: Hört! Hört!)

Heute muss fast jeder Zweite in der Schweiz vom Staat
alimentiert werden, weil er die Beiträge selbst nicht
mehr aufbringen kann. Zurzeit findet in der Schweiz
eine Diskussion unter den Regierungsparteien darüber
statt, in welchem Umfang man Leistungen zukünftig be-
grenzen muss, wobei dort aus der allgemeinen Kopfpau-
schale ohnehin nicht so viel bezahlt wird, wie in
Deutschland bezahlt werden soll.

Das Unionskonzept ist schlecht gedacht und schlecht
gemacht. Aber geradezu gemeingefährlich ist, dass Sie
dabei etwas zu verschweigen versuchen, obwohl das un-
mittelbare und unvermeidbare Folge Ihres Konzeptes ist.
Nach dem Vorhaben der Union gibt es zukünftig weder
Krankengeld noch Zahnersatz. Viele familienpolitische
Leistungen der Krankenkassen wie beispielsweise das
Mutterschaftsgeld werden dann abgeschafft.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: So viel dummes Zeug auf einmal ist aber ein bisschen viel!)


Häusliche Krankenpflege und Mutter-Kind-Kuren fal-
len aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen he-
raus. Jeder wird diese Risiken dann privat absichern
müssen,


(Ilse Falk [CDU/CSU]: Wo steht das? – Hildegard Müller [CDU/CSU]: Was machen Sie denn nächstes Jahr?)


wenn er es denn überhaupt bezahlen kann. Auch jetzt
geht es doch schon lange nicht mehr um die 109 Euro
pro Person, sondern um viele weitere Euro für Zahner-
satz, Krankengeld und Steuern.






(A) (C)



(B) (D)


Waltraud Lehn


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Zum 01.07. nächsten Jahres habt ihr das doch beschlossen!)


– Herr Zöller, ich glaube, dass Sie das bis ins Mark trifft,
aber Sie hätten erst nachdenken sollen, bevor Sie ein
Konzept auf den Tisch legen.

Der Kommentar in der „Süddeutschen Zeitung“ am
15. November dieses Jahres zu Ihrem Konzept hat tref-
fend festgestellt:

Wenn der Gesundheitskompromiss das Gesellen-
stück zum Nachweis der Regierungsfähigkeit sein
sollte, kann man nur hoffen, dass diese Gesellen ...
nicht so schnell als Meister die Werkstatt Deutsch-
land übernehmen.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ihr seid doch die Zauberlehrlinge!)


Ich sage noch einmal:

(Zuruf von der FDP: Bitte nicht!)


Auch wir haben Veränderungen bei den Sozialleistungen
vorgenommen.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie haben keinen einzigen Vorschlag gemacht!)


Aber wir wollen den Sozialstaat im Rahmen des Mögli-
chen und mit den Menschen gemeinsam umbauen, um
ihn zu erhalten. Sozialstaat heißt für uns: Die Menschen
werden unterstützt, die Hilfe benötigen. Sozialstaat heißt
für uns aber auch: Wenn jemand Unterstützung nicht be-
nötigt, dann muss er auf Leistungen verzichten. Schließ-
lich heißt Sozialstaat für uns, dafür zu sorgen, dass sich
diejenigen, die mehr leisten können, stärker beteiligen.
Ich glaube deswegen, dass an der Bürgerversicherung
– wie immer sie im Detail ausgeprägt sein mag –


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist gerade das, was uns und auch die Menschen interessiert!)


kein Weg vorbeigeht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, zum Schluss meiner Rede

möchte ich mich bei meinen Mitberichterstattern, bei
Herrn Luther, Herrn Fricke und bei Frau Hajduk, recht
herzlich bedanken. Es war eine nicht einfache, aber letzt-
endlich sehr effektive Zusammenarbeit. Ich möchte mich
auch bei der Frau Ministerin und bei den Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeitern ihres Ministeriums, insbesondere
bei der Haushaltsabteilung, sowie bei den Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeitern des BMF herzlich bedanken.

Ich wünsche mir, dass wir trotz der Schwierigkeiten,
vor denen wir stehen, die gute Kooperation beibehalten
werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514211000

Das Wort hat der Kollege Dr. Heinrich Kolb, FDP-

Fraktion.


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1514211100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wenn man Sie so hört, Frau Kollegin Lehn, und die
Wahrheit nicht kennt, könnte man meinen, im Bereich
der sozialen Sicherung in Deutschland sei alles in Ord-
nung.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Ja!)

Aber eine kritische Bestandsaufnahme zeigt, dass das
Gegenteil der Fall ist. Im Einklang mit dem aktuellen
Sachverständigengutachten kann ich sagen: Die Systeme
der sozialen Sicherung in Deutschland befinden sich in
einer schweren Krise.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Die rot-grüne Bundesregierung – an dieser Stelle

herzliche Genesungswünsche an Frau Ministerin
Schmidt – steht nach sechs Jahren Amtszeit in allen Be-
reichen der sozialen Sicherung, also in der Rentenversi-
cherung, in der Krankenversicherung, in der Pflegeversi-
cherung sowie auch in der Unfallversicherung und in der
Künstlersozialversicherung – es bleibt wirklich keine
Versicherung außen vor –, vor einem Scherbenhaufen.
Das ist kein Zufall, sondern das Ergebnis Ihrer Politik.
Diese Versäumnisse haben Sie zu verantworten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Man muss hier einmal klipp und klar sagen: Die

schwachen Finanzen der Sozialkassen haben natürlich
etwas damit zu tun, dass in diesem Jahr, in dem das
Weltwirtschaftswachstum mit fast 5 Prozent den höchs-
ten Wert seit drei Jahrzehnten erreicht hat, unsere Wirt-
schaft nur um 1,8 Prozent wächst, und das auch nur des-
wegen, weil in diesem Jahr die beweglichen Feiertage
günstig liegen. Ansonsten würde das Wachstum unserer
Wirtschaft nur 1,3 Prozent betragen. Ihre verfehlte Wirt-
schaftspolitik hat dazu geführt, dass wir am Ende der
Wachstumstabelle stehen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die schwachen Finanzen der Sozialkassen haben na-
türlich etwas damit zu tun, dass die Beitragsbasis der so-
zialen Sicherungssysteme schwindet. Mit geringfügiger
Beschäftigung und mit Ich-AGs lassen sich weder die
Rente noch die Gesundheitsversorgung auf Dauer finan-
zieren. Allein von Juli 2003 bis Juli 2004 haben wir
487 000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungs-
verhältnisse in Deutschland verloren. Das sind 1 334 Ar-
beitsplätze pro Kalendertag. Das ist das Ergebnis Ihrer
Politik ebenso wie der traurige Rekord bei den Insolven-
zen. Jahr für Jahr verschwinden rund 40 000 – vor allen
Dingen mittelständische – Unternehmen vom Markt.






(A) (C)



(B) (D)


Dr. Heinrich L. Kolb

Die schwachen Finanzen haben natürlich auch mit

den Entscheidungen zu tun, die Sie im System der sozia-
len Sicherung getroffen haben. Ich will das in aller gebo-
tenen Kürze am Beispiel der Rentenversicherung erläu-
tern. Die gesetzliche Rentenversicherung ist deshalb ein
gutes Beispiel, weil die Zuschüsse aus dem Bundeshaus-
halt mit 78,2 Milliarden Euro rund 92 Prozent des Ge-
samtvolumens des Einzelplans 15 ausmachen. Nach dem
Regierungswechsel glaubten Sie, liebe Kolleginnen und
Kollegen von der Koalition, auf den noch von der Regie-
rung Kohl/Kinkel beschlossenen demographischen Fak-
tor in der Rentenversicherung verzichten zu können. Das
war, wie selbst Bundeskanzler Schröder heute zugibt,
ein großer Fehler.


(Waltraud Lehn [SPD]: Schon lange geheilt!)

Stattdessen wollten Sie mit der im Jahre 1999 be-

schlossenen Ökosteuer frisches Geld in das alte System
bringen. Das zusätzliche Aufkommen sollte zur Bei-
tragssatzsenkung eingesetzt werden. Das war, wie wir
heute wissen, ein Trugschluss, Herr Kollege Dreßen. Die
Realität des Jahres 2004 sieht nämlich so aus: Wir zah-
len in diesem und auch im nächsten Jahr 17 Milliarden
Euro Ökosteuer als – wenn Sie so wollen – Rentenbei-
trag an der Zapfsäule, allerdings ohne den Erwerb von
Rentenanwartschaften. Der Beitragssatz der gesetzlichen
Rentenversicherung steht aber nicht bei 18,5 oder
18,6 Prozent,


(Zurufe der Abg. Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und der Abg. Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


wo er eigentlich sein müsste. Er liegt vielmehr bei
19,5 Prozent – und das, Frau Kollegin Dückert, obwohl
in der Rentenversicherung zwischenzeitlich die Bei-
tragsbemessungsgrenze erhöht, die Schwankungsreserve
um 10 Milliarden Euro abgeschmolzen bzw. – so könnte
man auch sagen – geplündert worden ist, obwohl Sie von
den Rentnern den vollen Pflegeversicherungsbeitrag ver-
langen und Sie die GAGFAH verkauft haben und dabei
noch einen Buchgewinn von 500 Millionen Euro erzielt
haben.


(Dr. Dieter Thomae [FDP]: Hört! Hört!)

Man muss es hier einmal ganz nüchtern sehen: Wie

Schnee in der Sonne haben sich in den letzten Jahren die
Reserven der Rentenkasse unter Ihrer Verantwortung
aufgelöst.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514211200

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Kirschner?

Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1514211300

Nichts lieber als das, Herr Ausschussvorsitzender.

Klaus Kirschner (SPD):
Rede ID: ID1514211400

Herr Kollege Dr. Kolb, wenn Sie darauf hinweisen,

dass der Beitragssatz niedriger sein sollte, und Sie
gleichzeitig auf die schwierige Finanzlage der Renten-
kassen und den Bundeszuschuss einschließlich der öko-
logischen Steuerreform hinweisen – das alles ist völlig
richtig; das wird hier niemand bestreiten –, frage ich Sie:
Wie sieht eigentlich Ihr Vorschlag aus? Wollen Sie die
Renten senken? Wenn Sie diese Probleme an die Wand
malen – sie sind da; niemand bestreitet das – und Sie all
das, was wir gemacht haben, ablehnen, müssten Sie auch
einmal sagen, wie Ihr Lösungsvorschlag aussieht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1514211500

Vielen Dank, Herr Kollege Kirschner. – Zunächst ist

es so: Wenn man mit dem Gesicht vor der Wand steht,
hat man natürlich, kurzfristig gesehen, keine Alternati-
ven. Deswegen muss man zunächst einmal mit einer rea-
listischen Bewertung der Situation beginnen. Das Pro-
blem ist doch, dass Sie in den letzten fünf Jahren das
reale Wachstum um durchschnittlich 0,7 Prozent über-
schätzt haben. Das heißt, Sie haben am Jahresanfang ge-
sagt, das werde schon gut gehen, der Aufschwung
komme.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was wäre bei Ihnen gewesen?)


Tatsächlich hatten wir aber Wachstumszahlen, die bei
plus oder minus 0,1 Prozent lagen.


(Rudolf Bindig [SPD]: Ihr Vorschlag!)

Das Ganze fängt damit an, dass Sie vollkommen überzo-
gene Erwartungen haben, was die Entwicklung der Ren-
tenfinanzen anbelangt.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sehr richtig!)

Es gab Überlegungen – sie lagen diesem Hause vor –,

wie man das Problem entschiedener hätte angehen kön-
nen. Beispielsweise haben wir uns dafür ausgesprochen,


(Erika Lotz [SPD]: Sagen Sie doch mal etwas zur Zukunft!)


die Möglichkeit der Frühverrentung klarer zu beenden,
als Sie das getan haben. Sie haben zwar etwas auf den
Weg gebracht; dies beinhaltet aber eine sehr lange Über-
gangsfrist.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach so, Sie wollten das gleich streichen! Sagen Sie das den Leuten! Ohne Übergang!)


Das führt natürlich dazu, dass die Belastungen der Ren-
tenkasse, kurzfristig gesehen, unverändert hoch bleiben.


(Rudolf Bindig [SPD]: Null Vorschläge! – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat denn die Frühverrentung eingeführt?)


– Frau Bender, auch darüber kann man diskutieren. Ich
müsste Sie aber bitten, eine Zwischenfrage zu stellen;
denn ansonsten läuft mir die Zeit davon.

Man sieht im Hinblick auf die Rentenkasse: Der An-
schlag ist erreicht. Es gibt mittlerweile sehr interessante






(A) (C)



(B) (D)


Dr. Heinrich L. Kolb

Zeugen dafür. Selbst Frau Engelen-Kefer – man reibt
sich die Augen – hat als turnusmäßige Vorsitzende des
VDR die Befürchtung geäußert, dass der auf Kante ge-
nähte Finanzmantel der Rentenversicherung nicht hält –
und das bei einer weiteren Nullrunde, die Sie den Rent-
nern in diesem Lande im nächsten Jahr zumuten werden.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist Ihr Vorschlag, Herr Kolb? Wir haben immer noch nichts gehört!)


Man muss hier klipp und klar fragen

(Dr. Dieter Thomae [FDP]: Dies ist ein Chaos haufen!)

– am Beispiel der Rentenversicherung habe ich es deut-
lich gemacht; aber in der Krankenversicherung sieht es
nicht besser aus –: Wo sind die von Ihnen versprochenen
Senkungen des Beitragssatzes? Wir stehen aktuell bei
14,2 Prozent. 13,6 hätten es sein müssen.


(Zuruf der Abg. Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


– Stellen Sie Zwischenfragen! Dann habe ich ein biss-
chen mehr Zeit.

Jetzt versteigt sich die Ministerin dazu, zu sagen:

(Otto Fricke [FDP]: Aber ganz leise!)


Wir werden Mitte Juli nächsten Jahres nahe bei 13 Pro-
zent sein. Es ist doch eine dreiste Volksverdummung, die
hier betrieben wird.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ab 1. Juli 2005 ist ein Sonderbeitrag von 0,9 Prozent zu
leisten, der natürlich von den Krankenkassen weiterge-
geben wird. Die Versicherten zahlen nicht weniger; sie
zahlen diesen Sonderbeitrag voll.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Richtig! – Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt sagen Sie mal, was Sie wollen!)


Sie haben dann im Ergebnis eine höhere Belastung, als
es heute der Fall ist. So kann man mit den Menschen in
diesem Lande wirklich nicht umgehen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ich habe versucht – Frau Kollegin Dückert, Sie haben

leider keine Zwischenfragen gestellt –, in der Kürze der
Zeit deutlich zu machen: Wir stehen in der Sozialversi-
cherung vor gewaltigen Problemen, vor Problemen, die
keinen Aufschub dulden. Wenn die Deiche zu brechen
drohen, genügt es nicht, Sandsäcke auf die undichten
Stellen zu legen, sondern dann muss man den Druck auf
die Dämme reduzieren.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514211600

Herr Kollege Kolb, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1514211700

Dazu haben wir Ihnen eine Reihe guter Vorschläge

vorgelegt, die ich Sie zu überprüfen bitte, damit wir sie
anschließend hoffentlich einer Mehrheitsbeschlussfas-
sung in diesem Hause zuführen können.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514211800

Das Wort hat die Kollegin Birgitt Bender, Bünd-

nis 90/Die Grünen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514211900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Kollege Kolb, wenn Sie schon die Omnipotenzfantasie
haben, Sie könnten das Meer zurückweichen lassen,
dann lautet mein Rat: Gehen Sie einmal zum Psychiater.
Jedenfalls ist das kein Thema für die Politik.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist unkollegial! Fangen Sie noch einmal an! – Otto Fricke [FDP]: Das ist schlecht!)


Nun komme ich zum Thema. Angela Merkel hat
Recht! Sie hat nämlich in einem in der letzten Woche
veröffentlichten Interview gesagt, das Werben für Verän-
derungen müsse mit einer Debatte über Werte und Wur-
zeln einhergehen. Dem kann ich zustimmen, auch wenn
ich Frau Merkel nicht oft zustimmen kann. Es ist eine
wertbezogene Perspektive, aus der heraus man den so
genannten Gesundheitskompromiss zwischen CDU
und CSU kritisieren muss.

Gewiss gibt es auch eine ganze Reihe von mehr oder
weniger technischen Argumenten. So wollen Sie bei-
spielsweise eine Behörde zum Einsammeln der Arbeitge-
berbeiträge und der Steuermittel schaffen. Damit würden
Sie einen riesigen bürokratischen Aufwand erzeugen,
den Sie angeblich immer abschaffen wollen.

Ein weiteres Argument: Die Prämiensubventionie-
rung, die Sie den Niedrigverdienern versprechen, hätte
zur Folge, dass 18 Millionen Haushalte mit 40 Millionen
Mitgliedern jedes Jahr Anträge auf soziale Unterstüt-
zung ausfüllen müssten und diese Anträge geprüft und
genehmigt werden müssten.

Darüber hinaus sagen Sie, Sie wollten den Wettbe-
werb um niedrige Beitragssätze. Tatsächlich aber schlie-
ßen Sie für Geringverdienende diesen Wettbewerb aus;
denn wenn man nie mehr als 7 Prozent des eigenen Ein-
kommens zahlen muss, hat man keinerlei Anreiz, sich
um eine Kasse mit günstigeren Beitragssätzen zu bemü-
hen.

Ein weiteres Argument: Bei Ihnen gibt es keinen
Wettbewerb zwischen privater und gesetzlicher Kran-
kenversicherung. Sie wollen die Zweiteilung bestehen
lassen. Inzwischen sagen selbst Professor Rürup und die
Wirtschaftsweisen, man müsse einen einheitlichen Versi-
cherungsmarkt im Gesundheitswesen herbeiführen.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Genauer lesen!)







(A) (C)



(B) (D)


Birgitt Bender

Nur die Union verteidigt nach wie vor das Reservat der
privaten Krankenversicherung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Andreas Storm [CDU/ CSU]: Der Sachverständigenrat hat dazu anderthalb Seiten geschrieben!)


Diese Mängel sind sehr gut in der Äußerung von
Arbeitgeberpräsident Hundt zusammengefasst worden.
Er sagte, das sei die gemischt lohnabhängige arbeitge-
berbeitragsfondssteuerergänzungsfinanzierte Teilpauschal-
prämie der Union. Dazu kann man nur sagen: Bravo!
Viele, die um dieses Problem wissen – so hört man –,
hoffen auf die Hilfe der FDP, damit dieses Konzept nie
durchgesetzt werden muss.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die Hoffnung ist berechtigt!)


Dazu kann ich nur sagen: Weit muss es mit der Union
gekommen sein!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber jetzt zur Bürgerversicherung! Wie wird sie werden?)


Wichtiger ist aber die Frage der Finanzierungslücke
des Konzepts. Das ist eine echte Wertedebatte. Sie ver-
sprechen einen sozialen Ausgleich und eine steuerfinan-
zierte Kindermitversicherung. Nun wollen Sie die
Steuern etwas weniger senken, als Sie es vorab beab-
sichtigten. Man muss nicht Mathematik studiert haben,
um zu wissen, dass dann, wenn man Steuern weniger als
vorher beabsichtigt senkt, die zusätzliche Staatsverschul-
dung niedriger als vorher von Ihnen vorgesehen ausfällt,
dass damit aber noch kein einziger Euro für den sozialen
Ausgleich verdient worden ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Im Übrigen haben Sie die Arbeitgeberbeiträge zu
hoch angesetzt und die Ausgaben zu niedrig. Das allein
bedeutet eine Finanzierungslücke in Höhe von 20 Milli-
arden Euro. Meine Damen und Herren von der CDU, das
ist kein neues Problem. Sie haben von Anfang an ge-
wusst, dass das für das Kopfpauschalenmodell ein Pro-
blem ist. Inzwischen haben sich nur die Ausmaße der
Lücke und die Finanzierungsströme verändert, die um
die Lücke herumfließen. Das wissen ja auch viele aus
der CSU und auch aus der CDU. Der baden-württember-
gische CDU-Fraktionsvorsitzende Günther Oettinger
drückt das in wohlgesetzten Worten aus, indem er sagt:

Die Schwächen dieses Konzepts sind zu groß.
Man könnte es auch deutlicher sagen: Wenn man eine
solche Finanzierungslücke in Kauf nimmt, dann heißt
das doch nichts anderes, als dass der soziale Ausgleich
für Sie vernachlässigenswert ist. Sie nehmen es wissent-
lich in Kauf, dass der gleiche Zugang aller Bürgerinnen
und Bürger zu medizinisch notwendigen Leistungen
mangels sozialen Ausgleichs infrage gestellt wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Den gibt es doch heute schon nicht mehr! Das ist doch in der Realität schon längst nicht mehr gegeben!)


Ich möchte wissen, wo da die Werte der Union geblieben
sind. Hat das Soziale in der Union eigentlich noch Platz?


(Otto Fricke [FDP]: Aber 40 Milliarden sind sozial?)


Und wo, Herr Zöller, ist dann auch das S in der CSU ge-
blieben? Ich kann es nicht finden.

Das Prinzip der Sozialversicherung bedeutet, dass
der Solidarausgleich eingebaut ist. Das spart Kosten; das
erspart den Leuten, die in den Genuss dieses Ausgleichs
kommen, die Stigmatisierung und es garantiert gleich-
zeitig soziale Stabilität


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dann verstehe ich nicht, warum ihr bei Hartz IV eine Bedürftigkeitsprüfung gemacht habt!)


und ist damit von einer Geisteshaltung geprägt, die den
sozialen Zusammenhang mitdenkt und ihn nicht jedes
Jahr von den Haushaltsdebatten im Parlament abhängig
macht. Deswegen ist die Frage „einkommensabhängige
Beiträge versus einkommensunabhängige Pauschale“
nicht einfach eine Frage der Technik. Vielmehr geht es
hier um Integration oder Ausgrenzung. Für den Weg,
den Sie gehen wollen, liebe Kollegen und Kolleginnen
von der Union, müssen Sie die Werte, die Angela Merkel
einfordert, erst einmal finden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Andreas Storm [CDU/ CSU]: Ist es Ihnen so peinlich, über den eigenen Haushalt zu reden, Frau Bender? – Dr. Michael Luther [CDU/CSU]: Jetzt kommt das eigene Konzept!)


Im Übrigen, Herr Kollege Storm, gibt es in dem Kon-
zept ja auch einen Absatz über Wettbewerb, der mir
ganz gut gefällt. Darin sagen Sie nämlich, es müsse
Wettbewerb zwischen den Krankenkassen und mehr
Wettbewerb zwischen den Leistungsanbietern geben. Sie
kritisieren, jedenfalls ansatzweise, die Planwirtschaft im
Krankenhausbereich


(Dr. Michael Luther [CDU/CSU]: Was wollen Sie denn?)


und auch die Anbieterdominanz im Arzneimittelmarkt.
Nun frage ich mich aber, wie das zu Ihrer Politik der
letzten Jahre passt. Bei der Gesundheitsreform waren Sie
es, die die Anbieterinteressen im Gesundheitswesen ge-
schützt haben. Heute legen Sie einen Antrag vor, der
ebenfalls in dieser Debatte behandelt werden soll und
der alles andere als frei von Klientelismus ist. Sie sorgen
sich vor allem wieder um die Konkurrenzängste der
Apotheker und auch einzelner Ärzte, die nicht den Wett-
bewerb wollen, weil sie sich nicht sicher sind, ob sie da-
rin bestehen können.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Was wollen Sie denn jetzt mit den Apotheken machen?)







(A) (C)



(B) (D)


Birgitt Bender

Wie passt das eigentlich zu diesem Papier? Das wäre
doch auch eine interessante Frage.

Im Übrigen findet der angekündigte Wettbewerb zwi-
schen privater und gesetzlicher Krankenversicherung bei
Ihnen nicht statt. Ich sage Ihnen: Rot-Grün steht für ei-
nen anderen Weg und dieser ist sehr werthaltig. Wir wol-
len Solidarität ausweiten, nicht abbauen. Wir wollen,
dass auch in Zukunft alle Bürgerinnen und Bürger Zu-
gang zu medizinisch notwendigen Leistungen haben.
Wir verbinden das mit einem nachhaltigen Finanzie-
rungsmodell. Das kann man von Ihnen wahrlich nicht
sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Andreas Storm [CDU/CSU]: Welches?)


Lassen Sie mich, liebe Kolleginnen und Kollegen,
noch ein paar Worte zur Rente sagen.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das ist ja toll!)

Auch da kann ich einen Wertehorizont nicht erkennen.


(Dr. Michael Luther [CDU/CSU]: Sagen Sie doch mal was zu Ihrem Konzept!)


Kollege Storm – er wird ja nachher sprechen – hat noch
im Dezember letzten Jahres gesagt:

Auf keinen Fall dürfen wir einseitig nur die Bei-
tragszahler belasten; denn dann würde sich die ver-
hängnisvolle Spirale aus steigenden Sozialabgaben
und wegbrechenden Arbeitsplätzen immer weiter in
Schwindel erregende Höhen schrauben.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Richtig!)

Dem kann ich beipflichten.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

Und jetzt? Wir sehen alle, dass die Finanzdecke der

Rentenversicherung knapp ist.

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ich habe Ihnen doch gesagt, warum!)

Die Regierung bemüht sich, den Beitragssatz, Herr Kol-
lege Kolb, stabil zu halten. Was tun Sie? Sie schreien
„Alarm!“ und behaupten dann noch, die Regierung habe
die Rentenkassen geplündert.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Hat sie ja auch! Sie haben doch Schmiere gestanden!)


– Das wissen Sie doch besser, Herr Kollege Storm. Nie-
mand hat die Rentenkasse geplündert. Es bestand bereits
in Ihrer Regierungszeit die Absicht, die Immobilien, die
zum Kapital der Rentenversicherung gehören, zu ver-
kaufen.


(Peter Dreßen [SPD]: So ist es! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber nicht zum Schließen von Löchern, sondern zur Senkung der Beiträge! Das ist der Unterschied!)


Sie haben es nur wieder nicht auf die Reihe bekommen.
Wir haben es gemacht. Wäre das nicht erfolgt, dann
wäre der Rentenbeitragssatz jetzt höher. Ist es das, was
Sie wollen? Was Sie real tun, ist, Ihren eigenen Worten
zu widersprechen, und zwar nur um des oppositionellen
Gebarens willen. Das führt dazu, dass die Rentner und
Rentnerinnen verunsichert werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514212000

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

Luther?

Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514212100

Ja.

Dr. Michael Luther (CDU):
Rede ID: ID1514212200

Liebe Kollegin Bender, ich habe folgende Frage: Sind

Sie wie ich der Meinung, dass der Bundesrechnungshof
den Deutschen Bundestag immer beauftragt hat, die
GAGFAH-Immobilien zu privatisieren, mit dem Ziel,
dass ihre Rendite als Geldanlage höher ist als der Wert
des Immobilienvermögens,


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Aha! – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das ist nämlich ein Unterschied!)


und dass niemals daran gedacht wurde, dieses Geld so-
fort auszugeben, sodass es weg ist?


(Beifall bei der CDU/CSU)


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514212300

Es bleibt bei meiner Frage – auf die ich von Ihnen

noch keine Antwort bekommen habe –: Ist Ihre Alterna-
tive, dass der Rentenbeitragssatz steigt?


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Aber das, was Sie gemacht haben, hat damit nichts zu tun!)


Wenn Sie das wollen – das wäre ein Widerspruch zu
dem, was Herr Kollege Storm neulich noch gesagt hat –,
dann müssen Sie das sagen. Irgendwann müssen Sie ein-
mal Alternativen vorlegen, die auch finanziell aufgehen.
Ich kann mich nur einer Kommentierung aus der „Stutt-
garter Zeitung“ anschließen, in der es, bezogen auf den
Gesundheitskompromiss, hieß:

Für die Union bleibt so nur eine Erkenntnis: Sie ist
Opposition, und sie ist es derzeit zu Recht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das war ja deutlich am Thema vorbei!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514212400

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Michael Luther.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. Michael Luther (CDU):
Rede ID: ID1514212500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Frau Bender, ich will an dieser Stelle etwas
Grundsätzliches festhalten


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gerne!)







(A) (C)



(B) (D)


Dr. Michael Luther

– das sage ich auch für die Zuschauer –: Die Regierung
stellen zurzeit Sie.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Das bleibt hoffentlich auch so! – Erika Lotz [SPD]: Das ist auch gut so!)


Es wundert mich, dass die bisherigen zwei Redner der
Koalition zu 90 Prozent über ein Konzept der Union ge-
sprochen haben, aber überhaupt keine eigenen Vorstellun-
gen über die Reform der sozialen Sicherungssysteme
vorgestellt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Heinrich L. Kolb [FDP] – Erika Lotz [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)


Lassen Sie mich, da wir Haushaltsberatungen durch-
führen, kurz eine allgemeine Bemerkung dazu machen:
Wir haben über diesen Haushalt mit großer Ernsthaftig-
keit diskutiert; Frau Lehn, auch Sie haben das gesagt.
Was diesen Haushalt betrifft, gibt es eine Menge Pro-
bleme, die aufgezeigt worden sind. Das war aufgrund
der guten Unterlagen für die Berichterstatter, die wesent-
lich besser als die des letzten Jahres sind, möglich. Des-
halb, Frau Ministerin, möchte ich mich an dieser Stelle
recht herzlich bei den Mitarbeitern Ihres Hauses bedan-
ken, die uns zugearbeitet haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Auch möchte ich mich für die kollegiale Zusammenar-
beit unter den Berichterstattern bedanken.

Ich will noch ein anderes Thema aufgreifen, das in
diesen Beratungen oft zu kurz kommt. Wem ist schon
bewusst, dass zum Bundesministerium eine Vielzahl
wichtiger Institute gehört? Ich will sie einmal nennen:
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Deut-
sches Institut für Medizinische Dokumentation und In-
formation, Paul-Ehrlich-Institut, Bundesinstitut für Arz-
neimittel und Medizinprodukte, Robert-Koch-Institut,
Bundesversicherungsamt und Bundessozialgericht. Die
Aufgaben dieser Institute reichen von der Überwachung
von Medizinprodukten und der Aufklärung über die Be-
wertung der Lage bei möglichen Bioterroranschlägen bis
hin zur Aufsicht über Sozialversicherung und Rechtspre-
chung.

An dieser Stelle muss einmal gesagt werden, dass in
diesen Instituten hervorragende Arbeit geleistet wird;
davon konnte ich mich überzeugen, als ich im letzten
Jahr viele dieser Institute besuchte. Ferner ist das auch in
den Berichterstattergesprächen deutlich geworden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich habe einmal die Aufgaben aufgelistet, die die Po-

litik diesen Instituten in den letzten Jahren neu auferlegt
hat – und das vor dem Hintergrund, dass kaum Aufgaben
von ihnen genommen wurden und sie mit immer weni-
ger Personal auskommen müssen. Das halte ich für pro-
blematisch. Ich will einen solchen Punkt ansprechen:
Das RKI betreibt ein Hochsicherheitslabor in seinem
Haus. Stellen Sie sich einmal vor, dass es personell nicht
mehr in der Lage wäre, dieses Labor zu betreiben! Es ist
nicht so! Aber so eine Situation wäre für unser Land ein
großes Risiko. Ich denke, das Risiko ist groß. Deswegen
müssen wir sehr aufpassen, was wir hier im Deutschen
Bundestag beschließen. Deshalb formuliere ich noch
einmal: Angesichts knapper Kassen kann man nicht alles
Wünschenswerte machen, man muss sich auf Schwer-
punkte konzentrieren; diese festzusetzen ist Aufgabe der
Politik. Mein Appell als Haushaltspolitiker geht insbe-
sondere an die Mitglieder des Fachausschusses – und
zwar von allen Fraktionen –, sich dieser Verantwortung
stets bewusst zu sein.


(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein guter Hinweis! Das musste einmal gesagt werden!)


– Danke schön.
Leider muss ich auch kritische Bemerkungen loswer-

den: Der Bundeshaushalt ist aus meiner Sicht nur schein-
bar verfassungskonform. Wir wissen, dass die ihm
zugrunde gelegten Wirtschaftsdaten schon heute Maku-
latur sind. Wir werden wie in diesem Jahr im nächsten
Jahr wieder erleben, dass man sich geirrt hat; wir werden
erneut einen Nachtragshaushalt mit einer Riesenneuver-
schuldung bekommen.

Wir müssen sparen. Die CDU/CSU hat sich bemüht,
in den Einzelberatungen bis ins Detail gehende Einspar-
vorschläge zu machen. Frau Lehn, es ist richtig: Ich habe
19 Änderungsvorschläge gemacht. Aber ich habe nicht
vorgeschlagen, soziale Leistungen zu kürzen. Ich habe
vorgeschlagen, Programme zu kürzen, die so, wie sie
momentan im Raum stehen, vor dem Hintergrund der
knappen Haushaltslage nicht im vorgesehenen Umfang
erforderlich sind; die Einsparvorschläge umfassen
20 Millionen Euro. Ich hätte nicht von Ihnen erwartet,
dass Sie alle meine Einsparvorschläge unkommentiert
ablehnen. Das hat mir nur gezeigt, dass Sie überhaupt
nicht bereit sind, auch nur darüber nachzudenken, spar-
sam mit öffentlichen Mitteln umzugehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich frage Sie noch einmal: Können Sie mir erklären,

warum der Personaltitel des Ministeriums um
6,15 Prozent wachsen muss? Können Sie mir erklären,
warum plötzlich ein neuer Titel „Prävention“ im Bundes-
ministerium angesiedelt wird? Diese Aufgabe gehört in
die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. In
Wahrheit handelt es sich bei diesem Titel um einen
neuen Titel für die Öffentlichkeitsarbeit der Ministerin.
Ich denke, so etwas gehört sich in Zeiten knapper Kas-
sen nicht!


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Lassen Sie mich den Bundeskanzler aus seiner gestri-

gen Haushaltsrede zitieren:
Jenseits dessen sollten wir klar machen …, dass es
wahrscheinlich ein Fehler gewesen ist, nicht sehr
viel früher darauf hinzuweisen …, dass die wich-
tigste Voraussetzung für die Integration in eine Ge-
sellschaft, in die man hineingeht, die Sprache ist.
Deswegen ist es unerhört wichtig, einzusehen, dass
die Sprache gelernt werden muss. Das sollten wir
als Gesellschaft auch abverlangen.

Ich halte das für richtig.






(A) (C)



(B) (D)


Dr. Michael Luther

Ich frage Sie deshalb – ich habe das schon bei der

Haushaltsberatung im Ausschuss und in den Berichter-
stattergesprächen gefragt –: Ist es dann gerechtfertigt,
dass Sie eine Broschüre „Soziale Sicherungen im Über-
blick“ zum Beispiel auch in türkischer Sprache heraus-
geben?


(Gudrun Schaich-Walch [SPD]: Das heißt doch nicht, dass man nicht verlangt, dass Menschen die Sprache lernen!)


Auf meine Frage im Berichterstattergespräch, was das
soll, sagte man mir: Diese Broschüre geht aber gut. Das
zeigt doch nur Folgendes: dass das Thema die türkisch
sprechende Bevölkerung interessiert.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Herr Luther, wo Sie herkommen! Sie sind peinlich! – Gegenruf des Abg. Otto Fricke [FDP]: Sie auch!)


Ich denke, wenn wir, wie der Bundeskanzler gesagt hat,
den Leuten abverlangen sollen, dass sie die für die Inte-
gration wichtige Voraussetzung erfüllen, die Sprache zu
lernen, sollte man auch bei den eigenen Publikationen
diesen Weg beschreiten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Gudrun Schaich-Walch [SPD]: Das ist Ignoranz hoch drei! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie gehen an den Problemen der Leute vorbei!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, 20 Millionen Euro
einzusparen erscheint sinnlos, wenn man sich den Ein-
zelplan insgesamt ansieht: Er hat ein Volumen von
84,7 Milliarden Euro. Würde man das gesamte Ministe-
rium und alle Institute einsparen, käme man auf ein Vo-
lumen von 670 Millionen Euro. Das macht nur 0,8 Pro-
zent aus. Die entscheidenden Ausgabenvolumina finden
sich woanders: Zum einen ist da der Bereich Kriegsop-
ferfürsorge. Das Etatvolumen dafür umfasst 3 Milliar-
den Euro, es ist stark rückläufig. Daran sollten wir aber
nicht herangehen; denn das sind wir den Menschen
schuldig, die für unser Vaterland gedient haben.


(Hildegard Müller [CDU/CSU]: Da wäre ich jetzt vorsichtig!)


Wichtiger ist die Frage: Was passiert im Bereich So-
zialversicherung, der 81 Milliarden Euro umfasst? Hier
ist die Entwicklung der letzten Jahre dramatisch, insbe-
sondere beim Bundeszuschuss zur Rentenkasse. Ich
möchte mit allem Nachdruck auf die schlimme Entwick-
lung hinweisen. Sie sagen voller Stolz und sicherlich
auch zu Recht: Wir konnten den Rentenbeitrag in den
letzten Jahren bei 19,5 Prozent konstant halten. Aber zu
welchem Preis!


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist wahr!)

Sie haben den Bundeszuschuss von 1998 bis 2003 erheb-
lich gesteigert. Das wurde durch die Ökosteuer finan-
ziert. Die Folgen der Ökosteuer für die Gesamtwirtschaft
sind aus meiner Sicht erheblich. Das gehört heute aber
nicht in diese Debatte und soll auch nicht mein Thema
sein.

Diese Maßnahme brachte nur eine kurzfristige Ent-
spannung. Deshalb haben Sie die Schwankungsreserve
für die Renten im weiteren Verlauf von einer vollen Mo-
natsausgabe auf magere 0,2 abgesenkt. Sie haben die
Barreserve der Rentenversicherer also fast aufgebraucht.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Mehr als 10 Milliarden Euro!)


Auch das hat in diesem Jahr aber nicht gereicht. Dane-
ben haben Sie nämlich die GAGFAH-Immobilien – das
war in dieser Debatte schon ein Thema – für 2,1 Mil-
liarden Euro verkauft. Ich will noch einmal sagen: Die
Privatisierungsaufforderung des Bundesrechnungshofes
lautete, dass diese zu veräußern sind, weil eine höhere
Rendite zu erzielen ist, wenn man den Erlös als Barver-
mögen anlegt, als wenn man das Immobilienvermögen
behält. Niemand wird dabei bedacht haben – sicherlich
auch der Bundesrechnungshof nicht –, dass Rot-Grün
das Geld, sobald es zur Verfügung steht, sofort ausgibt
und nicht spart.


(Dr. Heinrich L. Kolb Hund einen Wurstvorrat an, als dass Rot-Grün spart! – Genau. (Dr. Uwe Küster [SPD]: Müde, müde, Herr Kolb!)

Frau Lehn, Sie haben vorhin in Ihrer Rede gesagt, die

CDU/CSU könne nicht mit Geld umgehen.

(Waltraud Lehn [SPD]: Das ist richtig!)


Wenn es ein Beispiel dafür gibt, dass Sie nicht mit Geld
umgehen können, dann ist es Ihr Umgang mit der Priva-
tisierung der GAGFAH.


(Beifall bei der CDU/CSU – Waltraud Lehn [SPD]: Wenn wir das nicht gemacht hätten, dann hätten wir Probleme!)


– Frau Lehn, hören Sie zu!

(Dr. Uwe Küster [SPD]: Ach, der Oberlehrer!)


Nun kommt die spannende Frage, wie es weitergeht.
Ich hätte mir gewünscht, dass Sie als Haushälterin diese
Frage heute einmal angesprochen hätten.


(Waltraud Lehn [SPD]: Das habe ich doch laut und deutlich getan!)


Im nächsten Jahr steigt der Bundeszuschuss kaum. Die
Schwankungsreserve können Sie nicht weiter abbauen
und Sie haben nichts mehr, was Sie für die Rente ver-
ramschen können.


(Waltraud Lehn [SPD]: Verramscht haben wir nichts!)


Was passiert also im nächsten Jahr?
Die Rentenversicherer warnen in diesen Tagen davor,

dass die Rentenrefinanzierung aus der Rentenkasse nicht
mehr gesichert ist, sodass der Bundeshaushalt herhalten
muss. Sie haben Recht.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Frau EngelenKäfer höchst persönlich! – Gegenruf der Abg. Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dr. Michael Luther Wenn Sie sich schon auf die berufen müssen, dann tun Sie mir Leid!)





(A) (C)


(B) (D)


Ich frage Herrn Eichel und Sie, meine Damen und Her-
ren Haushälter der Regierung: Sehen Sie nicht, in wel-
ches finanzielle Fiasko wir hineinlaufen?

Frau Schmidt, ich muss ganz deutlich sagen: An die-
ser Stelle zeigt sich, dass Sie versagt haben. Sie wissen,
dass wir bei allen sozialen Sicherungssystemen Struktur-
reformen brauchen. Sie aber haben beschlossen, bis zum
Ende der Legislaturperiode nicht mehr zu handeln.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie tun nichts! Das ist der Skandal!)


Sie sehen zu, wie der Karren vor die Wand fährt. Ich
denke, das ist die eigentliche dramatische Aussage zum
Bundeshaushalt 2005.


(Peter Dreßen [SPD]: Die Redezeit muss doch schon um sein!)


Ich will es noch einmal sagen: Es reicht nicht aus,
dass nur die Union Überlegungen darüber anstellt, wie
die sozialen Sicherungssysteme zu reformieren sind.
Diese wird die Union, wenn sie 2006 an die Regierung
kommt – davon gehe ich aus –, umsetzen. Auch Sie
müssen hier und heute sagen, welche Konzepte Sie ha-
ben.

Ich stelle fest: Sie haben keine Konzepte. Das ist sehr
bedauerlich. Deswegen will ich auch noch einmal deut-
lich sagen: Sie tragen die Verantwortung für das finan-
zielle Fiasko, das wir erleben werden.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU – Waltraud Lehn [SPD]: Gott sei Dank tragen wir die Verantwortung! Das ist schon mal gut!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514212600

Zu einer Kurzintervention erhält jetzt die Abgeord-

nete Marieluise Beck das Wort.
Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-

NEN):
Sehr geehrter Herr Dr. Luther, Sie haben eben mo-

niert, dass im Haushalt des Gesundheitsministeriums
auch Geld für eine Aufklärungsbroschüre über das
Gesundheitswesen in türkischer Sprache zur Verfü-
gung gestellt wird.

Ich möchte Sie noch einmal darauf hinweisen, dass
die Anwerbung türkischer Arbeitskräfte in Deutschland
1961, zwei Monate nach dem Bau der Mauer, begonnen
hat, weil keine Arbeitskräfte aus der damaligen DDR
mehr in den Westen kommen konnten. Diese Anwer-
bung wurde gezielt für die Bereiche durchgeführt, in de-
nen harte Arbeit geleistet werden muss: den Bergbau,
die Stahlindustrie, den Straßenbau und die Bauwirtschaft
insgesamt.

Vielleicht sollte ich Ihnen auch noch sagen, wie diese
Anwerbung vonstatten gegangen ist. Durch eine Ge-
sundheitsprüfung wurden in der Türkei die Menschen
ausgewählt, die auf der Stelle am Arbeitsplatz einsatzfä-
hig waren. Keinem dieser Menschen ist ein Sprachkurs
angeboten worden. Sie sollten gar nicht die deutsche
Sprache erlernen. Sie sollten nur arbeiten und dann wie-
der nach Hause zurückkehren. Deswegen wurden sie
„Gäste“ genannt.

Die gesundheitliche Situation dieser Menschen, die
jetzt 40 Jahre älter sind, ist in der Regel sehr schlecht,
weil sich die Tatsache, dass sie die harten Arbeiten ge-
macht haben, die Deutsche oft nicht mehr machen woll-
ten, physisch niederschlägt. Dass Sie nun monieren, dass
diesen Menschen Aufklärung in hoch komplexen und
sprachlich sehr schwierigen Bereichen wie dem Gesund-
heitswesen angeboten wird, zeigt, dass Ihr vorgegebenes
Interesse an Integration in keiner Weise ehrlich ist, son-
dern dass es Ihnen nur darum geht, Menschen zu stigma-
tisieren, die Sie hierher geholt haben und die Sie jetzt
nicht mehr hier haben wollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich bin darüber entsetzt. Es zeigt noch einmal, dass
die notwendige Debatte um Integration, die unsere Ge-
sellschaft vor große Herausforderungen stellt, offen-
sichtlich doch den Unterton hat, dass man diese Men-
schen, die man gerufen hat, eigentlich nicht mehr haben
will, dass sie uns lästig sind und dass sie wieder gehen
sollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514212700

Herr Luther, bitte. Sie haben das Wort.


Dr. Michael Luther (CDU):
Rede ID: ID1514212800

Ihre Kurzintervention gibt mir die Gelegenheit, dazu

Stellung zu nehmen und noch einmal klar zu machen,
was das Ansinnen meiner Rede war. Erst einmal will ich
festhalten, dass der Anwerbestopp seit über 20 Jahren
gilt. Seitdem leben diese Menschen hier und sollen auch
hier leben. Aber unser gemeinsames Anliegen muss das
sein, was unser Bundeskanzler – das unterstütze ich aus-
drücklich – gestern gesagt hat – ich will es noch einmal
zitieren –:

Deswegen ist es unerhört wichtig, einzusehen, dass
die Sprache gelernt werden muss. Das sollten wir
als Gesellschaft auch abverlangen.

Wenn wir als neue Qualität erkennen, dass das, was
wir bislang gemacht haben, nicht mehr so weitergehen
kann, nämlich einfach zuzusehen, dass sich Subkulturen
entwickeln, in denen keiner auf die Idee kommt, die
Sprache des Landes zu lernen, in dem man lebt – diese
Menschen sind aber nicht erst vor kurzem angeworben
worden und seit einem Jahr hier, sondern schon seit vie-
len Jahrzehnten hier im Lande –, dann muss man mit al-
len Mitteln der Politik versuchen, da gegenzusteuern.

Einen Punkt, den ich angesprochen habe, haben Sie
nicht aufgegriffen. Ich möchte ihn daher noch einmal an-
führen. Wenn wir Öffentlichkeitsarbeit durchführen






(A) (C)



(B) (D)


Dr. Michael Luther

und dazu Broschüren herausgeben, die nicht das Auslän-
derrecht, sondern für alle Menschen in Deutschland gel-
tendes Recht betreffen, dann sollten wir alle Möglichkei-
ten nutzen, damit ein Anreiz geschaffen wird, die
deutsche Sprache zu erlernen. Die Tatsache, dass diese
Broschüre auf Türkisch erschienen ist, war sicherlich zu
einem früheren Zeitpunkt einmal richtig. Aber heute ist
dies aus meiner Sicht nicht mehr zeitgemäß. Wir sollten
gerade in diesem Bereich eine Änderung überlegen.
Meine herzliche Bitte ist, darüber einmal ernsthaft nach-
zudenken.

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514212900

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Erika Lotz.

Erika Lotz (SPD):
Rede ID: ID1514213000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

gen! Herr Kollege Luther, darüber, dass Migrantinnen
und Migranten die deutsche Sprache erlernen sollen und
müssen, sind wir uns alle einig. Aber Ihre Antwort auf
die Kurzintervention der Kollegin Beck war keine Hilfe.
Sie müssen doch daran denken, dass in unserem Land
sehr viele ältere türkische Mitbürgerinnen und Mitbürger
wohnen, die die deutsche Sprache nicht beherrschen.
Genau sie brauchen diese Broschüren. Kritisieren Sie
das doch nicht! Wenn Sie der Auffassung sind, es sei
notwendig, dass diese Menschen unsere Sprache erler-
nen, dann müssen wir auch an die älteren Mitbürgerin-
nen und Mitbürger denken, die die deutsche Sprache
noch nicht beherrschen und sie aufgrund ihres Alters
vielleicht auch nicht mehr so erlernen werden, dass sie
die Sozialgesetzgebung verstehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Was wir derzeit erleben, ist ein Grabenkrieg zulasten
der sozialen Sicherheit der Menschen in unserem Land,
aber nicht etwa zwischen Regierung und Opposition.
Nein, er findet in den Reihen der Opposition selber statt.
Nun ist unter Ihnen, meine Damen und Herren von der
CDU/CSU, ein neues Opfer zu beklagen. War es zuerst
Norbert Blüm,


(Otto Fricke [FDP]: Ihre Opfer sind die Bürger!)


der Arbeits- und Sozialminister Ihrer letzten fünf Bun-
desregierungen, der im vergangenen Jahr für seine so-
zialpolitische Überzeugung von Ihnen ausgelacht und
mit Buhrufen bedacht wurde, so ist es nun Horst
Seehofer, der den Gesundheitspakt von CDU und CSU
aus fachlichen Erwägungen ablehnt. Er hat den stellver-
tretenden Fraktionsvorsitz abgeben müssen


(Otto Fricke [FDP]: Weinen Sie keine Krokodilstränen!)


und auch mit seiner Funktion als stellvertretender Partei-
vorsitzender der CSU wird es bald zu Ende sein. Es gibt
noch weitere Opfer in den Reihen der christlichen Ar-
beitnehmerschaft, namenlose Opfer, deren Gemeinsam-
keit ist, dass es sich bei ihnen um Fachleute der Sozial-
politik handelt, die die Überzeugung haben, dass unser
Sozialstaat den Schwachen in unserer Gesellschaft
helfen soll. Die Sieger in CDU und CSU denken anders.
Sie wollen unseren Sozialstaat demontieren.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie sind dabei, den Sozialstaat zu demontieren!)


Bei der zweitgrößten Fraktion in diesem Hause muss
man schon genauer hinsehen, besonders was ihre politi-
schen Konzepte für unser Land betrifft. Schauen wir uns
ihre Pläne zur Gesundheit und zur Rente doch einmal ge-
nauer an.


(Otto Fricke [FDP]: Was sind Ihre Pläne?)

Die Konzeptionslosigkeit Ihrer Politik, meine Damen

und Herren von der CDU/CSU, zeigt sich unter anderem
in Ihrem Antrag „Wirkungen und Nebenwirkungen des
GKV-Modernisierungsgesetzes – Kritische Bestandsauf-
nahme“. Das ist ein Gesetz, das von Ihnen mitgetragen
wurde und auch Ihre Handschrift trägt. Ich denke dabei
zum Beispiel an die Praxisgebühr. In diesem Antrag,
der immerhin 16 Seiten umfasst, lässt sich auch bei bes-
ter Absicht kein inhaltlicher roter Faden erkennen. Sie
haben gut zwei Wochen an diesem Antrag gearbeitet. Er
stand schon zweimal auf der Tagesordnung, wurde dann
aber wieder abgesetzt, weil Sie sich offensichtlich noch
nicht einig waren. Wenn man ihn liest, dann erkennt
man, dass es dort eine Aneinanderreihung von Lob, Kri-
tik, Behauptungen und Forderungen gibt, ohne dass ein
konzeptioneller Zusammenhang sichtbar wird.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das könnte ein Koalitionsantrag sein!)


Ich frage Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
Union: Wohin wollen Sie? Welches Ziel verfolgen Sie in
der Gesundheitspolitik? Eine Antwort auf diese Frage
gibt Ihr Antrag jedenfalls nicht. Ich bin gespannt, ob es
dazu in der heutigen Debatte noch Antworten geben
wird.

Sie kritisieren wieder einmal, dass der Zahnersatz
künftig nicht über die Pauschale finanziert werden wird.
Dabei wissen Sie genau wie ich, dass die vereinbarte
Lösung vom Sommer letzten Jahres nicht praktikabel,
äußerst verwaltungsaufwendig und für Versicherte mit
höheren Kosten verbunden ist. Es hilft nichts, wenn Sie
bei jeder Gelegenheit darauf hinweisen, dass Sie es
gerne anders gehabt hätten. Das wissen wir. Sie von der
CDU/CSU sollten endlich akzeptieren, dass die Kopf-
pauschale weder im Kleinen noch im Großen funktionie-
ren wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514213100

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin

Müller?


Erika Lotz (SPD):
Rede ID: ID1514213200

Ja, bitte.






(A) (C)



(B) (D)



Hildegard Müller (CDU):
Rede ID: ID1514213300

Frau Kollegin Lotz, ich möchte Sie fragen, worauf

Sie Ihre Behauptung gründen, dass sich die Zahnersatz-
regelung nicht realisieren ließ. Ich möchte zwei Stellen
aus dem Protokoll der Anhörung zitieren. So sagt der
Vertreter des Verbandes Deutscher Rentenversicherungs-
träger:

Der VDR hat niemals behauptet, dass ein Quellen-
abzugsverfahren nicht möglich ist.

Herr Schweiger von der Bundesagentur für Arbeit
sagte:

Im Kern kann ich mich dem anschließen, … Wir
haben auch nie behauptet, dass es … nicht möglich
gewesen wäre, das umzusetzen.

Woher nehmen Sie die Gewissheit, dass Ihre Behaup-
tung, die Sie im Laufe des parlamentarischen Verfahrens
aufgestellt haben, richtig ist


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie haben nichts gemacht, Frau Lotz! Dann geht es natürlich nicht!)


und welche Zeugen können Sie benennen, die belegen,
dass Ihre Behauptung zutrifft?


Erika Lotz (SPD):
Rede ID: ID1514213400

Liebe Frau Kollegin Müller, ich habe die Protokolle

der Anhörung nicht mitgebracht. Wenn ich gewusst
hätte, dass Sie dazu Fragen stellen würden, hätte ich
auch einen Stapel Papier mitgebracht und die entspre-
chenden Passagen herausgesucht.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Wenn Sie so eine Aussage machen, muss sie auch belastbar sein!)


Sie wissen doch genau, dass auch die Anhörung gezeigt
hat, dass die Umsetzung der kleinen Kopfpauschale ei-
nen hohen Verwaltungsaufwand bedeutet hätte. Die Ver-
sicherten wären mit etwa 2,50 Euro zusätzlich belastet
worden, wobei sich das nicht in einer verbesserten Qua-
lität der Behandlung niedergeschlagen hätte.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die 2,50 Euro wären auch nicht bei den Zahntechnikern
oder bei den Zahnärzten angekommen.

Sie können sich noch so sehr auf die Sachverständi-
gen berufen, Frau Müller;


(Hildegard Müller [CDU/CSU]: Ich kann mich im Gegensatz zu Ihnen auf die Aussagen der Experten beziehen!)


es wäre in jedem Fall ein Monster geworden, das die
Menschen stärker belastet hätte. Wir sind uns sicherlich
darin einig, dass die Kopfpauschale unsolidarisch ist,


(Klaus Kirschner [SPD]: Bürokratisches Monster!)


weil sie diejenigen mit niedrigeren Einkommen stärker
belastet als diejenigen mit höheren Einkommen. Das gilt
auch für Ihre anderen Pläne im Zusammenhang mit der
Kopfpauschale.


(Beifall bei der SPD – Dr. Michael Luther [CDU/CSU]: Das stimmt doch nicht! – Hildegard Müller [CDU/CSU]: Aber die Verschiebung der Parität ist sozial, ja?)


Sie reden aber nicht mehr von einer Kopfpauschale;
vielmehr nennen Sie es jetzt Gesundheitsprämie und
wollen ihr auch noch die Eigenschaft „solidarisch“ an-
dichten. Aber dass sie das nicht ist, werden die Men-
schen schon merken. Dazu muss ich keine Prophetin
sein. Darin sind sich die Fachleute – auch Ihre eigenen –
einig.

Sie haben eine Woche lang über die Kopfpauschale
gestritten. Was ist das Ergebnis? – Wer hat, dem wird ge-
geben. Das ist das Leitmotiv für Ihre künftigen Refor-
men. Um dieses Leitmotiv sollten Sie kein Mäntelchen
hängen, sondern Sie sollten es den Wählerinnen und
Wählern offen sagen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Was ist eigentlich aus Frau Nahles und der Arbeitsgruppe Bürgerversicherung geworden?)


Sie schlagen eine Umverteilung von oben nach unten
vor: Ein Geringverdiener soll bei einer Kopfpauschale
von 109 Euro 7 Prozent seines Einkommens bezahlen.
Bei einem Arbeitnehmer mit einem Einkommen von bei-
spielsweise 4 000 Euro machen die 109 Euro eine Belas-
tung von 2,7 Prozent aus. Das nenne ich wahrlich solida-
risch!

Nach Ihren Vorstellungen soll für jede erwachsene
Person die gleiche Kopfpauschale bezahlt werden. Das
gilt beispielsweise auch für eine Mutter, die nicht mehr
arbeiten geht. Sie soll ebenfalls einen eigenen Beitrag
von 109 Euro leisten. Wenn das Ihre neue Familienpoli-
tik ist, dann müssen Sie noch erläutern, wie das in der
Praxis aussehen soll. Es ist aber keine neue Familienpo-
litik; denn die Kopfpauschale muss von allen gezahlt
werden. Auch das ist in Ihren Augen Solidarität. Ich
denke, dass das nicht stimmt.


(Hildegard Müller [CDU/CSU]: Lesen Sie doch mal! Lesen erleichtert die Wahrheitsfindung!)


Sie sollten den Wählerinnen und Wählern auch erklä-
ren, wie Sie die Finanzierungslücke von 23 Milliarden
Euro schließen wollen. Sie haben zunächst angegeben,
dass Sie den Arbeitgeberbeitrag mit 6,5 Prozent fest-
schreiben wollen. Bei den weiteren Zahlen – die Kolle-
gin Bender ist schon darauf eingegangen – gehen Sie
aber bei der Berechnung der Einnahmen von einem
Arbeitgeberbeitrag von über 7 Prozent aus. Das Ganze
stimmt also hinten und vorne nicht. Das haben auch Ihre
Experten gemerkt. Von daher kann ich Herrn Seehofer
verstehen.

Es muss klargestellt werden, dass die Finanzierung
des von Ihnen vorgeschlagenen Modells nur durch mas-
sive Leistungskürzungen möglich ist. Sie haben auf Ihrer
Pressekonferenz auch deutlich gemacht, dass Zahnersatz
und Krankengeld in der Kopfpauschale nicht enthalten






(A) (C)



(B) (D)


Erika Lotz

seien. Sie haben aber nicht gesagt, wie Sie die Kopfpau-
schale finanzieren wollen.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Verwechseln Sie das mal nicht mit Ihrem eigenen Sozialbeitrag!)


In diesem Punkt fordere ich Sie zu mehr Ehrlichkeit
auf. Sie sollten den Wählerinnen und Wählern mitteilen,
welche Kosten zu der Kopfpauschale hinzukommen. Sa-
gen Sie ihnen, dass sie zukünftig im Krankheitsfall nach
sechs Wochen kein Geld mehr bekommen sollen! Sagen
Sie ihnen, dass in Zukunft der Zahnersatz zu 100 Prozent
aus der eigenen Tasche zu finanzieren ist!


(Hildegard Müller [CDU/CSU]: Das ist doch bodenlos, was Sie erzählen! Sie haben doch die Gesetze durchgedrückt!)


Angesichts Ihrer Berechnungen zur Kopfpauschale kann
man das gar nicht anders auslegen.

Im Übrigen ist mit der Kopfpauschale ein ungeheurer
Bürokratieaufwand verbunden. „Bürokratiemonster“
ist noch eine harmlose Bezeichnung dafür.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Lassen Sie mich noch etwas zu den Kürzungen im
Haushalt des Ministeriums ausführen, die Herr Luther
vorgeschlagen hat.


(Hildegard Müller [CDU/CSU]: Ich dachte, wir kommen jetzt nach eineinhalb Stunden zum Haushalt!)


Ich frage mich, wo die Fachpolitikerinnen und Fachpoli-
tiker waren, als es um diese Vorschläge ging.


(Otto Fricke [FDP]: Bei Ihnen haben sie sich wohl durchgesetzt?)


Vorgeschlagen wurden Kürzungen bei der Bekämpfung
des Drogen- und Suchtmittelmissbrauchs, bei der
Aidsprävention und bei der Versorgung chronisch Kran-
ker. Im Ausschuss immer wieder zu fordern, dass in die-
sen Bereichen – gerade angesichts der Gefahr von Aids –
mehr gemacht werden müsse, aber dann Kürzungen in
diesen Haushaltstiteln zu beschließen, passt doch vorne
und hinten nicht zusammen. An dieser Stelle sollten Sie
sich um mehr Redlichkeit bemühen. Oder haben sich
Ihre Fachpolitiker nicht darum gekümmert?


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Otto Fricke [FDP])



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514213500

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

Luther?


Erika Lotz (SPD):
Rede ID: ID1514213600

Bitte, Herr Dr. Luther.


Dr. Michael Luther (CDU):
Rede ID: ID1514213700

Frau Lotz, können Sie mir folgen, wenn ich sage, dass

ich meine Anträge im Haushaltsausschuss immer damit
begründet habe, dass die entsprechenden Haushaltsan-
sätze in den vergangenen Jahren niemals ausgeschöpft
wurden, das Geld also nicht ausgegeben wurde?


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: So ist es! Das ist keine Kürzung!)


Ich habe lediglich eine Begrenzung auf die Summe vor-
genommen, die wirklich ausgegeben worden ist. Demzu-
folge ist das keine richtige Kürzung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es wird lediglich dem Ministerium die Möglichkeit ge-
nommen, das Geld irgendwo anders auszugeben, wie es
bislang geschehen ist. Können Sie mir in dieser Sache
folgen?


Erika Lotz (SPD):
Rede ID: ID1514213800

Herr Kollege Luther, Sie begründen Ihre Anträge im-

mer damit, die Kürzungen seien notwendig, damit die
Maastricht-Kriterien des Haushalts erfüllt werden.


(Dr. Michael Luther [CDU/CSU]: Es gibt immer noch eine zweite Begründung!)


Ich sage noch einmal: Die Maastricht-Kriterien werden
mit unserem Haushalt erfüllt.


(Hildegard Müller [CDU/CSU]: Wie in den letzten Jahren!)


Lassen Sie mich noch drei Takte zu Ihrer Einigung
zur Rente sagen. Sie stellen sich heute hier hin und tun
so, als seien Sie sich bei der Rente einig. Die CSU-Be-
schlüsse vom vergangenen Wochenende und die Renten-
vorstellungen der CSU laufen doch einerseits auf einen
Beitragssatz von 20 Prozent hinaus. Ihre Vorstellungen
bedeuten andererseits Kürzungen bei der Rente von
20 Milliarden Euro und wir landen dann bei einem Brut-
torentenniveau von 36,5 Prozent. Hinzu kommen wei-
tere Belastungen für die Beitragszahler in Höhe von
knapp 15 Milliarden Euro. Sie wollen den Kinderbonus,
eine Kinderrentenregelung und eine volle Rente nach
45 Jahren. Dass diese Kürzungen vor allem durch Kür-
zungen bei der Hinterbliebenenrente erreicht werden sol-
len, verschweigen Sie. Sie verschweigen auch Mehrbe-
lastungen der Kinderlosen, die notwendig würden,


(Otto Fricke [FDP]: Schauen Sie doch, was in den Drucksachen steht!)


und zwar in einer Höhe, die mit dem Grundgesetz über-
haupt nicht vereinbar wäre. Bevor Sie uns in der Diskus-
sion über die Rente Vorwürfe machen, einigen Sie sich
also erst einmal und sagen Sie, was Sie eigentlich wol-
len. Wollen Sie Beitragssatzstabilität, wollen Sie höhere
Beiträge oder wollen Sie Leistungskürzungen?

Sie wissen doch auch, dass die Rente im Umlagesys-
tem natürlich von den Einkommen der Arbeitnehmer
und Arbeitnehmerinnen und auch von der Situation am
Arbeitsmarkt und der Beschäftigung abhängig ist. Des-
halb können Sie doch nicht solche Anträge stellen und
solche Beschlüsse fassen, die – das wissen Sie auch ge-
nau – letztendlich entweder Leistungskürzung oder Bei-
tragserhöhung bedeuten. Das kann es doch nicht sein;






(A) (C)



(B) (D)


Erika Lotz

darüber sind wir uns doch alle einig. Wir müssen also für
eine Stabilität der Beiträge sorgen und diese Regierung
tut es.

Ich will auch noch einmal daran erinnern, dass wir in
der Diskussion über die Reformen im Gesundheitswesen
schon ein Stück weiter wären, wenn Sie nicht eine ganze
Reihe von Vorschlägen der Koalition blockiert hätten.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514213900

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Otto Fricke.

Otto Fricke (FDP):
Rede ID: ID1514214000

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Wir führen hier schon eine sehr gespenstische De-
batte. Die Koalition hat in einer Haushaltsdebatte über
einen Haushalt, der nicht knackt, sondern inzwischen
quietscht, nichts anderes zu tun, als sich mit einer Oppo-
sitionspartei auseinander zu setzen, die ein Projekt vor-
legt, das angreifbar ist und das auch nach Ansicht der
FDP falsch ist. Aber die Opposition legt wenigstens ein
konkretes Konzept vor. Was tun Sie? Sie legen nichts
Konkretes vor.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wo ist eigentlich Frau Nahles?)


Was Sie vorlegen, ist ein Haushalt mit einer Verschul-
dung, die – das garantiere ich Ihnen und ich bin mir sicher,
dass kein Haushälter eine Wette dagegen annimmt – nicht
bei den jetzt veranschlagten 20 Milliarden Euro stehen
bleiben, sondern eine Drei in der Zehnerziffer haben
wird. Das sind Ihre konkreten Zukunftspläne im Bereich
der sozialen Sicherheit!


(Zuruf von der FDP: Leider wahr!)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, eines ist be-

merkenswert: Wir als Haushälter empfehlen den Fach-
politikern immer: Tretet mal auf die Bremse, versprecht
nicht zu viel. Bei der Gelegenheit möchte ich ausdrück-
lich sagen, dass das Verhältnis unter den Haushältern
kollegial und auch befruchtend ist. Wir hören in den
Haushaltsberatungen von allen Fachgremien immer wie-
der: Das kriegen wir hin, das schaffen wir. Auch bei den
Renten hieß es jetzt wieder: Das wird in 2005 alles noch
so klappen. Kollegin Lehn, Kollegin Hajduk, Sie haben
an dem Berichterstattergespräch teilgenommen.

Ein paar Wochen später sagen nun auf einmal alle:
Hm, nein, es dürfte wohl schwierig werden, es klappt
wohl doch nicht. Wie das mit einer vernünftigen und vo-
rausschauenden Haushaltspolitik in Einklang zu bringen
ist, müssten Sie mir einmal erklären.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir sind auch nicht in der Lage, die – gemessen am
Gesamthaushalt – kleinen Sozialsysteme mit einem ge-
meinsamen Ruck zu reformieren. Sie können sich ja ein-
mal mit Ihren Kollegen in der Enquete-Kommission da-
rüber austauschen. Ein Beispiel: Das Defizit der Künst-
lersozialkasse wird Stück für Stück höher. In diesem Jahr
wird sogar vorzeitig ein Kredit gewährt, damit es in den
nächsten Jahren noch Rückzahlungen gibt. Fast kann
man sagen, dass es sich hier umgekehrt wie bei der Post-
pensionskasse verhält. Aber Sie bringen weder eine Re-
form zustande, die den Menschen deutlich macht, wo es
lang geht, noch eine Reform – das wäre noch besser –,
die den Menschen klar macht, dass es so nicht mehr wei-
tergeht. Sie betreiben noch immer Ihr altes Spiel: Alles
ist sicher, also nicht nur die Renten, wie Herr Blüm es
einmal gesagt hat. Wir alle wissen aber – hier sind wir
alle in der Pflicht –, dass die Bürger der Meinung sind,
dass nichts, weder die Renten noch die Leistungen der
Krankenversicherung und der Pflegeversicherung, sicher
ist. Die Bürger fühlen sich ständig verunsichert.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Nun komme ich auf unser Gesundheitssystem und

insbesondere die Krankenkassen zu sprechen. Frau Mi-
nisterin, ich glaube, auch bei Ihnen beginnt ein Umden-
kungsprozess, was den Umgang mit den gesetzlichen
Krankenkassen angeht. Sie merken selber, dass die
Krankenkassen in ihrem Bereich geradezu herrschaftlich
handeln, wie es ihnen nicht zusteht. Der FDP-Vorschlag
ist klar: Wir müssen für mehr Wettbewerb zwischen den
Krankenkassen sorgen. Ich habe gemeinsam mit allen
anderen Berichterstattern die große Hoffnung, dass der
Bundesrechnungshof, der eine neue Kontrollkompetenz
bekommen hat, genau darauf achtet, wo hier die eigentli-
chen Probleme liegen, und dass er verhindert, dass wei-
terhin das Prinzip bei den Krankenkassen gilt: Immer
erst wenn man gar nicht mehr anders kann, gibt man zu,
dass man eigentlich noch viel mehr Schulden hat. Das
darf nicht sein.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich bin sehr glücklich, dass Sie mit der Gesundheits-
reform das Krankenversicherungssystem für einen steu-
erlichen Zuschuss geöffnet haben. Es ist grundsätzlich
in Ordnung, Steuermittel in das Gesundheitssystem flie-
ßen zu lassen. In diesem Zusammenhang kann ich den
Vorrednern von SPD und Grünen nur sagen: Inwieweit
die von Ihnen so genannten Besserverdienenden, also
die Leistungsträger, Solidarität üben und Verantwortung
wahrnehmen, sollte man nicht nur daran messen, wie
viel in den sozialen Sicherungssystemen umverteilt
wird. Die Frage einer solidarischen Gesellschaft ent-
scheidet sich vor allem im Steuersystem. Dort sollte sich
Solidarität deutlich zeigen.


(Zuruf von der SPD)

– Meinetwegen sowohl als auch! – Je mehr Sie das ver-
wischen, desto weniger merkt jemand, der Geld be-
kommt, damit er seine Krankenversicherung zahlen
kann, welche solidarische Aufgabe die Gesellschaft ihm
gegenüber wahrnimmt.

Da ich sehe, dass meine Redezeit zu Ende ist und ich
nicht von der Präsidentin ermahnt werden möchte,
komme ich zum letzten Satz.






(A) (C)



(B) (D)


Otto Fricke


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Rettung naht! Herr Kirschner möchte noch eine Zwischenfrage stellen!)


– Frau Präsidentin, Sie müssen entscheiden, ob Sie noch
eine Zwischenfrage zulassen oder nicht. Ich würde sie
zulassen.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514214100

Okay. – Bitte, Herr Kirschner.

Klaus Kirschner (SPD):
Rede ID: ID1514214200

Herr Kollege Fricke, Sie haben den Satz in die Welt

hinausposaunt: Derjenige, der nichts in die Krankenver-
sicherung einzahlt, sieht auch nicht, was es kostet. Ist Ih-
nen schon einmal aufgegangen, dass man als Mitglied
einer gesetzlichen Krankenkasse – falls Sie das über-
haupt schon einmal waren –


Otto Fricke (FDP):
Rede ID: ID1514214300

Ich war es sehr lange.

Klaus Kirschner (SPD):
Rede ID: ID1514214400

– Sie waren es also – Beiträge und eine Selbstbeteili-

gung zahlen muss? Das heißt, wenn jemand Leistungen
in Anspruch nimmt, dann muss er auch dafür zahlen, und
zwar von der Praxisgebühr über Zuzahlungen bis hin
– das ist das Entscheidende – zum Beitragssatz. Wollen
Sie das leugnen?


Otto Fricke (FDP):
Rede ID: ID1514214500

Nein, ich will das überhaupt nicht leugnen.


(Klaus Kirschner [SPD]: Was erzählen Sie denn dann?)


– Herr Kollege, ich habe Ihnen eben zugehört, als Sie
Ihre Frage gestellt haben. Jetzt sollten Sie sich in Geduld
üben. Ich habe das als junger Mann ebenfalls lernen
müssen. Ich gebe Ihnen nun meine Antwort und erkläre
Ihnen das.


(Heiterkeit bei der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Normalerweise lernt der Junge vom Alten! – Fritz Schösser [SPD]: Der Sie so lange in der gesetzlichen Krankenversicherung waren!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514214600

Herr Fricke, kommen Sie nun zur Antwort.

Otto Fricke (FDP):
Rede ID: ID1514214700

Werter Herr Kollege, während meiner Referendarzeit

war ich Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung.

(Klaus Kirschner [SPD]: Als Student?)


– Nein, nicht als Student, sondern als Referendar. – Da-
mals habe ich 60 DM pro Monat für meine Krankenver-
sicherung gezahlt. Dafür habe ich die gleichen Leistun-
gen erhalten, für die andere weit mehr zahlen mussten.


(Klaus Kirschner [SPD]: Na sicher! Was ist daran falsch?)

– Das ist nicht falsch. – Ich habe damit nur von denjeni-
gen profitiert, die Mitglied des Systems waren und weit
höhere Beiträge gezahlt haben, nicht von denjenigen, die
höhere Steuern gezahlt haben.


(Zuruf von der SPD: Und was machen Sie heute?)


Ich als Liberaler sage Ihnen ganz deutlich: Ich will,
dass dieser soziale Ausgleich nicht im geschlossenen
System derjenigen stattfindet, die in einer gesetzlichen
Krankenkasse sind. Ich will vielmehr, dass alle über die
Steuer an diesem System beteiligt sind, egal wie viel sie
verdienen, egal wie sie ihr Geld verdienen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist doch logisch, Herr Kirschner!)


Das ist wahrscheinlich der Unterschied. Für mich findet
Solidarität eben nicht nur innerhalb der Systeme statt.

Ein letztes Wort noch an die Kolleginnen und Kolle-
gen von den Grünen: Wenn Sie mit der Sozial- und Ren-
tenpolitik so weitermachen, dann handeln Sie zwar nicht
mit Zitronen, aber, wie man sieht, zumindest mit Oran-
gen.

Danke sehr.

(Beifall bei der FDP – Erika Lotz [SPD]: Sie wären mal besser in der GKV geblieben! Das wäre dann solidarisch gewesen!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514214800

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Andreas Storm.

Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1514214900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir erleben heute eine merkwürdige Haushaltsdebatte
über den Sozialetat; denn die rot-grünen Kolleginnen
und Kollegen haben fast kein einziges Wort zu ihrem
Haushalt verloren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Schämen Sie sich!)


Das kommt wahrscheinlich nicht von ungefähr. Die
Mitte der Wahlperiode ist ein guter Zeitpunkt, einmal
eine sozialpolitische Zwischenbilanz zu ziehen. Ich
möchte Sie an Ihren eigenen Maßstäben, an der Agenda-
2010-Rede des Bundeskanzlers vor 20 Monaten, mes-
sen. Das Hauptmotiv der Operation Agenda 2010 war
doch, dass die Sozialbeiträge, dass die Lohnnebenkosten
gesenkt werden.


(Zuruf von der SPD: In der Rentenversicherung 1,7 Punkte!)


Heute muss man fragen: Was ist aus Ihren vollmundigen
Versprechen geworden? Sind wir, was die Senkung der
Sozialabgaben angeht, etwa ein gutes Stück vorange-
kommen?

Die Bilanz fällt mehr als ernüchternd aus. Allen
Hartz-Reformen zum Trotz – am 1. Januar tritt die
größte Reform der Arbeitsmarktpolitik seit Jahrzehnten






(A) (C)



(B) (D)


Andreas Storm

in Kraft – bleibt der Beitrag in der Arbeitslosenversi-
cherung unverändert. Die Beiträge in der Rentenversi-
cherung und in der Pflegeversicherung sind nur des-
halb nicht angestiegen, weil Rot-Grün alle Rücklagen
schamlos geplündert und das letzte Tafelsilber verscher-
belt hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So ein Unsinn!)


Die Rentenversicherung ist im nächsten Jahr Pleite.
Was die Pflegeversicherung angeht, stellt sich nur die
Frage, ob man sich noch über die nächste Bundestags-
wahl retten kann. Hinsichtlich der Krankenversiche-
rung stehen wir, wenn man dem Schätzerkreis der Kran-
kenkassen glauben darf, im ersten Halbjahr 2005 wieder
genau dort, Frau Ministerin, wo wir zu Beginn der Kon-
sensgespräche gewesen sind, nämlich bei einem Bei-
tragssatz von 14,3 Prozent.

Fazit: Von einer Senkung der Sozialabgaben kann
keine Rede sein. Sie verharren auf dem Rekordniveau
von 42 Prozent.


(Peter Dreßen [SPD]: Ihr habt doch von 34 auf 42 erhöht!)


Wir sind seit der Agenda-2010-Rede im Ergebnis keinen
Schritt vorangekommen. Deshalb ist es kein Wunder, dass
in Deutschland weiterhin Tag für Tag etwa 1 000 Arbeits-
plätze verloren gehen. An ihren eigenen Maßstäben ge-
messen ist die Sozialpolitik dieser Regierung zur Halbzeit
grandios gescheitert.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Man muss einmal die Frage stellen, warum die rot-

grünen Therapieversuche nicht greifen. Sie greifen des-
halb nicht, weil Sie von Anfang an eine falsche Dia-
gnose gestellt haben.


(Waltraud Lehn [SPD]: Sie tun so, als ob Sie an dem Gesundheitskompromiss überhaupt nicht beteiligt waren!)


Wer auf die alljährlich wiederkehrenden Defizite der So-
zialkassen ständig mit Notoperationen, mit Streichkon-
zerten und mit Nullrunden reagiert, der kuriert an den
Symptomen herum, aber er beseitigt nicht die Ursache
der Misere. Diese Ursache ist die schwache Einnahme-
basis. Sie tun auch nichts für die Prävention, nämlich für
den Aufbau von Rücklagen.

Ich sage Ihnen deshalb an dieser Stelle ganz klar:
Eine gute Sozialpolitik muss sich an einem Maßstab
messen lassen, den Sie ansonsten immer gerne bei ande-
ren anlegen, nämlich am Maßstab der Nachhaltigkeit.
Nachhaltigkeit bedeutet für die Sozialkassen zunächst
einmal eine solide Einnahmebasis. Tatsache ist: Da so
viele Arbeitsplätze wegfallen und da die Arbeitslosigkeit
gestiegen ist, brechen die Einnahmen aller Zweige der
Sozialversicherung weg. Da ist es eben kein Wunder,
dass trotz der – zugegebenermaßen massiven – Einspa-
rungen im Gesundheitswesen dank der gemeinsamen
Gesundheitsreform – sie greift ja –, dass trotz mehrfa-
cher Nullrunden bei der Rente – im nächsten Jahr gibt es
wieder eine Nullrunde – und dass trotz faktisch eingefro-
rener Leistungen der Pflegeversicherung die Beiträge
nicht sinken und dass die Rücklagen dahinschmelzen.


(Erika Lotz [SPD]: Was erzählen Sie denn da? Radio Eriwan! – Gegenruf des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist doch so!)


Nachhaltigkeit bedeutet aber auch, dass steigende So-
zialausgaben nicht zu steigenden Arbeitskosten in den
Betrieben führen dürfen; denn steigende Arbeitskosten
bedeuten, dass wir weiter immer mehr Arbeitsplätze ver-
lieren und dass jede kleine Konjunkturschwankung er-
neut zu Einnahmeverlusten der Sozialkassen führt. Des-
wegen müssen wir von der engen Anbindung der
Gesundheitskosten an die Arbeitskosten wegkommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Nachhaltigkeit heißt weiter,


(Erika Lotz [SPD]: Jetzt bin ich aber neugierig!)


dass wir der heute jungen Generation auf Dauer nicht
wesentlich höhere Kosten zumuten dürfen, als die ande-
ren Generationen heute zu tragen bereit sind. Deshalb
brauchen wir eine Ergänzung der umlagefinanzierten
Sozialsysteme durch mehr Kapitaldeckung.


(Dr. Michael Luther [CDU/CSU]: Jawohl! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die Erkenntnis kommt spät, aber es ist nie zu spät!)


Wir müssen bereits heute vorsorgen, um morgen wesent-
lich höhere Beiträge vermeiden zu können.

Sie reden zwar häufig von Nachhaltigkeit, hatten so-
gar eine Nachhaltigkeitskommission eingesetzt, aber Ihr
Handeln ist durch das Gegenteil gekennzeichnet. Die ge-
meinsame Gesundheitsreform trägt den Charakter einer
Notoperation, bringt aber nicht die Lösung des eigentli-
chen Problems. Die Lösung kann nur darin bestehen,
dass wir die Einnahmen der Krankenkassen von den Ar-
beitskosten entkoppeln.

Wir brauchen eine solide Finanzbasis, um sicherzu-
stellen, dass die Erträge des medizinischen Fortschritts
dauerhaft für alle zu bezahlbaren Preisen bereitgestellt
werden können, ohne dass die Arbeitskosten explodie-
ren. Genau das ist der Kern des Unionskonzeptes einer
solidarischen Gesundheitsprämie.

Wir begrenzen die Belastung der Arbeitgeber auf
6,5 Prozent. Das bedeutet, sie haben eine planbare, lang-
fristig voraussehbare Belastung, und sie sind an der Fi-
nanzierung des Gesundheitswesens beteiligt, allerdings
nicht mehr mit einem steigenden Beitrag.

Wir stellen sicher, dass die Krankenkassen für jeden
Versicherten, egal ob er einen Arbeitsplatz hat oder
nicht, egal ob er aktiv beschäftigt oder schon im Ruhe-
stand ist, egal ob er ein hohes Einkommen oder ein nied-
riges Einkommen hat, eine feste Prämie bekommen, mit
der die Gesundheitskosten für die Erwachsenen verläss-
lich abgedeckt sind. Wir stellen gleichzeitig sicher, dass
Menschen mit niedrigem Einkommen nicht mehr bezah-
len als heute


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist die Quadratur des Kreises, Herr Storm!)







(A) (C)



(B) (D)


Andreas Storm

und dass auch Besserverdienende, die nicht in der GKV
sind, die Versicherung von Kindern mitfinanzieren.

Schließlich schaffen wir auch die Voraussetzung für
die künftige Einführung einer zusätzlichen kapitalge-
deckten Vorsorge in der Krankenversicherung.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Besser ist, ihr macht mit uns, was wir vorgeschlagen haben!)


Damit ist klar: Die Union hat die Karten auf den Tisch
gelegt.


(Lachen bei der SPD)

Das Konzept macht deutlich, wie die Probleme gelöst
werden können.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben im Gegensatz zu Rot-Grün einen konkreten
Vorschlag. Wer die Kollegin Lehn vorhin gehört hat, hat
den Eindruck gewonnen, dass Sie von Rot-Grün erst ein-
mal ein paar Klausurtagungen einlegen müssen, um zu
überlegen, was Sie denn mit der Überschrift „Bürgerver-
sicherung“ noch anfangen sollen, damit es wenigstens
ein halbwegs verständliches Konzept wird.


(Beifall bei der CDU/CSU – Waltraud Lehn [SPD]: So ein Quatsch!)


Kommen wir zum nächsten Kapitel: zur Rentenpoli-
tik. Das übliche Novemberfieber der Rentenkassen ken-
nen wir ja.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514215000

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?


Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1514215100

Gern, Herr Kollege Kirschner.

(Zuruf von der FDP: Der erklärt jetzt die Bür gerversicherung!)



Klaus Kirschner (SPD):
Rede ID: ID1514215200

Herr Kollege Storm, in Ihrem Papier mit dem Titel

„Reform der gesetzlichen Krankenversicherung – Soli-
darisches Gesundheitsprämien-Modell“ sagen Sie:

Dazu soll eine Absenkung des Spitzensteuersatzes
von 42 Prozent auf 39 Prozent statt wie bisher vor-
gesehen auf 36 Prozent erfolgen.

Können Sie mir zwei Dinge erklären? Können Sie mir
erstens erklären, woher Sie das Geld, das Sie sowieso
nicht haben, zur Senkung des Spitzensteuersatzes auf
unter 42 Prozent nehmen? Zweitens. In Ihrem Partei-
tagsbeschluss von vor einem Jahr steht, dass der Spitzen-
steuersatz auch im Interesse der privaten Vorsorge in der
Rentenversicherung gesenkt werden soll. Wenn ich da-
raus den richtigen Schluss ziehe, heißt das, dass Sie Geld
verteilen, das Sie gar nicht haben, und dieses nicht vor-
handene Geld auch noch zweimal verteilen. Können Sie
mir das erklären?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1514215300

Herr Kollege Kirschner, mit den Beschlüssen ist das

so eine Sache. Wenn man Parteitagsbeschlüsse konkur-
rierender Parteien liest, dann kann es natürlich schon
passieren, dass man durcheinander kommt.


(Lachen bei der SPD – Dr. Uwe Küster [SPD]: Jetzt wundert mich gar nichts mehr!)


Kollege Kirschner, Sie haben zu Recht darauf hingewie-
sen, dass die Union nach ihrem Konzept vom vergange-
nen Dezember eine Steuerreform mit einem Spitzen-
steuersatz von 36 Prozent machen wollte. Wenn wir nun
den Spitzensteuersatz 3 Prozentpunkte höher legen,


(Peter Dreßen [SPD]: 3 Prozentpunkte niedriger!)


dann bedeutet das, dass die Besserverdienenden mehr
Geld in die Bundeskasse einzahlen und dieses Geld für
die Krankenversicherung bereitgestellt werden kann.
Zum ersten Mal beteiligen sich damit die Steuerzahler an
der Finanzierung der Kosten für Familien im System
der GKV. Das stellen wir mit unserem Konzept sicher.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sicherstellen?)


Das ist ein ganz entscheidender Fortschritt.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich komme zurück zum

Thema Rente. Dass wir jedes Jahr im November ein No-
vemberfieber erleben, weil die von Ihnen vorausge-
schätzten Daten hinten und vorne nicht stimmen, ist
nichts Neues. Neu ist aber, dass diese Novemberfieber-
schübe inzwischen zu einer schweren Grippe geworden
sind. An der Stelle muss ich Ihnen, liebe Kollegin
Bender, schon sagen: Das, was Sie vorhin vorgetragen
haben, entspricht nicht Ihrer sonstigen parlamentari-
schen Arbeit. Sie haben nämlich aus meinem Redebei-
trag vom vergangenen Dezember unvollständig zitiert.
Damals habe ich deutlich gemacht – das gilt heute un-
verändert –, dass vor dem Hintergrund der demographi-
schen Entwicklung die künftigen finanziellen Lasten
fair zwischen Jung und Alt verteilt werden müssen. Jetzt
kommt der entscheidende Satz: Auf keinen Fall dürfen
wir einseitig nur die Beitragszahler belasten, denn dann
würde sich die verhängnisvolle Beitragsspirale in
Schwindel erregende Höhen drehen und zahllose Ar-
beitsplätze vernichten. – Diesen Teil meiner Aussage ha-
ben Sie nicht zitiert. Da steht aber der entscheidende
Punkt. Aus dieser Rede ableiten zu wollen, die Union
liefere Ihnen ein Alibi dafür, die Haushaltslöcher im lau-
fenden Rentenhaushalt dadurch stopfen zu dürfen, dass
ersatzlos die letzten Reserven der Rentenversicherung,
nämlich die Wohnungsbestände der Bundesversiche-
rungsanstalt für Angestellte, veräußert werden, ist ein
dreistes Stück aus dem Tollhaus.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Erika Lotz [SPD])


Meine Damen und Herren, die tatsächliche Verfas-
sung der Rentenfinanzen ist noch viel ernster, als es die






(A) (C)



(B) (D)


Andreas Storm

offiziellen Bulletins aus dem Hause von Ulla Schmidt
uns glauben machen wollen. Professor Ruland hat am
letzten Montag vorgerechnet, dass für das nächste Jahr
eigentlich ein Rentenbeitrag von 19,7 Prozent erforder-
lich wäre. Das bedeutet, Rot-Grün entlässt die Renten-
kassen mit einem ungedeckten Scheck in das nächste
Jahr.

Nun ein Zitat; hören Sie gut zu.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514215400

Herr Kollege Storm, Sie müssen zum Schluss kom-

men.


Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1514215500

Jawohl, das ist der Einstieg in die Schlussrunde.


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514215600

Der Einstieg in den Ausstieg – das geht nicht.


Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1514215700

Nun zu dem spannenden Zitat:
Die gesamte Gesellschaft ist auf ein verlässliches
Rentensystem essentiell angewiesen.

(Peter Dreßen [SPD]: Sehr wahr! Sie machen das Gegenteil!)

– Hören Sie nur gut zu!

Die finanziellen Bedingungen für die Rentenversi-
cherung werden dieser Anforderung gegenwärtig
nicht gerecht.

Kollege Dreßen, nun dürfen Sie raten, von wem das Zitat
stammt. Es stammt weder von mir noch von einem ande-
ren Kollegen aus der Unionsfraktion, sondern von je-
mandem, den ich normalerweise nicht zitiere, nämlich
von Frau Engelen-Kefer.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514215800

Herr Kollege Storm, jetzt reicht es.


Andreas Storm (CDU):
Rede ID: ID1514215900

Sie hat aufgrund des alternierenden Verfahrens neu

die Funktion als Vorstandsvorsitzende des VDR über-
nommen.


(Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wen Sie schon alles zu Hilfe holen müssen!)


Wo sie Recht hat, hat sie Recht. Das ist der beste Beleg
dafür, dass Ihre Politik die Rentenfinanzen systematisch
gegen die Wand fährt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514216000

Das Wort hat jetzt die Parlamentarische Staatssekretä-

rin Marion Caspers-Merk.

(Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Die zweite Stimme der Ministerin!)


M
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1514216100


Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-
legen! Herr Storm, Sie haben es mir sehr leicht gemacht.
Bildlich gesprochen haben Sie mir mit Ihren Ausführun-
gen gleichsam den Ball auf den Elfmeterpunkt gelegt.
Das ist super.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Man muss ihn dann aber auch noch hineinbekommen!)


Sie haben sich mit Ihren Behauptungen absolut lächer-
lich gemacht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben hier erklärt, die Union stehe dafür, dass im
Prinzip für alle sozialen Sicherungssysteme Rückstel-
lungen gebildet werden sollen. Sie haben hier erklärt,
man brauche diesen Aufwuchs wegen der Sicherheit.
Gleichzeitig nehmen Sie solche Ansätze aus all Ihren
Modellen wieder heraus.


(Andreas Storm [CDU/CSU]: Stimmt doch gar nicht! Steht doch ausdrücklich drin! – Hildegard Müller [CDU/CSU]: Das ist doch gar nicht wahr!)


Was gilt denn jetzt? In Ihrem jetzt neu konzipierten Prä-
mienmodell fehlt dieser Ansatz, denn eine Kopfpau-
schale würde normalerweise 169 Euro kosten. In den
109 Euro ist eine Rückstellung nicht mehr enthalten.


(Zuruf von der CDU/CSU: Durch Lügen wird es nicht besser!)


Auch in Ihrem Konzept zur Pflegeversicherung, das Sie
als Alternative zu unserem Konzept vorgelegt haben,
wird die Bildung einer Rückstellung nicht angesprochen.
Auch Sie setzen, wie wir, nur das Verfassungsgerichts-
urteil um.


(Dr. Michael Luther [CDU/CSU]: Kann man Ihr Konzept mal kriegen? Wir kennen es nicht!)


– Wir reden ja über die in diesem Haus vorgelegten Kon-
zepte.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Legen Sie mal was vor, Frau Caspers-Merk! Wo sind denn Ihre Vorlagen?)


Natürlich reden wir auch über das, was die Opposition
als „große Strukturreform“ vorlegt.


(Hildegard Müller [CDU/CSU]: Wir reden über den Haushalt!)


Ebenso reden wir über die von Ihnen formulierten An-
träge; auch darüber wird beraten.






(A) (C)



(B) (D)


Parl. Staatssekretärin Marion Caspers-Merk

Interessant ist, dass Sie hier im Prinzip kneifen. Sie

kneifen doppelt:

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie sind total gekniffen! Sie legen nämlich überhaupt nichts vor in Sachen Bürgerversicherung!)


Zum einen enthalten die Konzepte, die Sie jetzt im Deut-
schen Bundestag vorgelegt haben, keine Kapitalde-
ckung. Zum anderen haben Sie zu dem gemeinsam aus-
gehandelten Gesundheitskompromiss, mit dem wir
mühsam versucht haben, die sozialen Sicherungssys-
teme wieder ins Gleichgewicht zu bringen, einen Antrag
vorgelegt, der vieles infrage stellt und rückgängig macht.
Wie passt denn das zusammen? Sie können doch nicht
– nachdem Sie bei den Verhandlungen zunächst immer
mehr Privatisierungen und Zuzahlungen gefordert ha-
ben, was wir mühsam zurückgedrängt haben – erst mit
uns gemeinsam einen Konsens aushandeln und anschlie-
ßend im Rahmen der Haushaltsberatungen einen Antrag
vorlegen, der vieles von dem Konsens rückgängig
macht. Wenn wir diesen Antrag ernst nehmen würden,
hätten wir deutliche Probleme bei den Beiträgen.

Insofern kann ich nur sagen, dass Sie hier nicht ganz
redlich argumentieren.


(Abg. Andreas Storm [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Herr Kollege Storm, ich möchte den Gedanken im Zu-
sammenhang vortragen, nachher erlaube ich die Zwi-
schenfrage gerne. – Entweder sagen Sie, die sozialen Si-
cherungssysteme sind in Gefahr und es muss über neue
Konzepte geredet werden. Dann müssen Sie hier aber
auch einen Beitrag zur Konsolidierung liefern. Oder Sie
haben ein neues System; dann müssen Sie dazu auch ste-
hen. Aber so, wie Sie es machen, sind Sie nicht ernst zu
nehmen.

Ich will Ihnen das, Herr Kollege Storm, anhand eines
anstehenden Parteitagsbeschlusses erläutern. Die CDU
will auf ihrem bevorstehenden Parteitag eine so ge-
nannte Kombirente einführen. Danach soll zum Bei-
spiel jemand, der mit 60 in Rente geht, nebenher bei-
tragsfrei berufstätig sein können. Wenn man das ernst
nehmen würde, bedeutete das, dass wieder Beiträge in
der Rentenkasse fehlen würden. Wie passt das mit Ihrer
Anklage zusammen? Sie haben uns doch gerade vorge-
halten, dass die Rente auf Kante genäht sei. Das wissen
wir. Aber ich verstehe nicht, wie man in einer solchen
Situation auf einem Parteitag einen Vorschlag machen
kann, der die Finanzen der Rentenkasse zusätzlich ge-
fährdet. Das ist unredlich, Herr Kollege Storm.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Absurd!)


Man könnte jetzt fragen, warum wir uns mit bevorste-
henden CDU-Parteitagen beschäftigen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Weil ihr keine eigenen Konzepte habt! Deswegen müsst ihr euch mit den anderen beschäftigen!)

– Nein, Herr Kollege Kolb, ich erkläre es Ihnen. – Wir
wissen ja, wie das bei Parteitagen der Union ist: Die, die
anderer Meinung sind, dürfen bei der CSU nicht reden.
Insofern wird die Kritik praktisch von vorneherein aus-
geschaltet. Man hat zwar Herrn Kollegen Merz in dieser
Haushaltswoche reden lassen, aber bei Herrn Kollegen
Seehofer hatte man nicht so viel Anstand; ihn habe ich
heute auf der Rednerliste vermisst. So viel Anstand hätte
man doch wenigstens aufbringen können, dass der lang-
jährige stellvertretende Fraktionsvorsitzende die Chance
bekommt, in der Haushaltswoche zu reden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Vielleicht hat auch er die Stimme verloren!)


Sie haben hier ein Stück weit nicht redlich argumentiert,
Herr Storm.


(Erika Lotz [SPD]: Mit zweierlei Maß!)

Zu der Frage, was wir bislang vorgelegt haben. Wir

haben eine Gesundheitsreform, von Ihnen mitgetragen,
vorgelegt. Diese Gesundheitsreform trägt die ersten
Früchte. Das räumen Sie in Ihrem Antrag selbst ein.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Mitgegangen, mitgehangen!)


In Ihrem Vortext weisen Sie darauf hin, dass Sie erste
Erfolge sehen. Es wird gelobt, dass die Strukturen sich
verändert hätten.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Gott sei Dank! Sonst könnte ich nachts nicht mehr ruhig schlafen!)


Es wird gelobt, dass zum ersten Mal die Arzneimittel-
kosten zurückgehen. Es wird gelobt, dass sich die Bei-
träge nach unten statt nach oben bewegen. Außerdem
wird gelobt, was wir an Strukturveränderungen vorge-
nommen haben.

Im zweiten Teil des Antrags werden dann neue Forde-
rungen gestellt, bei denen Sie der Redlichkeit halber hin-
zufügen müssten, was deren Umsetzung für die Beiträge
bedeuten würde. Aber auch hier kneifen Sie. Auch hier
argumentieren Sie nicht ehrlich.

Ich will ein Weiteres zu dem Thema Pflegeversiche-
rungskonzept sagen, weil der Kollege Zöller das in sei-
nem Wortbeitrag angesprochen hat. Wir wissen, dass die
Pflegeversicherung in ernste Schwierigkeiten kommt,
wenn wir nicht handeln. Aus diesem Grunde verknüpfen
wir in unserem Gesetz zur Pflegeversicherung zwei As-
pekte: Wir setzen zum einen das Urteil des Bundesver-
fassungsgerichts um und wir sorgen zum anderen dafür,
dass die Pflegekasse wieder gefüllt wird. Damit beseiti-
gen wir die Unsicherheit bei den Menschen, die auf
Pflege angewiesen sind. Darum geht es doch.

Ihr Konzept zur Pflegeversicherung beruht auf dem
Prinzip „linke Tasche, rechte Tasche“. Zunächst wird für
alle der Beitrag zur Pflegeversicherung erhöht. Damit
wird dann eine Prämie für diejenigen bezahlt, die Kinder
erziehen. Das nenne ich unsolidarisch.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Die mit Kindern werden entlastet!)







(A) (C)



(B) (D)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514216200

Frau Staatssekretärin, gestatten Sie jetzt Zwischenfra-

gen?

M
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1514216300


Aber selbstverständlich.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514216400

Bitte, Herr Kollege Bahr.


Daniel Bahr (FDP):
Rede ID: ID1514216500

Frau Staatssekretärin Caspers-Merk, Sie sagen, dass

wir in der Pflegeversicherung handeln müssen. Ich
möchte Sie daher fragen, warum die Bundesregierung
das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nur dazu ge-
nutzt hat, um eine verkappte Beitragserhöhung durchzu-
führen. Die Fünf Wirtschaftsweisen haben darauf hinge-
wiesen, dass die Rücklagen der Pflegeversicherung
spätestens im Jahre 2007 aufgebraucht sein werden.
Daher frage ich Sie: Wo ist das Konzept der Regierung
– über eine verkappte Beitragserhöhung hinaus –, die
Pflegeversicherung wirklich grundlegend zu reformie-
ren?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Butter bei die Fische!)


M
Marion Caspers-Merk (SPD):
Rede ID: ID1514216600


Lieber Herr Kollege, es liegen drei Konzepte auf dem
Tisch. Ihr Konzept hat in den Anhörungen, die wir ge-
meinsam durchgeführt haben, nicht einmal das Attest
„verfassungskonform“ bekommen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Was? Ich bitte Sie! Da waren Sie in einer anderen Anhörung!)


Sie wollen bei der Entlastung nämlich nur diejenigen be-
rücksichtigen, die Kinder im Alter von bis zu 3 Jahren
haben.

Ihr Konzept ist außerdem unehrlich. Sie hätten die
Entlastung steuerfinanziert.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist doch richtig!)


Sie werfen uns ständig vor, dass sich der Haushalt in ei-
ner Schieflage befinde. Andererseits fordern Sie, dass
wir die Steuern senken sollen. Was, bitte schön, gilt nun?
Sollen wir die Steuern erhöhen oder senken? Sie müssen
sich schon auf eine Linie einigen. Sie machen sich un-
glaubwürdig, wenn Sie immer beides fordern.


(Beifall bei der SPD – Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Kein Konzept, Frau Caspers-Merk!)


Ich will mich noch zu dem Punkt Gesundheits-
prämie äußern, der von dem Kollegen Storm ausführ-
lich dargelegt wurde. Mir ist der Begriff Kopfpauschale
lieber, denn er ist ehrlicher. Was ist Ihr Konzept?

(Dr. Michael Luther [CDU/CSU]: Was ist denn Ihr Konzept?)


Ich bin als Staatssekretärin nach wie vor gesetzlich kran-
kenversichert. Ich zahle an die AOK Baden-Württem-
berg einen Beitrag von 544 Euro pro Monat.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: So viel zahlen Sie nicht!)


– Ich spreche von dem gesamten Beitrag, also von dem
Arbeitnehmerbeitrag plus dem Arbeitgeberbeitrag.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie zahlen die Hälfte!)


Das sind zusammen 544 Euro. Davon zahle ich die
Hälfte.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Aha!)

Ich komme jetzt zu Ihrem Konzept. Danach würde ich

169 Euro zahlen.

(Peter Dreßen [SPD]: Nein! 109!)


– Moment. Das ist der Gesamtbeitrag. Ich zahle
109 Euro und der Arbeitgeber zahlt 60 Euro. – Warum
werden nach Ihrem Konzept die Bezieher hoher Ein-
kommen entlastet, während die Bezieher niedriger Ein-
kommen belastet werden?


(Beifall bei der SPD – Fritz Schösser [SPD]: Wer zahlt den Rest? – Annette WidmannMauz [CDU/CSU]: Frau Staatssekretärin, Sie haben es nicht verstanden!)


Diese Antwort bleiben Sie uns schuldig.
Ich will an dieser Stelle sagen, dass nicht nur wir Ihr

Konzept kritisieren. Es gibt keinen einzigen Experten,
der Ihr Konzept unterstützt. Herr Oettinger – er ist der
neue Stern am sozialpolitischen Himmel der Union, weil
Sie keine anderen mehr haben; Ihr letzter Sozialpolitiker
musste von Bord gehen; das ist der Sachverhalt – sagte
laut „Handelsblatt“, dass das Konzept nicht so umgesetzt
werden würde und dass eine Lücke von 8 oder
16 Milliarden Euro klaffen würde. Herr Ramsauer hat
sich in der Presse dahin gehend geäußert, man müsse
sich keine Sorgen machen; denn so, wie das Konzept
aufgeschrieben sei, werde es nicht umgesetzt.

Sie kennen die ablehnenden Stimmen. Niemand be-
jaht Ihr Konzept. Schauen Sie einmal in die „Süddeut-
sche Zeitung“ von heute. In dem Kommentar von Herrn
Hoffmann wird ausführlich dargestellt, dass die Schweiz
mit der Kopfpauschale keine guten Erfahrungen ge-
macht hat.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Da regieren Sie doch gar nicht!)


Die Schweiz ist das einzige europäische Land, in dem
ein solches Konzept umgesetzt wurde. Dort gibt es mas-
sive Schwierigkeiten: Erstens wird die Pauschale auch in
diesem Jahr wieder – um mehr als 7 Prozent – erhöht,
weil die Ausgaben davonlaufen. Wir dagegen haben ge-
meinsam Maßnahmen gegen die steigende Ausgabenent-
wicklung auf den Weg gebracht.






(A) (C)



(B) (D)


Parl. Staatssekretärin Marion Caspers-Merk

Zweitens sind mittlerweile viele Haushalte auf Trans-

fereinkommen angewiesen. Jeder zweite Rentnerhaus-
halt muss ein Zubrot vom Staat bekommen, damit die
Kopfpauschale gezahlt werden kann.

Die Schweiz steht drittens auch beim Wachstum und
der Beschäftigung nicht besser da als wir. Bei den
Wachstumszahlen liegt sie vielmehr unterhalb des euro-
päischen Durchschnitts. Also stimmen auch die Verhei-
ßungen, dass die Einführung der Kopfpauschale automa-
tisch zu mehr Wachstum und mehr Beschäftigung führt,
nicht.

Stellen Sie sich bitte der Realität und versprechen Sie
nicht irgendwelche theoretischen Konstrukte! Schauen
Sie sich vielmehr um: Dort, wo die Kopfpauschale Rea-
lität ist, führt sie zu dem, was der Kollege Seehofer zu
Recht beschrieben hat. Er sagt, sie sei unterfinanziert,
bürokratisch und unsolidarisch. In allen drei Punkten hat
er völlig Recht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich will noch auf das Thema Standfestigkeit einge-
hen, Herr Kollege Storm. Ich finde es interessant, dass
bislang keiner Ihrer Redner zu dem Antrag gesprochen
hat, den Sie in der Haushaltswoche vorgelegt haben.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das kommt ja noch! – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Wir sind eine freie Opposition! Wir dürfen sagen, was wir wollen!)


Deswegen will ich an dieser Stelle sagen: Wir lassen Ih-
nen nicht durchgehen, dass Sie den Bürgerinnen und
Bürgern auf der einen Seite in den Verhandlungen immer
mehr aufbürden wollten. Auf der anderen Seite darf es
jetzt, da wir das Ganze beschlossen haben, überall ein
bisschen weniger sein und es wird an dem beschlossenen
Konsens gerüttelt. Das ist aus meiner Sicht wenig stand-
fest.

Wenn ich mir Ihre Sozialpolitik anschaue, dann stelle
ich Ähnliches fest, Herr Kollege Storm. Sie verschwei-
gen ja, wie Ihre Konzepte wären. Was würden Sie in der
jetzigen Situation tun?


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Sie sind doch die Regierung! Sie müssen etwas tun!)


In einer Situation, in der die Rente auf Kante genäht ist,
verlangen Sie neue Leistungen, die nicht gegenfinanziert
sind. Nachdem es sehr mühsam war, einen gemeinsamen
Gesundheitskonsens auszuhandeln, drücken Sie sich
nun, indem Sie Anträge formulieren, um sich bei den
Leistungserbringern lieb Kind zu machen. Sie haben mit
Ihrem Konzept „rechte Tasche, linke Tasche“ nicht dazu
beigetragen, dass die Pflegeversicherung bis zum Jahr
2008 finanziell einigermaßen auf den Beinen stehen
kann.

Deswegen meine ich, die Sozialpolitik ist bei uns in
guten Händen. Wir würden eine solch unseriöse Politik
nicht betreiben.

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Jetzt wird es aber zur Märchenstunde, Frau Staatssekretärin!)


Meine Ministerin ist zwar heute stimmlos; aber unser
Haus ist weder kopflos noch konzeptlos. Kopflosigkeit
und Konzeptlosigkeit gibt es vielmehr bei Ihnen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514216700

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Gesine Lötzsch.

(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist doch eine Abgeordnete der PDS!)



Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1514216800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und

Herren! Mir wurde gerade von der FDP zugerufen: „Das
ist doch eine Abgeordnete der PDS.“ – Das stimmt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Hoher Wiedererkennungswert!)


– Richtig.
Ich möchte zunächst etwas zur Kopfpauschale der

CDU/CSU sagen. Nach einer quälenden Diskussion und
einem Rücktritt ist aus der Kopfpauschale der konserva-
tiven Opposition eine monströse Wasserkopfpauschale
geworden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Alle Experten sind sich einig, dass die Kopfpauschale
eine Kopfgeburt ist. Wer wenig zahlt, hat mehr als bisher
in der Tasche und wer mehr hat, zahlt weniger als bisher;
von den Vorrednern wurden ja schon genügend Beispiele
dazu genannt. Dieses Modell ist wirklich verfehlt und
sollte von Frau Merkel schnell aus dem Verkehr gezogen
werden. Sie schauen sich ja gern Umfragen an: Die
Mehrheit der Bundesbürger sieht das übrigens genauso.

Aber, meine Damen und Herren von der Koalition,
die Bundesregierung sollte sich in Anbetracht des völli-
gen Versagens von CDU und CSU in der Gesundheits-
politik nicht selbstverliebt nach hinten lehnen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dem kann ich uneingeschränkt zustimmen!)


Auch wenn das Kopfpauschalenmodell schlecht ist,
heißt das nicht, dass Ihre Politik wirklich besser wäre.
Die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land haben im
Moment augenscheinlich nur die Wahl zwischen einem
sehr unsozialen Modell, das von CDU und CSU, und ei-
nem unsozialen Modell. Da kann man nicht wirklich von
Wahlfreiheit reden.

Die Bundesregierung spricht besonders gern über die
geplante Bürgerversicherung. Leider geistert die nur
als ein Phantom durch die Medien. Sie soll den Blick auf
die gegenwärtige Gesundheitspolitik verstellen. Erin-
nern Sie sich: Von einer ganz großen Koalition aus SPD,
CDU, CSU und Grünen sind die Gesetze zur Gesund-






(A) (C)



(B) (D)


Dr. Gesine Lötzsch

heitspolitik und damit der Abschied von der solidari-
schen Krankenversicherung konstruiert worden.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wir waren nicht dabei!)


– Ich habe Sie auch nicht genannt. – Ob Sie Ihre Modelle
Kopfpauschale, Bürgerversicherung oder Bürgerpau-
schale nennen, Fakt bleibt: Alle Parteien außer der PDS
wollen aus der paritätischen Finanzierung der Kranken-
versicherung aussteigen. Die ersten Schritte haben Sie
mit Krankengeld und Zahnersatz bereits gemacht, wei-
tere werden folgen.

Wir, die PDS, sind gegen die Kopfpauschale der CDU
und warnen SPD und Grüne vor einem Etikettenschwin-
del. Machen Sie nicht aus der Bürgerversicherung eine
verkappte Kopfpauschale.

Sie fordern die Bürger gern zu mehr Eigenverantwor-
tung auf, meinen aber mehr Zuzahlung und schröpfen
die Bürger, ohne dass sie dafür mehr Gesundheit bekom-
men. Am Ende des Jahres 2004 wird es für jeden Bei-
tragszahler deutlich: Die große Koalition von SPD, Grü-
nen, CDU und CSU hat die Bürger getäuscht. Die
versprochenen Beitragssenkungen kommen nicht und
trotzdem tragen die Bürger zusätzlich zu ihrem hohen
Kassenbeitrag die Praxisgebühr und die Zuzahlungen für
Medikamente und Krankenhausaufenthalt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Leider auch wahr!)


Da frage ich: Wo bleibt eigentlich das zusätzliche
Geld der Bürger? Was machen die Kassen mit den
Mehreinnahmen? Der Bundesverband der Pharmazeu-
tischen Industrie hat moderate Preiserhöhungen zum
Jahresende oder zu Anfang 2005 angekündigt. Tatsäch-
lich aber haben viele Hersteller bereits Mitte des Jahres
die Herstellerabgabepreise deutlich erhöht. Moderat
kann man Preissteigerungen um bis zu 60 Prozent
wirklich nicht nennen.

Das Preismoratorium für die Hersteller läuft Ende des
Jahres aus und auch der Zwangsrabatt für die Hersteller
wird wieder gesenkt. Nun versuchen einige Pharmapro-
duzenten durch wahre Preissprünge, das Preismorato-
rium und die Zwangsrabatte nachträglich zu kompensie-
ren. Hier wäre das Handeln der Ministerin und aller
anderen Verantwortlichen gefragt. Was tun sie? Bisher
nichts. Sie schauen zu, wie sich einige Hersteller aus der
Verantwortung ziehen und die Lasten der verunglückten
Gesundheitsreform bei den Beitragszahlern abladen.

Die so genannte Gesundheitsreform zieht den Patien-
ten das Geld aus der Tasche und wird das Gesundheits-
system nicht billiger machen. Das schwerwiegendste
Problem ist: Diese Reform bringt nicht mehr, sondern
weniger Gesundheit für die Menschen. Die Gesundheits-
ministerin, Frau Schmidt, feiert – heute tut sie es zwar
nicht, weil sie nicht sprechen kann – die Einsparungen
bei den Krankenkassen und erklärt unermüdlich, dass
die Gesundheitsreform jetzt greifen würde. Ja, sie greift;
sie greift vor allem kranken Menschen in die Tasche. Die
Gesundheitsreform hat bisher keinen Menschen gesün-
der, aber viele ärmer gemacht.
Die Praxisgebühr und die Zuzahlungen für Medika-
mente haben wirklich eine Steuerungswirkung – wie von
der Bundesregierung vorausgesagt –, sie steuern aber in
die falsche Richtung, sie steuern sozial Schwache aus
dem Gesundheitssystem heraus. Das ist weder gerecht
noch solidarisch, wir, die PDS, lehnen das ab.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514216900

Danke schön. – Das Wort hat jetzt die Abgeordnete

Annette Widmann-Mauz.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Annette Widmann-Mauz (CDU):
Rede ID: ID1514217000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

gen! Frau Staatssekretärin, Ihre heutige Rede war mehr
als enttäuschend und weit unter dem Niveau, das Sie zu-
mindest ab und an in diesem Hause präsentieren. Gerade
Sie als Staatssekretärin und Abgeordnete des Deutschen
Bundestages wissen ganz genau, dass Sie mit Ihrer Ab-
geordnetendiät und Ihrer Staatssekretärsversorgung bei
einem um 3 Prozent höheren Spitzensteuersatz deutlich
mehr in unser solidarisches Gesundheitsprämiensystem
einzahlen würden, als Sie es heute tun.


(Beifall bei der CDU/CSU – Waltraud Lehn [SPD]: Den wollen Sie doch auch senken! – Birgitt Bender [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr wollt die Steuern doch senken!)


Dass Sie unseren Antrag, unsere kritische Bestands-
aufnahme, nicht gern hören, Frau Staatssekretärin, kann
ich verstehen. Wir stellen Ihnen nämlich 23 unange-
nehme Fragen. Sie stellen sich diese Fragen nicht


(Beifall bei der CDU/CSU)

und das allein ist schon Beweis genug, wie wenig ernst
Sie Ihre Regierungsaufgabe nehmen und wie wenig ver-
antwortungsvoll Sie diesen Kompromiss umsetzen.


(Waltraud Lehn [SPD]: Geht es auch ein bisschen weniger dumm?)


Frau Schmidt, Sie haben eine zweite Chance erhalten.
Einige Ihrer Kollegen aus der SPD-Fraktion meinten
2002, dass Ihre Berufung nur den fehlenden Alternativen
zuzuschreiben gewesen wäre. Sie haben diese Chance
erhalten, Sie wollten sie nutzen. Sie wollten alles anders
und alles besser machen als in der letzten Legislatur-
periode.

Nach zwei Jahren wissen wir: Sie machen nichts an-
ders und richtig besser wird es auch nicht. Sie haben die
Wähler 2002 über die Finanzlage der Renten- und der
Krankenversicherung getäuscht und das tun Sie jetzt
wieder.


(Peter Dreßen [SPD]: Wo denn?)

Schon im Frühsommer zeichnete sich doch ab, dass trotz
Reform die Beitragssätze nicht in dem von uns erwarte-
ten Umfang sinken werden. Ulla Schmidt im Juni dieses
Jahres: Ganz sicher 13,6 Prozent. Im September dieses
Jahres: Keine Bange; wir werden unter 14 Prozent lan-
den. Auf Nachfrage im November, warum das denn
nicht passiert, sagen Sie: Die Krankenkassen jonglieren






(A) (C)



(B) (D)


Annette Widmann-Mauz

mit falschen Zahlen. Frau Schmidt, die Menschen fragen
sich, wer denn wohl mit den falschen Zahlen und Ver-
sprechungen agiert hat.


(Dr. Michael Luther [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Jetzt, dieser Tage, räumen Sie ein: „Es könnten doch
14 Prozent werden“, obwohl der Schätzerkreis Ihnen
14,1 Prozent ins Stammbuch schreibt und die Kranken-
kassen von 14,2 Prozent ausgehen. Im nächsten Jahr:
Tendenz steigend.

Ich sage Ihnen – das zeigt ja auch unser Antrag auf –:
Die hohe Verschuldung der Krankenkassen und die wei-
ter wegbrechenden Einnahmen gefährden die Finanzen
der gesetzlichen Krankenversicherung. Ihre miserable
Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik hat die Einnahme-
basis der Krankenkassen weiter geschwächt. Sie haben
doch in den Konsensverhandlungen die Verschuldung
der Kassen schöngerechnet. Statt 8 Milliarden Euro
Schulden haben Sie 4 Milliarden Euro angegeben. Ihre
Schulden sind mit verantwortlich dafür, dass wir die
Maastrichtkriterien wieder einmal nicht erfüllen. Dazu
kommt, dass Sie die Lasten auf zukünftige Generationen
von Beitragszahlern verschieben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Spätestens das Urteil der Wirtschaftsweisen, die das
Wirtschaftswachstum wieder nach unten haben korrigie-
ren müssen, müsste Ihnen doch zu denken geben. Des-
halb fordern wir in unserem Antrag von Ihnen eine ehrli-
che Beurteilung der Finanzentwicklung der gesetzlichen
Krankenversicherung bis zum Ende dieser Legislaturpe-
riode. Der weitergehende Reformbedarf darf von Rot-
Grün vor den Wahlen 2006 nicht ein weiteres Mal ver-
schleiert werden. Frau Schmidt, wir werden es nicht zu-
lassen, dass die Menschen vor der nächsten Bundestags-
wahl erneut von Ihnen getäuscht werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Aber nicht nur die Einnahmen der Kassen sind insta-
bil. Sie schaffen auch neue Verschiebebahnhöfe zulasten
der gesetzlichen Krankenversicherung. Ich hätte eigent-
lich erwartet, dass die Bundesregierung etwas zu dem so
genannten Verwaltungsvereinfachungsgesetz sagt, das
wir ja heute mit beraten. Davon höre ich überhaupt
nichts. Sie verschieben mir nichts, dir nichts den Aus-
zahlungstag der Beiträge zur Krankenversicherung der
Rentner um einige Tage, und das doch nur, um die Liqui-
dität der Rentenkassen zu verbessern. Aber Sie
verschweigen, dass dies allein die AOK 1 Milliarde Li-
quidität kosten wird.


(Waltraud Lehn [SPD]: Ach!)

– Doch, so ist es.

Frau Schmidt, Sie dürfen sich nicht wundern, wenn
die Kassen das Geld der Beitragszahler vor Ihrer Politik
in Sicherheit bringen.

Darüber hinaus muss uns auch die Ausgabenentwick-
lung bei den Arzneimitteln besorgt machen.


(Peter Dreßen [SPD]: Ärmlich, was Sie sagen!)

Gestern haben Sie den Pharmagipfel inszeniert und
heute hören wir nicht ein einziges Wort der Bundesregie-
rung darüber. Was haben Sie denn dort veranstaltet? Es
war wohl so: Außer Spesen nichts gewesen. Dass die
Kosten für Arzneimittel steigen, ist doch auf den Jo-Jo-
Effekt Ihrer Politik zurückzuführen.


(Erika Lotz [SPD]: Das ist unter Ihrem Niveau!)


Sie machen in vielen Bereichen, was Sie in der Ver-
gangenheit immer schon gut konnten, nämlich Bürokra-
tie erweitern und knappe Beitragsmittel in eine bürokra-
tische Gigantomanie stecken. Das beste Beispiel dafür
sind doch die Disease-Management-Programme. Der
Schätzerkreis der Spitzenverbände der Krankenkassen
veranschlagt die Verwaltungskosten für diese Chroniker-
programme für das Jahr 2004 mit sage und schreibe
88 Millionen Euro. Dazu kommen Dokumentationskos-
ten in Höhe von weiteren 79 Millionen Euro. Diese Ten-
denz wird sich in den kommenden Jahren fortsetzen. Da-
bei denke ich noch gar nicht an die bürokratischen
Monster, die mit dem prospektiven morbiditätsorientier-
ten Risikostrukturausgleich – ein schönes Wort –


(Klaus Kirschner [SPD]: Kopfpauschale: Denken Sie einmal an dieses Monster!)


auf uns zukommen, oder an das, was Sie im Präventions-
gesetz alles planen. Wir sagen Ihnen klar: Setzen Sie das
Geld der Beitragszahler für die medizinische Versorgung
ein und nicht für immer mehr Bürokratie!


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Umsetzung des GMG, also des Kompromisses

des letzten Sommers, ist schlampig vollzogen worden.
Die Stichworte lauten „Praxisgebühr“ und „Chronikerre-
gelung“. Wenn ich mir überlege – das scheint Sie über-
haupt nicht zu betreffen bzw. völlig an Ihnen vorbeizu-
gehen –, wie viel Verunsicherung in der Bevölkerung
allein beim Thema Sterbegeld herrscht – die Sozialver-
bände werden von Anfragen überschwemmt, ob es in
diesem Jahr gestrichen wurde oder nicht –, dann kann
man klar sagen: Das, was die Menschen beschäftigt,
scheint diese Regierung nicht mehr zu beschäftigen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch das ambitionierte Vorhaben der Einführung ei-

ner elektronischen Gesundheitskarte haben Sie von
Anfang an falsch angepackt. Jetzt zeichnet sich ab, dass
dieses Projekt überhaupt nicht mehr zu halten ist. So ist
es auch bei der integrierten Versorgung, einem ganz
wichtigen Herzstück dieser Reform, das auch wir als ele-
mentaren Bestandteil angesehen haben. Nur 20 Prozent
der dafür zur Verfügung stehenden Finanzmittel sind bis-
lang abgerufen worden. Die meisten Mittel fließen in die
traditionelle „Hüfte“ und in Disease-Management-Pro-
gramme. Von einer echten fächer- und sektorenübergrei-
fenden bevölkerungsbezogenen Versorgung kann also
noch keine Rede sein. Von Ihnen haben wir dazu heute
kein einziges Wort gehört. Wenn dieses Projekt das
Herzstück der Reform ist, dann sollten Sie endlich dafür
sorgen, dass das Herz kräftig schlagen kann. Aber dazu
hört man von Ihnen kein Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) (C)



(B) (D)


Annette Widmann-Mauz

Dass Rot-Grün nicht in der Lage ist, die aktuellen

Probleme in der Gesundheitspolitik zu lösen, ge-
schweige denn zukunftsweisende Konzepte zur Lösung
der Probleme der sozialen Sicherungssysteme zu entwi-
ckeln, hat die heutige Debatte mehr als eindrucksvoll be-
wiesen. Sie setzen sich zwar mit den Konzepten der
künftigen Regierungsparteien, der CDU und der CSU,
auseinander, aber nicht mehr mit Ihren eigenen Vor-
schlägen; denn Sie haben keine, die tragen. Deshalb wird
es Zeit, dass wir unsere Konzepte in die Realität umset-
zen.


(Erika Lotz [SPD]: Darauf könnt ihr noch lange warten!)


Sie haben am heutigen Tag keine einzige Antwort auf
die wegbrechenden Einnahmen in unseren sozialen
Sicherungssystemen gegeben; denn Sie haben keine
Antworten auf die Probleme unserer Zeit. Daher ist es an
der Zeit, dass Sie gehen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP] – Waltraud Lehn [SPD]: Auf Wiedersehen!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514217100

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über Einzelplan 15,

Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Siche-
rung, in der Ausschussfassung. Wer stimmt dafür? – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Einzelplan 15 ist
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die
Stimmen von CDU/CSU und FDP angenommen.

Tagesordnungspunkte I.20 und I.21. Interfraktionell
wird Überweisung der Vorlagen auf den Druck-
sachen 15/4228 und 15/4135 an die in der Tagesordnung
aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit
einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Über-
weisungen so beschlossen.

Ich rufe Zusatztagesordnungspunkt 3 auf:
Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-

(Vermittlungsausschuss)

Änderung der Vorschriften zum diagnose-
orientierten Fallpauschalensystem für Kran-
kenhäuser und zur Änderung anderer Vor-

(Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz – 2. FPÄndG)

– Drucksachen 15/3672, 15/3974, 15/4177,
15/4272 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gudrun Schaich-Walch

Hierzu liegt eine persönliche Erklärung der Abgeord-
neten Gisela Piltz vor, die wir zu Protokoll nehmen.1)
Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? – Das
ist nicht der Fall. Wird das Wort für Erklärungen ge-
wünscht? – Auch das ist nicht der Fall.
1) Anlage 2
Wir kommen zur Abstimmung. Der Vermittlungsaus-
schuss hat gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäfts-
ordnung beschlossen, dass im Deutschen Bundestag
über die Änderungen gemeinsam abzustimmen ist.
Wer stimmt für die Beschlussempfehlung des Vermitt-
lungsausschusses auf Drucksache 15/4272? – Gibt es
Gegenstimmen oder Enthaltungen? – Das ist nicht der
Fall. Damit ist die Beschlussempfehlung des Vermitt-
lungsausschusses einstimmig angenommen worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt I.22 auf:
Einzelplan 10
Bundesministerium für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft
– Drucksachen 15/4310, 15/4323 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Jürgen Koppelin
Ernst Bahr (Neuruppin)

Ilse Aigner
Franziska Eichstädt-Bohlig

Zu Einzelplan 10, über den wir später namentlich ab-
stimmen werden, liegt ein Änderungsantrag der Fraktion
der CDU/CSU vor.

Über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/
CSU auf Drucksache 15/4340, der sich auch auf
Einzelplan 10 bezieht, ist bereits bei Einzelplan 08 abge-
stimmt worden.

Des Weiteren liegen zwei Entschließungsanträge der
Fraktion der FDP vor, über die wir morgen im Anschluss
an die Schlussabstimmung abstimmen werden.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Wi-
derspruch gibt es nicht. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst
die Abgeordnete Gerda Hasselfeldt.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1514217200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die deutschen Landwirte stehen im kommenden Jahr an-
gesichts der Umsetzung der EU-Beschlüsse auf nationa-
ler Ebene vor riesigen Herausforderungen und Umwäl-
zungen. Gerade in dieser Zeit wäre es dringend geboten,
dass die Landwirtschaftspolitik Verlässlichkeit und
Glaubwürdigkeit aufweist und dass sie ihnen Perspekti-
ven und Konzepte aufzeigt. Beides ist mit dem vorlie-
genden Haushalt nicht getan.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wie schon in den vergangenen Jahren ist der Land-

wirtschaftshaushalt ein Steinbruch für den Finanzminis-
ter: Kürzungen bei der landwirtschaftlichen Kranken-
versicherung, Kürzungen bei der landwirtschaftlichen
Unfallversicherung, Kürzungen bei der Gemeinschafts-
aufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küs-
tenschutzes“ – Erhöhungen, aber nicht bei irgendwel-
chen Bundeszuschüssen, sondern bei Steuern, genauer:






(A) (C)



(B) (D)


Gerda Hasselfeldt

bei der Agrardieselsteuer. Haushalts- und Haushaltsbe-
gleitgesetz treffen die wirtschaftenden Betriebe nicht nur
ein bisschen, sondern ins Mark. Mit diesen Entscheidun-
gen, mit diesen Kürzungen und Steuererhöhungen, ver-
schlechtern Sie die ohnehin angeschlagene Wettbe-
werbsfähigkeit unserer Landwirte aufs Neue.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ein paar Sätze zur Verlässlichkeit und Glaubwürdig-

keit: Wir alle miteinander haben Ende letzten Jahres – es
ist noch gar nicht so lange her – im Vermittlungsaus-
schuss entschieden, und zwar aus guten Gründen, dass
die notwendigen Kürzungen im Haushalt nicht bei den
landwirtschaftlichen Betrieben und nicht im Landwirt-
schaftshaushalt vorgenommen werden. Jetzt kommen
Sie wieder mit genau denselben Vorschlägen. Doch die-
selben Gründe, die damals dagegen sprachen, sprechen
auch heute dagegen: die Einkommenssituation der Land-
wirte, die Tatsache, dass die Landwirte bei allen vergan-
genen Haushalten einen überproportionalen Anteil an
den Sparmaßnahmen tragen mussten, und die Tatsache,
dass sie in ihrer Wettbewerbsfähigkeit ohnehin ge-
schwächt sind, und zwar durch Ihre ständigen nationalen
Alleingänge. All das gilt auch heute noch, aber Sie wi-
schen es einfach beiseite und kalkulieren auch die neuen
Herausforderungen und Belastungen durch die EU-Be-
schlüsse nicht ein.


(Beifall bei der CDU/CSU)

So kann man mit einem wichtigen Wirtschaftszweig

– ich sage bewusst: wichtiger Wirtschaftszweig – nicht
umgehen. Es geht hier nicht um einen Berufsstand al-
leine, sondern es geht um einen wichtigen mittelständi-
schen Wirtschaftszweig mit 4,3 Millionen Beschäftigten
im vor- und nachgelagerten Bereich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Nun ist es ja nicht so, dass wir von der Opposition

nicht eine Menge von Sparvorschlägen gemacht hätten.
Nur, unsere Vorschläge würden nicht die wirtschaften-
den, die leistungsbereiten und leistungsfähigen Betriebe
treffen, sondern sie würden beispielsweise Ihre Öffent-
lichkeitsarbeit, Ihre PR-Arbeit, betreffen. Dabei bieten
sich ein paar Sätze dazu an, wie Sie mit öffentlichen
Geldern umgehen. Im Bericht des Bundesrechnungsho-
fes, der erst vor ein paar Tagen erschienen ist, ist nachzu-
lesen:

Das Bundesministerium … hat aus dem Bundespro-
gramm Ökologischer Landbau in weitem Umfang
Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit finanziert,
um die politische Grundausrichtung der Bundesre-
gierung darzustellen. Es hat damit gegen Haushalts-
recht verstoßen.

Unter dem Deckmantel „Ökologischer Landbau“ haben
Sie Steuergelder verschwendet. Das Geld steht nicht
dem Ministerium für Öffentlichkeitsarbeit zu, sondern es
ist vom Parlament für die Landwirte vorgesehen, es ist
Geld, das den Landwirten zusteht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wer die Landwirte, wer die Steuerzahler und das Par-
lament so belügt, der hat jedes Vertrauen, aber auch
wirklich jedes Vertrauen, und jede Glaubwürdigkeit ver-
spielt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wie auf den anderen Feldern Ihrer Haushalts- und Fi-

nanzpolitik strotzt auch Ihre Landwirtschaftspolitik vor
Konzeptionslosigkeit; das ist in diesen Tagen ja deutlich
geworden. Die einzige Antwort, die Sie auf die drängen-
den Fragen in allen Bereichen zur Lösung der wirklich
drängenden Wirtschaftsprobleme haben, lautet: Kürzung
der Mittel. Ein Beispiel ist die Agrarsozialpolitik. Sie
kürzen auch hier: bei der landwirtschaftlichen Kranken-
versicherung, bei der landwirtschaftlichen Unfallversi-
cherung. Ich will einmal deutlich darauf hinweisen: Das
sind keine Subventionen, die man einfach in einem Jahr
nach oben, in anderen nach unten oder – wie Sie es in
den vergangenen Jahren getan haben – permanent nach
unten anpassen kann. Das System der eigenständigen
Sozialversicherung in der Landwirtschaft ist ein
Zwangsversicherungssystem, das damals im Konsens
aller Fraktionen im Deutschen Bundestag beschlossen
wurde. Es hätte keine Zustimmung bekommen, wenn da-
mals nicht geregelt worden wäre, dass die Defizite aus
dem Strukturwandel in der Landwirtschaft aus den
öffentlichen Mitteln,


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das war Geschäftsgrundlage!)


das heißt aus den Bundesmitteln, übernommen werden.
Das war Geschäftsgrundlage und gehört zu diesem Sys-
tem.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Nicht zuletzt durch Ihre Landwirtschaftspolitik haben

Sie dazu beigetragen, dass sich der Strukturwandel wei-
ter beschleunigt hat. Was machen Sie in diesen Zeiten, in
denen – darauf kommt man, wenn man im System denkt –
eigentlich eine Erhöhung der Bundeszuschüsse notwen-
dig wäre? Sie senken die Zuschüsse laufend. Deshalb
brauchen Sie sich nicht zu wundern, dass diese Senkung
der Zuschüsse zu Beitragssatzsteigerungen, zur weiteren
Beschleunigung des Strukturwandels und dazu führt,
dass dieses System letztlich zerstört und nicht mehr zu
halten sein wird. Das müssen Sie wissen. Dies ist in
höchstem Maße verantwortungslos.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Hier fehlt ein Konzept – genau wie bei der landwirt-
schaftlichen Unfallversicherung auch. Dort lautet Ihre
einzige Antwort ebenfalls: Kürzung der Mittel. Dabei
geht es nicht nur um ein paar Millionen, sondern um ge-
waltige Summen, was mit Sicherheit auch wieder zu
Beitragssatzsteigerungen führen wird.

Warum greifen Sie eigentlich nicht die vorliegenden
Vorschläge des Berufsstandes auf? Warum diskutieren
Sie nicht mit denen, die davon betroffen sind, über Lö-
sungsansätze vom Kern her? Es dürfen nicht einfach nur
Gelder gestrichen werden, sondern die Lösung des Pro-
blems, ein neues Konzept ist gefragt. Es darf nicht nur






(A) (C)



(B) (D)


Gerda Hasselfeldt

die einfache Antwort „Kürzung der Mittel“ gegeben
werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


In den letzten Monaten gab es in der Föderalismus-
kommission auch eine lebhafte Diskussion nicht zuletzt
über die Frage, ob wir die Gemeinschaftsaufgabe
„Agrarstruktur und Küstenschutz“ in der jetzigen
Form erhalten sollen oder nicht. Frau Ministerin, ich
teile ausdrücklich Ihre Meinung, dass die Gemein-
schaftsaufgabe „Agrarstruktur und Küstenschutz“ erhal-
ten werden sollte. Wir müssen aber ehrlich miteinander
umgehen. Es nützt nichts, wenn die Gemeinschaftsauf-
gabe auf dem Papier erhalten bleibt und Sie die Mittel
Jahr für Jahr und bei jeder passenden Gelegenheit zu-
rückfahren. Sie muss schon mit Leben erfüllt werden. Es
muss also Geld zur Verfügung stehen; ansonsten macht
das Ganze keinen Sinn.


(Beifall bei der CDU/CSU – Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Sache der Länder! Das müssen sie entscheiden!)


Mehr als in anderen Bereichen wird in der Landwirt-
schaftspolitik vieles EU-weit geregelt. Umso wichtiger
ist es erstens, dass die Verhandlungen auf der europäi-
schen Ebene so geführt werden, dass die deutschen Inte-
ressen dort wirklich vertreten werden, und zweitens,
dass die vorhandenen nationalen Spielräume wirklich
ausgenutzt werden. Ich will Ihnen ein Beispiel für einen
Bereich nennen, in dem sie viel besser ausgenutzt wer-
den könnten, nämlich den Agrardiesel. 1998 wurde jeder
Liter Agrardiesel mit 10,7 Cent besteuert. Im Jahre 2004
waren es 25,6 Cent pro Liter, also mehr als das Dop-
pelte. In Frankreich wurde die Steuer in jüngster Zeit
von 5,6 Cent auf 1,6 Cent pro Liter abgesenkt. In Öster-
reich wurde sie von 30 Cent auf 9,8 Cent abgesenkt. Was
ist im nächsten Jahr in Deutschland? Der ohnehin schon
hohe Satz von 25,6 Cent wird auf durchschnittlich
40 Cent pro Liter erhöht.

Dass man in der Landwirtschaft angesichts dieser
Größenordnungen nicht von einer Wettbewerbsgleich-
heit und nicht von gleichen Bedingungen im Wettbewerb
der Produktion reden kann, liegt doch auf der Hand. Die
deutschen Landwirte müssen sich mit der gleichen
Agrarmarktordnung wie die anderen auseinander setzen
und sich innerhalb dieser behaupten, gleichzeitig haben
sie aber wesentlich schwierigere Ausgangspositionen bei
der Produktion. Das kann es doch nicht sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Ulrich Heinrich [FDP])


Sehr geehrte Frau Ministerin, wenn man dann noch
berücksichtigt, dass die Landwirte auch bei der Öko-
steuer die großen Verlierer waren – was erst in den letz-
ten Tagen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsfor-
schung schriftlich bestätigt worden ist; wir haben
übrigens immer darauf hingewiesen –,


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Ja!)

dann wird klar, dass es an der Zeit ist, in der gesamten
Bundesregierung auf diesen Sachverhalt deutlich hinzu-
weisen und dem Bundesfinanzminister zu sagen, dass
die Landwirte nicht immer nur die Melkkühe der Nation
sein können. Im Wettbewerb mit anderen europäischen
Ländern muss ihre Situation viel stärker als jetzt berück-
sichtigt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Nun will ich gerade in dieser Haushaltsdebatte, die in
einer schwierigen wirtschaftlichen Situation geführt
wird – und die durch Ihre Politik immer schwieriger
wird –, deutlich machen, dass es durchaus eine Reihe
von Maßnahmen gibt, die nicht unbedingt Geld kosten.
Wenn Sie beispielsweise für die Haltung eines Mast-
schweins in Deutschland eine doppelt so große Stell-
platzfläche wie in Dänemark oder den Niederlanden vor-
schreiben,


(Lachen bei der SPD)

dann brauchen Sie sich nicht zu wundern, dass die Pro-
duktion dorthin verlagert wird.

Wenn Sie den deutschen Bauern strengere Vorschrif-
ten für Pflanzenschutz- und Düngemittel auferlegen, als
dies andere Länder tun, dann brauchen Sie sich nicht zu
beklagen, dass die Ausgangsposition der deutschen
Landwirte bei der Produktion schwieriger ist und da-
durch Landwirte eher aus der Produktion aussteigen, als
dies sonst der Fall wäre.


(Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Also mehr Pflanzengifte!)


Wenn Sie, wie Sie dies getan haben, im deutschen Al-
leingang durch das Bio-Siegel nationale Standards fest-
legen, die niedriger sind als die Standards, zu denen sich
die Biobauern selbst verpflichtet haben, dann brauchen
Sie sich auch nicht darüber zu wundern, dass Sie durch
eine solche Entscheidung den Markt für den Import aus
anderen Ländern öffnen.

An diesen Beispielen sehen Sie, dass weder der Tier-
schutz noch der Umweltschutz verbessert worden ist
noch den Verbrauchern geholfen wurde.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Im Gegenteil: Durch solche Maßnahmen tragen Sie dazu
bei, dass zum einen die Situation für die deutschen
Landwirte immer schwieriger wird, weil sie schlechtere
Wettbewerbsbedingungen als andere haben, und dass Sie
zum anderen den Markt für Produkte von außen öffnen,
sodass die Wahlmöglichkeiten für die Verbraucher durch
den Verdrängungswettbewerb geringer werden.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: So ist es!)

Wenn Sie also so tun, als würden Sie den Verbrauchern
helfen, dann täuschen Sie die Verbraucher.

Wir wollen, dass die regionale Vielfalt der Produkte
in Deutschland für die Verbraucher erhalten bleibt. Auch
dies ist ein wichtiger Punkt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])







(A) (C)



(B) (D)


Gerda Hasselfeldt

Wir wollen eine Verbraucherpolitik, die den Verbrau-
chern nichts vorschreibt, sondern die ehrlich ist und den
mündigen Verbraucher akzeptiert. Wir wollen eine
Landwirtschaftspolitik, die es den deutschen Landwirten
ermöglicht, im internationalen Wettbewerb tatsächlich
bestehen zu können. Wir wollen eine Landwirtschaftspo-
litik, die die Landwirtschaft im Kontext des gesamten
Wirtschaftsbereichs als bedeutenden mittelständischen
Wirtschaftssektor mit den vorgelagerten und nachgela-
gerten Bereichen betrachtet, der mit dazu beiträgt, den
Standort Deutschland zu sichern. Mit Ihrer Politik schaf-
fen wir das – mit Verlaub – nicht. Deshalb werden wir
Ihren Haushalt ablehnen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514217300

Das Wort hat der Abgeordnete Ernst Bahr.


Ernst Bahr (SPD):
Rede ID: ID1514217400

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolle-

ginnen und Kollegen! Frau Hasselfeldt hat hier einiges
angeführt, was ich gerne kurz aufgreifen möchte. Wenn
Sie das, was Sie zum Schluss gefordert haben, nämlich
im Kontext zu denken und zu reden, ernst genommen
hätten, dann hätten Sie sich einen Teil Ihrer Rede schen-
ken können. Wenn man sich nur auf einen bestimmten
Bereich, in Ihrem Fall auf die Landwirtschaft, konzen-
triert, dann kann man natürlich eine so populistische
Rede halten, wie Sie es getan haben.


(Ilse Aigner [CDU/CSU]: Das ist ja nicht wahr!)


Aber dies bringt den Landwirten, über die wir hier reden,
absolut nichts.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich will hier noch einmal die Stichworte aufgreifen.
Wenn Sie die Größe der Stellplätze für die Schweinehal-
tung als Wettbewerbsproblem bezeichnen, dann frage
ich mich wirklich, ob es in Ihrer Fraktion überhaupt Um-
welt- und Tierschützer gibt. Oder nehmen wir den an-
geblichen Wettbewerbsnachteil der Besteuerung von
Agrardiesel. Es ist leider so, dass in Deutschland der
Wettbewerb auch durch die Kosten für Agrardiesel be-
einträchtigt wird. Wir haben beim Wettbewerb in der
Landwirtschaft aber auch die sozialen Rahmenbedingun-
gen zu sehen. Da sind die deutschen Landwirte europa-
weit mit am besten aufgestellt. Die Landwirte stehen
nicht, wie Sie es in Ihrer Rede suggeriert haben, am
Ende aller Statistiken. Ihnen geht es nicht so schlecht.
Die Landwirte in Deutschland sind sehr leistungsfähig,


(Jürgen Koppelin [FDP]: Trotz der Regierung!)


sehr flexibel und willig, sich den Herausforderungen zu
stellen. Dem sollten wir in der Politik Rechnung tragen.
Wir sollten nicht versuchen, eine in 50 Jahren geschei-
terte Subventionspolitik fortzusetzen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Genau das machen Sie doch!)


– Herr Goldmann, auf Sie und das, was Ihre Partei dazu
gesagt hat, komme ich noch zurück. – Das, was in die-
sem Zusammenhang geäußert wurde, müssen wir im
Rahmen einer Debatte über die Modernisierung der
Landwirtschaft aufgreifen. In dieser Beziehung haben
wir eine Reihe von guten Schritten getan.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ahnungslos!)


Ein Wort, das hier gefallen ist, war: Steinbruch für
den Bundesfinanzminister. Ich frage mich, was Sie von
der Opposition Ihren Finanzexperten sagen, die auch der
Auffassung sind, dass wir in Deutschland eine Reihe von
Einsparungen vornehmen müssen, weil wir die Schulden
nicht erhöhen dürfen und andere Schwerpunkte in der
Politik setzen müssen. Woher wollen Sie das Geld neh-
men, wenn Sie immer einen Bereich von Sparvorschlä-
gen ausnehmen?

In Bezug auf Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit
müssen wir Ihnen die Frage stellen, wer unsere Vor-
schläge durchkreuzt hat. Sie vertreten heute noch die
Auffassung, dass auf Jahrzehnte gesichert ist, dass die
Steuer auf Agrardiesel nicht erhöht wird. Im Vermitt-
lungsausschuss ist im vergangenen Jahr lediglich ein Be-
schluss für das vergangene Haushaltsjahr gefasst worden
und nicht für alle Ewigkeit. Wenn wir das Thema jetzt
wieder aufgrund sachlicher Notwendigkeiten aufgreifen,
dann hat das etwas mit Verlässlichkeit unserer Politik zu
tun.


(Ulrich Heinrich [FDP]: Verlässlichkeit der Unzuverlässigkeit!)


Wir haben den Landwirten im vorigen Jahr gesagt, dass
es keine andere Möglichkeit gibt, als das zu tun, was wir
gemacht haben. Es gehört zur Verlässlichkeit, auch un-
angenehme Wahrheiten zu sagen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie greifen den Ökolandbau an. Ich frage mich: Wa-
rum wollen wir dem Ökolandbau keine Chance geben?
Sie beklagen sich über den hohen Anteil von importier-
ten Bioprodukten. Wir wollen auch unseren Landwirten
die Chance geben, Bioprodukte herzustellen. Wenn wir
diese Produktion fördern wollen, müssen wir auch Haus-
haltsmittel einstellen. Das haben wir getan, und zwar in
einem größeren Umfang als je zuvor.

Die Aussagen des Berufsstandes in Bezug auf Agrar-
diesel – wenn es die Zeit erlaubt, komme ich darauf noch
zurück – gehen dahin, dass sich 40 Prozent der Land-
wirte auf die Verwendung von Biodiesel einstellen wür-
den,


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ja, wann denn?)


wenn wir das Haushaltsbegleitgesetz umsetzen. Ich
frage mich, warum wir das dann nicht machen sollen.






(A) (C)



(B) (D)


Ernst Bahr (Neuruppin)



(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(FDP): Jetzt stellen die sich darauf ein?)


– Wir haben den Landwirten das schon im vorigen Jahr
gesagt. Durch Ihre Blockadepolitik im Bundesrat ist das
um ein Jahr verschoben worden. Wir haben angekündigt,
dass wir darauf zurückkommen. Das tun wir jetzt.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Jetzt müssen die noch dankbar sein!)


Wir verfahren in der Landwirtschaftspolitik nicht
nach dem Motto „Weiter so“, sondern wir geben den
Landwirten Chancen zur Modernisierung. Dazu gehört,
dass wir ihnen helfen, die Qualität der Produkte zu ver-
bessern. Wir wollen ihnen helfen, Innovationen einzu-
führen und alternative Produkte und Dienstleistungen als
neue Einkommensquellen zu erschließen.

Wir haben mit der Agrarreform einen entscheiden-
den Schritt in diese Richtung gemacht. Stichworte sind
die Entkoppelung der Direktzahlungen oder die Einfüh-
rung der Modulation. Dabei waren wir in der Tat Vorrei-
ter in Europa. Aber der Beschluss gilt für alle. Wenn
nicht wir als eines der stärksten Länder in Europa auch
im landwirtschaftlichen Bereich – wenn nicht als das
stärkste – vorangehen,


(Helmut Heiderich [CDU/CSU]: Das ist lange her!)


wer dann? Als starkes Land haben wir die Verpflichtung,
Vorreiter zu sein.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben mit diesen Schritten auch dazu beigetra-
gen, dass das WTO-Rahmenabkommen überhaupt erst
unterzeichnet werden konnte. Sie wissen, welche Bedeu-
tung das für die Weltwirtschaft hat. Wir sind mit unserer
Politik dabei, den Landwirten zuverlässige Rahmenbe-
dingungen und Planungssicherheit zu geben. Das ma-
chen wir sehr verantwortungsbewusst. Wir sagen nicht
zu allem Nein, so wie wir es von Ihnen in allen Berei-
chen hören.

Wir stehen für eine innovative Landwirtschaft, mit
der wir der internationalen Konkurrenz einen Schritt vo-
raus sind. Wir stehen für Reformen, auch bei der Ge-
meinschaftsaufgabe. Sie haben auch dazu etwas gesagt.
Wir wollen die Gemeinschaftsaufgabe eben nicht ab-
schaffen, wie es Teile der Opposition fordern, sondern
wir wollen sie in einer Form beibehalten, die uns die
Möglichkeit bietet, die Vorteile weiterhin zu nutzen.
Man muss allerdings auch sagen, dass die Mittel nicht
immer in vollem Umfang abgeflossen sind. Deswegen
sind wir der Auffassung, dass wir dort Kürzungen vor-
nehmen konnten. Wir haben auch in der Föderalismus-
kommission Äußerungen gehört, dass die Gemein-
schaftsaufgabe abgeschafft werden soll. Ich denke, wir
sind uns einig, dass das nicht gehen kann.

Lassen Sie mich kurz auf die Anträge der FDP ein-
gehen. Was die darin erhobenen Forderungen angeht,
sieht es so aus, als müssten wir in die Vergangenheit zu-
rückfallen: Mehr Subventionen und alles so lassen, wie
es ist; dann werden die Landwirte schon irgendwie zu-
rechtkommen. Das kann nicht funktionieren. Wir müs-
sen die Landwirte bei der Neuausrichtung ihrer Tätigkeit
unterstützen.


(Ilse Aigner [CDU/CSU]: Das merkt man!)

In den Anträgen der FDP wird die Kürzung der Mittel

für die Förderung von Innovationen vorgeschlagen, Herr
Goldmann.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Welche meinen Sie denn jetzt? Ökoinnovationen?)


Sie wollen die 5 Millionen Euro einsparen und die För-
derung auf null zurückfahren.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ich wollte nur wissen, wovon Sie reden, wenn Sie so etwas erzählen! Das ist ja ohne jede Substanz!)


– Wenn Sie so viel dazwischenreden, dann können Sie
nicht zuhören. Das ist doch klar. Ich will es Ihnen erklä-
ren. Hören Sie geduldig zu! Sie können gleich darauf
eingehen. Sie sind ja der nächste Redner.

Sie wollen die Zuschüsse für Modell- und Demon-
strationsvorhaben um 16 Millionen Euro auf null zurück-
fahren. Sie wollen das Bundesprogramm Ökologischer
Landbau von 20 Millionen Euro auf null fahren.


(Beifall bei der FDP)

Ich frage mich in diesem Zusammenhang, wo wir dann
noch den Landwirten die Chance bieten würden, Biopro-
dukte zu produzieren.

Zur GAK habe ich schon einiges ausgeführt. Wenn
wir die Vorschläge der FDP zusammenfassen, dann kä-
men zusätzliche Kürzungen in Höhe von 231 Millionen
Euro auf den Haushalt des Ministeriums zu. Dann wäre
die Landwirtschaftspolitik in der Tat am Ende; wir hät-
ten keine Gestaltungsmöglichkeiten mehr in diesem Be-
reich.

Wir haben deshalb in einigen Bereichen eine Förderung
vorgenommen. Wir werden neben den Kürzungen, die wir
vorgenommen haben, weil wir sie für richtig halten, ver-
stärkt auf die Förderung nachwachsender Rohstoffe set-
zen. Wir werden die Umstellung auf Biodiesel mit zusätz-
lich 10 Millionen Euro fördern. Damit sind insgesamt
53 Millionen Euro zusätzlich für diesen Bereich vorhan-
den. Ich halte die biogenen Treibstoffe für ein Zukunfts-
modell in der Landwirtschaft.

Wir haben im Rahmen der Beratungen zum Haus-
haltsbegleitgesetz eine Anhörung durchgeführt. Ich
möchte daran erinnern, dass uns die Experten – weil sie
keine Interessenvertreter der Landwirtschaft waren, wa-
ren sie unabhängig – bestätigt haben, dass unsere Vorha-
ben richtig sind.


(Ilse Aigner [CDU/CSU]: Es war einer!)

Denn die Subventionierung ist ein Problem, das auch in
anderen Bereichen als der Landwirtschaft besteht. Wenn
Sie Subventionsabbau fordern, dann muss das für alle
Bereiche gelten.






(A) (C)



(B) (D)


Ernst Bahr (Neuruppin)



(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das machen wir ja!)

Es geht nicht an, irgendeinen Bereich davon auszuneh-
men. Insofern ist es wichtig, dass wir damit fortfahren.

Wir haben die Schwierigkeit, dass bei einem Haushalt
mit einem Volumen von 5,1 Milliarden Euro im
Einzelplan 10 allein 3,7 Milliarden Euro für Sozialleis-
tungen ausgegeben werden. Das sind mehr als 70 Pro-
zent. Wir halten zwar Kürzungen für notwendig – das ist
richtig –, aber wir halten es trotzdem für angemessen,
die Landwirte in der Kranken- und Unfallversicherung
sowie der Alterssicherung zu unterstützen. Wenn wir
Spielräume in der politischen Gestaltung der Landwirt-
schaft schaffen wollen, dann müssen wir in diesem Be-
reich etwas tun.


(Ilse Aigner [CDU/CSU]: Spielwiesen, nicht Spielräume!)


Der Subventionsabbau ist aus unserer Sicht in allen
politischen Bereichen notwendig. Deshalb werden wir
auch hier daran festhalten.

Wir haben die Preisentwicklung beim Rohöl vor Au-
gen. Wir wissen, dass die Agrardieselverteuerung für die
Landwirte selbst dann nicht abzuwenden wäre, wenn wir
die Subventionen beibehalten würden.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514217500

Herr Kollege, denken Sie an Ihre Redezeit!

Ernst Bahr (SPD):
Rede ID: ID1514217600

Ich bin sofort fertig, Frau Präsidentin. Deshalb geben

wir unseren Betrieben die Chance, Vorreiter einer neuen
Technik zu werden und dadurch vom Mineralöl unab-
hängig zu werden. Wir wollen, dass unsere Landwirte
wettbewerbsfähiger werden, als es bisher der Fall ist.
Unsere politischen Maßnahmen und auch die Finanzie-
rung sind dazu sehr gut geeignet.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514217700

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Hans-Michael

Goldmann.

Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1514217800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Bahr, bei dem, was Sie eben vorgebracht haben, be-
komme ich Herz- und Bauchschmerzen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)


Ich frage mich, in welcher Welt Sie leben.
Ich hatte eigentlich einen anderen Einstieg in meine

Rede geplant. Ich wollte sagen: Ich mag Sie zwar, Frau
Künast, aber ich mag Ihre Politik nicht. Ich meine, wir
sollten zwischen dem Menschlichen und dem Fachlichen
unterscheiden. Die Agrarpolitik, wie sie seit dem
12. Januar 2001 – ich habe es mir aufgeschrieben – ge-
staltet wird, ist eine einzige Katastrophe für die Agrar-
wirtschaft, die ländlichen Räume, die Ernährungswirt-
schaft und den Verbraucherschutz, Herr Bahr.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das hat mit einer substanziellen Agrarwende nichts zu
tun.

Frau Ministerin Künast ist mittlerweile fast vier Jahre
im Amt. Der Ökomarktanteil beträgt inzwischen
4 Prozent. Das bedeutet eine jährliche Zunahme um ei-
nen Prozentpunkt. Wir hätten diesen Ökomarktanteil mit
Sicherheit auch ohne diese Ökospielereien erreicht, die
wir jetzt im Haushalt streichen. Denn wir möchten, dass
jeder, der sich unternehmerisch betätigt, die Chance
dazu erhält. Fragen Sie doch Ihren Kollegen Ostendorff,
inwiefern er marktökologisch orientiert ist. Er braucht
diesen ganzen Subventionskram, den Sie verteidigt ha-
ben, nicht, weil er für seine Ökoprodukte einen unter-
nehmerischen Markt hat. Diesen unternehmerischen
Markt wollen wir auch, aber wir wollen ihn nicht aus-
spielen gegen einen konventionellen Markt von Bedeu-
tung.

Frau Hasselfeldt hat hundertprozentig Recht: In die-
sen Bereichen entstehen Arbeitsplätze; in diesen Berei-
chen gibt es Investitionen; in diesen Bereichen gibt es
Exportchancen. Bewegen Sie sich doch einmal in der
Welt! Gehen Sie doch einmal in ein Fachgeschäft! Dann
werden Sie sehen, wie viel deutsche Ernährungspro-
dukte in den Regalen stehen. Unsere Landwirtschaft ist
nach wie vor hoch leistungsfähig und wir müssen dazu
beitragen, dass sie es auch bleibt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Bahr, ich will mit Ihnen und den Kollegen gar
nicht darüber reden, dass ich es eigentlich nur noch be-
scheiden finde, wenn Bauern ausspioniert und an den
Pranger gestellt werden.


(Zurufe von der SPD: Ah!)

Das ist doch Schwachsinn. Wir haben das gestoppt und
die Bauern sind froh darüber. Herr Zöllmer, auch Sie
sind doch froh darüber.

Herr Bahr, Sie reden von Schweinestellplätzen – es
ist interessant, welches Wort Sie benutzen – und sagen,
das mache alles nichts.


(Manfred Helmut Zöllmer [SPD]: Das war die Kollegin Hasselfeldt!)


Sagen Sie doch einmal, wie dieser Produktionsbereich
eine mehr als 30-prozentige Kostensteigerung durch na-
tionale Vorgaben verkraften soll. Das ist eben kein Ver-
braucherschutz, Frau Künast – das muss man einmal
deutlich sagen –; denn damit jagen Sie die Produktion
aus Deutschland heraus.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) (C)



(B) (D)


Hans-Michael Goldmann

Die Kontrolle über das, was bei uns eingeführt wird, ist
viel schwieriger. Im Grunde ist das, was Sie hier auf den
Tisch legen, eine Kette von Missverständnissen.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Das ist Unsinn!)


Das kann überhaupt nicht erfolgreich sein. Der Bereich
könnte exzellent sein; aber dann müssen Sie, liebe Kol-
legen, sich auch informieren. Schauen Sie sich auf der
„Euro-Tier“ einmal an, was dort abends prämiert wird
und welche Innovationen es dort in vielen Bereichen
gibt, in denen Arbeitsplätze entstehen und wo wir uns
für den Exportmarkt rüsten können.

Wir sind für Innovationen; Ihr Kanzler hat das Jahr
der Innovation ausgerufen. Aber leider betreiben Sie,
Frau Künast, das Jahr der Beerdigung, sowohl bei der
Grünen Gentechnik als auch im Bereich der Agrartech-
nologie insgesamt.

Lassen Sie mich noch auf einen Bereich eingehen, der
mir wichtig ist, Herr Bahr, weil ich glaube, dass in Ihrer
Fraktion und – vielleicht noch ein Stück mehr – bei den
Grünen ein Grundmissverständnis vorliegt. Wir sagen Ja
zur EU-Agrarreform. Wir sagen Ja zur Entkoppelung.
Wir sagen Ja, wenn Sie die Landwirte an mehr Wettbe-
werb heranführen und ihnen die unternehmerische Füh-
rung ihrer Betriebe ermöglichen. Wenn Sie jedoch die
deutschen Landwirte durch den Agrardiesel so sehr be-
lasten, dass sie überhaupt nicht mehr wettbewerbsfähig
sind, dann ist das Totmachen und sonst gar nichts.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Die Landwirte im Emsland, an der niederländischen

Grenze und an der französischen Grenze stehen im direk-
ten Wettbewerb mit ihren Kollegen jenseits der Grenzen,
beispielsweise mit einem Landwirt, der in Frankreich
Toprahmenbedingungen hat, weil dort die Steuerlast um
ein Vielfaches niedriger ist. Die Holländer sind noch pfif-
figer: Die mischen ein bisschen Rotes hinzu – das kann
man nämlich nicht unterscheiden – und dann bezahlt der
Landwirt noch weniger dafür. So erobert man Märkte.

Mit Ihrer Position zum Agrardiesel und mit Ihrer Po-
sition zu den agrar-sozialen Sicherungssystemen schla-
gen Sie gerade den unternehmerischen Landwirten die
Beine weg und zerstören gerade da Zukunftsfähigkeit.
Also Ja zu Reformen, aber bitte ein Stück Begleitung bei
den Reformen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich hatte, ehrlich gesagt, eher bei den Grünen die
Hoffnung aufgegeben. Heute habe ich allerdings ein
kleines Signal aus Ihrer Partei bekommen; denn Sie sa-
gen jetzt – mittlerweile auch einige Länder –, dass die
Wirkungen des Hochwasserschutzgesetzes nicht so sind,
wie wir uns das gedacht haben. Besinnen Sie sich! Sagen
Sie von mir aus Ja zur ökologischen Landwirtschaft
– das sage ich auch –, aber sorgen Sie bitte dafür, dass
die deutsche unternehmerische Landwirtschaft in Europa
eine Zukunft hat.
Deswegen kann ich Sie nur herzlich bitten: Stoppen
Sie das Haushaltsbegleitgesetz und sagen Sie endlich Ja
zu innovativen Technologien, auch zur Grünen Gentech-
nik.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514217900

Zu einer Kurzintervention erhält jetzt der Abgeord-

nete Ostendorff das Wort, weil er angesprochen wurde.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Er gibt jetzt die Preise durch!)


Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514218000

Herr Kollege Goldmann, Sie haben mich direkt ange-

sprochen. Ich folge Ihnen insoweit, als es richtig ist – ich
weiß allerdings nicht, ob wir so weit privatisieren soll-
ten –, dass ich auf meinem Hof für die Vermarktung mei-
ner Produkte keinerlei Subventionen brauche. Das ist
Zukunftsfähigkeit; genau das wollen wir in Zukunft ha-
ben. Wir wollen davon wegkommen, dass Produkte er-
zeugt werden, die ohne Stützung des Staates keinen
Markt haben.

Genau das macht der biologische Landbau vor. Des-
halb ist er wichtig und deshalb unterstützen wir diesen
Bereich, der im Aufwuchs begriffen ist. Sie wissen, dass
der ökologische Landbau im letzten Jahr als einziger
Bereich der Lebensmittelwirtschaft ein Plus von
3,5 Prozent aufzuweisen hatte. Alle anderen Bereiche
mussten Rückgänge verkraften. Die Entwicklung des
ökologischen Landbaus ist ermutigend. Da wir aber der
Meinung sind, dass das Wachstum in diesem Bereich
noch stärker sein könnte, gewähren wir Hilfen.

Zeitgleich zur heutigen Debatte findet in Berlin die
von der ökologischen Lebensmittelwirtschaft organi-
sierte Tagung „Zukunft, die schmeckt“ statt, zu der auch
Sie sicherlich eingeladen sind. Dort diskutieren wir im
Anschluss an diese Debatte über das Thema „Stärken
nutzen – Rahmenbedingungen verändern“. Es geht da-
rum, den biologischen Landbau weiterzuentwickeln und
ihm zu helfen, damit er innovativ bleibt, so wie die Bun-
desregierung das mit ihrer Politik in allen anderen inno-
vativen Bereichen macht; das ist richtig.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Das sollte man zur Kenntnis nehmen.
Die Frage, die der Kollege gestellt hat, ist von tiefer

Unkenntnis geprägt. Er hat gefragt, ob wir als Biobauer
eine Flächenprämie bekommen. Flächenprämien erhält
jeder, der extensiviert. Sowohl Biobauern als auch kon-
ventionell wirtschaftende Bauern erhalten eine zusätzli-
che Unterstützung, wenn sie extensivieren. Hier handelt
es sich also nicht um ein Förderprogramm des biologi-
schen Landbaus.


(Widerspruch bei der CDU/CSU)

– Herr Schindler, es wird auch durch ständiges Wieder-
holen nicht besser. Ich habe versucht, es zu erklären. Ich






(A) (C)



(B) (D)


Friedrich Ostendorff

kann es gerne noch einmal erklären. Vielleicht sind Sie
nicht in der Lage, mir intellektuell zu folgen.


(Lachen bei der CDU/CSU)

Der Bauernverband sollte vielleicht bei Herrn Schindler
unterstützend tätig werden.

Nichtsdestotrotz erkläre ich es noch einmal: Wir, die
Biobauern, bekommen für Extensivierungen genauso
viele Gelder wie konventionell wirtschaftende Bauern.
Ich weiß nicht genau, ob das auch für den Weinanbau
gilt. Aber in der übrigen Landwirtschaft gibt es für Ex-
tensivierungen Unterstützungen. Wenn Sie mir nicht
glauben, sollten Sie bei Ihren Kollegen nachfragen.

Das war meine Kurzintervention.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514218100

Herr Kollege Goldmann, wollen Sie antworten? –

Bitte.


Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1514218200

Kollege Ostendorff, ich glaube, wir bekommen das

alles ganz unproblematisch hin. Wir sind uns in der Re-
formfrage einig. Sie wissen, dass die Ökobetriebe bei
der nationalen Umsetzung der EU-Agrarreform nicht
schlecht wegkommen. Es gibt an der einen oder anderen
Stelle sogar Sonderkonditionen. Die Flächenprämie ist
für die Ökobetriebe durchaus hilfreich, da sie im Allge-
meinen mehr Fläche haben als intensiv arbeitende Be-
triebe.


(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die arbeiten auch intensiv!)


– Herr Ostendorff, von mir aus können Sie arbeiten, wie
Sie es verantworten können. Das ist der Unterschied
zwischen unserer Ausrichtung und Ihrer Ideologie.


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

– Hören Sie doch bitte zu! Ich habe auch Ihnen zugehört.

Wir möchten, dass jeder das an seinem Standort tut,
was er am besten kann. Wenn sich jemand für einen öko-
logisch orientierten Betrieb entscheidet, weil er entspre-
chende Märkte vor der Tür hat, dann bin ich hundertpro-
zentig dafür. Ich habe neulich einen Milchbauern im
Hochschwarzwald besucht, der die wunderbare Rasse
„Hinterwäldler“ – ich hoffe, dass der Name korrekt ist –
hält. Dieser Betrieb bekommt 37 Cent pro Liter Milch
von der Molkerei in Freiburg. Er erhält demnächst noch
eine Prämie sowie – von uns aus: gerne – Modulations-
mittel oder eine Hilfe aus Sonderprogrammen des Lan-
des, um unsere Kulturlandschaft zu erhalten. Damit
kommt dieser Betrieb klar. Er benötigt also nicht das,
was ein solcher Betrieb nach Meinung von Frau Künast
braucht.

Die Ergebnisse zeigen ebenfalls, dass gerade Ihre Kli-
entel gar nicht alle Mittel abgerufen hat. In diesem Be-
reich gibt es ja große Rückstände, weil diejenigen das,
was Sie ihnen Gutes tun wollen, gar nicht haben wollen
und so klarkommen.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Ich habe mich sehr geärgert, als Sie das Motto „Zu-
kunft, die schmeckt“ genannt haben. Ich halte das für
schlimm; denn mir haben die Produkte der deutschen
Agrar- und Lebensmittelwirtschaft schon immer ge-
schmeckt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ich bin nicht bereit, zu akzeptieren, dass die Produkte,
mit denen wir uns im Grunde genommen den Weltmarkt
erobert haben, nicht schmackhaft und gut sein sollen.
Hier sind wir entschieden anderer Meinung als Sie. Aber
lassen Sie nicht zu, dass bei uns ein Kampf zwischen
ökologischer und konventioneller Landwirtschaft ge-
führt wird! Einen solchen Kampf wird die gesamte deut-
sche Ernährungswirtschaft, also auch Ihr Ökolandbau,
nicht überstehen.

Sie wissen doch ganz genau, dass die Belastungen der
Ökobetriebe insbesondere deshalb größer geworden
sind, weil es bei uns ein Ökosiegel gibt, dessen Wirkung
im Grunde genommen viel schwächer als das ist, was
wir auf nationaler Ebene schon einmal hatten. Dadurch
sind in Ihren Bereichen Einkommenseinbußen zustande
gekommen – wir wollen sie nicht –, die Sie durch das,
was Sie angesprochen haben – wir nennen das „Ökospie-
lereien“ –, nicht kompensieren können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514218300

Das Wort hat jetzt die Bundesministerin Renate

Künast.
Renate Künast, Bundesministerin für Verbraucher-

schutz, Ernährung und Landwirtschaft:
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Zunächst einmal an Herrn Goldmann – das ist aus
tiefstem Herzen gesprochen –: Schade. Sie haben vorhin
gesagt, dass Sie Ihre Rede eigentlich anders anfangen
wollten, nämlich mit dem Satz: Ich mag Sie ja, Frau
Künast, aber ich mag Ihre Politik nicht. Das ist eben gar
nicht so richtig herausgekommen;


(Heiterkeit)

es hätte aber zur Stimmungsverbesserung beitragen kön-
nen. Herr Goldmann, gleichwohl muss ich Ihnen in einer
gewissen Verbundenheit sagen: Selbst wenn der Satz
umgekehrt gelautet hätte, hätte ich damit leben können.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ich weiß das!)


– Sie wissen das.
Des Weiteren möchte ich noch kurz auf die Kurzinter-

vention von Herrn Ostendorff und auf Ihre Erwiderung
darauf eingehen. Ich wäre ganz froh, wenn man ein Se-
minar der ökologischen Lebensmittelwirtschaft mit dem






(A) (C)



(B) (D)


Bundesministerin Renate Künast

Titel „Zukunft schmeckt“ nicht gleich ideologisch be-
handeln und in eine bestimmte Schublade stecken
würde. Seien wir doch froh, dass dieser Wirtschafts-
zweig versucht, dieses Thema zu besetzen. Ich bin froh
darüber, dass sich die entsprechenden Personen Gedan-
ken über Marketing machen, dass sie mit Politikerinnen
und Politikern darüber reden und dass sie diesen Punkt
in Angriff nehmen, dessen Mängel wir alle immer wie-
der bedauern.

Es gibt exzellente regionale Produkte. Dazu gehören
auch Ökoprodukte. Man hört es immer wieder: Die
Leute laufen wie verrückt hinter „billig, billig, billig“
her. Danach fragen sie, wo die Arbeitsplätze sind. Ein
Ansatz kann sein, den Menschen nicht irgendetwas zu
oktroyieren, sondern zu versuchen, ihnen Geschmack,
Genuss, vielleicht Genuss ohne Reue nahe zu bringen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Aber nicht nur in Zukunft, sondern jetzt und gestern!)


– Natürlich, jetzt und gestern.
Man sollte dieses Problem anpacken und danach fra-

gen, wo der Genuss herkommt. Man sollte dafür sorgen,
dass mehr Menschen die Zusammenhänge kennen ler-
nen. Mehr Menschen sollten verstehen, dass ihnen ein
Stück Genuss verloren geht, wenn sie nur nach dem
Motto „billig, billig“ einkaufen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Genau das will Ostendorff nicht!)


– Doch, das will auch Ostendorff.
Nach fast vier Jahren, die ich mittlerweile Ministerin

bin, hat die Behauptung, mein Eintreten für den Öko-
landbau sei ideologisch motiviert, doch einen Bart, der
so lang ist, dass man geradezu eine Bartwickelmaschine
braucht.


(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Dann hören Sie doch endlich auf damit!)


Lassen Sie uns doch lieber über moderne Politik dis-
kutieren. Dieser Haushalt ist ein Ausdruck unseres Be-
mühens, zu fragen, wohin wir wollen, wo Innovations-
felder liegen und was der Nutzen für die ganze
Gesellschaft sein kann; schließlich entstehen Arbeits-
plätze, wenn man es richtig macht. Das heißt, dass wir
nicht stehen bleiben, sondern überlegen, womit man hier
im 21. Jahrhundert Geld verdienen kann.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Mit einer Erhöhung der Agrardieselsteuer, was? Das ist doch nicht Ihr Ernst!)


– Eben nicht. Sie wollten wahrscheinlich „mit einer Sen-
kung der Agrardieselsteuer“ sagen. Ich hoffe, ich habe
noch genug Zeit, das richtig zu stellen.

Wir müssen den Haushalt konsolidieren. Wir alle wis-
sen: Wenn wir mehr Gelder in Forschung und Entwick-
lung, also in Bereiche, wo neue Einkommensmöglich-
keiten sind, investieren wollen – damit meine ich auch
mein Ressort –, dann muss man woanders sparen. Des-
halb kann die Landwirtschaft keine Oase der Glückseli-
gen sein. Es geht nicht an, dass wir den Haushalt konso-
lidieren, eine Neuausrichtung vornehmen und im
Rahmen der Lissabon-Strategie in Europa neue Schwer-
punkte setzen, ohne irgendwo Einsparungen vorzuneh-
men. Mit einem solchen Vorgehen kann kein Mensch
rechnen.

Die Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft sichern
heißt für uns, zu schauen, wo es Subventionen nach dem
Gießkannenprinzip gibt, die man kürzen kann, und wie
die Landwirtschaft in eine Gesamtstrategie zur Entwick-
lung der ländlichen Räume eingebunden werden kann.
Ich bitte darum, nicht nur die Agrarreform des letzten
Sommers ab 1. Januar umzusetzen, sondern auch über
weitere Entwicklungsmöglichkeiten nachzudenken.

Frau Hasselfeldt, an dieser Stelle möchte ich mich bei
Ihnen für Ihren Einsatz im Rahmen der Gemeinschafts-
aufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des
Küstenschutzes“ bedanken. Aber ich muss eines hinzu-
fügen: Wir sind mit unserer Hausaufgabe wegen der
Haltung bestimmter Ministerpräsidenten noch nicht fer-
tig. Herr Stoiber sagt nämlich: Ich nehme zur Kenntnis,
dass die Bundesregierung die Gemeinschaftsaufgabe
„Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschut-
zes“ nicht zerfleddern und den Ländern zum Löcherstop-
fen geben möchte.


(Gerda Hasselfeldt [CDU/CSU]: Sagen Sie doch einmal was zum Geld!)


– Das sage ich gleich. – An der Stelle brauchen wir noch
mehr Druck.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Machen Sie eine Steuerreform! Dann brauchen Sie keine Gemeinschaftsaufgabe mehr!)


Ich will noch etwas zum Geld sagen. Sicherlich haben
wir auch in dem Bereich das eine oder andere gekürzt.
Frau Hasselfeldt, wenn Sie sich das genau anschauen,
dann stellen Sie aber fest, dass wir exakt immer nur da
gekürzt haben, wo die Länder Kofinanzierungsmittel
erst gar nicht haben.


(Gerda Hasselfeldt [CDU/CSU]: Das stimmt nicht! – Zuruf des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


– Schlitzohrig sind wir; das wissen Sie, Herr Goldmann. –
Ich habe im Disput mit dem Kollegen Eichel immer ge-
sagt: Nein, nein, so viel nehmen wir. – Tatsache ist: Die
Länder sind im Hinblick auf die notwendige Kofinanzie-
rung immer bedient worden.

Was ist unsere Neuausrichtung? Unsere Neuausrich-
tung bedeutet, statt 30,5 Millionen Euro im nächsten
Jahr 53,6 Millionen Euro im Bereich der Markteinfüh-
rung für nachwachsende Rohstoffe einzusetzen; genau
da gibt es Entwicklungspotenziale.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ein unheimliches Entwicklungspotenzial!)







(A) (C)



(B) (D)


Bundesministerin Renate Künast

Das heißt auch, 18 Modellregionen in Deutschland
– Vorhaben „Regionen aktiv“ – weiterzuentwickeln, aus
denen wir schon lernen, und andere Fördermöglichkei-
ten zu entwickeln, die wir auch in der Verordnung zum
ländlichen Raum in Brüssel umsetzen wollen; das wis-
sen Sie, Frau Hasselfeldt. Das finden alle positiv.


(Beifall der Abg. Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Gerda Hasselfeldt [CDU/CSU]: Sagen Sie doch mal was zu Ihrer Öffentlichkeitsarbeit! – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist hübsch, schafft aber keine Arbeitsplätze!)


– Es schafft doch Arbeitsplätze. Herr Goldmann, ich
lade Sie ein; ich nehme Sie mit. Selbst im Emsland


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: In Ostfriesland gibt es kein Programm!)


und in den neuen Bundesländern gibt es damit neue Ar-
beitsplätze.

Dann kommt natürlich die Frage: Wo überall kann
man im weitesten Sinne noch innovativ sein? Wo sind
im wahrsten Sinne des Wortes Wachstumsbereiche? An-
fang nächsten Jahres auf der Grünen Woche werden wir
anfangen, darüber zu informieren, wo Innovationen in
der Landwirtschaft, zum Beispiel bei nachwachsenden
Rohstoffen und erneuerbaren Energien, möglich sind.
Die Landwirte steigen ein. Wir haben unsere Fördertat-
bestände auch so geändert, dass nicht der einzelne Land-
wirt allein mit der Sorge vor dem Thema steht. Wir kön-
nen auch fördern, dass sich Landwirte gemeinsam eine
Beratung holen, die ihnen Antwort auf die Fragen gibt:
Rechnet sich eine Biogasanlage für mich? Welche Sach-
kunde brauche ich? Moderne Politik ist, dass man die
Landwirte nicht allein am Abendbrottisch lässt, sondern
ihnen hilft, sich weiterzuentwickeln.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das sage ich auch in dem Bewusstsein, dass wir so etwas
nur machen können, wenn wir an einer anderen Stelle, so
schwer es auch fällt, etwas streichen.

Es gibt viele Dinge, die kritisiert werden, der Öko-
landbau zum Beispiel. Aber ich sage Ihnen: Der welt-
weite Biomarkt hat nach OECD-Studien jährliche
Wachstumsraten von 15 bis 30 Prozent.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: 4 Prozent in vier Jahren haben die zustande gebracht!)


– Ich habe die Zahl weltweit genannt.

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Damit ha ben Sie nichts zu tun!)

Die ZMP, die nicht verdächtig ist, grün zu sein, sagt

– das ist auch auf der Basis von Daten des Lebensmittel-
handels –, dass wir in Deutschland weiterhin Steigerun-
gen von 5 bis 10 Prozent haben werden. Ich bin nicht
bereit, zuzulassen, dass allein Importe diese Umsatzstei-
gerung abgreifen. Daran sollen auch die deutschen
Landwirte teilhaben.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: 4 Prozent in vier Jahren!)

– Sie wissen, dass die Umstellung auf den Euro und der
Nitrofen-Skandal in der Zeit war, wobei letzterer auch
mithilfe des Deutschen Bauernverbandes zu einem Öko-
problem gemacht wurde, obwohl er keines war.


(Widerspruch bei der CDU/CSU – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Immer haben andere Schuld! – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Nur mutig weiter! – Weitere Zurufe)


– Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie in Zukunft helfen. –
Die Wahrheit muss ausgesprochen werden.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Wo sind wir hier? Eine Bundesministerin, die Leute beleidigt!)


– Wir sind im Deutschen Bundestag.
Es gibt jede Menge Ansätze. Wir haben nicht nur eine

Neuausrichtung im Agrarbereich, sondern wir machen
auch eine grundsätzliche Neuausrichtung beim Verbrau-
cherschutz. Wir stärken die Einrichtungen des Verbrau-
cherschutzes und wir tragen für eine umfassende
Verbraucherinformation Sorge. Ich will, dass die Ver-
braucherinnen und Verbraucher die Qualität „Made in
Germany“ erkennen. Genau das muss unser Ansatzpunkt
in einer immer komplexer werdenden Welt sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie alle wissen, dass das nicht nur für Waren gilt. Nicht
zu Unrecht ist die beste und glaubwürdigste Institution
die Stiftung Warentest. Die sagt Ihnen, ob das Geld gut
eingesetzt ist.

Wir haben in diesem Haushalt das Thema „falsche
und ungesunde Ernährung als eines der Hauptpro-
bleme des 21. Jahrhunderts“. Ich freue mich, dass zum
Beispiel Herr Schnappauf bei der Plattform, die wir zu-
sammen mit der Ernährungswirtschaft gegründet haben,
mitmacht, als einer unter anderen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist in Ordnung!)


Klar ist nämlich, dass wir hier ein zentrales Gerechtig-
keitsproblem haben.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Hundertprozentig an Ihrer Seite!)


Kinder aus finanziell und sozial schwachen Familien
sind überproportional betroffen. Kinder aus Migranten-
familien sind überproportional betroffen. Zu unserer
Modernisierungsstrategie gehört, dass diese Kinder Un-
terstützung erfahren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Aber nicht nur Ökoprodukte sind gesund!)


– Ich kontrolliere nicht, ob sie zertifizierte Produkte es-
sen, Herr Goldmann. Wir versuchen, ihnen Freude an
Bewegung und gesunder Ernährung zu vermitteln.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sie wollen überall ein Siegel haben!)







(A) (C)



(B) (D)


Bundesministerin Renate Künast

Wir können mal zusammen mit Kindern Essen gehen,
Herr Goldmann;


(Beifall der Abg. Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


das sind die schönsten Termine, weil Kinder eine Art un-
befangener Neugier haben. Das entspannt ungemein.

Ich glaube, wir haben durchaus fraktionsübergreifend
in diesem Hause erkannt, dass dies ein zentrales Problem
ist. Ich muss Ihnen aber ehrlich sagen, dass ich vor die-
sem Hintergrund solche Anträge, wie sie die Opposition
im Ausschuss gestellt hat, nämlich den Etat für Modell-
und Demonstrationsvorhaben auf null zu setzen oder die
Mittel der Verbraucheraufklärung um mehr als die Hälfte
zu reduzieren, nicht für zukunftsweisend halte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


In dieser Debatte konnte ich nur ein paar Punkte an-
sprechen. Eines möchte ich aber klar sagen: Wir haben
den Mut zum Kürzen. Um Kürzungen kommen wir nicht
herum; denn der Haushalt des Ministeriums für Verbrau-
cherschutz, Ernährung und Landwirtschaft ist keine In-
sel der Glückseligen in einem Gesamthaushalt, in dem
grundsätzlich gespart werden muss. Das ist in der Ele-
fantenrunde wie auch in den Grundsatzrunden immer
wieder gesagt worden. Wir müssen es aber hinbekom-
men, zur Haushaltskonsolidierung beizutragen und zu-
gleich trotzdem noch in bestimmte Bereiche Geld zu in-
vestieren. Auf die Landwirtschaft bezogen heißt das,
dass wir immer dann Geld investieren, wenn es um die
Förderung nachwachsender Rohstoffe für die Energie-
erzeugung geht. Von Biokraftstoffen über Dämmstoffe
bis hin zu Polsterstoffen im Auto eröffnen wir damit
Möglichkeiten für den Einsatz landwirtschaftlicher Pro-
dukte in der chemischen Industrie oder dem Automobil-
bau in Deutschland. Hier passt der Satz, dass die Zukunft
der Bundesrepublik nicht nur in den Forschungslabors
der großen Unternehmen und in den Universitäten ent-
wickelt wird, sondern im wahrsten Sinne des Wortes
vom Lande kommt. Genau das versuchen wir in diesem
Haushalt zu organisieren. Deshalb bitte ich um Zustim-
mung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514218400

Das Wort hat jetzt die Kollegin Julia Klöckner von

der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1514218500

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Frau Ministerin Künast, Mut zum Kürzen ist sicherlich
notwendig, da wir keine Geldnoten nachdrucken und
auch nicht aus dem Vollen schöpfen können.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie tun aber so!)

Aber erklären Sie uns bitte, warum Sie auf der einen
Seite vom Mut zum Kürzen sprechen, aber auf der ande-
ren Seite der Öffentlichkeitsetat des Ministeriums als
einziger Etat gestiegen ist.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Weil schlechte Politik doch gut verkauft werden muss!)


– Schlechte Politik muss gut verkauft werden, Sie sagen
es.

Frau Ministerin, Sie sagten, dieser Haushalt soll dazu
Anstöße geben, über moderne Politik zu diskutieren.
Vielleicht hören Sie auch zu; das kann ja nicht schaden.


(Renate Künast, Bundesministerin: Ich höre Ihnen immer zu!)


Wenn Sie unter moderner Politik verstehen, eine PR-
Kampagne in eigener Sache zu führen, dann verzichte
ich lieber auf moderne Politik und entscheide mich für
solide Politik.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das möchte auch der Bundesrechnungshof. Er hat Ih-

nen die Quittung für Ihren Versuch, moderne Politik zu
machen, gegeben. Er sagt, was Sie machen, ist nicht
konform.

Sie haben hier schön über eine Neuausrichtung gere-
det.


(Ulrich Heinrich [FDP]: Aber nicht viel Inhaltliches!)


Über einige grundsätzliche Fragen sind wir ja miteinan-
der im Gespräch. Dass hier etwas getan werden muss, ist
ja nicht von der Hand zu weisen. Wir könnten da über
viele Punkte reden. Aber warum sagen Sie nichts zu dem
Ansatz für Ihre Öffentlichkeitsarbeit? Diese Frage haben
wir schon vorher angesprochen.

Weiterhin haben Sie gesagt, Sie würden den Bauern
helfen, sich weiterzuentwickeln. Damit beleidigen Sie
eigentlich die, die Sie verteidigen und für die Sie einste-
hen sollen.

Dass Minister Eichel im Haushalt für Sie, Frau
Künast, nichts auf der hohen Kante hat, na ja, dafür kön-
nen Sie wahrscheinlich nichts. Die Haushaltslöcher wer-
den eben immer größer. Wir befürchten aber, dass dieses
Taschengeld, was der Minister Ihnen noch zugesteht, im
nächsten Jahr noch mehr gekürzt wird, und zwar wegen
unnützer Ausgaben an der falschen Stelle – und das bei
leeren Kassen!


(Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Dann schämen Sie sich einmal, dass Sie so viel Geld ausgegeben haben!)


Wenn das Geld knapp ist, dann bemüht sich doch ei-
gentlich jeder darum – fragen Sie zum Beispiel Fami-
lien, die mit wenig Geld hauswirtschaften müssen –, das
vorhandene Geld für das Nötigste und nicht für Spiele-
reien auszugeben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) (C)



(B) (D)


Julia Klöckner

Jeder, der hauswirtschaften kann, achtet ganz genau da-
rauf. Nur Sie, Frau Künast, tun das nicht. Sie gehen lie-
ber mit den Millionen auf Bummeltour. Auf Werbung in
Form von bunten Ministeriumspostkarten mit Schwein-
chen und Biosiegel, auf denen steht: „Kein Schwein ruft
mich an“ – das ist nicht unser Problem –, können wir
verzichten. Auch auf Bücher mit Künast-Porträt und auf
goldige Aktionsspielchen mit der Biokuh kann man
leichten Herzens verzichten. Auf die Sicherung des land-
wirtschaftlichen Standortes Deutschland können wir je-
doch nicht verzichten. Unsere Landwirte haben keine
Lust mehr auf Spielereien.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind Peanuts!)


– Das seien Peanuts, sagen Sie? Das erläutern Sie bitte
einmal den Landwirten, Frau Höfken. Ich kann mir vor-
stellen, dass Sie das als Peanuts bezeichnen, diese Mil-
lionen von Euro; aber bei den Landwirten schlägt die
Agrardieselsteuererhöhung um mehrere Cent zu Buche.
Für Sie mögen das Peanuts sein; Sie haben eine gute
Diät, wie wir alle. Aber ich kann mir vorstellen, wie es
den Landwirten da draußen geht.

Sie reisen, Frau Künast, auch einmal ganz gerne nach
China, um sich – man höre – dem dortigen Ökoanbau zu
widmen. Offiziell zu verhandeln gab es in China nichts.
Deshalb wurde die Reise auch mehrfach verschoben.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Da wurde mit Ökostäbchen gegessen!)


Weder wurden die Exportchancen unserer deutschen
Landwirte angesprochen noch hat man daran gedacht,
die dortige CMA-Außenstelle zu besichtigen. Die Ver-
treter der Viehwirtschaft mussten sich erst einmal einkla-
gen. Eigentlich ist es ein Unding, dass Sie sich in China
lieber im Kempinski der chinesischen Biowirtschaft ge-
widmet haben, was vielleicht für die oberen Zehntau-
send von Interesse ist. Sie hatten auf jeden Fall ein rich-
tig gutes Gefühl. Kostenpunkt: 55 000 Euro, wie die
Anfrage von meiner Kollegin Gitta Connemann ergeben
hat – 55 000 Euro für ein gutes Gefühl an einem guten
Tag für Sie in China! Das machen Sie bitte einmal unse-
ren Landwirten klar, wenn Sie sagen, gekürzt werden
müsse überall.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Sie hätte da bleiben sollen!)


Wenn Sie für so etwas noch Geld haben und nicht be-
reit sind, zu sparen, aber die Produzenten aus der Ernäh-
rungswirtschaft immer um Geld bitten, dann stellt sich
schon die Frage, ob man sich die Mitsprache irgendwann
erkaufen muss.


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Sie sind immer so kleinkariert!)


Ein Gesetzentwurf von Ihnen sieht vor, die drei Sitze der
CMA im Absatzfonds ersatzlos zu streichen. Konkret
heißt das, dass die Vertreter der Land- und Ernährungs-
wirtschaft, also die Beitragszahler, diejenigen, die Ihnen
letztlich das Geld liefern, die Plätze räumen müssen und
geschwächt werden sollen. Verfassungsrechtlich haben
wir da ein Problem, weil Sie dadurch den Grundsatz der
Gruppennützigkeit gefährden.

Aber es ist gut, zu wissen, dass es noch unabhängige
Institutionen gibt, die sich nicht einlullen lassen. Wir
sind sehr dankbar, dass es den Bundesrechnungshof
gibt, liebe Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dessen Ernsthaftigkeit wollen Sie wohl nicht infrage
stellen. Mich wundert schon, Frau Ministerin Künast,
dass Sie heute kein einziges Wort darüber verloren ha-
ben, vielleicht eine Entschuldigung oder einen Hinweis,
wie Verbesserungen herbeigeführt werden könnten,
wenn Sie schon die anderen zur Solidarität aufrufen.


(Manfred Helmut Zöllmer [SPD]: Die Rede muss besser werden!)


Aber wenn Sie die Ernsthaftigkeit des Bundesrech-
nungshofs infrage stellen, Herr Zöllmer, müssen Sie
letztlich auch dessen Abschaffung beantragen. Tun Sie
das, dann wären Sie konsequent!

Es heißt, das Bundesministerium habe aus dem „Bun-
desprogramm Ökologischer Landbau“ in weitem
Umfang Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit finan-
ziert, um die politische Grundausrichtung der Bundesre-
gierung darzustellen.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Das ist ein Skandal!)


Aber für Öffentlichkeitsarbeit gibt es einen anderen
Topf. Das Ministerium, so heißt es hier, „hat damit ge-
gen Haushaltsrecht verstoßen“.


(Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)

Das sind nicht meine Worte, sondern die des Bundes-
rechnungshofes.

Ein Beispiel aus der Heimatstadt meiner Kollegin
Ulla Heinen: In Köln wurde genau eine Woche vor der
Kommunalwahl im September auf dem Kölner Neu-
markt durch Ihr Bundesministerium im Rahmen des
„Bundesprogramms Ökologischer Landbau“ ein Bio-Er-
lebnistag veranstaltet.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Eine solche Veranstaltung dient eindeutig der Darstel-
lung und Werbung der grünen Politik. Somit wurde von-
seiten der Bundesregierung in die Endphase des Kom-
munalwahlkampfes eingegriffen, was bereits 1977 vom
Bundesverfassungsgericht verboten wurde.


(Ulrich Heinrich [FDP]: Und da klatschen die noch!)


Vielleicht sollten Sie sich einmal damit beschäftigen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Schauen wir uns jetzt einmal den Verbraucherschutz
an, Frau Künast. Sie überlegen ja, wo überall gestrichen
werden kann. Sie wollen nicht bei Ihren eigenen Anlie-
gen sparen. Darüber muss man nicht froh sein. Sie stört
das wahrscheinlich ganz und gar nicht, auch Ihre Kolle-






(A) (C)



(B) (D)


Julia Klöckner

gen nicht. Am meisten wundert mich aber, dass Sie
nichts zum Thema Stiftung Warentest gesagt haben.
Die Stiftung Warentest müssten wir in die Unabhängig-
keit entlassen,


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach mein Gott! Das funktioniert sehr gut, besser als zu euren Zeiten!)


statt sie am Bändel zu führen. Die Stiftung könnte zu
100 Prozent in die Unabhängigkeit entlassen werden.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind doch alles Scheinargumente!)


Den dafür benötigten Sockelbetrag könnten wir inner-
halb von fünf Jahren aus dem Titel „Aufklärung der Ver-
braucher“ erwirtschaften. Sie müssten nur etwas kreativ
im Rechnen sein und das letztlich wollen.


(Lachen bei der SPD)

Sie haben ja eine ganze Reihe von Kampagnen ge-

plant. Sie spielen gerne die Mutter Teresa für ausge-
suchte Gruppen, zum Beispiel die dicken Kinder. Aber
Sie sollten auch die Themen Über- und Untergewicht so-
wie Fehlernährung behandeln, statt immer nur eine
Gruppe herauszusuchen, weil man mit dieser gerade gut
Schlagzeilen machen kann.

Im Bereich der Ernährung haben Sie viele Ideen. Mir
fehlen aber Ihre Ideen zum wirtschaftlichen Verbrau-
cherschutz. Ich habe von Ihnen nichts zu den steigenden
Energiepreisen gehört. Diese gehen zulasten der Fami-
lien; denn sie können nicht einfach die Heizung abstel-
len. Da habe ich keine Frau Künast gesehen. Aber auch
das gehört für mich zum Verbraucherschutz.

Auch als es um die Versorgung des ländlichen Rau-
mes mit Postdienstleistungen ging, habe ich nichts von
Ihnen gehört. Auch Finanzdienstleistungen, die Frage
der Überschuldung oder der Verbraucherschutz bei Gen-
tests tangieren Sie nicht, weil man damit nicht punkten
kann.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Den nächsten Punkt muss man sich einmal auf der

Zunge zergehen lassen.

(Zuruf von der SPD: Lieber nicht!)


Sie fordern ein Puppensiegel. Das macht sich gut so
kurz vor Weihnachten. Frau Künast, wie man hört, pla-
nen Sie für den 6. Dezember, passend zum Nikolaustag,
auf dem Potsdamer Platz eine Selbstdarstellung der ganz
besonderen Art. Es soll eine Veranstaltung für nachhalti-
ges Spielzeug durchgeführt werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


– Klatschen Sie aber noch, wenn Sie hören, dass dafür,
so wird zumindest gemunkelt, bis zu 900 000 Euro ver-
anschlagt werden?


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Dafür haben sie Geld! – Zuruf von der FDP: Hört! Hört!)

Man muss sich einmal vorstellen: Dafür ist Geld vorhan-
den.

Die Ministerin – das ist der Hammer –, ist sich auch
nicht zu schade, unverbrämte PR-Aktionen und Partei-
politik in die politische Bildung einfließen zu lassen. Sie
wissen, dass die Bundeszentrale für politische Bildung
überparteilich sein soll und dass sie keine Parteiinhalte
transportieren soll. Diese Bundeszentrale schreibt nun
einen Wettbewerb für Jugendliche aus. Hauptpreis?
– Ein Tag mit Ihnen, Frau Künast.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Mein Gott, Deutschland!)


Ich zitiere:
Sie ist für alles zuständig: für die Kühe auf den
Weiden, den Käse im Kühlregal, die Bäume im
Wald und sogar für den Spam-Müll in der Mail-
box. – Und Du erlebst, was diese spannende Frau
tut.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich sage Ihnen: Das ist kein Hauptpreis; das ist maximal
ein Trostpreis.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es ist keine Frage: Wir können das Geld nicht mit
vollen Händen ausgeben; wir können es auch nicht dru-
cken. Aber wir können darüber nachdenken – das haben
schon meine Kollegen Gerda Hasselfeldt und Herr
Goldmann gesagt –, welche Schwerpunktverlagerung
wir vornehmen können. Sie müssen sich fragen: Wo
wird gestrichen? Wo habe ich meine Spielwiesen? Wo
bin ich auf einem Auge blind?


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514218600

Frau Kollegin Klöckner, kommen Sie bitte zum

Schluss.


Julia Klöckner (CDU):
Rede ID: ID1514218700

Auch die Ökolandwirte haben sicherlich ihre Berech-

tigung. Aber auch das ist für uns wichtig, festzustellen:
Die Landwirte, die konventionell und modern wirtschaf-
ten, haben nichts verbrochen. Sie müssen sie nicht be-
strafen. Deshalb lehnen wir Ihren Haushaltsentwurf ab.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514218800

Das Wort hat jetzt die Kollegin Jella Teuchner von der

SPD-Fraktion.


Jella Teuchner (SPD):
Rede ID: ID1514218900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als

wir Anfang September über den Haushalt in erster Le-
sung debattiert haben, haben wir deutlich gemacht, dass
wir in diesem Einzelplan sparen müssen. Damals haben
Sie keine Vorschläge gemacht, sondern nur deutlich






(A) (C)



(B) (D)


Jella Teuchner

Kritik geübt. Auch heute haben wir keine Vorschläge
von Ihnen zu hören bekommen.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: Nicht zugehört!)


Bei der Debatte im September hat die Kollegin
Aigner gesagt, sie könne keine Vorschläge präsentieren,
weil ihre Redezeit nicht ausreichen würde.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, genau!)


Anscheinend hat sie ihre Vorschläge am Rednerpult lie-
gen gelassen; denn auch in den Beratungen im Aus-
schuss sind keine Vorschläge vorgelegt worden.

Die Opposition hat zwar keine Möglichkeit ausgelas-
sen, uns zu sagen, was wir alles falsch machen würden.
Alternativen waren aber Fehlanzeige. Ich frage Sie da-
her: Wo sind jetzt Ihre Vorschläge – wie gesagt, ich habe
sie auch heute nicht gehört –, die das Haushaltsbegleit-
gesetz überflüssig machen?


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Sie müssen halt hinhören!)


– Da macht gerade die Richtige einen Zwischenruf. Sie
haben erst recht keine Vorschläge gemacht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Was ist denn mit dem Bundesrechnungshof?)


Wenn Sie uns damals gesagt hätten, wie Sie es besser
machen würden, dann hätten wir schon damals darüber
diskutieren können. Stattdessen nur große Worte und
heiße Luft!


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ich habe Ihnen unsere Vorschläge mitgebracht! – Ulrich Heinrich [FDP]: Die sollten Sie lesen!)


Wir haben Prügel für das Haushaltsbegleitgesetz einste-
cken müssen. Wir wissen, dass wir die Landwirte belas-
ten, sehen dazu allerdings kaum Alternativen.

Dann möchte ich auf das eingehen, was Frau
Klöckner gesagt hat. Wo waren denn die Fakten?


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Bundesrechnungshof!)


Sie haben hier die reinste Polemik vorgetragen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


Sie brauchen gar nicht „Bundesrechnungshof“ zuzuru-
fen. Sie sollten sich den Bericht des Bundesrechnungs-
hofes einmal genauer anschauen.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ich habe daraus vorgelesen!)


Wenn Sie dies tun würden, würden Sie sehen, für welche
Programme und für welche Dinge die Mittel verwendet
wurden. Genau das sollten Sie sich anschauen.

Sie haben in polemischer Art und Weise festgestellt,
dass wir dieses Jahr zufällig 40 Jahre Stiftung Waren-
test feiern. Das heißt, es gibt sie seit 1964. Daher ist zu
fragen: Was haben Sie in der Zeit bis 1998 gemacht?


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ich bin erst seit dem Jahr 2002 dabei!)


Damals gab es doch genauso die Forderung, die Stiftung
Warentest in die Unabhängigkeit zu entlassen. Was ha-
ben Sie gemacht? Welche Basis haben Sie gelegt?


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ich war damals noch nicht im Bundestag! Ich bin erst jetzt dabei!)


– Sie werden doch heute nicht für sich persönlich, son-
dern für Ihre Partei gesprochen haben. Von daher können
Sie den Vorwurf nicht damit zurückweisen, Sie seien da-
mals nicht im Parlament gewesen. Das kann es wohl
nicht sein. – Sie können hier im Plenum nicht einerseits
fordern, dass Sie heute alles geändert haben wollen, und
anderseits sagen: Das, was früher war, interessiert uns
einen feuchten Kehricht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Sie wollten doch alles anders machen!)


Fakt ist – das ist heute schon des Öfteren angespro-
chen worden –, dass wir die Landwirtschaft nicht vom
Konsolidierungskurs ausnehmen können. Fragen Sie
einmal Ihre Parteifreunde in den Ländern, an welcher
Stelle Verantwortung für den Haushalt übernommen
werden muss und welche Erfahrungen da gemacht wur-
den! Fragen Sie einmal Herrn Stoiber, warum er bei den
Landwirten sparen muss! Er wird Ihnen dazu sagen: Es
geht nicht anders. Es geht nicht, dass ein Wirtschaftssek-
tor, der wie kaum ein anderer von Sonderregelungen und
Ausgleichszahlungen profitiert, vom Konsolidierungs-
zwang ausgenommen wird. Fragen Sie ihn einmal, was
er machen würde! Ich glaube, das, was er macht, würde
er sogar in Ihr Parteibuch schreiben.

Was haben wir in den Haushaltsberatungen erlebt?
Ständig fordert die Union, dass wir das Haushaltsbe-
gleitgesetz zurücknehmen. Das kostet Geld; das ist auch
Ihnen klar. Aber die Antwort auf die Frage, woher dieses
Geld kommen soll, sind Sie uns auch heute schuldig ge-
blieben. Denn die Änderungsanträge, die Sie eingebracht
haben, reichen in der Summe überhaupt nicht aus. Die
Wirkung dieser Vorschläge – da hat die Union leider mit
der FDP an einem Strang gezogen – wäre fatal gewesen.
Sie haben vorgeschlagen, dass wir die Axt an die Zu-
kunft der Landwirtschaft legen. Das werden wir nicht
mitmachen.

Wir haben es bei der ersten Lesung zum Haushalt
deutlich gemacht – wir tun dies auch heute –: Die Agrar-
politik darf nicht mit der Haushaltspolitik gleichgesetzt
werden. Ernst Bahr hat gerade darauf hingewiesen, dass
es darum geht, Subventionen zurückzuführen und
gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Dazu
gehört die Agrarreform, die den Landwirten die Frei-
heit gibt, für den Markt zu produzieren, und bei der die
Leistungen der Landwirtschaft, die auf dem Markt nicht
bezahlt werden, über Flächenprämien honoriert werden.






(A) (C)



(B) (D)


Jella Teuchner

Dazu gehören die Förderung der Qualität und neuer
Technologien und das Erschließen neuer Einkommens-
quellen. Hier müssen wir unsere Schwerpunkte setzen.
Wir setzen sie in dem Rahmen, wie es die Finanzlage zu-
lässt.

Genau hier wollen Sie die Axt ansetzen, indem Sie
frei nach dem Motto „Vorwärts nimmer, rückwärts im-
mer“ vorgehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Für diesen Satz gibt es eine Prämie!)


So wie es einmal war, wird es nicht mehr weitergehen
können.

Bei der Zuckermarktreform sehen Sie, unter wel-
chem Druck unsere Agrarpolitik steht, unter einem
Druck, der in Zukunft aufgrund der WTO-Vereinbarun-
gen wachsen wird, wenn wir keine Agrarpolitik machen,
die WTO-konform ist. Auch das müssen wir hinbekom-
men. Deswegen brauchen wir eine Agrarreform, die die
Förderung neuer Technologien vorsieht und Alternativen
für die Landwirtschaft aufzeigt.

Forschung und Einkommensalternativen sollen nach
dem Willen der Opposition nicht mehr gefördert werden.
Die Gemeinschaftsaufgabe wird infrage gestellt, wäh-
rend wir für deren Erhalt innerhalb der Föderalismus-
kommission kämpfen.

Die Union nichts unversucht gelassen, um die Umset-
zung einer guten Agrarpolitik zu blockieren. Wenn Sie
als Bremsklotz in die Geschichte eingehen wollen, dann
wünsche ich Ihnen dabei viel Spaß. Den Landwirten hel-
fen Sie damit nicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wie Sie mit den Landwirten umgehen, wurde gestern
deutlich, als der Kollege Michael Glos in seiner Rede
gegen Ökosteuer und Windkraftförderung polemisiert
und sich für die Atomenergie eingesetzt hat. Ich zitiere:

Mit dem so genannten EEG und Ähnlichem sind im
Grunde Steuern für Spinnereien verbunden, die Ih-
rer Ideologie entsprechen, die aber an der wirt-
schaftlichen Wirklichkeit der Welt ein ganzes Stück
vorbeigehen.

So war die Aussage von Michael Glos gestern. Sind also
die Landwirte, die durch das EEG ein zusätzliches
Standbein und eine wirtschaftliche Perspektive bekom-
men haben, ideologische Spinner?


(Zuruf von der CDU/CSU: Was ist denn daran falsch? – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


– Sie brauchen gar nicht so dazwischenzuschreien. Im
Zweifelsfall würden Sie mich sowieso nicht übertönen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wollen Sie den Landwirten diese Perspektive nehmen?
Ich jedenfalls wünsche dem Kollegen Glos viel Glück,
wenn er dies seinen bayerischen Bauern verkaufen will.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Er versteht ein bisschen mehr von dem Thema!)


– Schrei nicht so dazwischen!
Man kann der Landwirtschaft sicher nicht vorwerfen,

sie würde eine ideologische Umweltpolitik betreiben.
Dennoch ist es auch die Landwirtschaft, die sich für das
EEG stark gemacht hat, weil sie weiß, dass gerade auch
die Biomasse eine zusätzliche, nachhaltige Einkom-
mensquelle ist. Das hat auch der Bayerische Bauernver-
band in verschiedenen Stellungnahmen, zuletzt am
29. Oktober, kundgetan.

Ich darf noch einmal auf den bayerischen Minister-
präsidenten zurückkommen. Er spart im Nachtragshaus-
halt 2004 7,5 Prozent bei der Landwirtschaft ein.
Roland Koch hat gemeinsam mit Peer Steinbrück Kür-
zungen in Höhe von 4 Prozent pro Jahr vorgeschlagen.
Auch die Anträge der Opposition sehen Kürzungen für
die Landwirtschaft vor. Uns allen ist klar, dass wir die
Landwirtschaft nicht von der Konsolidierung ausnehmen
können.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Wenn Sie zum Bundeshaushalt nichts zu sagen haben, reden Sie über die Bundesländer!)


Der Haushalt – lassen Sie mich das zum Schluss noch
sagen – setzt noch einen weiteren Schwerpunkt: Die
Ausgaben für den Verbraucherschutz bleiben auf ho-
hem Niveau. Damit bleiben wir ein verlässlicher Partner
für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Ich erwarte ja
nicht, dass Sie durch die Lande ziehen und uns für un-
sere Steuerreform loben, aber hören Sie endlich auf, so
zu tun, als könnten Sie goldene Zeiten für die Landwirte
herbeizaubern. Die Haushaltsberatungen haben gezeigt,
dass auch Sie nicht zaubern können. Stellen Sie sich lie-
ber der Realität!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514219000

Das Wort hat jetzt der Kollege Jürgen Koppelin von

der FDP-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1514219100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

Bundesfinanzminister erklärt immer wieder, sein Haus-
halt sei auf Kante genäht. Wenn ich mir den Haushalt
von Frau Künast ansehe, dann stelle ich fest, dass da
reichlich Geld vorhanden ist. Allerdings ist dies auch in
anderen Bereichen so. Es ist ein Spiegelbild des Bundes-
haushaltes insgesamt. Man kassiert – teilweise ohne
Rechtsgrundlage – vor allem bei dem Teil der Bevölke-
rung ab, der keine Chance hat, den Betrieb ins Ausland
zu verlegen: bei den Landwirten. Das hat System.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)







(A) (C)



(B) (D)


Jürgen Koppelin

Ich will dieses Abkassieren an einem Beispiel deut-

lich machen. Wir sollten doch froh sein über all diejeni-
gen, die außerhalb des Ministeriums und der Programme
noch fördern. Wir haben einen Antrag gestellt – insofern
spreche ich durchaus auch die Union an –, der die Land-
wirtschaftliche Rentenbank betrifft. 45 Millionen Euro
kassiert Frau Künast bei der Landwirtschaftlichen Ren-
tenbank ab. Nun werden Sie nicht auf die FDP hören,
aber vielleicht auf den Wissenschaftlichen Dienst des
Deutschen Bundestages. Ich zitiere ein Schreiben:

Das Entschuldungsabwicklungsgesetz wurde durch
Art. 8 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung der Insol-
venzordnung und anderer Gesetze vom 26.10.2001
… versehentlich aufgehoben … Aufgrund der ver-
sehentlichen Aufhebung

– von der Koalition wohlgemerkt –
des Entschuldungsabwicklungsgesetzes ist die der-
zeitige Rechtslage hinsichtlich des Rechtsstatus der
Landwirtschaftlichen Rentenbank und der auf sie
anwendbaren Rechtsvorschriften unklar.

Das schreibt der Wissenschaftliche Dienst des Deut-
schen Bundestages. Es gibt andere Gutachten, auch von
der Rentenbank selbst, die sagen: Der Bund darf in der
Höhe gar nicht abkassieren. Ich habe bereits Schreiben
von Landwirten, die dort Anträge gestellt haben und nun
die Antwort bekommen: Wir können euch im Augen-
blick keinen Bescheid geben, weil wir nicht wissen, wie
viel Frau Künast bei uns abkassieren wird.

Das ist der Zustand: Es gibt keine Rechtsgrundlage
und es wird trotzdem abkassiert. Das ist etwas, was nicht
geht. Ich bitte die Union, bei der entsprechenden Ab-
stimmung unserem Antrag zuzustimmen, in dem wir for-
dern, dass diese Position im Etat von Frau Künast aufge-
hoben wird. Die Union sollte sich nicht, wie sie das wohl
vorhat, enthalten; Sie sollten sich das noch einmal über-
legen.


(Ilse Aigner [CDU/CSU]: Ich erkläre es noch einmal!)


Wir wollen den Landwirten wieder zu der Förderung
verhelfen, die sie verdient haben. Es kann nicht angehen,
dass Frau Künast abkassiert.

Damit komme ich zu meinem nächsten Punkt, einem
Punkt, den auch die Kollegin Klöckner und andere Red-
ner von der Union angesprochen haben, nämlich zu dem
Bereich Öko-Landwirtschaft. Sie müssten der FDP ei-
gentlich dankbar sein. Die Kollegen Happach-Kasan, der
Kollege Goldmann und ich hatten die Idee – das haben
wir ja bei der Haushaltsberatung im letzten Jahr ange-
kündigt –, den Bundesrechnungshof aufzufordern, das
eine oder andere bei Frau Künast zu überprüfen. Und
siehe da, zum ökologischen Landbau sagt uns der Rech-
nungshof auf Antrag der FDP – das alles ist ja schon ge-
sagt worden –: Nur Propaganda; die 20 Millionen
braucht die Ministerin für Propaganda, für Broschüren.
Das hat aber nichts mit der Förderung des ökologischen
Landbaus zu tun. Kollege Bahr, Sie haben vorhin gesagt,
dieses Geld komme bei den Landwirten an. Es kommt
aber nichts bei den Landwirten an.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514219200

Wollten Sie eine Zwischenfrage stellen, Kollege

Bahr? – Herr Kollege Koppelin, erlauben Sie die Zwi-
schenfrage?


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1514219300

Ja, selbstverständlich. Da ich so wenig Redezeit habe,

bin ich für die Zwischenfrage dankbar.

(Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514219400

Bitte schön, Herr Bahr.


Ernst Bahr (SPD):
Rede ID: ID1514219500

Dass Sie das geschickt nutzen können, Herr Kollege

Koppelin, weiß ich ja. Dennoch wage ich die Frage: Ist
Ihnen nicht bekannt, dass der Bundesrechnungshof hin-
sichtlich der Problematik, die Sie gerade dargestellt ha-
ben, in der Tat meint, dass es da Unsicherheiten gibt,
dass er aber zum Schluss die Feststellung trifft, dass die
Verwendung dieser Gelder der Rentenbank eine politi-
sche Entscheidung des Gesetzgebers ist, und dass sich
der Bundesrechnungshof aus dieser Bewertung heraus-
hält? In Bezug auf die andere Problematik, die Sie eben-
falls dargestellt haben, kritisiert der Bundesrechnungs-
hof nicht die Verwendung der Gelder, sondern die Art,
wie diese Mittel im Haushaltsplan ausgewiesen sind.
Wir haben im Ausschuss, wie Sie sicher mitbekommen
haben, darüber geredet, dass dort, wo es notwendig ist,
es in Zukunft anders gemacht werden soll. Das betrifft
aber nicht den Grundsatz, sodass Ihre diesbezüglichen
Aussagen nicht zutreffend sind.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1514219600

Das ist so nicht korrekt, Kollege Bahr. Sie müssen

den Bericht des Rechnungshofs vollständig zitieren. Ich
stelle Ihnen die Unterlagen gern zur Verfügung; weiß al-
lerdings auch, dass Sie sie haben. Der Rechnungshof
macht deutlich, dass es keine gesetzliche Grundlage gibt.
Die politische Entscheidung abzukassieren liegt natür-
lich in der Verantwortung von Rot-Grün; das können Sie
so machen. Wir kritisieren das. Aber als Haushälter
müssten Sie doch sagen: Für Haushaltsentscheidungen
muss es haushaltsrechtliche Grundlagen geben. Diese
gibt es zurzeit nicht, weil die entsprechende gesetzliche
Grundlage fehlt. Das rührt daher, dass Rot-Grün aus Ver-
sehen ein anderes Gesetz aufgehoben hat; das haben Sie
als zuständiger Berichterstatter anscheinend auch nicht
gemerkt. Das ist zu kritisieren. Darum geht es.

Sie müssen doch einen Haushalt aufstellen – dieses
Thema wird uns ja morgen noch beschäftigen –, der ver-
fassungsgemäß ist. Dieser Punkt – auch wenn er nur ein
kleiner ist – zeigt doch, dass dieser Haushalt nicht ver-
fassungsgemäß ist. Wir werden ja morgen noch andere
Punkte erörtern, bei denen wir aufzeigen, dass Ihr Haus-
halt nicht verfassungsgemäß ist.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Was die Öffentlichkeitsarbeit beim ökologischen

Landbau angeht, will ich noch ein Zitat aus dem Bericht






(A) (C)



(B) (D)


Jürgen Koppelin

des Rechnungshofs anführen – die Kollegin Klöckner
hat ja ebenfalls schon ein Zitat gebracht –:

Nicht die Fachinformation, sondern die Werbung
für politische Ziele des Bundesministeriums steht
dabei im Vordergrund. Die Maßnahmen hätten da-
her nicht aus dem Bundesprogramm finanziert wer-
den dürfen.

Wozu ist denn der Bundesrechnungshof da? Er ist für
alle Bürger da; er soll kritische Punkte aufzeigen. An
das, was er herausgefunden hat, haben wir uns alle zu
halten.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Der Staat als Beute ist das! Nichts anderes ist das!)


Der ganze Haushalt von Frau Künast passt zu ihr. In
der Vergangenheit hat sie sich – hier ist vorhin schon ge-
sagt worden: als Mutter Theresa;


(Ilse Aigner [CDU/CSU]: Das ist eine Beleidigung!)


das will ich gar nicht sagen, das hat sie nicht verdient –
als Heilige der Legehennen oder der artgerechten Tier-
haltung aufgespielt.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Als Mutter der Suppenhühner!)


Was ist gewesen? Alles nur heiße Luft! 2003 wurden
31 Millionen für artgerechte Tierhaltung zur Verfü-
gung gestellt. Nur, das Geld hat keiner haben wollen.
Frau Künast, ich kann Ihnen auch sagen, warum das kei-
ner haben wollte: weil das von unseren Landwirten
schon längst gemacht wurde, weil sie das Geld also gar
nicht brauchten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie hatten sich diese Idee in den Kopf gesetzt. Das war
eine einzige grüne Spinnerei. Hinterher müssen Sie fest-
stellen: Die Mittel fließen nicht ab.

So ziehen Sie ein Ding nach dem anderen hoch. Viel-
leicht sehen wir uns bei dem von Ihnen veranstalteten
„Aktionstag nachhaltiges Waschen“ wieder. Das will ich
mir gern angucken; auch das wird ja mit mehr als
1 Million finanziert. Da kann ich ja sehen, wie Sie am
Waschtrog stehen, wenn Sie uns das in einem Landtags-
wahlkampf präsentieren werden.

Dieses Ministerium hat unglaublich viel Geld für Pro-
paganda für eine grüne Politik übrig. Die Sozialdemo-
kraten sollten sich diesen Etat wirklich einmal genau an-
sehen. Ich habe nichts gegen ökologischen Landbau; ich
habe nichts dagegen, dass unsere Landwirte gefördert
werden. Aber das, was hier beschlossen werden soll, ist
eine ausschließlich grüne Politik, die unsere Landwirte
nicht verdient haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Manfred Grund [CDU/CSU]: Klientelpolitik!)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514219700

Das Wort hat die Kollegin Franziska Eichstädt-Bohlig

vom Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Auch wenn Kollege Koppelin nicht nur in der heutigen,
sondern auch in anderen Debatten gerne spitz wird,


(Heiterkeit)

– ihr müsst das nicht immer gleich doppeldeutig verste-
hen; ich meinte unsere Berichterstattergespräche; keine
Bange! –, möchte ich mich als Erstes bedanken: bei mei-
nen drei Berichterstatterkollegen – bei Ilse Aigner, Ernst
Bahr und Jürgen Koppelin –, beim Ministerium, bei der
Ministerin, bei Herrn Staatssekretär Berninger und vor
allem bei Herrn Kuhlmann, der wirklich hart arbeiten
muss, um diesen Etat zusammenzuhalten.

Als Zweites muss ich allerdings sagen, dass ich ange-
sichts der Widersprüche, die insbesondere in der Rede
von Frau Hasselfeldt zum Ausdruck kamen, etwas irri-
tiert bin; denn im Mittelpunkt Ihrer Rede stand immer
wieder die große Sehnsucht nach dem ehemals hoch sub-
ventionierten Agraretat.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ach! Was für ein Quatsch! Das stimmt doch gar nicht! – Ilse Aigner [CDU/CSU]: Dann haben Sie aber nicht zugehört!)


– Doch! Sie wollen lediglich ein paar geringe Kürzungen
in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und PR vorneh-
men, weil Sie der Meinung sind, dass der Politik von
heute keine moderne Öffentlichkeitsarbeit und keine ge-
sellschaftliche Kommunikation zustehen. Ich meine,
dass genau das Gegenteil richtig ist.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Was quatscht die Frau eigentlich?)


Sie sollten sich an die harten Diskussionen erinnern,
die wir im Rahmen der allgemeinen Finanzdebatte ge-
führt haben. Auch in der Schlussrunde wird wieder die
Frage im Zentrum stehen, ob unser Haushalt verfas-
sungsgemäß ist. Zu meinen, dass sich der Agraretat dem
großen Konsolidierungsdruck entziehen kann,


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das sagt ja keiner!)


ist wirklich enorm naiv. Auch Ihre Fraktion sollte das
endlich lernen.


(Gerda Hasselfeldt [CDU/CSU]: Sie sparen an der falschen Stelle!)


Nun möchte ich eine kurze Bemerkung zum Umgang
mit der Landwirtschaftlichen Rentenbank machen. In
unseren Berichterstattergesprächen im Ausschuss haben
wir über dieses Thema diskutiert. Tatsache ist, dass sich
das Zweckvermögen auf 105 Millionen Euro beläuft.
Davon werden aufgrund der Korrektur, die wir in der
Bereinigungssitzung vorgenommen haben, 45 Millionen
Euro zweckgebunden für die Landwirtschaftliche






(A) (C)



(B) (D)


Franziska Eichstädt-Bohlig

Unfallversicherung verwandt. Ich weiß nicht, ob Sie
dem zugestimmt haben; zumindest hat die Koalitions-
mehrheit das so beschlossen.

Für das restliche Vermögen wird eine neue Rechts-
grundlage geschaffen. Dazu wird vom Ministerium ein
Gesetzentwurf erarbeitet, der sich bereits in der Ressort-
abstimmung befindet. Daher wird das Problem, das Sie
zu Recht angesprochen haben, ganz regulär gelöst. Es ist
nicht so, dass der Haushalt, weil wir diese Mittel in das
Haushaltsgesetz eingestellt haben, nicht verfassungsge-
mäß ist.

Lassen Sie mich noch ein paar Punkte zur allgemei-
nen Diskussion über den Haushalt sagen. Ich glaube, es
wird nicht hinreichend wahrgenommen, dass in diesem
Etat ein sehr stimmiges Verhältnis zwischen der Förde-
rung der konventionellen und der alternativen Landwirt-
schaft gegeben ist.


(Lachen der Abg. Ilse Aigner [CDU/CSU])

– Ja, Ilse Aigner, darüber muss man nicht lachen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: 4 Prozent zu 96 Prozent!)


– Ach, jetzt hört doch mal auf! Ihr wisst ganz genau,
dass 72 Prozent dieses Etats für die landwirtschaftlichen
Sozialversicherungen ausgegeben werden und dass das
eine ganz wesentliche, grundlegende Förderung der
Landwirtschaft darstellt.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Nennen Sie dafür die gesetzliche Grundlage!)


Diesen riesigen Brocken in Höhe von knapp
3,7 Milliarden Euro kleinzureden,


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das will ja gar keiner!)


das ist unter den finanzpolitischen Bedingungen, unter
denen wir heute arbeiten, wirklich naiv.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sie haben behauptet, das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht sei gestört!)


Darüber hinaus – das haben wir vorhin festgestellt –
engagiert sich Rot-Grün in hohem Maße dafür, dass die
GAK erhalten bleibt und solide finanziert wird.


(Gerda Hasselfeldt [CDU/CSU]: Deshalb kürzen Sie jetzt dort, oder was?)


Es ist tatsächlich so: So viel, wie die Länder für die Fi-
nanzierung der Gemeinschaftsaufgabe bereitstellen, so
viel hat auch der Bund im Wege der Kofinanzierung ge-
tragen. Auch daran lässt sich nicht herumdeuteln. Das ist
ein sehr wichtiger Baustein, zu dem diese Regierung und
diese Koalition stehen.

Von Ihrer Seite wird immer wieder das Spektrum von
innovativen, modernen und neuen agrarpolitischen Im-
pulsen angegriffen: von den Modell- und Demonstra-
tionsvorhaben, bei denen insbesondere die FDP gerne
kürzen würde,

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Welches denn? Nennen Sie doch mal eins!)


bis zur artgerechten Tierhaltung. Wenn hier ständig über
Stellplätze gesprochen wird


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Davon haben wir doch gar nicht gesprochen!)


– ich kenne nur Stellplätze für Autos; für mich sind das,
wenn überhaupt, Stallplätze –, so sollte man doch nicht
vergessen, dass das Ziel einer artgerechten Tierhaltung
von Hühnern und Hennen, aber auch von Schweinen, für
das sich das Ministerium einsetzt, sehr wichtig ist. Wenn
die Agrarbetriebe das nicht annehmen, dann ist das de-
ren Problem; wir sind auch bereit, den Ansatz wieder
etwas zu kürzen. Aber zu meinen, dass das deswegen ein
schlechter Impuls wäre, ist die falsche politische Hal-
tung.

Dasselbe gilt auch für den Ökolandbau. Der Öko-
landbau ist schrittweise vorangekommen. Selbstver-
ständlich ist es sehr wichtig, dass bei den Verbrauchern
für den Ökolandbau geworben wird. Ich verstehe über-
haupt nicht, dass die in der heutigen Zeit übliche Kom-
munikation zwischen Politik und Gesellschaft von Ihnen
immer angegriffen wird.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Wären Sie an der Regierung, Sie würden es genauso ma-
chen, weil die Politik der Gesellschaft ohne moderne
Kommunikation – dazu bedarf es vielfältiger Instru-
mente – keine neuen Impulse geben kann. Von daher
sollten Sie nicht ständig mäkeln.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wir kritisieren nur, dass sie einseitig werben!)


Wir sind stolz darauf, dass wir da wirklich neue Impulse
geben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich möchte noch die nachwachsenden Rohstoffe an-
sprechen. Sie sind sehr wichtig, weil sie eine neue Form
des Umgangs der Landwirtschaft mit modernen Produk-
ten darstellen: des Umgangs mit Dämmstoffen, mit Pro-
dukten in den Bereichen Biogas, Biodiesel, Bioschmier-
stoffe, aber auch dabei, aus Pflanzenfasern moderne
Stoffe zu machen.


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Jetzt brauchen wir nur noch Biogeld!)


Damit erwächst der Landwirtschaft ein ganz neues Ar-
beitsfeld.

Es ist sehr wohl so, dass wir die Umstellung auf Bio-
diesel mit der Kürzung der Agrardieselsubventionen ak-
tiv befördern. Wir machen den Landwirten damit Mut,
diesen Umstieg selbst in Angriff zu nehmen, so konkret,
wie sie das bei der Windenergie gemacht haben. Ich
kenne nämlich wenige Landwirte, die sich über die
Windenergie so beschweren, wie das die Oppositions-
parteien immer tun.






(A) (C)



(B) (D)


Franziska Eichstädt-Bohlig

In diesem Sinne wünsche ich mir, dass Sie nicht stän-

dig bloß herummeckern, sondern dass Sie endlich ein-
mal den Mut haben, diese Impulse auch positiv zu sehen.
Denn sie wirken: in unserer Landwirtschaft, in unserer
Gesellschaft und vor allem beim Verbraucherschutz –
den Sie klein kürzen wollen, während Sie sich gleichzei-
tig über die Ausstattung der Stiftung Warentest beschwe-
ren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wir bringen Argumente! Unsere Argumente sind Ihnen egal!)


– Es ist doch eine Tatsache, dass Sie dort kürzen wollen.
Insofern stimmen wir diesem Haushalt aus voller

Überzeugung zu.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben doch keine Ahnung davon!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514219800

Das Wort hat der Kollegen Manfred Zöllmer von der

SPD-Fraktion.


Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1514219900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, wer bei
der Landwirtschaft so kürzt, wie es die CSU in Bayern
macht, der ist völlig unglaubwürdig,


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wird trotzdem gewählt!)


wenn er hier notwendige Kürzungen wortreich beklagt
und verurteilt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Heute läuft im Kino ein international bereits sehr be-
achteter Film mit dem Titel „Die fetten Jahre sind vor-
bei“.


(Lachen bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben letzte Woche zwei Kilo zugenommen!)


Der Titel des Films beschreibt ziemlich genau das Emp-
finden vieler Menschen in der aktuellen Situation.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Manfred, du hast ein Abo beim „Untergang“!)


– Randalieren Sie ruhig ein bisschen.
Wir wissen es alle: Nicht nur die privaten Haushalte

sind enormen Belastungen ausgesetzt, sondern auch die
Rahmenbedingungen für die öffentlichen Haushalte sind
alles andere als leicht. Dies gilt auch für den
Bundeshaushalt 2005 insgesamt und den Einzelplan für
den Geschäftsbereich Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft. Wir stehen vor großen Herausforderun-
gen, die wir politisch meistern müssen. Aber wenn die
Kassen leerer werden und wir nicht mit dem Füllhorn
finanzielle Zuwendungen verteilen können, bedeutet
dies für uns nicht die Aufgabe des politischen Gestal-
tungswillens. Im Gegenteil: Politische Gestaltung und
Prioritätensetzung sind gerade dann in besonderem
Maße gefragt. Dies tut diese Bundesregierung: Sie ge-
staltet Politik und setzt ihre Prioritäten eindeutig. Hierzu
zählt ganz besonders der Bereich des Verbraucherschut-
zes.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich darf einmal zitieren:
Verbraucherschutz ist zentrale politische Aufgabe
in Deutschland, Europa und weltweit: Er sichert die
Lebensqualität der Menschen und gewährleistet als
Grundanliegen unserer wettbewerblichen Ordnung
das Funktionieren der sozialen Marktwirtschaft.

Dies ist richtig. Ich sage das, obwohl dieses Zitat von der
CDU/CSU-Fraktion stammt. Ich kann nur sagen: In die-
ser Beschreibung sind wir uns vollkommen einig.

Wir wissen aber auch, dass Papier geduldig ist, beson-
ders dann, wenn es sich um Aussagen der Opposition
handelt.


(Peter H. Carstensen [Nordstrand] [CDU/ CSU]: So ein Stuss!)


Das, was Sie hier formuliert haben, bleibt letztendlich
politische Lyrik. Sie sind stark bei der Formulierung,
aber ganz schwach bei der Umsetzung.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Sie sind in allen Punkten schwach!)


Ich will das an einem aktuellen Beispiel deutlich ma-
chen:


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sind wir hier in einem Lesewettbewerb?)


Das Gesetz zur Neuordnung des Lebensmittel- und
des Futtermittelrechts kodifiziert endlich die einzelnen
Gesetze im Bereich Lebensmittel- und Futtermittelrecht:
Es bringt mehr Sicherheit für Verbraucherinnen und Ver-
braucher, leistet einen erheblichen Beitrag zum Bürokra-
tieabbau und gewährt den Verbraucherinnen und Ver-
brauchern Informationsrechte.


(Ursula Heinen [CDU/CSU]: Aber doch nur auf unseren Hinweis hin!)


Auf diesen Punkt möchte ich jetzt eingehen. In der
letzten Legislaturperiode haben wir ein umfassendes
Verbraucherinformationsgesetz vorgelegt. Dieses Gesetz
wurde von der CDU/CSU-Opposition im Bundesrat blo-
ckiert.


(Ursula Heinen [CDU/CSU]: Mit guten Gründen!)


– Frau Heinen, ich weiß, dass Sie durch die Lande gezo-
gen sind und uns vorgeworfen haben, dass es ein solches
Gesetz nicht gibt. Sehr schön! – In einem Teilbereich hat
der Bundesrat jetzt Vorschläge zur Verbraucherinforma-
tion gemacht. Wir haben diese Vorschläge aufgegriffen






(A) (C)



(B) (D)


Manfred Helmut Zöllmer

und im Gesetz konkretisiert. Wir setzen das um, was po-
litisch möglich ist. Der Verbraucherzentrale Bundesver-
band hat dies ausdrücklich begrüßt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Was denn sonst?)


Liebe Frau Heinen, was passiert nun? Die Opposition
ist mal wieder dagegen. Ich kann nur sagen: Dies ist
schlichtweg unseriös und zeigt, dass Ihre Fähigkeit zu
einer aktiven Verbraucherpolitik so weit entwickelt ist
wie das bulgarische Raumfahrtprogramm.


(Beifall des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP] – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wie lange hast du darüber nachgedacht? Dafür bekommst du ein Gütesiegel! Hast du morgen keine Redezeit? – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


– Das war gut, nicht wahr? Ich finde das auch. – Wir
können noch weiter gehen. Wie hat sich die CDU/CSU
bei diesem Haushalt eigentlich verhalten? Im Fachaus-
schuss gab es von der CDU/CSU jede Menge Kritik
– sie wurde auch heute hier vorgetragen –, aber keinen
einzigen konkreten Einsparvorschlag.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Manfred, das Thema ist doch erst morgen dran!)


Ich habe noch die großen Ankündigungen im Ohr, man
werde weit reichende Anträge einbringen. Von diesen
Ankündigungen ist nichts geblieben.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514220000

Herr Kollege Zöllmer, erlauben Sie eine Zwischen-

frage der Kollegin Heinen?

Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1514220100

Aber sicher.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514220200

Frau Heinen, bitte.

Ursula Heinen (CDU):
Rede ID: ID1514220300

Kollege Zöllmer, obwohl Sie sich bereits in der De-

batte von morgen befinden – ich vermute, dass Sie mor-
gen keine Redezeit haben, weshalb Sie das Thema gleich
jetzt mit abhandeln –,


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Genau! Futtermittelund Lebensmittelrecht!)


gestatten Sie mir doch die Frage, warum im ursprüngli-
chen Gesetzentwurf überhaupt nichts zu Informations-
rechten drinstand und dies erst auf Hinweis des Landes
Baden-Württemberg aufgenommen wurde. Jetzt wurde
mit der heißen Nadel ein komplettes Verbraucherinfor-
mationsgesetz ins Fachrecht eingefügt, obwohl überein-
stimmende Grundlage unserer Diskussion war, das ge-
sondert zu regeln.

Auf Anfrage der FDP-Fraktion haben Sie angekün-
digt, dass noch in diesem Jahr – es gibt noch zwei
Sitzungswochen – ein Informationsfreiheitsgesetz vor-
liegen wird, in dem all diese Themen beurteilt werden.
Also: Warum ist das nicht gleich von Anfang an gesche-
hen, sondern erst auf Hinweis des CDU-geführten Lan-
des Baden-Württemberg?


(Beifall bei der CDU/CSU)


Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1514220400

Liebe Kollegin Heinen, mit Ihrer Frage machen Sie

den Unterschied zwischen uns und der Opposition sehr
deutlich. Uns geht es darum, die konkrete Situation der
Verbraucherinnen und Verbraucher in der Bundesrepu-
blik Deutschland zu verbessern.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Antwort auf die Frage!)


Sie selbst haben eben gesagt, dass die Verbraucherrechte
durch dieses Gesetz deutlich verbessert werden. Wir ver-
ankern sie dort. Sie blockieren das mit Hinweis auf For-
malien. Sie reden einem eigenständigen Gesetz das
Wort, das Sie dann aber doch wieder nicht wollen.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Sie hat eine Frage gestellt! Antwort!)


Sie wissen genau, dass interfraktionelle Gespräche zu
dem Ergebnis geführt haben, dass Sie nicht bereit sind,
ein eigenständiges Informationsgesetz zu unterstützen.
Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der SPD – Julia Klöckner [CDU/ CSU]: Das war doch keine Antwort!)


Im Fachausschuss war die CDU/CSU mit den Haus-
haltsberatungen so überfordert, dass sie noch nicht ein-
mal darüber diskutieren wollte.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514220500

Herr Kollege Zöllmer, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Goldmann?

Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1514220600

Nein, jetzt nicht mehr. Das haben wir abgehandelt.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Dann aber morgen!)


– Das können wir morgen gerne machen.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514220700

Also keine Zwischenfrage.

Manfred Zöllmer (SPD):
Rede ID: ID1514220800

Ich kann nur sagen: Das Verhalten der Opposition im

Ausschuss war wirklich ein politisches Armutszeugnis.
Wer, wie der Kollege Carstensen, als Sprecher der Union
im Ausschuss beim Thema Haushalt sprachlos bleibt,
der kann auch nicht Ministerpräsident von Schleswig-
Holstein werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


Der vorliegende Haushalt macht deutlich: Die wichti-
gen Verbraucherinstitutionen wie die Stiftung Warentest






(A) (C)



(B) (D)


Manfred Helmut Zöllmer

oder der VZBV werden wie in den letzten Jahren vom
Bund unterstützt. Es wäre im Übrigen sehr schön, wenn
die Unterstützung der Verbraucherzentralen auch in
den Bundesländern so gesehen würde und sie sich ent-
sprechend verhalten würden. Die Verbraucherzentralen
müssen flächendeckend erhalten bleiben. Gerade in die-
sem Bereich ist der Beratungsbedarf in den letzten Jah-
ren sehr stark gestiegen. Letztendlich zeigt sich, dass die
Finanzblockade der Union nicht nur dem Bund schadet.
Sie schadet auch den Bundesländern. Sie verhindern da-
mit, dass sich Verbraucherinnen und Verbraucher in den
Ländern die notwendigen Informationen beschaffen
können.

Die Etats des Bundesinstituts für Risikobewertung
und des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Le-
bensmittelsicherheit werden in diesem Haushalt deutlich
aufgestockt. Das zeigt die Prioritätensetzung. Trotz der
schwierigen Haushaltslage haben wir für die bilaterale
Zusammenarbeit mit der FAO einen Etat von
14 Millionen Euro vorgesehen. Damit leistet das Bun-
desministerium in seinem Zuständigkeitsbereich einen
wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Welternährungs-
situation.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Der Einzelplan 10 leistet seinen Beitrag zur Haus-
haltskonsolidierung, vergisst aber nicht die politische
Prioritätensetzung im Bereich des Verbraucherschutzes;


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Nein!)

das habe ich deutlich gemacht. Vielleicht sind die fetten
Jahre tatsächlich vorbei. Aber jeder weiß: Fett zu sein
kann auch bedeuten, träge zu werden. Wir sind nicht
träge. Wir nehmen die Herausforderungen an und stellen
die Weichen für eine zukunftsweisende Verbraucherpoli-
tik.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514220900

Das Wort hat jetzt die Kollegin Ilse Aigner von der

CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Ilse Aigner (CSU):
Rede ID: ID1514221000

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-

nen und Kollegen! Wenn man es, wie Sie, Herr Zöllmer,
fertig bringt, in einer Haushaltsdebatte praktisch keine
Zahlen zu nennen – ich glaube, eine haben Sie tatsäch-
lich angeführt –, ist das schon beachtlich. Vielleicht soll-
ten Sie einmal in den Haushalt hineinschauen, damit Sie
wissen, was dort steht; das nur als kleiner Hinweis.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Steffen Kampeter [CDU/ CSU]: Da steht nichts!)

Zunächst ein paar verbindliche Worte – ich schließe
mich damit der Kollegin Franziska Eichstädt-Bohlig
an – des Dankes: Ich bedanke mich vor allem beim Mi-
nisterium und beim Bundesrechnungshof, aber auch bei
den Mitarbeitern des Haushaltsausschusses für die inten-
sive Betreuung, die wir während der langen Beratungen
erfahren haben. Mein Dank geht selbstverständlich auch
an die Kollegin und die Kollegen aus dem Kreis der Be-
richterstatter für die menschlich gute Zusammenarbeit.
Allerdings gibt es einen Wermutstropfen: Wir haben uns
zwar menschlich gut verstanden, aber nicht unbedingt
inhaltlich. Da gibt es durchaus sehr unterschiedliche Be-
trachtungsweisen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es geht zwar
hier nur um einen Teil des Haushalts, aber man muss
auch einmal die Relationen mit anderen Einzelplänen se-
hen. Daher sei mir ein kleiner Vergleich gestattet. Was in
dieser Woche in den Haushaltssitzungen vorgefallen ist
und was im Haushalt neu eingestellt wurde, nachdem
sich – das haben wir vorhergesagt – erwartungsgemäß
riesige Löcher in diesem Haushalt aufgetan haben, spot-
tet jeder Beschreibung.

Ihre Planung sieht so aus, dass Sie sich Forderungen
aus den Pensionskassen, die wir erfüllen müssen, in ei-
ner Größenordnung von 5,45 Milliarden Euro abkaufen
lassen. Man muss sich einmal vor Augen halten, dass das
mehr ist als der gesamte Umfang des Einzelplans 10,
über den wir heute beraten. Ich sage das, damit Sie sich
eine Vorstellung von der Größenordnung machen kön-
nen. Zwar hört sich noch alles sehr gut an. Aber man
muss davon ausgehen, dass dies eine Verschiebung der
Lasten auf künftige Generationen ist.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär Diller, Sie haben be-
hauptet, der Bundesrechnungshof habe sich konziliant-
zurückhaltend geäußert.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Der Diller sagt nie so ganz die Wahrheit!)


Das kann man wirklich nicht sagen.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Der Diller sagt nie so ganz die Wahrheit!)

Ich lese Ihnen einige Zitate vor. Der Bundesrechnungshof
schreibt:

Das Verwertungsgeschäft bewirkt damit eine Haus-
haltsentlastung des Bundes im nächsten Jahr zulasten
künftiger Haushalte. Die bereits bestehenden erhebli-
chen mittel- und langfristigen Haushaltsbelastungen
des Bundes werden dadurch zusätzlich verschärft.

Oder:
Der Bund reduziert durch die Maßnahme zwar sei-
nen Kreditbedarf im Bundeshaushalt 2005, geht
hierfür aber zusätzliche Verpflichtungen in den
kommenden Haushaltsjahren ein, ohne dass diese
im Bundeshaushalt ausgewiesen werden.

Noch ein Zitat:
Vorrangiger Zweck des Verwertungsgeschäfts ist es,
eine noch höhere Kreditaufnahme im Bundeshaus-






(A) (C)



(B) (D)


Ilse Aigner

halt 2005 zu vermeiden und damit die Regelkredit-
obergrenze des Art. 115 Abs. 1 GG einzuhalten.
Dies erscheint haushaltsrechtlich bedenklich.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Sehr geehrter Herr Diller, an Deutlichkeit ist das nicht zu
übertreffen. Man kann auch nicht sagen, dass das unklar
ist. Das einzige, was unklar ist, ist der Haushalt, den Sie
vorgelegt haben, und zwar in jeglicher Hinsicht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Die Brille putzen beim Lesen, Herr Staatssekretär!)


Sie handeln nach dem Motto „Nach uns die Sintflut“ und
hoffen vielleicht inständig, dass Sie 2006 die Wahl ver-
lieren, damit Sie die Suppe nicht selbst auslöffeln müs-
sen. Das ist eine Politik der verbrannten Erde und das ist
eine neue Definition des Begriffs Nachhaltigkeit, die ich
nicht teilen kann.

Zurück zum Einzelplan 10. Ich habe die Vorbemerkung
deshalb gemacht, weil sie zeigt, dass Sie im Großen das-
selbe wie im Kleinen machen. Der Kollege Koppelin hat
schon einen Bereich angesprochen, nämlich die Überfüh-
rung von Zweckvermögen in Höhe von 45 Millionen
Euro aus der Landwirtschaftlichen Rentenbank. Die
Koalition hat allerdings einen Haushaltsvermerk einge-
fügt, der besagt, dass das Zweckvermögen nur für die
Unfallversicherung zur Verfügung steht. Das heißt im
Klartext: Wenn diese Mittel nicht eingestellt werden,
wird der Zuschuss zur Unfallversicherung noch einmal
um 45 Millionen Euro abgesenkt.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist ja unglaublich!)


Sie haben genau an diesem Punkt angesetzt. Sie haben
das gewusst.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Genau so ist es!)

Sie hätten auch an anderen Stellen des Haushaltes eine
Koppelung vornehmen können. Sie haben aber genau da
angesetzt, weil Sie gewusst haben, dass Sie die Verwal-
tungsratsmitglieder der Landwirtschaftlichen Renten-
bank in die Zwickmühle bringen und uns selbstverständ-
lich auch. Was Sie da gemacht haben, ist nahe an
politischer Nötigung.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514221100

Frau Kollegin Aigner, erlauben Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Koppelin?

Ilse Aigner (CSU):
Rede ID: ID1514221200

Selbstverständlich.

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514221300

Bitte, Herr Koppelin.

Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1514221400

Frau Kollegin, ich teile durchaus Ihre Sorge, dass

man weitere Streichungen vornimmt, wenn die
45 Millionen Euro nicht kommen. Aber kann man in die-
sem Haushalt – wir haben das ausgeführt – nicht noch
andere Positionen streichen, zum Beispiel 20 Millionen
Euro für den ökologischen Landbau,


(Zuruf von der SPD: Nehmen Sie mal ein neues Beispiel!)


wo es nur um Drucksachen und Propaganda geht, oder
den nationalen Waschtag? Mir fällt noch vieles mehr ein.
Da man das zusammenkratzen kann, brauchen wir uns
keine Sorgen zu machen, dass bei den Sozialversiche-
rungsleistungen für die Landwirte gekürzt wird. Insofern
bitte ich Sie herzlich, noch einmal zu überlegen, ob Sie
dem Antrag der FDP bezüglich der 45 Millionen Euro
morgen nicht doch zustimmen können.


Ilse Aigner (CSU):
Rede ID: ID1514221500

Sehr geehrter Herr Koppelin, zunächst einmal herzli-

chen Dank für die Verlängerung der Redezeit und dafür,
dass ich einen Schluck Wasser trinken konnte. Das ist
sehr kollegial von Ihnen.

Ich glaube, dass ich es wegen des Haushaltsvermerks
und dieser Verquickung nicht verantworten kann – die
Kolleginnen und Kollegen der Unionsfraktion sehen das
ähnlich –, dass wir uns für Ihren Antrag aussprechen.
Wir werden uns enthalten, weil ich es inhaltlich für bedenk-
lich halte, was hier abläuft. Ich will nicht die Hand dafür
reichen, dass die Zuschüsse zur Unfallversicherung abge-
senkt werden. Das ist mir etwas zu gefährlich. Das kön-
nen wir nicht mittragen.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Nicht immer eine Frage um die Ecke herum!)


Man muss sich einmal vergegenwärtigen, was das für
die Unfallversicherung bedeutet. Sie sagen immer, dass
Sie nichts oder nur wenig bei den sozialen Sicherungs-
systemen kürzen. Ich nenne Ihnen jetzt einmal einige
Zahlen: 1998 betrug der Zuschuss zur landwirtschaftli-
chen Unfallversicherung 315 Millionen Euro. Im jetzi-
gen Haushalt stehen 200 Millionen Euro zur Verfügung.
Das ist eine Kürzung von 36,5 Prozent. Es gibt aber
noch eine versteckte Kürzung, die so genannte globale
Minderausgabe. Das ist eine erneute Verschleierungsak-
tion. Nach eigenen Aussagen wollen und können Sie die
damit verbundenen Einsparungen nur bei der Unfallver-
sicherung vornehmen. Das macht noch einmal
50 Millionen Euro weniger. Damit beträgt der Zuschuss
nur noch 150 Millionen Euro. Das bedeutet eine Kür-
zung um über 50 Prozent.


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Unglaublich!)

Wenn man das hinzurechnet, worüber wir, sehr geehrter
Herr Kollege Koppelin, gerade gesprochen haben, dann
sind wir nur noch bei 105 Millionen Euro. Das wäre eine
Kürzung um zwei Drittel des Ansatzes. Sie müssen den
Leuten einmal erklären, dass das in einem angemessenen
Verhältnis zu den Gesamtbelastungen steht.


(Beifall bei der CDU/CSU – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist eine unglaubliche Aktion!)







(A) (C)



(B) (D)


Ilse Aigner

Ich möchte noch auf das hinweisen, was die Kollegin

Hasselfeldt schon angesprochen hat, nämlich dass der
Bauernverband und die Träger der landwirtschaftlichen
Unfallversicherung nach Alternativen gesucht haben.


(Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist richtig! Das unterstützen wir auch! Das haben wir schon diskutiert!)


Sie haben einen Weg vorgeschlagen, der zwar bei den
Betroffenen auch nicht unbedingt Begeisterungsstürme
hervorrufen wird, aber immerhin haben sie einen Weg
aufgezeigt. Sie brauchen aber den Gesetzgeber dazu.
Doch Sie verweigern ihnen die Möglichkeit, etwas zu
ändern, weil Sie wissen, dass das auf andere Berufsge-
nossenschaften Auswirkungen haben könnte. Dann
müssten Sie sich mit den Gewerkschaften – das heißt mit
Ihrer Klientel – anlegen. Das wollen Sie aber nicht. Dies
ist der eigentliche Hintergrund, warum Sie dieses Thema
nicht angehen und lieber Beitragssatzsteigerungen in
großem Maße in Kauf nehmen. Das halte ich für unver-
antwortlich.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie argumentieren immer wieder damit, dass auch die

Landwirtschaft Einsparungen hinnehmen müsse. Lassen
Sie mich etwas zur Größenordnung anmerken. Die Aus-
gaben des Bundes sind seit 1998 – also seit Beginn Ihrer
Regierungszeit – um über 10 Prozent gestiegen. Die
Etatmittel des Einzelplans 10 sind in dieser Zeit dagegen
um 13,5 Prozent gesunken.


(Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So sparsam sind wir!)


Dabei ist zu berücksichtigen, dass diesem Etat mit dem
Verbraucherschutz zusätzliche Aufgaben zugefallen
sind. Insofern fallen die Einsparungen noch stärker ins
Gewicht. Es trifft also bei weitem nicht zu, dass die Ein-
griffe im Bereich Landwirtschaft nicht weit genug gehen
würden. Sie nutzen die Landwirtschaft immer wieder als
Steinbruch, wenn es darum geht, Kürzungen vorzuneh-
men.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Christel Happach-Kasan [FDP] – Manfred Helmut Zöllmer [SPD]: Bayern!)


Sie weisen immer wieder darauf hin, dass wir keine
Kürzungsvorschläge vorlegen. Das ist insofern richtig,
als wir in den Beratungen des letzten Haushalts darauf
verzichtet haben, und zwar völlig zu Recht. Der Nach-
tragshaushalt, der uns in dieser Woche vorgelegt wurde,
spottet jeder Beschreibung. Weil Sie sich hinsichtlich der
Neuverschuldung so verschätzt haben, obwohl es auf der
Hand gelegen hat, wie hoch sie ausfallen würde, war es
völlig richtig, dass wir den Etat für dieses Jahr nicht für
beratungsreif gehalten haben.

Eigentlich müssten wir uns auch dieses Jahr nicht an
den Einzelberatungen beteiligen, weil die Haushaltslö-
cher so schnell wachsen, dass es nur so kracht. Aber wir
wollen uns trotzdem sehr konstruktiv an den Beratungen
der Einzelpläne beteiligen. Wir haben Einsparvorschläge
eingebracht, die insgesamt knapp 9,2 Milliarden Euro
ausmachen.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Dem haben wir Erhöhungsanträge mit einem Volumen
von 1,2 Milliarden Euro gegenübergestellt. Gegenge-
rechnet entspricht das einer Einsparung von immerhin
8 Milliarden Euro. Das hätten Sie in Oppositionszeiten
nie und nimmer gemacht. Insofern ist festzustellen: Es
gibt keine verantwortungsvollere Politik als unsere.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Steffen Kampeter [CDU/ CSU]: So sieht die konstruktive Opposition der Union aus!)


Auch der Kollege Koppelin hat die Frage weiterer
Kürzungsmöglichkeiten angesprochen. Ein Streitpunkt
betrifft das Ökolandbauprogramm. Ich gestehe Ihnen
zwar zu, dass Sie Ihre Politik umsetzen wollen, ich kann
aber aufseiten der Haushälter eines nicht akzeptieren
– insofern appelliere ich an Ihr Gewissen –: Wenn der
Bundesrechnungshof eindeutig feststellt, dass ein we-
sentlicher Teil der unter diesem Titel verausgabten Mit-
tel für Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt werden, dann soll-
ten Sie dies auch ausweisen. Das tun Sie aber nicht, weil
Sie ein schlechtes Gewissen haben. Sie wollen nicht da-
rauf hinweisen, dass unter diesem Titel nicht der Öko-
landbau selber, sondern die Öffentlichkeitsarbeit der
Frau Ministerin gefördert wird. Das halte ich für unver-
antwortlich.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Täuschung des Parlaments!)


Um in diesem Zusammenhang für mehr Klarheit zu
sorgen, haben wir einen Antrag vorgelegt, in dem wir
gefordert haben, einen Haushaltsvermerk aufzunehmen,
demzufolge aus diesem Titel keine Öffentlichkeitsarbeit
mehr finanziert werden kann. Wenn Sie meinen, dass aus
diesem Titel keine Öffentlichkeitsarbeit gefördert wird,
dann hätten Sie dem Antrag auch zustimmen können.
Sie haben ihn aber abgelehnt; denn Sie wissen genau,
dass aus diesem Titel Öffentlichkeitsarbeit finanziert
wird, und Sie wollen diese Praxis fortsetzen. Dann soll-
ten Sie das aber auch zugeben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


In den Beratungen wurde uns vorgeworfen, wir woll-
ten auch bei den Verwaltungsausgaben Einsparungen
vornehmen.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Der Vorwurf ist absurd! Man muss doch einsparen!)


Ich möchte in diesem Zusammenhang auf den Etat der
Frau Ministerin eingehen. Ich habe vorhin darauf hinge-
wiesen, dass das Volumen des Landwirtschaftsetats ge-
sunken ist. Merkwürdigerweise ist der Gesamtetat des
Ministeriums um 3,33 Prozent gestiegen. In ihrem eige-
nen Verantwortungs- und Leitungsbereich ist eine un-
glaubliche Ausweitung der Anzahl der Stellen von 36
auf über 50 zu verzeichnen.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Luxus in der Hütte von Frau Künast!)







(A) (C)



(B) (D)


Ilse Aigner

An dieser Stelle wird geprasst, wo es nur geht. Das halte
ich gegenüber den anderen Etatkürzungen, die Sie auf-
zeigen, für unverantwortlich.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Bei anderen Titeln wollen Sie Zeichen setzen. Ich nenne
nur ein Beispiel: die tiergerechten Haltungsverfahren.
Ich weiß nicht, wie oft wir uns schon über diesen Titel
gestritten haben. Ausgangspunkt ist, dass Sie den Bauern
bei uns schlechtere Ausgangsbedingungen verschafft ha-
ben und dass die Bauern deshalb natürlich versuchen
werden, ins Ausland auszuweichen. Sie wollten ihnen
mit der Förderung von tiergerechten Haltungsverfahren
ein kleines Zuckerl hinschmeißen. Sie stellten 2003 da-
für Mittel in Höhe von 31 Millionen Euro ein. Abgeflos-
sen sind aus diesem Titel 773 000 Euro, ganze
2,3 Prozent. Das ist eine wunderbare Sparbüchse. Sie
sparen dafür in anderen Bereichen, wo es die Bauern
persönlich bis ins Mark trifft.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Steffen Kampeter [CDU/ CSU]: Für so etwas ist immer Geld vorhanden! Unglaublich!)


Dasselbe gilt für Ihre viel geliebten Modell- und De-
monstrationsvorhaben.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Eine rot-grüne Spielwiese!)


Von den 8,5 Millionen Euro in diesem Titel sind bis Sep-
tember gerade einmal 10 Prozent abgeflossen. Trotzdem
legen Sie noch einmal ordentlich oben drauf, weil es ein-
fach schöner ausschaut im Haushalt, egal, was hinten
rauskommt.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Das hat mit Wahrheit und Klarheit im Haushalt nichts
zu tun. Dagegen werden wir uns verwahren. Aber mich
wundert es nicht, denn das gilt für den gesamten Haus-
halt. Es ist eine Schande, dass Sie einen solchen Haus-
halt vorlegen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Da wurde die Ministerin aber richtig verdroschen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514221600

Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

hat die Kollegin Waltraud Wolff von der SPD-Fraktion
das Wort.

Ich bitte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Pri-
vatgespräche einzustellen, damit Frau Wolff mit ihrer
Rede durchdringen kann.

Bitte schön, Frau Wolff.

Waltraud Wolff (SPD):
Rede ID: ID1514221700

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich bedanke mich ganz

herzlich für diesen Hinweis. – Das Zitat des Tages in
dieser Debatte stammt von Frau Julia Klöckner, die
sagte: Sie müssen mal kreativ rechnen lernen. Das fand
ich sehr bemerkenswert. Kreatives Rechnen – wahr-
scheinlich haben Sie das zu Ihren Regierungszeiten so
gemacht, sonst hätten wir in diesem Jahr nicht so mise-
rable Haushaltsberatungen. Dieses Desaster hat man
wahrscheinlich Ihrem kreativen Rechnen zu verdanken.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ilse Aigner [CDU/CSU]: Das machen Sie doch die ganze Zeit – kreativ rechnen!)


Meine Damen und Herren von der Opposition, ich
habe mir Ihre Änderungsanträge intensiv angeschaut und
muss Ihnen sagen: Sie selber wissen ganz genau, dass
Ihre heutigen Reden oft nicht zu Ihren eigenen Anträgen
passen. Wenn Sie der Bundesregierung vorwerfen, sie
würde zu sehr sparen,


(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Sie werfen doch Ihre eigenen Gelder raus!)


dann erklären Sie uns doch bitte ein einziges Mal solide,
woher Sie die finanziellen Mittel nehmen wollen, wel-
che Quellen Sie anzapfen wollen. Dazu gibt es leider
keine Aussagen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich kann es Ihnen sagen: Sie würden um Steuererhöhun-
gen nicht herum kommen. Aber dazu wollen Sie ja nicht
richtig Stellung beziehen.

Frau Hasselfeldt hat von „Geld, das den Bauern zusteht“
gesprochen. Ich habe nicht gewusst, dass Subvention ein
verbrieftes Recht ist. Ich glaube, Subventionen gehören
immer auf den Prüfstand und müssen jedes Jahr wieder
neu betrachtet werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Uwe Küster [SPD]: So ist es und so bleibt es!)


Ganz klar ist doch: An einem Sparhaushalt geht
nichts vorbei. Daher machen Sie, meine Damen und
Herren von der Opposition, ja auch Kürzungsvorschläge.
Allerdings lassen die Varianten sehr zu wünschen übrig.
Sie sind weder akzeptabel noch umsetzbar. Ich will so-
gar noch ein Stück weiter gehen: Zum Teil sind Ihre An-
träge unseriös. Aber dazu komme ich später. Unser
Haushaltsansatz dagegen enthält zwar nur bescheidene
Sparmaßnahmen, aber er zeigt, dass wir trotz der Rück-
führung Prioritäten für die Zukunft setzen.

Nun im Einzelnen: Die CDU/CSU fordert beispiels-
weise Streichungen bei den Haushaltstiteln „Nachwach-
sende Rohstoffe“ und „Verbraucheraufklärung“. Das
ist ja toll, das ist einfach Klasse. Genau da, wo es ein-
deutig um Sicherheit, um Innovation und um Verbesse-
rungen geht, wollen Sie kürzen. Das ist eine eindeutige
Sprache


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


und traurigerweise typisch für die CDU/CSU.






(A) (C)



(B) (D)


Waltraud Wolff (Wolmirstedt)


Das ist glücklicherweise nicht der Weg, den wir ge-

hen. Wir zielen auf mündige Bürgerinnen und Bürger,
die wissen, was sie konsumieren, die ihre Rechte kennen
und die diese Rechte auch wahrnehmen wollen. Verbrau-
cheraufklärung ist aus diesem Grund sehr wichtig.

Im Bereich der Nutzung des Potenzials der nach-
wachsenden Rohstoffe hat Deutschland unter der Kohl-
Regierung viel zu lange geschlafen. Es ist ökonomisch
wichtig, dass wir den Weg des ökologischen Wirt-
schaftsumbaus weiter gehen. Sehen wir uns doch an,
welche Folgen die Abhängigkeit vom Erdöl hat. Von den
Umweltauswirkungen will ich überhaupt nicht reden.
Diese Fragen sind längst auf allen Ebenen beantwortet.
Wer trägt die ganzen Kostensteigerungen? Das sind doch
die Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Wirt-
schaft. Deshalb ist nicht nur die Versorgung mit alterna-
tiver Energie wichtig. Vielmehr müssen auch innovative
Produkte den Weg auf den Markt finden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Hier geht kein Weg an den nachwachsenden Rohstoffen
vorbei. Darüber freuen wir alle uns doch eigentlich ge-
meinsam. Sonst gäbe es wohl nicht so viele Oppositions-
politiker, die sich auf Verbandsebene vehement für nach-
wachsende Rohstoffe einsetzen und die Novelle zum
EEG unterstützt haben. Leider muss man konstatieren,
dass das Durchhaltevermögen nicht bis zur Beschluss-
fassung im Bundestag gereicht hat. Das bedauere ich
heute noch zutiefst. Unbestritten ist aber der enorme
Nutzen gerade für die Bauern, wenn sie sich diesen Zu-
kunftsbereich erschließen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist doch genau im Sinne der Landwirte, wenn sich
neue Absatzwege für nachwachsende Rohstoffe auftun.

Nun zu Ihren Vorwürfen, die Bundesregierung betei-
lige die Agrarsozialversicherung übermäßig an den
Haushaltseinsparungen: Wenn die Opposition uns heute
glauben lassen will, dass die landwirtschaftliche Sozial-
versicherung von Sparmaßnahmen ausgenommen oder
zumindest weniger belastet werden kann, dann ist das
schlichtweg Augenwischerei.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Uns geht es auch nicht um die bloße Streichung von Mit-
teln.

Zu den Kürzungen im Bereich der landwirtschaftli-
chen Krankenversicherung kann ich Ihnen sagen, dass
wir dem Ansatz der Bundesregierung folgen werden,
weil er richtig ist. Mit den Änderungen durch das Haus-
haltsbegleitgesetz wird das Kosten-Leistungs-Verhältnis
in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung an die
Bedingungen der gesetzlichen Krankenversicherung an-
geglichen. Die Beteiligung der aktiven Landwirte an den
Kosten der Altenteiler erfolgt auch nicht von heute auf
morgen. Die Beiträge zur landwirtschaftlichen Kranken-
versicherung werden vielmehr bis 2008 maßvoll gestei-
gert, bis sie sich an das Niveau der Beiträge zur gesetzli-
chen Krankenversicherung angeglichen haben. Dieser
Ansatz ist auch deshalb gelungen, weil der Gesetzgeber
die Möglichkeit einer regionalen Umverteilung eröffnet
hat. Das heißt, wir brauchen eine systeminterne Solidari-
tät, die es anderswo schon lange gibt. Fachleute wissen,
dass Einsparpotenziale vorhanden und nutzbar sind. In
schwierigen Zeiten muss jeder zeigen, dass er einsparen
kann.


(Beifall der Abg. Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung
wollte ich eigentlich nichts sagen. Nur so viel zur Rich-
tigstellung: Herr Koppelin, Sie haben die 45 Millionen
Euro von der Landwirtschaftlichen Rentenbank ange-
sprochen. Sie wissen ganz genau, dass hier Rechtssicher-
heit herrscht; denn diese Mittel sind zweckgebunden und
dürfen nur zur Stützung der landwirtschaftlichen Unfall-
versicherung verwendet werden. Daher gibt es keine
rechtlichen Unsicherheiten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zu den FDP-Anträgen gibt es nicht viel zu sagen. Ich
möchte nur ein paar Titel nennen, die für sich alleine
sprechen: Förderung des Ökolandbaus – streichen!
Mittel für Innovationen in den Bereichen Verbraucher-
schutz, Ernährung und Landwirtschaft – streichen!
Förderung von Modell- und Demonstrationsvorhaben –
streichen! Mittel für tiergerechte Haltungsverfahren –
streichen!


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

In Anbetracht der Zukunft der deutschen Landwirtschaft
finde ich für solche Vorschläge keine Worte mehr.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich komme zum Schluss. Wir wissen, dass in Bezug
auf das Wirtschaftswachstum Steuererhöhungen nicht
die richtige Antwort sind. Wir haben uns im Haushalt
2005 für den Weg sinnvoller und sachlich vertretbarer
Kürzungen sowie für Subventionsabbau entschieden.
Damit sind wir auf dem richtigen Weg.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514221800

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den

Einzelplan 10 – Bundesministerium für Verbraucher-
schutz, Ernährung und Landwirtschaft – in der Aus-
schussfassung. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der
Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 15/4347 vor,
über den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für diesen
Änderungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält
sich? – Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen bei Gegenstimmen der CDU/CSU-
Fraktion und Enthaltung der FDP-Fraktion abgelehnt.






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Abstimmung über Einzelplan 10 in der Ausschussfas-

sung. Die Fraktion der FDP verlangt namentliche Ab-
stimmung. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schrift-
führer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Sind die
Plätze an den Urnen besetzt? – Das ist der Fall. Dann er-
öffne ich die Abstimmung.

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine
Stimme nicht abgegeben hat? – Das scheint nicht der
Fall zu sein. Ich schließe die Abstimmung und bitte die
Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszäh-
lung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmung wird
Ihnen später bekannt gegeben.1)

Wir setzen die Beratungen fort.
Ich bitte diejenigen, die sich jetzt nicht für Verkehr,

Bau und Wohnungswesen interessieren, den Saal zu ver-
lassen, damit wir die Beratungen geordnet fortsetzen
können.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.23 auf:
Einzelplan 12
Bundesministerium für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen
– Drucksachen 15/4311, 15/4323 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Bartholomäus Kalb
Norbert Barthle
Gunter Weißgerber
Uwe Göllner
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Andreas Pinkwart

Es liegen zwei Änderungsanträge der Fraktion der
CDU/CSU vor. Über einen Änderungsantrag werden wir
später namentlich abstimmen.

Über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/
CSU auf Drucksache 15/4340, der sich auch auf den
Einzelplan 12 bezieht, ist bereits bei Einzelplan 08 abge-
stimmt worden.

Weiterhin liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion
der CDU/CSU vor, über den wir morgen nach der
Schlussabstimmung abstimmen werden.

Außerdem rufe ich den Tagesordnungspunkt I.24
auf:

Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-
nen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Dritten
Gesetzes zur Änderung des Verkehrswegepla-
nungsbeschleunigungsgesetzes
– Drucksache 15/4133 –

(Erste Beratung 138. Sitzung)


1) Ergebnis Seite 13228 D
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

(14. Ausschuss)

– Drucksache 15/4254 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Renate Blank

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Kollegen Dr. Klaus Lippold von der CDU/CSU-
Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dr. Klaus W. Lippold (CDU):
Rede ID: ID1514221900

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Herr Minister Stolpe! In der Debatte wird immer deutli-
cher, dass die Koalitionsfraktionen versuchen, es so dar-
zustellen, als sei Kritik an der Bundesregierung Kritik an
unserem Land. Wir müssen hier noch einmal in aller
Deutlichkeit festhalten: Dass die Bundesrepublik
Deutschland ein Land mit Zukunft ist, kann man mit Fug
und Recht sagen;


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Jawohl!)

aber dass diese Regierung eine Regierung mit Zukunft
ist, kann man beim besten Willen nicht behaupten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Man darf eine miserable Politik nicht schönreden.

Ich habe mir heute die Rede des Bundeswirtschafts-
ministers Clement angehört. Er hat deutlich gemacht,
dass wir Exportweltmeister sind.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])

Wir sind Exportweltmeister, aber nicht wegen dieser Re-
gierung, sondern trotz dieser Regierung. Das ist der
Sachverhalt, um den es geht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP])


Wenn Sie glauben, Sie könnten sich die Erfolge der
deutschen Wirtschaft an die Brust heften, werden wir da-
für sorgen, dass deutlich gemacht wird, wo wirklich et-
was passiert.

Mit der Überschrift des Gutachtens des Sachverstän-
digenrats „Erfolge im Ausland – Herausforderungen im
Inland“ wird deutlich, dass die Darstellung von Herrn
Clement heute Morgen, der Sachverständigenrat habe
die Politik der Bundesregierung gelobt, vollinhaltlich
eine Täuschung ist. Wer betont, dass sich unsere Situa-
tion nur deshalb einigermaßen tragfähig gestaltet, weil
wir Exportweltmeister sind, übersieht dabei: „Herausfor-
derungen im Inland“ bedeutet, dass die Schwäche im In-
land der Politik dieser Bundesregierung zuzuordnen ist.


(Jörg Tauss [SPD]: Im Ausland nicht, aber im Inland ja, was ist das denn?)


Das muss sich ändern.






(A) (C)



(B) (D)


Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)


Damit sind wir auch bei der Verkehrspolitik, Herr Mi-

nister Stolpe, und der Frage: Was trägt die Verkehrspoli-
tik im Moment zur Beherrschung der Situation bei? Man
muss sehen, dass Sie mit Ihrer Politik die Inlandsnach-
frage schwächen, die Investitionen senken, und zwar in
dem volkswirtschaftlich wichtigen Bereich der Infra-
struktur. Das Senken der Investitionen bedeutet Minder-
nachfrage bei den Firmen, Verlust an Arbeitsplätzen und
die weitere Talfahrt der deutschen Bauindustrie, der es
eh nicht besonders gut geht. Das haben Sie zu verant-
worten, Herr Minister, und kein anderer.

Gerade in diesem Bereich könnte im nächsten Jahr
eine Änderung der Situation eintreten. Wir gehen davon
aus – wie Sie; ich hoffe, dass das auch endgültig
klappt –, dass ab 1. Januar 2005 die Mauteinnahmen
zur Verfügung stehen.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Na ja!)

Ich bin der festen Überzeugung, dass die Situation

besser wäre, wenn Sie sich, Herr Minister, gegenüber
dem Bundesfinanzminister durchgesetzt und auf die Ein-
haltung der mit den Ländern getroffenen Vereinbarung
bestanden hätten, nämlich dass die Einnahmen aus der
Maut zusätzlich zu den schon im Bundeshaushalt vorge-
sehenen Investitionen verausgabt werden. Stattdessen
haben Sie zugelassen, dass die Investitionen im Bundes-
haushalt so stark gekürzt wurden, dass trotz der zu erwar-
tenden Einnahmen aus der Maut die Investitionssummen
im Haushalt abnehmen. Die Mauteinnahmen werden also
nicht mehr als Add-Ons, als zusätzliche Einnahmen, ver-
zeichnet werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir hätten damit zum ersten Mal nicht nur für Bestands-
erhaltung sorgen können, sondern zugleich den dringend
notwendigen Ausbau der Infrastruktur, insbesondere bei
den Ost-West-Straßenverbindungen, in Angriff nehmen
können.

Wir stehen vor großen Herausforderungen durch die
EU-Osterweiterung. Sie, Herr Minister Stolpe, haben
diese Herausforderung nicht angenommen. Das, was Sie
im Moment tun, wird den wachsenden Verkehrsströmen
– ich rede gar nicht von der strukturellen Steigerung der
Verkehrsströme, die wir bis 2020 zu erwarten haben,
sondern ich konzentriere mich nur auf die Effekte durch
die EU-Osterweiterung – in keiner Form gerecht. Statt
mit den Einnahmen aus der Maut einen Haushalt von
Herrn Eichel zu stopfen, der die größten Löcher seit Be-
stehen der Bundesrepublik aufweist, hätten wir sie bes-
ser in den Bestandserhalt und den Ausbau von Straße
und Schiene investiert und damit Arbeitsplätze gesi-
chert.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Peter Danckert [SPD]: Reden Sie doch einmal mit Toll Collect darüber!)


Lassen Sie mich, Herr Stolpe, dieses Szenario auf die
mögliche Einführung einer PKW-Maut, gegen die ich
aus grundsätzlichen Erwägungen bin,


(Zurufe von der SPD: Aha!)

übertragen: Diese Täuschung, bei der den Leuten vorge-
gaukelt wurde, die Maut werde erhoben, damit wir mehr
Geld in Straße und Schiene investieren können, führt tat-
sächlich dazu, dass jeder davon ausgeht, dass die Ein-
nahmen aus einer möglichen PKW-Maut, die ich in kei-
ner Weise propagiere, ebenfalls dazu dienen würden,
Haushaltslöcher zu stopfen. Damit hätten die Leute wie-
derum nichts davon, außer dass sie zusätzlich abkassiert
würden. Das ist die Politik dieser Bundesregierung. Aber
so etwas können wir uns einfach nicht mehr erlauben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


Ich hielte es deshalb für richtig, wenn wir die Maut-
einnahmen direkt einer Verkehrsinfrastrukturfinanzie-
rungsgesellschaft zukommen ließen und sie damit dem
Zugriff eines unfähigen Finanzministers entzögen.


(Widerspruch bei der SPD – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: „Unfähig“, das stimmt!)


Denn so könnte es nicht wieder passieren, dass sich ein
schwacher Verkehrsminister dem Zugriff des Finanzmi-
nisters nicht widersetzt. Das wäre der erste Pluspunkt.
Wenn man die Aufgaben einer solchen Infrastrukturfi-
nanzierungsgesellschaft noch ausweiten wollte, dann
könnte man daran denken, ein Public-Private-Partner-
ship-Modell aufzuziehen. Ich meine, so etwas hat Zu-
kunft und würde uns weiterbringen; denn so könnte mit
1 Euro für Straße und Schiene mehr als bisher getan wer-
den. Ich halte das für vernünftig, deshalb sollten wir das
tun.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das Finanzministerium ist noch nicht einmal bei dieser Debatte vertreten! – Steffen Kampeter [CDU/ CSU]: Der Finanzminister ist noch nicht einmal da!)


Lassen Sie mich noch einen Moment bei der Maut
bleiben, Herr Stolpe. Wir fordern, dass auch uns der Be-
richt des Bundesrechnungshofes ausgehändigt wird.
Es geht nämlich nicht an, dass die deutsche Öffentlich-
keit nicht über die Schlampereien aufgeklärt wird, die
ganz offensichtlich in dieser Frage in Ihrem Hause be-
gangen wurden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wenn Sie diesen Bericht nicht öffentlich machen wollen,
Herr Stolpe, dann müssen wir doch annehmen, dass Sie
etwas zu verbergen bzw. etwas zu verheimlichen haben.
So etwas lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Ganz offen-
sichtlich muss es ja um gewaltige und schlimme Dinge
gehen. Wenn es nicht um solche Dinge gehen würde,
könnten Sie den Bericht ja herausgeben. Also ist doch
etwas an der Vermutung dran,


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Untersuchungsausschuss!)


dass, wenn zunächst bei Herrn Bodewig und später auch
bei Ihnen ausreichende Kontrolle und hinreichender
Vollzug gegeben gewesen wären, wir eventuell zu einem
ganz anderen Ergebnis gekommen wären.


(Dr. Peter Danckert [SPD]: Sie spekulieren!)







(A) (C)



(B) (D)


Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)


Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben

fach Zusammenhänge. Herr Eichel hat gedacht, wenn er
die Tabaksteuer erhöht, habe er schlussendlich mehr
Einnahmen. Aber da hat er bestimmte Zusammenhänge
nicht bedacht. In diesem Fall kann es so kommen: Wenn
eine nicht harmonisierte Maut dazu führt, dass mehr und
mehr LKWs ausgeflaggt werden, dann werden Ihnen mit
jedem ausgeflaggten LKW circa 80 000 Euro pro Jahr an
Steuern, Gebühren und Sozialabgaben verloren gehen,
die ausgeglichen werden müssen.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Das heißt, Sie werden, wenn es nicht zur Harmonisie-
rung kommt, durch die Maut bei weitem nicht so viel
einnehmen, wie Sie jetzt erwarten, weil es dann den Mit-
telständlern an den Kragen geht und das Gewerbe belas-
tet wird.

Dazu, Herr Minister Stolpe, erwarte ich jetzt keine
salbungsvollen Worte, sondern ganz konkrete Hinweise,
was Sie tun, wie Sie es tun und weshalb Sie davon aus-
gehen, dass Sie das auch durchsetzen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das wird er doch nie im Leben sagen!)


Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 570;
davon

ja: 296
nein: 274

Ja
SPD
Dr. Lale Akgün
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr (Neuruppin)


Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Sören Bartol
Sabine Bätzing
Uwe Beckmeyer
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Hans-Werner Bertl
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Kurt Bodewig
Gerd Friedrich Bollmann
sie konstruktiv zu unterstützen. Dazu stehen wir auch
heute. Aber wir erwarten, dass Sie eine Politik machen,
die auf Beschäftigung und Ausbau der Infrastruktur
orientiert ist, mithin eine ganz deutliche Kehrtwendung
gegenüber dem vollziehen, was wir bislang bei Ihnen se-
hen. Ich hoffe, dass eine Einsicht erfolgt; eine späte Ein-
sicht ist immer noch besser als gar keine. Aber geben Sie
uns mit Ihrer Rede gleich Ansatzpunkte dafür, dass das
auch wirklich eintritt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514222000

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, gebe

ich das von den Schriftführerinnen und Schriftführern
ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung
über Einzelplan 10 – Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Land-
wirtschaft – in der Ausschussfassung bekannt. Abgege-
bene Stimmen 570. Mit Ja haben gestimmt 296, mit Nein
haben gestimmt 274, keine Enthaltung. Der Einzel-
plan 10 ist angenommen.

Klaus Brandner
Willi Brase
Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Marion Caspers-Merk
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Karl Diller
Martin Dörmann
Peter Dreßen
Elvira Drobinski-Weiß

Detlef Dzembritzki
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Hans Eichel
Martina Eickhoff
Marga Elser
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich (Mettmann)

Ich sage noch einmal: Diese Regierung übersieht viel- der Bundesregierung bei ihrem Amtsantritt angeboten,
Damit übe ich jetzt keine K
wir uns nicht falsch verstehen
gleich wieder Ablenkungsma
tik an dieser Bundesregierun
reich versagt hat, indem sie e
tiges Management aufzuziehe


(Beifall bei Abgeordn Ich erwarte auch, Herr Mi zur Harmonisierung sagen Länder-Vereinbarung dem d die Zusage gegeben, dass w kümmern werden. Ich würde ren, wie Sie vor dem Hinter EU-Kommission diese Harm chen wollen. ritik an den Firmen, damit , Herr Stolpe, und Sie nicht növer starten. Ich übe Krig, weil sie in diesem Bes versäumt hat, ein vernünfn. eten der CDU/CSU)

nister, dass Sie gleich etwas
. Wir haben in der Bund/
eutschen Verkehrsgewerbe
ir uns um Harmonisierung
jetzt gerne von Ihnen hö-
grund des Wechsels in der
onisierung in Brüssel errei-
Ich bin, Herr Minister, au
mangelnden Aufklärung, die
zu den Korruptionsfällen ge
hinreichend konkret und mus


(Dr. Peter Danckert [S dem Hausha Wir können erwarten, dass S Angaben machen und zweit Sie jetzt wirklich ein effektiv richtet haben, das solche Vor gehend ausschließt. Ich wer hängen, dass Sie nicht darü wichtig ist, dass wir in dieser geschehen ist. Ich glaube, dar einstimmen. ch nicht zufrieden mit der Sie im Verkehrsausschuss geben haben. Sie war nicht s vertieft werden. PD]: Was hat das mit lt zu tun?)

ie erstens dort konkretere
ens deutlich machen, dass
es Kontrollmanagement er-
fälle für die Zukunft weit-
de die Latte nicht so hoch
berspringen könnten. Aber
Frage mehr tun, als bislang
in werden Sie mit mir über-






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Alfred Hartenbach
Michael Hartmann

(Wackernheim)


Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Petra Heß
Monika Heubaum
Gisela Hilbrecht
Gabriele Hiller-Ohm
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Iris Hoffmann (Wismar)

Frank Hofmann (Volkach)

Eike Hovermann
Klaas Hübner
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Dr. h.c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Hans-Ulrich Klose
Astrid Klug
Dr. Bärbel Kofler
Dr. Heinz Köhler
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Rolf Kramer
Anette Kramme
Ernst Kranz
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Dr. Hans-Ulrich Krüger
Angelika Krüger-Leißner
Dr. Hans-Ulrich Krüger
Horst Kubatschka
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Dr. Uwe Küster
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Christine Lehder
Waltraud Lehn
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann
Gabriele Lösekrug-Möller
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Lothar Mark
Caren Marks
Hilde Mattheis
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Petra-Evelyne Merkel
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Ursula Mogg
Michael Müller (Düsseldorf)

Christian Müller (Zittau)

Gesine Multhaupt
Dr. Rolf Mützenich
Volker Neumann (Bramsche)

Dietmar Nietan
Dr. Erika Ober
Holger Ortel
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Karin Rehbock-Zureich
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Christel Riemann-
Hanewinckel

Walter Riester
Reinhold Robbe
René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth (Esslingen)

Michael Roth (Heringen)

Gerhard Rübenkönig
Ortwin Runde
Marlene Rupprecht

(Tuchenbach)


Thomas Sauer
Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)

Gudrun Schaich-Walch
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Horst Schmidbauer

(Nürnberg)


Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt (Meschede)

Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Heinz Schmitt (Landau)

Carsten Schneider
Walter Schöler
Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Wilfried Schreck
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Brigitte Schulte (Hameln)

Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Swen Schulz (Spandau)

Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Erika Simm
Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Christoph Strässer
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
Joachim Stünker
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Hans-Jürgen Uhl
Rüdiger Veit
Simone Violka
Jörg Vogelsänger
Ute Vogt (Pforzheim)

Dr. Marlies Volkmer
Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Andreas Weigel
Petra Weis
Reinhard Weis (Stendal)

Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker

Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Andrea Wicklein
Jürgen Wieczorek (Böhlen)

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Brigitte Wimmer (Karlsruhe)

Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Waltraud Wolff

(Wolmirstedt)


Heidi Wright
Uta Zapf
Manfred Helmut Zöllmer
Dr. Christoph Zöpel
BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Kerstin Andreae
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Cornelia Behm
Birgitt Bender
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Dr. Thea Dückert
Jutta Dümpe-Krüger
Franziska Eichstädt-Bohlig
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Joseph Fischer (Frankfurt)

Katrin Göring-Eckardt
Anja Hajduk
Winfried Hermann
Antje Hermenau
Peter Hettlich
Ulrike Höfken
Thilo Hoppe
Jutta Krüger-Jacob
Fritz Kuhn
Renate Künast
Markus Kurth
Undine Kurth (Quedlinburg)

Dr. Reinhard Loske
Anna Lührmann
Jerzy Montag
Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Friedrich Ostendorff
Simone Probst
Claudia Roth (Augsburg)

Krista Sager
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Albert Schmidt (Ingolstadt)

Werner Schulz (Berlin)

Petra Selg
Ursula Sowa
Rainder Steenblock
Silke Stokar von Neuforn
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Marianne Tritz
Dr. Antje Vogel-Sperl
Dr. Antje Vollmer
Dr. Ludger Volmer
Josef Philip Winkler
Margareta Wolf (Frankfurt)


Nein
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Artur Auernhammer
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms

Ernst-Reinhard Beck

(Reutlingen)


Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Dr. Rolf Bietmann
Clemens Binninger
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Dr. Maria Böhmer
Jochen Borchert
Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Helge Braun
Georg Brunnhuber
Verena Butalikakis
Hartmut Büttner

(Schönebeck)


Cajus Julius Caesar
Manfred Carstens (Emstek)

Peter H. Carstensen

(Nordstrand)


Gitta Connemann
Leo Dautzenberg
Hubert Deittert
Alexander Dobrindt
Vera Dominke
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer (Lübeck)

Georg Fahrenschon
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Enak Ferlemann
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)


Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Jochen-Konrad Fromme
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Roland Gewalt
Eberhard Gienger
Georg Girisch
Michael Glos
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Kurt-Dieter Grill
Reinhard Grindel
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Karl-Theodor Freiherr von
und zu Guttenberg

Olav Gutting
Holger Haibach
Gerda Hasselfeldt
Klaus-Jürgen Hedrich
Helmut Heiderich
Ursula Heinen
Siegfried Helias
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Robert Hochbaum
Klaus Hofbauer
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Peter Jahr
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Steffen Kampeter
Irmgard Karwatzki
Bernhard Kaster

(Bad Dürrheim)


Volker Kauder
Gerlinde Kaupa
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Kristina Köhler (Wiesbaden)

Manfred Kolbe
Hartmut Koschyk
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Michael Kretschmer
Günther Krichbaum
Günter Krings
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn (Zingst)

Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Helmut Lamp
Barbara Lanzinger
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold

(Offenbach)


Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Dorothee Mantel
Erwin Marschewski

(Recklinghausen)


Stephan Mayer (Altötting)

Dr. Conny Mayer (Freiburg)

Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Laurenz Meyer (Hamm)

Doris Meyer (Tapfheim)

Maria Michalk
Hans Michelbach
Klaus Minkel
Marlene Mortler
Dr. Gerd Müller
Stefan Müller (Erlangen)

Bernward Müller (Gera)

Hildegard Müller
Bernd Neumann (Bremen)

Henry Nitzsche
Michaela Noll
Günter Nooke
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Melanie Oßwald
Eduard Oswald
Rita Pawelski
Dr. Peter Paziorek
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)

Katherina Reiche
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Hannelore Roedel
Franz Romer
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe
Albert Rupprecht (Weiden)

Peter Rzepka
Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr. Wolfgang Schäuble
Andreas Scheuer
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Angela Schmid
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt (Fürth)

Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Kurt Segner
Matthias Sehling
Marion Seib
Heinz Seiffert
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Erika Steinbach
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Antje Tillmann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Uwe Vogel
Andrea Astrid Voßhoff
Gerhard Wächter
Marko Wanderwitz
Peter Weiß (Emmendingen)

Gerald Weiß (Groß-Gerau)

Ingo Wellenreuther
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer (Neuss)

Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Elke Wülfing
Wolfgang Zeitlmann
Wolfgang Zöller
FDP
Dr. Karl Addicks
Daniel Bahr (Münster)

Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Christel Happach-Kasan
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Dr. Heinrich L. Kolb
Hellmut Königshaus
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Markus Löning
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)







(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms


Dr. Klaus W. Lippold (CDU):
Rede ID: ID1514222100

Herr Kollege Weißgerber, ich habe sehr klar und deut-


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Traumhaft!)

lich gesagt, dass ich grund
Maut bin. Deshalb wehre ich
stellungen, wie sie gerade wi
sätzlich gegen eine PKW-
mich gegen solche Unter-
eder versucht werden. Wür-
Für Bundesfernstraßen s
veranschlagt. Davon entfalle
investive Ausgaben.
ind 5,522 Milliarden Euro
n 4,61 Milliarden Euro auf
Eberhard Otto (Godern)

Cornelia Pieper
Gisela Piltz

Dr. Andreas Pinkwart
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler

Wir setzen jetzt die Aussprache zum Einzelplan 12
fort. Der nächste Redner ist der Kollege Gunter
Weißgerber von der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Gunter Weißgerber (SPD):
Rede ID: ID1514222200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Dr. Lippold, lautstarke Unterstellungen ersetzen nicht
die redliche Argumentation.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das Wort „PKW-Maut“ habe ich von Ihnen zum ersten
Mal gehört; es ist vorher noch nicht in den Mund ge-
nommen worden.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Doch, von Clement!)


Ihre Sprache ist verräterisch.

(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Nein, der Clement hat das gefordert! – Da guckst du! – Heiterkeit)


– Jetzt war es lautstark Dr. Lippold. Er hat sehr deutlich
mit diesem Gedanken gespielt. Das haben wir alle hier
im Haus gehört.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wie war das mit der redlichen Argumentation?)


Ich komme zu unserem Haushalt. Es ist mit rund
23,25 Milliarden Euro der viertgrößte Einzelplan. Es ist
der größte Investitionshaushalt. Der Anteil der Investi-
tionen im Einzelplan 12 am Gesamtausgabevolumen be-
trägt rund 53 Prozent, 12,3 Milliarden Euro.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514222300

Herr Kollege Weißgerber, erlauben Sie eine Zwi-

schenfrage des Kollegen Lippold?

(Dr. Peter Danckert [SPD]: Der hat doch gerade geredet! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Der kann es wieder nicht lassen!)



Gunter Weißgerber (SPD):
Rede ID: ID1514222400

Na klar.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514222500

Bitte schön, Herr Lippold.
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk

Dr. Guido Westerwelle
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing

den Sie das bitte akzeptieren oder notfalls im Protokoll
nachlesen?


Gunter Weißgerber (SPD):
Rede ID: ID1514222600

Ich lese das gerne im Protokoll nach. Aber die Art,

wie Sie das Thema ins Spiel gebracht haben, hat schon
gewisse Begehrlichkeiten gezeigt. So habe ich es jeden-
falls verstanden.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das ist aber sehr subjektiv, Herr Kollege! – Gegenruf des Abg. Ludwig Stiegler [SPD]: Das ist immer der Empfängerhorizont!)


Die Verkehrsinvestitionen liegen bei rund
10,8 Milliarden Euro. Wenn es nach Koch/Steinbrück
gegangen wäre, dann wären es nur 9,8 Milliarden Euro
geworden. An dieser Stelle muss ich kritisch sagen
– dies geht uns alle an –: Bei den Investitionen sollten
wir uns ein Vorgehen nach Koch/Steinbrück nicht mehr
gefallen lassen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Bis 2007 sind die Verkehrsinvestitionen auf dem
halbwegs gleichen Niveau gesichert.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Na, na!)

Für das Jahr 2008 ist im Moment eine Lücke von
1 Milliarde Euro zu konstatieren. Hier gilt die Zusage
der Bundesregierung, dass diese Lücke geschlossen
wird. Es ist also nicht die Frage, ob sie geschlossen wird,
sondern wie sie geschlossen wird. Wir alle werden daran
mitwirken, dass diese Lücke im Jahr 2008 und auch für
die kommenden Jahre geschlossen sein wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Manfred Grund [CDU/ CSU]: Mut zur Lücke! – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das sind keine Lücken, das sind Abgründe, die sich da auftun!)


Ich komme zu weiteren Teilbereichen des Einzel-
plans.

Zu den Eisenbahnen des Bundes. Die Ausgaben, in-
klusive Bundeseisenbahnvermögen, werden sich auf
9,453 Milliarden Euro belaufen. Die Deutsche Bahn
wird 3,747 Milliarden Euro erhalten. Für die Lärmsanie-
rung an Schienenwegen werden nächstes Jahr 51 Mil-
lionen Euro veranschlagt. Seit 1999 wurden 150 Millio-
nen Euro dafür ausgegeben.






(A) (C)



(B) (D)


Gunter Weißgerber

Zu den Schwerpunkten im Verkehrsbereich. Es geht

um Erhalt, Modernisierung und um Weiterführung lau-
fender Vorhaben wie die Verkehrsprojekte „Deutsche
Einheit“ und Verkehre im Zusammenhang mit der Er-
weiterung der EU. Nachdem die Deutsche Post entschie-
den hat, DHL in Leipzig anzusiedeln, stellt sich für
mich die Frage – es ist ein bisschen unglücklich, dass ich
als Leipziger diese Frage stellen muss; andere Kollegen
könnten diese Frage natürlich auch stellen –: Inwieweit
beabsichtigt die Bundesregierung, das Projekt 8.2, also
die Strecke Erfurt–Leipzig, stärker zu priorisieren?


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Aha! – Zurufe von der CDU/CSU)


An der Entscheidung der Post sieht man deutlich, was
eine hervorragende Infrastruktur zu bewirken vermag. In
Leipzig gibt es einen sehr gut ausgebauten Airport und
eine Messe. Die A 38 und die A 72 befinden sich im
Bau. Eine ICE-Anbindung und den City-Tunnel Leipzig
gibt es schon. All dies und vieles andere mehr haben
dazu geführt, dass die Post so entschieden hat. Das sollte
Vorbild für andere Regionen in Deutschland sein, die In-
frastruktur ähnlich gut auszubauen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Bartholomäus Kalb [CDU/ CSU]: Es muss ja nicht so langsam gehen wie in Berlin!)


– Ja, die Leipziger sind nicht ganz so langsam wie an-
dere. Auch das ist ein Vorteil dieses Standorts.

In diesem Zusammenhang möchte ich der Bundesre-
gierung und allen Beteiligten danken, die zu dieser Ent-
scheidung beigetragen haben. Wir alle stehen in der
Pflicht, dass die Projekte ein Erfolg werden. Wenn die
Lücke an dieser Stelle geschlossen wird,


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Abgründe! Keine Lücken!)


wird die Not in Ostdeutschland ein wenig kleiner. Vielen
Dank an die Vertreter aus den westdeutschen Bundeslän-
dern, die zu diesem Ergebnis beigetragen haben. Das ist
im Interesse des gesamten Landes.

Zur Maut. Die Maut wird pünktlich zum 1. Januar
2005 kommen. Niemand, weder die Opposition noch das
Transportgewerbe, soll auf einen erneuten Fehlstart hof-
fen. Die Technik funktioniert. Wer noch keinen On
Board Unit besitzt, kann sich im Internet, in Callcentern
oder in den Tankstellen einloggen, was alles zeitaufwen-
diger als die OBU-Nutzung sein wird. Deshalb mein Ap-
pell an die Transportbranche: Nutzen Sie die Zeit und
lassen Sie Ihre Fahrzeuge mit den OBUs bestücken!

Mit dem Funktionieren der Maut ab 2005 haben wir
natürlich die Verluste aus den mautverpatzten Jahren
2003/2004 noch lange nicht bereinigt. Hier läuft das
Schiedsverfahren. Herr Kollege Lippold, Sie sprachen
bereits diese Thematik an.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das wird ja ein immer größeres Märchenbuch, was Sie hier erzählen! Es wird immer schlimmer!)

Diesbezüglich kann ich der Opposition nur Nachdenk-
lichkeit über die nächsten Schritte anraten. Natürlich
juckt es einer Opposition in den Fingern, mittels eines
Untersuchungsausschusses oder durch die Veröffentli-
chung dieses Berichtes die Regierung zu brandmarken,
um daraus eigene Vorteile zu ziehen. Das gehört zu dem
Spiel, an dem wir alle teilnehmen. Doch könnte dieser
fragwürdige Vorteil einen überaus großen Nachteil für
die Einnahmen des Bundes und hier besonders für des-
sen Investitionsmöglichkeiten nach sich ziehen.

Jedes noch so unsachliche Argument der Opposition
im möglichen Untersuchungsausschuss, mit dem die Re-
gierung der Fehlerhaftigkeit bezichtigt werden soll, wird
zum Argument von Toll Collect im Schiedsverfahren.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Keine Legendenbildung!)


Da auch für die Opposition das Wohlergehen des Ge-
meinwesens über einem parteitaktischen Vorteil stehen
sollte, wäre sie gut beraten, erst das Schiedsverfahren
abzuwarten. Auch danach lassen sich noch Gründe für
einen Untersuchungsausschuss finden. Das bleibt Ihnen
unbenommen; das können Sie weiterhin tun. Aber Sie
sollten nicht von vornherein das Schiedsverfahren beein-
flussen. Für uns stehen wichtige Einnahmen auf dem
Spiel. Sie sollten mit dafür sorgen, dass diese Einnah-
men fließen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zum Transrapid. Rot-Grün hält Wort. Wir bringen
etwas fertig, was Sie während Ihrer Regierungszeit nicht
fertig gebracht haben.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wo denn? – Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Es ist wie im Kabarett!)


Die innovativen Technologien sind bei uns in guten Hän-
den. Für die Weiterentwicklung des Transrapid, für das
WEP-Programm in Kassel, stehen im nächsten Jahr
57 Millionen Euro bereit, insgesamt rund 178 Millionen
Euro. Dafür gibt es eine Vereinbarung: Die Industrie
wird Forschungsgelder in Höhe von 100 Millionen Euro
zurückzahlen, sobald die ersten Lizenzverkäufe getätigt
worden sind. Ich denke, das ist eine redliche Vorgehens-
weise und eine wichtige Abmachung.


(Beifall des Abg. Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das WEP-Programm wird keine Umwegfinanzierung
für München sein; dahin gehend geäußerte Bedenken
sind nicht sachlich. Die Weiterentwicklung dient der
Weltmarktfähigkeit dieser Technologie im Nah- und
Fernverkehr. Wir wollen sie natürlich weltweit verkau-
fen.

Wir stehen zum bayerischen Projekt. Nun ist aller-
dings Bayern am Zuge.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ach was!)

Die bis in den Sommer hinein geführten Diskussionen,
dass dies ein Bundesprojekt ist, waren der Sache nicht






(A) (C)



(B) (D)


Gunter Weißgerber

dienlich. Es ist eindeutig ein Länderprojekt, so wie auch
der Metrorapid in NRW ein Länderprojekt war, an dem
sich natürlich der Bund beteiligen wollte.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Was ist daraus geworden?)


– Die Entscheidung, dass er nicht gebaut wird, ist doch
okay.


(Lachen des Abg. Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP])


Wir werden zu dem bayerischen Projekt stehen. Die
Bayern sind jetzt am Zug und müssen ein Gesamtkon-
zept vorlegen. Wir jedenfalls haben für das nächste Jahr
weitere 15 Millionen Euro eingestellt. Das hat uns übri-
gens von Ihrer Seite niemand zugetraut. In diesem Zu-
sammenhang habe ich große Hochachtung vor meinen
Kollegen von den Grünen. Die haben ganz andere Pro-
bleme damit und stehen dazu.


(Beifall bei der SPD)

Wir haben einen neuen Titel eingeführt: „Innovative

Mobilitätskonzepte“. Dabei geht es um die Konzentrie-
rung der Forschungsmittel hinsichtlich der neuen Anfor-
derungen an die Mobilität. 1,8 Millionen Euro sind für
2005 eingestellt.

Wir haben die Anschubfinanzierung für das Mittel-
osteuropazentrum sichergestellt. Damit haben wir eine
weitere Verabredung in der Koalitionsvereinbarung er-
füllt. Die ersten 1,5 Millionen Euro werden aus dem
Einzelplan 12 finanziert, die Mittel für die Folgejahre
aus dem Einzelplan 30. Die Entscheidung, an welchem
Standort es entstehen soll, ist noch offen. Es bewerben
sich Brandenburg und Sachsen. Die Verhandlungen sind
im Gang. Wir werden sehen. Es ist logisch, wofür ich
werbe.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Dann lassen Sie uns mal raten! Das fällt uns nicht ein!)


Aber das haben wir heute nicht zu entscheiden.
Etwas Kritisches zum Einzelplan 12. Für die Sicher-

heit der Bundesbehörden haben wir rund 38 Millionen
Euro in den Einzelplan 12 einstellen müssen. Das ist an
und für sich eine Aufgabe, die im Einzelplan 06 finan-
ziert werden muss. Es muss eine einmalige Angelegen-
heit bleiben, dass dies in 2005 im Einzelplan 12 finan-
ziert wird.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ihr habt doch die Mehrheit im Haushaltsausschuss! Warum macht ihr so einen Stuss?)


Ab 2006 gehört das in den Einzelplan 06.
Abschließend meinen Dank an die Kollegen im

Haushaltsausschuss, an die Kollegen in den mitbearbei-
tenden Ausschüssen und an die Mitarbeiter im Bundes-
ministerium. Es waren gute Beratungen. Wir haben die
Grundlagen für einen Haushalt gelegt, der Investitionssi-
cherheit in sich birgt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514222700

Das Wort hat jetzt der Kollege Horst Friedrich von

der FDP-Fraktion.


Horst Friedrich (FDP):
Rede ID: ID1514222800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kollege Weißgerber, ich kann Ihre Rede nur in den
Zeithorizont des nahenden ersten Advents einordnen.
Sie beinhaltete mehr Wunsch als Wirklichkeit. Bei eini-
gen Aussagen habe ich mich vor allen Dingen gefragt:
Sie haben die Mehrheit im Haushaltsausschuss. Warum
beschließen Sie das, was Sie hier vortragen, nicht?


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Sie könnten es beschließen; aber Sie müssten es auch
wirklich wollen. Das eigentliche Problem ist: Sie wollen
es nicht.

Den Haushalt muss man, sehr verehrter Herr Minister
Stolpe, vor diesem Hintergrund sehen. Es ist ähnlich wie
der in 2002, der in 2003 und der in 2004 ein Haushalt,
der ein Wolkenkuckucksheim aufbaut, der hinter dem
zurückbleibt, was Sie selbst wollen, und der vor allen
Dingen – das ist das eigentlich Schlimme – noch nicht
einmal wirklich belastbar finanziert ist. Wenn es nicht so
traurig für die deutsche Infrastruktur, den Verkehrswege-
bau und den Standort Deutschland wäre, könnte man wie
Freddie Frinton anlässlich des 90. Geburtstags sagen:
„Same procedure as every year.“

Wenn Sie sich an Ihren eigenen Aussagen messen las-
sen würden, dann könnten Sie nicht mehr ruhig schlafen.
Sie haben gesagt, die Maut werde am 1. Januar 2005
eingeführt. Das wollen wir Ihnen glauben. Nur, wie ha-
ben Sie das Mautgesetz umgesetzt? § 11 legt fest – dies
ist auch von Ihnen unterschrieben worden –: Die Maut-
einnahmen sind zusätzlich im Verkehrsetat zu investie-
ren. Was machen Sie? Sie ersetzen bisherige Steuermit-
tel durch Mauteinnahmen. Diese bekommen Sie dann
nicht mehr.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Wir ersetzen Mauteinnahmen durch Steuermittel!)


Herr Kollege Stiegler, die Bundesregierung bestätigt auf
eine Kleine Anfrage von uns, dass die nicht vorhandenen
Mautmittel, die Sie übrigens schon im Haushaltsplan
2003 eingestellt hatten, in den Jahren 2003 bis 2005 im
Einzelplan 12 zusätzlich erwirtschaftet werden.

Sie haben 2004 den Trick gemacht, dass Sie die
Mauteinnahmen eingeplant haben, praktisch aber waren
sie nicht vorhanden. Das Ergebnis war: Der Finanzmi-
nister hat sie Ihnen vorfinanziert. Er wird jetzt, wenn die
Mauteinnahmen tatsächlich fließen – in einem viel zu
geringen Umfang, um das auszugleichen, was notwendig
ist –, die Hand aufhalten.

Im Vermittlungsausschuss hatten wir ein klares Er-
gebnis. Sie haben es nicht umgesetzt. Das ist Ihr Ver-
schulden und nicht das der Opposition.


(Lachen bei der SPD)







(A) (C)



(B) (D)


Horst Friedrich (Bayreuth)


– Lesen Sie § 11 ABMG in der Beschlussempfehlung
des Vermittlungsausschusses nach. Dann werden Sie se-
hen, wo Mittel fehlen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Uwe Beckmeyer [SPD]: Gut, dass Sie nur fünf Minuten Redezeit haben, sonst würden Sie noch mehr Unsinn reden!)


– Ach, Herr Kollege Beckmeyer, ich kann auch in fünf
Minuten Wahrheiten sagen.

Das nächste Thema ist die Bahn. Was wurde hier für
ein Popanz aufgeblasen! Der Kollege Weißgerber fängt
wieder mit dem berühmten Projekt 8.2 an; das ist die
ICE-Strecke Nürnberg–Erfurt. Ich habe damit keine Pro-
bleme. Die Probleme haben Sie in Ihrer eigenen Fraktion
und mit Ihrem Koalitionspartner, den Grünen.

Im Übrigen haben Sie gesagt, dass Sie mehr investie-
ren wollen. Ich habe mir Ihre Mittelfristplanung für die
Schiene angesehen. Im Jahr 2007 sind wir bei
2,9 Milliarden Euro, wenn es bei den Planungen bleibt.
Eingedenk der Tatsache, dass selbst die Bahn jetzt öf-
fentlich zugeben musste, dass der wirtschaftliche Effekt
und der Schwung, die man sich ab 2004 versprochen
hatte, offensichtlich nicht kommen und vielleicht irgend-
wann 2009 stattfinden, ist zu befürchten, dass sich das,
was jetzt funktioniert, nämlich das Absenken des Inves-
titionsniveaus der Bahn auf den Level des Jahres 2000
– es wird von Ihnen nicht ausreichend erkannt –, fort-
setzt. Dann haben wir in diesem Bereich ein Problem.

Sie haben es selbst bei Investitionsansätzen von
6,5 Milliarden Euro in den letzten zwei Jahren nicht ge-
schafft, die ICE-Strecke 8.3 zu finanzieren.


(Zuruf von der SPD: Die Strecke 8.3 ist fertig!)


Wie wollen Sie denn die Summe für die Verkehrswege-
planung der Bahn im Jahr 2007 erreichen, wenn Sie
selbst nur 2,9 Milliarden Euro ansetzen und – nach über-
einstimmender Aussage sowohl der Bahn als auch aller
fachkundigen Politiker – davon 2,5 Milliarden Euro al-
lein für den Erhalt des Bestandsnetzes benötigen? Diese
Frage müssen Sie irgendwann beantworten. Das Wol-
kenkuckucksheim im Jahr 2007 – wir hoffen darauf,
dass die Bundesregierung irgendwo 1 Milliarde findet –
glaubt Ihnen doch niemand mehr ernsthaft, Herr Kollege
Weißgerber, und schon gar nicht mehr Ihnen, Herr Mi-
nister, angesichts des Haushalts, den Sie vorgelegt ha-
ben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ich will auf einen Brief Ihrer Staatssekretärin an den

Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses im
Zusammenhang mit der Qualität der Straßen eingehen.
Die Regierung selbst schreibt:

Um langfristig zumindest den derzeitigen Qualitäts-
standard auf Bundesstraßen zu halten und für Auto-
bahnen leicht zu verbessern, sind nach der Pro-
gnose insgesamt jährlich 5,6 Milliarden Euro zu-
sätzlich für Erhaltung erforderlich. Hierzu ist eine
kurzfristige Steigerung der Erhaltungsausgaben be-
reits ab 2004 um jährlich bis zu 700 Millionen not-
wendig.

Das ist Ihre eigene Aussage. Wo bleibt die Umsetzung
dessen im Haushaltsplan? Uns brechen die Infrastruktu-
ren flächendeckend weg. Sie reagieren nicht. Die einzi-
gen Konstanten dabei sind, dass der Autofahrer in Ihrer
Regierungszeit mit knapp 20 Milliarden Euro zusätzlich
belastet wird und dass die Infrastruktur verfällt.

Das heißt, alles, was Sie hier vorlegen, sind Annah-
men, Wolkenkuckucksheim oder vielleicht ein frommer
Wunsch, aber nicht Realität und schon gar keine Reak-
tion auf den Zustand der Straßeninfrastrukturen. Deswe-
gen, Herr Minister, müssen wir Ihren Haushalt leider
Gottes mit großer Überzeugung ablehnen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1514222900

Das Wort hat jetzt die Kollegin Franziska Eichstädt-

Bohlig vom Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als
Erstes möchte auch ich für die gute Zusammenarbeit
Dank sagen, einmal in Richtung des Ministeriums. Alle
formellen und informellen Arbeitsstufen, die wir jeweils
hatten, haben dieses Jahr gut funktioniert. Es war nicht
immer einfach. Mein Dank geht auch an all die Kollegen
Berichterstatter – ich glaube, außer mir sind sie wirklich
alle männlich –, insbesondere aber auch an unseren
Hauptberichterstatter, den Kollegen Kalb, für die kon-
struktive Art, auch wenn wir inhaltlich oft Dissens ha-
ben. Aber die Art unserer Zusammenarbeit ist sehr posi-
tiv.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Als Zweites muss ich den Kollegen Friedrich aufru-
fen. – Ich bin erstaunt, dass sich die FDP-Haushälter bei
seiner Rede offenbar schlicht zurückgezogen haben. Sie
haben sich wohlweislich schon vorher verdrückt. –


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Sie sind noch immer mehr als die Grünen!)


Denn es war eine typische Rede: Ein Fachpolitiker stellt
seine Weihnachtswünsche in den Raum, während die
Haushaltspolitiker nur von Konsolidierung sprechen.
Die FDP hat mit großem Vergnügen an allen möglichen
Stellen – mal sinnvoll, mal völlig unsinnig – gestrichen
und gekürzt. Aber der Kollege Friedrich sagt, was er sich
alles Schönes vorstellen könnte, wenn der Verkehrshaus-
halt zusätzlich zu den Mauteinnahmen noch riesige
Pfründe bzw. Milliarden vergeben könnte. Sagen Sie
doch konkret und besprechen Sie mit den Kollegen
Pinkwart und Koppelin, woher Sie das Geld nehmen
würden, lieber Kollege!


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Ich habe lediglich den § 11 des Mautgesetzes eingefordert, Frau Kollegin!)







(A) (C)



(B) (D)


Franziska Eichstädt-Bohlig

Ich finde schon, dass man da Tacheles reden sollte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Leugnen Sie doch nicht den Gesetzesbruch! – Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Sie haben doch das Gesetz mit beschlossen, oder?)


Die CDU/CSU hat ihrerseits einen Versuch gemacht
und Volumina zwischen 150 und 350 Millionen Euro auf
die Wasserstraßen-, Bundesfernstraßen- und Bahninves-
titionen aufgesattelt. Dazu muss ich leider sagen: Auch
Sie haben die Kürzungen, die Sie im Gegenzug vorge-
nommen haben, ziemlich irrational und willkürlich über
die verschiedenen Haushalte verteilt –


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Gar nicht wahr!)


in einer Form, mit der man schlicht nicht arbeiten kann.
Wäre es möglich, hätten wir es selbst gemacht.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Hahaha! Erst einmal darauf kommen!)


Denn wir sind weiß Gott daran interessiert, die Investi-
tionen zu stärken und die konsumtiven Ausgaben so
schlank wie möglich zu gestalten.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)


Aber wir wollen unsere Ministerien nicht kaputtsparen
und können es auch nicht. Viele Verpflichtungen, die
man so einfach nicht kürzen kann, habt ihr einfach weg-
gekürzt. Das muss man schon zugeben.

Ich halte es angesichts des Konsolidierungsdrucks
wirklich für eine sehr große Leistung, dass es überhaupt
gelungen ist, die Bahninvestitionen bei 3,7 Milliarden
Euro, die Investitionen in Bundesfernstraßen bei 4,6 Mil-
liarden Euro und die Investitionen in Bundeswasserstra-
ßen bei 624 Millionen Euro zu halten.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Falsch! Das stimmt doch in der Realität gar nicht!)


Ich sage aber gleich in Richtung der Bahn AG und
des Vorsitzenden Mehdorn: Wir möchten nicht, dass die
Anstrengungen, die wir unternommen haben, um die In-
vestitionen bei der Bahn sowohl in der Bestandssiche-
rung und der Bestandserneuerung als auch im weiteren
Ausbau des Schienennetzes zu stärken, von der Bahn
selbst konterkariert werden. Wir sehen mit großer Sorge,
was heute in den Zeitungen steht. Es darf nicht passie-
ren, dass die Bahn sich selbst in einen Schwächezustand
wegspart. Wir sehen an der Situation, dass der Börsen-
gang in der Form, in der er zunächst angegangen wurde,
eine Illusion war.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Willkommen im Klub, Frau Kollegin! Haben Sie es auch schon eingesehen?)


– Was heißt „Haben Sie es schon eingesehen?“? Wir ha-
ben gemeinsam daran gearbeitet, das ein Stück weit zu
verschieben. Wir kennen uns im Klub ganz gut, Kollege
Friedrich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich muss an dieser Stelle noch etwas Kritisches in
Richtung Ministerium sagen.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

Ich warte darauf, dass wir endlich das Reformkonzept
für die Bundeswasserstraßenverwaltung bekommen. Wir
haben es angefordert. Wir haben den Rechnungshofbe-
richt dazu. Wir möchten hier konkrete Schritte sehen –
mehr als die Behauptung, wenn die berühmten
1,5 Prozent Stellenabbau vollzogen würden, sei das
schon ein Reformkonzept.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wie viele Stellen sollen denn bei der WSV weg?)


Hier ist das Ministerium uns konkrete Schritte schuldig.

(Beifall des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])

Genauso muss das Prioritätenkonzept für die Wasser-

straßen beigebracht werden. Es ist im Kabinett schon be-
schlossen worden. Es geht nicht, dass bei den Wasser-
straßen riesige Volumina im Bedarfsplan stehen, aber bei
gegebenem Geldvolumen nur kleine Schritte gemacht
werden können und die Mittel überall verkleckert wer-
den. Das hat keinen Zweck. Hier muss es endlich ein
Prioritätenkonzept geben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Den Kompromiss zum Transrapid, den wir geschlos-
sen haben, hat mein Kollege Weißgerber sehr richtig ge-
schildert. Wir Grünen stehen zu diesem Kompromiss.
Wir erwarten aber auch, dass hart daran gearbeitet wird,
dass die jetzt zusätzlich bereitgestellten 75 Millionen
Euro – teils im kommenden Jahr, teils als Verpflich-
tungsermächtigung – zurückgezahlt werden, wenn es zur
Anwendung kommt – auf Heller und Pfennig.

Noch eine Bemerkung zum Thema Maut. Natürlich
ist es uns allen sehr wichtig – hier sind Koalition und
Opposition in einem Boot –, dass die Maut nicht nur
pünktlich, sondern auch in einer stimmigen Form startet.
Ich sehe allerdings mit großer Sorge, dass offenbar viele
Unternehmen meinen, die Mautregelung unterwandern
und sich davor drücken zu können, indem sie sich keine
OBUs einbauen lassen, sondern sich darauf verlassen,
dass man bei ihnen nicht kassieren wird. Daher glaube
ich, es wird sehr wichtig sein, dass vom ersten Tag an
systematisch kontrolliert wird, damit gar nicht erst das
Gefühl aufkommt, man müsse das Mautsystem nicht
ernst nehmen. Ich glaube, darauf sind wir alle angewie-
sen.

Wenn ich die Diskussionen der letzten Wochen richtig
verstanden habe, arbeitet das Ministerium mit Toll Col-
lect zusammen – darüber können wir uns, wie sowohl
die Debatte am Mittwoch als auch andere Gespräche ge-
zeigt haben, gar nicht beschweren – und geht das Thema
in diesem Sinne an. Ich hoffe, dass das ein Erfolg wird
und sich alle daran gewöhnen, dass die LKW-Maut ernst






(A) (C)



(B) (D)


Franziska Eichstädt-Bohlig

zu nehmen ist. Mehr möchte ich zu diesem Thema nicht
sagen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Nun noch eine Bemerkung zum Verkehrsbereich. Vor
dem Hintergrund dieses sehr großen Etats haben wir in
den Baransatz des Forschungsbereichs „Innovative Mo-
bilitätskonzepte“ in geringem und bescheidenem Um-
fang – dennoch ist das sehr wichtig – 1,8 Millionen Euro
eingestellt. Die Verpflichtungsermächtigung hat eine
Höhe von 2 Millionen Euro.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)

Es ist uns sehr wichtig, dass insbesondere der städtische
Verkehr und der Regionalverkehr durch Multimodalität
und die Vernetzung mit ÖPNV-Angeboten modernisiert
werden. Hier sind Innovationen notwendig. Wir wollen
zum Beispiel, dass Car Sharing zu einem normalen In-
strument wird. Hier gibt es viele kleine Baustellen.

Dennoch ist es sehr wichtig, dass diese Innovationen
durch die Verkehrspolitik des Bundes vorangetrieben
werden. Ich wünsche mir, dass die Anstrengungen in
diesem Bereich in Zukunft deutlich verstärkt werden.
Denn wir müssen daran arbeiten, dass der private Stadt-
und Regionalverkehr öffentlicher und der öffentliche
Stadt- und Regionalverkehr ein Stück weit privater wird;
denn sonst kommen wir mit den gegebenen Siedlungs-
strukturen nicht klar. Dann können wir nicht, wie es
heute der Fall ist, gleichzeitig Maßnahmen in den Berei-
chen ÖPNV und IV bezahlen. Hier gibt es viele Ideen,
die noch anwendungsreif werden müssen. Daran muss
gearbeitet werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Lassen Sie mich noch ein paar Takte zum Baubereich
sagen, der gegenüber dem dominanten Verkehrsbereich
zumeist etwas vernachlässigt wird. Zunächst bedanke
ich mich dafür, dass es geglückt ist, 25 Prozent der im
vorigen Jahr beschlossenen 30-Prozent-Kürzung der
Mittel für die Eigenheimzulage in den Etat einzustellen.
Daran haben eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen
sehr hart gearbeitet. Das ist ein ganz wichtiger Beitrag
zur Stabilisierung des Bauetats; denn wir mussten die
Kürzungen, die sich aus dem Koch/Steinbrück-Papier er-
geben, gegenrechnen. Diesen Bereich konnten wir nur
durch den Aufwuchs aus der Kürzung der Eigenheimzu-
lage stabilisieren.

Darüber hinaus haben wir es geschafft – das ist ein
Punkt, den wir alle nicht sehr mögen; aber er ist nötig –,
die Mittel für die Altschuldenhilfe um 200 Millionen
Euro aufzustocken, damit die ostdeutsche Wohnungs-
wirtschaft angesichts ihrer Probleme mit dem Stadtum-
bau ihre Bilanzen von Altschulden entlasten kann. Das
ist ein notwendiger Schritt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir hätten diese Mittel zwar lieber investiv eingesetzt,
aber es handelt sich nun einmal um Altlasten, die wir ge-
meinsam tragen müssen.
Ebenfalls ist es gelungen, die Mittel für die Städte-
bauförderung, den Stadtumbau und für das Programm
„Soziale Stadt“ stabil zu halten. Ich füge aber gleich
hinzu: Im nächsten Jahr muss daran gearbeitet werden,
die Folgen der im Koch/Steinbrück-Papier zurzeit kalku-
latorisch vorgesehenen Kürzungen zu kompensieren;


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Aber die hat der Bundestag doch mitbeschlossen!)


denn sonst geht es mit diesem Bereich bergab. Das kön-
nen wir uns allerdings nicht leisten. Angesichts des
demographischen Wandels, des Wandels des Lebens-
standards und des Lebens in den Städten und Regionen
muss viel getan werden, damit sich die Situation in unse-
ren Innenstädten stabilisiert. Unsere Städte müssen be-
wohnbar, lebenswert und zukunftsfest gemacht werden.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Ich wünsche mir, dass alle Beteiligten – ob mit oder
ohne Eigenheimzulage; das habe ich schon an anderer
Stelle gesagt –


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

dieses Ziel aktiv unterstützen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Wir haben im Sinne der sehr engagierten Vorschläge
der Expertenkommission „Wohnungsgenossenschaften“
einen ganz kleinen Baustein zur Stärkung der Woh-
nungsgenossenschaften hereingenommen. Wir wollen,
dass die Innovation und die Modellhaftigkeit der Woh-
nungsgenossenschaften als eine moderne Wohnform, die
zwischen Eigentum und Miete steht, betont werden.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Last not least das Wichtigste – das war der härteste
Brocken –: Die Verpflichtungsermächtigung über
160 Millionen Euro für das KfW-Förderprogramm
„Niedrigenergiehaus im Bestand“ war im Kabinettsent-
wurf verschwunden, sie war weggekürzt worden. Wir
wissen bis heute noch nicht, welches Ministerium wel-
chen Anteil daran hatte; aber wir waren schon sehr ver-
ärgert. Wir freuen uns besonders, dass es gelungen ist,
die Verpflichtungsermächtigung für dieses für Investi-
tionen, für Umwelt und Arbeit, für den Klimaschutz und
den kommenden Gebäudeenergiepass so wichtige Pro-
gramm wieder vorzusehen. Ich bedanke mich bei allen,
die daran mitgewirkt haben; da muss ich hauptsächlich
nach links schauen; ich weiß nicht, ob es rechts über-
haupt jemanden interessiert hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Die beiden Ministerien werden im kommenden Jahr
hart daran arbeiten müssen, diese Verpflichtungsermäch-
tigung im nächsten Kabinettsentwurf konkret abzusi-
chern.

Das ist das Wichtigste, was ich darstellen wollte. Jetzt
noch ein Schluck Wasser in den Wein: Wir mussten die
globale Minderausgabe in Höhe von 244 Millionen






(A) (C)



(B) (D)


Franziska Eichstädt-Bohlig

Euro akzeptieren. Ich bitte das Ministerium sehr ein-
drücklich, so viel wie möglich davon im konsumtiven
Bereich einzusparen; auch darüber haben wir schon in-
tensiv diskutiert. Es wird sich nicht ganz vermeiden las-
sen, auch bei den investiven Ausgaben einiges einzuspa-
ren.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Sie wissen doch, dass das nicht funktioniert! Da brauchen Sie nicht zu reden! Das hat noch nie funktioniert!)


– Ach, Kollege Fischer, unterschätzen Sie nicht das Inte-
resse des Ministeriums, investive Mittel zu sichern.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514223000

Frau Kollegin!

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich wollte das nur noch einmal deutlich sagen und in

dem Sinn bedanke ich mich bei allen für die Zusammen-
arbeit und hoffe, dass dieser Etat im nächsten Jahr in ei-
ner guten Form umgesetzt wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514223100

Frau Kollegin, ich wollte Sie nur vor der Versuchung

bewahren, sich in einen Dialog mit dem Kollegen
Fischer zu begeben, der ohnehin später das Wort erhält.

Zunächst erhält der Kollege Bartholomäus Kalb für
die CDU/CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bartholomäus Kalb (CSU):
Rede ID: ID1514223200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Der Verkehrsetat ist der Hauptleidtragende der
dramatischen finanziellen Entwicklung in der Bundesre-
publik Deutschland. Es ist für den Finanzminister offen-
bar am leichtesten, zulasten von Investitionen vorzuge-
hen, bei investiven Ausgaben zu kürzen. Das ist für ihn
viel bequemer, als sich an andere schwierigere Themen-
felder zu wagen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Investitionsquote dieses Bundeshaushalts hat ei-
nen historischen Tiefstand erreicht – nicht einmal mehr
9 Prozent.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Das reicht hinten und vorne nicht aus, um auch nur die
Substanz zu erhalten.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das ist ein Skandal!)


Wir haben einen dramatischen Substanzverlust bei unse-
ren Verkehrswegen, bei unserer Verkehrsinfrastruktur zu
verzeichnen.

(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Wir leben von der Substanz!)


Damit wird ein wichtiger, immer noch sehr positiver
Standortfaktor Deutschlands weiter infrage gestellt. Laut
den Angaben der Bundesregierung – so der Informa-
tionsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft – sind
gerade acht von zehn Autobahnkilometern uneinge-
schränkt befahrbar, bei den Bundesstraßen sogar weni-
ger als 70 Prozent.

Wir wissen – darauf ist vorhin schon hingewiesen
worden –, dass der Verkehr, insbesondere der Güterver-
kehr, infolge des europäischen Einigungsprozesses dra-
matisch zunehmen wird, in einigen Korridoren – so Ihre
eigenen Prognosen, Herr Bundesminister – um mehrere
100 Prozent. Zugleich geht der Umfang der Verkehrsin-
vestitionen dramatisch zurück. Vorhin hat Kollege
Friedrich schon darauf hingewiesen, dass die zusätzli-
chen Einnahmen aus der Maut, die einmal fest zugesagt
waren, eben nicht ordnungsgemäß verwendet werden,
wie es § 11 des Mautgesetzes vorschreibt: Nach Abzug
der Erfassungskosten sollten diese Mittel zusätzlich dem
Verkehrshaushalt zugeführt werden und in vollem Um-
fang zweckgebunden, für die Verbesserung der Ver-
kehrsinfrastruktur, überwiegend für den Bundesfernstra-
ßenbau, verwendet werden.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: So sollte es sein!)


So ist das einmal beschlossen worden. Davon kann heute
keine Rede mehr sein.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Mit den Stimmen von Rot-Grün!)


Ich stelle nur den Vergleich mit dem Jahr 2003 an.
2004 war wegen der eingeplanten, aber nicht eingegan-
genen Mautmittel etwas anormal. Im Jahre 2003 waren
die Investitionen für Verkehrswege höher, als sie 2005
sein werden, obwohl wir für das Haushaltsjahr 2005 auf-
grund der Mauteinnahmen 3 Milliarden Euro brutto zu-
sätzlich eingeplant haben.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Unglaublich! – Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das ist ja das Hexen-Einmaleins!)


Das widerspricht allen Vereinbarungen und auch allen
Zusagen, die irgendwann gegeben wurden. Viele – auch
ich – hoffen ja, dass die Maut ab dem 1. Januar 2005
ohne Probleme erhoben werden kann.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Wir glauben es nicht!)


Ich glaube es aber nicht.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Ludwig Stiegler [SPD]: Ungläubiger Thomas!)

Ich fürchte große organisatorische Probleme und infol-
gedessen auch erhebliche Ausfälle bei den Einnahmen.
Wenn es stimmt, dass bis zum 1. Januar 2005 nur
250 000 OBUs zur Verfügung stehen werden, dann ist
das Chaos vorprogrammiert.


(Beifall des Abg. Dietrich Austermann [CDU/ CSU])







(A) (C)



(B) (D)


Bartholomäus Kalb

Da helfen dann auch die Terminals und die Einbu-
chungsmöglichkeit über das Internet nichts. Hier sind
wir bereits wieder in Verzug. Ich sage Ihnen: Man hat
auch im letzten Jahr nicht geglaubt, dass es nicht so ohne
weiteres funktioniert. Ich hoffe es nicht, aber ich be-
fürchte es.

Wir brauchen bei den Investitionen eine Verstetigung,
eine Verstärkung und eine Verlässlichkeit. Man kann da-
mit nicht so umgehen wie mit der Bahn und mit den
Schieneninvestitionen. Zuerst konnten die Mittel nicht
abgerufen werden, dann hat man die Planungskapazitä-
ten aufgebaut und jetzt stellt man die Mittel nicht mehr
zur Verfügung. Wenn man sich die mittelfristige Finanz-
planung anschaut, dann erkennt man, dass es an Drama-
tik nicht mehr zu überbieten ist.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Sehr wahr!)


Während 2003 noch 4,5 Milliarden Euro an Investitions-
mitteln für die Schiene zur Verfügung gestellt wurden,
werden es 2008 nur noch 2,3 Milliarden Euro sein. Das
kann und darf nicht so bleiben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich rede jetzt nicht über Schiene und Betrieb oder den

Börsengang usw. Ich sage nur: Wir müssen zusehen,
dass der Verkehrsträger Schiene und die DB AG als Un-
ternehmen wettbewerbsfähig sein und den Wettbewerb
in der Zukunft bestehen können. Das gilt einerseits in
der Konkurrenz zu anderen Verkehrsträgern, anderer-
seits aber auch in der Konkurrenz zu europäischen und
nicht nur nationalen Wettbewerbern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch das
Thema Wasserstraßen verdient es, besser gewürdigt zu
werden. Den Binnenwasserstraßen kommt eine größere
Bedeutung zu, als dies hier allgemein gedacht wird.
Auch auf diesem Gebiet haben wir aber nicht mehr so
viel Geld, dass wir uns ideologisch motivierte Fehlpla-
nungen leisten können, wie zum Beispiel an der Donau
und anderswo. In Zeiten knapper Kassen müssen wir
prüfen, was erforderlich ist. Das gilt auch für die Stan-
dards und die Anforderungen an die Unternehmen, die
am Wettbewerb teilnehmen und sich an Ausschreibun-
gen beteiligen. Dies alles muss überprüft werden, sodass
wir das wenige Geld, das noch zur Verfügung steht, effi-
zient einsetzen können.


(Beifall des Abg. Dietrich Austermann [CDU/ CSU] sowie der Abg. Franziska EichstädtBohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir müssen auch die Chancen nutzen – das ist vorhin
schon gesagt worden –, mehr privates Kapital für
Verkehrsinvestitionen zu mobilisieren. Vorhin ist
ebenfalls schon angedeutet worden, dass auch die Mög-
lichkeiten besser genutzt werden müssen, die mit
der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft ur-
sprünglich geschaffen werden sollten. Es ist nicht damit
getan, dass man zwei verschiedene Buchungskreise ein-
führt.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Man muss das Gesetz ändern!)


– Na ja, gut.
Ich will noch auf ein weiteres Thema zu sprechen
kommen. In diesen Tagen war wieder viel von Innova-
tionen die Rede. Innovation heißt aber nicht nur erfor-
schen und entwickeln, sondern auch zur Anwendung
bringen. Das Produkt muss hier und zum Vorteil unseres
Landes zur Anwendung gebracht werden. Der Transra-
pid wird ein Beispiel dafür sein, ob wir es wollen und ob
wir es schaffen, eine mit unseren Steuergeldern bei uns
neu entwickelte Technologie zur Anwendung zu brin-
gen. Ich bin der Überzeugung, dass wir es schaffen kön-
nen. Mit dem Projekt München werden wir es schaffen,
diese Technologie in Deutschland zur Anwendung zu
bringen und damit die internationale Marktfähigkeit in
breitem Umfang herzustellen. Der bayerische Staats-
minister Dr. Wiesheu bemüht sich mit allem Nachdruck
– ich sage dazu: gemeinsam mit Ihnen, Herr Bundesmi-
nister, und in enger Abstimmung mit Ihrem Hause – da-
rum, dass dieses Projekt vorankommt. Dies ist wahr-
scheinlich die letzte Chance, diese Technologie in
Deutschland zur Anwendung zu bringen. Wer die Inno-
Trans-Messe besucht hat, hat gesehen, wie sich bereits
andere asiatische Länder, nicht nur China, darum bemü-
hen, diese Technologie aufzugreifen und weiterzuentwi-
ckeln.

Bei allen sonstigen Meinungsverschiedenheiten und
Streitpunkten freue ich mich, dass im Haushaltsausschuss
einvernehmlich dafür Sorge getragen werden konnte,
dass kein Fadenriss entsteht. Ich stehe nicht an, mich
beim Kollegen Weißgerber namentlich und bei allen
Mitberichterstatterkolleginnen und -kollegen für diese
gute Zusammenarbeit herzlich zu bedanken, die vorhin
schon angesprochen worden ist. Sie war in der Sache
hart, aber menschlich sehr angenehm. Das Gleiche gilt
natürlich auch für Ihr Haus, Herr Minister.


(Ludwig Stiegler [SPD]: Wie viel Weißbier?)

– Habe ich etwas Falsches gesagt?


(Ludwig Stiegler [SPD]: Ich wollte nur die Zahl der Biere wissen!)


Frau Kollegin Eichstädt-Bohlig, Sie haben vorhin das
Thema Koch/Steinbrück-Liste angesprochen. Auch ich
war damit nicht zufrieden.


(Beifall des Abg. Jörg Tauss [SPD])

Ich frage mich noch heute, wie man die Zuschüsse für
die Investitionen in die Schienenwege als Subventionen
bezeichnen kann.


(Annette Faße [SPD]: Für die Wasserstraßen auch!)


Aber Kollege Austermann, Kollege Kampeter und ich
haben uns nachdrücklich gegen das Verfahren, wie die
Vorschläge der Koch/Steinbrück-Liste in den Haushalts-
ausschuss eingebracht worden sind, verwahrt. Aber Sie
haben diese Vorschläge mit Ihrer Mehrheit hier in die-
sem Haus und im Vermittlungsausschuss durchgesetzt.
In dem Fall darf man sich hinterher nicht über das Er-
gebnis beklagen.

Im Übrigen ist Herr Steinbrück meines Wissens noch
nicht zur CDU übergetreten, sondern weiterhin Minister-






(A) (C)



(B) (D)


Bartholomäus Kalb

präsident eines SPD-geführten Landes. Außerdem haben
Sie hier im Parlament die Mehrheit. Diese fehlerhaften
Auswirkungen, die Sie heute beklagen, hätten Sie bei
ordnungsgemäßer sorgfältiger Beratung verhindern kön-
nen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ludwig Stiegler [SPD]: Sagen Sie das mal Stoiber!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514223300

Frau Eichstädt-Bohlig, wie ich sehe, ist der Redner

erkennbar an der Verlängerung der Redezeit durch Zu-
lassen einer Zwischenfrage interessiert. Bitte schön,
Frau Eichstädt-Bohlig.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kollege, ich muss Sie doch fragen, ob Sie zur
Kenntnis nehmen, dass die Probleme mit der Koch/
Steinbrück-Liste dadurch entstanden sind, dass die uni-
onsgeführten Bundesländer den Steuervergünstigungs-
abbau, den Rot-Grün im Frühjahr 2003 vornehmen
wollte, abgelehnt und durch dieses Konzept ersetzt ha-
ben. Das große Problem unseres Haushalts ist bis heute,
dass die unionsgeführten Länder den Subventionsabbau
immer massiv behindert und eingeschränkt haben. Wür-
den Sie zur Kenntnis nehmen, dass wir deswegen die
Vorschläge der Koch/Steinbrück-Liste einbeziehen
mussten?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Bartholomäus Kalb (CSU):
Rede ID: ID1514223400

Frau Kollegin Eichstädt-Bohlig, ich will mich bemü-

hen, auf diese Frage sehr sachlich zu antworten. Wenn
Verhandlungspartner an einem Tisch sitzen, finden dort
natürlich höchst unterschiedliche Interessen Eingang.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Vor allen Dingen die von Herrn Stoiber!)


Dass die Länder nicht alles akzeptieren können, was
sich Rot-Grün vorstellt, ist auch klar. Das Ergebnis sei-
nerzeit war, dass der Bundesrat zugesagt hatte, beim
Subventionsabbau mithelfen zu wollen. Daraufhin ha-
ben sich die beiden Ministerpräsidenten Koch und
Steinbrück bereit erklärt, im Namen der Bundesländer
einen Vorschlag zu unterbreiten, wie Subventionen in ei-
nem erheblichen Umfang abgebaut werden können. So
war die Ausgangslage.

Diese Vorschläge sind dann eingebracht worden.
Ganz offensichtlich hatte Bundesfinanzminister Eichel
wie auch mancher Landesfinanzminister großes Inte-
resse daran, dass die Vorschläge dieser Liste möglichst
unbesehen und ohne eine ordentliche, eingehende und
tiefgehende Beratung im Haushaltsausschuss und im Fi-
nanzausschuss des Deutschen Bundestages direkt Ein-
gang in das Haushaltsgesetz finden. Das führte dazu,
dass die Vorschläge wieder im Vermittlungsausschuss
verhandelt werden mussten, weil bekanntlich dort ab-
schließend über den Bundeshaushalt beraten wurde.
Kurz vor Weihnachten konnten wir alle miteinander die
Hand dafür oder dagegen heben. Das war das Ergebnis
einer Beratung, wie ich sie mir als überzeugter Parla-
mentarier nicht wünsche.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Für die Straße wurde noch Geld weggenommen!)


Ich bin es seit vielen Jahren gewohnt, im Haushaltsaus-
schuss zu arbeiten, auch hart und lange zu arbeiten und,
wenn es sein muss, viel zu streiten, aber dann im Ergeb-
nis eine ordnungsgemäße Arbeit abzuliefern. Hinzu
kommt, dass sich die Bundesregierung nicht einmal
mehr in der Lage gesehen hat, das Ergebnis des Vermitt-
lungsausschusses eins zu eins umzusetzen.


(Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das wäre noch schlimmer gewesen!)


Sie haben dann intern willkürlich an ganz anderer Stelle,
beispielsweise bei den Straßeninvestitionen, zusätzlich
gekürzt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514223500

Nächster Redner ist der Kollege Uwe Göllner, SPD-

Fraktion.

(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Das wird schwer!)



Uwe Göllner (SPD):
Rede ID: ID1514223600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Dem allgemeinen Dank an die Mitberichterstatter
schließe ich mich gerne an, auch dem Dank an das Haus.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Ist das hier höflich! Das ist schon schön!)


Ganz besonders bedanken möchte ich mich beim Haupt-
berichterstatter, der in kürzester Zeit die Dinge abhan-
delt. Das ist etwas besonders Schönes. Ich empfinde das
jedenfalls so.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Haushaltsberatungen neigen sich fast dem Ende
zu. Während all der Beratungen – ich habe viele Stunden
hier gesessen – war die Abschaffung der Eigenheimzu-
lage ein Synonym für Subventionsabbau. Deswegen
muss ich, obwohl das in mein Ressort fällt, dazu nichts
mehr sagen. Ich kann die wenige Zeit, die ich habe, da-
rauf verwenden, etwas zur Versachlichung beizutragen.
Dazu will ich zwei Zitate bringen, die zeigen, dass wir
alle in einem Boot sitzen und wie sehr unser Verhalten
davon geprägt ist, welche Rolle wir im Parlament gerade
spielen. Wenn noch etwas Zeit bleibt, will ich die Dra-
matik der Haushaltslage den Kolleginnen und Kollegen
näher bringen, die nicht immer mit dem Haushalt zu tun
haben. Bevor ich damit beginne, will ich dem Kollegen
Friedrich sagen, dass seine Kollegen im Haushaltsaus-
schuss beim Einzelplan 12 Absenkungen in Höhe von
300 Millionen Euro beantragt haben, sodass für Wün-
sche aus der FDP-Fraktion kein Platz mehr war.






(A) (C)



(B) (D)


Uwe Göllner


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Aber nicht bei Investitionen, Herr Kollege!)

Ich möchte das erste Zitat vortragen:
Das Handeln gegen das, was man selbst als Ursache
gesetzt hat, ist eine derartige Zumutung für das
Funktionieren unserer demokratischen Prozesse,
daß ich wirklich meine, man sollte jetzt endlich da-
mit aufhören.

(Beifall der Abg. Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Opposition sollte endlich aufhören, zu bekla-
gen, daß die Neuverschuldung im Haushalt zu groß
ist, zumal uns die Mehrheit im Bundesrat daran ge-
hindert hat, rechtzeitig notwendige Spargesetze
durchzusetzen.

Dem kann eigentlich jeder zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: War das von Helmut Kohl?)


– Nein, das war von Wolfgang Schäuble im Jahr 1996.
Es ging um die Haushaltsberatungen für den Haushalt
des Jahres 1997, Herr Austermann.

Jetzt trage ich noch ein Zitat vor:
Nun ist Waigel kein besonders guter Zeuge für die
Forderung nach solider Finanzpolitik. Der Bonner
Zickzackkurs zwischen Haushaltslöchern und Steu-
ererhöhungen ist ein Desaster, der Schuldendienst
verschlingt jede vierte Steuermark, Tendenz stei-
gend. Trotz aller Kürzungen muss sich Waigel im
nächsten Jahr so hoch verschulden, wie es gerade
eben noch mit dem Grundgesetz vereinbar ist; man-
che sagen, die Grenze des Verfassungsbruchs werde
gar überschritten. Ob mit oder ohne Maastricht, an
einer Konsolidierung der Staatsfinanzen führt kein
Weg vorbei. Wenn das so ist, wozu dann noch ein
Streit darüber?

Das schrieb Nikolaus Piper in der „Zeit“ vom
29. November 1996. Wie sehr also unser Verhalten von
der Rolle abhängt, die wir hier im Parlament einnehmen,
belegen diese beiden Zitate, so finde ich, sehr eindrucks-
voll.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Kolleginnen und Kollegen, die sich nicht täglich
mit dem Haushalt befassen, sind diejenigen, die am
ehesten geneigt sind, Wünsche an die Mitglieder des
Haushaltsausschusses heranzutragen. Eine der Fragen,
die einem auch im Wahlkreis sehr häufig gestellt wur-
den, gerade wenn man Sozialdemokrat ist, war: Warum
tut ihr in Berlin das eigentlich alles, warum hat euer
Haushalt eine solche soziale Schieflage? – Denjenigen
will ich sagen, dass wir im Haushalt, den wir morgen
verabschieden werden, Steuereinnahmen in Höhe von
190,8 Milliarden Euro eingeplant haben. Von diesen
Steuereinnahmen in Höhe von 190,8 Milliarden Euro
werden wir 39,7 Milliarden Euro für Zinsen ausgeben.
Ich betone: nicht für die Tilgung, sondern für Zinsen.

Wir werden für die Rentenversicherung knapp
78,8 Milliarden Euro, für die landwirtschaftliche Ren-
tenversicherung 3,7 Milliarden Euro – das ist schon
mehrfach angesprochen worden –, für die Arbeitslosen-
hilfe 29,2 Milliarden Euro, für den Sonderzuschuss zur
BA 4 Milliarden Euro, für Erziehungsgeld und Mutter-
schutz 2,7 Milliarden Euro, für die Kriegsopferfürsorge
3 Milliarden Euro und für Pensionen für den Bund ins-
gesamt 19,6 Milliarden Euro ausgeben. Damit sind
180 Milliarden Euro der 190,8 Milliarden Euro ver-
braucht. Das heißt, ohne Neuverschuldung und den Ver-
kauf von Tafelsilber stünden dem Bund knapp
11 Milliarden Euro für die Finanzierung der übrigen
Aufgaben zur Verfügung.

Wer angesichts solcher Zahlen eine soziale Schieflage
des Haushalts reklamiert, der ist nicht ernst zu nehmen
oder er hat nicht zur Kenntnis genommen, wohin die
Reise geht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich denke, diese Situation wieder in Ordnung zu bringen
ist nicht nur eine Aufgabe, die wir im Haushaltsaus-
schuss in den kommenden Jahren zu leisten haben, son-
dern die auch der Deutsche Bundestag insgesamt bewäl-
tigen muss.

In diesem Zusammenhang möchte ich ein Beispiel
anführen, das ich schon mehrfach bei anderer Gelegen-
heit herangezogen habe. 1971 – das ist viele Jahre her –
hat der damalige Bundesfinanzminister Alex Möller sei-
nem Bundeskanzler einen Brief geschrieben. Darin heißt
es: Lieber Willy, ich teile dir mit, dass es mit meinem
guten Ruf nicht vereinbar ist, dass der Staat mehr Geld
ausgibt, als er einnimmt. – Daraufhin ist er zurückgetre-
ten.


(Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Das waren noch Zeiten! Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: Das war noch ein Finanzminister!)


– Das war 1971, Herr Kues. Das zeigt, dass wir uns
heute zum 34. Mal in Folge anschicken, einen Haushalt
zu verabschieden, der nicht ausgeglichen ist. Diese
34-mal haben nicht wir alleine den Haushalt verabschie-
det; Sie waren fast genauso oft daran beteiligt. Ich
glaube, wir haben ein Jahr Vorsprung. Ansonsten steht es
fifty-fifty. Die FDP war am längsten mit dabei. Sie wa-
ren in unserer Zeit in den 70er-Jahren dabei. Sie waren
in den 80er- und 90er-Jahren mit der Union dabei und
sind nun seit sechs Jahren nicht dabei. Aber 28-mal war
die FDP dabei, Herr Friedrich. Wer also glaubt, er könne
sich hier aus der Verantwortung stehlen, der ist am fal-
schen Platz.

Die letzte Minute meiner Redezeit schenke ich Ihnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) (C)



(B) (D)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514223700

Ich gebe zu, Herr Göllner, dass ich – nachdem Sie die

erste Minute Ihrer Redezeit dafür verbraucht haben, an-
zukündigen, was Sie vorhaben – nicht für möglich ge-
halten habe, dass Sie mit der verbleibenden Redezeit
auskommen würden.


(Heiterkeit im ganzen Hause)

Dass sogar eine Minute übrig geblieben ist, die Sie groß-
zügigerweise der Fraktion überlassen, verdient, mit Re-
spekt festgehalten zu werden.


(Beifall bei der SPD)

Nun hat der Kollege Joachim Günther für die FDP-

Fraktion das Wort.

Joachim Günther (FDP):
Rede ID: ID1514223800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

Einzelplan 12, den wir heute beraten, ist der Einzelplan,
der die meisten Investitionen umfasst. Das ist auf der ei-
nen Seite zu begrüßen. Auf der anderen Seite ist – das ist
bereits angesprochen worden – das Volumen dieses
Haushalts in den vergangenen Jahren reduziert worden.

Wir könnten es uns als Opposition sehr leicht machen
und hier ein paar Millionen für den Straßenbau und dort
ein paar Millionen für die Städtebauförderung oder Ähn-
liches fordern. So einfach machen wir es uns aber nicht
und es entspricht auch nicht den Vorstellungen unserer
Fraktion.

Wir wissen, dass der Bundeshaushalt auf Kante ge-
näht ist. Wenn man an einer Ecke zieht, dann fällt er aus-
einander. Deshalb können wir nur den Standpunkt ver-
treten, dass wir den Haushalt konsolidieren und
Reformen durchführen müssen. Aus diesem Grunde ha-
ben wir zu dem Einzelplan 12 konkrete Vorschläge vor-
gelegt. Dabei handelt es sich um konkrete Zahlen zur
Rückführung, Frau Kollegin Eichstädt-Bohlig; es betrifft
eben nicht das Mautgesetz. Mit dem Mautgesetz haben
Sie sich von der Realität verabschiedet. Denn durch die-
ses Gesetz sollten dem Einzelplan 12 zusätzliche Ein-
nahmen zufließen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Um dem Schwarzer-Peter-Spiel zwischen den einzel-
nen Ressorts von Anfang an entgegenzuwirken, haben
wir einen allgemeinen Subventionsabbau von
20 Prozent gefordert. Wir sind der Meinung, dass das ein
fairer Ansatz ist. Er führt zu keiner Verschiebung und
Verzerrung zulasten bestimmter Bereiche oder einzelner
Regionen.


(Zuruf von der SPD: Steuervergünstigungen wollt ihr nicht abschaffen!)


Er bezieht sich konsequenterweise genauso auf Stein-
kohlesubventionen wie auf Teile des Aufbaus Ost, wo-
rüber wir sonst immer wieder diskutieren.

Wenn die Bundesregierung darüber hinaus noch ei-
nige grüne Experimente von der Spielwiese einsam-
melte, wie zum Beispiel die vorhin genannte nachhaltige
Waschaktion der Frau Ministerin Künast für die über
1 Million Euro ausgegeben werden sollen, und ähnliche
Dinge, wären wir auch sehr bald wieder in der Lage, in
unserem Haushalt zusätzliche Mittel für investive Maß-
nahmen bereitzustellen.

Innerhalb unseres Einzelplanes möchte ich nur einige
Punkte ganz kurz ansprechen. Herr Minister Stolpe, wir
haben in den vergangenen Haushaltsberatungen und
wiederholt auch im Ausschuss das Thema EU-Osterwei-
terung im Zusammenhang mit Verkehrsinfrastrukturen
angesprochen. Ich kann nach wie vor keine Korrekturen
in diesem Bereich erkennen. Auch Ihnen sind die Brenn-
punkte bekannt, die es in diesem Zusammenhang ein-
deutig gibt. Ich erinnere nur an die prekäre Lage der
Ortsumgehungen im Erzgebirge durch die überlasteten
Bundesstraßen in Richtung Tschechien. Ähnliches ließe
sich sicher auch über Bayern sagen.

Ein Wort zum Stadtumbauprogramm und zum Thema
Eigenheimzulage, auf das man inzwischen ja in fast je-
der Veranstaltung reagieren muss: Das Stadtumbaupro-
gramm hat richtige Ansätze. Das habe ich auch nie be-
stritten, das habe ich immer unterstützt. Wir sind uns alle
darüber einig, dass eine schnellere Umsetzung wün-
schenswert wäre. Aber dazu fehlt das Geld.

Ich bitte Sie, Herr Minister: Prüfen Sie noch einmal,
ob es nicht andere Wege gibt, die kein Geld kosten und
wo wir sofort anfangen können! Ich nenne als Beispiele
den Bürokratieabbau sowie die gesetzlichen Öffnungs-
klauseln im Baurecht und im Mietrecht. Nutzen wir die
Gunst der Stunde, um hier einiges zu entrümpeln! Denn
Zeit ist auch Geld. Zeit und Geld spielen in unserem Be-
reich eine große Rolle. Geld ist knapp. Bitte drehen Sie
zügig an dieser Schraube!

Ich möchte Sie noch an ein Zitat aus der Haushaltsbe-
ratung im vergangenen Jahr erinnern. Sie haben wörtlich
gesagt, Herr Minister:

Wir wollen uns allerdings auch bemühen, durch
eine Umgestaltung der jetzigen Eigenheimzulage
zu einer Wohneigentumszulage die Möglichkeiten
zu erschließen, die wir noch brauchen.

Übrig geblieben ist davon nichts. Ihre Kollegen haben in
allen Bereichen die Eigenheimzulage bereits verfrüh-
stückt, bevor sie überhaupt abgeschafft ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Birgit Homburger [FDP]: Sehr wahr!)


Die Aufzählung solcher Beispiele ließe sich fortset-
zen. Aus diesem Grund werden wir diesen Haushalt, der
auf sehr tönernen Füßen steht, ablehnen. Wir hoffen,
dass Sie noch Wege und Schritte finden, in nächster Zeit
in einigen Richtungen Ergänzungen vorzunehmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514223900

Für die Bundesregierung hat nun der Bundesminister

Manfred Stolpe das Wort.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) (C)



(B) (D)


Dr. h. c. Manfred Stolpe, Bundesminister für Ver-

kehr, Bau- und Wohnungswesen:
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wir haben in der Tat ein weites Feld in diesem
Einzelplan 12. Genauer gesagt sind es drei Felder: Ver-
kehr, Bauen und Wohnen. Darüber hinaus haben wir
auch darauf zu achten, wie es mit dem Aufbau Ost wei-
tergeht. Ich will hier ganz eindeutig sagen: Ich bin sehr
dankbar dafür, dass in den Beratungen die Bedeutung
dieser drei für die Zukunft des Landes wichtigen Felder
erkannt wurde und die Berichterstatter aller Fraktionen
diese Bedeutung auch berücksichtigt haben.

Die Stärkung und Erweiterung der Verkehrsinfra-
struktur sind für dieses Land eine absolute Pflichtauf-
gabe von nationaler und europäischer Bedeutung und
müssen auch in Zeiten der Haushaltskonsolidierung
durchgehalten werden.


(Beifall bei der SPD)

Ohne leistungsstarke Verkehrswege wird es keine Mobi-
lität geben und ohne Mobilität wird es kein Wirtschafts-
wachstum und auch keine Entfaltungsmöglichkeiten für
die Menschen geben.

Ich will in dieser Debatte das anführen, was der Sach-
verständigenrat in seinem Gutachten erst kürzlich sehr
deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Er hat darauf hin-
gewiesen, dass globale Zusammenhänge für die Wirt-
schaftskraft dieses Landes von Bedeutung sind, aber
auch deutlich gemacht, dass in dem Zusammenhang die
Verkehrsinfrastruktur ein Instrument für die weitere Ent-
wicklung ist, dass in dem Zusammenhang also auch Lo-
gistik, Transport und das gesamte komplexe Mobilitäts-
und Verkehrsnetzwerk zu beachten sind. Dieser Erkennt-
nis stellen wir uns gern. Ich füge hinzu: Nach meinem
Empfinden sichern wir mit dem Gewährleisten von Mo-
bilität und dem Funktionieren eines Verkehrsnetzes den
Blutkreislauf für das Wirtschaftssystem in Deutschland.
Deshalb müssen wir dafür eintreten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich möchte Sie alle dafür gewinnen, dem gelegentlich

aufkommenden Gerede zu widerstehen, es sei genug Be-
ton eingesetzt worden.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das müssen Sie zu Ihrer Partei sagen, nicht zu uns!)


Das wäre einer der größten Fehler, den man bei der Ent-
wicklung des Landes machen kann.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir gute Argu-
mente für die Bedeutung von Mobilität und Verkehrsin-
frastruktur haben. Vermutlich reicht aber unsere Öffent-
lichkeitsarbeit noch nicht aus.


(Zuruf von der CDU/CSU: Noch mehr Mittel?)


– Nein. – Ich bin sehr froh darüber, dass wir zusammen
mit den wichtigen Verbänden der deutschen Verkehrs-
wirtschaft, zum Beispiel dem Bündnis für Luftverkehr,
dem Bündnis für Binnenschifffahrt und dem maritimen
Bündnis, dafür sorgen wollen, dass in diesem Land die
Einsicht wächst: Wir alle – nicht nur ein paar Fachleute
oder Lobbyisten – brauchen eine gesicherte Verkehrsin-
frastruktur.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir werden mit dem Start der Maut im Januar kom-
menden Jahres in eine neue Verkehrspolitik einsteigen,
die in erheblichem Maße die Nutzer bei der Finanzie-
rung einbindet. Wir haben zusammen mit diesem Hohen
Haus und den Bundesländern dieses Projekt in Gang set-
zen können, das einen Strategiewechsel bedeuten und
uns neue Möglichkeiten eröffnen wird. Damit kein My-
thos entsteht – davor kann ich nur warnen; notfalls muss
ein Gutachter beauftragt werden, um zu klären, wie das
gemeint war –, sage ich ganz klar: Die hier erzielten Mit-
tel sind zweckgebunden. Jeder Euro der Netto-Mautein-
nahmen wird in die Verkehrsinfrastruktur fließen. Daran
besteht gar kein Zweifel. Wir haben bereits heute sicher-
gestellt, dass der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsge-
sellschaft die Mittel zur Verfügung stehen werden. Ich
möchte aber erreichen – damit reagiere ich auf das, was
der Kollege Lippold gesagt hat –, dass diese Gesellschaft
noch etwas flexibler arbeitet. Die Wege in diese Rich-
tung sind bereitet worden.

Zur Harmonisierung kann ich zum wiederholten Male
nur sagen: Wir sind fest entschlossen, eine Harmonisie-
rung in einer Größenordnung von 600 Millionen Euro zu
erreichen. Wir haben in den letzten Wochen den Kontakt
aufrechterhalten und intensive Gespräche geführt. Wir
mussten aber erst den Kommissarwechsel in Brüssel ab-
warten. Mit dem neuen Kommissar, der seit wenigen Ta-
gen im Amt ist, habe ich einen Termin vereinbart, um
ihn auf das einzustimmen, was wir vorhaben. Ich sage
bei dieser Gelegenheit noch einmal, dass wir uns gegen-
über den Unternehmen in Deutschland verpflichtet ha-
ben, für eine Harmonisierung zu sorgen, und das, ob-
wohl wir mit der Senkung der Maut auf 12,4 Cent je
Kilometer schon Entgegenkommen gezeigt haben.

Wir haben bereits im Startmanagement feste Verein-
barungen getroffen, die regeln, wie mögliche Störfakto-
ren ausgeschaltet werden; denn auch uns ist bewusst,
dass eine voll funktionsfähige Technik nur die eine Seite
ist. Die andere ist der Eingewöhnungsprozess. Es wird
sicherlich ein paar Tausend LKW-Fahrer geben, die die
manuellen Einbuchungsmöglichkeiten nutzen. Wir sor-
gen aber für Information und Beratung. Es wird eine An-
leitung vor Ort geben. Toll Collect wird über 5 000 Bera-
terinnen und Berater einsetzen. Wir werden allerdings
auch – in Absprache mit den Bundesländern – Ord-
nungsmaßnahmen ergreifen, wenn es notwendig ist. Ich
habe von sämtlichen Landesinnenministern die Zusage
bekommen, dass man in den ersten Januartagen des
kommenden Jahres dafür sorgen wird, dass der Verkehr
fließen kann.

Neben dem Mautsystem werden wir eine andere neue
Technologie einführen: Galileo. Auch hier wird die deut-
sche Seite eine gute Position einnehmen. Wir werden
uns außerdem für die Förderung neuer Technologien
etwa im Bereich der Entwicklung alternativer Kraft-
stoffe einsetzen. Wir stehen ebenfalls zu der neuen Tech-






(A) (C)



(B) (D)


Bundesminister Dr. h. c. Manfred Stolpe

nologie des Transrapids. Ich bin sehr froh darüber, dass
alle Fraktionen des Bundestages unsere Position unter-
stützt haben, dieses Projekt fortzuführen. Forschung und
Entwicklung müssen also nicht auf der Stelle treten.


(Beifall bei der SPD – Eduard Oswald [CDU/ CSU]: Bei den Grünen hat sich keine Hand bewegt! – Gegenruf des Abg. Uwe Göllner [SPD]: Bei euch auch nicht!)


Wir haben nun die Möglichkeit, eine Anwendungsmög-
lichkeit zu gewinnen. Ich setze darauf, dass wir in der
Lage sein werden, die erste Anwendungsstrecke in Bay-
ern zu bauen.

Ich begrüße sehr, dass im Haushalt ein zusätzlicher
Titel für die bereits erwähnten innovativen Mobilitäts-
konzepte geschaffen worden ist. Ich bin sehr froh, dass
es damit eine weitere Motivation gibt, auch im Verkehrs-
bereich neue Technologien einzusetzen. Wir werden mit
diesen Mitteln die Chance wahrnehmen, auch an denje-
nigen Projekten vertieft zu arbeiten, die ich schon eben
erwähnt habe.

Der Städtebau ist hier bereits erwähnt worden. Woh-
nungspolitik und Städtebau sind wichtige Felder unserer
Arbeit. Sie stehen im Zeichen eines großen Strukturwan-
dels, den wir unter der Überschrift „Stadtumbau“ beglei-
tet und gestaltet haben. Das entspricht dem wirtschaftli-
chen Strukturwandel, in dem sich unser Land befindet.
Außerdem trägt es der demographischen Entwicklung
Rechnung. Darüber hinaus wird die Aufgabe der sozia-
len Integration im Auge behalten.

Unsere Politik wird die sich in Not befindenden
Städte nicht im Stich lassen. Wir werden diese Projekte
auch weiterhin in enger Zusammenarbeit mit den Län-
dern voranbringen. Mir ist es sehr wichtig gewesen, dass
es uns im Laufe dieses Jahres gelungen ist, neben dem
Stadtumbau Ost den konkreten Einstieg in den Stadtum-
bau West zu schaffen. Es gehört mit zu den Erfahrungen
unseres Landes, dass sich Probleme nicht an Himmels-
richtungen orientieren. Zur Lösung der Probleme muss
man sich vielmehr auf die ganz konkreten Herausforde-
rungen einlassen.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich will noch erwähnen, dass wir im Zusammenhang
mit der ersten Beschlussfassung zur Eigenheimzulage
Möglichkeiten gefunden haben, Wohnungsprojekte in
innerstädtischen Bereichen gezielter zu fördern.


(Horst Friedrich [Bayreuth] [FDP]: Das hat doch nichts mit der Eigenheimzulage zu tun, Herr Minister! Das wäre das erste Mal, dass in innerstädtischen Projekten die Eigenheimzulage verwendet wird!)


Im Hinblick auf Verwaltungsvorschriften will ich sa-
gen: Wir haben mit dem neuen Baugesetzbuch, das Sie
alle mit beschlossen haben, eine deutliche Verbesserung
des Planungsrechts erreicht, da Beschleunigungen leich-
ter möglich sind. Wir sind also schon weiter, als in der
heutigen Aussprache dargestellt wurde.
Sie wissen, dass wir alle Modelle öffentlich-privater
Partnerschaften ganz intensiv unterstützen. Wir wol-
len, dass mit PPP-Projekten mehr finanzielle Möglich-
keiten erschlossen werden. Ich bin überzeugt, dass uns
privates Kapital sowohl im Hochbau als auch im Stra-
ßenbau erheblich weiterhelfen kann. Die PPP-Taskforce
hat ihre Arbeit inzwischen aufgenommen. Sie ist in Pi-
lotprojekten tätig und kann weitere Erfahrungen sam-
meln.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist gut, dass die Positionen im Bereich Städte- und
Wohnungsbau auch in den Haushaltsberatungen über die
eingebrachte Vorlage hinaus gestärkt worden sind. Ein
Stichwort ist das genossenschaftliche Wohnen. Ich un-
terstreiche es gern; es ist hier bereits genannt worden.
Ich halte das gerade angesichts des Strukturumbruchs, in
dem sich unsere Städte befinden, für ganz wichtig. Ich
bin sehr froh darüber, dass es gelungen ist, für das KfW-
Programm zur Förderung von Niedrigenergiehäusern
Mittel bereitzuhalten. Ich habe den Hinweis, dass man
da dranbleiben muss, durchaus verstanden. Gerade die-
ses Programm hat einen wichtigen Doppeleffekt: Es
kann zur Energieeffizienz entscheidend beitragen und es
kann auch im Klimaschutz eine wichtige Hilfe leisten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auch für den Aufbau Ost konnten in den Haushalts-
beratungen noch wichtige Verbesserungen erreicht wer-
den. Das Mittelosteuropazentrum wird Wirklichkeit. Wir
werden zu entscheiden haben, welcher Standort dafür in-
frage kommt. Vor allem kann es entscheidend dazu bei-
tragen, Kontakt- und Kooperationsmöglichkeiten mit
unseren osteuropäischen Nachbarn zu schaffen.

Wir haben darüber hinaus die Zusammenarbeit mit
den Ländern im Hinblick auf die Neujustierung der För-
derpolitik in Angriff genommen. Dabei wird es insbe-
sondere darum gehen, dass die Innovationsförderung ge-
stärkt wird. Sie haben in den Beratungen dadurch
geholfen, dass auch Sie dafür eingetreten sind, dass Ver-
pflichtungsermächtigungen in Bezug auf das Inno-Re-
gio-Programm um 22 Millionen Euro erhöht werden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das ist gerade für kleine Unternehmen wichtig.
Ein ganz entscheidender Schritt ist in den Beratungen

dadurch getan worden, dass mehr Wirtschaftsstruktur-
förderung ermöglicht wurde. Jetzt bleiben zurückflie-
ßende Mittel der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung
der regionalen Wirtschaftsstruktur“ in vollem Umfang
erhalten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Begrenzung ist entfallen. Das bedeutet im Klartext:
zusätzliche Barmittel im Jahr 2005 in Höhe von bis zu
65 Millionen Euro – eine spürbare Hilfe für die nötigen
Ansiedlungsmaßnahmen.






(A) (C)



(B) (D)


Bundesminister Dr. h. c. Manfred Stolpe

Die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regio-

nalen Wirtschaftsstruktur“ gehört in der Tat zu den wich-
tigsten Instrumenten unserer Förderpolitik, kann Ansied-
lungen ermöglichen und damit auch Arbeitsplätze
schaffen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie bedeut-
sam das gerade in schwierigen Regionen sein kann.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich einfach
noch einmal Danke sagen, und zwar dafür, dass es trotz
der bestehenden Sparzwänge gelungen ist, in diesen
wichtigen Feldern zusätzliche Hilfen zu erreichen.

Durch die globale Minderausgabe im Einzelplan 60
werden Einsparungen in allen Einzelhaushalten notwen-
dig. Für unseren Haushalt bedeutet das einen Sparauf-
trag von 244 Millionen Euro. Wir können heute noch
nicht sagen, in welcher Weise wir diesen Auftrag erfül-
len werden, aber ich kann eines versichern: Keines der
im Bau befindlichen Verkehrsinfrastrukturprojekte wird
unter dieser globalen Minderausgabe zu leiden haben.
Das ist unsere klare Orientierung und die werden wir
auch durchhalten können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Im Übrigen werden wir uns darum bemühen, zusätzli-
che Einnahmequellen zu erschließen, was in diesem Jahr
bereits gelungen ist. Wir werden vor allem die neuen Fi-
nanzierungswege nutzen, die ich vorhin im Blick auf pri-
vate Finanzmittel schon erwähnt habe, und müssen da-
rüber hinaus natürlich auch hart sparen.

Es bleibt festzustellen, dass trotz der allgemeinen
Konsolidierungsnotwendigkeiten, denen wir uns alle zu
stellen haben, unsere Investitionen auf einem hohen Ni-
veau bleiben. Sie sind in jedem Fall deutlich höher als zu
dem Zeitpunkt, zu dem diese Regierung die Aufgaben
übernommen hat.


(Beifall des Abg. Ludwig Stiegler [SPD] – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Na, na, na!)


Im Bahnbereich werden wir trotz der Planungsstraf-
fungen, die dort vorgenommen worden sind, die Investi-
tionen durchführen können. Ich habe gerade heute eine
Zusage vom Bahnchef dahin gehend bekommen, dass
wir im Bereich der Bahn im nächsten Jahr
8 Milliarden Euro, einschließlich der Mittel, die von uns
kommen werden, zur Verfügung haben werden.

Ich muss noch auf die Hinweise zur Osterweiterung
reagieren. Wir haben schon im Bundesverkehrswegeplan
Prioritäten gesetzt. Wir haben darüber hinaus Prioritäten
in unseren Entscheidungen zum Einsatz der Mittel. Wir
beschleunigen den Bau der Autobahn A 17. Wir werden
noch in diesem Jahr einen weiteren wichtigen Schritt
tun, indem die Grenzbrücke nach Tschechien hinüber
begonnen wird. Wir werden auch die B 178 weiterbauen
können.

Die mittelfristige Finanzplanung – das sei hier wie-
derholt, weil es da Zweifel gab – ist bis 2008 gesichert.
Das ist für langfristige Investitionsvorhaben von ganz
großer Bedeutung.

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514224000

Herr Minister, Sie behalten bitte im Auge, dass für die

Fraktion noch Redezeit verbleiben soll.

(Zuruf von der CDU/CSU: Er soll weiterre den! Immer weiter!)

Dr. h. c. Manfred Stolpe, Bundesminister für Ver-

kehr, Bau- und Wohnungswesen:
Herr Präsident, ich bedanke mich für den Hinweis.
Wir werden unsere Aufgaben erledigen. Wir können

für Verkehr, Bauen und Wohnen sowie den Aufbau Ost
zuversichtlich sein. Wir haben das für unsere eigene Ar-
beit dadurch zum Ausdruck gebracht, dass wir gerade in
den letzten Wochen 700 hervorragende junge Frauen
und Männer, hoch motivierte, interessierte und lernwil-
lige Menschen, für die Ausbildung in unserem Bereich
gewinnen konnten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Weil gelegentlich unverantwortliche Sprüche über die
Jugend gemacht werden, will ich sagen: Das sind Men-
schen, auf die man Zukunft bauen kann. Wir werden die
Möglichkeit haben, mit ihrer Hilfe die Zukunftsaufgaben
zu erfüllen.

Wir werden die Aufgaben mit Ihrer Unterstützung
weiterhin packen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514224100

Ich erteile dem Kollegen Norbert Barthle, CDU/CSU-

Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Norbert Barthle (CDU):
Rede ID: ID1514224200

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Lassen Sie auch mich zu Beginn
meiner Rede ein herzliches Dankeschön sagen, nämlich
an das Haus, das Ministerium, den Ausschuss sowie die
Kolleginnen und Kollegen Berichterstatter. Die Atmo-
sphäre war immer sehr sachlich, fair und menschlich an-
genehm.

Die Haushaltswoche neigt sich so langsam dem Ende
zu. Ich muss feststellen: Es ist schon mitleiderregend,
wenn man sieht, mit welch erkennbarer Unlust hier viele
Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün versuchen,
dem Haushaltsplanentwurf 2005 noch irgendwelche po-
sitiven Aspekte abzugewinnen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Ohne Erfolg! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Auf Ihr Mitleid können wir aber verzichten!)


Bei allem persönlichen Respekt, Herr Minister
Stolpe: Sie geben ja wenigstens ehrlich immer wieder zu
verstehen, dass Ihnen Ihr Amt derzeit mehr Unlust als
Lust bereitet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) (C)



(B) (D)


Norbert Barthle

Also wir gönnen Ihnen – spätestens ab 2006 – den wohl-
verdienten Ruhestand; und wenn Sie einige Ihrer älteren
Kabinettskollegen gleich mitnehmen, umso besser.


(Beifall und Heiterkeit bei der CDU/CSU – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Sind da einige noch älter?)


Aber jetzt zum Wohnungsbauetat:

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das wird auch Zeit!)

Mit rund 3,1 Milliarden Euro liegt er im kommenden
Jahr mehr als 1,2 Milliarden Euro unter dem des Vorjah-
res, und das trotz steigender Einnahmen. Das klingt zu-
nächst nach Sparsamkeit; bei genauerem Hinsehen stellt
man aber fest, dass 1 Milliarde dieser Absenkung auf die
Kürzung des Wohngeldes nach Hartz IV zurückgeht. Bei
diesem Titel habe ich seit meiner Tätigkeit als Berichter-
statter Jahr für Jahr feststellen müssen, dass wir mit
überplanmäßigen Ausgaben zu rechnen haben. Ich
fürchte, das wird auch im kommenden Jahr so sein.
Dann gilt auch für diesen Haushaltstitel ein Sachverhalt,
der sich durch den ganzen Haushalt zieht: die Ausgaben
wieder einmal zu niedrig angesetzt, die Einnahmen ver-
mutlich zu hoch.

Nun sind wir uns eigentlich alle einig, dass im Be-
reich der Investitionen nicht gespart werden darf. Aber
wenn man dort dennoch sparen muss, dann zumindest
sinnvoll und ökonomisch verträglich und nicht, wie es
bei Rot-Grün häufig geschieht, mit ökologischen und
ideologischen Scheuklappen. Lassen Sie mich das ver-
deutlichen: Wir von der Union haben bezüglich des
Einzelplans 12 mehr als 30 Änderungsanträge einge-
bracht. In der großen Mehrheit handelte es sich um Spar-
vorschläge, allein bezüglich Kapitel 12 25 im Volumen
von über 30 Millionen Euro. Wir haben da nicht geholzt,
sondern ganz genau hingeschaut. Die von uns vorge-
schlagenen Kürzungen zum Beispiel bei den Zinszu-
schüssen im Rahmen des Wohnraum-Modernisierungs-
programms oder des CO2-Minderungsprogramms habenSie abgelehnt, und das bei dieser desaströsen Haushalts-
lage.

Was kann ich feststellen? Wenn es um rot-grüne
Spielwiesen geht, lassen Sie in diesem Hause jeden
Sparwillen vermissen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Andererseits haben wir, wo immer möglich, auch bezo-
gen auf diesen Etat Anträge eingebracht, um Investi-
tionstitel zu verstärken. Mein Kollege Barthel Kalb hat
bereits darauf hingewiesen. Auch das haben Sie abge-
lehnt.

Wenn im Bereich Wohnungsbau Rot-Grün von Spa-
ren spricht, dann werden sie monothematisch, dann fällt
immer nur ein Begriff, und der heißt Eigenheimzulage.
Das war heute auch schon wieder so. Diese Woche war
Finanzminister Hans Eichel im „ZDF-Morgenmagazin“.
Auf die Frage der Moderatorin, warum er denn nicht
endlich bei den Kohlesubventionen kürzt, entgegnete er
empört: Wie könnte ich? Wollen Sie, dass Zigtausende
Kumpel im Ruhrgebiet ihre Jobs verlieren? – Also,
meine Damen und Herren, die Kohlesubventionen dür-
fen wegen der Bedrohung für die Arbeitsplätze nicht an-
getastet werden, die Eigenheimzulage aber sehr wohl.
Da scheinen keine Arbeitsplätze in Gefahr zu sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich muss da die Kolleginnen und Kollegen von Rot-
Grün fragen: Wo leben Sie eigentlich? Für das Jahr 2004
erwartet die deutsche Bauindustrie trotz der schlechten
Vorjahre ein weiteres Umsatzminus von 4,5 Prozent. Ob-
wohl die Zahl der Beschäftigten seit 1998 bereits stark
abgenommen hat, werden auch in diesem Jahr wieder
50 000 Arbeitsplätze abgebaut. Im nächsten Jahr sollen
es weitere 25 000 Arbeitsplätze sein. Auch die Erträge
geraten massiv unter Druck. Das deutsche Bauhauptge-
werbe verzeichnet bei weitem die schlechteste Umsatz-
rendite aller großen Wirtschaftszweige. Was das wie-
derum für die Eigenkapitalausstattung sowohl der
Unternehmen als auch der kleinen Handwerksbetriebe
bedeutet, das brauche ich Ihnen nicht zu erklären.

Nimmt man das Jahr 2000 als Referenzjahr, liegt der
saisonbereinigte Produktionsindex 2004 gerade noch bei
77 Prozent. In Europa liegt er jedoch 4 Prozent über dem
Durchschnittswert von 2000. Was heißt das? Es gibt
keine europäische Krise im Bausektor, es gibt eine deut-
sche Krise im Bausektor. Man könnte auch sagen: Es
gibt eine rot-grüne Krise im Bausektor.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf des Abg. Ludwig Stiegler [SPD])


In dieser dramatischen Situation wollen Sie die Eigen-
heimzulage ersatzlos streichen, obwohl das – Friedrich
Merz hat es Ihnen vorgerechnet – gerade einmal
95 Millionen Euro im kommenden Jahr bringt. Das ist
genau so viel, wie Sie jeden Tag an neuen Schulden auf-
nehmen.

Außerdem, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-
Grün, stimmt es einfach nicht, was Sie hier immer wie-
der behaupten: dass es keinen Bedarf mehr gebe. Dem
Rückbau von Wohnraum in Ostdeutschland steht in den
westdeutschen Ballungsräumen inzwischen massive
Wohnungsnot gegenüber. Ein im Durchschnitt entspann-
ter Wohnungsmarkt kann da nicht festgestellt werden.
Schauen Sie nach Hamburg, Frankfurt, München oder
Stuttgart! Dort gibt es inzwischen wieder ein starkes Be-
dürfnis nach Wohneigentum.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ein Blick in die Zeitungen zeigt uns: Sämtliche Im-

mobilienfonds verlagern ihre Investitionsschwerpunkte
ins Ausland. Auch das hat hausgemachte Gründe. Wir
brauchen dringend ein besseres Zusammenwirken von
privatem und öffentlichem Kapital, um den Stadtumbau
in Ost und in West schultern zu können.

Schaut man in Ihren Haushalt, dann wird das eigentli-
che Ziel Ihrer Politik deutlich: Es geht Ihnen schlicht
und einfach um einen schleichenden Paradigmenwech-
sel. Sie wollen kein Volk von Eigentümern, Sie wollen
ein Volk von Mietern und Genossen.






(A) (C)



(B) (D)


Norbert Barthle


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Gunter Weißgerber [SPD]: So ein Quatsch! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Absolut lächerlich!)


Anders ist Ihre einseitige Förderung von Modellvorha-
ben im genossenschaftlichen Wohnen nicht zu interpre-
tieren.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich habe
nichts gegen genossenschaftliches Wohnen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Aha!)

Aber wenn einerseits alle Anreize für Eigentumsbildung
gekürzt und andererseits die Mittel für genossenschaftli-
ches Wohnen erhöht werden, dann muss dieser Schluss
schon zugelassen sein.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Damit komme ich zu einem weiteren Punkt bezüglich
der Diskriminierung von Wohneigentum. Die Kollegin
Eichstädt-Bohlig hat in großer Ehrlichkeit im Haushalts-
ausschuss angekündigt, dass sie auch an die Bauspar-
prämie herangehen wolle. Meine Damen und Herren,
die Bausparprämie ist das erfolgreichste und beste staat-
liche Anreizinstrument für die private Vermögensbil-
dung.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wer an der Bausparprämie sägt, der verabschiedet sich
von dem Ziel, möglichst vielen Bürgern privates
Wohneigentum zu ermöglichen.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Sehr richtig! Das ist genau der Punkt! – Franziska Eichstädt-Bohlig [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird doch gar nicht dafür eingesetzt! Das ist doch das Problem!)


Das wollen wir. Wir wollen, dass künftig noch mehr
Menschen in einem Eigenheim, in einem Reihenhaus, in
einer Doppelhaushälfte, in privat genutztem Wohneigen-
tum wohnen können. Das ist unser Ziel und darum müs-
sen wir kämpfen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Deshalb sage ich Ihnen: Hände weg von der Wohnungs-
bauprämie!


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Ausgezeichnet!)


Zusammenfassend zum Schluss: Heute früh habe ich
gehört, Rot-Grün mache Deutschland arm und arbeits-
los. Ich füge hinzu: Rot-Grün macht Deutschland auch
zu einem Land mit immer weniger Wohneigentum.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514224300

Zu einer Kurzintervention erhält der Kollege

Friedrich das Wort.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Was? Was hat denn der damit zu tun?)



Horst Friedrich (FDP):
Rede ID: ID1514224400

Die Kurzintervention, liebe Kolleginnen und Kolle-

gen, bezieht sich auf Herrn Minister Stolpe und seine
Ausführungen zu § 11 des Mautgesetzes. Herr Minister,
Sie haben in Ihrer Rede dargestellt, dass Sie bezüglich
des Wortes „zusätzlich“ überlegen, ein weiteres Gutach-
ten einzuholen. Ich will Ihnen noch einmal den Wortlaut
des § 11 Autobahnmautgesetz vorlesen, der mit Ihrer
Stimme hier beschlossen wurde. Er lautet:

Das Mautaufkommen steht dem Bund zu. Ausga-
ben für Betrieb, Überwachung und Kontrolle des
Mautsystems werden aus dem Mautaufkommen ge-
leistet.

Jetzt kommt es:
Das verbleibende Mautaufkommen wird zusätzlich
dem Verkehrshaushalt zugeführt und in vollem Um-
fang zweckgebunden für die Verbesserung der Ver-
kehrsinfrastruktur, überwiegend für den Bundes-
fernstraßenbau verwendet.

Ich frage Sie, Herr Minister: Was an dieser Formulie-
rung ist so missverständlich, dass man für dessen Defini-
tion ein Gutachten bräuchte, und wie verhält sich das,
was Sie machen – Sie ersetzen einfach Steuermittel
durch Mauteinnahmen, und zwar eins zu eins –, zu dem
Geist dieses Paragraphen, der im Übrigen – ich sage es
noch einmal – mit Ihrer vollen Zustimmung verabschie-
det worden ist?


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514224500

Zur Erwiderung Herr Minister Stolpe.

Dr. h. c. Manfred Stolpe, Bundesminister für Ver-
kehr, Bau- und Wohnungswesen:

Ein wichtiges Thema; schönen Dank für die Möglich-
keit, darauf noch einmal zu reagieren.

Herr Friedrich, ich war ja mit dabei. Sie sind aber
noch viel länger im Bundestag und wissen, dass es eine
Zeit gab, in der die Verkehrsinvestitionen bei unter
10 Milliarden Euro lagen. Dann sind durch die so ge-
nannten ZIP-Mittel sind fast 2 Milliarden Euro hinzuge-
kommen. Die Zweckbindung bei den Mauteinnahmen
– diese Paketlösung haben wir erreicht – ist absolut ge-
sichert. Das gilt auch für das, was auf dem Sockel des
Haushaltes steht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Renate Blank [CDU/CSU]: Das kann nicht wahr sein!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514224600

Nächster Redner ist der Kollege Uwe Beckmeyer für

die SPD-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) (C)



(B) (D)



Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1514224700

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Ich will zu einigen Punkten der Debatte und insbe-
sondere zu den Beiträgen der Opposition Stellung neh-
men.

Herr Lippold, es ist das alte Klagelied: Am Anfang ei-
ner Haushaltswoche wird gesagt, wir müssen sparen,
sparen, sparen. Diesmal kamen diese Forderungen zum
größten Teil aus Ihrer Fraktion. Am Mittwoch und Don-
nerstag treten diejenigen auf den Plan, die sagen, dass
die Investitionen zu gering sind und dass es die Schuld
der Regierung ist, dass dafür zu wenig Geld vorhanden
ist.

Fakt ist: Der Verkehrshaushalt nach Wissmann hat
unter Verantwortung der rot-grünen Koalition kontinu-
ierlich ein größeres Volumen gehabt als die Haushalte,
die Wissmann auf den Tisch gelegt hat.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Mit der Einführung der Maut zum 1. Januar 2005 ge-
mäß dem Mautgesetz gibt es in Deutschland zum ersten
Mal eine Nutzerfinanzierung. Sie haben die ganze Zeit
darüber geredet. Wir tun es endlich. Auch das muss man
einmal deutlich sagen.


(Beifall bei der SPD)

Zum Thema Transrapid. Auch diesen Punkt will ich

gleich mitbehandeln. Herr Wiesheu ist in der Pflicht,
jetzt endlich einen Finanzierungsplan auf den Tisch zu
legen. Ich hoffe, dass er bald vorliegt und nachgeprüft
werden kann. Die Regierung hat schon alles Notwendige
veranlasst. Wir haben unser Versprechen erfüllt. Nun ist
Herr Wiesheu an der Reihe, seinen Finanzierungsplan
auf den Tisch zu legen.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Darauf können Sie sich verlassen!)


Ich hoffe, dass die Bayern Geld mitbringen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Zur Bahn. Wir konnten heute die dicken Schlagzeilen
lesen. Ich denke, wir sind uns alle hier im Haus einig.
Der Deutsche Bundestag hat im Mai dieses Jahres einen
sehr klugen Beschluss – ich glaube, einstimmig – ge-
fasst. Mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten möchte ich
einmal daraus zitieren:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregie-
rung auf, eine Grundsatzentscheidung über eine
mögliche Teilprivatisierung der Deutschen Bahn …
erst dann zu treffen, wenn der nachhaltige wirt-
schaftliche Erfolg des Unternehmens DB AG, ins-
besondere eine mehrjährige positive Gewinnentwi-
ckelung, feststeht. Eine dauerhafte Rentabilität der
DB AG darf nicht auf Leistungen des Bundes für
den Ausbau der Schieneninfrastruktur beruhen.

Die Handschrift der Sozialdemokraten ist unverkennbar.
Sie haben bei diesem Beschluss die Feder geführt. Ich
denke, es war gut, dass wir diesen Beschluss damals ge-
fasst haben. Ich will ihn heute in Erinnerung rufen.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Eine Bahn, die Zukunft haben will, darf nicht
schrumpfen, sondern sie muss beim Personenverkehr
und auch beim Güterverkehr langfristig wachsen. Das ist
die Erwartung, den dieses Parlament in Richtung Deut-
sche Bahn äußert.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zum Thema Verkehrsfinanzierungsgesellschaft und
Public Private Partnership. Wir müssen darauf achten,
dass wir in Deutschland erfolgreiche PPP-Projekte ha-
ben. Erfolgreich heißt: Unternehmen verdienen damit
Geld und gleichzeitig haben die Steuerzahler Vorteile,
indem Projekte frühzeitiger fertig werden und aufgrund
des Wettbewerbs geringere Kosten verursachen. Auf die-
sen wichtigen Punkt müssen wir besonders Wert legen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Zur mittelfristigen Finanzplanung. Es ist positiv,
dass der Bundesverkehrsminister mit dem Bundesfi-
nanzminister eine feste Verabredung hinsichtlich einer
zusätzlichen Planungsmilliarde für das Jahr 2008 getrof-
fen hat, um für die Zukunft die Stetigkeit der Finanzie-
rung und der Planung der Verkehrsinfrastruktur zu ge-
währleisten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ich sehe da keine Planung!)


Ein letzter Punkt. Es war Herr Waigel, der zum ersten
Mal in die Vignettenkasse gegriffen hat. Er hat damals
900 Millionen DM herausgenommen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Als Antwort auf die Kurzintervention des Kollegen
Horst Friedrich möchte ich das in Erinnerung rufen und
deutlich hervorheben.

Mit dem Einzelplan 12 haben wir einen wesentlichen
Beitrag dazu geleistet, dass in Deutschland die Zukunfts-
fähigkeit wieder auf dem Programm steht und eine nach-
haltige Verkehrspolitik betrieben werden kann. Ange-
sichts dessen, dass wir Deutschland unter anderem zu
einer Logistikzentrale in Europa machen wollen, ist die
Entscheidung, dass DHL in Leipzig angesiedelt wird,
ein erstes riesengroßes positives Signal.


(Beifall bei der SPD)

Ich glaube, das kann man gar nicht laut genug hinauspo-
saunen. Denn das ist eine Entscheidung für eine Stadt in
den neuen Bundesländern, die zukunftsweisend ist und
signalisiert, dass wir in einem Raum Entwicklungschan-
cen haben, der dies dringend braucht. Wir werden dazu
auch in der Verkehrspolitik in Zukunft unseren Beitrag
leisten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) (C)



(B) (D)


Uwe Beckmeyer

Das Investitionsvolumen wird im Vergleich zum lau-

fenden Jahr um gut 2 Prozent gesteigert. Das ist nicht
viel, aber immerhin etwas. Ich denke, das ist gut so.


(Abg. Dietrich Austermann [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Herr Austermann.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514224800

Ich bitte um Nachsicht. Die Redezeiten bewirtschaftet

nach wie vor der Präsident. Da Ihre Redezeit zwar auf
der ausweisenden Uhr noch virtuell vorhanden ist, längst
aber durch die vom Bundesminister tatsächlich ver-
brauchte Zeit, wie Ihnen natürlich nicht entgangen ist,
überschritten ist, dürfen Sie zwar Ihre Rede ordentlich
zu Ende führen, aber ohne die Möglichkeit einer Zugabe
durch die Opposition.


Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1514224900

Ein letzter Satz, Herr Präsident. – Ich freue mich, dass

ich hier im Hause für die Sozialdemokraten die Ver-
kehrspolitik mitgestalten kann. Ich glaube, wir haben ei-
nen guten Haushalt zustande gebracht, der neue Ele-
mente enthält und zukunftsfähig ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514225000

Zum Schluss dieser Debatte erhält natürlich noch die

Opposition das Wort, und zwar die CDU/CSU-Fraktion
in Gestalt des Kollegen Dirk Fischer.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dirk Fischer (CDU):
Rede ID: ID1514225100

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Die Streichung des 3. Oktobers als Feiertag

(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Jetzt kann Herr Austermann noch seine Zwischenfrage stellen!)


konnte gerade noch verhindert werden. Die Einführung
eines entbehrlichen Trauertages seit dem Regierungs-
wechsel hat hingegen immer noch Bestand: Alle Jahre
wieder ist der Tag der abschließenden Beratungen zum
Bundeshaushalt, insbesondere zum Einzelplan 12, ein
rabenschwarzer Tag.

Eine gute Verkehrsinfrastruktur, insbesondere nach
der Osterweiterung, ist das Rückgrat der deutschen Wirt-
schaft. Diese Infrastruktur sichert den Industriestandort
und seine Arbeitsplätze. Also frage ich mich: Warum
senken Sie auch in diesem Jahr die Verkehrsinvestitio-
nen?

Herr Kollege Beckmeyer, Ihre Zahlenspiele stimmen
nicht, weil die Basis 1998 eine andere war, als Sie es
dargestellt haben.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Höher!)

Sie ist höher gewesen. Dann wird plötzlich eine virtuelle
Milliarde in den Raum gestellt. Wenn dies Herrn Stolpe
und dem Kollegen Beckmeyer von der deutschen Öf-
fentlichkeit geglaubt werden soll, dann hätte das in die
mittelfristige Finanzplanung gehört. Die wird aber dra-
matisch heruntergeschrieben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Herr Minister Stolpe, hier für 2008, für einen Zeit-
punkt zwei Jahre nach dem Antritt Ihres Ruhestandes, so
wie Sie ihn selber angekündigt haben, Ansagen zu ma-
chen, für die Sie überhaupt nicht in Haftung genommen
werden können, ist eine Zumutung für das deutsche Par-
lament und die Öffentlichkeit. Das lassen wir uns nicht
bieten!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die harten Realitäten sehen so aus: Bei den Bundes-
fernstraßen gibt es ein Minus von 262 Millionen Euro, in
der MifriFi ein Minus von 482 Millionen Euro. Bei den
Schienenwegen des Bundes ist ein Minus von
697 Millionen Euro festzustellen, in der MifriFi ein Mi-
nus von 1,73 Milliarden Euro.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Das heißt, das Märchen, dass, wenn Rot-Grün kommt, es
den Schienenwegen gleich besser geht, ist beendet. Der
Aufschlag in der Realität, den Sie erleiden, ist ein beson-
ders harter.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Bei den Bundeswasserstraßen ist im Haushalt ein
Minus von 7,3 Millionen Euro zu verzeichnen, in der
MifriFi ein Minus von 49 Millionen Euro. Zusätzlich
muss erneut eine globale Minderausgabe von 244 Mil-
lionen Euro erwirtschaftet werden. Wo, Frau Kollegin
Eichstädt-Bohlig, wenn nicht bei den Investitionen? Es
war noch nie anders. Sie können doch den Beamten
nicht ihr Gehalt und Herrn Stolpe das Benzin für seinen
Wagen wegnehmen. Das kann doch nicht Ihr Vorschlag
sein. Die Talfahrt wird also bei den Investitionsfinanzie-
rungen noch viel schlimmer, als die Haushaltszahlen
dies ausdrücken.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Leider wahr!)


Vier Minister in sechs Jahren und keiner hat aus den
Fehlern seiner Vorgänger gelernt.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Vorgänger Oswald!)


Das Prinzip von Minister Stolpe „Liebe – Glaube –
Hoffnung“ ist menschlich sympathisch, in der Sache
aber ein Muster ohne Wert.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)







(A) (C)



(B) (D)


Dirk Fischer (Hamburg)


Die Baubranche leidet weiter unter allgemeiner

Wachstumsschwäche und wegbrechenden öffentlichen
Aufträgen. Im September 2004 hatten die Betriebe des
Tiefbaugewerbes 4,8 Prozent weniger Aufträge als im
Vorjahresmonat. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum
Januar bis September 2003 sind die Auftragseingänge
sogar um 7,4 Prozent gesunken.

Im Hochbau sind die Rückgänge nicht weniger be-
sorgniserregend. Die fatale Folge ist: Insgesamt waren in
den Betrieben des Tief- und Hochbaus im Septem-
ber 2004 rund 80 000 Beschäftigte weniger tätig als vor
einem Jahr. Rot-grüne Regierungspolitik als Arbeits-
platzvernichter kann man da nur sagen!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Der drastische Investitionsrückgang ist Folge eines
verantwortungslosen Gesetzesverstoßes. Hier stand zu
Recht § 11 des Mautgesetzes im Mittelpunkt der Dis-
kussion. Als ein Teilnehmer des Vermittlungsverfahrens
habe ich den Vorgang sehr genau in Erinnerung. Diese
Formulierung im Gesetz, Herr Minister Stolpe, ist von
Ihnen im Verfahren insbesondere gegenüber den Bun-
desländern garantiert worden. Sie haben ausdrücklich
hinzugefügt: abgestimmt mit dem Kanzleramt, abge-
stimmt mit Bundesfinanzminister Eichel. Deswegen
können Sie jetzt nicht so tun, als hätten Sie damals ge-
wisse Vorbehalte ausgedrückt. Das ist nicht geschehen.
Das Basisjahr war 2003 und kein anderes; denn im
Mai 2003 hat das Vermittlungsverfahren stattgefunden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es ist wirklich eigentümlich: Die Mauteinnahmen
werden zwar im Haushalt 2005 berücksichtigt und in der
Prognose sogar noch hochgeschrieben, weil man wohl
Deckungsmasse brauchte, gleichzeitig aber wird der bis-
herige Investitionstitel um einen noch größeren Betrag
als die Mauteinnahmen gekürzt. Das ist ein rechtswidri-
ges Nullsummenspiel. Obwohl Mauteinnahmen sogar
mit 3 Milliarden um 200 Millionen Euro höher angesetzt
sind als 2004, werden 2005 die Investitionen sinken. Da-
mit wird der Gedanke der Nutzerfinanzierung diskredi-
tiert. Der Nutzer zahlt mehr, damit er mehr und bessere
Infrastruktur bekommt. Wenn es so weit ist, sagt man
zum Nutzer: Ätsch, ätsch, das geht alles in den allgemei-
nen Haushalt und nicht in die Infrastruktur.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die für 2005 vorgesehenen Investitionsmittel decken
die Kosten für Neu-, Ausbau- und Instandhaltungsmaß-
nahmen nicht einmal ansatzweise. Die Angleichung der
Verhältnisse zwischen den alten und neuen Bundes-
ländern rückt in weite Ferne. Wir beraten heute auch das
Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz, das
sonst Ende dieses Jahres ausgelaufen wäre. Sie haben
sich zunächst jeglicher Verlängerung verweigert. Jetzt
wird es wenigstens um ein Jahr verlängert. Wir werden
dieser Atempause am Ende zustimmen. Aber es ist völ-
lig unzureichend. Sinnvoll wäre gewesen, zu sagen: Der
Solidarpakt II läuft bis zum Jahre 2019 und so lange gilt
auch dieses Gesetz. Aber wir werden es heute unterstüt-
zen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Bundesregierung hat es versäumt, rechtzeitig den
Entwurf eines Gesetzes für eine bundesweite Vereinfa-
chung und Beschleunigung von Planungs- und Geneh-
migungsverfahren vorzulegen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Nun ist aber gut!)


Ich meine, Herr Minister Dr. Stolpe, Sie müssen jetzt
diese Atempause nutzen, um dem Parlament bis spätes-
tens Ende März 2005 einen Gesetzentwurf vorzulegen,
den Sie den Verkehrsministern der Länder Anfang Okto-
ber 2004 ausdrücklich versprochen haben. Diesen wol-
len wir zeitnah von Ihnen erhalten. Dabei müssen Sie
alle Möglichkeiten der Planungsbeschleunigung nutzen,
auch nach den guten Erfahrungen, die Sie im Ergebnis-
bericht dargelegt haben.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Nun reicht es aber!)


Auch Ihrer Bringschuld einer fundierten Darstellung
der Ergebnisse der Städtebaupolitik und des künftigen
städtebaulichen Handlungsbedarfs sind Sie noch nicht
nachgekommen. Erst auf Antrag meiner Fraktion wurde
die Bundesregierung verpflichtet, einen neuen Städte-
baubericht vorzulegen. Der letzte stammt aus dem Jahr
1996 und ist inhaltlich nicht mehr aktuell. In den nächs-
ten Wochen wird die Föderalismuskommission über die-
sen Bereich entscheiden. Wie wichtig wäre es gewesen,
einen aktuellen Bericht und ein schlüssiges Konzept zu
haben! Nun haben die Mitglieder der Föderalismuskom-
mission diese bestmögliche Entscheidungsgrundlage
nicht.

Bei den Entscheidungen zur Wohnungspolitik droht
das gleiche Dilemma. Es fehlt die längst angekündigte
aktuelle Wohnraumbedarfsprognose. Zwischen 300 000
und 350 000 fertig gestellte Wohnungen sind bis 2010
jährlich erforderlich, um einen ausgeglichenen Woh-
nungsmarkt zu erhalten. Wir sind im Jahr 2003 mit
268 000 Wohnungen deutlich hinter diesen Erfordernis-
sen zurückgeblieben. Im Zeitraum Januar bis September
2004 wurden nur 208 000 Wohnungen genehmigt. Das
sind noch einmal 6 ½ Prozent weniger als im Vorjahres-
zeitraum.

Der Neubau selbst genutzten Wohneigentums ist
wichtig. Das hat der Kollege Barthle hier sehr deutlich
gesagt. Wir müssen Sie im Bundesrat daran hindern, die
Schaffung von Wohneigentum, die die beste Altersvor-
sorge ist, den spezifischen Wohnraumbedarf junger Fa-
milien deckt und wichtige Beschäftigungseffekte für die
Baubranche auslöst, gegen die Wand zu fahren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die zu dieser Zeit und in dieser Situation sehr kurze
Bilanz rot-grüner Verkehrs- und Baupolitik macht






(A) (C)



(B) (D)


Dirk Fischer (Hamburg)

Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 560;
davon

ja: 225
nein: 294
enthalten: 41

Ja
CDU/CSU
Ulrich Adam
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Artur Auernhammer
Dietrich Austermann
Norbert Barthle
Dr. Wolf Bauer
Günter Baumann
Ernst-Reinhard Beck

(Reutlingen)


Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Otto Bernhardt
Dr. Rolf Bietmann
Clemens Binninger
Renate Blank
Peter Bleser
Antje Blumenthal
Jochen Borchert

Wolfgang Börnsen

(Bönstrup)


Wolfgang Bosbach
Dr. Wolfgang Bötsch
Klaus Brähmig
Dr. Ralf Brauksiepe
Helge Braun
Georg Brunnhuber
Verena Butalikakis
Hartmut Büttner

(Schönebeck)


Cajus Julius Caesar
Manfred Carstens (Emstek)

Gitta Connemann
Leo Dautzenberg
Hubert Deittert
Alexander Dobrindt
Vera Dominke
Thomas Dörflinger
Marie-Luise Dött
Maria Eichhorn
Rainer Eppelmann
Anke Eymer (Lübeck)

Georg Fahrenschon
Ilse Falk
Dr. Hans Georg Faust
Albrecht Feibel
Enak Ferlemann
Hartwig Fischer (Göttingen)

Dirk Fischer (Hamburg)


(KarlsruheLand)

Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich

(Hof)


Jochen-Konrad Fromme
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Dr. Peter Gauweiler
Dr. Jürgen Gehb
Norbert Geis
Roland Gewalt
Eberhard Gienger
Georg Girisch
Michael Glos
Ralf Göbel
Dr. Reinhard Göhner
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Ute Granold
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Markus Grübel
Manfred Grund
Karl-Theodor Freiherr von
und zu Guttenberg

Olav Gutting
Holger Haibach
Gerda Hasselfeldt
Klaus-Jürgen Hedrich
Ursula Heinen

Siegfried Helias
Uda Carmen Freia Heller
Michael Hennrich
Jürgen Herrmann
Bernd Heynemann
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Robert Hochbaum
Klaus Hofbauer
Joachim Hörster
Hubert Hüppe
Susanne Jaffke
Dr. Peter Jahr
Dr. Egon Jüttner
Bartholomäus Kalb
Steffen Kampeter
Irmgard Karwatzki
Bernhard Kaster

(Bad Dürrheim)


Volker Kauder
Gerlinde Kaupa
Eckart von Klaeden
Jürgen Klimke
Julia Klöckner
Kristina Köhler (Wiesbaden)

Manfred Kolbe
Thomas Kossendey
Rudolf Kraus
Michael Kretschmer
Günther Krichbaum
Günter Krings
deutlich: Die Bundesregierun
in einer Sackgasse


(Wilhelm Schmidt [ Quats und ist mit ihrem Haushaltse gegen die Wand gefahren. (Beifall bei der CDU/C Wilhelm Schmidt [Salz Dummes!)


Vizepräsident Dr. Norbe
Ich schließe die Aussprach
Wir kommen zur A

Einzelplan 12 – Bundesmini
und Wohnungswesen – in de
gen zwei Änderungsanträge d
vor, über die wir zuerst abstim

Wir stimmen zunächst übe
Drucksache 15/4357 ab. We
rungsantrag? – Wer stimmt
trag? – Wer enthält sich der S
antrag ist mit Mehrheit abgel

Ich rufe den Änderungsant
auf. Hierzu verlangt die CD
che Abstimmung. Ich bitte
Schriftführer, die Plätze ein
g befindet sich seit Jahren

Salzgitter] [SPD]:
ch!)
ntwurf 2005 nun endgültig

SU und der FDP –
gitter] [SPD]: So was

rt Lammert:
e.
bstimmung über den
sterium für Verkehr, Bau-
r Ausschussfassung. Es lie-
er Fraktion der CDU/CSU
men werden.
r den Änderungsantrag auf
r stimmt für diesen Ände-
gegen den Änderungsan-
timme? – Der Änderungs-
ehnt.
rag auf Drucksache 15/4365
U/CSU-Fraktion namentli-
die Schriftführerinnen und
zunehmen. – Der Verteidi-
gungsminister empfiehlt un
Urnen sind damit freigegeben


(Heiter Gibt es noch Mitglieder d genheit hatten, ihre Stimmka fröhliches Nicken an allen U Abstimmung. Ich bitte di Schriftführer, mit der Auszäh Abstimmungsergebnis Vorau genden weiteren Abstimmun Sitzung, bis das Ergebnis die (Unterbrechung von 1 Vizepräsident Dr. Norbe Verehrte Kolleginnen un chene Sitzung ist wieder eröf Ich gebe das von den Sch führern ermittelte Ergebnis mung über den Änderungsan CSU zur zweiten Beratung de eingebrachten Entwurfs eines lung des Bundeshaushalts jahr 2005 bekannt. Zu dies 560 Stimmen abgegeben wor 225, mit Nein haben gestimm gezählt worden. Damit ist d lehnt. verzüglichen Angriff. Die . keit)

es Hauses, die keine Gele-
rten abzugeben? – Ich sehe
rnen. Dann schließe ich die
e Schriftführerinnen und
lung zu beginnen. Weil das
ssetzung für die dann fol-
gen ist, unterbreche ich die
ser Abstimmung vorliegt.
8.20 bis 18.27 Uhr)
rt Lammert:
d Kollegen, die unterbro-
fnet.
riftführerinnen und Schrift-
der namentlichen Abstim-
trag der Fraktion der CDU/
s von der Bundesregierung
Gesetzes über die Feststel-
plans für das Haushalt-
em Änderungsantrag sind
den. Mit Ja haben gestimmt
t 294, Enthaltungen sind 41
er Änderungsantrag abge-






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn (Zingst)

Dr. Karl A. Lamers

(Heidelberg)


Dr. Norbert Lammert
Helmut Lamp
Barbara Lanzinger
Karl-Josef Laumann
Vera Lengsfeld
Werner Lensing
Peter Letzgus
Ursula Lietz
Walter Link (Diepholz)

Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold

(Offenbach)


Patricia Lips
Dr. Michael Luther
Dorothee Mantel
Erwin Marschewski

(Recklinghausen)


Stephan Mayer (Altötting)

Dr. Conny Mayer (Freiburg)

Dr. Martin Mayer

(Siegertsbrunn)


Wolfgang Meckelburg
Dr. Michael Meister
Friedrich Merz
Doris Meyer (Tapfheim)

Maria Michalk
Hans Michelbach
Klaus Minkel
Marlene Mortler
Dr. Gerd Müller
Stefan Müller (Erlangen)

Bernward Müller (Gera)

Hildegard Müller
Bernd Neumann (Bremen)

Henry Nitzsche
Michaela Noll
Günter Nooke
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Melanie Oßwald
Eduard Oswald
Rita Pawelski
Dr. Peter Paziorek
Ulrich Petzold
Dr. Joachim Pfeiffer
Sibylle Pfeiffer
Dr. Friedbert Pflüger
Beatrix Philipp
Ronald Pofalla
Ruprecht Polenz
Thomas Rachel
Hans Raidel
Dr. Peter Ramsauer
Helmut Rauber
Peter Rauen
Christa Reichard (Dresden)

Katherina Reiche
Klaus Riegert
Dr. Heinz Riesenhuber
Hannelore Roedel
Franz Romer
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr
Dr. Klaus Rose
Kurt J. Rossmanith
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Christian Ruck
Volker Rühe
Albert Rupprecht (Weiden)

Peter Rzepka
Anita Schäfer (Saalstadt)

Dr. Wolfgang Schäuble
Andreas Scheuer
Norbert Schindler
Georg Schirmbeck
Angela Schmid
Bernd Schmidbauer
Christian Schmidt (Fürth)

Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Ole Schröder
Bernhard Schulte-Drüggelte
Uwe Schummer
Wilhelm Josef Sebastian
Horst Seehofer
Kurt Segner
Matthias Sehling
Marion Seib
Heinz Seiffert
Bernd Siebert
Thomas Silberhorn
Johannes Singhammer
Erika Steinbach
Gero Storjohann
Andreas Storm
Max Straubinger
Matthäus Strebl
Thomas Strobl (Heilbronn)

Lena Strothmann
Michael Stübgen
Antje Tillmann
Edeltraut Töpfer
Dr. Hans-Peter Uhl
Arnold Vaatz
Volkmar Uwe Vogel
Andrea Astrid Voßhoff
Gerhard Wächter
Marko Wanderwitz
Peter Weiß (Emmendingen)

Gerald Weiß (Groß-Gerau)

Ingo Wellenreuther
Annette Widmann-Mauz
Klaus-Peter Willsch
Willy Wimmer (Neuss)

Matthias Wissmann
Werner Wittlich
Elke Wülfing
Wolfgang Zeitlmann
Wolfgang Zöller

Nein
SPD
Dr. Lale Akgün
Gerd Andres
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Hermann Bachmaier
Ernst Bahr (Neuruppin)

Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Eckhardt Barthel (Berlin)

Klaus Barthel (Starnberg)

Sören Bartol
Sabine Bätzing
Uwe Beckmeyer
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Hans-Werner Bertl
Petra Bierwirth
Rudolf Bindig
Lothar Binding (Heidelberg)

Gerd Friedrich Bollmann
Klaus Brandner
Willi Brase
Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)


Hans-Günter Bruckmann
Marco Bülow
Ulla Burchardt
Dr. Michael Bürsch
Hans Martin Bury
Marion Caspers-Merk
Dr. Peter Danckert
Dr. Herta Däubler-Gmelin
Karl Diller
Martin Dörmann
Peter Dreßen
Elvira Drobinski-Weiß
Detlef Dzembritzki
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Hans Eichel
Martina Eickhoff
Marga Elser
Gernot Erler
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Rainer Fornahl
Gabriele Frechen
Dagmar Freitag
Lilo Friedrich (Mettmann)

Iris Gleicke
Günter Gloser
Uwe Göllner
Renate Gradistanac
Angelika Graf (Rosenheim)

Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Achim Großmann
Wolfgang Grotthaus
Karl Hermann Haack

(Extertal)


Hans-Joachim Hacker
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Alfred Hartenbach
Michael Hartmann

(Wackernheim)


Nina Hauer
Hubertus Heil
Reinhold Hemker
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Gustav Herzog
Petra Heß
Monika Heubaum
Gisela Hilbrecht
Gabriele Hiller-Ohm
Stephan Hilsberg
Gerd Höfer
Jelena Hoffmann (Chemnitz)

Walter Hoffmann

(Darmstadt)


Iris Hoffmann (Wismar)

Frank Hofmann (Volkach)

Eike Hovermann
Klaas Hübner
Christel Humme
Lothar Ibrügger
Renate Jäger
Jann-Peter Janssen
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Dr. h.c. Susanne Kastner
Ulrich Kelber
Hans-Peter Kemper
Klaus Kirschner
Astrid Klug
Dr. Bärbel Kofler
Dr. Heinz Köhler
Walter Kolbow
Fritz Rudolf Körper
Karin Kortmann
Rolf Kramer
Anette Kramme
Ernst Kranz
Nicolette Kressl
Volker Kröning
Dr. Hans-Ulrich Krüger
Angelika Krüger-Leißner
Horst Kubatschka
Helga Kühn-Mengel
Ute Kumpf
Dr. Uwe Küster
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)

Christine Lehder
Waltraud Lehn
Eckhart Lewering
Götz-Peter Lohmann
Gabriele Lösekrug-Möller
Erika Lotz
Dr. Christine Lucyga
Dirk Manzewski
Tobias Marhold
Lothar Mark
Caren Marks
Hilde Mattheis
Markus Meckel
Ulrike Mehl
Petra-Evelyne Merkel
Ulrike Merten
Angelika Mertens
Ursula Mogg
Michael Müller (Düsseldorf)

Christian Müller (Zittau)

Gesine Multhaupt
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Volker Neumann (Bramsche)

Dietmar Nietan
Dr. Erika Ober
Holger Ortel






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

Reinhold Robbe
René Röspel

Joachim Stünker
Jörg Tauss Jutta Dümpe-KrügerFranziska Eichstädt-Bohlig Angelika Brunkhorst
Dr. Ernst Dieter Rossmann

Karin Roth (Esslingen)

Michael Roth (Heringen)

Gerhard Rübenkönig
Ortwin Runde
Marlene Rupprecht

(Tuchenbach)


Thomas Sauer
Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)

Gudrun Schaich-Walch
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Siegfried Scheffler
Horst Schild
Otto Schily
Horst Schmidbauer

(Nürnberg)


Ulla Schmidt (Aachen)

Silvia Schmidt (Eisleben)

Dagmar Schmidt (Meschede)

Wilhelm Schmidt (Salzgitter)

Heinz Schmitt (Landau)

Carsten Schneider
Walter Schöler
Olaf Scholz
Karsten Schönfeld
Fritz Schösser
Wilfried Schreck
Ottmar Schreiner
Gerhard Schröder
Brigitte Schulte (Hameln)

Reinhard Schultz

(Everswinkel)


Swen Schulz (Spandau)

Dr. Angelica Schwall-Düren
Dr. Martin Schwanholz
Rolf Schwanitz
Erika Simm

Wir stimmen jetzt über de
mit festgestellten Ausschussf
den Einzelplan 12? – Wer st
hält sich? – Damit ist der Ein
genommen.

Tagesordnungspunkt I.24,
den Fraktionen von SPD un
eingebrachten Entwurf eines
Verkehrswegeplanungsbesch
Drucksache 15/4133. Der A
Jella Teuchner
Dr. Gerald Thalheim
Wolfgang Thierse
Franz Thönnes
Hans-Jürgen Uhl
Rüdiger Veit
Simone Violka
Jörg Vogelsänger
Ute Vogt (Pforzheim)

Dr. Marlies Volkmer
Hans Georg Wagner
Hedi Wegener
Andreas Weigel
Petra Weis
Reinhard Weis (Stendal)

Gunter Weißgerber
Gert Weisskirchen

(Wiesloch)


Dr. Ernst Ulrich von
Weizsäcker

Dr. Rainer Wend
Hildegard Wester
Lydia Westrich
Inge Wettig-Danielmeier
Dr. Margrit Wetzel
Andrea Wicklein
Jürgen Wieczorek (Böhlen)

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Brigitte Wimmer (Karlsruhe)

Engelbert Wistuba
Barbara Wittig
Dr. Wolfgang Wodarg
Verena Wohlleben
Waltraud Wolff

(Wolmirstedt)


Heidi Wright
Uta Zapf
Manfred Helmut Zöllmer
Dr. Christoph Zöpel

n Einzelplan 12 in der hier-
assung ab. Wer stimmt für
immt dagegen? – Wer ent-
zelplan 12 mehrheitlich an-

Abstimmung über den von
d Bündnis 90/Die Grünen
Gesetzes zur Änderung des
leunigungsgesetzes auf der
usschuss für Verkehr, Bau
Dr. Uschi Eid
Hans-Josef Fell
Joseph Fischer (Frankfurt)

Anja Hajduk
Winfried Hermann
Antje Hermenau
Peter Hettlich
Ulrike Höfken
Thilo Hoppe
Jutta Krüger-Jacob
Fritz Kuhn
Renate Künast
Markus Kurth
Undine Kurth (Quedlinburg)

Dr. Reinhard Loske
Anna Lührmann
Jerzy Montag
Kerstin Müller (Köln)

Winfried Nachtwei
Christa Nickels
Friedrich Ostendorff
Simone Probst
Krista Sager
Christine Scheel
Irmingard Schewe-Gerigk
Albert Schmidt (Ingolstadt)

Werner Schulz (Berlin)

Petra Selg
Ursula Sowa
Rainder Steenblock
Silke Stokar von Neuforn
Hans-Christian Ströbele
Jürgen Trittin
Marianne Tritz
Dr. Antje Vogel-Sperl
Dr. Antje Vollmer
Dr. Ludger Volmer
Josef Philip Winkler
Margareta Wolf (Frankfurt)


und Wohnungswesen empfieh
den Gesetzentwurf anzunehm
dem Gesetzentwurf zustimme
chen. – Wer stimmt dagege
Stimme? – Der Gesetzentwu
mit der Mehrheit der Koalitio

Dritte Be
und Schlussabstimmung. Ich
Gesetzentwurf zustimmen wo
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)

Rainer Funke
Dr. Wolfgang Gerhardt
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)

Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Christel Happach-Kasan
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Dr. Heinrich L. Kolb
Hellmut Königshaus
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger

Markus Löning
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto

(Frankfurt)


Eberhard Otto (Godern)

Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Andreas Pinkwart
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Dr. Guido Westerwelle
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing

lt auf Drucksache 15/4254,
en. Ich bitte diejenigen, die
n wollen, um das Handzei-
n? – Wer enthält sich der
rf ist in zweiter Beratung
n angenommen.
ratung
bitte diejenigen, die dem
llen, sich von ihren Plätzen
Heinz Paula
Johannes Pflug
Joachim Poß
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Karin Rehbock-Zureich
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Christel Riemann-
Hanewinckel

Walter Riester

Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk
Dr. Cornelie Sonntag-
Wolgast

Wolfgang Spanier
Dr. Margrit Spielmann
Jörg-Otto Spiller
Dr. Ditmar Staffelt
Ludwig Stiegler
Rolf Stöckel
Christoph Strässer
Rita Streb-Hesse
Dr. Peter Struck
BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
Kerstin Andreae
Marieluise Beck (Bremen)

Volker Beck (Köln)

Cornelia Behm
Birgitt Bender
Matthias Berninger
Grietje Bettin
Alexander Bonde
Ekin Deligöz
Dr. Thea Dückert

FDP
Gudrun Kopp
Fraktionslose Abgeordnete
Dr. Gesine Lötzsch

Enthalten
FDP
Dr. Karl Addicks
Daniel Bahr (Münster)







(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsident Dr. Norbert Lammert

zu erheben. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich
der Stimme? – Der Gesetzentwurf ist, wenn ich das rich-
tig sehe, einstimmig angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.25 auf:
Einzelplan 16
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit
– Drucksachen 15/4314, 15/4323 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Elke Ferner
Albrecht Feibel
Franziska Eichstädt-Bohlig
Otto Fricke

Über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/
CSU auf Drucksache 15/4340, der sich auch auf den
Einzelplan 16 bezieht, ist bereits bei Einzelplan 09 abge-
stimmt worden. Das entlastet unsere Tagesordnung
enorm.

Ich rufe gleichzeitig Tagesordnungspunkte I.26 und
I.27 auf:

I.26 Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Neugestaltung des UIG
– Drucksachen 15/3406, 15/3680 –

(Erste Beratung 126. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit (15. Ausschuss)

– Drucksache 15/4243 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Petra Bierwirth
Marie-Luise Dött
Winfried Hermann
Michael Kauch

I.27 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit (15. Ausschuss) zu der
Verordnung der Bundesregierung
Dritte Verordnung zur Änderung der Verpa-
ckungsverordnung
– Drucksachen 15/4107, 15/4207 Nr. 2.1,
15/4248, 15/4266 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Gerd Friedrich Bollmann
Werner Wittlich
Dr. Antje Vogel-Sperl
Birgit Homburger

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Dazu
höre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlos-
sen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-
nächst dem Kollegen Albrecht Feibel, CDU/CSU.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Albrecht Feibel (CDU):
Rede ID: ID1514225200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ei-

gentlich eine Selbstverständlichkeit, dass uns die Häuser
zuarbeiten. Trotzdem darf ich die Gelegenheit nutzen,
herzlichen Dank dafür zu sagen, dass man uns auch über
die Pflicht hinaus mit Informationen beliefert hat, selbst
dann, wenn sie für die Häuser nicht so gut ausgefallen
und sehr kritisch gewesen sind. Noch einmal herzlichen
Dank für die objektive Information.

Rechtzeitig zur Beratung des Haushalts 2005 hat sich
der Präsident des Bundesrechnungshofs zu Wort gemel-
det. Er hat diesen Haushalt sehr kritisch gewürdigt.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Hört! Hört! – Walter Schöler [SPD]: Ihr müsst ihm richtig dankbar sein!)


Lassen Sie mich vorweg zwei Zitate aus dieser Würdi-
gung erwähnen. Das erste Zitat lautet:

Die finanzwirtschaftliche Situation Deutschlands
entwickelt sich mit einer Dramatik, die immer noch
unterschätzt wird.

Das zweite Zitat lautet:
Die Schieflage

– gemeint ist die finanzielle Schieflage des Haus-
halts 2005 –

ist so extrem, dass es einem den Atem verschlägt.
Wann hat ein Präsident des Rechnungshofs solch

starke Worte schon einmal gebraucht und wann hat ein
Präsident des Rechnungshofs, der auch noch einer Re-
gierungspartei angehört, eine solche Kritik schon einmal
in die Öffentlichkeit getragen? Das unterstreicht wirk-
lich die Dramatik dieses Haushalts, den die Koalition
aus Rot und Grün zu verantworten hat.


(Walter Schöler [SPD]: Ihr habt ja nichts gebracht!)


Wir haben eine Vielzahl von Sparvorschlägen in den
Haushaltsausschuss eingebracht.


(Elke Ferner [SPD]: Oh ja, darauf kommen wir noch!)


Es ist für mich völlig unverständlich, dass die Kollegin
Eichstädt-Bohlig hier vorgetragen hat, es handele sich
um kleine Sticheleien. Was ist eigentlich eine kleine
Summe, wenn es ums Sparen geht? Kleine Summen
summieren sich zu mehrstelligen Millionen


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


und mehrstellige Millionen summieren sich zu Milliar-
den.


(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ja, unter Umständen!)


Bei der Beratung des Haushalts 2004 haben Sie uns
noch den Vorwurf gemacht, wir würden keine Sparvor-
schläge einbringen. Im Gegensatz zu Ihnen haben wir
jetzt Sparvorschläge eingebracht. Was haben Sie damit
gemacht? Sie haben alle Anträge restlos abgelehnt.






(A) (C)



(B) (D)


Albrecht Feibel


(Waltraud Lehn [SPD]: Hätten Sie mal bessere gemacht!)

Auf der einen Seite fordern Sie Kooperation ein, auf der
anderen Seite zeigen Sie kein bisschen Bereitschaft,
diese durch Zustimmung – meinetwegen auch zu den
kleinen Anträgen – zu belohnen.

In diesem Jahr haben wir eine stattliche Anzahl von
Einsparungsvorschlägen erarbeitet. Diese Einsparungs-
vorschläge wären ein Beitrag dafür gewesen, den Haus-
halt etwas mehr ins Gleichgewicht zu bringen. Trotzdem
lehnen Sie unsere Sparvorschläge ab. Deshalb ist der
Haushalt nach wie vor nicht ausgeglichen. Er ist verfas-
sungswidrig.


(Elke Ferner [SPD]: Mit der Annahme Ihrer Sparvorschläge hätte sich nicht viel geändert!)


Lassen Sie mich deshalb noch ein Zitat des Präsiden-
ten des Bundesrechnungshofs vortragen:

Eigentlich müsste es selbstverständlich sein, dass
der Bund in Zeiten knapper Kassen

– ich sage, sie sind total leer –
besonders verantwortungsbewusst mit öffentlichen
Mitteln umgeht.

Mit seiner Kritik am Haushalt 2005 bestätigt Herr
Engels, dass die Bundesregierung verantwortungslos mit
dem Geld der Bürger umgeht und dass Sie keine Verant-
wortung zeigen, wenn es darum geht, den Haushalt kri-
tisch zu betrachten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Walter Schöler [SPD]: Das sagt Engels, aber was sagt Marx dazu?)


Wir haben also Vorschläge gemacht, wo man sparen
kann. Ein Beispiel sind die Personalkosten. Zunächst
kommt der Umweltminister der Aufforderung des
Finanzministers nach und kürzt bei den regulären Perso-
nalkosten. Gleichzeitig erhöht er seine Aufwendungen
für Aushilfen und Sonderverträge um 8,3 Millionen
Euro.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Unglaublich!)


Ein weiteres Beispiel ist die Förderung der Ver-
bände. Es ist hier schon einige Male erwähnt worden,
was alles gefördert wird. Da muss man sich die Frage
stellen, ob es in Zeiten wirklich leerer Kassen noch zu
rechtfertigen ist, was der Bundesumweltminister alles
fördert. Ich will ein paar Kostproben zum Besten geben.
Das bundesweite Management für große Beutegreifer
wird gefördert. Anscheinend sollen diese Vögel Geld in
die Kasse bringen. Der Islamrat wird mit einem relativ
geringen Betrag für das Programm „Islam und Umwelt-
schutz am Beispiel des Wassers“ gefördert. Der Islamrat
ist die Einrichtung, die der Bundesinnenminister von sei-
nen Einrichtungen überwachen lässt, wohingegen der
Bundesumweltminister genau diese Einrichtung fördert.


(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Unerhört!)

Da wird Geld für ein Leitsystem nachhaltige Produkte
im Einzelhandel, Duftstoffe in Innenräumen und die
Stärkung nachhaltiger Reiseangebote ausgegeben. Wenn
man sich diese Angebote genauer ansieht, merkt man,
dass dahinter ein Unternehmen steht, das damit Geld
verdient. Genauso ist es mit „Klima Kompakt“, bei dem
es um Internetinformationen geht, mit denen ein Unter-
nehmen Geld verdient.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie alles abschaffen, was ökologisch ist?)


„Frauen für eine giftfreie Zukunft“ sind dem Umweltmi-
nister 50 000 Euro wert. Es fehlt nur noch das, was im
Wahlkampf in einer anderen deutschen Region, nämlich
in Rheinland-Pfalz, verkündet wurde: Dort ist der LKW
die „Achse des Bösen“. Ich warte noch darauf, dass der
Umweltminister auch solche Programme fördert.

Genauso sieht es bei der Förderung von Aus-
landsprojekten aus. Als ein herausragendes Beispiel
nenne ich hier die Windparks Rusova und Usova in
Tschechien. Es ist nun wirklich nicht mehr nachzuvoll-
ziehen, dass wir in Zeiten, in denen kein Geld in der
Kasse ist, Projekte im Ausland fördern, die von dem je-
weiligen Land – in diesem Fall Tschechien – überhaupt
nicht gewollt werden.


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie kommen sie denn dahin?)


2,5 Millionen Euro sind dafür bereitgestellt worden. Bis
zum September dieses Jahres sind gerade einmal
900 000 Euro abgerufen worden.

Wenn Sie die letzten Jahre verfolgen, dann werden
Sie feststellen, dass diese Auslandsprojekte in den jewei-
ligen Ländern überhaupt keine Akzeptanz finden. Des-
halb sollten Sie einmal darüber nachdenken, ob Sie hier
noch auf dem richtigen Weg sind.

Auch bei den Dienstreisen haben wir Einsparungen
vorgeschlagen. 5 Millionen Euro für ein schlechtes Rei-
semanagement sind ganz einfach zu viel. Gleiches gilt
für die Fachbeiräte und sachverständigen Berater mit
4,3 Millionen Euro.

Ist der Haushalt ruiniert, lebt’s sich weiter ungeniert –
so könnte man über den Haushalt 2005 schreiben.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Toller Spruch!)


Ich frage mich, warum der Minister für eine schlechte
Politik ein neues Ministerium braucht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

40 Millionen Euro könnten wir einsparen, wenn er in
dem Gebäude bliebe, in dem er jetzt seine Politik macht.
Auch durch ein neues Haus wird die Politik von Herrn
Trittin garantiert nicht besser.


(Beifall bei der CDU/CSU – Elke Ferner [SPD]: So ein dummes Geschwätz! – Ulrich Kelber [SPD]: Oder nach Bonn zurückziehen!)







(A) (C)



(B) (D)


Albrecht Feibel

Die Kollegin Böhmer hat hier die Kosten für die

Arbeitsplätze im Bereich der Windenergie angespro-
chen. Wir alle sind natürlich für erneuerbare Energien.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nur im Prinzip!)


Aber bei Überförderung müssen wir Halt rufen. Der
Kollege Hans-Josef Fell hat der Kollegin Böhmer heftig
widersprochen,


(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Sehr gut!)


als sie vorgetragen hat, dass die Arbeitsplätze im Be-
reich der Windenergie eine Unmenge an Geld kosten.
Ich darf Ihnen hier zwei Zahlen nennen. Das Internatio-
nale Wirtschaftsforum stellt fest: Ein Arbeitsplatz in der
deutschen Steinkohle kostet 50 000 Euro an Zuschüssen;
ein Arbeitsplatz in der Windenergiebranche kostet der-
zeit etwa 150 000 Euro an Zuschüssen. Damit kann man
das Problem der fehlenden Beschäftigung in unserer Re-
publik nicht lösen.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie haben Sie denn gerechnet?)


Eine weitere Position, bei der wir Millionen einsparen
könnten, sind die Endlager.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: 9 Milliarden Euro!)


Mehrendlager, Einendlager, viele Zwischenlager: Sie
kosten uns ungeheure Mengen Geld. Allein die Investi-
tionen in Gorleben kosten 1,5 Milliarden Euro. Sie wer-
den nicht genutzt. Der Steuerzahler darf jährlich
60 Millionen Euro aufbringen, damit diese beiden Ein-
richtungen offen gehalten werden, ohne dass sie wirklich
einer Nutzung zugeführt werden.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Was sagt denn der Rechnungshof dazu?)


Abschließend eine Bemerkung über eine Sache, die
wir sehr kritisch betrachten müssen. Es geht um die
Frage, wohin Herr Trittin die Nuklearforschung führt.
Wenn wir uns in Karlsruhe oder Oberschleißheim umse-
hen, dann stellen wir fest, dass dort die Forschung in die-
sem Bereich sozusagen auf null zurückgeführt wird.
Jeder von uns weiß, dass Nuklearforschung nicht nur für
zukünftige Kernkraftwerke von Nutzen ist, sondern dass
wir auch im medizinischen Bereich und anderswo die
Nuklearforschung dringend brauchen. Deshalb ist die
Politik, die wissenschaftliche Begleitung der Kernener-
gie auf null zu reduzieren, absolut verantwortungslos.
Deshalb lehnen wir den Einzelplan 16 ab.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist ja eine Überraschung!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514225300

Das Wort hat die Kollegin Elke Ferner, SPD-Fraktion.

Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1514225400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf

einige Punkte, die der Kollege Feibel eben angesprochen
hat, werde ich noch zu sprechen kommen. Ich möchte
zunächst deutlich machen, wie die Situation jetzt aus-
sieht und wie sie 1998 gewesen ist.


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Ach ja!)

1998 hat der Umwelthaushalt ein Volumen von

620 Millionen Euro gehabt. Im nächsten Jahr hat der
Umwelthaushalt ein Volumen von 769 Millionen Euro.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Wegen der ideologischen Spielwiesen!)


– Ihre Kolleginnen und Kollegen im Umweltausschuss
sagen immer, es sei viel zu wenig Geld da. Jetzt sage ich
Ihnen, dass im Jahr 2005 mehr Geld für Umweltpolitik
im Einzelplan des Umweltministeriums zur Verfügung
steht als 1998,


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Die Ausgaben sind umgetopft worden!)


und das ist Ihnen auch nicht recht. Sie müssen sich schon
entscheiden, was Sie eigentlich möchten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: Das Geld ist beim Wirtschaftsministerium!)


Dieses Volumen konnten wir erreichen, obwohl auch
im Umwelthaushalt die Streichungen der Koch/Stein-
brück-Liste umgesetzt und wie in allen Einzelplänen im
Personalbereich 1,5 Prozent gespart werden mussten.
Hinzu kommen noch weitere Konsolidierungsmaßnah-
men.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Ihre globale Minderausgabe!)


Das BMU wird sich auch an der globalen Minderaus-
gabe beteiligen müssen. Ich habe allerdings bei der
Haushaltsberatung – es war zugegebenermaßen schon
recht spät, als wir zu dem Deckblatt gekommen sind, auf
dem die globale Minderausgabe auf die Einzelpläne um-
gelegt worden ist – keinen Antrag von Ihnen gefunden,
mit dem eine geringere Beteiligung des Umweltministe-
riums an der globalen Minderausgabe gefordert worden
wäre.


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Sie hätten alles abgelehnt!)


Im Übrigen haben Sie das bei keinem einzigen Einzel-
plan gemacht. Deshalb sollten Sie sich jetzt nicht künst-
lich aufregen.

Die Schwerpunkte liegen mit knapp 263 Millionen
Euro bei den erneuerbaren Energien, bei den Natur-
schutzgroßprojekten mit 15 Millionen Euro auf dem
Vorjahresniveau. Es gibt im Umweltforschungstitel
58,1 Millionen Euro für Beratungshilfen für die MOE-
Staaten und für Projektförderung der Umwelt- und
Naturschutzverbände, Erprobungs- und Entwicklungs-
vorhaben im Naturschutz und die Pilotprojekte im Inland
und im Ausland. Das sind wichtige Maßnahmen, die zu






(A) (C)



(B) (D)


Elke Ferner

einer Verbesserung des Umweltschutzes beitragen. Vor
allen Dingen wird die Koalition damit ihrer Verantwor-
tung im Bereich des Umweltschutzes und des Natur-
schutzes gerecht.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Na!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1514225500

Eine Zwischenfrage des Kollegen Kalb.


Bartholomäus Kalb (CSU):
Rede ID: ID1514225600

Frau Kollegin Ferner, können Sie mir erklären, wie es

sein kann, dass die globale Minderausgabe auf den
Einzelplan 16 umgelegt werden muss, wo doch gestern
Abend bei der Beratung des Einzelplans 23 der Abge-
ordnete Diller von seinem Abgeordnetenplatz aus im
Rahmen einer Zwischenfrage an den Kollegen Borchert
bemerkt hat, der Einzelplan 23 werde von der Umlegung
der globalen Minderausgabe ausgenommen, weil im
Einzelplan 60 dafür ausreichend Vorsorge getroffen wor-
den sei?

Wie erklären Sie es sich, dass der Kollege Diller, der
schließlich auch Staatssekretär ist, eine solche Aussage
als Abgeordneter trifft, und dass – sofern das zutrifft –
einzelne Etats unterschiedlich behandelt werden?


Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1514225700

Zunächst einmal haben wir nicht die kompletten

2 Milliarden Euro auf die Einzelpläne aufgeteilt, sondern
es sind insgesamt etwas über 800 Millionen Euro, die so-
zusagen einzelplangenau umgelegt worden sind. Wir
wissen aber, dass es insbesondere im Bereich des Einzel-
plans 23, wirtschaftliche Zusammenarbeit, und auch im
Bereich des Einzelplans des Auswärtigen Amtes immer
wieder Ereignisse gibt, die nicht voraussehbar sind. So
war vor einem Jahr, als wir den Haushalt 2004 beschlos-
sen haben, die Situation im Sudan nicht vorauszusehen.
Insofern konnte seinerzeit niemand wissen, dass dafür
zusätzliche Mittel notwendig würden.

Insofern gehe ich davon aus, dass das, was wir im
Ausschuss beschlossen haben, auch so umgesetzt wird.
Wir wissen alle – das war zu Ihrer Regierungszeit nicht
anders als in unserer –, dass sich im Haushaltsvollzug
durchaus andere Notwendigkeiten ergeben können und
dass dann entsprechend nachgesteuert werden muss.

Ich komme jetzt zur Energiepolitik. Wir setzen auf die
Zukunft, nämlich auf die erneuerbaren Energien. Mit
263 Millionen Euro macht der Bereich der erneuerbaren
Energien 34 Prozent des gesamten Umwelthaushaltes
aus. Die CDU/CSU wollte bei dem Titel eine Kürzung
um 12 Millionen Euro vornehmen und die FDP wollte
ihn sogar um 16,5 Millionen Euro kürzen. Soviel zum
Thema, wie es die FDP und die Union mit Zukunftstech-
nologien halten.


(Beifall bei der SPD – Michael Kauch [FDP]: Sagen Sie auch, wofür wir es investieren wollen!)


Die FDP will stattdessen zurück zur Atomwirtschaft.
Sie haben einen Erhöhungsantrag von 114,4 Millionen
Euro für den Endlagerbereich gestellt. Damit wollen Sie
sogar das Endlager Gorleben und – ich sehe gerade den
Kollegen Schmidt – das Projekt Konrad fertig stellen.


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Wo wollt ihr denn mit dem Atommüll hin?)


Herr Kollege Feibel hat eben die Zwischenlager kri-
tisiert.


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Dass sie nicht genutzt werden als Endlager!)


Es dürfte Ihnen nicht verborgen geblieben sein, dass
Atommüll, wenn er aus dem Reaktor herauskommt,
nicht sofort unter Tage verbracht werden kann, weil be-
stimmter Atommüll aus rein physikalischen Gründen
eine gewisse Zeit abklingen muss, damit er abkühlt.


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Es gibt aber auch endlagerfähigen Atommüll!)


Aber das alles scheint Sie nicht zu interessieren.

(Beifall bei der SPD – Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Dafür reichen die zwei Lager aus!)


Mich wundert ein solcher Antrag der FDP, weil es
eine Vereinbarung mit der Energiewirtschaft gibt – das
Moratorium – und weil Gerichtsverfahren anhängig
sind.


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Das kostet doch Geld!)


Sie müssen sich schon fragen lassen, wie Sie das mit Ih-
rer Tradition als Rechtsstaatspartei vereinbaren können.


(Beifall der Abg. Franziska Eichstädt-Bohlig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Kauch [FDP]: Man kann es auch mal mit Gesetzesänderungen versuchen!)


Zu Ihrer Regierungszeit – CDU/CSU und FDP – wur-
den die regenerativen Energien sträflich vernachlässigt.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das wurde unter uns eingeführt! Das Energieeinspeisungsgesetz!)


– Es war weniger, sehr verehrter Herr Kollege Paziorek. –
Zu Ihrer Zeit gab es auch keine CO2-Minderungspro-gramme im Gebäudebereich oder zum Beispiel Lärm-
schutz an bestehenden Schienenwegen. Das haben erst
wir als rot-grüne Koalition auf den Weg gebracht.


(Beifall bei der SPD – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Genau! Wir sind nämlich gut!)


Mit dem Marktanreizprogramm und den Energiefor-
schungstiteln setzen wir auf eine schnellere Verbreitung
und vor allen Dingen auch auf die Weiterentwicklung
der erneuerbaren Energien. Wir tragen damit nicht nur
zum Klimaschutz bei, sondern wir stärken auch kleine
und mittlere Unternehmen.

Werter Herr Kollege Feibel, Sie sollten vielleicht die
Quellen für Ihre Zahlenangaben überprüfen. Was Sie
eben zum Besten gegeben haben, werden Sie wohl nicht
richtig belegen können.






(A) (C)



(B) (D)


Elke Ferner

Statt zur Atomenergie zurückzukehren, wie Sie es

möchten, wollen wir aussteigen. Das erste AKW ist
schon stillgelegt worden. Ich denke, es ist wichtig, dass
die Bevölkerung sieht, dass der Ausstieg vollzogen wird.

Wir haben in diesem Haushalt auch den Umzug des
Umweltbundesamtes nach Dessau zu bewältigen. Ich
bin sehr dankbar dafür, dass die entsprechenden kw-Stel-
len bereitgestellt werden konnten, sodass für die Härte-
fälle unter den Beschäftigten die Möglichkeit besteht,
nicht umziehen zu müssen. Insofern ist auch in diesem
Fall ein sozialverträglicher Umzug einer Bundesbehörde
nach den Entscheidungen der Föderalismuskommission
möglich.

Wir haben hinsichtlich der Einrichtung der Emissi-
onshandelsstelle, mit der wir schon im Haushalt 2004
begonnen haben, auch im nächsten Haushalt die Voraus-
setzungen dafür geschaffen, dass die Zertifikate für den
Emissionshandel im Laufe des nächsten Jahres ausge-
stellt werden können.

Ich komme jetzt zu den Anträgen, die die FDP und
die CDU/CSU gestellt haben, damit jeder weiß, wo die
Opposition sparen will,


(Otto Fricke [FDP]: Das weiß jeder!)

und damit vor allem jeder weiß, wie seriös diese Spar-
vorschläge sind.


(Otto Fricke [FDP]: Die sind vernünftig!)

Zunächst zu den Anträgen der FDP: Die FDP hat

eine Kürzung der Mittel für erneuerbare Energien um
16,5 Millionen Euro beantragt.


(Otto Fricke [FDP]: Auf wie viel? – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sehr interessant!)


– Die Mittel sollen von bisher 196 Millionen Euro um
16,5 Millionen Euro gekürzt werden. Das wird doch
wohl jeder ausrechnen können. – Die Mittel für Untersu-
chungen zu Fragen des Strahlenschutzes – dabei geht es
auch um solche Kleinigkeiten wie Gesundheitsschutz –
sollen um 2,81 Millionen Euro gekürzt werden. Dieser
Kürzungsantrag ist schon sehr bemerkenswert.

Weiter wollen Sie die Mittel für die internationale Zu-
sammenarbeit im Umweltschutz und für Beiträge an in-
ternationale Organisationen kürzen. Diesen Antrag hat
auch die Union gestellt. Das ist natürlich der Hammer.
Das Ministerium war so freundlich, uns einmal aufzulis-
ten, wann die jeweiligen Verpflichtungen eingegangen
worden sind. Jetzt könnten wir ein kleines Ratespiel ver-
anstalten. Die internationalen Verpflichtungen und die
Verpflichtungen zur Zahlung von Beiträgen an interna-
tionale Organisationen sind in der überwiegenden Zahl
vor 1998 eingegangen worden. Aber das scheint die Da-
men und Herren heute ja nicht mehr zu interessieren.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Weitere Kürzungsvorschläge gab es bei der Projekt-
förderung und bei den flexibilisierten Titeln über Einzel-
anträge. Die FDP hat außerdem eine Kürzung von
12 Prozent über alle flexibilisierten Titel beantragt. Ins-
gesamt wurden Kürzungen in Höhe von 44,7 Millio-
nen Euro beantragt.

Die Union wollte Kürzungen bei Pilotprojekten Aus-
land, bei erneuerbaren Energien und bei flexibilisierten
Titeln; außerdem hat sie pauschal eine Kürzung von
10 Prozent bei den flexibilisierten Mitteln beantragt. Sie
kam auf Kürzungen von ungefähr 43 Millionen Euro.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Sie müssen hier doch nicht alle Oppositionsanträge vorlesen! – Jochen-Konrad Fromme [CDU/ CSU]: Ihr könnt nicht richtig lesen!)


– Sie müssen jetzt bitte einmal zuhören, weil ich Ihnen
nachweisen will, wie seriös Ihre Vorschläge sind. Ich
greife als Beispiel die zehnprozentige Kürzung der flexi-
bilisierten Mittel heraus, die die Union beantragt hat.
Das Gleiche kann man natürlich auch mit 12 Prozent rech-
nen. Insgesamt stehen im Haushalt 200 401 000 Euro fle-
xibilisierte Mittel. 10 Prozent davon sind rund 20 Mil-
lionen Euro.

Was sind flexibilisierte Mittel?

(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Öffent lichkeitsarbeit!)

Das ist einmal die Hauptgruppe 4, Personal, in der un-

ter anderem die Kosten für Beamte und Beamtinnen, für
die Beihilfe und für die Auszubildenden enthalten sind.
Diese Beträge müsste man zunächst abziehen. Beamten
kann man ja schlecht von heute auf morgen kündigen;
das hätte zumindest Ausgaben für Pensionen und andere
Kosten zur Folge. Beihilfen können wir auch außen vor
lassen, ebenso Kosten für die Auszubildenden, weil ich
nicht davon ausgehe, dass sie Ausbildungsplätze ab-
schaffen wollen.


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: All die Hilfskräfte!)


– Herr Kollege Feibel, es geht um die Auszubildenden;
ich kann Ihnen die Zahlen gerne geben, damit Sie end-
lich einmal sehen, welchen Mist Sie gerechnet haben. –
Wenn man diese Beträge herausrechnet, verbleiben theo-
retisch disponible Personalausgaben von 79 Millio-
nen Euro. 10 Prozent der gesamten Personalkosten sind
aber schon 14 Millionen Euro.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ehrlich? – Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Das sollten Sie aber noch mal nachrechnen!)


Ich gehe einmal davon aus, dass Sie in der Haupt-
gruppe 5, Sächliche Verwaltungskosten, und in den
Hauptgruppen 7 und 8, Investitionen, keine Einsparun-
gen vornehmen wollen, weil ich davon überzeugt bin,
dass Sie sich die eigene Linie der Nettokreditaufnahme
nicht kürzen wollen.

Würde man den Betrag nur auf die Personalkosten
ohne Beamte und Beamtinnen und ohne Auszubildende
umlegen, müsste man 371 Stellen für Arbeiter, Arbeite-
rinnen und Angestellte streichen. Dann würden im ge-
samten Umweltministerium und im Bundesamt für Na-
turschutz ab dem 1. Januar 2005 keine Arbeiter und
Arbeiterinnen und keine Angestellten mehr arbeiten. Sie






(A) (C)



(B) (D)


Elke Ferner

müssten fristlos entlassen werden. Die Kosten, die dann
bei der Bundesagentur für Arbeit anfallen würden,
rechne ich noch nicht mit.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514225800

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Fricke?


Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1514225900

Gerne.


Otto Fricke (FDP):
Rede ID: ID1514226000

Frau Kollegin Ferner, ich bringe Sie ja ungern von Ih-

ren Erörterungen zur Personalpolitik des Umweltminis-
teriums ab, aber ich möchte Sie doch fragen: Stimmen
Sie im Hinblick auf unsere Sparvorschläge, die Sie kriti-
siert haben – wobei Sie die absoluten Zahlen bewusst
nicht genannt haben –, meiner Feststellung zu, dass ein
Land, das nicht spart, irgendwann für die nachhaltige
Aufgabe des Schutzes der Umwelt überhaupt kein Geld
mehr hat?


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Sehr gut!)



Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1514226100

Ich gebe Ihnen Recht,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

dass man sparen muss. Das hat diese Regierung auch ge-
tan. Die Staatsquote ist niedriger als zu Ihrer Regie-
rungszeit, genauso wie die Ausgaben, der Personalstand
und viele Subventionstatbestände. Wenn Sie vorher nicht
so freigiebig mit dem Geld umgegangen wären, ginge es
uns heute besser.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In den letzten beiden Tagen ist ja durchaus deutlich ge-
worden, wer welchen Anteil an der heutigen Pro-Kopf-
Verschuldung hat. Diejenigen, die in diesem Haus am
längsten in der Regierungsverantwortung waren, sind
Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der
FDP.

Ich komme zurück auf die „echten“ Einsparungen Ih-
res Vorschlags, die flexibilisierten Mittel um 10 Prozent
zu kürzen. Wenn man 10 Prozent der Gesamtpersonal-
kosten auf disponible Personalkosten umlegt, müssten
noch immer 6 Millionen Euro bei den flexibilisierten
Mitteln eingespart werden. Das ist fast der gesamte Ge-
schäftsbedarf in der Hauptgruppe 5. Das hieße, dass die
noch verbleibenden 255 Angestellten und Arbeiter Blei-
stifte, Radiergummis und Papier mitbringen sowie Porto
und dienstlich veranlasste Telefonkosten selber zahlen
müssten. Das würde quasi die Umsetzung Ihres 10-Pro-
zent-Vorschlags bedeuten.

Wenn man bedenkt, dass auch Sie niemandem im öf-
fentlichen Dienst fristlos kündigen können – der Perso-
nalhaushalt muss also herausgenommen werden –,
müssten Sie 20 Millionen Euro nur in der Hauptgruppe 5
einsparen. Das wäre eine Halbierung der Mittel. Das
hieße, es gäbe auch keine Fortbildungen, Dienstreisen
und vieles andere nicht mehr.


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Luxus!)

– Ich glaube nicht, dass man von Luxus sprechen kann,
wenn die Beamtinnen und Beamten sowie die Mitarbei-
terinnen und Mitarbeiter des Bundesumweltministeri-
ums mit Dienstsitz in Bonn zu uns nach Berlin kommen,
um im Umweltausschuss oder im Haushaltsausschuss
Rede und Antwort zu stehen. Man kann den Kolleginnen
und Kollegen im Ministerium wohl nicht zumuten, das
alles aus eigener Tasche zu zahlen, damit wir Antworten
auf unsere Fragen bekommen.

Das, was Sie dort gemacht haben, ist eine Luftnum-
mer. Es kommt noch Folgendes hinzu. Sie haben bei der
Einzelplanberatung eine Kürzung der flexibilisierten Ti-
tel – die CDU/CSU um knapp 5 Millionen Euro, die
FDP um 2,4 Millionen Euro – beantragt. Wenn Sie rich-
tig rechnen könnten – das können Sie offensichtlich
nicht –,


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Aber Sie können rechnen und deshalb haben Sie gemerkt, dass wir nicht um 10 Prozent kürzen wollen!)


dann hätten Sie als Basis für die 10-prozentige Kürzung
nicht den Regierungsansatz nehmen dürfen; denn die
Einsparungen, die Sie dort vornehmen, rechnen Sie Ih-
ren Gesamteinsparungen hinzu. Sie hätten sie aber logi-
scherweise von der Gesamtsumme abziehen müssen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Die konnten noch nie rechnen!)


Herr Feibel, es scheint Ihnen nun offenbar zu werden,
dass Sie nicht richtig gerechnet haben. Hätten Sie an der
PISA-Studie teilgenommen, wäre der Durchschnitt – zu-
mindest im Fach Mathematik – leider noch weiter gesun-
ken.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Albrecht Feibel [CDU/CSU])


– Herr Kollege Feibel, ich werde mich mit Ihnen auf kei-
nen Dialog einlassen. Stellen Sie doch eine Zwischen-
frage, anstatt herumzubrüllen.


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Nein! Ihre Redezeit möchte ich wirklich nicht verlängern!)


Wenn man sich Ihre Einsparvorschläge genau an-
schaut, dann sieht man, dass sie substanzlos sind. Solche
Einsparvorschläge macht man nur, wenn man sie selber
nicht umsetzen muss.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich glaube, das Bundesverfassungsgericht wird würdi-
gen, dass Sie fast nur Scheineinsparungen beantragt ha-
ben. Ihre Vorschläge sind zu über 90 Prozent nicht um-
setzbar. Man kann sicherlich über die Setzung politischer
Schwerpunkte streiten. Dafür sind wir an der Regierung,
nicht Sie. Wenn Sie irgendwann einmal wieder an der
Regierung sein werden, dann werden Sie bestimmt an-
dere Schwerpunkte setzen. Das wird aber noch eine
ganze Weile dauern.






(A) (C)



(B) (D)


Elke Ferner


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zum Schluss möchte ich noch einmal deutlich ma-

chen: Wir haben in einer schwierigen Lage einen soliden
Haushalt aufgestellt. Trotz dieser schwierigen Lage wird
die Steuerreform zum 1. Januar 2005 in Kraft treten. Der
Eingangssteuersatz wird dann so niedrig wie nie zuvor in
dieser Republik sein. Sie haben das in 16 Jahren
schwarz-gelber Koalition nicht zustande gebracht. Das
muss man einfach einmal feststellen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der Haushalt ist verfassungskonform. Der Umfang
der Investitionen ist größer als der der Nettokreditauf-
nahme. Herr Feibel hat eben leere Kassen angesprochen.
Was tun Sie denn, um die Kassen etwas voller zu ma-
chen?


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Sparen! – Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Sie haben alle Sparvorschläge abgelehnt!)


Sie blockieren im Bundesrat jede Einnahmeverbesse-
rung. Ich sage Ihnen eines voraus: Ihre Ministerpräsi-
denten werden, weil ihnen das Wasser nicht mehr „Ober-
kante Unterlippe“, sondern längst höher steht, nach und
nach einknicken, wenn es um die Einnahmeverbesse-
rung geht. Zumindest der saarländische Ministerpräsi-
dent hat angekündigt, dass er nicht mehr gegen die Ab-
schaffung der Eigenheimzulage sein wird. Wir werden
sehen, wie weit wir da kommen.

Da wir gerade bei dem saarländischen Ministerpräsi-
denten sind, möchte ich noch Folgendes zum Besten ge-
ben, damit wirklich jeder begreift, was die CDU in einer
Alleinregierung unter solider Haushaltsführung versteht:


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Sparen!)

– Oh, Herr Austermann, falscher Zwischenruf. – In die
Kasse des Saarlandes sind aufgrund der Teilentschul-
dung durch den Bund in den letzten viereinhalb Jahren
knapp 4 Milliarden Euro zusätzlich geflossen.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das Saarland steht inzwischen besser da als SchleswigHolstein! Es hat die rote Laterne abgegeben! – Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Die hat der Lafontaine doch alle verpulvert!)


– Ich rede von Ihrer Regierungszeit, Herr Feibel. – In
den letzten viereinhalb Jahren hat das Saarland über
4,5 Milliarden Euro zur Teilentschuldung erhalten. In
dieser Zeit war bekanntlich der Ministerpräsident Müller
an der Regierung. Um wie viel sind die Schulden dieses
Landes in den letzten fünf Jahren Ihrer Meinung nach
gestiegen? Der Schuldenstand ist nicht gleich geblieben,
er ist auch nicht um 4 Milliarden Euro gesunken, son-
dern er ist um 3 Milliarden Euro gestiegen. Wir reden
hier über ein Delta von 7 Milliarden Euro. Das versteht
die Union unter einer soliden Haushaltspolitik. Ich
glaube, unser Haushalt ist dagegen wirklich sehr solide.

Ich möchte mich zum Schluss bei den Mitarbeiterin-
nen und Mitarbeitern des Ministeriums, insbesondere bei
Herrn Püschel und bei Herrn Eisenbarth, für die Zuarbeit
bedanken. Ich bedanke mich auch bei den Mitberichter-
stattern, bei Herrn Feibel, bei Herrn Fricke und bei Frau
Eichstädt-Bohlig. Ich hoffe, dass Sie, meine Damen und
Herren von der Opposition, sich doch noch eines Besse-
ren besinnen und dem Haushalt nachher zustimmen wer-
den.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514226200

Das Wort hat die Kollegin Birgit Homburger,

FDP-Fraktion.


Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1514226300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Kollegin Ferner, ich möchte damit beginnen, mit
ein paar Märchen aufzuräumen, die Sie hier gerade er-
zählt haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zunächst haben Sie gesagt, das Volumen des Haus-
halts des Umweltministeriums sei größer geworden, seit
Sie an der Regierung sind. Anschließend haben Sie
selbst die regenerativen Energien genannt. In Wirklich-
keit haben Sie Umschichtungen vorgenommen: Für ei-
niges, wofür früher der Wirtschaftsminister zuständig
war, ist jetzt der Umweltminister zuständig. Demzufolge
ist der Haushalt des Umweltministeriums um die ent-
sprechenden Titel erweitert worden. Insofern ist das
Haushaltsvolumen zwar gewachsen; aber für die Um-
welt insgesamt wird durch diesen Haushalt nicht mehr,
sondern weniger getan.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Blattschuss!)


Sie haben uns hier vorgehalten, bei den erneuer-
baren Energien kürzen zu wollen. Im grünen Buch zum
Umwelthaushalt steht, die größte Errungenschaft dieses
Haushalts sei, dass es zu einer Umschichtung von
5 Millionen Euro zugunsten der Forschung im Bereich
der erneuerbaren Energien komme. Was werfen Sie uns
eigentlich vor? Wir haben in der Tat Kürzungen dieses
Etats beantragt, und zwar beim Titel „Förderung von
Einzelmaßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien“.
Wir haben beantragt, dass diese Mittel von
193 Millionen Euro auf 176 Millionen Euro – das ist im-
mer noch eine Menge Geld – gekürzt werden. Sie haben
allerdings verschwiegen, wofür wir die frei werdenden
Mittel einsetzen wollen. Wir haben nämlich gleichzeitig
eine Erhöhung des Ansatzes für Speichertechnologien
gefordert.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Aha!)

Wenn Sie den erneuerbaren Energien wirklich eine

Zukunftschance geben wollen, dann müssen Sie bei-
spielsweise von der Position Abstand nehmen, dass
Windenergie nicht grundlastfähig ist, weil diese Art der
Energieerzeugung an das Vorhandensein von Wind






(A) (C)



(B) (D)


Birgit Homburger

gekoppelt ist. Wir müssen dahin kommen, dass regene-
rative Energien, auch solche, zu denen man keinen dau-
erhaften Zugang hat, grundlastfähig werden. Das werden
sie nur, wenn wir sie speichern können.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Endlich mal jemand mit Sachkunde!)


Dafür müssen wir die Speichertechnologie vorantreiben.
Dafür wollen wir das Geld verwenden. Deswegen war
das, was die FDP beantragt hat, sinnvoll.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Zweiter Blattschuss! – Ulrich Kelber [SPD]: Nur, dass alle Experten anderer Meinung sind!)


– Ach, Herr Kelber! Was Sie da erzählen, ist doch
Quatsch. Die Experten sind mitnichten anderer Mei-
nung. Sie sind schon der Meinung, dass wir da Geld hi-
neinstecken müssen.

Ich kann Ihnen bei der Gelegenheit sagen, dass es na-
türlich nichts bringt, wenn Herr Stolpe und Herr Trittin
gemeinschaftlich eine Wasserstofftankstelle eröffnen
und das großartig feiern, wenn sie dann nicht genügend
Geld im Haushalt haben, um das zu fördern, was es
braucht, um die Forschung in dem Bereich so weit
voranzubringen, dass man das flächendeckend einführen
kann. Das ist die Tatsache!


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Dritter Blattschuss!)


Frau Kollegin Ferner, Sie haben gesagt, dass wir alle
mehr Geld verlangen. Das verlangen wir gar nicht. Wir
von der FDP wissen sehr wohl, dass der größere Teil der
Umweltpolitik nicht im Haushalt gemacht wird


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Wohl wahr!)

sondern außerhalb dieses Haushalts.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Warum wohl?)


Dazu haben Sie gar nichts gesagt, meines Erachtens aus
gutem Grund: weil man zu dem Desaster, das Sie hier
abliefern, aus Ihrer Sicht auch nicht allzu viel sagen
kann.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Elke Ferner [SPD]: So ein Quatsch! Das ist Quatsch, Frau Homburger!)


Was zeichnet erfolgreiche Umweltpolitik eigentlich
aus? Das ist doch eine Frage, die Sie sich einmal stellen
könnten. Ich bin der Meinung: Eine erfolgreiche Um-
weltpolitik macht man, wenn man ökologische Ziele
vorgibt und dann verlässliche Rahmenbedingungen
setzt. Das tun Sie nicht. Stattdessen wird von dieser Re-
gierung permanent bevormundet, verhindert und regu-
liert. Das ist das, was Sie in der Umweltpolitik tun.
Wenn auf mehr Freiheit und auf marktwirtschaftliche In-
strumente in der Umweltpolitik gesetzt werden soll, so
wie wir das für richtig halten, dann muss jedes Mal die
FDP die Regierung zum Jagen tragen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich will Ihnen das an ein paar Beispielen deutlich ma-
chen. Beispiel Mülltrennung. Herr Bundesumweltmi-
nister Trittin, Sie sind immer noch der Auffassung,
Mülltrennung sei pädagogisch wertvoll und eine der
größten Errungenschaften des Umweltschutzes in
Deutschland.


(Petra Bierwirth [SPD]: Richtig! Das können Sie alles nachlesen!)


Das geht an der technischen Entwicklung natürlich völ-
lig vorbei. Zwischenzeitlich ist die Situation die, dass
genauso viel Restmüll im gelben Sack ist, wie verwert-
bare Materialien im Restmüll sind. Also muss man sich
doch die Frage stellen, ob man den Müll nicht gemein-
sam sammelt,


(Elke Ferner [SPD]: Den grünen Punkt haben Sie doch eingeführt!)


technisch auseinander sortiert, was heutzutage möglich
ist, um dann mehr zu verwerten, also einen ökologischen
Vorteil zu haben, und auch noch die Bürgerinnen und
Bürger zu entlasten. Wenn Sie das nicht von sich aus tun,
dann werden wir Sie dazu zwingen. Wir werden in der
nächsten Woche bei einer Anhörung im Umweltaus-
schuss des Deutschen Bundestages die Gelegenheit ha-
ben, die Meinung der Experten zu hören. Die ersten Stel-
lungnahmen sind schon da. Sie besagen ganz deutlich,
dass ein hohes ökologisches und ökonomisches Poten-
zial erschlossen werden kann, wenn man das macht, was
die FDP vorschlägt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich möchte Ihnen etwas zur Verpackungsverord-
nung sagen, die wir heute mit beraten. Wir stehen jetzt
zum wiederholten Mal vor der Situation, dass die Verpa-
ckungsverordnung novelliert wird. Als wir hier das
letzte Mal darüber diskutiert haben, habe ich Ihnen aus-
drücklich gesagt, dass das, was Sie vorgelegt haben,
nicht europarechtskonform ist. Das hat man ignoriert;
das kann man natürlich machen. Das Ergebnis war Fol-
gendes: Zwei Tage, nachdem der Bundesrat beraten
hatte, haben sowohl Herr Schnappauf aus Bayern als
auch Frau Höhn aus Nordrhein-Westfalen und kurz
darauf auch Herr Umweltminister Trittin erklärt: Jawohl,
das ist nicht europarechtskonform. Das müssen wir jetzt
noch einmal ändern.

Nun soll es also noch einmal geändert werden. Nur,
was Sie vorgelegt haben – wir hatten dazu in dieser Wo-
che eine Anhörung im Umweltausschuss des Deutschen
Bundestages –, ist wieder nicht europarechtskonform
und das wissen Sie genauso gut wie wir.


(Beifall des Abg. Michael Kauch [FDP])

Hören Sie also endlich auf mit diesem Zwangspfandzir-
kus, den Sie hier veranstalten!


(Elke Ferner [SPD]: Das Töpfer-Pfand war doch von Ihnen! Unglaublich!)







(A) (C)



(B) (D)


Birgit Homburger

Warten Sie das Urteil des Europäischen Gerichtshofs ab,
das am 14. Dezember ergehen soll! Anschließend kön-
nen wir gemeinsam eine vernünftige Regelung finden.
Dafür plädieren wir.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der Kollege Kauch wird nachher Gelegenheit haben,
zu anderen Bereichen noch etwas zu sagen. Es ist bedau-
erlich, dass man in sechs Minuten auf eine solche Rede
von 17 oder 18 Minuten Dauer antworten muss. Das ist
ausgesprochen schwer.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Konzentriert und kurz ist besser als lang und schlecht!)


Wenn ich mir die Umweltpolitik dieser Regierung an-
schaue,


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Rot-Grün hat überhaupt keine Umweltpolitik!)


dann muss ich sagen: Die FDP steht für eine verlässliche
Umweltpolitik,


(Zurufe von der SPD: Oh!)

dafür, dass klare Vorgaben gemacht werden, und dafür,
dass sie auf effiziente Weise umgesetzt werden. Die FDP
setzt auf Freiheit und Verantwortung.


(Elke Ferner [SPD]: Ui!)

Wir setzen der ökologischen Staatswirtschaft der Grünen
die ökologische Marktwirtschaft entgegen. Das – das
werden Sie auch noch einsehen müssen – ist das Kon-
zept der Zukunft.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das war Qualität statt Quantität!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514226400

Das Wort hat der Kollege Dr. Reinhard Loske,

Bündnis 90/Die Grünen.

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜ NEN)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir diskutieren heute schon zum wiederholten Male in
Zeiten finanzieller Knappheit einen Haushalt; das ist
wahr. Deshalb gilt es umso mehr, Schwerpunkte zu set-
zen. Der BMU-Haushalt ist ein kleiner Haushalt; das
wissen wir alle. Es wurde ja gerade auch von Frau
Homburger nicht ganz zu Unrecht gesagt, dass viele
Weichenstellungen außerhalb dieses Haushaltes vorge-
nommen werden. Ich will nur einige benennen, da zuvor
die These aufgestellt worden war, außerhalb dieses
Haushaltes würde nichts für Umweltschutz getan.

Zunächst einmal möchte ich auf das Thema Altbau-
sanierung eingehen. Die Koalitionsfraktionen haben es
mit viel Mühe und mithilfe der Haushälter geschafft, den
Etat für das Altbausanierungsprogramm auf dem Niveau
von 360 Millionen Euro zu halten. Ich glaube, das ist ein
ganz großer umweltpolitischer Erfolg. Zum Vergleich:
Zu Ihrer Regierungszeit betrug der Ansatz für das Alt-
bausanierungsprogramm 20 Millionen DM, also 10 Mil-
lionen Euro.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Da waren die Häuser noch nicht so alt!)


Um den Faktor 36 unterscheidet sich also unser politi-
scher Einsatz für diesen Bereich. Das sollten Sie zur
Kenntnis nehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Als Zweites möchte ich auf die Förderung nach-
wachsender Rohstoffe eingehen. Das ist ein ganz wich-
tiges Thema. Hier bieten sich in Zukunft große Poten-
ziale. Es ist ganz klar: Perspektivisch wollen wir weg
vom Öl. Statt auf Öl aus Krisenregionen setzen wir auf
Power vom Bauer, auf biogene Treibstoffe, auf nach-
wachsende Rohstoffe und auf Bioenergien. Zur Markt-
einführung biogener Treibstoffe und zur Unterstützung
besonders investiver Maßnahmen werden bis 2006 zu-
sätzlich 25 Millionen Euro bereitgestellt. Ich glaube,
hier werden auch außerhalb des BMU-Haushaltes zwei
ganz wichtige Strategien verfolgt, nämlich Klimaschutz
und die Abkehr vom Öl.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Als Drittes möchte ich den Bereich Entwicklungszu-
sammenarbeit ansprechen. Herr Feibel hat eben so ab-
fällige Bemerkungen in der Art gemacht: Wir haben sel-
ber kein Geld, wir können uns dieses oder jenes jetzt
nicht leisten.


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Haben wir noch Geld? Erzählen Sie doch einmal, wo das Geld ist!)


Fakt ist, dass wir die so genannte ODA-Quote durch zu-
sätzliche Mittel für Entwicklungszusammenarbeit in
Höhe von 76 Millionen im Bereich des Auswärtigen
Amtes, von 56 Millionen im Bereich des BMZ und von
4 Millionen im Bereich des BMVEL erhöht haben. Es
geht hier um ganz wichtige Themen: Erhalt der Bio-
diversität, Ressourcenschutz in Entwicklungsländern,
präventive Sicherheitspolitik und Armutsbekämpfung.
Diese Ziele sind deckungsgleich mit den Millenniums-
zielen, die wir uns in Johannesburg gesteckt haben. Jeder
Euro, der da investiert wird, ist sehr gut angelegt. Sie
sollten aufhören, darüber abzulästern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich will bei dieser Gelegenheit auch noch einmal er-
wähnen, dass das Umweltministerium trotz seines klei-
nen Etats in ganz besonderer Weise die internationale
Umweltkooperation vorantreibt. In den Bereichen Kli-
mapolitik und erneuerbare Energien wird deren Bedeu-
tung noch zunehmen. Deswegen hoffen wir als Grüne,
dass das Bemühen um Verbesserung der so genannten
ODA-Quote in den nächsten Haushaltsberatungen ver-
stärkt dem Umweltministerium zugute kommt. Das wäre
von der Sache her notwendig.






(A) (C)



(B) (D)


Dr. Reinhard Loske


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Tun wir doch!)

Als Viertes möchte ich auf die nachhaltige Finanz-

politik eingehen. Dieser Begriff fiel ja schon; ich
glaube, Herr Fricke hat ihn verwendet. Worum handelt
es sich denn bei nachhaltiger Finanzpolitik? In ganz ho-
hem Maße geht es hierbei um die ökologische Finanzre-
form. Da steht natürlich als ganz wichtiges Thema der
Abbau umweltschädlicher Subventionen im Vorder-
grund. Ich kann Ihnen da nicht ersparen, zu fragen: Wo
sind Sie eigentlich, wenn es darum geht, so unvernünf-
tige Subventionen wie die faktische Zersiedlungsprämie
Eigenheimzulage abzubauen? Wo sind Sie eigentlich,
wenn es darum geht, die Agrardieselsubventionen abzu-
bauen? Sie reden von Subventionsabbau. Tatsächlich
hängen Sie am Status quo und tun nichts für einen Ab-
bau von Subventionen. Sie verhalten sich in dieser Frage
ganz und gar unglaubwürdig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Das Gleiche gilt für die Ökosteuer. Bei kaum einem
politischen Projekt ist es gelungen, die angekündigten
Ziele so klar zu realisieren wie bei der ökologischen
Finanzreform. Das hat uns die Stellungnahme des Fi-
nanzministeriums jetzt ja auch noch einmal ganz klar vor
Augen geführt. Die ökologische Steuerreform hat Len-
kungswirkungen gezeitigt. Sie hat einen Beitrag zur Sen-
kung der CO2-Emissionen geleistet. Sie hat einen Bei-trag zur Energieeinsparung geleistet und sie hat einen
Beitrag zur Verbesserung der Arbeitsmarktbedingungen
geleistet, da durch die mit ihr verbundenen Einnahmen
die Rentenversicherungsbeiträge gesenkt werden konn-
ten. Die größten Gegner dieses Projekts waren stets Sie,
meine Damen und Herren von der Opposition. Auch in
diesem Punkt mangelt es Ihnen an Glaubwürdigkeit. Das
muss ich Ihnen einmal sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir werden dieses Instrument noch verfeinern und
schauen müssen, wie wir im Steuersystem zusätzliche
Anreize zu umweltgerechtem Verhalten und zu Investi-
tionen und Innovationen im Umweltbereich geben kön-
nen. Ich denke dabei an den Bereich der Kfz-Steuer und
an die steuerliche Ungleichbehandlung von Schienen-
und Luftverkehr. Diese halten wir für besonders pro-
blematisch. Das kann so nicht bleiben. Es kann nicht
sein, dass die Bahnunternehmen die Mehrwertsteuer und
die Energiesteuer voll bezahlen müssen, die Luftver-
kehrsunternehmen dagegen weder Mehrwertsteuer noch
Kerosinsteuer zahlen. Das darf so nicht bleiben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Wem sagen Sie denn das, Herr Loske?)


Gegen diese Ungleichbehandlung werden wir vorgehen.
Das ist ein Thema, das auf der Tagesordnung steht. Ich
bin froh – das muss ich ganz deutlich sagen –, dass die
britische Regierung jetzt angekündigt hat, ihre EU-Rats-
präsidentschaft und auch den G-8-Vorsitz zu nutzen, um
das Thema der Einbeziehung des Luftverkehrs in die
Klimapolitik voranzutreiben. Ich glaube, das ist sehr not-
wendig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Da wird die deutsche Regierung hoffentlich – davon
gehe ich fest aus – mit der britischen Regierung zusam-
men streiten.

Wir haben in der nächsten Woche Gelegenheit, aus-
führlich über Klimapolitik zu reden, deswegen hier nur
ein Satz dazu. Das nächste Jahr, das Jahr 2005, wird in
Sachen Klimapolitik ein ganz entscheidendes Jahr: Am
16. Februar 2005 tritt das Kioto-Protokoll in Kraft. Wir
werden das nationale Klimaschutzprogramm weiterent-
wickeln und in einen fruchtbaren Wettbewerb mit den
Briten eintreten. Ich denke, das ist ein Wettbewerb, den
wir nicht fürchten müssen, bei dem wir aber kämpfen
müssen, dass wir ganz vorne bleiben.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514226500

Nächster Redner ist der Kollege Georg Girisch, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Georg Girisch (CSU):
Rede ID: ID1514226600

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Sie werden mir sicher zustimmen, dass es das
vornehmste Recht in unserer Verfassung ist, dass wir
Abgeordnete das Budgetrecht wahrnehmen, insbeson-
dere bei einer solchen Debatte. Denn wir meinen, dass
man mit dem gezielten Einsatz von Mitteln wichtige
Weichenstellungen für die Entwicklung unseres Landes
vornehmen kann und muss. Deshalb nutzen wir als Ab-
geordnete auch diese Haushaltsberatungen, um uns mit
gutem Grunde mit der Umweltpolitik von Rot-Grün aus-
einander zu setzen.

Lassen Sie uns zunächst einen Blick darauf werfen,
welchen Stellenwert diese Bundesregierung dem Um-
weltsektor zumisst. Am leichtesten lässt sich dies an den
Zahlen festmachen. Während das Gesamtvolumen des
Bundeshaushalts gegenüber 2004 nahezu unverändert
ist, wird vor allen Dingen der Umweltetat gekürzt. Da
wir als Union für eine schlanke, effiziente Verwaltung
sind, könnten wir mit einem sinnvollen und sparsamen
Einsatz von öffentlichen Mitteln durchaus leben.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist es! Wohl wahr!)


Aber leider kann unter dieser Regierung weder von spar-
sam noch von sinnvoll die Rede sein. Ich nenne Ihnen
ein Beispiel. Mich hat in den vergangenen Jahren beson-
ders geärgert, dass der Steuerzahler beispielsweise die
Atomausstiegspartys unseres Ministers bezahlen musste.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) (C)



(B) (D)


Georg Girisch

Da wir als Umweltpolitiker vor allem auf Inhalte ach-

ten, wollen wir uns einmal gemeinsam anschauen, was
von dieser Bundesregierung in letzter Zeit für die Um-
welt tatsächlich geleistet wurde. Wie sieht es also bei der
inhaltlichen Arbeit der Bundesregierung aus? Was bleibt
von dem Anspruch der Grünen, sie hätten den Umwelt-
schutz erfunden, übrig, wenn man einen Blick auf die
Bilanz von Minister Trittin wirft?


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die CSU hat den Umweltschutz erfunden! – Gegenruf des Abg. Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das war ein guter Zwischenruf!)


– Wir in Bayern haben das erste Umweltministerium ge-
habt. Ich weiß nicht, wo Sie zur damaligen Zeit gewesen
sind, Herr Hermann.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Schauen wir uns einmal ein paar Beispiele an: das

Dosenpfand, den Klimaschutz, den Lärmschutz und den
Bürokratieabbau.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Hervorragend!)


In Sachen Verpackungsverordnung und Dosenpfand
hat diese Bundesregierung versagt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD – Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Rückwärts gewandte Politik!)



Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514226700

Vor zwei Jahren waren sich der Bundesminister, die
Bundesregierung und die Minister der A- und B-Länder
einig, dass man in der Verpackungsverordnung, die der
Herr Minister vorgelegt hat, vier Punkte ändern sollte.
Wir haben gesagt, dass wir mit diesen vier Punkten ein-
verstanden sind.


(Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Jawohl!)

Aber der Herr Minister war nicht in der Lage, uns in Sa-
chen Innovationsklausel entgegenzukommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wäre er uns in diesem Punkt entgegengekommen, hätten
wir das ganze Dilemma nicht, das wir seit nunmehr zwei
Jahren vor uns herschieben.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Nur weil er ein Hardliner ist!)


Was passiert jetzt? Wir müssen abwarten, was die eu-
roparechtliche Überprüfung am 14. Dezember ergibt. Je-
des Mitglied des Umweltausschusses bekommt Tag für
Tag Briefe – ich glaube, auch Sie, Herr Minister –, in
denen die Wirtschaft auf eine gewisse Rechtssicherheit
in diesem Punkt pocht. Die Unternehmen wissen seit
zwei Jahren nicht, was sie machen sollen. Wir sind des-
halb der Meinung – wir waren uns, wie gesagt, mit
Herrn Trittin in diesen vier Punkten einig –, dass es für
jeden Bereich eine ökologisch vorteilhafte Verpackung
geben sollte. Es darf keine Bürokratie geben. Herr
Dr. Loske, unser Ziel ist es, dass alle Getränkeverpa-
ckungen ökologisch vorteilhaft sind. Dann brauchten wir
uns in vielen Punkten nicht mehr zu einigen.

Es war unser Anliegen, dass auf die Innovations-
klausel so großer Wert gelegt wird. Erst in letzter Zeit
war Herr Trittin mit einer solchen Innovationsklausel
einverstanden. Aber da war der Karren schon festgefah-
ren.


(Ulrich Kelber [SPD]: Legendenbildung!)

– Sie sagen, dies sei Geschichte.


(Ulrich Kelber [SPD]: Geschichtsfälschung!)

– Das ist keine Geschichtsfälschung. Ich habe mit Herrn
Minister Trittin vor ein paar Wochen gesprochen. Er hat
mir gesagt, dass wir uns jetzt auf eine Innovationsklausel
einigen können. Aber da war der Karren bereits festge-
fahren. Ich glaube daher, dass es nach dieser Novelle
eine weitere Novelle gibt.

Zum Klimaschutz. Sie sind verantwortlich für den
schnellen Atomausstieg. Jeder weiß aber, dass der Ener-
giebedarf langfristig zunehmen wird – weltweit, aber
auch national. Ein Konzept, wie die friedliche Nutzung
der Kernenergie langfristig bezahlbar ersetzt werden
kann, fehlt eigentlich vollkommen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Mit Ihren Windrädersubventionen in Milliardenhöhe
werden Sie die Problematik nicht lösen können. Mit die-
sen Geldern könnten Sie eine Steigerung der Effizienz
von konventionellen Kraftwerken erreichen und damit
einen größeren Beitrag zum Umweltschutz leisten. So
wie Sie Politik machen, werden wir unsere Emissions-
ziele nicht erreichen können. Die Folgen für das Klima
werden fatal sein und zu großen Ökoschäden zulasten
der Bürger und der Unternehmen führen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Sie wollten doch weniger Minderung!)


– Herr Kelber, erzählen Sie doch nicht so ein Zeug! Wir
haben im Umweltausschuss darüber sehr sachlich disku-
tiert und haben Ihnen unsere Meinung zu allen Punkten
gesagt. Aber Sie haben uns weder angehört noch haben
Sie unsere Argumente gelten lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Michael Kauch [FDP] – Widerspruch des Abg. Horst Kubatschka [SPD])


Zum Lärmschutz. Sie sind für die verschleppte und
missratene Umsetzung der Umgebungslärmrichtlinie
verantwortlich. Bei der überfälligen Novellierung des
über 20 Jahre alten Fluglärmgesetzes haben Sie auch
noch nichts zustande gebracht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Es gibt einen weiteren Punkt, auf den ich in vielen
Gesprächen mit Firmen angesprochen werde, nämlich
die Bürokratie, mit der die Bundesregierung das Land
überzieht. Sehr geehrter Herr Minister, ich möchte an
dieser Stelle mit einem Irrglauben aufräumen: Mehr Bü-
rokratie führt nicht zu mehr Umweltschutz.






(A) (C)



(B) (D)


Georg Girisch


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist es!)


Lassen Sie sich dies von jemandem erklären, der näher
an den Menschen ist als mancher andere.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ziemlich arrogant!)


– Keiner von Ihnen – auch Sie nicht, Herr Schmidt – hat
einen Wahlkreis an der Grenze.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Doch!)

– Zumindest nicht an der Grenze zu Tschechien. Sie
können sich gar nicht vorstellen, was sich hinsichtlich
des Umweltschutzes abspielt.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Genau das ist das Problem!)


Aufgrund unserer hohen Auflagen im Umweltbereich
wandern viele Firmen ab.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, Ihre Umweltpolitik ist fa-

tal. Deshalb werden wir den Haushalt ablehnen.
Danke.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514226800

Das Wort hat die Kollegin Petra Bierwirth, SPD-Frak-

tion.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Endlich wieder etwas Vernünftiges!)



Petra Bierwirth (SPD):
Rede ID: ID1514226900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Girisch, wir haben nie gesagt, dass wir den Um-
weltschutz erfunden haben. Aber wir sind ein Garant da-
für, dass es in diesem Lande noch Umweltschutz gibt.


(Georg Girisch [CDU/CSU]: Was heißt „noch“? Wollen Sie ihn abschaffen?)


– Ich verstehe nicht, warum Sie heute so aufgeregt sind.
So kenne ich Sie gar nicht.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil der Stoiber ihn im Regen hat stehen lassen, hat er sich so aufgeregt!)


Sie haben kritisiert, wir hätten die Umsetzung der
Umgebungslärmrichtlinie verschleppt. Das stimmt nicht.
Sie sind ja im Umweltausschuss bei den Diskussionen
dabei. Wir haben sie rasch, zügig und vor allen Dingen
auch gut umgesetzt.


(Otto Fricke [FDP]: Haben wir ein Gesetz oder haben wir es nicht?)


Das Gesetz, über das wir heute auch diskutieren, das
Umweltinformationsgesetz, ist dank unseres Einsatzes
gut gelungen. Hans Christian Altmann, ein deutscher Pu-
blizist, hat einmal gesagt:
Informationen sind notwendig. Wo sie fehlen, ent-
steht ein Vakuum, da machen sich viel eher Ge-
rüchte, Klatsch und Missverständnisse breit.

Ich denke, das ist auf alle Bereiche des Lebens anwend-
bar, aber besonders auf den Bereich des Umweltschut-
zes.

Frau Homburger, diesen Spruch sollten auch Sie sich
einmal zu Gemüte führen; denn was Sie in puncto Müll-
trennung gesagt haben – wir werden nächste Woche aus-
führlich darüber diskutieren –, kann ich nicht nachvoll-
ziehen. Die Antworten der Experten auf unsere Fragen
liegen vor. Wenn Sie sich die einmal anschauen, werden
Sie feststellen, dass man nur in einer Antwort das nach-
lesen kann, was Sie dazu gesagt haben, nämlich dass wir
jetzt wieder den gesamten Müll zusammentun müssen.
Dann werde alles besser und schöner.


(Birgit Homburger [FDP]: Von Zusammentun redet doch gar keiner!)


Die anderen Experten haben gesagt, dass das nicht
stimmt. Es werde nicht billiger und das von Ihnen vorge-
sehene System sei noch nicht für die Praxis tauglich.
Ihre Aussagen kann ich nicht verstehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ohne den Zugang zu zuverlässigen Daten und wis-
senschaftlich zuverlässigen Informationen haben die
Bürgerinnen und Bürger nicht die Möglichkeit, sich ein
eigenes Bild über die Umweltbelange in ihrem Umfeld
zu machen. Der unkomplizierte Zugang der Öffentlich-
keit zu umweltrelevanten Daten und entsprechenden
Informationen bildet daher eine unverzichtbare Basis für
eine transparente und bürgerfreundliche Umwelt-
politik.

Ich denke, dass der vorliegende Entwurf des Umwelt-
informationsgesetzes diesen Erfordernissen nach-
kommt. Mit der Inkraftsetzung dieses Umweltinforma-
tionsgesetzes wird die EU-Richtlinie vom Januar 2003
über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinforma-
tionen in nationales Recht umgesetzt. Mit dem Gesetz-
entwurf wird der Zugang zu Umweltinformationen für
die Öffentlichkeit deutlich verbessert.

Das neue UIG beinhaltet eine Reihe von Neuerungen
und Erweiterungen. So werden zum Beispiel in Zukunft
alle Bereiche der Verwaltung des Bundes zur Heraus-
gabe von Umweltinformationen verpflichtet. Das ist
ganz unabhängig davon, ob sie spezielle Aufgaben auf
dem Gebiet des Umweltschutzes wahrnehmen.

Ich begrüße ausdrücklich, dass auch private Stellen in
die Auskunftspflicht einbezogen werden. Angespro-
chen sind hier Unternehmen, die unter der Kontrolle der
öffentlichen Verwaltung stehen und im Zusammenhang
mit der Umwelt öffentliche Zuständigkeiten haben, öf-
fentliche Aufgaben wahrnehmen oder öffentliche Dienst-
leistungen erbringen. Das gilt für die Bundesbahn, die
Telekom und die Post.


(Michael Kauch [FDP]: Wo steht das?)







(A) (C)



(B) (D)


Petra Bierwirth

Wir haben sicher alle die Schreiben der Post und der

Bahn zu diesen Vorschlägen bekommen. Diese Vor-
schläge – das wissen wir alle – sind im Übrigen aus dem
Bundesrat gekommen. Diese Unternehmen wollten mit
ihren Vorschlägen erreichen, dass nur solche privaten
Stellen informationspflichtig werden, die umweltbezo-
gene Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfüllen.

Wir können diesen Argumenten nicht folgen. Zum ei-
nen sind sie nicht EU-rechtskonform. Zum anderen ist es
an der Zeit, dass nicht nur diejenigen für die Umwelt
verantwortlich sind, an deren Tür dieses Schild hängt.
Die Umwelt geht uns schließlich alle an.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auch das angeführte Argument des nun folgenden
Mehraufwandes zieht nur bedingt. Sicher wird es einen
Mehraufwand für die Bereitstellung von Umweltinfor-
mationen geben. Aber zum einen wird dies im Rahmen
der Auslagenerstattung refinanzierbar sein. Zum anderen
bringt das neue Recht nicht die Pflicht mit sich, neue In-
formationen zu beschaffen. Es gibt lediglich die Pflicht,
bereits vorhandene Informationen, soweit sie denn öf-
fentlich gemacht werden können, der Öffentlichkeit zu-
gänglich zu machen. Ich denke, das ist vertretbar.

Durch den freien Zugang zu diesen Informationen
wird den Bürgern die Möglichkeit eröffnet, Verwaltung,
Institutionen und, wie gesagt, auch private Einrichtun-
gen bei der Umsetzung des Umweltrechts zu kontrollie-
ren und, wenn erforderlich, sich auch mit den verant-
wortlichen Stellen in Verbindung zu setzen. Ich sehe das
als einen Weg an, ein stärkeres Bewusstsein in den Vor-
dergrund unseres täglichen Handelns zu stellen.

Die Fristen für die Beantwortung von Fragen verkür-
zen sich von zwei auf einen Monat. Die informations-
pflichtigen Stellen werden verpflichtet, Maßnahmen zu
ergreifen, um den Zugang zu den bei ihnen verfügbaren
Umweltinformationen zu erleichtern. Dazu gehört bei-
spielsweise, dass zukünftig verstärkt darauf geachtet
werden soll, dass die Informationen über den elektroni-
schen Weg abrufbar sind.

Die Auskunftspflicht von Landesbehörden wird in
landesrechtlichen Vorschriften zu regeln sein. Ich weiß
zumindest von Schleswig-Holstein, dass im Kabinett
dort schon ein Umweltinformationsgesetz beschlossen
wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, beschließen wir
heute den vorliegenden Entwurf des Umweltinforma-
tionsgesetzes! Das ist ein weiterer Schritt, die Akzeptanz
der Umweltpolitik zu erhöhen. Denn wir alle wissen:
Die Erhaltung einer intakten Umwelt ist eines der wich-
tigsten gesellschaftspolitischen Ziele unserer Zeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514227000

Das Wort hat der Kollege Michael Kauch, FDP-Frak-

tion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1514227100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau

Bierwirth, das war eine schöne Vorlage. Dass die SPD
den Umweltschutz nicht erfunden hat,


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, das war die FDP?)


haben die Kollegen, die schon länger als ich im Parla-
ment sind, in vielen Äußerungen mit Geschichtsbezug in
der heutigen Debatte wieder aufgezeigt. Denn der erste
Umweltaktivist in der Bundesregierung kam von der
FDP und hieß Genscher. Daran werden wir anknüpfen.


(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir beraten heute nicht nur den Haushaltsetat des
Umweltministers, sondern auch die Neugestaltung des
Umweltinformationsgesetzes. Wir Liberale begrüßen die
Weiterentwicklung des UIG. Bessere Umweltinformatio-
nen sind ein Stück praktizierte Bürgerrechtspolitik.

Aber es gibt ein wesentliches Problem. Auf Initiative
des Bundesrates – hier sind jetzt auch die Kollegen von
der Union angesprochen – sind von der Bundesregierung
Informationspflichten für private Unternehmen, die
umweltbezogene Dienstleistungen erbringen und vom
Bund kontrolliert werden, übernommen worden. Aber es
ist eben nicht so, Frau Bierwirth, dass diese Formulierung
klar und eindeutig besagt, dass die Bahn, die Post und die
Telekom mit all ihren Aktivitäten einzubeziehen sind.
Was ist beispielsweise mit deren Tochterunternehmen?
Rechtsstreitigkeiten wird hiermit Tür und Tor geöffnet.
Deshalb werden wir uns heute, trotz einer grundsätzli-
chen Zustimmung zu der Linie des Gesetzentwurfes, dort
enthalten müssen; handwerklich ist das einfach nicht sau-
ber gemacht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Das ist eine Beleidigung für jeden Handwerker!)


Ich komme nun zum Haushalt, genauer gesagt zur
Lärmbekämpfung und Lärmsanierung. Auch bei die-
sem Thema wird in diesem Haus immer wieder gern auf-
gegriffen, wer nach 1998 und vor 1998 was gemacht hat.


(Elke Ferner [SPD]: Ja!)

– Frau Ferner, es ist geschenkt, dass Sie 1998 das Lärm-
sanierungsprogramm eingeführt haben. Das war gut,
aber es greift viel zu kurz. Wenn wir so weitermachen,
sind wir erst in 40 Jahren mit der Sanierung fertig.


(Elke Ferner [SPD]: Sie haben jahrelang blockiert!)


– Ich bin seit 2003 im Parlament und ich nehme mir für
die junge Generation in diesem Parlament heraus, dass
wir an die Zukunft und nicht immer nur an die Vergan-
genheit denken, Frau Ferner.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deshalb hat die FDP einen Änderungsantrag, der im
Übrigen voll gegenfinanziert ist, in die Haushaltsbera-
tungen eingebracht. Wir wollten die Lärmsanierung an






(A) (C)



(B) (D)


Michael Kauch

den Altstrecken aufstocken. Unser Antrag hat gezeigt,
dass man trotz Einsparungen im Gesamthaushalt durch
intelligente Umschichtungen und Prioritätensetzungen
Politik machen kann. Aber Sie haben keine Prioritäten-
setzung im Bereich des Lärmschutzes. Das haben Sie be-
wiesen.


(Beifall der Abg. Birgit Homburger [FDP])

Sie, Herr Minister Trittin, lassen auf Ihren Lieblings-

spielfeldern – erneuerbare Energien und Dosenpfand –
vielleicht Engagement erkennen. Aber wie sieht es mit
dem Lärmschutz aus? Es gibt viel PR um ein Fluglärm-
gesetz, aber vorgelegt wurde bis heute nichts. Und wie
sieht es mit der Umgebungslärmrichtlinie aus? Da haben
Sie zwar Kartierungen beschlossen, aber keine Zielwerte
für Lärmsanierung ins Gesetz geschrieben.

Üben Sie als Bundesregierung eigentlich Druck auf
das Unternehmen Bahn aus, damit die Netz AG endlich
lärmabhängige Trassenpreise nimmt, um Marktanreize
für leisere Lokomotiven und Güterwaggons zu setzen?


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Davon habe ich noch nichts gehört!)


Nein, das tun Sie nicht.
Meine Damen und Herren, Umfragen belegen: Lärm

ist für die Bürger eines der vorrangigen Umweltpro-
bleme. Wir als FDP setzen in diesem Bereich einen
Schwerpunkt unserer Umweltpolitik. Ich würde mich
freuen, wenn dieses Haus dem folgte.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514227200

Das Wort hat der Kollege Winfried Hermann, Bünd-

nis 90/Die Grünen.


Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514227300

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich habe in der ersten Beratung und auch im
Ausschuss zu den Zahlen des Haushaltes gesprochen.
Verschiedene Kolleginnen und Kollegen haben das heute
hier im Plenum gemacht. Ich möchte meine heutige
Rede einem einzigen Thema widmen, nämlich den Ent-
scheidungsabläufen, den Gesetzgebungsprozessen im
Umweltbereich.


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Der Überbürokratisierung!)


Ich möchte einmal darüber sprechen, warum das alles so
kompliziert und langwierig ist und warum es überhaupt
so schwierig ist, dort voranzukommen.

Ob Hochwasserschutz, ob Lärmbekämpfung, ob Luft-
reinhaltung, ob Umweltverträglichkeitsprüfung – Sie
können jedes Thema nehmen –: Es dauert ziemlich lang,


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Gewerbebau zum Beispiel! Infrastruktur!)

wenn ein Thema endlich aus dem Bundestag heraus und
in den Bundesrat kommt.


(Elke Ferner [SPD]: So ist es!)

– So ist es. – Dort, im Bundesrat, sind Ihre Länder in der
Mehrheit. Dort ist überwiegend angesagt: Hinausschie-
ben,


(Elke Ferner [SPD]: Genau!)

Blockieren,


(Elke Ferner [SPD]: Ja!)

Verwässern, Verändern bis zur Unkenntlichkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Widerspruch bei der CDU/ CSU)


Das muss man Ihnen schon sagen: Sie tragen ein gerüt-
telt Maß an Mitverantwortung für diesen Prozess,


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Sie haben ein Feindbild!)


gerade über Ihre Länder.
Weil Ihre Kollegen gerne immer wieder das Dosen-

pfand ansprechen:

(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Sie machen es noch komplizierter!)

Den Kompromiss, den wir jetzt endlich haben, hätten
wir vor zwei Jahren genauso haben können,


(Birgit Homburger [FDP]: Das war auch vor zwei Jahren nicht europarechtskonform!)


wenn Sie nicht zu jener Zeit die Strategie verfolgt hätten,
das Dosenpfand ganz zu beseitigen. Das war doch Ihr
Problem. Deswegen hat es so lange gedauert. Deswegen
hat sich alles verzögert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Werner Wittlich [CDU/ CSU]: Keine Ahnung, und davon sehr viel!)


Meine Damen und Herren, im Bundesrat wird oft die
Position vertreten, europäisches Recht dürfe auf gar kei-
nen Fall ambitioniert umgesetzt werden,


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: „Ambitioniert“, was heißt das konkret? – Albrecht Feibel [CDU/CSU]: So viel wie „ideologisiert“! – Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Deutscher Sonderweg zulasten der Arbeitsplätze!)


auf gar keinen Fall dürfe es irgendwie die Wirtschaft be-
hindern. Die Lösung dürfe nicht so aufwendig, nicht
bürokratisch sein. Sie haben im Bundesrat immer die Li-
nie vertreten, möglichst wenig zu tun.

Aber wer immer nur eins zu eins umsetzt und an der
untersten Grenze der Einheitlichkeit stehen bleibt, der
kann nie und nimmer die Vorreiterrolle spielen.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Sagen Sie etwas zu Wettbewerbsverzerrungen! Das ist doch das Problem!)







(A) (C)



(B) (D)


Winfried Hermann

Wenn man die Vorreiterrolle spielen will, dann muss
man die beste ökologische Effizienz propagieren, dann
muss man einen höheren Standard als die durchschnittli-
chen Werte propagieren.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Super! Sie haben die europäische Umweltpolitik noch gar nicht verstanden!)


Man weiß, dass dies auch ökonomisch dauerhaft und
langfristig einen Vorsprung bringt und keine Kostenbe-
lastung bedeutet.

Meine Damen und Herren, im Bundesrat setzt sich
auch zunehmend die Haltung durch, das eigene Landes-
interesse in den Vordergrund zu stellen, was oftmals ein
ziemlich deutliches Partikularinteresse ist: Gut ist nur
das, was wir in unserem Land schon haben. Alles an-
dere, was im Interesse der Bundesrepublik insgesamt
einheitlich sinnvoll wäre, wird abgelehnt.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Zum Beispiel?)


Das sage ich bewusst an alle Länder. Denn ich be-
obachte, dass sich dieser Trend in den letzten Jahren
ziemlich fortgesetzt hat.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Zum Beispiel?)


– Zum Beispiel im Hochwasserschutzgesetz.

(Lachen bei der CDU/CSU)


Wir sind da gerade in Verhandlungen. Die Länder vertre-
ten im Grunde genommen die Position: Der Bund soll
uns möglichst nichts vorschreiben, keine ambitionierten
Lösungen.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Was sagt die SPD-Fraktion zu ihrem eigenen SPD-Minister? Sie haben heute wohl noch nicht die Zeitung gelesen!)


Wenn das Hochwasser kommt, dann soll der Bund zah-
len, dann muss die Republik herhalten. – Das ist doch
eine völlig verantwortungslose Haltung. Damit müssen
wir uns auseinander setzen. Das ist im Moment unser
Problem in den Verhandlungen.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Ich würde mal mit der SPD-Ministerin sprechen!)


Stichwort Umgebungslärm, angesprochen vom Kol-
legen Kauch. Die Situation ist doch in der Tat so: Wir
haben das mit großer Mühe durch den Bundestag ge-
bracht. Jetzt liegt es im Bundesrat. Es wird wieder blo-
ckiert und abgelehnt. Im Grunde genommen fordern die
Bundesländer uns auf, europäisches Recht nicht umzu-
setzen. Jetzt kommt der Kollege Kauch und sagt: Sie ha-
ben nicht einmal den Mut, neben der Lärmkartierung
auch Zielgrenzwerte festzulegen. – Das hat die EU ge-
rade nicht gemacht. Sie wären die Allerersten, die uns
wieder vorgeworfen hätten, die Vorgaben nicht eins zu
eins umzusetzen und der deutschen Wirtschaft höhere
Auflagen zu machen, was dem Mittelstand schade.

(Michael Kauch [FDP]: Per Rechtsverordnung, nicht per Gesetz! Das ist doch Unsinn!)


Das wäre Ihre Argumentationsweise.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Aber selbst diese wenig ambitionierte Umsetzung der
Umgebungslärmrichtlinie – wir wissen ja, wie die Mehr-
heitsverhältnisse im Bundestag sind – wird jetzt blo-
ckiert.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das ist die am wenigsten ambitionierte Umweltpolitik in ganz Europa!)


Meine Damen und Herren, wenn ich mir dann noch
das Verfahren im Vermittlungsausschuss anschaue, dann
muss ich wirklich sagen: Es ist zunehmend bedenklich,
wie oft der Bundesrat selbst dann, wenn er formal noch
nicht einmal zuständig ist, wenn die Gesetzgebungskom-
petenz also beim Bund liegt, reinregiert.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Ach! Mir kommen die Tränen!)


Es gibt unechte und echte Vermittlungsverfahren, durch
die das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren im-
mer mehr ausgehebelt wird. Dann wird in Kleingruppen
nachverhandelt. Anschließend müssen Bundestag und
Bundesrat, ohne eine weitere Debatte führen zu können,
genau die Ergebnisse schlucken, die in den Kleingrup-
pen ausgehandelt wurden.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Ja! Sie brauchen aber die Mehrheit!)


Ich habe gegen solche Verfahren immer mehr Bedenken.
Diese Entwicklung bedauere ich außerordentlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Was ist die Konsequenz?

(Otto Fricke [FDP]: Und was ist mit der Föde ralismuskommission?)

– Genau. Dieses Problem müssen wir in der Föderalis-
muskommission angehen. Denn ich halte es aus umwelt-
politischen Gründen für unerträglich, dass unsere Gesetz-
gebungsverfahren immer langwieriger und schwieriger
werden, dass ihre Ergebnisse immer mehr verwässert
werden und dass dadurch keine ambitionierte und schnell
handelnde Umweltpolitik mehr möglich ist.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das Wort „ambitioniert“ haben Sie jetzt aber schon sehr stark strapaziert! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das ist eher ideologisiert als ambitioniert!)


Letztendlich landen wir dadurch bei einem wachswei-
chen Allparteienkompromiss, der uns in unserer Sache
nicht weiterführt. Daher ist es zwingend notwendig, dass
wir im Rahmen der Föderalismuskommission Vor-
schläge erarbeiten, durch die die Gesetzgebungskompe-
tenz des Bundes gestärkt wird.






(A) (C)



(B) (D)


Winfried Hermann


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Ich denke, wir müssen etwas für die Umwelt tun! Was hat das denn mit der Föderalismuskommission zu tun?)


Denn in wesentlichen Bereichen brauchen wir die Feder-
führung des Bundes: beim Emissionsrecht, beim Wasser-
recht und – das betrifft die konkurrierende Gesetzge-
bung – auch beim Abfallrecht.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514227400

Herr Kollege, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.

Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1514227500

Ich komme zum Schluss.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Zum Schluss aber bitte sehr ambitioniert!)


Wenn wir im Umweltbereich keine klare und einheit-
liche nationale Regelung schaffen, dann wird die Ge-
setzgebung weiterhin ein Prozess sein, in dem Ergeb-
nisse verschleppt werden, der der Umwelt insgesamt
nicht gut tut, uns immer mehr zurückwirft und uns von
unserer Vorreiterposition abbringt.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Auf Wiedersehen und vielen Dank!)


Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Dafür nicht!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514227600

Das Wort hat der Kollege Helge Braun, CDU/CSU-

Fraktion.

Dr. Helge Braun (CDU):
Rede ID: ID1514227700

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Sehr geehrter Herr Hermann, Ihre Bewerbung
für die Föderalismuskommission reichen Sie ungefähr
ein Jahr zu spät ein. Noch vor einem Jahr hätten Sie dort
mitarbeiten und Ihre Vorschläge einbringen können.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann hätte ich alle meine Vorschläge schon längst eingebracht!)


Nehmen Sie bitte eines zur Kenntnis: Die derzeitige Op-
position im Deutschen Bundestag – das zeigt sich nicht
nur am Kompromiss beim Dosenpfand, sondern auch an
vielen anderen Ergebnissen, zum Beispiel im Vermitt-
lungsausschuss und im Bundesrat – ist die konstruktivste
Opposition in der Geschichte der Bundesrepublik
Deutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Ich hatte mir vorgenommen, in dieser Debatte einmal
zu zählen, wie oft von den Rednern der Regierungsfrak-
tionen der Begriff Nachhaltigkeit in Anspruch genom-
men wird. Aber ich muss Ihnen gestehen: Irgendwann
habe ich aufgehört zu zählen; denn Sie nehmen den Be-
griff Nachhaltigkeit für Ihre Politik immer wieder in An-
spruch. Dazu will ich Ihnen eines sagen: Eine schlim-
mere Entwertung des Begriffes Nachhaltigkeit, als ihn
im Zusammenhang mit diesem Haushalt zu verwenden,
kann es überhaupt nicht geben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Dieser Haushalt ist von der höchsten Neuverschul-
dung und der geringsten Investitionsquote in der Nach-
kriegsgeschichte geprägt. Darüber hinaus beinhaltet er
eine Kürzung der Mittel für die Umweltpolitik. Noch im
Mai 2002 hat der Bundeskanzler in seiner Regierungser-
klärung, die er an diesem Platz abgegeben hat, gesagt:

Nachhaltigkeit ist kein Begriff, den man auf ökolo-
gische Fragestellungen reduzieren darf. Um Nach-
haltigkeit geht es auch bei der Konsolidierung öf-
fentlicher Haushalte.

Damit hat er Recht.
Eine Politik, die den Anspruch hat, nachhaltig zu sein,

muss also den ökologischen, ökonomischen und sozialen
Herausforderungen gerecht werden und sie miteinander
versöhnen. Das kann man in Ihrer Umweltpolitik nicht
erkennen. Insbesondere ist Ihre Politik, was diesen
Haushalt betrifft, alles andere als generationengerecht.
Die letzte Shell-Jugendstudie zeigt eines überdeutlich:
dass Ihre Politik keine Politik für junge Menschen ist.

Die Sorgen und Probleme im Zusammenhang mit Aus-
bildung, Arbeitsplätzen und sozialer Sicherheit werden
immer größer. Unter diesen Nöten sinkt auch die Bereit-
schaft, Umweltaspekte in den Mittelpunkt des eigenen
Handelns zu rücken und sie in der eigenen Werteskala
hoch zu bewerten. Im Jahre 2003 schätzten nur noch
59 Prozent der Jugendlichen das Thema Umweltschutz
als wichtig ein. Mitte der 80er-Jahre, als Umweltpolitik
unter Führung einer CDU/CSU-Bundesregierung betrie-
ben wurde, waren noch 83 Prozent der Jugendlichen der
Meinung, dass Umweltpolitik sehr wichtig ist.

Die junge Generation erwartet eine pragmatische und
sachgerechte Politik, die ihr Chancen für die Zukunft
lässt: Chancen auf Bildung, Chancen auf Arbeit, Chan-
cen auf soziale Sicherheit und Chancen auf Wohlstand in
einer intakten Umwelt. Die Umweltpolitik dieser Bun-
desregierung steht immer wieder im Gegensatz zu den
sozialen und ökonomischen Herausforderungen und ver-
dient daher in keiner Weise das Prädikat der Nachhaltig-
keit.

Wäre es nicht ein Musterbeispiel an Nachhaltigkeit,
wenn es eine Technologie gäbe, die in Deutschland Ar-
beitsplätze schafft, die ein Exportschlager ist und über-
dies auch noch dazu führt, dass wir einen geringeren
Energieverbrauch haben? Eine solche Technologie gibt
es: Das ist der Transrapid.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche Zahlenbasis haben Sie?)


Sie fordern immer wieder, zuletzt im Fortschrittsbericht
der Bundesregierung zur Nachhaltigkeitsstrategie: Wir






(A) (C)



(B) (D)


Helge Braun

müssen uns über alternative Antriebsformen Gedanken
machen.


(Elke Ferner [SPD]: Wissen Sie, wie viel Energie das Teil verbraucht?)


– Das ist eine hoch interessante Debatte. Sie gehören
sicher zu den Personen, die sich in Deutschland grund-
sätzlich nur mit der Bahn fortbewegen. Aber gegenüber
dem Flugzeug, was national und in Europa immer mehr
an Bedeutung gewinnt, ist der Transrapid energetisch
fünfmal günstiger. Das mögen Sie bitte zur Kenntnis
nehmen!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist ja alles richtig, nur wer soll das bezahlen? – Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Wer hat den denn vorgelassen?)


Das Nachhaltige beim Transrapid liegt nicht nur in
der Ökologie, sondern es liegt auch darin, dass wir die
Chance hätten, hier in Deutschland Arbeitsplätze zu
schaffen, jungen Menschen mit guter Bildung eine ver-
nünftige Zukunft zu bieten und damit auch die anderen
beiden Säulen der Nachhaltigkeit zu bedienen. Ange-
sichts der Krise auf dem Arbeitsmarkt fordern Sie – wie
zuletzt auch der Bundeskanzler – von der jungen Gene-
ration immer mehr Mobilität. Mobilität mag so man-
chem jungen Menschen, der als Berufsanfänger nur über
ein geringes Einkommen verfügt, angesichts der Diskus-
sion um die Pendlerpauschale und die Ökosteuer einiger-
maßen zynisch vorkommen – dies auch deshalb, weil Sie
sich weiterhin nicht auf den Weg begeben, durch die
Einnahmen aus der Ökosteuer, mit denen Sie seit Jahren
die Löcher in der Rentenkasse stopfen, eine vernünftige
Rentenreform zu machen, die dem sozialen Aspekt der
Nachhaltigkeit gerecht wird.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Nicht nur beim Benzin, sondern auch bei den Ener-

giekosten generell liegt Deutschland um 50 Prozent über
dem EU-Durchschnitt. Die Energiekosten haben sich in
den letzten fünf Jahren gesamtwirtschaftlich verfünf-
facht: von 2,3 Milliarden Euro 1998 auf 12,6 Milliarden
Euro im Jahr 2003; so sagen es das Energiewirtschaftli-
che Institut an der Universität zu Köln und der Verband
der Elektrizitätswirtschaft. Das ist etwas, das junge Men-
schen ihrer Chancen beraubt, in Deutschland einen Ar-
beitsplatz zu bekommen; auch das nehmen Sie bitte zur
Kenntnis.

Wir erleben gerade eine Krise in der Automobilindus-
trie und im Einzelhandel. Auch wenn man kein politi-
scher Prophet ist, kann man vorhersehen, dass uns mit
der REACH-Richtlinie zur Chemikalienpolitik der Eu-
ropäischen Union auch in der chemischen Industrie eine
mittelschwere Krise bevorsteht. Dabei kann man bessere
Aussagen über ökotoxikologische und humanpathogene
Auswirkungen wohl kaum erwarten, wenn man Altstoffe
testet, die schon seit Jahrzehnten im großen Stil im Um-
lauf sind.

(Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Mein Gott!)


– Ich bedanke mich bei Ihnen herzlich für das Kompli-
ment.

Aber schauen Sie doch einmal, was Ihr eigener Bun-
deskanzler gerade bei dem Thema Chemikalienpolitik
versucht hat!


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: So ist das!)

Waren Sie beim VCI, als der Bundeskanzler dort aufge-
treten ist und erzählt hat, was er aus seiner Sicht für pro-
blematisch hält an der Chemikalienpolitik?


(Ulrich Kelber [SPD]: Das heißt, Sie unterstützen den Bundeskanzler! – Petra Bierwirth [SPD]: Sie sind doch Mediziner! Da müssen Sie die Frage selbst beantworten können!)


Eines ist wahr: Es ist das fundamentale Gegenteil von
dem, was die SPD-Europaabgeordneten machen, und es
ist auch das fundamentale Gegenteil von dem, was Ihr
Umweltminister macht. Zumindest Ihr Wirtschaftsminis-
ter und Ihr Bundeskanzler sind in dieser Frage offenbar
mehr auf unserer Seite als auf Ihrer.


(Beifall bei der CDU/CSU – Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird Ihnen auch nichts nützen! – Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Man muss sich schon fragen, was solche Leute im Bundestag machen! Sie können „Zukunft“ noch nicht einmal schreiben!)


Es gibt noch weitere Bereiche, in denen Chancen für
die berufliche Zukunft junger Menschen liegen, aber
auch Chancen für Gesundheit, Chancen für eine bessere,
lebenswerte Zukunft. Einer ist die Grüne Gentechnik.
Sie sehen in der Grünen Gentechnik im Kern Risiken,
Risiken, die von der Breite der Bevölkerung zwar geteilt
werden, von den Wissenschaftlern aber in aller Regel
nicht. Selbst wenn man eine Millisekunde annehmen
würde, dass alle befürchteten Risiken eintreten würden,
können Sie mit Ihrer Politik die Verbraucher vor dem,
was sich allgemein in der Welt tut, nicht schützen. Die
Grüne Gentechnik wäre eine Möglichkeit, in Deutsch-
land in großem Stile Arbeitsplätze zu schaffen. Die Art
und Weise, wie Sie Politik machen, führt dazu, dass sie
kein Zukunftsmarkt für junge Menschen ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Shell-Jugendstudie hat übrigens ein Weiteres ge-

zeigt: Die junge Generation ist bereit, sich ihre eigene
Zukunft durch Leistung zu erarbeiten, eine Zukunft mit
funktionierenden Sozialsystemen, mit guten Möglich-
keiten für wirtschaftlichen Wohlstand und mit einer in-
takten Umwelt. Die Bundesregierung muss mit ihrer Po-
litik aber die Chancen dafür eröffnen und sie darf nicht
jeden Menschen von Geburt an mit 16 500 Euro Schul-
den belasten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der SPD)







(A) (C)



(B) (D)


Helge Braun

Die Politik der Bundesregierung ist eine Politik der

vertanen Chancen für die junge Generation und hat mit
dem Anspruch auf Nachhaltigkeit in allen drei Säulen
nichts zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Unglaublich!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514227800

Das Wort hat der Bundesminister für Umwelt, Natur-

schutz und Reaktorsicherheit, Jürgen Trittin.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erlau-
ben Sie mir, in dieser Debatte den Versuch zu machen,
auf das eine oder andere Argument einzugehen.

Erste Bemerkung. Liebe Frau Homburger, ich habe
nicht verstanden,


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das glauben wir gerne!)


warum Sie als Mitglied der gelben Partei solche Aversio-
nen gegen den gelben Sack und gegen den Restmüll im
gelben Sack haben.


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall des Abg. Hans-Peter Repnik [CDU/CSU])


Lassen Sie uns doch einfach einmal schauen, wo hier
das Problem liegt. Wenn Sie die graue und die gelbe
Tonne zusammenpacken wollen,


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Jawohl, Sack in die Tonne!)


dann müssen Sie den Menschen, anstatt ihnen zu sugge-
rieren, das sei das Ende der Mülltrennung, anständiger-
weise erst einmal klar machen, dass auf die Hälfte der
bundesdeutschen Haushalte ein Mehr an Mülltrennung
zukommt. Denn in der Hälfte der bundesdeutschen
Haushalte wird der Bioabfall noch nicht getrennt gesam-
melt. Das ist aber eine Voraussetzung für das, was an
dieser Stelle versucht wurde.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das ist doch Schweinkram! – Albrecht Feibel [CDU/ CSU]: Das ist doch der grüne Traum!)


– Herr Feibel, der Abfallexperte aus dem Saarland, sagt,
das sei Schweinkram.


(Albrecht Feibel [CDU/CSU]: Das habe ich nicht gesagt! Ungeheuerlich! Er behauptet hier Dinge! – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das habe ich gesagt!)


Es kommt aber noch ein Zweites hinzu – das ist die
für die Bürgerinnen und Bürger entscheidende Frage –:
Der gelbe Sack wird aus den Abgaben der Lizenznehmer
bezahlt. Wie wollen Sie dann diese Verursacherverant-
wortung so gestalten, dass die Bürgerinnen und Bürger
genau diese Zusammenlegung nicht anschließend mit ih-
ren Müllgebühren zu bezahlen haben?


(Birgit Homburger [FDP]: Schauen Sie sich unser Modell an!)


Wenn Sie diese beiden Fragen – einmal geht es um
die Einführung der getrennten Sammlung von Bioabfäl-
len und einmal um die Lösung des Problems, das wir
konkret diskutiert haben – beantworten können, dann
wird Ihnen kein Bundesumweltminister und niemand an-
deres sagen, wir seien dagegen. Wir sagen dann: Flott
voran, organisieren Sie es! Wir sind nämlich nicht so
bürokratisch. Wir sind der Auffassung, dass man das am
besten vor Ort organisiert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Birgit Homburger [FDP]: Schön!)


Zweite Bemerkung. Herr Girisch, Ihre Rede hat mich
enttäuscht. Sie haben nämlich versucht, in einem Punkt
einen Streit zu inszenieren, bei dem wir, durchaus von
unterschiedlichen Hintergründen kommend, bisher an ei-
nem Strang gezogen haben. Ich bin mir mit der SPD, mit
den Grünen und mit der großen Mehrheit Ihrer CSU ei-
nig: Wir müssen in Deutschland etwas zum Erhalt des
ökologisch vorteilhaften Mehrwegs tun. Nur über diese
Regelung können wir beispielsweise kleine und mittel-
ständische Brauereien, die nicht an dem großen Marsch
in den Einweg teilnehmen, beschützen.


(Werner Wittlich [CDU/CSU]: Damit machen Sie alles andere kaputt!)


Auf diesem Weg sind wir schon sehr weit gekommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich habe nicht verstanden, warum Sie an dieser Stelle

einen Streit mit mir anfangen wollen. Ich glaube, wir
sollten gemeinsam versuchen, das, was wir ausdiskutiert
haben und was Bayern, eine Reihe von A-Ländern und
die Mehrheit des Bundestages mittragen, nun zu einem
Ergebnis zu bringen.


(Werner Wittlich [CDU/CSU]: Ja, ja!)

Wir haben in langen Jahren viele Debatten über diese
oder jene Pfandregelung geführt. Ich könnte Ihnen vor
diesem Hintergrund viel über Bürokratie in der Umwelt-
politik sagen. Diese Bürokratie hat übrigens nicht der
Herr Trittin erfunden und diese Debatten haben auch
nicht mit meiner Amtszeit begonnen, sondern mit der
meines Vorvorgängers. Aber nach all diesen Jahren ist
doch eines wichtig: Wir müssen diesen Streit jetzt been-
den. Wir müssen einen Strich darunter ziehen. Wir haben
einen tragfähigen Kompromiss gefunden. Lassen Sie ihn
uns am 17. Dezember beschließen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Meine Damen und Herren, erzählen Sie mir bitte
nichts über Bürokratieabbau! Das Erste, was man zum
Bürokratieabbau braucht, ist Transparenz.


(Angelika Brunkhorst [FDP]: Ja, eben!)







(A) (C)



(B) (D)


Bundesminister Jürgen Trittin

Was aber passiert gerade bei der Überarbeitung des Um-
weltinformationsgesetzes? Sie sind es, die den Weg, zu
mehr Transparenz der übrigens europarechtlich verbind-
lich vorgeschrieben ist, nicht mitgehen, sondern ihn blo-
ckieren wollen. Dabei erzählen Sie uns, die wir für
Transparenz sind, wir seien für Bürokratie.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie werfen uns ökologische Planwirtschaft vor. Wer
hat denn beantragt, dass man beispielsweise beim Emis-
sionshandel statt einer schlanken Verwaltung in
16 Bundesländern Zertifikatsstellen – und damit Büro-
kratie – aufbauen soll? Das war Bayern.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)


Wer hat jetzt im Bundesrat trotz der vielen Gemeinsam-
keiten, die wir in der Frage einer stärkeren Öffnung des
Energiemarktes haben, gefordert, die Netze zu regulie-
ren? Schließlich umfassen diese Netze das gesamte Bun-
desgebiet und es geht darum, dass Kunden in Mecklen-
burg-Vorpommern Gas und Strom auch von Anbietern
beispielsweise aus Baden-Württemberg beziehen kön-
nen. Wer hat gesagt, dass diese Form der Regulierung
den Ländern übertragen werden soll? Das waren Bayern
und die CDU-regierten Bundesländer im Bundesrat. Sie
erzählen mir was von Bürokratieabbau und fordern
gleichzeitig den Aufbau neuer Bürokratie!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Peter Paziorek [CDU/ CSU]: Wieso ist es denn Bürokratie, wenn das die Länder machen?)


Lieber Herr Braun, Sie haben von Nachhaltigkeit und
Vernunft in der Haushaltspolitik geredet. Ich meine, dass
dazu der Kollege Loske schon einiges gesagt hat. Ich
stimme mit vielen von Ihnen darin überein, dass der Be-
griff Nachhaltigkeit überstrapaziert wird. Aber selbst
wenn Sie diesen Begriff noch so sehr dehnen, so passt
eines nicht darunter:


(Werner Wittlich [CDU/CSU]: Vorsicht!)

dass Sie in Zeiten, in denen in Deutschland Wohnungs-
leerstand herrscht – wir wenden sogar Steuermittel für
den Abriss auf, um diesen zu beseitigen –, den Woh-
nungsneubau mit Steuermitteln in der Fläche finanzieren
wollen. Das ist nicht nachhaltig, sondern Unsinn, um das
in dieser Deutlichkeit zu sagen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Das ist Ideologie pur, was Sie da machen! – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Die Partei der Besserverdiener kann sich das leisten!)


– Da Sie den Begriff „Besserverdiener“ erwähnt haben:
Ich glaube nicht, dass Förderung von Wohneigentum
nur im Wege eines Wohnungsneubaus in der Fläche
möglich ist. Eine stärkere Eigentumsbildung, gerade für
sozial Schwächere, kann man durchaus fordern, ohne
dass man gleich eine Zersiedlung der Fläche zulässt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Lassen Sie mich zum Thema Nachhaltigkeit eine
letzte Bemerkung machen. Vor zwei Jahren haben wir
gemeinsam beschlossen, eine Stufe der Steuerreform
auszusetzen, weil wir 9 Milliarden Euro für die Beseiti-
gung der Schäden durch das Jahrhunderthochwas-
ser 2002 aufwenden mussten. Wir waren uns seinerzeit
einig, dass daraus eine Konsequenz gezogen werden
muss. Dabei habe ich mir einen zum Vorbild genommen,
nämlich den ehemaligen Kanzler Dr. Helmut Kohl, der
nach dem Oderhochwasser gesagt hat: Es kann nicht
sein, dass in Überschwemmungsgebieten und Fluss-
auen hinein gebaut wird.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)


Wir haben mit unserem Hochwassergesetz einen Vor-
schlag vorgelegt. Er wird zurzeit im Bundesrat heftig
diskutiert. Wir sind auf die Einwände mancher Länder
eingegangen und haben die ganzen Regelungen zur
Landwirtschaft herausgenommen.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Noch nicht! Wir verhandeln gerade darüber! – Michael Müller [Düsseldorf] [SPD]: Jürgen, Vorsicht!)


Wir haben auch Vorschläge dazu gemacht, wie Flächen
ausgewiesen werden sollen. Aber eines, lieber Herr
Paziorek, werden Sie dem Volk doch wohl nicht erzäh-
len wollen: dass es sinnvoll ist, weitere Möglichkeiten
zu schaffen, in Überschwemmungsgebieten Neubauge-
biete auszuweisen. Was heißt das, lieber Herr Paziorek?
Das heißt, heute die Hochwasserschäden von morgen zu
produzieren.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Nein!)

Wer sich hier hinstellt und sagt, das sei Nachhaltigkeit,
der hat von Nachhaltigkeit und von Umweltpolitik über-
haupt nichts begriffen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514227900

Das Wort hat der Kollege Dr. Peter Paziorek, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Peter Paziorek (CDU):
Rede ID: ID1514228000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es ist korrekt, dass man in Haushaltsdebatten auch im
Plenum sehr detailliert über einzelne Haushaltsstellen
diskutiert, aber eine solche Haushaltsdebatte hat auch
die Aufgabe, eine Generaldebatte zu sein. Deshalb muss
hier zum Abschluss der Debatte die Frage gestellt wer-
den, wie die Bilanz von Rot-Grün und die Bilanz dieses
Umweltministers in der Umweltpolitik wirklich ausse-
hen. Die Antwort ist ernüchternd: Die Bilanz rot-grüner
Umweltpolitik und die Bilanz dieses Umweltministers
sehen so aus, dass es keine Linie in der Umweltpolitik
gibt, einzelne Themen nur bruchstückhaft behandelt






(A) (C)



(B) (D)


Dr. Peter Paziorek

werden, diese Politik innovationsfeindlich – der Kollege
Schorsch Girisch hat das an einem Punkt nachgewie-
sen – und arbeitsplatzvernichtend ist. Damit kann man
sagen: Rot-Grün macht keine moderne Umweltpolitik,
Rot-Grün macht eine schlechte Umweltpolitik.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Jeder muss zugeben, dass Umweltpolitik schwer ist.

Es ist eine Querschnittsaufgabe und es gibt viele Kon-
flikte mit anderen Sachgebieten. In Sachen Nachhaltig-
keit steht Umweltpolitik auf einer Ebene mit der Wirt-
schafts- und Sozialpolitik. Umweltpolitik kann sich aber
nur durchsetzen, wenn sie ein klares Konzept und ein
klares Leitbild hat. Ein solches Leitbild muss in einer
modernen Gesellschaft sein, dass Umweltpolitik und
Wirtschaftspolitik zusammengeführt werden. Dieses
Leitbild einer modernen Umweltpolitik im Sinne einer
Zusammenführung von Umwelt- und Wirtschaftspolitik
haben Sie, verehrter Minister Trittin, leider nicht.


(Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Wird er nie erreichen!)


Das ist ein Schaden auch für den Standort Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Man muss sich fragen, welches Leitbild Sie überhaupt
haben, auch in der Umweltpolitik. Sie werden manch-
mal, mit Verlaub, Herr Minister, als unbelehrbar be-
schrieben. Dass das so nicht stimmt, haben wir vor eini-
gen Tagen in der „Welt“ im Zusammenhang mit der
aktuellen Zuwanderungs- und Integrationsdebatte lesen
können. Frau Präsidentin, ich will die „Welt“ vom ver-
gangenen Montag zitieren. Sie schrieb, dass Sie, Herr
Trittin, Ihre verniedlichende Sicht von Multikulti mitt-
lerweile abgelegt hätten.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Hat er?)

Gut so, hier haben Sie dazugelernt. Aber unsere Forde-
rung ist: Lernen Sie auch in der Umweltpolitik dazu!
Verlassen Sie die alten Themen, die Sie seit Jahren im-
mer wieder umsetzen! Gestalten Sie eine moderne Um-
weltpolitik! Halten Sie nicht an Ihren starren Ansichten
fest! Dann kann auch die Umweltpolitik in Deutschland
vorangebracht werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von wem oder was reden Sie eigentlich?)


Das schreiben Ihnen Ihre eigenen Kabinettskollegen
ins Stammbuch. Frau Präsidentin, ich möchte aus dem
vor kurzem veröffentlichten Wirtschaftsbericht 2004 der
Bundesregierung zitieren. Dort heißt es, unterschrieben
von Wirtschaftsminister Clement, über die Politik:

Aber sie muss industriepolitische Belange fördern
und sie bewusst gegen Forderungen aus anderen
Politikbereichen wie der Umwelt- oder Verbrau-
cherpolitik oder gegen wettbewerbsverzerrende
Maßnahmen anderer Staaten vertreten.

So schreibt Wirtschaftsminister Clement vor einigen
Tagen. Mit anderen Worten: Teile der Bundesregierung
begreifen die Umweltpolitik im Allgemeinen und Ihre
Umweltpolitik, Herr Trittin, im Besonderen als Wachs-
tumsklotz, als Innovationshemmnis und als schädlich für
den Wirtschaftsstandort Deutschland. Wenn ich mir ei-
nige Politikfelder anschaue, dann muss ich sagen, dass
etwas daran ist.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ja!)

Sie selbst haben das Stichwort Chemikalienpolitik ge-
nannt. Kein Mensch hier in diesem Saal bestreitet die
These, dass wir immer wieder überprüfen müssen, ob
wir den Gesundheitsschutz verbessern können. Aber kei-
ner, der sich mit diesem Thema auskennt, kommt zu dem
Ergebnis, dass der Weg, den die EU-Kommission vor-
schlägt und den Sie unterstützen, der einzig richtige Weg
ist. Die Frage ist doch nicht das Ziel, sondern die Frage
ist, ob die Bürokratie notwendig ist, die den Mittelstand
in der Chemieindustrie kaputtmacht, und ob wir das Ziel
nicht besser erreichen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Hören Sie doch auf, immer wieder solche Popanze auf-
zubauen.

Jetzt zum zweiten Stichwort: Hochwasserschutz. Es
war toll, dass Sie auch dieses Stichwort eingeführt ha-
ben. Lesen Sie die Zeitungen von heute. Es gibt einige
Bundesländer aus Ihrem Lager, die höchstwahrschein-
lich das, was Sie, Herr Minister Trittin, gerade hier mit
dem durchaus richtigen Hinweis auf den früheren Bun-
deskanzler Kohl verteidigt haben, in der Form nicht un-
terstützen.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie sieht es denn in den CDU-Ländern aus?)


Jetzt frage ich Sie: Ist es in Sachen Hochwasserschutz
unbedingt notwendig, für Zonen, die seit 100 Jahren
Überschwemmungsgebiete sind, ein generelles Acker-
bauverbot zu erklären oder sollte dies nur in erosionsge-
fährdeten Gebieten erfolgen?


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau das haben wir vorgeschlagen!)


Ist es im Sinne des Hochwasserschutzes notwendig,
dass wir den Gemeinden auferlegen, keine neuen Bauge-
biete mehr auszuweisen, selbst wenn die Gemeinden be-
reit wären, einen besonderen Hochwasserschutz zu ge-
stalten? Sie sagen sich offenbar: Die Planungshoheit der
Gemeinden interessiert uns gar nicht. Wir hingegen hal-
ten Ihren Weg für überzogen. Der Hochwasserschutz
kann auf eine viel bessere Art und Weise mit weniger
Bürokratieaufwand gewährleistet werden. Sagen Sie das
der Öffentlichkeit und geben Sie Ihre ideologisch über-
zogenen Positionen in diesem Bereich auf!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir kommen zu dem traurigen Ergebnis, dass sich

Ihre Umweltpolitik als Wachstumshemmnis auswirkt.
Das Falscheste, was wir machen können, ist, die Um-
weltpolitik aus ideologischen Gründen auf eine wachs-
tumsverhindernde Art und Weise zu gestalten.






(A) (C)



(B) (D)


Dr. Peter Paziorek

In diesem Zusammenhang möchte ich zitieren, was

der Vorstandsvorsitzende von Thyssen-Krupp in einem
„Spiegel“-Interview über Ihre Politik gesagt hat, Herr
Trittin:

Man kann ja nur ahnen, was den Mann
– damit meint er Trittin –

treibt. Ich erkenne jedenfalls nicht, dass ihm hiesige
Industriearbeitsplätze am Herzen liegen. Trittin
geht es um Chemikalienverordnungen, Emissions-
handel und den Ausbau von Windparks. Der pure
Wahnsinn in ideologischer Perfektion!

(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die Bilanz des umweltpolitischen Sprechers der CDU!)


– Ich habe schon vermutet, welche Zwischenrufe jetzt
kommen. – Man muss zwar nicht alles für richtig halten,
was Wirtschaftsvertreter sagen, aber es ist richtig, dass
Umweltpolitiker nicht gegen Arbeitsplätze tätig werden
sollten; sie sollten sich vielmehr für ein qualitatives
Wachstum einsetzen, damit in Deutschland moderne Ar-
beitsplätze ermöglicht werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Der zentrale Vorwurf an Sie bezieht sich darauf, dass Sie
das nicht erreichen.

Es tut mir Leid: Derzeit belegen alle Umfragen, dass
die Umweltpolitik zulasten der Arbeitsplätze mit dem
Namen Trittin verbunden ist.


(Beifall bei der FDP – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Ja!)


Das ist das große Problem, unter dem wir als Umweltpo-
litiker leiden. Denn wir wollen eine andere Umweltpoli-
tik, die Deutschland hinsichtlich der Arbeitsplätze nach
vorne bringt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das Stichwort Atompolitik ist bereits genannt wor-

den. Sie, Herr Minister, haben im September in einem
Zeitungsinterview angekündigt, in diesem Herbst Eck-
punkte zur neuen Standortsuche für ein Endlager vorzu-
legen; es müsse nicht unbedingt Gorleben sein. Ich frage
Sie an dieser Stelle: Wo bleibt der Gesetzentwurf? Wo
bleiben die Eckpunkte, die Sie doch im Umweltaus-
schuss vorstellen könnten? Sie haben sie im September
angekündigt; bis heute ist nichts geschehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

In der letzten Debatte haben Sie mich persönlich an-

gesprochen. Ich zitiere:
Herr Paziorek, Sie waren einmal Stadtdirektor. Wie
nennen Sie es als gelernter Jurist, wenn jemand et-
was ohne eine Baugenehmigung baut? Der Volks-
mund spricht von einem Schwarzbau.

Weiter sagten Sie in der Sitzung, Herr Minister:
Genau das ist in Gorleben passiert.

Mein Zwischenruf lautete nur: „Vorsicht, Vorsicht!“
Ob es wohl richtig ist, wie Sie das rechtlich darstel-
len? – Ich habe das inzwischen geprüft. Zu dem Sach-
verhalt gibt es ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
aus dem Jahre 1990, das sich auf die Frage bezieht, ob
die Bauten in Gorleben für ein Erkundungsbergwerk
ausreichend genehmigungsrechtlich abgesichert sind.
Ich möchte aus diesem Urteil zitieren:


(hier: Salzstock Gorleben)

Sicherstellung und Endlagerung radioaktiver Ab-
fälle … ist noch nicht der Beginn der Errichtung ei-
ner entsprechenden Anlage und bedarf deshalb
nicht der Planfeststellung nach § 9 b AtomG, dies
auch dann nicht, wenn Teile des Erkundungsberg-
werks, wie z. B. die Schächte, … im dann aufgrund
einer Planfeststellung zu errichtenden Endlager
Verwendung finden sollen.

In diesem Fall geht es nur um eine bergrechtliche Ge-
nehmigung. Diese ist erteilt worden. Warum sagen Sie
als Umweltminister, es handele sich um einen Schwarz-
bau? Entweder sind Sie nicht mit der Materie vertraut
oder Sie wollten wieder Polemik betreiben. Beides ist
für die Position eines Umweltministers schädlich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir beraten heute auch die Verpackungsverordnung

mit. Dazu hat der Kollege Girisch einiges deutlich ge-
macht. Weshalb haben Sie unsere Empfehlung nicht auf-
gegriffen, die Kabinettsentscheidung noch nicht am
3. November einzuholen, sondern sie zu verschieben
und damit dem Deutschen Bundestag die Möglichkeit
zu geben, das EuGH-Urteil abzuwarten, das zum
14. Dezember vorliegen wird? Sie hatten kein Interesse
daran, dass das Verfassungsorgan Deutscher Bundestag
über diese für Sie wichtige politische Frage im Lichte
der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu den
Grundsatzfragen des europäischen Verpackungsrechts
entscheidet. Sie haben es durchgezogen. Jetzt frage ich
Sie: Welches Verfassungsverständnis haben Sie über-
haupt, wenn Sie sagen, der Bundesrat solle im Lichte
dieses Urteils entscheiden, aber dieser Bundestag solle
schon vorher entscheiden?


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das ist Herumspielen!)


Das halte ich für eine Missachtung dieses Hauses; den
Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Deshalb werden wir nicht zustimmen. Wir werden

uns bewusst an dieser Stelle der Stimme enthalten, weil
wir der Ansicht sind, dass man die Entscheidung des
EuGH tatsächlich abwarten muss.

Noch eines zum Schluss, weil hier behauptet wird,
wir wollten keine Umweltinformationen: Wir haben im
Umweltausschuss klar und deutlich gesagt, dass wir das
Umweltinformationssystemsgesetz vom Grundsatz her
unterstützen.


(Jürgen Trittin, Bundesminister: Aha!)







(A) (C)



(B) (D)


Dr. Peter Paziorek

– Das haben wir gesagt. Sie haben an den Beratungen
nie teilgenommen. Dass Sie bei solchen Beratungen
nicht dabei sind, ist Ihr Problem, Herr Minister. Deshalb
können Sie gar nicht „Aha!“ sagen, es sei denn, Sie wer-
den von Ihren Staatssekretären eventuell falsch infor-
miert, was ich nicht unterstelle.

Wenn wir in der Umweltpolitik Ihren Weg fortsetzen
und europarechtliche Vorgaben nicht eins zu eins, son-
dern zwei zu eins umsetzen, werden wir eines Tages
auch die nationale Vorreiterrolle nicht mehr spielen kön-
nen, weil wir den Wirtschaftsstandort kaputt gemacht
haben.


(Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer eins zu eins umsetzt, kann nie Vorreiter sein!)


In der Umweltpolitik leben wir davon, dass unsere
hohen Standards inzwischen in Europa immer häufiger
von allen angewandt werden. Das ist unser Ziel. Je brei-
ter die Standards in ganz Europa gelten, umso besser
wird das Umweltniveau in ganz Europa und umso weni-
ger werden die Standorte belastet, in denen es um eine
Vorreiterrolle geht.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514228100

Herr Kollege, bitte denken Sie an Ihre Redezeit.

Dr. Peter Paziorek (CDU):
Rede ID: ID1514228200

So muss Umweltpolitik aussehen: Schluss mit der

Zwei-zu-eins-Umsetzung, höhere Standards in Europa
und Eins-zu-eins-Umsetzung dieser Standards in
Deutschland! Das ist der richtige Weg für die Umwelt-
politik.

Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514228300

Das Wort hat der Kollege Gerd Friedrich Bollmann,

SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Gerd Bollmann (SPD):
Rede ID: ID1514228400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

gen! Bei dem gerade ausgetragenen etwas seltsamen
Wettstreit zwischen FDP und CDU/CSU über die Frage,
wer denn nun den Umweltschutz erfunden hat, habe ich
mich unwillkürlich gefragt, wer es denn eigentlich war,
der 1968 über Willy Brandts Forderung „Der Himmel
über dem Ruhrgebiet muss wieder blau werden“ so ge-
lacht hat.


(Dr. Peter Paziorek [CDU/CSU]: Das war aber 1963!)


– Es war 1968! Aber es ist egal; wir wollen uns darüber
nicht streiten. Es war auch nicht blau und weiß; das steht
im Schalke-Lied, Herr Paziorek.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich wünschte, wir
könnten uns heute in diesem Hause ein letztes Mal über
das Thema Pfandpflicht unterhalten, und zwar nicht,
weil ich der Meinung bin, zu diesem Thema sei nichts
mehr zu sagen, sondern weil es an der Zeit ist, diese
Problematik endgültig zu regeln. Eine abschließende
Regelung der Pfandpflicht für Getränkeverpackungen ist
im Interesse aller Betroffenen notwendig. Sie ist not-
wendig für Getränke- und Verpackungshersteller sowie
für die weiteren beteiligten Wirtschaftszweige, damit sie
Planungs- und Investitionssicherheit haben. Sie ist not-
wendig zum Beispiel für mittelständische Brauereien,
damit geplante und bereits getätigte Investitionen in
Mehrwegsysteme wirtschaftlich sinnvoll bleiben.


(Werner Wittlich [CDU/CSU]: Die anderen machen Sie alle platt!)


Die Novelle ist notwendig für den Verbraucher, weil eine
Vereinfachung der Pfandregelung unbedingt erforderlich
ist.

Die heute vorliegende Novelle der Verpackungsver-
ordnung wird meiner Meinung nach all diesen Anforde-
rungen gerecht.


(Birgit Homburger [FDP]: Das sehen die Sachverständigen aber anders!)


Diesem Entwurf liegen unsere im Bundestag beschlos-
sene Novelle und die Änderungsvorschläge des Bundes-
rates, insbesondere des Landes Bayern, zugrunde. Der
Bundesrat hat dem Antrag Bayerns mehrheitlich zuge-
stimmt. Der Bundesratsbeschluss ist ein Kompromiss,
dem auch der Bundesumweltminister und die Bundes-
tagsfraktionen der SPD und der Grünen zustimmen kön-
nen.

Meine Kolleginnen und Kollegen, wir Sozialdemo-
kraten können dieser Regelung der Pfandpflicht auf Ge-
tränkeeinwegverpackungen zustimmen, denn sie erfüllt
alle wichtigen Kriterien. Ökologisch nicht vorteilhafte
Getränkeverpackungen werden bepfandet und das Mehr-
wegsystem wird geschützt.


(Georg Girisch [CDU/CSU]: Falsch!)

Die Pfandregelung wird im Verbraucherinteresse verein-
facht und sie ist europarechtskonform. Die Pfandpflicht
orientiert sich jetzt grundsätzlich an der Art der Geträn-
keverpackung. Ökologisch vorteilhafte Verpackungen
wie zum Beispiel der Getränkekarton werden von der
Pfandpflicht befreit. Die vorgesehenen Ausnahmen für
Wein, Fruchtsaft und Nektar sowie für Milch und Milch-
erzeugnisse sind sowohl aus ökonomischen als auch
ökologischen Gründen gerechtfertigt. Dies wurde im
Übrigen auch in der Anhörung zur Verpackungsverord-
nung vor zwei Tagen bestätigt. Weitere bisherige Streit-
punkte wie die einheitliche Pfandhöhe werden auch im
Sinne der CDU/CSU geregelt.

Wie bereits gesagt stimmen wir dem Kompromiss zu.
Ich bitte Sie ebenfalls um Zustimmung. Der heute vorlie-
gende Entwurf berücksichtigt die meisten Kritikpunkte
und ist fast identisch mit dem Bundesratsbeschluss. Die
einzige wichtige Veränderung im Vergleich zu dem Vor-
schlag des Bundesrates ist die Regelung bezüglich der
Insellösungen. In Absprache mit den Bundesländern hat
das Bundesumweltministerium eine Regelung geschaf-






(A) (C)



(B) (D)


Gerd Friedrich Bollmann

fen, wonach der Verbraucher materialgleiche pfand-
pflichtige Getränkeverpackungen überall dort abgeben
kann, wo sie verkauft werden. Damit werden die so ge-
nannten Insellösungen abgeschafft. Dies ist notwendig,
damit die Verpackungsverordnung nicht gegen Europa-
recht verstößt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die hier vorliegende Verordnung zur Änderung der

Verpackungsverordnung ist ein Kompromiss. Es liegt in
der Natur eines Kompromisses, dass jede der beteiligten
Seiten Zugeständnisse macht. Dies ist geschehen. Das
Ergebnis ist meiner Meinung nach für alle zustimmungs-
fähig. Selbstverständlich gibt es auch an diesem Kom-
promiss Kritik. Die Kritik von Teilen des Handels und
der Wirtschaft muss ich jedoch energisch zurückweisen.
Die Behauptung, die Novelle sei zu kompliziert und eu-
roparechtswidrig, sie rufe Rechtsunsicherheit hervor und
sie sei verbraucherunfreundlich, halte ich nur für vorge-
schoben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wie bereits seit Beginn der Diskussion über die Pfand-
pflicht wird hier versucht, mit allen Mitteln das Pfand
wieder abzuschaffen, und zwar nicht aus ökologischen
Gründen, nicht aus gesamtwirtschaftlicher Notwendig-
keit oder zugunsten des Verbrauchers, sondern nur, um
die ökonomischen Vorteile einiger Handels- und Wirt-
schaftsunternehmen zu sichern und ihre Marktanteile zu
erhöhen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Erinnern wir uns an die Situation vor Einführung der

Pfandpflicht. Der Mehrweganteil an den Getränkeverpa-
ckungen sank Jahr um Jahr. Weggeworfene Getränkedo-
sen verschandelten die Landschaft. Mithilfe der Dose
fand auf dem Getränkemarkt ein gnadenloser Verdrän-
gungswettbewerb gegen kleine und mittelständische Ge-
tränkeproduzenten statt. Überlegungen und Vorschläge,
den Mehrweganteil zu stützen, sind nicht grundlos oder
böswillig entstanden.

Unter Bundesumweltminister Klaus Töpfer wurde
dann grundsätzlich die Möglichkeit erkannt – –


(Abg. Georg Girisch [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Herr Girisch, selbstverständlich dürfen Sie eine Zwi-
schenfrage stellen. Ich habe gelesen, wie Sie sich in der
„Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ über dieses Thema
echauffiert haben.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514228500

Herr Kollege Bollmann, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Girisch?


Gerd Bollmann (SPD):
Rede ID: ID1514228600

Ja.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514228700

Bitte, Herr Girisch.

Georg Girisch (CSU):
Rede ID: ID1514228800

Herr Bollmann, ich möchte Ihnen ganz genau sagen –

Herr Minister Trittin kennt meine Meinung –, was mich
persönlich an der Verpackungsverordnung stört.


(Zurufe von der SPD: Frage!)

– Sind Sie bereit, dies zur Kenntnis zu nehmen?


(Heiterkeit im ganzen Hause)

Herr Bollmann, ich sage ganz offen, dass ich dem ers-

ten Vorschlag von Herrn Trittin wesentlich näher stehe
als dem jetzigen. An der Verpackungsverordnung ärgert
mich vor allem, dass ökologisch vorteilhaften Verpa-
ckungen nicht der Vorrang gegeben wird. Man trifft Ent-
scheidungen nicht nach der Verpackung, sondern nach
dem Inhalt. Ein Beispiel dafür sind Apfelsaft und Apfel-
saftschorle. Nach der Verpackungsverordnung kann man
– theoretisch – Milch in pfandfreie Dosen und PET-Fla-
schen abfüllen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514228900

Herr Kollege, Sie haben nicht das Wort zu einer Kurz-

intervention, sondern zu einer Zwischenfrage. Diese
sollte kurz und präzise sein.


Georg Girisch (CSU):
Rede ID: ID1514229000

Sind Sie zumindest in diesem Punkt mit mir einer

Meinung? – Danke.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)



Gerd Bollmann (SPD):
Rede ID: ID1514229100

Herr Girisch, Sie haben mich gefragt, ob ich bereit

bin, Ihre Ausführungen zur Kenntnis zu nehmen. Das tue
ich hiermit. Ich konnte allerdings Ihre Meinung zu dem
Kompromiss und zu der ursprünglichen Vorlage, über
die wir im Bundestag bereits beraten haben, schon der
„Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ entnehmen. Dort ha-
ben Sie eindeutig erklärt, wie Sie dazu stehen. Vielen
Dank, Herr Girisch.

Ich wiederhole trotz aller Aufregung – ich verstehe
sie ja –: Unter Bundesumweltminister Klaus Töpfer
wurde dann grundsätzlich die Notwendigkeit erkannt,
aus ökologischen Gründen den Mehrweganteil bei Ge-
tränkeverpackungen zu schützen. Aus diesem Grunde
wurde damals unter Führung der CDU/CSU die derzeit
gültige, zugegebenermaßen allerdings zu komplizierte
Pfandregelung verabschiedet.

Da viele Beteiligte glaubten, das Pfand werde auf-
grund der Quotenregelung niemals Realität, hielt sich
der Protest von Teilen des Handels und der Wirtschaft
damals in Grenzen. Spätere Vorschläge der SPD, das
komplizierte Merkel-Pfand durch eine Abgabe auf Ge-
tränkeeinwegverpackungen zu ersetzen, stießen auf den
vehementen Widerstand der Wirtschaft. Dieses Modell
war nicht durchsetzbar.

Wenn neuerdings, nach Einsetzen der Pfandpflicht,
Handel und Teile der Wirtschaft nach einer Abgaben-
lösung rufen, zeigt dies nur eines: Man will keine Belas-
tung von ökologisch nachteiligen Getränkeeinwegver-






(A) (C)



(B) (D)


Gerd Friedrich Bollmann

packungen. Vor Einsetzen der Pfandpflicht wurde die
Abgabenlösung abgelehnt. Als das Pfand Realität wurde,
forderte man die Abgabe. Was passiert, wenn wir nach-
geben und das Pfand aussetzen? Ich meine, dann wird
auch die Abgabe wieder abgelehnt; denn diese Kritiker
wollen eigentlich eine Nulllösung. Sie wollen weder
Pfand noch Abgabe.

Wir haben das Pfand eingeführt, weil es, wie bereits
erwähnt, gewichtige ökologische und auch ökonomische
Gründe für die Pfandpflicht gibt. Alle bisherigen Unter-
suchungen, alle Ökobilanzen zeigen: Getränkeeinweg-
verpackungen, mit Ausnahme ökologisch vorteilhafter
Verpackungen, zum Beispiel Getränkekarton und Folien-
standbeutel, sind umweltschädlich.

Der Anteil umweltfreundlicher Mehrweggetränkever-
packungen ist bis zur Pfandeinführung stark gesunken.
Darunter litten insbesondere kleinere und mittelständi-
sche Privatbrauereien, die ihr Produkt in Mehrwegverpa-
ckungen vertrieben.

Ein weiterer Aspekt war das so genannte Littering
oder, einfacher ausgedrückt, die Vermüllung unserer
Landschaft. Wir wollten und mussten aus ökologischen
Gründen die Mehrwegsysteme und die ökologisch vor-
teilhaften Getränkeeinwegverpackungen schützen und
fördern.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514229200

Herr Kollege, Sie müssten zum Ende kommen.


Gerd Bollmann (SPD):
Rede ID: ID1514229300

Da wir über Arbeitsplätze gesprochen haben, möchte

ich nur noch Folgendes erwähnen – darüber berichtete
die „Westfälische Rundschau –: Die Brauereien Krom-
bacher, Warsteiner und Veltins haben insgesamt über
200 Millionen Euro in neue Mehrweganlagen investiert.
So viel zum Thema Arbeitsplätze. Ich bitte um Ihre Zu-
stimmung zu der Beschlussempfehlung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1514229400

Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den Einzel-

plan 16 – Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit – in der Ausschussfassung. Wer
stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
Der Einzelplan 16 ist mit den Stimmen der Koalition bei
Gegenstimmen der CDU/CSU und der FDP angenom-
men.

Tagesordnungspunkt I.26: Abstimmung über den von
der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur
Neugestaltung des Umweltinformationsgesetzes, Druck-
sachen 15/3406 und 15/3680. Der Ausschuss für Um-
welt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt in
seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/4243,
den Gesetzentwurf in der Ausschussfassung anzuneh-
men. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der
Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzei-
chen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Ge-
setzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stim-
men der Koalition gegen die Stimmen der CDU/CSU bei
Enthaltung der FDP angenommen.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist damit in dritter Beratung mit den Stimmen der
Koalition gegen die Stimmen der CDU/CSU bei Enthal-
tung der FDP angenommen.

Tagesordnungspunkt I.27: Abstimmung über die Be-
schlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit auf Drucksache 15/4248
zu der Verordnung der Bundesregierung zur Änderung
der Verpackungsverordnung. Zu diesem Tagesordnungs-
punkt liegt mir eine schriftliche Erklärung der Kollegin-
nen Christine Lambrecht und Dr. Erika Ober sowie eine
schriftliche Erklärung des Kollegen Karl-Josef Laumann
vor1). Der Ausschuss empfiehlt, der Änderungsverord-
nung auf Drucksache 15/4107 zuzustimmen. Wer stimmt
für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den
Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der FDP und
bei Enthaltung der CDU/CSU angenommen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte I.28 und I.29 auf:
I.28 Einzelplan 32

Bundesschuld
– Drucksache 15/4320 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Walter Schöler
Anja Hajduk
Otto Fricke

I.29 Einzelplan 60
Allgemeine Finanzverwaltung
– Drucksache 15/4322 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Steffen Kampeter
Walter Schöler
Anja Hajduk
Otto Fricke

Zu Einzelplan 60 liegt ein Entschließungsantrag der
Fraktionen der CDU/CSU und der FDP vor, über den wir
am Freitag im Anschluss an die Schlussabstimmung ab-
stimmen werden.

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Wir kommen
deshalb gleich zur Abstimmung. Einzelplan 32 – Bun-
desschuld – in der Ausschussfassung: Wer stimmt da-
für? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Ein-
zelplan 32 ist damit mit den Stimmen der Koalition bei
Gegenstimmen der CDU/CSU und der FDP angenom-
men.
1) Anlagen 3 und 4






(A) (C)



(B) (D)


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Abstimmung über den Einzelplan 60 – Allgemeine

Finanzverwaltung – in der Ausschussfassung. Dazu lie-
gen zwei Änderungsanträge der Fraktion der CDU/
CSU und zwei Änderungsanträge der Abgeordneten
Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau vor, über die wir zu-
erst abstimmen.

Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion der
CDU/CSU auf Drucksache 15/4353? – Wer stimmt da-
gegen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist mit
den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der CDU/
CSU und der FDP abgelehnt.

Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion der
CDU/CSU auf Drucksache 15/4354? – Wer stimmt da-

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Wir kommen
deshalb gleich zur Abstimmung. Es liegen zwei Ände-
rungsanträge der Fraktion der CDU/CSU vor, über die
wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für den Änderungsan-
trag auf Drucksache 15/4329? – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist mit den Stim-
men der Koalition bei Gegenstimmen der CDU/CSU
und der FDP sowie bei Enthaltung der Abgeordneten
Dr. Gesine Lötzsch abgelehnt.

Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck-
sache 15/4330? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Der Änderungsantrag ist mit demselben
Stimmverhältnis wie der vorhergehende abgelehnt.
gegen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist mit
den Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der CDU/
CSU und der FDP abgelehnt.

Wir kommen nun zu den Änderungsanträgen der
Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau. Wer
stimmt für den Änderungsantrag auf Drucksache
15/4355? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der
Änderungsantrag ist mit den Stimmen von SPD,
Bündnis 90/Die Grünen, CDU/CSU und FDP gegen die
Stimme der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch abge-
lehnt.

Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck-
sache 15/4356? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltun-
gen? – Der Änderungsantrag ist mit demselben Stimm-
verhältnis wie der vorhergehende abgelehnt.

Abstimmung über den Einzelplan 60 in der Aus-
schussfassung. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dage-
gen? – Enthaltungen? – Der Einzelplan 60 ist mit den
Stimmen der Koalition bei Gegenstimmen der CDU/
CSU, der FDP und der Abgeordneten Dr. Gesine
Lötzsch angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.30 auf:
Haushaltsgesetz 2005
– Drucksachen 15/4324, 15/4325 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dietrich Austermann
Steffen Kampeter
Walter Schöler
Anja Hajduk
Dr. Andreas Pinkwart
Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf über
die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haus-
haltsjahr 2005 in der Ausschussfassung zustimmen wol-
len, um das Handzeichen. Wer stimmt dagegen? – Ent-
haltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter
Beratung mit den Stimmen der Koalition gegen die
Stimmen der CDU/CSU, der FDP und der Abgeordneten
Dr. Gesine Lötzsch angenommen.

Über einen Entschließungsantrag der Fraktion der
CDU/CSU und zwei Entschließungsanträge der Fraktion
der FDP zum Haushaltsgesetz 2005 werden wir morgen
nach der Schlussabstimmung abstimmen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Be-
schlussempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Un-
terrichtung durch die Bundesregierung über den Finanz-
plan des Bundes 2004 bis 2008 auf den Drucksachen
15/3661 und 15/3844. Der Ausschuss empfiehlt auf
Drucksache 15/4326, den Finanzplan des Bundes 2004
bis 2008 zur Kenntnis zu nehmen. Wer stimmt für diese
Beschlussempfehlung? – Gegenprobe? – Enthaltungen? –
Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen des gan-
zen Hauses angenommen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Freitag, den 26. November 2004,
9 Uhr, ein.

Ich wünsche Ihnen allen noch einen schönen Abend.
Die Sitzung ist geschlossen.