Rede von
Erika
Lotz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-
gen! Herr Kollege Luther, darüber, dass Migrantinnen
und Migranten die deutsche Sprache erlernen sollen und
müssen, sind wir uns alle einig. Aber Ihre Antwort auf
die Kurzintervention der Kollegin Beck war keine Hilfe.
Sie müssen doch daran denken, dass in unserem Land
sehr viele ältere türkische Mitbürgerinnen und Mitbürger
wohnen, die die deutsche Sprache nicht beherrschen.
Genau sie brauchen diese Broschüren. Kritisieren Sie
das doch nicht! Wenn Sie der Auffassung sind, es sei
notwendig, dass diese Menschen unsere Sprache erler-
nen, dann müssen wir auch an die älteren Mitbürgerin-
nen und Mitbürger denken, die die deutsche Sprache
noch nicht beherrschen und sie aufgrund ihres Alters
vielleicht auch nicht mehr so erlernen werden, dass sie
die Sozialgesetzgebung verstehen.
Was wir derzeit erleben, ist ein Grabenkrieg zulasten
der sozialen Sicherheit der Menschen in unserem Land,
aber nicht etwa zwischen Regierung und Opposition.
Nein, er findet in den Reihen der Opposition selber statt.
Nun ist unter Ihnen, meine Damen und Herren von der
CDU/CSU, ein neues Opfer zu beklagen. War es zuerst
Norbert Blüm,
der Arbeits- und Sozialminister Ihrer letzten fünf Bun-
desregierungen, der im vergangenen Jahr für seine so-
zialpolitische Überzeugung von Ihnen ausgelacht und
mit Buhrufen bedacht wurde, so ist es nun Horst
Seehofer, der den Gesundheitspakt von CDU und CSU
aus fachlichen Erwägungen ablehnt. Er hat den stellver-
tretenden Fraktionsvorsitz abgeben müssen
und auch mit seiner Funktion als stellvertretender Partei-
vorsitzender der CSU wird es bald zu Ende sein. Es gibt
noch weitere Opfer in den Reihen der christlichen Ar-
beitnehmerschaft, namenlose Opfer, deren Gemeinsam-
keit ist, dass es sich bei ihnen um Fachleute der Sozial-
politik handelt, die die Überzeugung haben, dass unser
Sozialstaat den Schwachen in unserer Gesellschaft
helfen soll. Die Sieger in CDU und CSU denken anders.
Sie wollen unseren Sozialstaat demontieren.
Bei der zweitgrößten Fraktion in diesem Hause muss
man schon genauer hinsehen, besonders was ihre politi-
schen Konzepte für unser Land betrifft. Schauen wir uns
ihre Pläne zur Gesundheit und zur Rente doch einmal ge-
nauer an.
Die Konzeptionslosigkeit Ihrer Politik, meine Damen
und Herren von der CDU/CSU, zeigt sich unter anderem
in Ihrem Antrag „Wirkungen und Nebenwirkungen des
GKV-Modernisierungsgesetzes – Kritische Bestandsauf-
nahme“. Das ist ein Gesetz, das von Ihnen mitgetragen
wurde und auch Ihre Handschrift trägt. Ich denke dabei
zum Beispiel an die Praxisgebühr. In diesem Antrag,
der immerhin 16 Seiten umfasst, lässt sich auch bei bes-
ter Absicht kein inhaltlicher roter Faden erkennen. Sie
haben gut zwei Wochen an diesem Antrag gearbeitet. Er
stand schon zweimal auf der Tagesordnung, wurde dann
aber wieder abgesetzt, weil Sie sich offensichtlich noch
nicht einig waren. Wenn man ihn liest, dann erkennt
man, dass es dort eine Aneinanderreihung von Lob, Kri-
tik, Behauptungen und Forderungen gibt, ohne dass ein
konzeptioneller Zusammenhang sichtbar wird.
Ich frage Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
Union: Wohin wollen Sie? Welches Ziel verfolgen Sie in
der Gesundheitspolitik? Eine Antwort auf diese Frage
gibt Ihr Antrag jedenfalls nicht. Ich bin gespannt, ob es
dazu in der heutigen Debatte noch Antworten geben
wird.
Sie kritisieren wieder einmal, dass der Zahnersatz
künftig nicht über die Pauschale finanziert werden wird.
Dabei wissen Sie genau wie ich, dass die vereinbarte
Lösung vom Sommer letzten Jahres nicht praktikabel,
äußerst verwaltungsaufwendig und für Versicherte mit
höheren Kosten verbunden ist. Es hilft nichts, wenn Sie
bei jeder Gelegenheit darauf hinweisen, dass Sie es
gerne anders gehabt hätten. Das wissen wir. Sie von der
CDU/CSU sollten endlich akzeptieren, dass die Kopf-
pauschale weder im Kleinen noch im Großen funktionie-
ren wird.