Protokoll:
17106

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 106

  • date_rangeDatum: 15. April 2011

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 14:37 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/106 Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE) . . . . . . . . . Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Willi Brase (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sylvia Canel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oliver Kaczmarek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Thomas Oppermann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Antrag der Abgeordneten Rolf Hempelmann, Dirk Becker, Hubertus Heil (Peine), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Pro- gramm für eine nachhaltige, bezahlbare und sichere Energieversorgung (Drucksache 17/5481) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) . . . . . . . . Peter Altmaier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 12176 B 12178 C 12179 D 12180 D 12182 A 12183 B 12184 A 12185 B 12186 C 12187 C 12191 C 12191 C 12194 A 12195 A 12195 B 12196 B 12198 A 12200 C 12201 C Deutscher B Stenografisch 106. Sitz Berlin, Freitag, den I n h a l Tagesordnungspunkt 23: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Berufsbildungsbericht 2011 (Drucksache 17/5400) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Priska Hinz (Herborn), Brigitte Pothmer, Krista Sager, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aus- und Weiterbildung stärken, Abbrüche ver- ringern, Erfolgsquoten erhöhen (Drucksache 17/5489) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Annette Schavan, Bundesministerin BMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dagmar Ziegler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heiner Kamp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . N M T A D A s a (D in Z 12171 A 12171 B 12171 C 12173 B 12174 D Uwe Schummer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Katja Mast (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12187 D 12188 A undestag er Bericht ung 15. April 2011 t : adine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ichael Kretschmer (CDU/CSU) . . . . . . . . . agesordnungspunkt 24: ntrag der Abgeordneten Rolf Hempelmann, r. Matthias Miersch, Dirk Becker, weiterer bgeordneter und der Fraktion der SPD: Ein- etzung eines Sonderausschusses „Atom- usstieg und Energiewende“ rucksache 17/5473) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 6: 12188 D 12190 A 12191 C Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12202 D II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 106. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. April 2011 Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolf Hempelmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 27: 12204 A 12204 D 12206 B 12207 C 12227 D 12229 B DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Koeppen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Matthias Miersch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 25: – Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung maut- rechtlicher Vorschriften für Bundes- fernstraßen (Drucksachen 17/4979, 17/5519) . . . . . . . – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung (Drucksache 17/5520) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Scheuer, Parl. Staatssekretär BMVBS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uwe Beckmeyer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Florian Pronold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Patrick Döring (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herbert Behrens (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Jarzombek (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: Antrag der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Cornelia Möhring, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Frak- tion DIE LINKE: Agrarförderung in Deutschland und Europa geschlechterge- recht gestalten (Drucksache 17/5477) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) . . . . . . . Christoph Poland (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . A N te N s R v K h (D D C W G J S N A L A Z A E o D A A 12209 A 12210 B 12211 B 12212 B 12213 C 12215 B 12215 B 12215 C 12216 D 12218 C 12219 D 12220 B 12220 D 12221 D 12222 D 12224 C 12224 C 12225 C ntrag der Abgeordneten Dr. Konstantin von otz, Wolfgang Wieland, Jerzy Montag, wei- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- IS 90/DIE GRÜNEN: Keine Vorratsdaten- peicherung von Fluggastdaten – ichtlinienvorschlag über die Verwendung on Fluggastdatensätzen OM(2011) 32 endg., Ratsdok. 6007/11 ier: Stellungnahme gegenüber der Bun- desregierung gemäß Artikel 23 Ab- satz 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 EUZBBG rucksache 17/5490) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . olfgang Gunkel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . isela Piltz (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . an Korte (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . tephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 u Protokoll gegebene Rede zur Beratung des ntrags: Agrarförderung in Deutschland und uropa geschlechtergerecht gestalten (Tages- rdnungspunkt 26) r. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . nlage 3 mtliche Mitteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12230 B 12230 C 12231 C 12233 B 12234 C 12235 C 12236 D 12237 D 12239 C 12241 A 12242 A 12243 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 106. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. April 2011 12171 (A) ) )(B) 106. Sitz Berlin, Freitag, den Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 106. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. April 2011 12241 (A) ) )(B) rischen UnionNiebel, Dirk FDP 15.04.2011 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- lung des Europarates ** für die Teilnahme an der 124. Jahreskonferenz der Interparlamenta- Lindner, Christian FDP 15.04.2011 Möller, Kornelia DIE LINKE 15.04.2011 Anlage 1 Liste der entschuldigte Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Arnold, Rainer SPD 15.04.2011 Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.04.2011 Becker, Dirk SPD 15.04.2011 Blumenthal, Sebastian FDP 15.04.2011 Brinkmann (Hildesheim), Bernhard SPD 15.04.2011 Dr. Danckert, Peter SPD 15.04.2011 Dr. Dehm, Diether DIE LINKE 15.04.2011 Friedhoff, Paul K. FDP 15.04.2011 Friedrich, Peter SPD 15.04.2011 Dr. Fuchs, Michael CDU/CSU 15.04.2011 Dr. Geisen, Edmund Peter FDP 15.04.2011 Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 15.04.2011 Gerster, Martin SPD 15.04.2011 Götz, Peter CDU/CSU 15.04.2011** Heil, Mechthild CDU/CSU 15.04.2011 Hinz (Herborn), Priska BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.04.2011 Höfken, Ulrike BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.04.2011 Kampeter, Steffen CDU/CSU 15.04.2011 Kotting-Uhl, Sylvia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.04.2011 Krumwiede, Agnes BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.04.2011 Dr. Lammert, Norbert CDU/CSU 15.04.2011** Lindemann, Lars FDP 15.04.2011 N P P P R R R D S S S S D U W W W W D W W Z A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht n Abgeordneten ink, Manfred SPD 15.04.2011 ieper, Cornelia FDP 15.04.2011 loetz, Yvonne DIE LINKE 15.04.2011 oß, Joachim SPD 15.04.2011 oth (Heringen), Michael SPD 15.04.2011 oth (Esslingen), Karin SPD 15.04.2011 upprecht (Tuchenbach), Marlene SPD 15.04.2011 r. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 15.04.2011 chlecht, Michael DIE LINKE 15.04.2011 chmidt (Eisleben), Silvia SPD 15.04.2011 chuster, Marina FDP 15.04.2011* enger-Schäfer, Kathrin DIE LINKE 15.04.2011 r. Terpe, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.04.2011 lrich, Alexander DIE LINKE 15.04.2011** agner, Daniela BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.04.2011 einberg, Harald DIE LINKE 15.04.2011 ellmann, Karl-Georg CDU/CSU 15.04.2011* erner, Katrin DIE LINKE 15.04.2011* r. Westerwelle, Guido FDP 15.04.2011 inkler, Josef Philip BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.04.2011 olff (Wolmirstedt), Waltraud SPD 15.04.2011 ypries, Brigitte SPD 15.04.2011 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 12242 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 106. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. April 2011 (A) ) )(B) Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zur Beratung des Antrags: Agrarförderung in Deutschland und Europa geschlechtergerecht gestalten (Tagesordnungspunkt 26) Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): Die rechtliche Gleichstellung der Frauen in Deutschland ist längst voll- zogen, ihre formale Bildung ist der der männlichen Kol- legen weitgehend überlegen und dennoch sind Frauen in der gesellschaftlichen Realität deutlich benachteiligt. Es ist kein Ruhmesblatt für unsere Gesellschaft, die gesellschaftliche Teilhabe eines Teils der Bevölkerung zu beschränken. Es ist zum Nachteil für unsere Gesell- schaft, dass ihre Kreativität und Intelligenz nicht in dem Umfang genutzt wird, wie dies in anderen Gesellschaf- ten realisiert ist. Wir haben eine Kanzlerin, zwei Vizepräsidentinnen im Deutschen Bundestag, mehrere Ministerinnen, aber gleichwohl sind wir ein weitgehend männerbestimmtes Land. Ein an der Universität Lüneburg erarbeiteter Bericht, der sich mit der medialen Präsenz von Politikerinnen be- schäftigt, kommt zu dem Schluss: „Gemessen an ihrer Vielfalt und ihrer gesellschaftlichen Bedeutung werden Frauen medial unzureichend abgebildet.“ Der Anteil der Politikerinnen in Pressemedien beträgt 18 Prozent. Auf den Titelseiten der Zeitungen beträgt der Anteil der Poli- tikerinnen nur 13 Prozent. Es gibt somit eine deutliche Unterrepräsentation der Spitzenpolitikerinnen in den Me- dien. Frau Merkel ist als Bundeskanzlerin überdurch- schnittlich in den Medien präsent, aber selbst die Bundes- ministerinnen sind – wie andere Politikerinnen – nach wie vor in den Medien unterrepräsentiert. Um Frauen eine bessere gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen, werden verschiedene Vorschläge disku- tiert. Zumeist wird die Quote vorgeschlagen. Ich bin skeptisch, ob eine Quote zu einer Verhaltensänderung von Männern und Frauen führen wird. Der heute von der Linken gemachte Vorschlag, das bestehende gesellschaftliche Defizit über eine Änderung der Agrarförderung zu beheben, ist zumindest innovativ. Ich bezweifele allerdings, dass er zielführend ist. Der Titel des Antrags legt nahe, dass unsere bisherige Agrarförderung und Agrarpolitik geschlechterungerecht ist und es möglich sei, diese geschlechterspezifisch und damit angeblich geschlechtergerechter zu gestalten. Ich teile diese Einschätzung nicht: Agrarpolitik, Agrarförde- rung ist geschlechterneutral und muss es auch bleiben. Frauen im ländlichen Raum sind das Rückgrat für un- sere Dörfer. Sie haben oft eine Vielzahl von Doppel- und Dreifachbelastungen in der Familie, im eigenen Beruf, in den landwirtschaftlichen Betrieben und auch in der dörf- lichen Gemeinschaft. Sie sind oft die tragende Säule im ehrenamtlichen sozialen Engagement und in vielen Ver- einen. Wir sind uns einig, dass ehrenamtliches Engage- m s U F a d z a d e F s u d d a s e D d v te D z ic d v L e li u K n g k M In te b a D fa ti V s te u le g d k s d in u (C (D ent und insbesondere das der Frauen einer höheren ge- ellschaftlichen Anerkennung bedarf. Fakt ist, dass es im ländlichen Raum Probleme und mstände gibt, die sich auf die Selbstbestimmung der rauen und ihre Entfaltungsmöglichkeiten nachteilig uswirken. Das ist jedoch in vielen Städten und im in- ustriellen Arbeitsumfeld genauso. Allerdings ist die so- iale Verbundenheit in ländlichen Regionen oft größer ls in vielen Städten, wodurch Defizite, beispielsweise ie ungenügende Zahl von Plätzen in Kinderbetreuungs- inrichtungen, weitgehend ausgeglichen werden. Der Duktus des vorliegenden Antrags suggeriert, dass rauen besonders förderungsbedürftig seien. Diese Ein- chätzung teile ich nicht. Frauen sind gut ausgebildet nd stark. Sie brauchen keine spezielle Förderung, son- ern einfach nur Gerechtigkeit. Der Bildungsbereich hat ies deutlich gezeigt. Frauen sind dort erfolgreich, wo es uf Leistung ankommt, zum Beispiel in der Schule. Uns Frauen wird mit derartigen Anträgen stets unter- tellt, es wäre eine Ausnahme, wenn wir aus eigener Kraft twas schaffen. Diese Unterstellung halte ich für eine iskriminierung, sie stärkt uns nicht, sondern schwächt ie Position der Frauen. Es ist deshalb gut, wenn Defizite, on denen wir meinen, dass sie sich besonders als nach- ilig für Frauen auswirken, als gesamtgesellschaftliche efizite begriffen werden. Frauen gehören schließlich ur Mitte der Gesellschaft und sind keine Randgruppe. Wenn wir den ländlichen Raum stärken wollen, und h halte dies für richtig, müssen wir überlegen, wie wir ie Bedingungen für Frauen, aber eben auch für Männer, erbessern, sich neue eigene Erwerbsquellen auf dem and zu erschließen. Dies ist allemal besser als frau- nspezifische Globalförderung. Der Ausbau von öffent- chen Verkehrsmitteln, Zugang zum schnellen Internet nd nicht zuletzt eine Verbreiterung des Angebots von inderbetreuungsplätzen ermöglicht Frauen und Män- ern den Start und den Ausbau eigener Erwerbsgrundla- en im ländlichen Raum. Die Möglichkeiten von Klein- rediten und Start-up-Förderungen helfen Frauen und ännern. Aber das ist keine Agrarförderung, sondern frastrukturförderung, Investitionsförderung und Wei- rbildung. Viele Projekte, die sich mit diesen Problem- ereichen beschäftigen, können für Frauen heute schon us dem Europäischen Sozialfond gefördert werden. ort gehört die Förderung auch hin. Wir sollten nicht an- ngen, mit der Gemeinsamen Europäischen Agrarpoli- k, GAP, noch eine Sozialpolitik „light“ zu machen. Wir arbeiten konstruktiv an den jetzt vorliegenden orschlägen von Herrn Ciolos zur Reform der Gemein- amen Agrarpolitik der Europäischen Union. Wir möch- n für unsere Landwirte, und damit meine ich Männer nd Frauen, dass bei der Reform der GAP das Zwei-Säu- n-Modell erhalten bleibt, dass es weiterhin einen Aus- leich für die Bereitstellung öffentlicher Güter gibt und ass der Bürokratieabbau vorangetrieben wird. Die Ent- opplung, welche in Deutschland schon fast abgeschlos- en ist, muss sich auch in anderen EU-Mitgliedstaaten urchsetzen. Wir setzen uns in der Agrarpolitik für eine die Zukunft gerichtete, multifunktionale, moderne und nternehmerische Landwirtschaft ein. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 106. Sitzung. Berlin, Freitag, den 15. April 2011 12243 (A) (C) (D)(B) Anlage 3 Amtliche Mitteilung Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unions- dokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Be- ratung abgesehen hat. Innenausschuss Drucksache 17/4509 Nr. A.8 Ratsdokument 16746/10 Rechtsausschuss Drucksache 17/4598 Nr. A.10 Ratsdokument 18122/10 Ausschuss für Gesundheit Drucksache 17/4927 Nr. A.23 Ratsdokument 2124 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 17/1270 Nr. A.5 Ratsdokument 6948/10 Drucksache 17/3791 Nr. A.17 Ratsdokument 14927/10 Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksache 17/4927 Nr. A.36 Ratsdokument 2122 Drucksache 17/5123 Nr. A.24 Ratsdokument 2138 Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 17/178 Nr. A.41 Ratsdokument 15367/09 Drucksache 17/504 Nr. A.26 Ratsdokument 17193/09 106. Sitzung Berlin, Freitag, den 15. April 2011 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710600000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 23 a und b auf:

a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung

Berufsbildungsbericht 2011

– Drucksache 17/5400 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Sportausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Tourismus
Haushaltsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Priska
Hinz (Herborn), Brigitte Pothmer, Krista Sager,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

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Redet
Aus- und Weiterbildung stärken, Abbrüche
verringern, Erfolgsquoten erhöhen

– Drucksache 17/5489 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Damit eröffne ich die Aussprache und ertei
ministerin Annette Schavan das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FD (C (D ung 15. April 2011 0 Uhr Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bilung und Forschung: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eine Damen und Herren! Der jährliche Berufsbil ungsbericht der Bundesregierung informiert über die age auf dem Ausbildungsmarkt. Damit gibt er uns auch ichtige Informationen über die Zukunftschancen der ngen Generation. Denn wir wissen: Zwei Drittel aller ugendlichen gehen den Weg über die berufliche Bilung. Deshalb ist die Situation auf dem Ausbildungsarkt ein sensibles Thema, das im Jahr 2010 mit der rage verbunden war: Wie wird sich die Zahl der Ausildungsplätze in Zeiten der Wirtschaftskrise entwikeln? Wird sie stark zurückgehen? Wie werden die Beerberzahlen sein? Kurz zusammengefasst sehen die Fakten in Bezug auf as Jahr 2010 folgendermaßen aus: Erstens. Prognostiziert war ein Rückgang der Zahl der usbildungsangebote um 20 000. Diese Prognose hat ich nicht bewahrheitet. Bezogen auf die Gesamtzahl der bgeschlossenen Ausbildungsverträge von 560 000 beägt der Rückgang 0,8 Prozent. Aber – das ist der zweite wichtige Punkt – wir konnn die interessante Entwicklung beobachten, dass es ext erstmals wieder ein Plus bei der Zahl der Ausbildungsverträge in den Betrieben gibt. Es geht hier also nicht um die außerbetrieblichen und die vielen Maßnahmen, die wir vor allem in den strukturschwachen Regionen auf den Weg gebracht haben, in denen aufgrund der schwierigen Situation nicht genügend betriebliche Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen. Die Entwicklung bei den betrieblichen Ausbildungsverträgen ist ausgesprochen positiv. 2010 sind 519 000 Verträge abgeschlossen worden. Das ist ein Plus von 5,6 Prozent gegenüber 2005. die Unternehmen auch in Zeiten der nicht nachgelassen haben, dass sie nicht , sondern zugelegt haben. le Bundes P)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das zeigt, dass
Wirtschaftskrise
zurückgefahren





Bundesministerin Dr. Annette Schavan


(A) )


)(B)

Der dritte wichtige Punkt betrifft die Zahl der Altbe-
werber, die uns in diesem Hohen Hause schon vielfach
beschäftigt hat. Diese Zahl ist von 262 000 im Jahre
2008 auf 185 000 im Jahre 2010 zurückgegangen; das ist
ein Rückgang um knapp 30 Prozent. Auch das ist eine
überaus positive Entwicklung. Wir wollen, dass der
Übergang von der Schule in die Ausbildung direkt er-
folgt und dass nicht viele junge Leute als Altbewerber
jahrelang in einem Übergangssystem warten müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Der vierte wichtige Punkt bezieht sich auf das Über-
gangssystem selbst. Auch hier ist in den vergangenen
fünf Jahren, seit wir uns gezielt darum kümmern, indem
wir Veränderungen vornehmen, Kompetenzen zurück-
bringen und Maßnahmen bündeln, ein deutlicher Rück-
gang zu verzeichnen, nämlich um 22,5 Prozent. Das
heißt, junge Leute kommen schneller in Ausbildung als
noch vor einigen Jahren.

Das Resümee der Bundesagentur für Arbeit bezogen
auf das letzte Jahr ist – wir werden ein solches Resümee in
den kommenden Jahren noch häufiger erleben –: Es wur-
den mehr unbesetzte Ausbildungsplätze gemeldet, als es
unversorgte Bewerber gibt. In Zahlen bedeutet dies: Rund
20 000 Ausbildungsplätze – exakt sind es 19 605 – blie-
ben unbesetzt. Es verblieben rund 12 000 unversorgte Be-
werber.

Das macht deutlich, wie sich die Bevölkerungsent-
wicklung auswirkt. In Ostdeutschland konnte man diese
Auswirkung in den letzten Jahren schon sehr gut be-
obachten. Im übrigen Bundesgebiet wird es in den
nächsten Jahren eine ähnliche Entwicklung geben. Die
Schülerzahlen werden in den nächsten zehn Jahren
deutschlandweit deutlich zurückgehen. Die Frage ist
also nicht mehr: „Bekommt jeder Jugendliche einen
Ausbildungsplatz?“, sondern die Frage wird lauten:
„Was müssen wir tun, damit angebotene Ausbildungs-
stellen tatsächlich besetzt werden?“

Ich will Ihnen noch weitere Vergleichszahlen nennen:
Im Jahr 2005 gab es über 40 000 unversorgte Bewerber
auf ungefähr 12 000 unbesetzte Stellen. Das Verhältnis
hat sich also ins Gegenteil verkehrt.

Ausblick auf das Jahr 2011. Die Bundesagentur für
Arbeit verzeichnet in ihrer Halbjahresbilanz einen deut-
lichen Anstieg der Zahl der gemeldeten Ausbildungs-
plätze. Wir können davon ausgehen, dass es für den
Zeitraum September 2010 bis Ende März 2011 einen
Anstieg der gemeldeten Ausbildungsplätze um 14,3 Pro-
zent gegeben hat. In absoluten Zahlen ausgedrückt:
48 000 Ausbildungsplätze mehr als im Vorjahr wurden
bis Ende März gemeldet. Das ist eine gute Perspektive
für dieses Jahr 2011.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Damit stellt sich die Frage: Was sind die zentralen
Aufgaben in der Berufsbildungspolitik, vor denen wir
stehen, damit wir diese neue Situation sinnvoll gestalten
können?

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(C (D Der erste Punkt. Der Schwerpunkt des Ausbildungsaktes, dessen Zeitraum wir bis 2014 verlängert haben, egt nicht mehr bei quantitativen, sondern bei qualitatien Größen. Im Mittelpunkt steht also die Qualifikation. azu haben Bund und Länder die Qualifizierungsinitiave verabschiedet. Es ist jetzt wichtig, dass die darin ereinbarten Maßnahmen auch auf der Seite der Länder onsequent umgesetzt werden. Wir wollen erreichen, ass jeder Jugendliche einen Abschluss bzw. eine Qualikation erreicht, die den Einstieg in die Ausbildung eröglicht. Der zweite Punkt betrifft die Neuordnung des Überangssystems. Wir sollten in dieser Frage nicht fahrläsig sein. Manchmal entsteht der Eindruck: Das Überangssystem brauchen wir überhaupt nicht. (Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schlimm!)


So ist es. – Das ist aber keine Lösung. Man muss
anchmal auch über den Tellerrand schauen und darf

ich nicht nur auf Deutschland beziehen. Wer sich bei
en europäischen Nachbarn umschaut, der weiß: Der
bergang von Bildung in Beschäftigung ist ein ganz

entrales bildungspolitisches Thema. Die Jugendarbeits-
sigkeit würde in Spanien nicht 40 Prozent, in Frank-
ich nicht 25 Prozent und in den skandinavischen Län-

ern nicht um die 20 Prozent betragen, wenn es in diesen
ändern an der Stelle funktionieren würde. Der Über-
ang ist die sensible Stelle überhaupt. Wir haben in
eutschland eine Jugendarbeitslosigkeit von 7 Prozent.
arum werden wir beneidet. Bei uns ist die Jugend-

rbeitslosigkeit so viel niedriger als in anderen Ländern,
eil es die berufliche Bildung und die duale Ausbildung
ibt.

Jetzt müssen aber die nächsten Schritte gegangen
erden. Für mich beginnt das Übergangssystem nicht
a, wo die Schule endet. Daher sind für mich die Bil-
ungsketten die wichtigste Maßnahme, die ab Klasse 7
it der Potenzialanalyse beginnen. Begleitet werden

0 000 Schülerinnen und Schüler bis zur Ausbildung.
h bin davon überzeugt, dass es das Ziel der Neuord-

ung des Übergangssystems – es ist die entscheidende
aßnahme, beginnend ab Klasse 7 – sein muss, mehr

ugendlichen den Schulabschluss zu ermöglichen. Um
ieses Ziel zu erreichen, müssen wir uns sowohl auf der
bene der Länder wie auch auf der Ebene des Bundes ei-
igen. Mein Ziel ist nicht, einfach Geld von A nach B,
lso zur BA, zu schieben. Wir brauchen vielmehr eine
entrale Maßnahme der Länder und des Bundes.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf des Abg. Swen Schulz [Spandau] [SPD])


Lieber Herr Schulz, genau das machen wir. Sie glau-
en das nicht? Das glaube ich Ihnen sofort. – Was will
h sagen? Wir haben jetzt auf der Bundesebene genau
iesen Schritt getan: Wir haben diverse Maßnahmen zu-
ammengefasst, solche im Kontext der Schule und sol-
he im Kontext der beruflichen Bildung. Nach allem,
as ich aus den Schulen höre – es ist eine wichtige un-
rstützende Maßnahme für die Arbeit in den Schulen;
an kann das nicht einfach den Lehrerinnen und Leh-





Bundesministerin Dr. Annette Schavan


(A) )



(B)

rern überlassen –, bin ich davon überzeugt, dass diese
Maßnahme von allen Maßnahmen, die wir vor allen Din-
gen auf der Ebene der Länder ausprobiert haben, die
wirksamste ist; sie gibt uns die Möglichkeit, tatsächlich
eine bessere Qualifikation der Jugendlichen zu errei-
chen, die sich schwertun.

Dritter Punkt. Die Gruppe, die uns in diesem Kontext
am meisten interessieren muss – auch was die Bildungs-
ketten angeht –, bilden die Jugendlichen mit Migrations-
hintergrund; man braucht dafür keine eigenen, neuen
Maßnahmen. Wir wissen, dass die Ausbildungsquote in
dieser Gruppe geringer ist; die Quote derer, die ohne
Schulabschluss bleiben, ist höher. Deshalb ist die Maß-
nahme für diese Jugendlichen besonders wichtig.

Wichtig ist aber auch, dass es uns in den nächsten
Jahren gelingt, bei unserem Bemühen, Unternehmer mit
Migrationshintergrund in die Ausbildung einzubeziehen,
weiter voranzukommen. Die Unternehmer mit Migra-
tionshintergrund kommen aus unterschiedlichen Kultu-
ren und wissen um kulturelle Vorbehalte und klassisches
Bildungsverhalten in dieser oder jener Kultur; sie kön-
nen uns auf dem Ausbildungsmarkt helfen. Auch da sind
wir einen guten Schritt vorangekommen; aber die Zahl
derer, die mitmachen, kann noch erhöht werden.

Letzter wichtiger Punkt. Im Laufe der nächsten Mo-
nate wird die Umsetzung des Europäischen Qualifika-
tionsrahmens im Deutschen Qualifikationsrahmen voll-
endet; wir sind in der Endphase. Das ist ein zentraler
Schritt; denn damit kommt es bei der Frage, ob wir bei
der Umsetzung des Qualifikationsrahmens die Gleich-
wertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung ak-
zeptieren, zur Stunde der Wahrheit. Ich bin der festen
Überzeugung: Jetzt ist der Moment, in dem wir europa-
politisch einen wichtigen Impuls setzen können. Viele
beneiden uns um die duale Ausbildung. Mit der Umset-
zung des Europäischen Qualifikationsrahmens im Deut-
schen Qualifikationsrahmen haben wir die große Chance
– wir werden sie nutzen –, die Gleichwertigkeit von all-
gemeiner und beruflicher Ausbildung mit der Anerken-
nung von Ausbildungen und Abschlüssen zu belegen.
Insofern finde ich, dass das eine gute Situation für die
berufliche Bildung ist. Das ist mit Blick auf die Zukunfts-
chancen der jungen Generation eine gute Botschaft.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710600100

Das Wort hat nun Dagmar Ziegler für die SPD-Frak-

tion.


(Beifall bei der SPD)



Dagmar Ziegler (SPD):
Rede ID: ID1710600200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie sagen, es gebe
eine positive Entwicklung. Darin stimmen wir überein.
Diese positive Entwicklung kann uns dennoch nicht zu-
friedenstellen; darüber sind wir uns hoffentlich einig.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


azu will ich Ihnen drei Zahlen nennen: 85 000 junge
enschen haben im vergangenen Jahr keinen Ausbil-

ungsplatz erhalten. Weitere 320 000 junge Menschen
tecken in einer der vielen Maßnahmen im Übergangs-
schungel; auch die Frau Ministerin hat bemerkt, dass
ort unbedingt eine Lichtung erforderlich ist. Die bedrü-
kendste Zahl ist für mich: 1,5 Millionen junge Erwach-
ene im Alter zwischen 20 und 29 Jahren haben keinen
erufsabschluss und können deshalb die Schwelle zum
erufsleben gar nicht überwinden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


iese jungen Erwachsenen befinden sich nicht einmal in
iner Qualifizierungsmaßnahme. Diese erschreckend
ohe Zahl sinkt auch nicht, trotz des demografischen
andels, trotz des Fachkräftebedarfs und trotz der Erho-
ng der Wirtschaft; das ist für mich das schlimmste Si-

nal, das von dieser Zahl ausgeht.

Wenn ich auf die Website Ihres Hauses gehe, dann
se ich über diese jungen Menschen:

Hierbei handelt es sich um ein weitere „Reserve“,
die für eine Steigerung der künftigen Zahl junger
Fachkräfte genutzt werden kann.

as ist, freundlich gesagt, eine sehr unglückliche Be-
chreibung dieser jungen Menschen.


(Beifall bei der SPD)


Das ist eben keine Reserve, die man für schlechte Zei-
n anlegt. Diese Menschen haben einfach keine Start-
öglichkeiten in das Berufsleben, weil ihnen die Berufs-

usbildung fehlt. Es ist zynisch, wenn man eine solche
ortwahl trifft. Es handelt sich um Einzelschicksale, de-

en wir helfen müssen. Vielleicht haben Sie in den
ächsten drei Wochen der sitzungsfreien Zeit die Gele-
enheit, diesen Terminus auf der Website zu entfernen.

Wir sind uns einig: Wir dürfen keinen der jungen
enschen aufgeben und verloren geben. Wir müssen je-

en jungen Menschen mit einem Schulabschluss und ei-
em Berufsabschluss in das Leben entlassen. Als SPD-
undestagsfraktion haben wir dazu drei konkrete Vor-

chläge gemacht.

Wir wollen erstens eine Berufsausbildungsgarantie.
uch wenn Sie auf die Jugendarbeitslosigkeit bei uns in
öhe von 7 Prozent verweisen und sagen, dass diese
ahl im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern
ut aussieht, sind wir der Meinung, dass eine Ausbil-
ungsgarantie ein Signal an die Jugendlichen in unserem
and ist, dass es für sie eine sichere Perspektive beim
tart in das Berufsleben geben wird. Das ist etwas, was
ir unbedingt erreichen wollen. Das lehnen Sie leider

b.


(Zuruf von der CDU/CSU: Was sagt Platzeck dazu?)


Zweitens halten wir an dem Ausbildungsbonus fest.
uch wenn Sie sagen: „Die Wirtschaft hat bei der Be-
itstellung von Ausbildungsplätzen zugelegt“, ist es im
)





Dagmar Ziegler


(A) )


)(B)

Moment das falsche Signal, auf dieses Instrument zu
verzichten. Durch diesen Bonus sind bisher rund 50 000
junge Menschen zu einer Ausbildungsstelle gekommen.


(Beifall bei der SPD)


Davon abgehen zu wollen, ist das falsche Signal zum
falschen Zeitpunkt.

Drittens wollen wir das Programm „Zweite Chance“
erhalten, das Sie jetzt streichen wollen. Das ist kontra-
produktiv.


(Zuruf von der FDP: Wir streichen überhaupt nichts!)


– Sie wollen zumindest kürzen. – Sie sagten eben, die
Zahl der Ausbildungen im dualen Bereich sei gestiegen.
Wenn die Zahl der Ausbildungen insgesamt gesunken
ist, muss ja die Zahl der Ausbildungen in den staatlichen
Ausbildungseinrichtungen gesunken sein. Das ist der
Beleg dafür, dass man dort nicht kürzen darf, wenn wir
gemeinsam an dem Ziel festhalten, dass jede Schülerin
und jeder Schüler eine Berufsausbildung erhält. Genau
deshalb brauchen wir das Programm „Zweite Chance“ in
voller Höhe.


(Beifall bei der SPD)


Aber das reicht auch nicht. Zweite und dritte Chancen
für Jugendliche in unserem Land einzuräumen, ist das
eine. Das alles sind Reparaturmaßnahmen. Das alles sind
Lösungen, wenn wir Jugendlichen aus einer Situation
heraushelfen, in die sie durch vielerlei Gründe hineinge-
raten sind. Wir haben – das ist das andere – einen ganz-
heitlichen Ansatz. Damit komme ich zu meinem letzten
Punkt. Wir brauchen eine sogenannte – ich nehme dieses
Wort, weil Sie es so gern benutzen – Exzellenzinitiative
für Kitas und für Ganztagsschulen. Das ist Bildung von
Anfang an. Hier müssen wir investieren, und zwar in
ganz Deutschland. Es ist der richtige Ansatz, dort viel
Geld hineinzugeben, damit Kinder von Anfang an, unab-
hängig von ihrer sozialen Herkunft, individuell gefördert
werden können und einen guten Start bekommen.

Beim Ausbau von Kitas und Ganztagsschulen wissen
wir Sie eben leider nicht an unserer Seite. Genauso wie
Ihre Kollegin Familienministerin Schröder und die
ganze Regierung Merkel legen Sie dort eben keinen
Schwerpunkt Ihrer Politik.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Was ist denn in Brandenburg?)


Das ist der grundsätzliche Fehler in Ihrer Bildungspoli-
tik. Wir fordern immer wieder und erneut einen Krippen-
gipfel,


(Patrick Meinhardt [FDP]: Was läuft in Brandenburg?)


bei dem man sich mit den Ländern zusammensetzt,


(Patrick Meinhardt [FDP]: Sehen Sie mal nach Brandenburg!)


um dafür zu sorgen,


(Patrick Meinhardt [FDP]: Wie sehen dort die Fortschritte aus?)


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(C (D ass der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz ab 2013 tatächlich eingelöst werden kann. In dieser Frage lassen ie die Länder und Kommunen im Stich. Sie haben auch keine neue Initiative – wie wir sie forern – für den Ausbau der Ganztagsschulen gestartet. ie reden immer davon – mal die CDU, mal die FDP, uch mal Frau Merkel –, dass Sie das Kooperationsverot für eine falsche Entscheidung halten. (Patrick Meinhardt [FDP]: Wer hat das eingeführt?)


ir teilen das in diesem Haus, glaube ich, unisono. Wo
leibt Ihre Initiative, dieses Kooperationsverbot aufzu-
eben?


(Heiner Kamp [FDP]: Sie müssen mal die Zeitung lesen, Frau Ziegler!)


h kenne keine Initiative,


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


eder von der Regierung noch vom Parlament noch von
ieser Koalition.


(Patrick Meinhardt [FDP]: Ob das wohl die SPD eingeführt hat?)


h würde weniger Zeitung lesen wollen,


(Patrick Meinhardt [FDP]: Warten wir ab!)


ondern hier in diesem Haus gern eine Gesetzesinitiative
ehen.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710600300

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.


Dagmar Ziegler (SPD):
Rede ID: ID1710600400

Ich fordere Sie auf: Setzen Sie sich im Kabinett zu-

ammen und suchen Sie nach einem ganzheitlichen An-
atz für Bildung in unserem Lande, und machen Sie
icht nur Stückwerk!

Danke.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710600500

Das Wort hat nun Heiner Kamp für die FPD-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Heiner Kamp (FDP):
Rede ID: ID1710600600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine Damen und Herren! Liebe Frau Ziegler, man

ann Zahlen schlechtreden – die unter Ihrer Regierung
aren noch schlechter – und den Jugendlichen auf den
ängen oder an den Bildschirmen jeglichen Mut und
gliche Zuversicht nehmen, oder man liest den Bericht
chtig und versucht, die guten Zahlen zu deuten und
em Publikum näherzubringen, um bei den Menschen
ut und Zuversicht zu verbreiten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)






Heiner Kamp


(A) )


)(B)

Der Mensch, vor allem der junge Mensch, braucht
die Hoffnung auf Fortschritt. Älteren Menschen ge-
nügt es, wenn sie hoffen können, dass es nicht
schlechter wird.

Dieser Satz ist nicht von mir, sondern er wird dem lang-
jährigen Stuttgarter Oberbürgermeister Manfred Rom-
mel zugeschrieben. Ich glaube, in diesem Hause zählen
wir uns alle nicht nur nach dieser Definition zu den jün-
geren Menschen, und das sollten wir auch.

Was den von der Bundesregierung vorgelegten Be-
rufsbildungsbericht 2011 angeht, dürfen wir uns zu den
jungen Menschen zählen und zuversichtlich in die Zu-
kunft blicken. Der Bericht zeigt, dass sich die Situation
auf dem Ausbildungsmarkt weiter verbessert. Die Aus-
bildungsbilanz kann sich wirklich sehen lassen. Die An-
fang der Woche veröffentlichte Ausbildungsumfrage der
Industrie- und Handelskammern bestätigt diese erfreuli-
che Entwicklung. Die Chancen der Jugendlichen auf ei-
nen Ausbildungsplatz werden als glänzend angesehen.
Für ihren Bereich rechnen die Kammern mit einem Zu-
wachs an Ausbildungsverträgen von 5 Prozent. 40 000
zusätzliche Ausbildungsplätze wollen die Unternehmen
allein in diesem Bereich im Jahr 2011 anbieten. Das sind
ausgezeichnete Nachrichten für die jungen Leute, über
die wir uns freuen dürfen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Auch der Berufsbildungsbericht rechnet angesichts
der erfreulichen wirtschaftlichen Entwicklung mit einer
Zunahme der angebotenen Ausbildungsstellen. Die aktu-
ellen Zahlen der Kammern sind ein erster empirischer
Beleg. Gleichzeitig ist festzuhalten, dass die Bundesre-
gierung die richtigen wirtschaftspolitischen Akzente
setzt. 2,6 Prozent prognostiziertes Wachstum in diesem
Jahr und ein Rückgang der Arbeitslosenzahlen auf
2,9 Millionen sind hierfür ein Nachweis.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die Unternehmen werden ihrer gesellschaftlichen
Verantwortung gerecht und zeigen mit ihrer voraus-
schauenden Personalpolitik, dass sie mit Optimismus in
die Zukunft blicken. Diesen Optimismus können auch
die jungen Leute teilen. Sie profitieren von dem steigen-
den Angebot an Ausbildungsplätzen. Aufgrund der sin-
kenden Bewerberzahlen verbessern sich auch für leis-
tungsschwächere Schülerinnen und Schüler die Chancen
auf einen Ausbildungsplatz. Diese Entwicklung wird vor
allem in den neuen Bundesländern besonders deutlich.
Dort ist die Zahl der Schulabgänger um 13,5 Prozent zu-
rückgegangen. Darauf ist auch im Wesentlichen der ge-
ringfügige Rückgang an abgeschlossenen Ausbildungs-
verträgen im Bundesschnitt zurückzuführen; denn in den
alten Bundesländern wurden sogar mehr Verträge abge-
schlossen als im Vorjahr.

Der erfreuliche Umstand, dass die Wehrpflicht end-
lich aufgehoben wird, schmälert die Chancen auf einen
Ausbildungsplatz keineswegs. Auch der große Abitur-
jahrgang wird kein Problem darstellen, ganz im Gegen-
teil: Der enorme Bewerbermangel wird dadurch kurzzei-
tig ein wenig abgemildert. Während in rot-grünen Zeiten
Ausbildungsplätze Mangelware waren, suchen Hand-

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(C (D erk und Wirtschaft heutzutage händeringend Nachuchs. Für dieses zentrale Problem müssen wir Lösungen nden, und zwar in einer gemeinsamen Anstrengung on Bundes-, Landesund kommunaler Ebene. Gerade or Ort brauchen wir Kooperationen von Schulen und nternehmen. Die zahlreichen Einzelmaßnahmen könen vielfach durch bessere Koordination eine größere irkung entfalten. Jugendliche sollen früh ihre berufli hen Entwicklungsmöglichkeiten entdecken können. Wir müssen alle Reserven für die berufliche Dualausildung aktivieren. Dazu gehört, dass wir das vielfach och brachliegende Potenzial der oft nur vermeintlich eistungsschwächeren ausschöpfen. Pilotversuche einelner Unternehmen zeigen deutlich, dass viele als chwer vermittelbar eingestufte Bezieher von Transferistungen mit einer Einstiegsqualifizierung tatsächlich rfolgreich in die Ausbildung hereingeführt werden könen. Es lohnt sich also für die Unternehmen, Chancen zu eben. Den Unternehmen, die das tun, gebührt unser ank. Wie im Vorjahr gab es auch am Ende dieses Berichtshres wieder mehr unbesetzte Ausbildungsstellen als nversorgte Bewerber. Ganz besonders freue ich mich arüber, dass auch die Zahl der Altbewerber seit 2008 m rund ein Drittel zurückgegangen ist. Altbewerbern, rnschwachen Jugendlichen und jungen Menschen mit igrationshintergrund müssen wir zu einer Qualifizieng verhelfen. Eine Ausbildung ist und bleibt die beste arantie für gesellschaftliche Teilhabe und Integration den Arbeitsmarkt. ass es sich lohnt, hierfür Geld in die Hand zu nehmen, eigt die aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung zu en gesellschaftlichen Folgekosten unzureichender Bilung. Der fortgeschriebene Ausbildungspakt mit neuem chwerpunkt ist ein wichtiger Beitrag zu unseren Antrengungen bei der Sicherung des Fachkräftenachwuches. Das Übergangssystem selbst gilt es zu optimieren. en unübersehbaren Maßnahmendschungel werden wir chten. Mit den Bildungsketten setzen wir in der Schule n, indem wir Schulabbrüche verhindern und Übergänge on der Schule in die duale Ausbildung verbessern. Die ildungslotsen leisten dabei kontinuierlich und individull einen richtigen und wertvollen Beitrag auf dem Weg rderbedürftiger Jugendlicher zum Ausbildungsab chluss. Dabei beschreiten wir einen anderen Weg – jetzt hön Sie gut zu, Frau Ziegler – als der Regierende Bürgereister Wowereit und seine hilflose Arbeitsund So ialsenatorin Bluhm von der Linken. Beide beteuern merfort, wie wichtig das Schaffen neuer Lehrstellen t, und drohen der Wirtschaft und dem Handwerk. Heiner Kamp )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Zuruf von der FDP: Das ist linke Politik!)





(A) )

Doch wenn es darauf ankommt, in der eigenen Verwal-
tung – sozusagen vor der eigenen Haustür – Ausbil-
dungsplätze zu schaffen, versagen SPD und Linke kläg-
lich.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zuruf von der FDP: Genau so ist das!)


Man muss sich das einmal vorstellen: In der Haupt-
stadt lässt der rot-rote Senat über 10 Millionen Euro an
Mitteln für Ausbildung verfallen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Unglaublich!)


Von eingeplanten 2 Millionen Euro im Haushalt der lin-
ken Sozial- und Arbeitssenatorin sind hierfür gerade ein-
mal 350 000 Euro ausgegeben worden. Peinlich hoch
zehn, kann ich da nur sagen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Skandal!)


Wir arbeiten mit den jungen Leuten daran, dass es
weiter vorangeht. Rot-Rot-Grün begnügt sich damit, zu
hoffen, dass es nicht schlechter wird. Sie sind eben ei-
nes: von gestern.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das von einem FDPRedner derzeit! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Herr Präsident, er zitiert mich!)


FDP und Union werden weiter zukunfts- und fort-
schrittsorientierte Politik für die jungen Menschen und
unser Land gestalten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710600700

Das Wort hat nun Rosemarie Hein für die Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Rosemarie Hein (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710600800

Herr Präsident! Verehrte Frau Ministerin! Liebe Kol-

leginnen und Kollegen! Frau Ministerin, ich kann den
Optimismus, den Sie hier verbreiten, nicht teilen.


(Heiner Kamp [FDP]: Schade!)


– Ja, das ist schade. Ich würde es gern, aber es gibt kei-
nen Grund dazu. – In der vergangenen Woche haben Sie
– auch Ihr Staatssekretär – von einer insgesamt ausgegli-
chenen Bilanz gesprochen. Die Zahl der Altbewerber,
das haben Sie auch zitiert, sei um 30 Prozent zurückge-
gangen. Fakt ist aber:

Erstens. Von einer Entspannung kann eigentlich nicht
die Rede sein. Vielmehr wurden insgesamt etwas weni-
ger neue Ausbildungsverträge abgeschlossen als im Vor-
jahr. Dabei geht die Schere zwischen Ost und West wie-
der auseinander. Während in den westlichen
Bundesländern ein leichter Zuwachs zu verzeichnen war,
ging die Zahl der Ausbildungsplätze im Osten um über
4 000, also um 7,4 Prozent, zurück. Hinzu kommt, dass
der Anteil der überbetrieblichen, also ausschließlich öf-
fentlich finanzierten, Ausbildungsplätze mit 20 Prozent

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(C (D Osten viermal höher ist als im Westen. Im Westen ist afür das Übergangssystem anteilig wesentlich stärker. as hat sicherlich damit zu tun, dass die Zahl der Mirantinnen und Migranten, die in diesem Bildungssysm stärker benachteiligt sind, dort größer ist. Die gibt es Osten nicht so reichlich. Zweitens. Mehr als 184 000 Altbewerberinnen und ltbewerber – ein schreckliches Wort – haben in den ergangenen fünf Jahren vergeblich einen Ausbildungslatz gesucht. Angesichts dieser Zahl ist es doch ein kandal, wenn von einem Fachkräftemangel geredet ird und Unternehmen beklagen, dass sie Ausbildungslätze nicht besetzen können. Drittens. Auf die derzeit etwa 19 000 unbesetzten usbildungsstellen kämen jeweils zehn Bewerberinnen nd Bewerber, wenn man allen Altbewerberinnen und ltbewerbern und denen aus diesem Jahr eine Ausbilungsstelle anbieten würde. Es ergäbe sich, wie gesagt, in Verhältnis von eins zu zehn. Dieser Bilanz sollten Sie ich stellen. Eine ausgeglichene Bilanz stelle ich mir weentlich anders vor. Die Ministerin sagte eben, dass es angesichts der irtschaftslage noch schlimmer hätte kommen können. enn die Statistik jetzt nicht ganz so schlimm aussieht ie noch vor ein oder zwei Jahren, so ist das offensichtch allein Folge der zurückgegangenen Zahl der Schulbsolventinnen und Schulabsolventen. Die geburtenchwachen Jahrgänge, die es nach der Wende im Osten ab, sind jetzt altersmäßig vollständig in der Ausbilung. Damals ist die Geburtenzahl auf ein Drittel des tzten Vorwendejahres zurückgegangen. Die Zahl der chulabgängerinnen und Schulabgänger, die einen Ausildungsplatz suchen, hat sich infolge dessen im Osten tzt halbiert. Die Positivbilanz, die die Bundesregierung un einfährt, ist also dem Geburtentief im Osten gechuldet. Man gewinnt den Eindruck, man habe das einch ausgesessen. Die Bundesregierung setzt heute offensichtlich immer och auf das Prinzip Hoffnung. Sie hofft zum einen auf eiter zurückgehende Schülerzahlen und zum anderen uf einen überproportionalen Anstieg des Bruttoinlandsrodukts, was die Wirtschaft wohl animieren soll, mehr usbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Was bitte t das denn für ein Fortschrittsverständnis? Das können ir nicht teilen. Wir haben den Eindruck, dass man sich eftig in die Tasche lügt. Hinzu kommt, dass es zugegebenermaßen eine große unkelziffer gibt, weil die Statistik nur die Bewerberinen und Bewerber erfasst, die sich bei der Bundesagenr für Arbeit und den anderen sogenannten zugelasse en Trägern melden. Das ist aber nur gut die Hälfte eines bsolventenjahrgangs. Wenn nun aber die Bundesregieng gar nicht so genau weiß, wer sich warum und wie nge um einen Ausbildungsplatz bemüht und wer wann inen findet, wie kann sie dann helfend eingreifen? Dam lese ich mit großem Interesse, dass es endlich Beühungen um eine bessere Ausbildungsstatistik gibt. Dr. Rosemarie Hein )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

Das haben wir in einem Antrag, den wir vor einigen Mo-
naten in diesem Haus vorgelegt haben, bereits gefordert.

Ein weiteres Problem bleibt das Übergangssystem.
Unternehmen benennen heute die mangelnde Ausbil-
dungsfähigkeit als Grund, weshalb nicht alle Ausbil-
dungsplätze besetzt werden können. Aber woran bemisst
sich eigentlich die Ausbildungsfähigkeit? Im Bericht
kann man dazu keinerlei Aussagen finden. Auch der
Staatssekretär ist mir in der vergangenen Woche eine
Antwort auf meine Frage schuldig geblieben. Ich habe
erfahren, dass es ein entsprechendes Kästchen in den
Formularen der Bundesagentur für Arbeit gibt. Ich er-
fuhr, dass man da ein Kreuz mache oder eben nicht –
nach welchen Maßstäben bleibt sehr undurchsichtig.
Wer an dieser Stelle ein Kreuzchen hat, landet mit ziem-
licher Sicherheit im Übergangssystem. Im Jahr 2010 ha-
ben sich 324 000 Jugendliche in irgendeiner Weise im
Übergangssystem wiedergefunden. Nicht alle von ihnen
galten als nichtausbildungsfähig. Sie haben trotzdem
keinen Ausbildungsplatz bekommen. Bekannt ist aber,
dass das ein- oder oftmals auch mehrmalige Durchlaufen
des Übergangssystems längst nicht das bringt, was das
System verspricht. Dadurch wird der Übergang in eine
Ausbildung in der Regel nicht erleichtert, sondern er-
schwert.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörn Wunderlich [DIE LINKE], an BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gewandt: Das ist kein Grund, zu klatschen! Das ist Grund, zu weinen!)


Mit der Zahl der Jahre, in denen man sich erfolglos
auf dem Ausbildungsmarkt beworben hat, sinkt zudem
die Chance auf eine erfolgreiche Vermittlung drastisch.
Darum ist der vorhin schon erwähnte Befund, dass
1,5 Millionen junge Erwachsene im Alter zwischen
20 und 29 Jahren überhaupt keine Berufsausbildung ha-
ben, eines der schlimmsten Ergebnisse bundesdeutscher
Berufsbildungspolitik der letzten Jahre. Da kann sich
auch keine Vorgängerregierung ausnehmen. Für die Lö-
sung dieses Problems gibt es bis heute überhaupt kein
überzeugendes Konzept.


(Beifall bei der LINKEN)


Nun scheint ein neues Problem herangewachsen zu
sein: der vermeintliche oder tatsächliche Fachkräfteman-
gel. Zunächst einmal ist festzuhalten: Wenn man in den
vergangenen Jahren ausreichend Ausbildungsplätze ge-
schaffen hätte, gäbe es diesen Mangel heute nicht.


(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das ist der Punkt!)


Heute stellt man fest, man könne auf keinen jungen
Menschen mehr verzichten. Konnte man das denn je?
Offensichtlich konnten sich Unternehmen in Zeiten star-
ker Jahrgänge einfach die Besten aussuchen. Der Rest
wurde abgeschoben. Man konnte ja wählen.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Machen Sie das nicht so in Ihrer Partei? Wen nehmen Sie denn so?)


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(C (D Nun aber wählen die Bewerberinnen und Bewerber. – ören Sie einmal zu; ich habe etwas sehr Interessantes efunden. – Im Bericht findet sich das Schaubild 10. ort sind die Berufe aufgeführt, in denen schon jetzt ein ewerbermangel beklagt wird. Das sind Berufe in der astronomie, Verkäuferinnen und Verkäufer, Bäcker, ebäudereiniger usw. All diese Berufe finden sich in eier Tabelle – es geht um Tarifverträge und Entgelte –, in er die Berufe aufgeführt sind, in denen in meinem Bunesland ein Stundenlohn von unter 7,50 Euro gezahlt ird. ntsprechend dieser Tabelle wird im Gebäudereinigerandwerk am meisten verdient. In Sachsen-Anhalt wird diesem Bereich ein Stundenlohn von 6,58 Euro ge ahlt, und das ist ein Branchenmindestlohn. Hört! Hört! (Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Wer verhandelt denn? Die Gewerkschaften!)


(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Hört! Hört!)


edenkt man dann noch die Arbeitsbedingungen in die-
en Berufsgruppen, dann ist verständlich, warum diese
erufe zu diesen Konditionen heute von jungen Leuten
icht mehr gewählt werden. Da funktioniert der Markt
ben einmal anders herum. Ich finde, das ist auch in Ord-
ung.


(Beifall bei der LINKEN)


in anständiger gesetzlicher Mindestlohn könnte da hel-
n. Er würde die Attraktivität dieser Berufe erhöhen.

Es gibt im vorliegenden Berufsbildungsbericht sehr
iele beunruhigende Befunde. Ich frage mich: Was kann
an dagegen tun? Das Bundesministerium hat eine Ab-
ilung „Programmerfindung“ – ich habe das hier schon
or einigen Monaten erwähnt –, der es immer noch nicht
n Ideen mangelt. Die Programme, die ich jetzt nenne,
abe ich alle im Berufsbildungsbericht gefunden: Es gibt
en Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräf-
nachwuchs; er wurde bis 2014 verlängert. Es gibt die
itiative „Abschluss und Anschluss – Bildungsketten

is zum Ausbildungsabschluss“, die unter anderem die
erufseinstiegsbegleiter beinhaltet; die Ministerin hat
ies angesprochen.


(Beifall des Abg. Heiner Kamp [FDP])


eitere Programme heißen: EQ Plus, APO, BOP, ÜBS,
RENA, VerA und Jobstarter Connect. Ich befürchte,
h habe ein paar übersehen. Das alles hört sich lustig an,

ber es ist nicht lustig. Es wird immer unübersichtlicher.
elches Programm läuft wie lange und richtet sich an
en? Hinzu kommen noch die landeseigenen Modell-
rojekte und Programme. Wenn die Ministerin heute
agt, man wolle das alles vereinheitlichen, dann warte
h gespannt auf den Entwurf, der zeigt, wie diese Ver-

inheitlichung aussehen soll. Ich bin skeptisch. Das hier
echt nach Vielfalt, klingt nach Vielfalt, aber ich glaube,
s ist nur Wirrwarr.


(Beifall bei der LINKEN)


So wird das nichts werden. Auch die Programme, die
un frühzeitig in den Schulen ansetzen sollen, um ab-
chlussgefährdeten Jugendlichen zu helfen, sind nichts





Dr. Rosemarie Hein


(A) )


)(B)

weiter als Reparaturprogramme für ein verfehltes Bil-
dungssystem. Wenn in Zukunft immer weniger Arbeits-
plätze für Geringqualifizierte vorhanden sein werden,
dann muss man für bessere Bildung sorgen. Wir brau-
chen das Geld dort, wo die Bildung von Anfang an bes-
ser gemacht werden kann,


(Beifall bei der LINKEN)


und das Kooperationsverbot muss fallen, damit die ge-
meinsame Verantwortung von Bund und Ländern auch
gemeinsam wahrgenommen werden kann.

Als Erstes muss sich die Schule ändern, damit mehr
bessere Abschlüsse erworben werden können. Ein
Hauptschulabschluss reicht oft nicht mehr. Auch das
Übergangssystem hilft an dieser Stelle überhaupt nicht
weiter. Wir brauchen mindestens solide Realschulab-
schlüsse für die Mehrzahl der jungen Menschen und na-
türlich mehr Abiturienten.

Zweitens brauchen wir endlich einen Rechtsanspruch
auf eine qualitativ hochwertige berufliche Erstausbil-
dung.

Drittens muss es in der Wirtschaft ein solidarisches
System der Ausbildungsfinanzierung nach dem Vorbild
der Bauindustrie geben. Es muss durchgesetzt werden,
dass sich alle Unternehmen daran beteiligen.

Viertens muss der Unsinn aufhören, dass die einen
eine Ausbildungsvergütung bekommen – nicht immer
eine besonders hohe, aber immerhin eine –, während die
anderen Schulgeld zahlen müssen, um überhaupt eine
Ausbildung zu erhalten. Darüber schweigt der Bericht
übrigens.


(Beifall bei der LINKEN)


Das ist vor allem in den Gesundheitsberufen der Fall,
obwohl der Bedarf an Arbeitskräften in diesen Berufen
in den nächsten Jahren enorm zunehmen wird.

Fünftens muss das Berufsübergangssystem weitge-
hend überflüssig gemacht werden; ganz wird man es
nicht abschaffen können. Stattdessen brauchen wir aus-
bildungsbegleitende Hilfen in den Ausbildungsberufen,
beim Gang in die Berufsausbildung. Es ist sinnvoll, dort
anzusetzen; denn dort kann es tatsächlich helfen und
stellt nicht nur eine Warteschleife dar.

Sechstens bedarf es einer schnellen Lösung für die
20- bis 29-Jährigen ohne abgeschlossene Berufsausbil-
dung; denn hier geht es nicht nur um die individuellen
Lebensperspektiven – um die geht es natürlich auch –,
sondern auch um hohe Folgekosten bis ins Alter.

Das sind ganz sicher nur einige der wichtigsten
Schritte, die unbedingt gegangen werden müssen. Es
gibt sicher noch mehr. Man muss sie umsetzen. Wir
möchten eigentlich nicht bis zum nächsten Bericht war-
ten, um dann festzustellen, dass sich wieder nichts getan
hat.

Ich danke.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Das Wort hat nun Ekin Deligöz für die Fraktion ündnis 90/Die Grünen. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! err Kamp, Sie haben zu Beginn Ihrer Rede die Jugendchen vor dem Fernseher begrüßt. Ich gehe davon aus, ass die meisten Jugendlichen um diese Uhrzeit, um .30 Uhr, entweder in der Schule oder bei der Ausbilung sind. Den Jugendlichen, die um 9.30 Uhr vor dem ernseher sitzen, hilft Ihr Schönreden nicht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Heiner Kamp [FDP]: Nachrichten! Man kann das alles auf Phoenix nachschauen! Dass Sie kein Phoenix schauen, kann ich mir denken! Auch im Politikunterricht wird so etwas gezeigt!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710600900
Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710601000

ie wollen eine Perspektive, sie wollen eine Chance, und
ie wollen nicht nur demografische Daten hören, die
ielleicht irgendwann wirksam werden.

Die Zahlen sprechen für sich. Einige wurden genannt:
85 000 Altbewerberinnen und Altbewerber, 320 000 Ju-
endliche im Übergangssystem. Das ist noch nicht alles.
ie eigentlichen Zukunftsherausforderungen stehen un-
ittelbar bevor. Dazu gehört die Tatsache, dass in die-

em Jahr die doppelten Jahrgänge – Stichwort: G 8 – auf
en Ausbildungsmarkt strömen. Die Aussetzung von
ehrpflicht und Zivildienst führt dazu, dass es in
eutschland bald 60 000 junge Männer geben wird, die

usgebildet werden wollen.


(Heiner Kamp [FDP]: Ja! Gott sei Dank! – Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Die wollen vielleicht auch studieren! Es soll auch Jugendliche geben, die studieren wollen, Frau Kollegin!)


uf diese Personengruppen gehen Sie gar nicht ein. Auf
ie Frage, was die Politik tut, damit diese jungen Män-
er nicht auf der Straße und nicht in einer Sackgasse lan-
en, sondern eine qualifizierte Ausbildung bekommen,
aben Sie noch keine Antwort.


(Heiner Kamp [FDP]: Manche Länder vielleicht nicht! Aber da, wo die FDP mitregiert, schon!)


as ist eine Herausforderung, der Sie sich annehmen
ollten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Frau Schavan, Sie sagen, dass es günstige Rahmenbe-
ingungen gibt. Aber günstige Rahmenbedingungen al-
ine helfen bei der Bewältigung dieser Herausforderun-
en nur bedingt. All die Zahlen, die ich genannt habe
es fehlen geschätzt 670 000 betriebliche Ausbildungs-

lätze in Deutschland –, machen deutlich: Wir brauchen
trukturelle Reformen, um in diesem Bereich voranzu-
ommen. Darauf sind Sie leider gar nicht eingegangen.





Ekin Deligöz


(A) )


)(B)

Sie haben davon gesprochen, dass Sie den Ausbil-
dungspakt verlängert haben. Ja, das haben Sie getan.
Aber Sie haben keine überprüfbaren Ziele festgelegt.


(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Die Dresdner Ziele!)


Sie haben zum Beispiel nicht gesagt: Wir schaffen für
diese Jugendlichen 60 000 zusätzliche Ausbildungs-
plätze.


(Dr. Philipp Murmann [CDU/CSU]: Ach! Wir haben doch schon jetzt mehr Ausbildungsplätze geschaffen! Wir haben nämlich sehr hohe Ziele!)


Das wäre messbar und überprüfbar. Das wäre eine Hand-
lungsanweisung für alle Beteiligten gewesen. Davon
nehmen Sie aber Abstand. Damit sind wir wieder beim
Schönreden und bei leeren Versprechen.

Ein anderes Beispiel: die Bildungsketten. Ja, diese
Initiative ist eine sinnvolle, gute Idee. Aber wenn es so
ist, wie Sie sagen, warum statten Sie sie dann nicht ver-
nünftig aus? Warum investieren Sie in diese Initiative
nicht so viel Geld, dass sie in ganz Deutschland flächen-
deckend wirken kann und nicht bei einigen wenigen
Leuchtturmprojekten steckenbleibt? Für Jugendliche
ohne Perspektive reichen einige wenige Vorzeigepro-
jekte nicht aus. Das ist eine Binsenweisheit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wenn 150 000 Jugendliche keinen Ausbildungsplatz
haben, verursacht dies Folgekosten. Das DIW spricht da-
von, dass 150 000 nicht ausgebildete Jugendliche zu
jährlichen Folgekosten in Höhe von 1,5 Milliarden Euro
führen. Damit bin ich bei einem wichtigen Punkt: Es ist
nicht nur die Aufgabe des Staates – wir reden über ein
erfolgreiches duales System –, sondern auch die Auf-
gabe der Wirtschaft, in diesem Bereich zu agieren. Auch
hier muss ein Umdenken stattfinden. Aber dieses Um-
denken fällt nicht vom Himmel. An dieser Stelle sind
wir wieder bei der Verantwortung der Politik. Wir müs-
sen die Menschen überzeugen. Wenn Sie fordern, dass
sich gerade Unternehmen mit Migrationshintergrund
stärker auf dem Ausbildungsmarkt engagieren – diese
Ansicht teile ich –, dann bedeutet dies auch, dass wir es
ihnen ermöglichen müssen. Wenn es darum geht, Men-
schen zu einer Ausbildung zu befähigen und dafür die
richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, sind auch
die IHKs gefragt. Hier stehen wir noch halbwegs am An-
fang.

Wir machen Ihnen einen Vorschlag. Unser Vorschlag
heißt „Dual Plus“. Mit diesem Vorschlag gehen wir nicht
nur die Umgestaltung des Übergangssystems an. Viel-
mehr haben wir vor allem folgende Fragen im Blick:
Wie schaffen wir es, dass sich auch kleine und mittlere
Betriebe am Ausbildungspakt beteiligen und die Ausbil-
dungsverpflichtung eingehen? Wie können wir Qualifi-
zierung so organisieren, dass sie überbetrieblich und
Hand in Hand mit dem dualen System funktioniert? Die
dritte wichtige Frage lautet: Wie können wir auch Ju-
gendliche, die in einer Sackgasse stecken geblieben sind,

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(C (D eine Perspektive haben und auf dem Ausbildungsmarkt eine Angebote erhalten, erreichen? Auf diese Fragen eben wir Antworten. Dabei setzen wir im Gegensatz zu nen nicht nur auf die demografische Entwicklung und ie Hoffnung, dass sich die Welt irgendwann verändert, ondern wir machen ein konkretes Angebot, das sich an ie Gesellschaft, die Wirtschaft, die Jugendlichen und ie Politik, die endlich handeln muss, richtet. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Eine letzte Bemerkung zu Jugendlichen mit Migra-
onshintergrund. Die Zahlen zeigen: Sie sind die Verlie-
r unseres Ausbildungssystems; sie bleiben auf der
trecke. Was diese Jugendlichen betrifft, sind wir bisher
icht konkret genug. Auch Ihre Antworten sind nicht
onkret genug. Schlimmer noch: Sie entdecken und ana-
sieren Probleme, geben aber keine einzige Antwort auf

ie Frage, wie sie zu lösen sind. Die eine Seite der Me-
aille ist, dass wir passgenaue Angebote machen müs-
en. Die andere Seite der Medaille ist, dass sich auch in
er Kultur dieses Landes etwas verändern muss.

Bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die ei-
en ausländischen Namen haben, dauert es im Vergleich
u deutschen Jugendlichen dreimal so lange, bis sie zu
inem Bewerbungsgespräch eingeladen werden, und sie
ekommen viermal so oft Absagen. Es dauert bis zu
7 Monate, bis sie überhaupt eine Einladung zu einem
ewerbungsgespräch bekommen. Wenn man den Ju-
endlichen die Tür vor der Nase schließt, braucht man
ich nicht zu wundern, wenn sie irgendwann frustriert
ind. Auch für diese Jugendlichen muss gelten: Sie soll-
n sich mit Optimismus bewerben können. Bis wir das

rreicht haben, müssen Sie noch jede Menge Hausaufga-
en machen. Es reicht nicht aus, nur auf die demografi-
che Entwicklung zu setzen, sondern man muss auch
olitisch entschlossen handeln. Dazu haben Sie bis jetzt
och keine Konzepte vorgelegt.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710601100

Das Wort hat nun Eckhardt Rehberg für die CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Eckhardt Rehberg (CDU):
Rede ID: ID1710601200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeord-

eten! Man kann immer nörgeln und Haare in der Suppe
nden, Frau Kollegin Ziegler. Wenn wir uns aber die
ahlen bei den Altbewerbern und den jungen Menschen,
ie im Übergangssystem sind, angucken, kann man
chon von einer rot-grünen Erblast sprechen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


s ist eine echte rot-grüne Erblast, dass jeder zweite Mi-
rant im Alter zwischen 25 und 34 Jahren in den Jahren
or 2005 keinen Ausbildungsplatz gefunden hat. Neh-





Eckhardt Rehberg


(A) )


)(B)

men Sie die Zahlen bei den Altbewerbern: Das waren
rund 300 000 im Jahr 2005. Im Jahr 2010 waren es
185 000. Die Zahl der jungen Menschen im Übergangs-
system ist in den letzten fünf Jahren um fast 100 000 zu-
rückgegangen. Allein im letzten Jahr ist sie um ein Vier-
tel gesunken. Seitdem Frau Schavan für Bildung und
Forschung in Deutschland Verantwortung trägt, haben
wir Erfolge auf diesem Gebiet vorzuweisen. Vorher war
das eher ein Desaster.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn Sie eine objektive Wertung der Politik des Bun-
desbildungsministeriums bzw. der Bundesregierung vor-
nehmen wollen, dann müssen Sie sich gelegentlich ein-
mal den OECD-Bericht aus dem Jahr 2010 vornehmen.
Da steht auf Seite 19:

Deutschland engagiert sich auf beeindruckende
Weise für die Bewältigung dieser Herausforderung.

Das bezieht sich auf die Herausforderung im Rahmen
des Übergangssystems. – Dann wird weiter auf folgende
Themen Bezug genommen: Initiative „Perspektive Be-
rufsabschluss“, Koordinierung der Übergangsangebote
auf regionaler Ebene, Un- und Angelernte, voll berufs-
orientierte Abschlüsse. Das heißt, die OECD konstatiert,
dass die Bundesregierung bzw. die Bundesministerin ge-
nau den richtigen Weg geht.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Warum müssen wir diesen Weg gehen? Was hat uns
denn in der Krise so stark gemacht? In der Krise hat uns
doch stark gemacht, dass wir ein Industriestandort sind.
Wir sind nur deswegen ein erfolgreicher Industriestand-
ort, weil die duale berufliche Ausbildung in der Welt
einmalig ist. Frau Schavan hat darauf hingewiesen: Wir
haben die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit der Industrie-
länder, andere haben eine viel höhere. Die duale Ausbil-
dung ist eine Basis dafür, dass wir eine so niedrige Ju-
gendarbeitslosigkeit haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Sie haben auch auf die Wirtschaft Bezug genommen.
Wenn uns die Wirtschaft mitteilt, dass sie für 60 000
Stellen keine geeigneten Bewerberinnen und Bewerber
hat finden können, und darauf hinweist, dass Erzie-
hungsdefizite zu Ausbildungsdefiziten werden, dann ist
doch nicht nur an die Politik und die Schule, sondern an
die gesamte Gesellschaft die Frage zu stellen: Wie ma-
chen wir junge Menschen fit, damit sie den Herausforde-
rungen des 21. Jahrhunderts gewachsen sind? Das ist
nicht nur eine Aufgabe von Schule und Politik, das ist
eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Was macht die Politik? Wir haben bis zum Jahr 2014
rund 620 Millionen Euro für diesen Bereich eingestellt.
Allein für das Jahr 2011 haben wir die Mittel für die Mo-
dernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung um
30 Millionen Euro erhöht. Was steckt dahinter? Ich will
das an zwei ganz konkreten Beispielen deutlich machen.

Erstens geht es um ein Projekt meines sehr geschätz-
ten Kollegen Hagemann in der Stadt Worms. Dort wurde

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(C (D us dem Programm „Perspektive Berufsabschluss“ ein gionales Übergangsmanagement finanziert, weil es ort eine sehr hohe Arbeitslosigkeit gibt und 10 Prozent er Hauptschulabgängerinnen und -abgänger den direkn Übergang von der Schule ins duale Ausbildungssysm nicht schaffen. Mit diesem regionalen Übergangsanagement – in Güstrow gibt es ein ähnliches Projekt – ill man die Akteure zusammenführen, damit wirklich einer verloren geht. Frau Ministerin, ich darf vielleicht itieren, was Sie in Rostock auf dem Unternehmertag esagt haben: „Es gibt niemanden, der nichts kann.“ Geau das ist die Basis für das, was wir hier tun. Zweitens kümmern wir uns nicht nur um die, die keien Schulabschluss haben. Im Rahmen des Programms Perspektive Berufsabschluss“ kümmern wir uns auch m diejenigen, die älter, angelernt oder ungelernt sind. s gibt zum Beispiel bei mir im Wahlkreis in der Stadt chwaan ein Projekt im Pflegebereich. In Mecklenburgorpommern gibt es mittlerweile große Defizite an achkräften im Pflegebereich. Dort werden Module aufebaut, sodass Ungelernte oder Angelernte als Altenflegehelfer oder Altenpfleger arbeiten können. Diese beiden Beispiele zeigen: Die Bundesregierung nd die Koalitionsfraktionen stellen sich den Herausforerungen. Wir machen keine Politik im Kuckucksland, ondern wir machen Realpolitik. Herzlichen Dank. Das Wort hat nun Willi Brase für die SPD-Fraktion. Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! iebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist richtig: Es ibt einen Zuwachs an Ausbildungsplätzen auf vorausichtlich 614 000, 615 000 bis Ende September. Es gibt ber auch, wie schon erwähnt, 320 000 Menschen im bergangssystem und 1,5 Millionen junge Leute zwi chen 20 und 29 Jahren ohne Berufsabschluss und mit öglicherweise nur schlechten Perspektiven. Darüber inaus gab es zum 31. März 2011 100 000 Bewerber, die lter als 19 Jahre sind. Ich nenne diese Zahlen deshalb, eil der Berufsbildungsbericht 2011 meiner Meinung ach sowohl Licht als auch Schatten enthält und es unere Aufgabe ist, darauf hinzuweisen, dass wir hier im arlament und in der Regierung noch eine Menge zu tun aben, damit die jungen Leute eine vernünftige Zuunftsperspektive bekommen. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710601300

(Beifall bei der SPD)

Willi Brase (SPD):
Rede ID: ID1710601400

Kollege Rehberg hat bereits über Erziehungsdefizite
esprochen. Wir wollen doch einmal festhalten, was uns
Untersuchungen der unterschiedlichen Institute immer
ieder zum Besten gegeben wird: Junge Leute, die in

inem Haushalt mit einem Einkommen von bis zu





Willi Brase


(A) )


)(B)

1 550 Euro leben, fallen hinsichtlich der Bildung sozusa-
gen unter das wirtschaftliche Risiko. Wenn beide Eltern-
teile nicht berufstätig sind, gibt es ein soziales Risiko,
und wenn die Eltern weder einen Schul- oder Hoch-
schulabschluss noch einen Berufsabschluss haben, dann
gibt es ein Bildungsrisiko. Man kann das auch anders
formulieren: Die Chancen in der Bildung sind heute ex-
trem davon abhängig, wie dick das Portemonnaie der El-
tern ist. Das ist für eine Gesellschaft wie unsere eine
Schande, auf Deutsch gesagt.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE] und des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das bedeutet doch nichts anderes, als dass wir – alle
Fraktionen in diesem Hause tragen in Landesregierun-
gen Verantwortung – in den letzten zehn Jahren offen-
sichtlich eine Politik gemacht haben, die zumindest ge-
gen einen Teil der Menschen in unserem Lande gerichtet
war. Eigentlich müssten wir ein Stück weit in Demut ge-
hen, weil wir es nicht geschafft haben, allen jungen
Menschen eine vernünftige Bildung zu ermöglichen.

Es gibt eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin
für Sozialforschung, in der es heißt: Sparen bei der Be-
rufsbildung kostet den Staat Milliarden. – Wenn wir es
nicht schaffen, dass alle jungen Leute eine Berufsausbil-
dung erhalten und einen Berufsabschluss machen, dann
werden wir in den nächsten zehn Jahren bis zu
15 Milliarden Euro an gesellschaftlichen Folgekosten zu
tragen haben. Allein diese Zahl sollte uns ermuntern,
endlich zu handeln und ein paar Dinge voranzubringen.

Die wirtschaftliche Situation ist gut. Was macht die
Regierung? Sie kürzt die Mittel für den Eingliederungs-
titel.


(René Röspel [SPD]: Pfui!)


Das ist schlecht. Ich will Ihnen sagen, was aus unserer
Sicht notwendig ist:

Erstens. Ich glaube, dass das „Recht auf Ausbildung –
kein Abschluss ohne Anschluss“ absolut richtig ist. Al-
len jungen Leuten muss eine Perspektive gegeben wer-
den.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Rosemarie Hein [DIE LINKE])


Zweitens. Wir wollen die Berufsorientierung ab der
siebten Klasse für alle Schulen und nicht nur für die so-
genannten Risikoschulen zur Pflicht machen. Teilweise
wird das schon auf den Weg gebracht. Bisher ist dabei an
30 000 Schülerinnen und Schüler gedacht; aber es gibt
noch viel mehr. Hier wäre es gut, wenn die Bundesregie-
rung gemeinsam mit den Bundesländern endlich Initiati-
ven ergreifen würde, damit alle Schülerinnen und Schü-
ler von dieser Maßnahme profitieren.


(Beifall bei der SPD)


Drittens. Wir wollen ein regionales Bildungsmanage-
ment; denn wir wissen: Ausbildungsmärkte sind regio-
nale Märkte – das waren sie, das sind sie, und das wer-
den sie immer bleiben. In den Kommunen weiß man am

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(C (D esten, was zu tun ist. Wir sehen es vor allem als Aufabe der Länder und Kommunen an, die Übergangsmaßahmen gemäß dem Leitsatz „Kein Abschluss ohne Anchluss“ auf den Weg zu bringen. Viertens. Wir wollen die Fachkräfte besser ausbilden nd den Fachkräftebedarf sichern. Wir wollen 1,5 Milonen Menschen eine Perspektive geben. Wenn es zuifft, dass wir in diesem Bereich jedes Jahr Milliarden erlieren, dann müssen wir mehr ausgeben als die 0 Millionen Euro für das Programm „Perspektive Befsabschluss“, die derzeit für mehrere Jahre in den aushalt eingestellt sind. Das wäre ein guter und richtier Weg. Wir wollen fünftens, dass die Unternehmen auch chwächere und Ältere in Ausbildung nehmen. Allein in iesem Jahr gibt es 100 000 junge Bewerber zwischen 0 und 25 Jahren. Wir beklagen, dass junge Menschen icht früh genug in die Berufstätigkeit kommen. Wir haen die Möglichkeit, ihnen eine Chance zu bieten. Lasen Sie uns diese Möglichkeit nutzen. Sechstens sind wir der Auffassung, dass wir WeGebAU usbauen müssen. Ich gebe zu, dass dieses Programm in er Praxis Anlaufschwierigkeiten hatte. Aber es stabiliiert sich und wird besser genutzt. Lassen Sie uns dieses rogramm verbessern und ausweiten, damit wir dann, enn künftig Fachkräfte gebraucht werden, auch den enschen, die schon in Arbeit sind, ob angelernt oder ngelernt, eine Perspektive zu geben. Das halte ich für chtig und notwendig. Der Stern hat vor wenigen Tagen die Ergebnisse einer mfrage zum Thema „Steuern rauf für die Bildung!“ eröffentlicht. Auch wenn das für die FDP als Steuersenungspartei etwas schwierig ist: 73 Prozent der Befragn – weit über 100 000 Personen – waren dafür. (Patrick Meinhardt [FDP]: Das wäre das erste Mal, dass SPD-Länder Geld in die Bildung stecken! Nur SPD-Länder fahren die Bildung zurück!)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


Jetzt wollen Sie die Steuern nicht mehr senken, sagt
err Rösler. Gestern hat Herr Brüderle, der „Weinkö-
ig“, wieder gequakt: Wir wollen die Steuern wieder
enken. – Hören Sie auf! Werden Sie sich erst einmal
elbst einig!

73 Prozent der Befragten haben angegeben, dass sie
it einer leichten Steuererhöhung einverstanden wären,
enn in der Bildung endlich etwas auf den Weg gebracht
ürde.


(Heiner Kamp [FDP]: Ja, weil die SPD nichts gemacht hat! – Gegenruf des Abg. René Röspel [SPD]: Bei Steuerpolitik wachen Sie auf! Bei Bildungspolitik schlafen Sie weiter!)


ieselben Personen haben auf eine entsprechende Frage
eantwortet: Wir halten es für absolut notwendig, dass
ozial Benachteiligte in unserer Gesellschaft aufsteigen
önnen. – Es war einst ein Merkmal dieses Landes, dass





Willi Brase


(A) )


)(B)

auch Kinder aus Arbeiterfamilien wussten, dass sie mit
etwas Anstrengung die Chance haben, nach oben zu
kommen. Diese Chance ist nicht mehr für alle gegeben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Heiner Kamp [FDP] – Patrick Meinhardt [FDP]: In einer liberalen Gesellschaft passiert genau das! Nicht in einer Neidgesellschaft!)


70 Prozent der Befragten haben sehr deutlich zum
Ausdruck gebracht, dass es richtig ist, den jungen Leuten
eine Berufsausbildungsgarantie zu geben. Lassen Sie
uns diesen Weg gehen.

Vielen Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710601500

Das Wort hat nun Sylvia Canel für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Sylvia Canel (FDP):
Rede ID: ID1710601600

Mein lieber Herr Präsident! Meine Damen und Her-

ren! Bildung ist ein lebendiger Prozess. So lebendig, wie
wir hier sitzen, so lebendig ist auch dieser Prozess.


(Dagmar Ziegler [SPD]: Na ja!)


Wir beginnen mit der frühkindlichen Bildung und brau-
chen Übergänge in Aus-, Fort- und Weiterbildung.

Wir haben es mit einer riesigen rot-grünen Erblast zu
tun. Ja, Herr Rehberg, Sie haben völlig recht. Das darf
nicht bestritten werden; das muss hier einmal gesagt
werden.


(Willi Brase [SPD]: Dazwischen waren vier Jahre Schwarz-Rot! Ohne Rot wäre die Krise nicht überwunden worden!)


Notwendig ist, dass die frühkindliche Bildung endlich
vom Kopf auf die Füße gestellt wird. Das ist bisher in
keinem Bundesland wirklich gelungen. Selbstverständ-
lich müssen wir zuallererst diejenigen fragen, die in den
Bundesländern in Regierungsverantwortung sind, wa-
rum das nicht geschehen ist.


(Zuruf von der FDP: Ganz genau!)


Die grundlegenden Weichen des gesamten Bildungs-
systems bzw. der gesamten Bildungslaufbahn werden
deshalb ganz am Anfang gestellt, weil dadurch eine be-
sonders gute Integration und frühkindliche Förderung
sozial schwacher Kinder möglich wird. Wir können sie
besonders gut erreichen und das ausgleichen, was die El-
ternhäuser nicht leisten. Wir müssen deshalb darauf ein
besonderes Augenmerk haben – und fördern, fördern,
fördern. Denn den Reparaturbetrieb, von dem zu lesen
ist, dürfen wir uns nicht länger erlauben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Kinder früh stärken heißt, Perspektiven zu eröffnen.
Wenn wir Perspektiven eröffnen, gelingen auch die
Übergänge. Übergänge sind besonders kritische Situatio-

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(C (D en. In einer modernen und offenen Gesellschaft muss s sehr viele Möglichkeiten geben, Übergänge im Bilungssystem zu schaffen. Die Leistungsfähigkeit des ystems sichert ganz besonders die individuellen Auftiegschancen. Leistungsfähigkeit erreichen wir, wenn ir endlich aus Abschlüssen Anschlüsse machen; denn nschlüsse sind das, was uns weiterbringt, und es sind ie Übergänge, die wir verbessern müssen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der Berufsbildungsbericht erhebt die Herstellung von
urchlässigkeit zur zentralen Forderung. Das ist auch
nsere zentrale Forderung. Gerade angesichts des zu-
ünftigen Fachkräftemangels aufgrund des demografi-
chen Wandels müssen wir in der frühkindlichen Bil-
ung die Rahmenbedingungen schaffen, die nötig sind.
as heißt, wir brauchen eine bessere Ausbildung für Er-

ieherinnen und Erzieher, und wir müssen qualitativ bes-
ere Rahmenbedingungen schaffen, damit Eltern ihre
inder in den entsprechenden Einrichtungen abgeben
önnen.

Die Zahl der Schüler wird sich bis 2025 um knapp
0 Prozent verringern. Das steht im Bildungsbericht.
an könnte meinen, Deutschland habe heute zu viele
inder; denn in Zukunft wird jedes fünfte Kind fehlen.
ir können die Qualität im Bildungswesen nur dann si-

hern, wenn wir diese demografische Rendite dort belas-
en. Das ist unsere Forderung. Wir dürfen aus dem Bil-
ungsbereich keine Gelder abziehen. Wir müssen
indestens die Summe, die wir heute investieren, auch
eiterhin in die Bildung investieren.

Dass dies dringend notwendig ist, zeigt die DIHK-
usbildungsumfrage, die in dieser Woche erschienen ist.
dieser Ausbildungsumfrage wurde die mangelnde
usbildungsreife der Schulabgänger als Ausbildungs-
emmnis Nummer eins benannt. Mehr als drei Viertel
er Unternehmen beklagen die unzureichende schulische
ualifikation und die mangelnden persönlichen Kompe-
nzen der Bewerber. Das heißt: Zu der schlechten
chulausbildung kommt auch noch eine schlechte Erzie-
ung hinzu. Das wiederum kennzeichnet den Reparatur-
etrieb, den wir uns nicht länger leisten dürfen. Das De-
zit beginnt bei der frühkindlichen Bildung, es setzt sich
den Schulen fort und reicht bis hin in die weiterbil-

enden Anstalten. Wir müssen dazu kommen, am An-
ng mehr zu investieren und die frühkindliche Bildung

u fördern.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wenn nun die Zahl der Auszubildenden rückläufig ist
nd diese oftmals nicht ausbildungsreif sind, dann ergibt
ich eine doppelte Schieflage. Die individuelle Förde-
ng in den Schulen muss gesteigert werden, damit jeder
inzelne die Chance hat, einen Abschluss zu erreichen.
azu gehört die Erziehungsunterstützung in den Schu-
n, und dazu gehören Rahmenbedingungen, die viel
esser sein müssen als die, die wir heute in den Schulen
orfinden.


(Zuruf von der SPD: Sozialarbeit!)






Sylvia Canel


(A) )


)(B)

Die Potenziale aller Schüler müssen gehoben werden.
Früh müssen Perspektiven entwickelt werden, und die
Berufsorientierung in den Schulen muss früher erfolgen
und deutlich gestärkt werden. Dazu gehören eine engere
Vernetzung der Schulen mit ihrem Umfeld und eine stär-
kere Kooperation mit den Unternehmen vor Ort. Das
muss – auch das sagt die PISA-Studie der OECD, und
auch wir haben das schon länger immer wieder erklärt –
Hand in Hand mit der Eigenständigkeit der Schulen ge-
hen. Die erfolgreichsten Länder sind diejenigen Länder,
in denen die Schulen ein hohes Maß an Eigenständigkeit
haben, Eigenständigkeit zur individuellen Förderung, Ei-
genständigkeit, möglichst früh mit der Förderung zu be-
ginnen, und Eigenständigkeit, um mit den Unternehmen
zu kooperieren, damit die Berufsbildung früher beginnen
kann.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Durchlässigkeit von der Lehre zur Hochschule
muss verbessert werden. Auch diejenigen, die aus nicht-
akademischen Berufen kommen, müssen die Möglich-
keit erhalten, in der Universität einen höheren Abschluss
zu erlangen. Genau dieses Segment müssen wir stärken.
Wir müssen für all diejenigen offen sein, die in ihre ei-
gene Bildung investieren; deshalb müssen auch wir in
Bildung investieren.

Die Wissensgesellschaft erfordert eine gute Bildung
für alle von Beginn an. Jedem einzelnen jungen Men-
schen muss die beste Bildung zuteilwerden. Den positi-
ven Trend, der von diesem Bildungsbericht ausgeht,
müssen wir verstetigen. Es gibt viel zu tun. Ich denke,
dass wir auf dem richtigen Weg sind.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710601700

Das Wort hat nun Brigitte Pothmer für die Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen.


Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710601800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau

Schavan, Sie haben darauf hingewiesen, dass es eine
positive Entwicklung gibt. Ich bin die Letzte, die das
kleinreden will. Aber diese positive Entwicklung haben
wir im Wesentlichen der demografischen Entwicklung
und dem wirtschaftlichen Aufschwung zu verdanken. Es
ist mir sehr wichtig, Sie darauf hinzuweisen, dass alle
Experten davon ausgehen, dass wir es bei denjenigen,
die es in die Ausbildung geschafft haben, auch mit Crea-
ming-Effekten zu tun haben.

Wir steuern auf eine verfestigte Jugendarbeitslosig-
keit zu, wenn wir nichts tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])


Frau Schavan, wenn 17 Prozent einer Alterskohorte
keine Ausbildung haben, dann ist das ein riesiges volks-
wirtschaftliches Problem, vor allem vor dem Hinter-

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(C (D rund der Tatsache, dass eine kleine Kohorte junger eute eine große Kohorte alter Menschen unterstützen uss. Wenn von dieser kleinen Kohorte junger Leute och 17 Prozent dazu nicht nur keinen Beitrag leisten önnen, sondern selbst wahrscheinlich ein Leben lang limentiert werden müssen, dann ist das volkswirtschaftch nicht mehr zu schultern. Deswegen reicht es auch nicht aus, ein bisschen am bergangssystem zu verbessern. Nein, Frau Schavan, as Übergangssystem in dieser Form ist nach wie vor ein schungel. Es gibt immer noch mehr als 200 Maßnahen in diesem Bereich. Es kostet uns jährlich 4 Milliar en Euro. Alle Evaluierungsergebnisse zeigen, dass das bergangssystem seine Aufgabe, nämlich die Jugendli hen, die nicht ausbildungsfähig sind, ausbildungsfähier zu machen, nicht erfüllt. Deswegen muss dieses bergangssystem ersetzt werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Jetzt will ich als Erstes ein ganz deutliches Bekennt-
is zum dualen System abgeben. Das duale System ist
ut, ja,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP)


aber leider nicht für alle. Das duale System hat struk-
relle Probleme. In einer Krise bilden Betriebe die Ju-

endlichen nicht als Fachkräfte aus, die wir für den Auf-
chwung brauchen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das stimmt gar nicht!)


Das ist ein strukturelles Problem.

Zweitens. Viele der kleinen Dienstleistungsbetriebe
nd viele der Neugründungen sind gar nicht in der Lage,
as gesamte Spektrum einer Ausbildung zur Verfügung
u stellen. Die fallen quasi als Beteiligte des dualen Sys-
ms heraus. Das ist ein strukturelles Problem.

Zu Recht beklagt die Wirtschaft immer wieder, dass
iele der Jugendlichen keine Ausbildungsreife mitbrin-
en. Deswegen müssen wir dem dualen System eine Er-
änzung an die Seite stellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


eil die Folgekosten extrem hoch sind – sie werden in
en nächsten Jahren 15 Milliarden Euro betragen –, sa-
en wir: Lassen Sie uns das Übergangssystem in eine
erufsausbildung mit Kammerabschluss überführen.
chieben Sie die Jugendlichen, die jetzt keinen Ausbil-
ungsplatz im dualen System bekommen haben, nicht
eiter in dieses perspektivlose Übergangssystem ab,

ondern legen Sie ein Sofortprogramm auf, mit dem
iese Jugendlichen in einer überbetrieblichen Ausbil-
ungswerkstatt nach einem ganz veränderten und neuen
ystem eine Ausbildung mit Kammerabschluss bekom-
en!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Heiner Brigitte Pothmer )





(A) )

Kamp [FDP]: Das wollen Sie doch gar nicht!
Damit haben Sie immer was zu schimpfen!)

Die Ausbildung muss modularisiert werden. Die Aus-
bildung in den überbetrieblichen Ausbildungswerkstät-
ten braucht sehr hohe Praxisanteile. Insgesamt muss je-
der Jugendliche, der jetzt arbeitslos ist, vom Jobcenter
sofort ein Angebot für eine Ausbildung bekommen. Wir
steuern auf ein Problem zu, das lautet: extrem hoher
Fachkräftemangel bei gleichzeitig hoher Jugendarbeits-
losigkeit. Frau Schavan, das ist nicht im Sinne der Volks-
wirtschaft, und das können Sie im Hinblick auf die indi-
viduellen Chancen, die die Jugendlichen verdient haben,
nicht zulassen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710601900

Das Wort hat nun Albert Rupprecht für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Albert Rupprecht (CSU):
Rede ID: ID1710602000

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Frau Pothmer, Ihre Zustandsanalyse war nichts,
was sich im Berufsbildungsbericht 2011 widerspiegelt.
Die wesentlichen Ergebnisse dieses Berichts sind: Es
gab 2010 deutlich mehr Ausbildungsplätze als erwartet.
Die Zahl der Jugendlichen in Warteschleifen ist drama-
tisch gesunken. Auch 2011 geht es aufwärts. Wir erwar-
ten 14 Prozent mehr Ausbildungsplätze. Das sind sehr
gute Nachrichten für unsere Jugendlichen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die demografische Entwicklung ist eine Ursache für
die guten Ergebnisse, aber bei weitem nicht die einzige.
Wir erleben, dass in fast allen europäischen Ländern die
Zahl der Jugendlichen demografiebedingt sinkt. Wir er-
leben auch, dass die Jugendarbeitslosigkeit in Europa
sehr unterschiedlich ist: In Deutschland liegt sie bei
7 Prozent; in Frankreich, Spanien, Griechenland, Italien,
Belgien, Schweden und vielen anderen europäischen
Ländern beträgt sie dagegen 20 bis 40 Prozent. Man
spricht in diesen Ländern von verlorenen Generationen.

Während die Länder um uns herum in Schulden und
in Arbeitslosigkeit versinken, ist Deutschland unter der
Kanzlerschaft von Angela Merkel gestärkt aus den gro-
ßen Krisen – aus der Wirtschaftskrise, der Finanzkrise
und der Euro-Krise – hervorgegangen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Diese Stärke kommt am Ausbildungsmarkt an. Unsere
Jugendlichen werden gebraucht. Die Zukunftsaussichten
unserer Jugendlichen sind so gut wie selten zuvor.

Die zweite Ursache für die sehr guten Jugendarbeits-
losigkeitswerte in Deutschland im Vergleich zu anderen
Ländern ist das nach wie vor exzellente duale Ausbil-
dungssystem. An dieser Stelle muss ein Dank all denje-

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(C (D igen Unternehmern gesagt werden, die ausbilden. Daber hinaus geht ein Dank an die Partner des usbildungspaktes. Wir hätten uns gewünscht, dass die ewerkschaften mitmachen und nicht vor der Tür stehen leiben. Wir haben zwei große Aufgaben am Ausbildungsarkt zu erfüllen. Es gibt zum einen immer mehr Unternehmer, die eine ausbildungsgeeigneten Jugendlichen finden. Der rohende Fachkräftemangel ist eines der großen Themen er nächsten Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte. Für uns, ie Unionsfraktion, gilt ganz klar, dass die Qualifizieng der heimischen Bevölkerung Priorität gegenüber ei em Mehr an Zuwanderung aus dem Ausland hat. Es gibt zum Zweiten nach wie vor zu viele Jugendlihe, die den Einstieg in die Ausbildung nicht schaffen. s ist richtig: 1,4 Millionen Jugendliche ohne Berufsabchluss, das ist viel zu viel. Es ist aber auch richtig, Frau iegler, dass diese Jugendlichen die Folgen der chröder’schen Ausbildungskrise zu ertragen haben. as sind im Grunde genommen Altlasten, die wir abzu rbeiten haben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Widerspruch bei der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ir konnten in den letzten beiden Jahren die Zahl der
ltbewerber zwar um 30 Prozent verringern – das ist ein
ervorragender Wert –, aber es sind in der Tat immer
och zu viele. Beim Dresdner Bildungsgipfel haben die
undeskanzlerin und die Ministerpräsidenten beschlos-

en, dass die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss bis
015 von 8 auf 4 Prozent halbiert wird und dass ebenso
ie Zahl der Jugendlichen ohne Berufsabschluss von
7 auf 8,5 Prozent halbiert wird. Ich finde, das sind ehr-
eizige Ziele.

Das Herzstück unserer Maßnahmen ist – Ministerin
chavan hat es dargestellt – das Konzept der Bildungs-
etten. Wir nehmen die gefährdeten Kinder künftig be-
its in der siebten Klasse an die Hand – wesentlich frü-

er als bisher – und begleiten sie kontinuierlich und
dividuell in die Ausbildungszeit hinein. Frühzeitig,

ontinuierlich und individuell, das ist die neue Qualität
er Bildungsketten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Richtig ist auch, dass wir die Vielzahl der Programme
Übergangssystem überarbeiten müssen. Deswegen

ilt es, nicht alles zur Seite zu schieben und kaputtzuma-
hen, sondern, herauszufinden, was erfolgreich war.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie lange wollen wir das noch machen?)


as muss ausgebaut werden. Darüber hinaus gilt, zu sor-
eren, welche Programme erfolglos waren, und die Kraft
ufzubringen, diese zu streichen. Wir erwarten von der
undesregierung zeitnahe, inhaltlich überzeugende Be-

chlüsse. Darüber hinaus erwarten wir von den Ländern
nd von den Kommunen, dass sie sich gemeinsam mit





Albert Rupprecht (Weiden)



(A) )


)(B)

der Bundesregierung an einen Tisch setzen und den
Wildwuchs, der zu Recht kritisiert wurde, beenden.

Bei der Erreichung der Dresdner Ziele trägt der Bund
Verantwortung. Ganz klar ist: Die Länder haben die
Hauptverantwortung.

Wenn wir die Schulabbrecherquoten anschauen, dann
zeigt sich wieder das klassische Bild: Die besten Werte
haben die unionsgeprägten Länder Baden-Württemberg
und Bayern und in Ostdeutschland die unionsgeprägten
Länder Thüringen und Sachsen. Wenn wir bis 2015 die
Dresdner Ziele erreichen wollen, dann müssen auch die
schlechten Bundesländer massiv Gas geben.

Frau Ziegler, Sie hatten in Brandenburg über Jahre als
Ministerin Verantwortung. Brandenburg ist eines der
Länder, die absolut miserable Werte abgeliefert haben.


(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch nur so dahergeplappert! – Dagmar Ziegler [SPD]: Quatsch!)


Die Kinder im SPD-geführten Brandenburg sind nicht
dümmer als die Kinder aus dem CDU-geprägten Sach-
sen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710602100

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.


Albert Rupprecht (CSU):
Rede ID: ID1710602200

Ich komme zum letzten Satz. – Deswegen ist es Auf-

gabe der Länder, in die Pötte zu kommen. Ich sage es
noch einmal: Insbesondere die SPD-geführten Länder,
die bis dato miserable Werte abliefern, müssen ihre Ar-
beit in diesem Bereich verbessern.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710602300

Das Wort hat nun Oliver Kaczmarek für die SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Oliver Kaczmarek (SPD):
Rede ID: ID1710602400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade ist

der Satz gefallen, dass die Zukunftsaussichten für junge
Menschen selten so gut waren, wie das im Moment der
Fall ist. Das mag für einige zutreffen; die Lebenswirk-
lichkeit für viele Jugendliche sieht aber leider anders
aus, und einige von denen wohnen auch in Bayern oder
Baden-Württemberg.


(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Ganz wenige!)


Deswegen nützt es nichts, wenn wir hier die Zahlen
schönreden und Erfolge betonen; wir müssen die Le-
benswirklichkeit junger Menschen zur Kenntnis nehmen
und die Probleme benennen. Das will ich bei zwei The-
men auch tun.


(Beifall bei der SPD – Heiner Kamp [FDP]: Haben Sie mal zugehört?)


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(C (D Erstens. Es ist hier schon benannt worden, dass die ituation junger Menschen mit Migrationshintergrund m Ausbildungsmarkt deutlich schlechter ist als die dernigen ohne Migrationshintergrund. (Heiner Kamp [FDP]: Auch darauf haben wir hingewiesen!)


ur jedem Vierten gelingt der Übergang von der Schule
die Ausbildung problemlos. Es gehört zu den gern zi-
erten Binsenwahrheiten, dass wir trotzdem auf keinen
on ihnen verzichten können. Ich glaube schon, dass der
erufsbildungsbericht einige richtige Maßnahmen be-
ennt, aber die Herausforderung ist weiter gehend. Wir
üssen noch entschlossener und vor allem rechtzeitig

arauf reagieren.

Ich will dazu ein Beispiel nennen. Frau Kollegin
iegler und auch Frau Kollegin Canel haben hier gerade
chon darauf hingewiesen, dass es wichtig ist, frühzeitig
inzugreifen, etwa in der Schule spezifische Problemla-
en anzupacken. Deshalb war und ist es richtig, mit
chulsozialarbeitern die Schulen darin zu unterstützen,
re Integrationsarbeit und auch die Vorbereitung auf die
rbeitswelt zu verbessern, zu intensivieren.


(Beifall bei der SPD)


Es gehört zur Wahrheit dazu, dass wir als SPD zu Be-
inn dieses Jahres die 3 000 Stellen im Vermittlungsaus-
chuss nur durchsetzen konnten gegen den Widerstand
er Koalition und auch gegen den anfänglichen Wider-
tand der zuständigen Ministerin, die das noch auf dem
ildungsgipfel 2008 abgetan hat. Wir müssen jetzt dafür

orgen, dass die Kommunen nach 2013, wenn die Finan-
ierungszusage des Bundes ausläuft, diese Stellen erhal-
n können. Wir müssen die Zusage geben, dass die
ommunen die Stellen weiter finanziert bekommen und
ir die Kommunen bei dieser Aufgabe nicht im Stich
ssen.


(Beifall bei der SPD)


Ausbildung und Arbeit sind zentrale Voraussetzungen
r gesellschaftliche Teilhabe. Gerade deshalb ist es
ichtig, politische Maßnahmen für junge Menschen mit
igrationshintergrund zu ergreifen, um ihnen zu zeigen:
r gehört zu uns. Ihr seid wichtig für unsere gemein-

ame Zukunft. Deshalb helfen wir euch dabei, einen
latz in der Gesellschaft und eine Zukunft in dieser Ge-
ellschaft zu finden. – Das muss unser politischer An-
pruch sein, und das ist unser politischer Ansatz. Da
ützt es nichts, die Zahlen ansonsten schönzureden; wir
üssen politisch handeln.


(Beifall bei der SPD)


Ein zweites Thema. Viele Unternehmen haben den
edarf an Fachkräften erkannt und geben jungen Men-

chen nach der Ausbildung die Möglichkeit, in die Er-
erbstätigkeit überzugehen. Aber wir dürfen die Augen
icht davor verschließen, dass sich ein anderer Trend im-
er weiter verstärkt. Wie ist es denn mittlerweile für
nge Menschen, die mit 20 Jahren ihre Berufsausbil-

ung abgeschlossen haben, die vielleicht mit ihrer
reundin oder ihrem Freund in die erste gemeinsame
ohnung ziehen und die Grundlagen für die spätere Fa-





Oliver Kaczmarek


(A) )


)(B)

milienplanung legen wollen? Wie ist das für sie im wirk-
lichen Leben?


(Dr. Thomas Feist [CDU/CSU]: Wie ist denn das?)


Für viele junge Menschen wird das Ende der Ausbil-
dung zur Zitterpartie. Mehr als ein Drittel von ihnen
steht danach auf der Straße. Das ist die Wirklichkeit.
Viele bekommen nur einen befristeten Vertrag oder kön-
nen lediglich als Leiharbeitnehmer zu schlechteren Kon-
ditionen im gleichen Betrieb bleiben. Das ist ein Zu-
stand, der – das ist hier gerade schon benannt worden –
gesellschaftlich und volkswirtschaftlich nicht zulässig
sein sollte und den wir politisch ernsthaft diskutieren
müssen.


(Beifall bei der SPD)


Die sogenannte zweite Schwelle nach der Ausbildung
ist ein Thema für den Deutschen Bundestag; das müssen
wir politisch konsequent in den Blick nehmen:

Erstens. Das Ziel ist natürlich die unbefristete Über-
nahme; denn nach einer mehrjährigen Ausbildung im
Betrieb braucht es eigentlich keine Probezeit mehr. Die
unbefristete Übernahme wäre für die jungen Menschen
eine vernünftige Perspektive.


(Beifall bei der SPD)


Zweitens. Leih- und Zeitarbeit dürfen nicht zum Dau-
erzustand für einen immer größer werdenden Teil der
jungen Generation werden. Über dieses Thema haben
wir oft genug gesprochen.

Drittens. Es zeigt sich immer häufiger, dass insbeson-
dere junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer befris-
tete Arbeitsverhältnisse angeboten bekommen – ohne
Begründung. Das geschieht nicht, weil es unternehme-
risch notwendig wäre, sondern deshalb, weil es rechtlich
möglich ist. Aus diesem Grunde ist es wichtig und rich-
tig – auch darüber haben wir im Plenum schon gespro-
chen –, dass die sogenannte sachgrundlose Befristung
endlich gestrichen wird.


(Beifall bei der SPD)


Junge Menschen, deren Wunsch es ist, nach Bildung
und Ausbildung auf eigenen Füßen zu stehen, die eine
Familie gründen wollen – was sie auch sollen und was
wir politisch unterstützen –, die sich zugleich weiterbil-
den und für die Einhaltung des Generationenvertrages
einstehen sollen, die also am Beginn der sogenannten
Rushhour des Lebens stehen, brauchen Perspektiven und
Sicherheit. Wenn dieses zentrale Versprechen der sozia-
len Marktwirtschaft – wenn du Leistung bringst, dann
bekommst du auch materielle Sicherheit – nicht einge-
halten wird, dann wird die Akzeptanz sinken. Deswegen
ist politische Eile geboten.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710602500

Das Wort hat nun Uwe Schummer für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Verehrtes Präsidium! Meine Damen! Meine Herren! unächst eine gute Botschaft in dieser Berufsbildungsebatte: Die heutige Debatte ist, glaube ich, seit 2002, eit ich dem Bundestag angehöre, die erste, in der voneiten der Oppositionsfraktionen nicht die Ausbildungslatzabgabe gefordert wird. as zeigt: Auch Sie sind lernfähig. Das nehmen wir mit roßer Freude und Optimismus zur Kenntnis. Eine Botschaft des Berufsbildungsberichts lautet: Die uale Ausbildung ist in der Europäischen Union, wo sie der Anerkennungsrichtlinie negativ bewertet wurde, uch dank Annette Schavan aus der Benachteiligtenecke erausgeholt worden. Heute ist die duale Ausbildung, ie sie in Deutschland existiert, ein Vorbild sowohl im uropäischen Bildungsraum als auch global. Durch die leichstellung des Bachelors mit den Weiterbildungsbefen des Meisters und des Technikers, auch mit Blick uf den europäischen Bildungsraum, wollen wir dafür orgen, dass Abitur und qualifizierte Ausbildungsberufe ie Mechatroniker gleichwertige Chancen bieten. as sind unsere Maßnahmen, die dazu geführt haben, ass unser System der dualen Ausbildung heute auch in rüssel als Vorbild gesehen wird. Dass die duale Ausbildung einen gewissen Stellenert in Deutschland und Akzeptanz bei den Unternehen hat, zeigen die folgenden Zahlen: In Deutschland egt die Arbeitslosigkeit bei der Gruppe der Ungelernten ei 30 Prozent; bei denen, die eine duale Ausbildung abolviert haben, liegt sie bei 5,1 Prozent; bei den Hochchulabsolventen liegt sie bei 3,2 Prozent; bei denen, die ine duale Weiterbildung, zum Beispiel Meister oder echniker, absolviert haben, liegt sie bei 2,8 Prozent. as zeigt die Bildungsrendite, die mit der dualen Ausbilung einhergeht. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Uwe Schummer (CDU):
Rede ID: ID1710602600

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir wissen: Gut fördert, wer früh fördert. Wir haben
iele Themen, über die wir, auch mein geschätzter Kol-
ge Willi Brase,


(Willi Brase [SPD]: Danke schön!)


ier seit Jahren sprechen, in Angriff genommen. Wir ha-
en ein Bildungspaket aufgelegt, um besonders die
,5 Millionen Kinder und Jugendlichen zu fördern, die
us Familien kommen, die ihre Kinder nicht entspre-
hend unterstützen können. Zu dem Paket gehören das
chulstarterpaket, die Schulspeisung, unterstützender
nterricht und weitere Maßnahmen. Mit dieser frühzei-
gen Förderung über die Kommunen versuchen wir, zu
erhindern, dass negative Sozialkarrieren von einer Ge-
eration auf die nächste übergehen, und wir versuchen,
en Ausstieg aus Hartz IV und den Aufstieg durch Bil-
ung zu organisieren. Unsere christlich-liberale Koali-
on hat dieses Thema verstärkt in Angriff genommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)






Uwe Schummer


(A) )


)(B)

Wir, die wir leidend vom Niederrhein bei Düsseldorf
kommen, müssen feststellen: Nachdem der Bund die
Schulspeisung für Kinder und Jugendliche aus hilfebe-
dürftigen Familien organisiert hat, streicht die rot-grüne
Landesregierung diese.


(Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Skandal! – Dr. Peter Röhlinger [FDP]: Unglaublich!)


51 Millionen Euro werden ersatzlos gestrichen. Das ist
Ihre Doppelstrategie: In Berlin fordern Sie Geld, und in
Düsseldorf, wo Sie regieren, streichen Sie die Mittel er-
satzlos.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD – Albert Rupprecht [Weiden] [CDU/CSU]: Das ist unglaublich!)


In der Opposition den Lautsprecher machen und sich
dort, wo Sie regieren, als Leisetreter aus dem Staube ma-
chen: Das ist Ihre Mentalität, Herr Schulz. Das erleben
wir nicht nur in Düsseldorf, sondern auch in Berlin.

Gut fördert, wer systematisch fördert. Deshalb gibt es
die Bildungsketten.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710602700

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Oppermann?


Uwe Schummer (CDU):
Rede ID: ID1710602800

Ich weiß, Herr Kollege Oppermann, dass Sie mir

mehr Redezeit gönnen. Aber ich komme mit meiner Re-
dezeit aus. Vielen Dank für Ihr Angebot.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zurufe von der SPD: Oh! – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Ganz schwach!)


Wir organisieren mit den Ausbildungsketten endlich
eine systematische Förderung beim Übergang von der
Schule in den Beruf. Das wirkt natürlich motivierend:
Der Jugendliche merkt, dass er durch eine berufsqualifi-
zierende Maßnahme eine Perspektive bekommt und dass
er kein Hartzer wird. Er wird deswegen in der Schule
stärkere Anstrengungen unternehmen, um den Ab-
schluss zu schaffen.

Wir müssen gemeinsam organisieren, dass die Abbre-
cherquote bei den Auszubildenden von derzeit 22 Pro-
zent abgesenkt wird. Die Hälfte derer, die ihre Ausbil-
dung abbrechen, tun dies deswegen, weil sie den
falschen Beruf gewählt oder weil sie den falschen Be-
trieb gefunden haben.

Die Ausbildungsketten bedeuten einen systemati-
schen Übergang zur beruflichen Qualifizierung und sind
daher bitter notwendig. Wir fördern frühzeitig mit dem
Bildungspaket, und wir fördern systematisch mit den
Bildungsketten. Das ist die Botschaft des Berufsbil-
dungsberichts, die wir gemeinsam unterstützen sollten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich Kolle en Thomas Oppermann. Lieber Herr Kollege Schummer, ich habe mich zu ieser Kurzintervention gemeldet, weil Sie vorhin gechummelt haben. Sie haben davon berichtet, dass in den ändern die Mittel für die Schulspeisung gekürzt weren. Dabei haben Sie unterschlagen, dass in den Geseten, die wir nach Vermittlungsverfahren hier gemeinsam erabschiedet haben, der Vorrang der Bundesleistung eim Essensgeldzuschuss des Bundes für Kinder von artz-IV-Empfängern festgeschrieben wird. Das heißt, ie Länder müssen keine Mittel für den Essensgeldzuchuss bereitstellen. Sie können diese Mittel einsetzen, m beispielsweise Schulsozialarbeiter einzustellen, um ie Qualität der Ausbildung zu verbessern oder um Unrrichtsausfall zu bekämpfen. Das war der Sinn der Sache. Sie dürfen also nicht von illkürlichen Einsparungen sprechen. Dass die Länder eine Mittel mehr für den Essensgeldzuschuss geben üssen, ist von uns gewollt. Denn in dem Gesetz, das ie gemeinsam mit uns verabschiedet haben, steht, dass er Essensgeldzuschuss des Bundes vorrangig ist und on den Ländern nicht gezahlt werden muss. (Beifall bei der SPD – Ulrich Kelber [SPD]: Beim Schummeln erwischt! Ungenügend!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710602900
Thomas Oppermann (SPD):
Rede ID: ID1710603000


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710603100

Bitte schön, Herr Kollege Schummer.


Uwe Schummer (CDU):
Rede ID: ID1710603200

Die Kritik, die ich geäußert habe, bezog sich auf das

rsatzlose Streichen. Wir sind uns doch darin einig, dass
ir mit dem Bildungspaket die Bildungsausgaben von
und, Ländern und Kommunen insgesamt erhöhen wol-
n. Wenn also durch das Ausweiten von Bundesmitteln

uf Landesebene Gelder eingespart werden, dann ist un-
ere Erwartung als Bildungs- und Forschungspolitiker,
ass die so eingesparten Mittel – in Düsseldorf sind es
1 Millionen Euro – beispielsweise für den Förderunter-
cht oder für andere Maßnahmen zur Unterstützung von
indern und Jugendlichen eingesetzt werden


(Thomas Oppermann [SPD]: Das passiert doch!)


nd nicht ersatzlos gestrichen werden. Sie aber streichen
iese Mittel in Düsseldorf ersatzlos.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Das stimmt doch nicht! Eine Schummerei! – Weitere Zurufe von der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710603300

Das Wort hat nun Kollegin Katja Mast für die SPD-

raktion.


(Beifall bei der SPD)







(A) )


)(B)


Katja Mast (SPD):
Rede ID: ID1710603400

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Wir von der SPD führen die Diskussion über den Berufs-
bildungsbericht mit dem Ziel: Keiner darf verloren ge-
hen; kein Jugendlicher darf ohne Schulabschluss und
ohne Berufsabschluss ins Leben entlassen werden. Das
ist unser Ziel, und das unterscheidet uns von Ihnen.


(Beifall bei der SPD)


1,5 Millionen junge Erwachsene zwischen 20 und
29 Jahren haben keinen Berufsabschluss. Das wurde
heute schon mehrfach erwähnt. Aber ich habe keine Ant-
wort von der Bundesregierung auf die Frage gehört, wie
dieses Problem behoben werden soll. Wir fordern ein
Bundesprogramm, das diesen jungen Menschen eine
zweite Chance gibt, damit die Wirtschaft die Fachkräfte,
die sie braucht, um unseren Wohlstand zu erhalten, fin-
det und qualifiziert. Was aber machen Sie als Bundes-
politiker gegen den Fachkräftemangel?

Ich finde es wirklich sehr bedauerlich, dass aus-
schließlich Frau Ministerin Schavan hier ist; Frau von
der Leyen, die bei diesem Thema ebenfalls viel Verant-
wortung trägt, ist heute nicht anwesend.


(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


Herr Fuchtel, ich sehe schon, dass Sie da sitzen; aber das
Thema ist mir so wichtig, dass ich gerne die „Führungs-
attention“ der Ministerin hätte und nicht nur die des
Staatssekretärs.


(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)


Warum sage ich das? Wir Bundestagsabgeordnete tragen
die Verantwortung für den Bundeshaushalt; sehr viel Bil-
dungs- und Weiterbildungspolitik wird nicht im Haus-
halt von Frau Schavan verantwortet, sondern im Haus-
halt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Schauen wir uns an, was in den nächsten Jahren pas-
sieren soll: Im Zeitraum von vier Jahren sollen 22,5 Mil-
liarden Euro in der aktiven Arbeitsmarktpolitik gespart
werden.


(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Skandal!)


Das heißt, Sie wollen in der Arbeitsmarktpolitik das För-
dern abschaffen und es beim Fordern belassen: Sie wol-
len die Schaffung von Ausbildungsplätzen und die be-
rufliche Weiterbildung nicht mehr unterstützen;


(Heiner Kamp [FDP]: Das glauben Sie doch selber nicht! Das haben Sie doch nicht aufgeschrieben! – Uwe Schummer [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)


Sie wollen kein Programm der zweiten Chance für die
angesprochenen 1,5 Millionen jungen Erwachsenen zwi-
schen 20 und 29 Jahren. Das ist die Konsequenz Ihrer
Sparpolitik im Bund.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])


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(C (D Lassen Sie uns einmal schauen, was Sie bei der Rerm der arbeitsmarktpolitischen Instrumente auf den isch gelegt haben. Heute gibt es 1 200 Berufseinstiegsegleiter an den Schulen; Olaf Scholz hat sie eingeführt. ie begleiten Jugendliche an der Schwelle zwischen chule und Ausbildung. Jetzt gibt es im Haushalt des undesministeriums für Bildung und Forschung Mittel r weitere 1 000 Berufseinstiegsbegleiter. Das ist eine arallelstruktur; aber das ist nicht so schlimm, Hauptsahe, es gibt Berufseinstiegsbegleiter. Jetzt schreiben Sie Zusammenhang mit der Reform der arbeitsmarktpolischen Instrumente auf, dass Sie die Berufseinstiegsbeleiter toll finden und es sie an jeder Schule geben soll. ber Sie geben nicht das Geld, das nötig ist, damit es sie n jeder Schule geben kann. (Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])


ie sagen, es solle hier eine Kofinanzierung der Kom-
unen geben; aber Sie haben die Kommunen vorher mit
ren ganzen Steuersenkungen geschröpft.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Widerspruch bei der FDP)


oher soll denn das Geld für die Unterstützung der Aus-
ildungsfähigkeit der jungen Leute kommen? Das ist
och die Frage; das ist ein Thema, über das wir diskutie-
n müssen, wenn es darum geht, Jugendlichen eine
hance zu geben. Keiner darf verlorengehen.

Wir müssen den Blick nach vorne richten und eine
llianz für Fachkräfte in der Bundesrepublik Deutsch-
nd schaffen. Da versagt Ihre Regierung. Es ist schön,

ich hinzustellen und zu sagen: Wir haben viele Einzel-
rojekte. Wir brauchen aber ein Programm zur Stärkung
er zweiten Chance. Wir brauchen ein System des Über-
angs. Diese Übergangszeit sollte auf die Ausbildung
ngerechnet werden; sie sollte nicht additiv vor die Aus-
ildung geschoben werden.

Ich komme zu meinem letzten Punkt. Wir müssen da-
r sorgen, dass kein Jugendlicher in Deutschland mehr

ie Schule ohne Schulabschluss verlässt. 2009 gab es bei
ns 60 000 Jugendliche, die die Schule ohne Haupt-
chulabschluss verlassen haben. Die Bertelsmann-Stif-
ng hat festgestellt: Davon finden nur 20 000 einen
usbildungsplatz. Das sind die Hilfeempfänger von
orgen; hier sind Ihre Investitionen notwendig. Wir

rauchen nicht nur schöne Worte und kalte Taten, wie
ir sie bei dieser Regierung leider viel zu oft erleben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710603500

Das Wort hat nun Nadine Schön für die CDU/CSU-

raktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Nadine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU):
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! 2,8 Prozent Wirtschaftswachstum: Das haben





Nadine Schön (St. Wendel)



(A) )


)(B)

die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute für das lau-
fende Jahr vorausgesagt. Das sollte uns alle freuen. Denn
ein robustes und gesundes Wachstum sichert die Zu-
kunftsfähigkeit unseres Landes; darüber waren wir uns
am Mittwoch im Wirtschaftsausschuss bei der Diskus-
sion des Frühjahrsgutachtens fast alle einig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Heiner Kamp [FDP]: Das gibt Anlass zur Hoffnung!)


Wir waren uns einig: Es gibt einige Risiken, die diese
positive Entwicklung abbremsen und gefährden können.
Eines dieser Risiken ist der drohende Fachkräftemangel.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Fachkräfteman-
gel wird in den nächsten Jahren eines der entscheidenden
Themen für unsere gesamte deutsche Wirtschaft werden –
vom kleinen Schlosserbetrieb bis zum großen Chemie-
konzern. Wir alle wissen, es braucht ein Bündel von
Maßnahmen, um diesem Fachkräftemangel zu begeg-
nen. Eine ganz entscheidende Maßnahme ist mit Sicher-
heit die berufliche Bildung. Fachkräftesicherung durch
berufliche Bildung, das heißt Ausbildung, und das heißt
auch lebenslange Fort- und Weiterbildung.

Zum Thema Ausbildung ist vieles gesagt worden. Es
gibt viel Licht, und ja, es gibt auch Schatten. Das ist in
dieser Debatte deutlich geworden. Die positive Nach-
richt ist aber doch, dass uns auch der demografische
Wandel mit dem drohenden Fachkräftemangel dabei
hilft, noch mehr Licht dahin zu bringen, wo vorher
Schatten war. Der demografische Wandel gibt uns die
Chance, auf die jungen Menschen zuzugehen und ihnen
eine Ausbildungsperspektive zu geben, die es vorher
schwerer hatten. Liebe Kollegin Pothmer, ich weiß gar
nicht, was daran schlecht sein soll.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Willi Brase [SPD]: Gar nichts! Das zu beheben, ist entscheidend!)


Das betrifft in erster Linie die Altbewerber, das be-
trifft Jugendliche mit besonderen Problemen, und das
betrifft Jugendliche mit Migrationshintergrund. Diese
drei Gruppen stehen noch stärker als zuvor im Fokus der
Bemühungen. Nicht nur die Politik, sondern auch die
Wirtschaft sieht sich diesen jungen Menschen gegenüber
in der Pflicht. Deshalb bilden sie einen Schwerpunkt
beim nationalen Ausbildungspakt, der im letzten Jahr
verlängert wurde. Das sind nicht nur Lippenbekennt-
nisse. Das sieht man an den Zahlen.

Die Zahl der Altbewerber ist in den vergangenen Jah-
ren um ein Drittel reduziert worden. Ja, es gibt noch
185 000 Altbewerber. Für jeden dieser 185 000 ist es
schlimm, wiederholt keinen Ausbildungsplatz gefunden
zu haben. Das will ich gar nicht kleinreden. Aber 2008
waren es noch über 260 000. Jeder dieser jungen Men-
schen, der nun eine Perspektive hat, ist eine Erfolgsge-
schichte, und hinter jedem dieser jungen Menschen ste-
hen ein engagierter Betrieb und ein Team von
Pädagogen und engagierten Sozialarbeitern, die diesen
Weg ermöglicht haben. All denjenigen sollten wir heute
Morgen ein großes Dankeschön senden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir in unseren nstrengungen für diese Jugendlichen nicht nachlassen ollen, wurde bei meinen Vorrednern deutlich. Ich ärere mich schon, liebe Kollegen, wenn Sie in Ihren Presemeldungen und in Ihren Reden kontinuierlich die Erlge verschweigen und bei den Problemen so tun, als eien sie erst unter CDU-Regierungen aufgetaucht und ir würden nichts dagegen tun. (Willi Brase [SPD]: Das habe ich nicht gesagt, Frau Schön! Sie haben nicht zugehört!)


ass wir trotz Wirtschaftskrise eine so geringe Jugend-
rbeitslosigkeit haben, niedriger als in allen anderen eu-
päischen Ländern, und dass wir Jahr für Jahr mehr Ju-

endliche in betriebliche Ausbildung vermitteln, ist ein
roßer Erfolg. Das dürfen Sie gern auch einmal anerken-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der FDP: Alles madig machen!)


Wenn wir über Fachkräfte sprechen, dann geht es
uch darum, leistungsstarke Jugendliche für eine Ausbil-
ung zu begeistern. Das Handwerk hat mit einer sehr gu-
n Kampagne vorgelegt, in der es darauf aufmerksam
acht, dass es gerade in Handwerksbetrieben innovative

nd zukunftsträchtige Berufe und viele Chancen gibt.
460 000 Innovationen. Und das Patentamt haben wir
uch gebaut“ – das ist einer der Slogans, der für die In-
ovationskraft des Handwerks mit seinen attraktiven Be-
fen wirbt. Diese Attraktivität zu erhöhen, ist auch Auf-

abe der Politik. Hier können wir unterstützen: zum
rsten durch eine bessere Durchlässigkeit des Systems,
um Zweiten durch bessere Berufsorientierung auch an
ymnasien und zum Dritten vor allem dadurch, dass wir
usbildung im dualen System wertschätzen und als
ichtigen Baustein unserer Wirtschaft auf Augenhöhe
it den Akademikern anerkennen. Die Ministerin hat es

esagt: Dazu gibt der Nationale Qualifikationsrahmen
elegenheit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Abschließend will ich einen Teil der beruflichen Bil-
ung erwähnen, der heute leider nicht angesprochen
urde, aber sehr wichtig ist. Das ist das Thema der Fort-
nd Weiterbildung. Der Berufsbildungsbericht widmet
ich diesem Bereich mit einem eigenen Kapitel. Wäh-
nd der Kurzarbeit haben beispielsweise bei uns im
aarland viele Arbeitnehmer Weiterbildungsangebote
enutzt. Das hat mit dazu geführt, dass wir stärker aus
er Krise herausgekommen sind, als wir hineingegangen
ind.


(Willi Brase [SPD]: Eine Leistung der SPD in der Großen Koalition!)


eiterbildung und lebenslanges Lernen sollen in
eutschland selbstverständlich sein. Die Politik muss
azu Rahmenbedingungen schaffen, Anreize setzen. Der
erufsbildungsbericht stellt die Initiativen dar. Rein-

chauen lohnt sich. Die Fort- und Weiterbildung ist
benfalls ein wichtiger Faktor gegen Fachkräftemangel.
as sollten wir noch stärker forcieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )


)(B)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710603600

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Schluss kom-

men.

Nadine Schön (St. Wendel) (CDU/CSU):
Liebe Kollegen, ich komme zum Schluss. – In einem

dynamischen Land mit einem hohen Bedarf an Fachkräf-
ten brauchen wir alle Menschen. Deshalb sollten wir uns
gemeinsam dafür einsetzen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710603700

Als letztem Redner zu diesem Tagesordnungspunkt

erteile ich Kollegen Michael Kretschmer für die CDU/
CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Michael Kretschmer (CDU):
Rede ID: ID1710603800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Am Ende dieser Debatte ist es gut, die Sachen
noch einmal zurechtzurücken


(René Röspel [SPD]: Nach rechts zu rücken!)


und auf die Realitäten und die wirklichen Fakten zurück-
zukommen.

Die Situation im Bereich der Ausbildung in Deutsch-
land hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend
verändert. Vor fünf, sechs Jahren mussten wir noch häu-
fig darüber sprechen, dass große Teile eines Jahrgangs
– vor allen Dingen, wie die Bundesministerin richtiger-
weise sagte, in den neuen Ländern – ohne Ausbildung
geblieben sind. Es gab belastende Gespräche in Schul-
klassen. Ein Jugendlicher hat 30 bis 40 Bewerbungen
geschrieben, und am Ende gab es nur Absagen. Das ge-
hört Gott sei Dank der Vergangenheit an. Wir haben
heute eine grundlegend andere Situation. Heute kann je-
der, der die Leistung erbringt, einen Ausbildungsplatz
bekommen. Das ist eine gute Nachricht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Feindbilder, die die linke Opposition in der Ver-
gangenheit aufgebaut hat, haben schon früher nicht ge-
taugt, um die Probleme und die Situation richtig zu be-
schreiben, geschweige denn, sie zu lösen. Heute sind sie
absurd. Deswegen muss man auf den Kern zurückkom-
men: Ausbildung ist eine Investition in die Zukunft, so-
wohl für den jungen Menschen als auch für den Unter-
nehmer. Deswegen kann man Bildungspolitik, berufliche
Bildung, nicht ohne Wirtschaftspolitik denken. Deswe-
gen war das, was wir vor Jahren erlebt haben – auch in
den alten Bundesländern –, das Ergebnis einer verfehlten
rot-grünen Wirtschaftspolitik.


(Willi Brase [SPD]: Herr Kretschmer, hören Sie auf! Wenn Sie uns nicht gehabt hätten, wären Sie nicht aus der Krise gekommen! Sie haben doch geschlafen! – Weitere Zurufe von der SPD)


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(C (D s ist so, wie Anette Hübinger immer sagt: Die SPD chafft zuerst den Missstand, um ihn später zu beklagen. amit ist glücklicherweise Schluss. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Willi Brase [SPD]: Das ist doch lächerlich! – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lassen Sie sich mal was Neues einfallen!)


Ich halte nichts – heute wurde es angesprochen – von
usbildungsgarantien und einer Zwangsübernahme. Wir
aben heute vor einer Woche ein Gespräch mit dem Prä-
idium des DGB geführt. Ich musste feststellen: Man
uss wirklich häufiger mit diesen Menschen reden,

enn man stellt fest, dass die Gewerkschaften viel ver-
ünftiger sind als die linke Opposition hier in diesem
aus.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei Abgeordneten der SPD – Willi Brase [SPD]: Warum haben Sie den Pakt nicht angefasst? Weil Sie sich geweigert haben, Wahrheiten anzuerkennen!)


Ich finde es bemerkenswert, dass eine frühere Ar-
eitsministerin aus Brandenburg sich hier hinstellt und
chimpft wie ein Rohrspatz, aber nicht über das, was Sie
Brandenburg falsch gemacht haben, weswegen es dort

o viele Schulabbrecher gibt und so viele schlechte Leis-
ngen herauskommen.


(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind hier im Bundestag, nicht in Brandenburg!)


as wäre das richtige Thema für Ihre Rede bzw. für Ihre
ritik gewesen, Frau Kollegin.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: 20 Jahre schwarze Bildungspolitik in Sachsen, danke! – Dagmar Ziegler [SPD]: Wir haben weder das eine noch das andere in Brandenburg!)


Was wir heute einfordern müssen, ist: Leistung. Wir
rauchen Leistungsorientierung.


(Willi Brase [SPD]: Geben Sie den Menschen doch eine Chance, Leistung zu erbringen!)


ie Zahlen belegen zwar, dass jeder Jugendliche eine
hance auf einen Ausbildungsplatz hat, aber wir brau-
hen auch vernünftige Ergebnisse nach Abschluss der
ealschule oder der Hauptschule. Ich finde schon, dass
on diesem Platz aus gesagt werden muss: In Deutsch-
nd hat jeder eine Chance auf einen Aufstieg, wenn er
ie Leistung erbringt, und dies ist auch möglich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dass die linke Opposition sich hier als Anwalt der
leinen Leute aufspielt,


(Lachen bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Willi Brase [SPD]: Die kleinen Leute vergessen Sie! – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das glauben wir! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bitte ein bisschen mehr Substanz!)






Michael Kretschmer


(A) )


)(B)

gefällt mir per se nicht. Ich glaube, so wie Sie es betrei-
ben, sind Sie keine Anwälte, sondern Sie wollen Vor-
mund sein, Sie wollen selbst bestimmen.


(Widerspruch bei der SPD – Willi Brase [SPD]: Ich weiß, wovon ich rede!)


Sie machen den Leuten keinen Mut, sondern Sie sagen:
Es ist alles furchtbar. – Aber es ist nicht furchtbar. Jeder
hat eine Chance in unserem Land!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Willi Brase [SPD]: Deshalb sind Sie abgewählt worden!)


Ich sage ganz klar: Wir brauchen Eigenverantwor-
tung. Ich bin froh, dass endlich einmal ein Gericht eine
Mutter zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt
hat,


(Willi Brase [SPD]: Was will der eigentlich?)


weil der eigene Sohn 477 Tage nicht in die Schule ge-
gangen ist. Das Gericht hat gesagt: Das kann ja wohl
nicht wahr sein. Die Eltern sind dafür verantwortlich.


(René Röspel [SPD]: Es ist doch gut, dass der Staat hinguckt!)


Es sind nicht die Unternehmen oder die Wirtschaft oder
die Politik oder die Lehrer, die daran schuld sind, dass
dieser junge Mensch keinen Ausbildungsplatz bekommt,
sondern es sind die Eltern und der Jugendliche selbst,
und das muss auch so benannt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er kann doch nichts für seine Eltern!)


Nicht das geringe Einkommen ist das Problem. Das
Problem entsteht, wenn sich jemand nicht kümmert. Es
ist eine Beleidigung für alle Menschen – auch für solche
mit einem kleinen Einkommen –, die sich redlich um Ar-
beit bemühen, wenn Sie sich hinstellen und sagen: Die
haben ja keine Chance. Aus denen wird sowieso nichts.


(Willi Brase [SPD]: Das habe ich nicht gesagt! Sie lügen! – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Sie können noch nicht mal richtig zuhören! Schlimm!)


Nein, meine Damen und Herren, unsere Gesellschaft ist
eine Aufstiegsgesellschaft, in der jeder eine Chance hat,
wenn er sich Mühe gibt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Weitere Zurufe von der SPD)


Unsere Arbeit der vergangenen Monate und Jahre mit
dem Bildungsgipfel, den Bildungsketten und dem Bil-
dungs- und Teilhabepaket führt zu einem Punkt, an dem
Ernst damit gemacht wird, denjenigen zu helfen, die
wirklich Schwierigkeiten haben. Ich bin froh darüber,
dass wir hierfür in den vergangenen Monaten hohe Geld-
summen bereitgestellt haben. Das muss man anerkennen
und akzeptieren. Wir sind auf einem guten Weg, den wir
weiter gemeinsam gehen sollten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Gute Nacht!)


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(C (D Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf en Drucksachen 17/5400 und 17/5489 an die in der Taesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. ind Sie damit einverstanden? – Das ist offensichtlich er Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 sowie den Zuatzpunkt 6 auf: 24 Beratung des Antrags der Abgeordneten Rolf Hempelmann, Dr. Matthias Miersch, Dirk Becker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Einsetzung eines Sonderausschusses „Atomausstieg und Energiewende“ – Drucksache 17/5473 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung P 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Rolf Hempelmann, Dirk Becker, Hubertus Heil der SPD Programm für eine nachhaltige, bezahlbare und sichere Energieversorgung – Drucksache 17/5481 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Auswärtiger Ausschuss Innenausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für ie Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich öre dazu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlosen. Ich eröffne die Aussprache und erteile Kollegen rank-Walter Steinmeier für die SPD-Fraktion das Wort. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im llgemeinen bin ich ein gelassener Mensch; aber diese elassenheit fehlt mir in diesen Tagen, wenn ich die öfntlichen Erklärungen von Herrn Brüderle und Herrn öttgen zur Energiepolitik lese. Das ist schon dreist, was h da in diesen Tagen lese. Dabei sage ich Ihnen: Wer im Regierungsamt handelt, er kann falsch liegen. Wer nicht handelt, kann erst recht Dr. Frank-Walter Steinmeier )

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710603900

(Peine), weiterer Abgeordneter und der Fraktion


(Beifall bei der SPD)

Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD):
Rede ID: ID1710604000




(A) )

falsch liegen. Aber wer sich so katastrophal irrt wie Sie,
wer sich absichtsvoll, verantwortungslos über alle Be-
denken zur Kernkraft hinweggesetzt hat, wer sich noch
vor einem halben Jahr öffentlich damit gebrüstet hat,
dem Energiekonsens in diesem Land das Genick zu bre-
chen und sich dafür feiern zu lassen, von dem erwarte
ich auch einen Moment der Demut.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich finde es unerträglich, dass Sie gerade einmal drei
Wochen nach dem energiepolitischen Super-GAU Ihrer
Parteien so tun, als hätten Sie immer an der Spitze der
Bewegung für eine neue Energiepolitik in diesem Lande
gestanden. Aber das passt am Ende auch zu der Kanzle-
rin.

Glauben Sie mir: Ich schätze Herrn Töpfer. Ich ver-
mute sogar, ich schätze ihn mehr als einige aus den Rei-
hen der Regierungsparteien.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wohl wahr!)


Aber ich sage Ihnen auch: Was ist das für eine Dreistig-
keit, wenn ausgerechnet diejenigen, die den bestehenden
Konsens über die Zukunft der Energiepolitik – Ausstieg
aus der Kernenergie, Einstieg in erneuerbare Energien –
erst in die Tonne treten und dann, ein halbes Jahr später,
nach den Ereignissen in Japan, eine Ethikkommission
gründen!

Ich weiß gar nicht, meine Damen und Herren von den
Regierungsparteien, ob Ihnen das bewusst ist: Aber was
ist die Gründung der Ethikkommission denn anderes als
die Behauptung, die Energiepolitik der Vorgängerregie-
rungen sei nicht nur falsch oder unvollständig, zu viel
oder zu wenig ambitioniert? Nein, sie ist der in eine In-
stitution gegossene Vorwurf, die Energiepolitik der Vor-
gängerregierungen habe ethische Anforderungen ver-
letzt. Das lasse ich mir von keinem in diesem Lande
sagen, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der FDP: Da muss man erst mal drauf kommen!)


– Da kommen schon andere drauf. Sie können es, glaube
ich, in diesen Tagen auch nachlesen. –


(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Ministerium ist ja noch nicht mal vertreten!)


Ich lasse mir das von keinem sagen, aber erst recht nicht
von denjenigen, die den politischen und ethischen
Grundkonsens, den es gab, mutwillig, absichtsvoll, ohne
Rücksicht auf die Folgen gebrochen haben. Ich sage Ih-
nen: Die ethischen Fragen des Atomausstiegs waren in
diesem Lande beantwortet. Sie haben die Fragen wieder
offen gestellt. Das ist Ihre Bilanz.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie wollten nicht lernen, und Sie wollten nicht hören.
Die Geschichte der Atomkraft in der Welt hat Namen:
Harrisburg, Sellafield und Tschernobyl. Den Jahrestag

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(C (D ieser schrecklichen Katastrophe werden wir in wenigen agen zum 25. Mal begehen. Das ruft auch die Bilder on vor 25 Jahren wieder wach: 1,5 Millionen Hektar odenfläche sind verseucht, 4 000 Menschen sind unittelbar nach der Katastrophe gestorben, 350 000 Men chen wurden evakuiert – viele von ihnen sind später an rebs gestorben –, Kinder mit schweren Missbildungen, ie in ein Leben im Abseits hineingeboren wurden. Meine Damen und Herren, nicht Japan, nicht Fukuhima war der Lernort für Politik. Es waren die Unglüke vor Japan, die gezeigt haben, dass dies eine Hochsikotechnologie ist, die letztlich von den Menschen icht beherrschbar ist. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das ist die traurige Botschaft, die wir seit mindestens
5 Jahren kennen. Aber Ihre Bundeskanzlerin hat sich
och 2009 vor das Deutsche Atomforum gestellt und
schernobyl als den Betriebsunfall eines verlotterten
owjetkommunismus bezeichnet. Ein paar Monate spä-
r hat sie sogar vollmundig angekündigt, die Laufzeit-
erlängerungen als energiepolitische Mitgift in die
chwarz-gelbe Regierungsehe einzubringen.


(René Röspel [SPD]: „Gift“ im wahrsten Sinne des Wortes!)


h bin mir nicht sicher, ob Sie sich in dieser Ehe noch
lle wohlfühlen. Ich bin mir nur sicher: Was Sie da ange-
chtet haben, das ist das Komplettchaos in der deut-
chen Energiewirtschaft.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wer uns mit einer doppelten Kehrtwende innerhalb
on sechs Monaten da hineingeführt hat, der kann für
ich nicht beanspruchen, den Weg aus diesem Chaos he-
us zu kennen. Dazu braucht man Glaubwürdigkeit, und

ie, meine Damen und Herren, haben Sie nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


s kommt eines hinzu: Fehlende Glaubwürdigkeit kann
an sich am Ende auch nicht leihen, die kann man sich

uch nicht bei großen Persönlichkeiten einer Ethikkom-
ission leihen, im Übrigen auch deshalb nicht, weil

iese Persönlichkeiten für unlautere Ziele nicht zur Ver-
gung stehen. Was ich sehe: Das Vorgehen der Regie-
ng ist unlauter.


(Widerspruch bei der FDP)


Sie ahnen das doch miteinander: Dieses Parlament ist
er ungeliebte Ort der Kanzlerin. Ob Euro-Rettung, ob
ussetzung der Wehrpflicht, ob Moratorium bei der
aufzeitverlängerung: alles an diesem Parlament vorbei!
amit, meine Damen und Herren, muss Schluss sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


er einzige Ort, an dem verbindlich über die Zukunft
er Energiepolitik in diesem Lande entschieden wird, ist
er Deutsche Bundestag und nirgendwo sonst.





Dr. Frank-Walter Steinmeier


(A) )


)(B)


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Kaum eine Frage ist für die künftige Entwicklung die-
ses Landes so entscheidend wie die nach der Zukunft der
Energiepolitik. Wenn ich das so sage, dann auch, weil
ich weiß, dass das in der Vergangenheit immer Ihre
Worte waren. Wenn Sie das ernst meinen, dann darf
doch gar nicht umstritten sein, dass diese wichtige Zu-
kunftsfrage intensivster Diskussion und intensivster Be-
gleitung durch das Parlament bedarf. Nur deshalb haben
wir die Einrichtung eines parlamentarischen Sonderaus-
schusses verlangt.

Ich habe Ihnen das in einem Brief an alle Fraktionen
vorgeschlagen. Ich nehme zur Kenntnis: Das muss Sie
bei den Regierungsfraktionen tief verschreckt haben.
Die Antwort kam ja schon, fast noch bevor der Brief von
mir bei Ihnen eingegangen war. Die Antwort lautete, die
Botschaft war: auf keinen Fall so etwas. Ich zitiere:
„Nach unserer Auffassung“, schreiben Herr Kauder,
Frau Hasselfeldt und Frau Homburger, „ist die Einrich-
tung eines solchen Sonderausschusses nicht erforder-
lich.“

Ich frage mich: Was ist das eigentlich? Ist das Angst
oder Ignoranz? Ich weiß nicht, ob Sie Gelegenheit hat-
ten, über meinen Brief und die Antwort darauf in den
Fraktionen zu diskutieren. Ich kann mir nicht vorstellen,
dass Sie alle miteinander wirklich der Meinung sind,
dass wir über diese existenzielle Frage, über die Zukunft
der Energiepolitik, im Deutschen Bundestag und seinen
Ausschüssen und in einem Sonderausschuss nicht wirk-
lich vertieft beraten müssen.


(Michael Kauch [FDP]: Wir diskutieren im Moment jede Woche im Ausschuss darüber! Jede Woche!)


– Ja, das frage ich auch Sie. – Warum lassen Sie das ei-
gentlich mit sich machen, meine Damen und Herren?
Haben Sie gelesen, was Thomas Hanke im Handelsblatt
geschrieben hat, und haben Sie nicht gemerkt: Das rich-
tet sich an Sie, wenn er schreibt: „Steht auf, wenn ihr
freie Abgeordnete seid!“


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Ulrich Kelber [SPD]: Von denen steht keiner auf!)


Was zu entscheiden ist, das müssen wir jetzt entschei-
den, nicht in einem Monat, nicht in einem Jahr. Sie sind
die Mehrheit hier in diesem Hause, und Sie können, wie
im letzten Jahr, versuchen, energiepolitische Grundsatz-
entscheidungen mit Ihrer Mehrheit hier im Bundestag
durchzudrücken. Ich sage Ihnen nur eines voraus: Die
Methode „Friss oder stirb!“ wird Ihnen nicht bekommen.
Ihnen muss einfach klar sein: So viel Chaos, so viel Un-
sicherheit in der Energiepolitik war nie in Deutschland.
Darauf lässt sich keine Zukunft bauen.

Schauen Sie doch gelegentlich einfach einmal auf die
letzten Tage zurück. Schauen Sie, was Sie angerichtet
haben. Ihre doppelte Kehrtwende in der Energiepolitik
gefährdet doch alles, was in der Energiewende schon auf

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(C (D em Weg war. Nach der Verlängerung der Laufzeiten haen die Stadtwerke Investitionen in Höhe von 7 Milliaren Euro storniert. Jetzt storniert auch der Rest der Eneriewirtschaft Investitionen. Unternehmen, die extrem nergieabhängig sind, wissen nicht, ob es sich noch hnt, in diesem Lande Arbeitsplätze zu schaffen. Meine amen und Herren, das ist Ihre energiepolitische Bilanz ach 17 Monaten. „Herzlichen Glückwunsch!“, kann ich azu sagen. Herzlichen Glückwunsch! (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Georg Nüßlein [CDU/ CSU]: Das ist aber scheinheilig!)


In einer solchen Situation – auch das in aller Offen-
eit – ist es für eine Opposition verführerisch, zu sagen:
ann lasst doch diese Regierung in ihrem selbstge-
flanzten Irrgarten weiter herumirren, im Zweifel nützt
ns das vielleicht sogar parteipolitisch. Aber hier geht es
ben um mehr, hier geht es um Zukunft, und das ist nicht
ur die Zukunft der Regierungsparteien. Es geht um Le-
ensqualität, Umwelt, Wirtschaft und Arbeitsplätze. Das
önnen wir ganz offenbar Ihnen allein nicht überlassen.
as ist der Grund, weshalb wir Ihnen einen konkreten
orschlag auf den Tisch legen, wie wir aus unserer Sicht
us der Sackgasse herauskommen.

Ich danke ausdrücklich allen Mitgliedern meiner
raktion, die in den letzten Tagen mit aller Kraft und mit
roßem Ehrgeiz an diesem Vorschlag gearbeitet haben.
as da auf dem Tisch liegt, das ist kein Traumschloss.
ir wissen um die Folgen fortschreitender Erderwär-
ung auf der einen Seite, und wir wissen um die Not-
endigkeit, dass dieses Land ein Industriestandort blei-
en muss, auf der anderen Seite. Deshalb sind unsere
rioritäten klar:

Erstens. Energie muss so erzeugt werden, dass wir
hrgeizige Klimaschutzziele weiter erreichen.

Zweitens. Energie muss für Verbraucher bezahlbar
ein, für private Verbraucher ebenso wie für produzie-
ndes Gewerbe.

Drittens. Schlafende Riesen wie die Energieeffizienz
üssen geweckt werden. Weniger Energieverbrauch ist

as Gebot der Stunde.

Viertens. Wir brauchen einen weiteren Ausbau der
egenerativen bei beschleunigtem Ausstieg aus der
ernenergie.

Fünftens. Wir brauchen – auch das steht in unserem
orschlag – eine ehrliche Diskussion darüber, welchen
nteil welche Energieerzeugung in welcher Zeit wirk-
ch beitragen kann.

Wer sich dazu nicht ehrlichmacht, der wird keinen be-
stbaren Grundkonsens über die Zukunft der Energie-
olitik in diesem Lande zustande bringen,


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


er die Glaubwürdigkeit verloren hat, erst recht nicht.
eine Damen und Herren von den Regierungsparteien,

ie können so weitermachen wie in den letzten Wochen,
chwankend zwischen den wechselnden Zurufen von





Dr. Frank-Walter Steinmeier


(A) )


)(B)

Verbänden, Medien und Zeitgeist. Aber das ist nicht die
Verantwortung, wie ich sie verstehe. So werden Sie
scheitern. Wenn Sie das verhindern wollen, dann greifen
Sie unsere Vorschläge auf.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710604100

Das Wort hat nun Peter Altmaier für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1710604200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wir haben soeben eine engagierte, etwas pole-
mische Wahlkampfrede des Kollegen Steinmeier gehört.
Nur, sehr geehrter Herr Kollege Steinmeier, zunächst
einmal ist festzuhalten: Die Landtagswahlen in Rhein-
land-Pfalz und Baden-Württemberg sind vorbei.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Und Sie sind abgewählt worden!)


Ihre Partei hat in Rheinland-Pfalz etwa 10 Prozentpunkte
verloren, und in Baden-Württemberg sind Sie hinter die
Grünen auf den dritten Platz abgefallen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Aber wir regieren! Im Gegensatz zu Ihnen! – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich denke, der Wahlkampf ist vorbei!)


Wenn Sie weiter so am Thema vorbeireden, wird sich an
diesem Trend so schnell auch nichts ändern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Abschalten! Abwählen! – Weiterer Zuruf von der SPD: Es geht um die Energiepolitik, Herr Altmaier! Das ist empörend!)


Der zweite Punkt. Ich glaube, dass Sie eigentlich gar
nicht vorhatten, so zu reden. Sie wollten wahrscheinlich
darüber reden, wie wir die Debatten der nächsten Wo-
chen und Monate so strukturieren, dass wir die Chance,
die in der schrecklichen Tragödie von Fukushima liegt,
gemeinsam ergreifen


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Ja, das wäre schön gewesen! Das hatten wir eigentlich vor!)


und einen der letzten großen gesellschaftlichen Kon-
flikte der letzten Jahrzehnte beenden.

Wir haben in der Nachkriegszeit öfter solche Debat-
ten geführt. Ich erinnere an die Debatte über die Westin-
tegration, über die soziale Marktwirtschaft, über die
NATO-Nachrüstung,


(Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Auch über die Kernkraft!)


über Auslandseinsätze der Bundeswehr am Beispiel des
Kosovo-Krieges.

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(C (D (Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Auch über die Kernkraft! – Weiterer Zuruf von der SPD: Libyen!)


s waren im Übrigen die Fraktionen von SPD und
ündnis 90/Die Grünen, die häufiger als unsere Fraktion
nlass hatten, ihre Positionen zu korrigieren.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommen Sie doch mal zur Sache!)


ber Tatsache ist doch, dass derjenige, der immer schon
er Auffassung war, er habe von Anfang an alles ge-
usst und alles richtig gemacht, an der praktischen Poli-
k scheitert. Tatsache ist: Wir alle müssen unser Verhal-
n und unser Handeln überprüfen und danach

usrichten, was sich in der Realität abspielt.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sagen Sie doch, dass Sie geirrt haben! – Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommen Sie doch mal auf uns zu, Herr Altmaier!)


Ich sage für meine Fraktion: Wir sind bereit, vor dem
intergrund dessen, was in Fukushima geschehen ist,
utig und entschlossen


(Lachen des Abg. René Röspel [SPD])


ie Diskussion über einen gesamtgesellschaftlichen
onsens in der Frage der künftigen Energiepolitik auf-

unehmen. Diese Koalition


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Eiert herum!)


nd die sie tragenden Fraktionen werden das Ihre dazu
eitragen, dass dieser Konsens in den nächsten Wochen
nter Einbeziehung aller gesellschaftlichen Gruppen er-
rbeitet wird und auch zustande kommt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn ich sage: „Wir wollen einen gesellschaftlichen
onsens“, dann meine ich damit ausdrücklich auch ei-
en parlamentarischen Konsens. Aber der gesellschaftli-
he Konsens steht doch an erster Stelle. Das ist der
rund, warum wir unmittelbar nach dem Unglücksfall
on Fukushima die Ethikkommission einberufen haben.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


ie Ethikkommission ist aus hervorragenden, maßgebli-
hen Vertretern aller gesellschaftlich relevanten Grup-
ierungen zusammengesetzt: der Wirtschaft, der Ge-
erkschaften, der Wissenschaft, des Umweltbereichs.


(Zuruf des Abg. Florian Pronold [SPD])


h glaube, wenn Sie ein Interesse an der Sache haben
nd nicht nur den Versuch unternehmen wollen, partei-
olitisches Kapital aus einer wichtigen Debatte zu schla-
en, dann müssen Sie auch ein Interesse daran haben,
ass die Arbeit der Ethikkommission gelingt, und dann
üssen Sie anders über die Ethikkommission reden, als
ie es in den letzten Wochen getan haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )


)(B)


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710604300

Kollege Altmaier, es gibt zwei Wünsche nach einer

Zwischenfrage, einmal von der Kollegin Bulling-
Schröter und einmal vom Kollegen Heil.


Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1710604400

Sehr gerne.


Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710604500

Vielen Dank. – Sie haben gesagt, dass es einen gesell-

schaftlichen Konsens geben soll und dass in der Ethik-
kommission alle relevanten Verbände vertreten sind.
Meine Frage an Sie: Warum wurden dazu keine Umwelt-
verbände eingeladen? Warum dürfen deren Vertreter
nicht teilnehmen?


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sind die nicht relevant?)



Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1710604600

Doch. – Wir haben die Ethikkommission so zusam-

mengesetzt, dass sie überschaubar ist,


(Lachen bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


dass sie arbeitsfähig ist und dass sie imstande ist, eine
Debatte zu führen, die in weiten Teilen öffentlich geführt
werden wird,


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und das können die Umweltverbände nicht?)


auch unter Einbeziehung der Umweltverbände und der
Bürgerinnen und Bürger. Dass wir imstande sind, eine
solche Debatte zu organisieren, haben Sie im Rahmen
von Stuttgart 21 gesehen. Es hätte der Politik niemand
zugetraut, dass wir eine solche Debatte zustande brin-
gen. Und Sie haben ja auch gesehen, dass die Öffentlich-
keit honoriert hat, dass wir diese Debatte geführt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – René Röspel [SPD]: Der ist lustig! Kann man den mieten?)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710604700

Kollege Heil.


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1710604800

Sehr geehrter Kollege Altmaier, hätten Sie, wenn Sie

jetzt von Umdenken und Umlernen unter Hinweis auf
das, was Frank-Walter Steinmeier eben ausführte – dabei
ging es darum, wie glaubwürdig das ist –, sprechen, viel-
leicht einmal die Größe, einzuräumen, dass Sie im
Herbst letzten Jahres einen Energiekonsens zwischen der
Bundesregierung, dem Deutschen Bundestag und der
Energiewirtschaft kaputtgemacht und damit einen ge-
sellschaftlichen Großkonflikt aufgerissen haben? Ich
frage Sie, Herr Altmaier: Ist Ihnen entgangen, was im
Herbst letzten Jahres in der Wirtschaft passiert ist? Da
gab es nämlich Investitionsstau und Attentismus, be-

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(C (D ingt durch die Unsicherheit wegen der Laufzeitverlänerungen. Weiterhin können Ihnen doch die Proteste auf den traßen, die wir schon vor Fukushima erlebt haben, nicht ntgangen sein. Deshalb wäre es, bevor Sie einen solhen Konsens wiederherstellen wollen, ein Zeichen von röße und Anstand, zu sagen, dass Sie sich im Herbst eirrt haben. Haben Sie die Größe, das zuzugeben? (Beifall bei der SPD und Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1710604900

Herr Kollege Heil, ich kann verstehen, dass Sie versu-

hen, das, was die rot-grüne Regierung damals gemacht
at, als Großtat darzustellen. Sie haben damals übrigens

Einvernehmen den Energieproduzenten Nachrüstun-
en erlassen und keine zusätzlichen Sicherheitsauflagen
urchgesetzt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Unwahrheit! – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Sie haben es immer noch nicht verstanden! – Rolf Hempelmann [SPD]: Sie wollten doch aufhören, die Unwahrheit zu sagen!)


llerdings bestand damals nicht dieser Konsens wie
eute. Damals haben Sie ein Gesetz beschlossen.

Als wir im letzten Jahr vor der Frage standen, wie wir
inen vernünftigen Übergang zu erneuerbaren Energien
estalten, haben wir festgestellt, dass Sie im Zeitplan für
en Ausbau der Netze und der Speicherkapazitäten, also
it all dem, was notwendig ist, damit ein Land von

0 Millionen Einwohnern in das Zeitalter der erneuerba-
n Energien kommt, um Jahre zurück lagen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Haben Sie einen Fehler gemacht, oder nicht?)


ie haben zwar ein großes Schild vor sich her getragen.
inter diesem Schild befanden sich aber lauter ungelöste
ragen und Probleme.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Wir haben vier Jahre zusammen regiert! Sie regieren im sechsten Jahr!)


Deshalb frage ich Sie, Herr Heil: Sind Sie denn be-
it, zuzugeben, dass Sie damals zwar eine große Über-

chrift produziert haben, bei der Umsetzung aber
chmählich und kläglich versagt haben?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der SPD – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Abschalten! Abwählen! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sie zeigen keine Größe, Herr Altmeier!)


Ich komme, lieber Kollege Hubertus Heil, darauf zu-
ck, wie wir diesen Prozess parlamentarisch gestalten.
ie Wirklichkeit ist nämlich viel weiter, als Sie in der
undestagsfraktion offenbar sind. Heute um 13 Uhr tref-
n sich die Ministerpräsidenten aller Bundesländer mit

er Bundeskanzlerin,





Peter Altmaier


(A) )


)(B)


(Rolf Hempelmann [SPD]: Ist das parlamentarisch? – René Röspel [SPD]: Und der Deutsche Bundestag?)


um darüber zu reden, welche Voraussetzungen wir im
Zuständigkeitsbereich der Länder schaffen müssen, da-
mit der Übergang gelingt.


(Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Es ist ja schön, dass die Ministerpräsidenten das wissen!)


Es wird nicht das einzige Treffen dieser Art sein.

Weil wir den Konsens wollen, werden wir selbstver-
ständlich auch für eine angemessene parlamentarische
Beratung Sorge tragen.


(Rolf Hempelmann [SPD]: So wie beim ersten Mal? Wie bei der Laufzeitverlängerung? – Weiterer Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was heißt denn das?)


Die Frage ist nur, ob der Vorschlag, den Sie mit heißer
Nadel gestrickt haben, der Weisheit letzter Schluss ist
und ob er wirklich dazu angetan ist, dieses Problem bzw.
diese Herausforderung in angemessener Weise zu behan-
deln. Ich will Ihnen dazu drei Überlegungen vortragen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710605000

Kollege Altmaier, es gibt eine Frage des Kollegen

Kelber.


Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1710605100

Ja, gerne.


Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1710605200

Vielen Dank, Herr Kollege. – Sie haben ja gerade er-

wähnt, dass Sie für eine angemessene Beteiligung des
Parlaments und damit der Öffentlichkeit an den Beratun-
gen sorgen wollen. Ich hoffe, das wird anders als damals
ablaufen, als Sie persönlich als Parlamentarischer Ge-
schäftsführer in die Sitzung des Umweltausschusses ge-
gangen sind, um dort für einen Abbruch der Beratungen
zu sorgen.

Ich möchte Sie fragen, ob Ihnen der eineinhalb Seiten
umfassende Zeitplan der Bundesregierung für die Bera-
tung bekannt ist. Das Bundeskanzleramt schreibt vor
dem Hintergrund, dass am 15. Juni das Moratorium aus-
läuft – ich zitiere nur den letzten Satz –:

Ein Gesetz zur Stilllegung, das bis Ende des Mora-
toriums in Kraft tritt, setzt Kabinettsbefassung am
7. Juni voraus.

Da der Deutsche Bundestag das Gesetz am 9. Juni be-
schließen müsste, sähe nach Meinung der von Ihnen ge-
stellten Bundesregierung die Parlamentsbefassung so
aus: keine Befassung der Fachausschüsse, keine Anhö-
rung, kein Änderungsantrag, Verzicht auf die Fristen,
Abstimmung zwei Tage später.

Werden Sie diesen Zeitplan umsetzen, oder wird das
Gesetz im Mai oder gar noch im April in dieses Parla-
ment kommen?

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(C (D Herr Kollege Kelber, im ersten Teil Ihrer Frage bezo en Sie sich auf die parlamentarischen Beratungen im tzten Herbst. Weil sehr viele Bürgerinnen und Bürger eute Morgen zuhören, ill ich noch einmal ausdrücklich sagen: Erstens. Ich kam damals nicht in die Sitzung des Umeltausschusses, um für einen Abbruch zu sorgen, sonern um für einen zeitgerechten Abschluss zu sorgen, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Peter Altmaier (CDU):
Rede ID: ID1710605300

(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Aha!)


eil dieses Parlament ein Recht darauf hat, dass man die
arlamentarischen Beratungen nicht durch Filibustern
nd willkürlich gestellte Anträge verzögert und unmög-
ch macht.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Peinlichst! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja unglaublich!)


as ist Ihnen und den Grünen damals ja auch nicht ge-
ngen, wie die Abläufe gezeigt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Zweiter Punkt. Der Ausgangspunkt unserer Unterhal-
ng über die Strukturierung der parlamentarischen Ar-

eit in diesem Frühjahr ist doch ganz klar: Wir sollten
ie Arbeiten der Ethikkommission gemeinsam abwarten.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Rolf Hempelmann [SPD]: Unglaublich!)


as gebietet der Respekt vor der Ethikkommission und
er gesellschaftlichen Debatte.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Was ist die Aufgabe der Ethikkommission?)


Ich möchte an dieser Stelle im Auftrag meiner Frak-
on und auch der gesamten Koalition sagen, dass wir da-
on überzeugt sind, dass durch die Person des Vorsitzen-
en der Ethikkommission, Professor Klaus Töpfer, nicht
ur die Gewähr dafür geboten wird, dass in dieser Kom-
ission seriös gearbeitet wird, sondern auch dafür, dass

ie großen Fragen und Weichenstellungen angemessen
ehandelt werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Was ist mit dem Bundestag, Herr Altmaier?)


Die Ethikkommission wird ihren Bericht gegen Ende
ai 2011 vorlegen. Etwa zur gleichen Zeit wird die Re-

ktor-Sicherheitskommission ihren Bericht vorlegen.
ann müssen wir uns die Frage stellen, wie wir im Bun-
estag den Prozess so strukturieren, dass wir die nötigen
nhörungen durchführen können, dass wir die nötigen
usschussberatungen durchführen können und dass wir
ie nötigen Plenarberatungen durchführen können.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wie denn?)






Peter Altmaier


(A) )


)(B)

Lieber Kollege Heil, ich will hier die Frage stellen,
um die es heute Morgen in der Debatte geht:


(Ulrich Kelber [SPD]: Heil oder Kelber?)


Glauben Sie angesichts der Fülle der Entscheidungen,
um die es im Bereich der Netze, im Bereich der Spei-
chermöglichkeiten, im Bereich des Planungsrechts und
auch im Bereich der Laufzeiten am Ende dieser Debatte
geht, wirklich, dass es sinnvoll ist, die Zuständigkeiten
und Kompetenzen der Ausschüsse, die sich in den letz-
ten Monaten auf hohem Niveau mit diesen Fragen be-
schäftigt haben und weiterhin beschäftigen, durch einen
Sonderausschuss außer Kraft zu setzen, der naturgemäß
aus einigen wenigen Kolleginnen und Kollegen besteht,


(Rolf Hempelmann [SPD]: Aus allen Fachbereichen!)


und all diese Aufgaben im Sonderausschuss zu lösen?


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Rolf Hempelmann [SPD]: Genau so wäre es richtig!)


In einem Punkt sind wir uns doch einig: Wenn die
Ethikkommission Ende Mai ihre Ergebnisse vorlegt,


(Frank Schwabe [SPD]: Was ist denn mit dem Moratorium?)


dann wollen wir natürlich auch eine parlamentarische
Entscheidung zustande bringen, mit der dafür gesorgt
wird, dass mit dem Ablauf des Moratoriums klar ist, wie
die Zukunft der Kernenergie und der Energiepolitik in
Deutschland aussieht.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Die üblichen Nickbewegungen! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Drei Tage!)


– Das sind keine drei Tage, sondern wir haben ein ange-
messenes, aber anspruchsvolles zeitliches Konzept.

Ich sage Ihnen: So wie Sie in der Vergangenheit in
ähnlichen Situationen aus guten Gründen keine Sonder-
ausschüsse eingesetzt haben, so ist es die Auffassung un-
serer Fraktion und Koalition, dass es sinnvoll ist, diese
Debatte im Umweltausschuss, im Wirtschaftsausschuss,
im Verkehrsausschuss und in allen anderen zuständigen
Ausschüssen auf breiter Front zu führen, und wir werden
dafür sorgen, dass sie unter angemessener Beteiligung
der Öffentlichkeit stattfindet.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube
nicht, dass irgendjemand Verständnis dafür hätte, wenn
wir uns über technische Detailfragen wie die Frage, ob
es einen Sonderausschuss gibt, oder die Frage, wie er zu-
sammengesetzt ist, zerstreiten würden.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Das ist ein technisches Detail? Interessant!)


Wenn wir einen Konsens herbeiführen wollen, dann darf
es doch nicht nur um einen Konsens darüber gehen, wie
lange Kernkraft in Deutschland noch unverzichtbar und

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(C (D innehmbar ist, sondern dann muss es doch auch um die rage gehen, was im Rahmen eines Gesamtkonzeptes eschehen muss, damit tatsächlich ein schnellerer Überang ins Zeitalter der erneuerbaren Energien möglich ird. Liebe Frau Höhn, ich habe mit Respekt zur Kenntnis enommen, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ls ein Ergebnis der Debatten im letzten Jahr ihre Posion in der Frage der Stromtrassen für die 380-kV-Leingen überdacht und modifiziert hat. (Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Blödsinn!)


as ist ein klarer Hinweis, dass niemand in diesem Haus
agen kann: Wir haben keinen Grund, unsere Positionen
ritisch zu hinterfragen und zu überdenken.

Meine Fraktion hat diese Woche in insgesamt drei Sit-
ungen stundenlang über die Fragen diskutiert, die im
usammenhang mit der Energiepolitik in den nächsten
onaten zu beantworten sind. Wir werden das in den

ächsten Wochen fortsetzen. Ich weiß, dass es auch in
nderen Fraktionen, wie bei der FDP und anderswo in
iesem Haus, ein ähnliches Ringen gibt.

Von den Kolleginnen und Kollegen Sozialdemokraten
abe ich als einzige substanzielle Äußerung bisher die
orderung nach einem Sonderausschuss vernommen.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Lesen Sie doch mal unser Energieprogramm, das wir eingebracht haben! Unglaublich!)


enn Sie die Begründung für die Einsetzung eines sol-
hen Ausschusses lesen, dann werden Sie feststellen,
ass zu den inhaltlichen Herausforderungen wenig oder
ichts gesagt wird.

Deshalb möchte ich Ihnen noch einmal das Angebot
nterbreiten – das richtet sich an das gesamte Haus –, die
ächsten Wochen und Monate für einen wirklichen Dia-
g zu nutzen.


(Zuruf von der SPD: Eher ein Monolog!)


s geht nämlich nicht nur um die Glaubwürdigkeit einer
inzelnen Fraktion; es geht vielmehr um die Glaubwür-
igkeit des politischen Systems und des Parlamentaris-
us.

Ich bin davon überzeugt, dass die vor uns liegenden
eratungen eine große Chance sind, die Glaubwürdig-
eit und die Zustimmung zum politischen Handeln auch
der Öffentlichkeit zu erhöhen.


(Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen Sie das richtig, Herr Altmaier! – Rolf Hempelmann [SPD]: Ihr verspielt sie gerade!)


h möchte uns alle aufrufen, dass wir dazu einen Bei-
ag leisten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )


)(B)


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710605400

Das Wort hat der Kollege Dr. Gysi für die Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710605500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Altmaier, es nutzt nichts, wenn man versucht, eine zwin-
gend notwendige Entscheidung durch Verzögerung hin-
auszuschieben. Es bringt Ihnen nichts, es schadet Ihnen
nur. Sie kommen aus der Sache sowieso nicht heraus.
Der Ausschluss der Öffentlichkeit wird nicht funktionie-
ren.


(Beifall bei der LINKEN – Peter Altmaier [CDU/ CSU]: Das hat auch niemand gesagt!)


Wir haben eine japanische Atomkatastrophe erlebt.
Erst jetzt haben die Behörden eingeräumt, dass es doch
der höchste Schadensfall ist und dass ein Super-GAU
vorliegt. Auch das hat sehr lange gedauert. Aber jetzt ist
es eingestanden worden. Selbstverständlich werden wir
der japanischen Bevölkerung jede uns mögliche Hilfe
zukommen lassen.

Eines hat sich aber in Deutschland herumgesprochen:
Ein Atomkraftwerk ist im Falle einer Katastrophe nicht
beherrschbar, durch niemanden, auch nicht in Deutsch-
land. Deshalb sind nun plötzlich alle Parteien für den
Atomausstieg – irgendwann und irgendwie. Aber dafür
brauchen wir keine Ethikkommission der Regierung,
Herr Altmaier, die auch noch geschlossen tagen soll


(Peter Altmaier [CDU/CSU]: Die tagt doch nicht geschlossen! – Gegenruf des Abg. Rolf Hempelmann [SPD]: Doch! Das ist so!)


und von einer Regierung eingesetzt wird, die diesbezüg-
lich völlig unglaubwürdig und inzwischen auch unbere-
chenbar ist.

Welche Konsequenzen werden denn gezogen? Der
FDP-Generalsekretär Lindner hat zum Beispiel gefor-
dert: Alle alten Meiler müssen dauerhaft geschlossen
werden. – Jetzt nimmt er das wieder zurück. Dann äu-
ßern sich Herr Röttgen und Herr Brüderle und legen ei-
nen Sechs-Punkte-Ausstiegsplan vor, der alles Mögliche
ist, aber kein Plan. Darin geht es zum Beispiel um den
rascheren Ausbau der regenerativen Energien, aber so
gut wie ausschließlich auf der Basis von Offshorewinde-
nergie. Doch diese großen Parks können nur von den
vier Energieriesen gebaut und finanziert werden.


(Horst Meierhofer [FDP]: Quatsch!)


Zugleich wird aber so gut wie nichts zu Photovoltaik
oder Erdwärme gesagt, in die auch kleine und mittlere
Unternehmen investieren könnten. Das fällt auf.

Aber selbst diese Absichtserklärung der beiden Bun-
desminister trifft vor allem auf Ablehnung in der Union,
und zwar vonseiten der Herren Schäuble und Kauder.
Sie führen drei Argumente an: Das erste Argument ist,
dass es dann keine Versorgungssicherheit mehr gäbe.
Das zweite ist, dass die Schuldenbremse dagegensprä-
che, und das dritte ist, dass die Strompreise in unzumut-

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(C (D arem Maße stiegen. Mit diesen drei Argumenten öchte ich mich kurz auseinandersetzen. Das Argument der Versorgungssicherheit von Herrn auder ist schon deshalb falsch, weil selbst der Umwelteirat Ihres Bundesumweltministeriums festgestellt hat, ass wir die acht alten Atomkraftwerke nicht brauchen, eil sie nur Überschüsse produzieren. Das Argument ist lso falsch. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das zweite Argument ist die Schuldenbremse. Das
nde ich spannend. Union und SPD haben die Schulden-
remse in das Grundgesetz geschrieben – wir hielten das

mer für falsch –, und jetzt wird gesagt, die Schulden-
remse hindere uns daran, Fortschritte zu machen.


(Beifall bei der LINKEN)


as ist genau das, worauf wir immer hingewiesen haben.
direkt bestätigt uns Herr Schäuble; denn er sagt: Wir

önnen leider nichts mehr machen. Die Politik ist hand-
ngsunfähig. – Aber in diesem Fall ist das Argument
lsch, und zwar deshalb, weil die vier Energieriesen

ber solche Reserven verfügen, dass das Ganze sehr
ohl finanzierbar ist. Darauf komme ich noch zurück.

Das dritte Argument ist das Argument der höheren
trompreise. Die FDP spricht von einem Sparpaket. Sie
agt, es müsse noch mehr Sozialabbau geben und gerade
ie ärmeren Schichten und die durchschnittlich Verdie-
enden hätten das alles zu bezahlen. Das ist der ein-
chste und unsozialste Weg; für uns kommt der über-

aupt nicht infrage.


(Beifall bei der LINKEN)


Aber dahinter steckt doch etwas ganz anderes: Sie
rohen mit Strompreiserhöhungen, um die Zustimmung
erade der ärmeren Schichten der Bevölkerung zur
tomenergie zurückzugewinnen. Ich sage Ihnen: Das ist
bel. Mit solchen Katastrophen darf man nicht spielen,
nd man darf auch nicht eine solche Stimmung erzeu-
en.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Grünen äußern sich zur sozialen Frage überhaupt
icht, und die SPD denkt in erster Linie an die Großver-
raucher. Wir denken an alle Verbraucherinnen und Ver-
raucher.


(Zurufe von der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)


Ja. Sie können uns doch nicht verbieten, zu denken.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir bezweifeln, dass Sie das können!)


ir denken sowohl an die durchschnittlich Verdienen-
en als auch an die Armen sowie an die kleinen und
ittleren Unternehmen, die alle davon betroffen sind.
as wir brauchen, ist die Wiedereinführung einer staat-

chen Preisregulierung.





Dr. Gregor Gysi


(A) )


)(B)


(Beifall bei der LINKEN – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! – Michael Kauch [FDP]: Wie in der DDR!)


– Ich wusste, dass die FDP von Planwirtschaft redet.
Wissen Sie, auch in der Bundesrepublik Deutschland
herrschte in diesem Bereich Planwirtschaft; denn bis zur
Großen Koalition hatten wir eine staatliche Preisregulie-
rung in der Bundesrepublik Deutschland.


(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Genau!)


Das haben Sie bloß nicht mitgekriegt. Waren Sie nicht
im Bundestag, oder was?

Erst die Große Koalition, bestehend aus Union und
SPD, hat beschlossen, die staatliche Preisregulierung ab-
zuschaffen, und zwar mit der Begründung, dass es einen
topfunktionierenden Markt gebe, der ohnehin dafür
sorge, dass die Preise sinken. Nun haben aber alle Bür-
gerinnen und Bürger und alle Unternehmen mitbekom-
men, dass die Preise in der ganzen Zeit nicht gesunken,
sondern ständig gestiegen sind, weil die vier Riesen sich
abgesprochen haben, wie sie die Bevölkerung abzocken.
So einfach ist das.


(Beifall bei der LINKEN)


Jetzt müsste doch auch die SPD einräumen, dass das
gerade genannte Argument für die Abschaffung der
Preisregulierung falsch war. Es bleibt auch falsch. RWE
hat übrigens durch falsche Preise sogar 2,3 Milliarden
Euro abgezockt. Wo blieb da eigentlich Ihr Protest? Der
wäre meines Erachtens wichtig gewesen.

Also: Wir müssen zurück zur staatlichen Strompreis-
regulierung. Es gibt jetzt eine große Chance für eine
grundlegende Neuorientierung der ökonomischen, öko-
logischen, demokratischen und sozialen Grundlagen un-
serer Gesellschaft. Weder die Verlängerung der Laufzei-
ten durch die jetzige Bundesregierung noch der rot-
grüne Atomkompromiss aus dem Jahr 2002 sind heute
noch die Verhandlungsbasis. Wir brauchen jetzt fünf
Schritte für eine sozialökologische Energiewende.

Erstens. Wir brauchen eine breite gesellschaftliche
Debatte. Es kann nicht bei der Ethikkommission der Re-
gierung bleiben. Wir brauchen, wie von der SPD bean-
tragt, einen Sonderausschuss des Bundestages.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Entgegen dem Willen der SPD darf aber auch dieser
Ausschuss nicht geschlossen tagen. Es reicht auch nicht,
alles im Internet zu veröffentlichen. Das ist wichtig, und
das können wir machen. Auch der Ausschuss muss je-
doch die breiteste Öffentlichkeit zulassen, Fragen von
den Betroffenen aufnehmen und Gespräche mit ihnen
führen. Das ist das Wichtige. Wir brauchen einen wirkli-
chen gesellschaftlichen Konsens. Die Konzepte des
BUND und von Greenpeace, die keinen Platz in Ihrer
Ethikkommission haben, zeigen doch, welch fundiertes
Wissen und welches Ideenpotenzial in der Gesellschaft
vorhanden sind. Lassen Sie es uns doch endlich nutzen,
statt es ständig auszuschließen!


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Zweitens. Wir brauchen einen Atomausstieg mit eiem Ausstiegsgesetz, damit das Ganze juristisch wassericht wird. Außerdem soll der Ausstieg unumkehrbar erden. Deshalb brauchen wir eine Ergänzung des rundgesetzes. ir haben drei Anträge hierzu eingebracht. Herr indner, lesen Sie diese; das bildet. Im ersten Antrag geht es um die dauerhafte Stillleung der sieben alten AKW und des AKW Krümmel. Im zweiten Antrag geht es um den Ausschluss der bertragung der früher zugesicherten Reststrommengen r diese acht AKW auf die dann noch verbleibenden eun weiterlaufenden AKW. Das ist ganz wichtig; denn enn diese neun AKW die Reststrommengen übernehen, dann bedeutet das für diese eine Laufzeitverlängeng. Genau so etwas planen Sie. Das darf es auf gar kei en Fall geben. Dieser Trick darf nicht funktionieren. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der LINKEN)


Als Drittes haben wir beantragt, dass ein Verbot der
utzung der Atomtechnologie für energetische Zwecke
nd für Waffen ins Grundgesetz aufgenommen wird.
as ist besonders wichtig, denn wenn wir das einmal im
rundgesetz stehen haben – geben Sie sich doch wirk-
ch einen Ruck –, garantiere ich Ihnen, dass es nie wie-
er eine Zweidrittelmehrheit geben wird, die dieses Ver-
ot abschaffen kann. Das ist das Entscheidende daran.


(Beifall bei der LINKEN)


Zurück zu den fünf Schritten: Wir brauchen drittens
ine staatliche Preisregulierung und kein Sparpaket, wie
s die FDP will. Was wir wirklich brauchen, ist Steuer-
erechtigkeit.

Jetzt sage ich Ihnen etwas zu den Kosten für die Ener-
iewende: In erster Linie müssen das meines Erachtens
ie vier Energieriesen bezahlen. Die von diesen gebilde-
n Rückstellungen für den Abbau der AKW in Höhe
on 29 Milliarden Euro sind jetzt in einen öffentlich-
chtlichen Fonds überzuleiten, damit das Geld auch
irklich für den Abbau der AKW zur Verfügung steht.


(Beifall bei der LINKEN)


ber das ist nur das eine. Außerdem müssen sie ihre Ex-
aprofite abführen, um die Umstellung auf erneuerbare
nergien zu gewährleisten.

Jetzt sage ich einmal etwas zu den Profiten dieser vier
nergieriesen, damit die Bevölkerung es auch weiß:
on, EnBW, RWE und Vattenfall haben seit 2002 einen
rofit von über 100 Milliarden Euro erwirtschaftet. Dort
ibt es also genügend Geld, denn die Bürgerinnen und
ürger und die Unternehmen wurden und werden von
en vier Energieriesen abgezockt.

Kleine und mittlere Unternehmen haben dagegen im
ahre 2009 – vor der fälschlich durch Ihre Regierung be-
chlossenen Verlängerung der Laufzeiten – 26,7 Milliar-
en Euro in die erneuerbaren Energien investiert. Wenn
ie Ihre Laufzeitverlängerung, die diese so schockiert





Dr. Gregor Gysi


(A) )


)(B)

hat, wieder zurücknehmen, sind diese auch bereit, wie-
der zu investieren und Mittel für die Erneuerbaren zur
Verfügung zu stellen.


(Beifall bei der LINKEN)


Übrigens noch zur Ergänzung: Ich habe gesagt, dass
die vier Konzerne über 100 Milliarden Euro Profit seit
2002 erwirtschaftet haben. Allein in der Krise im Jahr
2009 waren es 23 Milliarden Euro, und im Jahre 2010
waren es 30 Milliarden Euro. Solche finanziellen Reser-
ven haben die! Da müssen Sie einmal den Mumm haben
und umgekehrt auch einmal ein bisschen abzocken, und
zwar durch gerechte Steuern. Das ist das, was wir for-
dern.


(Beifall bei der LINKEN)


Selbstverständlich muss auch der Bund investieren.
Erst ganz zuletzt darf man an die Verbraucherinnen und
Verbraucher denken, und das muss angemessen gesche-
hen: Das bedeutet, dass man finanziell schwachen Haus-
halten einen Sozialtarif gewähren muss.

Viertens. Die überkommenen Konzernstrukturen und
die marktbeherrschende Stellung der vier Stromkon-
zerne stehen einer wirklichen Energiewende entgegen.
Die Regierung hat bewiesen, dass sie erpressbar ist. Jetzt
erpressen die Konzerne erneut – mit einem Stopp der
Zahlungen in den Ökofonds. Ich sage: Wer so erpresst,
darf kein Verhandlungspartner sein.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Energiewende gelingt dezentral oder gar nicht.
Die Linke wird das Erbe von Hermann Scheer aufneh-
men, das die SPD leider ausschlägt.


(Michael Kauch [FDP]: Erbschleicher! – Ulrich Kelber [SPD]: Sie kennen die Meinung von Hermann Scheer über die Linkspartei ganz genau! – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Das Erbe kommt zu den SED-Milliarden, oder wie?)


Der notwendige Netzausbau muss zum Einstieg in die
dezentrale kommunale Energieversorgung genutzt wer-
den. Die Stromnetze müssen endlich in öffentliche
Hand, und zwar deshalb, weil ich möchte, dass die Poli-
tik zuständig ist. In der Politik haben wir Demokratie,
bei den vier Konzernen haben wir keine Demokratie. Sie
wollen die Zuständigkeit der Konzerne, wir wollen die
Zuständigkeit der öffentlichen Hand.


(Beifall bei der LINKEN)


Fünftens und Letztens. Wir brauchen höchste Ener-
gieeffizienz. Das ist auch eine soziale Frage. Darauf
muss sich auch die Forschung konzentrieren. Wir haben
schon vor Jahren 2,5 Milliarden Euro für einen Fonds
beantragt, um Bürgerinnen und Bürgern mit einer Effi-
zienzprämie bei der Anschaffung energiesparender Ge-
räte zu helfen. Das gilt übrigens auch für Unternehmen;
denen soll damit ebenfalls geholfen werden. Über den
Fonds ist auch zusätzliche Hilfe für finanziell, das heißt
sozial Schwache möglich. Wenn der Sonderausschuss
gebildet würde und dazu dienen würde, den schnellst-

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(C (D öglichen Ausstieg aus der Atomenergie zu begleiten nd den Einstieg in das nachatomare Industriezeitalter it vorzubereiten, wenn er mit dazu beitrüge, eine breite nd offene gesellschaftliche Debatte zu organisieren, beäme er einen hohen gesellschaftlichen Gebrauchswert. Hören Sie auf, zu verdunkeln! Hören Sie auf, zu verschen! (Michael Kauch [FDP]: Hören Sie auf, zu reden!)


assen Sie uns die dringend notwendigen Entscheidun-
en hier im Bundestag treffen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710605600

Das Wort hat der Kollege Kauch für die FDP-Frak-

on.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1710605700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

ysi, wir wissen, dass Sie Experte für alle Themen sind
nd dass Ihre Fachpolitiker hier fast nie reden dürfen.
ass Sie sich hier jetzt aber erdreisten, einen toten Kol-
gen, Hermann Scheer, für Ihre antikapitalistischen Re-
exe, für etwas, was Hermann Scheer nie vertreten hat,
u vereinnahmen, all das, was Sie hier abgeliefert haben,
t so unterirdisch, so grottenschlecht und auch unfair
egenüber den Sozialdemokraten, das kann man hier im
arlament nicht akzeptieren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Herr Gysi, Sie haben wieder einmal schwadroniert:
Zweifel ist die Großindustrie schuld am Elend der
elt; sie muss ihre Extraprofite abführen. – Offensicht-

ch ist Ihnen nicht klar: Ab 2013 muss die Großindustrie
re Extraprofite aus dem Emissionshandel abführen,

ämlich in den Energie- und Klimafonds.


(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Zum Teil!)


iese Koalition hat beschlossen, dass diese Mittel in die
utzung erneuerbarer Energien investiert und nicht vom
inanzminister eingesackt werden. Das ist eine Leistung
ieser Koalition, die Sie an dieser Stelle einmal wahr-
ehmen sollten, Herr Gysi.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gegen den Widerstand Ihrer eigenen Partei aus Nordrhein-Westfalen!)


Wir reden heute über das Thema Einsetzung eines
onderausschusses „Atomausstieg und Energiewende“.
an hat den Eindruck, es geht bei der SPD inzwischen

aum noch um die Inhalte.





Michael Kauch


(A) )


)(B)


(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Rolf Hempelmann [SPD]: Das ist unglaublich! – Ulrich Kelber [SPD]: Was für ein Niveau! – Weitere Zurufe von der SPD)


Man gewinnt nämlich den Eindruck, dass man von der
Koalition in dem Bemühen überholt wird, in das Zeital-
ter der erneuerbaren Energien zu kommen. Da Sie der
Koalition offensichtlich inhaltlich nichts entgegenzuset-
zen haben,


(Rolf Hempelmann [SPD]: Das ist nur der bloße Neid!)


echauffieren Sie sich hier während der Kernzeitdebatte
über eine formale Frage.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das führen Sie uns doch im Sonderausschuss vor!)


Angeblich wird in diesem Parlament nicht diskutiert.
Wenn ich zurückschaue, was ich in den letzten Wochen
getan habe, dann stelle ich fest, dass ich an jedem
Plenarfreitag hier im Parlament über das Thema Atom-
ausstieg diskutiert habe.


(Ulrich Kelber [SPD]: Unsere Anträge! – Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Nur, weil wir es beantragt haben!)


Wir diskutieren permanent darüber. Es ist doch ein Mär-
chen, dass diese Diskussion unter Ausschluss der Öf-
fentlichkeit passiere.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Es ist völlig aberwitzig, zu glauben: Wenn man einen
Sonderausschuss einsetzt, dann kommen plötzlich bes-
sere Ergebnisse zustande. Wir haben einen Wirtschafts-
ausschuss, wir haben einen Umweltausschuss und einen
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, der
sich beispielsweise mit Fragen der Gebäudesanierung
beschäftigt. In all diesen Ausschüssen kümmert man
sich um die Fragen, um die es hier geht, und zwar nicht
erst seit gestern. In diesen drei Ausschüssen sitzen dieje-
nigen Experten in diesem Parlament, die zu diesen Fra-
gen beraten sollen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Und für die innere Sicherheit noch den Innenausschuss! – Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Wann wird das Parlament damit befasst? Wann kommen denn die Vorlagen?)


Wenn wir einen neuen Ausschuss einsetzen, dann ist
er in den ersten vier Wochen nur mit Formalia beschäf-
tigt. In dieser Zeit können wir in diesem Parlament Ent-
scheidungen treffen.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)


Das will diese Koalition: Entscheidungen treffen und
nicht neue Gremien institutionalisieren.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Rolf Hempelmann [SPD]: Wo sind die Vorlagen für Entscheidungen? – Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Aber bis jetzt gibt es nur ein Sechs D W w c B g fe S P P g e A s n g E M b b u D W w F e d (C (D Punkte-Papier, das bei Ihnen umstritten ist, sonst nichts!)


as war beim Energiekonzept so, und es wird bei der
eiterentwicklung des Energiekonzeptes so sein.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710605800

Kollege Kauch, gestatten Sie eine Zwischenfrage?


Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1710605900

Gerne. Von wem denn?


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710606000

Von Herrn Schwabe. – Herr Schwabe, bitte.


(Ulrich Kelber [SPD]: Ruhrgebiet unter sich!)



Frank Schwabe (SPD):
Rede ID: ID1710606100

Herr Kollege Kauch, Sie haben gerade gesagt, dass

ir keine zusätzlichen Ausschüsse und keine zusätzli-
hen Gremien brauchen. Wie bewerten Sie, dass die
undesregierung die Ethikkommission „Sichere Ener-
ieversorgung“ – das ist eine Art Ausschuss – einberu-
n hat? Ist das ebenfalls ein überflüssiges Gremium?
chließlich meinen Sie, dass wir solche Fragen hier im
arlament zu klären haben.


Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1710606200

Diese Ethikkommission berät die Regierung. Wir als

arlament müssen am Schluss über die Vorlagen der Re-
ierung, also über das, was die Regierung vorschlägt,
ntscheiden.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Am Schluss! Wann kommen denn die Vorlagen?)


m Schluss wird im Parlament und nirgendwo sonst ent-
chieden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wie beim Energiekonzept sind die Koalitionsfraktio-
en schon im Vorfeld in Regierungsentscheidungen ein-
ebunden.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Ach!)


s ist nicht so, dass wir darauf warten, dass uns Frau
erkel, Herr Brüderle oder Herr Röttgen Vorlagen ge-

en, und dass wir uns hinstellen und abnicken. Das ha-
en wir beim Energiekonzept im letzten Jahr nicht getan,
nd das werden wir auch in diesem Jahr nicht tun, meine
amen und Herren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ir brauchen von Ihnen keine Nachhilfe in der Frage,
as selbstbewusste Parlamentarier sind.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Wir brauchen von Ihnen auch keine Nachhilfe in der
rage, wie Vorlagen im Parlament behandelt werden. Ich
rinnere mich an meine Zeit in der Opposition. Da wur-
en bei der Gesundheitsreform Hunderte von Seiten Ge-





Michael Kauch


(A) )


)(B)

setzestext hier innerhalb von zwei Tagen durchge-
peitscht. Da wurden zig Seiten Änderungsanträge mal
eben als Tischvorlage eingereicht. Das war die SPD!
Deswegen brauchen wir von Ihnen hier überhaupt keine
Nachhilfe. Wir machen die Verfahren korrekt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Rolf Hempelmann [SPD]: So wie letztes Jahr!)


Wir brauchen auch keine Nachhilfe von Herrn
Steinmeier. Herr Steinmeier sagt, wegen unserer Politik
würden – angeblich – Investitionen zurückgehen und
keine Arbeitsplätze geschaffen. Gestern haben wir die
Zahlen bekommen. Seit der Wiedervereinigung waren in
Deutschland noch nie so viele Menschen beschäftigt wie
jetzt unter Schwarz-Gelb.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Trotz Schwarz-Gelb! Das ist ja das Wunder! Das sagt selbst die Wirtschaft! – Rolf Hempelmann [SPD]: Damit haben Sie gar nichts zu tun!)


Das ist der Erfolg dieser Regierung. Da brauchen wir
von Ihnen keine Nachhilfe, meine Damen und Herren.

Die SPD muss sich schon entscheiden, was sie will.
Herr Steinmeier sagt: Wir müssen ein Industrieland blei-
ben; wir brauchen Klimaschutz und Versorgungssicher-
heit. – Alles richtig! Heute Morgen stellt sich Frau
Nahles ins Fernsehen, und auf die Frage, wie sie denn si-
cherstellen wolle, dass das, was sie fordere, nämlich dass
die Armen nicht belastet würden, durchgeführt werde,
kam als einzige Antwort: Das muss die Regierung vorle-
gen. – So viel zu den sozialpolitischen Konzepten der
Sozialdemokratischen Partei! Das ist peinlich.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Sagen Sie mal was zu sich selbst, zu Ihren Vorstellungen!)


Die FDP will schneller aus der Kernkraft aussteigen,
als das bisher vorgesehen ist. Deshalb werden wir aber
nicht alles über Bord werfen, was wir in den letzten Jah-
ren für wichtig gehalten haben.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Auch im nächsten Herbst noch?)


Deshalb werden wir nicht zulassen, dass das Problem
einfach verlagert wird, indem man dauerhaft Kernkraft-
strom aus Frankreich und Tschechien importiert oder in-
dem man die Klimaschutzziele oder die Versorgungs-
sicherheit gefährdet.


(Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind die Argumente der Atomindustrie, Herr Kauch!)


Deshalb muss ein Ausstieg aus der Kernkraft so gestaltet
sein, dass die Netzstabilität gewährleistet wird, dass wir
unsere Klimaschutzziele erreichen und dass wir unsere
Importabhängigkeit nicht vergrößern.


(Beifall bei der FDP – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glauben Sie doch selber nicht!)


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(C (D Zur Ehrlichkeit gehört dazu, den Menschen auch zu agen: Diese Reformen gibt es nicht zum Nulltarif. – an kann nicht zum Nulltarif aus der Kernkraft aussteien und gleichzeitig alle anderen Ziele – Versorgungsicherheit, Klimaschutz usw. – erreichen. Unsere Verantortung als Parlamentarier ist, dafür zu sorgen, dass die enschen nicht unnötig mehr bezahlen. Ihnen Sand in ie Augen zu streuen und zu sagen: „Das kostet gar ichts; wir machen das mal eben so mit einem Schnipp“, (Rolf Hempelmann [SPD]: Wer sagt denn so was? – Gegenruf von der FDP: Herr Gysi zum Beispiel!)


eht einfach an der Sache vorbei.

Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern in diesem
and auch sagen, dass es weitere Kosten gibt, nämlich
osten nichtmonetärer Art, dass insbesondere die ländli-

hen Räume stärker als bisher ihren Beitrag zur Energie-
ersorgung leisten müssen und dass sich auch dort viele
inge, viele Landschaftsbilder beispielsweise, verän-
ern werden.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das müssen Sie vor allem Ihrer Partei sagen!)


as ist unumgänglich, das ist notwendig in einem ver-
etzten Industrieland. Wir sollten nicht so tun, als würde
as überhaupt nicht stattfinden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710606300

Das Wort hat die Kollegin Höhn für die Fraktion

ündnis 90/Die Grünen.


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710606400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

estern hatten wir eine sehr ernsthafte Debatte zur PID.
h hätte mir gewünscht, dass wir diese Debatte zur
nergie genauso ernsthaft führen würden und nicht so
rähenhaft und so lautstark, wie Sie, Herr Kauch, das
ben getan haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Michael Kauch [FDP]: Da sind wir jetzt gespannt!)


Nach der Katastrophe von Fukushima gibt es in der
esellschaft mittlerweile einen breiten Konsens. Herr
ysi, wir brauchen also nicht einen breiten Konsens,

ondern wir haben einen breiten Konsens.


(Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Lösungen brauchen wir!)


ber 80 Prozent der Bürgerinnen und Bürger sind einer
einung. Die Kirchen, die Umweltschützer, die Ge-
erkschaften, die Jungunternehmer, Greenpeace, die
atholische Landjugend und seit neuestem auch der
undesverband der Energiewirtschaft sind dabei. Dieser
reite Konsens lässt sich auf eine ganz einfache Formel





Bärbel Höhn


(A) )


)(B)

bringen: Raus aus der Atomkraft, rein in die erneuerba-
ren Energien! Es ist unsere Aufgabe, das umzusetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Denn wir sind die Volksvertreter. Die Umsetzung muss
sachlich und fachlich und ohne Übertreibung und
Schwarzmalerei erfolgen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Bei der Umsetzung dieses gesellschaftlichen Konsen-
ses in Politik sind drei wichtige Punkte zu bedenken:

Erstens. Wir müssen raus aus den alten Atomanlagen.
Das heißt, die sieben alten Reaktoren und Krümmel
müssen abgeschaltet werden, und zwar nicht nur vo-
rübergehend, sondern endgültig, ein für alle Mal.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Der zweite wichtige Punkt ist, dass die im letzten
Herbst beschlossene Laufzeitverlängerung endlich voll-
ständig zurückgenommen werden muss,


(Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jawohl! Das muss einmal gesagt werden!)


denn sie war ein großer Fehler. Dieser Fehler muss jetzt
korrigiert werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er muss vor allem zugegeben werden!)


Der dritte wichtige Punkt ist, dass wir eine konse-
quente Politik des Energiesparens, der Energieeffizienz
und der erneuerbaren Energien machen müssen, um auch
die verbleibenden Atomkraftwerke so schnell wie mög-
lich überflüssig zu machen und abschalten zu können.
Wir Grünen sagen: Das können wir in der nächsten Le-
gislaturperiode schaffen.


(Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 2017 spätestens!)


Wir freuen uns, dass das Bundesumweltamt uns da recht
gibt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Wenn wir diesen Konsens politisch umsetzen wollen,
haben wir allerdings einige Fragen zu beantworten. Die
Bürger fragen: Wie teuer ist das? Über diese Frage kön-
nen wir nicht einfach hinweggehen. Es wäre falsch, an
diesem Punkt Angst zu machen. Aber das tun viele,
selbst aus diesem Hause. Wir sollten uns einmal ganz ru-
hig anschauen, was die Bundesregierung selber im letz-
ten Herbst an Gutachten zu diesem Thema auf den Tisch
gelegt hat. Ich erinnere an das Gutachten vom EWI-In-
stitut. EWI wird vor allen Dingen von Energiekonzernen
bezahlt; das heißt, es steht nicht im Verdacht einer be-

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(C (D onderen Nähe zu den erneuerbaren Energien. Das Gutchten von EWI kommt zu dem Ergebnis: Die Rückkehr um rot-grünen Atomausstieg würde für die Bürgerinnen nd Bürger in den gesamten nächsten Jahren einen höhen Preis um vielleicht 0,5 Cent pro Kilowattstunde be euten. Lasst uns das einmal mit den Kostensteigerunen vergleichen, die wir in den letzten Jahren hatten: eit 2005 ist der Strompreis um rund 7 Cent gestiegen. ie bei der Rückkehr zum Atomausstieg anfallenden ,5 Cent sollte uns eine Energiewende doch wert sein. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die zweite Frage bezieht sich auf die Energiesicher-
eit. Jede Sekunde muss Strom da sein. Ich finde es gut,
ass auch Herr Röttgen heute sehr klar gesagt hat, dass
s beim Atomausstieg nicht um die Frage der Energie-
icherheit geht. Wir haben genügend Kapazitäten. Wir
aben mit den acht Atomkraftwerken 10 Prozent unseres
tromanteils abgeschaltet, und der Stromimport liegt
omentan bei 1 bis 2 Prozent. Das ist offensichtlich

icht das Problem, zumal die Experten sagen, dass der
port im Laufe des Jahres sogar wieder zurückgehen

ird.

Die Situation könnte allerdings im Mai schwieriger
erden, wenn weitere fünf Atomkraftwerke zu War-
ngszwecken vom Netz gehen. Das kommt einem so-
rtigen Atomausstieg gleich. Für das Netz – nicht für

ie Kapazität – stellt das ein Problem dar. Auch da gilt:
s ist wichtig, dass die Bundesregierung gemeinsam mit
en Energieunternehmen – auch die müssen sich dazu
erhalten – im Mai eine Lösung findet. Es ist machbar;
as sagen alle Experten. Es liegt aber auch in der Verant-
ortung der Energieunternehmen, dass es im Mai nicht

u einem Blackout kommt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Deshalb sagen wir: Die Energiewende ist möglich,
hne zu hohe Kosten und ohne Gefährdung der Versor-
ungssicherheit. Die Bürger brauchen davor keine Angst
u haben. Die Einzigen, die Angst haben müssen, sind
ie Energiekonzerne; denn durch die Energiewende ver-
eren sie das Monopol, das sie jetzt noch haben und das
nen den Freibrief gibt, die Energiepreise so hoch stei-

en zu lassen, wie wir es in den letzten Jahren erlebt ha-
en: Seit 2005 sind die Energiepreise um 40 Prozent
estiegen. Das liegt am Monopol, nicht an den erneuer-
aren Energien.

Ich sage Ihnen von CDU und FDP: Pfeifen Sie die
tomfreunde in Ihrer Fraktion zurück! Nehmen Sie den
onsens in der Bevölkerung wahr, und setzen Sie ent-

prechende Maßnahmen um! Dann sind wir an Ihrer
eite. Aber ich sage Ihnen auch: Wenn Sie am Ende der
tomlobby wieder folgen, dann werden wir Sie heftig
ritisieren. Damit würden Sie eines machen, nämlich
en Konsens, den wir jetzt in der Gesellschaft haben,
ufkündigen.






(A) )


)(B)


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710606500

Frau Kollegin Höhn, achten Sie bitte auf die Redezeit.


Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710606600

Der Konsens besagt eindeutig und klar: Raus aus der

Atomkraft und rein in die erneuerbaren Energien.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710606700

Das Wort hat der Kollege Dr. Nüßlein für die Unions-

fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1710606800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich war

von der Rede der Frau Höhn nur bis zu der Stelle ange-
tan, an der Sie, Frau Kollegin, den Versorgern höchst
präventiv und einseitig die Schuld für einen Blackout
und für höhere Preise zugeschoben haben, was im Rah-
men einer Energiewende passieren kann.

So einfach können wir es uns politisch aber nicht ma-
chen. Wir haben letzten Herbst ein Energiekonzept be-
schlossen, das wohlüberlegt und aus unserer Sicht gut
austariert war.


(Lachen des Abg. Rolf Hempelmann [SPD])


Es ging darum, mithilfe von Laufzeitverlängerungen den
notwendigen und teuren Ausbau der erneuerbaren Ener-
gien gegenzufinanzieren. Wir haben nicht geglaubt, dass
wir dafür viel Applaus und großen Zuspruch bekommen
würden.

Wir haben das Energiekonzept beschlossen, weil wir
gesehen haben, dass wir mit dem Ausbau der erneuerba-
ren Energien in Bezug auf Netze und Speicher bei wei-
tem noch nicht so weit sind, wie wir sein müssten, um
eine Energiewende nicht nur rhetorisch herbeizuführen.
Wir hatten es in der Vergangenheit versäumt – ich mache
da keine Schuldzuweisung; deshalb sage ich an dieser
Stelle bewusst „wir“ –, mit dem Aufbau und Ausbau von
Kapazitäten eine Versorgung mit erneuerbaren Energien
sicherzustellen. Wir sind da bei weitem nicht so weit
– manchmal wird dies suggeriert –, wie wir gerne wären.

Die Diskussion in den nächsten Wochen wird sich
noch mehr der Frage widmen müssen, wie wir die erneu-
erbaren Energien sinnvoll weiter ausbauen können.
Diese Diskussion muss man jenseits von Wahlkampfge-
töse und parteipolitischem Kalkül führen. Ich habe Ver-
ständnis dafür, dass wir von der Union Prügel beziehen.


(Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu Recht beziehen Sie hier Prügel!)


Das muss man mit Demut hinnehmen. Nichtsdestotrotz
sind wir in unserer Auffassung bestärkt, dass wir auf
dem richtigen Weg sind.


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(C (D (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie doch einfach, dass Sie sich geirrt haben!)


Wenn das so einfach wäre und wenn man nur sagen
üsste, man habe sich geirrt!

Was haben wir gemacht? Es gab einen gewissen Kon-
ens. Ich erwähne dies, weil er von der SPD angemahnt
urde und weil ich der Meinung bin, man sollte sich an
ieser Stelle auf einen Konsens beziehen. Es muss natür-
ch unser Ziel sein, einen ehrlichen Konsens zu erwir-
en. Tun wir doch nicht so, als ob wir alle unsere Hände
Unschuld waschen könnten. Es gab doch hier, was die
icherheitsthematik angeht, offenkundig einen Konsens.


(Ulrich Kelber [SPD]: Nix! Nix! Nix!)


Doch! Doch! Doch!


(Ulrich Kelber [SPD]: Nein! Vorsicht!)


ie haben in Ihrer Ausstiegsvereinbarung aus dem Jahr
000 klar bestätigt, dass die Kernkraftwerke in Deutsch-
nd auf einem international hohen sicherheitstechni-

chen Niveau sind.


(Michael Kauch [FDP]: Genau! – René Röspel [SPD]: Ziehen Sie das in Zweifel?)


ufgrund einer Änderung in Ihrer Parteipolitik wurde
er Ausstieg auf das Jahr 2020 verschoben. Dabei sind
ie doch gemeinsam mit den Grünen davon ausgegan-
en, dass unsere Kernkraftwerke sicher sind.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Mit dem kerntechnischen Regelwerk, das Sie außer Kraft gesetzt haben!)


Frau Kollegin, wir haben dieses Regelwerk nicht außer
raft gesetzt; das ist schlicht falsch. Ihre Minister haben

ich nicht getraut, dieses Regelwerk in Kraft zu setzen;
is heute ist es in der Erprobungsphase.


(Ulrich Kelber [SPD]: Die war im Oktober 2010 abgeschlossen!)


an kann jetzt nicht dem Kollegen Röttgen die Schuld
die Schuhe schieben, wenn Trittin und Gabriel es
tztendlich nicht umgesetzt haben. Ich bitte schon um

in bisschen Lauterkeit in dieser Debatte.


(Beifall des Abg. Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU])



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710606900

Kollege Nüßlein, gestatten Sie eine Frage des Kolle-

en Kelber?


Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1710607000

Ja, gern.


Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1710607100

Zum kerntechnischen Regelwerk: Der Unterschied

t: Das neue Regelwerk wurde, bis Herr Röttgen kam,
ereits parallel angewendet; Herr Röttgen hat dafür ge-
orgt, dass jetzt nur noch das alte Regelwerk angewandt
ird.





Ulrich Kelber


(A) )


)(B)

Jetzt zur Frage, die ich Ihnen stellen wollte: Haben
Sie die Atomausstiegsvereinbarung von 2000 und das
Gesetz von 2002 bis zum Ende gelesen? Hinter dem von
Kollegen aus Ihren Reihen oft zitierten Teil, demzufolge
man die Atomkraftwerke zu dem Zeitpunkt als sicher an-
sah, wird erstmals die gesetzliche Normierung der
Pflicht zur periodischen Sicherheitsüberprüfung von
Atomkraftwerken geregelt. Diese Überprüfung dauert
übrigens etwa anderthalb Jahre für ein Kraftwerk, nicht
sechs Wochen für 17 Kraftwerke. Außerdem ist die ste-
tige Anpassung der Anforderungen an den Stand von
Wissenschaft und Technik in der Vereinbarung zum
Atomausstieg geregelt worden. Haben Sie den Teil gele-
sen? Würden Sie ihn in Zukunft bitte mit zitieren?


Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1710607200

Erstens habe ich das gelesen. Zweitens haben Sie, lie-

ber Kollege Kelber, doch gemerkt, dass ich momentan
keine konfrontative Rede halten will, sondern vom Kon-
sens reden möchte. Drittens zwingen Sie mich jetzt,
noch einmal zu sagen, dass Sie da eine klare Vereinba-
rung mit den Versorgern getroffen haben, in der steht:
Die Bundesregierung wird keine Initiative ergreifen, um
diesen Sicherheitsstandard und die diesem zugrunde lie-
gende Sicherheitsphilosophie zu ändern.


(Ulrich Kelber [SPD]: Ich habe doch gerade den anderen Teil zitiert! Ich habe Ihnen gerade das Gegenteil erzählt!)


Nun sagen Sie, dass der Satz, der vorne steht, gegen-
standslos sei, weil das, was weiter hinten steht, gelte. Ich
möchte jetzt die Gegenfrage stellen – Sie können sie
jetzt schlicht nicht beantworten; aber vielleicht können
wir einmal bilateral darüber reden –, was der Passus im
Vertrag eigentlich bedeutet.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Das, was im Gesetz steht, ist relevant!)


Was wollten Sie denn damit sagen? Sie haben sich ver-
pflichtet, nichts an den Sicherheitsstandards und der
Sicherheitsphilosophie zu ändern. Es wird doch wohl ir-
gendeinen Grund haben, dass das in diesem Vertrag
steht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Der dynamische Faktor steht im Gesetz!)


Man kann doch jetzt nicht kommen und sagen: „Wir ha-
ben es einmal da vorne reingeschrieben und weiter hin-
ten im Vertrag zurückgenommen!“ Es geht hier auch um
Ehrlichkeit.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist die Unwahrheit! Sie dürfen nicht die Unwahrheit sagen!)


Ich will darauf hinaus, dass Sie offenkundig unsere
Sicherheitseinschätzungen teilen, denn Sie haben auf
Basis dieser Sicherheitseinschätzungen gesagt, dass wir
die Kernkraft in diesem Land 20 Jahre länger nutzen
können. Das ist doch Fakt; ich mache Ihnen da gar kei-
nen Vorwurf, sondern stelle es nur fest.

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(C (D (Ulrich Kelber [SPD]: Das ist kein Fakt! Das ist eine Lüge!)


Es ist auch für Sie etwas Neues, wenn wir nun die
estrisiken, die Sie damals in Kauf genommen haben,
emeinsam neu bewerten. Ich unterstreiche, dass das
hema Ausstieg für uns von der Union nichts Neues ist,
uch wenn man jetzt so tut, als seien wir diejenigen ge-
esen, die die Kernenergie bis zum Sankt-Nimmerleins-
ag nutzen wollten. In unserem Energiekonzept und in
nserem Koalitionsvertrag steht ganz klar: Wir werden
ussteigen und keine neuen Anlagen bauen. Es ist also
lsch, uns in Richtung der Atomlobby schieben zu wol-
n,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


enngleich ich das parteipolitische Kalkül dahinter na-
rlich nachvollziehen kann.

Nun räume ich ein, dass es einen Unterschied gibt:
ir haben klipp und klar gesagt, dass wir die Laufzeiten

erlängern, um den Ausbau der erneuerbaren Energien
egenzufinanzieren. Darum bitte ich, uns abzunehmen,
ass wir uns bei den Erwägungen, die wir jetzt machen
üssen, ein bisschen schwertun, weil jetzt plötzlich die-

es Geld – zumindest das, was aus der Nutzung der
ernenergie kommen sollte – wegbrechen wird und am
chluss nur noch die heute schon angesprochenen Ein-
ahmen aus dem Emmissionshandel übrig bleiben wer-
en. Da ist es schon schwierig, eine Lösung zu finden,
enn die Finanzierung teilweise wegbricht, man aber
leichzeitig die erneuerbaren Energien schneller aus-
auen will. Das ist keine leichte Übung; da braucht man
ine ganze Menge Gehirnschmalz.

Ich möchte, ohne dass Sie es gleich wieder als Vor-
urf verstehen sollen, deutlich unterstreichen: Wir ha-
en uns damals bei der Erstellung des Energiekonzepts

merhin Gedanken gemacht, wie man die Erforschung
nd den Ausbau der erneuerbaren Energien, die Geld
osten werden, angesichts knapper Haushaltskassen
nanziert. Das haben andere versäumt oder vernachläs-
igt.

Es ist einigermaßen offensiv, Frau Kollegin Höhn,
ich jetzt hier hinzustellen und zu sagen: Das kostet alles
ichts, das geht zum Nulltarif.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe Ihr eigenes Gutachten zitiert! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: EWI! – Gegenruf der Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn EWI?)


as ist nicht korrekt. Sie sagen, die Kosten je Kilowatt-
tunde Strom steigen um 0,5 Cent. Ich bin mir nicht si-
her, ob das das Ende der Fahnenstange ist, weil Sie den
missionshandel berücksichtigen müssen, weil Sie die
öheren Kosten für die Nutzung der erneuerbaren Ener-
ien berücksichtigen müssen usw.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Glauben Sie Ihrem eigenen Gutachten nicht?)


Ich will es nicht in Abrede stellen.





Dr. Georg Nüßlein


(A) )


)(B)

Das Problem ist: Wenn man solche Themen kritisch
beleuchtet, wird man sofort an den politischen Pranger
gestellt. Es heißt dann: Der will doch eigentlich gar nicht
wirklich aussteigen. – Das stimmt so nicht. Ich will nur
sagen: Wir müssen uns natürlich mit folgenden Proble-
men beschäftigen: Was heißt das für die Verbraucher?
Hier sitzt der angebliche Vertreter der Verbraucher, der
morgen mit der Forderung nach Sozialtarifen kommt
und dann uns und den Versorgern die Schuld für die Fol-
gen der Ausstiegspolitik in die Schuhe schiebt. Was
heißt das für die Wirtschaft? Was heißt das für die ener-
gieintensiven Betriebe? Das sind die Themen, die uns an
dieser Stelle beschäftigen müssen.

Über dem Ganzen steht ganz zentral das Thema „Be-
wahrung der Schöpfung“. Uns als Union hat Fukushima
in der Tat mehr bewegt als Tschernobyl – nicht wegen
der Kategorie oder der Zahl der Opfer; beides ist gleich
erschütternd. Aber, lieber Kollege Gysi, das Reaktor-
unglück in Tschernobyl beruhte in der Tat ganz eindeutig
auf menschlichem Versagen und dem Versagen eines
menschenverachtenden Sowjetregimes.


(Beifall bei der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bis jetzt ging es ja!)


Fukushima in Japan hat eine andere Dimension. Wir
sehen ganz klar und deutlich die Probleme bei der Be-
herrschbarkeit dieser Technologie. Seien Sie versichert:
Wir werden uns dieser Thematik wohlüberlegt und ziel-
orientiert annehmen.

Vielen herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710607300

Der Kollege Hempelmann hat für die SPD-Fraktion

das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Rolf Hempelmann (SPD):
Rede ID: ID1710607400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Nüßlein, wer Ihre, wie Sie selbst sagen, auf Kon-
sens getrimmte Rede gerade gehört und in Erinnerung
hat, was Ihr Kollege Altmaier zu Beginn der Debatte ge-
sagt hat, wer außerdem weiß, wie Herr Kauder oder Herr
Brüderle oder Herr Röttgen zur Energiepolitik stehen,
weiß, wie breit das Meinungsspektrum zu diesen Fragen
allein in Ihrer Fraktion ist. Vielleicht wäre es an der Zeit,
dass Sie zunächst einmal in Ihren eigenen Reihen an ei-
nem Energiekonsens arbeiten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ulrich Kelber [SPD]: Aber nicht zu lange Zeit dafür nehmen!)


Die SPD-Bundestagsfraktion hat die Einsetzung eines
Sonderausschusses beantragt. Warum haben wir das ge-
tan?


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das fragen wir uns auch!)


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(C (D icht, weil wir die Rechte der anderen Ausschüsse bechneiden wollen – das bei Gott nicht. (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist aber das Ergebnis!)


Das ist nicht das Ergebnis. Hören Sie einfach einmal
u. Die vielen Einzelfragen, die es zu diskutieren gibt,
erden unter unterschiedlichsten Federführungen in den

inzelnen Ausschüssen diskutiert. Gerade bei Anträgen
ur Energiepolitik gibt es so lange Listen von federfüh-
nden bzw. mitberatenden Ausschüssen, wie sonst sel-
n. Vor diesem Hintergrund wollen wir zur Herstellung

ines Konsenses zu den zentralen energiepolitischen
ragen einen solchen Querschnittsausschuss bilden.
ort kann man diese Themen bündeln und zu Ergebnis-

en kommen. Detailfragen sind natürlich wieder in den
achausschüssen zu behandeln.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wir schließen Kollegen aus!)


Die SPD-Bundestagsfraktion hat nicht nur diesen
onderausschuss beantragt, sondern hat ein mehr als
0 Seiten umfassendes Energieprogramm vorgelegt, das
ine – ich betone: eine! – Grundlage für die Arbeit eines
olchen Sonderausschusses sein kann. Es ist ein Vor-
chlag, der aufzeigt, wie wir möglichst im Konsens
inen Weg finden können, den Umbau des Energiesys-
ms, der jetzt ansteht, gemeinsam zügig voranzubrin-
en.

Frau Höhn hat eben gesagt, dass es schon so etwas
ie einen gesellschaftlichen Konsens gibt. Die Men-

chen wollen beschleunigt aus der Kernenergie ausstei-
en und beschleunigt in das Zeitalter der erneuerbaren
nergien einsteigen; das ist unbestreitbar. Ich glaube
ber, dass es bei dem, was wir hier machen und was die
ffentlichkeit zu Recht von uns erwartet, um mehr geht.
s geht auch darum, einen Konsens darüber zu finden,
ie wir den zügigen Umbau des Energiesystems hin zu

inem System, das von erneuerbaren Energien dominiert
ird, gestalten sollen. Hierbei geht es nicht um triviale
ragen. Es geht beispielsweise darum, wie wir das mit
inem Höchstmaß an Versorgungssicherheit – und das zu
der Sekunde im Jahr – verbinden. Es geht natürlich um
ie Frage, wie wir das mit dem Ziel verbinden, zu ge-
ährleisten, dass Energie bezahlbar bleibt, Herr Gysi,
nd zwar nicht nur für die Industrie, sondern selbstver-
tändlich auch für den privaten Endverbraucher, für den
inzelnen Haushalt. Es geht auch um die Frage, wie wir
as so klimaverträglich wie möglich hinbekommen.

Diese Fragen erfordern eine Befassung im Detail und
ine Verständigung zum Beispiel darüber, wie wir es in
er Übergangsphase im Erzeugungsbereich mit Kohle-
nd Gaskraftwerken halten; das hat heute explizit noch
einer angesprochen. Darüber werden wir uns verständi-
en müssen. Wie halten wir es mit der Industrie, und
war nicht nur mit der Industrie, die wir als Zukunftsin-
ustrie titulieren, sondern mit all den anderen Unterneh-
en in unserem Land? Wer sich mit den Unternehmen in
eutschland auskennt, der weiß, dass wir eine hochver-
etzte Industrie haben, dass die Unterscheidung zwi-
chen Alt und Neu eher in die Irre führt und dass wir





Rolf Hempelmann


(A) )


)(B)

sehr stromintensive Unternehmen haben, für die Energie
bezahlbar bleiben muss. Diese Unternehmen sind die
Basis für Wertschöpfungsketten in unserem Land, die
nicht nur viele Arbeitsplätze sichern oder neue schaffen,
sondern die auch dafür sorgen, dass wir bei den Techni-
ken der erneuerbaren Energien weit vorne liegen.

Das sind Fragen, über die man dezidiert und qualifi-
ziert reden muss. Man muss das Ganze bündeln und ge-
meinsam wenigstens Leitlinien festgelegen. Wir haben
eine große Chance. Diese Chance sollten wir nicht unge-
nutzt lassen.


(Beifall bei der SPD)


Wer den Zeitplan bis zum Juni dieses Jahres betrachtet,
der hat Bedenken, dass die Koalitionsfraktionen diese
Chance mit uns gemeinsam hier im Parlament tatsäch-
lich nutzen wollen. Die Zeit, die uns am Ende bleibt, ist
vergleichbar mit dem, was im letzten Jahr bei der Lauf-
zeitverlängerung passiert ist. Diese Zeit reicht für eine
Kopfbewegung: Das kann man nur noch abnicken. Das
liegt weder im Interesse der Koalitionsfraktionen noch
im Interesse des gesamten Parlaments.


(Beifall bei der SPD)


Ich glaube, es ist falsch, zu sagen: Wir brauchen zu-
erst den gesellschaftlichen Konsens, und dann vollzie-
hen wir das im Parlament nach; dafür brauchen wir erst
einmal den Input einer Ethikkommission. – Ich will gar
nicht in Abrede stellen, dass dort vernünftige Leute zu-
sammensitzen. Es ist sicherlich auch interessant, was
dort besprochen wird. Aber wichtig ist die ethische
Frage. Sie hat uns geleitet. Sie war Grundlage für die
Entscheidungen zum Energiekonsens, zum Atomkon-
sens Anfang dieses Jahrtausends.


(Beifall bei der SPD)


Jetzt müssen die parlamentarische Befassung und die
Lösung der konkreten Fragen, die ich gerade angespro-
chen habe, im Mittelpunkt stehen.

Wir haben ein sehr seriöses Angebot unterbreitet, das
in anderthalb Jahren von meiner Fraktion erarbeitet wor-
den ist. Es wurde übrigens in einer Querschnittsarbeits-
gruppe „Energie“ vorbereitet, in der Vertreter von zehn
unterschiedlichen Fachausschüssen sitzen. Ich glaube,
dieses Querschnittsdenken hat sich bewährt. Lassen Sie
uns angesichts der zu beantwortenden Querschnittsfra-
gen auch im Parlament so verfahren und den vorgeschla-
genen Sonderausschuss einsetzen. Ich glaube, er bietet
die große Chance, dass wir zügig zu einer Verständigung
kommen. Alle Parteien, aber auch die Gesellschaft ins-
gesamt, können dabei nur gewinnen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710607500

Das Wort hat der Kollege Horst Meierhofer für die

FDP-Fraktion.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Horst Meierhofer (FDP):
Rede ID: ID1710607600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

h fand diese Debatte bislang in weiten Teilen wohltu-
nd und relativ entspannend, abgesehen von einigen
pitzen. Wir sollten versuchen, weitgehend Einigkeit da-
ber zu erzielen, wie wir die Bürger einbeziehen und
ie wir einen Wechsel hinbekommen können; das halte
h für eine vernünftige Sache. Hierüber müssen wir uns

rnsthaft Gedanken machen. Mir war nicht ganz klar,
arum Herr Steinmeier meinte, alle Fragen seien schon
eantwortet. Ich nehme für uns in Anspruch, dass jetzt
icht alle Fragen so beantwortet werden wie in der Ver-
angenheit. Man kann die Fragen mit gutem Gewissen
eu beantworten. Frau Höhn hat selber darauf hingewie-
en, dass sich seit Fukushima die Wahrnehmung der
estrisiken bei der Mehrheit der Bevölkerung verändert
at. Das nehme ich auch für mich in Anspruch.

Bei Tschernobyl wurde damals noch darauf verwie-
en, es handele sich ja um einen russischen Reaktortyp,
nd die UdSSR befinde sich gerade in der Endphase.
etzt sagen manche: Japan ist nicht vergleichbar, weil es
ort ein Erdbeben gab. – Das wussten wir aber vorher.
ll das führt zum Umdenken. Man sagt nun: Ein Land,
as technologisch ähnlich hoch entwickelt ist wie unse-
s – wenn auch nach internationalen Standards die japa-

ischen Kernkraftwerke nicht auf dem gleichen guten
tand sind wie die unseren –, hat mit Sicherheitsreserven
alkuliert. Diese haben aber nicht ausgereicht. Die
ealität hat das Ganze überholt. In einem solchen Fall ist
s nicht nur legitim, sondern dringend nötig, neu nachzu-
enken. Dazu dient das Moratorium.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dieses Moratorium leistet für mich einen Beitrag zu
ehr Glaubwürdigkeit und stellt keinen Kursschwenk

m 180 Grad dar; das bitte ich anzuerkennen. Es ist nicht
o, dass wir nicht wissen, was wir wollen. Wenn Sie das
anze nicht nur politisch ausnutzen wollen, sondern

uch Interesse an der Sache haben, wie es Herr
empelmann oder Frau Höhn gezeigt haben, dann wäre
h sehr erfreut, wenn wir gemeinsam die Fragen beant-
orten: Was hat sich jetzt verändert, und was sind un-

ere Schlussfolgerungen? – Ich bin mir relativ sicher,
ass wir zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen kom-
en werden, wenn es um die Fragen geht, wie viele Off-

horewindenergieanlagen, wie viele neue Kohlekraft-
erke und wie viele neue Gaskraftwerke wir benötigen
nd was das dann für den Gebäudebestand bedeutet.
enn wir mehr Gas verstromen, müssen wir überlegen,

b wir im Energiebereich im Hinblick auf Gebäude-
anagement und -sanierung noch mehr investieren sol-
n, damit dort weniger verbraucht wird.

Wir werden auch unterschiedlicher Meinung sein, wie
innvoll es ist, kurzfristig Strom aus anderen Ländern zu

portieren, weil wir das Leitungsnetz in Deutschland
icht so schnell ausbauen können. Bislang war unser
nsatz: Es macht für uns wenig Sinn, aus Frankreich,





Horst Meierhofer


(A) )


)(B)

Polen oder Tschechien Atom- oder Kohlestrom zu im-
portieren. Wir wollen angesichts unserer höheren Sicher-
heitsanforderungen dann lieber Strom selbst erzeugen.
Dieser Meinung sind wir weiterhin. Wir müssen aber hö-
here Sicherheitsstandards als Maßstab anlegen. Höhere
Sicherheitsstandards sind ebenfalls eine Folgerung aus
Fukushima. Für mich ist auch nicht klar, dass alle alten
Kraftwerke abgeschaltet bleiben. Möglicherweise ergibt
sich aus der Untersuchung, die wir jetzt durchführen,
dass die älteren Kraftwerke in einigen Punkten sicherer
sind als die neuen. So gibt es getrennte Stromkreisläufe
oder Sicherheitsreserven, die bei älteren Kraftwerken so
oft aktualisiert worden sind, dass sie besser sind als bei
den neueren. Das bedarf der genauen Untersuchung.

Herr Hempelmann, in der Diskussion über unser
Energiekonzept könnte man doch auch über das Energie-
konzept der SPD, das genauso ausführlich ist wie unse-
res, debattieren. Man muss nicht immer einen neuen
Ausschuss fordern und wieder von vorne anfangen. Bei
der Debatte über unser Energiekonzept haben wir erst-
mals nicht nur den Atomausstieg als Ziel gesetzt – koste
es, was es will –, sondern auch klar begründet, warum
wir Milliardenbeträge von den großen, bösen Energie-
versorgern, Herr Gysi, einkassieren. Wir haben aufge-
zeigt, wie man schneller auf die Erneuerbaren umsteigen
kann, und zwar auf einem Weg, der international durch-
setzbar ist, der nicht zu Verlagerungen von Unternehmen
und Arbeitsplätzen führt und der sicherstellt, dass wir in
Deutschland auch technologisch an der Spitze bleiben.
Ich bin überzeugt, dass diese Punkte vernünftig sind.
Wenn wir jetzt allerdings schneller aus der Kernkraft
aussteigen, dann fehlt etwas. Dann stellen wir fest, dass
der Strom teurer wird und dass wir mehr importieren
müssen. Sie können sagen: Das ist uns völlig egal. – Mir
ist das aber nicht egal, weil das dazu führt, dass die Si-
cherheit international nicht zunimmt, sondern abnimmt.

Wir brauchen andere Antworten. Der Strompreis darf
in Deutschland nicht so stark ansteigen. Anderenfalls
werden die Unternehmen versuchen – ob man das nun
wahrhaben will oder nicht –, auf dem internationalen
Markt den Strom vom günstigsten Anbieter zu bekom-
men. Das werden wir nicht verhindern können. Der gute
Wille, im eigenen Häuschen und im eigenen Garten alles
schön zu machen, ist das eine. Das andere ist, auf inter-
nationaler Ebene eine Energiewende einzuleiten. Dabei
müssen wir die Wirtschaftlichkeit gerade der strominten-
siven Industrie berücksichtigen. Eine Aluminiumhütte,
die Gewässer mit irgendwelchen roten Flüssigkeiten ver-
schmutzt, nutzt uns nichts. Wir müssen versuchen, das
Problem bei uns zu lösen.


(Beifall bei der FDP)


Dazu habe ich zu wenige Antworten gehört. Frau
Höhn, ich habe auch nicht gehört, wie es gelingen soll,
dass die erneuerbaren Energien grundlastfähig werden,
wenn wir nicht auch bereit sind, mehr Pumpspeicher-
kraftwerke zu bauen, wenn wir nicht bereit sind, die
Speichertechnologien hinsichtlich der Methanisierung
weiterzuentwickeln, und wenn wir nicht bereit sind,

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(C (D eim Thema Elektromobilität – Stichwort „Zwischenpeicher“ – voranzugehen. (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer bremst denn da?)


Wir brauchen technologische Antworten. Wir dürfen
icht nur sagen, was wir alles nicht wollen, sondern wir
üssen den Leuten auch offen sagen, welche Auswir-

ungen das hat, und diese Auswirkungen sind nicht nur
ngenehm.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


s ist eben nicht angenehm, eine 380-kV-Leitung vor der
ür zu haben. Auch ein Pumpspeicherkraftwerk im
chönen Schwarzwald ist keine angenehme Sache. Es ist
uch nicht angenehm, zu überlegen, woher der Strom
ünftig kommen soll, nachdem jetzt acht Kernkraft-
erke abgeschaltet wurden. Ich muss mir überlegen, wie

s weitergehen soll, wenn andere Kernkraftwerke in die
evision kommen. Diese Revision wollen ja alle, damit
s sicher ist. Vielleicht haben wir dann eine niedrigere
pannung im Netz, die dazu führt, dass die Sicherheit
er anderen Kernkraftwerke nicht mehr garantiert wer-
en kann.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Davon haben die keine Ahnung!)


eshalb sage ich: Ein sofortiges Abschalten können wir
ns nicht leisten, es sei denn, wir holen den Strom aus
essenheim, das 30 Kilometer von Freiburg entfernt ist,
der aus Temelin, das direkt an der Grenze zu Bayern
egt.

Wir müssen versuchen, gemeinsam zu einem Ergeb-
is zu kommen. Wir brauchen keinen neuen Ausschuss.
adurch, dass Wirtschafts- und Umweltausschuss betei-
gt sind, fließen die Meinungen der Umwelt- und Wirt-
chaftspolitiker der verschiedenen Fraktionen ein. Auch
ei Ihnen gibt es einen Unterschied zwischen Umwelt-
nd Wirtschaftspolitikern; das muss auch so sein. Wir
üssen gemeinsam zu einem Ergebnis kommen. Wir

rauchen keinen Ausschuss, der für mehr Öffentlichkeit
orgt. Gleichzeitig wird die Arbeit der Ethikkommission
der Öffentlichkeit ins Lächerliche gezogen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Werden die Ausschüsse denn da beteiligt?)


ir müssen uns schon darauf verständigen, dass wir ge-
einsam zu Ergebnissen kommen wollen. Das gilt übri-

ens auch für die Endlagerfrage.

Wenn Sie das Problem mit uns gemeinsam in Angriff
ehmen wollen, dann sorgen Sie bitte dafür, dass wir in
er Öffentlichkeit auch dann eine Mehrheit bekommen,
enn es um unangenehme Dinge wie die Kostenfrage,
ie Endlagerung oder Stromtrassen geht. Wenn uns das
elingt, machen wir wirklich einen großen Schritt nach
orne.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )


)(B)


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710607700

Der Kollege Oliver Krischer hat das Wort für

Bündnis 90/Die Grünen.


Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710607800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich bin froh, heute auch das eine oder andere nachdenk-
liche Wort aus den Reihen der Regierungsfraktionen ge-
hört zu haben.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Das hättest du uns nicht zugetraut!)


Diese Debatte unterscheidet sich wohltuend von anderen
Debatten, die wir sowohl vor als auch nach Fukushima
geführt haben. Diese Debatte unterscheidet sich auch
wohltuend von dem, was wir im November letzten Jah-
res erlebt haben, als Sie hier die Laufzeitverlängerung
beschlossen haben. Das Energiekonzept, das Sie damals
beschlossen haben, haben Sie als Jahrhundertwerk, als
epochales Machwerk, als leuchtenden Pfad bezeichnet.
Was habe ich damals nicht alles gehört! Es ist gut, dass
Sie jetzt einsehen, dass Ihr Energiekonzept, dessen Kern
die Laufzeitverlängerung ist – die Atomkraft sollte an-
geblich eine Brücke hin zu den erneuerbaren Energien
darstellen –, in sich zusammengefallen ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Nicht „angeblich“! Das steht da schwarz auf weiß geschrieben!)


Wir haben – das ist völlig richtig – in der Gesellschaft
einen breiten Konsens: Raus aus der Atomkraft, rein in
die erneuerbaren Energien. Die Frage ist jetzt doch nur:
Sind wir, sind Sie, die Koalition und die Regierung, in
der Lage, diesen Konsens umzusetzen? Das ist die ent-
scheidende Frage, die wir jetzt stellen müssen.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Und machen Sie dabei mit? Das ist auch eine spannende Frage!)


– Darauf komme ich jetzt zu sprechen. – Ich habe da
große Zweifel. Wir haben die Bundesregierung einmal
konkret gefragt, welche Maßnahmen ihres Energiekon-
zepts sie außer der Laufzeitverlängerung umgesetzt hat.
Die Antwort war entwaffnend ehrlich: Nichts. Außer der
Laufzeitverlängerung haben Sie in den letzten Monaten
keine andere Maßnahme ergriffen. Deshalb zweifelt die
Gesellschaft daran, dass Sie den Konsens „Raus aus der
Atomkraft, rein in die erneuerbaren Energien“ umsetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Röttgen und Herr Brüderle haben einen Sechs-
Punkte-Plan vorgelegt. Er enthält viel Lyrisches, viele
Ankündigungen, viel Unkonkretes, aber auch manches
Richtige. Ich habe aber erhebliche Zweifel daran, dass
das ernst gemeint ist. Statt weitere Pläne vorzulegen und
Konzepte zu entwickeln, sollten Sie endlich Maßnahmen
ergreifen. Es gibt viel Konkretes, was Sie machen könn-
ten. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen.

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(C (D In Deutschland gibt es Planungen für Windkraftanlaen in der Größenordnung von 1 400 Megawatt. Diese nlagen werden nur deshalb nicht gebaut, weil die Buneswehr das verhindert. Sie sagt, dass diese Anlagen das adar stören würden. Das ist absurd; denn das Radar im ereich des zivilen Luftverkehrs und das Radar der amekanischen Streitkräfte wird dadurch nicht gestört. Der undesumweltminister müsste nur einmal mit dem Veridigungsminister reden, um dieses Problem zu lösen. as könnten Sie sofort tun. Damit könnten Sie deutlich achen, dass Sie bereit sind, zu handeln. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich nenne das Beispiel Onshorewindenergie. Der
undesverband Wind-Energie hat vor einigen Tagen
ine Studie vorgelegt, die zeigt, dass wir, wenn wir die
iele von Nordrhein-Westfalen und Brandenburg, näm-
ch 2 Prozent der Landesfläche – das ist wirklich nicht
iel – für Windenergie zu nutzen, zugrunde legen wür-
en, die installierte Leistung in Deutschland fast ver-
chtfachen könnten. Aber – ich schaue in Richtung
nionsfraktion und FDP-Fraktion – wer blockiert denn
den Ländern den Ausbau der Windenergie? Wer ist

as? Überall sind es Union und FDP, die blockieren.
ier könnten Sie sofort aktiv werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Besuchen Sie einmal Niedersachsen!)


Dann besuchen Sie einmal Nordrhein-Westfalen, Bay-
rn und Baden-Württemberg; dort sehen Sie, dass die
nion an vorderster Front bei den Blockierern steht.


(Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Seite an Seite mit Ihren Kollegen!)


Ein anderes Beispiel: die Kraft-Wärme-Kopplung. In
er Großen Koalition wurde beschlossen, dass sie einen
nteil von 25 Prozent an der Stromversorgung haben

oll. In Ihrem alten Energiekonzept taucht das überhaupt
icht mehr auf. Wir haben gemeinsam mit den Kollegen
on der SPD viele Vorschläge gemacht, wie wir die
raft-Wärme-Kopplung voranbringen können. Greifen
ie das auf! Das brauchen Sie nur umzusetzen. Dafür
raucht man keine Kommissionen und keine Debatten.
as können Sie, wenn Sie es politisch wollen, sofort
msetzen. Tun Sie es einfach! Das wäre richtig, um raus
us der Atomkraft und rein in die erneuerbaren Energien
nd Energieeffizienztechnologien zu kommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen: Energie-
parfonds, Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz, CO2-Ge-
äudesanierungsprogramm, Energieleitungsausbauge-
etz. Es gibt etliche Projekte, die wir anpacken können.
ie müssen es einfach nur tun, statt die Schuld – Herr
eierhofer, das habe ich eben bei Ihnen trotz aller Nach-

enklichkeit wieder herausgehört – immer auf andere zu
chieben. Sie müssen handeln.





Oliver Krischer


(A) )


)(B)


(Horst Meierhofer [FDP]: Wir müssen in der Zukunft zusammenarbeiten! Da müssen Sie mithelfen!)


Sie müssen den Menschen deutlich machen, dass Sie es
mit der Energiewende ernst meinen. Sonst werden Sie
scheitern und den Konsens, den es in der Gesellschaft
gibt, nicht umsetzen. Das wäre das falsche Signal. Sor-
gen Sie für Konsens! Zeigen Sie, dass Sie ernsthaft han-
deln und nicht nur die Schuld auf andere schieben wol-
len!


(Horst Meierhofer [FDP]: Sie auch!)


– Auch wir handeln, Herr Meierhofer.


(Horst Meierhofer [FDP]: Gut! – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Da sind wir aber gespannt! An ihren Taten müsst ihr sie messen!)


Zum Schluss noch einen kurzen Satz zum Energie-
konzept der SPD. Ich habe darin viel Gutes und Richti-
ges gelesen. Vieles deckt sich mit dem, was meine Frak-
tion im Herbst letzten Jahres vorgeschlagen hat; da gibt
es große Gemeinsamkeiten. Aber bei einem Punkt kann
ich Ihnen nicht folgen: Nach wie vor reiten Sie das alte
Grubenpony vom nationalen Steinkohlensockel.


(Heiterkeit der Abg. Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und des Abg. Michael Kauch [FDP])


Sie sind nicht bereit, sich von dieser Technologie zu ver-
abschieden. Meine Damen und Herren von der SPD, das
ist einfach nicht zukunftsweisend. Darunter sollten Sie
einen Schlussstrich ziehen. Gestern haben wir hier im
Parlament beschlossen, dass mit dem Steinkohlenberg-
bau in Deutschland, dass mit den Milliardensubventio-
nen Schluss ist. Ein ehrlicher Schritt ins 21. Jahrhundert
wäre bei Ihnen also angebracht.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulrich Kelber [SPD]: Genau! Das ist ein super Modell für Verkehr! Das ist die Realität von Oliver Krischer!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710607900

Jens Koeppen hat das Wort für die CDU/CSU-Frak-

tion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Jens Koeppen (CDU):
Rede ID: ID1710608000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich habe mich mein ganzes Berufsleben lang mit Ener-
giefragen beschäftigt, insbesondere mit elektrotechni-
scher Energie. Das ist natürlich nicht verwunderlich, da
ich Elektrotechniker bin. Ich möchte einmal auf die Fa-
cetten dieser Energieform eingehen. Eine Facette ist na-
türlich die Energieerzeugung. Eine andere Facette ist die
Energieverteilung; dies ist sehr spannend. Eine weitere
Facette ist die Energienutzung direkt beim Verbraucher.
Seit Mitte bzw. Ende der 90er-Jahre sind die erneuerba-

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(C (D n Energien und dann die Energieeffizienz hinzukomen. Ich habe festgestellt, dass die Verstromung der Ge ellschaft jahrzehntelang – trotz aller Energieeffizienz, otz aller Einsparungen – immer zugenommen hat. Ich rophezeie, dass das auch in Zukunft so sein wird, weil ir – die Erklärung ist ganz einfach – viele neue Anwenungen, viele neue Geräte und insbesondere auch die lektromobilität nutzen werden. Deswegen wird der Anil des Stroms an der Energie eher zunehmen als abnehen. Das müssen wir vor dem Hintergrund von Japan eachten. Natürlich stellen die Ereignisse in Japan eine Zäsur ar. Ich spreche niemanden hier im Hohen Hause die mpathie für Japan ab, auch nicht die guten Absichten. h glaube, das Ziel ist uns allen klar: Wir wollen in das eitalter der regenerativen Energien, der erneuerbaren nergien, aber insbesondere in das Zeitalter der alternaven Energien. Wir sollten uns hier nicht einschränken. ur, heute ist wieder einmal deutlich geworden, dass der eg und die Zeitschiene nicht ganz klar sind. Ich bin ir nicht sicher, ob ein Sonderausschuss dieses Problem tztendlich lösen wird. Nach der Zäsur in Japan, die wir alle erleben mussten, üssen wir neu nachdenken. Wir müssen neu justieren nd die Sorgen der Menschen ernst nehmen. Nachdenen bedeutet aber nicht, dass wir das Denken einstellen ollten. (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Nein! Das Gegenteil!)


(Beifall des Abg. Horst Meierhofer [FDP])


s bedeutet nicht, dass wir in Aktionismus verfallen
ollten. Es bedeutet auch nicht, dass wir populistisch
andeln sollten. Es darf erst recht nicht bedeuten, dass
ir das Leid der Japaner und die Katastrophe, die sich

reignet hat, für unseren partikularen Egoismus aus-
chlachten. Das darf nicht passieren.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich möchte darauf hinweisen – das sage ich an dieser
telle immer wieder –: Dieses Nachdenken muss natür-
ch ergebnisoffen sein – sonst braucht man nicht nach-
udenken –, und es muss technikoffen sein. Wir dürfen
ns Techniken, die vielleicht noch nicht hinreichend er-
rscht sind, nicht verschließen.

Die Akzeptanz von Kernkraftwerken ist in der deut-
chen Gesellschaft nicht mehr vorhanden; in Umfragen
prechen sich 86 Prozent der Befragten dagegen aus.
etzt müssen wir die Frage beantworten: Welche Folgen
ätte es, wenn wir 8 oder 17 Anlagen abschalten wür-
en? Dabei geht es nicht um die Folgen in 50 Jahren
natürlich wird in unserer Gesellschaft bis dahin einiges

assiert sein –, auch nicht um die Folgen in 20 Jahren
der in 15 Jahren. Die Frage, die ich stelle, lautet: Wel-
he Folgen hätte der Ausstieg hier und heute, im
pril 2011? Diese Frage müssen wir beantworten. Dass
ir bereit sind, aus der Kernenergie auszusteigen, habe
h von allen Seiten gehört. Sind wir gleichzeitig aber

uch bereit – lassen wir die Merit Order einmal außen
or –, seit dem 17. März dieses Jahres jeden Tag 6 kW





Jens Koeppen


(A) )


)(B)

andere Energie – möglicherweise Kernenergie aus
Frankreich und Temelin in Tschechien – einzukaufen?


(Ulrich Kelber [SPD]: Was? 6 kW? Das wäre aber nicht viel! Sind Sie da sicher?)


Wenn wir dazu bereit sind, Herr Kelber, dann sollten wir
den Menschen dies sagen; das sollten auch Sie tun.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meinen Sie wirklich 6 kW? 6 Kilowatt?)


– Gigawatt! Der nächste Punkt. Wir legen ein Netzaus-
baubeschleunigungsgesetz vor. Sind wir bereit, sind Sie
bereit, in den Wahlkreisen dafür zu sorgen, dass so
schnell wie möglich 4 500 Kilometer neue Leitungen ge-
baut werden?


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wird ja immer mehr!)


– Ja.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! 3 500! – Ulrich Kelber [SPD]: Ich denke, es sind nur 250 Kilometer erforderlich!)


Ich beziehe mich auf die dena-Netzstudie I und die
dena-Netzstudie II, meine Damen und Herren; Sie müs-
sen diese Studien auch einmal lesen. Diese Zahl gilt üb-
rigens nur dann, wenn der Anteil erneuerbarer Energien
lediglich 38 Prozent beträgt. Wenn wir einen höheren
Anteil erneuerbarer Energien wollen, wird sich die
Länge der benötigten Leitungen sogar verdoppeln.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Koeppen, das ist jetzt aber ein bisschen daneben!)


Meine Damen und Herren, ich frage Sie: Sind wir
letztendlich auch bereit, den Zubau erneuerbarer Ener-
gien zuzulassen? Sie haben gerade gesagt, wir seien da-
gegen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710608100

Herr Kollege, möchten Sie eine Frage von Herrn Ott

zulassen?


Jens Koeppen (CDU):
Rede ID: ID1710608200

Selbstverständlich.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710608300

Bitte schön.


Dr. Hermann E. Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710608400

Herr Kollege Koeppen, vielen Dank. – Das Grundge-

setz verlangt von uns Abgeordneten keine spezifische
und vertiefte Sach- oder gar Fachkenntnis; das ist auch
gut so.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Aber auch schade!)


Aber die Achtung vor dem Grundgesetz und der Respekt
vor unserer Stellung als Abgeordnete erfordern, dass

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(C (D an sachgerechte Informationen aufnimmt und hier im arlament wiedergibt. Sie haben gerade eine Horrorzahl enannt und gesagt, angeblich seien 4 500 Kilometer eue Hochspannungsleitungen erforderlich. Bisher war mer von einer Länge von 3 600 Kilometern die Rede; as ist die Zahl, die von der dena bzw. von der beteilign Industrie genannt wurde. Diese Zahl ist die Wunsch ahl einiger Unternehmen. (Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Ach! Das ist doch Quatsch! Sie haben ja keine Ahnung!)


Ist Ihnen bekannt, dass eine Untersuchung im Auftrag
es Wirtschaftsministeriums, also für Herrn Brüderle,
erade zu dem Schluss gekommen ist, dass vielleicht nur
50 Kilometer neue Hochspannungsleitungen gebraucht
erden?


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Was? Nur 250 Kilometer? – Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Wie bitte? Was sagen Sie da?)


nsonsten ist in seriösen Schätzungen von einer Länge
on 1 000 bis 1 500 Kilometern die Rede. Operieren Sie
itte nicht immer mit Horrorzahlen, die die Leute nur
erschrecken und Angst vor den hohen Kosten machen
ollen!


Jens Koeppen (CDU):
Rede ID: ID1710608500

Sie haben sicherlich die dena-Netzstudie I gelesen.
ir haben – Herr Hempelmann war aktiv dabei – in der

ergangenen Legislaturperiode um 850 Kilometer ge-
tritten.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 6 Kilowatt hat er gesagt!)


on diesen 850 Kilometern sind nicht einmal 100 Kilo-
eter gebaut worden. Bei einem Anteil der erneuerbaren
nergien von 38 Prozent werden laut dena-Netzstudie II
600 Kilometer Leitungen benötigt. Wir müssen aber

ie anderen Leitungen, die in der Netzstudie I genannt
erden, noch hinzunehmen. Dann kommen wir auf die

ben genannten 4 500 Kilometer. Das ist keine Horror-
ahl, sondern eine ganz realistische Zahl. Das hat die
ena uns in den letzten Tagen erneut bestätigt.


(Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit der Studie des Wirtschaftsministeriums?)


o viel zum Netzausbau, den wir vornehmen müssen.

Herr Krischer hat gesagt, dass wir nicht bereit sind,
en Zubau von erneuerbaren Energien zuzulassen. In
einem Wahlkreis geht es übrigens um 2,3 Prozent der
gionalen Planungsfläche. Da stellt sich der NABU in

ie vorderste Reihe der Bewegung, die zum Ziel hat, den
au von Windenergieanlagen zu verhindern. Als Bun-
esvereinigung sagt der NABU Ja zum Wind, vor Ort
ber Nein. So kann es nicht gehen.

Die Kosten – wir haben das immer wieder angespro-
hen – sind bei 46 Cent Steuern und Abgaben ein großes
roblem. Wir müssen bedenken: Können wir es den





Jens Koeppen


(A) )


)(B)

Menschen zumuten, letztendlich noch mehr auf den
Strompreis draufzusatteln,


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine Horrorzahlen, Herr Koeppen!)


oder soll es der Staat machen? Soll es – ich erinnere an
unsere Schuldenbremse – dann letztendlich der Steuer-
zahler übernehmen, wie es heute Frau Nahles im Früh-
stücksfernsehen gesagt hat? Wir müssen auf jeden Fall
darauf achten, dass die Belastung der Privathaushalte
nicht zu groß wird und dass auch die Industrie nicht zu
sehr belastet wird; denn wenn die Industrie wegbricht,
bedeutet das gleichzeitig den Wegfall von Arbeitsplät-
zen.

Wir müssen bereit sein, neue Gaskraftwerke zu
bauen. Ich bin einmal gespannt, wie Sie das durchsetzen
wollen. Wir müssen außerdem neue Pipelines bauen.
Ferner müssen wir bereit sein, neue Kohlekraftwerke zu
bauen und CCS zuzulassen. Die Kraftwerke müssen
nach einer EU-Richtlinie CCS-ready sein. Ich bin ge-
spannt, was da passieren wird.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Aber nur in Brandenburg nach eurem Gesetz!)


Natürlich müssen wir auch sehen, ob wir letztendlich die
hohen Klimaschutzziele einhalten können.

Natürlich können wir über das alles in den Ausschüs-
sen beraten. Aber, meine Damen und Herren von der
SPD, ich weiß nicht, ob ein Sonderausschuss wirklich
das richtige Instrument ist. Es sollen Kompetenzen aus
den Ausschüssen, die jetzt damit befasst sind – das sind
der Umweltausschuss und der Wirtschaftsausschuss –,
abgezogen werden, um einen neuen Ausschuss einzuset-
zen, der noch nicht einmal bei einem Ministerium ange-
siedelt ist. Dann müssen wir einen Schritt weitergehen
und sagen: Wir brauchen auch auf administrativer Ebene
ein Ministerium – das könnte vielleicht das Innenminis-
terium sein –, bei dem alles gebündelt wird. Die Kompe-
tenzen wären dann nicht im Umwelt-, Wirtschafts- oder
Verbraucherschutzministerium, sondern woanders ge-
bündelt, vielleicht in einem Energieministerium. Eine
Ansiedlung des von Ihnen geforderten Sonderausschus-
ses dort wäre dann logisch und sinnvoll. Vielleicht soll-
ten wir darüber nachdenken. Ich bin gerne dazu bereit.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710608600

Der Kollege Dr. Matthias Miersch hat das Wort für

die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Matthias Miersch (SPD):
Rede ID: ID1710608700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich möchte auf eine ganz elementare Frage zu sprechen
kommen, die mir in vielen Wortbeiträgen ein bisschen zu
kurz gekommen ist: Welchen Stellenwert haben wir als
Parlamentarier eigentlich nach der deutschen Verfas-
sung? Ich war erschrocken, als ich die Rede von Herrn

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(C (D ltmaier gehört habe; denn seine Beschreibung dieses tellenwerts stellt eine Abwertung des deutschen Parlaents dar. Das kann nicht Realität in diesem Hause sein. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich führe viele Gespräche und sehe in Ihre Gesichter.
h glaube, dass viele – auch von Ihnen – über die aktu-

lle Situation sehr unglücklich sind; denn sie haben im
tzten Herbst erlebt, dass ein Gesetz eigentlich ohne Be-
tung durchgepeitscht worden ist und dass der Bundes-
gspräsident dies ausdrücklich kritisiert hat. Nun droht

ine Wiederholung dieses Vorgangs. Das darf nicht pas-
ieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich bin der festen Überzeugung, dass Sie die Verfas-
ung bei der elementaren Frage der Energieversorgung
er Zukunft auf den Kopf stellen. Diese Regierung for-
uliert neue Dinge, die es in der deutschen Verfassung

icht gibt.

Fangen wir mit dem sogenannten Moratorium an. Wo
teht in der Verfassung, dass der Deutsche Bundestag
lötzlich ein Moratorium verhängen und aufhören kann,
u denken? Das kann doch nicht die Wahrheit sein!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie verweisen darauf, dass Sie hier regelmäßig, wö-
hentlich über das Thema diskutiert haben. Warum?
eil die Oppositionsfraktionen Anträge zu diesem

hema gestellt haben. Von Ihnen kommt aber nichts.
as ist die Wahrheit.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Als Nächstes ist verfassungsrechtlich hochproblema-
sch, dass diese Bundesregierung im Herbst einen Deal
it vier Energiekonzernen gemacht und einen Kaufver-
ag geschlossen hat, dessen Rechtsform bis heute ver-
ssungsrechtlich überhaupt nicht klar ist; denn Sie ha-

en ein Gesetz für eine Einzahlung in den Fonds zur
örderung regenerativer Energien verkauft. Ich glaube,
s ist in der deutschen Geschichte ein einmaliger Vor-
ang, dass jetzt vier Konzerne sagen: Wir haben uns
war vertraglich verpflichtet, aber das Gesetz „kippt“,
nd deswegen stoppen wir die Zahlungen. Deswegen:
iederholen Sie diesen Fehler nicht, sondern führen Sie

iese Debatte im Deutschen Bundestag. Das darf dieser
egierung nicht alleine überlassen bleiben.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was haben wir in der letzten Sitzung des Umweltaus-
chusses miteinander besprochen? Der Vorsitzende der
eaktor-Sicherheitskommission war dort und hat über
en Zwischenstand berichtet. Er hat gesagt, die Ent-
cheidung darüber, welche Szenarien anzunehmen sind,
erde nicht von der Reaktor-Sicherheitskommission ge-
offen, sondern Sie würden der Ethikkommission eine





Dr. Matthias Miersch


(A) )


)(B)

entsprechende Empfehlung vorlegen. Was passiert da ei-
gentlich im Kanzleramt?

Es ist zu lesen, dass die Ethikkommission am
28. April 2011 eine Anhörung durchführen will. Gehö-
ren diese Anhörungen nicht in den Deutschen Bundes-
tag? Dann könnten wir uns eine Meinung bilden.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Natürlich! Beantragen Sie doch eine! – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Beides!)


– Sie sagen „beides“. Was haben wir in der letzten Sit-
zung des Umweltausschusses besprochen? Auf der
Grundlage unserer Gesetzentwürfe haben wir mit Ihnen
besprochen, dass wir jetzt die Sachverständigenanhö-
rung über diese Gesetzentwürfe wollen. Was haben Sie
vorgeschlagen? Sie haben vorgeschlagen, am 27. Juni
2011 eine Anhörung durchzuführen, obwohl Sie wissen,
dass dieses Gesetz Ende Juni „stehen“ soll. Dadurch of-
fenbaren Sie doch alles.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Fehlinformation! 6. Juni 2011! – Dr. Georg Nüßlein [CDU/ CSU]: 6. Juni 2011!)


Weil Sie gemerkt haben, dass Sie nun wirklich völlig da-
nebenliegen, haben Sie sich korrigiert, sodass wir diese
Anhörung, Herr Nüßlein, jetzt in der Tat am 6. Juni 2011
durchführen.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Aha! Also doch kein Zeitdruck!)


Ich sage Ihnen: Was könnten wir in diesen Wochen al-
les klären! Die Abschaltung, die Rücknahme der Lauf-
zeitverlängerung, das Inkraftsetzen des Kerntechni-
schen Regelwerks: All dies wäre problemlos möglich,
weil die unterschiedlichen Sachverständigen in den An-
hörungen im Herbst alle Fakten auf den Tisch gelegt ha-
ben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Weil Sie diesen Sonderausschuss abgelehnt haben,
sollten Sie die Osterpause noch einmal dafür nutzen,
sich das durch den Kopf gehen zu lassen; denn ich
glaube, dass wir dieses große Problem tatsächlich nur lö-
sen können, wenn wir interdisziplinär an dieses Thema
herangehen.

Herr Koeppen, das Beispiel von den Netzen war rich-
tig, aber die Antwort auf die Frage, wie viele Netze wir
wirklich brauchen, hängt zum Beispiel elementar von
dem zukünftigen Energiemix ab. Deswegen müssen wir
diese Frage beantworten, und ich behaupte: Wir brau-
chen viel, viel weniger Netze. Diese Debatte gehört in
den Sonderausschuss.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Abschließend noch eines: Auch über die Finanzen nd die Kosten würde ich gerne in aller Öffentlichkeit in iesem Sonderausschuss sprechen. Werfen wir vielleicht inen Blick auf die volkswirtschaftlichen Kosten der Suer-GAUs in Fukushima und Tschernobyl, die bis jetzt weils 300 Milliarden Euro betragen. Was sind dagegen ie Kosten, die jetzt für den Sonderausschuss auf uns zuämen? Sie sind ein Klacks. Deswegen wünsche ich mir, ass es diesen Sonderausschuss gibt und wir hier chnellstmöglich zu einem überparteilichen Konsens ommen. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710608800

Der Kollege Andreas Lämmel hat jetzt das Wort für

ie CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Andreas G. Lämmel (CDU):
Rede ID: ID1710608900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

enn man die Debatte verfolgt hat, dann kann man fest-
tellen: Abgesehen von der Rede des Herrn Kollegen
ysi, der alles weiß, alles schon durchdacht und im Vo-
us bestimmt hat, war es eine sehr interessante Debatte,
eil alle Fraktionen deutlich gemacht haben, dass die
nergiepolitik kein ausschließliches Thema von
chwarz, Rot, Grün, Weiß oder Gelb, sondern ein hoch-
omplexes Thema ist, in das sehr viele Fachpolitiken hi-
einspielen.

Wir stehen vor komplizierten Herausforderungen.
as Problem ist, dass erst die Koalition im letzten
erbst überhaupt ein Energiekonzept vorgelegt hat. Rot-
rün hat jahrelang einen Energiedialog geführt. Es wur-
en Berge von Studien verfasst, aber das Ergebnis war
ull.

Wir haben als CDU/CSU-FDP-Koalition erstmalig
in Konzept vorgelegt.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Das jetzt zur Disposition steht!)


aran kann man zwar Kritik üben – das mag schon sein;
s war schließlich das Konzept der Koalition –, aber wir
aben immerhin ein Konzept vorgelegt.

Jetzt kommen Fragen auf: Muss dieses Energiekon-
ept jetzt weg? Müssen wir völlig neu diskutieren?
eine Antwort darauf ist: Nein, das Konzept muss nicht
eg.

Ein Mitglied der Ethikkommission hat uns letzte Wo-
he mit auf den Weg gegeben, dass man in der Diskus-
ion bestehende Risiken nicht durch neue Risiken erset-
en soll.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710609000

Herr Kollege, möchten Sie das Risiko einer Zwi-

chenfrage der Kollegin Bulling-Schröter eingehen?






(A) )


)(B)


Andreas G. Lämmel (CDU):
Rede ID: ID1710609100

Im Moment nicht. – Wenn man in Zeiten des Aktio-

nismus und der Hysterie Entscheidungen trifft, ist die
Gefahr groß, dass sie sich letzten Endes als Risiko he-
rausstellen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Kollege Dr. Miersch, Sie haben gesagt, dass wir
ein Moratorium verkünden und aufhören, zu denken. –
Das ist ja wohl der größte Hohn. Das Moratorium ist ge-
rade deswegen in Kraft gesetzt worden, um nachzuden-
ken, den neuen Gegebenheiten Rechnung zu tragen und
uns zu fragen, wo die Stellschrauben sind und was wir
tun müssen, um auch gesellschaftlich voranzukommen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Rolf Hempelmann [SPD]: Das können wir auch ohne Moratorium machen!)


Ich denke, wir haben jetzt eine einmalige Chance.
Auch das hat sich deutlich gezeigt. Sie waren früher ei-
ner der strengen Kritiker der Koalition, Frau Höhn. Aber
ich habe aus Ihren Worten deutlich gehört, dass auch bei
den Grünen das Nachdenken darüber angefangen hat,
wie eine zukünftige Energiepolitik aussehen kann.


(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben aber schon vorher gedacht! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir denken darüber schon etwas länger nach als Sie!)


Denn Sie wissen selbst ganz genau, Frau Höhn: Es ist
eben nicht mit einem „Raus aus der Atomenergie, rein in
die Regenerativen, und die Welt ist heil“ getan.


(Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagen wir schon seit einer ganzen Weile!)


Denn die Probleme, die wir jetzt zu bearbeiten haben
– dazu kommen wir noch –, sind viel schwerwiegender.

Deutschland ist keine Insel der Glückseligen. Wir
müssen darauf achten, dass wir mit den Korrekturen am
Energiekonzept auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig
bleiben. Es nützt uns nichts, wenn wir die sauberste Luft,
das grünste Gras und den teuersten Strom, aber keine
Arbeitsplätze mehr haben.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie schon gehört, wie viele Arbeitsplätze in den Erneuerbaren entstehen?)


Das alles unter einen Hut zu kriegen, ist, wie Sie wissen,
nicht eine Sache von einer Woche; es geht vielmehr um
die Frage, wie man jetzt in der Gesellschaft den Konsens
über den richtigen Weg herbeiführen kann.

Es geht ganz entscheidend um die Kosten der künfti-
gen Energieversorgung. Man kann darüber streiten. Ich
bin gegen Zahlenspiele. Ob 0,5 Cent, 0,1 Cent, 0,8 Cent
oder 2 Cent: Keiner weiß genau, was die Stromversor-
gung in Deutschland in drei, fünf oder zehn Jahren kos-
ten wird. Eines steht fest: Es wird nicht billiger.

Das Konzept der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion
sah den schnelleren und starken Einstieg in die Welt der
erneuerbaren Energien vor.

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(C (D (Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Einen langsameren!)


ber was hat sich denn zum Beispiel im Bereich der
ffshorewinderzeugung gezeigt? Es gab technische Pro-
leme, finanzielle Probleme und Akzeptanzprobleme.
ie wissen genau, dass es nicht darum geht, heute einen
eschluss zu fassen, den man morgen realisiert, und in
rei Tagen ist die Welt wieder heil.

Heute früh wurde im Deutschlandfunk eine Repor-
ge über Windkraft gesendet. Es ging darum, dass sich
ie Bevölkerung im Raum Bremen massiv gegen Wind-
raft ausgesprochen hat, weil sie ihre Lebensqualität be-
roht. Sie wissen also ganz genau, dass es diese Pro-
leme vor Ort gibt.

Kommen wir zum Planungsrecht. Ja, wir müssen das
lanungsrecht ändern. Ich erinnere an die Diskussion
ber das Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz.
as gab es in einer leicht lesbaren, dünnen Version für
en Aufbau Ost. Dann wollten wir dieses Gesetz – das
ar Konsens – auf Gesamtdeutschland anwenden, um
frastrukturinvestitionen zu beschleunigen. Was dabei

erausgekommen ist, wissen Sie selbst. So sieht die
ahrheit aus, und die Wahrheit ist immer konkret.

Das betrifft auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz.
ie wissen ganz genau: Wenn wir noch stärker in den
usbau der regenerativen Energien einsteigen, dann
üssen wir auch die Mechanismen des EEG überden-

en. Nicht umsonst haben Italien, Frankreich und Spa-
ien – Spanien schon vor einem Jahr – das EEG ge-
toppt.


(Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Wir werden es aber nicht stoppen, Herr Kollege!)


iese Dinge müssen diskutiert werden.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Habe ich Sie richtig verstanden? Sie wollen das EEG stoppen? – Gegenruf des Abg. Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Das haben Sie falsch verstanden!)


Der schnelle Ausbau der Stromnetze ist schon disku-
ert worden. Es ist nicht so einfach, heute in Deutsch-
nd Stromleitungen zu verlegen. Es geht nicht um 3 000
der 3 500 Kilometer Stromleitungen, sondern es wäre
ut, wenn wir wenigstens 1 000 Kilometer verlegt hät-
n.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ie Fragen, die sich uns stellen, sind wirklich schwer zu
eantworten.

Ich will noch ein Thema anschneiden: Smart Grids,
lso intelligente Stromnetze. Auch Sie wissen, dass in
olland und Kalifornien die Einführung von intelligen-
n Stromzählern am Widerstand der Bevölkerung ge-

cheitert ist. Wir dürfen also auch in diesen Fragen nicht
eologisch handeln und das einfach durchziehen, son-

ern wir müssen der Bevölkerung das Thema vermitteln.
azu brauchen wir aber keinen Sonderausschuss. Der
onderausschuss, den die SPD gerne möchte, soll
7 Abgeordnete als Mitglieder haben. Darin würden von





Andreas G. Lämmel


(A) )


)(B)

den Grünen wahrscheinlich zwei Abgeordnete sitzen, si-
cher Frau Höhn und noch jemand.


(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das entscheiden wir immer noch selber!)


Von den Linken würde wahrscheinlich Herr Gysi und
noch jemand darin sitzen. Herr Gysi als oberschlauer
Besserwisser würde sicherlich große Beiträge zu einem
Energiekonzept beisteuern. Daran können Sie doch
schon sehen, dass Sie mit diesem Antrag die Diskussion
auf einen kleinen Kreis von Abgeordneten verengen.
Wir wollen genau das Gegenteil.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Wir haben nichts dagegen, wenn Sie den Ausschuss größer machen!)


Wir wollen die Diskussion auf einer breiten Grundlage
führen. Es sollen nicht nur Wirtschaftspolitiker und Um-
weltpolitiker die Energiepolitik gestalten; denn das ist
ein Querschnittsthema. Deswegen ist aus unserer Sicht
dieser Spezialausschuss nicht geeignet.


(Rolf Hempelmann [SPD]: Was ist denn Ihr Vorschlag?)


– Herr Hempelmann, ich kenne Ihre Überlegungen dazu. –
Ich frage Sie: Wie kann man ins Gespräch kommen und
zu einem Konsens gelangen? Wir sind da nicht so weit
auseinander. Ich habe aber noch nie gehört, dass die SPD
zu anderen Themen einen Sonderausschuss wollte.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir sind der Auffassung, dass wir keinen Sonderaus-

schuss brauchen. Wir brauchen vielmehr eine breite Dis-
kussion hier im Hause und in der Öffentlichkeit. Deswe-
gen werden wir den SPD-Antrag in die Ausschüsse
überweisen. Dort können wir uns darüber unterhalten, ob
es vielleicht andere Ideen gibt, wie man eine konsens-
orientierte Energiepolitik betreiben kann.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710609200

Ich schließe die Aussprache.

Es ist verabredet, die Vorlagen auf den Druck-
sachen 17/5473 und 17/5481 an die Ausschüsse zu über-
weisen, die Sie in der Tagesordnung finden. – Damit
sind Sie einverstanden. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf:

– Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre-
gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Neuregelung mautrechtlicher Vorschriften
für Bundesfernstraßen
– Drucksache 17/4979 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-
ses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

(15. Ausschuss)


– Drucksache 17/5519 –
Berichterstattung:
Abgeordneter Uwe Beckmeyer

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(C (D – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung – Drucksache 17/5520 – Berichterstattung: Abgeordnete Bartholomäus Kalb Johannes Kahrs Dr. Claudia Winterstein Roland Claus Stephan Kühn Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Die inke vor. Verabredet ist, eine halbe Stunde zu diesem unkt zu debattieren. – Auch dazu sehe und höre ich keien Widerspruch. Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Parlamenrischen Staatssekretär Dr. Andreas Scheuer das Wort. D Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol gen! Mit dem Gesetz zur Neuregelung mautrechtlicher orschriften für Bundesfernstraßen soll die Autoahnmaut für schwere Lkw auch auf Teile der Bundestraßen ausgedehnt werden. Bei diesen handelt es sich m Straßen, die sich durch ihren autobahnähnlichen usbauzustand auszeichnen. Wichtig ist der Hinweis, dass nur das mautpflichtige traßennetz erweitert werden soll. Alle anderen Merkale wie Mautsätze oder Bemautung nur von Lkw ab 2 Tonnen bleiben unverändert. Es findet also keine auterhöhung statt, sondern das zu bemautende Netz ird einfach erweitert. Zu diesem Gesetz hat in der letzten Woche eine Anörung stattgefunden. Die von den eingeladenen sechs erbänden vorgetragenen Stellungnahmen lassen sich zu rei wesentlichen Punkten zusammenfassen. Ich möchte diesem Zusammenhang hervorheben, dass wir im Ver ehrsausschuss sehr sachorientiert diskutiert haben. tellvertretend möchte ich dem Vorsitzenden dafür herzch danken. Die Anhörung bot Raum für den breiten ialog mit den Verbänden. Einige Verbände wünschen sich eine Ausdehnung der aut, zumindest auf das gesamte Bundesstraßennetz. ie Verbände des Straßengüterkraftverkehrs befürchten ine zusätzliche Belastung ihrer Mitglieder, und mehrere erbände gaben zu bedenken, dass sich die Ausdehnung er Maut auf Bundesstraßen nicht rechnen würden; sie tellen die Systemkosten der Mauterhebung zur Diskusion. Dazu folgende Anmerkungen: Ziel des Gesetzes ist s, die Bundesstraßenabschnitte zu bemauten, die autoahnähnlich ausgebaut sind, aber wegen einiger fehlener rechtlicher und technischer Voraussetzungen nicht zu iner Autobahn aufgestuft werden können. Zudem sollen ie autobahnähnlichen Bundesstraßen an die Autobahen angebunden sein, also einen räumlichen Bezug zur utobahn aufweisen. Eine Bemautung aller Bundesstra Parl. Staatssekretär Dr. Andreas Scheuer )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Andreas Scheuer (CSU):
Rede ID: ID1710609300




(A) )

ßen war und ist gegenwärtig nicht beabsichtigt. Dazu
gibt es auch verschiedene Meinungen im Fachgremium,
dem Verkehrsausschuss. Die Kolleginnen und Kollegen
der Linksfraktion und der Grünen gehen insofern noch
einen Schritt weiter – aber das werden wir in dieser De-
batte noch hören –, als sie das ganze Bundesfernstraßen-
system bemauten wollen.

Gemäß dem Ziel des Gesetzes waren nach dem ur-
sprünglichen Gesetzentwurf rund 2 000 Kilometer Bun-
desstraße zusätzlich zur Bemautung vorgesehen. Sie wa-
ren gesetzlich definiert als mindestens vierstreifige
Bundesstraßen in der Baulast des Bundes mit unmittel-
barer und mittelbarer Anbindung an die Autobahn. Ent-
sprechend dem Wunsch der Bundesländer und auf
Antrag der Koalitionsfraktionen werden zusätzliche Kri-
terien aufgenommen, nämlich Bemautung erst bei einer
Mindestlänge von 4 Kilometern, Bemautung nur von
Bundesstraßen mit einer durchgehenden baulichen Rich-
tungstrennung und keine Bemautung innerorts. Auch
sollen die mittelbar an die Autobahn angebundenen Stre-
cken nicht mehr bemautet werden. Damit wird auch das
Problem des derzeit reduzierten Speicherplatzes der Ge-
räte gelöst.

Somit gehen wir im Bundesministerium für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung auch auf die Belange des mittel-
ständischen Transportgewerbes ein. Mit diesen zusätzlichen
Kriterien und der Streichung des mittelbaren Streckenbe-
zugs stehen nunmehr anstelle von rund 2 000 Kilometern
Bundesstraße nur noch 1 000 Kilometer zur Bemautung
an.

Damit wären wir beim Thema, ob sich das rechnet.
Kollege Hofreiter hat dazu mehrere Fragen an die Exper-
ten gestellt. Zunächst einmal verbietet uns das Haus-
haltsrecht, unwirtschaftliche Projekte zu realisieren. Un-
sere Projekte sind wirtschaftlich gerechnet.


(Lachen bei der SPD – Florian Pronold [SPD]: Der war gut!)


Das Projekt Maut auf Bundesstraßen und das Gesetz-
gebungsverfahren beruhen auf einer pflichtgemäßen Ab-
schätzung von Einnahmen und Ausgaben. Hierzu sind
die Erfahrungswerte aus der uns bekannten Kostenkal-
kulation von Mautbetreibern und die Einschätzung der
mautpflichtigen Fahrleistungen durch einen Gutachter
herangezogen worden. Danach ergibt sich, dass das Pro-
jekt auch nach aktuellem Stand wirtschaftlich ist. Was
ich gesagt habe, lässt sich trotz des Lachens der Kolle-
ginnen und Kollegen der SPD-Fraktion definitiv nicht
entkräften. Wir haben wirtschaftlich gerechnet. Dies ist
auch dann richtig, wenn der Kollege Pronold über diese
Aussage lächelt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Gemäß ersten gutachterlichen Einschätzungen wird
mit 1,288 Milliarden mautpflichtigen Fahrzeugkilome-
tern bei einer Streckenlänge von ursprünglich 2 187 Kilo-
metern gerechnet. Auch bei Reduzierung des ursprüngli-
chen Streckennetzes um 50 Prozent können somit bei
einem derzeit kalkulierten durchschnittlichen Mautsatz von
17 Cent pro Kilometer die in der mittelfristigen Finanzpla-

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(C (D ung ausgewiesenen Mehreinnahmen von 100 Millionen uro erreicht werden. Noch ein Wort zu den Systemkosten – auch hierzu hat er Kollege Hofreiter nachgefragt –: Wir haben mit dem estehenden Netz die Erfahrung gemacht, dass die Sysmkosten bei etwa 12,5 Prozent liegen. Das wird bei en Bundesstraßen nicht anders sein. Damit ist die diesezügliche Kritik entkräftet. Vor allem ist die Zuverlässigkeit des Toll-Collectystems hervorzuheben; darüber wird medial sehr diskuert. Ich möchte hier noch einmal hervorheben, dass uner System die dichteste Abdeckung aller Mautsysteme at und mit am wenigsten Kosten verursacht. Das heißt, ndere Mautsysteme verursachen bedeutend höhere osten. Ich sage das auch vor dem Hintergrund, dass wir in Interesse daran haben, dieses System weltweit zu ertreiben. Zur Zuverlässigkeit und Zulässigkeit der Verabe haben wir ein externes Gutachten erstellen lassen. er entsprechende Einwand ist im Fachausschuss diskuert worden; ihm wurde Rechnung getragen. Wir haben lso alles sowohl wirtschaftlich als auch rechtlich gerüft. Hinzu kommt, dass das mittelständische Gewerbe die öglichkeit hatte, Hinweise zu den Geräten vorzubrin en. Auch das wurde berücksichtigt. Ich glaube, dieses ystem ist ausgewogen. Wir können somit den Einstieg den Finanzierungskreislauf Straße vollziehen. Wir, as Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtenticklung, haben sämtliche Schattierungen dieses Sysms getestet. Wir kommen zu dem Ergebnis, dass wir ie Ausdehnung auf 1 000 Kilometer verantworten könen. Ich bedanke mich noch einmal für die konstruktive iskussion. Mein Dank gilt auch den Experten, die uns ei der Anhörung mit Rat und Tat zur Seite gestanden aben. Vielen herzlichen Dank für die parlamentarische eratung. Uwe Beckmeyer hat das Wort für die SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Was im ersten Teil der Rede des Staatssekretärs esagt wurde, war richtig: Wir haben uns im Ausschuss arüber unterhalten. (Beifall der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE])


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710609400

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1710609500

ber Murks bleibt Murks. Das zu sagen, kann ich Ihnen
icht ersparen.

Der Gesetzentwurf der Merkel-Regierung stammt
om 2. März 2011. Verantwortlich dafür ist das Ministe-
um für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Er ist uns
it einem Zuleitungsschreiben der Kanzlerin übersandt
orden. Der Änderungsantrag der Koalition stammt





Uwe Beckmeyer


(A) )


)(B)

vom 22. März 2011; er wurde also knapp drei Wochen
später eingebracht. Durch ihn ist einiges verändert wor-
den. Die Frage ist: Warum musste eigentlich einiges ver-
ändert werden? Haben Sie schlecht gearbeitet? Das, was
abgeliefert worden ist, war also nicht so gut.

Wenn man sich anschaut, was uns die Sachverständi-
gen in ihren Stellungnahmen vermittelt haben, wird man
feststellen: Überall ist deutliche Kritik geäußert worden.
Wenn Sie schon der SPD-Fraktion nicht trauen, weil ihre
Mitglieder einer anderen Partei angehören, dann trauen
Sie doch bitte schön den Experten der Verbände und
Gremien, in denen auch Ihre Parteikollegen Verantwor-
tung tragen.

Der Deutsche Städtetag zum Beispiel sagt, das, was
vorgeschlagen wird, sei nicht zielführend. Er befürchtet
eine Verdrängung. Ich zitiere Ihnen das alles ausweislich
der entsprechenden Vorlage. Der Deutsche Städte- und
Gemeindebund und der Deutsche Landkreistag rechnen
mit Mautausweichverkehren und vielem mehr. Ich kann
Ihnen all die Kritik zu Ihrem Entwurf eines Mautgeset-
zes vorlesen, die in diesen Stellungnahmen angeführt
wird.


(Patrick Döring [FDP]: Deshalb haben wir ihn ja geändert!)


Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag
mahnt die VIFG an. Außerdem sagt er: Durch die Verab-
schiedung dieses Gesetzentwurfs würde das Ziel, die
Transportbranche zu entlasten, konterkariert. Er sagt
auch, dass innerhalb dieses Gesetzentwurfes eine offene
Vergabefrage enthalten ist, und erstellt eine bemerkens-
werte Berechnung hinsichtlich der Systemkosten. Mit-
tels der alten Rechnung auf der Grundlage von 2 000 Ki-
lometern kommt er zu entsprechenden Mauteinnahmen
und führt aus, dass sie pro Kilometer deutlich geringer
ausfallen werden als auf Bundesautobahnen. Er ver-
gleicht dann den entsprechenden Systemaufwand und
kommt nicht nur auf 8,5 Millionen Euro an Vollzugskos-
ten für das BAG, sondern auf weitere 24,3 Millionen
Euro an Kosten, und das alles bei Einnahmen in Höhe
von 100 Millionen Euro. Wollen Sie das wirklich verant-
worten?

Mein nächster Punkt betrifft den BGL. Der Bundes-
verband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung, der
eine entsprechende Position hat, fragt im Hinblick auf
die Aufstellung, ob es ein angemessenes Verhältnis zwi-
schen dem Aufwand für Betrieb und Kontrolle und dem
Ertrag gebe. Er fragt ferner, ob der Gesetzentwurf in die-
ser Weise gerechtfertigt sei.

In der Stellungnahme des DSLV – die einzelnen
Punkte kann man unter den Spiegelstrichen auf Seite 2
nachlesen – kommt auffällig oft das Wort „begrüßt“ vor.
Man könnte den Eindruck gewinnen, dass hier einige
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ihre Änderungen bzw.
einen zweiten Gesetzentwurf verfasst haben.


(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Jetzt schimpfen Sie auf den DSLV! Ob das clever ist?)


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(C (D Der DSLV kommt in seiner Stellungnahme des Weiten zu dem Ergebnis, dass der Gesetzentwurf keinerlei ussagen über die zu erwartenden Systemkosten bei der bertragung der Mauterhebung auf einen externen ienstleister beinhaltet. Diese Systemkosten sollen aus nserer Sicht im Vorfeld ermittelt und bekanntgegeben erden, so heißt es, damit eine verlässliche Nutzen-Kosn-Aufstellung erstellt werden kann. Nach dem derzeitien Kenntnisstand haben wir erhebliche Zweifel, dass ufwendungen und Einnahmen zur Bemautung auf viernd mehrspurigen Bundesstraßen in einem vernünftigen osten-Nutzen-Verhältnis stehen. Zum Bundesrat: Der federführende Ausschuss, der erkehrsausschuss, und der Ausschuss für innere Angegenheiten wünschen sich eindeutigere Kriterien hin ichtlich der bemauteten Bundesstraßen. Sie fordern weckmäßigerweise die Einführung einer Rechtsverordung mit der Zustimmung des Bundesrates. Sonst wäre ei jeder Veränderung des Streckennetzes immer ein Geetzentwurf notwendig. (Patrick Döring [FDP]: Deswegen haben wir es ja geändert! – Thomas Jarzombek [CDU/ CSU]: Das war ja auch der Sinn davon!)


er federführende Verkehrsausschuss sagt auch deut-
ch, dass er sich gegen eine Zweckbindung der Mautein-
ahmen nur für Bundesfernstraßen wendet.

All das zeigt, dass von Ihnen aus unserer Sicht keine
erlässliche und verantwortungsbewusste Politik ge-
acht wird. Denn auf der einen Seite – das ist die Be-

ründung – entsteht durch die entsprechende Aufhebung
er Zweckbindungen in Bezug auf die Bundesfernstra-
en eine sichere Grundlage. Auf der anderen Seite
ommt es aber zur Zuweisung in die Haushaltszwänge
es Bundes. Das kann man zwar so fortsetzen. Ich sage
ber: Das, was Sie uns heute öffentlich vortragen, ist die
mpfehlung eines Gesetzentwurfes, der große Mängel
ufweist. Ich habe bereits im Ausschuss dazu gesagt,
ass dieser Gesetzentwurf nicht ausgegoren und nicht
eschlussfähig ist.

Ein Letztes: Wir haben am Mittwoch um 13.31 Uhr
er Fax die Antwort auf die Kleine Anfrage der SPD-
undestagsfraktion bekommen, und zwar nach der Aus-

chusssitzung. Das wurde schön getimt, damit wir diese
orlage nicht auch schon während der Ausschusssitzung
ur Beratung heranziehen konnten. Unsere Frage lautete:
uf welche rechtlichen Regelungen des deutschen und

uropäischen Vergaberechts bezieht sich die in der Öf-
ntlichkeit zitierte Aussage der Bundesregierung, dass

ei der Einführung der Lkw-Maut auf vierspurigen Bun-
esstraßen keine Ausschreibung erfolgen muss und eine
irektvergabe der Erhebung der Lkw-Maut an ein Un-
rnehmen möglich ist?

Die Antwort lautet folgendermaßen:

Die zitierte Aussage zur Zulässigkeit eines Ver-
handlungsverfahrens ohne vorherigen Teilnahme-
wettbewerb mit der Möglichkeit der Direktvergabe
eines Auftrages zu Errichtung und Betrieb eines
Systems zur Erhebung streckenbezogener Lkw-
Maut auf vier- und mehrstreifigen Bundesstraßen be-





Uwe Beckmeyer


(A) )


)(B)

zieht sich auf § 3 Abs. 4 Buchstabe c) EG VOL/A

(Fallgruppe „Schutz von Ausschließlichkeitsrechten“)

der Richtlinie 2004/18/EG vom 31.03.2004 über
die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öf-
fentlicher Aufträge um.

Wunderbar, denkt man, alles geregelt. Dann liest man
aber in der Vorlage:

Die Auftraggeber können Aufträge im Verhand-
lungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb verge-
ben: …

Dann kommen a, b, c usw.; c trifft wahrscheinlich genau
auf Ihren Fall zu:

wenn der Auftrag wegen seiner technischen oder
künstlerischen Besonderheiten oder aufgrund des

(z. B. Patent-, Urheberrecht)

ternehmen durchgeführt werden kann;

Dazu gibt es entsprechende Rechtsprechungen in der
Bundesrepublik Deutschland und der EU. Wenn man
sich diese anschaut, wird man feststellen, dass Sie sich
auf sehr dünnem Eis bewegen, lieber Herr Staatssekretär.
Voraussetzung für die Durchführung eines Verhand-
lungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb ist nicht
nur, dass ein Ausschließlichkeitsrecht besteht; die Norm
fordert zudem einen eng auszulegenden Ausnahmetatbe-
stand und zusätzlich, dass aufgrund des Ausschließlich-
keitsrechtes nur ein einziges Unternehmen in der gesam-
ten EU den fraglichen Auftrag durchführen kann.

Es geht weiter:

Die bloße Behauptung, mit der fraglichen Liefe-
rung habe nur ein bestimmter Lieferant beauftragt
werden können, weil der auf nationaler Ebene vor-
handene Wettbewerber kein Erzeugnis angeboten
habe, das den notwendigen technischen Anforde-
rungen entsprochen habe, kann nicht für den Nach-
weis genügen, dass die außergewöhnlichen Um-
stände … tatsächlich vorlagen.

Was das angeht, kann ich nur sagen: Gute Nacht!
Denn sobald irgendjemand in dieser Frage auch nur den
Hauch einer Chance wittert, ist er vor Gericht, und dann
haben Sie den Salat.


(Oliver Luksic [FDP]: Wortsalat!)


Ein letzter Punkt, Herr Präsident. Die Antwort auf un-
sere Frage 3 ist ziemlich verräterisch. Wir fragen näm-
lich, mit welcher rechtlichen Begründung die Bundesre-
gierung die Bedenken des Bundesministeriums der
Justiz und des Bundesministeriums für Wirtschaft und
Technologie hinsichtlich der Frage, ob eine Direktver-
gabe möglich ist, fallengelassen hat. Darauf wird geant-
wortet: Das federführende Bundesministerium für Ver-
kehr, Bau und Stadtentwicklung ist nach Prüfung der
rechtlichen Fragen zu dem Ergebnis gekommen, dass
das so ist. – Das heißt im Grunde, die anderen Ressorts
haben heftigste Bedenken dagegen, aber das federfüh-
rende Ressort ist anderer Meinung.

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(C (D Und ich habe heftige Bedenken, dass Sie weiterreden. ie Redezeit ist deutlich überschritten. Herr Präsident, ich komme zum Schluss. Ich sage an dieser Stelle: Murks bleibt Murks, und ieses Gesetz ist kein gutes Gesetz. Wir Sozialdemokran werden es ablehnen. Danke schön. (Beifall bei der SPD – Arnold Vaatz [CDU/ CSU]: Der größte Murks war Ihre Rede!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710609600
Uwe Beckmeyer (SPD):
Rede ID: ID1710609700


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710609800

Das Wort hat nun Patrick Döring für die FDP-Frak-

on.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1710609900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ach dieser wegweisenden Rede ist ja wenigstens klar,
as die Sozialdemokraten wollen; das hat das deutsche
olk jetzt verstanden, lieber Kollege Beckmeyer.


(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Gustav Herzog [SPD])


s ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten, wenn man,
achdem die rot-grüne Regierung uns diesen Toll-
ollect-Vertrag hinterlassen hat, jetzt den Eindruck er-
eckt, wir wären in der rechtlichen Auslegung frei.


(Zuruf des Abg. Uwe Beckmeyer [SPD])


ieser Vertrag, über den du, lieber Uwe, dich hier minu-
nlang ausgelassen hast, ist von einer rot-grünen Regie-
ng geschlossen worden. Der Vertrag hat dem jetzigen
etreiber mehrfache umfangreiche Ausschließlichkeits-
chte eingeräumt. Der Bundesregierung und dieser Ko-

lition jetzt vorzuwerfen, dass sie diese Ausschließlich-
eitsrechte nicht wegverhandeln können, sondern damit
ben müssen, ist wirklich bemerkenswert.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Sie können ja ausschreiben!)


An dem zu dieser Frage gefertigten Gutachten gibt es
einen Zweifel: Man kann wegen der vorhandenen Aus-
chließlichkeitsrechte des Betreibers nicht ausschreiben.
as ist in einem 31-seitigen Rechtsgutachten zweifels-
ei geklärt. Das ist die Grundlage, auf der wir dieses Ge-

etz machen.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Murks bleibt Murks!)


Es ist auch ein bemerkenswertes Parlamentsverständ-
is, lieber Kollege, wenn Sie darauf hinweisen, dass die
oalitionsfraktionen Änderungen hätten vornehmen
üssen, um einen besseren Gesetzentwurf hinzubekom-
en. Das ist die Aufgabe des Parlaments. Es ist unsere
ufgabe, die Gesetze, die von der Regierung kommen,
esser zu machen.





Patrick Döring


(A) )


)(B)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Uwe Beckmeyer [SPD]: Aber das ist doch Ihre eigene Regierung! – Gustav Herzog [SPD]: Da haben Sie aber viel Arbeit bei dieser Regierung!)


Deswegen braucht man hier nicht den Eindruck zu erwe-
cken, das sei fehlerhaft.

Wir haben mit der klaren Definition jedenfalls dafür
gesorgt, dass die Einwände des Bundesrates ausgeräumt
werden konnten. Denn die Stellungnahme des Bundes-
rats – auch das muss man den Zuhörern einmal sagen –
ist ja zu dem noch nicht geänderten Gesetzentwurf er-
folgt. Es war ein Webfehler, dass diesem Gesetz eine
lange Liste von zu bemautenden Bundesstraßenabschnit-
ten angehängt werden sollte. Solche Gesetze will die
christlich-liberale Koalition dem Parlament nicht vorle-
gen. Darum haben wir auf diese lange Liste verzichtet.
Der Bundesrat hat keinen Grund, sich jetzt zu beschwe-
ren; denn wir haben eine klare Norm gefunden, mit der
geregelt wird, welche Strecken bemautet werden und
welche nicht, ohne dass wir komplizierte und lange Lis-
ten an das Gesetz anhängen müssen. Auch das ist die
Aufgabe des Parlaments. Da haben wir richtig gehandelt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die Gemengelage hier im Haus – das darf man bei
dem Thema einmal sagen – ist relativ einfach. Die Lin-
ken und die Grünen tendieren in der Verkehrspolitik
Richtung Schwerverkehrsabgabe nach – ich sage es ein-
mal so – Schweizer Modell. Das bedeutet eine Belastung
von Fuhrunternehmen und Gewerbe weit über die der-
zeitige Lkw-Maut hinaus. Die Abgabe betrifft Fahrzeuge
ab 3,5 Tonnen Gewicht und soll für alle Bundesautobah-
nen und alle Bundesstraßen gelten. Das kann man poli-
tisch vertreten. Wir glauben aber, dass ein solches Mo-
dell für eine polyzentrische Struktur wie die in
Deutschland mit viel Wirtschaftsgeschehen auch in der
Fläche zu sehr viel größeren Schäden für die heimische
Wirtschaft führt, als wir verantworten können. Deshalb
ist ein solches System von uns nicht angedacht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die Sozialdemokraten allerdings haben in der letzten
Ausschusssitzung gesagt, dass wir eine Infrastruktur-
kommission einrichten und darüber sprechen müssen,
wie es weitergeht.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Ja!)


An dieser Stelle muss ich sagen: Die damalige rot-grüne
Regierung mit einem sozialdemokratischen Verkehrsmi-
nister hat eine Kommission dieser Art schon einmal ein-
berufen. Das war die Pällmann-Kommission.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Und nicht ausgeführt, was die empfohlen hat! Das war Müntefering!)


Sie hat ein umfangreiches Werk veröffentlicht, das ge-
rade anlässlich des zehnjährigen Jubiläums in zweiter
Auflage erschienen ist und in unsere Büros verschickt
wurde. Jeder kann also darin nachschauen. Von allen

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(C (D aßnahmen, die in diesem Werk vorgeschlagen wurden, at die damalige Regierung nur einen einzigen Punkt mgesetzt. Das war die Einführung der Lkw-Maut mit em Vertrag, über dessen Schwächen der Kollege eckmeyer, der daran beteiligt war, vorhin ausführlich feriert hat. (Uwe Beckmeyer [SPD]: Nein! Ich habe die Schwächen des Gesetzes dargestellt! – Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Man muss keine neuen Kommissionen bilden, son-
ern man muss einfach nur das beachten, was uns da-
als die Experten gesagt haben, und das Punkt für Punkt

olitisch bewerten und abarbeiten. Das ist die Aufgabe
ines Parlaments. Wenn man so vorgeht, nimmt man
ine Kommission auch ernst.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Es geht aber nicht – darin liegt der Unterschied –,
ass man in Deutschland benutzerfinanzierte Systeme
r Bundesautobahnen in Deutschland einführt, diese

innvollerweise auf vierstreifige Bundesstraßen, die un-
ittelbar an Autobahnen anschließen, erweitert, aber die
innahmen nicht für Straßeninfrastrukturmaßnahmen,
ondern für irgendetwas anderes verwendet. Deshalb hat
ie Koalition richtigerweise den geschlossenen Finan-
ierungskreislauf Straße eingerichtet. Damit finanzieren
ie Nutzer das, was sie benutzen. So kommt Ehrlichkeit,
ransparenz und Zuverlässigkeit in das System. Diesen
ebfehler von Rot-Grün zu beseitigen, war in der Tat

chtig.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wer sich hier und heute der Beteiligung an dieser
innvollen und moderaten Erweiterung verweigert, der
uss eine Antwort darauf geben, wie zum Beispiel das
hema Systemkosten – das ist der einzige Punkt, bei
em ich dem Herrn Staatssekretär widersprechen will;


(Gustav Herzog [SPD]: Hört! Hört!)


ie Kosten für dieses System sind im Vergleich zu den
osten für alle anderen Systeme am höchsten – bei einer
ommenden Ausschreibung behandelt werden soll.
iese politische Aufgabe werden wir dann wahrnehmen,
enn es so weit ist. Am Ende dieser Wahlperiode wer-
en wir darüber sprechen, wie wir ausschreiben. Wir
ollen die Belastung für das Gewerbe verringern und
ehr Geld zur Verfügung haben, das wir in die Infra-

truktur investieren können.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710610000

Der Kollege Florian Pronold hat nun das Wort für

ine Kurzintervention.


Florian Pronold (SPD):
Rede ID: ID1710610100

Sehr geehrter Herr Kollege Döring, ich war über-

scht, wie viel Redezeit Sie auf die Vergangenheit ver-
endet haben, anstatt über Ihre eigenen Pläne zu reden.





Florian Pronold


(A) )


)(B)

Sie sprechen davon, dass zu wenig Geld für die Finan-
zierung der Infrastruktur zur Verfügung steht.


(Patrick Döring [FDP]: Kein Wort!)


Es war die schwarz-gelbe Koalition, die eine bereits be-
schlossene Mauterhöhung ausgesetzt und damit der In-
frastruktur Geld entzogen hat.

Jetzt gehen Sie einen zweiten Schritt, indem Sie sa-
gen: Die vierspurigen Bundesstraßen beziehen wir mit
ein. – Die Länge wurde zunächst mit 2 000 Kilometer
veranschlagt. Jetzt kommen Sie zu dem Ergebnis, dass
man eigentlich nur 1 000 Kilometer braucht. Sie wollen
aber den gleichen Betrag einnehmen. Diese Milchmäd-
chenrechnung wird nicht aufgehen.


(Iris Gleicke [SPD]: Milchbubenrechnung!)


– Gerne auch Milchbubenrechnung.

Sie machen wieder einen Kniefall vor der Lkw-Lobby
und präsentieren uns heute wieder den alten Vorschlag.


(Dirk Fischer [Hamburg] [CDU/CSU]: Primitiver geht es nicht!)


Stattdessen wollen Sie die Autofahrer abzocken: Sie ha-
ben heute wieder eine Pkw-Maut gefordert.


(Patrick Döring [FDP]: Nein!)


– Doch! Das kann man nachlesen.


(Patrick Döring [FDP]: Ich gebe Ihnen meine Pressemeldung dazu! Nicht nur Agenturmeldungen lesen!)


– Ich beziehe mich auf die Agenturmeldungen; Sie kön-
nen das ja richtigstellen. Sagen Sie doch, dass Sie dieses
Ansinnen, das im schwarz-gelben Lager immer wieder
zu hören ist, ablehnen. Auch Herr Scheuer hat das immer
gefordert; seit er in Regierungsverantwortung ist, tut er
das nicht mehr.

Sagen Sie doch endlich, woher Sie das Geld nehmen
wollen. Lügen Sie die Menschen nicht an, wie Sie es
hier tun, indem Sie behaupten, dass Sie mit dem, was Sie
hier vorlegen, einen sinnvollen Beitrag zur Finanzierung
der Infrastruktur leisten! Mit dieser halbherzigen Lösung
machen Sie nur eines: Sie generieren Mautausweichver-
kehr.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Da klatschen nicht mal die eigenen Kollegen! – Patrick Döring [FDP]: Quatsch!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710610200

Kollege Döring, bitte.


Patrick Döring (FDP):
Rede ID: ID1710610300

Sehr geehrter Herr Kollege Pronold, man soll sagen,

was man denkt, wenn man denkt. Ich versuche wirklich
noch einmal, es zu erläutern:

Erstens. Unmittelbar an Bundesautobahnen ange-
schlossene vierstreifige Bundesstraßen können nicht zu
Mautausweichverkehr führen, weil es keine Alternativ-

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(C (D trecken in unmittelbarer Nähe gibt, die Kreisund Lanesstraßen wären. (Uwe Beckmeyer [SPD]: Das ist doch ein Denkfehler! – Gustav Herzog [SPD]: Wie war das noch mal mit dem Denken?)


Zweitens. Ich habe heute darauf hingewiesen – Sie
üssen schon ein bisschen mehr lesen als zwei Zeilen

iner Agenturmeldung –, dass wir bei der Verkehrsinfra-
trukturfinanzierung eben kein Einnahmeproblem ha-
en, sondern der Verkehr mehr als 50 Milliarden Euro
r den Bundeshaushalt aufbringt. Deshalb müssen wir

ns im Verteilungskampf der Ressorts um mehr Geld für
ie Infrastruktur bemühen. Eine Mehrbelastung der
utofahrer ist jedenfalls mit dieser Koalition nicht zu
achen.

Drittens. Ja, wir haben in einer konjunkturell schwie-
gen Lage die falsche Ausweitung der Spreizung der
authöhe für Fahrzeuge nach den Abgasnormen Euro 3

zw. Euro 5 zurückgenommen, um dem mittelständi-
chen Gewerbe in einer der größten wirtschaftlichen Kri-
en dieses Landes keine zusätzlichen Steine in den Weg
u legen.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Die haben gerade ihre Flotte umgerüstet!)


ir von der Koalition haben dieses Gesetz geändert.

Sie müssen einmal die Vorurteile, die Sie im Kopf ha-
en, beiseiteräumen. Ich habe gerade gesagt, dass wir
as nicht tun, um irgendjemandem irgendwie entgegen-
ukommen, sondern um ein klar anwendbares Gesetz
it klaren Definitionen und ohne seitenlange Aufzäh-
ngen von Straßenabschnitten zu schaffen, ein Gesetz,

as klar und deutlich definiert, was bemautet wird. Es
ing um ein gutes Gesetz, nicht darum, wer mehr oder
eniger zahlt; wir wollten die Erweiterung sachlogisch
ornehmen. Für uns war folgende Eingrenzung sachlo-
isch: vierstreifige Bundesstraßen, die unmittelbar an
utobahnen anschließen und länger als 4 Kilometer

ind. Das kann jeder definieren; dafür braucht man kei-
en Bundesrat und keine Verwaltung. Unser Ziel war
ine gute Gesetzgebung, so wie es die Aufgabe des Par-
ments ist.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710610400

Nun hat Kollege Herbert Behrens für die Fraktion Die

inke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Herbert Behrens (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710610500

Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kolle-

en! Meine Damen und Herren! Hier wird viel Lärm ge-
acht; aber wenn man auf den Gesetzestext schaut, dann
eiß man: Es ist viel Lärm um nichts. Vor vier Wochen
urde hier angekündigt, dass möglicherweise 2 000 Ki-
meter Bundesstraße bemautet werden sollen. Heute

aben wir festgestellt, dass 1 000 Kilometer übrig ge-





Herbert Behrens


(A) )


)(B)

blieben sind. Gut, dass wir heute und nicht erst in vier
Wochen darüber abstimmen; dann wären wohl nur noch
500 Kilometer übrig geblieben und es hätte nichts ge-
bracht.


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Regierung hat uns wortreich erklärt, warum all
das nicht geht, was eigentlich notwendig wäre. Sie legen
uns hier einen Gesetzentwurf vor, der finanziell kaum et-
was bringt; er bringt schon gar nichts für die vielen Men-
schen, die von Mautausweichverkehr geplagt sind.

Während die Mauteinnahmen früher auf Straße,
Schiene und Wasserwege verteilt worden sind, führen
Sie heute ein System zur reinen Straßenfinanzierung ein.
Im Klartext: Sie verwenden die zusätzlichen Mautein-
nahmen ausschließlich für das System Straße. Das ist
falsch.


(Iris Gleicke [SPD]: Ja, sehr richtig! Da hat er recht!)


Die hier schon zitierten Experten aus der Anhörung,
nämlich die Vertreter des Automobilclubs Europa, ACE,
und des Verkehrsclubs Deutschland, haben darauf hinge-
wiesen, dass diese Einschränkung nicht in Ordnung ist;
dem schließen wir uns an.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich bleibe dabei: Die Maut für schwere Lkw muss
nicht auf ein paar wenige Bundesstraßen, sondern auf
alle Bundesstraßen ausgeweitet werden. Dies fordern
auch der Deutsche Städtetag und der Deutsche Land-
kreistag; Kollege Beckmeyer hat darauf hingewiesen.
Die kommunalen Spitzenverbände – auch das haben wir
schon gehört; ich betone es, weil es so bedeutsam ist und
für uns in der Anhörung überraschend war – fordern,
dass das bemautete Straßennetz umfassend ausgeweitet
wird. Schließlich nutzten die schweren Lkw auch die
Straßen ab, die nicht in der Nähe der Autobahnen liegen.
Wenn Sie schon Experten zu einer Anhörung einladen,
dann sollten Sie, bitte schön, die Ergebnisse heranziehen
und die Gesetzesvorlagen entsprechend verändern.


(Beifall bei der LINKEN)


So geht es nicht. Wieder einmal sehen wir: Das ist
Klientelpolitik, das ist keine Verkehrspolitik. Dabei ist
eine verantwortungsvolle Verkehrspolitik dringend er-
forderlich. Lärm an den Straßen – wir haben gestern da-
rüber diskutiert –, Staus auf den Autobahnen, aber auch
Klimakiller aus den Auspuffrohren der Brummis – alles
das macht den Menschen schwer zu schaffen.

Ich erinnere Sie daran: Die Lkw-Maut ist eingeführt
worden, weil der Güterverkehr auf der Straße große
Schäden anrichtet und er daher zur Deckung der Kosten
herangezogen werden sollte. Die Maut sollte außerdem
helfen, dass Dreckschleudern von den Straßen ver-
schwinden und der Verkehr ökologischer wird. Das Aus-
setzen der vereinbarten Mauterhöhung für umweltschäd-
liche Lkw hat dazu geführt, dass der Verkehr eben nicht

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(C (D kologischer geworden ist. Auch da haben Sie auf die pediteure und das, was ihnen gefällt oder nicht gefällt, ehört. Diese Art der Klientelpolitik führt zu solch chwachen Gesetzesvorlagen, wie wir sie heute vorlieen haben. Das ist ein Armutszeugnis und sonst nichts. Die Linke hat Ihnen ganz konkrete Vorschläge für ein utes Gesetz gemacht. Die Lkw-Maut ist notwendig für en sozial-ökologischen Umbau des Verkehrswesens. eshalb fordern wir, dass schwere Lkw auf allen Bunesstraßen Maut zahlen müssen, nicht nur auf 2,5 Proent der Strecken, wie Sie es jetzt vorhaben. Wir wollen uch, dass Lastwagen ab 7,5 Tonnen herangezogen weren und nicht erst ab 12 Tonnen. Schließlich müssen uch Länder und Kommunen Vorschläge machen dürfen, elche anderen Strecken einbezogen werden müssen, m typische Mautausweichstrecken zur Schadensbeseitiung heranzuziehen. Das würde gleich doppelt helfen: ie hätten mehr Geld in der Kasse und weniger Lärm vor er Haustür. Die Bundesregierung sagt selbst, dass es iese Mautausweichverkehre auf circa 11 000 Kilomern gibt – natürlich nicht direkt an der Autobahn. Das issen wir alle; dieses Hinweises hätte es nicht bedurft. Wir fordern, dass ein Gesetzentwurf vorgelegt wird, er den Bürgern etwas bringt, der dafür sorgt, dass die chweren Lkw nicht mehr durch ihre Ortschaften bretrn, und keinen Gesetzentwurf, der ausschließlich den ogistikunternehmen dient. Uns geht es um die Lebensqualität der Bürgerinnen nd Bürger und um eine Wende hin zu einer ökologichen Verkehrspolitik. Deshalb ist es notwendig, dass ie Bundesregierung an einer vernünftigen Ausweitung er Maut für schwere Lkw arbeitet. Wir wollen gern dan mitwirken. Wenn Sie uns zugehört haben, haben Sie chon ausreichend Ansatzpunkte, wie man Gesetze beser machen kann. Vielen Dank. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun nton Hofreiter. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)


(Beifall bei der LINKEN und der SPD)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710610600
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Der Gesetzentwurf ist, betrachtet man seine
enese – darauf ist schon hingewiesen worden –, schon

müsant zu lesen. Wir haben ursprünglich einmal mit
000 Kilometern angefangen; dann waren es 2 000 Kilo-
eter. Jetzt sind wir bei 1 000 Kilometern. Und immer

ind es 100 Millionen Euro Einnahmen geblieben. Dann
t noch gesagt worden, Sie hätten scharf und exakt
achgerechnet.


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


enn man scharf und exakt nachrechnet und es immer
ei 100 Millionen Euro bleibt, stellt man sich schon die





Dr. Anton Hofreiter


(A) )


)(B)

Frage: Warum beziehen Sie nicht einfach nur
500 Kilometer mit ein? Das würde vielleicht Systemkos-
ten sparen, und wir blieben dennoch bei 100 Millionen
Euro Einnahmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regie-
rungsfraktionen, das kann so einfach nicht stimmen. Ent-
weder waren es früher, als Sie mehr Kilometer Bundes-
straßen einbeziehen wollten, mehr Einnahmen, oder jetzt
sind es keine 100 Millionen Euro. Es kann schlichtweg
nicht stimmen.

Letztlich ist der Grund auch bekannt, warum Sie sich
mit 1 000 Kilometern begnügen. Der Grund ist ganz ein-
fach der, dass die alten OBUs nicht mehr Speicherkapa-
zität haben. Der Grund liegt nicht darin, dass Sie das Ge-
setz sauberer oder schöner machen wollten. Vielmehr
verfügen die alten OBUs nicht über ausreichend Spei-
cherkapazität.

Die Aussage, dass man ein anderes System nicht zur
Anwendung hätte bringen können, ist auch falsch. Denn
wir haben ja zwei Systeme in der Anwendung: einerseits
das satellitengestützte OBU-System und auf der anderen
Seite das manuelle Einwahlsystem. Man hätte selbstver-
ständlich ein anderes System mit entsprechend niedrigen
Systemkosten zur Anwendung bringen können.

Eines zumindest war in der Rede von Patrick Döring
richtig, nämlich als er dem Staatssekretär bezüglich der
12 Prozent Systemkosten widersprochen hat. Selbstver-
ständlich sind die Systemkosten höher. Das wissen auch
alle. In die Systemkosten müssen nämlich zum Beispiel
die Kosten des BAG für die Kontrolle und eine ganze
Reihe weiterer Kosten eingerechnet werden.

Was sind unsere Forderungen? Unsere Forderungen
sind ganz einfach: In einer ersten Stufe ist die Maut auf
alle Bundesstraßen auszuweiten. In einer weiteren Stufe
ist die Maut auf alle Lkw ab 3,5 Tonnen auszuweiten.
Was sind die Vorteile? Erstens. Wir haben weitaus mehr
Geld. Zweitens. Es ist ein gerechtes, sauberes System.
Drittens. Mit einem guten System, zum Beispiel mit Mi-
krowellentechnik, gelangt man bei extrem niedrigen
Systemkosten zu wunderschönen Einnahmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ein weiterer großer Fehler, den Sie begangen haben
– allerdings nicht im vorliegenden Gesetzentwurf –, ist,
dass Sie die Einnahmen ausschließlich für Straßenbau
verwenden wollen. Für uns ist die Abgabe eine Logistik-
abgabe. Für einen Logistiker ist es entscheidend, dass er
seine Waren verlässlich mit dem Schiff zum Hafen, dann
mit der Eisenbahn und die letzte Meile mit dem Lkw
zum Kunden bringt. Für ihn ist es nicht entscheidend,
dass die Güter ausschließlich auf der Straße oder aus-
schließlich auf der Schiene transportiert werden. Viel-
mehr ist es für unsere Wirtschaft, für unsere Logistiker
und für unseren Wohlstand entscheidend, dass wir ver-
nünftige Transportketten organisieren, dass wir die Rah-
menbedingungen für vernünftige Transportketten abste-
cken. Zu einer vernünftigen Transportkette gehört ein

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(C (D ernünftiges intermodales Angebot: Schiff, Eisenbahn, traße und Umschlagterminals. eshalb müssen die Einnahmen aus dieser Logistikbgabe vernünftig investiert werden: in die Transportetten bzw. die Infrastruktur für die Transportketten. Das aben Sie zerschlagen. Sie nehmen eine sektorale Beachtung vor. Damit wird eine der entscheidenden oraussetzungen für unseren Wohlstand, nämlich eine ernünftige Transportinfrastruktur, nicht genutzt. Ich rufe Sie auf: Kehren Sie um! Folgen Sie unseren orschlägen: Ausweitung der Maut auf alle Bundesstraen und Verwendung der Einnahmen aus der Logistikbgabe für eine integrierte Verkehrspolitik. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Richtig!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710610700

Letzter Redner in dieser Debatte ist Thomas

arzombek für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Thomas Jarzombek (CDU):
Rede ID: ID1710610800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir füh-

n heute eine Debatte, in der zumindest einige Unter-
chiede deutlich werden. Kollege Hofreiter hat uns ge-
de erklärt – den Widerspruch müsste er einmal

uflösen –, dass die On-Board-Units nicht in der Lage
ären, mehr als diese 1 000 Kilometer abzubilden.
leichzeitig fordert er, dass wir die Lkw-Maut auf das
esamte Streckennetz ausdehnen müssen. Wie das zu-
ammengehen soll, ist mir unklar. Entweder stimmt die
ine Aussage nicht oder die andere.


(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben einfach nicht zugehört! Das ist eine andere Technik!)


Was wir heute als Regierung vorlegen müssen, unter-
cheidet sich von dem, was Sie tun müssen.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Sie sind die Koalition und die Regierung!)


Ja, wir sind die regierungstragende Koalition. Das ist
ehr spitzfindig bemerkt. – Was wir tun müssen, das
uss auch funktionieren. Der Vorschlag, 1 000 Kilo-
eter Bundesstraßen in die Mautpflicht mit einzubezie-

en, der heute beraten wird, wird funktionieren. Wir
önnen sie mit dem System und den vorhandenen Soft-
are- und Speicherkapazitäten abbilden. Sie wissen ge-
au, wie die Situation ist. Durch eine Umprogrammie-
ng der Software kann man eine Erweiterung der

treckenkilometer aufnehmen. Das können wir vielleicht
nächsten Jahr, aber nicht jetzt. Deshalb ist es ein Zei-

hen von Klugheit, wenn man sich im Laufe eines Ge-
etzgebungsverfahrens daran orientiert, was technisch





Thomas Jarzombek


(A) )


)(B)

überhaupt möglich ist. Deshalb hat sich die Zahl von
2 000 auf 1 000 Kilometer reduziert.

Sie fragen, wie es sein kann, dass wir trotzdem mit
100 Millionen Euro Einnahmen rechnen; das war ver-
schiedentlich die Frage. Es ist die Logik des ehrlichen
Kaufmanns: Man arbeitet nach dem Niederstwertprinzip
– es ist im HGB festgelegt –, was bedeutet, dass man erst
einmal Vorsicht walten lässt,


(Florian Pronold [SPD]: Das muss für die schwarz-gelbe Koalition gelten, dass sie nach dem Niederstwertprinzip arbeitet!)


solange man noch keine Verträge abgeschlossen hat. An
dieser Stelle können Sie nachrechnen – –


(Florian Pronold [SPD]: Das ist ein Kennzeichen Ihrer Politik, dieses Niederstwertprinzip!)


– Bitte, fragen Sie, Herr Kollege Pronold!


(Florian Pronold [SPD]: Ich habe lediglich festgestellt, dass das Ihre Politik kennzeichnet!)


– Wollen Sie etwas fragen, oder nicht? Dann stehen Sie
auf und drücken auf den Knopf!


(Florian Pronold [SPD]: Nein, ich will Ihre Redezeit nicht verlängern!)


– Sie trauen sich nicht zu fragen. Das ist interessant.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Florian Pronold [SPD]: Haben Sie zu wenig Redezeit?)


Wir nehmen zur Kenntnis: Kollege Pronold traut sich
nicht zu fragen.

26 Milliarden Mautkilometer führten zuletzt zu knapp
5 Milliarden Euro Mauteinnahmen in einem Jahr. Wenn
Sie die 1,3 Milliarden Mautkilometer aus dem ursprüng-
lichen Gesetzentwurf halbieren, dann kommen Sie auf
2,5 Prozent der Mautkilometer, die vorgesehen sind.
Wenn Sie das auf die entsprechenden Einnahmen bezie-
hen, kommen Sie auf Mehreinnahmen von 121 Mil-
lionen Euro. Insofern ist die Rechnung, die hier ange-
stellt wurde, nicht ganz verkehrt.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Brutto oder netto?)


– Natürlich ist das brutto. Davon können Sie die System-
kosten in Höhe von 12,5 Prozent abziehen und haben
immer noch einen Sicherheitspuffer.


(Florian Pronold [SPD]: Und wie viel wäre das denn bei 3 000 Kilometer? – Zuruf des Abg. Uwe Beckmeyer [SPD])


Sie kommen so auf die entsprechenden Zahlen. Insofern
ist das, was wir hier vorgelegt haben, sehr seriös. Herr
Kollege Beckmeyer, Sie üben sich darin, auch in dieser
Plenarsitzung Waldorf und Statler nachzueifern. Im Er-
gebnis ist es aber so, dass Sie keinen Vorschlag gemacht
haben, wie Sie mit der Sache umgehen wollen.

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(C (D (Florian Pronold [SPD]: Und Sie machen Kermit, oder was?)


ie kritisieren die Vergabe an Toll Collect, sagen aber
icht, wie man das Ganze anders regeln kann. Der Kol-
ge Döring hat eindrucksvoll dargestellt, dass alle Ge-

etze, die wir hier beachten müssen, damals von Rot-
rün verabschiedet worden sind. Sie können nicht euro-
aweit ein neues Mautsystem für diese zusätzlichen
traßen ausschreiben.

Und ganz ehrlich: Wer drei Jahre gebraucht hat, das
estehende System zu etablieren – der Spiegel hat im
ahr 2003 vom „Maut-Propheten Stolpe“ gesprochen;
ie Überschrift lautete „Chronologie der gebrochenen
ersprechen“; das manager magazin hat 2003 vor der
Stolper-Gefahr“ gewarnt –, der sollte, glaube ich, klei-
ere Brötchen backen. Derjenige sollte ein bisschen be-
cheidener sein und nicht so harsch über das urteilen,
as wir hier tun.


(Florian Pronold [SPD]: Sie haben wohl ein schlechtes Gewissen bei dem Schrott, den Sie hier zur Abstimmung stellen!)


Grüne und Linke sind in dem, was sie tun, wenigstens
hrlich. Sie wollen die Maut ausweiten auf alle Strecken.
as ist in Ordnung, wenngleich es derzeit technisch
icht möglich ist. Die Linkspartei – Herr Behrens, Sie
ehen noch einen Schritt weiter – will sogar eine Maut
r den Linienfernbusverkehr einführen, obwohl das

och gar nicht zugelassen ist. Das ist auf jeden Fall flott,
o viel kann ich sagen.


(Florian Pronold [SPD]: Das ist zumindest vorausschauend, anders als Schwarz-Gelb!)


h glaube aber, dass gerade die Linienfernbusse für die
enschen mit geringerem Einkommen ein sehr attrakti-

er Mobilitätsfaktor sein werden. Ob Sie diese direkt be-
sten mögen, müssen Sie Ihrer eigenen Klientel erst ein-
al erklären.

Weiterhin haben Sie darauf hingewiesen, dass Sie es
r falsch halten, dass wir die von Ihnen vorgesehenen
rhöhungen bei den Euro-3-Lkw zurückgenommen ha-
en. Hier geht es um die kleinen Spediteure. Wir reden
icht über die großen Speditionen mit den großen Flot-
n, die permanent modernisieren, sondern über die klei-
en Speditionen. Ich habe es bei der letzten Debatte
chon einmal gesagt: Ein Drittel der Lkw sind Euro-3-
kw, die aber nur 16 Prozent der Streckenkilometer ge-
erieren. Das sind die Wenigfahrer unter den Lkw. Zu-
eist handelt es sich um kleinere Betriebe. Die kleinen
etriebe und der Mittelstand sind uns als Union wichtig,
nen offenbar nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Am Ende der Debatte hat Herr Beckmeyer alles zu-
ammengenommen. Es gab noch nie eine Anhörung, bei
er es nur Lob gab; das habe ich noch nie erlebt. Sie ha-
en in einer Sisyphusarbeit sämtliche Kritik zusammen-
etragen.


(Uwe Beckmeyer [SPD]: Es hagelte Kritik!)






Thomas Jarzombek


(A) )


)(B)

Zum Abschluss lese ich Ihnen noch vor, was Herr
Stecker vom BGL gesagt hat – damit spricht er für viele
Spediteure –:

Nichtsdestotrotz haben wir uns öffentlich mit der
Kritik an der Ausweitung der Maut auf die mehr-
streifen Bundesstraßen zurückgehalten, weil wir
zum einen die Zwänge angesichts der Sparbemü-
hungen der Bundesregierung sahen, zum anderen
aber auch den Finanzierungskreislauf Straße be-
grüßt haben und das für einen Schritt in die richtige
Richtung halten und in diesem Zusammenhang
auch jedem Transportunternehmen plausibler ist,
Maut für diese Strecken zu bezahlen.

Das ist Lob.


(Florian Pronold [SPD]: Lob von der Lobby ist doch kein Beleg für Richtigkeit, eher für Falschheit!)


– Wenn Sie mittelständische Transportunternehmer als
Lobby ansehen, dann können Sie sich gerne weiter mit
den Großen unterhalten.

Ich danke Ihnen vielmals.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Florian Pronold [SPD]: Schwach begonnen, stark nachgelassen!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710610900

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der
Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Neu-
regelung mautrechtlicher Vorschriften für Bundesfern-
straßen. Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtent-
wicklung empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf
Drucksache 17/5519, den Gesetzentwurf der Bundes-
regierung auf Drucksache 17/4979 in der Ausschussfas-
sung anzunehmen. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der
Fraktion Die Linke vor, über den wir zuerst abstimmen.
Wer stimmt für den Änderungsantrag der Linken auf
Drucksache 17/5531? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-
tungen? – Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der
beiden Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von
Linken und Grünen bei Enthaltung der SPD abgelehnt.

Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in
der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Hand-
zeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der
Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den
Stimmen der beiden Koalitionsfraktionen gegen die
Stimmen von SPD und Linken bei Enthaltung der Grü-
nen angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist mit dem gleichen Mehrheitsverhältnis wie in der
zweiten Beratung angenommen.

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(C (D Ich rufe den Tagesordnungspunkt 26 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Cornelia Möhring, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Agrarförderung in Deutschland und Europa geschlechtergerecht gestalten – Drucksache 17/5477 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Es gibt keien Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile Kollegin irsten Tackmann für die Fraktion Die Linke das Wort. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! iebe Gäste! Junge Frauen sehen in Dörfern und kleinen tädten immer öfter keine Perspektive mehr für sich; das issen wir seit Jahren. Das hat auch politische Gründe: s fehlt an existenzsichernder bezahlter Arbeit. Der ohnabstand zu Männern ist hier noch größer als in roßstädten. Familie und Beruf sind noch schwieriger u vereinbaren. Familiäre Betreuungsund Versorgungsege zur Schule, zum Einkauf und zu den Ärzten weren immer länger, und sie müssen meistens von den rauen übernommen werden. – Der Preis des Bleibens t unter diesen Bedingungen oft mit dem Verzicht auf igene Lebensperspektiven verbunden. Darum wandern nge Frauen in die Großstädte ab. Der Politik fehlt der Blickwinkel der Frauen. Gerade Deutschland ist die Agrarpolitik männerdominiert, benso wie der Berufsstand und die Verbände. Das ist in er EU-27 nicht überall so. Zum Beispiel im Baltikum ird fast die Hälfte der Landwirtschaftsbetriebe von rauen geleitet. In Deutschland sind das nicht einmal agere 10 Prozent, und wenn, dann sind das eher Beiebe in Ostdeutschland oder kleinere Betriebe. Ein auernverbandsfunktionär hat neulich in einer Veran taltung der Linken gesagt: Für Gleichstellung sind bei ns die Landfrauen zuständig. – Nichts gegen Landfrauen im Gegenteil, sie arbeiten sehr engagiert vor Ort –; aber enn die Gleichstellung gelingen soll, müssen sich alle erantwortlich fühlen. eshalb sagt die Linke: Agrarpolitik muss endlich Frauen alle Entscheidungen einbeziehen, und zwar nicht nur rmal, sondern wirkungsvoll; denn Gleichstellung ist ein rundrecht. Es geht nicht um eine großzügige Gewähng, sondern um einen Anspruch. Das ist mehr als die lte Leier von gleichen Bedingungen für alle. Die Bundesregierung antwortete auf eine Kleine An age der Linken zur Agrarförderung, sie sei „geschlechts Dr. Kirsten Tackmann )


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710611000

(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

neutral“. Sie meint damit, sie sei nicht diskriminierend.
Das zeigt aber nur eine gravierende Gleichstellungs-
inkompetenz; denn so werden ungleiche Verhältnisse
nicht gerechter, sondern so werden sie zementiert.


(Beifall bei der LINKEN)


Man darf deswegen nicht geschlechtsneutral fördern,
sondern man muss geschlechtergerecht fördern.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Linke fordert: Die 58 Milliarden Euro im EU-
Agrarhaushalt für Agrarbetriebe und ländliche Räume
müssen geschlechtergerecht verteilt werden. Wie das
geht, steht in den 19 Forderungen unseres Antrags. Da-
bei geht es nicht einfach darum, jeden zweiten Euro an
Frauen zu überweisen. Wir wollen einen grundlegenden
Wandel. Vor allen Dingen geht es uns um die Überwin-
dung diskriminierend wirkender Strukturen. Zwei
Schwerpunkte unserer Vorschläge möchte ich nennen:

Erstens. Wir müssen mehr wissen über die Lebens-
situation der Frauen auf dem Land. Die Gleichstellungs-
politik muss im Agrarbericht einen größeren Raum ein-
nehmen. Bis Ende 2011 soll dem Bundestag ein Bericht
zum Stand der Gleichstellung in den ländlichen Räumen
vorgelegt werden.

Zweitens. Frauen brauchen mehr wirksame Mitspra-
che bei den Entscheidungen. Zum Beispiel beim ELER-
Fonds zur Förderung der ländlichen Räume müssen
Frauen aktiv in die Entwicklung und Umsetzung der
Programme eingebunden werden. Die Leader-Arbeits-
gruppen, die diese Arbeit vor Ort planen und koordinie-
ren, brauchen Frauenbeiräte, die über ein Vorschlags-
recht verfügen.


(Beifall bei der LINKEN)


In der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die die nationalen
Förderprogramme plant, muss die Bundesfrauenministe-
rin mit Stimmrecht vertreten sein, damit sie schon in der
Programmplanungsphase eingreifen kann.

Die Gleichstellungsdefizite auf dem Land benennen
übrigens nicht nur wir Linken, sondern auch der Bericht
über die Rolle der Frauen in der Landwirtschaft und im
ländlichen Raum des Europäischen Parlaments vom Ja-
nuar. Auch der Weltagrarbericht weist ausdrücklich auf
die große Bedeutung von Frauen bei der Lösung der Pro-
bleme auf dem Land hin.

Die Diskriminierung von Frauen als Kleinbäuerinnen
oder Händlerinnen oder Hauptverantwortliche der Fami-
lien ist eine wesentliche Ursache der Armut. Die Agrar-
exportförderung der EU ist an dieser Situation nicht un-
schuldig. Deshalb sagen wir Linken: Auch damit muss
Schluss sein.


(Beifall bei der LINKEN)


Um zusammenzufassen: Nur eine geschlechterge-
rechte Agrarpolitik wird die Probleme auf dem Land lö-
sen. Das gilt für Deutschland, für Europa und für die
ganze Welt.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Das Wort hat nun Christoph Poland für die Fraktion er CDU/CSU. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710611100


Christoph Poland (CDU):
Rede ID: ID1710611200

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Heiterkeit ist ohne Ernst nicht zu begreifen“, meinte
oriot. Also versuche ich, bei der Debatte über diesen
ntrag, der mich sehr erheitert hat, ernst zu bleiben.


(Karin Binder [DIE LINKE]: Das ist aber wirklich bedauerlich!)


as Thema ruft und rief bei Frauen in der Landwirt-
chaft, mit denen ich gesprochen habe – ich spreche täg-
ch mit ihnen –, große Verwunderung und Heiterkeit
ervor. Aber ich verspreche den Damen und Herren von
er Linken, dass wir das Thema ernst nehmen. Frauen-
rderung findet bei uns in allen Politikbereichen ihren
iederschlag.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Dann hätten Sie mal zuhören sollen!)


Dieser Antrag, den Sie diese Woche mit heißer Nadel
estrickt haben und uns nun im Plenum vor die Füße
erfen, ist eigentlich überflüssig. Ich sage Ihnen auch,
arum:


(Karin Binder [DIE LINKE]: Da sind wir mal gespannt!)


ie haben von der Bundesregierung bereits eine Antwort
uf eine Kleine Anfrage zu diesem Thema erhalten.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das ändert doch nichts an der Situation!)


sofern gilt für Sie das, was Norbert Blüm einmal ge-
agt hat:

Der Vorteil der Opposition ist, dass sie Fragen stel-
len kann, die sie nicht beantworten muss.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Karin Binder [DIE LINKE]: Unser Antrag ist die Antwort darauf!)


Ich kann Ihnen gerne noch einmal darlegen, was wir
r die Frauen in ländlichen Gebieten tun. Zuallererst
öchte ich Ihnen aber sagen, dass die CDU/CSU von

en Linken keine Nachhilfe in Sachen Frauenförderung
raucht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Karin Binder [DIE LINKE]: Das ist ein Irrtum!)


961 holte Konrad Adenauer die erste Frau als Ministe-
n in das Bundeskabinett.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Sie sind wirklich lustig, Herr Kollege!)


ie erinnern sich sicherlich an Elisabeth Schwarzhaupt.
eute steht eine Frau an der Regierungsspitze.





Christoph Poland


(A) )


)(B)


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD]: Aber sie macht keine Frauenpolitik! – Kerstin Tack [SPD]: Das geht völlig am Thema vorbei! – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Sie reden am Thema vorbei!)


– Verehrte Frau Tackmann, ich komme gleich dazu.

Sie zitieren ja gerne die Kommunistin Clara Zetkin.


(Kerstin Tack [SPD]: Worüber redet er denn?)


Ich wünsche mir allerdings inständig, dass Sie nicht die
Möglichkeit haben, Ihren Glauben an die überlegene
Macht des Kommunismus weiter als etwas Gutes zu de-
klarieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Angesichts der Diskussion, ob Oskar Lafontaine in Ihrer
Partei wieder eine wichtige Rolle spielen soll, würde ich
Ihnen empfehlen,


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Reden Sie doch mal zum Thema!)


eher das Frauenbild der Linken und ihrer Mitglieder zu
klären, als sich über das Frauenbild anderer Parteien er-
haben zu fühlen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Ich habe über kein Frauenbild geredet! Ich habe über die Situation geredet! – Weiterer Zuruf von der LINKEN: Sie sollten einmal den Antrag lesen!)


– Ich komme gleich dazu.

Sie beklagen in Ihrem Antrag die Landflucht der
Frauen. Nehmen Sie doch einfach einmal zur Kenntnis,
dass die Landflucht der Frauen keine neue Erscheinung
ist. Schon seit Jahrzehnten, also auch in der früheren
DDR und in der alten Bundesrepublik, gibt es eine Land-
flucht von Frauen. Das hat etwas mit der Entwicklung
und der Industrialisierung der Landwirtschaft zu tun.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Sie sollten sich einfach mal richtig vorbereiten!)


Frauen streben in die Städte, in die Dienstleistungsbe-
rufe und haben keine Lust mehr, auf dem Lande zu le-
ben.

Sie wollen die Agrarförderung auch in Europa ge-
schlechtergerecht gestalten; so haben Sie es in Ihrem
Antrag formuliert. Nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis,
dass wir auf europäischer Ebene bereits federführend ei-
nen Bericht eingebracht haben mit dem Titel „Bericht
über die Rolle der Frauen in der Landwirtschaft und im
ländlichen Raum“.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Ja, der hat die Probleme aufgezeigt!)


Dieser Bericht ist, wie Sie wissen, ohne Änderungs-
antrag vom Europäischen Parlament angenommen wor-
den.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das ist ein Bericht! Das sind keine Taten!)


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(C (D ußerdem darf ich Sie darauf hinweisen, dass die leichstellung der Geschlechter Fundament der EU und den nationalen Verfassungen niedergelegt ist. Nieand hier braucht Ihren Antrag, Ihre Nachhilfe zum hema Frauenförderung. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die multifunktionale Rolle der Frau im ländlichen
aum


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Multifunktionale Rolle der Frau? – Kerstin Tack [SPD]: Das hat er doch jetzt nicht gesagt, oder?)


istet einen wesentlichen Beitrag dazu, in der Gesell-
chaft ein modernes Frauenbild zu prägen. Meist sind es
ie Frauen, die in der Erschließung zusätzlicher Einkom-
ensquellen Zukunftsperspektiven sehen und neue
ege gehen. Durch ihr unternehmerisches Engagement
isten Frauen einen wesentlichen Beitrag zum Fami-
eneinkommen, zur Existenz der landwirtschaftlichen
etriebe und zur regionalen Wirtschaftskraft. Dies gilt in
esonderem Maße für den ländlichen Tourismus, die Di-
ktvermarktung, den Dienstleistungsbereich und andere

nternehmerische Initiativen.

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Alles prekäre Beschäftigung!)

In meinem Wahlkreis gibt es starke Unternehmerin-

en im landwirtschaftlichen Bereich.

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Bei mir auch!)

Bereich der Rinderzucht hat Frau Dr. Sabine Krüger

Woldegk zum Wohle der Landwirte und einer eigen-
tändigen Zucht eine einheitliche, wirtschaftlich starke
ucht- und Besamungsorganisation aufgebaut. Frau
arola Lehmann gebietet als Vorstandsvorsitzende über
000 Hektar.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Was sagt denn das?)


s gibt dort auch Fischerinnen, die ihren eigenen Betrieb
röffnet haben, zum Beispiel Frau Sabine Reimer-
eißner, und junge Frauen, die einen Agrarbetrieb mit
ourmetrestaurant, Hofladen und Ähnlichem aufgebaut
aben.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Ja! Das zeigt doch, dass sie es können! Warum sind es denn dann nur 10 Prozent?)


Ich weiß nicht, ob Sie glauben, dass dann, wenn
0 Prozent einen Hofladen hätten, alle davon leben
önnten.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Wieso mit einem Hofladen? Frauen können also nur Hofladen, oder wie? – Kerstin Tack [SPD]: Peinlich!)


Den unterschiedlichsten Anforderungen begegnen
rauen sehr kreativ,


(Patrick Döring [FDP]: Oh ja! Wie der Antrag der Linken beweist!)






Christoph Poland


(A) )


)(B)

vor allem im Rahmen familiärer Unterstützungsnetz-
werke. Das Johann-Heinrich-von-Thünen-Institut hat
festgestellt, was Frauen Kreatives leisten.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Sie spielen für die ländliche Entwicklung eine wesentli-
che Rolle, auch wenn dies von der Öffentlichkeit häufig
nicht wahrgenommen wird.

Den EU-Bericht über die Rolle der Frauen in der
Landwirtschaft und im ländlichen Raum, den Sie in Ih-
rem Antrag erwähnen, verstehe ich ganz anders als Sie.


(Kerstin Tack [SPD]: Das war klar!)

Sie schreiben:

In vielen Regionen droht mittel- bis langfristig eine
weitere Verschlechterung der sozialen Infrastruktur.

(Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD]: Aber sicher!)


Das ist nicht richtig.

(Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD]: Doch!)


Vielmehr wird in dem Bericht hervorgehoben, dass die
Rollenvielfalt, der sich Frauen im ländlichen Umfeld
stellen, einen wesentlichen Beitrag zum Fortschritt und
zu Innovationen auf allen gesellschaftlichen Ebenen und
zu einem Anstieg der Lebensqualität insbesondere im
ländlichen Raum leistet.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Ja! Aber da ist Deutschland doch schon Vorreiter, denke ich!)


Denken Sie nur an die Frauen in Verbänden, in Feuer-
wehren, im Landfrauenverband. Es gibt bereits erste
Feuerwehrführerinnen,


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das ist auch gut so! Aber die können viel mehr! – Kerstin Tack [SPD]: Das ist total peinlich, was Sie da erzählen!)


weil Männermangel herrscht.

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Also nur als Ersatz für Männer, oder wie?)

Außerdem schreiben Sie in Ihrem Antrag, dass das

Seminar „Frauen in der nachhaltigen Entwicklung des
ländlichen Raums“ lediglich einen begrenzten Sensibili-
sierungseffekt hatte. Diese Einschätzung kann ich so
nicht teilen. Im Bericht wurde vielmehr festgehalten,
dass es in der letzten Dekade im Hinblick auf die Ar-
beitslosenzahlen von Frauen einen positiven Trend gege-
ben hat. Nehmen Sie diese positiven Arbeitsmarktzahlen
doch einmal zur Kenntnis! 2011 werden in Deutschland
mehr Menschen Arbeit haben als jemals zuvor seit dem
Zweiten Weltkrieg.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Es geht um existenzsichernde Bezahlung!)


Natürlich kommen Sie auch mit Ihrem Lieb-
lingsthema um die Ecke, dem Mindestlohn.


(Beifall bei der LINKEN)

Da machen wir nicht mit.

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(C (D ir als CDU sind gegen den Mindestlohn. Wir wollen icht, dass durch die Einführung eines flächendeckenden indestlohns Arbeitsplätze im landwirtschaftlichen und ndlichen Bereich vernichtet werden. Meine Damen und Herren, in ihrem Antrag fordern ie Linken – hören Sie jetzt gut zu – deutlich höhere Anile des europäischen Agrarfonds für Frauen. Ich finde, as geht über Gleichbehandlung hinaus. (Zuruf von der CDU/CSU: Genau! Was ist daran gerecht?)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ier überdrehen Sie das Rad gewaltig.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zusammenfassend will ich ganz klar sagen: Wir leh-
en Ihren Antrag ab.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Jetzt schon? Sie haben ihn ja noch gar nicht richtig gelesen! Wir diskutieren darüber doch gerade erst in erster Lesung!)


h schenke Ihnen allerdings ein paar Minuten meiner
edezeit. Frohe Ostern!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Allein für diese Rede hat es sich gelohnt, herzukommen!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710611300

Danke schön. – Das Wort hat nun Wilhelm Priesmeier

r die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE])



Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD):
Rede ID: ID1710611400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

olleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Kollege
oland, Ihre Bemerkung zu Heiterkeit und Ernst nehme
h als gegeben hin. Aber die Sachlichkeit war in Ihrer
ede nicht besonders stark ausgeprägt.


(Iris Gleicke [SPD]: Ja, die Sachkunde auch nicht! – Kerstin Tack [SPD]: Das war peinlich!)


sofern hat es auch entsprechende Bemerkungen gege-
en.

Ich glaube, das Thema, um das es geht, hat gravie-
nde Auswirkungen auf den gesamten ländlichen Raum

nd die demografische Entwicklung im ländlichen
aum.


(Iris Gleicke [SPD]: Richtig!)


ie Gleichstellungsstrategie ist ein Kernziel der Strate-
ie „Europa 2020“. Insofern hat sich Ihre Kollegin Frau
eggle im Europaparlament besondere Verdienste erwor-
en. Sie hat nämlich den Bericht aufgegriffen und am
. April dieses Jahres einen wirklich hervorragenden





Dr. Wilhelm Priesmeier


(A) )


)(B)

Entschließungsantrag – Sie haben ihn vielleicht noch
nicht gelesen –, der 39 Forderungen enthält, durch das
Europaparlament gebracht. In diesem Antrag wurden
viele Dinge, die im Antrag der Linken stehen, themati-
siert und fast wortgleich eingefordert.


(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das ist ja Sozialismus! Mein Gott!)


Insofern würde ich mir das – was moderne Politik für
Frauen im ländlichen Raum und auch was die Möglich-
keiten betrifft, den Agrarhaushalt dort mit einzusetzen –
zumindest einmal vor Augen führen und unter Umstän-
den zum Konzept machen.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Christoph Poland [CDU/CSU]: Aber nicht wortgleich mit dem Linken-Antrag!)


Wir Sozialdemokraten wollen natürlich die Rolle der
Frauen in den ländlichen Räumen stärken, damit diese
lebenswert bleiben. Deshalb unterstützen wir nachdrück-
lich alle 39 Forderungen dieses Entschließungsantrags.
Wir haben allerdings auch die Aufgabe, die Forderun-
gen, die für Europa formuliert sind, an Deutschland und
seine Strukturen anzupassen.

Die Bundesregierung bekennt sich ebenfalls zur
Gleichstellungspolitik. An der Antwort auf die Kleine
Anfrage der Linken erkennt man aber, dass sie bislang
keine Vorschläge erarbeitet und offensichtlich auch
keine konkreten Vorstellungen im Hinblick auf die Um-
setzung hat.

Im Rahmen der Ausgestaltung der zweiten Säule nach
ELER gibt es einen relativ großen Spielraum an Mög-
lichkeiten, dort spezifische Frauenförderung zu veran-
kern. Schauen Sie sich doch einmal an, wie sich der
ländliche Raum darstellt. Schauen Sie vor allem in die
ländlichen Räume der neuen Bundesländer: nach Nord-
ostvorpommern, in die Prignitz oder nach Sachsen. Dann
erkennen Sie, dass dort mittlerweile ein Missverhältnis
zwischen den Geschlechtern besteht – ein Verhältnis im
Extremfall von 100 zu 75, im Regelfall von 100 zu 80.
Das heißt, 20 Prozent der Frauen in den Altersgruppen
zwischen 18 und 29 Jahren fehlen, und es werden weni-
ger Kinder geboren. Auch das führt dazu, dass diese
Räume sozial instabil werden.

Die Wanderungsbewegung – das haben Sie richtig be-
merkt – ist sicherlich eine Erscheinung, die wir seit
100 oder 200 Jahren haben. Das ist so, seitdem die
Städte wachsen. Bislang waren wir aber immer in der
Lage, dies durch einen entsprechenden Bevölkerungszu-
wachs in den ländlichen Räumen auszugleichen. Das
passiert schon lange nicht mehr.

Wenn ich meinen eigenen Wahlkreis bzw. meine ei-
gene Kommune anschaue, sehe ich dort ein charakteris-
tisches Beispiel. Wir hatten, als ich anfing, Kommunal-
politik zu machen, etwa 11 500 Einwohner. Heute haben
wir noch 9 800 Einwohner. Im letzten Jahr sind in dieser
Kommune – ich habe bei meinem Bürgermeister nach-
gefragt – 48 Kinder geboren worden. Das ist die Per-
spektive, die wir in ländlichen Räumen haben. Aktive
Frauenpolitik, das Fördern von Frauen im ländlichen

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(C (D aum ist ein zentrales Instrument, um dem demografichen Wandel, der sich in den ländlichen Räumen vollieht, etwas entgegenzusetzen und ihn zu bewältigen. Für uns ist aktive Gleichstellungspolitik eine Selbsterständlichkeit. Wir wollen die Agrarpolitik davon icht ausnehmen. Es geht sicherlich nicht um einen Anatz in Richtung „Bauer sucht Frau“ zur Finanzierung es Projekts. Es geht viel weiter. Aber wenn Sie in solhen Regionen leben, ist die Wahrscheinlichkeit, eine däquate Lebenspartnerin zu finden, geringer, als wenn ie am Polarkreis lebten. Man muss auch sehen, welche Entwicklungen sich in ezug auf das Wahlverhalten abspielen. Es gibt eine Unrsuchung – ich kann sie Ihnen vorlegen –, in der der achweis geführt wird, dass rechtsradikales Wählerveralten unmittelbar mit dem Phänomen der Abwanderung orreliert. Das sollte uns allen zu denken geben. Wir üssen versuchen, dort aktiv gegenzusteuern. Wir müs en versuchen, jungen Frauen Perspektiven zu bieten. enn wer wandert ab? Es wandern die ab, die am besten usgebildet sind und die besten Voraussetzungen haben. Es ist uns mittlerweile gelungen, in unserem Bilungssystem dafür zu sorgen, dass die Zahl der weiblihen Hochschulzugangsberechtigten fast 60 Prozent eies Jahrgangs ausmacht. Wenn wir auf der anderen Seite chauen, wer einen Hauptschulabschluss oder keinen chulabschluss hat, dann sind 60 Prozent der Betroffeen männlich. Das sollte uns zu denken geben. Es hat in iesen Räumen unmittelbare Auswirkungen. Jemand, der für sich eine adäquate Lebensperspektive ucht, der sucht auch eine adäquate Arbeit und ein adquates Beschäftigungsverhältnis. Insofern ist es gechtfertigt, dass man sich diesem Thema im Rahmen er Diskussion über die Neuausrichtung der Gemeinsaen Agrarpolitik in ganz besonderer Weise widmet und ie Demografie im ländlichen Raum zu einem zentralen hema bei der Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarolitik in der zweiten Säule macht. Darum kommen wir ar nicht herum; denn allen Veränderungen, die sich in iesen Räumen abspielen, müssen wir zumindest begleind etwas entgegenstellen, wenn wir diesen Prozess chon nicht verhindern können. Darum ist der Ansatz, er von der Kollegin eingefordert wird, richtig. Ich kann nicht alle Ihre Forderungen unterschreiben; ber es besteht durchaus die Notwendigkeit, das polisch anzuerkennen und auch in politisches Handeln umusetzen. Darüber, ob gerade Frau Schröder als Familinministerin an den PLANAK-Verhandlungen beteiligt erden muss, kann man sich trefflich streiten. Was wir auch brauchen, ist – das ist hier ebenfalls theatisiert worden – Entgeltsicherheit und Entgeltgleich eit für Männer und Frauen. Bislang ist es so, dass rauen im Regelfall – besonders aber in den ländlichen äumen – erheblich schlechter bezahlt werden. Es gilt em etwas entgegenzusetzen. Deshalb bedauere ich, ass Sie unseren Antrag mit dem Titel „Entgeltgleichheit Dr. Wilhelm Priesmeier )


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)





(A) )

zwischen Männern und Frauen gesetzlich durchsetzen“
in der letzten Woche abgelehnt haben.


(Beifall bei der SPD)


Damit haben Sie den Frauen und auch den ländlichen
Räumen weiß Gott keinen Dienst erwiesen.

Die Lohndiskriminierung von Frauen auf dem Lande
sollte längst der Vergangenheit angehören.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Ich garantiere Ihnen: Hinsichtlich der Forderungen nach
Lohn- bzw. Entgeltgleichheit und Mindestlöhnen auch in
der Landwirtschaft und in den ländlichen Räumen stehen
wir an der Seite der Gewerkschaften; wir unterstützen
dies. Ich glaube, Gender Budgeting, also das Einfließen
dieser Grundüberlegungen in alle Politik- und Haus-
haltsbereiche, sollte in Zukunft eine Selbstverständlich-
keit sein. Wir als Sozialdemokraten werden uns dafür
einsetzen, dass diese Selbstverständlichkeit zur Realität
wird.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710611500

Die Kollegin Christel Happach-Kasan von der FDP-

Fraktion hat ihre Rede zu Protokoll gegeben,1) sodass
jetzt Kollegin Cornelia Behm von der Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen als letzte Rednerin in dieser Debatte
das Wort erhält.


Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710611600

Vielen Dank, sehr geehrter Herr Präsident. – Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Herr Poland, Ihre Rede war
wahrlich sehr schwer zu ertragen. Dass Sie von den Ko-
alitionsfraktionen so viel Beifall bekommen haben,
spricht Bände hinsichtlich Ihrer Geisteshaltung in dieser
Frage.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Es wird niemand leugnen wollen, dass die Chancen-
gleichheit von Frauen in unserer Gesellschaft besonders
in ländlichen Regionen eine besondere Herausforderung
darstellt.


(Holger Krestel [FDP]: Da wächst der österliche Friede aber nicht!)


Ich blicke hier insbesondere auf Ostdeutschland. Die
Forschung weist seit Jahren auf die prekäre Situation der
Frauen dort hin, die eine massive Abwanderung zur
Folge hat.


(Holger Krestel [FDP]: Sie sollten Ihrem Vorredner zuhören!)


Die formalrechtliche Gleichstellung der Frauen ist zwar
auf dem Papier vorhanden, die Wirklichkeit sieht aber
leider häufig anders aus. Frauen werden schlechter be-
zahlt, sie haben schlechtere Aufstiegschancen, und sie

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fr1) Anlage 2

(C (D aben nach wie vor mit einem tradierten Rollenverständis zu kämpfen, das ihren eigenen Vorstellungen in keier Weise entspricht. Die Linksfraktion greift diese Problematik in ihrem ntrag dankenswerterweise auf. Ein klares politisches andlungskonzept, wie wir diese Herausforderung eistern können, bleiben Sie allerdings schuldig. Das egt vor allem daran, dass man ländliche Räume und andwirtschaft wieder einmal in einen Topf geworfen at. Die Bedeutung der Agrarbranche für die ländliche ntwicklung ist zwar unstrittig. Wenn wir aber die Situaon von Frauen auf dem Lande nachdrücklich verbesern wollen – und das sollte ja ein wesentliches Ergebnis on Gleichstellung sein –, dann kommen wir mit einer eschränkung auf Landwirtschaft und Agrarförderung icht weit. Arbeitsplätze, gute Löhne, Ausund Weiterildungsmöglichkeiten, die Vereinbarkeit von Familie nd Beruf durch familienfreundliche Infrastrukturen – as sind die Knackpunkte für mehr Chancengleichheit nd gelebte Geschlechtergerechtigkeit gerade für Frauen uf dem Lande. Im Forderungsteil des Antrags der Linksfraktion finet sich dazu nichts. Da hilft auch die Aufnahme des undesfamilienministeriums in den PLANAK nicht irklich weiter. Meinen Sie, dass sich dadurch etwas an er falschen Prioritätensetzung bei der GAK ändert? (Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Wenn wir eine kompetente Ministerin hätten, wäre das schon möglich!)


Selbst wenn wir uns auf den Agrarbereich beschrän-
en, sind die Vorstellungen der Linken nicht wirklich
mbitioniert. „Mehr Frauen in die Führungsetagen der
roßen Agrargenossenschaften und GmbHs“ lautet eine
rer Forderungen. Das wäre sicherlich ein wichtiges
eichen. Vielen gestandenen Landwirten erschiene es
ahrlich als eine Art Kulturrevolution. Aber reicht uns
as?


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)


ie Stärkung der ökologischen und bäuerlichen Land-
irtschaft würde uns viel weiter bringen; denn diese

chafft Arbeitsplätze.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ie ist im Gegensatz zu den großen Betrieben innovativ,
enn es um mehr Beschäftigung und neue, gleichbe-
chtigte Einkommensmöglichkeiten gerade auch für
rauen geht. Aber dazu findet sich im Antrag der Linken
ider nichts.

Ich will das Kind nicht mit dem Bade ausschütten.
er Ansatz ist gut. Jetzt kommt es aber auf konkrete In-

trumente an.

Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, liebe Kolleginnen
nd Kollegen von der Koalition: die Hofabgabeklausel.
ach der geltenden Regelung gilt: Wenn ein Landwirt
it 65 Jahren nicht seinen Hof abgibt, verliert er seinen
entenanspruch. Will er ihn aber an seine jüngere Ehe-
au abgeben, so darf diese nicht jünger als 55 Jahre sein.





Cornelia Behm


(A) )


)(B)

Ist sie beispielsweise 53 oder 48, hat sie Pech gehabt.
Der Gesetzgeber verbietet ihr die Übernahme des Hofes
und entzieht ihr damit die Lebensgrundlage als Bäuerin.

Ein weiteres Beispiel: Ist die Bäuerin 65, ihr Ehe-
mann aber nicht bereit, den Hof mit Eintritt ins Ren-
tenalter abzugeben, verweigert ihr der Gesetzgeber die
Rente. Es ist ihr somit gesetzlich verwehrt, eigenständig
über ihr Leben im Rentenalter zu entscheiden. Das müs-
sen wir ändern, und zwar jetzt.

Zusammengefasst heißt das: Um die Diskriminierung
von Frauen auf dem Lande zu beenden, reicht es nicht,
sie stärker an Förderprogrammen zu beteiligen, und
schon gar nicht, Aktionsprogramme zu machen und Bei-
räte zu berufen. Das Feld, das es zu beackern gilt, ist
groß und steinig. Die Regierungskoalition sollte endlich
die Kraft zusammennehmen, nicht nur vor Ort bei den
Betroffenen schöne Worte zu machen, sondern wenigs-
tens die schwersten Steine – damit meine ich beispiels-
weise die Hofabgabeklausel – aus dem Weg zu räumen.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710611700

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/5477 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 27 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Konstantin von Notz, Wolfgang Wieland,
Jerzy Montag, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Keine Vorratsdatenspeicherung von Fluggast-
daten –

Richtlinienvorschlag über die Verwendung von
Fluggastdatensätzen, KOM(2011) 32 endg.,
Ratsdok. 6007/11

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundes-
regierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des
Grundgesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4
EUZBBG

– Drucksache 17/5490 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Dazu höre
ich keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen
Konstantin von Notz für die Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen das Wort.

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(C (D Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! 1 101 889 000 Passagiere wurden nach Anga-
en von Eurostat im Jahr 2008 in der EU auf dem Luft-
eg befördert. Von einem erheblichen Teil dieser Passa-
iere sollen nun jeweils 19 Datenkategorien ohne Anlass
nd auf Vorrat gespeichert werden: Anschrift, Telefon-
ummer, E-Mail-Adresse, Kreditkartennummer, Zahl
nd Name der Mitreisenden,


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unglaublich!)


er Name des Sachbearbeiters im Reisebüro, der soge-
annte Vielfliegervermerk, die Sitzplatznummern und
ein Meisterwerk der Unbestimmtheit – sogenannte all-

emeine Hinweise.

Um hier gar keinen großen Spannungsbogen aufzu-
auen und den Tenor unseres Antrags gleich offen zu be-
ennen: So geht es nicht, meine Damen und Herren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Schon das allein ist eine riesige Menge äußerst aus-
agekräftiger personenbezogener Daten. Aber zu allem
berfluss ist in der jetzt vorliegenden Richtlinie eine
erknüpfung dieser Daten, eine Abgleichung oder, um
s konkreter zu sagen, eine Rasterung verpflichtend vor-
esehen. Hier entsteht ein unüberschaubarer, staatlich
ontrollierter Datenpool, der nicht nur mit anderen euro-
äischen und nationalen Datensammlungen abgeglichen
erden kann und soll, sondern aus dem sich zusätzlich
erschiedenste Polizei- und Strafverfolgungsbehörden
ller 27 Mitgliedstaaten bedienen sollen.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Was ist daran schlimm?)


Das will ich Ihnen jetzt erklären, Herr Kollege. – Wie
nge diese Behörden wiederum die abgerufenen Daten

peichern


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Polizeiarbeit ist etwas Schlimmes für euch!)


Herr Binninger, Sie haben eine Frage gestellt, hören
ie jetzt auch zu! –,


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Jawohl!)


ozu sie die Daten, die sie abrufen, genau verwenden
nd an welche weiteren Länder – ohne ausreichendes
atenschutzniveau – sie sie weitergeben, ist nach der
orliegenden Richtlinie völlig unklar.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Dann machen Sie einen Vorschlag!)


iese Vorratsdatenspeicherung ist ein weiterer Baustein
einem völlig unkontrollierbaren Gewirr von unter-

inander verbundenen Datenpools in Europa. Meine
raktion und ich sehen hier – das sage ich Ihnen in aller
eutlichkeit – ein massives datenschutzrechtliches und
erfassungsrechtliches Problem.





Dr. Konstantin von Notz


(A) )


)(B)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Weil das Bundesministerium des Innern vor Monaten
schon selbst erhebliche Zweifel an der verfassungskon-
formen Umsetzung dieser unausgegorenen Richtlinie an-
gemeldet hat, ist es mir völlig unverständlich, warum die
Bundesregierung in Kenntnis dieser Zweifel und in
Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesverfassungsge-
richts bei den Verhandlungen zum Kommissionsentwurf
am Anfang dieser Woche nicht ausdrücklich darauf hin-
gewiesen hat, dass eine solche Vorratsdatenspeicherung
– um nichts anderes handelt es sich hier – mit dem deut-
schen Grundgesetz überhaupt nicht vereinbar ist.

Schon in seinem Urteil zur Umsetzung der Richtlinie
zur Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikations-
verbindungsdaten fiel es dem Bundesverfassungsgericht
auffallend schwer, die zugrunde liegende EU-Richtlinie
unangetastet zu lassen und nur Teile des Umsetzungsge-
setzes für verfassungswidrig zu erklären. Es wurden
engste Grenzen gesetzt, die den Gesetzgeber zu großer
Zurückhaltung zwingen. Der Richtlinienvorschlag aber,
der uns heute vorliegt, übt gar keine Zurückhaltung;
ganz im Gegenteil: Es wird gespeichert, so lange es geht,
so umfassend es geht und von so vielen Menschen, wie
es geht. Gleich eine ganze Reihe von Regelungen des
Richtlinienvorschlags widersprechen diametral den kla-
ren Vorgaben unseres Bundesverfassungsgerichts.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Ich sage Ihnen heute voraus: Müsste das Bundesver-
fassungsgericht über ein Gesetz zur Umsetzung der
Fluggastdatenrichtlinie entscheiden, könnte das massive
negative Folgen für den rechtlichen Zusammenhalt der
Europäischen Union haben; denn eines der zentralen Ge-
bote unserer Verfassung lautet: Die Freiheitswahrneh-
mung der Bürger darf nicht total erfasst und registriert
werden. – Hierfür muss sich – ich zitiere das Bundesver-
fassungsgericht – „die Bundesrepublik in europäischen
und internationalen Zusammenhängen einsetzen“. Das
haben Sie bisher allenfalls kosmetisch, aber leider über-
haupt nicht ernsthaft getan. Fangen Sie endlich damit an!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Denn sonst stellen Sie das Bundesverfassungsgericht vor
folgende Wahl, Herr Kollege Binninger –


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710611800

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


– ich komme zum Ende –: entweder erstmals Europa-
recht direkt anzugreifen oder aber sich in direkten Wi-
derspruch zu der eigenen jüngsten Rechtsprechung und
damit dem deutschen Verfassungsrecht zu begeben. Ich
fordere Sie daher auf: Ersparen Sie uns diese Niederlage
für die Grundrechte des Grundgesetzes oder die europäi-
sche Integration! Wir Grüne bieten Ihnen an: Lassen Sie
uns das Grundrecht auf informationelle Selbstbestim-

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(C (D ung nach Europa tragen, statt weiter den politischen rundrechteabbau durch die europäische Hintertür zu etreiben. Ganz herzlichen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710611900

Das Wort hat nun Clemens Binninger für die CDU/

SU-Fraktion.


Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1710612000

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

orneweg eine klarstellende Bemerkung, Herr Kollege
on Notz: Die Richtlinie liegt im Entwurf vor. Über sie
ird etwa ein Jahr verhandelt werden. Sie ist noch nicht
eschlossen. Wir alle sind aufgefordert, gute Beiträge
ur Formulierung der Richtlinie zu leisten. Ihre Rede
ar leider kein guter Beitrag dazu.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber hallo!)


Die Erwartungshaltung der Bevölkerung, der Medien
nd der Politik, wenn es um die Notwendigkeit der Spei-
herung von Passagierdaten und um die Luftsicherheit
eht, lässt sich am besten mit einem Blick in die Realität
eantworten.

25. September 2009: Es gelingt einem Terrorverdäch-
gen, von Nigeria über Amsterdam nach Detroit zu flie-
en.


(Dr. Eva Högl [SPD]: Trotz Datenspeicherung!)


s gibt Hinweise auf sein Verhalten: Er bezahlt bar; er
ucht nur ein One-Way-Ticket; er reist ohne Gepäck in
ie USA. All das bleibt unbemerkt. Er versucht, im Lan-
eanflug auf Detroit eine Flüssigkeit zu entzünden, um
as Flugzeug zum Absturz zu bringen.

Als das passierte, kam aus allen Parteien – von der
inken über die Grünen, bei uns sowieso – zu Recht die
lare Aussage, dass es nicht sein kann, dass ein Terror-
erdächtiger unerkannt ein Flugzeug besteigt. Da müsse
och irgendwo eine Warnlampe angehen. Wenn die
arnlampe angehen soll, brauchen wir auch eine Passa-

ierdatenspeicherung. Alles andere ist Unfug und Sand,
er den Leuten in die Augen gestreut wird.


(Beifall bei der CDU/CSU – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unsinn! Wir hatten sie mit den USA, als der eingestiegen ist!)


as wir unter Rot-Grün hatten, will ich lieber nicht nä-
er erläutern.

Wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass in
en Bereichen von Terrorismus und organisierter
riminalität – um nichts anderes geht es hier – die Si-

herheitsbehörden darauf angewiesen sind, Daten über





Clemens Binninger


(A) )


)(B)

Reisebewegungen, Kommunikationsbeziehungen und
Finanzströme zu erhalten.

Das PNR-Abkommen, das jetzt im Entwurf vorliegt,
schafft einen einheitlichen Rahmen innerhalb der EU.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat es was genutzt bei dem Unterwäschebomber? Nein!)


Es wird jetzt ein Jahr verhandelt werden. Die Richtlinien
haben drei Ziele. Erstens. Es soll – ich glaube, noch
nicht einmal Sie sind da anderer Meinung – verhindert
werden, dass Terrorverdächtige, die einen Anschlag pla-
nen, überhaupt erst ein Flugzeug besteigen. Wer dagegen
etwas hat, soll es sagen. Es gibt gegen die Forderung,
das zu verhindern, ernsthaft nichts einzuwenden.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, aber es hilft nicht!)


Zweiter Punkt: Es soll gelingen, schwere Straftaten auf-
zuklären. Dritter Punkt: Es soll gelingen, Verdächtige zu
erkennen.

Wenn wir die Richtlinie jetzt ansehen, stellen sich na-
türlich einige – auch datenschutzrechtliche – Fragen.
Das bestreite ich überhaupt nicht. Wir sind erst am Be-
ginn der Debatte. Eine Frage, die sich auch für mich
stellt, ist, ob die Speicherdauer – 30 Tage offen, dann
pseudonymisiert für fünf Jahre – notwendig oder zu
lange ist.


(Jan Korte [DIE LINKE]: Nein, zu lang!)


Ich bin durchaus der Auffassung, dass wir sehr genau
überlegen müssen, warum es fünf Jahre sein sollen. Es
könnten auch weniger sein. Ich will aber auch darauf
hinweisen – das gehört zur Ehrlichkeit dazu –: Diese Da-
ten werden nicht gespeichert, weil der Staat es will.
Diese Daten sind alle schon heute bei den Fluggesell-
schaften vorhanden und werden auch dort heute schon
mehrere Jahre gespeichert.


(Jan Korte [DIE LINKE]: Aber dezentral!)


Es geht um die Frage, ob wir unter bestimmten Voraus-
setzungen den Sicherheitsbehörden diese Daten zur Ver-
fügung stellen, um Anschläge zu verhindern, schwere
Straftaten aufzuklären oder Verdächtige zu identifizie-
ren. Wem die Sicherheit der Bürger etwas wert ist, der
kann diese Frage nicht mit Nein beantworten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Trotzdem glaube ich, dass wir über das Thema Speicher-
dauer reden müssen.

Die zweite Frage, die sich stellt, ist, ob wir nur Flüge
von außerhalb in die EU erfassen wollen oder auch
Flüge innerhalb der EU. Da gibt es unterschiedliche
Positionen. Das will ich nicht bestreiten. Wir müssen uns
darüber klar werden, dass die Gefährlichkeit von Perso-
nen nicht geringer wird, weil sie von Barcelona nach
Berlin fliegen statt von Nigeria nach Berlin. Wir müssen
versuchen, diese Frage eher an der Gefährlichkeit der
Personen zu orientieren.



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(C (D (Jan Korte [DIE LINKE]: Also wollen Sie es auch innereuropäisch?)


Nein, das ist eine Frage, die sich stellt.


(Jan Korte [DIE LINKE]: Aber die Antwort ist ja klar!)


ir debattieren darüber. Machen Sie einen Vorschlag!

Für mich ganz persönlich stellt sich auch eine dritte
rage, da greife ich sogar Ihre Bedenken ein Stück weit
uf. Zu verhindern, dass ein Terrorverdächtiger ein Flug-
eug besteigt, ist oberstes Ziel. Daran kann es für mich
einen Zweifel geben.


(Jan Korte [DIE LINKE]: Richtig!)


er das ablehnt, macht keine seriöse Sicherheitspolitik.
uch schwere Straftaten aufzuklären, halte ich für abso-
t berechtigt. Die dritte Zielrichtung des Abkommens
t, anhand der Daten Kriterien zu erkennen, mit denen
erdächtige identifiziert werden können, also eine Art
asterfahndung. Da hat uns das Bundesverfassungsge-
cht ganz klar aufgegeben: Die Rasterfahndung ist zu-
ssig, sie muss aber an eine konkrete Gefahr geknüpft

ein. Das heißt, eine pauschale Ermächtigung, diese Da-
n quasi jede Woche auf irgendwelche Auffälligkeiten
in zu durchleuchten, ist rechtlich nach unserem Ver-
tändnis schwer abzubilden. Deshalb müssen wir darauf
chten, dass wir hier, wenn es dabei bleibt, auch den Be-
ug zur konkreten Gefahr haben.

Insgesamt können wir aber nicht darüber hinwegge-
en, dass wir an einem solchen Instrument nicht vorbei-
ommen, wenn wir Sicherheit im Luftverkehr wollen,
enn wir verhindern wollen, dass Passagiermaschinen
iele von Anschlägen werden, und wenn wir wollen,
ass wir in der Lage sind, schwere Verbrechen – es geht
uch um organisierte Kriminalität, es geht um Men-
chenhandel – aufzuklären und Strukturen zu erkennen.

Durch die PNR-Richtlinie wird zumindest ein einheit-
cher Rahmen geschaffen. Es gab zwischen einzelnen
taaten lange einen bilateralen Wildwuchs. Es war völlig
nklar, wer wie viele Daten bekommt. Insofern ist eine
ichtlinie, durch die Einheitlichkeit hergestellt wird, zu
egrüßen. Wir können über das Thema Speicherdauer
den. Wir können auch über das Thema „Was alles soll
an mit den Daten machen dürfen?“ sprechen. Ich

laube, an den zwei Grundzielen braucht man nicht zu
tteln.

Herr Kollege von Notz, ich finde, das, was Sie von
en Grünen in Ihrem Antrag geschrieben haben, ist ein
isschen Wischiwaschi:


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)


on allem ein wenig, aber keine klare Position.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Richtlinie ist Wischiwaschi!)


ie müssten schon sagen, ob Sie grundsätzlich gegen die
assagierdatenspeicherung sind – auch wenn Sie damit
Kauf nehmen, dass Terrorverdächtige Flugzeuge be-

teigen – oder ob Sie unter bestimmten Bedingungen da-





Clemens Binninger


(A) )


)(B)

für sind. Dazu äußern Sie sich in Ihrem Antrag nicht.
Die häufigste Formulierung in Ihrem Antrag lautet
– viermal kommt das vor –:

Falls ein Verzicht auf die Normierung einer Ver-
pflichtung zur Speicherung von Fluggastdaten nicht
durchsetzbar sein sollte …

Sagen Sie doch klipp und klar, ob Sie für diese Daten-
speicherung sind – bringen Sie dann Ihre Kritikpunkte
vor – oder ob Sie dagegen sind. Dann wissen die Men-
schen in Deutschland, was Ihnen die Sicherheit wert ist –
offensichtlich sehr wenig. Beziehen Sie Position!


(Jan Korte [DIE LINKE]: Mann, Mann!)


Es geht nicht an, dass Sie sich einmal so und einmal so
äußern, nur weil Sie einer bestimmten Klientel gefallen
wollen. Wir brauchen diese Richtlinie, um mehr Sicher-
heit zu bekommen. Sie sind herzlich eingeladen, auf un-
serem Weg mitzumachen. Beziehen Sie aber bitte eine
klare Position.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710612100

Das Wort hat nun Wolfgang Gunkel für die SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Wolfgang Gunkel (SPD):
Rede ID: ID1710612200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Dis-

kussion über die PNR-Daten ist nicht neu; wir haben sie
schon in der vorigen Legislaturperiode geführt. Ich erin-
nere daran, dass der damalige EU-Kommissar für Justiz,
Frattini, einen Vorschlag eingebracht hat, der sich an den
Fluggastdatenvereinbarungen mit den USA orientiert
hat. Damals waren horrende Speicherfristen und ähnli-
che Dinge vorgesehen. Bis auf die CDU/CSU haben wir
damals einheitlich festgestellt, dass Frattinis Vorschlag
nicht akzeptabel ist. Die Unionsfraktion hat dann mitge-
teilt, man versuche, zu verhandeln und entsprechend
nachzubessern. Dazu ist es dann nicht mehr gekommen,
weil Frattini gehen musste und die Sache auf Eis lag.

Jetzt taucht dieser Vorschlag wieder auf. Wichtig ist
in diesem Zusammenhang, dass eine einheitliche Daten-
erhebung in der Europäischen Union außerordentlich
schwierig ist. Das wird klar, wenn man sich anschaut,
welche Daten bisher schon erhoben werden. Da setze ich
an: Wenn wir schon ein Schengener Informationssystem,
ein Visa-Informationssystem und API-Dateien haben,
warum brauchen wir dann noch zusätzlich etwas? Auch
die EU-Kommission hat nicht erklärt, warum die bisher
vorhandenen Dateien nicht ausreichen, um ein System
zu installieren, durch das das ermöglicht wird, was Sie,
Herr Binninger, hier vorhin vorgestellt haben. Diese
Frage ist für mich nach wie vor unbeantwortet.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)


Ich kann nur sagen: Das, was Sie vorgetragen haben,
ist in vollem Umfang zu unterstützen. Es kollidiert zum

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(C (D eil mit deutschem Recht. Es kollidiert auch mit dem rteil des Bundesverfassungsgerichts, das wir seinerzeit och nicht kannten. Es ist also berechtigt, das Ganze zu interfragen. Unter Umständen kommt man zu dem Erebnis, dass man das, was geplant ist, nicht benötigt. Ich iete an, zu prüfen, was umsetzbar ist. (Helmut Brandt [CDU/CSU]: Was will die SPD denn jetzt?)


Herr Wieland, ich nenne Ihnen ein Beispiel. Herr
inninger hat nicht so unrecht. Sie schreiben in Ihrem
ntrag viermal: Wenn das alles nicht geht, dann soll das
nd das gemacht werden. – Das ist außerordentlich ge-
chickt gemacht – das gebe ich zu –: Man stellt eine Ma-
imalforderung, räumt ein, dass die Erfüllung dieser
orderung nicht sehr realistisch ist, und arbeitet sich
chrittweise an den Punkten ab, die kritikwürdig sind.
lever gemacht; das muss man Ihnen lassen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Genug des Lobes jetzt! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Hilfsantrag! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es war schon sehr clever!)


Siehste, ein bisschen was drauf haben muss man.

Es geht hier darum, zu sagen, was konkret gefordert
erden soll.


(Helmut Brandt [CDU/CSU]: Genau! Das wollen wir jetzt mal hören!)


ir haben das im Innenausschuss schon diskutiert. Die
undesregierung hat dazu Stellung genommen: Sie will
eile übernehmen. Ich zum Beispiel bin grundsätzlich
egen die Vorratsdatenspeicherung. Sie ist meiner Mei-
ung nach an dieser Stelle total verfehlt, weil bereits ge-
ügend andere Daten vorhanden sind.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Viel zielgerichteter!)


Das Verfassungsgerichtsurteil besagt, dass Deutschland
nter bestimmten Voraussetzungen Vorratsdatenspeiche-
ngen vorzunehmen hat. Das Verfassungsgericht hat sol-

he Speicherungen mit hohen Eingriffsschwellen verse-
en. Es müssten zumindest konkrete erhebliche
efahren bestehen oder Rechtsgüter von hohem Wert
etroffen sein. Auch das ist in diesem Falle zu berück-
ichtigen. Diesbezüglich fehlt in der Richtlinie der EU-
ommission ein klarer Hinweis, was Kriterium sein soll
nd wie die Umsetzung vonstatten gehen soll. Schwere
riminalität: Ja. Terrorismusbekämpfung: auch Ja. Aber
it welchen Mitteln und zu welchem Zweck soll das er-

oben werden? Wir denken, dass darüber noch einmal
esprochen werden muss. Nach unserer Auffassung
ann die Richtlinie so nicht bleiben.

Es ist klar, dass für die Erfassung der Daten be-
timmte Zentralstellen vorgesehen sind. Es würden dann
7 Staaten nationale Zentralstellen haben. Die Flugge-
ellschaften würden in diesen 27 Staaten Daten erheben
nd sie an die jeweilige nationale Zentralstelle weiter-





Wolfgang Gunkel


(A) )


)(B)

geben. Schon allein deswegen wird man unter daten-
rechtlichen Gesichtspunkten zu unterschiedlichen Be-
handlungsweisen kommen. Was daran einheitlich sein
soll, verstehe ich nicht ganz. Es steht sogar noch ge-
schrieben, dass die Daten an Drittstaaten weitergegeben
werden sollen. Es wird aber nicht auf die Verfahrens-
weise eingegangen und dargelegt, nach welchen Krite-
rien die Daten verwendet werden dürfen und wer über-
haupt erfasst werden soll. All das bleibt völlig unklar.
Insofern können wir diese Richtlinie nicht mittragen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist aus meiner Sicht die
Frage der Nutzung innerhalb der Europäischen Union.
Da stellt sich mir die Frage, wozu wir dann überhaupt ei-
nen Raum der Freiheit geschaffen haben,


(Helmut Brandt [CDU/CSU]: Nicht für Kriminelle! – Zuruf von der SPD: Alle Flugpassagiere sind Kriminelle! Das gibt es doch gar nicht!)


in dem 470 Millionen Menschen in 27 Staaten zusam-
mengefasst werden. Es handelt sich doch nur noch um
eine Freiheit auf dem Landwege, wenn wir anfangen, je-
den Einzelnen zu registrieren, der innerhalb der Europäi-
schen Union auf dem Luftwege reist.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist ein Punkt, über den man nachdenken sollte. Herr
Binninger, der geschilderte Fall und das Beispiel mit
Barcelona waren okay. Aber sehen Sie: Der Herr Minis-
ter Friedrich – jetzt sitzt der Herr Staatssekretär
Dr. Schröder hier – war gerade erst, am 14. dieses Mo-
nats, in Brüssel und hat diesen Sachverhalt im Justizrat
besprochen. Was hat er getan? Er hat sich eindeutig ge-
gen die innereuropäische Erfassung ausgesprochen.


(Gisela Piltz [FDP]: Er ist eben ein unabhängiger Abgeordneter!)


Folgen Sie doch Ihrem Minister, Herr Binninger!


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Ich folge niemandem!)


Sehen Sie doch ein, dass zumindest er erkannt hat, um
was es geht.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Wir sind hier das Parlament, Herr Kollege!)


– Ja, gut. Manchmal orientiert man sich aber auch an
Ministern und Staatssekretären. Das machen Sie auch.
Richtig, Frau Piltz? Ich muss sagen: Das haben Sie
locker drauf.

Ich will sagen: Es ist deutlich zu erkennen, dass es im
europäischen Rahmen sehr, sehr große Diskrepanzen
gibt. Es haben sich neuerdings weitere Länder ange-
schlossen. Früher waren es fünf Länder plus Deutsch-
land. Nach der letzten Sitzung sind zwei weitere Länder
dazugekommen, die erhebliche Bedenken haben, die
PNR-Richtlinie in europäisches Recht umzusetzen. Ich
meine, dass das auch inhaltlich begründet ist. Sie haben
angeboten, ein Jahr darüber zu diskutieren. Dann disku-

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(C (D eren sie darüber aber auch wirklich. Wenn tatsächlich atschläge der Opposition in Ihre Überlegungen einflieen, kann ich Ihnen nur empfehlen: Nehmen Sie den eitrag von Herrn von Notz, meinen Beitrag und die, die och kommen, wahr und verarbeiten Sie sie. Dann wän wir schon sehr zufrieden. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Clemens Binninger [CDU/ CSU]: Sagen Sie das den Kollegen im Europäischen Parlament!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710612300

Das Wort hat nun Gisela Piltz für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jan Korte [DIE LINKE]: Jetzt sind wir gespannt!)



Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1710612400

Das ist auch richtig so, Herr Korte. – Herr Präsident!

ehr geehrte Damen und Herren! Herr von Notz, Sie ha-
en uns mit auf den Weg gegeben, wir sollen die Grund-
chte nach Europa tragen. Ganz ehrlich: Ihren Hinweis

azu hätten wir nicht gebraucht. Das tun wir nämlich
chon selber.


(Beifall bei der FDP – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


h will Ihnen zugestehen – Sie sind um einiges jünger –,
ass Sie sich nicht so daran erinnern können, dass 2004
er damalige Außenminister – Sie wissen vielleicht
och, wie er hieß und welcher Partei er angehörte –,
oschka Fischer von den Grünen


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unvergessen!)


unvergessen deswegen, weil er einen Sündenfall im
atenschutz begangen hat, an dem wir heute noch knab-
ern; das liegt auch in Ihrer Verantwortung –,


(Beifall bei der FDP – Manuel Höferlin [FDP]: Hört! Hört!)


Rat einem Abkommen zur Übermittlung von Flug-
astdaten zugestimmt hat. Das war der Sündenfall. Das
ar übrigens ein Abkommen, für das Datenschutz ein

bsolutes Fremdwort war. Erst dem massiven Druck des
uropäischen Parlamentes war es zu verdanken, dass
berhaupt nachgebessert worden ist.


(Helmut Brandt [CDU/CSU]: Es ist so still geworden bei den Grünen! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden Sie einmal über die Zukunft, Frau Kollegin!)


er Sündenfall war die Zustimmung des grünen Außen-
inisters und im Weiteren die Unterstützung für das
NR-Abkommen unter Missachtung aller datenschutz-
chtlichen Erwägungen und ohne jegliche Rechts-

chutzmöglichkeiten.





Gisela Piltz


(A) )


)(B)

Herr Kollege Gunkel von der SPD, ich frage mich:
Wo war da eigentlich die SPD?


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Die war auf Linie gebracht!)


Sie waren doch damals in der Regierung.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir reden über die Zukunft, Frau Piltz!)


Deshalb hätte ich hier gerne eine entsprechende Aussage
gehört.

Wenn Sie schreiben, dass der Speicherzeitraum von
30 Tagen unverhältnismäßig lang sei, möchte ich daran
erinnern, dass die Grünen es damals als großen Erfolg
gefeiert haben, dass bei dem ersten PNR-Abkommen mit
den USA eine Speicherfrist,


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fünf Jahre!)


und zwar ohne Pseudonymisierung, von dreieinhalb Jah-
ren verhandelt wurde. Das wurde damals als Erfolg ver-
kauft.


(Manuel Höferlin [FDP]: Na so was! – Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Das ist ja interessant!)


Wenn man alte Plenarprotokolle liest, merkt man,
dass der Inhalt der Reden manchmal wirklich von der
Rolle im Parlament abhängt.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie scheinen ja Zeit zu haben!)


– Ich lese sie nicht, weil ich zu viel Zeit habe, sondern
weil ich mich ernsthaft auf die Debatten vorbereite; das
ist vielleicht der Unterschied zwischen Ihnen und mir.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Manuel Höferlin [FDP], an den Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] gewandt: Wir nehmen die Koalition halt ernst, Herr Kollege!)


Die Grünen haben in der Debatte am 27. Mai 2004
vorgetragen, dass sie den damals debattierten Antrag der
FDP-Fraktion, in dem rechtsstaatliche Garantien und
Datenschutz gefordert wurden, ablehnen.


(Manuel Höferlin [FDP]: Aha! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann kommen Sie heute mit auf unseren Antrag!)


Ich will jetzt gar nicht darüber spekulieren, was Ihnen
die Bundesregierung, insbesondere Ihr damaliger Au-
ßenminister, dafür versprechen musste.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Dass er ins Parlament kommt!)


Aber ich finde es vor diesem Hintergrund schon drollig,
was Sie heute hier aufführen.


(Beifall bei der FDP – Manuel Höferlin [FDP]: Peinlich, nicht drollig!)


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(C (D Es ist wirklich nicht so, dass wir als FDP ein EU-Sysm zur Nutzung von Fluggastdaten in diesem Umfang egrüßen würden. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Notz? Aber immer gerne. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710612500
Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1710612600
Frau Kollegin Piltz, während Sie so viel über Joschka

ischer reden, verrinnt Ihre kostbare Redezeit. Ehre,
em Ehre gebührt; aber es geht ja um die Zukunft. Des-
egen ist die entscheidende Frage, wie sich die FDP in
egierungsverantwortung konkret mit der Verfassungs-
idrigkeit der augenblicklichen Richtlinie auseinander-

etzt; entscheidend ist nicht, was Joschka Fischer vor
ielen Jahren gemacht hat.


(Dr. Hans-Peter Uhl [CDU/CSU]: Vor vielen Jahren!)


a war ich ja noch ein Kind.


(Heiterkeit bei der FDP – Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: So stehen die Dinge um Joschka Fischer! Komplette Distanzierung!)


h bitte also um Aufklärung, was die Zukunft angeht;
ergangenheitsbewältigung ist nicht erforderlich.


Gisela Piltz (FDP):
Rede ID: ID1710612700

Erstens, Herr von Notz: Wenn Sie damals noch ein

ind waren, dann sind Sie heute – denn so lange ist es
och nicht her – bestenfalls ein Heranwachsender.


(Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU)


b Sie damit leben möchten, müssen Sie für sich selber
lären.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich kann damit leben! Aber jetzt die Antwort!)


Sie wissen: Die Antwort bestimmt derjenige, der am
ednerpult steht.

Zweitens. Natürlich ist das, was Sie uns damals ein-
ebrockt haben, im Hinblick auf das, was wir in Zukunft
n, von Bedeutung. Das Problem ist: Wenn man in der
eschichte einen Sündenfall herbeiführt – dafür gibt es
ielfältige, auch biblische, Beispiele –, begleitet einen
as ein Leben lang. Deshalb müssen Sie sich den Rück-
lick in die Vergangenheit gefallen lassen. Unser Pro-
lem ist, dass es in der Vergangenheit ein Abkommen
egeben hat.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben die USA erzwungen! Das wissen Sie auch!)


Ich kann mich nicht erinnern, dass die USA einen von
ns erpresst hätten.





Gisela Piltz


(A) )


)(B)


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alle!)


Zur Wahrheit gehört, dass von Ihrer Bundesregierung ein
klares Nein zum Irakkrieg erfolgt ist. Deshalb mussten
Sie damals den USA an anderer Stelle entgegenkom-
men.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nun kommen aber Verschwörungstheorien!)


Das war die Konsequenz Ihrer verfehlten Politik.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben den Entzug der Startund Landeerlaubnis angedroht, das wissen Sie auch!)


– Warum setzen Sie sich jetzt einfach, Herr von Notz?


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Das war eine Stehblockade!)


– Von mir oder von ihm?

Auf jeden Fall unterstützen wir die Bundesregierung
sehr darin, in Brüssel – damit hat sie ja schon begon-
nen – klarzumachen, dass sie einer Ausweitung auf
innereuropäische Flüge nicht zustimmen wird. Darauf
haben wir frühzeitig hingewiesen, und darauf legen wir
auch Wert. Wir brauchen von Ihnen keine Nachhilfe in
Sachen Datenschutz oder Vorratsdatenspeicherung.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die bekommen Sie aber!)


Denn Sie wissen, dass es in unserer Fraktion Menschen
gegeben hat, die dieses Urteil, genau wie das bei Ihnen
der Fall ist, erst erkämpft haben.


(Wolfgang Gunkel [SPD]: Sehr richtig!)


– Nein, von der SPD habe ich dabei keinen gesehen,
übrigens in dem ganzen Verfahren nicht, lieber Kollege
Gunkel. In dem ganzen Verfahren bezüglich der Vorrats-
datenspeicherung war die SPD komplett abgetaucht. Das
muss man hier sagen dürfen.


(Beifall bei der FDP)


Wir als FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag hin-
gegen haben uns immer für einen hohen Datenschutz-
standard bei der Nutzung von Fluggastdaten eingesetzt,
und das tun wir auch heute noch. Deshalb haben wir im
Koalitionsvertrag durchgesetzt, dass, sollte die EU-
Kommission, wie im Stockholm-Programm angekün-
digt, einen Vorschlag vorlegen, das EU-US-Abkommen
gerade nicht der Maßstab sein darf, sondern dass wir da-
rüber hinaus tätig werden müssen. Natürlich kann man
immer über das Datenschutzniveau streiten.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ob man so was überhaupt braucht!)


Aber – wenn ich mir noch einen Blick in die Geschichte
erlauben darf – ich muss feststellen, dass es eigentlich
nur besser werden kann, egal, was passiert. Daran arbei-
ten wir.

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(C (D Der Bundesrat hat im Übrigen auf Initiative unter anerem von Baden-Württemberg und Hessen einen, wie h finde, sehr guten Beschluss gefasst, in dem der Bunesrat die EU-Kommission auffordert, die Verhältnismäigkeit der Maßnahme erneut zu prüfen. Die Länder haen es ebenso wie wir und die Bundesregierung erkannt: icht erst seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ur Vorratsdaten-Richtlinie ist der verfassungsrechtliche pielraum für solche anlasslosen Datenerhebungen miimal. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann können Sie doch mit unserem Antrag gehen!)


Für uns ist deshalb klar: Die anlasslose Erfassung der
luggastdaten ist ein weiterer Fall einer Vorratsdaten-
peicherung.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In der Tat! So ist es!)


eshalb müssen wir sehr genau hinschauen, wie und ob
as überhaupt geht.


(Beifall bei der SPD – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Es geht schon!)


Die liberale Fraktion im Europaparlament hat bereits
edenken angemeldet. Deswegen werden wir hier ge-
einsam mit den Ländern und mit der liberalen Fraktion
Europäischen Parlament dafür eintreten, dass noch

inmal grundsätzlich überprüft wird, ob dieser Vorschlag
er Kommission weiterverfolgt werden kann.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Sie haben Zweifel!)


Wir brauchen keine Nachhilfe in Sachen Datenschutz
nd Grundrechte in Europa.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir geben sie Ihnen gebührenfrei!)


ns wäre es lieber gewesen, Sie hätten 2004 unsere
achhilfe angenommen. Sie hätten sie nämlich ge-
raucht.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710612800

Das Wort hat nun Jan Korte für die Fraktion Die

inke.


(Beifall bei der LINKEN)



Jan Korte (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710612900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

iebe Kollegin Piltz, Ihr jetzt geschasster Parteivorsit-
ender hat vor ein paar Jahren gesagt, Ihre Partei wolle
ie Freiheitsstatue der Republik sein, und jetzt sind Sie
a angekommen, dass Sie sich die Vorratsdatenspeiche-
ng einmal anschauen wollen. Von Ihrem Freiheitsden-

en ist nichts übrig geblieben.





Jan Korte


(A) )


)(B)

Es handelt sich nicht unbedingt um ein neues Pro-
blem. Seit Jahren gibt es schon die Übermittlung von
sensibelsten Fluggastdaten an die USA, Australien und
Kanada. Jetzt soll das Ganze auf die nächsthöhere Stufe
gehoben werden.

Bei den Verhandlungen werden auf schauspielerisch
mittelprächtige Weise Bedenken vorgetragen. Sie brau-
chen bei den Verhandlungen aber einen klaren Stand-
punkt, um etwas durchzusetzen. Das Problem ist, dass
Sie diesen Standpunkt nicht haben. Unser Standpunkt
hingegen ist klar: Wir lehnen eine Vorratsdatenspeiche-
rung grundsätzlich ab. So muss man in die Verhandlun-
gen hineingehen.


(Beifall bei der LINKEN)


Trotz aller Datensammelorgien, über die wir hier im-
mer wieder sprechen, ist bis heute nicht belegt – das gilt
auch für die Vorratsspeicherung von Fluggastdaten –,
dass ein solches Vorgehen substanziell mehr Sicherheit
bringt. Diese Richtlinie bewirkt nicht nur eine anlasslose
Vorratsdatenspeicherung, sondern eine Kombination mit
einer Rasterfahndung. Das ist mit Blick auf Bürgerrechte
ein doppelter Horror. Deswegen müssen Sie diesen Vor-
schlag ablehnen und dürfen nicht so herumeiern.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Bei der jetzigen Fluggastdatensammlung ist es so – es
ist so weit richtig beschrieben worden –, dass die Daten
bei den Fluggesellschaften dezentral gespeichert wer-
den. Die neue Qualität ist, dass die Speicherung nun
staatlich zentral erfolgen soll. Die Vorstellung, was man
mit diesen Datenmengen machen kann, ist der blanke
Horror. Welche Begehrlichkeiten damit geweckt werden,
kann man sich ausmalen. Das kennen wir von vielen an-
deren Datensammlungen. Auch deswegen muss man
diesen Vorschlag ablehnen. Die Linke unterstützt daher
den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es ist ganz interessant, dass sich die Bundesregierung
jetzt kritisch gibt. Sie sagt, die Sache sei schwierig und
man müsse darüber nachdenken. Sie haben sich im In-
nenausschuss allerdings stets geweigert, Ihre Verhand-
lungstaktik offenzulegen und darzulegen, wie Sie in die
Verhandlungen beispielsweise mit den USA hineinge-
hen. Damals sind Sie reihenweise eingeknickt und sind
bis heute nicht bereit, Ihre Verhandlungstaktik offenzule-
gen. Es wäre eine gute Sache, Sie würden die Unterstüt-
zung des Parlamentes und der Opposition einholen.
Dann würden Sie nicht ganz so alleine dastehen. Wenn
Sie es ernst meinen würden, würden Sie es tun.


(Beifall bei der LINKEN)


Kollege Binninger, Sie haben noch eine Schippe
draufgelegt und gesagt – Sie haben es in Frageform ge-
kleidet; es ist aber klar, was Sie wollen –, dass man als
nächsten Schritt eine innereuropäische Regelung an-
strebt und das umsetzt, was Großbritannien will: Auch
der Bahnverkehr und der Schiffsverkehr sollen mit auf-

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(C (D enommen werden. Von der FDP hört man diesbezügch gar nichts. Von der selbst ernannten Freiheitsstatue t dazu kein einziges Wort an die Adresse der Hardliner der CDU/CSU zu hören. (Gisela Piltz [FDP]: Ich kann auch nichts dafür, dass Sie nicht zuhören können!)


ollegin Piltz, Ihre Partei hat im Moment ein paar Pro-
leme. Hier hätte die FDP wirklich die Chance, mit einer
laren und nachvollziehbaren Linie ihr Profil zu schär-
n. Das bedeutet aber, dass Sie sich gegen Ihren Koali-
onspartner stellen müssen. Das trauen Sie sich nicht.
ie trauen sich sowieso überhaupt gar nichts. Das ist das
roblem, das wir jetzt haben.


(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei der FDP – Gisela Piltz [FDP]: Hunde, die bellen, beißen nicht!)


Kollegin Piltz, einen aufmunternden Satz kurz vor
stern: Sie haben in der Tat damit recht, dass die Libera-
n im Europaparlament geschlossen – ich hoffe, das
leibt so – angekündigt haben, dass sie das Ganze ableh-
en werden. Das ist erfreulich. Das gilt übrigens auch für
ie Vereinte Europäische Linke und die grüne Fraktion

Europaparlament. Die Sozialdemokraten müssten in
iesem Punkt dazu beitragen – da haben Sie recht –, dass
uch die Sozialdemokraten im Europaparlament dage-
en stimmen. Dann könnte man eine Mehrheit dagegen
rreichen; das wäre mehr als sinnvoll.


(Beifall bei der LINKEN)


Peter Schaar hat recht: Er hat in dieser Woche sinnge-
äß gesagt, dass diese Koalition im Bereich des Daten-

chutzes – von anderen Bereichen ganz zu schweigen –
ichts Substanzielles auf den Weg gebracht hat. Deswe-
en ist es bald Zeit, diese Regierung abzulösen, auch aus
atenschutzgründen.

Schönen Dank.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710613000

Das Wort hat nun Stephan Mayer für die CDU/CSU-

raktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Stephan Mayer (CSU):
Rede ID: ID1710613100

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kollegin-

en! Sehr geehrte Kollegen! Der Antrag, den die Grünen
eute vorlegen, dient nur einem Zweck und einem Ziel,
ämlich dem der Effekthascherei und Skandalisierung.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? – Dr. Eva Högl [SPD]: Herr Kollege! Etwas mehr Niveau, bitte!)


nen geht es nicht um einen sachlichen Problemaufriss;
nen geht es nur darum, bewusst den Eindruck zu ver-
itteln, dass der Staat einer Sammelwut nachgehen
ürde





Stephan Mayer (Altötting)



(A) )


)(B)


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es! – Jan Korte [DIE LINKE]: So viel zu den Fakten!)


und einen riesigen „Datenpool“ – so haben Sie es wort-
wörtlich genannt – anlegen würde, um im Bedarfsfall
darauf zurückgreifen zu können.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Binninger will immer mehr! Er will jetzt auch noch die Daten der innereuropäischen Flüge haben! Er ist unersättlich!)


Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wo-
rum geht es konkret? Wenn man potenziellen islamisti-
schen Terroristen rechtzeitig auf die Schliche kommen
will, gibt es nur zwei Möglichkeiten:


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So findet man doch keinen einzigen!)


Man muss entweder ihre Kommunikationswege oder
ihre Reisewege ausfindig machen. Das sind die beiden
Möglichkeiten, denen man sich intensiv zuwenden muss.
Es ist aus meiner Sicht nach wie vor unerlässlich, dass
der Staat, insbesondere die Sicherheitsbehörden des
Staates, sowohl auf Telekommunikationsverbindungsda-
ten als auch auf Reiseverkehrsdaten zugreifen kann.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist durch nichts wissenschaftlich belegt!)


Es ist doch nicht so, dass Fluggastdaten noch nie ge-
speichert wurden. Ganz im Gegenteil: Fluggastdaten
werden schon heute gespeichert; es gibt bilaterale Ab-
kommen der Europäischen Union mit den USA, Kanada
und Australien.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leider! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo sind die Erfolge?)


Jetzt ist die Frage, ob man die Speicherung der Fluggast-
daten entsprechend erweitert.


(Steffen Bockhahn [DIE LINKE]: Nein!)


Es gibt auch nationale Lösungen: Zum Beispiel unter-
hält Großbritannien ein eigenes System zur Fluggast-
datenspeicherung. Ich glaube, man muss sich jetzt ohne
Schaum vorm Mund mit sachlichen Argumenten aus-
einandersetzen; darum geht es.


(Dr. Eva Högl [SPD]: Wir haben keinen Schaum vor dem Mund!)


Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von
den Grünen, es ist verfehlt, wenn Sie hier den Eindruck
erwecken, dass ein Vergleich mit den Telekommunika-
tionsverbindungsdaten angemessen ist. Das trifft nicht
zu; Sie vergleichen Äpfel mit Birnen. Man muss sich
wirklich einmal vor Augen halten, worum es geht: Jeder
Deutsche reist im Schnitt zweimal im Jahr mit dem
Flugzeug. Dagegen gibt es in Deutschland 147 Millio-
nen Telefonanschlüsse; das heißt, jeder Deutsche verfügt
im Schnitt über knapp zwei Telefonanschlüsse. In

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(C (D eutschland fallen knapp 200 Milliarden Telefonminun an. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sind Sie jetzt allgemein für die Vorratsdatenspeicherung?)


as heißt, jeder Deutsche telefoniert im Schnitt sechs-
inhalb Minuten pro Tag. Bei der Speicherung von Tele-
ommunikationsverbindungsdaten geht es also um eine
eitaus größere Menge als bei den Fluggastdaten.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie was Wahrens gesagt! – Zuruf von der SPD: Na, und?)


ies sollte man bei der Abwägung berücksichtigen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, es
eht nicht um die Frage, ob sich die Europäische Union
ine Richtlinie zur Speicherung von Fluggastdaten gibt,


(Steffen Bockhahn [DIE LINKE]: Doch, darum geht es!)


ondern ausschließlich um die Frage, wie sie gestaltet
ein wird. Es liegt jetzt noch keine fertige Richtlinie vor,
ondern ein Entwurf der Europäischen Kommission vom
. Februar.


(Dr. Eva Högl [SPD]: Deswegen diskutieren wir das ja! – Jan Korte [DIE LINKE]: Der muss weg!)


etzt wird man sich in aller Sachlichkeit und Ausgewo-
enheit und mit der notwendigen Zeit mit diesem Richt-
nienentwurf auseinandersetzen.


(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ohne Effekthascherei! – Dr. Eva Högl [SPD]: Ohne Schaum vorm Mund!)


Ich möchte ganz offen sagen: Ich bin dem Bundes-
nenminister Dr. Friedrich sehr dankbar, dass seine ers-
n Einlassungen zu diesem Thema, insbesondere bei der
nenministerkonferenz am vergangenen Montag, sehr

usgewogen und sachlich waren. Bestimmte Fragen sind
un in aller Offenheit zu diskutieren: Ist es notwendig,
uch die Daten von innereuropäischen Flügen zu spei-
hern? Es gibt Argumente dafür, und es gibt Argumente
agegen. Dabei ist sicherlich vor dem Hintergrund der
erhältnismäßigkeit und der Angemessenheit auch zu
erücksichtigen, um welche Menge von Daten es geht.
ind dies überhaupt die entscheidenden Verkehrswege?
der gibt es, wenn jemand Übles im Schilde führt, nicht

lternative Verkehrswege oder Reisewege zum Fliegen,
tichwort „Bahnverkehr“, Stichwort „Pkw“? Ich frage
lso: Was bringt es überhaupt, die Fluggastdaten von in-
ereuropäischen Flügen zu speichern?

Natürlich muss man auch offen über die Kostenfrage
prechen. Die Speicherung pro Passagier pro Flug kostet
ie Fluggesellschaft 10 Cent. Das sind, auf den Passa-
ier bezogen, relativ geringe Kosten, aber in der Summe
urchaus bemerkenswerte Kosten. Also auch die Kos-
nfrage ist in diesem Zusammenhang zu eruieren.





Stephan Mayer (Altötting)



(A) (C)



(D)(B)


Auch die Speicherfrist ist ins Kalkül zu ziehen; das ist
schon angesprochen worden. Die schon jetzt vorhande-
nen bilateralen Abkommen sehen unter der Pseudonymi-
sierung im Einzelfall sogar eine Speicherfrist von bis zu
15 Jahren vor. Meines Erachtens – ich mache keinen
Hehl aus meiner Meinung – ist eine Speicherfrist von
15 Jahren vollkommen überdimensioniert.


(Beifall bei der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Je länger Sie reden, umso besser wird es!)


Abgesehen davon bringen auch die Daten, wenn sie ein-
mal 10, 12, 13 Jahre alt sind, wenn es um die Präven-
tionsarbeit oder die Ermittlungstätigkeit geht, aus meiner
Sicht ganz konkret relativ wenig.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, es
besteht überhaupt kein Grund, sich in irgendeiner Auf-
geregtheit oder Skandalisierung über diesen Richtli-
nienentwurf zu echauffieren.


(Dr. Eva Högl [SPD]: Wir sind überhaupt nicht aufgeregt! Wir sind engagiert!)


Wir haben genügend Zeit, uns sowohl im Innenaus-
schuss als auch mit der Bundesregierung mit dieser The-
matik auseinanderzusetzen. Deswegen ist aus meiner

Sicht der Antrag der Grünen zum einen, was den Zeit-
punkt anbelangt, vollkommen verfehlt, und zum ande-
ren, was die inhaltliche Schärfe anbelangt, vollkommen
deplatziert.

In diesem Sinne: Herzlichen Dank für die Aufmerk-
samkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710613200

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/5490 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf Mittwoch, den 11. Mai 2011, 13 Uhr, ein.

Ich wünsche Ihnen eine fröhliche, eine schöne Oster-
zeit.

Die Sitzung ist geschlossen.