Gesamtes Protokol
Nehmen Sie bitte Platz. Die Sitzung ist eröffnet.Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sieherzlich zu unserer Plenarsitzung. In den zurückliegen-den Tagen haben eine Reihe von Kollegen ihre Geburts-tage gefeiert, und zwar die Kollegen Rolf Hempelmannund Wolfgang Nešković ihren 65. Geburtstag und dieKollegin Doris Barnett ihren 60. Geburtstag. Im Namendes ganzen Hauses auch auf diesem Wege noch einmalherzliche Grüße und alles Gute für die nächsten Jahre.
Die FDP-Fraktion hat mitgeteilt, dass im Kurato-rium der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung undZukunft“ für den verstorbenen Kollegen Dr. MaxStadler der bisherige Stellvertreter, der Kollege JimmySchulz, als ordentliches Mitglied vorgeschlagen wird.Als nachfolgendes stellvertretendes Mitglied wird derKollege Pascal Kober benannt. Sind Sie mit diesen Vor-schlägen einverstanden? – Das ist offenkundig der Fall.Dann ist das so beschlossen.Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundeneTagesordnung um die in der Zusatzpunktliste aufge-führten Punkte zu erweitern:ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU undFDP:Verwendung von Drohnentechnologie durchdie Bundeswehr
ZP 2 Weitere Überweisungen im vereinfachten Ver-fahrenErgänzung zu TOP 54a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Ge-setzes zu dem Vertrag vom 2. April 2013 überden Waffenhandel– Drucksache 17/13708 –Überweisungsvorschlag:Auswärtiger Ausschuss
Herlitzius, Daniela Wagner, Stephan Kühn, wei-terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-NIS 90/DIE GRÜNENWeiterentwicklung der StadtumbauprogrammeOst und West im Rahmen der Städtebauförde-rung– Drucksache 17/12508 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Innenausschuss Haushaltsausschussc) Beratung des Antrags der Abgeordneten ThiloHoppe, Dr. Valerie Wilms, Ute Koczy, weitererAbgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENFür universelle Nachhaltigkeitsziele – Ent-wicklungs- und Umweltagenda zusammenfüh-ren– Drucksache 17/13727 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit undEntwicklung
Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre HilfeAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschussd) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. BärbelKofler, Dr. h. c. Gernot Erler, Ulla Burchardt,weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPDFür eine nachhaltige Entwicklungsagenda ab2015 – Millenniumsentwicklungsziele und Nach-haltigkeitsziele gemeinsam gestalten– Drucksache 17/13762 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit undEntwicklung
Auswärtiger Ausschuss
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30684 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Präsident Dr. Norbert Lammert
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Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und TechnologieAusschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutzAusschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre HilfeAusschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschusse) Beratung des Berichts des Ausschusses für Bil-dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
gemäß § 56 a der Geschäftsord-
nungTechnikfolgenabschätzung
Konzepte der Elektromobilität und deren Be-deutung für Wirtschaft, Gesellschaft und Um-welt– Drucksache 17/13625 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungf) Beratung des Berichts des Ausschusses für Bil-dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
gemäß § 56 a der Geschäftsord-
nungTechnikfolgenabschätzung
Ökologischer Landbau und Bioenergieerzeu-gung – Zielkonflikte und Lösungsansätze– Drucksache 17/13626 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutz
Ausschuss für Wirtschaft und TechnologieAusschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungg) Beratung des Berichts des Ausschusses für Bil-dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
gemäß § 56 a der Geschäftsord-
nungTechnikfolgenabschätzung
Zukunft der Automobilindustrie– Drucksache 17/13672 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutzAusschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungh) Beratung des Berichts des Ausschusses für Bil-dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
gemäß § 56 a der Geschäftsord-
auftragten für den Datenschutz und die Informa-tionsfreiheitTätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit 2008und 2009– Drucksache 17/1350 –Überweisungsvorschlag:Innenausschuss
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität undGeschäftsordnung Sportausschuss Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutzVerteidigungsausschussAusschuss für Gesundheit Ausschuss für Tourismus Ausschuss für Kultur und Medienj) Beratung der Unterrichtung durch den Bundesbe-auftragten für den Datenschutz und die Informa-tionsfreiheitTätigkeitsbericht 2009 und 2010 des Bundes-beauftragten für den Datenschutz und die In-formationsfreiheit– 23. Tätigkeitsbericht –– Drucksache 17/5200 –Überweisungsvorschlag:Innenausschuss
Petitionsausschuss Sportausschuss Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutzAusschuss für Arbeit und Soziales VerteidigungsausschussAusschuss für Gesundheit Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Tourismus Ausschuss für Kultur und Medienk) Beratung der Unterrichtung durch den Bundesbe-auftragten für den Datenschutz und die Informa-tionsfreiheitTätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit fürdie Jahre 2010 und 2011– Drucksache 17/9100 –
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30685
Präsident Dr. Norbert Lammert
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Überweisungsvorschlag:Innenausschuss
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität undGeschäftsordnungSportausschuss Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutzVerteidigungsausschussAusschuss für Gesundheit Ausschuss für Tourismus Ausschuss für Kultur und Medienl) Beratung der Unterrichtung durch den Bundesbe-auftragten für den Datenschutz und die Informa-tionsfreiheitTätigkeitsbericht 2011 und 2012 des Bundes-beauftragten für den Datenschutz und die In-formationsfreiheit– 24. Tätigkeitsbericht –– Drucksache 17/13000 –Überweisungsvorschlag:Innenausschuss
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität undGeschäftsordnungSportausschuss Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutzVerteidigungsausschussAusschuss für Gesundheit Ausschuss für Tourismus Ausschuss für Kultur und MedienZP 3 Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-
Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbe-schränkungen
– Drucksachen 17/9852, 17/11053, 17/11636,17/13720 –Berichterstattung:Abgeordneter Dr. Heinrich L. KolbZP 4 Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-schusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes
zu dem Gesetz zur Ver-
besserung der steuerlichen Förderung der pri-
– Drucksachen 17/10818, 17/12219, 17/12220,17/12628, 17/13721 –Berichterstattung:Abgeordneter Dr. Michael MeisterZP 5 Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschus-
zung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung
ZZZZZ
turreform des Gebührenrechts des Bundes– Drucksachen 17/10422, 17/12722, 17/13388,17/13723 –Berichterstattung:Abgeordneter Jörg van EssenP 7 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen SPD und BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN:Gesamtvolumen der Wahlversprechen vonBundeskanzlerin Dr. Merkel – Auswirkungenauf die Steuer- und Haushaltspolitik des Bun-desP 8 Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Ge-setzes zur Bekämpfung des Menschenhandelsund Überwachung von Prostitutionsstätten– Drucksache 17/13706 –Überweisungsvorschlag:Rechtsausschuss
Innenausschuss Ausschuss für Wirtschaft und TechnologieAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre HilfeP 9 Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-nologie zu dem Antrag der Abge-ordneten Dr. Konstantin von Notz, Katja Keul,Volker Beck , weiterer Abgeordneter undder Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENExport von Überwachungs- und Zensurtech-nologie an autoritäre Staaten verhindern – De-mokratische Proteste unterstützen– Drucksachen 17/13489, 17/13763 –Berichterstattung:Abgeordneter Erich G. FritzP 10 Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines …Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbu-ches – Strafbarkeit der Verstümmelung weibli-
– Drucksache 17/13707 –Überweisungsvorschlag:Rechtsausschuss
Innenausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
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30686 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Präsident Dr. Norbert Lammert
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ZP 11 Beratung des Berichts des Innenausschusses
gemäß § 62 Absatz 2 der Ge-
schäftsordnung– zu dem von der Fraktion der SPD eingebrach-ten Entwurf eines Gesetzes zur Aufnahmevon Kultur und Sport in das Grundgesetz– zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. LukreziaJochimsen, Jan Korte, Agnes Alpers, weitererAbgeordneter und der Fraktion DIE LINKEKultur gut stärken – Staatsziel Kultur imGrundgesetz verankern– Drucksachen 17/10644, 17/10785 ,17/13750 –Berichterstattung:Abgeordnete Wolfgang BosbachIngo WellenreutherDr. Dieter WiefelspützDr. Stefan RuppertFrank TempelWolfgang WielandZP 12 Beratung des Antrags der Abgeordneten RenateKünast, Jürgen Trittin, Kerstin Andreae, weitererAbgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENzu der Empfehlung für einen Beschluss desRates über die Ermächtigung zur Aufnahmevon Verhandlungen über ein umfassendesHandels- und Investitionsabkommen, transat-lantische Handels- und Investitionspartner-schaft genannt, zwischen der EuropäischenUnion und den Vereinigten Staaten von Ame-rika
ordneter und der Fraktion der SPD
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30687
Präsident Dr. Norbert Lammert
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System der Kriminal- und Rechtspflegestatis-tiken in Deutschland optimieren und auf einesolide rechtliche Grundlage stellen– Drucksache 17/13715 –Überweisungsvorschlag:Innenausschuss
RechtsausschussZP 18 Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Ge-setzes zu dem Abkommen vom 31. Mai 2013zwischen der Bundesrepublik Deutschlandund den Vereinigten Staaten von Amerika zurFörderung der Steuerehrlichkeit bei interna-tionalen Sachverhalten und hinsichtlich derals Gesetz über die Steuerehrlichkeit bezüglichAuslandskonten bekannten US-amerikani-schen Informations- und Meldebestimmungen– Drucksache 17/13704 –Überweisungsvorschlag:Finanzausschuss
Auswärtiger Ausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und TechnologieHaushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GOZP 19 Beratung des Antrags der Fraktionen SPD undBÜNDNIS 90/DIE GRÜNENSteuerzahlungen multinationaler Unterneh-men transparent machen – Country-by-Coun-try-Reporting in Deutschland einführen undin Europa vorantreiben– Drucksache 17/13717 –Überweisungsvorschlag:Finanzausschuss
RechtsausschussAusschuss für Wirtschaft und TechnologieZP 20 Beratung des Antrags der AbgeordnetenDr. Christian Ruck, Sibylle Pfeiffer, HartwigFischer , weiterer Abgeordneter undder Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordne-ten Dr. Christiane Ratjen-Damerau, Helga Daub,Michael Kauch, weiterer Abgeordneter und derFraktion der FDPZerstörung des kongolesischen Naturerbesverhindern– Drucksache 17/13711 –Dabei soll von der Frist für den Beginn der Beratun-gen, soweit erforderlich, abgewichen werden. Die Tages-ordnungspunkte 18, 37, 38 a und 38 b, 50 b sowie 53werden abgesetzt. Darüber hinaus kommt es zu den inder Zusatzpunktliste dargestellten weiteren Änderungendes Ablaufs.Darf ich dazu Ihr Einvernehmen feststellen? – Das istoffenkundig der Fall. Dann haben wir das so beschlos-sen.Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen undHerren, in diesen Tagen sind wir auch in Berlin mit un-seren Gedanken bei den Menschen in den vom Hoch-wasser betroffenen Regionen unseres Landes. Die LageinndTzaruahsFwhsHsHzTdfefadesisFliuvvnkbBhsPPhgren
die Große Anfrage der Abgeordneten Klaus-PeterFlosbach, Peter Götz, Dr. Michael Meister undder Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeord-neten Dr. Birgit Reinemund, Heiner Kamp,Dr. Volker Wissing und der Fraktion der FDPLage der Kommunen in der BundesrepublikDeutschland– Drucksachen 17/11461, 17/13343 –
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30688 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Präsident Dr. Norbert Lammert
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b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Verkehr, Bau undStadtentwicklung zu dem Antragder Abgeordneten Katrin Kunert, Dr. KirstenTackmann, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abge-ordneter und der Fraktion DIE LINKEKommunen von den Kosten für bauliche Maß-nahmen an Kreuzungen von Eisenbahnen undStraßen befreien– Drucksachen 17/10820, 17/12452 –Berichterstattung:Abgeordneter Peter Götzc) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Innenausschusses zudem Antrag der Abgeordneten Katrin Kunert,Dr. Dietmar Bartsch, Diana Golze, weiterer Ab-geordneter und der Fraktion DIE LINKEWer bestellt, bezahlt – Konnexität zugunstender Kommunen im Grundgesetz verankern– Drucksachen 17/6491, 17/13301 –Berichterstattung:Abgeordnete Michael FrieserKirsten LühmannGisela PiltzJan KorteWolfgang WielandBei der Beratung dieser Vorlagen zur Situation derKommunen wird sicherlich noch Gelegenheit sein, ausder Sicht der Fraktionen ergänzende Hinweise und Anre-gungen zu den von mir zuvor genannten Aspekten zu ge-ben.Zu der Antwort der Bundesregierung auf die GroßeAnfrage der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP liegtein Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/DieGrünen vor.Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind fürdie Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt 90 Mi-nuten vorgesehen. – Ich sehe keinen Widerspruch, so-dass wir so verfahren können.Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst Bun-desminister Dr. Wolfgang Schäuble das Wort.
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finan-zen:Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Die Bundesregierung dankt Ihnen, Herr Präsi-dent, für die Worte, die Sie eben zu der katastrophalenFlut und zu der Situation der Menschen, die wieder voneinem solch schrecklichen Ereignis betroffen sind, ge-sprochen haben. Was Sie gesagt haben, ist die Haltungaller Fraktionen und ist die Haltung der Bundesregie-rung. Uns alle machen die Bilder von dieser Flut betrof-fen.WshgOHgcuasddrizVduleinwfeGsDrusddvLmKddbliesümeLduh
ir fühlen mit den Menschen und tun alles, um so rasch,o wirkungsvoll und so unbürokratisch wie möglich zuelfen.Jetzt geht es zunächst darum, die Schäden möglichstering zu halten. Deswegen sind die Rettungsdienste vorrt im Einsatz. Die Bundeswehr und das Technischeilfswerk helfen nach besten Kräften. Die Verwaltun-en, die Polizeien, die Rettungsdienste, die ehrenamtli-hen Helfer und die vielen freiwillig tätigen Bürgerinnennd Bürger leisten großartige Arbeit. Wir können stolzuf dieses hohe Maß an bürgerschaftlichem Engagementein.
Wir werden über die Sofortmaßnahmen hinaus miten Ländern zusammen alles Notwendige tun, um beier längerfristigen Bewältigung der Flutfolgen solida-sch zu helfen. Darauf können sich alle verlassen.Niemand kann im Augenblick die Schäden abschät-en. Das ist auch gar nicht die entscheidende Frage.ielmehr muss jetzt getan werden, was jetzt getan wer-en kann, und danach wird man gründlich aufarbeitennd tun, was dann zu tun ist. Das werden wir wie beimtzten Mal solidarisch, gemeinsam leisten.Man sieht im Übrigen in diesen Tagen auch, was alles den letzten zehn Jahren vielerorts erfolgreich geleistetorden ist. Auch das gehört in diesen Tagen der Betrof-nheit zu unserer Botschaft.Meine Damen und Herren, darin zeigt sich – um zumegenstand unserer Debatte zu kommen –, dass bürger-chaftliches Engagement vor allem vor Ort gelebt wird.as gilt übrigens besonders in Zeiten der Globalisie-ng, europäischer Krisen und Diskussionen. Deswegenind lebensfähige Kommunen von entscheidender Be-eutung für eine lebensfähige Demokratie. Deswegen istie Gestaltungs- und Leistungsfähigkeit der Kommunenon einer entscheidenden, zentralen Bedeutung.
Aus diesem Grund hat die Bundesregierung in dieseregislaturperiode viel, wahrscheinlich mehr als dieeisten kommunalen Vertreter erwartet haben, für dieommunen getan, obwohl – das muss man gelegentlichann doch in Erinnerung rufen – die prioritäre Zustän-igkeit für die Kommunen nach unserem Grundgesetzei den Ländern liegt. Die Länder achten auch gelegent-ch sehr darauf, dass ihnen in ihre Zuständigkeit nichtingegriffen wird. Lediglich bei der Finanzierung sindie bereit, dem Bund hinreichend Verantwortung zuberlassen. Wir haben diese Verantwortung wahrgenom-en und in dieser Legislaturperiode Leistungen in einemnormen Umfang, unbeschadet der Zuständigkeit deränder, für die Gemeinden übernommen. Ich erinnerearan, dass wir die Kosten der Grundsicherung im Alternd bei Erwerbsminderung vollständig übernehmen. Wiraben damit eine Entscheidung der rot-grünen Regie-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30689
Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
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rung korrigiert. Wir entlasten die Kommunen damit umfast 20 Milliarden Euro in den Jahren 2012 bis 2016.
Das schafft für alle Kommunen Spielräume zur Stär-kung von Investitionen. Es profitieren vor allen Dingenstruktur- und finanzschwache Kommunen.Der Bund unterstützt die Kommunen massiv beimAusbau des Kinderbetreuungsangebots für unter Drei-jährige. Auch für diesen Bereich haben die Länder nachdem Grundgesetz die prioritäre Zuständigkeit. Wir ha-ben die Mittel gerade noch einmal um weitere 580 Mil-lionen Euro aufgestockt, um den Ausbau zu beschleuni-gen und das Angebot zu erweitern.Wir haben in dieser Legislaturperiode auch dafür ge-sorgt, dass sich noch mehr Kreise und Städte, wenn siees wollen, selbstständig um Langzeitarbeitslose küm-mern können. Wo diese Entscheidung getroffen wurde,hat es sich übrigens sehr bewährt. Auch darin zeigt sich,dass Föderalismus, dezentrale Entscheidungen und Sub-sidiarität die effizientere Gestaltungs- und Ordnungs-form sind.
Wir haben das Bildungspaket bei voller Kostenerstat-tung durch den Bund in kommunale Zuständigkeit über-führt.
Wir haben uns übrigens – auch daran will ich erinnern –auf dem Höhepunkt der globalen Finanz- und Wirt-schaftskrise stellvertretend für Länder und Kommunenverschuldet – das war die finanzpolitische Lage –, umden Kommunen mit dem Zukunftsinvestitionsprogrammdurch ein Tal zu helfen und einen Modernisierungsschubfür die kommunale Infrastruktur zu ermöglichen. Dashaben wir in der Finanz- und Wirtschaftskrise getan. Wirhaben die Folgen für die Neuverschuldung im Bundes-haushalt in dieser Legislaturperiode gut bewältigt.Ich möchte aber sagen: Es ist kein Zufall. Das Re-kordjahr kommunaler Defizite war nicht etwa 2010, son-dern 2003. Jedermann weiß, wer damals Regierungsver-antwortung in Deutschland getragen hat.
Darin zeigt sich die unterschiedliche Haltung frühererBundesregierungen und der heutigen Bundesregierung.Wir reden nicht nur von kommunalfreundlicher Politik,sondern handeln.
–IncinWPnavsDcsleKInkbdeKrhAadwLPdfiWDnuFgra
Im Übrigen zahlt sich unsere kommunalfreundlicheolitik aus. Die Kommunen haben das Jahr 2012 mit ei-em Finanzierungsüberschuss von 1,8 Milliarden Eurobgeschlossen. Sie erreichen als erste staatliche Ebeneor Bund und Ländern einen positiven Finanzierungs-aldo.
ie Zahlen sind wirklich eindrucksvoll. Diese erfreuli-he Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren fort-etzen. Das zeigen auch die Schätzungen der kommuna-n Spitzenverbände selbst.Natürlich ist die finanzielle Situation der einzelnenommunen unterschiedlich.
diesem Zusammenhang wird auf die hohen Kassen-redite hingewiesen. Sie sind vor allen Dingen ein Pro-lem einzelner Bundesländer. Meine Damen und Herren,a können Sie sich gleich wieder empören – es ist auchmpörend –: Die Hälfte der bundesweiten kommunalenassenkredite entfällt allein auf Kommunen in Nord-ein-Westfalen.
uch dort sind übrigens nicht alle Kommunen betroffen,uch dort bestehen erhebliche Ungleichgewichte; aberie Landesregierung tut nichts, um diesen Ungleichge-ichten entgegenzuwirken.
Reden wir einmal, was die Eigenverantwortung deränder für die Kommunen anbetrifft, über Rheinland-falz. Dort ist höchstrichterlich festgestellt worden, dassas Land die Kommunen entgegen Recht und Gesetznanziell zu schlecht ausgestattet hat. Auch das ist eineahrheit, die in dieser Debatte gesagt werden muss.
ie Länder müssen ihrer Verantwortung für die Kommu-en, die ihnen das Grundgesetz zuweist, nachkommen,nd zwar alle Länder; sie müssen für eine angemesseneinanzausstattung der Kommunen und für einen Aus-leich kommunaler Finanzkraftunterschiede sorgen. Da-uf haben die Gemeinden einen Anspruch.
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30690 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
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Es ist doch für die Länder wirklich kein Ruhmesblatt,dass sich viele Kommunen, übrigens auch in Nordrhein-Westfalen, in erster Linie auf den Bund verlassen, nachdem Bund rufen, nicht nach der zuständigen Landesre-gierung, weil sie von dort wenig Hilfe erwarten.
Der Bund nimmt seinen Teil der Verantwortung wahr.Wir schultern übrigens zunehmend Dinge, die ursprüng-lich in Länderverantwortung lagen. Darüber werden wirauch in den nächsten Jahren miteinander reden müssen,wenn wir erneut über die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen zu diskutieren haben.Ich will das besonders dringliche und wichtige Themades Ausbaus der Betreuung in Kindertagesstätten alsBeispiel nennen. Wir alle sind gemeinsam der Auffas-sung, dass allen Eltern in Deutschland, wenn sie es wün-schen, ein Betreuungsplatz für ihre unter dreijährigenKinder zur Verfügung gestellt werden sollte. Wir habenin der vergangenen Legislaturperiode die Weichen dafürgestellt, dass aus einem Nischenangebot ein flächende-ckendes Angebot wird. Unser gemeinsames Ziel ist es,die Zahl der Betreuungsplätze auf 780 000 zu erhöhenund damit gegenüber dem Stand von 2006 zu verdreifa-chen. Wir sind auf einem guten Weg: Der DeutscheLandkreistag hat vor einigen Wochen darauf hingewie-sen, dass mit Beginn des Rechtsanspruchs auf einenKrippenplatz im August das notwendige Angebot letzt-lich zur Verfügung stehen wird. Die Bereitstellung einessolchen Angebots ist nach dem Grundgesetz originäreAufgabe der Länder und Kommunen. Der Betrieb vonKindertagesstätten gehört zu den klassischen kommuna-len Aufgaben. Es ist die Aufgabe der Länder und Kom-munen, hier die Eltern zu unterstützen. Das schließt na-türlich die Finanzierungsverantwortung mit ein.Ohne den Anstoß des Bundes wäre aber in der Flächenichts geschehen. Dass sich hier in den vergangenenJahren in Deutschland so viel getan hat – es sind Hun-derttausende neue Kitaplätze geschaffen worden –, istdie Folge der Initiative des Bundes und vor allem dervon ihm bereitgestellten massiven finanziellen Hilfen:Wir stellen bis zum Jahre 2014 insgesamt 5,4 MilliardenEuro für Investitionen und Betrieb im Bereich derKindertagesstätten bereit; ab 2015 werden es dauerhaftjährlich 845 Millionen Euro sein. Der Ausbau der Kin-derkrippenplätze ist zwischen Bund und Ländern verein-bart. Der Bund hat alle seine Zusagen eingehalten, er hatdie Mittel freiwillig sofort weitergegeben, und er hat denAusbau mit weiteren Initiativen flankiert: Bereitstellungvon KfW-Krediten, Unterstützung betrieblicher Kinder-betreuung, Initiativen zur Sprach- und Integrationsförde-rung, Elternbegleitung, Gewinnung von Fachkräften fürdie Kitas. All dies hat der Bund zusätzlich getan, unddennoch gibt es Diskussionen, ob denn alle Länder alleMittel des Bundes wirklich zügig an die Kommunen, fürdie sie gedacht sind, weitergeben; auch dies muss er-wähnt werden.sKkvdrugpNdüdEsNFncBsnbegkGÜdfüskTdmadsez
Die Länder dürfen am Ende nicht Sand im Getriebeein, wenn es darum geht, die Leistungsfähigkeit derommunen zu gewährleisten. Deshalb werden wir in derommenden Legislaturperiode in Bezug auf die Gesamt-erantwortung von Bund und Ländern darüber verhan-eln müssen, auch über die Finanzierung der Eingliede-ngshilfe für behinderte Menschen; das muss in einemrundsätzlichen Kontext geschehen. Wir haben uns ver-flichtet, hier in der nächsten Legislaturperiode eineeuregelung auf den Weg zu bringen. Aber das erfor-ert, dass Bund und Länder gemeinsam Verantwortungbernehmen; das will ich festhalten.Eine letzte Bemerkung. Es bleibt entscheidend, dassie Kommunen vor Ort hinsichtlich der Ausgaben undinnahmen mehr Gestaltungsmöglichkeiten bekommen,onst wird kommunale Selbstverwaltung ausgehöhlt.ur mit der Zuweisung von Aufgaben gegen volleinanzierung ist kommunale Selbstverwaltung inhaltlichoch nicht hinreichend ausgestaltet. Umgekehrt brau-hen die Gemeinden mehr Gestaltungsmöglichkeiten inezug auf ihre eigenen Einnahmen. Wir haben es in die-er Legislaturperiode leider nicht geschafft, darüber ei-en hinreichenden Konsens zu erzielen. Das Angebotleibt, dass wir in der nächsten Legislaturperiode nochinmal einen solchen Versuch unternehmen wollen. Eseht entscheidend darum, dass wir die Kommunen stär-en. Das ist das eigentliche Anliegen; denn sie sind dierundlage einer lebendigen Demokratie. Sie sind imbrigen auch Basis eines Europas, wenn dieses Europaem Titel „In Vielfalt geeint“ gerecht werden will.Herzlichen Dank.
Das Wort erhält jetzt der Kollege Thomas Oppermann
r die SPD-Fraktion.
Herr Präsident, ich möchte Ihnen für die einfühl-amen und richtigen Worte danken, die Sie zur Flut-atastrophe gefunden haben. In der Tat: Das ist keinhema für parteipolitische Auseinandersetzungen. Iniesem Moment sollte der Bundestag insgesamt zusam-enstehen und klarmachen, dass wir die Flutopfer nichtlleine lassen, dass wir alle möglichen Hilfen gewähren,ie jetzt benötigt werden.
Das Hochwasser wird schwerste Schäden hinterlas-en. Für jeden Einzelnen kann eine Überschwemmungine existenzvernichtende Katastrophe sein, für einigeum zweiten Mal innerhalb weniger Jahre. Wir dürfen
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30691
Thomas Oppermann
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die Menschen, die Unternehmen und die Kommunen indiesem Unglück nicht alleinlassen.Mich ermutigt die große Solidarität, die überall Platzgreift, die große Hilfsbereitschaft der Menschen. Wirsollten mit Respekt und Hochachtung den Helfern für ih-ren unermüdlichen Einsatz danken. Das Zusammenste-hen in der Not zeigt, wie viel Gemeinsinn in unserer Ge-sellschaft steckt. Daran müssen wir uns in der Politik einBeispiel nehmen. Ich kann Ihnen schon jetzt sagen:Wenn es um die Finanzierung der Hilfen in Milliarden-höhe geht, wird sich die sozialdemokratische Fraktionabsolut konstruktiv verhalten.Es ist gut, dass bereits erste Gelder zugesagt sind,aber das reicht natürlich bei weitem nicht aus. Ich haltees für erforderlich, wie im Jahr 2002 einen Hilfsfondseinzurichten. Dieser Hilfsfonds wird mit mehreren Mil-liarden Euro ausgestattet werden müssen. Die unbüro-kratische und schnelle Auszahlung der Hilfen 2002 mussder Maßstab für die Hilfen in diesem Jahr sein.
Darauf haben die betroffenen Kommunen einen An-spruch.Damit komme ich zu einem Thema, Herr Schäuble,was wir etwas kritischer diskutieren müssen: die Lageder Kommunen. Den Kommunen in Deutschland ist esin den letzten vier Jahren schlecht gegangen. Da bin ichanderer Meinung als Sie.Sie lenken den Blick gerne auf Nordrhein-Westfalen.Ich will Ihnen ein Beispiel aus Hessen geben. In Hessenhat die schwarz-gelbe Landesregierung mit Landtags-mehrheit den kommunalen Finanzausgleich um 340 Mil-lionen Euro gekürzt. Man hat den Kommunen 340 Mil-lionen Euro weggenommen, um den Landeshaushalt zusanieren, Herr Jung. Dafür hat sie vom Staatsgerichtshofeine Ohrfeige bekommen. Das war verfassungswidrig,
und das ist kein Umgang mit den Kommunen.Sie haben vier Jahre lang Politik zulasten der Kom-munen gemacht. Ihre Klientelpolitik hat immer dazu ge-führt, dass private Taschen gefüllt wurden, und das Ge-genstück dazu waren Schulden und Steuerausfälle beiden Kommunen.
Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz hat die Kom-munen rund 1,6 Milliarden Euro gekostet.
Die Änderung bei der Unternehmensbesteuerung hat zuAusfällen in Höhe von 650 Millionen Euro geführt. Dasgescheiterte Gesetz zum Abbau der kalten Progressionhätte die Kommunen weitere 600 Millionen Euro gekos-tet. Meine Damen und Herren, das ist Politik zulastenDritter.bnKliWJvdgepKdlusükluSunuddnDzaSbhvninnIhtehvRglidmSd
In dem Zusammenhang müssen wir auch über dietädtebauförderung reden. Die Koalition hat die Städte-auförderung als zentrales Instrument für die zukunftsfä-ige Entwicklung der Städte und Gemeinden in denergangenen vier Jahren systematisch gekürzt und ver-achlässigt. Trotz eines unstreitig anerkannten Bedarfes Höhe von 700 Millionen Euro stehen nur 455 Millio-en Euro zur Verfügung – und das, obwohl ein vonnen selbst vorgelegtes Gutachten belegt, dass die Städ-bauförderung eine enorme Investitionsanreizwirkungat. Auf 1 Euro öffentliche Gelder kommen 7 Euro pri-ate Gelder, die investiert werden. Das ist eine optimaleelation.Ihnen fehlt aber nicht nur das Verständnis für eine an-emessene Finanzausstattung, sondern auch für die inhalt-che Ausrichtung der Strukturförderung des Bundes anen gesellschaftspolitischen Herausforderungen der Kom-unen. Dazu gehört vor allem, das Programm „Sozialetadt“ wieder vernünftig auszustatten. Es war falsch,ieses Programm 2010 um fast 70 Prozent zu kürzen.
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30692 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Thomas Oppermann
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Das war ein absoluter Fehlgriff, Herr Schäuble. Da ver-wundert es auch nicht, dass in den 20 größten StädtenDeutschlands nur noch drei CDU-Oberbürgermeister re-gieren. Auch die sind nicht mehr sicher – jedenfallswenn Sie diese Politik nicht grundlegend korrigieren.
Mit dem Programm „Soziale Stadt“ konnten in derVergangenheit in vielen Stadtquartieren drohende Ab-wärtsentwicklungen gestoppt werden. Wir wollen sicht-bare städtebauliche Erneuerungen im Wohnumfeldsowie im Bereich der sozialen und kulturellen Infra-struktur. Diese sind Voraussetzung dafür, dass das so-ziale Miteinander, der nachbarschaftliche Zusammenhaltund die Integration gelebt werden können.Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Das Zielder SPD sind starke Kommunen. Wir wollen die Kom-munen wieder stärken. Von starken Kommunen hängt esab, ob unsere Kinder gute Kindergärten und Schulenvorfinden. Von starken Kommunen hängt es ab, wieMenschen aufwachsen und leben. Von starken Kommu-nen hängt es ab, ob Integration, ob das Zusammenlebenvon Menschen unterschiedlicher Herkunft gelingt, unddavon hängt auch ab, ob sich die Menschen in unserenGemeinden und Städten sicher fühlen. Das ist der zen-trale Unterschied zwischen uns und Ihnen: Wir wollen,dass es allen besser geht. Das ist das Gegenteil vonKlientelpolitik für einige wenige. In den Kommunenfangen wir damit an.Vielen Dank.
Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort gebe, er-
laube ich mir einen dezenten Hinweis an die Bundesrats-
bank. Mit Blick auf das Thema, das wir gerade beraten,
und die herausragende Verantwortung der Länder für die
Situation der Kommunen hätte ich es nicht für übertrie-
ben gehalten, wenn diese Verantwortung der Länder
durch eine erkennbare Präsenz auf der Bundesratsbank
unterstrichen worden wäre.
Nun erhält die Kollegin Reinemund für die FDP-
Fraktion das Wort, der ich gleichzeitig zu ihrem heutigen
Geburtstag gratuliere. Alle guten Wünsche!
Herzlichen Dank, Herr Präsident, für die Glückwün-sche. Es ist mir ein Vergnügen, mit Ihnen allen heute ge-meinsam älter zu werden, auch wenn mir nicht wirklichzum Feiern zumute ist. Es ist angesichts der furchtbarenBilder über die Flutkatastrophe, die uns alle sehr bewe-gen, wirklich schwer, gerade heute eine Debatte zurLage der Kommunen zu führen. Gerne schließe ich michden Worten des Bundestagspräsidenten und der Kolle-gen an. Das gilt vor allen Dingen für den Dank an alleHsulasPaeskmsdwicvasRDaddmkFdPbnnJ1dVtemsWDDisli
Wir haben einen großen Konsens, und wir alle sichernnbürokratische und schnelle Nothilfe zu – kurz- undngfristig für die Menschen und für die Betriebe. Wirt-chaftsminister Rösler hat erste Gespräche geführt undrogramme angekündigt.Ich danke unserem Bundestagspräsidenten, dass eruf die leere Bundesratsbank hingewiesen hat. Ich haltes, um mit den Worten der linken Seite des Hauses zuprechen, für einen Skandal, dass die Länder heute miteiner einzigen Person hier vertreten sind.Unser aller Ziel sind starke Kommunen. Eine ange-essene Finanzausstattung ist verfassungsmäßig festge-chrieben. Die Kommunen sind Gebietskörperschaftener Länder, das heißt, diese stehen in direkter Verant-ortung. Herr Oppermann, Sie wissen genauso gut wieh, dass das grün-rote Baden-Württemberg in Zeitenon Rekordsteuereinnahmen den kommunalen Finanz-usgleich um 340 Millionen Euro gekürzt hat. Das ge-chah nicht in Zeiten der Krise, sondern in Zeiten vonekordsteuereinnahmen.
as heißt nicht, dass wir die Verantwortung abschieben;ber die Aussage: „Der Bund muss zahlen!“, kann nichtie alleinige Lösung für die Probleme sein.
Aus gutem Grund wurden die komplexen Bund-Län-er-Beziehungen gemeinsam im Rahmen der Föderalis-usreformen I und II entflochten, um Verantwortlich-eiten klar zuordnen zu können. Im Rahmen eineröderalismuskommission III sollte endlich die Strukturer Kommunalfinanzen neu geordnet werden und dasrinzip der Konnexität verankert werden; das heißt, werestellt, der bezahlt. Das ist bei der letzten Reform an Ih-en gescheitert.Diese Koalition hat dafür gesorgt, dass die Kommu-en heute finanziell deutlich besser dastehen als vor vierahren. 2012 verzeichneten sie einen Überschuss von,8 Milliarden Euro. Für die Zeit ab 2013 werden min-estens 4 Milliarden Euro pro Jahr prognostiziert. Zumergleich: 2009, unter Finanzminister Steinbrück, stöhn-n sie über ein Defizit von 7,5 Milliarden Euro.
Ohne Zweifel gibt es nach wie vor Kommunen, dieit dem Rücken zur Wand stehen, je nach eigener Wirt-chaftskraft, nach der Sozialstruktur, aber auch nach derirtschaftskraft ihrer Region und ihres Bundeslandes.enken Sie an NRW, Rheinland-Pfalz und das Saarland.abei spielen der kommunale Finanzausgleich – diesert Ländersache –, der Länderfinanzausgleich und natür-ch die Gesamtwirtschaftslage Deutschlands eine große
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30693
Dr. Birgit Reinemund
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Rolle. Sie alle kennen die Abhängigkeit der Kommunenvon Gewerbesteuer, Einkommensteuer und von den So-zialkosten bei hoher Arbeitslosigkeit. Die Kommunenprofitieren zuallererst von unserer soliden Finanz- undWirtschaftspolitik. Wir haben Rekordsteuereinnahmenund die höchste Zahl sozialversicherungspflichtiger Ar-beitsplätze aller Zeiten. Kurz: höhere Einnahmen undgeringere Ausgaben auch und gerade für die Kommu-nen.
Wir setzen in dieser Legislaturperiode zudem auf eineganze Reihe von Einzelmaßnahmen zum Wohle derKommunen. Der Bund übernimmt die Kosten derGrundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.Das ist die größte Entlastung aller Zeiten. Sie beträgtrund 4,5 Milliarden Euro jährlich plus alle Steigerungen.Auch wenn Sie es noch so oft erzählen: Das war ein Vor-schlag unseres Finanzministers, nicht der Opposition.
Bei den Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-Empfän-ger übernimmt der Bund mittlerweile durchschnittlich36,4 Prozent. Die Grünen fordern heute ehrgeizige37,7 Prozent in zwei Schritten.
2009 waren wir bei 26 Prozent. Wir übernehmen die vol-len Kosten für das Bildungs- und Teilhabepaket. Rund73 Prozent der berechtigten Kinder nehmen diese Leis-tungen mittlerweile in Anspruch. So etwas gab es nochnie. Die SPD hat angekündigt, dass sie dies rückabwi-ckeln will. Für die Investitionen in Krippenplätze steu-ern wir 5,4 Milliarden Euro bei, für die Betriebskostengeben wir zukünftig jährlich 845 Millionen Euro. DieStädtebauförderung führen wir gleichbleibend mit rund455 Millionen Euro fort. Das ist gut für die Kommunen,für das lokale Handwerk, für Arbeitsplätze und für dasGewerbesteueraufkommen.
Es ist richtig: In der Krise hatten wir zusätzliche Mittelaus den Konjunkturpaketen, die mittlerweile ausgelau-fen sind.Außerdem haben wir durchgesetzt: Verbesserung beider Konversion, beim Planungsrecht, beim Baurecht, beider Bürgerbeteiligung, bei E-Government, bei Breit-bandversorgung, bei der Ärzteversorgung im ländlichenRaum und nicht zuletzt beim Beteiligungsrecht derKommunen in der Gesetzgebung im Bundestag. DerBundesrat konnte sich übrigens nicht dazu durchringen.Dies alles sind notwendige Hilfen für die Kommunen.Eine Strukturreform ersetzt das aber noch lange nicht.Auf keinen Fall darf diese positive Entwicklung jetztgefährdet werden. Zu Recht warnt der Deutsche Städte-uSssruKddHbgBdßmSsuSnsuddisripMkIcihdAse„DoIcda
Für die Fraktion Die Linke erhält nun der Kollege
teffen Bockhahn das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kollegin-en und Kollegen! Ich denke, es ist beeindruckend, wieich in diesen Tagen viele Menschen in Süddeutschlandnd in Ostdeutschland gegenseitig helfen, sich füreinan-er aufopfern. Das ist ein großer Beweis dafür, dass es iniesem Land noch Solidarität und Miteinander gibt. Dast in dieser schweren Stunde, denke ich, eine gute Nach-cht.
Es ist ebenso eine gute Nachricht, dass die Katastro-henstäbe offensichtlich ganz hervorragend arbeiten.an merkt das auch daran, dass wir zum Glück bishereinen Verlust von Menschenleben zu beklagen haben.h hoffe, dass das so bleibt.Das ist ein Beweis für die Stärke der Kommunen undre Leistungsfähigkeit. Denn ohne die aktive Mithilfeer Kommunen in diesen Katastrophenstäben könnte dierbeit nicht so gut organisiert werden. Ich denke, an die-em Punkt sollte man allen Helferinnen und Helfern,gal ob sie in Amtsstuben oder direkt am Deich sind,Danke!“ und „Weiter so!“ sagen. Wir drücken ihnen dieaumen, dass es nicht noch schlimmer kommt, als eshnehin schon ist.
h finde es erstaunlich, dass das offensichtlich nur beier Fraktion Die Linke so gesehen wird.Kommunen und Betroffene – da sind wir bei der Ver-ntwortung, die wir gemeinsam tragen – dürfen jetzt
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30694 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Steffen Bockhahn
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nicht alleingelassen werden. Es ist, denke ich, unsere ge-meinsame Entscheidung, dass wir Geld in die betroffe-nen Gebiete geben werden; diese Entscheidung ist auchrichtig. Aber es ist die Aufgabe der Bundesregierung,jetzt ganz schnell Verbindlichkeit dahin gehend zu schaf-fen, wie die Antragsverfahren aussehen und welche Kri-terien es gibt. Das Ganze muss vor allem eines sein,nämlich unbürokratisch. Es müssen Straßen erneuertwerden, es müssen Kitas saniert werden, und es müssenGebäude wiederhergerichtet werden. Dabei können unddürfen wir die Kommunen nicht alleinelassen. Zins-günstige Kredite allein werden überschuldeten Kommu-nen kaum helfen. Wir brauchen echte Hilfe, auch vomBund.Meine Damen und Herren, ich denke, nur wenige vonIhnen wissen das: Am letzten Donnerstag, heute vor ei-ner Woche, ist vor der polnischen Ostseeküste ein Schiffuntergegangen, die „Georg Büchner“. Warum erzähleich Ihnen das? Die „Georg Büchner“ ist ein Kulturdenk-mal, das über Jahrzehnte in der Hansestadt Rostock,meiner Heimatstadt, gelegen hat. Zehntausende Men-schen fühlen sich eng mit dem Schiff verbunden. Die„Georg Büchner“ war ein Ausbildungsschiff, auf demsehr viele Menschen gefahren sind und gelernt haben.Dieses Schiff konnte von der Kommune nicht mehr ge-halten werden. Es wären etwa 5 Millionen Euro notwen-dig gewesen, um dieses Kulturdenkmal zu sanieren. Daswar nicht möglich. Es war der Kommune nicht möglich,und es war dem Trägerverein nicht möglich. Dem Schiffwurde der Denkmalstatus entzogen. Es sollte nach Li-tauen geschleppt und abgewrackt werden. Dazu ist esnicht gekommen. Die „Georg Büchner“ ist schlicht ab-gesoffen. Sie ist damit ein Stück weit Sinnbild für dieLage der Kommunen in Deutschland.Die Kommunen haben 2012 – ich finde, das ist eineganz beeindruckende Zahl – Gesamtsteuereinnahmen inHöhe von etwa 198 Milliarden Euro gehabt, und zwarbereinigt. Zum Vergleich: Der Bundeshaushalt 2013 hatein Volumen von 302 Milliarden Euro; das ist etwa einDrittel mehr. Wenn man sich vor Augen führt, dass vondiesen 198 Milliarden Euro etwa ein Viertel sofort anSozialleistungen weggegangen ist, dann ist das schonbeeindruckend, weil es deutlich macht, wie eng die Lageder Kommunen ist. Wenn allein ein Viertel der Gesamt-einnahmen zur Finanzierung der notwendigen Sozial-leistungen gebraucht wird – dann ist noch keine Ange-stellte finanziert, noch kein Schulbuch gekauft, nochkein Spielplatz saniert, noch keine Straßenbahn bezahltund noch kein neuer Radweg gebaut –, dann zeigt das,wie eng die Budgets der Kommunen in Deutschland tat-sächlich sind.Außerdem ist dann noch kein einziger Cent für Kulturinvestiert worden. Es ist erschütternd, zu sehen, wiemassiv in den letzten Jahren Stellen bei Theatern undOrchestern gestrichen wurden. Man muss sich einmalvergegenwärtigen, wie viele Sparten an Theatern in denletzten Jahren deutschlandweit geschlossen worden sind,wie viele Orchester zusammengelegt wurden und fusio-niert sind. Alles das ist eine Folge der mangelnden kom-munalen Finanzausstattung.zddKtevabsBmfewenOGb1sbkwzfäd2bweGeFmvdmwueKfümeBAgtäm
Als Bach, Mozart und Bruckner ihre üppigen Kon-erte geschrieben haben, haben sie nicht daran gedacht,ass es irgendwann klamme Kommunen geben würde,ie sich keine Orchester mehr leisten können, um dieseonzerte auch zu spielen. Aber das kann ja nicht bedeu-n, dass wir künftig auf Bach, Bruckner und Mozarterzichten. Wir brauchen auch um der Kultur willen einengemessene kommunale Finanzausstattung.
Kommunen machen Fehler – natürlich –, und sie ge-en auch Geld an falschen Stellen aus. Aber dabei sindie in guter Gesellschaft: mit den Ländern, mit demund und mit der EU. Natürlich muss vieles besser ge-acht werden. Aber man kann den Kommunen zwei-lsfrei nicht vorwerfen, dass sie sich nicht kümmernürden. Sie haben Steuern erfunden, und sie haben Steu-rn in teilweise absurde Höhen getrieben. Alles das hatur bedingt geholfen.Ich habe mir ein paar Zahlen herausgesucht. Die Stadtberhausen hat etwa 1,8 Milliarden Euro Schulden; derrundsteuerhebesatz liegt bei 590 Prozent, der Gewer-esteuerhebesatz bei 520 Prozent. Nürnberg hat fast,3 Milliarden Euro Schulden; der Hebesatz der Grund-teuer B liegt bei 535 Prozent und der Gewerbesteuerhe-esatz bei 447 Prozent. Wenn man das Ganze durchde-liniert, stellt man fest: Es ist erschreckend. Je nachdem,elche Region Deutschlands man betrachtet, findet manum Teil Steuersätze vor, die nicht mehr zur Leistungs-higkeit passen.In meiner Heimatstadt Rostock, wo ich seit 2004 iner Bürgerschaft, im Kommunalparlament, bin – seit009 bin ich Vorsitzender des Finanzausschusses –, ha-en wir gerade wieder die Steuern erhöhen müssen, weilir keine andere Chance mehr hatten. Wir haben jetzt ininer 200 000-Einwohner-Stadt einen Hebesatz derrundsteuer B von 480 Prozent und einen Gewerbesteu-rhebesatz von 465 Prozent. Ich wäre mir sofort mit derDP einig, wenn sie sagt: Das ist zu viel; das ist nichtehr wirtschaftsfreundlich. – Das stimmt. Das ist zuiel, und das ist nicht mehr wirtschaftsfreundlich. Nur,ie Kommune hat gar keine andere Chance mehr. Manuss einsehen, dass Kostensteigerungen aufgefangenerden müssen. Entweder macht man das über diesennvernünftigen Weg der Erhöhung der Kommunalsteu-rn, oder man redet endlich einmal darüber, wie dieommen vernünftig ausgestattet werden können. Ich binr die zweite Variante, meine Damen und Herren.
Wenn man die zweite Variante verfolgt, dann mussan sich anschauen, wo immer wieder die Problementstehen: Das sind eben genau die Stellen, an denen derund Aufgaben auf die Kommunen abwälzt, ohne dieseufgaben auszufinanzieren. Deswegen hat die Linke dieanz klare Position: Wir brauchen endlich ein Konnexi-tsprinzip für das Verhältnis zwischen Bund und Kom-unen. Es ist in Ordnung, wenn der Bund den Kommu-
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Steffen Bockhahn
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nen eine Aufgabe überträgt; aber dann muss er dieseAufgabe auch voll ausfinanzieren.
Ich will Ihnen ein schönes Beispiel dafür geben: Inmeiner Heimatstadt Rostock gibt es eine Schleuse amMühlendamm. Diese Schleuse ist enorm wichtig, erstensweil nur durch diese Schleuse Flutschutz betrieben wer-den kann und zweitens weil diese Schleuse für Sport-boote, Kanus und Ruderboote die einzige Durchfahrtzwischen Ober- und Unterwarnow darstellt. DieseSchleuse nicht öffnen zu können, ist in etwa so, als wennman die Alster von der Elbe trennt; das ist einfach nichtvernünftig. Die Sanierung dieser Schleuse würde 2 Mil-lionen Euro kosten. Der Bund möchte sich dieserSchleuse entledigen und stellt sich stur. Die Kommunekann die Schleuse nicht allein sanieren. Das Ergebnis:Die Schleuse ist geschlossen, und das Wasser- undSchifffahrtsamt fordert die Kommune dazu auf, darübernachzudenken, den Damm zuzuschütten und dieseDurchfahrt dauerhaft zu sperren. Das, meine Damen undHerren, ist der Umgang des Bundes mit den Kommunenin Deutschland, und der ist falsch.
Es gibt weitere Beispiele, die so absurd sind, dassman es kaum fassen kann. Legendär ist das Eisenbahn-kreuzungsgesetz. Beim Eisenbahnkreuzungsgesetz gehtes darum, dass, wenn Bahnübergänge geschlossen wer-den, für den Bahnübergang eine Kreuzung gebaut wer-den muss. Die Kosten werden dann zwischen Bund,Kommune und Bahn geteilt; jeder muss ein Drittel tra-gen. In Brandenburg gibt es die Gemeinde Rückersdorfmit 1 500 Einwohnerinnen und Einwohnern. Rückers-dorf hat einen Gesamthaushalt in Höhe von etwa15,7 Millionen Euro und einen Schuldenstand in Höhevon 2,6 Millionen Euro. Diese Gemeinde wird nun ge-zwungen, in eine Eisenbahnkreuzung, die sie gar nichtwill, 2,5 Millionen Euro zu investieren. Das ist die Poli-tik dieser Bundesregierung im Umgang mit den Kom-munen, und diese Politik ist falsch.
Es wird immer wieder darauf verwiesen – wir habendas auch heute schon mehrfach gehört –, dass die Kom-munen in Deutschland unglaubliche Überschüsse erwirt-schaften würden. Das stimmt auch – im Durchschnitt.Aber im Durchschnitt war der See einen Meter tief, unddie Kuh ist trotzdem ertrunken.
Diese Überschüsse sind enorm ungleich verteilt: Einigenwenigen Kommunen geht es sehr gut; ich gönne ihnendas. Diesen wenigen Kommunen stehen aber unfassbarviele Kommunen gegenüber, die keine Chance haben,ihren Haushalt in den Griff zu bekommen. Wir müssendarüber reden, wie wir zu gleichen Chancen für alleKommunen und damit zu dem grundgesetzlich garan-tierten Anspruch auf gleiche Lebensverhältnisse überallin Deutschland kommen. Gleiche Chancen sind die Vo-raussetzung dafür, dass es den Kommunen möglich ist,gawgTMdsriKspmDduBnmtewsdwtevHnanKvbWdKddvENEwudfekbF
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen!rneut müssen viele Menschen gegen massives Hoch-asser kämpfen. Unser Dank gilt den vielen Helferinnennd Helfern: denen von den Freiwilligen Feuerwehren,enen von der Bundeswehr, denen, die ehrenamtlich hel-n, den Nachbarinnen und Nachbarn. Viele Notunter-ünfte wurden gar nicht gebraucht, weil die Menschenei Freunden, bei Nachbarn, zum Teil auch bei ganzremden untergekommen sind.
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Katrin Göring-Eckardt
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Die jetzigen Schäden übertreffen vielerorts das Aus-maß des sogenannten Jahrhunderthochwassers von2002. Mich beeindruckt sehr, mit welch großer Ruhe dieBetroffenen handeln und dass sie vor allem den Mutnicht verlieren. Ich zolle diesen Menschen sehr viel Re-spekt.
Wenn man in den Hochwassergebieten unterwegs ist,riecht man Öl und Gas und sieht allerorten braune Was-ser- und Schlammmassen.Wenn wir hier schon längst wieder bei anderen The-men sind, werden die Menschen dort immer noch versu-chen, ihre Häuser wieder trocken und sauber zu bekom-men. Dann werden Unternehmen versuchen müssen,neue Maschinen zu finanzieren. Hier und da wird manvöllig neu anfangen müssen. Einer Gärtnerei sind zumdritten oder vierten Mal alle Pflanzen weggeschwom-men. Mancher braucht zum zweiten, mancher zum drit-ten Mal eine komplett neue Wohnungseinrichtung.Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir denken an dieseMenschen. Das dürfen wir aber nicht nur heute hier tun,sondern unsere Hilfe muss kontinuierlich sein. Sie mussunbürokratisch sein und darf nicht nur aus warmen Wor-ten am heutigen Tag bestehen.
Ich finde übrigens, dass wir dabei auch besonders andie Menschen in den kleinen Orten mit nur hundert undnicht hunderttausend Einwohnerinnen und Einwohnerndenken sollten, die ganz oft vergessen werden. Die Men-schen in diesen Orten haben häufig das Gefühl, ihrHochwasserschutz sei nur halb so wichtig wie derDamm vor einer großen Stadt.Die unbürokratische Hilfe muss also an erster Stellestehen. Aber viele Leute vor Ort fragen natürlich auch:Wie sieht es jetzt eigentlich mit den Lehren aus der Ka-tastrophe von 2002 aus? Ist wirklich getan worden, wasgetan werden musste? – Diesen Fragen können wir unsin dieser Debatte nicht entziehen.Natürlich brauchen wir Mauern. Natürlich brauchenwir Deiche. Natürlich brauchen wir Schutz. Aber wirbrauchen definitiv auch mehr ökologischen Hochwasser-schutz. Wir brauchen Flussauen, die renaturiert sind. Wirmüssen dafür sorgen, dass nicht immer mehr Landschaftversiegelt wird. In Deutschland nimmt die Siedlungsflä-che in jeder Sekunde um 12 Quadratmeter zu. Dort kanndas Regenwasser nicht mehr abfließen. Auch dem müs-sen wir ins Auge blicken. Das spielt ebenfalls eine Rolle,wenn wir heute an die Hochwasseropfer denken und sa-gen, dass sich hier wirklich langfristig etwas ändernmuss, liebe Kolleginnen und Kollegen.
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an kann das an den öffentlichen Gebäuden genau sehen.an kann es an Fassaden sehen. Man kann es an Turnhal-n sehen. Man kann es auch an den 1 100 Schwimmbä-ern sehen, die in den letzten Jahren geschlossen wordenind. Hunderte stehen noch vor der Schließung.Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch das hat mitaseinsvorsorge zu tun. Ist es eigentlich noch möglich,in ganz normales gemeinschaftliches Leben in einerommune zu führen? Haben Kinder, Jugendliche undrwachsene eigentlich noch Freizeitmöglichkeiten? Ste-en eigentlich noch Bibliotheken zur Verfügung? Gibt esoch Theater? Können sie ins Schwimmbad gehen? Sindie Turnhallen in Ordnung oder nicht?Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist für michuch eine Frage der Demokratie. Wer die Kommunen imegen stehen lässt, betreibt hier eine echte Gefährdung.
Es geht nicht nur um den Schuldenberg, sondern auchm das fehlende Geld für Investitionen. Die KfW hatstgehalten, dass sich der Investitionsrückstand in denommunen auf 128 Milliarden Euro beläuft. Ich sagenen ganz ehrlich: Was sollen die Kinder eigentlichenken – trotz guter Lehrer, trotz viel Engagement –,enn der schäbigste Bau in der Ortschaft immer diechule ist, liebe Kolleginnen und Kollegen? Das mussich ändern.
Die Kommunen sind der Ort, wo Politik und Demo-ratie erlebt werden.
urch die schwarz-gelben Steuergesetze und insbeson-ere das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, mit dem Sienter anderem die Hoteliers bedient haben – das war Ihrentwort –, haben Sie den Kommunen in den letzten dreiahren mehr als 5 Milliarden Euro an Steuereinnahmenntzogen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30697
Katrin Göring-Eckardt
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Das ist Klientelpolitik zulasten der Bürgerinnen undBürger und zulasten der Kommunen.
Natürlich ist es richtig, die Kosten für die Grund-sicherung im Alter zu übernehmen; das ist aber erst aufDruck des Bundesrates geschehen.
Aber dass Sie nicht über die Eingliederungshilfe mitdem entsprechenden Kostenzuwachs und nicht über an-dere soziale Pflichtleistungen diskutieren, zeigt, dass Sieweder die Kommunen noch die Investitionen im Blickhaben. Das wird übrigens auch durch Ihre Versprechun-gen in den letzten Tagen deutlich.
Mit ungedeckten Schecks tun Sie so als ob.Wir von den Grünen sind gerade in den letzten Wo-chen sehr hart angegriffen worden, weil wir gesagt ha-ben, wie wir das, was wir vorhaben, finanzieren wollen.Was machen Sie? – Sie machen Versprechungen von derMütterrente bis zur Kindergelderhöhung, ohne nur an ei-ner einzigen Stelle zu sagen, wie sie bezahlt werden sol-len.
Sie lassen die Kommunen insbesondere beim Ausbauder Kindertagesstätten im Regen stehen und machenVersprechungen an anderer Stelle.
Ich will Ihnen sagen, wie ich das finde: Das ist unsolideund unseriös.Offensichtlich wird aber, dass das inzwischen auch ei-nigen im Kanzleramt klar geworden ist; denn die Nervo-sität steigt. Sie wissen, dass Sie seit Jahren an der Reali-tät der Menschen vor Ort vorbeiregiert haben. Es wirdZeit, dass sich das ändert, und zwar ganz spürbar.Ich bin sicher: Es wird sich etwas in den Kommunenändern. Der Investitionsstau muss behoben werden. DieMenschen sollen wissen, dass wieder in die Schulen undin die Bildung ihrer Kinder investiert wird. Sie sollenwissen, dass ihre Realität und nicht die der Lobbyistenwichtig ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der22. September wird das zeigen.Vielen Dank.
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!eine sehr geehrten Damen und Herren! Das Hochwas-er hält Deutschland weiter im Griff. Auch von unserereite, Herr Präsident, ein herzliches Dankeschön für dieeffenden und einfühlsamen Worte zu Beginn der heuti-en Debatte.Wir erleben in diesen Tagen auf dramatische Weise,it welchen Emotionen tatsächlicher und drohenderchaden in vielen Städten und Gemeinden verbundent. Wir haben gestern von Bundesminister Peteramsauer im Ausschuss für Verkehr, Bau- und Stadtent-icklung einen ersten Bericht zur Lage sowie zum Aus-aß der Schäden an Infrastruktur und Gebäuden erhal-n. Schulen und Kindergärten in den Städten, aber auch ländlichen Raum sind genauso betroffen wie dasigene Heim oder die Wohnung. Es wird – das wissenir – Milliarden kosten, um diese Schäden zu beseitigen.Wenn wir die große Solidarität sehen, wenn wir erle-en, wie Tausende bis zur Erschöpfung gegen Wasser-assen kämpfen, sind wir zuversichtlich, dass es in ei-em gemeinsamen Kraftakt gelingen wird, zusammenit den betroffenen Kommunen nicht nur die Schädenu beseitigen, sondern vor allem dafür zu sorgen, dasser Hochwasserschutz vor Ort weiter zügig verbessertird.Meine Damen und Herren, zurück zur Antwort derundesregierung auf unsere Große Anfrage zur Lage derommunen in der Bundesrepublik Deutschland, mit derir uns heute auch auseinandersetzen. Die kommunal-eundliche Politik der Bundesregierung ist ein milliar-enschwerer Segen für die Städte und Gemeinden in un-erem Land.
as ist, in einem Satz gesagt, das Fazit der Antwort aufnsere Große Anfrage.Wir danken allen, die an der ausführlichen Beantwor-ng von nahezu 100 Fragen mitgearbeitet haben.Die Antworten zeigen deutlich, dass die Politik derundesregierung, verteilt über viele Politikbereiche, ent-cheidend zur Stärkung der Kommunen und der kommu-alen Selbstverwaltung beiträgt. An die Adresse der Lin-en sei gesagt: Man sollte sich zwischendurch vielleichtinmal daran erinnern, wie zu Zeiten der DDR die kom-unale Selbstverwaltung behandelt worden ist.
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30698 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Peter Götz
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Wir haben in den vergangenen vier Jahren eine ein-malige und in dieser Größenordnung bisher noch nie dagewesene Leistungsbilanz zugunsten der Kommunenaufzuweisen. Das ist nicht nur unsere Einschätzung;diese Einschätzung wird auch von den kommunalenSpitzenverbänden geteilt.Ihnen, Herr Dr. Schäuble, danken wir für Ihr großesVerständnis für die berechtigten kommunalen Belange,das Sie bei allen Begehrlichkeiten, die an den Bundes-finanzminister immer wieder herangetragen werden, je-weils hatten. Sie haben zur Zeit der Gemeindefinanz-kommission immer wieder gesagt: Wir machen nichtsgegen die Kommunen, und wir helfen im Rahmen unse-rer verfassungsrechtlichen Möglichkeiten. – Ich weiß,das haben viele nicht geglaubt, aber Sie haben Wort ge-halten. Dafür herzlichen Dank!
Lassen Sie mich dazu auch noch sagen: Ohne Ihr Ver-ständnis für die kommunalen Belange wären die Städteund Gemeinden heute nicht da, wo sie sind. Sie sindnicht nur auf einem guten Weg, sondern haben auch eingutes Ergebnis vorzuweisen.Allein durch die Übernahme der Grundsicherung imAlter von jährlich 4,5 Milliarden Euro – das wurde be-reits gesagt – werden die Kommunen in den Jahren 2012bis 2016 von Sozialausgaben in einer Größenordnungvon nahezu 20 Milliarden Euro entlastet. Der Bund leis-tet damit einen deutlichen und vor allem nachhaltig auf-wachsenden Beitrag zur Stabilisierung und dauerhaftenVerbesserung der Kommunalfinanzen. Das ist seit Beste-hen der Bundesrepublik die größte finanzielle Entlas-tung, die je eine Bundesregierung beschlossen hat. Siekönnen schimpfen und dagegen wettern – diese Zahlensprechen eine eindeutige Sprache.
Wir danken deshalb auch der Bundeskanzlerin fürdiese großartige Bundesleistung. Kein Bundeskanzlerzuvor hat so viel für die Kommunen bewirkt wie AngelaMerkel.
Sie, Frau Kollegin Göring-Eckardt, haben mit IhrerStimme die Gewerbesteuerumlage angehoben. Sie habendie Grundsicherung im Alter eingeführt, ohne den Kom-munen das notwendige Geld dafür zur Verfügung zustellen.
Wir haben diese Ihre rot-grüne kommunalfeindlichePolitik beendet.
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Als weiteres Stichwort nenne ich das Bildungs- undeilhabepaket, das wir auf den Weg gebracht haben.
Hinzu kommt – auch das ist leider bei vielen in Ver-essenheit geraten –, dass die kommunalen Spitzenver-ände künftig noch besser, als das bisher je der Fall war, bundespolitische Entscheidungen eingebunden wer-en.
Schließlich sorgt auch die positive wirtschaftlichentwicklung unseres Landes, die übrigens auch etwasit unserer Politik zu tun hat, erstmals nach 2008 wiederr einen Finanzierungsüberschuss von 1,8 Milliardenuro im Jahr 2012. Kollegin Reinemund hat es gesagt: den Folgejahren ab 2013 wird mit noch größereninanzierungsüberschüssen gerechnet.Wenn wir uns an die Zeit der rot-grünen Regierungurückerinnern, dann wissen wir, um nur ein Beispiel zuennen, dass das kommunale Defizit im Jahr 2003, in ei-er Zeit, als es noch keine internationale Finanzmarkt-nd Wirtschaftskrise gab, bei 8,4 Milliarden Euro lag.efizit, nicht Überschuss!Es gibt natürlich – das ist unstrittig – Wermutstropfen.eider ist das Bild der Kassenkredite mit 47 Milliardenuro nach wie vor alarmierend. Der Bundesfinanzminis-r hat es angesprochen: Allein knapp die Hälfte allerassenkredite in Deutschland stammt aus Kommunen inordrhein-Westfalen.
err Oppermann, es ist schon bemerkenswert, dass Ihranzlerkandidat jetzt auf einmal die Kommunen inserz schließt. Zu seiner Zeit als Finanzminister und Mi-isterpräsident in Nordrhein-Westfalen ist die Höhe derassenkredite dort exorbitant gestiegen.
enn er jetzt den Feuerwehrmann spielt, sollte er nichtergessen, dass er vorher vor Ort fleißig mitgezündeltat.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30699
Peter Götz
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Die größte kommunale Entlastung in der Geschichteder Bundesrepublik Deutschland haben wir ganz ohneSteuererhöhungen hinbekommen und gleichzeitig diestaatliche Neuverschuldung gesenkt.
Noch eines: Wenn der Deutsche Städte- und Gemeinde-bund diese Woche die SPD dringend vor einer Steuer-erhöhung warnt und zu Recht auf den kaum zu bewälti-genden Bürokratieaufwand bei der Einführung derVermögensteuer hinweist, beweist dies einmal mehr,dass neue Steuern der falsche Weg sind.
Am 1. August 2013 tritt der Rechtsanspruch auf einenKrippenplatz in Kraft.
Es gibt übrigens aus dem Jahr 2006 eine Vereinbarungzwischen Bund, Ländern und Kommunen, die zum In-halt hat, dass sie sich an den Kosten mit je einem Drittelbeteiligen wollen. Das haben viele vergessen. EinigeLänder haben sehr lange gebraucht, bis sie gemerkt ha-ben, dass sie nicht nur die Gelder des Bundes, sondernauch ihren eigenen Finanzanteil an die Kommunen ge-ben müssen. Wir fordern, dass unsere Hilfen uneinge-schränkt bei den Kommunen ankommen und nicht anden klebrigen Fingern der Länderfinanzminister hängenbleiben.
Während Rot-Grün in seiner Regierungszeit ständigneue Aufgaben erfand, die von den Kommunen zu finan-zieren waren, wurde unter Führung von CDU und CSUdiese kommunalfeindliche Politik beendet.
Heute gilt zu Recht der Grundsatz: Wer bestellt, der be-zahlt. Die Politik der christlich-liberalen Bundesregie-rung und der sie tragenden Fraktionen verdient das Ver-trauen der Kommunen. Dies unterstreicht die Antwortauf unsere Große Anfrage sehr deutlich. Es liegt im urei-genen Interesse der Städte, Gemeinden und Landkreise,dass dieser Politikstil mit Bundeskanzlerin AngelaMerkel und Wolfgang Schäuble weiter fortgeführt wer-den kann. Dafür lohnt es sich zu arbeiten.Herzlichen Dank.
Ich erteile das Wort nun dem Kollegen Bernd
Scheelen für die SPD-Fraktion.
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eil das, um das es hier geht, dieses Papier hier, die Ant-ort der Bundesregierung auf eine Anfrage der eigenenoalitionsfraktionen ist. Das Papier enthält nichts ande-s als die ultimative Lobhudelei. Dafür, dass sich dieändervertreter eine Debatte dazu nicht anhören wollen,abe ich volles Verständnis.
h habe auch Verständnis dafür, dass keine Vertreteron CDU-geführten Ländern hier sind; denn auch sieollen sich das nicht anhören.
Es ist ein sehr merkwürdiger Vorgang, dass die eige-en Fraktionen die Regierung fragen: Waren wir nichtll? Die Regierung bestätigt das auch noch. 92 Fragenuf 117 Seiten: Es hat mich viel Lebenszeit gekostet, daslles durchzulesen. Es hat sich nicht gelohnt: Das Papiert dick, aber der Inhalt ist dünn.
Herr Minister Schäuble, Sie haben in Ihrem Vortrag Wesentlichen darauf abgehoben, wie kommunal-eundlich diese Regierung ist und was Sie alles für dieommunen getan haben. Ich sage Ihnen: All das, wasie hier beschreiben, ist nicht auf Ihre eigene Initiativeurückzuführen, sondern das ist auf Druck derjenigenassiert, die im Moment nicht hier sind, weil sie sich umre Kommunen kümmern. Sie haben diese Forderungenurchgesetzt, und zwar im Vermittlungsverfahren zumildungs- und Teilhabepaket und im Vermittlungsver-hren zum Fiskalpakt. Genau das ist die Wahrheit.
Ein Wort zur Gemeindefinanzkommission.
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30700 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Bernd Scheelen
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Der Kollege Rüttgers hat den Kommunen in Nordrhein-Westfalen in fünf Jahren 3 Milliarden Euro weggenom-men. Deswegen haben viele Kommunen in Nordrhein-Westfalen ein Problem.
Kollege Finanzminister Schäuble hat tatsächlich, alser merkte, dass die Gemeindefinanzkommission vor demScheitern stand, einen Vorschlag gemacht. Er hat dieVertreter der kommunalen Spitzenverbände eingeladen,die Präsidenten und die Hauptgeschäftsführer, und ei-nige Staatssekretäre; das waren insgesamt neun Perso-nen. Ihnen hat er den Vorschlag gemacht, der Bundkönne die Kosten für die Grundsicherung im Alter über-nehmen. Er hat allerdings mit diesem Vorschlag eineForderung verbunden. Er hat nämlich gefordert, dass dieKommunen dem Einstieg in den Ausstieg aus der Ge-werbesteuer zustimmen. Das haben die Kommunen ab-gelehnt – zu Recht übrigens.
Damals – Herr Minister Schäuble, Sie werden sich er-innern – hatten wir das hier diskutiert; genau diesenPunkt haben wir in diesem Hohen Haus diskutiert. Ichhatte damals auch Gelegenheit, dazu zu sprechen. Ichhabe Ihnen gesagt: Wir unterstützen Sie in der Frage,aber ich fürchte, dass wir die Einzigen sind, die Sie darinunterstützen. – Denn es kam nach dem Vortrag sofortGegenwind, insbesondere aus der FDP-Fraktion. DerKollege Wissing hat gesagt: Mit uns nicht machbar! –Die Kollegin Homburger hat gesagt: Der Minister tut jaetwas, aber nicht das, was wir wollen. – Der KollegeBrüderle wird sich an seine eigenen Worte erinnern. Erhat gesagt: Das ist mit uns nicht abgestimmt.Dann haben wir gesagt: Wir machen da mit. – Dannhaben anlässlich des Bildungs- und Teilhabepakets, dasSie sich auch auf die Fahnen schreiben – Sie schmückensich hier übrigens überall mit fremden Federn –,
das Ihnen aber das Bundesverfassungsgericht aufs Augegedrückt hat – ohne Urteil des Bundesverfassungsge-richts wären Sie überhaupt nicht auf die Idee gekommen,ein Bildungs- und Teilhabepaket zu machen –,
die SPD-geführten Länder im Vermittlungsausschuss Ih-nen abverhandelt, dass der Bund schrittweise die Kostender Grundsicherung im Alter übernimmt.Jetzt haben Sie vorhin – ich weiß gar nicht mehr, weres war, ich glaube, es war der Kollege Götz oder auchSie, Herr Minister – behauptet, Sie würden damit eineFehlentwicklung korrigieren, die unter Rot-Grün pas-siert ist. Da sage ich Ihnen, was wirklich passiert ist. Wirhaben damals ein Problem nach 16 Jahren Helmut KohlganddvsfemgPwesriühDintebHB1hfrS4smrufedBFwZss„da
Um das auszuschalten, haben wir dieses Gesetz ge-acht und den Kommunen dafür 800 Millionen D-Markegeben, weil das die Summe war, die damals für diesenersonenkreis, der neu in dieses Gesetz aufgenommenurde, berechnet worden war.Dann hat sich das in den letzten Jahren dramatischntwickelt, das ist völlig richtig. Der Bundesanteil hatich leicht erhöht. Aber deswegen ist die Forderung auchchtig gewesen, das in die Zuständigkeit des Bundes zubergeben.Denn letztlich ist es so, dass die kommunalen Haus-alte noch vor 40 Jahren Investitionshaushalte waren.a war Geld da, um in die kommunale Infrastruktur zuvestieren, in Straßen, in Gebäude, in Schulen, in Wei-rbildungseinrichtungen, in Büchereien, in Schwimm-äder und Ähnliches. Mittlerweile sind kommunaleaushalte reine Sozialhaushalte, und zwar infolge vonundesgesetzgebung, die im Wesentlichen in den6 Jahren unter Helmut Kohl geschaffen worden ist.
Es war wichtig und richtig, das zu korrigieren. Michat nur gewundert, dass Sie den Weg einer Großen An-age gewählt haben. Ich hätte eigentlich erwartet, dassie dazu einen Gipfel veranstalten.
5 Gipfel in dreieinhalb Jahren, davon allein neun in die-em Jahr – ich könnte sie alle vorlesen, aber angesichtseiner Zeit, die begrenzt ist, verzichte ich darauf. Wa-m haben Sie oder die Kanzlerin keinen Gipfel einberu-n? Eines ist klar: Sie hätten keine schönen Bilder pro-uzieren können. Sie wären Gefahr gelaufen, dassürgermeister, wie das vor zehn Jahren schon einmal derall war, hier in Bettlerkleidung aufgetreten wären. Dasürde jeder Gipfelstrategie widersprechen; denn dasiel der Gipfel, die Sie ständig veranstalten, ist ja nur,chöne Bilder zu produzieren. Das wäre aber nicht pas-iert. Deswegen sagen wir – glaube ich – zu Recht:Über allen Gipfeln ist Ruh‘“. Der Schluss dieses Ge-ichts von Goethe lautet: „Warte nur, balde ruhest duuch.“ Das gilt für Sie.Vielen Dank.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30701
Bernd Scheelen
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Das Wort erhält nun der Kollege Dr. Peter Röhlinger
für die FDP-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten
Damen und Herren! Ich werde mich bemühen, in dem
Wirrwarr von Zahlen einige andere Akzente zu setzen,
auch deswegen, weil übrigens meine Kämmerin schon
am Anfang meiner Amtszeit gesagt hat: Der Röhlinger
versteht nichts von Finanzwirtschaft, aber er ist spar-
sam. – Damit konnte ich sehr gut leben; denn wenn man
sich gut beraten lässt, kann man vor dem Hintergrund
auch erfolgreich sein.
Zunächst ein uneingeschränkter Dank auch in diesem
Zusammenhang an die Helfer, an die Feuerwehren und
Polizisten vor Ort. Ich habe mir in Jena die neuralgi-
schen Punkte angeschaut und muss sagen: Wir haben un-
sere Aufgaben – bei uns fand die Jahrhundertflut 1994
statt – offensichtlich so gut gemacht, dass die neuralgi-
schen Punkte dem Wasser standgehalten haben. Aber es
war wesentlich mehr. Wir haben uns in Übereinstim-
mung mit den Dezernenten in Jena darauf verständigt,
dass wir parteiübergreifend – die MdBs aus Ostthürin-
gen – an die zuständigen Minister in Thüringen schrei-
ben werden, dass insbesondere die Zusammenarbeit zwi-
schen den Talsperren und den Wehren und den
Kommunen vor Ort verbessert werden kann und muss.
Ich persönlich bin davon überzeugt, dass das eintreffen
wird, was viele bislang nicht wahrhaben wollen: Die
Zahl der Unwetter wird zunehmen, und das nicht nur
kurzfristig.
An den Anfang möchte ich meinen Dank an diejeni-
gen stellen, die in den vergangenen Jahren dazu beige-
tragen haben, dass es den Kommunen deutlich besser
geht. Tatsächlich waren die letzten vier Jahre für die
Kommunen vier gute Jahre, auch wenn die Opposition
das nicht wahrhaben will. Ein Blick in die Zeitung des
Deutschen Städtetags, der nun weiß Gott kein Vertreter
der FDP-Politik ist, macht das deutlich. Im Übrigen
kommt mir die Differenzierung in reiche und arme
Städte bei Ihrer Kritik viel zu kurz, insbesondere bei Ih-
nen, Frau Göring-Eckardt. Sie müssten als gebürtige
Thüringerin doch eigentlich aus eigener Anschauung
wissen, dass es in einer beachtlichen Anzahl an Städten
in Thüringen gelungen ist, im Verhältnis zur Vergangen-
heit ungeahnte Fortschritte zu erzielen, insbesondere
wenn es um die Erfüllung der von Ihnen erwähnten kul-
turellen Ansprüche geht, und die Lebensqualität zu ver-
bessern. Im Übrigen, Frau Göring-Eckardt, bin ich es als
Christ gewohnt, zuerst einmal Danke zu sagen, bevor ich
die Hand aufhalte und fordere: immer noch mehr, mehr,
mehr! – Auch dem Bund stehen nur Steuergelder zur
Verfügung.
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Lieber Kollege Röhlinger, den herzlichen Dank, den
ie gerade für die gute Zusammenarbeit geäußert haben,
eben wir genauso gerne zurück. Sie gehören zu den
ahlreichen Kolleginnen und Kollegen, die vor oder ne-
en der Wahrnehmung des Mandats im Deutschen Bun-
estag wichtige Aufgaben in ihren jeweiligen Kommu-
en übernommen haben. Unter diesem Gesichtspunkt
anz herzlichen Dank für Ihre Arbeit und alles Gute für
ie nächsten Jahre.
Britta Haßelmann ist die nächste Rednerin für die
raktion Bündnis 90/Die Grünen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undollegen! Sehr geehrte Gäste! Herr Finanzminister,enn man sich Ihre Analyse genauer anschaut, danntellt man fest, dass sie keinem Faktencheck standhält.ie haben mithilfe der Farbenlehre versucht, aufzuzei-en, dass es den Kommunen überall, wo Schwarz-Gelbgiert, gut geht und überall, wo Rot-Grün regiert,chlecht geht. Das ist so was von billig und hat nichtsit einer sachlichen Auseinandersetzung zu tun. Sieüssen sich nur die Situation in Nordrhein-Westfalennschauen; darauf haben Sie abgezielt. 2010 sind zweierfassungsgerichtsurteile ergangen, und zwar alle ge-en die alte schwarz-gelbe Regierung. In den Urteilenetreffend das Einheitslastenausgleichsgesetz und dieinanzierung der Kinderbetreuung wird deutlich, dassich die schwarz-gelbe Landesregierung unter Führungon Herrn Rüttgers auf dem Rücken der Kommunen sa-iert hat.
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30702 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Britta Haßelmann
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Inzwischen ist es so, dass die rot-grüne Landesregie-rung seit 2010 unter anderem durch die Umsetzung derUrteile den Kommunen zusätzlich 1 Milliarde Euro zurVerfügung gestellt hat. Deshalb finde ich es unmöglich,wenn Sie mit der These aufwarten: Wo Schwarz-Gelbregiert, geht es den Kommunen gut; da, wo Rot-Grün re-giert, geht es ihnen schlecht. – Das entspricht nicht denTatsachen, und das entspricht auch nicht der Lebens-wirklichkeit der Menschen in den Städten und Gemein-den.
Das Zweite, meine Damen und Herren. Diese GroßeAnfrage mit ihren 92 Fragen und den wunderbaren Ant-worten belegt doch durch Zahlen, dass Steuersenkungenfür die Kommunen Mindereinnahmen bedeuten. Daskönnen sich Kommunen in der jetzigen Finanzsituationnicht leisten.
Die Zahl, die Frau Göring-Eckardt genannt hat, stammtaus Ihrer Anfrage. Wenn man zwei und zwei zusammen-zählt, landet man bei Gesetzen, die Sie beschlossen ha-ben und die zu einem Minus von 5,2 Milliarden Euro fürdie kommunale Ebene geführt haben.
Das heißt Steuersenkung auf Pump, Steuersenkung zu-lasten der Infrastruktur in den Städten und Gemeinden.Damit muss Schluss sein. Das ist falsch. Das können dieKommunen vor Ort nicht kompensieren.
Das dritte und letzte Problem: Die Schere zwischenarmen und reichen Kommunen geht immer weiter ausei-nander. Deshalb nützt es nichts, wenn Sie behaupten:Wir haben alles so toll gemacht. – Natürlich ist die Ent-lastung bei der Grundsicherung gut. Die haben im Ver-mittlungsausschuss und hier Länder und Bund zusam-men beschlossen. Darüber bin ich froh. Es ist ein Plusvon 4 Milliarden Euro für die Kommunen.Das eigentliche Problem, nämlich dass die Scherezwischen armen und reichen Kommunen weiter ausei-nandergeht, zeigt sich an drei Zahlen: 128 MilliardenEuro Investitionsstau, 47,9 Milliarden Euro Kassenkre-dite und fast 45 Milliarden Euro soziale Kosten durchBundesgesetze. Darum müssen wir uns kümmern,
und zwar in den nächsten Jahren. Es nützt nichts, sichauf die Schultern zu klopfen und zu sagen: Alles ist ganztoll.
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Nächster Redner ist der Kollege Karl Holmeier für
ie CDU/CSU-Fraktion.
Sehr verehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnennd Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren!eistungsfähige Kommunen sind das Fundament unsereresellschaft und somit unseres Staates. Es war das Zieler christlich-liberalen Koalition, die kommunaleelbstverwaltung zu stärken. Dies haben wir erreicht wieeine Regierung zuvor. Die Antworten auf die Großenfrage der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP lie-rn dafür den ganz klaren Beweis. Wer von Kommunal-eundlichkeit spricht, meint die christlich-liberale Ko-lition mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Bevor ich auf einzelne Punkte dieser hervorragendeneistungsbilanz eingehe, möchte ich die Gelegenheitutzen, unserem „Chefkommunalpolitiker“ Peter Götzanz herzlich für seine hervorragende Arbeit in derG Kommunalpolitik und somit für die Kommunen ineutschland zu danken.
iele Impulse gingen und gehen von Peter Götz aus. Da-r danke schön! Ich danke auch der Bundesregierungnd der Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie unsereminanzminister Wolfgang Schäuble für die großartigenterstützung unserer Kommunen.Die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung stand Mittelpunkt unseres bundespolitischen Handelns. Un-r der Führung der CDU/CSU haben die Kommunen dierößte Entlastung in der Geschichte der Bundesrepublikeutschland erfahren. Nachdem die Kommunen imahr 2005 nach sieben Jahren Rot-Grün mit dem Rückenn der Wand standen, hat die christlich-liberale Koalition
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30703
Karl Holmeier
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sie wieder fit gemacht. Die Bilanz kann sich sehen las-sen: Wir haben die Kommunen allein in dieser Legisla-turperiode unter dem Strich mit jährlich 5 MilliardenEuro entlastet. Im Jahr 2012 – wir haben es schon oft-mals gehört – hatten sie einen Finanzierungsüberschussvon 1,8 Milliarden Euro; ich wiederhole: einen Über-schuss. Im Jahr 2003 unter Rot-Grün hat es ganz andersausgeschaut. Dabei schlägt sich vor allem die Über-nahme der Kosten für die Grundsicherung positiv in denBilanzen der Kommunen wieder.
Hier unterstützt der Bund die Kommunen jährlich mitetwa 4,5 Milliarden Euro. Das ist wie ein dauerhaftesKonjunkturprogramm für Kommunen. Wir bereinigendamit eine kommunale Belastung, die Rot-Grün einge-führt hat.Darüber hinaus ist es mir als Vertreter des ländlichenRaumes sowie als Verkehrs- und Baupolitiker besonderswichtig, darauf hinzuweisen, dass wir gerade in diesenBereichen entscheidend zur Entlastung der Kommunenbeigetragen haben. Angesichts der demografischen Ent-wicklung haben wir einen Schwerpunkt unserer politi-schen Arbeit auf die strukturschwachen Kommunen aufdem Land gelegt. Im Vergleich zu früheren Wahlperio-den ist festzuhalten: Der demografische Wandel ist vonder christlich-liberalen Koalition erstmals ressortüber-greifend betrachtet und bearbeitet worden.Wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, habendas Ehrenamt gestärkt und werden es auch weiter tun.Gerade in der jetzigen Flutkatastrophe zeigt sich, wiewichtig das Ehrenamt ist. Dafür einen herzlichen Dank!
Wir haben im November 2012 einen Antrag zur Zukunftder ländlichen Räume verabschiedet, der ganz konkreteHandlungsanweisungen zur Verbesserung der Rahmen-bedingungen in ländlichen Räumen enthält. Besonderswichtig für die Kommunen und die Menschen in denländlichen Räumen war uns dabei die lückenlose Versor-gung mit leistungsfähigen Breitbandanschlüssen. Dashatten wir in dem Antrag zur Zukunft der ländlichenRäume in besonderer Weise berücksichtigt.Die aktuellen Entscheidungen der Bundesnetzagen-tur zu den Entgelten für die Teilnehmeranschlussleitun-gen und den Plänen über die künftige Nutzung frei wer-dender Funkfrequenzen für die mobile Breitbandnutzungzeigen, dass unsere Politik Wirkung zeigt. Wir sind aufeinem guten und richtigen Weg.Das gilt im Übrigen auch für die Unterstützung derLänder und Kommunen im Rahmen der Kompensations-mittel für die Aufgaben, die nach der Föderalismusre-form vom Bund auf die Länder übergegangen sind. Wirgreifen den Ländern jedes Jahr mit über 2,5 MilliardenEuro unter die Arme: zur Gemeindeverkehrsfinanzie-rung, für den sozialen Wohnungsbau und für den Hoch-schulbau. Für das Jahr 2014 haben wir diese sogenann-ten Entflechtungsmittel vorerst festgeschrieben, und wirhszblireladWduANBKLSfrPfeKdagF
Ein paar Worte zum Antrag der Linken zum Eisen-ahnkreuzungsgesetz. Diesen Antrag lehnen wir natür-ch ab.Es zeigt sich, meine sehr verehrten Damen und Her-n, dass die christlich-liberale Koalition in dieser Legis-turperiode insgesamt viel geleistet hat, aber in beson-erer Weise sehr viel für die Kommunen.
ährend andere nur viel geredet haben, haben wir fürie Kommunen gehandelt und dabei viel erreicht. CDUnd CSU sind die Interessenvertreter der Kommunen.ndere tun nur so.
ur mit einer christlich-liberalen Regierung nach derundestagswahl werden auch künftig die Interessen derommunen in Deutschland gut vertreten sein.
Herzlichen Dank.
Für die SPD-Fraktion erhält jetzt die Kollegin Kirsten
ühmann das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen!ehr verehrte Zuhörende! Als ich mir diese Große An-age angeschaut habe, kam mir spontan das Motto einesizzalieferservice in den Sinn: Sie bestellen, wir lie-rn. – Die Bundesregierung hat bestellt, und Sie, liebeoalition, haben geliefert: einen Strauß von Fragen, dieie Bundesregierung gerne beantworten wollte, die ihrber niemand gestellt hat. Und so haben Sie diese Auf-abe übernommen.
Was meine ich damit? Ich meine unter anderem dierage 22. Sie lautet:Warum fällt die Sicherstellung einer angemessenenFinanzausstattung der Kommunen in die Zuständig-keit der Länder?
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30704 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Kirsten Lühmann
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Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen von FDP, CDUund CSU, die Antwort auf diese Frage gehört zum Basis-wissen für unsere Arbeit im Bundestag. Welches Bildvon unserer Arbeit wollen Sie der Bevölkerung vermit-teln? Was wir hier machen sollen, ist, die Regierung zukontrollieren, und zwar im Sinne der Bevölkerung. Dasmöchte ich Ihnen noch einmal ins Gebetbuch schreiben.Augenscheinlich scheint es in Ihrem Politikverständnisgewisse Lücken zu geben, wenn Sie schon die Regie-rung danach fragen müssen.
Als der Bundesfinanzminister vorgetragen hat, bin ichfast ein bisschen betroffen geworden. Er hat uns erklärt,dass der Bund immer mehr Aufgaben übernimmt, die ei-gentlich die Länder haben, und den Kommunen dafürdas Geld gibt, das er doch selber nicht hat. Herr Finanz-minister, Sie haben dabei völlig ausgeblendet, dass essehr viele Aufgaben gibt, die der Bund den Ländernüberantwortet, wofür er ihnen nicht ausreichend Geldgibt. Ich erinnere uns nur an den neuen Bundespersonal-ausweis, an das Gesetz zum elektronischen Aufenthalts-titel und an das E-Government-Gesetz. Wir haben dieKommunen verpflichtet, das umzusetzen, ihnen abernicht das Geld dafür gegeben. Herr Götz, was Sie hierbehaupten, nämlich dass diese Regierung den Kommu-nen, wenn sie die Erfüllung einer Aufgabe von ihnenverlangt, auch das Geld dafür gibt, ist einfach nichtwahr.
Ich komme zu dem letzten Gesetz, das ich angespro-chen habe, zum E-Government-Gesetz. Es ist schonspannend, dass die Bundesregierung in den Gesetzent-wurf schreibt: Das wird die Kommunen wohl etwas kos-ten; wir wissen aber nicht genau, wie viel, also müssenwir ihnen auch nichts geben. – Bei den Beratungen die-ses Gesetzes haben Sie von der Koalition uns dann er-klärt: Die Kommunen haben doch schon alle eine Home-page. Es wird wohl nicht so schwierig sein, noch eineSeite hinzuzufügen; das kostet schon nicht viel.Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, ich habe in derletzten Woche mit einigen Kommunalvertretern geredet.Ja, sie haben alle eine Homepage. Nur, diese Homepageist nicht für das ausgelegt, was wir von den Kommunenverlangen, nämlich Anträge elektronisch auszufüllenund auch eine elektronische Unterschrift mitzusenden.Dafür müssen diese Homepages komplett neu gestaltetwerden. Zusätzlich müssen diese Anträge noch verarbei-tet werden. Viele Kommunen haben sich inzwischen inGemeinschaft, in den Landkreisen, eine Software ange-schafft, die normale Vorgänge bearbeiten kann, die aber– ich habe nachgefragt – nicht in der Lage ist, diese elek-tronischen Anträge zu verarbeiten. Das heißt, die Kom-munen müssen jetzt nicht nur eine komplett neue Soft-ware bestellen, sie müssen auch – wieder einmal – dasgesamte Personal neu schulen. Das ist es, was wir denKommunen aufbürden, und das ist es, was der Bundes-rewgmoASAhfrreudgssddtedbrizRd„teFleuKd
Erwähnenswert ist Ihnen jedoch das Thema der Um-estaltung der Kommunen nach dem Weggang von Ar-een, sei es der Bundeswehrabzug im Rahmen der Neu-rdnung oder seien es britische bzw. amerikanischermeen, die uns im Rahmen des Abzugs verlassen. Abeite 75 lesen wir zwei Seiten Prosa dazu, ohne klareussage, wie die Regierung den Kommunen denn nunelfen will.Etwas klarer sind die Antworten auf eine Kleine An-age der SPD-Fraktion zum selben Thema. Unter ande-m hatten wir gefragt, was die Bundesregierung plant,m die Kommunen beim Umbauprozess nach dem Abzuger Truppen konkret zu unterstützen. Diese Antwort waranze acht Zeilen lang und lässt sich in einem Satz zu-ammenfassen: Aufgrund von Sparzwängen sei es dochchon ein Fortschritt, dass die Mittel für die Städtebauför-erung im Jahr 2013 nicht gekürzt worden seien. – Das istoch unglaublich, meine Herren und Damen.
Es gibt noch viele weitere Punkte in dieser sogenann-n Antwort, bei denen es genauso aussieht. Hinsichtliches Breitbandausbaus in ländlichen Regionen bestandeispielsweise die einzige Aktivität dieser Regierung da-n, auf einem ihrer vier IT-Gipfel eine Arbeitsgruppeum Thema „digitale Infrastruktur“ zu veranstalten mitené Obermann, dem Chef der Telekom, als Vorsitzen-em.
Abschließend kann ich nur sagen, wenn ich mir IhreUmfrage“ anschaue: Diese Pizza ist XXL; ihr Nährwertndiert gegen null. – Schade.Danke schön.
Patrick Döring ist der nächste Redner für die FDP-
raktion.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kol-ginnen und Kollegen! Ich finde es bemerkenswert, wienterschiedlich in dieser Debatte der Blick der einzelnenolleginnen und Kollegen auf die Lage im Land und aufie Lage in den Kommunen ist.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30705
Patrick Döring
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Ich finde es auch bemerkenswert, dass es kein Kollegeder Sozialdemokraten, der Linkspartei oder der Grünenfertiggebracht hat, eine grundlegend positive Bemer-kung zu der Entlastung der Kommunen zu machen. Essind heute nämlich 3 Millionen Menschen mehr inArbeit als 2009. Das ist die beste Entlastung für dieKommunen und eine Verbesserung der Situation inDeutschland. Dafür machen wir Politik und nicht für ir-gendwelche Statistiken.
Herr Kollege Döring, darf der Kollege Bockhahn eine
Zwischenfrage stellen?
Ich habe nur drei Minuten. Deshalb lasse ich keine
Zwischenfragen zu.
Ich finde es beschämend, dass manche ganz offen-
sichtlich den Wert bzw. das Niveau der Sozialstaatlich-
keit in Deutschland ausschließlich auf der Grundlage der
Transferzahlungen von der einen staatlichen Ebene an
die andere bemessen. Das ist nicht der Maßstab. Der
Maßstab ist, dass möglichst viele Menschen die Chance
haben, ihr Leben selbst zu gestalten, und das hat diese
Koalition geschafft.
Dank fleißiger Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben so
viele Menschen Arbeit wie zuletzt 1990. Das ist die Er-
rungenschaft der letzten guten vier Jahre.
Ich finde es bemerkenswert, dass mit zum Teil wei-
nerlichen Reden darauf hingewiesen wird, dass es Unter-
schiede in der kommunalpolitischen Haushaltslage gibt.
Ja, die gibt es. Dass Herr Scheelen die Gewerbesteuer
verteidigt, mag zur Folklore gehören.
Aber zur Wahrheit gehört auch: Die konjunkturzyklische
Abhängigkeit der Gewerbesteuer stabilisiert die Finan-
zen von Kommunen nicht, sondern destabilisiert sie. Wir
wollten stabilere Finanzen für die Kommunen schaffen.
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Es gibt Kommunalpolitiker, die mit diesen Steuerein-
ahmen gut umgehen und ihre Schulden vermindern,
nd es gibt welche, die machen zusätzliche Schulden.
iese Unterschiede wird man in diesem Hause wohl
eutlich machen dürfen. Es gibt Unterschiede zwischen
chwarz und Gelb und Rot und Grün.
Ich will auch etwas zur Städtebauförderung sagen. Ja,
ir haben in der Städtebauförderung Veränderungen
orgenommen. Da einige von Ihnen manchmal ein fast
ligiöses Verhältnis zur „sozialen Stadt“ haben, will ich
inzufügen:
ir haben die Mittel für das Städtebauförderungspro-
ramm „Die soziale Stadt“ zwar gemindert; aber wir ha-
en diese Mittel doch genommen, um etwas anderes zu
n. Wir haben nämlich zwei neue Städtebauförderpro-
ramme aufgelegt, und zwar für aktive Stadt- und Orts-
ilzentren sowie für kleinere und mittlere Kommunen,
eil viele Deutsche im ländlichen Raum wohnen. Die
tädtebauförderung ist für alle da, nicht nur für die gro-
en Städte. Das haben wir umgesetzt. Wir haben seit
998 insgesamt 7,6 Milliarden Euro in die Städtebauför-
erung investiert. In diesem Jahr sind es 455 Millionen
uro.
Es ist gut, dass wir in dieser Koalition nicht nur die
tädte, sondern alle Kommunen gefördert haben. Das
acht eine kluge Städtebauförderungspolitik aus.
Vielen Dank.
Hans-Joachim Hacker ist nun für die SPD der nächsteedner.
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30706 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
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Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Herr Döring, ich verstehe Ihre Aufregung
nicht. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass
Sie nicht mit Zahlen umgehen können. Wir freuen uns
alle, dass es weniger Arbeitslose gibt. Aber wir dürfen
nicht nur über die Zahl der Arbeitslosen, sondern müs-
sen auch über die schlechten Beschäftigungsverhältnisse
in Deutschland diskutieren.
Zu Ihrer Arithmetik: Zwei Zahlen sprechen für sich.
2009 betrug die Gesamtsumme der Städtebaufördermit-
tel 569 Millionen Euro. 2013 sind es 455 Millionen
Euro. Ich wiederhole es für Sie, Herr Döring: 569 Mil-
lionen Euro und 455 Millionen Euro bei einem Bedarf
von 700 Millionen Euro. In Anbetracht dieser Zahlen
verstehe ich Ihr Lob für die Städtebauförderpolitik dieser
Regierung nicht. Das ist doch nicht nachzuvollziehen,
Herr Döring.
Die beiden Zahlen sprechen für sich und für die Politik
der schwarz-gelben Koalition in diesen vier Jahren.
Es gibt einen Grundsatz, der da lautet: Eine gut funk-
tionierende Kommune, die ihre sozialen Aufgaben wahr-
nehmen kann, ist ein Garant für sozialen Frieden. Wer
das vernachlässigt, riskiert, dass der soziale Friede ge-
schädigt wird. Wir haben in den letzten Jahren in Europa
Beispiele dafür gesehen – kaum zu glauben: in Europa –,
und zwar in Großstädten in Frankreich und in England
und zuletzt auch in Stockholm. Die Hauptursache ist
meistens soziale Segregation, das heißt die Ausgren-
zung, das Abschieben von Menschen in Problemstadtge-
biete. Mit Wohnungspolitik und Städtebaupolitik, aber
auch mit Mietenpolitik kann gegengesteuert werden.
Auf diesen Feldern, meine sehr verehrten Damen und
Herren, hat diese Regierung kläglich versagt.
Sie haben eine rückwärtsgewandte Mietrechtsreform
durchgeführt, und Sie haben eine Städtebauförderung
vorgenommen, die den Bedürfnissen der Menschen in
den Kommunen nicht gerecht wird.
Sicherlich tragen alle drei Ebenen im Staat Verant-
wortung: die Kommunen, die Länder und der Bund.
Auch der Bund muss als zentraler Verantwortungsträger
seine Verantwortung wahrnehmen; aber in der Städte-
baupolitik – dafür sprechen Beispiele – ist die schwarz-
gelbe Koalition dieser Verantwortung nicht nachgekom-
men: Sie haben die Mittel für die Städtebauförderung
– das habe ich gesagt – drastisch gekürzt. Sie haben
keine Maßnahmen gegen Mietsteigerungen vor allen
Dingen in den deutschen Großstädten ergriffen. Wir ha-
ben an dieser Stelle mehr als einmal darüber diskutiert,
was Sie unter einer Förderung der Regionalentwicklung
verstehen. Sie haben die Wohnungsbestände der TLG
Wohnen an eine Heuschrecke verkauft. Sie haben darauf
verzichtet, hier wenigstens in einem überschaubaren
Maß eine Strukturförderpolitik zu betreiben.
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Ich erinnere daran: Im Jahr 2011 war der Etat des Pro-
ramms „Soziale Stadt“ mit lediglich 29 Millionen Euro
usgestattet. Schauen wir einmal, was das für die Länder
edeutet: Mecklenburg-Vorpommern – –
Herr Kollege, Sie können das mit Blick auf die längst
berschrittene Redezeit sicher nicht mehr im Einzelnen
ortragen.
Herr Präsident, das hätte ich gerne gemacht.
Ich glaube es Ihnen aufs Wort.
Ich wäre gerne auf die Plagiate im Bereich der Miet-
chtspolitik eingegangen. Gestatten Sie mir, dass ich
och zwei Zahlen nenne?
Aber gerne.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich will die Zahlen fürecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalenennen: 2009 standen Mecklenburg-Vorpommern,4 Millionen Euro aus dem Programm „Soziale Stadt“ur Verfügung; 2013 sind es lediglich 869 000 Euro.em Land Nordrhein-Westfalen standen im Jahre 2009och 23,6 Millionen Euro zur Verfügung; 2013 sind es
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30707
Hans-Joachim Hacker
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nur noch 9,1 Millionen Euro. Das ist das Ergebnis IhrerStädtebaupolitik.Die Kommunen brauchen einen Wechsel, der hoffent-lich am 22. September von den Wählern auf den Weggebracht wird.
Vielen Dank.
Ingbert Liebing ist der nächste Redner für die CDU/
CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Derbisherige Verlauf der Debatte hat deutlich gemacht: Hin-ter uns liegt eine Wahlperiode mit einer außerordentlicherfolgreichen Politik für unsere Kommunen in Deutsch-land.
Unter dieser Regierung sind die kommunalen Interessenin guten Händen.Da Sie von den Sozialdemokraten, Herr Scheelen,jetzt groß spektakeln, möchte ich gerne eines fragen: Wosind denn eigentlich Ihre Spitzengenossen? Kein Frak-tionsvorsitzender, kein Parteivorsitzender und schon garnicht der Kanzlerkandidat lassen sich bei dieser Debatteüber die Lage der Kommunen blicken. Das zeigt, wel-chen Stellenwert dieses Thema für Sie wirklich hat.
Sicher, die Unterschiede zwischen den Kommunensind groß, und niemand von uns bestreitet, dass es auchin den Kommunen Probleme gibt.
Aber das Entscheidende ist: Die Gesamtbilanz der kom-munalen Haushalte weist seit dem vergangenen Jahrwieder Überschüsse, wieder schwarze Zahlen auf.Schwarze Zahlen sind besser als rote Zahlen.Dies wird umso deutlicher, wenn wir die heutige Lageder Kommunen in die langfristige Entwicklung einord-nen. Wo standen wir vor vier Jahren, wo standen wir voracht Jahren? 2005, nach sieben Jahren Rot-Grün an derRegierung, befanden sich die Kommunen in der größtenFinanzkrise, die wir jemals hatten. In den drei Jahren2002 bis 2004 hatten wir jedes Jahr große Defizite zuverzeichnen, insgesamt 16 Milliarden Euro. Die Finanz-krise trug den Titel „Rot-Grün“.Aeh1ngZgfadsaH–SBWzndWngkRddgZzgkSbWassNuS
b 2006, mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel, gings wieder aufwärts. Es folgten gute Jahre, in denen Haus-altsüberschüsse zu verzeichnen waren. Insgesamt9 Milliarden Euro Überschüsse wurden in den kommu-alen Haushalten von 2005 bis 2009 erzielt, dann kam dieroße Wirtschaftskrise. Ich sagte es bereits: Schwarzeahlen sind besser als rote Zahlen. Sie haben rote Zahleneschrieben, wir schreiben schwarze Zahlen.
2009, zu Beginn dieser Wahlperiode, gab es zwei ver-ssungswidrige Gesetze aus rot-grüner Regierungszeit,ie wir zu korrigieren hatten: Sowohl die Verwaltungs-truktur der Hartz-IV-Gesetze war verfassungswidrig alsuch die Regelsätze für Kinder und Jugendliche inartz-IV-Familien.
Ja, schreien Sie ruhig. Offensichtlich trifft es Sie, Herrcheelen. –
eide verfassungswidrigen Gesetze haben wir korrigiert.ir haben sie neu geregelt, jetzt sind sie verfassungsfest.Wir haben die Jobcenter in guter Zusammenarbeitwischen Bundesagentur und Kommunen pragmatischeu aufgestellt. Die Praktiker vor Ort sind damit zufrie-en.
ir haben die Option der kommunalen Aufgabenwahr-ehmung in Bezug auf die Langzeitarbeitslosigkeit aus-ebaut und dauerhaft abgesichert. Damit sind die Prakti-er vor Ort ebenfalls hochzufrieden. Wir haben auch dieegelsätze für Kinder und Jugendliche mit dem Bil-ungs- und Teilhabepaket neu geregelt. Ich sage aus-rücklich: Dieses Bildungspaket ist ein Erfolgspro-ramm.Ich habe mir vor wenigen Wochen einen ganzen Tageit genommen, um in meinem Wahlkreis mit all denenu sprechen, die damit zu tun haben: mit den Verwaltun-en, die das organisieren – sowohl in meinem Options-reis als auch bei der BA –, mit einem Sportverein, mitchulen, mit einem Freizeitheim und dem Kinderschutz-und. Bei einigen Details war der eine oder andereunsch noch offen; manches davon haben wir schonufgenommen. Aber der generelle Tenor war: Alle sindich einig, dass es genau richtig war, auf Sachleistungentatt auf die Erhöhung der Regelsätze zu setzen.
icht einer hat den Vorschlag, die Regelsätze anzuhebennd von den Sachleistungen Abstand zu nehmen, denie von der SPD jetzt in die parlamentarische Beratung
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Ingbert Liebing
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eingebracht haben, unterstützt. Nicht einer! Keiner hatbehauptet, es sei ein bürokratisches Monster; von Stig-matisierung war nicht die Rede. Mit Ihren Thesen ver-breiten Sie ein Horrorszenario, das mit der Wirklichkeitin unserem Land nichts zu tun hat. Wir erreichen mit un-serem Bildungspaket Kinder und Jugendliche, die frühernie eine Chance auf Teilhabe gehabt hätten. Mit IhrenVorschlägen würden sie nie eine Chance bekommen.Deshalb ist unser Programm gut und richtig gewesen.
Wir haben viel erreicht; trotzdem bleibt in der kom-menden Wahlperiode noch viel zu tun. Wir werden dieKommunen finanziell weiter stärken. Die Bundesbeteili-gung bei der Eingliederungshilfe für Menschen mit Be-hinderungen ist Bestandteil unseres Programms; das istfest zugesagt.
Wir werden noch konsequenter dafür sorgen müssen,dass Bundesleistungen für die Kommunen auch dort an-kommen und nicht an klebrigen Fingern des einen oderanderen Landesfinanzministers hängen bleiben. Ich habees gerade wieder in meinem Heimatland Schleswig-Hol-stein erlebt. Dort hat die Landesfinanzministerin derGrünen den Kommunen 13 Millionen Euro aus der Bun-desleistung für die Grundsicherung vorenthalten und fürdie eigene Kasse abgezweigt. Das muss in Zukunft aus-geschlossen werden.Wir werden die Kommunen weiter stärken, damit sieneue Herausforderungen annehmen können, zum Bei-spiel bei der Energiewende, wenn es um stärkere Dezen-tralität und kommunale Verantwortung geht, oder beimdemografischen Wandel, wenn es darum geht, gerade inden ländlichen Räumen den Breitbandausbau oder dieSicherung der Gesundheitsvorsorge voranzubringen.Das Gleiche gilt für die altersgerechte Quartiersentwick-lung in den Städten.Hinter uns liegen vier gute Jahre für die Kommunenin Deutschland. Nicht alle Probleme sind gelöst, aber da-ran wollen und werden wir mit unserer kommunalenKompetenz und unserer breiten Verankerung in denKommunen unseres Landes weiterarbeiten; denn dasdient den Menschen in den Dörfern und Städten. Hiergeben wir den Menschen Heimat, und hier sorgen wirdafür, dass die konkreten Probleme und Bedürfnisse derMenschen in Bezug auf den Staat direkt vor ihrer eige-nen Haustür gelöst werden können. Das erwarten dieMenschen von uns, und das ist Richtschnur unseres Han-delns. Deshalb sorgen wir für starke Kommunen in unse-rem Land.Vielen Dank.
Letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt ist
die Kollegin Antje Tillmann für die CDU/CSU-Fraktion.
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Selbstverständlich haben wir das selber gemacht, Herrcheelen.
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Antje Tillmann
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Wir haben erreicht, dass die Kosten der Grundsicherungzugunsten der Kommunen vom Bund übernommen wur-den. Ich bin froh, dass Frau Kollegin Reinemund ebennoch einmal erwähnt hat, dass es Schäuble, unserFinanzminister, war, der das als Erster in den Raum ge-stellt hat. Das bleibt so, auch wenn Sie es noch hundert-mal anders behaupten.Herr Scheelen, ausgerechnet Sie zitieren das Verfas-sungsgerichtsurteil zum Bildungspaket. An Ihrer Stellewäre mir das peinlich; denn Ihnen wird in dem Verfas-sungsgerichtsurteil bestätigt, dass Sie bei den Hartz-IV-Reformen die Kinder schlicht vergessen haben.
Sie haben den kinderbezogenen Bedarf vergessen. Zwarhaben Sie Telefax- und Telefonkosten eingerechnet,nicht aber den Schulranzen und das Mittagessen fürsKind.
Ich wäre an Ihrer Stelle ganz still. Wir haben das zuguns-ten der Kinder repariert. Mit 730 Millionen Euro wird esden Kindern jetzt ermöglicht, am Sport und an Schulfrei-zeiten teilzunehmen sowie ein kostenloses Mittagessenzu bekommen. Das haben Sie nicht auf die Reihe be-kommen.
Wir haben es gemacht.Ich sage auch an dieser Stelle allen auf kommunalerEbene, die dieses Bildungspaket zum Erfolg machen, eingroßes Dankeschön; denn es ist tatsächlich so, dass esKommunen gibt, die einfach nicht wollen, dass es ge-lingt, weil sie uns beweisen wollen, dass es eine falscheEntscheidung war. Bei den Kommunen, in denen sichalle Beteiligten zugunsten der Kinder zusammenschlie-ßen, klappt es.Ich will weiter das Programm „Frühkindliche Sprach-förderung“ erwähnen. Sie haben es nicht hinbekommen,dass Kinder mit Sprachdefiziten zusätzliche Förderungbekommen. Wir setzen 400 Millionen Euro in über4 000 Kindergärten zum Wohle der Kinder ein. Kinder,die zu Hause nicht in hinreichendem Umfang gefördertwerden, werden damit auf die Schule gut vorbereitet.Das ist ein Bundesprogramm, welches erheblichen Er-folg hat. Es wurde in der Legislaturperiode, in der Sie ander Regierung waren, jedenfalls nicht eingeführt.Ich komme zu einem weiteren Punkt, zum THW. Esgibt einen guten Anlass, Danke für all das zu sagen, wasin der momentan schwierigen Situation in den Hochwas-sergebieten vom THW und vielen anderen Ehrenamtli-chen geleistet wird. Wir haben weitsichtig auch da in denletzten Jahren schon Mittel zur Verfügung gestellt, damitMitglieder geworben werden konnten.
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Sie haben aber anscheinend unsere Verfassung nichtelesen; denn Sie haben in Ihrer Rede eben behauptet,ass es in Ordnung wäre, dass der Bund Aufgaben aufie Kommunen überträgt, wenn er Geld dafür zur Verfü-ung stellt. Das ist eindeutig verfassungswidrig. Das isticht in Ordnung. Art. 84 Grundgesetz verbietet das, undas ist auch richtig so. Durch die Auftragsvergabe desundes an die Kommunen ist die jetzige Situation erstntstanden. Die Grundsicherung ist ein gutes Beispiel:ot-Grün hat ein Gesetz erlassen und den Kommunenicht das Geld dafür gegeben.
Das, was Sie als Konnexität beschreiben, ist bei unserfassungswidrig. Damit ist Ihr Antrag nicht zu retten.
Wir haben noch viel zu tun; die Kollegen haben daschon gesagt. Wir haben vieles erreicht, aber es ist auchoch vieles übrig. Wir stehen zur Unterstützung derommunen zur Verfügung, auch in der nächsten Legis-turperiode. Ich bin sehr froh, dass in den vorangegan-enen Reden schon die Aussage getätigt wurde, dass ne-en den Bürgerinnen und Bürgern und den Unternehmenuch die Kommunen wegen der Hochwasserkatastropheringend Unterstützung und Hilfe brauchen. Es ist aus-
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Antje Tillmann
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gesprochen traurig, dass all die Schulen und Kindergär-ten, die frisch saniert worden sind, jetzt unter Wasser ste-hen. Wir werden dieses Problem gemeinsam angehen.Die Kommunen wissen uns ganz sicher an ihrer Seite.
Ich schließe die Aussprache.Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie-ßungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen aufder Drucksache 17/13748. Wer stimmt für diesen Ent-schließungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-hält sich? – Der Entschließungsantrag ist mit der Mehr-heit der Koalition abgelehnt.Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 4 b. Hier gehtes um die Abstimmung über die Beschlussempfehlungdes Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklungzum Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Kom-munen von den Kosten für bauliche Maßnahmen anKreuzungen von Eisenbahnen und Straßen befreien“.Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlungauf der Drucksache 17/12452, den Antrag der FraktionDie Linke abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschluss-empfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? –Die Beschlussempfehlung ist mit Mehrheit angenommenbei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
– Muss nicht. Aber der Zwischenruf stellt doch sicher,dass Sie es im Protokoll haben.
– Na also.
– Das nehme ich mit besonderer Rührung zur Kenntnis,Herr Kollege Bockhahn.Unter dem Tagesordnungspunkt 4 c geht es um dieBeschlussempfehlung des Innenausschusses zu dem An-trag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Wer bestellt,bezahlt – Konnexität zugunsten der Kommunen imGrundgesetz verankern“. Der Ausschuss empfiehlt inseiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/13301,diesen Antrag der Fraktion Die Linke abzulehnen. Werstimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmtdagegen? – Wer enthält sich? – Diese Beschlussempfeh-lung ist wiederum mit Mehrheit angenommen.Ich rufe die Tagesordnungspunkte 5 a bis 5 c auf:a) Beratung des Antrags der Abgeordneten HeidrunBluhm, Dr. Kirsten Tackmann, Agnes Alpers,tiluc
richts des Ausschusses für Verkehr, Bau undStadtentwicklung zu dem Antragder Abgeordneten Michael Groß, Sören Bartol,Uwe Beckmeyer, weiterer Abgeordneter und derFraktion der SPD sowie der AbgeordnetenDaniela Wagner, Bettina Herlitzius, BrittaHaßelmann, weiterer Abgeordneter und der Frak-tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENProgramm „Soziale Stadt“ zukunftsfähig wei-terentwickeln – Städtebauförderung sichern– Drucksachen 17/10999, 17/12453 –Berichterstattung:Abgeordnete Petra Müller
c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Verkehr, Bau undStadtentwicklung
– zu dem Antrag der Abgeordneten MichaelGroß, Sören Bartol, Uwe Beckmeyer, weitererAbgeordneter und der Fraktion der SPDBezahlbares Wohnen in der sozialen Stadt– zu dem Antrag der Abgeordneten HeidrunBluhm, Halina Wawzyniak, Dr. KirstenTackmann, weiterer Abgeordneter und derFraktion DIE LINKEWohnungsnot bekämpfen – Sozialen Woh-nungsbau neu starten und zum Kern einergemeinnützigen Wohnungswirtschaft ent-wickeln– zu dem Antrag der Abgeordneten NicoleGohlke, Agnes Alpers, Matthias W. Birkwald,weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIELINKEWohn- und Mietensituation von Studieren-den verbessern– Drucksachen 17/12485, 17/12481, 17/11696,17/13776 –Berichterstattung:Abgeordneter Karl HolmeierÜber die Beschlussempfehlung zum Antrag der Frak-on der SPD werden wir später namentlich abstimmen.Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwick-ng hat den Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksa-he 17/11696 zur Wohn- und Mietensituation von Stu-
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Präsident Dr. Norbert Lammert
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dierenden in seine Beschlussempfehlung einbezogen.Dieser Antrag soll jetzt mit beraten werden. – Dazu seheich keinen Widerspruch. Also können wir so verfahren.Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind fürdie Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Ich höre kei-nen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort derKollegin Heidrun Bluhm für die Fraktion Die Linke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte FrauMerkel! Sie ist schon gegangen, aber vielleicht kommtsie noch zur Debatte zurück. Sehr geehrter HerrRamsauer! Meine Damen und Herren! Im Wahlkampfmuss man ja erfahrungsgemäß mit einigem rechnen. Dadarf man sich auch nicht wundern, dass selbst die Bun-deskanzlerin plötzlich eine 180-Grad-Kehre hinlegt undihr Herz für Mieterinnen und Mieter entdeckt. DreiMonate vor der Bundestagswahl erkennt also die Kanz-lerin – vielleicht war es auch ihr Beraterstab –, dass inDeutschland 35 Millionen Menschen in Mietwohnungenleben. Das ist ja ein erquickliches Wählerpotenzial. Da-her wundert es uns nicht, dass solche Aussagen so kurzvor der Bundestagswahl gemacht werden.Die Kanzlerin nimmt auch so Unworte wie „Mieten-deckelung“ oder „Mietpreisbremse“ in den Mund. Wasist das? Ein unmoralisches Angebot an einen künftigenKoalitionspartner oder doch nur der plumpe Versuch,Millionen Wählerinnen und Wähler hinter die Fichte zuführen? Dass die FDP da aufschreit und so tut, als kriti-siere sie die Kanzlerin, ist ein nur allzu verständlichesSignal in Richtung der eigenen Klientel.Liebe Wählerinnen und Wähler, wenn die CDU/CSUwirklich etwas für Mieterinnen und Mieter in diesemLand tun wollte, hätte sie einfach nur auf das kürzlich inKraft getretene Mietrechtsänderungsgesetz verzichtenund das Mietrecht mieterfreundlich reformieren sollen.
Das tat sie aber nicht. Im Gegenteil: Sie hat in einemvierjährigen Gesetzgebungsverfahren entgegen scharferKritik der kommunalen Spitzenverbände, der Mieter-vereine, gegen den Rat fast aller Experten, ja selbstgegen die Bedenken des Bundesrats die Mieterrechteeingeschränkt. Sie hat keine wirksame Bremse zur De-ckelung der Bestandsmieten eingebaut. Dort aber wäredazu Gelegenheit gewesen. Nein, Sie will Mieterinnenund Mieter die Kosten der energetischen Sanierung ihrerWohnungen über die Modernisierungsumlage alleinüberlassen, und Sie hat sich auch gegen die Forderungzur Beschränkung von Neuvertragsmieten vehement ge-sperrt. Wie gesagt, es dauerte vier Jahre, und dabeiwurde von allen Seiten, selbst von Politikern der CDU/CSU-Fraktion, permanent Kritik geäußert. Das alles istan der Kanzlerin vorbeigerauscht. Sie war schließlichmit Wichtigerem beschäftigt.knwteKMvreEuinFdT3uMtuudtieRuzdFeHksMZezdWLngAbnsduwwwinWbsN
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das Geringste zu tun. Das ist nackter, purer Kapitalis-mus.
Nun höre ich oft den Einwand, das sei schlimmsten-falls ein Problem der Metropolen; im Durchschnitt seiendie Mieten ja nur unwesentlich gestiegen. Aber inMetropolregionen leben mittlerweile 50 Prozent derMieterinnen und Mieter – die Tendenz ist steigend –,und kein Mensch wohnt in Durchschnittshausen. Auchaußerhalb der Metropolen, selbst in sich entleerendenRegionen, fliegen den Menschen die Wohnkosten mitt-lerweile um die Ohren, weil die Preise für Strom, Gas,Wasser, Abwasser und Mobilität förmlich explodieren.Auch darauf hat die Bundesregierung keine Antwort. Siehat weder einen Plan, noch hat sie den Willen, hier ir-gendetwas zu tun.
Meine Damen und Herren, ich habe bisher nur über dieneu aufkommende Wohnungsnot durch Miet- und Wohn-kostensteigerungen gesprochen. Jetzt komme ich zumTotalversagen der Bundesregierung bei der notwendigendemografiegerechten Umgestaltung der Wohnungswirt-schaft und Stadtentwicklung und zur unaufschiebbarenenergetischen Sanierung des Gebäudebestandes. Durchihre halbherzige, wankelmütige Haltung bei der Umset-zung selbst gesetzter Klimaschutzziele im Gebäudebe-reich macht sich diese Bundesregierung mitschuldig an ir-reparablen Umweltschäden und Klimakatastrophen.Die derzeitige Mangelsituation auf dem Wohnungs-markt, die gewaltigen Defizite bei der Bereitstellung vonaltersgerechtem und barrierefreiem Wohnraum, derEinbruch bei klimagerechtem Umbau der Gebäudewirt-schaft sind die Quittungen für jahrelanges Nichtstun,Lavieren oder abergläubiges Hoffen auf die Selbsthei-lungskräfte des Marktes. Der Markt aber erklärt sichgerade da für nicht verantwortlich. Das ist sogar ver-ständlich, weil wir es hier nicht mit konjunkturellen,sondern mit strukturellen politischen Problemen zu tunhaben. Um der aktuellen Wohnungsnot zu begegnen, dieaktuellen Probleme zu beheben und eine langfristig ver-lässliche, sozial ausgewogene, bedarfs- und klimage-rechte Entwicklung der Wohnungswirtschaft zu begin-nen, reichen die althergebrachten Steuerungs- undAnreizprogramme bei weitem nicht mehr aus.
Wir brauchen vor allem ein Umdenken in der Politik,dass Wohnen keine gewöhnliche Ware ist, und das politi-sche Bewusstsein, dass wir uns hier im Bereich der so-zialen Daseinsvorsorge bewegen. Wir müssen endlichwirklich handeln. Die Linke hat das immer gefordert,nicht nur in Wahlkampfzeiten. Wir haben mit unseremAntrag, das Wohnen als Grundrecht in den Menschen-rechtskatalog des Grundgesetzes aufzunehmen – gleichzu Beginn der Legislaturperiode –, mit unserer Forde-rung, barrierefreies Wohnen in die Novelle zum Bau-gesetzbuch verpflichtend aufzunehmen, mit unserenwiederkehrenden Anträgen zur Aufstockung, Versteti-gung und sozial-ökologischen Umgestaltung der Städte-bauförderung und mit unseren Anträgen und AktionengMszzEnnwwdzUsdzrendrerumvvgAinwtilesretiEddgnshdtuLe
s gibt dafür Unterstützer quer durch die Gesellschaft, iner ganzen Republik. Glücklicherweise ist es außerhalbieses Hauses möglich, ein solches Projekt parteiüber-reifend zu entwickeln und voranzutreiben.Zum Schluss kurz zusammengefasst: Liebe Kollegin-en und Kollegen der CDU/CSU- und FDP-Fraktion,timmen Sie heute unseren Anträgen einfach zu! Dannätten Sie die Merkel’sche Mietpreisbremse bereits vorer Wahl umgesetzt und nicht ein Wahlversprechen pos-liert, das hinterher nicht gehalten wird.
assen Sie Ihren Ankündigungen und Wahlversprecheninfach Taten folgen! Dafür wäre heute ein guter Tag.Danke schön.
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Jetzt hat Peter Götz das Wort für die CDU/CSU-Frak-
tion.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnenund Kollegen, wenn wir heute über die Wohnungs- undImmobilienwirtschaft in Deutschland debattieren, müs-sen wir auch bei diesem Tagesordnungspunkt dieschlimmen Auswirkungen in den Hochwasserregionensehen.
Immer mehr Menschen müssen sich vor dem Hochwas-ser in Sicherheit bringen. Tausende Häuser sind evaku-iert. Die Folgen für die betroffenen Menschen vor Ortkönnen wir nur erahnen. Es ist gut und richtig, dass vonallen Seiten unbürokratisch Hilfe angeboten wird.Die furchtbaren Ereignisse in den Hochwassergebie-ten helfen vielleicht auch ein wenig, die stark dramati-sierenden Überschriften der Anträge der Opposition zurheutigen wohnungspolitischen Debatte ins richtige Lichtzu rücken.
„Bedarfsgerechtes Wohnen dauerhaft sichern …“, „Be-zahlbares Wohnen in der sozialen Stadt“, „Wohnungsnotbekämpfen …“, ich fühle mich bei diesen Überschriftenzurückversetzt in die Zeit, als in Deutschland flächende-ckend eine echte Wohnungsnot herrschte.Es ist keine Frage, dass eine angemessene Versorgungmit Wohnraum zu den Grundbedürfnissen eines men-schenwürdigen Lebens gehört. Auch wenn seit drei Jah-ren der Aufwärtstrend auf dem Wohnungsmarkt unver-kennbar ist, erleben wir in vielen Großstädten undUniversitätsstädten Engpässe mit überproportional starksteigenden Mieten. Das Angebot kann dort mit derwachsenden Nachfrage nicht mithalten. Wir haben dasgestern bei der Sachverständigenanhörung im Ausschussbestätigt bekommen. Die Sachverständigen haben aberauch bestätigt, dass wir in Deutschland von einer Woh-nungsnot weit entfernt sind. Ja, es gibt Städte oder Stadt-teile, die stärker nachgefragt sind als andere. Neue odermodernisierte Wohnungen in diesen Stadtteilen steigerndie Nachfrage zusätzlich; es ist oft „chic“ oder „in“, dortzu wohnen. Es gibt aber auch Städte und ganze Landstri-che, in denen der Wohnungsleerstand den Wohnung-suchenden zu niedrigen Mieten verhilft und Hauseigen-tümer schon seit Jahren keinen Überschuss mehr aus derVermietung von Wohnungen erzielen. Die Folge sindsinkende Immobilienwerte, mit allem, was dazugehört.Was will ich damit sagen? Deutschland hat einen sehrdifferenzierten Wohnungsmarkt. Die Politik muss pass-und zielgenau auf bestimmte Engpässe reagieren. Bund,Länder und Gemeinden sind in ihrer jeweiligen Zustän-digkeit zum Handeln aufgefordert. „Zuständigkeit“ istemfeadruwdgFL5KsslaßBBddWBnBUebumnDdvWdsti
eim Bund nehmen und den Bedürftigen nicht geben,as ist mehr als unmoralisch. Eine Sanierung von Lan-eshaushalten auf dem Rücken einkommensschwacherohnungssuchender und Mieter, wie sie gerade inerlin unter Rot-Rot erfolgt ist, darf nicht weiter hinge-ommen werden. Seit Wiedereintritt der CDU in dieerliner Regierung vollzieht sich dort Gott sei Dank einmdenken.
Meine Damen und Herren, wir brauchen in jedem Falline Selbstverpflichtung der Länder für eine Zweck-indung künftiger Mittel des sozialen Wohnungsbaus.
Herr Bundesminister Ramsauer hat auch Vorschlägenterbreitet,
it denen der Bund auf den Trend der regionalen Woh-ungsengpässe reagieren kann.
ie größte Attraktivität, Herr Pronold, strahlt für michabei der Vorschlag der Wiedereinführung der degressi-en Abschreibung aus.
enn ich mich recht erinnere, wurde sie 2006 unter demamaligen Bundesfinanzminister Steinbrück abge-chafft. In der Geschichte der deutschen Wohnungspoli-k war aber nichts erfolgreicher als eine steuerliche För-
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Peter Götz
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derung. Sie lässt Marktmechanismen wirken und hateine hohe private Investitionsbereitschaft zur Folge.
Was kann den Wohnungsuchenden denn Besserespassieren als stark steigende Wohnungsbauzahlen innachgefragten Lagen? Regelungen über das Mietrechtsind nur befristete Mangelverwaltungen.
Die Lösung der Probleme liegt in der Schaffung vonneuem Wohnraum.
Nutzen wir doch einfach die guten Erfahrungen derVergangenheit! Aber leider haben SPD und Grüne einProblem mit erfolgreichen steuerpolitischen Instrumen-ten. Ihr Geschrei bestätigt dies. Gerade haben wir es beidem im Bundesrat abgelehnten Gesetz zur steuerlichenFörderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen anWohngebäuden erneut erleben dürfen.
Auch dort haben sich SPD und Grüne rein ideologischzulasten von Umwelt und Mietern positioniert.Beim Blick in die Wahlprogramme von SPD und Grü-nen bekommt man eine wohnungspolitische Gänsehaut.
Wen, bitte schön, wollen Sie mit der Einführung einerVermögensabgabe oder einer Vermögensteuer eigentlichfür Investitionen in neue Wohnungen begeistern? Glau-ben Sie allen Ernstes, neue steuerliche Belastungen beiImmobilien animierten jemanden, in Wohnungen zu in-vestieren?Der bessere Weg ist der Vorschlag des BundesministersPeter Ramsauer, die Leistungsfähigkeit des Wohngeldeszu erhöhen. Das Wohngeld kann einkommensschwachenMietern bei der Versorgung mit angemessenem Wohn-raum helfen. Ich hoffe, dass wir, wenn wir diesen Vor-schlag machen, nicht wieder die gleiche Blockadehaltungder von SPD und Grünen regierten Länder erleben wie beider gerade genannten steuerlichen Förderung der energeti-schen Sanierung.Lassen Sie mich einen weiteren Punkt nennen. Fürmich ist auch der Erwerb von Belegungsrechten ein ge-eignetes Instrument, um preisgünstigen Wohnraum vorOrt anbieten zu können.Meine Damen und Herren, den eigentlichen Schlüsselhält die kommunale Wohnungspolitik in der Hand. Wennzum Beispiel in der Stadt München – nur als Beispiel,Herr Pronold – kein geeignetes Bauland zur Verfügunggestellt oder ausgewiesen wird, können dort auch keineneuen Wohnungen entstehen.
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Kommunen mit Wohnungsengpässen müssen sicheshalb selbst aktiv an der Problemlösung beteiligen.urch eine langfristig angelegte Baulandpolitik vor Ortssen sich die lokalen Engpässe am Wohnungsmarkt amesten lösen. Das muss auch kein Bauen auf der grüneniese sein. Wir haben nach wie vor große innerstädti-che Brachflächen, seien es Industrie- oder Militär-rachen, die reaktiviert werden können. Mit den bewähr-n Instrumenten der Städtebauförderung kann der Bund,ber können auch die Länder den Kommunen helfen,iese Flächen zu entwickeln.Meine Damen und Herren, ich finde es ausgesprochenut, dass die Bundespolitik die Wohnungs- und Immobi-enwirtschaft als eine der tragenden Säulen für die Wirt-chaftskraft Deutschlands wiederentdeckt hat. CDU undSU werden in den nächsten Wochen den richtigenstrumentenmix für eine gute Wohnungspolitik präsen-eren. Der rot-grüne Schlachtruf „Bildung statt Beton“ergangener Jahre hat nachweislich nicht funktioniertnd kann zu den Akten gelegt werden. Wir braucheneides, eine bessere Bildung unserer Kinder, aber auchezahlbare Wohnungen, in denen unsere Kinder auf-achsen können. – Herzlichen Dank.Frau Präsidentin, gestatten Sie mir am Ende meinerede noch ein persönliches Wort. Dies war nach 23 Jah-n aktiver Arbeit im Deutschen Bundestag meine letzteede in diesem Hohen Haus. Ich möchte mich für dasute Miteinander bedanken, auch über Fraktionsgrenzeninweg und bei allen Unterschieden, die politisch zu dis-utieren waren. Ich muss sagen: Ich war gerne Mitgliedes Deutschen Bundestages. Ich wünsche Ihnen eineute Zukunft und persönlich alles Gute. Diesem Hohenaus, diesem Parlament wünsche ich weiterhin eineositive Entwicklung.Herzlichen Dank.
Herr Götz, im Namen des ganzen Hauses gebe ich Ih-n Dank für die gute Zusammenarbeit gerne zurück. Ichünsche Ihnen alles Gute. Durch Ihr starkes Engagementowohl auf kommunalpolitischer wie auf Bundesebeneaben Sie gezeigt, wie sehr Sie sich für die Demokratieingesetzt haben. Vielen Dank und Ihnen persönlich allesute.
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Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
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Als Nächster kommt der Kollege Florian Pronold fürdie SPD-Fraktion zu Wort.
Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen!
Liebe Kollegen! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich hätte
erwartet, dass der Kollege Götz etwas zu den neuen Er-
kenntnissen seiner Kanzlerin zum Thema Mietpreis-
bremse sagt.
– Das weiß ich. Das ist doch schön. Aber er hat trotzdem
nichts dazu gesagt, auch wenn er dort sitzt.
Ich habe in der Zeitung gelesen, dass die Frau Bun-
deskanzlerin Themenklau bei der SPD betreibt. Da muss
ich sie in Schutz nehmen; denn wer sich rechtlich aus-
kennt, der weiß, dass Klauen bedeutet, jemandem etwas
wegzunehmen. Das ist wie bei einer Handtaschenräube-
rin. Die nimmt die Handtasche, und dann ist sie weg.
Aber das Thema „bezahlbares Wohnen“, das Thema
„Mietpreisbremse“ bleibt bei der SPD, das kann die
Kanzlerin nicht klauen.
Das, was die Kanzlerin macht, ist Hütchenspielerei.
Sie tut jetzt so, als würde es nach der Wahl unter dem
Hütchen, auf dem „CDU“ steht, eine Mietpreisbremse
geben. Aber wenn die Wählerinnen und Wähler nach der
Wahl unter dieses Hütchen schauen, dann werden sie
feststellen, dass es nichts anderes war als Wahlbetrug.
Das ist das, was die Kanzlerin vorhat.
Wir von der SPD stehen für bezahlbares Wohnen in
der sozialen Stadt. Uns geht es darum, dass die Men-
schen, die in den Innenstädten wohnen und die für nied-
rige und mittlere Löhne hart arbeiten, auch in den Innen-
städten wohnen bleiben können. Die alleinerziehende
Mutter, die Rentnerin, der Rentner, der Taxifahrer, der
Polizeibeamte, die Krankenschwester, alle die, die für
uns auch Dienst tun, sollen in ihrer angestammten Woh-
nung bleiben können. Deswegen werden wir verhindern,
dass es zu Mietexzessen kommt.
Dazu gehören drei Elemente. Das erste Element. Wir
werden über das Mietrecht dafür Sorge tragen, dass
Menschen nicht über den Löffel balbiert werden, dass
die Mieterinnen und Mieter nicht zu den Melkkühen der
Nation werden.
Das zweite Element. Wir müssen den Neubau ankur-
beln und müssen darüber hinaus bei der Sanierung von
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Dazu gehören die Kommunen, die Ausweisung vonBauland, aber zum Beispiel auch der Bund, wenn ich anmanche Liegenschaften denke, die durch die BImA ver-waltet werden.
Hier kann es nicht nur nach dem Höchstpreisprinzip ge-hen, sondern auch danach, mit welchen Konzepten manin den Kommunen bezahlbaren Wohnraum schaffenwill.Dazu gehört, dass man bei neuen Projekten durch eineentsprechende Förderung dafür Sorge trägt, dass es auchsozialen Wohnungsbau gibt und dass ein gewisser Anteilvon Wohnungen, die im Neubau entstehen, bezahlbarsind, wodurch zum Beispiel alle Menschen, die dies wol-len, in den Innenstädten wohnen können.Dazu gehört, dass Genossenschaften, private Bauträ-ger und städtische Baugesellschaften dafür Sorge tragen,dass das Wohnen bezahlbar bleibt.Nur ein Beispiel, weil die städtischen Wohnungs-baugesellschaften immer in der Kritik stehen: In Mün-chen liegt die durchschnittliche Miete für Wohnungenvon städtischen Wohnungsbaugesellschaften bei etwa6,30 Euro, während das durchschnittliche Kaltmieten-niveau in München bei über 10 Euro liegt. Ohne das En-gagement der städtischen Wohnungsbaugesellschaftenund ohne die Durchmischung von Wohnraum hättenMieterinnen und Mieter mit unteren und mittleren Ein-kommen überhaupt keine Chance mehr, in solchen Städ-ten zu leben. Deswegen ist es richtig, dass wir alle insBoot holen und dafür Sorge tragen müssen, dass es auchbei Neubau bezahlbare Wohnungen gibt.
Jetzt schauen wir uns doch einmal an, was dieseschwarz-gelbe Bundesregierung und insbesondere dieserBauminister, der er ja auch sein soll, der Herr Ramsauer,angekündigt haben und was dabei herausgekommen ist:Vor wenigen Monaten haben wir erlebt, dass es meh-rere Gipfel zum Thema „Wie schaffen wir bezahlbarenWohnraum für Studentinnen und Studenten?“ gab. Er-gebnis: Nichts!Sie haben gerade wieder davon gesprochen, dass dasWohngeld erhöht werden muss. Bis heute ist es nicht er-höht worden. Was ist passiert? Das Gegenteil ist passiert.Der Heizkostenzuschuss ist von dieser schwarz-gelbenKoalition gestrichen worden. Das ist ein Anschlag aufdiejenigen, die hart arbeiten und es sich trotzdem nichtleisten können, zu diesen hohen Mieten zu wohnen. Dashaben Sie gestrichen. Das ist die Bilanz dieser Regie-rung.
Sie haben angekündigt, der soziale Wohnungsbau seiwichtig. Jawohl! 518 Millionen Euro werden dafür vomBund jährlich noch zur Verfügung gestellt. Sie haben imschwarz-gelben Koalitionsvertrag angekündigt, dass Siehier bis zum Ende der Wahlperiode zu einer verlässli-cenrefüssmgdAsIcsbwtisaP–sruSeMSdnkwsteuwdfüreWwdShrew
Jetzt hört man in Reden im Deutschen Bundestag das war auch in der letzten Debatte zu diesem Themao –, das stimme gar nicht, die Mittel für Städtebauförde-ng und insbesondere für das Programm „Sozialetadt“ seien doch fast verdoppelt worden. Das ist wiederinmal ein typischer Taschenspielertrick. Sie haben dieittel erst auf 25 Millionen Euro gekürzt, dann habenie sie auf 40 Millionen Euro erhöht. Das bedeutet aber,ass für das Programm „Soziale Stadt“ heute immeroch weniger als die Hälfte dessen ausgegeben werdenann, was unter Wolfgang Tiefensee bereitgestellturde. Wenn Sie da von einer Verdopplung der Mittelprechen, belügen Sie die Menschen. Sie haben die Mit-l für das Programm „Soziale Stadt“ vielmehr halbiertnd richten damit einen Schaden vor Ort an, der kaumiedergutzumachen ist.
Wir haben dann noch alle möglichen anderen Ankün-igungen gehört. Eine degressive AfA wollen Sie ein-hren. Wer regiert denn seit vier Jahren in der Bundes-publik Deutschland?
arum haben Sie es denn nicht gemacht, wenn das soichtig ist? Sie wollen die energetische Sanierung för-ern. Warum haben Sie die KfW-Mittel dafür gekürzt?ie wollen den altersgerechten Umbau fördern. Warumaben Sie das entsprechende Programm der Bundes-gierung gestrichen? Diese Fragen müssen Sie beant-orten.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30717
Florian Pronold
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Jetzt komme ich zum Thema Eigenheimzulage. Esgab eine Ankündigung von Herrn Ramsauer, die Zulagewieder einzuführen. Alle, die sich ein bisschen mit derThematik auskennen, wissen, dass für die Eigenheimzu-lage einmal 8 Milliarden Euro ausgegeben wurden. Wa-rum haben Sie die Eigenheimzulage nicht längst wiedereingeführt, wenn das eine so gute Idee ist? – Erinnernwir uns auch daran, wie hoch die einzelnen Beträge wa-ren, die ausgezahlt wurden. Glaubt denn irgendwer tat-sächlich, dass die Eigenheimzulage, also eine Zulagevon wenigen Tausend Euro, mehr jungen Familien er-möglicht, dort, wo Wohnungsnot besteht, nämlich in denMetropolregionen, Eigentum zu erwerben? Glaubt ir-gendwer, dass diese Zulage ein Beitrag zur Bekämpfungvon Wohnungsnot in Metropolregionen ist?
Das ist nichts anderes als Ankündigungspolitik, hinterder nichts steckt, und vor allem werden die Probleme inunseren Städten dadurch nicht gelöst.
Vonseiten der Bundesregierung wurde nun groß ange-kündigt, etwas zu tun, um Mieterinnen und Mieter vorExzessen bei Mieten zu schützen. Die Kanzlerin schreibtbei der SPD ab und will eine Mietpreisbremse einführen.Teile der Union und der FDP polemisieren dagegen.Drum will ich einmal sagen, worum es uns dabei geht.Es geht uns um mehrere Dinge.Der erste Punkt ist: Wir wollen – –
– Sie können mir dazu gerne eine Zwischenfrage stellen.Dann werde ich Ihnen dazu ausführlich antworten.
– Machen Sie das doch!
– Ja, eben. Die zwölf Minuten stehen für guten Inhalt.Ich danke Ihnen, dass Sie mir das attestieren.
Aber jetzt will ich Ihnen etwas zur Mietpreisbremse sa-gen, weil das die FDP offensichtlich nicht versteht.Das Ganze hat nichts damit zu tun, wie viel Mittel ineinen Neubau investiert werden, weil von unserem Kon-zept Neubaumieten, also Erstvermietungen, überhauptnicht berührt werden. Uns geht es um den Fall, dass je-mand aus einer Wohnung auszieht und ein Nachmietereinzieht. Dieser Nachmieter – das können Sie in Berlinreihenweise beobachten – zahlt auf einmal 30 oder40 Prozent mehr Miete, obwohl an dieser Wohnungbeim Mieterwechsel gar nichts gemacht worden ist. Dastreibt die Mietpreise nach oben. Das vertreibt die Men-schen an den Stadtrand. Diese Entwicklung wollen wirstoppen. Das ist der Punkt.bsfüsSMznüSfünlare–wbddweuwMkssASdusVsaSLGOddamb
Keine Sorge, ich habe noch zwei Minuten Redezeit,enn Sie das beruhigt. – Diese Mietpreisbremse wirdei der Wiedervermietung ansetzen und die Steigerunger Mietkosten deckeln. Wir werden dafür Sorge tragen,ass der Heizkostenzuschuss wiederkommt. Und wirerden auch dafür Sorge tragen, dass die Kosten vonnergetischer Sanierung die Menschen nicht in Angstnd Schrecken versetzen. Heute ist es doch so, dass,enn eine Wohnung für 25 000 Euro saniert wird, dieiete monatlich um 210 Euro zusätzlich erhöht werdenann. Wer kann sich denn das leisten? Dass die Men-chen hier Angst und Sorge haben, muss man doch ver-tehen, und darauf muss man eine Antwort geben. Dientwort lautet, dass man die Kosten einer energetischenanierung fair in der Gesellschaft, also zwischen allen,ie davon profitieren, dass es energetische Sanierungnd CO2-Einsparungen gibt, verteilen muss, also zwi-chen dem Staat, den Mieterinnen und Mietern und denermietern. Wir sind für eine faire Kostenteilung in die-er Frage. Niemand soll übervorteilt werden.Wir werden die Mittel für Städtebauförderung wiederuf 700 Millionen Euro anheben, und wir werden dafürorge tragen, dass das Programm „Soziale Stadt“ zumeitprogramm wird, damit der Zusammenhalt in unsereresellschaft wieder wächst.
Wir werden Bündnisse für bezahlbares Wohnen vorrt schließen, in denen man – nicht mit Druck, sondernadurch, dass alle Akteure zusammenhelfen – sich Ge-anken macht, wie man über Baulandausweisungen undndere Dinge zu bezahlbarem neuen Wohnraum kom-en kann.
Sehr geehrte Damen und Herren von der schwarz-gel-en Opposition, Sie hätten heute die Möglichkeit – und
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30718 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Florian Pronold
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Sie haben sie bis zum Ende dieser Wahlperiode –, deut-lich zu machen, ob Ihr Herz für Mieterinnen und Mieterschlägt oder nicht. Dem Rechtsausschuss liegt unser An-trag für die Mietpreisbremse vor. Die Kanzlerin findetdas toll. Wir sind bereit, diese Mietpreisbremse in dieserWahlperiode ins Gesetz zu schreiben. Ich bin gespannt,ob Sie da mitgehen. Da könnten Sie beweisen, ob Sie esmit dem Schutz von Mieterinnen und Mietern tatsächlichernst meinen. Ihre Mietrechtsreform, die zum 1. Mai2013 in Kraft getreten ist, war das Gegenteil.
Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Kollege Patrick
Döring das Wort.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kol-leginnen und Kollegen! Nicht Städtebauförderpro-gramme, nicht Gesetze und auch nicht diese Debattewerden dazu führen, dass in den Ballungsräumen, in de-nen die Wohnungsmärkte erkennbar angespannt sind,Wohnungen gebaut werden. Vielmehr werden die meis-ten vermieteten Wohnungen in Deutschland von Män-nern und Frauen gebaut, die ihre Ersparnisse investieren,die ihr Geld nicht auf den Kopf hauen, die ihre Erspar-nisse nicht in die Schweiz bringen, die ihre Ersparnissenicht irgendwo verzocken, sondern die ihre Ersparnisseeinsetzen, um vermietbaren Wohnraum zu schaffen. Dassind diejenigen, mit denen wir diese Probleme lösen.Das gelingt aber nicht, indem wir sie beschimpfen.
Diese Investoren haben vor allen Dingen ein Interesse,nämlich dass Rechtssicherheit besteht.Meine sehr verehrten Damen und Herren, es werdenhier nun Begriffe wie „Mietexzesse“ verwendet.
Die Durchschnittsmiete in den zehn größten Städten inDeutschland – nicht in Durchschnittshausen, liebe Kolle-gin Bluhm – hat sich von 1992 bis 2012 von 7,01 Euro auf7,96 Euro pro Quadratmeter entwickelt. Ja, das ist ein An-stieg, aber ein Anstieg weit unterhalb der Inflationsrate. Inden deutschen Großstädten wohnt man preiswerter als inallen anderen Großstädten der Europäischen Union –dank der vielen engagierten Vermieterinnen und Vermie-ter.
Dann spricht der sogenannte Schattenminister davon,man wolle Neubau ankurbeln. Ja, Wohnungsnot löst manadwsnezgkbVBDgdtisgPDMhdnWzeDsgnstigKBbudWw
Oder glaubt irgendjemand ernsthaft, dass 1,5 Prozentermögensabgabe auf den vermieteten Wohnraum inerlin-Charlottenburg vom Vermieter bezahlt werden?as alles wird doch eins zu eins an den Mieter weiterge-eben und führt am Ende zu Mieterhöhungen. Sie sindie Miettreiber in diesem Haus und nicht diese Koali-on.
Des Weiteren wird über Sanierung gesprochen. Damitind wir beim Kernpunkt, warum sich meine Fraktionegen die Mietpreisbremse wehrt. Geschätzter Kollegeronold, die Realität auf dem Wohnungsmarkt ineutschland ist nicht, dass eine Wohnung, wenn einieter ausgezogen ist, anschließend zu einer 30 Prozentöheren Miete vermietet wird, ohne dass zuvor etwas aner Wohnung gemacht wurde. Viele Vermieter nutzenach einem Auszug die Gelegenheit, nicht nur dieände zu weißeln, sondern auch die Bodenbeläge aus-ubessern, das Bad zu renovieren und eine neue Kücheinzubauen.
ie dann entstandene verbesserte Wohnsituation mussich genauso in der Miete niederschlagen wie eine ener-etische Sanierung; denn sonst wird die Wohnqualitäticht steigen, sondern sinken.
Dass ausgerechnet Sie jetzt den Wert der energeti-chen Sanierung erkennen und das Hohelied der energe-schen Sanierung singen, nachdem Sie alle unsere An-ebote betreffend die steuerliche Absetzbarkeit derosten der energetischen Sanierung von Wohnraum imundesrat und im Vermittlungsausschuss abgewehrt ha-en
nd sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt haben,ass diejenigen Vermieterinnen und Vermieter, die denohnraum für ihre Mieterinnen und Mieter ertüchtigenollen, Steuervorteile bekommen, ist unglaubwürdig.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30719
Patrick Döring
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Wir haben Vorschläge gemacht und wollten sogar denBundesanteil erhöhen, um eine Förderung durch Zu-schussprogramme zu ermöglichen. Sie hätten gemein-sam mit uns einen großen Schritt gehen und für eine ver-besserte Wohnraumsituation und mehr energetischeSanierung in Deutschland sorgen können. Aber Sie ha-ben sich verweigert.
Wir werden die Herausforderungen in den Ballungs-räumen angehen. Das geht am besten mit Investitionssi-cherheit und degressiven Abschreibungsmöglichkeitenfür Investitionen in Neubau.
Die Kappungsgrenze in unserem neuen Mietrecht wirddazu führen, dass sich die Neubaumieten noch modera-ter entwickeln. Wir haben ein kluges Mietrecht geschaf-fen, das zu einer guten Entwicklung führen wird. InDeutschland herrscht flächendeckend Gott sei Dankkeine Wohnungsnot. In denjenigen Ballungsräumen, indenen Wohnungsnot herrscht, wird sie beseitigt, wennwir die Investoren pfleglich behandeln. Sie tun das Ge-genteil. Das ist das Schlimmste.Vielen Dank.
Die Kollegin Daniela Wagner hat jetzt das Wort für
Bündnis 90/Die Grünen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Döring hatuns in seiner Rede wieder einen tiefen Einblick in seineKenntnisse der Realität in Deutschland gewährt.
Das gilt insbesondere für die Passage seiner Rede, in derer schildert, was in Wohnungen passiert, bevor neueMieterinnen und Mieter einziehen. Aber ich will zur Sa-che kommen.Ich will Ihnen nicht unsere Initiativen und Anträgeder letzten Jahre herunterleiern.
– Genau, das finde ich auch. – Aber, verehrte Kollegin-nen und Kollegen insbesondere der Koalition, irgendet-was müssen die Grünen in den letzten drei Jahren richtiggemacht haben, wenn jetzt sogar die Bundeskanzlerindie Lage der Mieterinnen und Mieter in Deutschland ent-deckt und für so manches Zähneknirschen insbesondereim Lager der Wirtschaftsliberalen sorgt.Drekk4MdDBDasdvstussvdmSrekfiIcleAmzsrezMdVMnddhteIndk
arauf haben wir immer wieder hingewiesen. Selbst dieerichte der Bundesregierung belegen dies inzwischen.ie Koalitionsfraktionen sehen das noch nicht ein, wohlber die Kanzlerin.Der Neubau nimmt zwar zu. Aber leider handelt esich weitgehend um Eigentumswohnungen. Damit steigter Druck auf Mieterinnen und Mieter weiter. Wie Sieielleicht wissen, reicht zurzeit die Spanne der durch-chnittlichen Mietpreissteigerungen bei Wiedervermie-ng von 19 Prozent in Berlin bis zu 44 Prozent in Kon-tanz am Bodensee. Ich kann Ihnen versichern, dassolche Steigerungen durchgesetzt werden, ohne dass zu-or irgendetwas an den Wohnungen getan wurde. So istie Situation. Das kann so nicht weitergehen.
Es kann auch nicht sein, dass Bürgerinnen und Bürgerit weniger hohem Einkommen, junge Familien undtudierende die verfehlte Wohnungspolitik der Bundes-gierung und von Teilen der Länder ausbaden und dieurzfristigen Renditeerwartungen der Finanzbranchenanzieren müssen.
h möchte dazu noch etwas sagen: Auch die kommuna-n Haushalte geraten immer mehr unter Druck. Diengemessenheitsgrenzen bei den Kosten der Unterkunftüssen angepasst werden. Aber staatliche Unterstüt-ungsleistungen, Transferleistungen aus Steuermittelnind nicht dazu da, die Renditeerwartungen von Investo-n zu erfüllen, sondern sie sind dazu da, den Menschenu helfen.Wir haben ein Gesamtkonzept zur Dämpfung derietpreisentwicklung bereits vorletztes Jahr in den Bun-estag eingebracht, und wir haben dazu verschiedeneorschläge gemacht, zum Beispiel dass, wenn bei einemieterwechsel die Wohnung wieder vermietet wird, derachfolgende Mieter nicht mehr als 10 Prozent mehr alsie ortsübliche Vergleichsmiete zahlen soll. Wir habeniesen Antrag monatelang in den Ausschüssen hin- undergewälzt. Sie haben vor sage und schreibe drei Mona-n, also drei Monate, bevor die Kanzlerin genau diesesstrumentarium fordert, diesen Antrag abgelehnt.
Da steht natürlich schon die Frage im Raum: Was sollas eigentlich alles? Was macht eigentlich die Bundes-anzlerin im Moment mit diesem Thema? Ich kann Ih-
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30720 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Daniela Wagner
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nen nur sagen – das ist es, was mich dabei ärgert –, dassIhre Herangehensweise, nachdem Sie seit Jahren jedeInitiative der Opposition zur Dämpfung der Mietpreiseabgelehnt haben, gerade jetzt, ein Vierteljahr vor derWahl, plötzlich das Thema Miete für sich in Anspruchzu nehmen, zeigt, dass Sie Probleme der Mieterinnenund Mieter ersichtlich nicht ernst nehmen, sondern sienur zum Spielball des Wahlkampfs machen.
Sie haben auch bei der BauGB-Novelle einmal mehrdie Möglichkeit verschlafen, eine Mietpreisbremse ein-zubauen. Dort hätte es die Möglichkeit gegeben. Ichnenne nur die Stichworte „Sanierungssatzung“ und„Milieuschutzsatzung“. Auch hier gibt es selbstverständ-lich Möglichkeiten, Rechtsgrundlagen zu schaffen, umdie Mietpreisentwicklung zu bremsen.
Sie zahlen Kompensationsmittel für die sozialeWohnraumförderung an die Länder. Aber was machendie Länder damit? Das ist in einigen Reden angeklun-gen. Sie machen damit, was sie wollen, nur fördern sienicht den sozialen Wohnungsbau. Das ist Ihre Sache,Herr Bundesminister Ramsauer, Sie müssen sich darumkümmern, dass ein zweckgebundener Einsatz bei denLändern durchgesetzt wird.
Sie, Kollege Götz, haben völlig recht, wenn Sie kriti-sieren, dass die Bundesmittel nicht dazu da sind, aufKosten der Steuerzahler auf Umwegen Länderhaushaltezu sanieren oder was auch immer zu finanzieren, zumBeispiel schöne Flugplätze wie den von Kassel-Calden.Nur, dann setzen Sie das doch durch, kümmern Sie sichdarum!
Über die Städtebauförderung braucht man gar nichtmehr viel zu sagen. Damit haben Sie ein ganz lustigesSpiel getrieben: rauf, runter, rauf, runter, bis das ganzeLand die Übersicht verloren hat. Jetzt legen Sie ein biss-chen was drauf und sagen: Wir haben doch die Mittel er-höht. – Tatsache ist, dass die Mittel für die Städtebauför-derung, jedenfalls seit ich im Bundestag bin, insgesamtnur abgesenkt worden sind. Fast noch viel schlimmer ist,dass Sie den nichtinvestiven Teil vollkommen gestrichenhaben, sodass es sich im Prinzip um eine reine Baumaß-nahmenförderung handelt. Aber all das andere, was beider Städtebauförderung wichtig war, haben Sie erfolg-reich beerdigt.
Kommen wir nun zu dem sehr schönen Thema derKonversionsareale, also beispielsweise Kasernen fürpreiswerte Wohnungen für Studentinnen und StudentenzdDNdsEvkWbdcamzn–gsesvlabssÜnWdmkMdhEfümsdWDzgd
enn Sie preiswerte Studierendenwohnungen dort ha-en wollen, dann braucht man Grundstückspreise, die esen Kommunen und den Studentenwerken möglich ma-hen, solche Grundstücke zu erwerben. Das Gegenteilber passiert. Der Bund feilscht seit Monaten und Jahrenit verschiedenen Kommunen, um höchste Preise zu er-ielen. Das hat zum Resultat, dass auf den Grundstückenichts, aber auch gar nichts passiert. Hier müssen wir das sage ich auch Ihnen, liebe Kolleginnen und Kolle-en von der SPD-Bundestagsfraktion – auch Ihre Ab-ichten noch ein bisschen nachschärfen. Wir müssenrnsthaft etwas tun, sonst wird nichts passieren.
Wir haben verschiedene Vorschläge unterbreitet: Ab-enken der Kappungsgrenze, Begrenzen der Wieder-ermietungsmiete, Absenken der Modernisierungsum-ge usw. Sie haben alles, aber auch wirklich alleslockiert. Im Übrigen haben wir darauf geachtet – dasage ich an die Adresse der Koalition –, dass unsere Vor-chläge maßvoll sind, weil wir natürlich wissen, dassbermaß und Übereifer in diesem Geschäft Investitio-en abschrecken und dann das Gegenteil passiert, dieohnungsverknappung eher noch zunimmt. Wir wan-ern also auf einem schmalen Grat: Auf der einen Seiteuss es attraktiv sein, man muss noch Geld verdienenönnen, aber es muss auch eine Bremse geben, damitieterinnen und Mieter nicht überfordert werden. Allas haben wir Ihnen in vielen Initiativen dargelegt. Sieaben alles in Bausch und Bogen komplett abgelehnt.
s ist ganz interessant, dass Sie jetzt plötzlich Ihr Herzr die Mieterinnen und Mieter entdecken.Bei den Maklergebühren gibt es ein ähnliches Phäno-en. Was haben wir Ihnen gesagt? Wir brauchen ein Be-tellerprinzip. Es ist absurd, dass diese Kosten immer aufen Wohnungssuchenden übergewälzt werden können.er bestellt, bezahlt.
as gilt im übrigen Leben. Das hat auch beim Mietrechtu gelten.Sie haben alle unsere Vorschläge in Bausch und Bo-en abgelehnt. Stattdessen kommen Sie mit einem Fossiler Wohnungspolitik, der Eigenheimzulage. Genau!
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30721
Daniela Wagner
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Bauen wir noch ein paar Häuser auf der grünen Wiese,die in 20 Jahren niemand mehr braucht. Wir brauchen inden Städten eine Innenentwicklung, die preiswertenWohnraum sicherstellt, und keine Eigenheimzulage.
All das Genannte wollen wir in eine komplett andereWohnungspolitik überführen. Die brauchen wir. Die istdringend notwendig. Ich setze darauf, dass wir gemein-sam mit der SPD eine andere Wohnungspolitik ab22. September in diesem Land realisieren werden, so-dass Wohnen kein Luxusgut mehr ist, sondern ein Rechtfür alle Menschen in unserem Land.Ich danke Ihnen für Ihre freundliche Aufmerksam-keit.
Für die Bundesregierung hat der Bundesminister
Dr. Peter Ramsauer das Wort.
Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung:
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Wir haben erst am 28. Februar dieses Jahres
über diesen gesamten Themenkomplex gesprochen.
Heute gilt wie am 28. Februar: Nachdem ich mir sehr
aufmerksam angehört habe, wie die Oppositionsfraktio-
nen über Deutschland und Wohnen in Deutschland spre-
chen, habe ich den Eindruck, sie sprechen über ein ganz
anderes Land, aber nicht über unseres.
Wohnen und Leben in Deutschland ist Premiumleben,
ist Premiumwohnen.
Das bekomme ich von den vielen Gästen, die ich aus der
ganzen Welt empfange, immer wieder bestätigt. Ich ge-
höre nicht zu denen, die unser Land schlechtreden wol-
len. Das tue ich nicht. Sie sollten es auch nicht tun.
Ich habe bei dieser Debatte am 28. Februar auch be-
tont, dass die Bundesregierung bei dem Thema Wohnen
sehr sensibilisiert ist; denn es ist ein Grundbedürfnis der
Menschen. Aber ich habe auch gesagt: Wir sollten bei
dieser Debatte die parteipolitischen Unterschiede,
die es durchaus gibt, nicht dazu hernehmen, um in sach-
fremder Weise in ganz unterschiedliche Richtungen zu
wirken. Bitte ziehen Sie mit der Bundesregierung an ei-
nem Strang,
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Herr Minister, Kollege Liebich würde Ihnen gern eine
wischenfrage stellen. Möchten Sie sie zulassen?
Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister für Verkehr,
au und Stadtentwicklung:
Ja.
Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Minister, wenn Sie sagen, dassohnen in Deutschland Premiumwohnen ist, würdeich interessieren, was Sie jenen Mieterinnen undietern antworten, die in den vergangenen Jahren, inen vergangenen Jahrzehnten, muss man sagen, ihreohnung aus finanziellen Gründen aufgeben und verlas-en mussten, so wie es in einem Teil meines Wahlkrei-es, in Berlin-Prenzlauer Berg – Sie kennen den Bezirk sehr gut; es ist hier gleich in der Nähe –, nahezu deresamten Bevölkerung ergangen ist; denn die Bevölke-ng in Prenzlauer Berg ist in den letzten Jahren kom-lett ausgetauscht worden.Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister für Verkehr,au und Stadtentwicklung:Das hatte auch andere Gründe, lieber Herr Kollege.h komme in einem weiteren Teil meiner Rede genauuf diese Frage zu sprechen und bitte Sie, mit einerntwort im Laufe meiner Rede zufrieden zu sein. Diehemen „Wohngeld“ und „Kosten der Unterkunft“erde ich selbstverständlich noch behandeln.
Ich möchte ganz ausdrücklich auch die vielen absur-en Vorwürfe der Opposition zurückweisen. Das habenie Kollegen Peter Götz und Patrick Döring ja in sehrefflicher Weise gerade ebenfalls getan. Wir solltenuch gegenseitig so fair sein, ein realistisches Bild derirklichkeit zu zeichnen und nicht ein völlig verzerrtes.h finde, dass uns Pauschalisierungen und massive Dra-atisierungen nicht helfen; aber natürlich helfen aucherharmlosungen nicht.
Frau Künast, bitte etwas Geduld!
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30722 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Bundesminister Dr. Peter Ramsauer
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Tatsache ist, dass sich die Wohnungsmärkte inDeutschland sektoral und auch regional ausgesprochenunterschiedlich entwickeln. Die Ursachen für Wohn-raumverknappungen und überproportionale Mietsteige-rungen sind ebenso vielschichtig. Fest steht aber – ichmöchte das noch einmal betonen –, dass wir in Deutsch-land einen hohen Versorgungsgrad haben und dass wirauch hohe qualitative Standards haben, an deren Verbes-serung wir weiter arbeiten. Ein Beitrag dazu ist auchunsere hervorragend verlaufende Arbeit bei der energeti-schen Gebäudesanierung.
Ich möchte das, was hier gesagt worden ist, richtigstel-len: Die Programme, die wir hier fahren, haben Hoch-konjunktur. Von einer flächendeckenden Wohnungs-knappheit kann also überhaupt keine Rede sein.
Wir hatten nach einer längeren Phase der Stagnation– das muss man so sehen; die Ursachen hierfür sind auchbekannt – seit 2010 wieder einen Aufwärtstrend. ZweiStichworte sind schon genannt worden: die Abschaffungder degressiven AfA und die Abschaffung der Eigen-heimzulage. Das waren Bestandteile der damaligenKoch/Steinbrück-Liste. Im Jahr 2006 wurden sie dannabgeschafft. Im ersten Jahr nach einer solchen Abschaf-fung gibt es keine Bremsspuren, im zweiten machen sichdie ersten Folgen bemerkbar, und im dritten und viertenJahr sieht man die Auswirkungen. Das heißt, im Jahr2009 hatten wir einen Tiefststand bei Baugenehmigun-gen – es gab etwa 150 000 – zu verzeichnen. Wir wareneinmal bei 300 000 bis 400 000 und darüber. Im Jahr2011 haben wir Gott sei Dank wieder 228 000 Bauge-nehmigungen für Wohnungen gehabt. Das hat sich 2012weiter fortgesetzt. Im ersten Quartal 2013 wurden imVergleich zum Vorjahresquartal noch einmal 13 Prozentmehr Baugenehmigungen für Wohnungen ausgespro-chen.Gemeinsames Ziel muss es also sein, diese positiveTrendwende zu verstetigen. Dazu rufe ich alle Fraktio-nen dieses Hauses auf. Vorrangiges Ziel muss sein:Bauen, bauen und nochmals bauen.
Nicht strangulieren, sondern initiieren. Gegen Mangelhilft nur bauen. Jede zusätzliche Mietwohnung und auchjedes zusätzliche Eigenheim entspannt die Situation. Ichsage das ausdrücklich, weil ich diese Diskriminierungvon Eigentum nicht mehr hören kann.
Eigentum stabilisiert unsere Gesellschaft, Eigentum anWohnungen ist ein zentraler Bestandteil der Altersvor-sSrinwsstiWBFDwdseDdradmüs–vnkzbmdZn
Die Vorschläge liegen auf dem Tisch. Ich nenne dreiichtige Aktionsbereiche:Erstens. Die Wiedereinführung der degressiven AfA;as ist schon angesprochen worden. Ich halte die Verbes-erung einer degressiven Abschreibungsmöglichkeit fürinen ganz wichtigen Impuls.
enn durch diese steuerstundende Liquiditätshilfe wer-en Investitionsanreize gegeben.
Zweitens. Die Wiederbelebung der sozialen Wohn-umförderung; auch das ist bereits angeschnitten wor-en. Wir haben die gesetzliche Verantwortung im Rah-en der Föderalismusreform auf die Bundesländerbertragen.Frau Kollegin Wagner, Sie haben mir zugerufen, icholle mich darum kümmern. Ich sage Ihnen ganz ehrlich lassen Sie sich das auch von anderen berichten –: Esergeht keine Landesbauministerkonferenz, in der wiricht über dieses Thema intensiv gesprochen hätten. Ichann und will mich überhaupt nicht auf den Standpunkturückziehen, dass es Ländersache ist und den Bundes-auminister nichts mehr angeht. Natürlich muss ichich auch darum kümmern, nicht zuletzt deshalb, weiler Bund als Kompensation für die Übertragung dieseruständigkeit auf die Länder die berühmten 518 Millio-en Euro gibt.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30723
Bundesminister Dr. Peter Ramsauer
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Die Verhandlungen laufen seit einiger Zeit. Da sienoch nicht zu einem Ergebnis geführt haben – schiebenwir die möglichen Ursachen mal beiseite – und unklarist, wie es nach 2013 weitergeht, schreiben wir in einemersten Schritt die Mittel für 2014 schlicht und einfachfort. Wir werden nach der Wahl dafür sorgen, dass es fürdie Länder und für die soziale Wohnraumförderung gutweitergeht.Meine Position in dieser Frage ist hinreichend be-kannt – ich habe das oft genug auch mit den Bauminis-tern der Länder erörtert –: Ich plädiere für ein Entgegen-kommen. Allerdings erwarte ich im Gegenzug, dass dieMittel, die der Bund den Ländern bereitstellt, zweckge-bunden eingesetzt werden.
Das machen einige Länder ganz vorbildlich, beispiels-weise Hamburg, Nordrhein-Westfalen und der FreistaatBayern. Einige andere Länder – ich nenne sie jetztnicht – haben da noch Verbesserungsspielraum.
Einige haben auch die Neubautätigkeit wieder aufge-nommen und arbeiten nicht nur alte Dinge ab.Drittens. Ein weiteres wichtiges Handlungsfeld liegtim Bereich der sozial- und mietrechtlichen Flankierung.Hier nehmen wir unsere Verantwortung sehr wohl wahr.Ich lasse mir die Mietrechtsnovelle, die wir vor wenigenMonaten verabschiedet haben und die nun in Kraft ist,nicht schlechtreden. Wir haben den Ländern ein wichti-ges Instrument in die Hand gegeben.
Wir haben in Problemzonen, also dort, wo die Mietenexplodieren, einen Deckel eingeführt, sodass die Mieteninnerhalb von drei Jahren nicht mehr um bis zu 20 Pro-zent, sondern nur noch um bis zu 15 Prozent erhöht wer-den können. Ich halte dies für richtig.Daneben stehen wir natürlich voll und ganz – daswäre wahrscheinlich die Zwischenfrage der KolleginKünast gewesen – zum Wohngeld und zu den Kosten derUnterkunft. 16 Milliarden Euro fließen hier jährlich. Ichsetze diese Summe einmal in Bezug zu etwas anderem,weil wir in diesem Kreis auch häufig über Verkehrsinfra-struktur reden: Die Mittel für den gesamten Straßenaus-bau und -neubau sowie für die Instandhaltung betragengerade einmal etwas über 5 Milliarden Euro. Für die so-ziale Flankierung – für das Zahlen von Wohngeld undfür die Übernahme der Kosten der Unterkunft – zahlenwir also das Dreifache der Summe, die wir in den Stra-ßenbau investieren. Wer hier sagt, meine Damen undHerren, das sei schmählich zu wenig, der leugnet dieRealität.renbguureZBuwHsWDsnBgdPBzDsB2lidaMrekw
Gleichwohl sage ich klipp und klar: Wir haben im Be-ich des Wohngeldes Reformbedarf; das werden wirach der Bundestagswahl neu justieren müssen. Ich habeereits im Februar einen entsprechenden Vorschlag vor-elegt. Das kann nicht in einem laufenden Haushaltsjahrmgesetzt werden, aber wir werden uns darüber wiedernterhalten.Nun ein Wort zum Mietrecht, meine Damen und Her-n.
Herr Ramsauer, Frau Bluhm würde Ihnen gern einewischenfrage stellen.
Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister für Verkehr,au und Stadtentwicklung:Ich verweise auf die Bemerkung des Kollegen Zöller.
Ich gehe ja gerade auf die drei Handlungsfelder einnd will nun zum Mietrecht kommen. Bei allem, wasir im Bereich des Mietrechts tun, meine Damen underren, sollten wir immer sehr genau prüfen, inwieweitich Instrumente wie eine Mietpreisbremse auf denohnungsneubau auswirken.
as ist ein ganz wichtiger Maßstab, an dem wir alles mes-en müssen. Alles, was wir in diesem Bereich tun, darficht den Wohnungsneubau abwürgen. Darauf hat dieundeskanzlerin in aller Eindeutigkeit und Klarheit hin-ewiesen; das hat sie betont. Ich verwahre mich aus-rücklich gegen die vorhin von Ihnen, Herr Kollegeronold, ausgesprochene Beleidigung, mit der Sie dieundeskanzlerin als eine „Handtaschenräuberin“ be-eichnet haben.
as ist sonst nicht Ihr Stil.Im Übrigen gibt es im Wirtschaftsstrafrecht bereitseit langem eine Bestimmung, die Mietwucher begrenzt:ei Wiedervermietungen darf die Miete maximal0 Prozent über der Miete für vergleichbaren Wohnraumegen. Aber wir wissen auch, dass diese Bestimmung iner Praxis kaum Anwendung findet. Wir sind bereit,uch hier etwas zu tun.Das alles, meine Damen und Herren, sind wir denietern, den Eigentümern und nicht zuletzt den Investo-n schuldig, deren Investitionen wir uns nur wünschenönnen; denn je mehr gebaut wird, desto weniger Nöteerden wir haben.
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Bundesminister Dr. Peter Ramsauer
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Am Ende, lieber Peter Götz, auch von meiner Seiteein herzliches Dankeschön, das ich, ohne anmaßend zusein, im Namen aller Bundesregierungen, unter denen dudich diesem Thema zugewandt hast, aussprechen darf.Du bist seit 23 Jahren im Parlament. Ich habe dich im-mer als das baupolitische Gewissen dieses Parlamentsund als das kommunalpolitische Gewissen unserer Frak-tion wahrgenommen. Du bist sozusagen die Personifi-zierung dessen, was wir immer als Politik aus einemGuss bezeichnen, für die Kommunen, für die Länder, fürden Bund. Dafür Respekt und Anerkennung und einherzliches Dankeschön.
Die Kollegin Heidrun Bluhm hat das Wort zu einer
Kurzintervention.
Herr Minister Ramsauer, da Sie meinten, dass Sie
meine Frage, die Sie nicht kennen können, mit Ihrer
Rede schon beantwortet haben, muss ich jetzt zu diesem
parlamentarischen Instrument greifen,
um Ihnen deutlich zu machen, dass Sie genau das nicht
getan haben.
Wenn die Kanzlerin, Frau Merkel, eine Mietpreis-
bremse und ähnliche Dinge in die politische Debatte ein-
führt, gehe ich davon aus, dass sie das gemeinsam mit
ihrem Fachminister, der sie berät, erarbeitet hat.
Weder Herr Götz noch Herr Döring, die der Regierungs-
koalition angehören, noch Sie haben in irgendeiner
Weise die jetzt von Frau Merkel in die Diskussion einge-
führte Mietpreisbremse erwähnt.
Glauben Sie nicht, dass es an dieser Stelle wichtig und
notwendig gewesen wäre, diesen Punkt den Mieterinnen
und Mietern zu erläutern, die sich Verlässlichkeit wün-
schen und wissen wollen, ob Sie das, was Sie im Wahl-
kampf versprechen, wirklich ernst meinen und umsetzen
wollen?
Ich hätte von Ihnen als Fachminister erwartet, dass
Sie nicht nur über Straßenbau und Ähnliches diskutie-
ren, sondern dass Sie auch die Ideen der Kanzlerin auf-
greifen, erläutern und damit den Mieterinnen und Mie-
tern Sicherheit für die Zukunft geben.
Danke schön.
B
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Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister für Verkehr,
au und Stadtentwicklung:
Frau Kollegin Bluhm, ich habe einige Minuten in
einer Rede zum Themenkomplex Mietpreisbremse ge-
prochen, und zwar unter Verwendung dieses Begriffs.
re Behauptung, dass ich das Thema nicht behandelt
ätte, verstehe ich nicht; denn das trifft nicht zu. Sie sind
eschäftsfrau und auf diesem Sektor tätig. Sie selber
ind Vermieterin mehrerer Objekte und haben daher viel
hnung von der Praxis.
Sie lächeln jetzt. Tun Sie doch nicht so, als wüssten
ie nicht, wie welche Maßnahme wirkt. Tun Sie nicht so,
ls hätten Sie die Bundeskanzlerin nicht verstanden, die
lipp und klar gesagt hat – ich will es einmal so ausdrü-
ken –: Wir brauchen mehr Wohnraum. Alles, was die-
em Ziel dient, ist zu veranlassen, alles, was dem entge-
ensteht, ist zu unterlassen, und zwar bei gleichzeitiger
ozial- und mietrechtlicher Flankierung.
Die Bundeskanzlerin hat völlig recht, wenn sie sagt:
ort, wo wir Überhitzungen zu verzeichnen haben, müs-
en wir diese Überhitzungen angehen und bekämpfen.
ie hat Vorschläge dazu gemacht. Aber es muss klar
ein: Die Mittel, die wir einsetzen, dürfen nicht dazu
hren, dass der Neubau sozusagen stranguliert wird;
enn damit würden wir das einreißen, was wir uns an an-
erer Stelle mühsam erstritten und erarbeitet haben.
Zu einer weiteren Kurzintervention gebe ich das Wort
enate Künast.
Herr Minister, Sie haben vorhin gesagt, dass Sie ah-en, was ich fragen will; deshalb dürfte Ihnen die Replikichtfallen. Sie haben gerade selber gesagt, dass Sieiele Minuten über das Thema Mietpreis, Mietpreis-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30725
Renate Künast
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bremse usw. gesprochen haben. Aber ehrlich gesagt: Daswaren nur Worte, Inhalt gab es keinen.
Sie sagen: Neubau, Neubau, Neubau! – Aber auch amEnde Ihrer Rede ist immer noch unklar, wie die Miet-preisbremse bei der Vermietung von Neubauwohnungengenau gestaltet werden soll. Wie soll die Miete für eineNeubauwohnung im Vergleich zur ortsüblichen Mietegedeckelt werden? Ab welchem Betrag soll die Bremsegreifen, damit Ihr Motto: „Neubau, Neubau, Neubau“nicht zu einer über Jahre stattfindenden Verteuerung undAnhebung der ortsüblichen Miete führt? Die Antwortauf diese Frage sind Sie schuldig geblieben.
Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass Frau Merkel einenVorstoß gemacht hat, den Herr Schäuble nachher wiederzurücknahm.
Sie müssen uns irgendwann einmal sagen, was Sie ei-gentlich wollen, und können uns nicht nur auf nachfol-gende Zeiten vertrösten. Die Mieterinnen und Mieter ha-ben ein Recht, beurteilen zu können, was Ihr Programmtatsächlich beinhaltet.
– Die Mieter und die Vermieter auch. Aber noch ist inDeutschland kein Vermieter verhungert. Mieter hinge-gen können ihre Miete manchmal nicht mehr zahlen.Die soziale Verantwortung hat einer – als Minister so-wieso –, dessen Partei das „S“ für „sozial“ im Namenträgt.Es herrscht also immer noch Unklarheit, wie dieBremse eigentlich gestaltet werden soll, Herr Ramsauer.
Herr Minister, bitte zur Antwort.
Dr. Peter Ramsauer, Bundesminister für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung:
Frau Kollegin Künast, ich fürchte: Wer nichts zur
Kenntnis nehmen will, widersteht auch jedem Erklä-
rungsversuch.
Deshalb habe ich Probleme mit Ihnen.
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Frau Künast, Angebot und Nachfrage regeln auch
ietpreise. Deswegen ist Ihre Politik, die – wie ich aus
ren Worten heraushöre und aus den Programmen Ihrer
artei herauslese – vor allen Dingen von Verboten ge-
rägt ist, investitionsfeindlich. Angesichts investitions-
indlicher Politik braucht man sich nicht zu wundern,
enn nicht in den Wohnungsbau investiert wird.
Wenn ich jemanden, der in Wohnungen und Immobi-
en investieren will, von vornherein mit investitions-
indlichen Restriktionen überziehe und ihm drohe, statt
nreize zu geben, brauche ich mich nicht zu wundern,
enn nicht gebaut wird. Gott sei Dank haben wir in
eutschland seit drei Jahren wieder einen anderen
rend. Es gibt eine steigende Zahl von Baugenehmigun-
en. Bis zur Wohnungsfertigstellung vergehen dann
och ein bis zwei Jahre.
Deswegen war es auch nicht schädlich, sondern rich-
g, dass wir den Ländern – Stichwort „Subsidiarität“ –
ei der letzten Mietrechtsnovelle flankierend die Mög-
chkeit gegeben haben, diese Mietpreisbremse einzu-
hren. Wir sind auch bereit, den Straftatbestand im
irtschaftsstrafrecht, über den ich gesprochen habe, zu
räzisieren, damit diese Norm in der Praxis auch An-
endung finden kann. Es wurde schon die Grenze von
0 Prozent genannt. Daran können wir arbeiten.
Jetzt hat das Wort für die SPD-Fraktion der Kollege
ichael Groß.
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frauräsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bingelrecht dankbar für die Nachfragen, weil dadurchoch einmal deutlich wurde, dass es den Strang, an demir alle gemeinsam ziehen sollten, gar nicht gibt. Wirüssten auch gar nicht, in welche Richtung wir gemein-am ziehen sollten.Festzustellen ist, dass wir, seitdem Sie Minister sind,err Ramsauer, weniger Neubauaktivitäten als in denier Jahren zuvor haben. Wenn man sich Ihre Leistungs-ilanz ansieht, dann ist außer Runden Tischen und ange-ündigten Eigenheimzulagen nichts zu erkennen. Es isteiterhin so, dass viele Menschen in den Städten dieserepublik Angst haben, dass sie ihre Mieten nicht mehrezahlen können.
Sie haben von Rechtssicherheit und Investitionssi-herheit gesprochen. Was haben wir denn darunter zuerstehen, wenn Sie ein Mietrecht erlassen – es ist imai in Kraft getreten – und Ihre Bundeskanzlerin ein
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30726 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Michael Groß
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paar Wochen später auf einmal das Thema Mietpreissen-kung entdeckt? Selbst diejenigen, die sich bisher auf Siehaben verlassen können oder meinten, sich auf Sieverlassen zu können, sind in den letzten Tagen ein wenigverunsichert. Das kann man auch sehr gut nachvollzie-hen.Angesichts Ihrer jetzigen Aussagen und auch derAussagen aus der Regierungskoalition in den letztenWochen könnten die Leute in Deutschland den Eindruckhaben: Es gibt keine Probleme. All diejenigen, dieWohngeld beantragen müssen, weil sie ein zu geringesEinkommen haben, können sich beruhigt zurücklehnenund müssen sich keine Sorgen machen, was ihre Da-seinsvorsorge betrifft.Sie befinden sich zurzeit in der Situation, erklären zumüssen, warum es da ein Hin und Her gibt. Ich habe ge-rade gelesen, dass einige Mitglieder der CDU von derKanzlerin einen Sonderparteitag erwarten bzw. verlan-gen, weil sie sich übergangen fühlen. Natürlich kann ichmir sehr gut vorstellen, warum Sie Probleme mit der„Sozialen Stadt“ haben; denn dabei geht es darum, dieMenschen zu beteiligen und die Dinge letztendlich vonunten nach oben zu entwickeln.Die Faktenlage ist eindeutig. Schon heute fehlen inden Ballungsgebieten bzw. in den Universitätsstädten250 000 Wohnungen. Der Mieterbund spricht von Woh-nungsnot. Schon jetzt liegen in einigen Großstädten dieLeerstandsquoten bei unter 1 Prozent. Das heißt, dasssich angesichts der steigenden Nachfrage in diesen Städ-ten die Situation für Mieterinnen und Mieter weiter ver-schärfen wird.Zusätzlich steigt die Anzahl der Haushalte. Sie selbergehen davon aus, dass die Anzahl der Haushalte auf über41 Millionen steigen wird. Das wäre innerhalb wenigerJahre eine Zunahme um 3 Millionen. Sie haben und ge-ben darauf – wir haben es gerade erlebt – keine konkreteAntwort.Die Mieter haben Sie nicht im Blick. Sie haben zuge-lassen, dass in einigen Regionen bei Wiedervermietun-gen zurzeit Mieterhöhungen von über 30 Prozentmöglich sind. Das ist für normale Arbeitnehmerinnenund Arbeitnehmer nicht tragbar. Sie wissen auch, dasszurzeit eine Situation besteht, in der sich Familien undAlleinerziehende, die eine Wohnung suchen, so vorkom-men, als würden sie ausgegrenzt. Sie kommen für dieVermieter als Mieter gar nicht infrage. Neben dem Geldspielen dabei auch noch der soziale Status oder der Fa-milienstand eine Rolle.Wir brauchen ein Bündnis für bezahlbares Wohnen,und wir müssen alle beteiligen. An dieser Stelle will ichausdrücklich allen Investoren und Eigentümern danken,aber auch den Genossenschaften und den kommunalenWohnungsunternehmen, die sich am Wohnungsmarkt imInteresse der Mieterinnen und Mieter engagieren; dennsie müssen letztlich die sinnvolle Wohnungsbaupolitik,die wir fordern, umsetzen.
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Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regierungs-oalition und lieber Herr Ramsauer, hören Sie auf mitebulösen Versprechen! Sorgen Sie für Planbarkeit undvestitionssicherheit! Familien brauchen das, um ent-cheiden zu können, wo sie leben, mieten oder bauenollen.Herzlichen Dank.
Für die FDP-Fraktion hat die Kollegin Petra Müller
tzt das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!er Wohnungsmarkt in Deutschland ist dynamisch. Ichlaube, darüber besteht in diesem Hohen Hause Einig-eit. Das war es dann aber auch schon mit der Einigkeit.iese Dynamik, die wir feststellen können, verdankt dereutsche Wohnungsmarkt der kontinuierlichen Politiker schwarz-gelben Koalition in den letzten vier Jahren.
Jawohl, das ist so.
Wir haben ein positives Investitionsklima erst mög-ch gemacht. Die Eigentümerquote ist stetig angestie-en. Sie liegt bei 46 Prozent. Das ist ein gutes Signal.awohl! Der Wohnungsneubau in Deutschland zieht an.ir hatten in 2012 7,4 Prozent mehr Baugenehmigun-en. Auch das ist ein gutes Signal.
as ist ein gutes Signal für Mieter, für Vermieter, für In-estoren und für die Immobilienwirtschaft.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30727
Petra Müller
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Auf dem Wohnungsmarkt findet ein Umbruch statt;das ist richtig. Ballungsräume stehen massiv unterDruck. Universitätsstädte und Großstädte platzen ausallen Nähten. Das nehmen wir natürlich zur Kenntnis.Die beste Garantie für niedrige Mieten ist ein breitesWohnungsangebot für die Mieter. Ich zitiere den Minis-ter: bauen, bauen, bauen.
Eine Mietpreisbremse bzw. ein stärkeres Anziehender Mietpreisbremse – das ist Ihre Forderung, liebe Kol-leginnen und Kollegen – ist kein Mittel gegen steigendeMieten. Das ist kurzsichtig. Ich sage Ihnen heute: Sieproduzieren eine Wohnungsnot in den nächsten Jahren.Schauen Sie nach Schweden; die haben uns das vorge-macht. Man sollte aus den Fehlern der anderen lernen.Größere Sanierungen im Wohnungsbestand wärendann geradezu unmöglich. Wer bisher mit einer Ver-gleichsmiete von 6 Euro pro Quadratmeter gerechnethat, muss heute bei gestiegenen Baukosten mit 8 Eurorechnen. Wenn es zu einer Kappung kommt, wenn es zueiner Begrenzung der Mieterhöhung auf 10 Prozentkommt, dann landen wir bei 6,60 Euro. Da ist dannSchluss. Welcher private Bauherr soll dann noch inves-tieren?
Wie soll er damit sein Auskommen im Alter sichern?Kein Bauherr würde Ihre Politik überleben. Sie vergiftendamit das Investitionsklima in Deutschland. Das darf ichIhnen hier sagen.
Die Lösung ist doch, den Wohnungsbau zu fördern,und nicht, ihn zu verhindern – ganz einfach. Deshalbgibt es ganz klare Forderungen:Erstens an die Kommunen: mehr Bauland ausweisen,Nachverdichtungen möglich machen; bauen, bauen,bauen. Denn nur durch mehr Wohnraum kann der Druckvom Wohnungsmarkt genommen werden.Zweitens. Unsere Aufgabe für die nächste Legislatur-periode ist, die Bauprozesse zu beschleunigen. Bei denGroßprojekten haben wir das schon erfolgreich getan,bei den kleinen müssen wir das jetzt auch machen. Daswird der Mittelpunkt liberaler Politik in der Zukunftsein.
Drittens. Die Grunderwerbsteuer muss sinken. Diesist eine berechtigte Forderung von uns an die Bundes-länder; aber nein, sie wird erhöht, und die Grundstückewerden teurer. Allen voran geht das SPD-geführteSchleswig-Holstein mit 6,5 Prozent. Damit machen Sieden Wohnungsbau kaputt, liebe Kolleginnen und Kolle-gen.grenwgwFdretewkKHGsreteWdsnbuainddg
Frau Kollegin, möchten Sie eine Zwischenfrage von
rau Herlitzius zulassen?
Nein.
250 000 neue Wohnungen im Jahr – das ist die Marke,
ie wir erreichen wollten. Sie ist in Sicht, sie ist fast er-
icht. Wir Liberale wollen diesen positiven Trend wei-
r fördern. Mietpreisbremse stoppt Entwicklung. Dies
ird bereits durch das Wort Bremse ausgedrückt; das
ann man sich so vielleicht ganz gut merken.
Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Jetzt hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion der
ollege Gero Storjohann.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! 80 Prozent der deutschen Bevölkerung leben inebieten mit sehr wohl ausgeglichenen Wohnverhältnis-en, und 20 Prozent der Bevölkerung wohnen in größe-n Städten. Insbesondere dort kommt es in den begehr-n Lagen in den Zentren zu Engpässen bei günstigemohnraum. Das ist hier schon mehrfach festgestellt wor-en und auch nichts Neues.Wir haben auch festgestellt, dass hier eine gemein-ame Verantwortung von Bund, Ländern und Kommu-en besteht. Wir wissen auch, dass die Verantwortungesonders bei den Ländern und den Kommunen liegtnd dass der Bund seine Rolle hierbei abgegeben hat,ber dennoch zu seiner Verantwortung steht. Besonders den SPD-regierten Ländern wollen wir einfordern,ass mehr Bauland ausgewiesen wird, gerade auch inen Innenstadtlagen, und dass dort Verdichtungen erfol-en können.
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Gero Storjohann
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Auch die Genehmigungsverfahren zum Umbau von Ge-werbeimmobilien zu Wohnhäusern müssen beschleunigtwerden.
Nicht nur im Bereich des regulären Wohnungsbaus– die Zahlen steigen –, sondern auch im sozialen Woh-nungsbau macht diese Bundesregierung mit MinisterPeter Ramsauer einen guten Job. Das kann man nichtvon allen Landesregierungen sagen. Einige Landesregie-rungen haben hier nachzubessern. Damit meine ich nichtmeine Landesregierung in Schleswig-Holstein. Sie hatbeim sozialen Wohnungsbau immer ihren Job gemachtund ist ein Vorbild. Einige Länder haben dies jetztkapiert und werden entsprechend nacharbeiten.Das Ziel, dass Kommunen, Länder und Bund ver-stärkt tätig werden und ihre Verantwortung wahrneh-men, sollte uns alle einen; denn Wohnungspolitik istnicht Parteipolitik, sondern sie dient der Grundversor-gung, zu der wir alle gemeinsam stehen müssen.
Wir stehen dazu. Es gibt unterschiedliche Zahlen. DieZahlen, die mir vorliegen, besagen, dass jedes Jahr17 Milliarden Euro für Wohnen, für die Kosten der Un-terkunft und Wohngeld ausgegeben werden. Das ist einBatzen Geld; das ist politisch so gewollt. Seit der Föde-ralismusreform 2007 hat der Bund den Ländern jährlich518 Millionen Euro für die soziale Wohnraumförderungan die Hand gegeben. Eigentlich haben wir das im gutenGlauben gemacht. Wir sind davon ausgegangen, dass dieLänder dieses Geld selbstverständlich für die Wohn-raumförderung einsetzen und nicht für das Abzahlen vonAltverträgen nutzen. Dies muss man nicht unbedingt ge-setzlich festlegen; denn das ist eigentlich eine Selbstver-ständlichkeit.
Alle, die Verantwortung tragen, können ihre Länder andiese Selbstverständlichkeit erinnern.
Mit dem neuen Mietrecht ab 1. Mai dieses Jahres ha-ben wir ein wirksames Instrument geschaffen, welchesden Ländern die Möglichkeit gibt, den Anstieg der Mie-ten vor Ort bremsen zu können. Die Länder haben nundie Möglichkeit, mit einer Kappungsgrenze von 15 Pro-zent auf diesem Markt zu wirken. Sie müssen natürlicheinen entsprechenden Beschluss herbeiführen. Es ist un-ser Wunsch, dass sie genau definieren, welche Gebietebesonders belastet sind und welche Gebiete mit einerKappungsgrenze von 15 Prozent versehen werden. Dannist es auch die Aufgabe der Länder, in diesen Gebietenbesonders zu fördern und dort für eine Marktberuhigungzu sorgen. Nur zu kappen und nichts weiter zu tun, daskann nicht die Lösung sei.gDbsGvvdtiDzzwBSdEGkg–sEruvWdIhwdauüawh
Die Länder sind ebenfalls am Zug, wenn es darumeht, das Bauen für Investoren attraktiver zu machen.azu trägt die Erhöhung der Grunderwerbsteuer nichtei. Ich verstehe das natürlich, weil die Grunderwerb-teuer reines Landesgeld ist. Aber eine 6,5-prozentigerunderwerbsteuer ist ein Programm zur Verhinderungon Neubau und kein Programm zur Beschleunigungon Neubau. Auch das muss ganz deutlich gesagt wer-en.In Deutschland hat niemand mehr Wohnungen priva-siert als SPD, Grüne und Linke zusammen.
er SPD-Fraktionsvorsitzende Steinmeier, der ja gleichum nächsten Tagesordnungspunkt sprechen wird,eichnete als Chef des Kanzleramtes mit dafür verant-ortlich, dass 200 000 Eisenbahnerwohnungen desundes privatisiert wurden. Der SPD-Kanzlerkandidatteinbrück war als Finanzminister dafür verantwortlich,ass 86 000 Wohnungen der BfA privatisiert wurden.in rot-grüner Senat hat in Berlin vor ein paar Jahren dieSW veräußert; es handelte sich dabei um die größteommunale Wohnungsbaugesellschaft, die es in Berlinab.
Rot-Rot? Meinetwegen; noch schlimmer. Aber ange-ichts dessen, was Sie immer so sagen, habe ich fast denindruck, dass auch Sie da immer zugestimmt haben.
In Baden-Württemberg hat die grün-rote Landesregie-ng – die grün-rote Landesregierung, Frau Künast – erstor kurzem 22 000 Wohnungen der Landesbank Baden-ürttemberg veräußert. Stehen Sie denn wenigstensazu?
re Äußerungen sind nicht immer unbedingt stringent,enn es um Argumente geht.Jetzt zur berühmten Mietpreisdeckelung. 60 Prozenter Vermieter in Deutschland sind private Vermieter,uch Kleinvermieter,
nd 40 Prozent sind Profis. Bei den Profis mache ich mirberhaupt keine Sorgen; sie passen auf, dass die Mietenuch in Anbetracht der Inflation regelmäßig angepassterden. Bei den privaten Vermietern ist das anders. Sieaben ein gutes Verhältnis zu ihren Mietern, und sie
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30729
Gero Storjohann
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trauen sich nicht immer, ein solches Gespräch zu führen.Von privaten Vermietern wird die Miete in der Regeldann angepasst, wenn es einen Mieterwechsel gibt. Vordiesem Hintergrund müssen wir sehr wohl aufpassen,dass wir keine falschen Regelungen einführen, die danndafür sorgen würden, dass auch private Vermieter ge-zwungenermaßen Mietpreissteigerungen durchsetzen.Das ist also ein kompliziertes Thema, bei dem es keineeinfachen Lösungen gibt.Was die Menschen insgesamt bewerten, ist die Brut-tomiete. Sie ist in Deutschland insgesamt gestiegen,auch infolge vieler politischer Entscheidungen im Hin-blick auf die Nebenkosten; es ist der Strom, es ist dieHeizung, es sind die Grundsteuern. Das alles hat sich inder letzten Zeit sehr stark verteuert, während die Netto-miete ziemlich stabil geblieben und in geringerem Maßeals die Inflationsrate gestiegen ist.
In Deutschland insgesamt sind die Nettokaltmietenin den vergangenen 20 Jahren um 9,4 Prozent von5,04 Euro pro Quadratmeter auf 5,51 Euro pro Quadrat-meter gestiegen. Inflationsbereinigt bedeutet das, dasswir heute für das Wohnen weniger bezahlen als 1992.Die Inflation ist im gleichen Zeitraum um 40 Prozentgestiegen. Damit liegen die realen Mieten unter demNiveau von vor 20 Jahren. Das ist die Realität. Dennochverkenne ich nicht, dass wir in manchen Innenstadtlagenextrem große Probleme haben. Es gibt auch Problememit schwarzen Schafen. Diesen schwarzen Schafenmöchten wir als Union gerne das Handwerk legen.
Deswegen finde ich es richtig, dass wir eine starkeKanzlerin haben, die die Probleme, die sie erkennt, auchaufgreift.
– Die Begeisterung steigt, weil die Kanzlerin gerade denSaal betreten hat und jetzt auf der Regierungsbank Platznimmt.Das Problem in den Innenstadtlagen werden wir an-packen, aber so, dass es kein Abwürgen gibt, sonderndass die Investoren weiterhin mit Zuversicht in denWohnungsbau investieren können. Die Anhörung ges-tern im Ausschuss hat ja auch ergeben: Eine Beschrän-kung bezüglich der Mieten kann nur eine Lösung für dreiJahre sein, sie darf nicht für immer gelten. Für einengewissen Zeitraum können wir als Union diesen Wegmitgehen. Wir werden jetzt verantwortungsvoll ausar-beiten, wie das genau gemacht werden kann.Zum Schluss: Der Hauptpunkt, der die ganze Woh-nungswirtschaft umtreibt, sind die Vorstellungen bzw.Forderungen der Grünen im Hinblick auf eine Vermö-gensteuer.DnImtr9rezWgnaWugatrdfoSKPEDdEmsSmW
ie Grünen fordern eine Vermögensteuer, ohne zu ah-en, was das für Auswirkungen auf die Investoren hat. Wohnungsbestand ist diese Position fatal: Das Be-iebsvermögen der Wohnungsunternehmen besteht zu0 Prozent aus Grundbesitz. Wir sprechen in diesem Be-ich nicht etwa von Renditen zwischen 10 und 15 Pro-ent, sondern von Renditen zwischen 2 und 4 Prozent.
enn dann auch noch mit einer Vermögensteuer einge-riffen wird, wird das Neubau eher verhindern und zu ei-er nochmaligen Steigerung der Mieten führen; denn daslles muss – Sie wissen ganz genau, wie das geht, Frauagner – natürlich auf die Betriebskostenabrechnungmgelegt werden.
Meine Damen und Herren, die Union steht für eineut aufgestellte Wohnungsbaupolitik. Davon profitierenlle: die Vermieter und die Mieter. Wir werden den An-ag der Linken zum bedarfsgerechten Wohnen heute anen Ausschuss überweisen. Bei den anderen Anträgenlgen wir der Beschlussempfehlung des Ausschusses.Herzlichen Dank.
Das Wort hat jetzt die Kollegin Ute Kumpf für die
PD-Fraktion.
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen undollegen! Herr Minister Ramsauer, wir haben auchrobleme mit Ihnen.
s ist nicht so, dass wir hier die Situation schlechtreden.er Kollege Kauder betont immer wieder, dass Politikamit beginnt, die Wirklichkeit wahrzunehmen. Unserindruck ist, dass Sie die Wirklichkeit nicht wahrneh-en, dass Sie sie ausblenden. Sie reden Ihre Bilanzchön.
ie wollen nicht wahrnehmen – dabei wird die Zahl im-er wieder betont –, dass zurzeit 250 000 bezahlbareohnungen fehlen
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30730 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Ute Kumpf
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und dass, wenn die derzeitige Politik fortgesetzt wird,2025 1 Million Wohnungen fehlen werden.
Sie wollen auch nicht wahrnehmen, dass die Mietenin nicht wenigen Ballungszentren – nicht nur in Überhit-zungsregionen – exorbitant steigen, dass Verdrängungs-prozesse ablaufen, dass sich die Segregation beschleu-nigt. Was Sie auch nicht wahrnehmen wollen, ist derProtest der Mieter und Mieterinnen, die sich nicht nurgegen die erhöhten Mieten, sondern auch gegen das vonder Koalition veränderte Mietrecht wenden und nicht nurin Berlin, sondern auch an anderen Orten auf die Straßegehen.Sie wollen auch nicht wahrnehmen, dass die steigen-den Energiekosten gerade Haushalte mit kleinem Ein-kommen an die Armutsgrenze treiben. Wer ein Drittelseines Einkommens für Wohnen und für Energie ver-wenden muss – bei kleinen Haushalten sind es sogar50 Prozent –, muss an anderer Stelle sparen: an Kultur,an Bildung, an Freizeit. Das ist unsozial.
Die Kanzlerin ist eine kluge Frau. Sie ist jetzt geradeirgendwo hier im Saal unterwegs; wahrscheinlich wirbtsie für ihre Mietpreisbremse.
Sie hat die Notbremse gezogen und schließt sich jetztunserer Forderung an, eine solche Mietpreisbremse ein-zuführen – eine kluge Entscheidung, eine richtige Ent-scheidung.
Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie ha-ben heute die Möglichkeit, Ihrer Kanzlerin schon jetzt zufolgen: indem Sie unseren Anträgen zustimmen. Siemüssen nicht Ihren Parteitag abwarten, Sie können sichhier einen Ruck geben und eine Kehrtwende einlegen.Unterstützen Sie einfach unsere Anträge!
– Genau, das ist ein guter Vorschlag.Wir wollen nämlich eine Rückkehr zu einem sozialausgewogenen Mietrecht. Wir wollen, dass die Energie-wende und die energetische Sanierung sozial gerecht ge-staltet werden. Wir wollen, dass die Maklergebühren neugeregelt werden: Wer bestellt, der bezahlt.Ein soziales Mietrecht ist die eine Seite. Dass neueWohnungen gebraucht werden, ist die andere Seite. Dasind wir uns auch einig, glaube ich.Dafür müssen Sie aber die entsprechenden Instru-mente in die Hand nehmen. Deswegen sind wir dafür,dfügtafüSluszFimgMvEK„dGlisudmWuWßdgWFZKKsSDLicB
ür die Städtebauförderung werden seitens des Bundes Haushalt 2013 nur 455 Millionen Euro in die Handenommen. Das sind 20 Prozent weniger als 2009, Frauüller. Herr Ramsauer hat wohl das kleine Einmaleinserlernt. Oder ist das etwa das bayerische Einmaleins:ine Verringerung soll auf einmal eine Verstetigung oderonsolidierung sein?Sie haben in dieser Legislaturperiode beim ProgrammSoziale Stadt“ den Rückwärtsgang eingelegt. Wir voner SPD – Sie könnten uns folgen – wollen hier wiederas geben und mehr Mittel einstellen, nämlich 700 Mil-onen Euro, damit die Menschen mitentscheiden, mitge-talten und Anteil an der Zukunftsgestaltung ihrer Städtend Stadtteile nehmen können; denn die Menschen sindie Seele unserer Städte und Gemeinden.Wir wollen gemeinsam mit den Ländern, den Kom-unen, den Mieter- und Sozialverbänden, der Bau- undohnungswirtschaft, den Wohnungsgenossenschaftennd den Gewerkschaften ein Bündnis für bezahlbaresohnen und eine sozial gerechte Stadt schließen. Schlie-en Sie sich uns an. Heute ist noch Zeit dazu. Wir sinden Menschen gegenüber dazu verpflichtet.Herzlichen Dank.
Für die FDP-Fraktion gebe ich das Wort dem Kolle-
en Sebastian Körber.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ir sollten uns in dieser Debatte wieder den Zahlen undakten zuwenden. Schauen wir uns einmal die aktuellenensusergebnisse an. Ich empfehle das besonders derollegin Künast und dem Kollegen Pronold; Frauumpf, ein Blick darauf würde auch Ihnen sicher nichtchaden.
ie kaprizieren sich hier immer auf die Mietmärkte ineutschland. Schauen wir uns einfach einmal an, welcheeerstände bei uns in Bayern – lieber Kollege Pronold,h spreche Sie da besonders an – teilweise herrschen.ei mir zu Hause in Oberfranken haben wir eine
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30731
Sebastian Körber
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Leerstandsquote von etwa 5,4 Prozent. In den östlichenTeilen Deutschlands liegt sie teilweise bei 10 Prozent.Es ist doch augenscheinlich, dass man in Ballungsräu-men, in denen die Leerstandsquote ganz minimal ist,wenn wir sie dort überhaupt noch vorfinden, neue Woh-nungen bauen muss; denn zusätzlichen Wohnraum kannman dort ausschließlich in Form von Neubau schaffen.Deshalb müssen wir alles dafür tun, dass es sich auchlohnt und rechnet, Neubau in den Ballungsräumen inDeutschland zu betreiben.
Es ist klar, das wir Anreize setzen müssen, um die Inves-titionen dort zu erhöhen, etwa durch eine degressiveAfA.
Schauen Sie sich die Zahlen des Zensus an – ich stellesie Ihnen gerne zur Verfügung –: 60 Prozent der Miet-wohnungen werden von privaten Vermietern vermietet.Dazu gehören auch Eigentumswohnungen, Frau Kolle-gin Wagner. Eigentumswohnungen werden von denMenschen nicht nur selbst genutzt, sondern auch vermie-tet, weil jemand beispielsweise seine Altersvorsorge da-durch absichert.
Das dürfen wir nicht vergessen. Sie tun immer so, als obin Deutschland eine ganz andere Welt herrscht.Wir haben als schwarz-gelbe Regierungskoalitionschon sehr viele positive Punkte umgesetzt. Das hörenSie nicht so gerne; ich weiß. Dabei wissen Sie, dass daswirklich gut ist. Schauen Sie sich nur einmal diePlanungsrechtsnovelle an, mit der wir den Kommunengezielt Erleichterungen einräumen, sodass dort etwaUmnutzungen erfolgen können. Das ist zum Beispiel beiKonversionsflächen, bei alter Bausubstanz ganz wichtig,weil diese dann einfacher umgenutzt werden können.Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, hierkönnen wir die Kommunen nicht aus der Verantwortungentlassen. Das Baurecht in Deutschland sieht nun einmalso aus, dass die Kommune die Planungshoheit hat.
Das hören Sie natürlich auch nicht gerne; denn die größ-ten Städte werden von der SPD regiert – allen voranMünchen, lieber Florian Pronold. Dort werden übrigensdie Ziele, die der Münchner Oberbürgermeister sichselbst gesetzt hat, bei weitem nicht erfüllt.
Wir haben auch mit dem Mietrechtsänderungsgesetzdie richtigen Anreize gesetzt, damit es sich etwa lohnt,energetisch zu sanieren. Frau BundesministerinLggpdekaMdgdDkD–deAsndliSghfaMbDfüvs
as werden wir ganz klar ablehnen, weil dann überhauptein Anreiz mehr bestehen würde, Neubau zu betreiben.iese Anreize würden zurückgesetzt.
Ich habe Ihnen zugehört, Herr Pronold. Sie dürfen sicha nicht in die Irre führen lassen: Sie setzen die Anreizeinfach zurück. Es gibt dann für niemanden mehr einennreiz, etwas zu bauen. Das ist das Problem.
Schauen Sie sich doch die Zensuszahlen an; ich stelleie Ihnen gleich gerne zur Verfügung. Was ist denn derächste Schritt? Irgendwann wollen Sie dann auch nochie Mieten staatlich festlegen. Das wäre eine „DDRght“.
o etwas wollen doch eigentlich nur noch manche Kolle-en von der Linken. So sieht das doch aus.
Ich halte diesen Gutmenschenwahlkampf, den Sieier vorgeben betreiben zu wollen, wirklich für grund-lsch. Sie spielen mit den Ängsten der Mieterinnen undieter. Das ist falsch. Wir brauchen ausreichend bezahl-aren Wohnraum. Das ist der beste Mieterschutz.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Damit schließe ich die Aussprache.Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage aufrucksache 17/13552 an die in der Tagesordnung aufge-hrten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlos-en.
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30732 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
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Tagesordnungspunkt 5 b. Wir kommen zur Beschluss-empfehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau undStadtentwicklung zu dem Antrag der Fraktion der SPDsowie des Bündnisses 90/Die Grünen mit dem Titel„Programm ‚Soziale Stadt‘ zukunftsfähig weiterentwi-ckeln – Städtebauförderung sichern“. Der Ausschussempfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck-sache 17/12453, den Antrag der Fraktionen von SPDund Bündnis 90/Die Grünen abzulehnen. Wer stimmt fürdiese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfehlung an-genommen. Zugestimmt haben CDU/CSU und FDP, da-gegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Linke.Abstimmung über die Beschlussempfehlung desAusschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklungauf Drucksache 17/13776. Der Ausschuss empfiehltunter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung die Ab-lehnung des Antrags der Fraktion der SPD auf Druck-sache 17/12485 mit dem Titel „Bezahlbares Wohnen inder sozialen Stadt“. Wir stimmen nun über Buchstabe ader Beschlussempfehlung auf Verlangen der Fraktionder SPD namentlich ab. Ich bitte die Schriftführerin-nen und Schriftführer, ihre Plätze einzunehmen. – Sindalle Plätze an den Urnen besetzt? – Das ist der Fall.Dann eröffne ich die Abstimmung.Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seineStimme noch nicht abgeben konnte? – Das ist nicht derFall. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte dieSchriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszäh-lung zu beginnen. Das Ergebnis wird Ihnen später be-kannt gegeben.1)Da wir jetzt eine Reihe von Abstimmungen durchzu-führen haben, bitte ich Sie sehr, sich in die Reihen zu be-geben, damit die Übersichtlichkeit gewahrt bleibt.Wir setzen die Abstimmung über die Beschlussemp-fehlung des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtent-wicklung auf Drucksache 17/13776 fort.Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab-lehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Druck-sache 17/12481 mit dem Titel „Wohnungsnot bekämp-fen – Sozialen Wohnungsbau neu starten und zum Kerneiner gemeinnützigen Wohnungswirtschaft entwickeln“.Wer stimmt für die Beschlussempfehlung? – Wer stimmtdagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlungist angenommen bei Zustimmung durch die Koalitions-fraktionen und die SPD. Die Linke war dagegen, Bünd-nis 90/Die Grünen haben sich enthalten.Unter Buchstabe c seiner Beschlussempfehlung emp-fiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags derFraktion Die Linke auf Drucksache 17/11696 mit demTitel „Wohn- und Mietensituation von Studierenden ver-bessern“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschluss-empfehlung ist angenommen mit dem gleichen Stim-menverhältnis wie bei der letzten Abstimmung.s1) Ergebnis Seite 30737 D
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderungdes Bundeszentralregistergesetzes und andererregisterrechtlicher Vorschriften zum Zweck derZulassung der elektronischen Antragstellungbei Erteilung einer Registerauskunft– Drucksache 17/13616 –Überweisungsvorschlag:Rechtsausschuss
Innenausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologieb) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-rung des Handelsgesetzbuchs– Drucksache 17/13617 –Überweisungsvorschlag:Rechtsausschuss
Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und TechnologieHaushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GOc) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachtenEntwurfs eines Gesetzes zur Änderung desZwölften Buches Sozialgesetzbuch– Drucksache 17/13662 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Arbeit und Sozialesd) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachtenEntwurfs eines Gesetzes über die Zusammenar-beit von Bund und Ländern in Angelegenhei-ten der Europäischen Union
– Drucksache 17/13665 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Auswärtiger Ausschuss Innenausschuss Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und TechnologieHaushaltsausschusse) Erste Beratung des von den Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zurÄnderung des Europawahlgesetzes– Drucksache 17/13705 –Überweisungsvorschlag:Innenausschuss
Rechtsausschuss Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Unionf) Beratung des Antrags der AbgeordnetenDr. Tobias Lindner, Oliver Krischer, Ute Koczy,weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-NIS 90/DIE GRÜNENNachhaltige und gerechte Rohstoffpolitik –Innovationsstrategie für die Wirtschaft– Drucksache 17/13568 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit undEntwicklung
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30733
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
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ZP 2 a) Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Ge-setzes zu dem Vertrag vom 2. April 2013 überden Waffenhandel– Drucksache 17/13708 –Überweisungsvorschlag:Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und TechnologieVerteidigungsausschussb) Beratung des Antrags der Abgeordneten BettinaHerlitzius, Daniela Wagner, Stephan Kühn, wei-terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-NIS 90/DIE GRÜNENWeiterentwicklung der StadtumbauprogrammeOst und West im Rahmen der Städtebauförde-rung– Drucksache 17/12508 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Innenausschuss Haushaltsausschussc) Beratung des Antrags der Abgeordneten ThiloHoppe, Dr. Valerie Wilms, Ute Koczy, weitererAbgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENFür universelle Nachhaltigkeitsziele – Entwick-lungs- und Umweltagenda zusammenführen– Drucksache 17/13727 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit undEntwicklung
Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre HilfeAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschussd) Beratung des Antrags der AbgeordnetenDr. Bärbel Kofler, Dr. h. c. Gernot Erler, UllaBurchardt, weiterer Abgeordneter und der Frak-tion der SPDFür eine nachhaltige Entwicklungsagenda ab2015 – Millenniumsentwicklungsziele undNachhaltigkeitsziele gemeinsam gestalten– Drucksache 17/13762 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit undEntwicklung
Auswärtiger Ausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und TechnologieAusschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutzAusschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre HilfeAusschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss
Forschung und Technikfolgenabschätzung (18.Ausschuss) gemäß § 56 a der GeschäftsordnungTechnikfolgenabschätzung
Konzepte der Elektromobilität und deren Be-deutung für Wirtschaft, Gesellschaft und Um-welt– Drucksache 17/13625 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungf) Beratung des Berichts des Ausschusses für Bil-dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
gemäß § 56 a der Geschäftsord-
nungTechnikfolgenabschätzung
Ökologischer Landbau und Bioenergieerzeu-gung – Zielkonflikte und Lösungsansätze– Drucksache 17/13626 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutz
Ausschuss für Wirtschaft und TechnologieAusschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungg) Beratung des Berichts des Ausschusses für Bil-dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
gemäß § 56 a der Geschäftsord-
nungTechnikfolgenabschätzung
Zukunft der Automobilindustrie– Drucksache 17/13672 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutzAusschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungh) Beratung des Berichts des Ausschusses für Bil-dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
gemäß § 56 a der Geschäftsord-
nungTechnikfolgenabschätzung
Die Versorgung der deutschen Wirtschaft mitRoh- und Werkstoffen für Hochtechnologien –Präzisierung und Weiterentwicklung der deut-schen Rohstoffstrategie– Drucksache 17/13673 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzung
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30734 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
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i) Beratung der Unterrichtung durch den Bundesbe-auftragten für den Datenschutz und die Informa-tionsfreiheitTätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit2008 und 2009– Drucksache 17/1350 –Überweisungsvorschlag:Innenausschuss
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität undGeschäftsordnung Sportausschuss Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutzVerteidigungsausschussAusschuss für Gesundheit Ausschuss für Tourismus Ausschuss für Kultur und Medienj) Beratung der Unterrichtung durch den Bundesbe-auftragten für den Datenschutz und die Informa-tionsfreiheitTätigkeitsbericht 2009 und 2010 des Bundes-beauftragten für den Datenschutz und die In-formationsfreiheit– 23. Tätigkeitsbericht –– Drucksache 17/5200 –Überweisungsvorschlag:Innenausschuss
Petitionsausschuss Sportausschuss Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutzAusschuss für Arbeit und Soziales VerteidigungsausschussAusschuss für Gesundheit Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Tourismus Ausschuss für Kultur und Medienk) Beratung der Unterrichtung durch den Bundesbe-auftragten für den Datenschutz und die Informa-tionsfreiheitTätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit fürdie Jahre 2010 und 2011– Drucksache 17/9100 –Überweisungsvorschlag:Innenausschuss
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität undGeschäftsordnungSportausschuss Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutzVerteidigungsausschussAusschuss für Gesundheit Ausschuss für Tourismus Ausschuss für Kultur und MedienVdüshzVluBfazismOus
auftragten für den Datenschutz und die Informa-tionsfreiheitTätigkeitsbericht 2011 und 2012 des Bundes-beauftragten für den Datenschutz und die In-formationsfreiheit– 24. Tätigkeitsbericht –– Drucksache 17/13000 –Überweisungsvorschlag:Innenausschuss
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität undGeschäftsordnungSportausschuss Rechtsausschuss Finanzausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutzVerteidigungsausschussAusschuss für Gesundheit Ausschuss für Tourismus Ausschuss für Kultur und MedienHier geht es um Überweisungen im vereinfachtenerfahren ohne Debatte.Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen anie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zuberweisen. – Sie sind damit einverstanden. Dann ge-chieht das so.Ich rufe die Tagesordnungspunkte 55 a bis o auf. Hierandelt es sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen,u denen keine Aussprache vorgesehen ist.Tagesordnungspunkt 55 a:Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrateingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zurÄnderung des Öko-Landbaugesetzes– Drucksache 17/12855 –Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-ses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-cherschutz
– Drucksache 17/13736 –Berichterstattung:Abgeordnete Hans-Georg von der MarwitzHeinz PaulaDr. Christel Happach-KasanAlexander SüßmairCornelia BehmDer Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft underbraucherschutz empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-ng auf Drucksache 17/13736, den Gesetzentwurf desundesrates auf Drucksache 17/12855 in der Ausschuss-ssung anzunehmen. Wer möchte dem Gesetzentwurfustimmen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damitt der Gesetzentwurf in zweiter Beratung bei Zustim-ung durch die Koalitionsfraktionen angenommen. Dieppositionsfraktionen haben sich enthalten.Dritte Beratungnd Schlussabstimmung. Wer zustimmen will, mögeich bitte erheben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? –
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Dies ist in dritter Beratung mit dem gleichen Stimmen-verhältnis wie vorher angenommen.Tagesordnungspunkt 55 b:Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
Koenigs, Kerstin Müller , Volker Beck
, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENDie Anwendung der Administrativhaft undwillkürliche Festnahmen durch israelischeund palästinensische Sicherheitskräfte verur-teilen– Drucksachen 17/11166, 17/11742 –Berichterstattung:Abgeordnete Joachim HörsterGünter GloserDr. Rainer StinnerStefan LiebichKerstin Müller
Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-lung auf Drucksache 17/11742, den Antrag der FraktionBündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/11166 abzu-lehnen. Wer stimmt für die Beschlussempfehlung? – Werstimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-fehlung ist angenommen bei Zustimmung durch dieKoalitionsfraktionen und Gegenstimmen durch die Op-positionsfraktionen.Tagesordnungspunkt 55 c:Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
Koenigs, Kerstin Müller , Volker Beck
, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENDie Gaza-Blockade beenden– Drucksachen 17/11167, 17/11743 –Berichterstattung:Abgeordnete Joachim HörsterGünter GloserDr. Rainer StinnerWolfgang GehrckeKerstin Müller
Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-lung auf Drucksache 17/11743, den Antrag der FraktionBündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/11167 abzu-lehnen. Wer stimmt für die Beschlussempfehlung? – Werstimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-fehlung ist angenommen; die Koalition war dafür, dieOpposition dagegen.Tagesordnungspunkt 55 d:Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Menschenrechte undHumanitäre Hilfe zu dem Antragder Abgeordneten Annette Groth, Katrin Werner,luDsgaudluBlesfeKp
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30736 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
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Horst MeierhoferRalph LenkertDorothea SteinerDer Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-lung auf Drucksache 17/13696, den Antrag der FraktionDie Linke auf Drucksache 17/13096 abzulehnen. Werstimmt für die Beschlussempfehlung? – Wer stimmt da-gegen? – Wer enthält sich? – Bei Enthaltung von SPDund Bündnis 90/Die Grünen und gegen die Stimmen derFraktion Die Linke wurde die Beschlussempfehlung mitden Stimmen der Koalition angenommen.Tagesordnungspunkt 55 g:Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immu-nität und Geschäftsordnung
Änderung der Geschäftsordnung des Deut-schen Bundestageshier: Elektronische Verteilung von Bundes-tagsdrucksachen
– Drucksache 17/13654 –Berichterstattung:Abgeordnete Bernhard KasterSonja SteffenGisela PiltzAlexander UlrichVolker Beck
Wer stimmt für die Beschlussempfehlung? – Werstimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp-fehlung ist einstimmig angenommen.Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Pe-titionsausschusses.Tagesordnungspunkt 55 h:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 590 zu Petitionen– Drucksache 17/13501 –Wer stimmt dafür? – Dagegen? – Enthaltungen? – DieSammelübersicht ist einstimmig angenommen.Tagesordnungspunkt 55 i:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 591 zu Petitionen– Drucksache 17/13502 –Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-tungen? – Auch diese Sammelübersicht ist einstimmigangenommen.Tagesordnungspunkt 55 j:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 592 zu Petitionen– Drucksache 17/13503 –tuEdSdSLtubnhtuZwDtuds
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30737
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Berichterstattung:Abgeordneter Dr. Heinrich L. KolbWird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? –Das ist nicht der Fall. Wird das Wort zu Erklärungen ge-wünscht? – Das ist ebenso nicht der Fall. Wir kommenzur Abstimmung.Der Vermittlungsausschuss hat gemäß § 10 Abs. 3Satz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen, dass imDeutschen Bundestag über die Änderung gemeinsam ab-zustimmen ist. Das gilt auch für die noch folgenden dreiBeschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses.Wer stimmt für die Beschlussempfehlung des Ver-mittlungsausschusses auf Drucksache 17/13720? – DieGegenprobe! – Enthaltungen? – Damit ist die Beschluss-empfehlung angenommen. Dagegen hat die Fraktion DieLinke gestimmt, alle anderen waren dafür.Zusatzpunkt 4:Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-
serung der steuerlichen Förderung der
– Drucksachen 17/10818, 17/12219, 17/12220,17/12628, 17/13721 –Berichterstattung:Abgeordneter Dr. Michael MeisterWird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? –Das ist nicht der Fall. Gibt es Erklärungen? – Das istauch nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Werstimmt für die Beschlussempfehlung des Vermittlungs-ausschusses auf Drucksache 17/13721? – Gegenstim-men? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung istangenommen. Dagegen hat die Fraktion Die Linke ge-stimmt, alle anderen waren dafür.DeWlusgDeWlussmW1gm6gEndgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 567;davonja: 306nein: 198enthalten: 63JaCDU/CSUIlse AignerPeter AltmaierDorothee BärThomas BareißNorbert BarthleGünter BaumannEMVDPSCPD
turreform des Gebührenrechts des Bundes– Drucksachen 17/10422, 17/12722, 17/13388,17/13723 –Berichterstattung:Abgeordneter Jörg van EssenWird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? –as ist nicht der Fall. Gibt es Erklärungen? – Das istbenso nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung.er stimmt für die Beschlussempfehlung des Vermitt-ngsausschusses auf Drucksache 17/13723? – Wertimmt dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Das war ein-timmig.Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstim-ung bekannt. Es ging um das Thema „Bezahlbaresohnen in der sozialen Stadt“ sowie die Drucksachen7/12485 und 17/13776. Es wurden 567 Stimmen abge-eben, davon haben 306 Abgeordnete mit Ja gestimmt,it Nein haben 198 gestimmt, enthalten haben sich3 Abgeordnete. Damit ist die Beschlussempfehlung an-enommen.rnst-Reinhard Beck
anfred Behrens
eronika Bellmannr. Christoph Bergnereter Beyerteffen Bilgerlemens Binningereter Bleserr. Maria BöhmerWolfgang BosbachKlaus BrähmigMichael BrandDr. Reinhard BrandlHelmut BrandtDr. Ralf BrauksiepeDr. Helge BraunHeike BrehmerRalph BrinkhausCajus CaesarBerichterstattung:Wir kommen jetzt zu den Zurufe zunächst Zusatzpunkt 3 auBeratung der Beschlusschusses nach Artikel 77mittlungsausschuss) zuÄnderung des Gesetzes
2, 17/11053, 17/11636,Zusatzpunkt 5:Beratung der Beschlusschusses nach Artikel 77mittlungsausschuss) zuzung der AmtshilfeÄnderung steuerlicherferichtlinie-UmsetzungLUmsG)– Drucksachen 17/123717/12925, 17/13722 –
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30738 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
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Gitta ConnemannAlexander DobrindtThomas DörflingerMarie-Luise DöttDr. Thomas FeistEnak FerlemannIngrid FischbachHartwig Fischer
Dirk Fischer
Dr. Maria FlachsbarthKlaus-Peter FlosbachHerbert FrankenhauserDr. Hans-Peter Friedrich
Michael FrieserErich G. FritzDr. Michael FuchsHans-Joachim FuchtelAlexander FunkIngo GädechensDr. Thomas GebhartNorbert GeisAlois GerigEberhard GiengerMichael GlosJosef GöppelPeter GötzDr. Wolfgang GötzerUte GranoldReinhard GrindelHermann GröheMichael Grosse-BrömerMarkus GrübelManfred GrundMonika GrüttersOlav GuttingFlorian HahnDr. Stephan HarbarthJürgen HardtGerda HasselfeldtDr. Matthias HeiderHelmut HeiderichMechthild HeilFrank HeinrichRudolf HenkeMichael HennrichAnsgar HevelingErnst HinskenChristian HirteRobert HochbaumFranz-Josef HolzenkampAnette HübingerHubert HüppeThomas JarzombekDieter JasperDr. Franz Josef JungAndreas Jung
Dr. Egon JüttnerHans-Werner KammerSteffen KampeterAlois KarlBernhard KasterVolker KauderDr. Stefan KaufmannRoderich KiesewetterEckart von KlaedenEVJüAJeMDHTMGRBDGDADKUDPDInMDPDDDKDHASDDMDPDMDSDBMDFEHDRDSBRCRETDEKLJoKwa Klamtolkmar Kleinrgen Klimkexel Knoerigns Koeppenanfred Kolber. Rolf Koschorrekartmut Koschykhomas Kossendeyichael Kretschmerunther Krichbaumüdiger Kruseettina Kudlar. Hermann Kuesünter Lachr. Karl A. Lamers
ndreas G. Lämmelr. Norbert Lammertatharina Landgraflrich Langer. Max Lehmeraul Lehriederr. Ursula von der Leyengbert Liebingatthias Lietzr. Carsten Linnemannatricia Lipsr. Jan-Marco Luczakaniela Ludwigr. Michael Lutherarin Maagr. Thomas de Maizièreans-Georg von der Marwitzndreas Mattfeldttephan Mayer
r. Michael Meisterr. Angela Merkelaria Michalkr. Mathias Middelberghilipp Mißfelderietrich Monstadtarlene Mortlerr. Gerd Müllertefan Müller
r. Philipp Murmannernd Neumann
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othar Riebsamensef Rieflaus RiegertDJoDEAADDKNTGCPDNBUADJoRDBTJoJeCDECDGSMKTLMDADVSADMKMPSInKPAKEDDWWFJeCr. Heinz Riesenhuberhannes Röringr. Christian Ruckrwin Rüddellbert Rupprecht
nita Schäfer
r. Wolfgang Schäubler. Annette Schavanarl Schiewerlingorbert Schindlerankred Schipanskieorg Schirmbeckhristian Schmidt
atrick Schniederr. Andreas Schockenhoffadine Schön
ernhard Schulte-Drüggeltewe Schummer
etlef Seifhannes Selleeinhold Sendkerr. Patrick Sensburgernd Sieberthomas Silberhornhannes Singhammerns Spahnarola Staucher. Frank Steffelrika Steinbachhristian Freiherr von Stettenieter Stierero Storjohanntephan Strackeax Straubingerarin Strenzhomas Strobl
ena Strothmannichael Stübgenr. Peter Tauberntje Tillmannr. Hans-Peter Uhlolkmar Vogel
tefanie Vogelsangndrea Astrid Voßhoffr. Johann Wadephularco Wanderwitzai Wegnerarcus Weinberg
eter Weiß
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go Wellenreutherarl-Georg Wellmanneter Wichtelnnette Widmann-Mauzlaus-Peter Willschlisabeth Winkelmeier-Beckeragmar G. Wöhrlr. Matthias Zimmerolfgang Zöllerilli ZylajewDPns Ackermannhristine Aschenberg-DugnusDFSCKRAEMSHRBPGMHRJöUODHHMJoDHMEBHMDPDGDSHPHSHLDMDOHPGJaPBDDHCGJöDDHD
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30739
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Dr. Stefan RuppertBjörn SängerFrank SchäfflerChristoph SchnurrJimmy SchulzMarina SchusterDr. Erik SchweickertJudith SkudelnyDr. Hermann Otto SolmsJoachim SpatzTorsten StaffeldtDr. Rainer StinnerManfred TodtenhausenDr. Florian ToncarSerkan TörenJohannes Vogel
Dr. Daniel VolkDr. Claudia WintersteinDr. Volker WissingHartfrid Wolff
NeinSPDIngrid Arndt-BrauerRainer ArnoldHeinz-Joachim BarchmannDoris BarnettDr. Hans-Peter BartelsKlaus BarthelBärbel BasSabine Bätzing-LichtenthälerDirk BeckerUwe BeckmeyerLothar Binding
Gerd BollmannKlaus BrandnerWilli BraseBernhard Brinkmann
Edelgard BulmahnMarco BülowMartin BurkertPetra CroneDr. Peter DanckertMartin DörmannElvira Drobinski-WeißSebastian EdathyIngo EgloffSiegmund EhrmannDr. h.c. Gernot ErlerPetra ErnstbergerKarin Evers-MeyerElke FernerGabriele FograscherDr. Edgar FrankeDagmar FreitagMichael GerdesMartin GersterIris GleickeGünter GloserUlrike GottschalckAngelika Graf
Kerstin GrieseGabriele GronebergMichael GroßWolfgang GunkelHBKMHWRDGGPDCJoOJoDULHADDFAAUCCDSGKCKHPUDFDAMTHAHJoJoDFDMSGDSRDKMMAABans-Joachim Hackerettina Hagedornlaus Hagemannichael Hartmann
ubertus Heil
olfgang Hellmicholf Hempelmannr. Barbara Hendricksustav Herzogabriele Hiller-Ohmetra Hinz
r. Eva Höglhristel Hummesip Juratovicliver Kaczmarekhannes Kahrsr. h.c. Susanne Kastnerlrich Kelberars Klingbeilans-Ulrich Klosestrid Klugr. Bärbel Kofleraniela Kolbe
ritz Rudolf Körpernette Krammengelika Krüger-Leißnerte Kumpfhristine Lambrechthristian Lange
r. Karl Lauterbachteffen-Claudio Lemmeabriele Lösekrug-Möllerirsten Lühmannaren Marksatja Mastilde Mattheisetra Merkel
llrich Meßmerr. Matthias Mierschranz Münteferingr. Rolf Mützenichndrea Nahlesanfred Ninkhomas Oppermannolger Ortelydan Özoğuzeinz Paulahannes Pflugachim Poßr. Wilhelm Priesmeierlorian Pronoldr. Sascha Raabeechthild Rawerttefan Rebmannerold Reichenbachr. Carola Reimannönke Rixené Röspelr. Ernst Dieter Rossmannarin Roth
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wald Schurerolf Schwanitztefan Schwartzeita Schwarzelühr-Sutteronja Steffeneer Steinbrückr. Frank-Walter Steinmeierhristoph Strässererstin Tackr. h.c. Wolfgang Thierseranz Thönnesolfgang Tiefenseeüdiger Veitte Vogtr. Marlies Volkmerndrea Wickleineidemarie Wieczorek-Zeulr. Dieter Wiefelspützaltraud Wolff
ta Zapfagmar Ziegleranfred Zöllmerrigitte ZypriesÜNDNIS 90/IE GRÜNENerstin Andreaearieluise Beck
olker Beck
ornelia Behmirgitt Bendergnes Bruggeriola von Cramon-Taubadelkin Deligözatja Dörnerarald Ebnerans-Josef Fellr. Thomas Gambkeai Gehringatrin Göring-Eckardtritta Haßelmannettina Herlitziusriska Hinz
r. Anton Hofreiterärbel Höhngrid Hönlingerwe Kekeritzatja Keulusanne Kieckbuschemet Kilicven-Christian Kindleraria Klein-Schmeinkte Koczyom Koenigsylvia Kotting-Uhlliver Krischergnes Krumwiedeenate Künastarkus Kurthonika LazarDNKBDOFDLBTCMEDDUDDHDMJüDBADJoEDJaADKMHSEDRSDHWDKWDADHInDAUDKJuCSMSUDT
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30740 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
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Vier Jahre haben Sie, meineder Koalition, gemeinsam deSparen ist erste Bürgerpflicht.vor allem für andere: für Ländfür Griechen und Spanier. Sicgroßzügig Kredit gegeben. 100 Damen und Herren vonn Bürgern vorgemacht:– Gemeint haben Sie eser und Gemeinden sowieh selbst aber haben Sie Milliarden Euro Neuver-wHA
Mir geht es gar nicht nur uas Sie hier vorschlagen. Waaut fahren lässt, ist, wie dreistnkündigungen hinter die Ficdem BÜNDNIS 90/auder [CDU/CSU]:m das Volumen dessen,s mich wirklich aus der Sie den Wähler bei Ihrenhte führen. Sie handelnDIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. VolkerUlrich MaurerDorothée MenznerNiema MovassatThomas NordPetra PauJens PetermannRichard PitterleYvonne PloetzIngrid RemmersMichael SchlechtDr. Ilja SeifertKathrin Senger-SchäferRaju SharmaDr. Petra SitteKersten SteinkeSabine StüberADFDAKJoSJetzt rufe ich Zusatzpunkt 7 auf:Aktuelle Stundeauf Verlangen der Fraktionen SPD und BÜND-NIS 90/DIE GRÜNENGesamtvolumen der Wahlversprechen vonBundeskanzlerin Dr. Merkel – Auswirkungenauf die Steuer- und Haushaltspolitik des Bun-desIch gebe für die SPD-Fraktion dem KollegenDr. Frank-Walter Steinmeier das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Am Wochenende war es so weit: Die Kanzlerin hat dieMaske fallen lassen, und wir alle waren Zeugen.
Sparen, Haushaltsdisziplin, Konsolidierung – das istdie Botschaft, die wir gehört haben – war alles gestern,was schert uns das noch? Das ist offensichtlich das Mus-ter, nach dem Sie erneut auf Wählerfang gehen wollen.Sie alle von FDP, CDU und CSU machen sich zu Wie-derholungstätern; denn genau mit dieser Masche habenSie im Sommer 2009 die Wähler gelockt – mit Wahlge-schenken und Steuersenkungen.
Gehalten haben Sie davon nichts, außer der Belohnungeiniger spendenfreudiger Großhoteliers.
Vor vier Jahren war das Wahlbetrug. Seit dem Wochen-ende wissen wir: Den nächsten bereiten Sie gerade vor.saMEAEsHenFKhKfüdevzsSmmGhn
an muss sich das einmal vorstellen: 100 Milliardenuro Neuverschuldung bei Rekordsteuereinnahmen!ngesichts dessen ist es Heuchelei, wenn Sie sich amnde der Legislaturperiode vor den Wähler stellen undagen: Wir haben ordentlich gewirtschaftet. – Das isteuchelei!
Ich bin aber auch sicher: Sie werden ab sofort nichtinmal mehr heucheln können,
achdem Ihre Parteivorsitzende am Wochenende dasüllhorn über die ganze Republik ausgeschüttet hat. Dieatze ist damit aus dem Sack. Nichts gilt mehr von denehren Haushaltsgrundsätzen. Nichts gilt mehr von denonsolidierungsversprechen. Wenn ich mir vor Augenhre, was Sie planen, dann komme ich zu dem Schluss,ass Sie jetzt vorhaben, Party zu machen: ein Wochen-nde, eine Telefonschaltkonferenz und zahllose Wahl-ersprechen in Höhe von 46,5 Milliarden Euro. Finan-ierung? Gegenfinanzierung? – Fehlanzeige! Wer willchon so kleinlich sein?
tellen Sie sich nur einmal eine Sekunde vor: Irgendje-and anderes hier im Haus wäre auf die Idee gekom-en, Milliardenausgaben ohne einen einzigen Cent anegenfinanzierung vorzuschlagen. Was hätten Sie dannier im Haus und in der Öffentlichkeit veranstaltet? Sieehmen für sich andere Maßstäbe in Anspruch. Das wer-
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Dr. Frank-Walter Steinmeier
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nicht nur anders, als Sie es versprechen. Sie machen dasgenaue Gegenteil. Ich nenne als Beispiel Mieten undWohnen. Vor zwei Monaten – daran erinnern wir uns allenoch sehr gut – prügeln Sie mit Ihrer Mehrheit hier imDeutschen Bundestag das Mietrechtsänderungsgesetzdurch das Parlament, ein paar Wochen später auch durchden Bundesrat. Ihre Leute brüsten sich bei „Haus &Grund“ und anderen Organisationen damit, dass jetztendlich eine Besserstellung von Vermietern und Eigentü-mern erreicht sei.
Es ist wahr: Tatsächlich führt das, was Sie gemacht ha-ben, zu einer Schlechterstellung der Mieter. Ich erinneremich sehr gut, dass wir hier im Hause noch einen Antragauf Einführung einer Kappungsgrenze bei Neuvermie-tungen gestellt haben. Sie haben gesagt: „Das ist Sozia-lismus“, und haben das abgelehnt. Jetzt erklären Sie absofort: Die Kappungsgrenze ist richtig. – Das müsste Ih-nen doch die Schamesröte ins Gesicht treiben.
In Wahrheit bekommen Sie am Ende der Legislatur-periode ein bisschen Panik, weil Sie die ganze Zeit dieKrise in Europa benutzt haben, um sich zu versteckenund das Nichtstun zu rechtfertigen. Es kommt nicht vonungefähr, wenn wir feststellen: Ihre Bundesregierung hatin dieser Legislaturperiode 45 Gipfel veranstaltet,
45 Gipfel, auf denen nichts entschieden worden ist. Dasist Organisation von Stillstand. Aber das ist keine Zu-kunftsgestaltung.
Die Gegenwart beschwören, niemanden beunruhigenund Hoffen auf bessere Tage, das ist jedenfalls keinePolitik. In die Zukunft kann man sich nicht hineinschlei-chen. Die muss man an den Hörnern packen. Man musssie gestalten. Genau das tun Sie nicht, weil Sie Angst da-vor haben.Herzlichen Dank.
Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für
die Fraktion von CDU und CSU unser Kollege Hermann
Gröhe. Bitte schön, Kollege Hermann Gröhe.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Mit ihrem eher peinlichen Getöse zum Wahlpro-gbdIhgÖdnIhwmhHSsASkSnvdgquFWräwMctä
Das ist ein Ablenkungsmanöver, weil doch Ihre Pro-ramme, die Programme der Grünen und der SPD, in derffentlichkeit zu Recht mit Pauken und Trompetenurchgefallen sind. Beifall fanden sie überhaupt nuroch bei der Linkspartei.
r Programm des Abkassierens, des Bevormundens,äre ein Abstiegsprogramm für Deutschland mit schlim-en Folgen für den Arbeitsmarkt. Darin waren sich na-ezu alle Kommentatoren einig. Ich zitiere aus demandelsblatt:
Was als Angriff auf Reiche daherkommt, trifft inWahrheit aber auch die Mittelschicht. Und könnteder Wirtschaft schweren Schaden zufügen.Weil Ihnen das sicher lieber ist, zitiere ich aus dempiegel. Der ist nun nicht das Zentralorgan der deut-chen Wirtschaft:
Die Pläne der Partei belasten keineswegs nur Top-verdiener. Hauptverlierer sind die Angehörigen derMittelschicht.
Meine Damen, meine Herren, Ihre Politik gefährdetrbeitsplätze und damit stabile Sozialkassen und dieteuereinnahmen unseres Staates. Wer die Wirtschafts-raft eines Landes untergräbt, landet im Schuldensumpf.ie haben eben nicht begriffen, dass wir die Rekordein-ahmen, die wir heute haben, der Rekordbeschäftigungerdanken und dass Rekordbelastungen beides gefähr-en und den Abstieg unseres Landes bedeuten. Deswe-en verstehen Sie auch nicht, warum für uns eine konse-uente Fortsetzung der Haushaltskonsolidierung
nd Zukunftsinvestitionen zusammengehören. Durch dieortsetzung der Haushaltskonsolidierung stärken wirachstum und Beschäftigung und erarbeiten uns Spiel-ume, die ohne Frage begrenzt sind. Nicht alles, wasünschenswert ist, ist auch machbar.
anches wird nur schrittweise möglich sein. Wir brau-hen die Bereitschaft, Prioritäten zu setzen. Diese Priori-ten hat unsere Parteivorsitzende, die Bundeskanzlerin,
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Hermann Gröhe
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eindeutig genannt: Familie, Bildung und Forschung,Infrastruktur. Damit stärken wir den Zusammenhalt inunserer Gesellschaft und die Zukunftsfähigkeit unseresLandes.
Wir dürfen aber nicht nur in die Wahlprogrammeschauen. Schauen wir uns die Taten an.
– Hören Sie zu! – Jetzt zeigt sich bei den Roten hoffent-lich bald Schamesröte. Dreimal hat Ihnen der Landes-verfassungsgerichtshof in Nordrhein-Westfalen die Ver-fassungswidrigkeit Ihrer Haushalte vorgeworfen.
Zuletzt im März hat der LandesverfassungsgerichtshofSie überführt, in verfassungswidriger Weise die Gerech-tigkeit zwischen den Generationen mit Füßen zu treten.
Ähnliches hat der Landesrechnungshof der rheinland-pfälzischen Regierung bescheinigt.
Auf dem Weg zur Haushaltskonsolidierung sind Sienicht glaubwürdiger Mahner, sondern mehrfach erwisch-ter Geisterfahrer.
Die christlich-liberale Koalition hat bereits 2012 unddamit vier Jahre vor der Zeit das Gebot der Schulden-bremse unserer Verfassung eingehalten. Zugleich habenwir mit dieser Politik Wachstum und Beschäftigung ineiner Weise gefördert,
die es uns ermöglicht hat, in den letzten Jahren die Fami-lien um 4,6 Milliarden Euro im Jahr zu entlasten,13 Milliarden Euro zusätzlich in Bildung und Forschungzu investieren, die Kommunen milliardenschwer beimAusbau der Kitaplätze zu unterstützen und sie von Beträ-gen in Milliardenhöhe durch die Übernahme der Kostenfür die Grundsicherung im Alter zu entlasten.Wir stehen dafür, diesen Kurs zu halten, konsequentunseren Haushalt weiter in Ordnung zu bringen, unsnicht von Ihrer Schuldenmacherei anstecken zu lassen
und zugleich in das zu investieren, was die Stärke unse-res Landes ausmacht, nämlich in den Zusammenhalt un-sudBeWnKKdAmaS–teriWseNeksicuw
ls Ausgleich für Haushalte mit geringerem Einkom-en fordert sie die Erhöhung des Kindergeldes von 184uf 219 Euro pro Kind, und sie will mehr Geld für dentraßenbau.
Ich habe da eine Frage: Wer hat eigentlich in den letz-n acht Jahren regiert? War das nicht die Bundeskanzle-n?
arum hat sie denn bisher nichts davon umgesetzt?
Ich will zu ihren Gunsten annehmen, dass es ihreelbstkritischste Rede war. Sie hat geschildert, was sieigentlich hätte machen müssen, aber nicht gemacht hat.
un stellt sich die nächste Frage, ob diese Selbstkritik zuiner Besserung führt oder ob man nicht damit rechnenann, dass es umgesetzt wird.Herr Steinbrück, Sie werfen der Kanzlerin vor, dassie vieles bei der SPD abgeschrieben hat. Als SPD wäreh sehr zurückhaltend, wenn ich sehe, was Sie alles beins abgeschrieben haben – wenn ich darauf einmal hin-eisen darf.
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Dr. Gregor Gysi
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Aber wer hat schon etwas dagegen, dass wir so erfolg-reich sind, dass die anderen bei uns abschreiben? Dasmüssen wir uns nicht gegenseitig vorwerfen.
Ich muss Ihnen auch sagen: Wirklich ernst ist es unsmit der Mietpreisbremse. Wir haben sie schon im Januarvorgeschlagen. Neuvermietung ist kein Grund für eineMietsteigerung. Der Wert der Wohnung ist doch garnicht erhöht worden. Wieso sagt man, dass ein Mieter-wechsel eine Mietsteigerung von 10, 20 oder 30 Prozentrechtfertigt? Das ist unerträglich, und wir müssen esendlich beenden, und zwar mit einem Gesetz.
Ich habe gesagt, Herr Steinbrück, dass es noch eineFrage gibt. Sie regiert seit acht Jahren. Vier Jahre davonwaren Sie dabei. In dieser Zeit ist davon auch nichts um-gesetzt worden. Das will ich nur am Rande kritisch be-merken. Auch das kann man ändern.
Ich frage mich beim Mietrecht – Herr Steinmeier, dashaben Sie völlig zu Recht kritisiert –: Warum haben wirnicht die Mehrheit aus SPD, Grünen und Linken imBundesrat genutzt, um das zu stoppen oder wenigstensin den Vermittlungsausschuss zu schicken?
Das haben Sie nicht gemacht. Dabei ist eine Regelung– das sage ich Ihnen – rechtsstaatlich abenteuerlich,nämlich die zur Zwangsräumung per einstweiliger Ver-fügung. Danach können Sie die Wohnung des Betroffe-nen per einstweiliger Verfügung räumen lassen und brin-gen den Betroffenen dadurch in Obdachlosigkeit.Kommt dann sechs Monate später in der Hauptsacheeine gegenteilige Entscheidung, dann nützt ihm das garnichts mehr. Das sind abenteuerliche Vorschläge. Ichnehme an, irgendwann wird das Bundesverfassungsge-richt darüber entscheiden müssen.Die Vorschläge der Kanzlerin kranken im Kern andrei Problemen: Die Union will erstens die Steuerunge-rechtigkeit aufrechterhalten. Sie schließen Steuererhö-hungen für Reiche, für Vermögende, für Besserverdie-nende aus. Ich stelle daher die Frage: Woher soll dasGeld für diese sozialen Versprechen kommen?
Das Zweite ist die soziale Schieflage. Ich habe schon ge-sagt: Kinder von Menschen mit höheren Einkommenwerden bevorzugt. Das Dritte ist: Die FDP hat gesagt,mit ihr können diese Vorschläge nicht umgesetzt wer-den. Die Kanzlerin sagt aber, dass sie weiterhin mit ih-nen koalieren will. Es ist ein übler Trick, dass man im-mer jemanden an der Seite hat, der Nein sagt, um dannzu sagen: Ich habe das Edle gewünscht, aber die FDP hatmich daran gehindert. Das sollten Sie sich als FDP nichtbfüJusKdtiDShrueGSdDWSsdgbKDMgzud
Die Kanzlerin folgt diesbezüglich Franz Münteferingnd sagt, dass es falsch ist, Politiker an ihren Wahlver-prechen zu messen. Ich aber sage Ihnen: Das ist derern des Problems. Diese falschen Wahlversprechen,ie nicht erfüllt werden, erzeugen Politik- und Demokra-everdrossenheit.
ass sie nicht erfüllt werden, Herr Kauder und Herrchäuble, haben Sie im Fernsehen bewiesen. Sie beideaben erklärt, dass das Ganze unter einem Finanzie-ngsvorbehalt steht. Gleichzeitig erklären Sie: Steuer-rhöhungen wird es nicht geben. Damit sagen Sie: Dasanze fällt aus.
elbst wenn es im Koalitionsvertrag stünde, was Sie miter FDP nicht schaffen, müssen Sie es nicht machen.as kennen wir von der Rentenangleichung Ost undest. Diese steht in der Koalitionsvereinbarung, aberie haben sie nicht umgesetzt.
Es tut mir leid: Die Vorschläge der Bundeskanzlerinind offenkundig nur für die Mülltonne gedacht, zumin-est dann, wenn die Regierung aus Union und FDP fort-esetzt wird, was ich der Bevölkerung allerdings beimesten Willen nicht wünschen kann.Danke schön.
Nächster Redner ist für die Fraktion der FDP unser
ollege Patrick Döring. Bitte schön, Kollege Patrick
öring.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen!eine sehr verehrten Damen und Herren! Das Wahlpro-ramm der Union – Hermann Gröhe hat es gesagt – stehtur Diskussion. Es ist noch nicht einmal verabschiedet,nd schon sind Teile der Opposition so in Aufregung,ass diese Aktuelle Stunde beantragt wird.
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Patrick Döring
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In den vergangenen gut vier Jahren haben wir bewie-sen: Man kann Steuern senken, gleichzeitig Rekord-mehreinnahmen erzielen und einen nahezu ausgegliche-nen Haushalt vorlegen. Das ist solide Politik, liebeKolleginnen und Kollegen.
Wenn Sie uns Vorwürfe machen, wir hielten unsereVersprechungen vor der Wahl nicht,
dann weise ich darauf hin, dass wir die Familien entlas-tet und alles dafür getan haben, dass jene, die morgensaufstehen und arbeiten gehen, am Ende des Tages mehrhaben als jene, die liegen bleiben, und wir haben keineneuen Schulden gemacht. Das ist der Erfolg dieser Ko-alition und die Lehre aus der Krise in Europa.
Verehrter Herr Gysi, es gibt Teile in den Vorschlägender Union, die nicht mit dem Programm der FDP über-einstimmen. Das ist auch gut so; denn aus gutem Grundsind die Liberalen eine eigenständige Partei, und dieChristlich Demokratische Union und die CSU sind ei-genständige Parteien.
Aber wir haben in den vergangenen vier Jahren bewie-sen: In den entscheidenden Punkten raufen wir uns zu-sammen und erarbeiten gute Kompromisse.
Das heißt: Leistungsgerechtigkeit statt Umverteilung,solide Haushalte statt immer neue Schulden, meine sehrverehrten Damen und Herren.
Schauen wir uns einmal die Programme an, die schonverabschiedet sind. Es ist bemerkenswert, wie oft dieSpitzenpolitiker von Union und FDP erleben müssen,wie Herr Trittin, Herr Steinbrück, Herr Steinmeier undandere ihre eigenen Wahlprogramme verleugnen.
Schauen wir doch einmal dort hinein. Sie haben mit Ih-ren Programmen das Ziel einer massiven steuerlichenErhöhung für die arbeitende Mitte der Bevölkerung ver-abschiedet.
JSdaptrddmsfübnlenEwaRmdIndroSndkEgmlafeuo
Das Gleiche gilt für die Vermögensteuer. Da stelltich Herr Steinbrück beim DIHK hin und sagt: Wir sindr eine Vermögensteuer, aber gegen eine Substanz-esteuerung. Eine Vermögensteuer, die die Substanzicht angreift, gibt es nicht, liebe Kolleginnen und Kol-gen. Wer 1,5 Prozent vom Vermögen der Deutschenehmen will, der soll es ihnen dann auch sagen.
s schmälert immer die Substanz, wenn man keine Ge-inne erwirtschaften kann. Sie wollen den Menschenns Ersparte und an die Betriebsvermögen. Das ist dieealität.
Gänzlich unverständlich ist, dass Sie dennoch immerehr Schulden machen wollen. In Wahrheit wollen Sieen Fiskalpakt nicht.
Wahrheit wollen Sie nicht, dass ganz Europa den Weger Solidität einschlägt. Sie wollen nicht, dass ganz Eu-pa spart, sondern Sie wollen hier in Deutschland mehrteuern erheben, damit Sie mehr Schulden machen kön-en und damit Sie mit Ihrem Freund in Paris die Wellees Schuldenmachens in ganz Europa wieder anschiebenönnen.
s geht Ihnen nicht um Solidität und stabiles Geld. Eseht um Inflation und um mehr Geld für den Staat, umehr Schulden in Europa und darum, auch in Deutsch-nd mehr Möglichkeiten für mehr Schulden zu schaf-n. Das ist Ihr Versuch, meine sehr verehrten Damennd Herren.
Im Kern geht es um eines: Leistungsgerechtigkeitder Umverteilung? Sie definieren Gerechtigkeit in die-
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Patrick Döring
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sem Land ausschließlich über Umverteilung, und wir– die Freien Demokraten, die bürgerliche Koalition –definieren Gerechtigkeit über Leistungsgerechtigkeit.Deshalb freuen wir uns darüber, dass jetzt 3 MillionenMenschen mehr als zu Beginn unserer Wahlperiode Ar-beit haben. Darum freuen wir uns darüber, dass mehrMenschen selbstständig sind als zu Beginn dieser Wahl-periode.
Und darum freuen wir uns darüber, dass sich Leistunglohnt. Wir glauben, dass es gut ist, den Menschen mehrGeld vom Brutto zu lassen,
wir glauben, dass es richtig ist, den Menschen ihr Er-spartes zu lassen und keinen Staat aufzubauen, der über-all nur eines kennt: mehr vom Geld der Bürger und mehrSchulden. Das ist der falsche Weg, liebe Kolleginnenund Kollegen.
Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für
die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unser Kollege
Jürgen Trittin. – Bitte schön, Kollege Jürgen Trittin.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf einerTelefonkonferenz ist sich die Kanzlerin treu geblieben.Sie hat Finanzzusagen und -versprechungen über28 Milliarden Euro gemacht. Damit ist sie ihrer Tradi-tion treu geblieben.
Frau Merkel ist die Schuldenkanzlerin der Bundesrepu-blik Deutschland.
In den letzten vier Jahren wurden neue Schulden inHöhe von 100 Milliarden Euro gemacht.
Sie haben den Mövenpicks in den letzen vier Jahren4 Milliarden auf Pump finanzierte Euro geschenkt. IhrWachstumsbeschleunigungsgesetz hat Bund, Länder undGemeinden in Deutschland in den letzten vier Jahren32 Milliarden Euro gekostet.
Auf das Ganze wollten Sie noch zusätzliche Schulden inHöhe von 6,5 Milliarden Euro setzen, um die Besserver-dienenden, die oberen 20 Prozent in diesem Lande, zuentlasten. Das ist Ihre Politik, mit der Sie Schuldenmachen.nuddOacwDvisbgVDGkdino1löHSk
Wir können das fortsetzen: Auf Pump wollen Sie dieächsten vier Jahre 4,8 Milliarden Euro für das Betreu-ngsgeld aus dem Fenster schmeißen. Da springt hierer Herr Gröhe ans Rednerpult und spricht vom Schul-ensumpf. Lieber Herr Gröhe, Sie sind doch der größtechsenfrosch des Steuer- und Schuldensumpfs der Ko-lition.
In der Amtszeit von Frau Merkel sind gesamtstaatli-he Schulden in Höhe von 500 Milliarden Euro gemachtorden.
ie Bundesrepublik Deutschland hatte mal eine Staats-erschuldungsquote von 63 Prozent. Unter Frau Merkelt sie auf 82 Prozent gestiegen. Der deutsche Schulden-erg ist von 1,8 Milliarden Euro auf 2,2 Milliarden Euroestiegen. Das heißt: Ein Viertel der gesamtstaatlichenerschuldung in Deutschland sind Merkel-Schulden.as ist Ihre Politik. Das ist Ihr Schuldensumpf, Herrröhe.
Sie stehen im Wettbewerb mit Herrn Döring. Derommt hier nach vorne und verliert kein Wort darüber,
ass die FDP auf ihrem Bundesparteitag Mehrausgaben Höhe von 30 Milliarden Euro beschlossen hat,
hne einen einzigen Euro gegenfinanziert zu haben.
Die FDP will den Soli abschaffen. Das macht3,6 Milliarden Euro. Die FDP will jene Steuerschlupf-cher in Deutschland einführen, die wir in Europa – inolland und in Irland – gerade abschaffen wollen.
ie wollen aus Deutschland eine Steueroase für Groß-onzerne machen.
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Jürgen Trittin
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Das hilft dem Mittelstand nicht. Das hilft Amazon,Google und Apple, aber nicht dem deutschen Mittel-stand. Das ist Ihre Politik.
Deutschlands Wachstumsrate geht zurück, und zwarvon 0,6 auf 0,3 Prozent. Was muss man in so einer Situa-tion tun? Man muss investieren. Was aber macht FrauMerkel? Sie investiert nicht, sondern konsumiert. 27 ih-rer 28 Milliarden Euro fließen in direkte Transfers. Sosieht die Strategie zur Sicherung der Zukunft Deutsch-lands aus.
1 Milliarde Euro darf der Herr Ramsauer für Investi-tionen ausgeben. Schauen Sie sich doch einmal das hiervon einigen zitierte grüne Finanzprojekt an: 20 Prozentder Ausgaben fließen in den Schuldenabbau; das ist übri-gens die Vermögensabgabe. 40 Prozent unserer Ausga-ben fließen in Investitionen in Bildung, in Energie und inInfrastruktur. Das sind fast 13 Milliarden Euro. Das istdas 13-Fache der Summe, die Ihre Kanzlerin einplant.Sie reden vom Investieren, aber Sie verjuxen das Geld.Das ist Ihre Politik. Das ist wirtschaftspolitisch falsch.
Sie sagen, Sie hätten das alles finanziert.
Da kommt mir ein schöner Verdacht auf. Wie wollen Siedenn die Mütterrente finanzieren? Wo wollen Sie dasGeld denn hernehmen? Wenn Sie sie über die Rentenbei-träge finanzieren wollten, dann müsste der Beitragssatzum 0,7 Prozentpunkte ansteigen. Reden Sie doch malmit dem DIHK darüber, wie viele Arbeitsplätze auf-grund höherer Arbeitskosten verloren gehen. Wenn Siedie Mütterrente nicht auf Pump finanzieren wollen, müs-sen Sie sie über höhere Beiträge finanzieren.
Sie nehmen in der Familienpolitik Transfers vor. Abervon diesen Transfers profitieren diejenigen, die am we-nigsten haben, nämlich die 1,6 Millionen Kinder inDeutschland, die in Bedarfsgemeinschaften leben, über-haupt nicht. Die Hälfte der Steuererleichterungen imRahmen des Familiensplittings, das Sie planen, würdebei den oberen 20 Prozent der Bevölkerung landen. An-ders gesagt: Anstatt in Infrastruktur und in Kitaplätze zuinvestieren, anstatt dafür zu sorgen, dass die 220 000Kitaplätze, die noch fehlen, geschaffen werden, begös-sen Sie erneut Ihre Klientel. Schwarz-Gelb – das ist Poli-tik auf Pump zugunsten von Leuten, die es nicht nötighaben, das ist Politik für Transfers statt für Kindertages-stätten.JjenIhdnJd„beddSSdHatäHshtuhudz
Letzte Bemerkung.
etzt sind Sie für eine Mietpreisbremse,
tzt sind Sie dafür, dass wir keine Schulden mehr auf-ehmen, dass die Renten erhöht werden usw. Ich sagenen eines: Sie hätten all das tun können. Sie hätten anieser Stelle tatsächlich eine andere Politik machen kön-en; aber Sie haben es vier Jahre lang nicht gemacht.
etzt stellen Sie sich hin und fordern das Gegenteil vonem, was Sie machen. Ihre Spindoktoren nennen dasasymmetrische Demobilisierung“. Ich sage Ihnen: Manraucht dafür gar kein Fremdwort. Das ist schlicht undrgreifend – auf Deutsch gesagt – Heuchelei. Sie habenie Heuchelei zum obersten Prinzip Ihrer Politik erklärt.
Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für
ie Bundesregierung der Parlamentarische Staatssekretär
teffen Kampeter. Bitte schön, Herr Parlamentarischer
taatssekretär.
S
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen underren! Um Finanzminister zu werden, bedarf es mehr,ls nur einen grauen Anzug anzuziehen; es bedarf Solidi-t und Seriosität.
err Kollege Trittin, ich bezweifle, dass Sie sich mit die-em Auftritt vor dem Hohen Hause einen Gefallen getanaben.
Ich möchte der Opposition danken, dass sie diese Ak-elle Stunde zu Fragen der Haushaltspolitik beantragtat,
nd zwar deswegen, weil so klar und deutlich wird, woie Unterschiede zwischen den finanzpolitischen Kon-eptionen der Regierung und der Opposition liegen und
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Parl. Staatssekretär Steffen Kampeter
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was eigentlich die christlich-liberale Koalition mit ihrersoliden Finanzpolitik in den letzten Jahren für Deutsch-land geleistet hat.
Der Kollege Steinbrück, der es jetzt vorgezogen hat,das Hohe Haus zu verlassen, war der letzte Finanzminis-ter der SPD. Sein Haushaltsentwurf, die Eröffnungs-bilanz dieser Koalition, hat eine Nettokreditaufnahmevon über 80 Milliarden Euro binnen eines Jahres pro-gnostiziert. Wolfgang Schäuble, der Bundesfinanzminis-ter der christlich-liberalen Koalition, wird Ende Junieinen Haushalt vorlegen, der einen strukturellen Aus-gleich, also eine Null mit Perspektive vorsieht. Das sindQualitätsunterschiede in der Haushaltspolitik, die wohlkaum deutlicher sein könnten.
Wir haben in dieser Legislaturperiode alle zusätzlichenpolitischen Schwerpunkte ohne Steuererhöhungen finan-ziert. Man kann Politik auch ohne Abkassieren machen,meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist dasCredo einer verantwortlichen Politik.
Herr Kollege Steinmeier, die von Ihnen als Kanzler-amtsminister verantworteten Hartz-IV-Regeln sind we-gen Verfassungswidrigkeit sämtlich vom Verfassungsge-richt einkassiert worden.
Wir konnten in dieser Legislaturperiode die Gerechtig-keitslücke bei Hartz IV mit dem Bildungs- und Teilhabe-paket, aus unserem Haushalt finanziert, schließen. Dasist konkrete Haushalts- und Solidaritätspolitik der christ-lich-liberalen Koalition.
Wir haben 50 Prozent mehr in Bildung und For-schung investiert. Wir haben mit der Finanzierung derGrundsicherung im Alter für die größte Entlastung derKommunen – weit über 20 Milliarden Euro – gesorgtund haben jede Steuermehreinnahme für die Absenkungder Nettokreditaufnahme verwendet.
So muss man es machen. Es gibt keinen Zusammenhangzwischen solider Haushaltspolitik und ständigen Steuer-erhöhungen. Das Gegenteil ist richtig. Man muss denHaushaltsausgleich wollen, nicht nur Steuererhöhungen,meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das gilt nicht nur für den Bundeshaushalt; es gilt auchfür die Sozialversicherungen. Wer bei den Sozialversi-cherungen solide wirtschaftet, kann beispielsweise, wiewir es getan haben, den Rentenversicherungsbeitrag sen-ken oder – das wurde liebevoll von Ihnen unterstützt –die Eintrittsgebühr für Arztpraxen abschaffen. PolitischeSMpladünBgddkagD„knlelüteuvMhHsdrasdDrutewAgdin
nd in dem Zusammenhang gesagt, da würde Gelderjuxt. Schlimmer kann man die Lebensleistung vonüttern in diesem Land nicht verachten als durch dieseerablassende Bemerkung.
err Kollege Trittin, Sie sollten sich für diese Entglei-ung entschuldigen.
In dieser Debatte muss ein weiterer Punkt klar undeutlich herausgestellt werden – Kollege Döring hat da-uf hingewiesen –: die Mär, dass die Belastungsoffen-ive, die Rot-Grün vorschlägt, nur wenige Menschen iniesem Land trifft.
ie SPD sagt immer: Wir holen es uns bei den Freibe-flern, die haben es sowieso dicke. Das würde bedeu-n: weniger Arbeitsplatzsicherheit für die Rechtsan-altsgehilfin oder für den medizinisch-technischenssistenten. Der Kollege Trittin schlägt vor, die Vermö-ensabgabe auch auf Wohneigentum zu erheben. Das be-eutet Mieterhöhungen für die Mieterinnen und Mieter Deutschland.
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Parl. Staatssekretär Steffen Kampeter
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Wenn ich lese, was Sie in Bezug auf die betrieblicheSubstanzbesteuerung vorhaben, kann ich nur sagen: Dasist ein brutaler Angriff auf den Mittelstand, auf seine In-vestitionskraft, und das ist ein Angriff auf die ZukunftDeutschlands. Es betrifft uns alle, was in diesen Steuer-plänen enthalten ist.
Als ganz besonders zynisch, Herr Kollege Trittin,empfinde ich Ihre Argumentation in Bezug auf die vonIhnen geforderte private Vermögensabgabe, die die Grü-nen als solitär bezeichnen. Sie soll von Privatpersonenerhoben werden. In einem Interview haben Sie gesagt:Die Betroffenen können ja eine GmbH gründen.
– Ja, ja, das war Ihr Tenor: Man soll also in eine Kapital-gesellschaft flüchten.
Lieber Herr Kollege Trittin, das alles macht deutlich,wie sehr Sie gegen das private Eigentum eingestellt sind.Das ist nichts anderes als eine Einladung zum Ausver-kauf der deutschen Wirtschaft, insbesondere der kleinenund mittelständischen Strukturen, durch ausländische In-vestoren.
Der Vorsitzende des Verbandes der Familienunterneh-mer hat alle Abgeordneten auf den Aspekt hingewiesen,dass die eigentumsfeindliche Politik von Rot und Gründie Verlagerung von Kapitalien ins Ausland besondersbefördert und die Eigentümerstruktur in Deutschland ge-fährdet. Die kleinen und mittleren Unternehmen, die Siemit Ihren rot-grünen Steuerplänen ins Mark treffen, sinddas Rückgrat des Wohlstandes unseres Landes. Vielefleißige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den kleinenund mittleren Unternehmen haben Deutschland nachvorne gebracht. Sie wollen das Fundament unserer Zu-kunft durch diese Belastungsoffensive zerstören. Das istein Angriff auf die Zukunftsfähigkeit unseres Landes.
SPD und Grüne können sich nicht vorstellen, mit demGeld der Bürger verantwortungsvoll umzugehen.
Das Einzige, was Ihnen zur politischen Lösung von Pro-blemen einfällt, ist, bei den Bürgerinnen und Bürgernmehr einzufordern,
um es ihnen dann möglicherweise wieder zurückzuge-ben, also das Prinzip: rechte Tasche, linke Tasche. UnserVerständnis von Bürgern ist ein anderes. Wir glauben aneinen wirkmächtigen Staat. Wir brauchen in bestimmtenBdküAzdtelehhzngndhenlihJfüeNengpSamjedzsz
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ichatte gedacht, dass der Herr Staatssekretär die Gelegen-eit wahrnimmt, die Pläne der CDU, der er ja angehört,um Wahlprogramm 2013 – dabei geht es um dieächste Legislaturperiode – mit zu erklären. Er hat aberar keine Zeit darauf verwandt. Im Gegenteil, er haticht einmal Zeit darauf verwandt, darauf hinzuweisen,ass es diese Koalition aus Schwarz und Gelb geschafftat, in vier Jahren größten Wachstums, höchster Steuer-innahmen und niedrigster Arbeitslosigkeit immer nocheue Schulden – 100 Milliarden Euro – aufzunehmen.Herr Döring, Sie haben vorhin gesagt, Sie würden so-de wirtschaften. Wissen Sie eigentlich, was für Haus-alte Sie hier jedes Jahr beschlossen haben?
edes Jahr war die Ziffer rot. Sie schaffen es nicht einmalr das Jahr 2014 – wo wir doch wirklich Rekordsteuer-innahmen haben –, eine Null hinzubekommen.
ein, jedes Jahr haben Sie neue Schulden gemacht.
Bei der Wahl 2009 haben Sie versprochen, die Steu-rn zu senken. 2013 verspricht die CDU, jede Mengeeue Sozialleistungen rauszuhauen, die überhaupt nichtegenfinanziert sind. Sie wollen die Sozialkassen weiterlündern, den Sozialstaat unterhöhlen. Damit kündigenie wieder die nächste Wahllüge an. Ich finde, es istbenteuerlich, das aus dem Munde eines Bundesfinanz-inisters zu hören.
Sie stehen damit, meine ich, klar in der Tradition des-nigen, der hier gestern in der Aktuellen Stunde vertei-igt hat, dass er von nichts eine Ahnung hat. Er führtwar das Verteidigungsministerium und ist für die Be-chaffung von Flugzeugen im Wert von 1 Milliarde Eurouständig, hat aber keine Ahnung, ist nicht informiert
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30749
Carsten Schneider
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worden. Wahrscheinlich ist es bei Ihnen in der Partei im-mer so, dass man nicht richtig weiß, was man tut. Daswahre Problem in Deutschland ist, dass Sie mit demGeld der Steuerzahler nicht solide umgehen.
Ich komme zum Thema Wachstum. Zu Beginn dieserKoalition hatte Deutschland ein Wachstum von fast4 Prozent. Wie viel haben wir dieses Jahr noch? –0,4 Prozent! Das ist das Ergebnis Ihrer Politik. Das ist,finde ich, alles andere als ein Erfolgsausweis.
Deswegen ist es wichtig und richtig, klar zu fragen: Wasmuss man daran eigentlich ändern? Herr Trittin hat zweiwichtige Punkte genannt. Die hat Ihnen die EU-Kom-mission im Übrigen in der vorigen Woche ins Stamm-buch geschrieben. Das Erste ist: Es muss damit aufge-hört werden, von der Substanz zu leben. Das heißt, esmuss mehr investiert werden. In Ihrer Regierungszeitsind die Investitionen in Deutschland gesunken.Der zweite Punkt betrifft die Bildung. Um langfristigin Deutschland leistungsstark zu bleiben, ist entschei-dend, dass wir in die Köpfe unserer Kinder investieren.Was tun Sie an dieser Stelle?
Nichts! Im Gegenteil, Sie wollen für das Ehegattensplit-ting eine neue steuerliche Leistung in Höhe von 30 Mil-liarden Euro – das nennt sich dann Familiensplitting –einführen, ohne etwas dafür zu tun, dass jedes Kind ei-nen Kindergarten- bzw. Krippenplatz bekommt und je-der, der sich darum bewirbt, einen Platz an der Universi-tät erhält, an der er exzellent ausgebildet wird. Daswären die Zukunftsaufgaben für Deutschland.
Sie haben in dieser Legislaturperiode 100 MilliardenEuro neue Schulden aufgenommen, und Sie haben esnicht geschafft, die 20 Milliarden Euro, die dafür einge-setzt wurden, um 2009 die Konjunktur wieder in Gangzu bringen, zu tilgen. Das ist nicht passiert. Daran rührenSie nicht: Sie tilgen sie nicht, obwohl die wirtschaftlicheLage exzellent ist.Wir müssten – als Sozialdemokraten stehen wir dafür– die Subventionen in Deutschland streichen. Haben Siedas getan? Oder haben Sie Subventionen erhöht? Sie ha-ben mit dem Hotelsteuerprivileg – auch Herr Trittin hatdarauf hingewiesen – den Hoteliers knapp 5 MilliardenEuro in die Tasche gesteckt. Das Ganze haben Sie mitSteuergeld subventioniert. Das Ergebnis Ihrer Politiksind höhere Schulden.Deswegen kann ich, meine sehr verehrten Damen undHerren, nur zu dem Schluss kommen, dass Sie selbstnicht mehr glauben, für die Vorschläge, welche dieUnion hier heute oder in den vergangenen Tagen vorge-legt hat, Verantwortung übernehmen zu können. Auchglauben Sie nicht, sie umsetzen zu können; denn wennSShkdAnadmdsredIclüWla1hbmSdHkmdSJdirInsdhhuddS
Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für
ie Fraktion der FDP unser Kollege Otto Fricke. Bitte
chön, Kollege Otto Fricke.
Geschätzter Herr Präsident! Meine Damen und Her-n! Es geht hier um Wahlversprechen und den Vorwurfer Wahllüge. An die Adresse der SPD muss ich sagen:h kann verstehen, dass Sie sich mit dem Thema Wahl-gen beschäftigen, aber nur, weil Sie mit der größtenahllüge in der Geschichte der Bundesrepublik Deutsch-nd Erfahrungen gemacht haben. Sie haben doch gesagt:8 Prozent Mehrwertsteuer gibt es mit uns nie! Kaumatten Sie eine Koalition mit der CDU/CSU gebildet, ha-en Sie aber gesagt: 19 Prozent Mehrwertsteuer gibt esit uns auf jeden Fall.
o viel zum Thema Wahllügen.
Es gibt eigentlich nur ein vernünftiges Wahlgeschenk,as man als Politiker dem Bürger machen kann: solideaushalte und eine stabile Währung. Alles andere istein Geschenk an die Bürger. Nichts anderes können wirachen; denn es geht nicht um unser Geld, sondern umas Geld der Bürger. Wir haben die Verantwortung, fürtabilität zu sorgen, und das haben wir in den letzten vierahren getan.Zu den Vorwürfen, die hier geäußert wurden, und zuer Schwarzmalerei will ich Folgendes sagen: Ich bitte,gendwann einmal zu erkennen, dass wir nicht auf einersel leben, sondern in einer globalisierten Welt. Wasagen Ihnen die Leute, die nur 1 Kilometer hinter dereutschen Grenze leben? Die sagen: Mensch, die Haus-altszahlen, die die schwarz-gelbe Koalition geschaffenat, die hätte ich gerne in unserem Land; dann ginge esns besser. Die Wirtschaftszahlen, die Schwarz-Gelb inen letzten vier Jahren erreicht hat, die hätte ich gerne;ann ginge es uns besser. Die Arbeitslosenquote, diechwarz-Gelb gesenkt hat, hätte ich gerne; dann ginge
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Otto Fricke
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es uns besser. So sichere Renten wie in Deutschlandhätte ich gerne; dann ginge es uns besser – usw.
Das wollen Sie einfach nicht wahrhaben. Sie schauennur auf den eigenen Bauchnabel.Ich will noch etwas anderes sagen: Wir müssen im-mer wieder verdeutlichen, wie das politische Spiel leideroft läuft. Jeder Politiker, der sagt: „Das ist ein guterGrund, mehr Geld auszugeben, und das ist auch ein guterGrund, mehr Geld auszugeben“, der bekommt von denBetroffenen immer Zustimmung. Das findet man gut.Das ist anders bei demjenigen, der sagt: Ich finde dasauch nicht schlecht, aber wir müssen das finanzierenkönnen. – Ich will das einmal am Beispiel Mütterrenteverdeutlichen: Meine Mutter gehört zu der Alters-kohorte, die das treffen würde. Sie würde für ihre Erzie-hungsleistung etwas bekommen. Ich werde zu diesemThema trotzdem immer sagen: Das geht nur dann, wennwir es finanzieren können.
Ich habe die CDU so verstanden – das will ich deut-lich sagen; da bin ich mir ziemlich sicher –, dass sie dieschwarze Null genauso wie wir erreichen will. Ich habedie CDU so verstanden, dass sie mit der Schuldentilgungspätestens 2016 beginnen will.
Wenn es doch nicht so kommen sollte, wenn es Schwie-rigkeiten geben sollte, was ich mir aber nicht vorstellenkann, dann kann ich nur eines feststellen: Die Garantenfür solide Haushalte sitzen in diesen Reihen. Garant fürsolide Haushalte ist die FDP. Das haben wir in den letz-ten vier Jahren deutlich gezeigt.
Ich habe nicht die Hoffnung, dass die Opposition einesolide Haushaltspolitik betreiben würde. Ganz ehrlich:Immer dann, wenn ich in der letzten Zeit dachte, dass andem, was Herr Trittin zu Steuern und Abgaben sagt,vielleicht etwas Wahres dran sein könnte,
dann habe ich mir die Aussagen von Boris Palmer,Christine Scheel und Winfried Kretschmann vor Augengeführt, und dann wusste ich ziemlich sicher, dass das,was die Grünen wollen, eigentlich nur Quatsch ist, es ih-nen im Wahlkampf aber wohl ein bisschen hilft.Herr Trittin, Sie sagen: Es ist gar kein Problem, wenn10 Prozent der Steuerzahler mehr bezahlen.
– Sehen Sie, das ist der Unterschied. Sie gehen nur nachder Frage der Maximierung – wo kriege ich den größtenApplaus? –, während es für uns beim Thema Steuernnicht darum geht, zwischen 90 und 10 aufzuteilen.D5dLgeishhbGabsSsdhOd–MdNabhsdewG2latiLWZDdsms
ie 10 Prozent entsprechen 5 Millionen Steuerzahlern, Millionen Bürgern dieses Landes, die viel dafür tun,ass es in diesem Land vorangeht. Diese 5 Millioneneute sind Ihnen vollkommen egal. Das ist Ihre Politikegenüber den Menschen, die in diesem Land Leistungrbringen.
Ich will noch etwas zur SPD sagen. Herr Steinmeiert jetzt leider auch nicht mehr da. – Doch, er sitzt dortinten. Ich bitte um Entschuldigung. – Herr Steinbrückat hier immer wieder gesagt, dass sich die SPD auch einisschen an ihn anpassen muss. Ich habe inzwischen dasefühl, dass Herr Steinbrück sich nur noch an die SPDnpasst.Herr Steinmeier, was Sie in Ihrer Rede gemacht ha-en, war spannend. Sie haben immer wieder gesagt, wiechlimm das alles sei. Wenn ich das richtig sehe, sindie, Herr Steinmeier, aber gar nicht gegen die Vor-chläge der Kanzlerin, oder? Sie unterstützen doch alliese Vorschläge. Das haben Sie aber nicht gesagt. Dasaben Sie klammheimlich unter den Tisch fallen lassen.der sind Sie dagegen? Sind Sie gegen die Vorschlägeer CDU zur Rente? Ja oder nein?
Sehen Sie, da läuft das Spiel wieder.
an kritisiert, und gleichzeitig ist man klammheimlichafür. Das ist Ihre Art und Weise.Jetzt werden viele Bürger, die zugehört haben, fragen:a ja, ist ja schön, dass der von der FDP das erzählt,ber stimmt das? Daher werde ich die Zahlen, die dieseweisen, kurz darlegen. Wenn es um vernünftige Haus-alte geht, wenn es um die Vermeidung von Wahlge-chenken geht, dann muss ich nur auf eines schauen: aufie Ausgaben. Es ist wie beim Bürger selbst. Wann hatr Probleme? Wenn die Ausgaben zu hoch sind. Schauenir uns das einmal an. Wir hatten sieben Jahre Rot-rün. Was ist in dieser Zeit mit den Ausgaben passiert?6 Milliarden Euro mehr Ausgaben am Ende der Legis-turperiode. Dann hatten wir vier Jahre Große Koali-on. 31 Milliarden Euro mehr Ausgaben am Ende deregislaturperiode. Dann kam die FDP in die Regierung.as passierte?
um ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublikeutschland haben wir die Ausgaben um fast 2 Milliar-en Euro am Ende einer Legislaturperiode gesenkt. Ichage Ihnen: Das ist die Kunst, gute Haushaltsführung zuachen. Das sind die Wahlgeschenke, für die der Be-chenkte am Schluss nicht zahlen muss.Herzlichen Dank.
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Otto Fricke
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Nächste Rednerin für die Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen unsere Kollegin Frau Lisa Paus. Bitte schön,
Frau Kollegin Paus.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! HerrKampeter, ich empfehle Ihnen, zumindest einen der in-zwischen unzähligen Faktenchecks zum grünen Steuer-konzept zu lesen. Sie alle bestätigen, dass das, was wirgesagt haben, stimmt. 90 Prozent der Bürgerinnen undBürger in diesem Land sollen entlastet werden.
10 Prozent sollen belastet werden. Die reichsten 0,4 Pro-zent – das sind rund 350 000 Bürgerinnen und Bürger indiesem Land – wollen wir tatsächlich zu einer einmali-gen Vermögensabgabe heranziehen. Das Betriebsvermö-gen soll nicht in der Substanz besteuert werden,
das haben wir eindeutig ausgeschlossen. Auf dieserGrundlage können wir in diesem Land endlich damit an-fangen, Schulden abzubezahlen.
Herr Fricke, ich finde es gut, wie Sie die Wahlver-sprechen der CDU hier durchaus kritisiert haben. Da binich an Ihrer Seite. Aber was ist denn mit den Wahlver-sprechen der FDP? Dazu haben Sie hier kein Wort verlo-ren. Auch Sie versprechen 30 Milliarden Euro Steuerent-lastungen und sagen mit keinem Wort, wie Sie dasfinanzieren wollen. Das hätten Sie hier machen können.
Treffsicher zum Vatertag ging es los. Da versprach Fi-nanzminister Schäuble die Einführung des Familiensplit-tings. Über Kosten und Ausgestaltung hat er sich ersteinmal ausgeschwiegen und das natürlich mit Grund;denn das Familiensplitting – wir haben es einmal nach-rechnen lassen – würde in diesem Land Steuerausfällevon über 30 Milliarden Euro bedeuten.
Finanzierung? Fehlanzeige.Letzte Woche legte die Kanzlerin nach und machteWahlversprechen in Höhe von 29 Milliarden Euro. DasFamiliensplitting hat sie ein bisschen eingeschrumpft,dafür soll es eine Erhöhung des Kinderfreibetrags unddes Kindergelds geben. Diese geplante Erhöhung vonKinderfreibetrag und Kindergeld würde MehrausgabeninhDmkzwsssndStewdFogu02dSreM1m1sHDzgmMML
ies sind Wahlversprechen auf ungedecktem Scheck.
Dabei könnte man es schon bewenden lassen, weilan davon ausgehen kann, dass es ja sowieso nicht dazuommt. Aber es ist interessant, sich einmal genauer an-usehen, was der Schwerpunkt des CDU-Wahlkampfeserden wird: Familienpolitik sozusagen als die Speer-pitze. Dafür will sich die CDU/CSU einsetzen. Wieieht denn die Familienförderung à la Merkel aus, wieie uns bisher bekannt geworden ist?
Es ist nichts anderes als eine Umverteilung von untenach oben. Der richtige Name steht drauf, Familienför-erung, aber der Inhalt ist völlig falsch. Das Einzige, dasie damit machen, ist eine Klientelbedienung, eine wei-re Umverteilung von unten nach oben. Daran erinnernir uns noch sehr gut. Außerdem geht Ihr Konzept aner Lebensrealität, den Bedürfnissen und Problemen vonamilien in diesem Lande vollkommen vorbei.
Ich fange an mit der Umverteilung von unten nachben. Wir erinnern uns noch an den Anfang dieser Le-islaturperiode. Auch da haben Sie den Kinderfreibetragnd das Kindergeld erhöht. Dies bedeutete pro Monat: Euro für Kinder, deren Eltern im Hartz-IV-Bezug sind,0 Euro mehr für die Mittelschicht und 40 Euro mehr fürie oberen 10 Prozent. Was schlagen Sie, innovativ wieie sind, diesmal vor? Wiederum 0 Euro für Kinder, de-n Eltern im Hartz-IV-Bezug sind, 35 Euro mehr für dieittelschicht und ganze 53 Euro mehr für die oberen0 Prozent. Die oberen 10 Prozent sollen noch einmalehr bekommen. Die Schere zwischen den oberen0 Prozent und der Mittelschicht würde durch Ihre Vor-chläge von 93 Euro auf 111 Euro pro Kind erweitert.erzlichen Glückwunsch zu diesem Vorschlag, meineamen und Herren von der CDU/CSU!
Ich stelle es noch einmal anhand konkreter Zahlenum Kinderregelsatz dar. Zurzeit ist der Kinderregelsatzestaffelt, abhängig vom Alter des Kindes. Da bekommtan für ein Kind von null bis sechs Jahren 215 Euro imonat und für ein Kind bis zu 18 Jahren 287 Euro imonat. Das gilt für die Kinder der Armen in diesemande.
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30752 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Lisa Paus
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Ihr Vorschlag sieht vor, dass die Kinder aus wohlhaben-den Familien in diesem Lande nicht 215 Euro oder287 Euro monatlich vom Staat bekommen, sondern dasssie mit monatlich 330 Euro bezuschusst werden. Daraufkönnen sich die oberen 10 Prozent in unserem Lande beider CDU/CSU verlassen. Ich finde, das sollte man denBürgerinnen und Bürgern sagen, meine Damen undHerren.
Wir sehen nicht ein, dass ein Kind aus einer wohlha-benden Familie mehr staatliche Förderung bekommensoll als ein Kind im Regelsatzbezug.
Deswegen schlagen wir in der Tat etwas anderes vor.Wir finden, jedes Kind in diesem Land ist gleich vielwert; es sollte zumindest dem Staat bei der Förderunggleich viel wert sein. Deswegen wollen wir die unüber-sichtlichen Regelungen von Kinderregelsatz, Kinderzu-schlag, Kinderfreibetrag und Kindergeld zu einer Kin-dergrundsicherung zusammenfassen. Wir werden in dernächsten Legislaturperiode mit dem Einstieg in die Kin-dergrundsicherung beginnen. Darauf können Sie sich beiuns verlassen.
Ich habe, was die CDU/CSU angeht, noch etwas ver-gessen. Sie sind ja so stolz darauf, das Ehegattensplittingnicht anfassen zu wollen. Auch wir werden das Ehegat-tensplitting nicht auf einen Schlag abschaffen. Aber wirhalten es in der Tat nicht für sinnvoll, dass eine wohlha-bende Familie in diesem Lande, die wirklich richtig vielverdient, durch den Ehegattensplittingvorteil zurzeit biszu 15 800 Euro pro Jahr zusätzlich vom Staat geschenktbekommt. Wir finden, das muss nicht sein. Dieses Geldwollen wir sinnvoller ausgeben. Deswegen wollen wirden Ehegattensplittingvorteil abschaffen – Entschuldi-gung, abschmelzen.
– Abschmelzen.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. Ihre Vor-schläge gehen an der Lebensrealität der Menschen indiesem Lande vorbei.
Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum eine Familie,die sich vornimmt, die Kinder gemeinsam zu betreuen,dsdWu2Mliwds2dBHdnwRBbrutugSTenuEstire
ir finden, das ist ungerecht gegenüber den Familiennd den Alleinerziehenden in diesem Lande. Über5 Prozent der Kinder in diesem Lande wachsen imoment nicht in einer traditionellen Familie auf. Fami-enförderung muss da stattfinden, wo Kinder sind. Des-egen muss sie zielgenau neu ausgerichtet werden,urch eine Verbesserung der Infrastruktur und den Ein-tieg in die Kindergrundsicherung. Das können Sie am2. September dieses Jahres wählen.
Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für
ie Fraktion von CDU und CSU unser Kollege Norbert
arthle. Bitte schön, Kollege Norbert Barthle.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen underren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich mirie Debattenbeiträge anhöre, dann muss ich sagen: Klei-es Kompliment an die Linken; bei Ihnen weiß manenigstens, was Sie kritisieren. Wenn ich mir aber dieedner von Rot und Grün anhöre, dann muss ich sagen:ei Ihnen herrscht argumentatives Durcheinander. Dalickt man gar nicht mehr durch, was Sie an der Regie-ngspolitik eigentlich kritisieren wollen.
Das zeigte sich schon bei der Beantragung dieser Ak-ellen Stunde. Eigentlich haben wir es ja mit einem Pla-iat zu tun. Denn zuerst haben die Grünen eine Aktuelletunde zu diesem Thema beantragt, dann kam die alteante SPD hinterhergetrabt und hat zum selben Themabenfalls eine Aktuelle Stunde beantragt. Das heißt: Ih-en fehlt der Ansatzpunkt und Ihnen fehlen die Ideen,m überhaupt Kritik an der Regierungsarbeit zu üben.
s läuft immer auf dasselbe hinaus; das ist schon interes-ant und wirft ein Schlaglicht auf die derzeitige Situa-on. In der Opposition weiß man offensichtlich nicht socht, wo man ansetzen soll.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30753
Norbert Barthle
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Das ist auch kein Wunder. Denn wenn Sie ernsthaftdie Frage stellen, wie die Ankündigungen der Bundes-kanzlerin, die zum großen Teil auf Parteitagsbeschlüssenberuhen, finanziert werden sollen, müssen Sie sich ausmeiner Sicht die Gegenfrage gefallen lassen: Wo warenSie eigentlich in den letzten vier Jahren? Haben Sie imAusland gelebt? Wir haben doch vier Jahre lang gezeigt,wie es geht.
Wir haben vier Jahre lang gezeigt, dass wir solide wirt-schaften können, dass wir mit dem Geld der Steuerzahlersparsam umgehen und dass wir seriöse Politik machen.Wir haben es uns in diesen vier Jahren leisten können,neue Maßnahmen einzuleiten bzw. neue Ausgaben zubeschließen, und trotzdem haben wir die Neuverschul-dung massiv zurückgeführt. Wir haben uns finanzielleSpielräume erwirtschaftet, und diese haben wir auch ge-nutzt.Meine Damen und Herren, wie war denn die Aus-gangslage? Wenn sich Herr Steinmeier hier darüber er-regt, dass in der Regierungszeit der Kanzlerin 100 Mil-liarden Euro neue Schulden gemacht worden seien, dannhätte er sich an seinen Sitznachbar Steinbrück wendenmüssen: Der hat in einem Jahr gleich mal 86 MilliardenEuro neue Schulden machen wollen, 86 Milliarden in ei-nem, nicht in vier Jahren.
Für 2010 hatte Finanzminister Steinbrück 86 MilliardenEuro neue Schulden vorgesehen; das lässt sich im Haus-haltsplan nachlesen.
Nach 86 Milliarden Euro damals, vor vier Jahren, sindwir jetzt bei 6 Milliarden. Das ist eine Leistung! EinRückgang um 80 Milliarden – das hat noch keine Regie-rung geschafft, insbesondere keiner von denen, die heutein der Opposition sind, im Bund sowieso nicht, und inden Ländern machen Sie das Gegenteil.
Man braucht sich die Zahlen nur anzugucken: Im Jahr2014 werden wir einen strukturell ausgeglichenen Haus-halt vorlegen, im Jahr 2015 einen Haushalt ohne jeglicheNeuverschuldung – so etwas ist bisher noch nie erreichtworden –, und im Jahr 2016 beginnt die Rückzahlungder Schulden.
Das ist die Bilanz dieser Koalition, das ist die Bilanz,mit der wir vor die Wählerinnen und Wähler treten. DawsdbrudGzregIcnwworutanInh2mEteW1smlislidSaSuwk
Zeigen Sie mir ein Bundesland, in dem SPD oderrüne regieren – mit Baden-Württemberg gibt es ja in-wischen auch ein Bundesland, in dem die Grünen regie-n –, wo am Ende der Legislaturperiode weniger ausge-eben wird als am Anfang!
h kenne keins. Das liegt daran, dass SPD und Grüneicht sparen können. Sie können es nicht. Wir haben be-iesen, dass wir es können. Das ist die Bilanz, mit derir vor die Wählerinnen und Wähler treten.
Wir haben die Neuverschuldung zurückgeführt,bwohl in diesen vier Jahren externe neue Herausforde-ngen auf uns zugekommen sind: Wir haben den Kapi-lstock des ESM, des Europäischen Stabilitätsmecha-ismus, befüllt. Wir haben die Mittel der Europäischenvestitionsbank aufgestockt, damit sie armen Ländernelfen kann. Das waren zusätzliche Ausgaben von0 Milliarden Euro. Wir haben die Länder und die Kom-unen entlastet; auch das waren rund 20 Milliardenuro. Wir haben die Bürgerinnen und Bürger in den letz-n vier Jahren um rund 25 Milliarden Euro entlastet.ir haben den Beitrag zur Rentenversicherung auf8,9 Prozent gesenkt. Wir haben die Praxisgebühr abge-chafft usw. usf.Wir haben in diesen vier Jahren 13 Milliarden Euroehr für Bildung und Forschung ausgegeben, 13 Mil-arden zusätzlich. Wir haben in diesem Parlament ent-chieden, dass wir für Infrastrukturmaßnahmen 1,7 Mil-arden Euro mehr ausgeben. Sie sehen: Wir geben anen richtigen Stellen mehr Geld aus – weil wir uns diepielräume dafür erwirtschaftet haben – und sparen annderer Stelle.
Die kluge Politik von Angela Merkel und Wolfgangchäuble – im Parlament ergänzt durch Volker Kaudernd Rainer Brüderle – hat dazu geführt, dass wir uns et-as leisten und trotzdem die Verschuldung zurückführenönnen.
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30754 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Norbert Barthle
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Schauen wir uns nun an, was in den Ländern ge-schieht! Was erleben die Bürger in Baden-Württemberg?Da werden nicht nur die Schulden erhöht – 3,3 Milliar-den Euro mehr –; da werden die Gebühren erhöht, dieSteuern werden erhöht, und die Neuverschuldung wirderhöht. Das ist die Bilanz der Grünen in Baden-Württemberg, Herr Trittin. Was geschieht in NRW? Ge-nau dasselbe.
Ich komme zum Schluss. Meine Damen und Herren,dort, wo SPD oder Grüne regieren, wird mehr abge-zockt, mehr ausgegeben und werden mehr Schulden ge-macht.
Da, wo wir regieren, wird solide und seriös regiert.Danke.
Nächster Redner für die Fraktion der Sozialdemokra-
ten ist unser Kollege Johannes Kahrs. Bitte schön, Kol-
lege Johannes Kahrs.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undKollegen! Wir haben ja hier schon über einen längerenZeitraum eine Aktuelle Stunde, die wir beantragt haben.Es steht in der Tagesordnung: Aktuelle Stunde zu denAuswirkungen der Wahlversprechen der Bundeskanzle-rin. Es ist weder die Bundeskanzlerin noch irgendeinerder verantwortlichen Minister anwesend.
Es wäre reizend, wenn bei der Diskussion hier im Parla-ment – wir sind nun einmal der Souverän – die Bundes-kanzlerin und die zuständigen Fachminister zugegenwären.
Alles andere – das muss man auch einmal sagen – isteinfach Ausdruck mangelnden Respekts vor diesem Par-lament, und das ist unanständig.
Ich schätze den Kollegen Steffen Kampeter ja sehr.
AruAwruruWusinlefosnssEMP–inVsMfosbesb–im
uf die Sachebene hat er sich in seiner Rede auch nichtirklich verirrt.Schauen Sie sich einfach einmal an, wie diese Regie-ng hier präsent ist. Das zeigt auch, was diese Regie-ng von den Versprechen der Bundeskanzlerin hält.enn man diese Frage nicht diskutieren will, sich drücktnd feige in die Büsche schlägt, dann kann es eben nichto sein; dann hat man ein Problem.Schauen Sie sich des Weiteren einmal an, was dennnerhalb der CDU/CSU von den Vorschlägen der Kanz-rin gehalten wird. Dann wird es erst richtig interessant.So war in Spiegel Online zu lesen: „Unionspolitikerrdern Sonderparteitag von Merkel“. Denn bei Ihnenoll es keinen Parteitag geben, sondern einige Funktio-äre sollen das abnicken.Herr Schlarmann, der Vorsitzende der Unions-Mittel-tandsvereinigung, hat sich zu Wort gemeldet und ge-agt:Die Willensbildung einer Partei muss, ähnlich wiein jedem Verein, in den dafür vorgesehenen Gre-mien stattfinden. Und nicht in kleinen, intranspa-renten Führungszirkeln. Deshalb wäre es sinnvoll,über das Wahlprogramm und die Art des Wahl-kampfs, so wie unsere Mitbewerber, auf einem Par-teitag zu diskutieren.hrlich: Dazu kann man nicht viel sagen – außer: Derann hat recht.
Das sieht auch die FDP so; denn sie hat auch einenarteitag veranstaltet.
Das macht sich besser.Wenn man sich das anguckt, stellt man fest, dass mannerhalb der CDU/CSU gerne auch einmal über dieorschläge der Kanzlerin sprechen würde.Schauen wir uns einfach einmal an, um welche Vor-chläge es hier geht. Es gibt zum Beispiel Ärger über dieietpreisbremse – etwas, was wir Sozialdemokratenrdern, was wir richtig und gut finden und was den An-tieg der Mieten insbesondere in den Ballungszentrenegrenzen soll. Dann wird hier im Deutschen Bundestagin Gesetz beschlossen, in dem überhaupt nichts zu die-em Thema steht, obwohl wir es mehrfach gefordert ha-en.
Das Gegenteil steht drin. Carsten Schneider hat wiemer recht.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30755
Johannes Kahrs
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Jetzt haben wir folgendes Problem: Die Kanzlerinverspricht etwas, obwohl das Gesetz erst vor einigenWochen beschlossen wurde. Wir fragen uns alle, warumsie diese Eingebung nicht etwas früher hatte.Man muss sich einfach einmal anhören, was innerhalbder CDU zu dem Vorschlag der Kanzlerin gesagt wird.Da meldet sich der wirtschaftspolitische Sprecher derUnionsfraktion, Joachim Pfeiffer. Er wähnt Frau Merkelschon auf dem Weg in den Sozialismus. „Wohin das füh-ren kann, haben wir in der DDR auch gesehen“, sagte er.
So viel zum Thema Mietpreisbremse. Man weiß also,warum man keinen Parteitag zu dem Thema veranstaltet;denn das könnte peinlich werden.Wir haben uns als SPD dann hier hingestellt und ge-sagt: Natürlich kann man das alles versprechen. Das sindalles schöne Dinge. Es gibt viele Menschen, die davonpositiv betroffen sind. Das ist alles in Ordnung. DieFrage ist nur: Wie wird das gegenfinanziert?Wenn man diese Frage stellt, fangen die Kolleginnenund Kollegen von CDU und CSU an, mit großer Laut-stärke über die SPD, die Linke und die Grünen zu reden.Nur auf der Sachebene sind sie auf einmal ganz weitweg; denn es ist keine Gegenfinanzierung vorhanden.Dann werden wir kritisiert, weil wir konkrete Vorschlägezur Gegenfinanzierung dessen, was wir wollen, gemachthaben. Unseriöser geht es gar nicht mehr.Aber in solchen Fällen hat man ja einen Fraktionsvor-sitzenden. Das ist nicht nur bei der SPD so, sondern auchbei der CDU/CSU. Weil Herr Kauder ahnt, was auf ihnzukommt, hat er sich auch gleich gemeldet und gesagt– das fand ich immer ganz wunderbar –: Was wir in un-serem Wahlprogramm versprechen, steht unter einemFinanzierungsvorbehalt. – Das heißt also: Lasst doch dieMerkel versprechen, was sie will. Das sammeln wir so-wieso alles wieder ein. Sie kann sich ruhig den ganzenTagen hinstellen und irgendetwas erzählen. Wir werdendas nicht machen. Und deswegen brauchen wir auch kei-nen Parteitag.
Das ist unsolide und nicht reell, zeigt aber, wie weit esmit der Union gekommen ist.Abschließende Bemerkung: Dass gespart würde –diese Illusion wollen wir uns doch gleich mal nehmen.Wir hatten gestern den Fachminister de Maizière hier,der Hunderte von Millionen verschleudert hat und dannsagt, es ist gute Praxis in seinem Ministerium, denMinister nicht zu informieren. Na dann Glück auf!
Nächster Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für
die Fraktion von CDU und CSU unser Kollege Thomas
Strobl. Bitte schön, Kollege Thomas Strobl.
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ber wir werden selbstverständlich Prioritäten setzen.ir werden die Spielräume, die wir gemeinsam mit deneißigen Menschen in diesem Lande erarbeitet haben,ur Politikgestaltung nutzen.Was SPD und Grüne hingegen in ihren Wahlprogram-en versprechen, ist unglaubwürdig, ungerecht und füren Erhalt der Arbeitsplätze in unserem Lande ungemeinefährlich. Trotz guter wirtschaftlicher Entwicklung,otz staatlicher Rekordeinnahmen wollen Sozialdemo-raten und Grüne massiv Steuern erhöhen. Das müsse soein, so erzählen sie uns gerne, weil sie die Mitte deresellschaft entlasten wollten.Ich frage mich ernsthaft: Welche Mitte meinen Sie ei-entlich, wenn Sie dieses Wort in den Mund nehmen?enn Sie die Mitte der Gesellschaft entlasten wollten,ann hätten Sie das gemeinsam mit uns längst tun kön-en. Wir haben seit zwei Jahren in allen Branchenohnzuwächse. Aber Sie verhindern, dass diese Lohnzu-ächse bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmernnkommen. Sie verweigern im Bundesrat bei der Ein-ommensteuer die Anpassung an die Preisentwicklung.ie blockieren den Abbau der kalten Progression.
as ist Ihre erste Steuererhöhung für die Mittelschicht.ie trifft die Ehrlichen und Fleißigen. Das ist Ihre Politikegen die kleinen Leute.Aber es kommt noch besser, meine sehr verehrtenamen und Herren. Den Grundfreibetrag bei der Ein-ommensteuer haben Sie gemeinsam mit uns erhöht,eil das verfassungsrechtlich geboten war, aber dieazugehörende Anpassung des Einkommensteuertarifsaben Sie dann blockiert. Das Ergebnis ist: Der Tarifver-uf steigt jetzt noch viel steiler an, und zwar gerade beien kleinen Einkommen. Das ist Ihre Politik: Gegen dieeichen reden und bei den Kleinen und in der Mitte ab-assieren und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmerchröpfen.
as ist genau das Gegenteil von dem, was wir wollen.
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Thomas Strobl
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Ein Zweites. Steuererhöhungen, so die SPD und dieGrünen, müssten sein – das erzählen sie uns gerne –,weil sie ohne neue Schulden auskommen wollten. Ichweiß gar nicht, wo die SPD und die Grünen waren, alswir hier die Eckpunkte für den Bundeshaushalt beschlos-sen haben. Diese Bundesregierung legt für das nächsteJahr einen strukturell ausgeglichenen Bundeshaushaltvor.
Wenn es Ihnen beim Thema Schuldenabbau ernst wäre,dann hätten Sie doch längst dort, wo Sie regieren,
Ihren Worten Taten folgen lassen können.
Doch wie sieht die Wirklichkeit aus, Kollege Lange?In Nordrhein-Westfalen stehen Rot-Grün seit 2010 zu-sätzliche Steuereinnahmen in Höhe von 6 MilliardenEuro zur Verfügung, 6 Milliarden Euro mehr, als beimRegierungswechsel zu erwarten waren. In Baden-Würt-temberg sind es 4 Milliarden Euro zusätzliche Steuerein-nahmen.Und was passiert?
In Nordrhein-Westfalen haben Sozialdemokraten undGrüne dreimal in Folge einen verfassungswidrigenSchuldenhaushalt vorgelegt. Hannelore Kraft ist dieSchuldenkönigin in Nordrhein-Westfalen.
In Baden-Württemberg macht die grün-rote Landes-regierung allein im aktuellen Haushalt 3,5 MilliardenEuro Schulden. Man möchte planvoll bis zum Jahr 2020jedes Jahr zusätzliche milliardenschwere Schulden an-häufen, so sagen die Grünen in Baden-Württemberg.Winfried Kretschmann ist der Schuldenpräsident in Ba-den-Württemberg.Unionsgeführte Länder hingegen machen längst keineSchulden mehr. Bayern etwa plant den Abbau der altenSchulden. Das zeigt die Wirklichkeit: Nicht die SPD,nicht die Grünen, sondern die Union, diese Koalition ste-hen für eine solide Finanz- und Haushaltspolitik.
Nun, meine Damen und Herren, wollen wir zu einementscheidenden Punkt kommen. Da es heute um Wahlzu-sagen geht, schauen wir einmal das grüne Wahlpro-gramm an. Wofür brauchen Sie denn das Geld aus denvon Ihnen geplanten Steuererhöhungen? Sie wollenHartz IV erhöhen und zugleich die Sanktionen für Ar-beitsunwillige abschaffen. Das heißt: bedingungslosesGrundeinkommen. Trittin – er ist nicht mehr im Saal –macht die grüne Partei zu einer roten Partei. Sie wollendie Einkommen der Mittelschicht stärker besteuern undreichen das Geld nach Hartz IV durch. Und ausgerechnetSkNwAauMmAarüWWsteAuteDsnAVggswUda
un, wenn das Ihre soziale Gerechtigkeit ist, dann redenir gerne mit Ihnen über soziale Gerechtigkeit.
ber dann reden wir nicht nur über Hartz IV, sondernuch über Gerechtigkeit für nachfolgende Generationen
nd für Familien mit Kindern, über die Renten vonüttern und auch über die Gerechtigkeit für die, dieorgens um sechs auf den Wecker hauen, um sieben zurrbeit gehen und abends müde ins Bett fallen, weil esuch für sie eine soziale Gerechtigkeit gibt. Auch da-ber werden wir reden.
Darum geht es im September. Die Wählerinnen undähler werden dann dafür sorgen, dass Sie sich nach derahl weder beim Bundeshaushalt noch bei der Mittel-chicht bedienen können.
Nächster Redner für die Fraktion der Sozialdemokra-
n ist unser Kollege Anton Schaaf. Bitte schön, Kollege
nton Schaaf.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnennd Kollegen! So ein schäbiges Spiel habe ich ganz sel-n erlebt, und zwar in doppelter Hinsicht.
ie Kanzlerin war am Wochenende unterwegs und hatozialpolitische Vorschläge gemacht. Einige davon kön-en wir übrigens absolut nachvollziehen.
ber diese Koalition hier hat die Kanzlerin mit ihrenorschlägen heute in ihren Wortbeiträgen völlig alleineelassen. Keiner ist der Kanzlerin bei diesen Vorschlä-en beigesprungen, und niemand von Ihnen hat hier dar-tellen können, wie man diese Vorschläge finanzierenill.Ganz im Gegenteil! Der Fraktionsvorsitzende dernion hat am Montag bzw. Dienstag sofort gesagt: Ach,ie Kanzlerin kann vorschlagen, was sie will. Das stehtlles unter Finanzierungsvorbehalt. – Die Redner der
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30757
Anton Schaaf
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Koalition haben sich hierhingestellt und ausschließlichüber solide, ausgeglichene Haushalte diskutiert.Wenn man ehrlich miteinander ist, dann muss mandoch sagen: Um die Mütterrente für die Mütter, die vor1992 Erziehungszeiten hatten, anständig zu gestaltenund mit der Mütterrente gleichzustellen, die die Müttererhalten, die nach 1992 Erziehungszeiten haben, brauchtman 13,2 Milliarden Euro. Norbert Barthle, sag mir ein-mal, wo die 13,2 Milliarden Euro herkommen sollen.Dazu hat keiner der Rednerinnen und Redner der Koali-tion auch nur ein einziges Wort gesagt. Sie haben gesagt:Wir machen keine Schulden. Sie haben sogar gesagt:Wir senken die Steuern. Wir erhöhen nicht die Beiträge –Trotzdem wollen Sie 13,2 Milliarden Euro für die Müt-terrente irgendwo herhaben. Es ist schäbig, so zu argu-mentieren und zu agieren.
Da ich gerade bei der Wahrheit bin: Norbert Barthle,wenn ich mich recht entsinne, ging es um den Haushaltmit 86 Milliarden Euro Neuverschuldung, den PeerSteinbrück im Rahmen der Großen Koalition vorgelegthat.
Wer war denn da eigentlich haushaltspolitischer Spre-cher der Union?
Wer hat diesen Haushalt denn durchgehen lassen? Siewaren das, Norbert Barthle, und Ihre Fraktion war mitdabei.
Sie wissen auch genau, wie diese 86 Milliarden Eurozustande gekommen sind. Es ist schäbig, so zu argumen-tieren. Es ging natürlich darum, dass wir ein kommuna-les Investitionsprogramm brauchten, und es ging natür-lich darum, die Kurzarbeiterregelung zu verlängern.
Das war der Grundstein für den wirtschaftlichen Erfolg,den wir jetzt im Moment auch in diesem Lande haben.Deswegen ist es schäbig, so zu argumentieren.
Übrigens: Dieses Spiel zwischen FDP und Union jetztgerade ist auch bezeichnend. Um das einmal klipp undklar zu sagen: Das ist wirklich Wahlbetrug. Die Kanzle-rin versucht, die Wählerinnen und Wähler mit sozial-politischen Vorschlägen massiv einzuschläfern, und dieFDP hält wirtschaftsliberal komplett dagegen. Beideglauben, damit ihre Wählerklientel bedienen zu können.Aber das geht nicht mehr auf, und ich sage Ihnen auch,wieso nicht. Ich mache das einmal an einem Beispielfest.KEgFdSzpgwluhdvumgbututisrerekinoSSendliSLreuwstegOdlimsg
Ich möchte auf ein Wahlversprechen eingehen, dasie klammheimlich eingesammelt haben – damit habenie im Osten Wahlkampf gemacht und dafür sicherlichine Menge Stimmen im Osten der Republik kassiert –,ämlich die Ost-West-Angleichung der Renten. Was Siea in dieser Legislaturperiode gemacht haben, ist wirk-ch unanständig, um das einmal klipp und klar zu sagen.ie haben den Menschen gesagt, Sie würden in dieseregislaturperiode eine rentenrechtliche Angleichung er-ichen. Dieses Versprechen haben Sie klammheimlichnd nichtöffentlich eingesammelt. Die Menschen aberarten auf die Einlösung dieses Versprechens.Ich sage Ihnen, warum Sie dieses Versprechen einge-ammelt haben. Sie haben festgestellt, dass nur eine ren-nrechtliche Angleichung zwischen Ost und West nichteht; denn dann fällt den Menschen auf, dass Ihnen diestrentner nichts wert sind und Sie für sie kein Geld inie Hand nehmen wollen. Die Angleichung hätte 6 Mil-arden Euro gekostet. Da haben Sie sich überlegt: Dannachen wir lieber gar nichts. Dann merken die Men-chen im Osten nicht, dass wir sie über den Tisch gezo-en haben.
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30758 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Anton Schaaf
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Das, was die Kanzlerin vorgeschlagen hat, entsprichtgenau dem, was Sie mit diesem Koalitionsvertrag ge-macht haben: Sie wollen die Wähler hinter die Fichteführen. Nach dem 22. September sind Ihre Ankündigun-gen nichts mehr wert. Deswegen macht es absolut Sinn,dass ab dem 22. September Peer Steinbrück auf demStuhl des Kanzlers Platz nimmt und dass sich die Regie-rungskoalition ändert.
Letzter Redner in unserer Aktuellen Stunde ist für
die Fraktion von CDU/CSU unser Kollege Hans
Michelbach.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrtenKolleginnen und Kollegen! Es geht um die Zukunft. Esgeht insbesondere um die Erhaltung der Leistungsfähig-keit für unsere Menschen, für unseren Wirtschaftsstand-ort und für unser Land. Das ist die Voraussetzung.Man kann immer wieder schauen, welche Modelle,welche Konzepte am erfolgreichsten waren. Wir habenden Kraftakt der deutschen Wiedervereinigung mit demKonzept der zweiläufigen Finanzpolitik geschultert.Unter einem Finanzminister Theo Waigel haben wir ge-wissermaßen zweiläufig Haushaltskonsolidierung undWachstumsentwicklung als großes Ziel, als Konzept ver-folgt.
Dieses Konzept ist aufgegangen. Genau das müssenwir jetzt in der Wirtschafts- und Staatsschuldenkrise inEuropa wieder in Angriff nehmen. Zweiläufige Finanz-politik heißt: auf der einen Seite Haushaltskonsolidie-rung und auf der anderen Seite Nutzung der Wachstums-potenziale, die durch die fleißigen Menschen, durch dietüchtigen Betriebe in Deutschland zweifellos erreichtwerden.
Schon einmal haben wir bewiesen, dass wir durchWachstum weitere Spielräume erschließen können.Diese Spielräume dienen neben der Haushaltskonsoli-dierung dazu, die Menschen zu motivieren, die Men-schen an der Aufschwungdividende teilhaben zu lassen.Das ist wichtig.Auch haben wir das Problem, dass die Menschen beiihrer Arbeit immer mehr leisten müssen, aber der Fiskusdurch die kalte Progression brutal zuschlägt, weil auf-grund des Grenzsteuersatzes trotz Erhöhung des Ein-kommens nicht mehr viel übrig bleibt. Sie waren es– das gebe ich Ihnen für diese Legislaturperiode mitnach Hause –, die die Abschaffung der kalten Progres-sion, dieser heimlichen Steuererhöhung für den norma-len Arbeitnehmer, blockiert haben. Diese Wahrheit müs-sen Sie ertragen.WhShülekSScWdEslaDNuscudHEwElo
Wir haben immer wieder zurückzublicken.
ir haben 1998 trotz des Kraftaktes der deutschen Ein-eit eine Stabilisierung der Haushalte erreicht.
ie wissen, wie es weiterging: Nur wenige Jahre späterat Rot-Grün, nachdem Sie 1998 die Verantwortungbertragen bekommen haben, den Offenbarungseid ge-istet. Sie haben die Haushalte nicht mehr schulternönnen.
ie haben nicht mehr in Wachstum investieren können.ie haben nur noch neue Schulden gemacht. Jetzt ma-hen wir das Gegenteil.
ir versuchen durch die zweiläufige Finanzpolitik, 2013ie Finanz- und Wirtschaftskrise zu überwinden und dierfolgsstory fortzuführen, wie wir sie nach der deut-chen Einheit und der Wiedervereinigung hatten.
Die christlich-liberale Koalition hat in dieser Legis-turperiode viel für die Menschen, für unseren Standorteutschland erreicht.
un machen wir programmatisch deutlich, dass CDUnd CSU die politische Kraft für soziale Marktwirt-chaft, für Stabilität, für Wachstum, für gesellschaftli-hen Zusammenhalt
nd die Chancen auf Aufstieg sind. Es geht letzten En-es um Wachstum statt Stillstand, meine Damen underren.
s geht um Investitionen statt rot-grüner Zukunftsver-eigerung.
s geht um Vollbeschäftigung oder wieder mehr Arbeits-sigkeit.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30759
Dr. h. c. Hans Michelbach
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Es geht um Steuervereinfachung oder Steuererhöhungendurch Rot-Grün.
Das sind die Alternativen, die die Menschen kennenmüssen. Wir machen den Menschen ein klares Angebot.
Die Leute können deutlich sehen, wo die Unterschiedesind. Sie wollen die Menschen bevormunden.
Wir wollen den Menschen mehr Freiraum geben.
Sie wissen am besten, was sie mit ihrem erarbeitetenGeld anfangen können. Sie brauchen die notwendigenFreiräume, um selbst zu investieren, um selbst zukaufen, und nicht eine staatliche BevormundungspolitikIhrer Genossen.
Die wollen die Menschen in Deutschland nicht.
Deswegen sage ich Ihnen: Sie entwerfen ein rot-grünes Horrorszenario bei den Steuern. Sie überforderndie Steuerzahler. Auf breiter Front soll es Steuererhö-hungen geben.
Sie wollen die Erbschaftsteuer verdoppeln. Damit ver-nichten Sie die Mittelstandsarbeitsplätze. Sie wollen dasEhegattensplitting abschaffen. Sie wollen die niedrige-ren Mehrwertsteuersätze erhöhen.
Sie wollen auf breiter Front abkassieren, wie Sie es im-mer gemacht haben, und dann verteilen, weil Sie nurglücklich sind, wenn Sie Verteilungspolitik machen kön-nen. Das ist der falsche Ansatz für Deutschland.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind am Ende
unserer Aktuellen Stunde angelangt und kommen zum
nächsten Tagesordnungspunkt.
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mehr auffindbar oder zum Teil aufgrund des Ablaufs derüblichen Aufbewahrungsfristen bereits vernichtet.Heute debattieren wir über den Abschlussbericht. Wieder Presse zu entnehmen war, wurde Einigkeit über ei-nen einheitlichen Feststellungs- bzw. Bewertungsteilnicht erzielt. Bezüglich der Bewertung der verschiede-nen Fraktionen war das fast zu erwarten. Während dieKoalitionsfraktionen es als erwiesen ansehen, dass derStandort Gorleben allein nach wissenschaftlichen Krite-rien ausgewählt wurde, und immer wieder daraufhinweisen, dass bis heute keine wissenschaftlichen Er-kenntnisse vorliegen, die die Eignungshöffigkeit desSalzstocks infrage stellen, sehen die Oppositionsfraktio-nen ihre Vorwürfe bestätigt, die Auswahlkriterien seienje nach Erkundungslage angepasst worden und manhabe, um den für den Betrieb der Kernkraftwerke not-wendigen Entsorgungsnachweis erbringen zu können,diesbezüglich immer wieder nachgesteuert. Ich bin da-von überzeugt, dass die Rednerinnen und Redner derFraktionen das im Detail nachweisen werden.Wir haben es also trotz gemeinsamer, wenn auch ins-besondere zu Beginn sehr kontroverser Arbeit im Aus-schuss nicht geschafft, einen gemeinsamen Feststel-lungsteil vorzulegen, also eine gemeinsame Grundlageaus Fakten, die wir erhoben haben, zu schaffen. Das hatmich enttäuscht, hat mir aber deutlich vor Augen ge-führt, wie tief die Gräben sind, wie unüberwindlich dasgegenseitige Misstrauen ist und wie sehr die Brille, dieein jeder aufhat, die eigene Sichtweise prägt. Wenn wiraber ergebnisorientiert nach einem Endlager suchen wol-len – das müssen wir tun, um unserer Verantwortung ge-recht zu werden –, dann müssen wir einen Neuanfangwagen. Im Ausschuss hat sich übrigens gezeigt, dass dieanderen Bundesländer, als der Schwarze Peter in Formeines benannten Erkundungsstandorts erst einmal inNiedersachsen lag, überhaupt nicht mehr bereit waren,Verantwortung in Bezug auf die Nuklearentsorgung zuübernehmen.Nun gibt es den Bund-Länder-Konsens zum Endla-gersuchgesetz. Erstmals gibt es wieder Offenheit in die-ser Frage. Wir müssen jetzt – das ist meine Überzeu-gung; das sollten wir aus dem Untersuchungsausschussgelernt haben – die Gunst der Stunde nutzen, das neueGesetz noch in dieser Legislaturperiode zu verabschie-den.
Wer nun wirklich wissen will, wie es war, der kannmit dem Abschlussbericht des 1. Untersuchungsaus-schusses auf ein umfassendes Werk zurückgreifen, umsich selbst ein Bild von den Entscheidungsprozessenrund um den Standort Gorleben zu machen. Der Berichtumfasst rund 1 700 Seiten. Auf einer Begleit-CD werdenin Kürze sämtliche stenografischen Protokolle der Zeu-genvernehmung und der Sachverständigenanhörung so-wie ausgewählte Dokumente – 123 an der Zahl – zurEinsichtnahme zur Verfügung stehen. Das alles wirdman auch auf den Internetseiten des Deutschen Bundes-tages einsehen können. Kopien der Beweismaterialiensollen gemäß einem Ausschussbeschluss mindestens biszum Ende der 19. Wahlperiode im Parlamentsarchiv zurEinsichtnahme zur Verfügung stehen.fePkmdKBBdsdfeEudKAtrhsddgdwlehaleZsatrMgushauoNisleuds
Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Flachsbarth. –
ächste Rednerin für die Fraktion der Sozialdemokraten
t unsere Kollegin Frau Ute Vogt. Bitte schön, Frau Kol-
gin Ute Vogt.
Danke schön, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnennd Kollegen! Liebe Kollegin Flachsbarth, ich will michem Dank anschließen, nicht nur dem an das Ausschuss-ekretariat, sondern auch ausdrücklich dem an die Mitar-
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Ute Vogt
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beiterinnen und Mitarbeiter der Fraktionen, aber natür-lich auch dem Dank an alle, die diesen Ausschussbegleitet haben. Der Dank gilt auch denjenigen imWendland und den Mitarbeitern von Greenpeace, die unsviel Unterstützung gegeben haben, wenn es darum ging,die Fakten für diesen Untersuchungsausschuss zusam-menzutragen.Ich will gerne ausdrücklich die Frau Vorsitzende inden Dank einbeziehen; wie Sie sagten, haben wir uns,zumindest was Sie als Vorsitzende angeht, nach anfäng-lichen Schwierigkeiten zusammengerauft. Sie haben denAusschuss fair geleitet und so, dass alle berücksichtigtwurden. Es ist also eine versöhnliche Stimmung, sehrschön.
Es ist auch gut, wenn die Einsicht Platz greift, dass esrichtig und vor allem notwendig war, dass der Umwelt-minister Sigmar Gabriel im Jahr 2009 mit einem erstenkritischen Bericht zu diesem Untersuchungsausschussüberhaupt erst den Anstoß gegeben hat. Ich kann Ihnenauch nicht ersparen, darauf hinzuweisen, dass es IhreBundeskanzlerin war, die damals sehr viel dafür getanhat, einen kritischen Bericht über Gorleben zu verhin-dern. Wäre sie damals schon souveräner und einsichtigergewesen, hätte es einen Untersuchungsausschuss in die-ser Form gar nicht gebraucht.
Wir sind heute an einem Punkt, an dem wir alle bereitsind, aus den Fehlern zu lernen, zumindest fast alle.Aber ich will nicht darüber hinwegsehen, dass es dochein schwieriger Start war, der auch seine Auswirkungenauf das Ende hatte. Die Tatsache, dass wir uns noch nichteinmal auf einen sachlichen Feststellungsteil einigenkonnten, zeigt doch, dass jedenfalls der größere Teil derMehrheit im Ausschuss selbst nach dem Atomausstiegnoch die Schlachten von gestern geschlagen hat.
Im Berichtsteil der Union und der FDP kann man zumBeispiel auf Seite 587 lesen, dass das Auswahlverfahrendes Bundes und der Niedersächsischen Landesregierungvorbildlich gewesen sei und Maßstäbe gesetzt habe. MitVerlaub: Das stimmt weder heute, noch stimmte es nachdem damaligen Stand von Wissenschaft und Technik.
Aber es passt in die politische Linie, die leider die Arbeitim Ausschuss auch nach Ihrer Erkenntnis zum Atom-ausstieg geprägt hat.Ein Teil des Ausschusses hatte und hat bis zumSchluss nur sehr beschränkten Aufklärungswillen bewie-sen. Der Kollege Grindel zum Beispiel hat schon zuAnfang des Ausschusses, im April des Jahres 2010,durch einen Namensartikel Schlagzeilen provoziert, dielaBssedted1pSewdnsneddsHanlilie1nEvüsgS4bwbVimDismuv
Auch die frühere Umweltministerin Angela Merkeleß in den 90er-Jahren kritische Stimmen außen vor undrhörte lieber die Stimmen der Atomindustrie. Nach997 wurde der Salzstock aufgrund ihres Entscheidsicht mehr entlang wissenschaftlicher Erkenntnisse undrfordernisse erkundet, sondern nur noch entlang derorhandenen Salzrechte. Ein Verfahrensweg, der – wenberrascht es? – der Atomindustrie immerhin eine Er-parnis von 365 Millionen D-Mark gebracht hat. Zu-leich wurde die Öffentlichkeit getäuscht, indem einealzstudie veröffentlich wurde, in der bundesweit1 Salzstöcke untersucht, aber am Ende nicht mit Gorle-en verglichen wurden. Trotzdem hat die damalige Um-eltministerin und heutige Kanzlerin verkündet: „Gorle-en bleibt erste Wahl.“ Sie hat so getan, als hätte einergleich stattgefunden. Auch diese Täuschung konnte Ausschuss nicht widerlegt werden.
Obwohl in dieser Zeit bereits bekannt war, dass daseckgebirge nicht ausreichend stark ist, obwohl bekanntt, dass die Gorlebener Rinne Wasserzufluss ins Salz er-öglicht,
nd obwohl wir im Ausschuss erörtert haben, dass Gas-orkommen unter dem Salzstock eine zusätzliche Ge-
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30762 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Ute Vogt
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fährdung darstellen, trotz dieser Erkenntnisse, die es seitvielen Jahren gibt, hat man weiter unbeirrt an der Erkun-dung festgehalten.Verheerend am Verfahren ist nicht nur, dass kritischeWissenschaft ignoriert wurde, sondern auch, dass dieKriterien den Erkundungsergebnissen angepasst wordensind.
War zum Beispiel ein ausreichendes Deckgebirge überdem Salzstock zu Beginn noch ein wichtiges Kriteriumfür die Sicherheit des Standortes, war dies, nachdemman festgestellt hat, dass das Deckgebirge durchlässigerist als erwartet, auf einmal keine notwendige Vorausset-zung mehr.Im Ergebnis jedenfalls steht fest: Der Standort Gorle-ben ist politisch, juristisch und auch wissenschaftlich de-legitimiert. Eine unbelastete Erkundung wird an diesemStandort nicht mehr erfolgen. Wenn wir ihn trotzdem insSuchverfahren einbeziehen, dann deshalb, weil wirRechtssicherheit wollen, vor allem aber auch, weil es derAkzeptanz der anderen Bundesländer bedarf. Deshalb istes das Mindeste, dass wir gegenüber den Bürgerinnenund Bürgern in Gorleben deutlich machen, dass für unsunzweifelhaft feststeht, dass bei einem neuen Verfahrenweitere Transporte von Atommüll nach Gorleben unter-bleiben und andere Bundesländer endlich ihre Verpflich-tung ernst nehmen und ihre Bereitschaft erklären müs-sen, auch Atommüll, an dem sie vorher verdient haben,aufzunehmen.
Wir haben heute die Verantwortung, aus den Fehlernder Vergangenheit zu lernen. Ich hoffe, dass die Bereit-schaft, sich dieser Verantwortung zu stellen, in den Rei-hen der Koalition nicht nachlässt; denn wir sind es denkommenden Generationen schuldig, ihnen nicht denMüll vor die Füße zu kippen, sondern das Problem einerLösung zuzuführen und zu verhindern, dass irgendwannin ferner Zukunft jemand auf die Idee kommen könnte,ein Müllexport könnte unser Problem lösen. Wir sindhier in der Verantwortung, und wenn dieser Ausschusseinen Sinn hatte, dann den, dass alle Beteiligten erken-nen mussten, dass es notwendig ist, gemeinsam die Su-che nach einem alternativen Standort zu beginnen. Ichbin zuversichtlich, dass wir eine Lösung noch in dieserLegislaturperiode auf den Weg bringen.
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächste Rednerin in
unserer Aussprache ist für die Fraktion der FDP unsere
Kollegin Frau Angelika Brunkhorst. Bitte schön, Frau
Kollegin Angelika Brunkhorst.
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Mir ist bewusst, dass die Verschwörungstheorie, imisherigen Erkundungsprozess sei politisch manipuliertorden, sinnstiftend ist, besonders für die Partei derrünen. Offenbar stand für die Grünen sehr schnell fest,ass der Untersuchungsausschuss erbracht hat und klarnd deutlich aufzeigt, dass die Entscheidung für Gorle-en politisch motiviert war. Denn bereits im November010, ein halbes Jahr nach Konstituierung des Ausschus-es, haben sie das auf ihrem Parteitag schon konstatiert.ich wundert heute noch, dass das bei den Grünen sochnell ging;
ir haben insgesamt drei Jahre gebraucht. Ich fand dasicht besonders gut.Jede Leserin und jeder Leser hat mit Vorliegen desbschlussberichts die Möglichkeit, diesen durchzulesennd zu sehen, dass das objektiv nicht wahr ist. Sie wer-en auch merken, dass die Argumentation der Opposi-on nicht schlüssig ist, dass die rudimentären Versucheer Beweisführung völlig misslungen sind.
Der Ausschuss war umsonst, aber selbstverständlichar er nicht kostenlos. Er hat mehrere Millionen Euroerschlungen. Das muss man an dieser Stelle auch ein-al sagen. Der Aufwand stand in keinem Verhältnis zumtsächlichen Nutzen.
Meine Damen und Herren, Aufgabe eines Untersu-hungsausschusses ist die parlamentarische Betrachtungnd Bewertung abgeschlossenen Regierungshandelns.er Untersuchungsausschuss hat nicht geprüft, ob deralzstock Gorleben geeignet ist.
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Angelika Brunkhorst
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– Ja, ja. – Kern des Auftrags des Untersuchungsaus-schusses war es, zu untersuchen, ob der Vorwurf stimmt,dass von der damaligen Regierung unter BundeskanzlerHelmut Kohl auf die Physikalisch-Technische Bundes-anstalt, PTB, im Jahr 1983 Druck ausgeübt wurde, denZwischenbericht zu ändern. Dieser Vorwurf konnte klarwiderlegt werden. Es gab keine politische Manipulation.
Der PTB-Zwischenbericht sollte der Bundesregierungdamals als Entscheidungsgrundlage für die Frage die-nen, ob der Salzstock auch untertägig erkundet werdenkann, ob er die Voraussetzungen dafür mitbringt. DieseFrage hat die PTB damals ganz klar mit Ja beantwortet.Richtig ist, dass es PTB-intern auch Erwägungen gab,weitere Standorte neben Gorleben zu erkunden. Andersals die Opposition suggeriert, ging es aber nie um dieSuche nach alternativen Standorten.
Diskutiert wurde die Erkundung zusätzlicher Stand-orte. Die Eignungshöffigkeit des Salzstocks wurde vonder PTB nicht infrage gestellt. Bereits die Bundesanstaltfür Geowissenschaften und Rohstoffe, BGR, und dieDeutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endla-gern, DBE, die an der Erstellung des PTB-Zwischen-berichts mitgearbeitet haben, sagten zum damaligenZeitpunkt: Die Erkundung zusätzlicher Standorte machtzu diesem Zeitpunkt keinen Sinn. Sollte sich Gorlebenals nicht geeignet darstellen, haben wir auf jeden Fall dieMöglichkeit, relativ schnell auch andere Standorte zu er-kunden.Erinnern Sie sich, meine Damen und Herren, gehenSie auf der Zeitschiene 35 Jahre zurück: Nach der Öl-krise, Ende der 70er-Jahre, hatte die damalige Bundesre-gierung unter Kanzler Helmut Schmidt, SPD, auf denAusbau der Kernenergie gesetzt. Er wollte im Endeffektcirca 50 Kernkraftwerke in Betrieb nehmen. Die Ge-schichte zeigt uns heute, dass nicht einmal die Hälfte da-von gebaut wurde. Damals bestand die Sorge, dass derSalzstock Gorleben alleine zu klein wäre, um die anfal-lenden radioaktiven Abfälle aufzunehmen. Aus diesementsorgungspolitischen Grund hatte damals ProfessorHelmut Röthemeyer als verantwortlicher Wissenschaft-ler der PTB weitere Standorte diskutiert, allerdings nie-mals aufgrund sicherheitstechnischer Bedenken.Es war die feste Leitlinie der damaligen christlich-li-beralen Bundesregierung und der sie tragenden Fraktio-nen, dass eine verantwortungsvolle Nutzung der Kern-energie immer im Gleichklang mit einer sicherenEntsorgung der radioaktiven Abfälle stehen muss. Des-wegen haben wir die Endlagerfrage auch zügig klärenwollen. Davor schon hatte die sozial-liberale Koalition1976 mit der Vierten Novelle zum Atomgesetz den wei-tenag2gkclaÄdddnzwwGmnbdgSdFEMSFsE
Von Gorleben-Gegnern und auch von der Oppositionird gebetsmühlenartig behauptet, dass der Salzstockorleben wegen seines mangelhaften Deckgebirges nie-als geeignet sein könnte. Von der PTB wurde die Eig-ungshöffigkeit trotz angeblicher Mängel im Deckge-irge bestätigt. Anders als die Opposition es darstellt, istie Gorlebener Rinne aus wissenschaftlichen Erwägun-en heraus kein K.-o.-Kriterium für ein Endlager imalzstock. Ich zitiere den Zeugen Professor Röthemeyer,
er jahrzehntelang verantwortlicher Abteilungs- undachbereichsleiter der PTB und später auch des BfS war.
r hat am 10. Juli 2010 gesagt – ich zitiere –:Die Gorlebener Rinne kann auch als natürlichesLangzeitexperiment bewertet werden. Die Natur hathier unter extremen Belastungen und dynamischenBedingungen das Isolationspotenzial des Salzstocksauf seine Langzeitwirkung getestet, und das mit ei-nem ganz eindeutigen Ergebnis. Trotz des vielfälti-gen geologischen Geschehens, welches im Verlaufvon über 200 Millionen Jahren im Deckgebirge undan der Erdoberfläche stattgefunden hat, sind diebisher im Salzstock untersuchten Gesteine in ihremmineralogischen und auch chemischen Stoffbestandpraktisch unverändert geblieben. Auch für dieZukunft ist davon auszugehen, dass die über der840-Meter-Sohle, die zurzeit aufgefahren ist, la-gernden Steinsalzschichten noch für über 8 Millio-nen Jahre ihre Barrierenfunktion behalten werden.it anderen Worten: Seit 250 Millionen Jahren ist dieseralzstock an der zu untersuchenden Stelle unverändert.Der Salzstock wurde nicht willkürlich ausgewählt;rau Flachsbarth hat das bereits dargestellt. Die Ent-cheidung für den Salzstock Gorleben als vorläufigenrkundungsstandort für ein mögliches Endlager im Jahr
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30764 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Angelika Brunkhorst
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1977 ist nachvollziehbar, schrittweise und nach wissen-schaftlich abgesicherten Kriterien erfolgt. Es gab dasAuswahlverfahren der KEWA, der Kernbrennstoff-Wiederaufbereitungs-Gesellschaft, die im Auftrag desBundesforschungsministeriums gewirkt hat. Es gab dasunabhängige Verfahren des Interministeriellen Arbeits-kreises aus Niedersachsen, des IMAK. Der IMAK gingseinerzeit von 140 Salzstöcken aus. Auf der Grundlageverschiedener Kriterien – Salzstockgröße, Teufenlageusw. – wurden 14 Salzstöcke als möglicherweise geeig-net identifiziert. Bei der Auswahl des Standorts wurdendann Kriterien angelegt, die auf der Grundlage von Be-wertungsdaten zur Ermittlung von Kernkraftwerksstand-orten entwickelt worden waren. Der Salzstock Gorlebenwar nach den damals anzulegenden Kriterien ein geeig-neter Standort.Zur Öffentlichkeitsbeteiligung. Heute, über 30 Jahrespäter, haben wir andere Maßstäbe; das ist klar. Die Bun-desregierung hat aber für damalige Verhältnisse durch-aus Maßstäbe in der Öffentlichkeitsarbeit gesetzt. Es gabin den Jahren 1981, 1982 und 1983 drei große Informa-tionsveranstaltungen des Bundesministeriums für For-schung und Technologie. Die Ergebnisse wurden in dreiBänden mit dem Titel Entsorgung publiziert. Es gab eineGemeinsame Informationsstelle des Bundes und desLandes Niedersachsen in Lüchow bzw. in Gatow. Vonder PTB wurden Vorträge von Wissenschaftlern in derbetroffenen Region organisiert und durchgeführt. DerPTB-Zwischenbericht wurde veröffentlicht, und es gabweitere, teilweise sehr detaillierte Veröffentlichungenund Formate der PTB: PTB aktuell, PTB-Infoblatt undPressemitteilungen.
Frau Kollegin, das blinkende Licht ist kein Sympa-
thiezeichen.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Auch die
Gorleben-Kommission war eingebunden. Darin saßen
demokratisch legitimierte Kommunalpolitiker.
Wenn ich überhaupt einen Benefit des Parlamentari-
schen Untersuchungsausschusses feststellen kann, dann
liegt er darin, dass die Diskussion um Gorleben als Er-
kundungsstandort historisch aufgearbeitet wurde und
dargelegt wurde, dass die Wissenschaftler und Fach-
beamten damals integer waren und sich nicht hätten ma-
nipulieren lassen.
Ich danke allen, die an der Arbeit des Parlamentari-
schen Untersuchungsausschusses so fleißig mitgewirkt
haben.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
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eren Berufsleben darin bestand, Gorleben gegen alleedenken als Standort durchzuboxen. Ich gestehe gerneu: Es fällt jedem schwer, auch Politikern, Beamten oderissenschaftlern, lebenslange Überzeugungen, eigenerbeitsleistungen und eigenes Handeln mit ein bisschenbstand kritisch zu hinterfragen und die Überzeugungenegebenenfalls über Bord zu werfen. Aber dennoch:usreichend ist das nicht.Ich möchte einige Beispiele geben; einige hat dieollegin Vogt schon vorweggenommen. Im Koalitions-ericht heißt es, die Auswahlverfahren im Jahr 1977eien „auch aus heutiger Sicht geradezu beispielhaft undrtschrittlich“ gewesen, sie seien „vollständig dem Pri-at der Sicherheit“ gefolgt. Schaut man sich einmal an,as damals als „Primat der Sicherheit“ galt, sieht man,ass die geringe Bevölkerungsdichte rund um Gorlebenemeint war. Wenige betroffene Menschen im damali-en Zonenrandgebiet waren wohl das wichtigste Um-eltkriterium, und für die Koalition – das finde ich er-chreckend – gilt das auch aus heutiger Sicht immeroch als fortschrittlich. Gorleben als heilige Kuh! Aber)
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30765
Dorothée Menzner
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geologische Eignung ergibt sich nicht durch man-tramäßiges Wiederholen, und Bürgerbeteiligung undTransparenz kann man auch nicht im Nachhinein her-stellen.
Dass Gorleben 1977 Ergebnis eines Auswahlverfah-rens des Bundes gewesen sein soll, ist eine oft wieder-holte, aber dennoch falsche Behauptung. Eine derartigeStudie fanden wir in den 2 800 Akten nicht. Schließlichstellte sich heraus, dass sich die Koalition mit ihrerBehauptung, Gorleben sei Ergebnis eines Auswahlver-fahrens, auf ein undatiertes Arbeitspapier ohne nach-vollziehbare Herkunft stützte. Es hat zwar ein Auswahl-verfahren gegeben, aber da kam nicht Gorleben heraus,sondern drei andere Standorte, die dann aber wegen derlokalen Gegenwehr der Bevölkerung, auch aus Reihender CDU-Mitgliedschaft, fallengelassen wurden.Es gibt weitere Beispiele, die ich aus Zeitgründen lei-der nicht alle ausführen kann. Lassen Sie mich aber nochetwas zu dem Bericht der Opposition sagen. Man kannauf 650 Seiten nachlesen, was die Koalition nicht begrei-fen will: Über Jahrzehnte fehlte ein echtes Konzept fürdie Lagerung des gefährlichsten Stoffes, den die Mensch-heit je hervorgebracht hat. Das ist eine Verantwortungs-losigkeit, die ihresgleichen sucht. Gorleben war das Er-gebnis von Männerbünden zwischen Regierungsstellenund Atomindustrie, das Ergebnis von Kungelei undMachbarkeitswahn. An Gorleben kann man studieren,wie man es nicht macht.
Ich bedauere schon, dass wir uns mit SPD und Grü-nen auf den letzten Metern nicht auf eine Schlussfolge-rung einigen konnten – 650 Seiten haben wir gemeinsamgeschafft –, die lauten muss: Gorleben muss raus aus ei-nem neuen Verfahren.
Wir müssen aus Fehlern lernen. Aus Fehlern lernenhieße, so schnell wie möglich aus der Atomkraft auszu-steigen und nicht weitere neun Jahre Atommüll zuproduzieren. Aus Fehlern lernen hieße, den ZankapfelGorleben aus dem Verfahren zu nehmen; denn er ist geo-logisch ungeeignet und politisch verbrannt.
Aus Fehlern lernen hieße, keine Vorfestlegung aufgeologische Tiefenlagerung zu treffen, sondern vorabdie Rückholbarkeit der Abfälle oder auch die oberflä-chennahe Lagerung intensiv zu prüfen. Aus Fehlern ler-nen hieße, eine von der Industrie und sonstigen Interes-sen vollkommen unabhängige Forschung im Bereich desVerbleibs von Atommüll zu gewährleisten.
Aus Fehlern lernen hieße, einen wirklichen Neuan-fang zu machen, indem man Entscheidungswege neuund transparent gestaltet, Bürgerbeteiligung von BeginnaadesbtreliFdtäzacti–flleRdKnBbuSe–adDDhdGlaskss
Sylvia Kotting-Uhl hat jetzt das Wort für Bündnis 90/
ie Grünen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!er Satz, den wir im Untersuchungsausschuss sicher amäufigsten gehört haben, lautete: „Vor der Hacke ist esuster.“ Die Konsequenz aus dieser Erkenntnis heißt:raben bringt Durchblick. Also haben wir drei Jahreng gegraben, um uns Durchblick zu verschaffen. Die-er Durchblick mit dem Blick nach hinten war nicht ver-ehrt, Herr Grindel; denn es stimmt eben nicht, wie sieo schön gesagt haben, dass dieser Untersuchungsaus-chuss der teuerste, überflüssigste und längste in der Ge-
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Sylvia Kotting-Uhl
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schichte gewesen sei. Vielleicht war er der teuerste undder längste. Das kann ich nicht beurteilen; denn ich binkeine Dauer-Parlamentarierin. Der überflüssigste war erganz sicher nicht.
Es ist kein Zufall, dass es so gut geglückt ist, jetzt einEndlagersuchegesetz – inzwischen heißt es „Standort-auswahlgesetz“ – mit einem breiten Konsens auf denWeg zu bringen. Als Baden-Württembergerin sage ich:Die Regierungsübernahme in Baden-Württemberg unddie Bereitschaft allein hätten wahrscheinlich nicht ge-reicht. Dazu brauchte es noch das Puzzlesteinchen „Un-tersuchungsausschuss Gorleben“. Das gemeinsam hatdazu geführt.
Was ist die Lehre aus Gorleben? Schauen wir noch ein-mal zurück: Was waren die Dinge, die aus heutiger Sichtmindestens nicht gut gelaufen sind? Für die bisherigen– das gilt bis heute – Standortsuche- und -erkundungsver-fahren gab es keine Regelung über den Verfahrensablauf.Die Entscheidungsträger passten Standortsuche undStandorterkundung den jeweiligen politischen, rechtli-chen und finanziellen Gegebenheiten an. Sie waren nichtdas Ergebnis einer planvollen, vorausschauenden Vorge-hensweise. Mehrere Fälle von Einflussnahme konntennachgewiesen werden.
Die zentralen Entscheidungen der bisherigen Endla-gersuche und -erkundung sind unter Ausschluss derÖffentlichkeit getroffen worden. Da immer noch bestrit-ten wird – auch Frau Brunkhorst hat das gerade nocheinmal getan –, dass es Einflussnahme gab, will ich dasBeispiel von 1983 noch einmal mit einem Zitat beleuch-ten. Bereits zum Zeitpunkt der Vorauswahl und Auswahldes Standortes Gorleben wäre nämlich nach damaligemStand von Wissenschaft und Technik eine Alternativen-prüfung notwendig gewesen. Bereits damals hätten Aus-wahl und Erkundung in einem atomrechtlichen Verfah-ren stattfinden müssen. Aus politischen Gründen sinddiese wissenschaftlichen und technischen Anforderun-gen nicht eingehalten worden. Die Einflussnahme aufden Bericht der Physikalisch-Technischen Bundesanstaltim Jahr 1983 ist nur ein – allerdings sehr wichtiger –Vorgang in dieser Prozesslogik.Die Empfehlung dieses Berichtes war ursprünglich,Frau Brunkhorst, zusätzlich Alternativen – das heißtweitere Standorte – zu erkunden. Diese Empfehlungmusste gestrichen werden. Herr Röthemeyer, der am1. Juli 2010 als Zeuge vor dem Untersuchungsausschussausgesagt hat, sagte – jetzt kommt das wörtliche Zitat –:„Ja, man musste das als Weisung der Bundesregierungverstehen.“ – Was brauchen Sie denn noch? Ich verstehedas nicht. Das ist doch eine Verleugnung der Geschichte,wenn Sie sich heute hinstellen und sagen: Es gab keineEinflussnahme, es gab keine Manipulation. – Selbstver-ständlich gab es Einflussnahmen.DlesdwssaSusWsDweShfüdwchbeglisgddEshBreensgv
as war aus damaliger Sicht der Bundesregierung viel-icht sogar verständlich. Man kann Ihnen aber wahr-cheinlich zehnmal schriftlich das vorhalten, was vonen damals betroffenen Menschen gesagt wurde: Sieerden dann immer noch Nein sagen, genauso wie Sieagen, das sei der überflüssigste Untersuchungsaus-chuss der Geschichte gewesen.Des Weiteren kommen Sie in Ihrem Koalitions-bschlussbericht zu der unglaublichen Erkenntnis, dieuche sei sogar aus heutiger Sicht geradezu beispielhaftnd fortschrittlich gewesen. Das ist – ich muss Ihnen dasagen – eine weitere Verhöhnung der Menschen imendland. Genau diese Dinge führen zu Politikverdros-enheit.
as haben Sie sich wegen solcher Äußerungen vorzu-erfen.Die Lehren aus Gorleben sind klar. Wir brauchen fürine erneute erfolgreiche Suche – überhaupt einmal eineuche – den Maßstab absoluter Orientierung an Sicher-eitskriterien. Ein Vergleich ist nötig; denn Sicherheitr 1 Million Jahre lässt sich aus heutiger Sicht schwerefinieren. Das heißt, wir brauchen den Vergleich, weilir das im Vergleich Sicherste suchen müssen. Wir brau-hen Transparenz und Partizipation. Am Wochenendeaben wir gelernt, dass wir alle noch viel zu lernen ha-en, wie ein Beteiligungsangebot aussehen muss, damits angenommen wird. Lernen müssen aber auch diejeni-en, die dieses Angebot annehmen sollen, die es eigent-ch auch annehmen wollen. Die Zivilgesellschaft insge-amt hat da noch einiges vor sich. Deshalb finde ich esut, dass eine Kommission eingerichtet werden soll, iner Vertreter der Zivilgesellschaft, der Wissenschaft under Politik, die anschließend die Verantwortung für dientscheidung trägt, gemeinsam Entscheidungen in die-er wichtigen Frage auf den Weg bringen wollen.Ja, die Zeiten haben sich geändert. Wir braucheneute eine andere Form der Bürgerbeteiligung. Aberergrecht anstelle des Atomrechts im Gorleben-Verfah-n einzusetzen, nur um sich eine Bürgerbeteiligung zursparen, diese Entscheidung war auch schon damalsicht ganz auf der Höhe der Zeit.
Weil die eigentlichen Kampfredner erst nach mirprechen und, wie ich vermute, zumindest Herr Paulleich sagen wird, dass die Eignungshöffigkeit schonon Rot-Grün festgestellt wurde
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Sylvia Kotting-Uhl
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– richtig, wusste ich es doch –, möchte ich, um Ihnengleich den Vorwurf zu ersparen, dass Sie wieder nur dieHälfte zitieren, vollständig aus dem damaligen Vertragzitieren, der – auch das darf man nicht vergessen – eineerste Kehrtwende, eine erste Lehre aus Tschernobyl be-deutete. Auch damals hat man einen Konsens gesucht,also auch Zugeständnisse machen müssen. Das Zuge-ständnis war aber nicht: Gorleben ist eignungshöffig. –
Das Zugeständnis war: Die Eignungshöffigkeit ist nichtwiderlegt. –
Mindestens die Juristen müssten diesen feinen, aberwichtigen Unterschied erkennen können.
Liebe Frau Menzner, zum Abschluss zu Ihnen. IhrerMeinung nach lautet die Lehre aus dem Gorleben-Unter-suchungsausschuss: Gorleben darf nicht im Verfahrenbleiben. – Ich glaube, dass das eine falsche Schlussfolge-rung ist. Die erste Lehre ist: Wir müssen entscheiden,welches Verfahren. Man hat sich nie für ein klares Ver-fahren entschieden. Aber man hat gesagt: Wir suchen ei-nen Standort aus. Unterwegs legen wir Kriterien fest. Er-füllt der Standort die Kriterien, dann ist es gut, dann ister geeignet. – So geht das nicht, und zwar aus vielenGründen; das haben wir gelernt. Die Alternative dazu istder Vergleich. Man kann aber nicht beide Verfahren ver-mischen. Entweder ich entscheide, dieser Standort ist ge-eignet oder eben nicht geeignet,
oder ich vergleiche alle Standorte und einige fallen imZuge des Vergleichs aus dem Verfahren. Ich warnedavor, das klare Verfahren des Vergleichs mit Vorent-scheidungen, das ist geeignet, und das ist nicht geeignet,zu durchmischen und damit das alte Gorleben-Verfahrendurch die Hintertür wieder hereinzuholen. Das würdeden ganzen Prozess konterkarieren.
Obwohl ich weiß, dass man mich im Wendland dafürnicht küssen wird – im Gegenteil –, sage ich: Ich glaubenicht, dass es im Interesse der Sache und der Menschenim Wendland ist, wenn wir diese unsägliche, politischdominierte, von Willkür und nichtwissenschaftlichenEntscheidungen geprägte Gorleben-Geschichte dadurchabschließen, dass wir in gewisser Weise wieder einenpolitisch gewollten, willkürlichen Beschluss fällen, son-dern diese letzte Entscheidung muss wissenschaftlichbegründet fallen.
dWdhdsteSdfrgafiusNzhkncaDsdd–vm
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!enn das, was im Minderheitenbericht steht, und wennas, was Frau Kotting-Uhl und Frau Menzner hier gesagtaben, richtig wäre, dann hätten sich die Zeitungen beier Berichterstattung über unseren Ausschuss doch über-chlagen müssen, dann hätten wir uns dort vor Kamera-ams gar nicht retten können. Das wäre in der Tat eineensation, die auf das geplante Standortauswahlgesetzurchschlagen würde. Jeder, der uns zuschaut und sichagt, warum die einen das so und die anderen das so sa-en, der sollte einmal bei Google News in die Presse-rchive schauen. Zum einen wird er ganz wenige Artikelnden,
nd zum anderen wird er lauter Artikel finden, in denenteht: „Bei diesem Untersuchungsausschuss ist nichtseues herausgekommen“, weil es die Skandale und Un-ulänglichkeiten, von denen Sie sprechen, nicht gegebenat.
Herr Trittin geht jetzt gerade, weil er ahnt, wasommt; aber das ist in Ordnung. Sie haben die soge-annte Anlage 4 zum Atomausstiegsvertrag angespro-hen. Ich will das Zitat einmal bringen – Sie haben es jangekündigt –:Die bisherigen Erkenntnisse über ein dichtes Ge-birge und damit die Barrierefunktion des Salzeswurden positiv bestätigt. Somit stehen die bishergewonnenen geologischen Befunde einer Eig-nungshöffigkeit des Salzstockes Gorleben … nichtentgegen.as ist das Zitat. Nichts anderes sagen wir.Ob Gorleben geeignet ist oder nicht, kann niemandagen. Wir sind ja mit der Erkundung nicht am Ende. Iner Tat: Vor der Hacke ist es duster. Aber der entschei-ende politische Fakt, an dem Sie nicht vorbeikommen ich weiß, dass Ideologen Menschen sind, die sich auchon Tatsachen nicht beirren lassen; aber ich will es ein-al probieren –,
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Reinhard Grindel
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ist, dass im Jahre 2000 Rot-Grün, Gerhard Schröder undJürgen Trittin, zu dem, was bis dahin an Erkundung ge-laufen ist, gesagt haben: Diesem Urteil zur Eignungshöf-figkeit steht nichts entgegen. – Dazu muss ich Ihnenganz klar sagen: Wenn selbst Rot-Grün im Jahr 2000sagt, Gorleben ist eignungshöffig,
dann kann ja wohl die Entscheidung 1977, dort zu er-kunden, nicht falsch gewesen sein. Dann kann auch dieEntscheidung 1983, in die untertägige Erkundung einzu-steigen, nicht offensichtlich falsch gewesen sein.Die Wahrheit ist:
Sie wollten mit dem Untersuchungsausschuss aus reinparteitaktischen Gesichtspunkten das Thema Kernener-gie am Kochen halten. Dieser taktische Beweggrundhatte sich dann mit dem Reaktorunglück von Fukushimaerübrigt. Die Wahrheit ist: Sie haben das Untersuchungs-ausschussrecht missbraucht, nichts anderes.
– Es ist in der Tat ungeheuerlich, dass man so etwasmacht, Frau Kollegin Steiner. Da stimme ich Ihnen zu.Es war von vornherein klar, dass es ein Ausschusssein würde, in dem nichts Skandalöses oder Neues zu-tage gefördert wird. Denn – diesen für einen Untersu-chungsausschuss ungewöhnlichen Umstand muss manunseren Zuhörern und auch dem einen oder anderen Kol-legen in Erinnerung rufen – alle Akten, die wir unter-sucht haben, waren elf Jahre lang im Besitz weiter Teileder heutigen Opposition, nämlich sieben Jahre im Besitzdes Umweltministers Trittin und vier Jahre im Besitz desUmweltministers Gabriel. Wenn in diesen Akten etwasSkandalöses gewesen wäre, hätte Herr Gabriel das spä-testens im Wahlkampf 2009 ausgeschlachtet.
Stattdessen hat er im Wahlkampf die Behauptungaufgestellt – das war der eigentliche Anlass für den Un-tersuchungsausschuss –, dass eine gutachterliche Stel-lungnahme der früheren Physikalisch-Technischen Bun-desanstalt zur Eignung des Salzstocks Gorleben – nichtzu irgendeiner Art von Auswahlverfahren, sondern zurEignung des Salzstocks Gorleben – im Jahre 1983 vonder damaligen Bundesregierung manipuliert worden ist.Dazu haben wir in der Tat Aussagen. ProfessorRöthemeyer, den auch Frau Kotting-Uhl schon erwähnthat, hat gesagt:US–DsDcgphdwsggicdggwh
Ich finde es problematisch, dass die Kollegen der Op-osition über drei Jahre hinweg durch eine Vielzahl un-altbarer Behauptungen immer wieder versucht haben,en Menschen Angst zu machen und den eindeutigahrheitswidrigen Eindruck zu erwecken, als ob bei die-em sensiblen Thema die jeweils zuständigen Bundesre-ierungen nicht nach dem Motto „Sicherheit zuerst“ vor-egangen sind. Das ist unverantwortlich. Deswegen sageh, Frau Kotting-Uhl: Es wird in der Tat Zeit, dass beiiesem Endlagersuchverfahren jetzt wieder die Geolo-en und nicht die Ideologen die Oberhand gewinnen.
Ich habe am Ende der Debatte vor über drei Jahrenesagt:Ich habe große Zweifel, dass wir, wenn wir spät-abends im Untersuchungsausschuss sitzen, die Be-suchertribüne schon lange leer sein wird und diePförtner und vielleicht auch wir gegen die Müdig-keit ankämpfen,
Neues oder gar Skandalöses über Gorleben heraus-finden werden. Aber dass Herr Gabriel im Wahl-kampf ein unglaublicher Dampfplauderer war, wer-den wir dann in den Akten haben.Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie können sagen,as Sie wollen: Mit der Aussage zur Besuchertribüneabe ich recht gehabt. Auch damit, dass wir nichts Neues
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Reinhard Grindel
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herausgefunden haben, habe ich recht gehabt. Damit,dass wir Herrn Gabriel jetzt als Dampfplauderer in denAkten haben, habe ich ganz besonders recht gehabt.Herzlichen Dank.
Kirsten Lühmann hat jetzt das Wort für die SPD-Frak-
tion.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen und Kolle-
ginnen! Verehrte Zuhörende! Ich wohne in der Region
Gorleben.
Die Menschen dort trauen mittlerweile keinem Politiker
und keiner Politikerin mehr, weil sie sich seit etwa
30 Jahren getäuscht und bewusst fehlinformiert fühlen.
Das Ergebnis dieses Untersuchungsausschusses hat ge-
zeigt: Die Menschen dort haben recht.
Herr Grindel, in einem Punkt bin ich mit Ihnen einer
Meinung: Dieser Untersuchungsausschuss hat keine
neuen Erkenntnisse gebracht. Die Erkenntnisse waren
alle da. Nur, sie wurden von Ihnen immer wieder bestrit-
ten. In diesem Untersuchungsausschuss haben wir end-
lich Dokumente und klare Zeugenaussagen dafür gefun-
den, dass unsere Aussagen zu dem Thema Gorleben, wie
es dazu kam und dass das eine politische Entscheidung
war, richtig waren. Die Dokumente sind jetzt öffentlich,
und die Öffentlichkeit kann sie einsehen. Das ist das
Neue und das Gute dieses Untersuchungsausschusses.
All dies wäre ohne den mutigen Widerstand der
Wendländer und Wendländerinnen nicht möglich gewe-
sen. Ohne diesen Widerstand hätten wir jetzt nämlich
vermutlich ein Endlager in Gorleben, und vermutlich
wäre dieses Endlager nicht nach dem heutigen Stand der
Technik und Wissenschaft gebaut worden.
Die Erkundungsarbeiten in Gorleben sind gestoppt. Das
ist gut; das fordern wir Sozialdemokraten und Sozialde-
mokratinnen schon seit langem. Wir waren auch dage-
gen, dass durch eine Erkundung nur im Wendland immer
mehr Fakten pro Standort Gorleben geschaffen werden.
Worum ging es in diesem Gorleben-Ausschuss? Unter
anderem um die Fragen: Wieso wurde der Empfehlung
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die erhoffte Debatte war eben nicht zu Ende. Viel-ehr hat diese CDU-Entscheidung den Anfang für eineürgerbewegung im besten Sinne gemacht, in der sicher erbitterte Widerstand in der Region manifestierte.iese Bürgerbewegung, liebe Kollegen und Kollegin-en, ist bis heute lebendig. Ein Grund dafür ist: Seit fast0 Jahren wurden sämtliche Entscheidungen zu demhema Gorleben weitgehend ohne Beteiligung der Öf-ntlichkeit getroffen, und das war ein Fehler.Es gab später noch Versuche, das Verfahren wieder inrdentliche Bahnen zu lenken, so im Jahre 1983 mit demorschlag der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt,och nach Alternativen zu suchen. Doch die damaligeohl-Regierung hat das mit einem Federstrich wegge-ischt. Gleich mehrere Zeugen haben von einer „Wei-ung aus Bonn“ gesprochen. Das widerspricht der Aus-age der CDU, dass sie an einer wissenschaftlichndierten Endlagersuche interessiert war. Das war sieicht.Ende der 90er-Jahre hat die damalige Umweltministe-n Angela Merkel gegen den Rat von Fachleuten dieeitererkundung von Gorleben angeordnet. Kritischetimmen wurden durch eine Umorganisation innerhalbiner Behörde einfach kaltgestellt, ein unglaublicherorgang.
Die CDU-Methode „Augen zu und durch“ funktio-iert heute glücklicherweise nicht mehr, dank der hartenarlamentarischen Aufklärungsarbeit sowohl in Gorle-en als auch in der Asse. Ich möchte hier stellvertretendr all die Bürger und Bürgerinnen, die sich dafür einge-etzt haben, Marianne Fritzen und Andreas Graf von
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Kirsten Lühmann
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Bernstorff danken. Beide waren auch als Zeugen unseresUntersuchungsausschusses geladen. Ich muss allerdingssagen: Wie einige von Ihnen, meine Herren aus den Re-gierungsfraktionen, mit diesen beiden Menschen, diesich seit Jahrzehnten für ihre Rechte und die Rechte ihrerRegion einsetzen, umgegangen sind, das steht auf einemanderen Blatt. Ich bezeichne so etwas als unanständig.
Der gesellschaftspolitische Druck ist in den letztenJahren durch die Katastrophe von Fukushima immensgewachsen. Wir alle merken, wie schwer es der CDU/CSU und der FDP fällt, umzuschwenken. Ein Beleg da-für ist der Erkundungsstopp, den die schwarz-gelbe Bun-desregierung im letzten November mitten im niedersäch-sischen Wahlkampf ausrief. Sie hat versucht, in dieserFrage der Mehrheitsmeinung zu folgen. Das Wahlergeb-nis zeigt deutlich: Dieses Manöver war unglaubwürdig;so einfach kann man uns Niedersachsen nicht täuschen.
Mit Blick auf das Ergebnis im Ausschuss muss ich sa-gen: Die Legende zu Gorleben, die CDU/CSU und FDPaufgebaut haben, ist wie ein Kartenhaus zusammenge-fallen. Aus diesem Dilemma führt nur ein Weg: BleibenSie auf dem Weg, den Ihr Umweltminister, HerrAltmaier, eingeschlagen hat, auf dem Kompromissweg!Wir haben jetzt noch eine letzte Chance, etwas grundle-gend zu korrigieren. Mir ist bewusst: Das geht nicht vonheute auf morgen. Das hat Stephan Weil, der niedersäch-sische Ministerpräsident, im April auch hier in diesemHaus gesagt. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten,eine wissenschaftlich fundierte, transparente Endlager-suche auf den Weg zu bringen! Damit könnten wir auchwieder etwas mehr Glaubwürdigkeit in die Atompolitikbringen. Ich denke, das lohnt sich.Herzlichen Dank.
Das Wort hat der Kollege Dr. Michael Paul für die
CDU/CSU-Fraktion.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine Damen undHerren! Um kein anderes Projekt der deutschen Nach-kriegsgeschichte ranken sich so viele Mythen und Le-genden wie um das Projekt Gorleben. Das Gute am Un-tersuchungsausschuss war sicherlich, dass wir dieseMythen und Legenden ein Stück weit zur Seite schiebenund einen Blick auf die Fakten werfen konnten.Eine Legende – Frau Vogt hat sie heute wieder zumBesten gegeben – ist, dass Mitte der 90er-Jahre die Bun-desregierung unter Helmut Kohl mit der verantwortli-cdkThJsureDadSEdhzaggvvGozeGwHliwkhahhuRNhwaRdkwgm
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Dr. Michael Paul
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Frau Merkel fand im Übrigen diese Entscheidung vor.Schon am 26. Juli 1993 hat das Bundesamt für Strahlen-schutz dem damaligen Umweltminister Klaus Töpfer eingestuftes Vorgehen vorgeschlagen. Mitnichten kann mansagen, Frau Merkel habe diese Entscheidung provoziert,noch weniger, es habe politische Gründe gegeben. Eswaren rein fachlich-wissenschaftliche Gründe, die fürein solch gestuftes Vorgehen gesprochen haben.
Die Beispiele ließen sich beliebig fortsetzen. Bei allenPunkten hat sich in den letzten Jahren letztlich gezeigt:Die Vorwürfe und Verdächtigungen der Opposition sindhaltlos. Heiße Luft wurde produziert. Die Legenden ent-sprachen nicht den Fakten.Selbst die Hauptthese, die von der Opposition immerwieder, auch heute, vorgetragen wird, nämlich dassZweifel an der Eignung Gorlebens bestünden, ist wider-legt. Solche Zweifel finden sich weder in der Erklärungder rot-grünen Bundesregierung von 2000 – ich ersparees Ihnen nicht, das zu zitieren –, in der genau dargelegtwurde, dass es keine Zweifel an der Eignungshöffigkeitgibt, noch haben die Zeugen – –
Wir haben 50 Zeugen und Sachverständige gehört. Prak-tisch keiner davon hat Zweifel an der Eignung geäußert.47 von 50 Zeugen und Sachverständigen haben keineZweifel geäußert.
Ihr Kronzeuge, Professor Röthemeyer, hat in seiner Ver-nehmung gesagt – hier zitiere ich wörtlich –, dass wir„Gorleben heute mehr als eignungshöffig zum Quadratnennen können“. Das hat Ihr Kronzeuge hier zu Proto-koll gegeben. Deshalb ist es vollkommen richtig – dafürdanke ich Peter Altmaier auch noch einmal ganz herzlich –,dass wir im weiteren Endlagersuchverfahren Gorlebenim Topf lassen. Alles andere würde den Fakten nicht ge-recht werden.Vielen Dank.
Eckhard Pols hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Jetzt istFrau Lühmann weg, oder?
– Ja, gut, aber sie ist nicht da. – An Frau Lühmann kannman sehen, dass es die Opposition mit der WahrheitwscFem–dsshaDkgvihaEctisgw–s–vSLdwre
rau Lühmann wohnt mindestens 170 Kilometer weitntfernt vor den Toren Hannovers. Das kann man nichtehr als „aus der Region“ bezeichnen.
Je mehr Sie schreien, umso mehr merke ich, dass ich iner Sache recht habe.
Nun zum Thema: Wir haben uns drei Jahre im Aus-chuss durch Tausende von Aktenvermerken und Ge-prächsnotizen gearbeitet und – wir haben es schon ge-ört – eine Vielzahl von Sachverständigen und Zeugenngehört. Aber was ist dabei herausgekommen, meineamen und Herren? Es ist gar nichts dabei herausge-ommen.Nichts hat sich bewahrheitet von den Anschuldigun-en des Kollegen Gabriel, den ich heute übrigens hierermisse. Ich wundere mich, dass er nicht da ist. Wennm dieser Ausschuss damals so wichtig war, müsste eruch hier sein.
r hat wohl schon gleich gesehen, dass dieser Untersu-hungsausschuss eigentlich eine Farce war und nur poli-sch motiviert war, wie der Kollege Grindel bereits ge-agt hat.
Wir haben in diesen drei Jahren Arbeit nichts heraus-efunden, was der interessierte Bürger nicht schonusste.
Vielleicht im Detail schon.Weil Frau Lühmann den Zeugen von Bernstorff ange-prochen hat, möchte ich gerne etwas dazu sagen.
Hören Sie zu; dann können Sie weiterreden. – Herron Bernstorff ist ein vehementer Kritiker dieser ganzenache, der aber als Grundbesitzer über Jahrzehnte seinand als Ausgleichsflächen an den Bund verpachtet,
amit das Erkundungsbergwerk überhaupt betriebenerden kann, der sich neben Fischereirechten auch Jagd-chte und sogar einzelne Bäume bezahlen lässt –
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Eckhard Pols
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er erhält dafür eine nicht unbeträchtliche Summe, wieder Ausschuss gut herausgearbeitet hat –, und das schonseit über 30 Jahren. Ein besseres Beispiel für Doppel-züngigkeit kann man hier wirklich nicht finden.
Wir haben wirklich keinen Hinweis auf irgendwelcheEinflussnahmen der Politik oder manipulierte Gutachtengefunden. Ich möchte nur einige Punkte kurz anreißen,weil meine Redezeit sehr knapp ist, bei denen Sachver-ständige oder Zeugen unser Wissen bestätigt haben –wobei, vorweg gesagt, viele Sachverständige und Zeu-gen überhaupt nicht verstehen können, warum man die-sen Salzstock nicht längst zu Ende erkundet hat.Wir haben schon gehört, dass es der ehemalige Bun-deskanzler Schmidt war, der ja 50 Kernkraftwerke inDeutschland bauen wollte, der dem damals noch ganzfrisch im Amt befindlichen Ministerpräsidenten ErnstAlbrecht – das war 1976/77 – abrang, das Versprechenseines Vorgängers Alfred Kubel, SPD, zu erfüllen, nundoch endlich einen Standort in Niedersachsen zu benen-nen. Dass Gorleben schon 1976 neben vier anderenmöglichen Standorten wissenschaftlich betrachtetwurde, ist auch von der vom Bund beauftragten KEWAund dem IMAK, dem Interministeriellen Arbeitskreisdes Landes Niedersachsen, herausgearbeitet worden.Den Ausschlag gegeben, weswegen Gorleben ausge-wählt wurde, hatte unter anderem die Größe des Salzsto-ckes von 40 Quadratkilometern und seine Ausmaße von14 Kilometern Länge, von bis zu 4 Kilometern Breiteund von 300 Metern bis 3 500 Metern Tiefe, außerdemauch die Tatsache, dass er über 250 Jahre jungfräulichblieb, also unverritzt.
– Ich habe auch nicht gesagt, dass er an der Elbe aufhört.Ich habe gesagt, er ist 14 Kilometer lang. Hören Siedoch genau zu, was ich sage, bevor Sie dazwischenru-fen.Immer wieder bestritten wird ja auch, dass es eine Öf-fentlichkeitsarbeit gab. Sie gab es aber.Es gab ab Oktober 1977 die Gorleben-Kommission,ein Gremium aus Vertretern der im Kreistag vertretenenParteien und Vertretern der Gemeinden sowie auch vonLand und Bund. Die gorlebenkritische Kreistagsmehr-heit hat dieses gut arbeitende Gremium 1991 einfach soaufgelöst.Es gab eine Informationsstelle von Land und Bund inLüchow, deren Mitarbeiter zum Beispiel mit Schulklas-sen, Landfrauen und Theologen diskutierten undversuchten, Spannungen zwischen Kritikern und Befür-wortern abzubauen. Die Mitarbeiter dieser Informations-stelle nahmen ihre Tätigkeit mit viel Sachlichkeit in derDiskussion wahr.Es gab das Gorleben-Hearing und eine weitere An-zahl von Informationsveranstaltungen mit Bürgern undfüssdwscKkleseDkinwategvnDtuaMteTkSleSAuSAHVd
ies sollten Sie für eine offene Endlagersuche wirklichn, für Gorleben und – das wurde angesprochen – vorllen Dingen für die Menschen in der Region und für dieitarbeiter, die dort arbeiten; denn mit Ihren wiederhol-n Äußerungen über Manipulation, Vertuschung undäuschung greifen Sie auch die Mitarbeiter in dem Er-undungsbergwerk, die Geologen, die dort arbeiten, an.o kann man nicht mit Menschen umgehen.Vielen Dank.
Zu einer Kurzintervention gebe ich das Wort der Kol-
gin Ute Vogt.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege Pols,ie haben eben in einer aus meiner Sicht ehrenrührigenrt und Weise die Familie des Grafen von Bernstorffnd ihn selbst beschrieben.
Ich will zur Richtigstellung darauf hinweisen, dassie versäumt haben, zu erwähnen, dass der heutigebteilungsleiter des Umweltministeriums, Herrennenhöfer, damals mit dem Grafen von Bernstorfferhandlungen geführt hat und dass die damalige Bun-esregierung bereit gewesen wäre, dem Grafen sehr viel
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30773
Ute Vogt
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Geld dafür zu bezahlen, damit er seine Salzrechte ver-kauft.
Er hat eben gerade nicht darauf spekuliert, möglichstviel Geld zu verdienen,
sondern er hat aufrichtig seiner Überzeugung folgend al-les getan, um von der Region, dem Wendland, Atommüllfernzuhalten, und hat für ein anständiges, faires und vorallem wissenschaftlich fundiertes Verfahren gekämpft.
Herr Pols bitte zur Antwort.
Ja, Frau Vogt, auch das hat der Untersuchungsaus-
schuss herausgearbeitet, aber der Untersuchungsaus-
schuss hat auch das herausgearbeitet, was ich gesagt
habe, dass nämlich die Familie des Grafen von
Bernstorff bzw. Herr Andreas Graf von Bernstorff per-
sönlich einer der großen Profiteure dieser ganzen Erkun-
dungsarbeiten ist
und dass er sich schon 1976 bei den ersten wissenschaft-
lichen Untersuchungen die Renovierung bzw. einen
Ausgleich für Feldwege, die dort benutzt wurden, hat be-
zahlen lassen. Er hat sich, wie gesagt, bis zum heutigen
Tage und darüber hinaus sehr gut bezahlen lassen: durch
Jagdrechte, Fischereirechte und Ländereien als Aus-
gleichsflächen. Das ist unstreitig, und das finden Sie
auch in den Unterlagen.
Dass der Herr Hennenhöfer mit ihm verhandelt hat – das
ist auch völlig richtig –, ändert aber nichts an der Tatsa-
che, dass die Familie von Bernstorff noch heute Gelder
vom Bund für Ausgleichsmaßnahmen bekommt. Nur
deshalb konnte das Erkundungsbergwerk so arbeiten,
wie es 30 Jahre lang gearbeitet hat.
Ich schließe die Aussprache.
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31 Kommissionstagungen, unzählige Projektgruppen-itzungen, 12 Anhörungen und 13 Expertenrunden innterschiedlichen Projektgruppen: Wir haben es unsicht leicht gemacht; denn das Thema war in der Tateit gefasst. Wir haben uns Gedanken über die Wachs-msperspektiven dieser Republik und über die Fragenemacht, was Wohlstand bringt, was Wohlstand heißtnd was Lebensqualität bedeutet. Das ist ein breiteshema. Ich persönlich meine übrigens, das ist ein zueit gefasstes Thema für nur eine Enquete-Kommission.hemen wie „Entkopplung von Wachstum und Ressour-enverbrauch“, „Demografie und Wachstum“, „Grenzen
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Dr. Georg Nüßlein
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nationaler Politik“ und „Vorreiterrolle“ wären in diesemZusammenhang an sich schon als Themen geeignet ge-wesen, um eine eigene Enquete-Kommission zu instal-lieren.In meinem Dank habe ich schon ein wenig ange-deutet, dass es am Schluss keinen Konsens gab, so wiedas bei der einen oder anderen Enquete-Kommissionvielleicht gedacht ist. Ich sage Ihnen aber auch: Mich be-ruhigt dieser Dissens; denn am Schluss haben wir an-gesichts der Breite des Themas auch wirtschaftspoliti-sche Gesamtkonzeptionen gegeneinandergestellt. FrauLötzer, Sie schauen mich gerade an: Ich hätte mich ge-wundert, wenn sich unsere Seite mit Ihrer Seite geeinigthätte.
Das hätte mich als Demokraten auch massiv erschüttert.
– Der demokratische Sozialismus passt nicht zu uns; beiIhnen passt die Demokratie nicht. Aber das ist eine an-dere Geschichte.
– Hören Sie mir gut zu, Herr Ott, dann verstehen Sie,was ich Ihnen sage. Ich habe Ihnen gerade erklärt, dassdas Thema so breit war, dass der Konsens am Schlussprogrammierterweise nicht erreichbar war, und das wer-den Sie nicht bestreiten.
Sie und ein erheblicher Teil von den Grünen haben60 Sondervoten geschrieben. Vor diesem Hintergrundbraucht man nicht zu behaupten – das sage ich Ihnenganz offen –, man habe einen Konsens gesucht. Sie ha-ben immer das Gleiche gemacht:
Sie haben von uns den Konsens gefordert und selber einabweichendes Votum geschrieben. Das hat mit Konsensnichts zu tun. Aus Ihrer demokratischen Sicht ist Kon-sens nur dann zu erreichen, wenn man Ihrer Meinung ist;auch das muss man einmal in dieser Klarheit sagen.
Lassen Sie uns aber nicht gleich am Anfang streiten,auch wenn ich gerade in Wahlkampfphasen gerne provo-ziere; das gebe ich offen zu.IcMwseEusstidd–hskaMhtukgDweTwDLonsgwgimsSsfiaNu
h will Ihnen erst einmal erklären, was nach meinereinung der größte Erfolg dieser Enquete-Kommissionar. Der größte Erfolg dieser Enquete-Kommissiontand schon ganz am Anfang fest. Nachdem wir zäh mit-inander gerungen haben, was denn der Rahmen diesernquete-Kommission sein soll, legten wir fest, dass wirns im Bereich der sozialen Marktwirtschaft bewegenollen. Da gab es etliche auf dieser Seite des Hauses – dachaue ich nicht nur nach ganz links –, die da sehr skep-sch waren und überlegten, ob man sich nicht außerhalber sozialen Marktwirtschaft bewegen solle, weil manie Chance gesehen hat
lassen Sie mich doch reden, Mensch, Sie dürfen nach-er doch auch reden –, unser Wirtschafts- und Gesell-chaftssystem angesichts der aufkommenden Finanz-rise infrage zu stellen. Das haben wir Ihnen von Anfangn nicht durchgehen lassen.Ich will jetzt nicht anmaßend sein, aber die sozialearktwirtschaft hat ihren Teil dazu beigetragen, Sie, sooffe ich jedenfalls, davon zu überzeugen, dass sie leis-ngsfähig ist und dass sie eine solche Krise überstehenann. Auch das muss man an dieser Stelle ganz klar sa-en.
ie soziale Marktwirtschaft hat sich in der Krise be-ährt, und sie hat durch sie gewonnen. Es ist deshalbben nicht notwendig, über eine sozial-ökologischeransformation nachzudenken, so wie Sie das nachherohl einfordern werden.
as sind nämlich nur schöne Worte für einen grünenack unserer altehrwürdigen sozialen Marktwirtschaft.Ich finde es schon gut – auch das sage ich Ihnen ganzffen –, wie Sie das machen: Die generische Bezeich-ung für alles, was ökologisch oder positiv besetzt seinoll, ist grün. Das muss man Ihnen lassen: Das ist schonutes Marketing. Aber das war nicht der Kern dessen,as wir herausarbeiten wollten. Vielmehr ist es uns ge-lückt, insgesamt zu zeigen, was soziale Marktwirtschaft sozialen, im ökonomischen, aber auch im ökologi-chen Bereich bewegen kann; das möchte ich an diesertelle ganz besonders unterstreichen wie auch die Tat-ache, dass der Begriff „Nachhaltigkeit“ keine grüne Er-ndung ist, so wie Sie das manchmal darstellen, sondernus der Forstwirtschaft kommt. Das zeigt deutlich, dassachhaltigkeit ein fundamentaler, ein klarer Bestandteilnserer sozialen Marktwirtschaft ist.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30775
Dr. Georg Nüßlein
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Die Kollegin Bulmahn hat uns gegen Ende der Arbeitin der Enquete-Kommission eine Neujustierung der so-zialen Marktwirtschaft angeboten. Über diese Begriff-lichkeit hätte man, wenn man einen Konsens gewollthätte, aus meiner Sicht reden können; denn nachjustierenmuss man in der Tat. Das wäre relativ unstrittig gewe-sen. Aber sie hat es uns nicht ernsthaft angeboten, weilsie leider Gottes eigentlich Ihnen, den Grünen und insbe-sondere der Linken, auf Ihrem Weg folgen wollte.
Vermutlich hat sie es uns auch deshalb nicht ernsthaftangeboten, weil dann auch ein nostra culpa hätte kom-men müssen; denn bei den aus der Finanz- und Euro-Krise resultierenden Schwierigkeiten sind die SPD unddie Grünen in besonderer Weise in Obligo, in einer be-sonderen Weise in der Schuld.
Wer hat denn die Überliberalisierung der Finanzmärktebetrieben?
Das war doch Rot-Grün, Herr Heil! Wer hat denn dieAufnahme Griechenlands in die EU beschlossen? Daswar doch Rot-Grün.
Wer hat denn die Aufkündigung des Stabilitäts- undWachstumspaktes betrieben? Das war doch Rot-Grün.Das war doch Gerhard Schröder.
So war es doch. Geben Sie es doch zu!
Dass sich unsere soziale Marktwirtschaft trotz diesesSündenfalls behaupten konnte, finde ich großartig. Dasswir mit dieser Enquete-Kommission die Chance gehabthaben, Ihre fundamentale Wachstumskritik zu relativie-ren, auch diesen Ansatz, man müsse Wachstum aktiv be-grenzen, den man allenthalben hört, weniger von derSPD ––sdmDoSWtrsfoHtestusIcodslimDtewAon
auf Sie komme ich gleich zu sprechen –, aber insbe-ondere von den Grünen – Sie haben es erst gestern wie-er im Ausschuss vorgetragen –,
öchte ich hier herausarbeiten.
ie SPD hat an der Stelle in der Tat – weil deren Abge-rdneten gerade am lautesten schreien – den größtenpagat hinter sich.
Sie haben in der Enquete-Kommission immer betont,achstum sei kein Ziel. In dem bemerkenswerten An-ag „Deutschland 2020 – Zukunftsinvestitionen für einetarke Wirtschaft“, den ich in weiten Teilen gut finde,rmulieren Sie genau etwas anderes.
err Wiesehügel, übrigens Mitglied in Ihrem Kompe-nzteam, sagt im Tagesspiegel auch etwas anderes. Eragt, man brauche Konjunkturprogramme, um Wachs-m anzukurbeln. Was denn nun? Lassen Sie sich nichttändig von Linken und Grünen in Geiselhaft nehmen!
h hätte mich gefreut, wenn es da nicht ständig diesenffenkundigen Schulterschluss gegeben hätte,
er mich persönlich hinsichtlich der Frage ein bisschenkeptisch macht – das sage ich ganz offen –, ob Sie wirk-ch nicht beabsichtigen, nach der Bundestagswahl ge-einsam in eine bestimmte Richtung zu marschieren.a habe ich meine Sorge.
Jetzt reicht meine Zeit natürlich nicht mehr. Ansons-n hätte ich gerne noch etwas zu den Indikatoren gesagt,
eil ich gut finde, was wir da erarbeitet haben.
ber plötzlich redet die SPD – das sage ich Ihnen ganzffen – im vorliegenden Entschließungsantrag voneuen Indikatoren, nicht von denen, die man Gott sei
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Dr. Georg Nüßlein
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Dank mit uns in der Enquete-Kommission beschlossenhat, was gut, was international vergleichbar, was über-schaubar und was, im Übrigen mit sozialen und ökologi-schen Perspektiven ausgestattet, viel besser ist als das,was die Grünen einseitig vorgeschlagen haben. Das, wasSie da nun vorschlagen, ist deutlich materialistischer alsdas, was wir hier gemeinsam erarbeitet haben.Es ist insofern gut, dass es uns gelungen ist, die Be-deutung des BIP zu relativieren, aber nicht hinsichtlichdes Aspekts infrage zu stellen, wie es bei uns wirtschaft-lich weitergeht. Dass es uns hier nicht nur gelungen ist,die soziale Marktwirtschaft in ein gutes Licht zu rücken,sondern auch, darauf hinzuweisen, dass, wie es uns inZukunft wirtschaftlich geht, von der Innovationskraft inunserer Gesellschaft, also ob wir innovativ bleiben, ab-hängen wird, halte ich für entscheidend.
Herr Kollege!
Ich bin sofort fertig. – Ich bin nicht sehr zuversicht-
lich, dass die grüne Seite mitwirken wird, die Innova-
tionskraft zu fördern. Den Eindruck hatte ich weder in
der Enquete-Kommission noch in der aktuellen Tagespo-
litik.
Vielen herzlichen Dank fürs Zuhören.
Jetzt hat die Kollegin Daniela Kolbe für die SPD-
Fraktion das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Eigentlich stand in meinem Skript, dass wiralle in dieser Enquete sehr viel gelernt haben.
Leider muss ich nach Ihrer Rede, Herr Dr. Nüßlein, die-sen Satz jetzt streichen, es tut mir echt leid.
Erinnern Sie sich noch? Damals, Ende 2010/Anfang2011, hallte das Krachen der Finanzkrise noch nach, unddas Beben der Weltwirtschaftskrise war auch inDeutschland, in unserem Land, noch beängstigend zuspüren. Damals war auch die Banken- und Finanzkrisenoch nicht zu einer Staatsschuldenkrise in der Euro-Zone geworden. Damals ist die Enquete-Kommission„Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität – Wege zu nach-haltigem Wirtschaften und gesellschaftlichem Fortschrittin der Sozialen Marktwirtschaft“, wie der Titel in ganzerSchönheit lautet, ins Leben gerufen worden, zunächstandDwurefüapghsmndregvirbd–uWmdnmmih4adImbguSwmcssfüWfüqg
owohl die sozialen als auch die ökologischen Folgenären viel zu dramatisch, als dass das zu riskieren wäre.
Die Entwicklungen der Globalisierung und der dra-atische Bevölkerungsanstieg bei gleichzeitig glückli-herweise steigendem materiellen Wohlstand für vieleind verbunden mit einem dramatisch gestiegenen Res-ourcen- und Naturverbrauch. Gerade der Klimawandelhrt uns vor Augen: Ein massiver sozial-ökologischerandel ist nötig. Wenn wir diesen Wandel nicht herbei-hren, wären die Folgen dramatisch. Aber nach der En-uete wissen wir auch: Verzweifeln ist genauso wenigeboten, wie den Kopf in den Sand zu stecken.
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Daniela Kolbe
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Gerade wo sich die Enquete mit konkreten Fragestel-lungen befasst hat, hat sie oft auf sehr konstruktive Artund Weise Antworten gegeben. Sie finden in demSchlussbericht der Enquete, der schon von seinen Aus-maßen her beachtlich ist, ganz konkrete Vorschläge, wiezum Beispiel die chemische Industrie nachhaltiger wirt-schaften kann, sowie mutige Vorschläge, wie wir die Fi-nanzmärkte neu ordnen müssten.Wir brauchen den Mut, die Debatte fortzuführen. Wirbrauchen den Mut, die zweifelsohne extrem schwierigenFragen zu beantworten und die Ergebnisse dann umzu-setzen. Eine Vogel-Strauß-Taktik können wir uns als Ge-sellschaft nicht leisten.Ich möchte auf ein weiteres konkretes Ergebnis hin-weisen. Uns ist es gelungen, eine neue Wohlstandsmes-sung vorzuschlagen. Dass das Wachstum des Bruttoin-landsproduktes kein sinnvoller Indikator ist, darüberwaren wir uns sehr schnell einig. Die „W hoch drei“-Wohlstandsindikatoren, die wir vorschlagen, stellen ausmeiner Sicht einen sehr guten Kompromiss dar,
und zwar aus Gründen der Übersichtlichkeit einerseitsund der angemessenen Tiefe der Wohlstandsmessung an-dererseits.Wenn wir ehrlich sind, dann müssen wir zugeben,dass wir bei der Frage nach der Wohlstandsmessung aufder Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau waren.Wir wollten eine Wohlstandsmessung, die tiefgründig,relevant, verlässlich, international vergleichbar, interes-sant, gut kommunizierbar und umfassend ist. Ich kannhier berichten: Wir sind sehr sicher, die eierlegendeWollmilchsau existiert nicht. Es ging vielmehr um einenguten Kompromiss. Ich gebe zu: Ich bin ein bisschen be-trübt, dass wir trotz ausführlicher Debatte mit extremviel Sachverstand – die Betreffenden sitzen heute zumTeil auf der Zuschauertribüne – nicht in der Lage waren,eine fraktionsübergreifende Lösung zu finden. Ich for-muliere es so: Ich hätte mir an dieser Stelle ein bisschenmehr Blick in die Zukunft und weniger Profilierungs-drang gewünscht.
„Puh!“, kann man sagen. Das waren spannende, an-strengende, für die meisten lehrreiche und vor allen Din-gen sehr wichtige zweieinhalb Jahre. Wir haben nichtumsonst geschwitzt; denn wir haben eine, wenn nicht diezentrale Debatte der kommenden Jahrzehnte auf den par-lamentarischen Weg gebracht. Darauf können wir trotzaller Unterschiede sehr stolz sein.
– Es freut mich sehr, dass auch die Grünen klatschen.Mein Dank gilt allen an der Enquete Beteiligten, vor al-lem denjenigen, die den Auftrag der Enquete beherzigthaben, langfristige Themen unabhängig von Fraktions-disziplin zu diskutieren. Gerade den Querdenkerinnenund Querdenkern möchte ich deshalb meine hohe Aner-kennung aussprechen.riheMbSßZwzmFtigBKmddSoEbdhgnkwbKzdmEteusbwwd
Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Kollege Florian
ernschneider das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebeolleginnen und Kollegen! Auch ich will mich im Na-en meiner Fraktion zunächst einmal ganz herzlich be-anken, nicht weil man das aus Höflichkeit so tut, son-ern tatsächlich aus Überzeugung. Ich will mich beimekretariat bedanken, bei den Mitarbeitern in den Abge-rdnetenbüros, ohne die dieser reibungslose Ablauf dernquete-Kommission gar nicht möglich gewesen wäre,ei den Sachverständigen, die uns in der Tat immer wie-er den Blick über den Tellerrand unserer Tagespolitikinaus ermöglicht haben, natürlich bei Ihnen, den Kolle-innen und Kollegen der anderen Fraktionen, mit denenicht immer – ich glaube, das würden auch Sie umge-ehrt mit Blick auf uns unterschreiben –, aber immerieder, wenn ich zum Beispiel Kollegin Arndt-Braueretrachte, ein konstruktiver Dialog in dieser Enquete-ommission möglich war, und auch bei unserer Vorsit-enden Daniela Kolbe,
ie ihre Aufgabe nicht nur konstruktiv, sondern auch im-er sehr fair ausgefüllt hat.Meine Damen und Herren, die Ergebnisse dernquete-Kommission kann man in drei Kategorien ein-ilen. Es gibt Ergebnisse, bei denen wir uns definitivneinig sind; es gibt Ergebnisse, bei denen wir uns einigind, dass wir uns uneinig sind, und es gibt Ergebnisse,ei denen wir uns tatsächlich einig sind und bei denenir es geschafft haben, über die Fraktionsgrenzen hin-eg einen Konsens zu erzielen. Wir alle wissen, dass dasie Ergebnisse sind, die wahrscheinlich die deutlichsten
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Florian Bernschneider
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Spuren in der Tagespolitik hinterlassen werden. Davongibt es einige.Nach dem Motto „das Beste zum Schluss“ möchte ichzuerst zu all jenen Punkten kommen, in denen wir unsnicht einig sind und bei denen wir nicht zusammenkom-men konnten. Das betrifft vor allem – das hat der Kol-lege Nüßlein angedeutet – ganz grundsätzliche Fragender Wirtschafts-, der Gesellschafts- und der Ordnungs-politik. Da fordern Sie von der Opposition, SPD, Grüneund Linke, einen radikalen Wandel ein. Sie haben einenNamen dafür: Das ist die sozial-ökologische Transfor-mation, wie Sie es nennen.Die Kollegin Bulmahn versucht jetzt, das etwas abzu-schwächen, indem sie sagt: Es geht uns um eine Neujus-tierung der sozialen Marktwirtschaft. – Aber wenn manin die Texte schaut, stellt man fest, dass da schon etwasanderes steht, Frau Bulmahn. Ich will aus Ihrem Sonder-votum zitieren:Wie im Adjektiv „sozial-ökologisch“ angezeigt, be-darf es grundlegender Veränderungen von Wirt-schaft und Gesellschaft …Sie wollen eine solidarische Ökonomie oder, wie Sieauch schreiben, eine Demokratisierung der Wirtschaftund kommen dabei selbst zu der Überzeugung – das istschon beachtlich –, dass das, was Sie damit erreichenmöchten, „eine gewaltige Herausforderung an unser Ver-ständnis von Freiheit, Vernunft und Verantwortung“ ist.Beim besten Willen: Dieses falsche Verständnis vonFreiheit und Verantwortung können wir als Liberale Ih-nen einfach nicht entgegenbringen. Denn was bedeuteteigentlich diese Demokratisierung der Wirtschaft, dieSie zum Beispiel vorschlagen? Sollen da Claudia Rothund Sigmar Gabriel entscheiden, wie sich Wirtschaft inunserem Land zu entwickeln hat?
Sie haben immer wieder gesagt: Es gibt Branchen, diewachsen sollen, und es gibt Branchen, die schrumpfensollen. – Damit widersprechen Sie einer Grundüberzeu-gung, die wir alle hätten gewinnen müssen, nämlich dassWachstum keine politische Steuerungsgröße ist. Wir Li-berale bleiben dabei: Wachstum ist das Ergebnis millio-nenfacher einzelner Entscheidungen. Die lassen sichnicht am rot-grünen politischen Reißbrett planen, son-dern dafür braucht man einen ordnungspolitischen Rah-men. Das ist und bleibt für uns nun einmal die sozialeMarktwirtschaft, für die uns im Übrigen viele andereMenschen in Europa beneiden.
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich habe die Hoff-nung aufgegeben, dass die Grünen zur Vernunft zurück-kehren, was Wirtschaft und Ordnungspolitik angeht. Beider SPD bin ich mir nicht sicher. Es ärgert mich ehrlichgesagt aber schon, mit welcher Doppelzüngigkeit SievsfosBssdBtu–tuHddSewamDEzmsNdmwWwdTgabCndabvrepli
Frau Bulmahn, ganz ehrlich: Wenn Sie mit dieseraltung in der Enquete-Kommission gesessen hätten,ann hätten wir an vielen anderen Stellen Konsens fin-en können. Aber – das ist das Traurige – das gesamtePD-Wahlprogramm wird mit dem Slogan „Das Wirntscheidet“ zusammengebunden. Das entspricht dannieder Ihrer Haltung in der Enquete-Kommission. Über-ll, wo dieses „Wir“ entscheidet, zählt der Einzelne nichtehr.
as, was Sie uns blumig als Suffizienz verkaufen, ist amnde nichts anderes als eine staatlich verordnete Ver-ichtskultur.
Egal, ob Sie in die Sondervoten der Enquete-Kom-ission oder in Ihr Wahlprogramm sehen: Verbote, Ge-etze, Steuererhöhungen, Abgabenerhöhungen usw. Imotfall muss der Einzelne zu seinem Glück, wie Sie esefinieren, staatlich verpflichtet werden. Auch das istit uns Liberalen nicht zu machen. Deswegen kamenir hier zu keinen gemeinsamen Beschlüssen.
Ich habe versprochen: Das Beste kommt zum Schluss.ir waren uns in einigen Punkten einig. Darauf könnenir als Enquete-Kommission stolz sein. Bei der Frageer Finanzmarktregulierung waren wir uns in großeneilen einig. Auch in der PG 3 gibt es Überschneidun-en, auf die die Kollegin Skudelny eingehen wird. Vorllem sollte man das Ergebnis der Projektgruppe 2 lo-end erwähnen, nämlich den Indikatorensatz W3, denDU/CSU, SPD und FDP gemeinsam entwickelt haben.Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich kann nicht wirklichachvollziehen, warum sich Grüne und Linke vehementagegen gewehrt haben. Man hat die berechtigte Kritikm BIP als zu verkürzendes Wohlstandsmaß in die Ar-eit aufgenommen, aber am Ende hat man wieder eineöllig verkürzte Sicht von dem, was Wohlstand in unse-r Gesellschaft ausmacht, mit drei oder vier Indikatorenräsentiert. Damit wird man dem Auftrag der Enquete,eber Kollege Ott, auch nicht gerecht.
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Florian Bernschneider
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Das Ergebnis, das wir vorgelegt haben, ist wesentlichbesser. Ich verstehe die SPD nicht, warum sie beim Ent-schließungsantrag wieder mit den Grünen und Linkenpaktiert und nicht zu dem steht, was sie mit Union undFDP bezogen auf die Wohlstandsindikatoren beschlos-sen hat. Das mag Parteitaktik sein. Vielleicht ist es diebeschriebene Doppelzüngigkeit oder einfach Orientie-rungslosigkeit der SPD. Ich weiß es nicht. Das ist allesgeschenkt.Es ist ein gutes Ergebnis. Darauf sind wir Liberalestolz. In diesem Sinne noch einmal herzlichen Dank analle, die daran konstruktiv mitgearbeitet haben.
Für die Fraktion Die Linke hat jetzt die Kollegin Ulla
Lötzer das Wort.
Frau Präsidentin! Kolleginnen! Kollegen! Nach wievor stehen wir vor der Situation, dass die globale Kriseandauert: die globale und europäische Finanzkrise, diesoziale Krise mit wachsender Ungleichheit, die Umwelt-krise mit ihren Katastrophenfolgen. Insofern war dieEinrichtung der Enquete-Kommission sicherlich sehrwichtig. Umso schlimmer finde ich das, KollegeNüßlein, was Sie hier wieder bieten; denn Sie und dieFDP-Kollegen insgesamt haben in dieser Enquete-Kom-mission gemeinsame Schlussfolgerungen und Lösungs-ansätze bei wesentlichen Fragen tatsächlich blockiert.
Für Sie – das haben Sie gerade sehr deutlich gemacht –ist diese Krise einfach ein Betriebsunfall einer ansonstengut funktionierenden Politik. Sie meinen tatsächlich, Be-kenntnisse zur sozialen Marktwirtschaft würden ausrei-chen, sich den Problemen zu stellen und dafür Lösungenzu finden. Das ist keine demokratische Antwort. Daswill ich Ihnen noch einmal deutlich sagen.
Die Krise ist auch ein Ergebnis einer Politik, die dieInteressen von Menschen den kurzfristigen Renditezie-len der Finanzmärkte, der großen Konzerne, der Bankenund der Spekulanten untergeordnet hat. Für diese Politiksind Sie verantwortlich. Insofern wäre es umso bedeu-tender gewesen, wenn Sie sich dieser Verantwortung ge-stellt hätten.
Die demokratische Antwort auf diese Krise ist, HerrNüßlein, ein grundlegender Politikwechsel und keineBeschwörung, keine Bekenntnisse, keine Rädchen. Einesozial-ökologische TransformationmusD–hAbbCsDssnclageVdEBkaedWtuwdbPvszASanb
uss soziale Gerechtigkeit mit ökologischer Erneuerungnd einer umfassenden Demokratisierung dieser Gesell-chaft verbinden.
a helfen alle Schreckgespenste nicht.
Das ist sicherlich nicht das, was ich gerade dargestelltabe.Diese Differenzen spiegeln sich natürlich auch in deruseinandersetzung um die Wachstumsfrage wider. Ichin ja erstaunt: Nach vielen Auseinandersetzungen ha-en Sie alle – auch die Vertreter der FDP und der CDU/SU – in der Enquete-Kommission erklärt, Wachstumei auch Ihrer Auffassung nach kein Ziel von Politik.as hat sich eben ganz anders angehört.
An jeder Stelle im Bericht – und auch heute wieder –agen Sie, Wachstum sei aber Voraussetzung für die Lö-ung der Probleme. Dabei berücksichtigen Sie immeroch nicht, dass Wachstum an einen steigenden Ressour-enverbrauch gekoppelt ist und dass Wachstum schonnge nicht mehr Wohlstand und Lebensqualität für allearantiert.Trotzdem noch einmal, heute zum letzten Mal: Wirrsetzen nicht die Schrumpfung der Wirtschaft durch daserfolgen von Wachstumszielen, sondern wir haben inem Bericht eindeutig erklärt: Wir wollen, dass sozialentwicklungsziele – die Bekämpfung von Armut zumeispiel –, ökologische Entwicklungsziele – die Sen-ung des Ressourcenverbrauchs – und nicht das Starrenuf Wachstum zum Gegenstand der Politik werden.
Wir haben auch festgestellt – das lässt sich überallmpirisch nachweisen –, dass wir es in den Industrielän-ern aus vielfachen Gründen schon lange mit sinkendenachstumsraten zu tun haben. Bei sinkenden Wachs-msraten, so sagen Sie, muss der Sozialstaat geschleifterden, muss die Arbeitszeit verlängert werden, müssenie Löhne gesenkt und muss die Prekarisierung von Ar-eit vorangetrieben werden. Das ist ja auch leider Ihreolitik hier und in Europa.
Wir dagegen haben uns diesem Problem im Sonder-otum der Opposition gestellt, haben Lösungen vorge-tellt, wie auch bei sinkenden Wachstumsraten der So-ialstaat erhalten bleiben kann, wie Maßnahmen für guterbeit, Umverteilung, Zeitwohlstand und Sicherung desozialstaats, zum Beispiel mit einer Bürgerversicherung,ussehen können. Dazu gehört auch ein neues Verständ-is von Arbeit und Leben in der Gesellschaft. Sorgear-eit und ehrenamtliches Engagement müssen eine ganz
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Ulla Lötzer
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andere Rolle in der Debatte um die Zukunft der Arbeitspielen.
Dazu gehört auch die Debatte um Lebensweise undnachhaltigen Konsum. In dem Bericht gibt es viele sinn-volle Vorschläge dazu. Herr Bernschneider, Sie bezeich-nen das immer als Freiheitsberaubung und haben es ebenauch wieder getan. Wenn Sie jeglichen staatlichen Ein-griff, jegliche staatliche Rahmensetzung als Freiheitsbe-raubung darstellen, vertreten Sie nicht den mündigenBürger in dieser Gesellschaft.
Tatsache ist: Sie fordern den mündigen Bürger immernur als Ersatz für staatliches Handeln. Wo sind die Maß-nahmen zur Demokratisierung, zur Wirtschaftsdemokra-tisierung? Diese lehnen Sie ab – das haben Sie eben auchwieder deutlich gemacht –,
genauso wie eine Stärkung der Rechte der Verbraucheroder der Bürger und Bürgerinnen im Bereich der Wirt-schaft. Nicht Ihre Position, sondern unsere Position hatetwas mit mündigen Bürgern zu tun.
Mündige Bürger ersetzen nicht staatliches Handeln.Im Gegenteil: Sie setzen einen mündigen Staat vorausund nicht den Nachtwächterstaat, wie Sie ihn in IhrerPolitik vertreten.
– Hören Sie doch auf, nach so vielen Jahren auf die DDRanzuspielen!Einige gemeinsame Fortschritte wurden allerdings er-zielt, so in der Finanzmarktregulierung – das ist erfreu-lich – und in der Finanzpolitik. Die Feststellung, dasseine zukunftsfähige Finanzpolitik nicht nur ausgegli-chene Haushalte im Blick haben darf, sondern sich anöffentlicher Daseinsvorsorge, hochwertiger Bildung unddaran orientieren muss, Dienstleistungen zur Verfügungzu stellen, ist ein guter Teil dieses gemeinsamen Be-richts. Wir werden Sie an den Konsequenzen messen;denn diese bedeuten auch eine andere Politik als IhrSpardiktat in Europa.Große Fortschritte hat es in der Ressourcenfrage ge-geben, die Anerkennung der planetarischen Grenzenzum Beispiel, die Anerkennung der Tatsache, dass eineabsolute Senkung des Ressourcenverbrauchs notwendigist. Dass sich allerdings die Koalition hier wieder Hand-lubIcEbendsBsAdagdaKDredNKdgdkzgloteWinAguhute
Zu den Indikatoren komme ich jetzt leider nicht mehr.h kann nur sagen: Wir sehen – das gilt auch für denntschließungsantrag von SPD und Grünen – das Pro-lem, dass das Verhältnis der verschiedenen Berichte zu-inander und der entsprechend zugeordneten Beiräteicht geklärt ist. Das gilt für den Nachhaltigkeitsbericht,en Armuts- und Reichtumsbericht, den neuen Wohl-tandsbericht. Deshalb haben wir das Problem, dass dasIP der zentrale Indikator bleibt und alles andere nurchmückendes Beiwerk ist. Dieses Problem ist unsereruffassung nach also nicht gelöst.
Ganz zum Schluss möchte auch ich mich bei allen be-anken: bei den Sachverständigen aller Fraktionen, aberuch bei den Vertreterinnen und Vertretern der Zivil-esellschaft, der Verbände, der Initiativen, der NGOs,ie in vielen Debatten dazu beigetragen haben, den Mit-rbeiterinnen und Mitarbeitern des Sekretariats, denolleginnen und Kollegen die Arbeit zu erleichtern.iese Arbeit war es wert. Es finden sich trotz der Diffe-nzen viele Schätze in dem Bericht.Danke für die Aufmerksamkeit.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzter Kollege Dr. Hermann Ott.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undollegen! Ich freue mich, hier zumindest die Mitgliederer Enquete-Kommission zu sehen. Wir hatten einigeute Momente, vor allem in den Projektgruppen, inenen es manchmal gelungen ist, das gemeinsame Er-enntnisinteresse über Ideologie und über Fraktionsdis-iplin zu stellen. Wir haben auch in der Analyse einigeute und brauchbare Ergebnisse erzielt, für die es sichhnt, in den knapp 850 Seiten unseres Babys zu blät-rn.Erkenntnisse gab es zum Beispiel beim Themaachstum, bei dem selbst Herr Paqué, über den es heute der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen schönenrtikel gibt, zustimmen musste – das verbindet ihn übri-ens mit Ludwig Erhard –, dass Wachstum niemals Zielnd Zweck staatlichen Handelns sein darf, sondernöchstens Mittel. Wir würden sogar noch weiter gehennd sagen: Das ist nicht einmal mehr ein taugliches Mit-l, sondern das ist eine Folge politischen Handelns.
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Dr. Hermann E. Ott
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Es gab auch wichtige Erkenntnisse über den Re-bound, die, wie ich hoffe, Umweltpolitik, Umweltöko-nomie und auch die Umweltbewegung animieren wer-den, systematische Ansätze zu wählen und wegzugehenvon dem Flickenteppich an Maßnahmen; denn ansonstenwerden unsere Effizienzmaßnahmen niemals erfolg-reich sein. Anregungen gab es auch zur Entwicklung ei-ner solidarischen Ökonomie, vor allem in der Projekt-gruppe 5. Darauf bin ich auch sehr stolz.Mein besonderer Dank für gute Zusammenarbeitgeht, auch im Namen der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-nen, an die Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktionund der Linksfraktion. Wir haben einige respektableSondervoten erstellt. So haben wir zum Beispiel die Not-wendigkeit einer sozial-ökologischen Transformationunserer Gesellschaft beschrieben und haben auf mehr als20 Seiten detailliert Maßnahmen aufgelistet, die geeig-net sind, unser Wirtschaftssystem vom Energie- undRessourcenverbrauch zu entkoppeln. Liebe Kolleginnenund Kollegen, damit haben wir die Grundlage für ein zu-künftiges ökologisch-soziales Reformprojekt gelegt, unddarauf können wir stolz sein.
Eine kurze Bemerkung zu Herrn Bernschneider. Es istja wirklich erstaunlich, dass Sie, obwohl Sie der jüngsteVertreter in diesem Hohen Hause sind, mit Ansichten da-herkommen, die eher in das letzte, oder sagen wir besser,in das vorletzte Jahrhundert gehören. Natürlich wird einWirtschaftssystem, das nicht nur an sozialen, sondernauch an ökologischen Notwendigkeiten ausgerichtet ist,anders aussehen als das System, das wir jetzt haben. Na-türlich sähe das System, das wir jetzt haben, nämlich diesoziale Marktwirtschaft, anders aus, wenn wir einenfreien Manchester-Kapitalismus hätten. Das heißt, einSystem muss sich evolutionär entwickeln; ansonsten istes zum Scheitern verurteilt. Ein Scheitern aber, lieberHerr Bernschneider und liebe Kollegen von der FDP,können wir uns nicht leisten.
Das Kernprojekt des 21. Jahrhunderts, unsere histori-sche Aufgabe ist es, dass wir die Menschenwelt mit derUmwelt versöhnen, dass wir unsere Wirtschaft einbettenin die ökologischen Systeme, in die Ökosysteme dieserErde, damit unsere Wirtschaft nicht ein Fremdkörper ist,der die ökologischen Systeme beschädigt.Gemessen daran – das muss ich deutlich sagen – ha-ben wir in der Enquete-Kommission tatsächlich nicht ge-liefert. Das lag eben im Wesentlichen an der Koalition,vor allem an der FDP, obwohl ich die Mitglieder der En-quete-Kommission – ich will explizit Herrn Nüßleinnennen –, von dieser Kritik, von wenigen Ausnahmenabgesehen, ausdrücklich ausnehmen möchte. Anschei-nend waren die Mitglieder der Koalition in der Enquete-Kommission doch nur zu bereit zur vorurteilsfreienZusammenarbeit mit uns. Ansonsten hätte es ja keineNotwendigkeit dafür gegeben, dass der Koordinierungs-ausschuss der Koalition da hereingegrätscht ist und sei-nen Mitgliedern einen Maulkorb verpasst hat.MliSHjevDIhkEnduDaqnePEpwlieSsdwzDhzngß
eine Damen und Herren, das hätte ich nicht für mög-ch gehalten. Das war undemokratisch, und das ist einechande für dieses Haus.
Als Konsequenz aus den Erkenntnissen sind Ihreandlungsempfehlungen allzu dünn; davon kann sichde Bürgerin und jeder Bürger selbst einen Eindruckerschaffen und staunen.
enn die Diskrepanz zwischen der von Ihnen – auch vonnen, Herr Nüßlein – mitgetragenen Analyse, dass esein Weiter-so geben kann, und den wenigen harmlosenmpfehlungen, die Sie am Ende abgeben, könnte größericht sein. Bildlich gesprochen, haben Sie als Arzt nacher Analyse einer todbringenden Krankheit nur Pflasternd weiße Salbe verschrieben.
amit sind Sie Ihrem Auftrag als Abgeordnete und vorllem Ihrem speziellen Auftrag als Mitglieder dieser En-uete nicht gerecht geworden, und das ist nicht in Ord-ung.
Im Endeffekt verschieben Sie alle Lösungen auf dieuropäische oder globale Ebene und verdammen unserarlament zur Untätigkeit. Sie plädieren für ein globalesmissionshandelssystem, tun aber nichts, um das euro-äische zu retten. Als Krönung hauen Sie das Einzige,as Sie wirklich als Ergebnis vorweisen können, näm-ch das Indikatorensystem, in die Tonne und stellen hierinen Entschließungsantrag, der es in das Ermessen desachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirt-chaftlichen Entwicklung stellt, ob sich daraus neue In-ikatoren entwickeln lassen. Meine Damen und Herren,as soll denn dabei herauskommen, wenn Sie den Bockum Gärtner machen?
abei wird gar nichts herauskommen; denn diese Herrenaben überhaupt kein Interesse daran, neue Indikatorenu entwickeln.Kurz gesagt: Ihr Entschließungsantrag ist das Papiericht wert, auf dem er geschrieben steht. Wie es bessereht, können Sie dem von uns eingebrachten Entschlie-ungsantrag entnehmen.
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Herr Kollege.
Zum Schluss noch versöhnliche Worte.
Wir haben ein kleines bisschen dazu beigetragen, dem
Motto von Antoine de Saint-Exupéry gerecht zu werden:
Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen,
sondern möglich machen.
Herr Kollege.
Das gilt auch für all unsere Sachverständigen, von de-
nen ich hier einige begrüße, und natürlich für die Mitar-
beiterinnen und Mitarbeiter des Sekretariats.
Ich danke Ihnen.
Für die CDU/CSU-Fraktion hat der Kollege
Dr. Matthias Heider das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch
ich möchte mich bei allen Kolleginnen und Kollegen,
bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sekreta-
riats und bei den Sachverständigen, die hier heute zum
Teil anwesend sind, für die interessante und fruchtbare
Zusammenarbeit in diesen Jahren ganz herzlich bedan-
ken.
Ich denke, Umfang und Herausforderungen dieser
Enquete-Kommission hätten gar nicht größer sein kön-
nen. Dementsprechend ist auch die gemeinsame Lern-
kurve sehr steil gewesen. Beim Kollegen Ott hat man
das gerade nicht herausgehört. Aber ich denke, wir ha-
ben einiges geleistet und vieles gemeinsam geschafft,
auch wenn es zwischendurch mediale Unkenrufe gab,
die nicht zu überhören waren.
Gelegentlich hörte man, dass bei den zu bearbeiten-
den Themen Uneinigkeit parteipolitisch vorgegeben ge-
wesen sei und die Mitglieder über weite Strecken der
Beratung unglücklich gewesen seien.
Ich weiß nicht, ob wir hier einen Beitrag zur Forschung
zum Thema Glück hätten leisten müssen, kann Ihnen
jedoch sagen: Es war genau umgekehrt; über weite
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Allerdings muss ich Wasser in den Wein gießen:
uch in einer Enquete-Kommission gehört der Dissens
der Beratung und in der Bewertung zum Ausdruck ei-
er pluralistischen Gesellschaft, und das finde ich auch
ar nicht schlimm. Im Laufe der Kommissionsarbeit tra-
n wir auf kontroverse Ansichten: Einige Mitglieder der
nquete haben vermeintlich aus Sorge um die Umwelt
inem umfassenden Umbau der Wirtschaft, einem be-
ussten Wachstumsverzicht und sogar einer tiefgreifen-
en sozial-ökologischen Transformation von Gesell-
chaft und Wirtschaft das Wort geredet. Das kommt auch
heute vorliegenden Entschließungsantrag der Opposi-
onsfraktionen zum Ausdruck. Ich sage Ihnen als Ver-
chter der sozialen Marktwirtschaft: Es ist meine
flicht, das Haus an dieser Stelle vor utopischen Experi-
enten zu warnen.
ie Vision einer tiefgreifenden Transformation, meine
amen und Herren, ist durch die Arbeit dieser Enquete-
ommission entzaubert worden.
Was ist denn mit sozial-ökologischer Transformation
emeint? Aufschluss gibt uns ein Sondervotum der
ppositionsfraktionen in Kapitel 7.1.3. Die Verfasser
lädieren für eine „breite und plurale Umbauperspek-
ve“ gegründet auf eine „grundlegende Neuordnung von
irtschaft und Gesellschaft“. Das müssen Sie den Men-
chen draußen im Land erklären.
Herr Kollege, Frau Leidig möchte eine Zwischen-
age stellen. Möchten Sie diese zulassen?
Bitte schön.
Bitte.
Kollege Heider, Sie malen utopische Experimenteie ein Schreckgespenst an die Wand. Ich möchte in die-em Zusammenhang auf zwei Aspekte hinweisen.Erstens. An der Baustelle des neuen Ministeriums fürildung und Forschung ist ein Zitat Einsteins ange-racht, das sinngemäß lautet: Die Menschheit muss ihrenken grundlegend verändern, wenn sie überlebenill. – Es geht also um grundlegende Veränderungen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30783
Sabine Leidig
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Zweitens. Der Bericht der Projektgruppe 5 enthält inKapitel 4 einen, wie ich finde, ausgesprochen bemer-kenswerten Abschnitt mit der Überschrift „Suffizienz –weder Mangel noch Übermaß“. Dort wird ausgeführt:… der kulturelle Wandel hin zu mehr Mäßigungund zu einer gerechten Verteilung ist eine unver-zichtbare Voraussetzung für eine gerechte undfriedliche Welt und für die Steigerung der Lebens-qualität.Auch hier geht es um eine grundlegende Veränderungdes bisherigen Denkens.Ich finde, es ist notwendig, dass Sie sich mit den ge-sellschaftlichen Debatten auseinandersetzen, bei denenes um grundlegende Veränderungen geht. Wir habendiese Debatten nicht nur mit den verschiedenen NGOsund gesellschaftlichen Gruppen geführt, sie finden auchauf der Straße statt, zum Beispiel in Frankfurt im Zugeder Blockupy-Proteste.
Ich möchte von Ihnen wissen, warum Sie die Notwen-digkeit zu grundlegenden Veränderungen so abwehren,wo man doch weiß, dass sie notwendig sind, um derMenschheit wirklich eine Perspektive zu geben.
Frau Leidig, gerne nehme ich Ihr Statement auf und
beantworte Ihre Frage.
Einem vernünftigen Umgang mit Konsumgütern und
auch einem vernünftigen Umgang mit Produktionsmit-
teln steht nichts im Wege. Alle Beteiligten haben ein
großes, auch finanzielles Interesse an einem sparsamen
Umgang. Aber braucht es dazu einen Umbau der Gesell-
schaft, einen neuen Blick auf die Demokratisierung der
Gesellschaft? Was Sie mit der Frage der Transformation
bemänteln, ist in Wirklichkeit ein Raubbau an demokra-
tischen Elementen. Das werfe ich Ihnen an dieser Stelle
vor.
Herr Kollege, es gibt noch eine weitere Zwischen-
frage, nämlich von Herrn Kauch. Möchten Sie auch
diese zulassen?
Herr Kauch, bitte schön.
Herr Kollege, könnten Sie sich vorstellen, dass Frau
Leidig und auch andere den Begriff vom „neuen Den-
ken“ mit dem Begriff vom „neuen Menschen“ verwech-
seln, den die Kommunisten schaffen wollten und den sie
jetzt auf neuem Wege durch die Hintertür verordnen
wollen?
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Sie reden von neuem Denken, aber sie meinen neue
egeln; denn sie wollen die Gesellschaft durchregulie-
n. Sie wollen den Menschen gar keine Möglichkeit zu
euem Denken geben, sie wollen ihnen das Denken vor-
egnehmen. Können Sie sich vorstellen, dass Frau
eidig diesem Missverständnis unterliegt?
Herr Kollege Kauch, diese Frage kann ich sehr
chnell beantworten: Ja, das glaube ich auch.
Möchten Sie noch eine weitere Zwischenfrage von
rau Leidig zulassen?
Frau Präsidentin, ich würde jetzt gerne fortfahren.Ich komme zurück auf die sozial-ökologische Trans-rmation. Was ist damit gemeint? Wir glauben, dass Sieamit Eingriffe in unsere sozialen und marktwirtschaftli-hen Grundprinzipien durch eine Ausweitung staatlichenandelns meinen. Sie meinen damit eine Neubewertungnd Reorganisation von Arbeit, Produktion und Kon-ummustern sowie eine Umverteilung von gesellschaftli-hem Wohlstand mit einer völlig veränderten Dynamik,nd zwar in Ihrem Sinne. All das meinen Sie.Der grundlegende Ansatz der von Ihnen gewünschtenefgreifenden Transformation ist: mehr Staat als Markt,ehr Regulierung statt freier Entfaltung und mehr Um-erteilung. Das ist der eigentliche Ansatz. Wir wollenie Verantwortung der Bürgerinnen und Bürger stärken,dem wir die Freiheit aller, die als Anbieter oder Nach-ager am Markt teilnehmen, schützen und gleichzeitigr sozialen Ausgleich sorgen. Das ist soziale Marktwirt-chaft.Wir wollen unternehmerisch Handelnde in Zukunftehr auf den Schutz der natürlichen Ressourcen ausrich-n. Das ist nachhaltiges Wirtschaften. Wir trauen denürgern dieses Landes einfach mehr zu als Sie, meineamen und Herren von der Opposition.
Das, was ich im Rahmen meiner Tätigkeit in dernquete-Kommission gelernt habe, fassen übrigens dieachverständigen Professor Bettzüge für die Union undrofessor Schneidewind für die Grünen – Herr Ott, hö-
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30784 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Dr. Matthias Heider
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ren Sie gut zu! – in einer Ende letzten Jahres gemeinsamveröffentlichten Analyse – sie stand in einer Ausgabeder Wirtschaftswoche – zusammen: Es sind „vier unbe-queme Wahrheiten, die eine Lösung verhindern“. Dieerste unbequeme Wahrheit ist, dass die ökologischenSysteme – wie die Erdatmosphäre – an ihre Grenzen ge-raten. Die anderen drei Wahrheiten, die jetzt folgen, ste-hen im Gegensatz dazu. Die zweite unbequeme Wahrheit– Sie können dies im Schlussbericht nachlesen; FrauKolbe hat ein Exemplar vor sich auf dem Tisch liegen –besteht darin, dass Rohstoffe nicht so schnell knapp wer-den, wie für die Grenzen unseres Planeten nach IhrerMeinung eigentlich gut wäre. Die dritte unbequemeWahrheit ist, dass technischer Fortschritt und steigendeEffizienz allein nicht ausreichen werden, den Naturver-brauch absolut zu entkoppeln.
– Herr Ott, lassen Sie mich doch einmal ausreden. –Schuld daran ist auch der Rebound-Effekt; er tut seinÜbriges dazu. Das haben wir in der Enquete gemeinsameingekreist. Das hätten Sie doch auch einmal sagen kön-nen.
Schließlich haben wir erkannt, dass die ÖkosystemeAtmosphäre, Meere und Regenwälder globale Gütersind, auf die die ökonomischen Knappheitssignale kei-nen Einfluss haben. Dies hat eine Übernutzung zurFolge. Wir werden dieses Problem bei allen guten Ansät-zen national nicht lösen können. Dazu brauchen wir in-ternationale Anstrengungen. Das ist nach unserer Auf-fassung der richtige Ansatz.Noch einmal herzlichen Dank für Ihre Mitarbeit. Ichfreue mich, wenigstens einen in der nächsten Legislatur-periode wiederzusehen.Vielen Dank.
Der Kollegin Leidig gebe ich das Wort zu einer Kurz-
intervention.
Da der Kollege Heider nicht noch einmal eine Frage
von mir beantworten wollte, nutze ich jetzt die Möglich-
keit einer Kurzintervention. Ich möchte auf diesen merk-
würdigen Vorwurf eingehen, dass gesellschaftliche Ver-
änderung antidemokratisch sein müsse. Das Gegenteil
ist der Fall.
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den Krankenhäusern werden Gutachter und Manage-
entkonzepte eingesetzt, die von oben kommen. Sie
erden nach betriebswirtschaftlichen Maßzahlen dik-
ert. Das, was Sie da organisieren, ist antidemokratisch.
Demokratisch wäre, die Beschäftigten bzw. die Bür-
erinnen und Bürger in den Wandel einzubeziehen und
ie zu fragen, was man denn verändern müsste, damit
as Erforderliche Realität wird. Sie sagen – das fordern
brigens gerade junge Leute –: Wir wollen nicht immer
ehr haben wollen müssen. – Ich finde, das ist eine
pannende Herausforderung. Wie bekommt man es hin,
ass die Menschen nicht immer mehr haben wollen müs-
en, ohne dass Arbeitsplätze zuhauf verloren gehen? Das
t doch eine zutiefst demokratische Frage. Es reicht
icht, auf internationaler Ebene Verhandlungen zu füh-
n, sondern wir brauchen Auseinandersetzungen in der
ivilgesellschaft, die auch auf dieses Parlament Einfluss
aben müssen.
Zur Antwort bitte der Kollege Heider.
Frau Kollegin Leidig, Sie haben das Thema Pflegengesprochen. Dieses Thema wird in den nächsten Jah-n in unserer Gesellschaft sicherlich sehr präsent sein;s ist schon heute sehr präsent. Nicht verstanden habeh, was das mit demokratischer Legitimation zu tun ha-en soll.
ine demokratische Legitimation haben wir zum Bei-piel, wenn eine Entscheidung darüber erforderlich ist,ie viele Haushaltsmittel dieses Parlament für die Pflegeur Verfügung stellt.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30785
Dr. Matthias Heider
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Das ist aber nicht das eigentliche Kernanliegen. Wirhaben darauf hingewiesen, dass es mit Blick auf den vonIhnen apostrophierten ökologischen Umbruch, dieTransformation, überhaupt nichts nützt, wenn Deutsch-land zum Beispiel darauf verzichtet, die Fischerei auszu-üben. Das wird die Überfischung der Meere nicht ver-hindern. Wenn Deutschland die Industrie abschafft,verhindert das nicht, dass die Atmosphäre weiterhinstark belastet wird. Das sind Beispiele, an denen wirkonkret festmachen, dass es mehr als eines nationalenImpulses bedarf und man sich nicht auf den Erfolgenausruhen darf.Vielen Dank.
Das Wort hat jetzt Edelgard Bulmahn für die SPD-
Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Gerade andie Zuhörer und Zuhörerinnen richte ich die Bitte, in denBericht der Enquete-Kommission zu schauen. Die Argu-mentation, die Darstellung der Herausforderungen, vordenen wir stehen, und unsere Lösungsvorschläge sind indiesem Bericht viel differenzierter und viel konkreter,als diese niveaulose Auseinandersetzung das vielleichtvermuten lässt. Der Bericht ist nicht schwarz-weiß, son-dern viel differenzierter. Deshalb lohnt es sich, in diesenBericht zu schauen.
Die Enquete-Kommission hat sich mit wichtigen Kri-senerscheinungen, mit den Wirkungen der Krise be-schäftigt. Das war notwendig und wichtig, weil die Fol-gen der Krisen bisher nicht behoben worden sind. Wirsollten Problemlösungsvorschläge erarbeiten, die ver-hindern, dass in Zukunft wieder solche Krisen entstehenkönnen. Dieses war der Grund für die Einsetzung derEnquete-Kommission. Deshalb haben wir zweieinhalbJahre miteinander gerungen, um zu überzeugenden Ant-worten zu kommen.Lassen Sie mich am Anfang meiner Rede einen ganzherzlichen Dank an die Kolleginnen und Kollegen rich-ten, vor allen Dingen aber an die Vorsitzende der Kom-mission, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie dieSachverständigen; denn ohne ihr Engagement könntenwir heute nicht ein, wie ich finde, trotz aller Lücken ak-zeptables Ergebnis vorlegen. Deshalb ein herzlichesDankeschön!
Das war zugegebenermaßen ein hartes Stück Arbeit,insbesondere wenn es darum ging, die Koalition durchgwuhSseincnIcwgfidsdezreBwSgeBGLvruPWshsMMEsgwracssesstä
enau das ist notwendig, wenn wir der Anforderung, dieebensverhältnisse der Bevölkerung in der Breite zuerbessern und nicht nur für 10 Prozent der Bevölke-ng, gerecht werden wollen. Letzteres wäre nicht dieolitik meiner Partei, der SPD.
ir wollen für die Breite der Bevölkerung eine Verbes-erung der Lebensverhältnisse.Die Umsetzung der Empfehlungen, die wir vorgelegtaben, erfordert viel politischen Mut; dessen muss manich klar sein. Es bedarf unseres Mutes, aber auch desutes der Unternehmen, der Gewerkschaften und derenschen, die in unserem Land leben. Wenn wir diesempfehlungen umsetzen, werden wir den sozialen Zu-ammenhalt in unserer Bevölkerung stärken und eineute wirtschaftliche Entwicklung sichern. Damit werdenir auch unserer Verantwortung für die künftigen Gene-tionen besser gerecht.Lassen Sie mich auch eine kritische Anmerkung ma-hen. Mich hat es enttäuscht, dass die Koalition offen-ichtlich nicht bereit ist, zu akzeptieren – vielleicht hatie es auch nicht verstanden –, dass es nicht ausreicht, aninigen Stellschrauben ein bisschen zu drehen, um die-en tiefgreifenden Wandel unserer sozialen Marktwirt-chaft wirklich herbeizuführen. Mich hat auch ent-uscht, dass sie bis heute offensichtlich nicht verstanden
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30786 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Edelgard Bulmahn
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hat, dass uns gerade die Marktwirtschaft in ihrer jetzigenmarktradikalen Form die Finanz-, Wirtschafts- und Um-weltkrise beschert hat.
Offensichtlich haben Sie bisher nicht verstanden, HerrNüßlein, dass wir diese Wirtschaftskrise in unseremLand nur deshalb einigermaßen gut überstanden haben,weil wir sie mit einem massiven Einsatz von Steuermit-teln überwunden haben. Dass Sie das so schnell verges-sen, hätte ich nicht erwartet.
– Auch da müssen Sie Ihr Gedächtnis wieder etwas mo-bilisieren. Auch das ist falsch. Die Kohl-Regierung hatdamals die Grundlagen für den Euro festgelegt, und dasEuropäische Parlament hat die Deregulierung durchge-führt. Im Europäischen Parlament haben im Übrigen diekonservativen Parteien die Mehrheit.
Deshalb wünsche ich mir, dass wir eine sozialdemokrati-sche Mehrheit im Europäischen Parlament haben, umdas endlich wieder zurechtzurücken.
– Man muss schon bei der Wahrheit bleiben, lieber HerrNüßlein, und hier keine Märchen erzählen oder Legen-den bilden. Das ist notwendig.
Sie haben auch nicht verstanden, lieber Herr Kollege,
dass ein aufwendig organisierter Kongress, der sicher-lich interessant ist und zu dem sogar Gäste aus Bhutaneingeladen sind, nicht den politischen Willen, wirklichetwas zu verändern, und auch nicht die notwendigenMehrheiten, die man dafür braucht, ersetzt. Sie habenbisher auch nicht verstanden, dass es moralisch und wirt-schaftlich notwendig, klug und vorausschauend ist, dassDeutschland international eine Vorreiterrolle für diesenWechsel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise ein-nehmen muss. Ich glaube, es ist erforderlich, dass wirhier in diesem Parlament genau darüber Einigkeit her-stellen, weil wir nur dann unserer eigenen Verantwor-tung gerecht werden.Für uns Sozialdemokraten ist eines völlig klar: Bei al-len verschiedenen Definitionen von Wachstum stellenwir den Wohlstand und das Wohlergehen von Menschenin den Mittelpunkt.gzNuunavbGzmdrujehSnsRvEaWliazadube
ls utopisches Konzept bezeichnen. Darin steht vieleson dem, was wir in der Enquete-Kommission beschrie-en haben.
erade der VCI hat in der Anhörung ausgeführt, dass sieur Erreichung der Ziele die passenden staatlichen Rah-enbedingungen brauchen und eine mutige Politik, dieiesen Pfadwechsel unterstützt.Deshalb sage ich Ihnen: Wir brauchen keine Regie-ng, in der der Wirtschaftsminister ein Wachstum umden Preis propagiert und der Umweltminister für nach-altiges Wirtschaften plädiert.
o gelingt keine Energiewende, und so gelingt auchicht der notwendige Wandel, den wir brauchen, um tat-ächlich eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen.Ein versöhnliches Wort zum Schluss, wie es viele zuecht gemacht haben. Das, was wir hier erarbeitet undorgelegt haben, erfüllt zwar sicherlich nicht immer allerwartungen, im Übrigen auch nicht unsere eigenen;ber es ist ein guter Anfang. Wir haben ein Stück deseges beschritten, den wir weitergehen sollten. Deshalbegt es jetzt an uns, ob wir die Handlungsempfehlungen,uch die der Opposition, in der kommenden Zeit umset-en. Ich finde, wir müssen handeln. Denn die Uhr stehtuf fünf vor zwölf.Vielen Dank.
Die Kollegin Judith Skudelny hat jetzt das Wort für
ie FDP-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damennd Herren! Ich glaube, die Debatte hier spiegelt einisschen das Spannungsverhältnis wider, das wir in deninzelnen Projektgruppen hatten. Bei einigen Teilen ha-
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Judith Skudelny
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ben wir sehr gut miteinander gearbeitet, andere Teile wa-ren eben etwas lustiger. Wir haben bei den Analyseteilensehr gut zusammengearbeitet, insbesondere in der PG 3.Da gibt es auch gute Nachrichten. Wir haben geschaut,wie es eigentlich um die Umwelt in Deutschland steht.In Deutschland wird die Qualität der Böden besser, dieLuftqualität wird besser, die Wasserqualität wird besser,und auch der CO2-Ausstoß sinkt in der Gesamtsumme.Auch global werden die Probleme mittlerweile in An-griff genommen. In China werden Wasserregelungeneingeführt, der Boden wird besser und Ähnliches.Wir haben Probleme in anderen Bereichen. Wir habendort Probleme, wo es nicht um das Regionale, sondernum das Globale geht, bei den sogenannten Allmendegü-tern wie dem Klima. Der Kollege Heider hat es schonsehr schön dargestellt: Das Problem ist, dass niemanddie Verantwortung für das Klima übernimmt. Das sindSenken; es ist ein Raum, auf den jeder Zugriff, aber nie-mand einen Anspruch hat. Wenn man sich mit dieserProblemstellung, die wir in der PG 3 sehr gut herausge-arbeitet haben, befasst, dann muss man sich bei allenMaßnahmen – jetzt komme ich zu dem Punkt, an dem eseinen Dissens gibt – fragen: Wirken sie eigentlich glo-bal?Wir haben gesehen: In Deutschland werden alleWerte besser – natürlich können sie noch besser werden;darüber müssen wir uns nicht unterhalten –, aber globalwerden die Werte immer schlechter. Das heißt, bei allem,was wir national machen, müssen wir uns fragen: Funk-tioniert die Transmission? Funktioniert die Übersetzungins Globale? Darüber haben wir uns in der Projekt-gruppe 4 unterhalten. Die einzige Antwort im Bereichdes Klimaschutzes – als Beispiel für ein Allmendegut –lautete immer wieder: Vorreiterrolle. Die Oppositionsagte immer wieder: Vorreiterrolle, Vorreiterrolle undnoch einmal Vorreiterrolle. Dabei hat die Oppositionschon in der PG 3 festgestellt, dass überhaupt erst einmaluntersucht werden muss, inwieweit die Vorreiterrolleglobal überhaupt eine Wirkung hat. Das ist einer der For-schungsaufträge, die die Opposition in der PG 3 definierthat, obwohl das eigentlich einer der Hauptpunkte derPG 4 ist. Die sozial-ökologische Transformation istnichts anderes als eine konkrete Ausgestaltung dieserVorreiterrolle, von der wir allerdings überhaupt nichtwissen, ob sie tatsächlich wirksam ist.Wir von der Opposition haben gesagt – –
Wir von der Regierung und die Mehrheit in der Enquete-Kommission haben gesagt: So einfach wollen wir unsdas nicht machen. Wir wollen uns tatsächlich überlegen:Wie bekommen wir die globalen Probleme in den Griff?Welchen Beitrag muss und kann Deutschland dazu leis-ten? Hier haben wir eine neue Position definiert.
Frau Kollegin, bevor Sie das sagen: Möchten Sie eine
Zwischenfrage von Frau Kolbe zulassen?
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Wir haben uns über eine differenzierte und dosierte
ionierrolle unterhalten. Die differenzierte und dosierte
ionierrolle ist ein neuer Weg. Diese Enquete-Kommis-
ion wurde schließlich auch deswegen eingesetzt, weil
ir uns nicht auf ausgetrampelten Pfaden vorwärtsbewe-
en, sondern neue Gedanken entwickeln wollen.
Die differenzierte und dosierte Pionierrolle hat meh-
re Bestandteile. Ein Bestandteil ist die Vorbildfunk-
on. Wenn ich meine Kinder erziehe, kann ich das nicht
n, indem ich selbst alles falsch mache. Vielmehr habe
h eine Vorbildfunktion, und diese erfülle ich. Das muss
uch Deutschland tun.
Darüber hinaus brauchen wir aber auch den techni-
chen Fortschritt. Wenn wir innovativ sind und die
inge verbessern, wird das zu Wirtschaftswachstum
hren. Das wird zum Teil sicherlich auch zu einem Re-
ound-Effekt führen. Dazu haben wir ein Gutachten in
uftrag gegeben, in dem es um die Frage ging: Was be-
eutet Rebound eigentlich global? Global bedeutet Re-
ound, dass sich die Schwellen- und Entwicklungslän-
er, weil Produkte günstiger werden, vielleicht erstmals
edizinische Versorgung, Transport, Wohnen und Bil-
ung werden leisten können. Das alles sind positive Be-
tandteile dieses Rebound-Effektes.
Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.
Als dritten Punkt – ganz kurz – haben wir gesagt: Wir
rauchen auch die internationale Kooperation. Nur mit
iesem Dreiklang, der zwar keine konkreten Maßnah-
en beinhaltet, aber zum ersten Mal eine intelligente
ee verfolgt, werden wir es tatsächlich schaffen, uns
icht nur besser zu fühlen, sondern am Ende auch etwas
ositives für das Klima und alle Umweltgüter zu bewir-
en.
Thomas Gambke hat jetzt das Wort für Bündnis 90/ie Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebeolleginnen und Kollegen! In dieser Debatte muss ich
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30788 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Dr. Thomas Gambke
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auf manche Bemerkungen, die heute gemacht wurden,eingehen. Herr Heider hat gesagt, wir wollten die Indus-trie abschaffen.
– Herr Heider, Sie werden das nachlesen können.
Herr Bernschneider hat von einem Wachstumskom-missar gesprochen. Das ist nicht das Niveau, auf demwir hier miteinander reden sollten.
Herr Heider, wenn ich den Menschen sage, dass es inDeutschland 125 Millionen Handyverträge gibt, dassFlachbildschirme derzeit alle vier Jahre ausgewechseltwerden oder dass die Gebrauchsfähigkeit mancher Ge-räte auf zwei Jahre geschrumpft ist, während Sie sagen,dass wir 3 Prozent Wachstum brauchen, um uns unseresozialen Sicherungssysteme überhaupt leisten zu kön-nen, stelle ich fest, dass die Leute mir zuhören und sa-gen: Gott sei Dank spricht das mal jemand an! Was habtihr für Lösungen? – Das war der Auftrag an unsereEnquete-Kommission.
Man braucht eigentlich nur den Antrag zur Einset-zung der Enquete-Kommission zu lesen. – Für die CDU/CSU hat Herr Kauder unterschrieben. Wer bei der FDPgerade Fraktionsvorsitzender war, weiß ich nicht; daswechselt ja ein bisschen. – In diesem Antrag stand:– die Frage untersuchen, ob und ggf. wie das deut-sche Wirtschafts- und Sozialstaatsmodell die ökolo-gischen, sozialen, demografischen und fiskalischenHerausforderungen auch mit geringen Wachstums-raten bewältigen kann bzw. welche Wachstums-zwänge dem entgegenstehen …Das war der Auftrag, meine Damen und Herren von derKoalition, und dem verweigern Sie sich, wenn Sie heutesagen: Wir wollen über das Thema Wachstum gar nichtdebattieren.
Herr Kollege, der Kollege Heider würde Ihnen gern
eine Zwischenfrage stellen.
Ja.
Bitte sehr.
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Sie haben sich so geäußert, als ob auf unserer Seitees Hauses irgendjemand daran denken würde, die In-ustrie abzuschaffen.
So habe ich das verstanden. Ich lehne diese Art vonragestellung ab. Ich glaube nicht, dass das das Niveaut, auf dem wir dieses Thema hier bereden sollten.
Herr Professor Miegel hat von einer neuen Wirklich-eit gesprochen. Wir brauchen uns gar nicht über denegriff der Transformation zu streiten; aber wir haben iner Tat eine neue Wirklichkeit: Wir müssen uns ange-ichts der demografischen Veränderungen, die so sicherie das Amen in der Kirche kommen werden, die sozia-n Sicherungssysteme anschauen. Wir müssen uns auchnschauen, wie wir mit 20 Prozent Arbeitslosigkeit inuropa umgehen. Wir können uns nicht nach Deutsch-nd zurückziehen und sagen: „Bei uns ist alles prima“,enn in den südeuropäischen Ländern über 50 Prozenter Jugendlichen arbeitslos sind. Dafür brauchen wirntworten. Diese Antworten können nicht lauten: Sollenoch die Portugiesen und die Italiener das Gleiche ma-hen wie wir! – Wie viele 7er-BMWs
ollen denn noch nach China verkauft werden, bis auchie Portugiesen und andere keine Arbeitslosigkeit mehraben?
Ich glaube, dass das nicht die richtigen Antwortenind. Die Antwort, die ich von Ihnen gehört habe, war:ir setzen auf Innovationen, die zu Wachstum führen. –h kann Ihnen sagen: Ja, wir brauchen Innovationen;ber – das war der Auftrag der Enquete-Kommission –ir müssen die Richtung des Wachstums festlegen.
as kann nicht Fracking sein, sondern das müssen er-euerbare Energien sein.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30789
Dr. Thomas Gambke
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Das kann eine dezentrale Energieversorgung anstelle ei-ner monopolistischen Energieversorgung sein.Frau Skudelny, Sie haben es gerade so dargestellt, alsob wir in Deutschland alles richtig gemacht hätten.Wenn Sie in Niederbayern wohnen würden, wüssten Sie,dass 10 Prozent unserer Ackerflächen eigentlich in Süd-amerika sind, von wo wir die Eiweißstoffe importieren,mit denen wir unsere Schweine füttern und unser Grund-wasser verseuchen, sodass wir keine Brauereien mehrbetreiben können, und dass wir das Schweinefleischdann nach China verkaufen. Das ist kein Geschäftsmo-dell, das nachhaltig ist.
Meine Damen und Herren, ich glaube, Wachstum istnicht das Ziel, sondern die Folge von politischem undwirtschaftlichem Handeln. Das Ziel muss Wohlstand undLebensqualität sein – unter der unbedingten Vorausset-zung einer nachhaltigen Wirtschaftsweise. Wenn wir dasals Ergebnis festhalten können – trotz mancher Brems-manöver einiger, aber nicht aller Mitglieder der Koali-tion; da kam auch viel Fruchtbares –, haben wir etwaserreicht. Ich bedanke mich an dieser Stelle für die wirk-lich konstruktive Debatte, die wir hatten. Ich hoffe, dassdie Debatte weitergeht; denn die Menschen haben Inte-resse an dieser Debatte. Sie merken, dass das Thema sieetwas angeht, dass wir mit der bisherigen Wirtschafts-weise so nicht weitermachen können. Ich freue mich aufdie folgenden Debatten in der nächsten Legislatur.Vielen Dank.
Für die CDU/CSU-Fraktion gebe ich jetzt der Kolle-
gin Stefanie Vogelsang das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bevor
ich in einem kleinen Bericht auf die Arbeit und die Er-
gebnisse vor allen Dingen der Projektgruppe 2, die den
Auftrag hatte, ein neues Indikatorensystem zur Defini-
tion von Wohlstand und Lebensqualität zu erarbeiten,
eingehe, möchte ich eine grundsätzliche Bemerkung ma-
chen.
Am Anfang dieser Wahlperiode habe ich hier im
Plenarsaal der Debatte zur Einsetzung der Enquete-
Kommission gelauscht. Die Worte, die Frank-Walter
Steinmeier damals gesagt hat, habe ich noch genau im
Kopf. Auch an die Worte anderer Kollegen – auch von
den Grünen – erinnere ich mich noch gut. Sie haben ge-
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ir müssten die Wachstumskräfte herausarbeiten und
um Beispiel das Wachstum in Griechenland unterstüt-
en. Mit unseren Initiativen und unserem Engagement
üssten wir uns darauf konzentrieren, das Wachstum in
land, in Portugal, in Griechenland nach vorne zu be-
ommen; dann gehe es uns allen schon besser.
Meine Damen und Herren, bei der Diskussion über
ohlstand und Lebensqualität ist die Frage, was Wohl-
tand ist und wie man Wohlstand misst, wahrlich nicht
infach zu beantworten. Wir haben es uns auch sehr
chwer gemacht. Es gibt für diese Frage keine allge-
eingültige Antwort – die Sie von den Linken vielleicht
ätten: Wir als Zentralisten sagen, wenn die und die
unkte erfüllt sind, hat es euch gefälligst gut zu gehen.
Frau Kollegin – –
Wohlstand ist ein Begriff, den jeder etwas anders
ieht. Das haben wir auch gemerkt. Wir können den
ohlstandsbegriff nicht in eine einzige aggregierte Zahl
ressen, mit der wir dann verständlich darstellen könn-
n, wie es um den Wohlstand in Deutschland und da-
ber hinaus bestellt ist. Das ist überhaupt nicht zu ma-
hen, weil nicht alle Menschen gleich sind, weil nicht
lle Menschen gleich leben wollen,
eil es Unterschiede gibt, und zwar innerhalb von
eutschland, innerhalb von Europa und in der Welt.
Ich wollte Sie fragen, ob Frau Bulmahn Ihnen einewischenfrage stellen darf.
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30790 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
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Ja, das darf sie gerne.
Bitte schön.
Frau Vogelsang, stimmen Sie meinen folgenden Aus-
führungen zu? Wir alle haben in der Enquete – sowohl in
den Projektgruppen als auch in der Gesamt-Enquete –
die Auffassung vertreten, dass es nicht um die Frage
„Wachstum, ja oder nein?“ geht, sondern um die Frage,
wie man in einer Welt, in der 7 bis 10 Milliarden Men-
schen ein gutes Leben führen können sollen, die wirt-
schaftliche Entwicklung, den Arbeitsmarkt und die Um-
weltentwicklung so miteinander versöhnen kann, dass
wir auf der einen Seite die planetarischen Grenzen nicht
nur anerkennen, sondern auch einhalten und auf der an-
deren Seite diesen 7 bis 10 Milliarden Menschen ein
wirklich gutes Leben ermöglichen.
Es gab auch überhaupt keinen Dissens darüber, dass
es nicht möglich ist, dieses Ziel durch ein Zurück in die
Steinzeit zu erreichen, sondern dass wir es nur mit einer
hochleistungsfähigen, innovativen Wirtschaft erreichen
können.
Daher haben wir miteinander über die Frage disku-
tiert, wie wir eine solche Veränderung unserer Wirt-
schaftweise und Lebensweise erreichen können, um
diese beiden Ziele – Schutz der Umwelt und Einhaltung
der planetarischen Grenzen einerseits und ein gutes Le-
ben für 10 Milliarden Menschen andererseits – vereinba-
ren zu können. Das war doch der Kern unserer Debatten
und Diskussionen. Stimmen Sie mir zu? Das wollten wir
ja durch die Indikatoren abbilden, über die wir miteinan-
der diskutiert haben.
Frau Kollegin, im Großen und Ganzen stimme ich Ih-
nen zu. Bei der großen Mehrheit der Mitglieder der
Enquete-Kommission, die im Plenum und in der Projekt-
gruppe, die ich beurteilen kann – das war die Projekt-
gruppe 2 –, diskutiert haben, war die Diskussion auf
diese Ziele ausgerichtet. Was in den anderen Projekt-
gruppen stattgefunden hat, vermag ich nicht zu beurtei-
len. Danach haben Sie mich auch nicht gefragt. In den
Bereichen, in denen ich das beurteilen kann, ist es der
großen Mehrheit, aber eben nicht allen, um diese Inhalte
gegangen. Es war auch nicht für alle klar und selbstver-
ständlich, dass wir eine funktionierende und florierende
Wirtschaft brauchen, die auf Wachstumskräfte setzt, um
die Lebensqualität für möglichst viele Menschen auf die-
ser Welt zu verbessern.
Wir haben uns in unserer Projektgruppe schon nach
relativ kurzer Zeit, nachdem klar war – Frau Kollegin
Kolbe war es, glaube ich, die von der eierlegenden Woll-
milchsau gesprochen hat –, dass es diese eine verständli-
che Zahl nicht gibt, mit der Frage auseinandergesetzt, in
welchen Dimensionen in den Bereichen des Materiellen,
des Sozialen und der Ökologie wir mit welchen Indika-
toren abbilden können, wie es um den Wohlstand und
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ndere wollten wirklich nur eine einzige Zahl nehmen
nd alles zusammenmauscheln. Dann sähe aber niemand
ehr, wenn es bei der Bildung aufwärts und bei der Qua-
tät der Arbeit abwärts ginge. Alles würde zugekleistert
nd zugedeckt. Deswegen können wir damit nichts an-
ngen.
Die große Mehrheit der Enquete-Kommission ist der
lsenfesten Überzeugung, dass die Menschen in
eutschland nicht dämlich, sondern interessiert sind, und
ass sie sich sehr wohl die Entwicklung von zehn unter-
chiedlichen Indikatoren anschauen können. Anhand der
arstellung der Entwicklung dieser Zahlen können sie
ehr wohl abmessen, wie es in unserer Gesellschaft zu-
eht.
Einer unserer Sachverständigen – ich glaube, es war
er Professor Schmidt – hat immer gesagt: Jeder will Auto
hren können. Wir muten den Leuten zu, den Ölstands-,
eschwindigkeits-, Touren- und Benzinstandsmesser mit
inem Blick zu erfassen. Niemand spricht davon, dass
utofahren zu kompliziert ist. Um nichts komplizierter ist
nser Wohlstandsindikatorensatz, unser W3.
Wir als Koalitionsfraktion haben Ihnen einen Ent-
chließungsantrag vorgelegt, in dem wir die Bundesre-
ierung auffordern, unsere Arbeit in den nächsten Wahl-
erioden weiterzuführen. Wir möchten eben nicht, dass
nser dicker Bericht in den Aktenschränken verschwin-
et, sondern wir möchten, dass die Erkenntnisse, die wir
ewonnen haben, auch nach außen dokumentiert wer-
en. Wir möchten das in einem Gebäude, im Deutschen
undestag, präsent machen. Wir möchten, dass jeder
ürger, den es interessiert, die Entwicklungen und Ver-
nderungen sofort sehen kann. Wir möchten, dass das
tatistische Bundesamt diese Zahlen im Blick hat, die
eränderung dokumentiert und mitteilt.
Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.
Wenn wir Ihnen diese zehn Indikatoren mit den zehnarn- bzw. Hinweislampen als Empfehlung unterbrei-n, glauben wir sicherlich nicht, damit etwas ganz Per-ktes geschafft zu haben.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30791
Stefanie Vogelsang
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Wir sind felsenfest davon überzeugt, dass man in vier,sechs oder acht Jahren vielleicht sagen wird: Da fehltnoch etwas. Haben wir aber doch einfach den Mut, diesanzunehmen und diese Arbeit nach außen zu dokumen-tieren.Ich danke Ihnen.
Das Wort hat nun Matthias Zimmer für die CDU/
CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn mannach 28 Monaten teilweise heftiger Debatte – ein wenigdavon haben wir ja auch heute gespürt – heute die Mög-lichkeit hat, parlamentarisch das letzte Wort zu haben,erfüllt einen das natürlich schon mit Freude,
aber auch mit einer gewissen Demut. Lassen Sie michdeswegen mit einer eher nachdenklichen Note schließenund drei Fragen hervorheben, die für mich besondereBedeutung bekommen haben, auf die ich aber in der En-quete-Kommission keine endgültige Antwort gefundenhabe.Erstens. Die Rolle der Technik. Unsere Probleme sindvon Technik und einem technischen Denken hervorgeru-fen worden. Fast alle in der Kommission, über alle Frak-tionen hinweg, schienen der Auffassung zu sein, fürtechnische Probleme gebe es technische Lösungen: dieTechniken des Marktes, Umwelttechniken, Sozialtechni-ken, Herrschaftstechniken. Die Grammatik des techni-schen Denkens war auch in der Arbeit der Kommissiondominant. Wir mögen nicht mehr fortschrittsgläubigsein, aber wir sind zutiefst technikgläubig, bis in die Tie-fenstrukturen unseres Denkens hinein. Das ist das viel-beschworene Gehäuse der Hörigkeit, das wir durch un-seren Lebensstandard kommod ausgestattet haben.Wir sind wohlgenährte Troglodyten unserer techni-schen Möglichkeiten. Technikfolgen haben wir noch im-mer mit irgendeiner Folgetechnik bewältigt. Ich fragehier lediglich skeptisch: Können die Probleme auf Dauermit der Form des Denkens gelöst werden, die uns dieProbleme eingebracht hat?
Zweitens. „Wo keine Götter sind, da walten Gespens-ter“, so Novalis. Die technische Zivilisation hat ihre me-taphysische Heimat längst verloren. Die permanenteexistenzielle Absturzgefährdung wird durch die Ge-spenster unserer Zeit abgesichert: Konsum, Bedürfnisbe-friedigung, die Zufriedenheit im Materiellen, der Rauschund der Reiz des Neuen. Unser Gespenst, unser Fetisch,istodWjebMfezFanAVdsuDvBHteIcdsSisinbWnLmesindnrufatuukwwm
Drittens. Wir haben häufig über die Ambivalenz desortschritts diskutiert. Der Begriff scheint eingedunkelt,ber nach wie vor von faszinierender Strahlkraft. Immeroch verspricht er Befreiung von Mühsal und Plage, vonrbeit und Anstrengung. Immer noch steckt dahinter dieorstellung, der Mensch könne das verlorene Paradiesurch die Umgestaltung der Natur zurückgewinnen undich im Zuge dessen gewissermaßen selbst zivilisierennd veredeln.Das ist eine zentrale Idee im Projekt der Moderne.arin zeigt sich noch heute ihr überschießendes normati-es Potenzial. Es muss aber eingebunden werden in einild des Menschen, das ihn als Person ernst nimmt.ierzu hat gerade die katholische Soziallehre in den letz-n Jahrzehnten viel Nachdenkenswertes beigetragen.h wünsche mir persönlich, dass vor allem die Unioniese Ideen aufgreift, kreativ umsetzt und politisch wirk-am werden lässt. Wir wollen als Union nicht nur derachwalter des Bestehenden sein, der alles, was wirklicht, als vernünftig verklärt, und ebenso wenig sollten wir den Paradigmen reiner Marktliberalität gefangen blei-en. Dies sollten wir anderen überlassen.
Wir sind keine „gottlosen Selbstgötter“, um ein bösesort von Heinrich Heine aufzugreifen, und ebenso we-ig stimmen wir in das spöttische Lied ein, der idealeebenszweck sei Borstenvieh und Schweinespeck. Wirüssen schon den Ehrgeiz haben, die Gesellschaft nachinem im Transzendenten verhafteten Bild des Men-chen zu gestalten.Ich habe in den vergangenen 28 Monaten viel gelernt: den Sitzungen wie in den Arbeitsgruppen, durch Wi-erspruch ebenso wie durch Zuspruch. Das Lernen waricht nur ein inhaltliches; es bestand auch in der Erfah-ng der Kooperation über Fraktionsgrenzen hinweg. Imchlichen Ringen hat sich manche persönliche Hochach-ng entwickelt – auch Freundschaft. Am Ende bedrängtens aber der Eindruck, dass wir noch mehr hätten machenönnen. Manche Fäden blieben unverbunden liegen. Ichünsche mir, dass der Deutsche Bundestag an den aufge-orfenen Fragen weiter arbeitet.Dazu habe ich einen Wunsch. In der Arbeit der Kom-ission hat sich an vielen Stellen gezeigt, dass unser Er-
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30792 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Dr. Matthias Zimmer
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kenntnisinteresse die Mauern von Fraktions- und Koali-tionsdisziplin überwindet. Ich würde solchen Prozessengerne mehr Raum geben, ohne die Fragestellungen undErkenntnisse gleich wieder zu kanalisieren. Deshalb lau-tet mein Plädoyer: Wenn sich Enquete-Kommissionenmit Zukunftsaufgaben beschäftigen, sollten wir ihnenein wenig mehr Beinfreiheit lassen.
Ich bin der Überzeugung: Wir können es dem Deut-schen Bundestag zumuten, sich mit einem Bericht ausei-nanderzusetzen, der nicht schon von vornherein die ein-geübten Lagerzugehörigkeiten abbildet. Das erfordertvon allen Fraktionen ein wenig mehr Mut und ein wenigmehr Vertrauen. Aber ich glaube, es lohnt sich.
Ich schließe die Aussprache. Wir haben damit denSchlussbericht der Enquete-Kommission zur Kenntnisgenommen.Wir kommen zur Abstimmung über die Entschlie-ßungsanträge, zunächst über den Entschließungsantragder Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf Drucksache17/13730. Wer stimmt für diesen Entschließungsan-trag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – DerEntschließungsantrag ist mit den Stimmen der Koali-tionsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsfrak-tionen angenommen.Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD undBündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/13731. Werstimmt für diesen Entschließungsantrag? – Wer stimmtdagegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantragist mit den Stimmen der beiden Koalitionsfraktionen ge-gen die Stimmen von SPD und Grünen bei Enthaltungder Linken abgelehnt.Ich rufe den Zusatzpunkt 8 auf:Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Ge-setzes zur Bekämpfung des Menschenhandelsund Überwachung von Prostitutionsstätten– Drucksache 17/13706 –Überweisungsvorschlag:Rechtsausschuss
InnenausschussAusschuss für Wirtschaft und TechnologieAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendAusschuss für Menschenrechte und Humanitäre HilfeNach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für dieAussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ichhöre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache und erteile KollegenHartfrid Wolff für die FDP-Fraktion das Wort.
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urch die Erweiterung der Strafvorschrift des § 233 destrafgesetzbuches auf die Fälle des Menschenhandelsum Zwecke der Ausnutzung strafbarer Handlungen under Bettelei sowie zum Zwecke der Organentnahme wer-en diese Fälle ausdrücklich unter Strafe gestellt. Dieschafft Klarheit und trägt auch der Bedeutung dieser Kri-inalitätsphänomene Rechnung.
Viele zur besseren Bekämpfung des Menschenhan-els gemachten Vorschläge hätten eine intensivere Prü-ng und Erörterung erfordert,
ie jedoch wegen der Fristgebundenheit der Umsetzungieser Richtlinie in dieser Wahlperiode kaum realisierbarrschienen.
o halte ich es im Einvernehmen mit Bundesjustizminis-rin Leutheusser-Schnarrenberger für sinnvoll, sich iner nächsten Legislaturperiode nochmals an die Syste-atisierung und die Überprüfung der Straftatbeständeur Bekämpfung des Menschenhandels zu machen.Die von polizeilicher und staatsanwaltlicher Seite ge-rderte grundlegende Überarbeitung der Straftatbe-tände der §§ 232, 233 und 233 a StGB erscheint durchie relativ geringe Anzahl von Verurteilungen wegenieser Vorschriften, die nicht dem tatsächlichen Ausmaßieser Kriminalitätsform entspricht, als durchaus diskus-ionswürdig.
as wird in der nächsten Wahlperiode eingehend zu prü-n sein, und es werden gegebenenfalls gesetzgeberischeorschläge zu machen sein.Jedenfalls bleibt es ein schwerwiegendes Problem,ass oft Täter ihre Opfer unter Ausnutzung von Zwangs-gen, Hilflosigkeit, Gewalt oder Drohungen zur Aus-eutung und zur Prostitution bringen. Die kausale Ver-indung zwischen Zwangslage und Ausbeutung durchie Handlungen des Täters muss vorliegen und nachge-iesen werden, um nach derzeitiger Rechtslage verfolgterden zu können. Polizeien und Staatsanwaltschafteneisen darauf hin, dass der Nachweis dieser Umständeft schwierig ist.Immerhin ist es uns jetzt gelungen, einen wichtigenunkt außerhalb des Strafrechts anzugehen; das isturchaus beachtlich. Wir werden den Betrieb von Prosti-tionsstätten zukünftig entsprechend den Regelungen
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30793
Hartfrid Wolff
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für andere überwachungsbedürftige Gewerbe in die Ge-werbeordnung aufnehmen.Kaum jemandem im Lande ist verständlich zu machen,dass sich Betreiber von Spielhallen, Schankwirtschaftenoder Amüsierlokalen einer Betriebsüberwachung odergar einer Zuverlässigkeitsüberprüfung unterziehen müs-sen, aber ausgerechnet Betreiber von Bordellen nicht.Seit die Sittenwidrigkeit der Prostitution aufgehobenwurde, war es möglich, Prostitutionsstätten bis hin zumFlatrate-Großbordell ohne gewerberechtliche Überprü-fungsmöglichkeiten einzurichten.
Bei aller Freude über die Abschaffung von damals fal-schen Tabus: Eine solche Privilegierung eines bestimm-ten Gewerbes gegenüber anderen ist kaum nachvollzieh-bar.Eine gewisse Betriebsblindheit muss man der damali-gen rot-grünen Koalition schon attestieren.
Das grundsätzlich richtige Ziel, nämlich die Stärkungder Rechte von Frauen und die Herausnahme dieses Ge-werbebereichs aus der Illegalität, wurde zwar erreicht,die dazugehörigen gewerberechtlichen Rahmenregelun-gen unterblieben jedoch leider.
Dies hat zur Folge, dass wir in Deutschland der Ausbeu-tung von Frauen nicht wirkungsvoll genug entgegen-treten können. Bislang gab es kein gewerberechtlichesInstrument, beispielsweise einem verurteilten Men-schenhändler die erneute Eröffnung eines Bordells zuuntersagen.Mit unserem Gesetzentwurf wird eine automatischeÜberprüfung der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibendenunverzüglich nach Gewerbeanmeldung oder Gewer-beummeldung eingerichtet. Den zuständigen Behördenstehen nunmehr zur Überwachung des Betriebs zudemdie Auskunfts-, Kontroll- und Nachschaurechte des § 29der Gewerbeordnung zur Verfügung.Darüber hinaus kann der Gewerbebetrieb von Aufla-gen zum Schutz der Allgemeinheit, der Kunden, derProstituierten oder auch der Bewohner des Betriebs-grundstücks oder der Nachbargrundstücke vor Gefahren,erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungenabhängig gemacht werden. Dies ist ein deutlicher Fort-schritt und eine notwendige Ergänzung zum Schutz derin diesen Betrieben tätigen Frauen.Aber zu den weiteren Maßnahmen, die den Opfer-schutz beim Menschenhandel betreffen, gehört auch diedringend nötige Überprüfung ausländerrechtlicher Rege-lungen.
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wangsheirat wird jetzt explizit als Straftat benannt, undir haben den ausländischen Opfern von Zwangsverhei-tungen zudem ein eigenständiges Wiederkehr- bzw.ückkehrrecht eingeräumt.Die frühere Regelung, wonach der Aufenthaltstitel fürerschleppte junge Frauen nach sechs Monaten automa-sch erlosch, wurde für Opfer von Zwangsverheiratun-en nunmehr beseitigt. Etwas Vergleichbares strebt dieDP auch für die Opfer von Zwangsprostitution an. Diepfer müssen eine Chance erhalten, sich aus derwangslage befreien zu können, zu der leider oft auch Herkunftsland lebende Familien beigetragen haben.Des Weiteren gilt auch: Gerade zur Bekämpfung derrganisierten Kriminalität ist häufig die Aussage einespfers vor der Polizei oder im Gerichtsverfahren be-eutsam. Diese Aussage erhalten wir aber nur, wenn sichie Opfer vor Verfolgung hier oder im Heimatland sicherhlen können. Ein entsprechender Aufenthaltstitel wäreeshalb aus unserer Sicht wichtig.Da aber ausländerrechtliche Regelungen ebenso wieie eingangs genannten strafrechtlichen Lösungen er-ebliche Folgeprobleme aufwerfen können, müssen sieorgfältig erwogen und geprüft werden.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage desollegen Beck?Hartfrid Wolff (FDP):Ich bin gleich am Ende meiner Rede, dann können Sieine Kurzintervention machen.
Das werden wir in der nächsten Wahlperiode leisten.ür die FDP steht der effektive Schutz von Opfern anberster Stelle.
ie vergangenen vier Jahre mit einer Regierungsbeteili-ung der FDP waren vier gute Jahre für Deutschland.
erade im Bereich der Innen- und Rechtspolitik habenir einige Erfolge erzielt, die dieser Koalition anfangsaum einer zugetraut hätte.
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Hartfrid Wolff
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Das werden wir auch fortsetzen.Vielen Dank.
Das Wort hat nun Eva Högl für die SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Herr Wolff, das, was Sie hier vorlegen, ist eine Frech-heit.
Das wird dem Thema Bekämpfung des Menschenhan-dels in keinem Punkt gerecht. Menschenhandel ist einesder schlimmsten Verbrechen in der heutigen Zeit. Es istdie moderne Form der Sklaverei. Frauen werden zurProstitution gezwungen, Männer und Frauen unterschlimmsten Bedingungen ausgebeutet und Kinder zumBetteln genötigt. Zwangsprostitution, illegaler Organ-handel und Zwangsarbeit: Menschenhandel zielt immerauf die systematische Ausbeutung von Menschen. Es istleider ein äußerst gewinnbringendes Geschäftsfeld fürdie Täterinnen und Täter.
Durch die globale Vernetzung hat der Menschenhandelzusätzlich noch eine internationale Dimension bekom-men und entsprechend zugenommen.Der erste Bericht der Europäischen Kommission überMenschenhandel in Europa wurde gerade im April 2013vorgestellt, und er liefert erschreckende Zahlen. DieZahl der Opfer in der Europäischen Union ist zwischenden Jahren 2008 und 2010 um 18 Prozent auf über20 000 gestiegen. Wir wissen, dass die Dunkelziffernoch viel höher liegt. Die andere Zahl ist genauso er-schreckend: Die Zahl der Verurteilungen sank im glei-chen Zeitraum um 13 Prozent. Deswegen bin ich sehrfroh, dass wir in Europa Gesetze gegen Menschenhandelhaben. Es ist richtig und wichtig, dass sich Europa diesesThemas angenommen hat. Es gibt ein Übereinkommendes Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandelsaus dem Jahr 2005 und die Richtlinie zur Verhütung undBekämpfung des Menschenhandels vom 5. April 2011,die wir umsetzen müssen. Aber die Koalition versagtkomplett bei der wichtigen Aufgabe, diese gute Richtli-nie der Europäischen Union in deutsches Recht umzuset-zen.
Herr Wolff, die Koalitionsfraktionen hatten zweiJahre lang Zeit, dieses wichtige Thema engagiert anzu-gehen und sinnvolle gesetzliche Regelungen vorzulegen.Ich mache das nicht oft – Herr Kollege Uhl, Sie wissendgstidDdghSMaghdcehnLdhügeridfrOvpressbndAdOtee
Was brauchen wir? Wir brauchen einen wirksamenchutz der Opfer von Menschenhandel. Die Opfer vonenschenhandel sind schutzbedürftig. Wir brauchen vorllem eine Neuregelung im Aufenthaltsrecht. Wir wissenanz genau, dass die Personen, die Opfer von Menschen-andel werden, unter einem enormen Druck stehen, so-ass wir ihr Aufenthaltsrecht nicht davon abhängig ma-hen dürfen, ob es ein Strafverfahren gibt und ob sie ininem Strafverfahren aussagen. Wir müssen das Aufent-altsrecht so ausgestalten, dass sie unabhängig von ei-em Strafverfahren Bleibemöglichkeiten in unseremand bekommen. Das sagt auch die Richtlinie. Aberazu sagt Ihr Gesetzentwurf kein Wort.
Wir waren mit dem Rechtsausschuss in den USA undaben zusammen mit Herrn Kauder intensive Gesprächeber die dortigen Regelungen geführt. Wir haben uns an-eschaut, wie das T-Visum funktioniert. Wir waren unsinig, das ähnlich zu regeln. Die Opfer und ihre Angehö-gen sollten einen Aufenthaltstitel bekommen. Auchazu sagt Ihr Gesetzentwurf nichts.
Wir müssen die Opfer von strafrechtlicher Verfolgungeistellen. Wir wissen, dass es Begleitstraftaten derpfer gibt. Zum Beispiel verstoßen sie gegen die Straf-orschrift über die Verwendung falscher Ausweispa-iere, oder sie begehen Verstöße gegen das Aufenthalts-cht. Die Richtlinie verlangt, die Opfer von solchertrafrechtlichen Verfolgung freizustellen. Auch dazuagt Ihr Gesetzentwurf kein Wort.
Ich komme zu einem weiteren wichtigen Punkt. Eretrifft die Änderung des Strafrechts. Wir müssen nichtur die Opfer schützen, sondern auch gewährleisten,ass die Täter und Täterinnen effektiv bestraft werden.lle Experten, ob Polizei, Landeskriminalämter, Bun-eskriminalamt, Staatsanwaltschaften, Gerichte oderpferberatungsstellen, sind sich einig, dass unsere gel-nden Strafvorschriften ungenügend sind, wenn es umine wirksame Bestrafung der Täter und Täterinnen
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30795
Dr. Eva Högl
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geht. Darüber haben wir intensiv diskutiert, sowohl imRechtsausschuss als auch in einer Anhörung. Bislang istin § 233 StGB davon die Rede, dass der Täter das Opferunter Ausnutzung bestimmter Umstände zur Ausbeutungbringt. Es ist also ein Dazu-Bringen notwendig. Wirmüssen diesen Paragrafen so ändern, dass der Nachweis,dass das Opfer in die Ausbeutung gedrängt wurde, er-leichtert wird. Es muss künftig möglich sein, dass dieTäter schon dann bestraft werden, wenn sie die Voraus-setzungen für die Ausbeutung schaffen. Wir braucheneine andere Formulierung. Herr Wolff, Sie wissen ganzgenau, wovon ich spreche. Darin sind alle, die sich mitdieser Strafvorschrift befasst haben, einer Meinung.Aber was lese ich in Ihrem Gesetzentwurf? Ich zitiere:Die zur Verbesserung der Bekämpfung des Men-schenhandels in Fachkreisen, insbesondere seitensVertreterinnen und Vertretern von Opferinteressensowie von Seiten der Strafverfolgungsorgane disku-tierten weiteren Vorschläge hätten eine intensivePrüfung und Erörterung erfordert, die das wegender Fristgebundenheit der Umsetzung der Richtlinieangestrebte Inkrafttreten des Gesetzes in dieserWahlperiode kaum realisierbar erscheinen lassen.Herr Wolff, das ist eine Unverschämtheit; das ist eineFrechheit.
Sie hatten vier Jahre lang Zeit, sich intensiv Gedan-ken über gute Vorschläge zu machen. Stattdessen fügenSie in Ihrem Gesetzentwurf Folgendes an – weil es soscheußlich ist, muss ich auch das zitieren –:Diese und mögliche weitere Vorschläge auch außer-halb des Strafrechts zur Verbesserung der Bekämp-fung des Menschenhandels und zur Besserstellungseiner Opfer werden in der nächsten Wahlperiodeeingehend zu prüfen und gesetzgeberische Vor-schläge entsprechend dieser Prüfung zu erarbeitensein.Das ist unfassbar, meine Damen und Herren.
Die niedersächsische Justizministerin, Frau Niewisch-Lennartz, hat nicht einmal 100 Tage dazu gebraucht, umeinen exzellenten Gesetzentwurf zur Bekämpfung vonMenschenhandel vorzulegen. Ich erwähne das nur, um zuzeigen, dass man weniger als vier Jahre braucht, um zueiner guten Regelung zu kommen.Ich möchte noch eine Bemerkung zum Gewerberechtmachen. Wir haben eine Diskussion über unser Prostitu-tionsgesetz von 2001, das wir in rot-grüner Regierungs-zeit auf den Weg gebracht haben. Unser Ziel war es da-mals – das ist der Leitgedanke dieses Gesetzes gewesen;der gilt auch noch heute –, die Arbeitsbedingungen vonProstituierten zu verbessern. Das ist unsere Motivation.Prostituierte können jetzt ihren Lohn einklagen, sichkrankenversichern, sich arbeitslosenversichern und ren-tenversichern. Dieses Gesetz ist umfassend evaluiertworden. Wir haben auch eine lebendige DiskussiondmtudIckSnSdsru–gerepdsSwutiD–gkcIcra2abvicwmWvkmkb
h bin völlig offen für diese Diskussion, weil ich er-enne, dass wir einen Handlungsbedarf haben. Aber wieie, lieber Herr Wolff, das jetzt machen, kann man esicht machen.
ie fügen eine Nr. 7 im § 38 der Gewerbeordnung ein,efinieren aber nicht, was Prostitutionsstätten sind. Sieagen in der Gewerbeordnung mit keinem Wort, was da-nter zu verstehen ist.
Ich habe den Gesetzentwurf vorliegen. Ich habe ihnelesen und kann wohl lesen, Herr Wolff. – Wenn Sie esrnst damit meinen, Prostitutionsstätten dem Gewerbe-cht zu unterwerfen, dann müssen Sie eine Erlaubnis-flicht für Prostitutionsstätten einführen,
ann müssen Sie Kriterien festlegen, dann müssen Sieagen, was eine Prostitutionsstätte ist, wo sie in unserentädten und Gemeinden sein soll, wie groß sie sein soll,elche Betreiber sie haben soll und welche hygienischennd sonstigen Bedingungen zur Ausübung der Prostitu-on zu erfüllen sind.
as wäre richtig. Wir von der SPD sind die Allerletzten ich denke, das gilt auch für die Kolleginnen und Kolle-en vom Bündnis 90/Die Grünen –, die sich einer Dis-ussion darüber verschließen. Aber so, wie Sie es ma-hen, wird es den Bedürfnissen überhaupt nicht gerecht.h kann in diesem Zusammenhang nur auf den Bundes-t verweisen. Der Bundesrat hat sich am 11. Februar011 deutlich positioniert und genau in diese Richtungrgumentiert. Er hat gesagt: Wenn wir etwas am Gewer-erecht ändern, dann müssen wir eine Erlaubnispflichtorsehen.Meine Damen und Herren, ich wiederhole das, wash ganz am Anfang gesagt habe: Dieser Gesetzentwurfird dem gravierenden Problem des Menschenhandels,it dem wir uns auseinandersetzen müssen, in keinereise gerecht. Er sieht keinen umfassenden Opferschutzor, was die Richtlinie aber vorschreibt; Sie verlierenein Wort über Beratung, Sensibilisierung oder Begleit-aßnahmen, die für Opfer wichtig sind. Es findet sichein Wort zum Aufenthaltsrecht, und Sie scheitern auchei der wichtigen Frage der effektiven Bestrafung der
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30796 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Dr. Eva Högl
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Täter und der Täterinnen. Auch das wäre wichtig gewe-sen. Auch das schreibt die Richtlinie vor.Sie nehmen in Kauf, dass wir das Problem des Men-schenhandels nicht gut regeln, sondern dass es immermehr Opfer von Menschenhandel gibt. Ich sage es Ihnenganz offen, Herr Wolff: Dieser Gesetzentwurf ist Murks.Ich fordere Sie auf: Ziehen Sie ihn zurück! Lassen Sieuns nach dem 22. September neu starten.
Wir haben gute Ideen, wir haben Vorschläge vorge-legt. Wir sind dazu bereit – auch das wissen Sie –,gemeinsam mit allen Fraktionen zu einer guten Rege-lung zu kommen. Wir haben zu Anfang dieser Legis-laturperiode Ansätze gemacht.
Sie waren zu keinem Gespräch bereit. Das, was Sieheute vorlegen, ist alles andere als ein guter Gesetzent-wurf. Nutzen Sie die Chance, ziehen Sie den Gesetzent-wurf zurück! Setzen wir uns zusammen, und lassen Sieuns gemeinsam etwas machen, was den Opfern hilft undwas eine Bestrafung der Täter ermöglicht.
Vielen Dank.
Das Wort hat nun Ute Granold für die CDU/CSU-
Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
Das Thema Menschenhandel begleitet mich, seitdem ich
in diesem Parlament bin, seit genau elf Jahren. Seit ge-
nau elf Jahren gibt es auch das Prostitutionsgesetz. Las-
sen Sie mich von dem berichten, was ich aus meiner Er-
fahrung zu dem Thema weiß.
Ich bin im Stiftungsbeirat von Solwodi. Solwodi
kennt jeder, es ist eine Opferschutzorganisation. Ich
weiß also, wovon ich spreche. Ich bin erschüttert über
die Situation der Menschenhandelsopfer, insbesondere
der Zwangsprostituierten, nicht nur in Deutschland, son-
dern auch derjenigen in Europa und weltweit. Der Men-
schenhandel ist ein sehr lukratives Geschäft. 31 Milliar-
den Euro werden umgesetzt; mit steigender Tendenz.
Illegaler Waffenhandel und Drogenhandel sind nicht so
interessant und lukrativ wie Menschenhandel; denn
Menschenhandel ist ein Kontrolldelikt. Es werden Prio-
ritäten gesetzt, in welchen Bereichen die Polizei tätig ist.
Ich brauche die Zahl der verurteilten Zuhälter, der Men-
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Unser Gesetzentwurf ist keine „Frechheit oder Unver-
chämtheit“, sondern ein erster Schritt in die richtige
ichtung. Ich weiß wohl, dass es nur ein erster Schritt
t. Wenn ich sehe, worüber in den Jahren 2001, 2002
nd 2003 in diesem Hause diskutiert wurde und worüber
ir heute reden, dann stelle ich fest, dass wir nicht viel
eiter sind. Damals hatten wir andere Koalitionen. Inso-
rn müssen wir uns alle an die eigene Nase fassen.
Wir waren gerade mit dem Menschenrechtsausschuss
Genf. Dort haben wir mit der für die Bekämpfung von
enschenhandel zuständigen Kommissarin gesprochen.
h war bei vielen Veranstaltungen, auch mit Frau
r. Konrad, der ehemaligen Sonderbeauftragten der
SZE. Über Parteigrenzen hinweg versuche ich, Öffent-
chkeit für dieses Thema zu schaffen, weil es noch nicht
ffentlich genug ist. Wir müssen sensibilisieren.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage desollegen Beck?
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Nein. Das machen wir später, Herr Beck.
Wir versuchen, auf allen Ebenen eine Regelung zu
finden. Es wurde der Bericht über die Situation in Eu-
ropa angesprochen, der auf EU-Ebene erstellt und im
April veröffentlicht wurde. Wir kennen auch die Zahlen
für Deutschland. Wir haben eine hohe Dunkelziffer. Man
schätzt, dass es ungefähr 880 000 bis 900 000 Men-
schenhandelsopfer in Europa gibt. Jedes Opfer ist ein
Opfer zu viel. Wir sind bemüht, im Strafgesetzbuch – ich
brauche es nicht zu wiederholen – Regelungen zu tref-
fen. Wir müssen aber noch mehr tun. Wir müssen an die
Opfer denken, und wir müssen insbesondere Präven-
tionsarbeit leisten. 80 Prozent der Prostituierten, die hier
tätig sind, kommen aus dem Ausland. In der Regel kom-
men arme Menschen hierher. Wir müssen sie sensibili-
sieren, was es bedeutet, weiter in der Heimat zu leben
oder nach Deutschland zu kommen.
Das müssen wir auch wissen, wenn wir über das Blei-
berecht diskutieren. Für die Opfer aus Drittstaaten muss
es ein Bleiberecht geben – unbestritten. Die meisten Op-
fer, die wir in Deutschland zu beklagen haben – etwa
70 Prozent –, kommen aus Südosteuropa. Für sie braucht
es kein Bleiberecht, weil sie sich aufgrund der EU-Mit-
gliedschaft überall in Europa aufhalten können. Das
muss man bedenken, und man muss ehrlich sein. Wir
müssen auch darüber nachdenken, ob wir im Rahmen ei-
nes Strafprozesses – es geht hier nicht nur um das mate-
rielle Strafrecht – auch den Sachbeweis zulassen und
dort neue Wege gehen.
Wir sollten auch darüber nachdenken – dafür kämpfe
ich seit vielen Jahren –, ob wir unser Augenmerk nicht
auch auf die Freier richten. Wenn ein Freier weiß, dass er
zu einer Zwangsprostituierten geht, und das immer wie-
der tut, dann bin ich der Auffassung, dass dieser Freier
bestraft werden muss. Ein fertiger Gesetzentwurf liegt in
der Schublade.
Seit 2004 ist leider keine Umsetzung möglich.
Meine Redezeit ist leider vorbei.
Der Kollege Uhl wird sich noch einmal mit der Gewer-
beordnung befassen. Am Ende muss ich sagen: Wir soll-
ten nach diesem ersten Schritt gemeinsam sehr schnell
weitere Schritte in Richtung Opferschutz und Prävention
gehen. Die EU-Richtlinie, über die wir heute reden,
wurde mittlerweile von 13 der 27 Staaten umgesetzt. Es
gibt noch einiges, was wir tun können. Wir sollten Vor-
bild sein und sie umsetzen, aber auch die nächsten
Schritte, die dringend erforderlich sind, gehen.
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lf Jahre nach Einführung des Prostitutionsgesetzes, elfahre Kritik und Verbesserungsvorschläge – und jetzt ha-en wir dieses miserable Ergebnis?Das 2002 verabschiedete Gesetz hat zu einer Zu-ahme des Menschenhandels in Deutschland geführt.
u diesem Ergebnis kommt die von der Europäischenommission finanzierte Studie. Damit ist offenkundiguch das rot-grüne Prostitutionsgesetz gescheitert.
Eine EU-Studie aus dem Jahr 2005 hatte bereits aufer Basis verschiedener Daten errechnet, dass es im Jahr003 in Deutschland bis zu 24 700 Opfer von Men-chenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung gab. der neuen EU-Studie heißt es, dass es europaweit inen Jahren von 2008 bis 2010 eine Zunahme von Men-chenhandel um 18 Prozent gab. Man spricht allerdingsuch von einer viel höheren Dunkelziffer. Bei einer Un-rsuchung im Jahr 2007 hat die Bundesregierung festge-tellt, dass das Gesetz seine Ziele nicht erreicht hat. Den-och wurde bis heute nichts unternommen. Ihre aktuelleorlage ist nichts anderes als Flickschusterei.
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30798 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Katrin Werner
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Sie müssten sich erst einmal einen Überblick über diereale Lage verschaffen. Ist Ihnen überhaupt bekannt, wieviele Frauen in Deutschland zur Prostitution gezwungenwerden?Der Chef der Augsburger Kriminalpolizei hält eineGesetzesänderung für dringend erforderlich. Zitat:Deutschland ist zum Eldorado für Zuhälter undBordellbetreiber geworden. Laut Gesetz dürfen sieden Prostituierten sogar Anweisungen erteilen undwir als Polizei können nur zuschauen. Die Ausbeu-tung der Frauen geht also immer weiter.Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU undFDP, glauben Sie wirklich, dass Sie mit Ihrer Vorlage da-ran etwas ändern?
Vielleicht gehen Sie noch einmal Ihre eigene Begrün-dung durch. Sie schreiben selbst, die Vorschläge vonVertreterinnen und Vertretern von Opferinteressen zurVerbesserung der Bekämpfung von Menschenhandelhätten eine intensive Prüfung und Erörterung erfordert.Ich bitte Sie! Die Richtlinie ist vom 5. April 2011.Der Stichtag war der 6. April 2013.
Wie viel Zeit brauchen Sie eigentlich noch?
Zwei Jahre lang lief die Frist zur Umsetzung, und erstdie Rüge der EU-Kommissarin Malmström im April2013 hat Sie zu diesem Schnellschuss veranlasst.
Sie selbst verweisen in Ihrer Begründung zudem auf dieKritik von Vertreterinnen und Vertretern der Rechtswis-senschaft, der Polizei und der Staatsanwaltschaft.So schreiben Sie:Die polizeiliche und staatsanwaltliche Praxis kriti-siert, dass der Nachweis dieser Umstände– hier geht es um die Ausnutzung der Zwangslage derOpfer durch die Täter –sich als schwierig erweise. Unabdingbar sei dieAussage der Opferzeugen und -zeuginnen, die aberoft nicht oder nur schwer zu erlangen sei.Das lässt doch nur einen Schluss zu: Wir brauchenendlich einen effektiven Opferschutz. Geben Sie denOpfern die Gelegenheit, sich zu wehren, und schaffenSie endlich die gesetzlichen Grundlagen und erforderli-chen Bedingungen, um die Opfer zu schützen. LassenSie die Opfer nicht später zu Angeklagten werden undsie um Almosen betteln. Helfen Sie den Opfern aus derZwangslage. Wir brauchen ein Bleiberecht für alle Op-fer.
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ndernfalls müssten Sie nämlich die Machbarkeit undie finanzielle Unterstützung anders betrachten. Sie mei-en, dass dies keine zusätzlichen Haushaltsausgaben er-rdere. Glauben Sie allen Ernstes, den Menschenhandelhne den zusätzlichen finanziellen Aufwand von Bund,ändern oder Gemeinden eindämmen zu können undpfern damit wirklich zu helfen? Ich kann nur sagen,ie betreiben hier Augenwischerei.
Das Wort hat nun Monika Lazar für die Fraktion
ündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorinigen Tagen war in der Presse zu lesen, dass die Koali-on endlich das Thema „Kampf gegen Menschenhan-el“ angehen will. Ich war positiv überrascht, weil auchu lesen war, dass den Opfern von Menschenhandel end-ch ein Bleiberecht zugesichert werden soll. Diese For-erung teilen wir Grünen seit langem, sind aber bis jetztei der Regierung auf taube Ohren gestoßen. Ich zitiereus einem Interview mit Volker Kauder aus der Hanno-erschen Allgemeinen Zeitung vom 1. Juni:Wir können nicht länger hinnehmen, dass gerade inDeutschland die Rechte von Frauen so missachtetwerden und dass unser Land zur Drehscheibe fürMenschen- und Frauenhandel in Europa gewordenist. Das ist ein Skandal.
Klatschen Sie mal nicht zu früh; denn was haben Siearaus gemacht? Die Europakonvention gegen Men-chenhandel verpflichtet die Mitgliedstaaten zu umfas-enden Maßnahmen zur Prävention von Menschenhan-el, zur Strafverfolgung der Täterinnen und der Täternd zum Schutz der Opfer. Die Bundesregierung hat esdoch bei der Ratifizierung versäumt, diese notwendi-en Gesetzesänderungen vorzunehmen. Der nun vorge-gte Gesetzentwurf muss diese Richtlinie jetzt erfüllen;enn – es wurde schon gesagt – die Frist ist schon längsterstrichen.Doch anstatt genau hinzusehen, was die Richtlinie er-rdert, werden nur ein paar strafrechtliche Punkte auf-egriffen, und dann ist es mit der Menschenliebe schonieder vorbei. Opferrechte und Opferschutz werden inem Gesetzentwurf überhaupt nicht erwähnt. Das istirklich skandalös.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30799
Monika Lazar
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Der zentrale Punkt jeder strafrechtlichen Reform imBereich der Zwangsprostitution – die Strafbarkeit derFreier, die vorsätzlich die Situation einer Zwangsprosti-tuierten ausnutzen – fehlt gänzlich.
Dann steht in dem Gesetzentwurf auch noch ganzfrech – das wurde vorhin schon gesagt –, dass aufgrundvon Zeitmangel die Vorschläge der Akteurinnen und Ak-teure aus den Fachkreisen nicht hätten aufgenommenwerden können. Liebe Kolleginnen und Kollegen vonder Koalition, das heißt doch nur, Sie konnten sich nichteinigen. Denn Zeit genug hatten Sie ja: vier Jahre.
Der Schutz und das Interesse der Opfer wurden demStreit in der Koalition und den Ministerien einfach geop-fert. Es ist schlicht beschämend, dass Volker Kauder, wiein dem Interview, die Situation von Menschenhandels-opfern in Deutschland als einen Skandal beschreibt unddann mit einem so dünnen Papier um die Ecke kommt.
Er tönt außerdem, dass das rot-grüne Prostitutionsge-setz für alle Missstände verantwortlich sei.Elf Jahre nach Einführung des Gesetzes müssen wei-tere Schritte folgen. Da sind auch wir Grünen mit dabei.Wir fordern zum Beispiel auch gewerberechtliche Rege-lungen zur Kontrolle der Arbeitsbedingungen. Da schei-nen wir uns einig zu sein.
Doch wer regiert, der soll nicht über das lamentieren,was wir vor zwölf Jahren erarbeitet haben, sondern ei-gene Ideen präsentieren, die dann auch tragen.
Die Umsetzung der Richtlinie zum Menschenhandelwird nicht erst seit gestern diskutiert. Wir Grünen habendazu einen Gesetzentwurf vorgelegt – darüber wurdehier auch schon diskutiert –,
in dem wir ausführlich darlegen, was wir uns daruntervorstellen. Sie müssen dem nur zustimmen. Dann sindwir viel weiter als mit Ihrem dünnen Gesetzentwurf.
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Das Wort hat nun Hans-Peter Uhl für die CDU/CSU-
raktion.
Herr Präsident! Meine werten Kolleginnen und Kolle-en! Wir sind uns in unserer Abscheu gegenüber Men-chenhandel, Zwangsprostitution und ähnlichen Dingeninig. Wenn man aber über die Rechtslage, die jetzt be-teht, und den Gesetzentwurf, den wir vorlegen, disku-ert und Ihnen zuhört, dann reibt man sich die Augen.
h hoffe, alle von Ihnen haben den Spiegel der letztenoche gelesen, der einen 18-seitigen Befund enthält.
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30800 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Dr. Hans-Peter Uhl
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Auf dem Titelbild steht:BORDELL DEUTSCHLANDWie der Staat Frauenhandel und Prostitution fördert
Sie tun so, als hätte es nie ein rot-grünes Prostitutions-gesetz aus dem Jahre 2001 gegeben.
Die Vertreter von Rot und von Grün stellen sich hier hinund tun so, als hätten sie damit nichts zu tun.
Jeder Polizeibeamte, jeder Staatsanwalt, jeder Richter inganz Deutschland, der mit diesen Delikten zu tun hat,beklagt den jetzigen Rechtszustand.
Herr Kollege Uhl, gestatten Sie eine Zwischenfrage
des Kollegen Beck?
Nein. Der hat viel zu rechtfertigen, aber das tut erjetzt nicht auf meine Kosten.
Jetzt rede ich und werde dies im Detail darstellen.Herr Kollege Beck, Sie sind in der Spiegel-Titelge-schichte mit Bild und Text erwähnt. Erwähnt sind auch– in Sektlaune – die damalige SPD-FamilienministerinChristine Bergmann, die damalige Fraktionsvorsitzendeder Grünen, Kerstin Müller, und eine Bordellbesitzerin.
Mit einem Sektglas in der Hand prosten sie sich zu. Da-runter steht:Drei Frauen in Partylaune, weil Männer in Deutsch-land endlich bedenkenlos in Bordelle gehen konn-tenDas war Ihre Errungenschaft vor zwölf Jahren.
Jetzt kommen Sie daher und schelten uns dafür, dass wirzu wenig für die Reglementierung tun.
Sie waren es, die dieses kriminogene Milieu in denrechtsfreien Raum entlassen haben. Sie waren es, dieeine Dunkelziffer von Tausenden Zwangsprostituiertenzugelassen haben. Sie waren es, die die Polizei daran ge-hindert haben, Bordelle zu überprüfen, Razzien durchzu-füdn–DhemevDWtusteSKStitereinuhvzadKvDmDkreu
as steht auch in der Vorlage: Sie von der Oppositionaben zweimal vorgelesen, dass darin steht, es sei einrster Schritt in die richtige Richtung. Dieser Schritt gehtir nicht weit genug – ich hätte gern mehr gehabt –, aberr geht in die richtige Richtung, weg von Rot-Grün, wegon dem, was Sie damals gemacht haben.
as ist die richtige Richtung. Deswegen gehe ich deneg. Das ist zu wenig, aber es geht in die richtige Rich-ng.Meine Damen und Herren, wir sollten hier ehrlichein. Ich habe einen Vorschlag aus dem rot-grün regier-n Bremen gelesen: ein Prostitutionsgesetz über zehneiten, eine Reglementierungswut ohne Ende.
einem CSU-Politiker würde man so etwas zutrauen.ie sind jetzt an der Spitze der Bewegung der Reglemen-erung. Sie wollen an dieses Metier herangehen, als hät-n Sie nie was anderes gewollt. Meine Damen und Her-n, machen Sie es sich nicht zu leicht. Seien Sietellektuell redlicher
nd sagen Sie, dass Sie einen schweren Fehler begangenaben. Denn Sie haben in einer grenzenlosen Naivitätersucht, ein Gesetz zur Verbürgerlichung dieses Milieusu machen. Sie haben geglaubt, man könnte per Gesetzus einer Prostituierten eine Friseuse machen,
ie freudig ihrer Arbeit nachgeht, bei der Sparkasse einonto hat, in die Rentenversicherung einzahlt, kranken-ersichert ist, selbstbestimmte Sexdienstleisterin ist.ies und ähnlichen Schwachsinn musste man sich da-als, im Jahre 2001, anhören.
as alles ist wie eine Seifenblase zerplatzt, die Wirklich-eit hat Sie eingeholt, und jetzt wollen Sie reglementie-n. Wir auch,
nd deswegen fangen wir an.
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Dr. Hans-Peter Uhl
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Erstens. Man braucht eine Anmeldung bei der Be-hörde. Zweitens. Die Behörde hat das Recht, die Stättezu betreten. Drittens. Die Behörde kann daraufhin einenAuflagenbescheid erlassen. Das ist der Einstieg.
Die Folge wird sein, dass wir den völlig praxisuntaug-lichen § 232 StGB – und auch § 233 StGB, darüber hatnur keiner gesprochen: Ausbeutung der Arbeitskraft; esgeht nicht um Sex – schleunigst ändern müssen, weilbeide dem Geist und dem Wortlaut der EU-Richtliniewidersprechen.
Auch diesbezüglich haben Sie recht. Aber tun Sie hiernicht so, als ob Sie keine Schuld auf sich geladen hätten.
– Sie haben schwere Schuld auf sich geladen, Frau Högl;Sie am allermeisten, Herr Beck, das wissen Sie ganz ge-nau. Seien Sie ehrlich und anständig.
Wir brauchen die rechtlichen Möglichkeiten, in denBordellen Razzien durchzuführen. Wir brauchen dierechtlichen Möglichkeiten, ein Bordell zu schließen. Wirbrauchen die Zufälligkeitsprüfung. Wir brauchen dieVerurteilung von Menschenhändlern. Wir müssen die-sem verbrecherischen Milieu ein Ende machen. DieseForm der organisierten Kriminalität existiert in Deutsch-land in einem Ausmaß wie in keinem anderen europäi-schen Land. Das hat mit Ihnen zu tun, mit dem, was Sievor elf Jahren gemacht haben.
Ich möchte, dass wir das Thema aus dem Partei-enstreit herausnehmen. Nach dem Wahlkampf schauenwir uns Ihre Regelungsvorschläge an. Auch wir werdengenügend Regelungsvorschläge vorlegen.Wir machen jetzt unsere ersten Erfahrungen mit derAnmeldepflicht, mit dem Auflagenbescheid, den man er-lassen kann. Das ist der Einstieg, geht in die richtigeRichtung und führt weg von der Regelungsfreiheit, vomrechtsfreien Raum, den Sie geschaffen haben: Rot-Grün.
Jeder Jurist, jeder Mensch, der seine Sinne beisam-men hat, weiß: Wenn sich der Staat total zurückzieht,dann erzeugt das einen rechtsfreien Raum. Was passiertdann? Dann gilt das Recht des Stärkeren. Und wer ist indem kriminellen Milieu „Prostitution“ der Stärkere, werist der Schwächere? Muss man diese Frage stellen? Daskann doch jeder beantworten. Der Stärkere ist der Zuhäl-ter, die Schwächere ist die Frau.
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ir wollen Frauen schützen; mehr wollen wir nicht.
h erwarte Ihren Beitrag, um auf diesem Weg voranzu-ommen.Wir sind nicht am Ende, sondern am Anfang. Es istin kleiner Schritt in die richtige Richtung, weg von Rot-rün.
Es folgt eine Kurzintervention des Kollegen Volker
eck.
Herr Uhl hat mich angesprochen, weil ich skandalö-erweise mit Bild und Zitat in einem Artikel vorkomme.Ich möchte ein paar Sachen klarstellen. Ich bekenne,ass das Prostitutionsgesetz unvollendet geblieben ist,ber mehr war mit der damaligen Justizministerin nichtu machen. Wir hätten uns eine positivrechtliche Ausge-taltung des Berufszweiges oder des Gewerbes ge-ünscht. Dann hätten wir die jetzigen Probleme nicht.ie lösen sie allerdings auch nicht.Das Prostitutionsgesetz hat zu einer Verbesserung derituation für die Prostituierten geführt, aber nicht ausrei-hend. Ich bitte Sie, zur Kenntnis zu nehmen, dass dieozialversicherungsquote bei Prostituierten nach In-rafttreten dieses Gesetzes um 10 Prozent gestiegen ist.
Zukunft wird eine Krankenkasse nicht argumentierenönnen: Du bist Prostituierte, hast dich aber heimlich alsausfrau oder als Reinigungskraft bei uns angemeldet. –uch für den Status der Prostituierten besteht Rechts-icherheit. Hier haben wir im Sozialversicherungsrechtinen Fortschritt bewirkt, der zu einer höheren Versiche-ngsrate geführt hat.Zu der Entwicklung der Zahlen der Menschenhandel-opfer. Wir hatten im letzten Jahrzehnt tatsächlich einerhöhung zu verzeichnen, aber nicht nach dem Inkraft-eten des Gesetzes, sondern nach dem Beitritt – dasann man in der polizeilichen Kriminalstatistik gut nach-erfolgen – von Bulgarien und Rumänien zur Europäi-chen Union.Ihre eigene Bundesregierung hat uns auf Nachfrageitgeteilt: Die Zahl der Menschenhandelsopfer, die Ver-rteilungszahlen und die Zahl der Verfahren sind in dentzten Jahren – unabhängig von der Frage, dass wir im-
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Volker Beck
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mer eine hohe Dunkelziffer haben, was problematischist – in allen Parametern gesunken. Das ist kein Grundzur Entwarnung, aber es ist ein Argument dafür, der De-batte nicht diese Art von Propaganda anzuhängen.Die entscheidende Frage ist doch: Gibt dieser Gesetz-entwurf jetzt auf irgendeines der objektiv bestehendenProbleme – die hier niemand abstreitet – tatsächlich eineAntwort? Sie schrauben ein bisschen am Strafrahmenherum. Ansonsten nehmen Sie diese untaugliche Gewer-berechtsregelung vor, die nur eine Rechtsposition stärkt,nämlich die der Nachbarn, die auf ihren GrundstückenNachteile durch Bordelle befürchten. Für den Schutzvon Prostituierten machen Sie nichts. Dafür müssten Sienämlich eine Erlaubnispflicht einführen. Sie müsstenden Bordellbetreibern aufgeben, ihr Rechtsverhältnis zuden Prostituierten zu dokumentieren, damit die Gewer-beaufsicht überhaupt nachprüfen und Fakten findenkann, die auf eine Ausbeutung von Prostituierten hin-deuten.
Herr Kauder hat erwähnt, wir würden für Menschen-handelsopfer in Zukunft ein Aufenthaltsrecht schaffen.Es gibt einen Gesetzentwurf von uns, der das vorsieht.Den kann man bei der zweiten und dritten Lesung ein-fach mit beschließen; dann haben wir das. Davon aberfindet sich in Ihrem Gesetzentwurf komischerweise keineinziges Wort.Ich verstehe auch nicht, warum wir die Strafbarkeits-lücke für den Fall nicht schließen, dass Freier vorsätzlichund wissentlich die Zwangslage einer Prostituierten aus-nutzen, indem sie ihre sexuellen Dienstleistungen in An-spruch nehmen. Warum bestrafen wir das nicht?
Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.
Ja.
Herr Kollege Uhl, Sie haben Gelegenheit zur Re-
aktion.
Herr Kollege Beck, zunächst zu dem, was Sie amSchluss gesagt haben. Sie haben gesagt, dass Sie mehrmachen wollten, dass die Reform nicht vollendet warund dass Sie dies bedauern. Die SPD-Justizministerinhabe dies anscheinend nicht mitmachen wollen. Dazumuss ich Ihnen eines sagen: Wenn Sie, was ich Ihnenglaube, mehr machen wollten, das aber nicht machenkonnten, hätten Sie die Entlassung des gesamten Milieusaus dem Recht der Überprüfung nicht mitmachen dür-fen.Erstens. Sie durften ein solches Milieu, das so krimi-nogen ist, nicht in den rechtsfreien Raum entlassen, nurwluhjeeKnDRgtäkEsIhWdsdfeUdPwdMhnhkjeinisgMsgwDxgzDsw
ie Länder können dies also auf der Grundlage ihresechts machen.Ich komme zu Ihrer Statistik. Jeder Politiker bemühterne statistische Zahlen, weil sie eine Scheinobjektivi-t darstellen. Meine Damen und Herren, diese Statisti-en über Menschenhandel – dabei geht es um Erkennen,rmitteln und Verurteilen – sind – erlauben Sie mir diesealoppe Formulierung – eine „Deppenstatistik“. Ich sagenen auch, warum.Menschenhandel ist ein klassisches Kontrolldelikt.enn Sie nicht kontrollieren, können Sie statistisch zuem Ergebnis kommen: Bei uns gibt es keinen Men-chenhandel. Das ist so, als wenn Sie die Kontrolleure,ie das Schwarzfahren in der U-Bahn ermitteln, abschaf-n würden. Dann würde es keine Schwarzfahrer in der-Bahn mehr geben. So ist es auch beim Menschenhan-el.Wenn Sie ein Gesetz machen, nach dem Bordelle undrostitutionsstätten nicht mehr überprüft werden dürfen,eil die Polizei keine rechtliche Handhabe mehr hat,ort hineinzugehen und zu kontrollieren, können Sieenschenhandel natürlich auch nicht feststellen. Daseißt, in der Strichliste gibt es keinen Strich. Das Ergeb-is stellt dann auch keine Beurteilung von Menschen-andel dar.
Wenn Sie das noch mit dem praxisuntauglichen § 232ombinieren – auf seiner Grundlage kann man den sub-ktiven Tatbestand kaum nachweisen; wenn man nichts Bordell hinein kann, dann schon gleich gar nicht –,t die Verurteilung von der Aussage des Opfers abhän-ig. Wenn dann die arme Frau, die vielleicht noch denut hatte, bei der Polizei gegen den Peiniger bzw. Men-chenhändler auszusagen, diesem im Gerichtssaal ge-enübersitzt, wird sie ihre Aussage sofort zurückziehen,eil sie weiß, was ihr droht, wenn sie die aufrechterhält.as Problem besteht also in der Kombination eines pra-isuntauglichen Paragrafen mit der Rechtslage, die Sieeschaffen haben, dass man in den Bordellen keine Raz-ien mehr durchführen darf.
as heißt, man hat keine Erkenntnislage, um einen Men-chenhändler zu verurteilen. Das ist die Lage, und des-egen haben sich die Zahlen so entwickelt, wie sie jetzt
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Dr. Hans-Peter Uhl
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sind. Wir haben in Deutschland wegen Ihrer Gesetzge-bung so viel Menschenhandel wie nie zuvor.
Das Wort hat nun Frank Heinrich für die CDU/CSU-
Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undKollegen! Ich erspare es mir, jetzt all die Zahlen, dieman anführen könnte, zu nennen. In den letzten Wochenhat in Deutschland eine Debatte über Menschenhandel inForm von Zwangsprostitution begonnen, möglicher-weise ausgelöst dadurch, dass die EU-Richtlinie zumKampf gegen Menschenhandel nicht fristgemäß umge-setzt wurde.Der Münchener Polizeipräsident wird in dem besag-ten Spiegel-Artikel zitiert. Er beklagt die „explosionsar-tige Zunahme des Menschenhandels aus Rumänien undBulgarien“. Herr Beck, das kann tatsächlich unter ande-rem an diesen beiden Ländern liegen. Aber er sprichtvon einer „explosionsartigen Zunahme“.Doch es fehle ihm an Möglichkeiten, zu ermit-teln. … „Wir können nichts beweisen.“Die Gründe dafür hat mein Kollege gerade dargestellt.Die Niederlande, das erste Land, das die Prostitutionlegalisiert hat, prüft gerade die negativen Folgen dieserEntscheidung. In Frankreich ist es das Gleiche. Die Lon-don School of Economics hat Anfang dieses Jahres eineStudie herausgegeben, in der der Frage nachgegangenwurde, ob die legalisierte Prostitution den Menschen-handel fördert. Diese Frage haben Sie, Frau Lazar, an-ders beantwortet. Die London School of Economicskommt zu einem klaren Ergebnis: Ja, der registrierte Zu-strom aufgrund von Menschenhandel ist in den Ländern,in denen die Prostitution legalisiert ist, deutlich höher.Viele Prostituierte arbeiten nicht freiwillig. Die Quotemöchte ich jetzt gar nicht nennen.
Die Frauen werden gehandelt und sexuell ausgebeutet.Das ist Sklaverei. Frau Högl, an der Stelle gebe ich Ih-nen vollkommen recht. Die sexuelle Ausbeutung vonFrauen als moderne Form der Sklaverei fällt in Deutsch-land unter anderem aufgrund der Diskussion, wie wir siejetzt gerade erleben, auf sehr fruchtbaren Boden. LautHydra e. V. arbeiten 400 000 Prostituierte in Deutsch-land. Der Leiter der Abteilung Organisierte Kriminalitätim LKA Niedersachsen sagt: Neun von zehn Prostituier-ten werden zur Prostitution gezwungen.
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dem Gesetzentwurf steht – das haben wir mehrfachetont –, dass dies ein erster Schritt ist, dem weitere fol-en sollen. Dies ist ein erster wichtiger Schritt zur Be-ämpfung von Menschenhandel.
ies ist eine notwendige Voraussetzung, um Opfer undotenzielle Opfer zu schützen. Nach dem Gesetzentwurfollen Prostitutionsstätten der gewerberechtlichen Über-achung unterworfen werden.
as ist ein erster Schritt. Realpolitisch ist das sehr wich-g.Wir Menschenrechtspolitiker wünschen uns natürlich das gilt für alle in unserer AG –, dass diesem erstenchritt weitere folgen werden. Wir gehen vom Ideal aus,uchen nach der idealen Politik. Die Stichworte stehen Raum – Sie haben sie genannt –, zum Beispiel dasleiberecht. Wir reden darüber, dass wir beim Aufent-altsrecht möglicherweise zu Verifizierungen kommenüssen.
as hat der Kollege Wolff eindeutig gesagt.Wir müssen Ideen einbringen. Deshalb habe ich eserne gehört, was Sie zu Bremen gesagt haben. Viel-icht brauchen wir einen nationalen Berichterstatter,ielleicht sollte eines der vier beteiligten Ministerienine Studie, eine Dunkelfeldanalyse in Auftrag geben.inige Vorschläge sind schon genannt worden.Die Zahl der Menschen, die in Deutschland auf eintärkeres Engagement warten, auch von uns im Bundes-g, ist gestiegen. Eine der wenigen Resolutionen, dieuf dem Kirchentag verabschiedet wurden, befasste sichit diesem Thema. Vor wenigen Wochen wurde der Ver-in „Gemeinsam gegen Menschenhandel“ gegründet.rojektträger, Hilfsorganisationen und Netzwerke ver-
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Frank Heinrich
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folgen gemeinsam die Ziele: Öffentlichkeit schaffen– Frau Granold, Sie haben sehr oft betont, wie wichtigdie Sensibilisierung ist –, Prävention, Opferschutz undmöglicherweise gesetzgeberische Folgen. Durch die Me-dien haben wir jetzt die Möglichkeit, unsere Botschaftzu adressieren. Dabei sehen wir, dass nicht nur auf Staatund Politik gewartet wird. Überall in Deutschland orga-nisieren sich Menschen, um diese Missbrauchsmöglich-keiten einzudämmen. Dabei geht es nicht gegen dieProstitution als solche, sondern gegen die kriminellenDehnfugen oder Sollbruchstellen, die in diesem Umfeldeine üble Rolle spielen.Als Menschenrechtler hat mich ein Satz aus einer derletzten Reden des Gründers der Heilsarmee – Sie wissen,dass ich dort seit langer Zeit Mitglied bin –, WilliamBooth, geprägt. Das treibt mich immer wieder an. In sei-ner letzten öffentlichen Rede in der Royal Albert Hall inLondon sagte er 1912 Folgendes:Solange Frauen weinen, wie sie es jetzt tun – willich kämpfen; solange Kinder Hunger leiden müssen, wie sie esjetzt tun – will ich kämpfen; solange Menschen ins Gefängnis müssen, rein undraus, rein und raus – will ich kämpfen;solange es Mädchen gibt, die auf der Straße unterdie Räder geraten,solange es eine Seele gibt, in der das Licht Gottesnoch nicht scheint – will ich kämpfen.Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich schließe die Aussprache.Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-wurfs auf Drucksache 17/13706 an die in der Tagesord-nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt esdazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.Dann ist die Überweisung so beschlossen.Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe nun den Ta-gesordnungspunkt 9 auf:Beratung des Antrags der AbgeordnetenDr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, KerstinAndreae, Birgitt Bender, weiterer Abgeordneterund der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENAltersarmut bekämpfen – Mit der Garantie-rente– Drucksache 17/13493 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendHaushaltsausschussNach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für dieAussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ichhöre dazu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlos-sen.SnDWRakVddruBtewwjeÜCSswtehRLLsSnEsadZseuewsMKE
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!as ist das für ein absurdes schwarz-gelbes Theater zurente? Da macht die Regierung vier Jahre bei der Rentebsolut nichts außer vielen Versprechungen, und dannommt Angela Merkel und macht die nächsten großenersprechungen. Jetzt sollen die Mütter daran glauben,ass ihre Rente erhöht wird. Wo ist der Gesetzentwurfazu? Wer regiert hier eigentlich? Und die Finanzie-ng? Für Volker Kauder kein Problem. Er sagte imericht aus Berlin: Das wird aus dem Zuschuss zur Ren-nversicherung finanziert, der sowieso schon gezahltird. – Hallo? Was ist denn das für ein Unsinn? Mittler-eile hat es aber auch Volker Kauder kapiert und sagttzt: Alles steht unter einem Finanzierungsvorbehalt. –bersetzt: Es wird nicht kommen. Das ist typisch CDU/SU bei der Rente: große Klappe, nichts dahinter.
Die größte Lautsprecherin ist Ursula von der Leyen.chon im Koalitionsvertrag gab es eine Reihe von Ver-prechungen zur Rente, aber die Bundesministerinurde nicht müde, weitere Versprechungen draufzusat-ln: Kombirente, bessere Zuverdienstmöglichkeiten, er-öhte Zurechnungszeiten bei der Erwerbsminderung,ente für Selbstständige und nicht zu vergessen ihrieblingsprojekt, die Zuschussrente oder neuerdings dieebensleistungsrente. Aber kein einziger dieser Vor-chläge hat es überhaupt nur in den Bundestag geschafft.chwarz-Gelb kann es nicht, und Sie wollen auch garicht.Dabei ist die Altersarmutswelle schon längst in Sicht.s wäre dringend notwendig, einen Damm zu bauen, umie abzuwehren. Was hat die Ursula von der Leyen nichtlles für ein Bohei gemacht? Sie hat einen Regierungs-ialog und eine mediale Kampagne über die Bild-eitung und andere Medien inszeniert, um ihre Zu-chussrente zu vermarkten,
ine Zuschussrente, die kaum jemandem geholfen hättend handwerklich so schlecht war, dass die Referenten-ntwürfe immer wieder nachgebessert werden mussten,obei sie nicht wirklich verbessert wurden; denn sieind immer schlechter geworden.
ittlerweile ist die Zuschussrente mausetot. Kollegeolb wird das gleich bestätigen.Es gibt ein neues Schlagwort: Lebensleistungsrente.in Konzept dazu gibt es nicht. Von der Leyen hat völlig
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30805
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn
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versagt. Nichts wurde gegen Altersarmut getan. Frauvon der Leyen, Sie haben mehrfach gesagt: Ich stehe fürdie Zuschussrente, und ich werde mich daran messenlassen. – Wenn Sie konsequent wären, müssten Sie zu-rücktreten.
Die Alternative zu dieser schwarz-gelben Nullnum-mer ist die grüne Garantierente. Sie schützt zielgenauund effektiv vor Altersarmut. Sie erreicht die von Alters-armut bedrohten Gruppen, insbesondere die Frauen. Sieist schnell umsetzbar, und sie ist durch unser Steuerkon-zept auch gegenfinanziert. Auch das unterscheidet unsvon Schwarz-Gelb: eine solide und gerechte Finanzie-rung, ohne neue Schulden aufzunehmen.
Die grüne Garantierente funktioniert nach dem 30-30-Prinzip. Jeder und jede, der oder die 30 Jahre in der Ren-tenversicherung versichert war, erhält garantiert eineRente von mindestens 30 Entgeltpunkten; dies sind zur-zeit etwa 850 Euro. Bei den 30 Versicherungsjahren wer-den sämtliche rentenrechtlichen Zeiten mitgerechnet,also auch Zeiten der Arbeitslosigkeit, Bildungszeiten,Zeiten der Pflege und Zeiten der Kindererziehung biszum zehnten Lebensjahr. Wir haben die Garantierente soausgestaltet, dass sie auch von denen realistisch erreichtwerden kann, die tatsächlich von Altersarmut bedrohtsind. Das unterscheidet unser Konzept vom Konzept derCDU/CSU, aber auch von der Solidarrente der SPD, diejeweils 40 Jahre zur Bedingung machen. Wir brauchenaber kein Placebo, sondern einen echten Schutz vorAltersarmut. Wir brauchen die grüne Garantierente.
Für uns ist außerdem wichtig: Die Garantierente isteine Versicherungsleistung, eine Rente, und keine zweiteGrundsicherung. Die Menschen haben ein Anrecht da-rauf, weil sie lange rentenversichert waren. Wer langeeingezahlt hat, soll eine Garantierente bekommen, ohnezum Amt gehen zu müssen und ohne umfassende Ein-kommens- und Vermögensprüfung. Das unterscheidetdie grüne Garantierente von allen anderen Konzepten,auch von der Mindestrente der Linken, die ebenfalls be-dürftigkeitsgeprüft ist.
Wir brauchen aber keine zweite Grundsicherung. Wirbrauchen eine Garantierente.
Schließlich: Die grüne Garantierente ist eingebettet inein Gesamtkonzept. Dazu gehören vor allem präventiveMaßnahmen – in der Bildung, auf dem Arbeitsmarkt –,mit einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn,mit gleichem Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit,mit höherer Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren.AminteuhDlaraFDukuwnfetiMwtüdvc2Whzz2d
nd für Arbeitslosengeld-II-Bezieherinnen und -Bezie-er müssen wieder Rentenbeiträge gezahlt werden.iese präventiven Maßnahmen wirken nur mittel- bisngfristig. Deshalb brauchen wir schnell die grüne Ga-ntierente gegen die Altersarmutswelle, bevor die großelut kommt.
ie präventiven Maßnahmen sind unbedingt notwendig,m die Garantierente auch langfristig finanzieren zuönnen, damit der Damm auch noch in 20 Jahren hältnd dann noch besser vor Altersarmut schützt.Noch 108 Tage bis zur Bundestagswahl; dann gehenir daran, die Rente zukunftsfest zu machen,
achhaltig finanziert und armutsfest. Schwarz-Gelb hatrtig.
Das Wort hat nun Peter Weiß für die CDU/CSU-Frak-
on.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!an merkt in den Bundestagsdebatten in dieser undahrscheinlich erst recht in der kommenden Woche na-rlich: Es geht langsam auf den Wahlkampf zu. Da hatie Opposition vor allen Dingen ein Anliegen, nämlichon zwei wichtigen Tatsachen abzulenken.Die erste Tatsache ist: Die gesetzliche Rentenversi-herung in Deutschland steht besser da als in den letzten0 Jahren.
ir haben Rücklagen von 29 Milliarden Euro; so vielatten wir in den letzten 20 Jahren noch nie. Die Renten-ahlungen sind sicher. Sie sind auf jeden Fall sicherer alsum Ende der rot-grünen Koalition 2005.
005 musste die Rente auf Pump, mit zusätzlichen Kre-iten, ausgezahlt werden.
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30806 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Peter Weiß
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Jetzt haben wir Rücklagen von 29 Milliarden Euro. Dasist der Erfolg unserer Rentenpolitik.
Zweitens. Warum kommen die Oppositionsparteienmit Garantierente, Solidarrente und anderen Ideen?
Weil die Rentenreform von 2001 – Walter Riester, Rot-Grün – einen großen Fehler hatte, der damals offensicht-lich nicht erkannt oder bewusst verschwiegen wurde,nämlich: Wenn das Rentenniveau sinkt, wird für denjeni-gen, der ein Leben lang gearbeitet und relativ wenig ver-dient hat, die Gefahr, im Alter auf staatliche Stütze ange-wiesen zu sein, von Tag zu Tag größer.
Die wertvolle Empfehlung lautete – das hat Rot-Gründamals beschlossen –, jeder möge doch bitte auch in eineBetriebsrente einsparen und möglichst auch einenRiester-Sparvertrag abschließen. Das lohnt sich für je-manden mit niedrigem Verdienst im Zweifel gar nicht,auch wenn er sich das Geld vom Mund abspart,
weil beides auf die Grundsicherung angerechnet wird.
Das ist der eigentliche Webfehler der Riester’schen Ren-tenreform,
der bis zum heutigen Tag vorhanden ist.Jetzt wollen Rot und Grün so tun, als hätten sie damitnie etwas zu tun gehabt.
In der Rede des Kollegen Strengmann-Kuhn ist die Ren-tenreform von 2001 mit keinem Wort vorgekommen.Das nennt man „sich aus der Verantwortung stehlen“.
Jetzt kommen die sagenhafte Vorschläge, wie dasGanze zu reparieren ist.
–wWsmkdwsSwliDKdnGneUwvskDgRhecb
ie Mütterrente scheint ihnen – der Kanzlerin und Herrn
auder – ein drängendes Thema zu sein, zumindest me-
ial. Wir möchten jetzt gerne wissen, ob wir damit rech-
en können, dass Sie hierzu – obwohl Sie auf diesem
ebiet vier Jahre lang nichts getan haben – zeitnah, also
och in dieser Legislaturperiode, einen Gesetzentwurf
inbringen.
Frau Kollegin, das Thema Mütterrente ist uns alsnionsfraktion deswegen so wichtig,
eil für die Zukunft der Rentenversicherung nicht nuron Bedeutung ist, ob Beiträge gezahlt worden sind,ondern auch, ob Kinder/Enkelkinder da sind, die dieünftige Rente finanzieren.
eswegen ist die Union schon immer der Auffassungewesen, dass Kindererziehungszeiten in der Rente eineolle spielen sollten. Helmut Kohl und Norbert Blümaben im Jahr 1986 dafür gesorgt – das war zum aller-rsten Mal in der Geschichte der deutschen Rentenversi-herung –, dass Kindererziehungszeiten bei der Renteerücksichtigt werden.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30807
Peter Weiß
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Wir wollen die Anrechnung von Kinderziehungszei-ten noch einmal deutlich ausweiten. Das kostet Geld; dasist richtig. Ich will aber darauf hinweisen, dass von denjährlich 11 Milliarden Euro, die der Bundesfinanzminis-ter zwecks Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausdem Steuersäckel an die Rentenkasse überweist, derzeitgerade einmal 6 Milliarden Euro tatsächlich für die An-rechnung von Kindererziehungszeiten ausgegeben wer-den. Sie sehen: Da sind noch finanzielle Spielräume vor-handen.
Das Zweite. Sie fragen ständig danach – nicht nur inder Rentendebatte, auch in anderen Debatten –, ob vonder Koalition nicht jetzt noch, in den letzten drei Sit-zungswochen des Parlaments vor der Wahl, Gesetzent-würfe zu erwarten sind.
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich finde diese Fragescheinheilig. Sie haben uns doch schon angekündigt,dass Sie jeden Gesetzentwurf, der die Rente betrifft, inden Vermittlungsausschuss ziehen werden.
Im Vermittlungsverfahren wollen Sie dann Ihre Vor-schläge auf die Tagesordnung setzen. Es ist unehrlich,die Koalition zum Handeln aufzufordern, wenn mangleichzeitig schon den Knüppel in der Hand hat, mit demman verhindern will, dass in dieser Legislaturperiodenoch etwas beschlossen wird.
Mit Ihrer Verfahrensmehrheit im Vermittlungsausschusshaben Sie uns schon jetzt hängen gelassen, zum Beispielbei der Gebäudesanierung, bei der Entlastung der klei-nen Einkommen, beim Abbau der kalten Progression.Die Folge ist, dass die Bürgerinnen und Bürger finanziellverhungern. Das ist unverantwortlich.
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Das Zweite ist: Ein Riester-Vertrag oder eine Be-iebsrente, die man angespart hat, soll auf die Garantie-nte angerechnet werden; nur 20 Prozent soll man be-alten dürfen. Ist jemand dagegen Einkommensmillionär vielleicht weil er das Geld mit etwas ganz anderem alsit dem, was man in die Rente einzahlt, verdient hat –,ann wird es nicht angerechnet. Das soll mir jetzt mal ei-er klarmachen: Beim Einkommensmillionär sollen dieentenpunkte aufgestockt werden, beim Niedrigverdie-er, der sich die Beiträge für eine Riester-Rente oder fürine Betriebsrente vom Mund abgespart hat, soll diesber bei der Garantierente angerechnet werden? Ent-chuldigung, das ist doch ein System, das dazu führt,ass die Leute ihr Geld lieber verstecken, als es in dieente einzuzahlen, und es erst recht nicht in eineniester-Sparvertrag oder in eine Betriebsrente einzahlenollen. Das ist Ihr Modell.
as ist nicht durchdacht, es ist grundfalsch. Wir müssenoch den belohnen, der etwas auf die Seite gelegt hat.eswegen ist der Ansatz der Union schon immer der ge-esen: Wenn wir Niedrigverdienern die Rente aufsto-ken, dann doch bitte so, dass man das, was man im Ar-eitsleben zusätzlich angespart hat – zum Beispiel inorm einer Betriebsrente oder eines Riester-Vertrages –,u 100 Prozent behalten darf. Dies darf nicht auf eineente angerechnet werden.
Also: Das Modell muss genau umgekehrt aussehen,err Strengmann-Kuhn:
elohnung für diejenigen, die bei der Betriebsrente undeim Riester-Vertrag etwas ansparen, und nicht Beloh-ung für denjenigen, der sein Geld irgendwo anders ge-unkert hat, weil es dann bei der Berechnung der Garan-erente offensichtlich überhaupt keine Rolle spielt.
Wir brauchen kein System der Belohnung von Ein-ommensmillionären. Wir brauchen ein System der Be-
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30808 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Peter Weiß
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lohnung der kleinen Sparerinnen und Sparer in unseremLand.
– Herr Kollege Strengmann-Kuhn, deswegen will ich Ih-nen noch einmal sagen, wie unser Modell aussieht. Daswollen wir auch präzise in unser Wahlprogramm hinein-schreiben.
Wir wollen, dass derjenige, der ein Leben lang gear-beitet und in die Rentenkasse eingezahlt hat,
nach Möglichkeit nicht zum Staat gehen und um staatli-che Unterstützung bitten muss, sondern von seiner Renteleben kann.
Das geht nur mit Aufstockung der Rentensprüche.Gleichzeitig wollen wir, dass derjenige, der noch an-deres Einkommen hat – zum Beispiel, weil er mit einemsehr vermögenden Ehepartner verheiratet ist –, dieseAufstockung nicht beantragen kann. Wenn ein Ehepaarschon reichlich Einkommen im Alter hat, müssen wirnach meiner Auffassung nicht noch eine Rente aufsto-cken und zusätzliches Geld obendrauflegen. Wer genughat, muss nicht auch noch weiteres Geld aus der Steuer-kasse oder aus der Rentenkasse bekommen.Derjenige, der zum Leben tatsächlich auf diese kleineRente angewiesen ist und sich die Mühe gemacht hat,trotz allem noch die 5 Euro Mindestbeitrag monatlichfür einen Riester-Sparvertrag auf die Seite zu legen,
oder seine vermögenswirksamen Leistungen in eine be-triebliche Altersversorgung eingebracht hat, sollte aberdieses Geld, das er dort angespart hat, zu 100 Prozentzur Absicherung seines Alterseinkommens verwendenkönnen und nicht auf die Rente anrechnen lassen müssen– so wollen es nämlich die Grünen, bis auf die 20 Pro-zent, die sie ihm freundlicherweise lassen wollen.So sieht unser System aus. Das ist das Gegenteil des-sen, was Sie beantragen. Ihre Garantierente ist in Wahr-heit keine Garantierente. Sie ist eine Regelung, die dieKleinsparer, die, die sich angestrengt haben, eher be-straft. Wir wollen eine Methodik im Rentensystem, diedie kleinen Leute, die mit Mühe Geld fürs Alter auf dieSeite gelegt haben, belohnt und sie ermuntert, auch zu-sätzlich für das Alter vorzusorgen; denn zusätzliche Al-tenKJzVsnrewmEansmhWcnmtizhkMtesghmgOm
Peter Weiß, ich mache noch einmal das, was ich ebenchon in der Aktuellen Stunde getan habe. Ich habe miroch einmal angeschaut, welche Versprechen ihr in eu-m Koalitionsvertrag den Menschen gemacht habt. Dasar euer Arbeitsplan. Darin stand, dass ihr etwas zur Ar-utsvermeidung im Alter tut.
rgebnis nach vier Jahren: nichts. Die Ministerin ist mitllen ihren Plänen kläglich gescheitert, und zwar an Ih-en. Nicht am Bundesrat und nicht an der Opposition,ondern an Ihnen ist die Ministerin bei der Armutsver-eidung kläglich gescheitert.
Sich jetzt hier hinzustellen und zu behaupten, manabe einen Plan, ist nichts anderes als organisierterahlbetrug; denn das hatten Sie schon einmal verspro-hen. Jetzt tragen Sie es wieder als Versprechen für dieächste Legislaturperiode vor. Armutsvermeidung wirdit Ihnen nicht funktionieren.Zweiter Punkt. Sie haben den Menschen im Koali-onsvertrag versprochen, dass Sie die Zeiten der Er-iehung besser bewerten wollen. Bis hierhin, bis zumeutigen Tag: null, nichts. Jetzt gibt es wieder die An-ündigung der Kanzlerin, dass man mal etwas bei derütterrente machen werde – natürlich erst in der nächs-n Legislatur. Sie hatten es aber für diese Legislatur ver-prochen. An dieser Stelle haben Sie nichts, aber auchar nichts zuwege gebracht.
Den dritten Punkt erspare ich Ihnen auch nicht. Sieaben die Menschen im Osten in Ihrem Wahlkampf undit Ihrem Koalitionsvertrag komplett hinter die Fichteeführt. Obwohl Sie eine rentenrechtliche Angleichungst-West versprochen hatten, haben Sie nichts dazu ge-acht, meine Damen und Herren – überhaupt nichts.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30809
Anton Schaaf
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Wenn Sie sich hierhinstellen und die Oppositionsfrak-tionen dafür kritisieren, dass sie sich Gedanken darübermachen, wie man mit diesem Thema umgeht, ist daswirklich nicht in Ordnung. Es ist auch nicht fair, was Sieda veranstalten. Sie haben keine Mehrheiten, um Ren-tenpolitik zu machen. Um das einmal klar zu sagen: Siesind renten- und sozialpolitisch eine Nichtregierungsor-ganisation.
Ich kann mich auch gerne mit den Forderungen derGrünen auseinandersetzen. Aber, Wolfgang Strengmann-Kuhn, an der Stelle muss man dann auch noch einmal einStück weit Bilanz der rentenpolitischen Leistung dieserKoalition und dieser Regierung ziehen.Zur Garantierente sage ich Folgendes: Ja, wir als So-zialdemokraten hätten da definitiv Diskussionsbedarf.Allerdings sind die Hürden für eine Einigung aus meinerSicht nicht so hoch, dass wir das nach dem 22. Septem-ber nicht vernünftig regeln könnten.Ich will einige Punkte nennen. Ich finde, dass es zu-mindest an einigen Stellen eine unzulässige Vermi-schung zwischen Versicherungsleistung auf der einenSeite und Fürsorgeleistung auf der anderen Seite gibt.Das muss man ordentlich auseinanderhalten. Das warder erste inhaltliche Punkt.Der Punkt, der mich am meisten umtreibt, ist: Wennman Freibeträge einräumt, wie ihr es vorgesehen habt– beispielsweise 20 Prozent bei der Riester-Rente oderbei der betrieblichen Altersvorsorge –, dann ist das eineeinseitige Priorisierung. Ich würde immer auch die eige-nen Beiträge für die Rentenversicherung steuerlich frei-stellen oder zumindest gleich behandeln; denn ansonstenliegt eine besondere Priorität auf diesen privaten Alters-vorsorgeformen. Damit ist man relativ nahe bei den „Le-bensleistungsdingen“ von der Frau von der Leyen, wasja Gott sei Dank vor die Wand gefahren ist, weil die FDPan der Stelle ordnungspolitisch ordentlich agiert hat. Dasmuss man im Hinterkopf haben.
– Nicht rentenpolitisch inhaltlich, sondern ordnungspoli-tisch, meine Herren. Das wollte ich noch ausdrücklicherwähnt haben. Von daher muss man an der Stelle sehrgenau hinschauen.Meine Damen und Herren, das ist heute hier meineletzte Rede im Deutschen Bundestag. Einige werdensich darüber freuen, andere vielleicht nicht. Man weiß esnicht so genau.
Deswegen möchte ich mich bei einigen Menschen be-danken.rehßfeMKimDndsDdcmAtekicfoSsvphmhbfüngdgossngsabsre
Es gibt ein geflügeltes Wort, dass Politik bzw. dasolitische Agieren keine Freundschaften erlaubt. Ichabe in diesen Jahren hier völlig andere Erfahrungen ge-acht. Ich will das an zwei Namen festmachen. Ich habeier in diesem Parlament, in der parlamentarischen Ar-eit, ja, in meiner eigenen Fraktion wirklich Freunders Leben gefunden. Zwei davon will ich stellvertretendennen. Das ist zum einen jemand, der nicht mehr Mit-lied des Bundestages ist, was ich außerordentlich be-aure, nämlich mein Freund Klaas Hübner. Ich finde, erehört in diese Reihe, und ich finde, er müsste hier sein.
Zum anderen ist das Sonja Steffen. Sie ist noch Abge-rdnete des Deutschen Bundestages. Ich hoffe sehr, dassie auch Mitglied des nächsten Deutschen Bundestagesein wird. Beide sind Menschen, die ich sehr tief in mei-em Herzen mitnehmen werde.Meine Fraktion hat das eine oder andere mit mir ertra-en, mich aber Gott sei Dank meistens getragen.Ich denke, wenn wir ehrlich sind, geht es uns meistenso: Abgeordnete sind nur so gut wie ihre Büros, ihre Mit-rbeiter. Zum Schluss bedanke ich mich vor allen Dingenei all denjenigen, die für mich gearbeitet haben, insbe-ondere bei zweien, die elf Jahre lang an meiner Seite wa-n: Das sind Annette Reinhardt und Andrea Franz.
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30810 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Anton Schaaf
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Nach mir wird für unsere Fraktion noch SilviaSchmidt sprechen. Auch sie hält heute ihre letzte Redehier im Deutschen Bundestag. Silvia, ich wünsche dir al-les, alles erdenklich Gute.Meine Damen und Herren, vielen Dank.
Trotz einer gewissen Rührung geht jetzt die Debatte
weiter. Der Kollege Kolb von der FDP hat das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
muss sagen, dass ich jetzt nicht imstande bin, mich über
die Garantierente der Grünen auszulassen. Vielmehr will
ich meine vier Minuten Redezeit dir, lieber Toni Schaaf,
widmen.
Es hat sich immer gelohnt, dir zuzuhören. Das hat
man auch heute gemerkt. Wenn du ans Rednerpult trittst,
dann ziehst du die Aufmerksamkeit auf dich, weil alle
wissen, dass du uns, egal woher wir kommen und wel-
chen Hintergrund wir haben, mit deiner authentischen
Art etwas zu sagen hast.
Ich habe mir deinen Werdegang im Bundestagshand-
buch noch einmal angeguckt und kann wirklich nur sa-
gen: Chapeau! Respekt! Du hast eine tolle Lebensleis-
tung vollbracht und – da bin ich mir sicher – auch noch
das eine oder andere vor dir. Wir haben uns neulich in
Mannheim getroffen. Dort warst du in Motorradkluft.
Ich weiß, dass du Hobbys hast, die dich ausfüllen wer-
den. Ein Mensch so aktiv wie du wird sich aber nicht
voll und ganz zurückziehen. Das weiß ich, und das hoffe
ich. Wie auch immer: Du wirst für uns auch aus der
Ferne Ratgeber bleiben.
Du bist ein respektabler und von allen Fraktionen ge-
schätzter Kollege gewesen; das habe ich schon gesagt.
Ich war heilfroh, dass ich dich in der Arbeitsgruppe
wusste, als die SPD ihr Rentenkonzept entwickelt hat,
einen, der die Dinge am Ende zusammenführt und in der
Lage ist, überschießende Ambitionen zu dämpfen, der
auch weiß, dass das alles am Ende etwas kostet und die
Menschen, die hart arbeiten, das mit ihren Steuern und
Sozialversicherungsbeiträgen bezahlen müssen. Diese
Erdung und diese Bodenständigkeit zeichnen dich aus.
Das habe ich immer sehr geschätzt.
Du hast uns die Meinung gesagt, auch heute. Heute
warst du zurückhaltend; da wäre mehr gegangen. Wer
den Toni kennt, der weiß: Das war mit angezogener
Handbremse vorgetragen.
Du hast uns immer deine Meinung gesagt, oft zu Recht,
auch heute. Mehr will ich dazu nicht sagen. Wir wissen
gemeinsam, wie das zu verstehen ist.
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Die Grünen haben nun einen Antrag zur Bekämpfunger Altersarmut vorgelegt. Darin steht viel Richtiges,um Beispiel zu den Verwerfungen am Arbeitsmarkt undass das Auseinanderdriften in viele Arme und wenigeeiche verhindert werden muss. Dafür kämpfen wir Lin-en schon lange.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30811
Matthias W. Birkwald
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Meine Damen und Herren, die Renten sinken. JederRentnerjahrgang, der neu in Rente geht, hat im Durch-schnitt weniger Rente als der Jahrgang zuvor. Warum?Unter anderem deshalb, weil SPD und Grüne in ihrerRegierungszeit das Rentenniveau abgesenkt haben. EineRente von ehedem 1 000 Euro wird im Jahr 2030 ebennur noch 800 Euro wert sein. Das ist eine wesentlicheUrsache für die Altersarmut von heute und morgen. DieGrünen wollen das Rentenniveau weiter absenken. Dashat die Kollegin Brigitte Pothmer vergangenen Oktoberin der Neuen Osnabrücker Zeitung offen zugegeben, undniemand hat ihr widersprochen. Ich sage Ihnen: Wer dasRentenniveau weiter absenkt, ist für mehr Altersarmutverantwortlich und nicht für weniger. Das ist nicht inOrdnung.
Wir Linken wollen das Rentenniveau wieder auf 53 Pro-zent anheben, also so, wie es im Jahr 2000 war, bevorSPD und Grüne die Renten in den Sinkflug getrieben ha-ben.Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Rente erst ab 67wird für die ganz große Mehrheit der Beschäftigtennichts weiter als eine gigantische Rentenkürzung wer-den. Fast alle Fliesenleger und Erzieherinnen könnennicht bis zum Alter von 67 Jahren arbeiten. Keine10 Prozent der 64-Jährigen haben noch einen Vollzeit-job. Schon heute geht jeder Zweite mit Kürzungen inRente, im Schnitt mit 109 Euro weniger. Mit der Renteerst ab 67 wird sich die Höhe der Rentenkürzungen lang-fristig fast verdoppeln. Damit ist klar: Die Rente erst ab67 ist eine weitere Ursache für Altersarmut. Was machendie Grünen? Sie halten an der Rente erst ab 67 fest. Dasist die Wahrheit; aber das geht nicht.
Sinkendes Rentenniveau und Rente erst ab 67, das isteine ganz gefährliche Kombination. Für viele normaloder schlecht verdienende jüngere Beschäftigte, die nach1964 geboren sind, bedeutet das schlicht: Sie müssen imAlter in Armut leben. Das will die Linke mit aller Kraftverhindern.
Altersarmut bekämpfen – mit der grünen Garantie-rente klappt das nicht. Sie ist eine Mogelpackung. Wa-rum? Zwei Drittel der armen Alten sind Frauen. Alters-armut ist überwiegend weiblich.
Um die grüne Garantierente zu erhalten, muss jemandaber mindestens 30 Versicherungsjahre vorweisen kön-nen.
Diese Bedingung soll ab sofort gelten. Das heißt: Jedezweite westdeutsche Rentnerin würde leer ausgehen;ddEnfüsdksfü7BvsjedKdufüvd–gnFKboladkbuacm
enn mehr als die Hälfte der Westrentnerinnen erreichenie geforderten 30 Versicherungsjahre derzeit nicht.
ine Garantierente, die sie nicht bekommen, nützt ihnenichts. Sie nützt ihnen auch deshalb nichts, weil sie nurr Neurentnerinnen und Neurentner gedacht ist. Men-chen, die schon heute unter Altersarmut leiden, lassenie Grünen im Regen stehen. Das ist für uns Linke voll-ommen inakzeptabel.
Nun zur Höhe Ihrer Garantierente. 30 Entgeltpunktenoll sie entsprechen. Das sind ab dem 1. Juli 844,20 Euror eine Alleinstehende, brutto. Netto sind das dann noch57 Euro. Das liegt gerade einmal 50 Euro über demruttobedarf der Grundsicherung im Alter. 50 Euro sindiel Geld. Altersarmut verhindern sie nicht. Wegen desinkenden Rentenniveaus werden die 30 Entgeltpunktedes Jahr weniger wert. Die grüne Garantierente istemnach eine Armutsgarantie. Deswegen: Sorry, Ihronzept ist halbherzig.
Die Linke fordert gute Arbeit statt Leiharbeit und an-ere prekäre Jobs, 10 Euro gesetzlichen Mindestlohnnd gute Renten deutlich über der Armutsrisikogrenzer alle, die jahrzehntelang eingezahlt haben. Als Schutzor Altersarmut fordert die Linke eine solidarische Min-estrente von zunächst 900 Euro und dann 1 050 Euro netto, steuerfinanziert und einkommens- und vermö-ensgeprüft – für alle Menschen, die sie brauchen, damitiemand im Alter in Armut leben muss.Herzlichen Dank.
Das Wort hat nun Frank Heinrich für die CDU/CSU-
raktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undollegen! Wir beraten heute ein von den Grünenekanntes Rentenkonzept; es steht erneut auf der Tages-rdnung. Es ist insofern bekannt, als wir in dieser Legis-turperiode das fünfte Mal darüber reden, immer in an-eren Zusammenhängen. Bisher hat dieses Konzepteine Mehrheiten gefunden. Ich denke, es wurde immeregründet abgelehnt.Warum sollte es diesmal anders sein – nicht nur vonnserer Seite –, was ist daran neu? Sie haben als Antwortuf Ihre Große Anfrage zur Altersarmut eine ausführli-he Stellungnahme seitens der Bundesregierung bekom-en. Die Antwort liegt seit zwei Jahren vor. Darin ist
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30812 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Frank Heinrich
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begründet, warum Ihr Vorschlag für uns nicht akzeptabelist. Zur Erinnerung: Die gesetzliche Rentenversicherungist beitragsbezogen – das ist einer der Punkte –; allge-meine Mindestrenten gibt es nicht – das ist auch so ge-wollt –, mit zwei Einschränkungen, die Sie wohl kennen:bei besonders niedrigen Pflichtbeiträgen vor 1992 undbei den Kinderberücksichtigungszeiten ab 1992. Es gibtkeinen Bedarf für eine Mindestrente – so denken wirzumindest –, da wir seit 2003 eine bedarfsorientierteGrundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ha-ben. Wir haben da eine vollkommen andere Herange-hensweise und sehen auch keinen Änderungsbedarf.Ich zitiere aus der erwähnten Antwort der Bundesre-gierung:Mit der Einführung der Grundsicherung im Alterund bei Erwerbsminderung ist– damals –die Entscheidung gefallen, die Trennung der versi-cherungsmäßig ausgestalteten Alterssicherung, ins-besondere in Form der gesetzlichen Rentenversi-cherung, und des als Ergänzung erforderlichensozialhilferechtlichen Auffangnetzes beizubehalten.Das war eine lange erwogene strategische Entscheidung.Sie sprachen auch die Finanzierung an. Alle Versiche-rungszeiten sollen als Voraussetzung für den Erhalt derGarantierente anerkannt werden, auch beitragsfreie Zei-ten. Das widerspricht unserer Vorstellung, dass Nicht-leistung gerade nicht mit Leistung gleichgesetzt werdendarf. Als flankierende Maßnahme – mein Kollege Weißist darauf eingegangen – 80 Prozent der privaten Alters-vorsorge anzurechnen, ist für uns nicht hinnehmbar.Jetzt komme ich auf einen Punkt zu sprechen, denmein Kollege schon genannt hat: Die Garantierente er-neut auf die Tagesordnung zu setzen, hat schon etwasvon Wahlkampf. Wir müssen uns noch einmal mit denThemen, die Ihnen wichtig sind, beschäftigen, obwohlwir da eigentlich so weit aufgeräumt haben, wie wir esfür richtig hielten. Im Gegenteil: Die Arbeitsmarktpoli-tik der Koalition ist erfolgreich – das ist breitanerkannt –, die Arbeitslosenquote so niedrig wie langenicht. Damit ist die Zahl der Einzahler ins Rentenversi-cherungssystem sehr hoch. Mein Kollege hat die Zahlengenannt; sie verdeutlichen die Steigerung. Im Gegensatzdazu haben Sie die Zahlen in den Zeiten, in denen Sie ander Regierung waren, heruntergefahren. Wir glauben,sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist der besteSchutz vor Altersarmut.Drei Punkte in Ihrem Antrag sind schon ein bisschenpolemisch. Sie haben uns vorgerechnet, dass die Strei-chung der Rentenbeiträge für ALG-II-Beziehende zurVerschärfung der absehbar ansteigenden Altersarmutführten. Wenn Sie das durchrechnen, werden Sie sehen,dass die Altersarmut nicht wegen dieser Kleinstbeträgeentsteht.Der zweite Punkt ist, dass Sie sagen, wir würden diesogenannte Mütterrente mit dem „Notgroschen“ bezah-len. Das sind 13 Milliarden Euro. Das „Notgroschen“ zunennen, ist schon ein bisschen herausfordernd.wnbvktiduslileremremRQreadsdwPTMgfesAw
Dann zu sagen, dass sich der eigene Rentenbeitragieder lohnen muss, was sich nicht mit der Forderungach einer Garantierente, durch die explizit auch Nicht-eitragszahler gefördert werden, deckt, das ist mir nichterständlich.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage –
Nein, ich möchte nicht.
– des gefeierten Anton Schaaf?
Das lasse ich natürlich zu. Bitte schön.
Das habe ich jetzt gnadenlos ausgenutzt, das ist schon
lar. – Jetzt zur Mütterrente. Es gibt ja zwei Argumenta-
onsstränge. Der erste ist die Gleichbehandlung derer,
ie Erziehungszeiten nach 1992 angerechnet bekommen,
nd derer, die sie vor 1992 angerechnet bekommen. Jetzt
agen Sie mir einmal, wie man, wenn man nicht 13,2 Mil-
arden Euro einsetzt, sondern – so wie Sie in Ihren Über-
gungen – nur 6 Milliarden Euro, die Gleichstellung er-
icht. Das schafft man so nicht. Das ist der erste Punkt.
Der zweite Argumentationsstrang ist die Armutsver-
eidung. Selbst wenn wir drei Entgeltpunkte annehmen,
den wir über um die 80 Euro. Was ist daran armutsver-
eidend bei jemandem, der beispielsweise 500 Euro
entenanspruch hat? Die Argumentation ist ja völliger
uatsch.
Ich wollte an dieser Stelle gar nicht auf die Mütter-nte eingehen. Ich wollte damit nur die Argumentationd absurdum führen. Wenn man die 13 Milliarden Euro,ie im Raum stehen, Notgroschen nennt, dann ist daschon frappierend. Das kostet uns ja etwas; wir tätigeniese Aussage nicht leichtfertig. Da ist es schon merk-ürdig, wenn gedacht wird, wir bezahlten das aus derortokasse.
Ich selber habe eine dezidierte Meinung zu diesemhema; diese ist jetzt aber nicht relevant. Das Themaütterrente ist jedenfalls diskussionswürdig. Ich bin be-eistert über die Diskussionen darüber in meinem Um-ld. Ich werde mich dafür einsetzen, dass dieser Diskus-ionsprozess fortgesetzt wird.Ich will noch etwas zu dir sagen, lieber Anton. Dienekdote, die ich anderen immer wieder gerne erzähle,enn es um die Kollegialität geht, die ich als Anfänger
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30813
Frank Heinrich
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hier in diesem Parlament erfahre, betrifft deine Person.Wir trafen uns bei „Ossi“. Ich hatte die jüngste meinerdrei hübschen Töchter dabei. In dem Moment, als wiruns begegneten, lieber Anton, hast du zuerst mich, dannmeine Tochter angeschaut und hast schließlich zu mirgesagt: Mensch, du kannst ja auch schön! – Du wirst mir– vielleicht auch den anderen, die nun von dieser Begeg-nung wissen – immer als guter Kollege in Erinnerungbleiben. Wir sind in diesem Parlament nicht immer ge-geneinander. Ganz herzlichen Dank für deine Kollegiali-tät!
Ich wollte einfach auf die polemische Begründungdes Antrags eingehen. Mir ist wichtig, darzulegen, dasses ein Widerspruch ist, wenn man auf der einen Seitesagt: „Das Zahlen von Rentenbeiträgen muss sich wiederlohnen“, und auf der anderen Seite die Garantierente– auch für Nichtbeitragszahler – explizit fördert. Wir fin-den, dass die Garantierente nicht gerecht ist. Wer be-wusst Teilzeit statt Vollzeit arbeitet oder viele beitrags-freie Zeiten aufzuweisen hat, wird gegenüber demDurchschnittsverdiener mit höherer Beitragsleistung– gemäß diesem Modell: zu Recht – subventioniert. Daskommt für uns nicht infrage. Das Äquivalenzprinzip so-wie die lohn- und beitragsorientierte Rente werden soausgehebelt. Neue Ungerechtigkeiten wären die Folge,die in der Bevölkerung sicherlich nicht ohne Widerhallbleiben würden, wie ich finde: absolut zu Recht. Ich ver-mute, Sie verstehen, dass wir Ihrem Antrag nicht zustim-men werden.Ganz herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Das Wort hat nun Silvia Schmidt für die SPD-Frak-
tion.
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolle-gen! Auch ich trete heute das letzte Mal an das Redner-pult. 16 Jahre Behindertenpolitik im Ausschuss für Ar-beit und Soziales zu betreiben, war nicht immer leicht.Gerade jetzt kommen unglaublich viele Herausforderun-gen auf uns zu. Diese hätte ich gerne noch gemeistert,aber leider Gottes bin ich jetzt selbst behindert. Ich habenicht die Möglichkeit, mir einen politischen Assistentenan meine Seite zu nehmen und meine Arbeit fortzuset-zen. Das ist nun einmal so in der Politik; Sie kennen dassicherlich. Ausführlich danken werde ich zum Schluss.Ich möchte einiges zur Rentenpolitik und insbeson-dere zu Ihrem Antrag sagen. Generell haben Sie vielePunkte in Ihrem Antrag aufgenommen. Tendenziell wol-len wir alle, dass Menschen im Alter auskömmlich lebenkönnen. Herr Heinrich, ich habe mich gewundert – ichweiß nicht, ob das jeder angesichts der vielen Formeln,um die es in der Rentenpolitik geht, mitbekommen hat –,dass Sie die Ostrenten einfach vergessen haben. AuchdfemMkztiwntusngmhVTdgFAgzbwgFdngDndfewsswvbsdnsmdesMsw
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30814 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Silvia Schmidt
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Der liebe Markus Kurth hat dieses Thema über Jahrehinweg besetzt. Er ist einer der Experten hier im Deut-schen Bundestag. Das muss ich ihm einfach lassen.Markus, bleib dabei, und überzeuge vor allen Dingennoch viele, die Bundesinitiative „Daheim statt Heim“ zuunterstützen.
Das wäre eine ganz wichtige Forderung, die ich nochhätte.Ilja Seifert ist nicht da. Er ist genauso Experte in eige-ner Sache wie ich. Ich bedaure, dass Ilja vielleicht nichtmehr in den nächsten Deutschen Bundestag einzieht.Auch er hat viel zur Behindertenpolitik beigetragen.Ich glaube, dass wir über die Fraktionsgrenzen hin-weg ein gleiches Bild haben. Wir konnten uns nie soböse streiten, wie das andere hier getan haben. Das zeigt,dass wir alle hier Verantwortung für Menschen überneh-men, die unsere Unterstützung brauchen. Ich bitte Sie:Reden Sie im Zusammenhang mit Menschen mit Behin-derung nie von Schwachen; denn diese Menschen ma-chen uns stark und lassen uns selber wachsen.
Lassen Sie mich noch ganz kurz ein Dankeschön los-werden. Ich danke meiner Familie – oben auf der Tri-büne sitzen meine Tochter und meine Enkelkinder –, undich hoffe, dass ich auch einmal Zeit für sie haben werde.Meine Tochter hat mich ebenso unterstützt wie meineMutter und mein Sohn Peter. Es ist manchmal so: Manfreut sich; das geschieht nicht so oft. Das wissen auchSie selber. Deswegen bitte ich Sie: Denken Sie auch ansich, an Ihre Gesundheit, an Ihre Gefühle, an Liebe undHoffnung. Denken Sie auch darüber nach, was MattLamb – das ist ein irisch-amerikanischer Künstler – im-mer sagt: Das Leben ist keine Generalprobe. – Tun Siejetzt, was Sie tun wollen! Vergessen Sie manchmal, dassimmer Forderungen an Sie gestellt werden.Übrigens, Gott segne Sie alle!
Das Wort hat nun Pascal Kober für die FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ImAlter arm zu sein, ist etwas, was niemandem zu wün-schen ist. Altersarmut ist eine Belastung, der wir vonsei-ten der Politik nach Möglichkeit präventiv begegnenmüssen; denn sie ist tatsächlich eine ganz schwierige Si-tuation.Glücklicherweise sind heute erst wenige davon be-troffen. Natürlich ist Altersarmut für jeden, der schonheute davon betroffen ist, ein schweres Schicksal. Aberman muss auch sagen: Es sind wenige, glücklicherweise.EmdntidsrefointieBraDrugtiBDdriPDGbRmretiWsddssaeükinDsdbd
as ist wichtig, weil es gerade für die Zukunft verhin-ern wird, dass Menschen altersarm sind. Das war einechtige Politik, und deshalb werden wir die richtigeolitik ab September für vier weitere gute Jahre ineutschland fortführen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Dierünen, das, was Sie in Ihrem Antrag zum Thema Frei-eträge ausführen, finde ich unterstützenswert. Bei Ihrereform der Grundsicherung bzw. der Garantierenteöchten Sie Freibeträge für die anderen Säulen einfüh-n. Das ist ein richtiger Weg; das sage ich als FDP-Poli-ker ganz bewusst. Wir halten das für den richtigeneg. In dieser Hinsicht ist das jetzige Grundsicherungs-ystem überarbeitungsbedürftig. Bei verschiedenen an-eren Punkten können wir nicht mitgehen – das habenie Kollegen der Union schon angesprochen –, zum Bei-piel beim gesetzlichen Mindestlohn. Interessanterweisechweigen Sie sich in Ihrem Antrag über dessen Höheus. Ihre Forderung von 8,50 Euro, die Sie sonst immerrheben, führen bei weitem nicht dazu, dass man sichber das Niveau Ihrer Garantierente hinausbewegenann. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum Sie Ihrem Antrag die Zahl von 8,50 Euro nicht nennen.
eshalb wird es auch nicht zielführend sein, wenn Sie eso machen wie die Linken,
ie über die Rentenpolitik die Höhe des Mindestlohnesestimmen. Generell lehnen wir einen gesetzlichen Min-estlohn ab.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30815
Pascal Kober
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Es geht auch nicht – ein Satz noch –, dass Sie sichüber die tatsächlichen Kosten der Garantierente aus-schweigen. Sie sprechen von 1 Milliarde Euro in dennächsten Jahren,
dann von 5 Milliarden Euro, wenn bestimmte Maßnah-men nicht ergriffen werden. Werden diese Maßnahmenergriffen, bleiben die Kosten unter 5 Milliarden Euro.
Dann müssen Sie aber konkret sagen, welche Maßnah-men das sind. Sie fordern zum Beispiel eine Bürgerver-sicherung, wie Sie es auch im Bereich der Krankenversi-cherung wollen.
Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.
Wir wissen, dass das Arbeitsplätze kosten wird. Am
Ende machen Sie mit Ihrer Steuer- und Gesundheitspoli-
tik genau das, was Sie hier beheben wollen: Sie schaffen
Altersarmut, indem Sie Arbeitsplätze vernichten.
Ihnen, liebe Frau Schmidt, dir, lieber Toni Schaaf,
vielen Dank, dass ich euch habe kennenlernen dürfen in
meiner ersten Legislaturperiode im Deutschen Bundes-
tag. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ihnen, Frau Schmidt,
wünsche ich vor allen Dingen Gesundheit. Ich freue
mich auf viele Begegnungen mit dir Toni in Baden-
Württemberg. Ihnen beiden Gottes Segen.
Das Wort als letzter Redner zu diesem Debattenpunkt
hat der Kollege Max Straubinger für die CDU/CSU-
Fraktion.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen!Wir debattieren heute diesen Rentenvorschlag der grü-nen Bundestagsfraktion. Ich bin erstaunt über diesesModell, vor allen Dingen, weil es meines Erachtens einegroße Ungerechtigkeit für alle darstellt, die in der ge-setzlichen Rentenversicherung versichert sind. DiesesModell führte letztendlich dazu, wenn man es ganz dras-tisch darstellen möchte, dass man nach 30 Jahren ALG-II-Bezug eine Rente von knapp 850 Euro bekommt. Ichfrage mich schon, was ein Maurer, was ein Zimmerer,was ein Dachdecker davon halten soll, der die ganzenJahre tagein, tagaus gearbeitet hat und möglicherweiseeine Rente in der gleichen Höhe bezieht.
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000 Euro Rente bekommen kann. Das widerspricht al-n Realitäten. Sie wissen alle hier im Raum, dass dasicht zu bezahlen ist.Dies bleibt auch der Vorschlag der Grünen schuldig.ie reden in Ihrem Antrag von knapp 1 Milliarde Euroosten, aber ich verstehe es nicht, denn Sie haben dasodell mit Professor Hauser erarbeitet. Professor Hausernterstellt 30 Pflichtbeitragsjahre und redet dann von Milliarden Euro Kosten im Jahr. Sie nehmen alle Zeiten,ie in irgendeiner Art und Weise im Leben „entwickelt“urden, und diese werden dann als Versicherungszeitugrunde gelegt. Ich habe es vorhin schon gesagt:0 Jahre ALG-II-Bezug bedeuten dann hinterher50 Euro Rente. Da kann es mit den Kosten gar nichtusgehen. Deshalb ist das ein Programm aus dem Wol-enkuckucksheim. Entschuldigung, Herr Strengmann-uhn, ich hätte Ihnen in dieser Rentendebatte mehr undesseres zugetraut. Das sage ich Ihnen ganz offen.
Nein, nein. – Werte Damen und Herren, ich sage nochtwas: Wir werden als CDU/CSU – besonders die CSU – der nächsten Legislaturperiode gemeinsam die Ver-esserung der Anerkennung von Kindererziehungszeitenmsetzen.Lieber Toni Schaaf, du hast gesagt, wir hätten daschon versprochen. Wir haben einen Prüfauftrag in denoalitionsvertrag hineingeschrieben.
Prüfauftrag“ heißt noch nicht, dass es umgesetzt wird.iese Koalition legt besonderen Wert darauf, dass beab-
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Max Straubinger
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sichtigte Leistungen auch finanziell untermauert sind.Da wir damals mit einer ganz anderen Schuldensituationin unserem Land konfrontiert waren, war es die erste,wichtige und richtige Maßnahme, Haushalte zu konsoli-dieren. Deshalb ist das noch nicht umgesetzt. Wir wür-den uns auch wünschen, dass es schneller gehen würde.Aber auch im Sinne der nachfolgenden Generation ist esdas Erste, dass wir Haushaltskonsolidierung betreiben,dass wir keine neuen Schulden mehr machen. Dann kön-nen wir dies in die Tat umsetzen.
Dafür steht diese Koalition, und das werden wir auch inder Zukunft beachten, auch in einer weiteren Regie-rungszeit.Zum Schluss meiner Rede möchte auch ich Frau Kol-legin Schmidt danken und ihr alles Gute wünschen undmeinerseits besonders auch Toni Schaaf herzlich für dieKollegialität und freundschaftliche Verbundenheit dan-ken. Lieber Toni Schaaf, du vermutest, dass KarlSchiewerling ob seiner großartigen sozialpolitischenenEinstellung bei der falschen Partei gelandet ist. Ichdenke, dir wäre es genauso ergangen, wenn du in Bayerngewesen wärst. Dann wärst du wahrscheinlich bei derCSU und würdest dort Sozialpolitik machen.
Ich weiß das aus vielen Begegnungen und Unterhaltun-gen, die wir freundschaftlich, gelegentlich auch bei ei-nem Bier, gehabt haben.In diesem Sinne alles Gute für die Zukunft und bestenDank für die kollegiale Zusammenarbeit!
Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird dieÜberweisung der Vorlage auf Drucksache 17/13493 andie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-schlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist derFall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.
– Während der weiteren Zeremonien auf der linken Seitedes Hauses bitte ich gleichzeitig diejenigen, die der wei-teren Debatte nicht folgen wollen, die notwendigen Um-gruppierungen vorzunehmen.Ich rufe die Tagesordnungspunkte 8 a bis 8 c auf: a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-nen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Ent-wurfs eines Gesetzes zur Förderung derSicherstellung des Notdienstes von Apotheken
– Drucksache 17/13081 –Ahm
– Drucksache 17/13403 –Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-ses für Gesundheit
– Drucksache 17/13769 –Berichterstattung:Abgeordneter Michael Heinrich– Bericht des Haushaltsausschusses
gemäß § 96 der Geschäftsordnung– Drucksache 17/13771 –Berichterstattung:Abgeordnete Alois KarlEwald SchurerOtto FrickeRoland ClausKatja Dörnerb) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio-nen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Ent-wurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderungarzneimittelrechtlicher und anderer Vor-schriften– Drucksache 17/13083 –– Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-regierung eingebrachten Entwurfs eines DrittenGesetzes zur Änderung arzneimittelrechtli-cher und anderer Vorschriften– Drucksache 17/13404 –Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus-ses für Gesundheit
– Drucksache 17/13770 –Berichterstattung:Abgeordneter Michael Heinrichc) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
Dr. Marlies Volkmer, Bärbel Bas, Elke Ferner,weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPDVersorgung mit Arzneimitteln sicherstellen– Drucksachen 17/12847, 17/13770 –Berichterstattung:Abgeordneter Michael HeinrichNach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für dieussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ichöre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Parla-entarische Staatssekretärin Ulrike Flach.
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Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-legen! Auch ich habe heute die ehrenvolle Aufgabe,mich von Ihnen zu verabschieden. Aber ich möchte dochgerne mit dem beginnen, weswegen ich eigentlich heutehier bin. Mein Minister guckt auch schon sehr zweifelnd.Wir bringen nämlich eines unserer letzten Gesetzesvor-haben ein. Dieses Gesetzesvorhaben ist eines, auf daswir auch sehr stolz sein können. Wir beraten heute denGesetzentwurf zur Sicherstellung des Notdienstes vonApotheken und das Dritte Gesetz zur Änderung arznei-mittelrechtlicher und anderer Vorschriften.Mit unserem Vorhaben, die Sicherstellung des Apo-thekennotdienstes zu fördern, ergänzen wir ganz gezieltdas im letzten Jahr in diesem Hohen Hause beratene undin Kraft getretene GKV-Versorgungsstrukturgesetz. Diesist ein wichtiges Gesetz; denn wir alle wissen aus eige-ner Erfahrung: Eine Krankheit kommt oft unangekündigtund hält sich dabei überhaupt nicht gerne an die Öff-nungszeiten unserer Apotheken.Mit unserem Gesetzentwurf zum Apothekennot-dienst wollen wir deshalb die Arzneimittelversorgungder Menschen – gerade auch außerhalb der regulärenÖffnungszeiten der Apotheken – nachhaltig sicherstel-len. Dabei haben wir besonders die ländlichen Apothe-ken im Blick; denn natürlich ist dort der Mangel beson-ders eklatant, und ich glaube, dass wir mithilfe diesesGesetzentwurfs den Notdienst in ländlichen Gebietennachhaltig sicherstellen.Meine Damen und Herren, die Apotheken werdenkünftig jeweils zwischen 20 und 6 Uhr den vollständigerbrachten Notdienst durch einen pauschalen Zuschussvergütet bekommen. Gezahlt werden sollen diese Zu-schüsse aus einem Fonds, den der Deutsche Apotheker-verband errichtet und verwaltet. Die Finanzierung desZuschusses erfolgt über eine Erhöhung des Festzu-schlags, den die Apotheken bei der Abgabe verschrei-bungspflichtiger Arzneimittel erheben. Dieser ist aus-drücklich zur Förderung der Sicherstellung desNotdienstes von Apotheken bestimmt und zu diesemZweck vollständig an den Fonds abzuführen.Der zweite Teil, nämlich der Teil, der die arzneimit-telrechtlichen und andere Vorschriften betrifft, ist imWesentlichen einem besonderen Ziel gewidmet, nämlichdie Arzneimittelsicherheit für die Menschen in unseremLande zu erhöhen. Wir setzen hiermit eine europäischeRichtlinie um, wir verschärfen bestehende Dopingvor-schriften, und wir sorgen dafür, dass die lang geforderteTransparenz bei Anwendungsbeobachtungen deutlicherhöht wird.
Wir stellen klar, dass für Arzneimittel des Bestands-markts, die einer Nutzenbewertung unterzogen werden,grundsätzlich dieselben Regelungen gelten wie für neueArzneimittel. Damit sind wir in der Lage, dem G-BA dieMöglichkeit zu geben, die Bewertung der entsprechen-den Arzneimittel zügig und vor alle Dingen rechtssicherumzusetzen.dAfüfinvtesfrGFgn–kcwdPresZtuselebudfewmRhntebnfohrasmbsfoH
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Liebe Kollegen, ich bin in diesen 15 Jahren in vierverschiedenen Ausschüssen gewesen: Ich habe mit derUmweltpolitik angefangen. Dann habe ich – das warsehr anregend – die Bildungs- und Forschungspolitik be-gleitet. Ich bin seitdem erklärter Antiföderalist;
das sage ich jetzt einmal in Richtung der Herren und Da-men von CDU/CSU. Ich war in einer unendlich span-nenden Zeit im Haushaltsausschuss, lieber Otto.Dann habe ich bei den Kollegen aus dem Gesund-heitsbereich sehr viel lernen können; das hätte ich niegedacht, aber es war so. Ich konnte bei meiner Fraktionlernen, wie fürchterlich man beim Thema MVZ aufpas-sen muss.
Ich konnte bei den geschätzten Kollegen von CDU/CSU,lieber Jens und lieber Johannes, lernen, wie man nächte-lang asynchrone Arzthonorierung diskutieren kann.
„Asynchron“ fängt eigentlich mit A an; aber es endeteeigentlich immer mit B wie Bayern. Auch das habe ichdabei gelernt.
Ich bin dank Herrn Terpe von den Grünen ein großerFachmann der Drogenpolitik geworden:
fünf Anhörungen im Drogenbereich. Ich habe den leidernicht anwesenden, aber trotzdem geschätzten angehendenzukünftigen Gesundheitsminister Karlchen Lauterbach
über viele Monate begleiten können. Ich glaube zwarnicht, dass er wirklich der zukünftige Gesundheitsminis-ter ist; aber wir wissen ja, wie es so ist. Er hat mir bei-gebracht, dass die FDP und die CDU/CSU noch so sehrversuchen können, den Arzneimittelnutzen zu bewertenund die Preise zu dämpfen: Irgendwo lauert immer derböse Lobbyismus in unseren Gesetzen.
Das war etwas schwierig zu ertragen, aber wir haben esgemeinsam bewältigt.Ich hatte zudem ein Erweckungserlebnis. Ich habe ge-lernt: Nicht die FDP, liebe Kollegen, ist der Freund derApotheker. Es gibt eigentlich nur eine einzige Fraktion,die Apothekertage rockt: Das sind die Linken.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Dass diese feierliche Stimmung über uns alle gekommenist, so versöhnlich, mit so vielen Danksagungen und soviel gegenseitigem Verständnis, das ist sehr schön. Auchich wünsche Ihnen alles Gute, liebe Frau Flach. Trotz-dem muss ich diese feierliche und harmonische Stim-mung ein bisschen
durcheinanderbringen. Es tut mir Leid.
Die gestrige Ausschusssitzung war das Gegenteil vonHarmonie. Es war für mich ein Lehrbeispiel dafür, wieman Politik nicht machen darf.
SPD und externe Experten hatten schon 2010 währendder Beratungen zur frühen Nutzenbewertung von Arz-neimitteln auf Fehlentscheidungen und handwerklicheFehler im Gesetz hingewiesen. Darüber hat sich dieschwarz-gelbe Koalition ohne Prüfung Kraft ihrer Mehr-heit hinweggesetzt.
Mehr Gehör fanden die großen pharmazeutischen Unter-nehmen, die verständlicherweise in ihrem unternehmeri-schen Eigeninteresse handeln.Gestern brachten die Koalitionsfraktionen in letzterSekunde vor der Sitzung des GesundheitsausschussesAnträge für weitreichende Änderungen an der frühenNutzenbewertung von Arzneimitteln ein.
– Nein, lieber Herr Lanfermann.
Mittwochfrüh um 7.30 Uhr habe ich diese Anträgeauf meinem Tisch gefunden. Das ist auch nicht verwun-derlich; denn das Sekretariat des Gesundheitsausschus-ses hat die Anträge am Dienstagabend zugeleitet bekom-men, zu diesem Zeitpunkt war aber niemand mehr imSekretariat.
Bisher gilt bei der frühen Nutzenbewertung: Gibt esbei einer Erkrankung mehrere evidenzbasierte Thera-pien, wird die wirtschaftlichste Therapie als Vergleichs-therapie für die Nutzenbewertung eines neuen Präparatsgewählt. Künftig kann die pharmazeutische Industrieselbst die Therapie auswählen, die zum Vergleich bei derfrühen Nutzenbewertung herangezogen wird. Dies wirdnatürlich keine Therapie mit einem preisgünstigen Gene-rikum sein, und das wird sich natürlich auf die Arznei-mittelpreise auswirken.Die resultierenden Mehrausgaben dürfen die Bei-tragszahler dann alleine schultern, übrigens ohne dasssD–KdgStrRdueRrutisskunzfütikwebmAvhüsgdmluddlesswwBe
Ja, da haben Sie recht. Es ist auch skandalös, dass dieolleginnen und Kollegen der Koalition kurz vor Endeer Legislaturperiode ihre eigenen Bemühungen zur Be-renzung der Arzneimittelpreise derart aushöhlen.Das erinnert mich daran, wie ein Gesundheitsministereehofer vor Jahren unter dem Beifall der Pharmaindus-ie die erarbeitete Positivliste für Arzneimittel in deneißwolf steckte. Es ist ebenfalls skandalös, dass Sieiese bedeutenden Änderungen faktisch in einer Nacht-nd-Nebel-Aktion durchführen, um jede sachliche Aus-inandersetzung zu unterbinden.Auch die angemessene Diskussion der Anträge imahmen einer dringend notwendigen öffentlichen Anhö-ng mit unabhängigen Experten wurde von der Koali-on mit ihrer Mehrheit abgelehnt, und das, obwohl Sieelbst im Ausschuss überhaupt nicht sagen konnten, wieich diese Änderungen qualitativ und finanziell auswir-en werden. Das ist ein Armutszeugnis für Sie.
Handeln noch in dieser Legislaturperiode hätten wirns bei einem Thema gewünscht, das für viele Patientin-en und Patienten lebensnotwendig ist. Das betrifft dieeitweiligen Lieferengpässe bei einigen Arzneimittelnr Krankenhäuser. Hier geht es vor allem um Antibio-ka bzw. Medikamente zur Behandlung von Krebser-rankungen. Da haben Sie nichts gemacht. Dabei habenir es Ihnen leicht gemacht. Wir haben einen Antragingebracht und Ihnen praktisch Lösungen auf dem Sil-ertablett serviert.Unser Antrag zeigt deutlich, was alles getan werdenuss, um Lieferengpässe transparent zu machen, ihruftreten zu reduzieren und den Umgang mit ihnen zuerbessern. Zunächst ist es wichtig, dass die Kranken-äuser und die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzteber drohende Lieferengpässe überhaupt rechtzeitig Be-cheid wissen. Dazu müssen die Arzneimittelherstelleresetzlich verpflichtet werden;
enn es ist wichtig, dass dies rechtzeitig bekannt ist, da-it man sich auf eine Therapie und auf Therapieumstel-ngen einstellen kann. Sie setzen auf freiwillige Mel-ungen. Freiwillige Meldungen reichen nicht, das zeigtie Praxis. Zweitens brauchen wir eine Bevorratung vonbensnotwendigen Medikamenten. Die Hersteller müs-en eine Vorhaltung dieser Präparate für mindestensechs Monate gewährleisten.Ich möchte noch über einen weiteren Punkt sprechen,eil er besonders gravierend ist. Im vergangenen Jahrurde der patentgeschützte Wirkstoff Alemtuzumab zurehandlung einer Form der Leukämie vom Herstelleruropaweit zurückgezogen. Er soll mit der alleinigen
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Dr. Marlies Volkmer
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Zulassung für die neue Indikation Multiple Sklerose zueinem deutlich höheren Preis auf den Markt gebrachtwerden. Leider gibt es aktuell keine Möglichkeit, einsolches Vorgehen, das der Gewinnmaximierung des Un-ternehmens dient, zu verhindern. Es ist dringend erfor-derlich, für solche Fälle eine Lösung zu finden,
damit es nicht zu einer Verschlechterung der Gesund-heitsversorgung von Patientinnen und Patienten kommt.Wir wollen, dass geprüft wird, ob in diesen Sonderfälleneine Einschränkung des Patentschutzes möglich ist undanderen Herstellern die Erlaubnis erteilt werden kann,dieses Medikament für die ursprüngliche Indikation wie-der auf den Markt zu bringen.Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Schutz des geis-tigen Eigentums durch Patente kann bei einer Güterab-wägung nicht höher bewertet werden als die Gesundheitbzw. der Schutz des menschlichen Lebens. Das ist Poli-tik im Sinne der Patientinnen und Patienten. Diese Poli-tik vermissen wir bei Ihnen.
Der Kollege Michael Hennrich hat für die Unions-
fraktion das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Erlauben Sie mir zunächst, bevor ich auf daseigentliche Thema eingehe, ein paar Worte an Sie, FrauFlach, richten zu dürfen. Ich habe Sie in vier Jahren Ge-sundheitsausschuss als jemanden kennengelernt, dersehr nüchtern und sehr pragmatisch an die Themen her-angegangen ist und immer an der Sache orientiert war.Besonders hat mich in den letzten vier Jahren beein-druckt, dass Sie immer ohne Polemik ausgekommensind. Wir haben uns eigentlich ein bisschen an Sie ge-wöhnt, und jetzt gehen Sie. Das ist schade. Wir wün-schen Ihnen aber weiterhin alles Gute und hoffen, dassSie der Gesundheitspolitik verbunden bleiben!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir beratenheute und in zweiter und dritter Lesung das Apotheken-notdienstsicherstellungsgesetz und das Dritte Gesetz zurÄnderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschrif-ten.Frau Volkmer, ich möchte vorab einiges zu dem sa-gen, was Sie zum Thema Beratung bei der Vergleichs-therapie gesagt haben. Wir hatten da eine schwierigeEntscheidung zu treffen. Ich sage es Ihnen ganz offen:Wir haben uns lange überlegt, wie wir uns diesemThema nähern, weil wir natürlich wussten, was vonsei-ten der Opposition auf uns zukommt. Wenn wir einThema, das die Arzneimittelversorgung angeht, vernünf-tig regeln wollen, sehen wir uns sofort und automatischdlodJteDliddkwDzWnhdassclieddräWnRPterieareInsaahnn
as waren 7 Milliarden Euro bei den Herstellern, 4 Mil-arden Euro bei den Apothekern und rund 4 Milliar-en Euro über die Rabattverträge. Ich kann mich noch anie Zeit von Rot-Grün erinnern. Damals hat Bundes-anzler Schröder die Pharmalobby zu einem Glas Rot-ein in das Bundeskanzleramt eingeladen.
abei hat man Einsparungen von 600 Millionen Euro er-ielt.
ir lassen uns von vielen Lobbyismus vorwerfen, abericht von der SPD.
Ich möchte mich in diesem Zusammenhang ganzerzlich bei den Grünen bedanken,
ie bei dieser schwierigen Entscheidung ganz nüchternbgewogen haben, ob es Sinn macht. Sie haben dem Ge-etzentwurf im Ausschuss nicht zugestimmt, sondernich enthalten; aber das hat die Sache für uns ein biss-hen einfacher gemacht. Dafür an dieser Stelle ein herz-ches Dankeschön.
Ich möchte ganz kurz inhaltlich auf die zwei Gesetz-ntwürfe eingehen, zunächst auf das Apothekennot-ienstsicherstellungsgesetz. Wir haben in Deutschlandas Problem, dass die vielen Apotheken in den Ballungs-umen relativ wenige Notdienste durchführen müssen.enn sie Notdienste leisten müssen, dann können sie ei-en entsprechenden Umsatz verzeichnen. In ländlichenegionen, in dünn besiedelten Regionen haben wir dasroblem, dass die Apotheken sehr häufig Notdienst leis-n müssen, ohne dass sie entsprechende Umsätze gene-eren können. Ich glaube, dieses Maßnahmenpaket istin wichtiges Signal an die Apothekerschaft, aber auchn die Patienten, dass die flächendeckende, bedarfsge-chte und wohnortnahe Versorgung sichergestellt wird. Zukunft bekommt jeder Apotheker, der einen voll-tändigen Notdienst – von 20 Uhr bis 6 Uhr morgens –bleistet, eine Pauschale von rund 200 Euro. Man mussuch einmal sagen, um welche Beträge es sich dabeiandelt. Ich denke, das ist eine angemessene Entloh-ung. Sie ist nicht zu hoch, sie ist passend.Ich will zwei Punkte ansprechen, die wichtig sind:Die Umsatzsteuerproblematik konnten wir leidericht gesetzlich regeln. Wir gehen aber davon aus, dass
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Michael Hennrich
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das Bundesfinanzministerium mit den Landesfinanzmi-nistern eine Lösung findet, damit dieser Betrag den Apo-thekern ungeschmälert zur Verfügung steht.Ich möchte auch auf die Diskussion über die Verwal-tungsstrukturen eingehen. Von der Opposition wurde im-mer wieder angemerkt, es gebe effizientere Lösungen.Ich habe mir von der Apothekerschaft sagen lassen, mitwelchen Verwaltungskosten sie ungefähr rechnet. Siegeht davon aus, dass die Verwaltungskosten bei 1 Pro-zent liegen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der GKV-Spitzenverband Bund oder sonst jemand das hätte güns-tiger machen können.Ich will auch kurz auf den Entwurf eines Dritten Ge-setzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und andererVorschriften eingehen. Was haben wir da gemacht? Wirhaben die europäische Pharmakovigilanzrichtlinie um-gesetzt. In Zukunft müssen Unternehmen, die freiwilligArzneimittel vom Markt nehmen, die Behörden umfas-sender informieren. Das soll sicherstellen, dass die Un-ternehmen es sich sehr genau überlegen, ob sie zu dieserMaßnahme greifen. Wir haben rechtliche Veränderungenvorgenommen, was die Bekämpfung des Dopings imSport angeht, und wir haben, wie gesagt, das AMNOGnoch einmal auf den Prüfstand gestellt. Dabei haben wirdrei ganz wesentliche Punkte geklärt:Wir haben zum einen geregelt, dass bei der frühenNutzenbewertung im Bestandsmarkt die Unternehmendie identischen Rechtsmittel haben wie bei neuen Wirk-stoffen; da gab es ja gewisse Unsicherheiten. Wir habenbei der Wahl der Vergleichstherapie eine gewisse Flexi-bilität geschaffen. Uns war auch wichtig, im Gesetz klar-zustellen, dass Unternehmen und GKV-Spitzenverband,wenn ein Zusatznutzen belegt ist, Preise aushandelnmüssen, dass es also keinen festen Algorithmus gibt.Mit diesen drei Maßnahmen bringen wir, denke ich,das AMNOG insgesamt gut zum Laufen. Ich hoffe, dasswir keinen Nachbesserungsbedarf haben werden. DieÄnderungen, die wir durchgeführt haben, belegen, dasswir als Gesetzgeber verpflichtet sind, diesen Prozessweiterhin zu beobachten und, falls es notwendig ist, ander einen oder anderen Stellschraube zu drehen. Span-nend wird jetzt, wie sich das Thema „Preisfindung in derSchiedsstelle“ entwickelt. Aber auch da sind wir gutenMutes.Ich glaube, wir legen heute ein Gesetzespaket vor, dasin die richtige Richtung zeigt. Ich würde mich freuen,wenn Sie diesem zustimmen würden.Herzlichen Dank.
Das Wort hat die Kollegin Kathrin Vogler für die
Fraktion Die Linke.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnenund Kollegen! Auch ich möchte zu Beginn ein Wort desDFsnSusisretigGsuLvVruawnfaruDgdDsnvsdsmzmhswdnstisFsteedM
em ursprünglichen Entwurf hätten wir übrigens zu-timmen können. Umsetzung unstrittiger EU-Richtli-ien, Rechtsklarheit für die frühe Nutzenbewertung underbesserte Regelungen gegen Doping im Sport – werollte etwas dagegen haben? Auch die Regelung, dassas Ministerium künftig die Gehälter von Kassenvor-tänden kontrollieren soll, hätten wir mitgetragen. Dochit den weiteren Änderungen haben Sie uns den Wegur Zustimmung verbaut. Mit den zwei wichtigstenöchte ich mich hier auseinandersetzen.Zuerst zu den Anwendungsbeobachtungen. Wir habenier schon oft darüber diskutiert, dass die Mehrzahl derogenannten Anwendungsbeobachtungen eben keineissenschaftlichen Studien sind, um Medikamente iner praktischen Anwendung zu untersuchen und die Arz-eimittelsicherheit zu verbessern. Es sind vielmehrchlecht getarnte Marketinginstrumente, bei denen Ärz-nnen und Ärzte dafür bezahlt werden, dass sie be-timmte, meist teure Medikamente einer bestimmtenirma verordnen. Es gibt ja durchaus auch Anwendungs-tudien, die für den Schutz der Patientinnen und Patien-n sinnvoll sind. Um diese zu erkennen, brauchen wirin verpflichtendes öffentliches Studienregister, wie esie Linke schon lange fordert. Aber diese notwendigeaßnahme verweigert Schwarz-Gelb hartnäckig.
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Kathrin Vogler
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Die Transparenzregeln, die Sie jetzt hier vorschlagen,reichen absolut nicht aus. Reine Marketingmaßnahmen,von denen die Patientinnen und Patienten nichts haben,gehören nicht nur transparent gemacht, sondern gesetz-lich verboten.
Union und FDP aber wollen im Wahlkampf nur die kriti-schen Bürgerinnen und Bürger beruhigen und vor allemder Industrie nicht wehtun. So geht es schon mal garnicht.
Gestern Morgen um 7.30 Uhr haben Sie schnell nocheine Änderung vorgelegt, die es in sich hat, und dieseunmittelbar danach im Gesundheitsausschuss mit IhrerMehrheit durchgestimmt; die Kollegin Volkmer hat dazuschon viel Richtiges gesagt. Interessant ist übrigens, dassdie Presse sehr viel früher Bescheid wusste als die Mit-glieder des Gesundheitsausschusses. „Koalition hilft derPharma-Industrie“ oder „Arzneireform wird geändert –zugunsten der Industrie“, so lauteten die Schlagzeilengestern früh, und zwar nicht etwa im Neuen Deutsch-land, sondern in der Süddeutschen Zeitung und im Han-delsblatt.
Worum geht es? Die Industrie soll künftig selbst aus-wählen, gegen welche Vergleichstherapie sich ihre Pro-dukte bei den Prüfungen auf einen Zusatznutzen zu be-währen haben; na ja. Damit sabotieren Sie, liebeKolleginnen und Kollegen, Ihr eigenes Gesetz vom letz-ten Jahr, das AMNOG, das nach Ihren eigenen Aussagen– vor allem Herr Singhammer hat uns das ja vorgerech-net – die Arzneimittelkosten der Krankenkassen um biszu 1,5 Milliarden Euro senken sollte. Den Änderungsan-trag der Linken, mit dem die Herstellerrabatte und dasPreismoratorium um weitere zwei Jahre verlängert wer-den sollten, haben leider alle anderen Fraktionen abge-lehnt. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein Ar-mutszeugnis.
Was heißt das? Ab dem 1. Januar nächsten Jahres istalso wieder mit einer Preisspirale bei den Arzneimittelnzu rechnen.
Aber das muss Sie ja nicht belasten; denn damit musssich dann eine andere Regierung herumärgern.
Vor allem ärgert es die Versicherten, die dann tiefer indie Tasche greifen müssen.Sie haben den Aktionären der Pharmakonzerneschnell noch einmal gezeigt, wo sie am 22. Septemberdieses Jahres ihr Kreuzchen machen sollen.
Aber alle, die keine Pharmaaktien besitzen, alle, dieKrankenkassenbeiträge zahlen, werden daraus hoffent-liRDnkzdläreAdtiFrehlawEsVDWkndAdmZvkEm
Die sogenannte Gesundheitspolitik dieser Bundes-gierung zugunsten der Konzerne und zugunsten derktionäre hat dann hoffentlich ab dem 22. Septemberieses Jahres ausgedient.Ich danke Ihnen.
Das Wort hat die Kollegin Birgitt Bender für die Frak-
on Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieberau Flach, auch von mir noch ein kurzes Wort. Wir wa-n in den letzten vier Jahren fast nie einer Meinung. Wiraben uns aber immer sachlich und dabei betont gut ge-unt ausgetauscht. Es hat Spaß gemacht mit Ihnen. Ichünsche Ihnen alles Gute.
Nun zum Gesetzentwurf. Da ist ja viel Routine drin.s geht um die Umsetzung von EU-Recht; das haben wirchon gehört. Die Koalition feiert sich für eine bessereergütung von Apothekennotdiensten.
as Ziel, dadurch Landapotheken zu stärken, teilen wir.ir müssen nur sagen: Sie haben sich wenig darum ge-ümmert, was Sie da eigentlich tun. Denn es liegen vonur zwei Bundesländern, nämlich von Bayern und Ba-en-Württemberg, überhaupt Zahlen zur Belastung derpotheken mit Notdiensten vor; von allen anderen Län-ern wissen wir gar nichts über die Verteilung.Noch weniger haben Sie sich darum gekümmert, sichit den Ländern zusammenzusetzen und den jetzigenuschnitt der Notdienstbezirke zu überprüfen, um zuermeiden, dass Patienten von einem Ende des Land-reises, wo der ärztliche Notdienst ist, zum anderennde des Landkreises zur Notdienstapotheke fahrenüssen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30823
Birgitt Bender
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All das hat Sie nicht interessiert. Sie haben nur die be-sagten 120 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Damuss man schon sagen: Das ist Gesetzgebung im Blind-flug. Das wirkt trotz der guten Absicht, die wir teilen,nicht wirklich überzeugend.
Sie haben im Übrigen auch noch nicht abschließendgeklärt, ob den Apothekern, was die Umsatzsteuer be-trifft, nicht eine doppelte Belastung droht; auch daran seierinnert. Die heiße Nadel ist nie eine gute Ratgeberin.Zunächst hieß es, es soll in Apotheken vielleichtkeine Apotheken Umschau, keine Tempos und keineWeihnachtskalender mehr geben.
Bei der Beratung stellt sich dann heraus: Doch, es gibtweiterhin die Apotheken Umschau, die Tempos, diePflaster und die Weihnachtskalender. Aber das, wasnicht mit viel Geld im Fernsehen wie die ApothekenUmschau beworben wird, sondern was sich jetzt eineReihe nicht so ABDA-treuer Apotheken überlegt hat– seien es 1-Euro-Gutscheine oder sonst etwas –, sollverboten werden. Da muss man schon fragen: Wenn esdenn Kundenbindungsmittel gibt, warum sollen nur dieeinen angewendet werden, und warum sollen die ande-ren verboten werden? Das riecht doch sehr nach einerkleinen Gefälligkeitsaktion von Schwarz-Gelb zur politi-schen Kundenbindung. Da sind wir nicht dabei.
Es freut uns hingegen, dass die Koalition entdeckthat, dass der Vorschlag der Grünen zur Verbesserung derpsychotherapeutischen Versorgung gut ist. Wir haltenzwar nicht viel von der Reservequote für die Ärzte; aberwenigstens ist jetzt gesichert, dass nichtbesetzte Sitzenicht angerechnet werden. Das wird insbesondere diepsychotherapeutische Versorgung im Osten Deutsch-lands verbessern; und das ist gut so.
Richtig ist auch, dass bei der Nutzenbewertung vonArzneimitteln im Bestandsmarkt Rechtsklarheit geschaf-fen wird. Damit komme ich zu einem kontroversenThema, nämlich die Regelung zur Vergleichstherapie,die Sie last minute eingebracht haben, dass bei verschie-denen Möglichkeiten nicht die wirtschaftlichste gewähltwerden muss.Auch Rot-Grün hat oft lange beraten und entspre-chende Gesetzentwürfe kurzfristig vorgelegt. Daher willich Ihnen gar nicht vorhalten, dass der Gesetzentwurfsehr kurzfristig vorlag. Aber es fällt schon auf, dass wirden Gesetzentwurf erst anderthalb Stunden vor derAusschussberatung bekommen haben, während HerrSinghammer die Zeit hatte, die Presse am Vortag aus-führlich zu briefen, damit am nächsten Tag etwas in derZGSfeinVKsgnEguuwDdmnGfelaawSkkSsenwedHsZti
o war es uns kaum möglich, den Gesetzentwurf zu prü-n.Interessant ist, dass Herr Singhammer der Pharma-dustrie in Aussicht gestellt hat, dass sie jetzt dieergleichstherapie auswählen könne, die sie wolle. Derollege Lauterbach hat dann gesagt: Eben das istchlecht. – Wenn es so wäre, hätte er auch recht. Nur, dasibt der Wortlaut des vorgelegten Gesetzentwurfs garicht her.
s bleibt dabei, dass der G-BA die zweckmäßige Ver-leichstherapie festlegt
nd erst dann – lieber Kollege Spahn, ich sehe, wir sindns insoweit einig – der Hersteller tatsächlich eine Aus-ahlmöglichkeit bekommt.
as halten wir für durchaus diskutabel; denn wir wollen,ass auch da geforscht wird, wo bereits eine Versorgungit Generika möglich ist. Es kann ja sein, dass auch dortoch ein Zusatznutzen erzielt werden kann. Da wir denesetzentwurf nicht großartig diskutieren und überprü-n konnten, befürchten wir allerdings, dass es Manipu-tionsmöglichkeiten gibt. Wir halten diese Regelunglso für eine Regelung auf Bewährung. Deswegen habenir uns in diesem Punkt enthalten.Der Gesetzentwurf hat insofern durchaus Licht undchatten, sodass wir ihm insgesamt nicht zustimmenönnen. Wir sind auch nicht sehr zufrieden mit der Mini-orrektur beim Doping. Wir hätten vorgeschlagen, einentraftatbestand Sportbetrug einzuführen. Das wäre bes-er, als den Besitz entsprechender Mittel für strafbar zurklären. Nun denn, es gibt einige gute Regelungen, ei-ige zweifelhafte und einige gar nicht gute. Deswegenerden wir uns bei der Abstimmung über diesen Gesetz-ntwurf enthalten.
Das Wort hat der Kollege Johannes Singhammer für
ie Unionsfraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen underren! Wir verfolgen mit diesem Gesetzentwurf hin-ichtlich der arzneimittelrechtlichen Vorschriften zweiiele: Das erste Ziel ist, dass die Patientinnen und Pa-enten in Deutschland die besten, die neuesten und die
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Johannes Singhammer
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wirksamsten neuen Arzneimittel erhalten. Das zweiteZiel ist, dass die Finanzen der Krankenversicherungen,soweit es geht, geschont bleiben.Bei dem zweiten Ziel sind wir nachprüfbar sehr er-folgreich – der Kollege Michael Hennrich hat die Zahlenschon genannt –: Es gab in der Geschichte des deutschenGesundheitswesens bei den Ausgaben für Arzneimittelnoch nie einen solchen Rückgang. Seitdem wir im Jahr2010 das AMNOG verabschiedet haben, sind die Ausga-ben Jahr für Jahr beträchtlich – in Milliardenhöhe – ge-schrumpft. Das ist gut so. Wir wollen das fortsetzen. Wirwollen aber auch, dass die Garantie, die die Menschen inDeutschland haben, dass sie mit neuen, innovativen Me-dikamenten bestmöglich versorgt sind, erhalten bleibt.Deshalb müssen wir beide Ziele in eine Balance bringen.Es gibt bei den Medikamenten unterschiedliche Preis-niveaus in Europa. Nicht immer ist das niedrigste Preis-niveau das beste für die Patientinnen und Patienten. Vorkurzem hat die Universität Bayreuth eine sehr interes-sante Studie dazu vorgestellt. In ihr wurden 39 neue, ein-deutig innovative Substanzen, die für Patientinnen undPatienten wichtig sind und in den Jahren 2008 bis 2010auf den Markt gekommen sind, verglichen, und es wurdeuntersucht, welche für alle Patientinnen und Patientenverfügbar geworden sind. Dabei wurde beispielsweisefestgestellt, dass in Spanien, das ein sehr niedriges Preis-niveau hat, 8 dieser Substanzen verfügbar waren. Außer-dem hat man festgestellt, dass in Italien, wo das Preisni-veau ein bisschen höher ist, 11 dieser Substanzenverfügbar waren. Des Weiteren hat man festgestellt, dassin Deutschland alle 39 dieser neuen, innovativen Subs-tanzen verfügbar waren, und zwar nicht nur für eine be-stimmte Gruppe von Patienten, sondern für alle.
Unser Ziel ist es, dass es keine, wie auch immer gear-tete Abstufung beim Zugang zu neuen, innovativen,wirksamen Medikamenten in Deutschland gibt. Daswerden wir nicht zulassen. Wir wollen die besten Medi-kamente für alle.
Deshalb haben wir diese Änderungen eingebracht. Mitihnen verfolgen wir das klare Ziel, noch einmal das zupräzisieren, was wir bei der AMNOG-Gesetzgebung imJahr 2010 auch schon deutlich ausgedrückt hatten. Wirwollen also die Trennung der beiden Schritte noch ein-mal präzise festlegen. Schritt eins ist die Feststellung desZusatznutzens. Das ist ein empirischer, ein wissenschaft-licher, ein evidenzbasierter Vorgang. Schritt zwei sinddie Preisverhandlungen. Das ist ein ökonomischer Vor-gang. Er hat mit dem ersten nichts zu tun.
Wir wollen auch jedes Risiko vermeiden, dass beideSchritte vermischt werden könnten.
it dieser Klarstellung machen wir das und erreichen,ass eine saubere Trennung möglich ist und auch durch-esetzt wird. Das ist unser Ziel. Deshalb legen wir die-en Vorschlag vor. Ich denke, er ist sachgerecht und hilftabei, unsere beiden Ziele zu realisieren und damit dieeste Versorgung für alle Patientinnen und Patienten ineutschland sicherzustellen.
Ich möchte in diesem Fall nicht zu Beginn, wie einigeedner das schon getan haben, sondern am Schluss dertaatssekretärin – dir, liebe Ulrike Flach – herzlich fürine gute Zusammenarbeit und eine hervorragende Ko-peration in der Koalition danken. Wir haben gemein-am viel erreicht, denke ich. Darauf können wir stolzein.Danke schön.
Das Wort hat der Kollege Steffen-Claudio Lemme für
ie SPD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undollegen! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin Flach, ichünsche Ihnen alles Gute, vor allem Gesundheit.
Nun zur Sache, zum Apothekennotdienstsicherstel-ngsgesetz: Es waren sicherlich nicht nur viele von uns,ondern auch viele Versicherte generell schon einmal iner Situation, nachts oder an einem Sonntag dringendine Apotheke aufsuchen zu müssen. In der Not schnellas geeignete verschreibungspflichtige bzw. apotheken-flichtige Medikament zu bekommen, ist für die betrof-nen Menschen wichtig. Auch die Gewissheit zu haben,ass im Notfall eine Apotheke in der Nähe aufgesuchterden kann, verleiht den Menschen ein Gefühl von Si-herheit. Daher ist die wohnortnahe Sicherstellung despothekennotdienstes ein wichtiges Element der ambu-nten Notfallversorgung.Dringender Handlungsbedarf besteht insbesondereuf dem Land, da der Apothekennotdienst hier stark aus-edünnt wurde und die Versicherten immer längere An-hrtswege zur nächsten Apotheke in Kauf nehmen müs-en. Die Finanzierung ist ungerecht. Das Nachsehenaben zumeist Apotheken im ländlichen Bereich.Doch was hat uns Schwarz-Gelb hier vorgelegt? Ei-en Gesetzentwurf, der zu kurz gedacht und zu kurz ge-prungen ist.
Nehmen wir nur einmal die Entstehung des Gesetzes.s scheint, als wäre es in einer Nacht-und-Nebel-Aktionerfasst worden, um ja noch etwas vor der nächsten
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30825
Steffen-Claudio Lemme
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Wahl vorzeigen zu können. Wie ist es sonst zu erklären,dass die Verbände und der Normenkontrollrat nur zweiTage Zeit hatten, ihre Stellungnahmen dazu zu verfas-sen? Die Länder haben sich dank ihres optimierungsbe-dürftigen Zeitmanagements erst gar nicht beteiligen kön-nen.Bei dieser Entstehungsgeschichte ist es nicht verwun-derlich, dass die Umsetzung deutliche Schwächen auf-zeigt. So unterliegt die vorgesehene Einrichtung einesFonds und die Verteilung der zusätzlichen Mittel einemkomplizierten Konstrukt. Wir halten es für unlogisch,den Fonds beim Deutschen Apothekerverband anzusie-deln. Eine mögliche Alternative wäre ja beispielsweiseein steuerfinanziertes Modell gewesen. Aber dieses ha-ben Sie gar nicht prüfen lassen.Außerdem produziert der Fonds einen unverhältnis-mäßig hohen bürokratischen Aufwand. Diese Auffas-sung vertritt ebenso der Normenkontrollrat. Dabei brüs-tet sich die FDP doch gerne mit der Forderung nachBürokratieabbau, und das im großen Stil. Wie man hiersehen kann, ist das alles nur heiße Luft. Aber das sindwir ja von Ihnen gewöhnt.
Ein wichtiges Ziel hätte sein müssen, die Apothekenin strukturschwachen Regionen zu stärken und sie ange-messen dafür zu vergüten, dass sie die Notfallversorgungmit Arzneimitteln bereitstellen. Es liegt doch auf derHand, dass eine Apotheke in Berlin-Schöneberg sonn-tags und nachts häufiger in Anspruch genommen wirdals eine Apotheke im Harz oder im Thüringer Wald.
Der Bedarf nach zielgerichteten Maßnahmen fürApotheken in strukturschwachen Gebieten drängt sichnahezu auf. Doch durch den vorgelegten Gesetzentwurfwerden die hochfrequentierten Apotheken in Ballungs-gebieten noch stärker bevorteilt. Das liegt an der von Ih-nen vorgeschlagenen Vergütungsstruktur. Die Bindungder Notdienstpauschale an das Fixhonorar führt zu einerdeutlichen Bevorzugung der städtischen Apotheken. DieVertreterin des GKV-Spitzenverbandes hat davor ge-warnt, dass diese Regelung zu einer impliziten Dynami-sierung führen kann. Kurzum: Man kann die ländlichenApotheken doch nicht dadurch fördern, dass man diestädtischen Apotheken besser bezahlt. Das muss Ihnendoch einleuchten.
Auch wenn der Ansatz des Gesetzentwurfes zu begrü-ßen ist, so lässt die Ausgestaltung doch sehr zu wün-schen übrig. Hier ist zu sehen, dass gut gemeint nichtgleich gut gemacht ist.Ich danke Ihnen.
Das Wort hat der Kollege Jens Spahn für die Unions-
fraktion.
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Herr Kelber, Sie können das Gesetz ja einmal erklären.h glaube, Sie wissen nicht einmal, wie es heißt. Alsoeien Sie doch an dieser Stelle einfach ruhig. Nur, weilie jetzt gerade einmal zufällig hier im Parlament sitzen,üssen Sie nicht dazwischenrufen.
Herr Kelber, wissen Sie, Sie haben ja ein dunkles Or-an. Das kommt immer durch. Deswegen sind Ihre Zwi-chenrufe immer gut zu verstehen, aber leider nicht be-onders inhaltsvoll.Wir wollen aber jetzt darüber reden, worum es beiem Apothekennotdienstsicherstellungsgesetz geht. Dasagt nämlich schon der Name. Es geht darum, dass wirie flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mitedizinischen Dienstleistungen in allen Bereichen ge-ährleisten wollen. Es ordnet sich in einen Gesamtge-etzgebungsprozess ein, den wir in den letzten Jahrenegonnen haben. Mit dem GKV-Versorgungsstrukturge-etz wollten wir es für Ärztinnen und Ärzte weiterhin at-aktiv machen, sich im ländlichen Raum niederzulassennd somit dort die Versorgung sicherzustellen.Daneben geht es jetzt darum, den Notdienst der Apo-eken, die zur Verfügung stehen müssen, wenn Patien-nnen und Patienten nachts Medikamente brauchen,rstmals überhaupt pauschal zu vergüten. Mit diesemesetzentwurf sagen wir: Dafür gibt es ein Fixhonoraron 250 Euro pro Dienst. Bei den Unterschieden, die esibt – wir wissen, dass es in Bayern Apotheken gibt, dieur drei Notdienste im Jahr haben, während andere über0 Notdienste haben –, spiegelt dies den Mehraufwandtsächlich angemessen wider. In einem weiteren Schritterden wir in den nächsten Wochen den Krankenhäu-ern Anreize und auch finanzielle Möglichkeiten geben,m eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen.Eines unterscheidet uns hier auf jeden Fall. Ihr Schat-nkompetenzträger hat hier in einer Rede ja mal gesagt,as wäre eine Verbeugung vor den Apothekern, und Sieaben das Ärzte-Versorgungsgesetz ein „Ärztebeglü-kungsgesetz“ genannt. Durch all dies wird deutlich,ass Sie nicht verstehen, dass eine gute, flächende-kende Versorgung der Menschen nur mit den Ärzten,
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30826 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Jens Spahn
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nur mit den Apothekern, nur mit den Pflegekräften er-reicht werden kann, und nicht gegen sie.
Sie polemisieren andauernd gegen Ärzte und Apothekerund versuchen, einen Keil zwischen Patientinnen undPatienten sowie Ärzte und Apotheker zu treiben.
Wir wollen das Gegenteil, und deswegen wollen wir die-sen Dienst gerade auch in der Fläche im Land angemes-sen honorieren.
Zum nächsten Thema. Frau Volkmer, auch hier mussich sagen: Entweder waren Sie böswillig oder Sie habenes nicht verstanden. Das Arzneimittelmarktneuord-nungsgesetz sieht klar zwei Schritte vor:Der erste Schritt ist die Nutzenbewertung von Arznei-mitteln. Wir schauen: Wie viel besser ist ein Arzneimit-tel, das neu auf den Markt kommt, als das, was schon daist. Eine solche Nutzenbewertung – ist etwas besser alsdas, was schon da ist? – ist immer relativ. Wir lassenjetzt zu, dass dann, wenn es gegen eine bestimmteKrankheit schon heute mehr als ein Arzneimittel bzw.eine Therapie gibt, man einen Vergleich gegen eine vondiesen durchführen kann. Bei einem solchen relativenVergleich – es kommt ja immer darauf an, was Sie ver-gleichen – erhält man halt unterschiedliche Ergebnisse.Der zweite Schritt ist, dass auf der Grundlage dieserErgebnisse Preisverhandlungen geführt werden.Deswegen ist es einfach nicht redlich, dass Sie sichhinstellen und sagen, es handelte sich um milliarden-schwere Geschenke für die Pharmaindustrie. Es ist okay,Wahlkampf in diesem Punkt zu betreiben; aber im politi-schen Miteinander geht es nun einmal gar nicht, die Sa-chen so sehr zu verfälschen, dass sie nicht einmal mehransatzweise etwas mit dem zu tun haben, was wir tat-sächlich regeln. Das finde ich schon schwierig;
denn im Kern geht es um etwas anderes, und das habenSie anscheinend auch noch nicht ganz verstanden.Sie können hier gerne Pharma-Bashing betreiben,weil Sie denken, dass es populär ist, immer auf die Phar-maindustrie zu hauen. Aber eines, glaube ich, wissen dieMenschen ziemlich gut, dass es nämlich neue Medika-mente etwa gegen Krebs, MS, Rheuma, Hepatitis C, De-menz und viele andere Krankheiten, die tatsächlich auchbesser sind und mehr leisten als die Medikamente, dieschon auf dem Markt sind – es geht also nicht nur umeine andere Pillenfarbe –, nur dann geben wird, wennwir solche Medikamente auch angemessen honorieren.Sie mögen hier Pharma-Bashing betreiben, weil Siemeinen, dass das populär ist. Wir meinen, dass es richtigist, Innovationen gut zu bezahlen, weil das für eine gutePatientenversorgung wichtig ist; denn viele Menschenwarten dringend auf diese Medikamente und auf neueBzFsdscCAdwWteuFnuGWeuFnnBnwdgSg
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von den
raktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Ge-
etzentwurf zur Förderung der Sicherstellung des Not-
ienstes von Apotheken.
Der Ausschuss für Gesundheit empfiehlt unter Buch-
tabe a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksa-
he 17/13769, den Gesetzentwurf der Fraktionen der
DU/CSU und FDP auf Drucksache 17/13081 in der
usschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die
em Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen
ollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –
er enthält sich? – Der Gesetzentwurf ist damit in zwei-
r Beratung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
nd der Fraktion Die Linke bei Enthaltung der SPD-
raktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ange-
ommen.
Dritte Beratung
nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz-
ntwurf ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen
nd der Fraktion Die Linke bei Enthaltung der SPD-
raktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ange-
ommen.
Ich gebe dem Kollegen Wunderlich das Wort zu ei-
em Geschäftsordnungsantrag.
Gemäß § 45 Abs. 1 unserer Geschäftsordnung ist der
undestag beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte sei-
er Mitglieder, mithin mehr als 310, im Sitzungssaal an-
esend sind. Meine Fraktion bezweifelt das.
Die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages,ie wir uns selbst zu Beginn dieser Legislaturperiode ge-eben haben, ist eindeutig. Zur Erklärung für alle imaal Anwesenden, möchte ich Folgendes ausführen:
Nach § 45 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung ist fest-elegt:Wird vor Beginn einer Abstimmung die Beschluss-fähigkeit von einer Fraktion oder von anwesendenfünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestagesbezweifelt und auch vom Sitzungsvorstand nichteinmütig bejaht …
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013 30827
Vizepräsidentin Petra Pau
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In diesem Fall ist mit einem Hammelsprung die Be-schlussfähigkeit festzustellen.
Ich bitte die Geschäftsführer aller Fraktionen zu mir.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach Beratung mitden Geschäftsführern und natürlich mit den uns jederzeithilfreich zur Seite stehenden Juristen der Bundestagsver-waltung haben wir die Geschäftsordnung des DeutschenBundestages ausgelegt. Es ist unstrittig, dass wir über ei-nen Gesetzentwurf in zweiter und dritter Beratung gültigabgestimmt haben. Ich habe festgestellt, dass dieser Ge-setzentwurf angenommen worden ist.
Nach unserer Geschäftsordnung kann vor jeder neuenAbstimmung der Antrag auf Feststellung der Beschluss-fähigkeit gestellt werden. Wir haben den Antrag desKollegen Wunderlich für die Fraktion Die Linke, die Be-schlussfähigkeit festzustellen, vor der Abstimmung überBuchstabe b der Beschlussempfehlung auf Drucksache17/13769, nämlich den Gesetzentwurf der Bundesregie-rung auf Drucksache 17/13403 für erledigt zu erklären,entgegengenommen.Die Geschäftsordnung lässt uns keine Wahl: Die Be-schlussfähigkeit wird festgestellt, indem alle Kollegin-nen und Kollegen den Saal verlassen. Sobald sich dasPräsidium davon überzeugt hat, dass alle Kolleginnenund Kollegen den Saal verlassen haben, werden wir zurFeststellung der Beschlussfähigkeit des Hauses die Tü-ren gegenüber dem Präsidium wieder öffnen.
Mit der Feststellung der Beschlussfähigkeit des Deut-schen Bundestages werden wir gleichzeitig über die Be-schlussempfehlung abstimmen. Das heißt, ich bitte zubeachten, durch welche Tür Sie den Plenarsaal nachAufruf zur Abstimmung betreten. Sie machen damitdeutlich, wie Sie zur Beschlussempfehlung, den Gesetz-entwurf der Bundesregierung für erledigt zu erklären,stehen.Durch das Betreten des Saales geben Sie den Schrift-führerinnen und Schriftführern die Möglichkeit, zu zäh-len, wie viele Mitglieder des Hauses anwesend sind.NtaHmmunkdgrusKsakdsreMdzwhnudH–hdddwnswohsSnpedeD
Ich sagte „voraussichtlich“. Wir sind alle keine Hellse-er.Ich bitte noch einmal alle Kolleginnen und Kollegen,en Saal jetzt zu verlassen.Der Kollege Schweickert hat aufgrund der offenkun-igen Schwierigkeiten, dies zu tun, mit Einverständnises Präsidiums die Erlaubnis, hier sitzen zu bleiben. Wirerden gemeinsam mit den zählenden Schriftführerin-en und Schriftführern sicherstellen, dass seine Anwe-enheit hier entsprechend mitgezählt und protokolliertird.Ich bitte um ein Zeichen, wenn der letzte Kollegeder die letzte Kollegin die Gelegenheit wahrgenommenat, den Saal zu verlassen, und die Türen geschlossenind, und – noch wichtiger – um ein Zeichen, ob allechriftführerinnen und Schriftführer auf ihren Positio-en sind. – Darf ich das Zeichen als Zustimmung inter-retieren? – Dann bedanke ich mich recht herzlich undröffne die Abstimmung.Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, zu bedenken,ass sie durch die Tür gehen, die das Votum zur Erledigt-rklärung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung aufrucksache 17/13403 signalisiert. Es wird gleichzeitig
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30828 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 6. Juni 2013
Vizepräsidentin Petra Pau
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gezählt, wie viele Kolleginnen und Kollegen an dieserAbstimmung teilnehmen, um die Beschlussfähigkeit zuüberprüfen.Die Abstimmung ist also eröffnet; ich hoffe, das istjetzt auch draußen angekommen. Ich bitte die Kollegin-nen und Kollegen, die schon im Saal sind, uns doch bittedie Möglichkeit zu eröffnen, die Türen einzusehen, dasheißt, sich noch ein Stückchen weiter in den Saal hinein-zubemühen – nicht dass eine Kollegin oder ein Kollegegehindert wird, an dieser Abstimmung teilzunehmen.Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um ein Si-gnal, ob sich noch Kollegen vor der Tür befinden, dienoch nicht an dieser Abstimmung teilnehmen konnten.
– Na ja, ich zweifele an, dass es Tausende sind. Wir sind620 Mitglieder in diesem Haus. Mir würde es schon ge-nügen, wenn ebendiese sich zur Abstimmung aufgerufenfühlten und jetzt an dieser auch teilnehmen würden.Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hoffe, ich bin jetztauch in der Lobby vor dem Saal zu hören und zu verste-hen. Ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen, die an die-ser Abstimmung, die der Feststellung der Beschluss-Ich bitte um ein Signal, ob noch Kolleginnen undKollegen, die an der Abstimmung teilnehmen wollen,draußen sind. – Das ist nicht der Fall.
Ich bitte noch einmal, uns den Blick auf die Türenfreizumachen. Dieser Appell richtet sich an diejenigenKolleginnen und Kollegen, die schon im Saal sind undsich in der Mitte des Saales aufhalten.
Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftfüh-rerinnen und Schriftführer, das Ergebnis festzustellenund dem Präsidium unverzüglich zuzuleiten.Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie umAufmerksamkeit für das Ergebnis der Abstimmung:fähigkeit des Deutschen Bundestages dient undaußerdem über die Beschlussempfehlung auf Druck-sache 17/13769 erfolgt, den Gesetzentwurf der Bundes-regierung auf Drucksache 17/13403 für erledigt zu er-klären, teilnehmen wollen, dies auch zu tun und den Saaldurch die Tür ihrer Wahl wieder zu betreten.
– Ja.2Eumbsb(D67 Kolleginnen und Kollegen haben mit Ja gestimmt.s gab eine Enthaltung. Daraus folgt: 268 Kolleginnennd Kollegen haben an dieser Abstimmung teilgenom-en. Ich stelle damit fest, dass der Deutsche Bundestageschlussunfähig ist.Nach § 45 Abs. 3 der Geschäftsordnung ist nach Fest-tellung der Beschlussunfähigkeit die Sitzung aufzuhe-en. Das tue ich hiermit. Die Sitzung ist aufgehoben.