Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet. Ich wünsche Ihnen allen einen
guten Morgen und einen erfolgreichen Tag.
Ich weise Sie darauf hin, dass interfraktionell verein-
bart worden ist, die verbundene Tagesordnung um den
Antrag der Koalition „Eine Mehrwertsteuererhöhung ist
abzulehnen“ auf Drucksache 15/387 – zu erweitern. Der
Antrag soll in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 10
aufgerufen werden. Ich vermute, dass Sie damit einver-
standen sind. Erhebt sich Widerspruch? – Das ist nicht der
Fall. Dann haben wir das so beschlossen.
Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 9 a und 9 b auf:
a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung
Bericht über den Stand der Markteinführung
und der Kostenentwicklung von Anlagen zur
Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Ener-
gien
– Drucksache 14/9807 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
b) Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung
und Technikfolgenabschätzung
gemäß § 56 a der Geschäftsordnung
Technikfolgenabschätzung
Hier: Endbericht des TA-Projekts „Bioenergie-
träger und Entwicklungsländer“
– Drucksache 14/9953 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit
Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Auch dazu höre
ich keinen Widerspruch. Dann haben wir das so verein-
bart.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Kollegen Marco Bülow für die SPD-Fraktion das
Wort.
Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Ein altesafrikanisches Sprichwort sagt: „Wende dich der Sonne zuund du lässt den Schatten hinter dir.“ Passender und aktu-eller könnte man einen Aufruf zum Umdenken nicht for-mulieren. Die Sonne steht symbolisch stellvertretend füralle Formen der erneuerbaren Energien. Die erneuerbarenEnergien sind für uns ein Hoffnungsträger. Deshalb för-dern wir sie, so wie man Hoffnungsträger fördern sollte,wenn man will, dass sie sich entwickeln.
Die wohl wichtigste Fördermaßnahme, das Erneuer-bare-Energien-Gesetz, kurz EEG, haben SPD und Grüneim März 2000 auf den Weg gebracht. Heute sprechen wirüber den ersten Erfahrungsbericht, der uns aufzeigt, wiesich die erneuerbaren Energien unter dem EEG entwickelthaben.
Um es gleich vorwegzunehmen: Die Fördermaßnahmewar und ist goldrichtig und der Hoffnungsträger wächstund gedeiht.
Um noch besser zu werden, müssen wir das Gesetz an ei-nigen Stellen nachjustieren und einige neue Entwicklun-gen berücksichtigen. Dazu ist es notwendig, noch in die-sem Jahr eine Novellierung des EEG vorzunehmen.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Freitag, den 31. Januar 2003
Marco BülowIch bin mir sicher, dass wir eine Lösung finden werden,die sowohl unserer Wirtschaft als auch der Umwelt undvor allem den Menschen zugute kommen wird.Erinnern wir uns an die EEG-Debatte vom März 2000.Wir haben mit der Energiewende eine Vision vorgegeben,eine realisierbare Vision, mit der wir über den Tellerrandund über die nächste Wahl hinausblicken.
Die Reden der Opposition bewegten sich dagegen zwi-schen Mutlosigkeit und Ablehnung.
Eigentlich sei man ja dafür, aber das Gesetz sei das falscheInstrument, um den Anteil der erneuerbaren Energien aus-zuweiten. Außerdem sei das EEG EU-rechtlich doch sehrbedenklich. Lavieren, schwarz malen, aber eigene kons-truktive Vorschläge – Fehlanzeige. Das ist Oppositionsar-beit à la Union und FDP!
– Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann lesen undhabe natürlich die ganzen Berichte durchgearbeitet, alsich mich auf die Rede vorbereitet habe.
Dabei hatten doch alle Parteien des Bundestages An-fang der 90er-Jahre dem Beschluss zum EEG-Vorgänger,dem Stromeinspeisungsgesetz, zugestimmt. Doch dannschlug bei Union und FDP leider wieder die Stunde derpolitischen Dinosaurier.Die Entwicklung der letzten Jahre und die daraus re-sultierenden Gutachten machen jedoch deutlich, dass derAusbau der erneuerbaren Energien immer notwendigerwird. Die fossilen Energiereserven schmelzen unerbitt-lich. Der Weltenergieverbrauch wird bis 2030 um gut65 Prozent anwachsen. Dies bedeutet beispielsweise fürdie EU eine Verdopplung der Energieabhängigkeit in dennächsten 25 Jahren. Der zunehmende Kampf um Energieist schon heute von hoher sicherheitspolitischer und öko-nomischer Brisanz. Ich brauche wohl nicht zu betonen,wie es um unser Klima bestellt ist. Jeder weiß, in welchemAusmaß die Heftigkeit von Naturkatastrophen gerade inden letzten Jahren zugenommen hat. Als bittere Zugabesteigt der CO2-Ausstoß rasant: bis 2030 um sage undschreibe 70 Prozent.Doch dieses Horrorszenario können wir verhindern. Eswird allerdings traurige Realität, wenn wir den einge-schlagenen Weg nicht konsequent weitergehen.
Es liegt in unser aller Verantwortung, zu handeln unddafür zu werben, damit immer mehr Menschen, aber auchStaaten für diesen Weg „zur Sonne“ – zu den erneuerba-ren Energien – gewonnen werden.Werfen wir jetzt einen Blick auf den Bereich, den dieOpposition bei ihrer Verweigerung so massiv infrage ge-stellt hat. Punkt eins: die rechtliche Situation. Im März2001 hat der Europäische Gerichtshof die Einspeise- undMindestpreisregelung der EU als rechtskonform be-stätigt. Auf Deutsch: Das Gesetz ist einwandfrei.Punkt zwei: das angeblich falsche Instrument. UnserZiel war es, den Anteil der erneuerbaren Energien bis2010 auf über 12 Prozent zu verdoppeln. Wir liegen mitt-lerweile bei über 8 Prozent. Wir haben über 2 Prozent-punkte zugelegt. Wir liegen also gut im Zeitplan. Kein an-deres Fördergesetz der Welt ist so erfolgreich wie dasEEG.
Ich will noch einen dritten Punkt ergänzen, der durchdie Oppositionsreden zum EEG geisterte. Es wurde ge-sagt, das EEG vernichte Arbeitsplätze. Das Gegenteil istaber der Fall: Bereits 2001 sicherten die erneuerbarenEnergien rund 120 000 Arbeitsplätze, darunter viele inverschiedenen handwerklichen Berufsgruppen, was ichfür sehr wichtig erachte.Dazu sei mir ein Vergleich gestattet. Der Anteil derAtomenergie am deutschen Primärenergieverbrauch ist14-mal so hoch wie jener der erneuerbaren Energien.Doch die Atomwirtschaft hat nur etwa 35 000 Beschäf-tigte. 120 000 Beschäftigte zu 35 000 Beschäftigte: In je-dem anderen Bereich wäre dies ein Totschlagsargument,das jede Diskussion im Keim ersticken würde. Auch dassollte man einmal erwähnen.
Ich möchte zwei weitere Aspekte aufzeigen, die deut-lich machen, dass der Erfahrungsbericht ein Erfolgsbe-richt ist. Erster Aspekt: CO2-Bilanz. Allein 2001 wurdendurch die erneuerbaren Energien 35Millionen Tonnen desKlimakillers CO2 eingespart. Das bedeutet umgerechnet,dass 3,5 Millionen Deutsche heute bereits keine CO2-Emissionen verursachen.
Zweiter Aspekt: Vorbildfunktion. Der Erfolg des EEGhat verschiedene Länder wie Frankreich und Spanien dazuanimiert, wesentliche Elemente unserer Gesetzgebung zuübernehmen. Erst vor einigen Tagen hat das renommierteWorldwatch Institute – auch die Opposition kennt es wahr-scheinlich – das EEG als beispielhaft gerühmt.
In Deutschland fordern 80 bis 90 Prozent der Menschen– keine Partei wird dieses Traumergebnis jemals errei-chen –
den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. Demwerden wir als Sozialdemokraten nachkommen.
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Zum Schluss noch ein Wort zu den Kosten. Die Mehr-kosten, die durch das EEG entstanden sind, belaufen sichauf 0,18 bis 0,26 Eurocent pro Kilowattstunde. Nichtberücksichtigt sind dabei Netzkosten und Netzverluste,die durch die dezentrale Einspeisung der erneuerbarenEnergien eingespart werden. Vor allen Dingen werden dieexternen Kosten – das heißt: Klima- und Umweltkosten,die durch die Gewinnung der fossilen Energien entstehen –verringert. Eine Studie des Bundesumweltamtes hat dieseEinsparung mit 14 Eurocent pro Kilowattstunde errech-net. Demzufolge hätten wir durch das EEG allein 2001eine volkswirtschaftliche Einsparung von 2,5 Milliar-den Euro gehabt.
Wir haben das Jahr 2003. Fangen wir endlich an, zu be-greifen, dass der Verbrauch fossiler Ressourcen und dieBelastung unserer Umwelt kein Nullsummenspiel ist.Was sich manchmal als ökonomisch sinnvoll darstellt,kann uns letztlich teuer zu stehen kommen.Das Fazit ist schnell gezogen: Der Hoffnungsträger er-neuerbare Energie hat die Förderung durch das EEGschon jetzt mehr als gerechtfertigt. Die Branche boomt;wir sind Weltspitze und haben riesige Exportchancen. DieSteigerung des Anteils an erneuerbaren Energien läuftnach Plan. Wir vermeiden Millionen Tonnen des Klima-killers CO2 und wir schaffen zukunftssichere Arbeits-plätze.
Damit könnte ich meine Rede eigentlich beenden; aberich will – die Wichtigkeit des Themas und die damit ver-bundene Chance verleiten mich dazu – noch einen Schluss-appell an die Opposition richten. Kolleginnen und Kolle-gen, es geht um die Zukunft unseres Lebensraums und dieZukunft unserer Kinder. Machen Sie wieder Ernst mitIhrem Wohlwollen für die erneuerbaren Energien! Schie-ben Sie endlich Ihre Dinosaurier beiseite! Treten Sie ausdem Schatten heraus und wenden Sie sich der Sonne zu!Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Bei uns sagt man:Glück auf!
Herr Kollege Bülow, das war Ihre erste Rede im Deut-
schen Bundestag, zu der ich Ihnen herzlich gratulieren
möchte.
Ich schließe ausdrücklich die Punktlandung bei der Ein-
haltung Ihrer Redezeit in diese Gratulation ein und wün-
sche uns allen, dass Ihnen das bei Ihren künftigen Reden
in ähnlicher Weise gelingt.
Nun erteile ich dem Kollegen Dr. Klaus W. Lippold für
die CDU/CSU-Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-ren! Auch ich gratuliere dem Kollegen Bülow. Das heißtaber nicht, dass man mit seinen Inhalten vollständig über-einstimmen muss.
Dazu ist eines anzumerken: Es ist nicht ganz so, wie essich darstellt. Das kann man noch nicht wissen, wenn manneu ins Parlament gewählt wurde.
Die Welt der regenerativen Energien hat nicht erst mitRot-Grün angefangen. Vielmehr haben wir seinerzeit dasStromeinspeisungsgesetz auf den Weg gebracht, so wiewir in diesem Hause alle qualitativen Neuerungen auf denWeg gebracht haben. Sie haben sich jeweils später dran-gehängt und – das gestehe ich Ihnen zu – auch die eineoder andere Erweiterung vorgenommen. Es trifft abernicht zu, dass von Ihnen grundsätzlich neue Entwicklun-gen angeschoben worden sind.
Wenn es nach Ihnen gehen würde, Herr Kollege Bülow,würden wir uns immer noch in der Dinosaurierzeit befin-den.Ich komme zu einem weiteren Punkt. Wir haben den inRio begonnenen internationalen Klimaschutzprozessvorangetrieben. Wir brauchen die regenerativen Energien,weil innerhalb der Bundesrepublik wie auch der Europä-ischen Union Versorgungssicherheit notwendig ist, weilwir generell bundes-, europa- und weltweit Ressourcen-schonung betreiben müssen und weil wir den Klima-schutz erheblich voranbringen müssen.
Da wir gerade beim Thema Klimaschutz sind, möchteich noch etwas zu der Dinosaurierfunktion anmerken,Herr Kollege Bülow. In unserer Regierungszeit sind dieKohlendioxidemissionen kräftig reduziert worden. Siehaben der Reduktion der Kohlendioxidemissionen nichtshinzugefügt; im Gegenteil: In den vergangenen beidenJahren sind sie unter Ihrer Regierung wieder gestiegen.Das ist der falsche Weg. Darüber helfen auch keine flot-ten Sprüche hinweg.
Wir müssen die bestehenden Möglichkeiten besser nut-zen. Das EEG hat ohne Zweifel einen Schub für dieWindenergie gebracht; es hat aber auch erhebliche Di-vergenzen erkennen lassen und es ist in anderen Berei-chen zu Förderrückständen gekommen.
Marco Bülow
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Dr. Klaus W. Lippold
Wir müssen für einen ausgewogeneren Energiemix in die-sen Bereichen sorgen.
Ich halte es für wichtig, insbesondere bei der Biomasseanzusetzen. Wir haben immer darauf hingewiesen, dassBiomasse einen besonderen Vorzug aufweist. Wir könnendamit Synergieeffekte erzeugen. Einerseits kann dieLandwirtschaft eingebunden werden und andererseitskann rund um die Uhr Energie erzeugt werden. Beides istpositiv. Deshalb werden wir in Zukunft einen wesentlichstärkeren Akzent zugunsten der Biomasse setzen müssen,als es bisher der Fall war.
Ich will aber auch deutlich machen – in diesem Zusam-menhang hat der Bericht noch Fragen offen gelassen –,dass es in der Bundesrepublik Deutschland keine endloseSteigerung des Anteils der regenerativen Energien gebenkann. Dagegen gibt es zunehmend Widerstände.
Ich warte darauf, dass Sie darlegen, wie Sie diese Wider-stände überwinden wollen, um das gemeinschaftliche Zielder Stärkung regenerativer Energien zu erreichen. DieseFrage haben Sie bisher offen gelassen.Die konstruktive Mitwirkung an den Überlegungen,die derzeit angestellt werden, setzt auch voraus, dass eineReihe von Kriterien erfüllt ist. Ich warne vor der dogma-tischen Darstellung, nur die dezentrale Energieerzeugungsei richtig. Wir werden einen Energiemix brauchen.
Ich warne davor, einseitig auf einen bestimmten Energie-träger zu setzen. Wir brauchen den gesamten Energieträ-germix, um den bestehenden Anforderungen gerecht zuwerden.
Innerhalb des EEG sind stärkere Anreize nötig, damitanstelle einer statischen Situation, in der es keine Weiter-entwicklung gibt, neue, innovative Technologien im Gel-tungsbereich dieses Gesetzes entwickelt werden. Auchhier muss entsprechend etwas getan werden.Wir brauchen neue Systemlösungen für die Energieer-zeugung bis hin zur Energienutzung; auch dazu müssenim EEG Anreize gegeben werden. Ich glaube, dass das einganz wesentlicher Punkt ist. Auf den werden wir in denweiteren Diskussionen achten. Ich meine, dass wir damitauf einem vernünftigen Weg sind und marktwirtschaftli-che Lösungen nicht verbauen.Ich füge einen Punkt hinzu, den Sie mehr und mehr ausdem Auge verlieren: Wir müssen darauf achten, dass wirwettbewerbsfähig bleiben.
Deshalb muss es zu Kostendegressionen kommen. In demvorliegenden Bericht und in den Diskussionen der Bundes-regierung ist angedeutet worden, dass es an bestimmtenStellenÜberförderungengibt. Sie habennochnicht gesagt,wie Sie diese angehen wollen.Auch darauf müssen Sie ein-gehen, damit wir wissen, welche Pläne es im Hinblick aufeine Degression gibt und wie sie realisiert werden sollen.Sie haben auch noch nicht deutlich gemacht, wie Sieden Konflikt zwischen Naturschutz und der Nutzung re-generativer Energien lösen wollen. Ich halte das für wich-tig. Denn in vielen Teilen der Bevölkerung wachsen dieWiderstände. Da heißt es zum Beispiel:Eine Fehlentscheidung aus Naturschutz-Sicht wardie Genehmigung eines Offshore-Windparks in derNordsee. Am Windpark Butendiek ist jetzt der Kon-flikt zwischen erneuerbaren Energien deutlich. DerOffshore-Windpark Butendiek mit seinen 80 geplan-ten Windkraftanlagen ca. 30 Kilometer vor Sylt liegtausgerechnet in einem „Important Bird Area“, also ineinem EU-Schutzgebiet, und ist zudem wichtig fürSchweinswale, die dort ein Kälberaufzuchtgebiet ha-ben. Bevor Offshore-Standorte festgelegt werden,müssen die schutzwürdigen Meeresbereiche identifi-ziert und als Schutzzonen ausgewiesen sein, um eineÜberschneidung mit Eignungsgebieten zu vermei-den. Die Debatte über Butendiek sollte die Bundes-regierung zum Anlass nehmen, das Verhältnis erneu-erbarer Energien zum Naturschutz zu klären.Der letzte Satz lautet:Die Bundesregierung muss ihre Entscheidung zuButendiek zurücknehmen.
Das sagt der BUND und nicht die CDU/CSU.Ich meine, wir sollten uns mit solchen Argumentensehr sorgfältig auseinander setzen. Auch das finden wir indieser Form bei Ihnen nicht. Wenn wir wirklich eine so-lide Basis für die Nutzung regenerativer Energien habenwollen, dann brauchen wir nicht den Konflikt, sondern dieZusammenarbeit mit den Naturschützern und dann brau-chen wir auch nicht den Konflikt, sondern die Zusam-menarbeit mit den Landwirten. Wir setzen auf Koopera-tion und nicht auf ideologische Fixierung.
In diesem Sinne werden wir mit Ihnen konstruktiv zu-sammenwirken.Herzlichen Dank.
Das Wort hat nun der Bundesminister für Umwelt, Na-turschutz und Reaktorsicherheit, Jürgen Trittin.
Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit:Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tathaben wir es hier mit einem überaus erfolgreichen Gesetz
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zu tun. Wir haben den Anteil erneuerbarer Energien beider Stromerzeugung seit 1998 vervierfachen und im Be-reich der Windkraft sogar verfünffachen können. LieberHerr Kollege Lippold, Sie haben Recht: Wir haben uns da-bei durchaus auf die Wurzeln des Stromeinspeisungsge-setzes beziehen können. Nur, es war diese Koalition, diedamals, als das Stromeinspeisungsgesetz ausgelaufen ist,gegen Ihr und das Votum fast aller CDU-regierten Länderdafür gesorgt hat, dass die erneuerbaren Energien in die-sem Lande auf einen guten Entwicklungspfad gebrachtwurden und dort auch bleiben.
Ich will etwas zu den Dimensionen sagen. Wir habenim letzten Jahr zum ersten Mal mehr als 3 000 MegawattLeistung, konkret: 3 250Megawatt Windkraft, in das Netzeingespeist. Wissen Sie, was das bedeutet? Wir haben ineinem Jahr mehr Leistung als zusammengerechnet in al-len Jahren vor 1998 in das Netz eingespeist. Das ist dieEntwicklung, die wir ausgelöst haben. Das ist die Ent-wicklung, die wir weiter befördern wollen. Das ist dieEntwicklung, die dazu geführt hat, dass mittlerweile mehrals 130 000 Menschen in dieser Branche arbeiten. Das istdie Entwicklung, die dazu geführt hat, dass allein die Wind-energiebranche von den 13 Millionen Tonnen Stahl, diejedes Jahr in Deutschland produziert werden, 1 Millionnachfragt. Das heißt, das ist ein Bereich, der auf der einenSeite mit CO2-Einsparungen in Höhe von mehr als35Millionen Tonnen rund 20 Prozent der Kioto-Auflagenerbringt und der auf der anderen Seite eine richtig boo-mende wirtschaftliche Branche geworden ist.Meine Damen und Herren, ich füge eines hinzu: DasEEG ist allen politischen Widerständen zum Trotze in-zwischen zum Vorbild für vergleichbare Regelungen inSpanien, Frankreich, Österreich, Tschechien, Griechen-land und selbst in Brasilien geworden. Das sage ich nichtnur, weil wir uns freuen, wenn andere gute Ideen von unsübernehmen, sondern auch, weil sich darin eine Entwick-lung zeigt, die mit dazu beigetragen hat, dass die Herstel-ler von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien in-zwischen allesamt exportorientiert sind. Das ist eineEntwicklung, die wir gerne halten, wahren und fortent-wickeln möchten.
Inzwischen sind auch viele der Einwände, die vor-gebracht worden sind – Herr Bülow hat darauf hingewie-sen – widerlegt worden. Es handelt sich um ein kosten-günstiges Förderinstrument, ein Instrument, das einenBoom ausgelöst hat und das die durchschnittlichen Haus-halte der Bundesrepublik Deutschland heute 8 Euro imJahr kostet. Diese Art und Weise der Umlagefinanzierungist mit Sicherheit der kostengünstigste Rahmen, der in derEnergiepolitik in den letzten Jahren und Jahrzehnten zurFörderung einer bestimmten Energieform aufgelegt wor-den ist. Ein marktwirtschaftlicheres Instrument ist mir indiesem Bereich noch nicht begegnet.
Natürlich gibt es auch Einwände. Es gibt zum Beispieldie Bürgerinitiative von Herrn Möllemann, der immer ge-gen Windanlagen vorgeht. Das kann ich aus der Perspek-tive eines Fallschirmspringers verstehen.
Aber diese Perspektive müssen wir uns nicht zu Eigenmachen.
Weil wir dieses Instrument verbessern wollen, wollenwir an einem ganz zentralen Punkt ansetzen: dort, wo vielMasse ans Netz gebracht wird, und dort, wo wir im Übri-gen auch unter dem Aspekt des Wettbewerbs mit anderenden größten Handlungsbedarf sehen. Wenn es einen Be-reich gibt, in dem ein massiver Aufwuchs weiter möglichund nötig ist, dann ist dies die Offshore-Technologie.Wenn ich Offshore-Technologie sage, dann rede ich, weilich den Naturschutz ernst nehme, eben nicht von Anlagenim küstennahen, knietiefen Wasser, sondern von Anlagenin Tiefen, aufgrund derer sich zum Beispiel die Frage, obdort noch Enten tauchen, nicht mehr stellt, weil sie unter-halb der Tauchtiefe von Enten liegen.Meine Damen und Herren, jetzt sage ich Ihnen aucheinmal etwas zum Schweinswal. Denn wir haben dieseFrage ja geprüft. Wissen Sie, welches der größte Schutzfür den Schweinswal ist? – Der größte Schutz für ihn ist,wenn in einem Gebiet nicht mehr gefischt werden kann.
Und das ist nun einmal dort der Fall, wo Windenergie er-zeugt wird.
– Sie haben ja gesagt, wir hätten diese Frage nicht geprüft.Wir haben sie aber sehr gründlich geprüft. Nach Abwä-gung all dieser Vorgaben sind wir zu dem Ergebnis ge-kommen, dass der Eingriff nicht erheblich ist und dass dieGenehmigung deswegen erteilt werden kann. Dabei han-delt es sich übrigens um all die Gründe, die der BUND andieser Stelle genannt hat.Aber, meine Damen und Herren, wenn wir den Off-shore-Weg weitergehen wollen, dann müssen wir ange-sichts des Kapitalbedarfs, der hier besteht, Folgendes tun:Wir müssen erstens die Förderung für die Windenergiedegressiv gestalten und sie, gerade mit Blick auf diegroßen Anlagen, die wir in das Meer bringen wollen, spä-ter einsetzen lassen. Das ist die erste wichtige Verände-rung und die erste wichtige Konsequenz, die wir aus die-sem Bericht ziehen müssen.
Zweitens müssen wir die Förderung im Bereich der klei-nen Anlagen für Biomasse und im Bereich der Photovol-taik, in dem wir übrigens im letzten Jahr mit einem neuenRekord das 350000-Megawatt-Ziel des 100000-Dächer-Programms erreicht haben, auf eine EinspeisevergütungBundesminister Jürgen Trittin
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Bundesminister Jürgen Trittinumstellen. Hier muss positiv nachjustiert werden. Umge-kehrt müssen wir dort, wo Überförderungen stattgefundenhaben – das war an den sehr windgünstigen Standorten inKüstennähe der Fall –, tatsächlich eine bestimmte Formder Rückführung der Einspeisevergütung anwenden.Herr Präsident, ich bin etwas verwundert darüber, dassdie Redezeit schon abgelaufen ist. Aber Sie haben sicher-lich Recht und deswegen komme ich zum Schluss.Nach den Signalen, die Sie gegeben haben, HerrLippold, aber auch nach den Signalen, die aus den Koa-litionsfraktionen gekommen sind, ist dieser EEG-Bericht– es geht um ein erfolgreiches Instrument für den Klima-schutz, für moderne Technologie und für die Arbeitsplätzein diesem Land – eine gute Grundlage dafür, dass wir amEnde – anders als bei der Verabschiedung des EEG – zueinem breiten Konsens im ganzen Haus darüber kommen,und darüber würde ich mich sehr freuen.Vielen Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Christian Eberl,
FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! MeineHerren! Die von der Bundesregierung vorgelegten Zahlenim Bericht über den Stand der Markteinführung von An-lagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Ener-gien seit 1991 sind in der Tat beeindruckend. Wie bereitsin der Zeit der CDU/CSU-FDP-Koalition mit dem dama-ligen Stromeinspeisungsgesetz ist in jeder der drei letztenLegislaturperioden der Anteil des aus regenerativen Ener-gien erzeugten Stroms etwa verdreifacht worden. In die-sem Punkt haben Sie von der Regierung Kontinuität be-wiesen und die Ziele der von allen Parteien gemeinsamgetragenen Verpflichtungen von Rio weiterverfolgt.Auch wenn wir uns, politisch gesehen, in dem Ziel derVerminderung der CO2-Emissionen einig sind, so gibt esdoch deutliche Unterschiede zwischen Ihrem und unse-rem Weg zu dem gemeinsamen Ziel. Je stärker Sie, HerrTrittin, die Erfolge des EEG beleuchten, umso deutlicherund länger werden leider auch die Schatten dieses Geset-zes.Nehmen wir als Erstes die soziale Akzeptanz dieserneuen Technologien. Bis 1999 gab es von Bürgerinnenund Bürgern, von Umwelt- und Naturschützern kaumnennenswerte Kritik an der Einrichtung von Anlagen.Sehr geehrter Herr Minister, Sie kennen das Beispiel ausIhrem Wahlkreis im Wilhelm-Busch-Dorf Ebergötzen.Dort wurden auf Initiative der Dorfgemeinschaft Windrä-der aufgestellt. Viele Bewohner haben sich beteiligt. DieSache ist im Ort verwurzelt. Die Akzeptanz ist kein Pro-blem.Heute, nur wenige Jahre später, sieht die Entwicklungin der gleichen Region leider etwas anders aus. In meinemWahlkreis liegt zum Beispiel das Moringer Becken, eineTallage zwischen zwei Mittelgebirgszügen. Die Planungs-büros bedrängen die Städte und Gemeinden, dort ein über-greifendes Sondergebiet zur Windenergienutzung einzu-richten. 40 bis 60 Anlagen, je nach Höhe, sollen dort imAuftrag ortsferner Investoren genehmigt werden. HerrTrittin, Sie sprachen vor kurzem von einer Win-Win-Situation bei erneuerbaren Energien. Die Bürgerinnenund Bürger dieser Gegend schreiben und sagen mir etwasanderes. Sie fühlen sich als Looser. – So weit zum sozio-logischen Schatten, der heute an vielen Stellen den Glanzdes Gesetzeserfolges mindert.
Als Liberaler und Vertreter der sozialen Marktwirt-schaft muss ich mich natürlich auch mit den ökonomi-schen Folgen des Gesetzes befassen. Wie ist es möglich,dass im besagten Moringer Becken, in dem, geschichtlichüberliefert, noch nie eine Windmühle gestanden hat undnach Expertenmeinung an weniger als 100 Tagen im Jahrausreichend Wind weht, auf einmal ein solcher Druck füreine Baugenehmigung entsteht? Dies ist nur dadurch zuerklären, dass es eine staatlich garantierte Vergütung– unabhängig von der jeweiligen Lage und Marktsituation –gibt, die den Wettbewerb völlig ignoriert.
Diese falsch angesetzte Förderpolitik führt zu ökologi-schen und ökonomischen, aber auch sozialen Fehlentwick-lungen. Wir sind daher mit Ihnen der Meinung, dass diesesGesetz in einigen Punkten korrigiert werden muss. Es gibtsicherlich ökonomisch bessere, marktwirtschaftliche Wegezu dem Ziel, die Kioto-Verpflichtungen zu erfüllen.Die zur Rentensicherung eingesetzten Einnahmen ausder Erhebung der Mineralölsteuer zum Beispiel – meineDamen und Herren von den Grünen, Sie nennen das,glaube ich, Ökosteuer – könnten tatsächlich zu einer öko-logischen Weiterentwicklung eingesetzt werden. Ich habenie verstanden, warum die Grünen ihre damalige Forde-rung nach einem Benzinpreis von 5 DM mit dem Ziel derSPD-Arbeitsgemeinschaft 60 plus zur fremdfinanziertenRentensicherung verknüpft haben.
Ökologische Ziele mit der Ökosteuer zu verfolgen, da-rüber könnten wir uns unterhalten.Ich komme noch einmal auf die Zahlen des Erfahrungs-berichtes und damit auf die Kostenentwicklung zurück.Sie als Bundesregierung wollen die Reform des Gesetzesaufkommensneutral gestalten. Derzeit liegen die Mehrkos-ten für die Kilowattstunde zwischen 18 und 26 Cent –ohne die höheren Netz- und Regelungskosten.
Das summiert sich insgesamt auf volkswirtschaftlichschon nicht mehr zu vernachlässigende runde 2,5 Milliar-den Euro für 2002.Aus den von Ihnen, Herr Trittin, vorgestellten Eck-punkten wird hingegen nicht deutlich, wie Sie die Wett-
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bewerbsfähigkeit der regenerativen Energieträger zukünf-tig gestalten wollen. Wenn Sie den jetzigen Rahmen er-halten wollen – ich betone ausdrücklich: den Rahmen –,dann können wir darüber reden. Wenn Sie jedoch denFächer der Förderung weiter aufmachen wollen und denWeg ausschließlich mit kosmetischen Korrekturen an derEinspeisevergütung gehen wollen, dann werden wir dasnicht mittragen können.Statt fester Vergütungsvorgaben für die Stromeinspei-sung könnten den Erzeugern regenerativer Energien bei-spielsweise in gleichem Umfang Einsparzertifikate er-teilt werden. Der Staat kann dann Marktpartner sein,indem er seine Klimaverpflichtungen dadurch erfüllt,dass er Emissionszertifikate von den Windmüllern, Bio-gas-, Erdwärme- oder Photovoltaikanlagenbetreibern auf-kauft. Oder es könnte an Standorten, die wegen fehlenderNetze für Bioenergieträger prädestiniert sind, in erneuer-bare Energien investiert werden. Dies gilt zum Beispielfür die Entwicklungsländer. Die FDP nimmt den diesbe-züglichen TAB-Bericht hier zustimmend zur Kenntnis.Zurück nach Deutschland. Ein Ausgleich für die unter-schiedlichen Erzeugungskosten von Energie kann und– das sagen wir als FDP – darf nicht dauerhaft am Marktvorbei subventioniert werden.
Meine Damen und Herren, Sie sehen: In der FDP be-schäftigen wir uns sehr intensiv mit dem Thema „erneu-erbare Energien“. Im klimapolitischen Zweck sind wiruns alle einig. Ich möchte jedoch darauf aufmerksam ma-chen, dass es in Widerspruch zu diesem Ziel steht, dass dieBundesregierung den Mehrwertsteuersatz auf Biomas-se, zum Beispiel auf Holzabfälle, von 7 auf 16 Prozent er-höhen will. Hier gibt es aus unserer Sicht einen Gegen-satz, der aufgeklärt werden muss.
Herr Kollege, denken Sie bitte an die Redezeit.
Danke, Herr Präsident. – Zum letzten Satz. Unseren
Weg wollen wir jedoch trotz des gemeinsamen Zieles
nicht mit dem garantierten Geld der Bürger betonieren.
Stattdessen brauchen wir eine Marktöffnung. Nur damit
können weitere Fehlentwicklungen mit Sicherheit vermie-
den werden.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich erteile das Wort der Kollegin Anke Hartnagel,
SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der vonder rot-grünen Regierung eingeleiteten Energiewendesind wir in Deutschland auf dem richtigen Weg, einemWeg, den wir weiter gehen wollen. Da gibt es überhauptkeine Diskussion. Klimaschutz und eine nachhaltige Ener-gieversorgung sind jedoch auch globale Themen. Geradedie Menschen in den Entwicklungsländern, diejenigen,die täglich um ihr Überleben kämpfen müssen, sind denFolgen von Klimaveränderungen besonders ausgeliefert.Dem trägt die deutsche Entwicklungspolitik Rech-nung. Das BMZ hat klare Prioritäten für die Förderung re-generativer Energien in Entwicklungsländern gesetzt. Sowird die Bundesregierung, wie Bundeskanzler Schröderin Johannesburg angekündigt hat, in den nächsten fünfJahren 1 Milliarde Euro für erneuerbare Energien undEnergiesparmaßnahmen in Entwicklungsländern bereit-stellen.
Meine Damen und Herren, in vielen Ländern dieserErde gibt es Regionen ohne jeden Zugang zu irgendeinerEnergiequelle. Gleichzeitig wächst der Energiebedarf indiesen Ländern in den nächsten 30 Jahren voraussichtlichauf das Doppelte. Einerseits ist das natürlich positiv zu se-hen, kann Energie doch die Basis für höheres Wirtschafts-wachstum und steigenden Wohlstand sein. Andererseitswird es hierdurch zu einem Anstieg an klimarelevantenGasen, zum Beispiel CO2, in der Atmosphäre kommen,wenn nicht entschieden gegengesteuert wird.Der verstärkte Einsatz regenerativer Energien kanndazu beitragen, diesen Anstieg zu verringern. Aber er kannnoch viel mehr bewirken. Hier bestätigt auch der TAB-Be-richt den sehr richtigen und wichtigen Ansatz des BMZ.Entwicklungspolitisches Ziel bei der Förderung der ener-getischen Nutzung aus Biomasse ist insbesondere Armuts-bekämpfung, Entwicklung des Gesundheitswesens, Bil-dung, Ressourcenschutz, wirtschaftliche Entwicklung undKlimaschutz. Atomenergie bietet hier keine Alternative.
Regenerative Energien bieten große Chancen. Biomas-se, um die es in dem heute zur Debatte stehenden Berichtgeht, nimmt unter ihnen eine besondere Stellung ein; dennweltweit nutzen inzwischen rund 2 Milliarden Menschenausschließlich Biomasse als Energiequelle. Dennochmuss eines deutlich sein: Bioenergie ist nur eine Lösungder Energieproblematik in den Entwicklungsländern,auch Photovoltaik, Solar- und Windenergie werden eineentscheidende Rolle spielen.Der TAB-Bericht kann als eine gute Informations-grundlage für weitere Bemühungen um die Nutzung undFörderung von Bioenergie gewertet werden; denn Bio-masse bietet den privaten Haushalten in Entwicklungs-ländern oft die einzige Möglichkeit, mit Energie versorgtzu werden. Deshalb ist es so wichtig, die Energieversor-gung mit Biomasse, auch durch die verstärkte Vergabevon Mikrokrediten, effizienter und insbesondere nachhal-tig zu gestalten.Dr. Christian Eberl
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Freitag, den 31. Januar 2003
Anke HartnagelDie Nutzung von Biomasse kann aber auch gravie-rende negative Folgen für die Umwelt haben, wie das Bei-spiel der Abholzung der Wälder für die Nutzung von Holzund die darauf folgende Bodenerosion zeigt. Durch nach-haltige Forstwirtschaft kann dem entgegengewirkt wer-den. Meines Erachtens werden der Bereich Nachhaltig-keit und die Folgen der Nutzung der Biomasse für dieUmwelt in dem Bericht nicht genug hervorgehoben.Bei der Bewirtschaftung von Agrarflächenmuss auchauf eines geachtet werden: Der Pflanzenanbau zur Bio-energieerzeugung darf, vor allem bei der Anpflanzungvon Ölpalmen, nicht auf Kosten des Nahrungsmittelan-baus gehen.
Um Effizienzsteigerungen und Nachhaltigkeit zu ermög-lichen, bestehen zahlreiche Handlungsoptionen. CDMs,also Clean Development Mechanismen, gehören sicherzu den wirkungsvollsten. Denn diese Projekte setzen aufallen Ebenen an: ökonomisch, ökologisch und kulturell.Es wird die Zusammenarbeit zwischen Regierungen undOrganisationen gefördert und es findet ein Informations-austausch zwischen allen Beteiligten statt. Das ist einwichtiger Aspekt; denn nur so ist es möglich, nationaleund internationale Unternehmen und die Nutzer selbstüber Chancen und Möglichkeiten von erneuerbaren Ener-gien aufzuklären. Hierzu können CDM-Sekretariate einenwichtigen Beitrag leisten.Ich will ein negatives Beispiel nennen, das zeigt, waspassieren kann, wenn gute Ansätze vorhanden sind, sieaber nicht gut durchgesetzt werden. Eine Solaranlage, inAfrika errichtet und aus EU-Mitteln finanziert, wurdezum Zielschießen mit Steinen benutzt. Der Grund: Be-gleitende Maßnahmen, Informationen und Wartungs-kräfte fehlten. Die Alternative wäre eine Biogasanlage ge-wesen, die mit Dung betrieben wird; denn in der Regionwird Viehzucht betrieben.Aber es gibt auch positive Beispiele wie das Biogas-Support-Programm in Nepal. 36 500 Biogasanlagen ste-hen bereits, weitere 63 500 sollen noch ans Netz gehen.Nutzerorientierung und Anpassung an die lokalen Gege-benheiten machten das Projekt zum Erfolg. Als beglei-tende Maßnahmen wurden außerdem Training für Nutzerund Schulungen für einheimische Baufirmen angeboten.Für wichtig halte ich noch einen anderen Aspekt, näm-lich die Einrichtung einer Internationalen Agentur fürErneuerbare Energien als eine internationale Regie-rungsorganisation mit der Aufgabe, die aktive Nutzungerneuerbarer Energien weltweit zu unterstützen und vor-anzutreiben.
Ein weiterer Aspekt ist der Know-how-Transfer unterden Ländern des Südens, der nicht zu unterschätzen ist.Als Beispiel ist hier zu erwähnen, dass Tansania Thailandtechnisch und strategisch bei der Verbreitung dörflicherKleintechnologie zum Kochen mit Biogas verholfen hat.Auch die Entwicklung in der Agroindustrie kann einegroße Rolle spielen. Das Potenzial der Abfälle aus derZucker, Papier oder Holz verarbeitenden Industrie ist großund wird bisher überwiegend als Abfallproblem betrach-tet, übrigens zum Teil auch noch bei uns.Ich komme zum Schluss. Der Zugang zu regenerati-ven Energien kann meines Erachtens wesentlich mehrzum Frieden in der Welt beitragen als so manch andereAktion.
Helfen Sie mit, damit alle Menschen Zugang zu nachhal-tiger Energie bekommen.Vielen Dank.
Das Wort hat nun die Kollegin Doris Meyer, CDU/
CSU-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen undHerren! Es ist eine außerordentliche Ehre für mich, zumersten Mal in diesem Hause zu Ihnen zu sprechen. In mei-ner Rede geht es um einen Themenkomplex, der die Öko-logie und die Ökonomie verbindet.Der Erfahrungsbericht zum Gesetz für den Vorrang er-neuerbarer Energien zeigt eines auf: Die Grundzüge stim-men. Das EEG, ein Kind des Stromeinspeisungsgesetzes,das die Union auf den Weg gebracht hat, bewirkte einendeutlichen Anstieg der Nutzung erneuerbarer Energien.Eine große Anzahl von neuen Anlagen für die Nutzung re-generativer Energien konnte neu gebaut, vorhandene An-lagen konnten modernisiert, stillgelegte reaktiviert undbestehende gesichert werden. Das Ziel, aus Gründen derRessourcenschonung und des Klimaschutzes den Anteilregenerativer Energien an der gesamten Energieversor-gung zu verdoppeln, können wir selbstverständlich unter-stützen.
Bei aller positiven Betrachtung müssen wir jedoch hin-terfragen, ob das angestrebte Ziel der CO2-Verminderungangesichts der bisherigen Zahlen noch erreicht werdenkann. Die eine oder andere Energieart darf nicht einseitig,beispielsweise nur unter dem Aspekt der Ökonomie oderder Ökologie, betrachtet werden.
In eine Gesamtbetrachtung müssen beide einfließen.
Der Ansicht, durch das EEG würde es zu einem bloßenVerteilen nach dem Gießkannenprinzip kommen, mussein strategisches Gesamtprogramm für die Zukunft derEnergieversorgung in Deutschland und Europa unter be-
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sonderer Berücksichtigung der erneuerbaren Energien of-fensiv gegenübergestellt werden.
Darin müssen die Liberalisierung des europäischenStrommarktes im Jahre 2007 und deren Auswirkungen be-reits Eingang finden. Die Erzeugung sauberer Energiemuss zudem im Interesse der Öffentlichkeit liegen, die indiesem Zusammenhang unser wichtigster Bündnispartnerfür die regenerativen Energien ist.Nun komme ich zu den einzelnen Energieträgern undihren Bewertungen nach dem Erfahrungsbericht:Wasserkraftwerke decken mit derzeit etwa 20 Mil-liarden kWh etwa 4,4 Prozent des heimischen Stromver-brauchs. Das noch ungenutzte Ausbaupotenzial sollte un-verzüglich ausgeschöpft werden.
Die Photovoltaik hat derzeit den geringsten Anteil ander Stromversorgung in Deutschland. Auf diesem Gebietmuss noch wesentlich mehr in Forschung, zum Beispielbezogen auf die Speichermöglichkeiten, investiert werden.
Eine große Chance für unsere heimische Wirtschaft liegtauch im Export unserer Technologien in sonnenstarkeLänder. An dieser Stelle möchte ich den indischen Außen-minister zitieren, der sagte: „Wir haben die Sonne undDeutschland die Technik.“ Nutzen wir diese Chance!
Meine Damen und Herren, die Zahl der Windkraft-anlagen hat in den letzten Jahren geradezu stürmisch zu-genommen. Jedoch gilt es zu bedenken, dass sich dieStromversorgung mittels Windkraft regional sehr unter-schiedlich gestaltet.
Mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung durch optischeund landschaftsplanerische Beeinträchtigungen werdeneinen weiteren Ausbau im Binnenland erschweren. Zu-wachsraten sind demnach wohl nur im Offshore-Bereichzu erwarten.
Legen wir das Augenmerk auf die Biomasse. Wegenihrer flächendeckenden Verfügbarkeit und der Vielzahl anStromerzeugungsverfahren kann in Zukunft mit einemwachsenden, ja boomenden Markt gerechnet werden. DieBundesrepublik Deutschland liegt hinter Schweden undFrankreich bereits an dritter Stelle bei der Stromerzeu-gung aus fester Biomasse.Problematisch ist die Tatsache, dass Anlagen mit gerin-gerer Leistung derzeit in der Regel nicht wirtschaftlich be-trieben werden können. Die Stromgestehungskosten vari-ieren je nach den eingesetzten Brennstoffen sehr stark. ZurFörderung der Dezentralität ist jedoch für diese Fälle eineAnhebung der Vergütungssätze erforderlich. Damit erge-ben sich zugleich auch Chancen für eine zukunftsfähigeLandwirtschaft, die sich als Zulieferer und Betreiber sol-cher Anlagen ein zweites Standbein sichern kann.
Bei den Klär- und Deponiegasanlagen ist das Poten-zial bereits zu 70 Prozent erschlossen. Das EEG hat in die-sem Bereich kaum zum Neubau von neuen, wohl aber zurSicherung bestehender Anlagen geführt. Vorherrschendist hier die Kraft-Wärme-Kopplung. Nur ein kleiner Teilnutzt das Gas zur Stromerzeugung.Die Ausbaupotenziale bei Grubengas, zu dem eskaum Angaben gibt, sind regional stark begrenzt. Diesdürfte wohl kaum eine zukunftsträchtige Branche sein.Die geothermische Stromerzeugung in der Bundes-republik krankt vor allem an den Bohrrisiken, die sicherschwerend auf die Finanzierung dieses Vorhabens aus-wirken. Es existieren derzeit lediglich einige wenigePlanungen für große Forschungs-, Entwicklungs- undDemonstrationsvorhaben, obwohl dieser Bereich eine Zu-kunftstechnologie mit einem enormen Potenzial darstellt.Man sieht demnach: Jede Energieart verdient eine eigeneBetrachtung.Wie auch in einigen anderen Bereichen kann sich derBund im Bereich der regenerativen Energien ein Beispielam Freistaat Bayern nehmen.
Beginnend mit dem bundesweit ersten Energieförde-rungsprogramm im Jahre 1978 besetzt Bayern seitherkonsequent die Vorreiterrolle. Heute liegt der Anteil er-neuerbarer Energie am Energieverbrauch mit knapp11 Prozent gut dreimal so hoch wie im Bundesdurch-schnitt.
Dies zeigt, dass die Entwicklung in Bayern über Jahr-zehnte hinweg zu einem guten Miteinander von Ökologieund Ökonomie geführt hat.
Lassen Sie uns also die nächsten Wochen nutzen, umanhand der Eckpunkte zur Novelle in eine intensive Dis-kussion einzutreten und für die Zukunft eine tragfähigeLösung für eine nachhaltige Energieversorgung unseresLandes zu finden.Danke schön.
Frau Kollegin Meyer, dies war Ihre erste Rede imDeutschen Bundestag. Dazu gratuliere ich Ihnen herzlich.
Sie haben das in diesem Haus eher seltene Kunststückfertig gebracht, Ihre Redezeit nicht auszuschöpfen. FallsIhnen das bei Ihren weiteren Reden auch gelingen sollte,Doris Meyer
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Vizepräsident Dr. Norbert Lammerthaben Sie gute Aussichten, eines der beliebtesten Mit-glieder im Deutschen Bundestag zu werden.
– Mir fallen auf Anhieb einige Parlamentarische Ge-schäftsführer ein, die sich an dieser Leidenschaft sofortbeteiligen würden.
Nun erteile ich der Kollegin Michaele Hustedt, Bünd-nis 90/Die Grünen, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser EEG
ist ein grandioser Erfolg, auf den wir alle zusammen sehr
stolz sein können.
Frau Meyer, es ist auch die Voraussetzung, dass in Bayern
überhaupt investiert wird.
Mitten in der Krise entsteht eine wachsende Branche,
die 130 000 Arbeitsplätze geschaffen hat. In Magdeburg
zum Beispiel ist die Zahl der Arbeitsplätze in diesem Be-
reich von 400 auf jetzt fast 4 000 angestiegen und damit
zum wichtigsten Arbeitgeber geworden.
Sie wollen zwar, werden aber nicht in Niedersachsen re-
gieren. Dort ist die Windenergiebranche in bestimmten
Regionen zum größten und wichtigsten Arbeitgeber ge-
worden. Deswegen werden Sie in diesem Bereich Ihre
Meinung wohl ändern müssen.
Frau Meyer hat darauf hingewiesen, dass die Entwick-
lung der Biomasse für den Bauern als Energiewirt von
morgen eine große Chance darstellt und damit auch für
die Entwicklung strukturschwacher ländlicher Regionen.
Hier haben wir eine Branche, die innovativ ist – wo gibt
es das sonst noch in Deutschland? –, die Spitzentechnolo-
gie produziert und die ein Schaufenster für unser Land ist.
Alle Länder der Welt sagen: In Deutschland geschieht et-
was; dort entstehen neue Technologien. Diese bedeuten
angesichts des weltweit wachsenden Energieverbrauchs
natürlich eine Riesenchance für die deutsche Exportwirt-
schaft. Sie haben auch die entwicklungspolitische Seite
sehr deutlich gemacht. Wir haben mit der Einsparung von
15 Millionen Tonnen CO2 auch einen umweltpolitischenErfolg erzielt. Ein weiterer Aspekt: Alle reden von der Ent-
wicklung des Mittelstandes. Ich kann nur sagen: Hier
wachsen kleine und mittelständische Unternehmen heran.
Diese Erfolge müssten eigentlich alle feiern. Aber lei-
der sehen wir uns einer konzertierten Aktion von BDI und
VDW gegenüber, die eine Kampagne gestartet haben, die
deutlich machen soll, dass das EEG zu teuer sei. Fakt ist:
Die Energiekosten der deutschen Industrie liegen im Ver-
gleich mit den der Industrien in anderen Ländern der Eu-
ropäischen Union genau im Mittelfeld. Fakt ist: Sie sind
35 Prozent niedriger als in den 90er-Jahren. Fakt ist: Die
Sondervertragskunden, also die energieintensive Indus-
trie, zahlen die Umlage praktisch nicht. Der Preis bildet
sich für diese Kunden vielmehr im Wettbewerb. Hier ist
eher der nachlassende Wettbewerb das Problem. Fakt ist:
Die deutsche Volkswirtschaft hat, so der Erfahrungsbe-
richt zum EEG, 45 000 Euro pro Arbeitsplatz eingespart.
Fakt ist: Die Belastungen durch das EEG kosten die Ver-
braucher gerade einmal so viel wie drei Schachteln Ziga-
retten. Ich finde, das ist absolut vertretbar. Fakt ist: Die
Aluminiumindustrie profitiert zunehmend von der Ent-
wicklung der Windenergiebranche; denn diese lässt Alu-
minium- und nicht mehr Kupferkabel verlegen. Hier
wächst – wie in der Zementindustrie – ein Abnehmer für
die Windenergiebranche heran.
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wir lassen uns diese Er-
folge nicht mies machen.
Das EEG ist nicht nur ein umweltpolitischer, sondern
auch ein wirtschaftlicher Erfolg für Arbeitsplätze und In-
novationen.
Ich freue mich sehr, dass auch die CDU/CSU sehr kons-
truktive Vorschläge in die Debatte eingebracht hat. Ich
freue mich außerdem auf die gemeinsame Diskussion
über die Fortentwicklung des EEG. Der Entwurf eines
Stromeinspeisungsgesetzes ist übrigens in der Mitte des
Parlaments, aus der Enquete-Kommission heraus, ent-
standen und ist damals von allen Parteien auf den Weg ge-
bracht worden. So viel zur Richtigstellung.
Ich freue mich darauf, dass wir gemeinsam das EEG
weiterentwickeln werden. Ich glaube, dass es für die Wind-
energiebranche außerordentlich gut ist, wenn sie weiß,
dass das ganze Haus die positive Entwicklung dieser
Branche unterstützt.
Ich erteile das Wort dem Kollegen Rudolf Kraus,
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-ren! Der Bericht des TA-Projekts „Bioenergieträger undEntwicklungsländer“ wurde 1999 auch vom AwZ angeregt.Allerdings waren wir der Meinung, dass in diesem Berichtdie Rolle der Industrieländer in stärkerem Maße untersuchtwerden sollte, insbesondere die Auswirkungen von Verbes-serungen der Energieversorgung auf die Exportchancen un-serer Industrie und damit auf die Arbeitsplätze.
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Die Bundesregierung hat auf dem UN-Gipfel in Jo-hannesburg angekündigt, dass Deutschland in den nächs-ten fünf Jahren jeweils 100 Millionen Euro in den Ausbauerneuerbarer Energien in den Entwicklungsländern inves-tieren werde. Diese Initiative ist natürlich sehr be-grüßenswert. Aber im Hinblick auf die gigantischen Auf-gaben, die auf uns zukommen, und die großen Chancen,die genutzt werden sollten, wirkt sie eher bescheiden. DieBundesregierung wird voraussichtlich Ende dieses Jahreszu einer internationalen Konferenz über das Thema „er-neuerbare Energien“ nach Bonn einladen.Zur Ausgangssituation in den Entwicklungsländern:Der Anteil des Energieverbrauchs in den Entwicklungs-ländern am Weltenergieverbrauch – er beträgt etwa10 Milliarden Tonnen Rohöleinheiten – liegt bei circa40 Prozent. Die Nutzungsformen sind zum größten Teilallerdings sehr einfach, zum Beispiel simple Verbren-nungsöfen. Alle Analysen sind natürlich äußerst vage.Das war in diesem Bereich schon immer so. Die Voraus-sagen, was den Energieverbrauch anbelangt, haben sich inder Vergangenheit regelmäßig als falsch herausgestellt.Ich glaube, man muss trotzdem davon ausgehen, dass sichder Energiebedarf bis 2050, also in den nächsten Jahr-zehnten, wenigstens verdoppelt. Manche meinen, erwerde sich vervierfachen. Wieder andere sind der Auffas-sung: Wenn alle Möglichkeiten eines effizienteren Einsat-zes und alle Möglichkeiten der technischen Entwicklunggenutzt werden, dann lässt sich der Zuwachs des Energie-verbrauchs vielleicht auf 50 Prozent begrenzen.Eines ist aber sicher: Der Verbrauch in den Entwick-lungsländern wird wesentlich stärker als in den Industrie-ländern zunehmen. Des Weiteren ist sicher, dass sich dieärmsten Länder die teuerste Energie leisten müssen. ImEnergiemix nimmt der Anteil erneuerbarer Energien ge-genwärtig eher ab. Das wird auch in der Zukunft der Fallsein, wenn nicht mehr getan wird.In den Modellrechnungen spielen Geothermie, Wind-und Solarenergie in den Entwicklungsländern heute imGrunde noch keine große Rolle. Die Wasserkraft ist nochrelativ unbedeutend. Jedes Modell der zukünftigen Nut-zung der Energieträger Wasser, Wind und Geothermie be-inhaltet einen Wert unter der 10-Prozent-Grenze. Was dieSolarenergie angeht, sind die Aussagen noch wesentlichungenauer.Noch ist Biomasse – darunter versteht man biogeneFestbrennstoffe – in den Entwicklungsländern der beiweitem wichtigste Energieträger und sie wird es vermut-lich auch bleiben. Der Biomasseanteil am Energieträger-mix ist in den einzelnen Weltregionen recht unterschied-lich: In Lateinamerika ist er dreimal und in Afrikazweimal so hoch wie in Asien; südlich der Sahara beträgtder Anteil der Biomasse sogar zwischen 70 Prozent und90 Prozent.Eine schlechte Energieversorgung ist zugleich Ursacheund Auswirkung von Armut.Die Verbesserung der Ener-gieversorgung ist also eine der ganz wichtigen Vorausset-zungen für ihre Überwindung.
Vor allem aufgrund des Zuwachses der Bevölkerung inden Entwicklungsländern wird – ich glaube, das ist ziem-lich klar – die Weltbevölkerung in den nächsten Jahrzehn-ten anwachsen. Die Konsequenz daraus ist eine Tendenzzur weiteren Verarmung, wenn die Energieversorgungnicht verbessert wird. Deshalb ist es ganz wichtig, dass wirin diesem Bereich mehr tun.
2 Milliarden Menschen haben heute noch keinen Zu-gang zu modernen Energieträgern. 2 Milliarden Men-schen nutzen ausschließlich Biomasse zum Kochen. Da-bei wird das Potenzial für erneuerbare Energien beiweitem nicht ausgenutzt.
Die Energieeffizienz kann um ein Vielfaches gesteigertwerden. Der Energiesektor in den Entwicklungsländernsteht vor gewaltigen Veränderungen. Darin besteht zu-gleich die Chance, neue, verbesserte, moderne Technolo-gien zum Einsatz zu bringen. Die technische Entwicklunggeht weiter, hoffentlich zum Segen der Menschheit. Dietechnische Entwicklung hat zum Beispiel dazu geführt,dass heute kleine dezentrale Kraftwerke immer wettbe-werbsfähiger werden. Auch deshalb gibt es gute Chancenfür kleinere, eventuell sogar unabhängige Energieversor-gungssysteme, die direkt für den lokalen Markt produzie-ren.Wichtig ist auch, dass die Effizienz des Energiever-brauchs im Haushalt deutlich verbessert wird. Manschätzt, dass allein dadurch die Effizienz der Energiever-wertung in Indien um das Zwei- bis Dreifache verbessertwerden könnte.Der vorliegende Bericht beschreibt als weitere Mög-lichkeiten die Verbesserung des Anbaus von Ölpflanzen.Die Rede ist von einer Steigerung des Ertrags bis auf dasDoppelte. Darüber hinaus würden mit der Nutzung vonBiogas große Chancen eröffnet. Im Bericht wird als Bei-spiel genannt, dass in China praktisch die ganze Landbe-völkerung mit Haushaltsenergie versorgt werden könnte,wenn man das dortige Potenzial nicht nur zu 2,5 Prozentnutzen würde.Neben der Einführung und Nutzung der Möglichkei-ten, die sich aus dem Clean Development Mechanismergeben, ist es natürlich besonders wichtig, dass die För-dermaßnahmen im Bioenergiebereich deutlich ausge-weitet werden. Ich möchte dazu nur kurz einige Beispielebringen: Herdverbesserungsprogramme, gewerbliche Nut-zung der Biomasse, Verbesserung des Wirkungsgradesvon Verbrennungsanlagen, Anlage von Energiepflanzen-plantagen – nicht, um damit die Nahrungsmittelversor-gung, Frau Hartnagel, zu verschlechtern.
Es werden ja eine ganze Menge von landwirtschaftlichenProdukten erzeugt, die auf dem Weltmarkt miserablePreise erreichen. Da stellt sich schon die Frage, ob es nichtbesser wäre, dass die Wertschöpfung im Land auf dieseWeise stattfindet. Damit würden auch andere Vorteile wiebeispielsweise die Verbesserung der Devisensituationeinhergehen.
Rudolf Kraus
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Freitag, den 31. Januar 2003
Rudolf KrausAbschließend noch zwei Sätze: Mir erscheint es ganzwichtig, dass wir auf politischer Ebene gemeinsam dieVorteile herausstellen, die in diesen Aktivitäten für dieEntwicklungsländer und für uns Industrieländer selbst lie-gen. Durch Export von technischen Anlagen und Wis-senstransfer kann nämlich der Wohlstand in unseren Part-nerländern und damit deren Kaufkraft verbessert werden,was wiederum für unsere Exportindustrie gut ist. Wich-tig ist auch die damit verbundene Erwartung, dass der Im-migrationsdruck auf die Industrieländer dann entschei-dend abnimmt, wenn uns die Bekämpfung der Armut indiesen Ländern gelingt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Aus-schuss wird sich dieses Themas besonders annehmen. Wirhaben vor, noch vor der Sommerpause eine entsprechendeAnhörung durchzuführen. Die im Ausschuss vertretenenParteien stimmen ja darin überein, dass das einer derSchwerpunkte unserer Arbeit sein muss; denn die Förde-rung nachwachsender Rohstoffe hat eine große Bedeutungfür den Aufgabenbereich, für den wir sprechen dürfen.Danke schön.
Nun hat das Wort der Kollege Rolf Hempelmann für
die SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!Es ist ja schön, einmal eine Debatte zu erleben, wo alle derMeinung sind, wir redeten über eine Erfolgsstory. Derbeste Beweis, dass dem so ist, ist ja darin zu sehen, dasses unglaublich viele Väter dieses Erfolges gibt, denn jederhat einen Anteil daran für sich in Anspruch genommen.Ich würde mir wünschen, dass bei manch anderer Debatte,etwa über Arbeitslosigkeit oder Staatsverschuldung, dieVaterschaft auch entsprechend anerkannt würde. Nun gut,damit muss man leben. Nicht jedes Kind ist geliebt.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, der Ausbau der er-neuerbaren Energien – da sind wir uns also einig – ist einwichtiges Element in der Energiepolitik der Bundesregie-rung. Sie strebt an, den Anteil der erneuerbaren Energienbis zum Jahre 2010 zu verdoppeln.
Insofern können wir Sie, liebe Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion, beruhigen: Das sind immer noch nicht100 Prozent, wir werden also nach wie vor einen Ener-giemix haben, allerdings mit einem deutlich abnehmen-den Anteil der Kernenergie. Ich denke, das ist im Sinneunserer eigenen Sicherheit so auch sinnvoll.
Erneuerbare Energien müssen natürlich mittel- undlangfristig beim Wettbewerb im europäischen Binnen-markt bestehen können.
Nur dann können sie auf Dauer eine tragende Rolle im eu-ropäischen Energiemarkt spielen. Gerade deshalb hat dieBundesregierung ein umfassendes Maßnahmebündel ge-schnürt: um eine solche Entwicklung zu forcieren. DasKernstück dieses Maßnahmebündels ist in der Tat dasEEG. Hiermit wird Stromerzeugung aus regenerativenEnergien gezielt gefördert. Es gibt Investoren Planungssi-cherheit für einen angemessenen Zeitraum. Es ermöglichtweiteren technischen und wirtschaftlichen Fortschritt undsorgt dafür, dass bei den erneuerbaren Energien die Kos-ten weiter sinken.Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber die regel-mäßige Überprüfung der EEG-Förderung festgelegt. Des-wegen liegt uns der Bericht, über den wir heute sprechen,vor. Der Bericht zeigt – das haben alle bestätigt – den Er-folg dieses Gesetzes. Der Ausbau erneuerbarer Energien istdeutlich beschleunigt worden. Im letzten Jahr beispiels-weise ist der Anteil der regenerativen Energien an derStromerzeugung von 6 auf 8 Prozent gesteigert worden.Meine Damen und Herren, der Bericht zeigt auch, dassdie Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien, ins-besondere bei der Windenergie, deutliche technische undwirtschaftliche Fortschritte gemacht haben. Gerade dasmacht es uns möglich, jetzt die Fördersätze teilweise zusenken. Der Vorwurf der Überförderung trifft uns nicht, erbelegt den Erfolg des Gesetzes; denn es ist es tatsächlichso, dass durch gesunkene Kosten und günstigere Strom-gestehungskosten diese Überförderung überhaupt erreichtworden ist. Deswegen können und wollen wir jetzt an ei-nigen Stellen korrigierend eingreifen.
Es gibt natürlich auch Bereiche – verschiedene Rednerhaben darauf hingewiesen –, in denen wir die Kosten nichtsenken konnten. Es war insbesondere deswegen nichtmöglich, weil andere Instrumente – bei der Photovoltaiketwa das 100000-Dächer-Programm – auslaufen.Die Systemkosten sind ebenso wie die Stromgeste-hungskosten gesunken, sodass prinzipiell auch hier ähnli-che Erfolge zu verzeichnen sind. Dennoch werden wir,weil das Bündel von Maßnahmen um einen Aspekt ärmerwird, an dieser Stelle die Fördersätze im Gesetz anheben.Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine ganze Reihevon Aspekten wäre noch zu nennen. Einige haben den Be-reich von Biogas und Biomasse genannt. Ich denke, wirwerden auch hier im EEG dafür sorgen, dass der Landwirtzum Energiewirt werden kann.
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Wir werden auch andere Instrumente überprüfen, die flan-kierend mitwirken können.Insgesamt lässt sich sagen, dass wir dem Ziel der Ver-doppelung des Marktanteils der erneuerbaren Energien ei-nen Schritt näher gekommen sind. Wir werden natürlichdarauf achten, dass die vielen positiven Wirkungen desGesetzes genutzt werden – bei Medikamenten muss mandas ähnlich machen –, während mögliche negative Ent-wicklungen vermieden werden.Gerade wurde die Wirkung auf besonders energie-intensive Unternehmen erwähnt. Ich denke, dass wir inder Koalition und auch zwischen den Ministerien Ge-spräche führen werden. Ich bin ganz sicher, dass wir auchhierfür eine Lösung finden und dafür sorgen werden, dassein solches Gesetz im originären Bereich der erneuerba-ren Energien Arbeitsplätze schafft, aber selbstverständ-lich keine Arbeitsplätze in anderen Industrien gefährdet.Auch im Export verzeichnen wir mit diesem Instru-ment große Erfolge. Das, was Herr Kraus aus Bayern ge-rade gesagt hat, stimmt: Gerade arme Länder brauchenEnergie, um ihre Armut zu überwinden. Wir haben dasauch in den ersten Jahren unserer Republik bewiesen, alswir die Kohle nach Bayern gebracht haben.
Genauso werden wir erneuerbare Energien in die Ent-wicklungsländer bringen.Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege AxelFischer, CDU/CSU-Fraktion.Axel E. Fischer (CDU/CSU):Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachall den positiven Ausführungen zum EEG frage ich mich,ob wir alle denselben Bericht gelesen haben. Auf die Nut-zung von Biomasse, Klär-, Deponie- und Grubengas zurEnergieerzeugung hat das EEG nach Angaben der Bundes-regierung kaum Auswirkungen gehabt. Bei der Wasser-kraft, die den wesentlichen Anteil von Strom aus erneuer-baren Energien bereitstellt, hat das EEG ohnehin keineÄnderungen der Einspeisevergütung mit sich gebracht.Im Bereich der Geothermie ist bis heute keine einzigeAnlage ans Netz gegangen. Demonstrationsvorhaben sinddas Einzige, was es bislang gibt. Insofern hat das EEG– das muss man klar sagen – außer beim weiteren Ausbauder Photovoltaik nur noch beim Aufbau von Windkraft-anlagen eine nennenswerte Wirkung entfaltet.
Die Bundesregierung schreibt zwar in ihrem Bericht,dass derzeit 4 700 Arbeitsplätze direkt im Bereich derWindbranche bestehen; sie verschweigt jedoch, dass jederdieser Arbeitsplätze im Jahr 2001 mit über 200 000 Euroüber das EEG vom Stromkunden subventioniert wurde.
Kosten, die durch die Einspeisung von Strom aus Wind-und Solaranlagen in das bestehende Stromverteilungssys-tem entstehen, werden zum Beispiel ausgeblendet. Wahr-scheinlich ist der Bericht mit seinen 20 Seiten und denvielen großen Bildern deshalb so kurz geraten. Es scheintmir, dass Sie, Herr Minister, Wahrnehmungsprobleme inBezug auf die tatsächlichen Kosten der Produktion vonStrom aus Windkraft haben. Dies ist angesichts Hunder-ter Bürgerinitiativen im Land und vor dem Hintergrund,dass selbst die grüne Parteibasis inzwischen Beschlüssegegen die Aufstellung von Windkraftanlagen fasst, eindrängendes Problem.Indirekte Kosten entstehen durch Schattenwurf, Lärm-emissionen, durch die Tötung Tausender Vögel durch Ro-toren
und durch die Zerstörung des vertrauten Landschaftsbil-des in unserer Heimat.
Natur und Gesundheit von Mensch und Tier werden durchden Betrieb von Windkraftanlagen erheblich gefährdet.Deshalb schwindet auch in der Bevölkerung die Akzep-tanz für die Windkraft.
Hinzu kommen die messbaren Kosten, die dadurchentstehen, dass Windstrom nicht ständig und vorher-sehbar zur Verfügung steht. Gerade deshalb müssenherkömmliche Großkraftwerke zur Absicherung als „Not-stromaggregat“ ständig im Leerlauf bzw. im Teillastbe-trieb betrieben werden.
Weitere Kosten entstehen durch den stark erhöhten Rege-lungsbedarf in den vorhandenen Stromnetzen. Mit insge-samt 2,4Cent pro Kilowattstunde hat ein durchschnittlicherFamilienhaushalt im Jahr 2001 für diese Rohstoffver-schwendung 100 Euro bezahlt.
Rechnet man hier noch die Kosten der Einspeisevergü-tung und die erheblichen Steuerausfälle durch Verlustzu-weisungen aus dem Betrieb von Windkraftanlagen sowieandere Fördermaßnahmen hinzu, dann kommt man zudem Ergebnis,
Rolf Hempelmann
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Freitag, den 31. Januar 2003
Axel E. Fischer
dass die Windenergienutzung jeden Haushalt in Deutsch-land im Jahr 2001 mehr als 150 Euro gekostet hat.
Mit dem weiteren Ausbau der Windenergie liegen dieseKosten bereits heute deutlich höher.Insgesamt hat sich das EEG mit seiner einseitigen Be-günstigung von Wind- und Sonnenenergie und seinerhauptsächlichen Wirkung als Gesetz entpuppt, das extremhohe Kosten und wenig Nutzen mit sich bringt, abergroßen Nutzen für wenige garantiert.
Es erzeugt vor allem einen Geldstrom, der aus dem Geld-beutel der Bürger über die Stromrechnung in die Taschenvon industriellen Windkraftanlagenbetreibern und -her-stellern fließt.Gerade vor diesem Hintergrund, Herr Minister, be-dauere ich es, dass Sie in Ihrem Bericht nicht auf die Kos-ten eingegangen sind und dass Sie der Auskunftspflichtgegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit nicht ge-recht wurden.
Herr Kollege Fischer, sind Sie geneigt, nach dem Ab-
lauf Ihrer Redezeit noch eine Zusatzfrage zu beantwor-
ten?
Das ist nicht der Fall.
Damit sind wir am Ende dieses Tagesordnungspunktes.
Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 14/9807 und 14/9953 an die in der Ta-
gesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ha-
ben wir die Überweisungen so beschlossen.
Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 10 a und 10 b
und den Zusatzpunkt 5 auf:
10. a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Finanzausschusses zu
dem Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto
Solms, Jürgen Koppelin, Rainer Brüderle, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Keine Erhöhung der Mehrwertsteuer
– Drucksachen 15/123, 15/269 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Stefan Müller
Kerstin Andreae
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Finanzausschusses zu
dem Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann
Otto Solms, Dr. Andreas Pinkwart, Carl-Ludwig
Thiele, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der FDP
Weniger Staat – weniger Steuern
– Drucksachen 15/122, 15/271 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Peter Rzepka
Dr. Hermann Otto Solms
ZP 5 Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Eine Mehrwertsteuererhöhung ist abzulehnen
– Drucksache 15/387 –
Über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag mit dem
Titel „Keine Erhöhung der Mehrwertsteuer“ werden wir
später namentlich abstimmen.
Nach der interfraktionellen Vereinbarung sind für diese
Aussprache 90 Minuten vorgesehen, wobei die FDP als
eine der beiden Antragstellerinnen 15 Minuten erhalten
soll. – Ich höre dazu keinen Widerspruch; dann können
wir so verfahren.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als Erstem dem
Kollegen Joachim Poß für die SPD-Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antragder FDP, die Mehrwertsteuer in dieser Legislaturperiodenicht zu erhöhen, hat keinerlei Grundlage. Deshalb lehnenwir ihn ab.
Die Bundesregierung hat bereits mehrmals deutlich ge-macht, dass sie keine Anhebung der Mehrwertsteuerplant. Dasselbe gilt für die Koalitionsfraktionen.Eine Mehrwertsteuererhöhung ist nicht erforderlich.Das wird auch in dem Antrag der Koalitionsfraktionendeutlich. Ich lege Wert darauf, festzustellen, dass die Dis-kussion um eine Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht vonder Koalition ausgegangen ist. Es sind vielmehr Politikerder Opposition, insbesondere Herr Westerwelle, dieserSpaßvogel, die seit einiger Zeit ständig behaupten, dieKoalition wolle spätestens nach dem 2. Februar die Mehr-wertsteuer erhöhen. Nur Politiker der Opposition gebenAnlass, über eine Mehrwertsteuererhöhung zu diskutie-ren, meine Damen und Herren; niemand aus der Koalitionwill diese Diskussion.
Erst am Montag hat der sachsen-anhaltinische Minis-terpräsident Böhmer gesagt, man könne über eine Anhe-bung der Mehrwertsteuer ernsthaft reden.
Heute tritt Herr Müller, der saarländische Ministerpräsi-dent, hinzu und spricht sich für eine höhere Mehrwert-steuer aus.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Freitag, den 31. Januar 2003 1783
Insofern passt diese Debatte sehr gut; denn so wird denMenschen noch vor den Landtagswahlen am kommen-den Sonntag von der Führung der Union klar gemacht,wie die Union in dieser Frage steht. Frau Merkel hat of-fensichtlich Führungsprobleme.
Deswegen wäre es erfreulich, wenn heute Morgen hierklargestellt wird, ob die CDU/CSU eine Mehrwertsteuer-erhöhung anstrebt.
Herr Kollege Poß, würden Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Koppelin gestatten?
Ja, gerne.
Herr Kollege, neben der Bemerkung, dass Sie unter-
schlagen haben, dass es auch von den Gewerkschaften die
Forderung nach einer Mehrwertsteuererhöhung gibt, darf
ich Sie fragen: Wenn wir uns in diesem Punkt einig sind
und auch Sie keine Mehrwertsteuererhöhung wollen,
dann brauchen Sie auch gar nicht lange darüber zu reden,
sondern nur dem FDP-Antrag zuzustimmen.
Herr Koppelin, wenn Sie den Antrag der Koalitions-fraktionen lesen und Ihren damit vergleichen, dannmüsste Ihnen der himmelweite Unterschied in Qualitätund Sachkunde sehr deutlich werden.
Deshalb versteht sich von selbst, dass wir unserem Antragzustimmen,
mit dem wir begründen, warum eine Mehrwertsteuerer-höhung nicht erforderlich ist, und nicht Ihrem unausge-gorenen steuerpolitischen Kauderwelsch.
In diesem Zusammenhang ist auch erhellend, mit wel-cher Begründung Herr Böhmer die Mehrwertsteuer er-höhen würde. Er sagt, wir müssten zeitgleich die Beiträgefür die Sozialversicherungskassen senken. Sonst sagenSie doch immer an unsere Adresse: Ökosteuer, tanken fürdie Rente. Aber es gibt kaum einen Unterschied, ob manzur Stabilisierung von Sozialbeiträgen die Mehrwert-steuer erhöht oder andere Verbrauchsteuern. SowohlÖkosteuer als auch Mehrwertsteuer sind indirekteSteuern.An diesem Beispiel wird sehr deutlich, wie unqualifi-ziert und unredlich die Steuerpolitik der Opposition, in-klusive des heute zu debattierenden FDP-Antrages, ist.Dafür gibt es auch noch viele andere Beispiele. Ihnenfehlt jede fachliche Fundierung in der Steuerpolitik.
Erstes Beispiel: Körperschaftsteuer. Da sagt HerrMeister, der finanzpolitische Sprecher der Union, dieUnion würde den Plan der Koalition nicht mittragen, eineMindestgewinnbesteuerung für Großunternehmen einzu-führen. Dabei war es doch die Union, die der Koalitionnoch vor der Bundestagswahl vorgeworfen hat, und zwarwahrheitswidrig, eine Politik zugunsten der Großkon-zerne zu machen. Wir haben doch alle noch Herrn Stoibervor Augen, wie er mit fast bibbernder Stimme gesagt hat:Diese Politik, die soziale Schieflage zulasten der kleinenLeute werden wir korrigieren, wenn ich gewinne. – Wasist denn mit Ihren Worten vor der Wahl, Herr Meister?Jetzt kommt die Doppelzüngigkeit heraus.
Sie haben kalte Füße bekommen. Die Interessenvertre-tung der Großkonzerne bringt Sie jetzt offenbar dazu, zusagen, dass für Sie das, was Herr Stoiber vor der Wahl ge-sagt hat, nicht mehr infrage kommt und jetzt gänzlich ir-relevant ist.
– Ja, das ist alles für den Lügenausschuss.Wollen Sie das Aufkommen aus der Körperschaft-steuer zugunsten von Bund und Ländern verstetigen oderwollen Sie das nicht?Herr Jacoby, der Finanzminister des Saarlands, hat dieentsprechenden Einnahmen, die sich durch die Umset-zung des Gesetzes für mehr Steuergerechtigkeit und zumAbbau von Steuersubventionen ergeben, schon in seineHaushaltsplanung 2003 eingestellt. Herr Koch toppt dassogar noch. Öffentlich spricht er davon, diese Steuerplänezu blockieren. Aber in seine Haushaltsplanung für 2003hat er nicht nur die Einnahmen aus der vollständigen Um-setzung dieses Gesetzes unterstellt. Er geht sogar noch da-rüber hinaus: Bei vollständiger Umsetzung betragen dieEinnahmen für Hessen 122 Millionen Euro. Er hat aber140 Millionen Euro veranschlagt. Tarnen und Täuschenist die Politik, die Sie hier betreiben. Herr Koch ist ein Pa-radebeispiel an dieser Stelle.
BeispielGewerbesteuer. Sie klagten uns noch vorges-tern an, wir hätten die schlechte Finanzlage der Kommu-nen zu verantworten.
Joachim Poß
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Freitag, den 31. Januar 2003
Joachim PoßDabei war es gerade die heutige Opposition, die in derKohl-Ära die Gewerbesteuer systematisch ausgehöhlthat. Die Folgen sieht man heute.
Wir haben im Vermittlungsausschuss Ende 2001 dasUnternehmensteuerfortentwicklungsgesetz zur Fortent-wicklung der Unternehmensteuerreform debattiert. Wirhaben gegen den Widerstand von CDU/CSU und FDPMaßnahmen durchgesetzt, mit denen die Einnahmen beider Gewerbesteuer verstetigt wurden. Auch das ist ein Be-leg dafür, wie doppelzüngig Sie agieren. Draußen in denKommunen greifen Sie uns an und tragen zur Verunsi-cherung bei. Aber wenn es bei der Abstimmung darauf an-kommt, dann verhalten Sie sich anders. Auch wenn dieUnion im Moment günstige Umfragewerte hat, muss ichIhnen sagen, dass das auf Dauer nicht gut geht. Sie sind inkeiner Frage inhaltlich aufgestellt. Das ist die Wahrheit.
Weil das so ist, wird es zum Test kommen, was die Ge-meindefinanzen angeht. Die eingesetzte Kommission tagtund wird ihre Arbeit bis zum Sommer abschließen. Dannwerden sich CDU/CSU und FDP entscheiden müssen, obsie den Vorstellungen der kommunalen Spitzenverbände,also auch Ihrer Kommunalpolitiker, oder ob sie den Wirt-schaftsinteressen folgen. Auf diesen Test sind wir sehr ge-spannt. Wir werden diesen Sommer erleben, an welcherSeite Sie stehen werden.
Wir haben die erste grundlegende Reform der Ge-meindefinanzen vor, mit der strukturelle Korrekturen derEinnahme- und Ausgabenseite der Haushalte von Städtenund Gemeinden vorgenommen werden sollen.
– Das gehört zum Thema.
– Zum Thema Mehrwertsteuer habe ich das Nötige schongesagt, Herr Thiele. Ich rede darüber, was Sie steuerpoli-tisch zu bieten haben, nämlich nur Täuschungen undfalsche Versprechen.
Wir planen darüber hinaus, im Rahmen des laufendenVerfahrens die Gewerbesteueroase Norderfriedrichs-koog zu schließen; denn diese Steueroase hinterm Deichist wirklich ein kommunaler Akt der Unsolidarität.
Aber wie reagiert die Union darauf? – Sie sagt durch ihrenHerrn Meister, sie sei gegen den jetzt von der Koalition fürsolche Steueroasen vorgesehenen Mindesthebesatz bei derGewerbesteuer; denn die Ausnutzung solcher Steueroasendurch die Unternehmen sei legitim. Die FDP erklärt, dassdurch diesen Vorschlag der Koalition der Standortwettbe-werb zwischen den Kommunen gebremst werde.
Soll diese Erklärung der FDP ein Gag sein oder ist siewirklich ernst gemeint?
Die Kritik von Union und FDP an unserem Vorschlag,einen Mindesthebesatz bei der Gewerbesteuer einzu-führen, ist kommunalfeindlich und auch ein Schlag insGesicht derjenigen Steuerzahler, die mit ihrem Steuergelddie kommunale Infrastruktur auch für diejenigen Unter-nehmen bereitstellen, die in Norderfriedrichskoog nurihre Schreibtische aufstellen.
Wer wie die FDP von förderlichem Wettbewerb zwischenden Kommunen spricht, der hat wieder einmal alle ver-nünftigen und gerechten Maßstäbe verloren.
Die Unternehmen, die sich in Norderfriedrichskoog inehemaligen Scheunen eingemietet haben – übrigens alleserste Adressen der deutschen Industrie und der deutschenWirtschaft –
und die den Dorfbewohnern inklusive Bürgermeisterfürstliche Mieten zahlen, verweigern sich bei der Mitfi-nanzierung öffentlicher Aufgaben. Das ist unanständig.
Diese Unternehmen haben es nicht verdient, dass die Op-position sie dafür noch lobt. Dieses Lob stinkt.Im Übrigen ist festzustellen: Immer wenn es darumgeht, solche Manipulationen zu bekämpfen, immer wennes darum geht, Steuerhinterziehung zu bekämpfen, sindSie auf der Seite der Steuerhinterzieher und sind Sie In-teressenvertreter der Steuerhinterzieher. Das muss einmalganz deutlich herausgestellt werden.
Ein weiteres Beispiel ist die Einkommensteuer. Inihrem Antrag „Weniger Staat – weniger Steuern“ fordertdie FDP wieder einmal eine Senkung der Lohn- und Ein-kommensteuer.
Deutschland hat aber faktisch die niedrigste Steuerquotein Europa. – Wir haben Steuersenkungen schon beschlos-sen, Herr Solms.
1784
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Freitag, den 31. Januar 2003 1785
Seit langem haben Unternehmen und Bürger Planungs-sicherheit, dass die Einkommensteuer nach 1999, 2000und 2001 auch 2004 und 2005 mit einem Volumen vonknapp 30 Milliarden Euro weiter gesenkt wird. Das stehtbereits im Gesetzblatt. Wir haben das gegen Ihre Stimmenins Gesetzblatt gebracht, meine Damen und Herren.Es ist daher nicht zutreffend, dass die Steuern inDeutschland sowohl für Private als auch für Unternehmerzu hoch sind.
Die Steuersenkungsforderungen der FDP und ähnlicheForderungen aus dem Wahlprogramm der Union, das im-mer noch gilt, mögen zwar populär sein, seriös sind sieaber nicht. Sie sind in der Sache nicht gerechtfertigt undwären derzeit weder für Bund und Länder – das gilt auchfür die CDU-geführten Länder – noch für die Gemeindenfinanzierbar. Es passt auch nicht zusammen, wenn Sie ei-nerseits immer beklagen, dass die Einnahmen von Kom-munen und Ländern zurückgehen, sodass diese nichtmehr in der Lage sind, ihre Aufgaben zu erfüllen, und an-dererseits weitere Steuersenkungen fordern. Daran zeigtsich, dass Ihnen jede Seriosität in der Steuerpolitik fehlt.
Sie begründen Ihren heutigen Antrag damit, dass nachIhrer Auffassung bereits die Diskussion um eine möglicheAnhebung der Mehrwertsteuer eine Belastung des wirt-schaftlichen Klimas bedeutet. Sie haben zwar Recht, aberdiese Begründung ist der Gipfel der Scheinheiligkeit.
Die Belastung des wirtschaftlichen Klimas führen Sie mitDebatten wie dieser, die Sie mit einem solchen Antrageinleiten, erst herbei, und zwar absichtlich.Sie sind schöne Patrioten, meine Damen und Herren!Schwarzmalen und Schlechtreden – das ist Ihr Marken-zeichen.
Sie stellen ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklungin der Bundesrepublik dar, wie es ansonsten nur durch dieSicherheitslage in der Welt gegeben ist.Zweck des Antrags ist zu verunsichern, mit dem einzi-gen Ziel, Vertrauen zu zerstören und der Koalition zuschaden. Sie schaden damit aber der Wirtschaft und denBürgerinnen und Bürgern. Denn das Spielchen, das Siebetreiben, wird sicherlich nicht mehr lange so unerkanntbleiben, wie es derzeit noch der Fall ist.
Die Menschen werden bemerken, dass Sie zwar über al-lerlei Fähigkeiten verfügen, dass Ihnen aber eine Fähig-keit fehlt, meine Damen und Herren von der Opposition,nämlich die, ein einigermaßen konsistentes finanzpoliti-sches Konzept zu entwickeln. Wir warten auf Ihre kon-kreten Alternativen.
Ich erteile nun dem Kollegen Dr. Hermann Otto Solms,
FDP-Fraktion, das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-ren! Ich weiß nicht genau, worüber Herr Poß heute redenwollte. Er hat jedenfalls nicht über den vorliegenden An-trag und die Frage der Mehrwertsteuer gesprochen.
Dabei ist es doch ganz einfach, wenn wir uns an die Fak-ten halten. Folgendes sind die Fakten:
Wir wussten, dass die schwierige Finanzlage der öffent-lichen Hände zu einer Mehrwertsteuerdiskussion führenwürde.
– Es war nicht wegen der Landtagswahl. – Deswegen ha-ben wir bereits am 2. Dezember vergangenen Jahres einenAntrag in den Bundestag eingebracht, in dem gefordertwurde, die Mehrwertsteuer in der gesamten laufendenLegislaturperiode nicht anzuheben. Dieser Antrag ist imFinanzausschuss des Deutschen Bundestags wie auch ineiner Reihe anderer Ausschüsse ausführlich beraten wor-den. In allen Ausschüssen – im Ausschuss für Wirtschaftund Arbeit, im Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernäh-rung und Landwirtschaft, im Ausschuss für Tourismus, imHaushaltsausschuss und im federführenden Finanzaus-schuss – haben die FDP als Antragsteller und die CDU/CSU-Fraktion dem Antrag zugestimmt;
die rot-grünen Mehrheitsfraktionen haben ihn abgelehnt.Das zur Klarstellung.
– Frau Scheel – Sie werden nachher sprechen –, Sie habenden Bericht des Finanzausschusses unterzeichnet. Weildas dokumentiert ist, müssen Sie sich auch dazu beken-nen.
Joachim Poß
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Freitag, den 31. Januar 2003
Dr. Hermann Otto Solms– Entschuldigung, wir reden über ein ernsthaftes Thema.Die Bürger interessieren sich sehr dafür, ob sie zusätzlichbelastet werden sollen oder nicht. Von „Quatsch“ kann da-bei keine Rede sein.
Ich verbitte mir solch einen Umgang mit den Problemender Bürger, die ihnen nun wirklich auf den Nägeln brennen.
Im Januar ist in der Diskussion über die Mehrwert-steuer eine Kakophonie entstanden. Ich erinnere bei-spielsweise an die Äußerung von Rezzo Schlauch – Sieglauben ja, Sie hätten nichts damit zu tun –
oder an die des DGB-Vorsitzenden Sommer und desHerrn Zwickel, aber auch an die von Herrn Böhmer.
Ich weiß natürlich, dass die Länder Probleme mit denFinanzen haben. Deswegen war es gut, dass wir einen sol-chen Antrag gestellt haben.
Wegen der Landtagswahl haben Sie das Problem sogelöst, dass Sie gestern, einen Tag vor der Abstimmung,die Notbremse gezogen und einen eigenen Antrag – abereinen recht dürftigen –
eingebracht haben, um sich der Verantwortung zu entziehen.Auf die ersten drei Punkte Ihres Antrages möchte ichnicht eingehen; das ist das allgemeine politische Blabla.Aber auf den vierten Punkt Ihres Antrages möchte ich zusprechen kommen. Da schreiben Sie nämlich:Der Deutsche Bundestag lehnt eine Erhöhung derallgemeinen Mehrwertsteuer– was immer das sein soll –
ab.Jetzt kommt die Begründung:Eine Mehrwertsteuererhöhung wäre ohne Zweifel inder aktuellen konjunkturellen Lage schädlich.Ist sie denn, wenn das Wachstum um ein halbes Prozentanzieht, wieder gut?
– Das steht doch hier.
Eine Mehrwertsteuererhöhung ist, losgelöst von derkonjunkturellen Lage, schädlich, weil sie die wirtschaftli-che Belastung der Arbeitnehmer, der privaten Haushalteinsgesamt so anspannen würde, dass sie ihre Ausgaben fürden Konsum nicht mehr finanzieren könnten. Das ist derGrund dafür, warum wir gegen eine Mehrwertsteuerer-höhung sind.
– Der entscheidende Grund dafür ist, Herr Tauss, dass da-hinter grundsätzliche makroökonomische, strukturpoliti-sche Überlegungen stehen.Jetzt nenne ich aus gemachten Erfahrungen selbstkri-tisch zwei Beispiele.
– Hören Sie doch erst einmal zu! – 1997 hat die alte Ko-alition eine Steuer- und eineRentenreform auf den Weggebracht. Beide waren übrigens materiell-inhaltlich we-sentlich besser als das, was Sie danach geleistet haben.
Damals haben die Sozialpolitiker der Koalition unter Fe-derführung von Norbert Blüm und mit Unterstützung derSozialpolitiker der SPD unter Federführung von HerrnDreßler durchgesetzt, dass sie Reformen nur dann zu-stimmen, wenn die Finanz- bzw. die Wirtschaftspolitikerbereit sind, eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um ei-nen Prozentpunkt zuzugestehen. Wir haben uns dieserErpressung zu meinem großen Ärger gebeugt,
weil sonst keine Reformen in Gang gekommen wären.Nach der Wahl haben Sie die Renten- und die Steuerre-form kassiert, aber die Mehrwertsteuererhöhung ist natür-lich geblieben.Das ist das erste negative Beispiel. Für die Bürger, dieVerbraucher führte das zu Mehrbelastungen in Höhe von8 Milliarden Euro.Sie haben dann zu Ihrer Regierungszeit mit der glei-chen Argumentation die Ökosteuer eingeführt; die fünfteStufe ist jetzt in Kraft getreten. Die Belastungen für dieVerbraucher und die Bezieher kleiner Einkommen betra-gen 19 Milliarden Euro.
Diese Steuer wirkt nicht progressiv oder degressiv, son-dern belastet alle gleich.
Zusammengerechnet führt dies zu einer Mehrbelastungvon 27 Milliarden Euro. Trotzdem sind die Beiträge zuden sozialen Sicherungssystemen wieder angestiegen.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Freitag, den 31. Januar 2003 1787
Das Ganze ist natürlich eine Luftnummer. Sie habengesagt, die Beiträge bzw. die Arbeitskosten würden sin-ken und deshalb sei die Ökosteuer vernünftig. Pusteku-chen, nichts ist eingetreten!
Es kommt netto zu zusätzlichen Belastungen in Höhe von27 Milliarden Euro, ohne dass irgendeine strukturelle Re-form konsequent angegangen worden wäre.
Das ist der Grund, warum wir dafür sind, für die ge-samte Legislaturperiode eine Mehrwertsteuererhöhungauszuschließen. Denn wir wollen Ihnen nicht die Türe of-fen halten, durch mehr Steuereinnahmen auf der Zeit-achse wieder notwendige Reformen zu verschieben. Wirkönnen unsere Probleme nur lösen, wenn die festgezurr-ten, unbeweglichen Systeme in Deutschland, die Renten-versicherung, die Krankenversicherung und insbesonderedie Arbeitslosenversicherung, neu aufgestellt werden
und dadurch Effizienzgewinne geschaffen und die Belas-tungen gesenkt werden.
Wir können die öffentlichen Haushalte nur sanieren, wennwir dies nicht auf der Einnahmeseite, sondern auf der Aus-gabenseite tun.
Wenn man Herrn Eichel bzw. den Worten des „Spar-ministers“ folgt, dann sollten wir erst einmal anfangen zusparen.
Denn in den vier Jahren, seit denen Sie Verantwortung tra-gen, sind die Ausgaben, auch die des Bundes, jedes Jahrgestiegen. Das verstehe ich nicht unter Sparen. Unter Spa-ren verstehe ich, weniger auszugeben.
Die Ausgaben sind jedes Jahr gestiegen. Wenn Sie nichtdarangehen, die Ausgaben zu senken, werden Sie die Pro-bleme nicht lösen.
Deswegen bestehen wir darauf, dass wir namentlichabstimmen. Denn wir wollen Sie auf einen vernünftigenKurs zwingen. Das können Sie uns nun wirklich nichtvorwerfen. Wir unterstützen Sie dabei doch gerade. Nurhabe ich wenig Hoffnung, dass Sie einen vernünftigenKurs einschlagen werden, weil Sie in der SPD-Fraktionviel zu unbeweglich sind und weil die Blockademehrheitder Gewerkschaften Sie in Ihrer Handlungsmöglichkeiterstickt.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ab-schließend, damit es klar ist, noch Folgendes sagen.
Ich habe mir einmal ausrechnen lassen, wie die Nettoein-nahmesituation eines Arbeitnehmerhaushaltes, näm-lich eines Facharbeiters in der Automobilindustrie – sagenwir: am Standort Wolfsburg –, aussieht. Ein durchschnitt-licher Einkommensbezieher – verheiratet, zwei Kinder –,der im Monat 3 000 Euro Bruttoeinkommen erhält, ver-liert aufgrund der Kostensteigerungen bei den sozialen Si-cherungssystemen im Jahr 114 Euro seines Nettoeinkom-mens.
– Sein Nettoeinkommen sinkt. – Hinzu kommen Ausga-benmehrbelastungen.
– Herr Tauss, durch Geschrei können Sie die Fakten nichtändern.
Bleiben Sie bei einer anständigen Diskussion!
Hinzu kommen also Mehrbelastungen durch vielfäl-tige Kostenerhöhungen. Dabei handelt es sich um Er-höhungen der Mineralölsteuer, der Erdgassteuer, derStromsteuer, der Gebühren für die Müllabfuhr, der Was-ser- und Abwassergebühren, der Straßenreinigungsge-bühren sowie um Mehrkosten für Kabelfernsehen, fürRundfunk und vieles andere. All diese Mehrbelastungenmindern das Nettoeinkommen der Masse der Beschäf-tigten in Deutschland. Dies führt dazu, dass die Konjunk-tur, auch die Binnenkonjunktur, einbricht und dass dieUmsätze des Einzelhandels, wie gestern veröffentlichtworden ist, im letzten Jahr um 3,5 Prozent eingebrochensind. Das ist übrigens seit Beginn der Bundesrepublik dieRekordmarke. Dies führt dazu, dass wir in dieser schwie-rigen Lage sind.
Diese schwierige Lage können Sie nur durch eine mu-tige Reformpolitik und nicht durch weitere Steuererhö-hungen lösen. Deswegen wollen wir Sie dazu zwingen.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Dr. Hermann Otto Solms
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Freitag, den 31. Januar 2003
Ich erteile das Wort der Kollegin Christine Scheel,
Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte Folgendes klar feststellen: Wenn man sich die
„FAZ“ oder andere Zeitungen anschaut, in denen die FDP
ihre Initiative begründet, stellt man fest, dass es dort heißt,
dass schon die Diskussion über eine mögliche Erhöhung
der Mehrwertsteuer das wirtschaftliche Klima belaste.
Dies sagt die FDP und streut dauernd diese Nebelkerzen
in die politische Debatte. Denn der Vorschlag einer Mehr-
wertsteuererhöhung wurde von Ihnen und von der Union
gemacht, nicht aber von der Regierungskoalition. Das
muss man einmal deutlich sagen.
Das Einzige, was Sie derzeit politisch leisten, ist Populis-
mus und Nebelkerzenwerfen.
Die FDP-Politik an sich lebt vom Neinsagen. Sie sagen
Nein zu Subventionskürzungen bei Ihrer eigenen Klien-
tel. Sie sagen Nein zu einer höheren Nettokreditaufnahme
– das ist ja richtig –, aber Sie legen kein eigenes Finan-
zierungskonzept zur Abwendung der höheren Verschul-
dung vor. Auch sagen Sie Nein zur Besteuerung von
grenzüberschreitenden Flügen, und zwar mit dem übli-
chen Mehrwertsteuersatz. Sie sagen auch Nein zu Vor-
schlägen, mit denen sichergestellt werden soll, dass große
Konzerne in Deutschland wieder ihrer Verantwortung für
das Gemeinwohl nachkommen.
Frau Kollegin Scheel, gestatten Sie eine Zwi-
schenfrage des Kollegen Schauerte?
Gern. Herr Schauerte, bitte.
Herzlichen Dank, Frau Kollegin Scheel.
Dieses Hohe Haus sollte ja ein Haus der klaren, einfa-
chen und präzisen Aussagen sein.
Deswegen möchte ich Sie einmal etwas fragen. In Ihrem
Antrag schreiben Sie:
Der Deutsche Bundestag lehnt eine Erhöhung der
allgemeinen Mehrwertsteuer ab.
Das ist juristisch und logisch auf jeden Fall eine Ein-
schränkung.
Ich frage deswegen: Die Erhöhung welcher Mehrwert-
steuer lehnen Sie nicht ab?
Uns wurde unterstellt, vor allem von der FDP, aberauch, glaube ich, von einigen aus Ihrer Fraktion, wir hät-ten die Idee, beispielsweise die Mehrwertsteuer auf Le-bensmittel zu erhöhen. Das ist völlig falsch. Wir wollenden niedrigen Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent belassen.
Was die Konkurrenzsituation zwischen den verschiede-nen Verkehrsmitteln anbelangt, wollen wir den Mehr-wertsteuersatz auch vernünftig gestalten. Wir wollen desWeiteren den Mehrwertsteuersatz von 16 Prozent – damitliegen wir gemeinsam mit Luxemburg im gesamten euro-päischen Umfeld am niedrigsten – behalten. Das, nichtmehr und nicht weniger, ist die Kernaussage. Das ist eineklare Ansage, Herr Schauerte.
Wenn ich einmal zurückschaue – das wurde vorhinauch vom Kollegen Hubert Ulrich gesagt –, muss ich fra-gen: Was haben Sie 29 Jahre gemacht? Sie haben in den29 Jahren Ihrer Regierungsbeteiligung die Mehrwert-steuer viermal erhöht. Jetzt versuchen Sie, den Eindruckzu erwecken, als ob wir das wollten, obwohl das – dasmuss man einmal klar sagen – von niemandem von unsgesagt worden ist.
Gesagt haben es CDU-Ministerpräsidenten und diePräsidentin des Deutschen Städtetages, Frau Petra Roth.Sie hat wörtlich gesagt: Ich will eine Mehrwertsteuerer-höhung.
Diese Forderung kommt permanent aus Ihren Kreisen. Ichbitte Sie, einmal auf dem Boden der Tatsachen zu bleibenund nicht so zu tun, als sei das umgekehrt. Es ist eindeu-tig, wer diese Mehrwertsteuererhöhung will.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Freitag, den 31. Januar 2003 1789
Ich habe vorhin ausgeführt, was Sie alles nicht wollen.Man muss einmal klar sehen, dass man in Zeiten derHaushaltsdefizite von Bund, Ländern und Kommunen mitNeinsagen keine Politik gestalten kann. Mit einem Neinkann man auch nicht dem Verstoß gegen Maastricht-Kri-terien begegnen. Man kann auch nicht das Unmöglichefordern; das ist noch viel dreister und Sie tun das. Sie for-dern nämlich Steuersenkungen,
keine Erhöhung der Nettoneuverschuldung und gleichzei-tig höhere Ausgaben in allen möglichen Ressorts.
Sie müssen sich langsam einmal entscheiden, was Siewollen. Was Sie betreiben, ist – das muss man an dieserStelle einmal so deutlich sagen – Volksverdummung.
In Wirklichkeit ist es so, dass wir mit Ihrer Politik nochmehr Schulden hätten
und dass wir der nächsten Generation noch höhere Zins-lasten aufbürden müssten. Dann müsste der Staat aus sei-ner Pflicht zur Wahrnehmung von Aufgaben der öffentli-chen Daseinsvorsorge, zum Beispiel in Schule undHochschule, entlassen werden und dann müsste das demprivaten Glück überlassen werden. Das ist die Politik, dieSie betreiben wollen. Diese unverantwortliche Politikwollen wir nicht. Wir werden nicht so handeln, wie Sieuns das vorschlagen.
Bei der CDU/CSU-Fraktion wird – das kann man ein-deutig feststellen – eine Vogel-Strauß-Politik betrieben.Der Kopf wird in den Sand gesteckt. Es wird nicht gesagt,wie die Probleme im Zusammenhang mit der notwendi-gen Haushaltskonsolidierung gemeistert werden sollen.Es kommt nur der Vorschlag, dass irgendwelche pau-schalen Kürzungen im Bereich der Subventionen er-folgen sollen. Dieser Vorschlag kommt von der Union,aber auch von der FDP. Es wird ganz einfach gesagt: Esgibt den Subventionsbericht. In dem Subventionsberichtsteht eine Reihe von Maßnahmen. Machen wir eine pau-schale Kürzung!Nach außen klingt es natürlich oberklasse, wenn mansagt: Wir bauen Subventionen ab, wir kürzen die pau-schal. Ich zeige Ihnen einmal an fünf Beispielen, was dasbedeuten würde. Es würde bedeuten, dass man im sozia-len Wohnungsbau um 10 Prozent kürzt. Es würde bedeu-ten, dass die Zinszuschüsse im Rahmen des Wohnraum-modernisierungsprogramms der KfW für die neuenLänder gekürzt werden. Es würde bedeuten, dass die in-direkte Förderung der Forschungszusammenarbeit undder Unternehmensgründungen gekürzt wird. Es würde be-deuten, dass Maßnahmen zur Förderung von kleinen undmittleren Unternehmen sowie der freien Berufe und zurStärkung der beruflichen Bildung gekürzt werden. Eswürde bedeuten, dass wir Forschungs- und Entwick-lungsausgaben in den neuen Ländern kürzen.Meine Damen und Herren, diese Pauschalkürzung um10 Prozent – wie mit einem Rasenmäher – würde völligfalsche Lenkungswirkungen entfalten. Sie behaupten, diekleinen und mittleren Unternehmen entlasten und mehrGeld für die Forschung und vieles mehr bereitstellen zuwollen. Genau das Gegenteil würden Sie mit der von Ihnengeforderten Pauschalkürzung um 10 Prozent erreichen.
Das muss man einmal sagen. Die Leute wissen ja garnicht, was sich dahinter verbirgt. Zum Subventionsabbausagt jeder Ja. Aber niemand weiß, was sich hinter IhrerMaßnahme verbergen würde. Ich bin der Auffassung, dassman den Bürgern und Bürgerinnen der Ehrlichkeit halberauch einmal sagen muss, was das bedeuten würde: weni-ger Geld für Bildung, Forschung und vieles mehr, was icheben aufgezählt habe.
Für uns ist völlig klar, dass wir die Haushaltskonsoli-dierung weiterführen. Wir haben jetzt ein Gesetz vorge-legt, das mit einigen Veränderungen am Ende im Ergeb-nis etwa 17 Milliarden Euro erbringen wird.
– Verehrte Damen und Herren von der FDP, 17 Milli-arden Euro Abbau von Steuervergünstigungen undSubventionen
sind eine andere Antwort als 17 Milliarden Euro Mehrein-nahmen durch eine Mehrwertsteuererhöhung zulasten derprivaten Haushalte. Das ist ganz eindeutig so. Das ist aucheine andere Antwort als eine Erhöhung der Schulden.Ich bin nicht der Auffassung, dass wir uns von einerPartei wie der FDP Ratschläge geben lassen müssen,
die 29 Jahre lang nichts anders getan hat – vor allem inden letzten zehn Jahren Ihrer Regierungszeit –, als dieSteuern nach oben zu treiben, die Abgaben nach oben zutreiben und dazu noch die Schulden zu erhöhen. Das wardie Politik, die Sie gemacht haben.
Jetzt stellen Sie sich scheinheilig hin und tun so, als sei dieFDP die Steuersenkungspartei.
Christine Scheel
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Freitag, den 31. Januar 2003
Christine ScheelSie sind in der Regierungsverantwortung die Steuerer-höhungspartei gewesen.
Das ist eindeutig zu belegen.
Wir wollen Privilegien abbauen, wir wollen die steuer-liche Bemessungsgrundlage verbreitern und wir wollendie Haushaltskonsolidierung ohne Mehrwertsteuerer-höhung verwirklichen. Wir werden sehen, wie sich dieunionsregierten Länder im Bundesrat verhalten werden.
Sie werden dort Farbe bekennen müssen,
inwieweit sie wirklich bereit sind, Steuersubventionen ab-zubauen, oder ob sie das Risiko eingehen, eine höhereVerschuldung der Länder in Kauf zu nehmen.Wir haben in Deutschland die Situation, dass vieleLänderhaushalte nicht mehr verfassungskonform sind.
Unser Defizit wird zu 55 Prozent von den Ländern und denKommunen getragen. Der Bund macht seine Hausaufgaben.Wir fahren die Neuverschuldung herunter und werden indiesem Jahr nach der jetzigen Haushaltslage die niedrigsteNettoneuverschuldung seit der Wiedervereinigung haben.
Das ist ein Kraftakt. Das sage ich Ihnen. Denn wir müs-sen selbstverständlich dafür sorgen, dass Ausgaben imHaushalt gekürzt werden – das ist wichtig – und, wie ge-sagt, dass Steuersubventionen reduziert werden.
Gleichzeitig – deswegen sage ich, dass das ein Kraft-akt ist – bleiben wir
dabei – das steht auch schon im Gesetzblatt –,
dass 2004 und 2005 die Einkommensteuertarife stufen-weise weiter gesenkt werden.
Wir haben dann einen Eingangssteuersatz von 15 Prozentund einen oberen Grenzsteuersatz von 42 Prozent. Dassind die niedrigsten Steuersätze im gesamten europä-ischen Raum.
Das ist niedriger als in den USA. Dann möchte ich nocheinmal hören, die Steuerbelastung sei hier zu hoch.Wir haben dann Steuersätze, mit denen wir wunderbarkonkurrieren können. Wenn Sie ehrlich sind, müssen Sieanerkennen, dass Deutschland nicht das Problem hat, dassdie Steuerbelastung zu hoch ist. Das Problem, das die Un-ternehmen in Deutschland haben,
sind die hohen Sozialabgaben und ist die Bürokratie.Wir haben leider 77 000 Verwaltungsvorschriften. Das istder Wahnsinn. Wir haben uns im Koalitionsvertrag darauffestgelegt, dass wir in dieser Legislaturperiode mindes-tens ein Drittel abbauen wollen.
Da bitte ich auch um Ihre Unterstützung in den Ländern.Denn wir brauchen dafür auch die Länder.
Wir sind für strukturelle Veränderungen in den sozia-len Sicherungssystemen, vor allem bei der Krankenversi-cherung. Es ist zwingend notwendig, dass es wieder mehrHoffnung auf die Belebung der Binnenkonjunktur gibt.Dafür arbeiten wir. Es ist eine schwierige Zeit. Die Stim-mung im Lande ist sehr schlecht. Es müssen deshalb Maß-nahmen ergriffen werden. Diese haben wir in den Berei-chen Arbeitsmarkt und soziale Sicherungssystemeeingeleitet und werden sie zügig umsetzen. Von unsererSeite liegen konkrete Vorschläge auf dem Tisch, die wirweiterentwickeln werden. Sie werden dieses Land nachvorne bringen.Was uns nicht nach vorne bringt, ist, dass Sie perma-nent auf unseren Vorschlägen herumhacken und nur he-rumjammern. Sie jammern auf relativ hohem Niveau;denn wir alle wissen, welche Klientel Sie vertreten. Dashilft uns nicht, nach vorne zu kommen. Jammern allein istkein Konzept. Jammern allein bringt uns nicht weiter. ImGegenteil: Es macht mürbe und senkt die Innovations-freudigkeit in diesem Land.
Wir werden auch weiterhin die strukturellen Problemelösen. Wir werden dafür sorgen – das haben wir in unse-rem Antrag festgelegt –, dass es keine Mehrwertsteu-ererhöhung gibt. Eine solche Erhöhung ist aus den be-kannten Gründen, von denen ich einige genannt habe,unakzeptabel, besonders aber aus folgendem Grund: Sieist sozial ungerecht. Denn die prozentuale Belastungdurch die Mehrwertsteuer nimmt, wie wir wissen, bis zueinem mittleren Nettoeinkommen von rund 1 400 Euro imMonat stetig zu. Das geht aus den Analysen der letztenJahre und aus der Einkommensstatistik hervor.
1790
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Freitag, den 31. Januar 2003 1791
Jede Mehrwertsteuererhöhung ist auch ein Beitrag zurSteigerung der Schwarzarbeit. Wir aber wollen dieSchwarzarbeit abbauen. Dazu haben wir Vorschläge ge-macht, die den Niedriglohnbereich betreffen. Diese wei-sen den richtigen Weg. Diesen Weg werden wir weiter-gehen.Unsere Aufgabe ist, Verkrustungen in dieser Gesell-schaft aufzubrechen. Wir Grünen berücksichtigen dabei,wie auch die SPD, ökologische Aspekte und sind uns be-wusst, dass wir auch Gesichtspunkte sozialer Gerechtig-keit beachten müssen. Das ist unsere Überzeugung, wiePolitik zu machen ist – und nicht mit solchen Schaufens-teranträgen, wie Sie sie immer wieder stellen.Danke schön.
Das Wort hat nun der Kollege Peter Rzepka,
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der ordnungs-politische Ansatz des FDP-Antrages „Weniger Staat – we-niger Steuern“, um den es heute geht, geht in die richtigeRichtung. Folgerichtig ist damit auch der Antrag, dieMehrwertsteuer nicht zu erhöhen. Die Haltung derCDU/CSU-Bundestagsfraktion ist ganz klar: Mit unswird es keine zusätzlichen Belastungen der Bürger undUnternehmen durch Steuererhöhungen geben.
– Herr Poß, klären Sie diese Frage erst einmal in Ihrer Ko-alition; denn Frau Scheel hat, wie ich mich erinnere, in der„FAZ“ vom 29. Januar eine Erhöhung der Mehrwertsteuernicht ausgeschlossen.
Wir werden in der Abstimmung sehen, wie Sie sich ver-halten.Als Herr Müntefering weniger Geld für den privatenKonsum und mehr Geld für den Staat forderte – er sprachdamit weiten Teilen der SPD offenbar aus dem Herzen –,war die Marschrichtung klar: mehr Staat, mehr Steuern.Das ist der neue alte Weg der SPD.
Noch mehr Staat, noch mehr Geld für öffentliche Aufga-ben, weniger Selbstverantwortung, weniger unternehme-rische Risikobereitschaft, weniger Investitionen, wenigerWirtschaftswachstum, weniger Arbeitsplätze, Lähmung,Stillstand – das sind die Ergebnisse Ihrer Politik. Das istdas neue alte Staatsverständnis der SPD.Diese Auffassung findet ihren Niederschlag in einerausufernden Steuerorgie, wie wir sie noch nie erlebt haben.
Sie besteuern alles und jeden. Wenn Ihnen die Einnahmenaus den ertragsabhängigen Steuern nicht mehr ausreichen,dann greifen Sie zu den ertragsunabhängigen Steuern.Obwohl Ihnen alle Sachverständigen sagen, dass die Be-steuerung der Substanz von Unternehmen und privatenPersonen Wirtschaftswachstum und die Schaffung neuerArbeitsplätze verhindert, greifen Sie auch zu diesen ver-meintlichen Einnahmequellen.Die vorgesehenen Einschränkungen der Verlustver-rechnungsmöglichkeiten durch die geplanten Regelungenzu Mindestbesteuerung, Mantelkauf, körperschaftsteuer-licher und gewerbesteuerlicher Organschaft, zu stillenGesellschaften, zu Spaltungen und Verschmelzungen sindsteuersystematisch verfehlt und gesamtwirtschaftlich ne-gativ.Aus steuersystematischer Sicht darf der Staat nicht nurauf die Gewinne zugreifen, sondern er muss sich auchunbeschränkt und zeitnah an den Verlusten beteiligen.Andernfalls wird den Unternehmen dringend benötigteLiquidität entzogen und damit die Eigenkapitalbasis mitallen negativen Folgen und Auswirkungen auf die unter-nehmerische Risikobereitschaft, die Investitionen, dasWirtschaftswachstum und die Beschäftigung geschwächt.Mit den geplanten Maßnahmen zerstören Sie des Wei-teren das dringend notwendige Vertrauen in staatlichesHandeln und nehmen den Unternehmen im ohnehinschwierigen wirtschaftlichen Umfeld die erforderlichePlanungssicherheit. Hinsichtlich der Planungssicherheithaben Sie bereits viel Vertrauen zerstört. Es gibt viele An-zeichen dafür, dass allein wegen der derzeitigen Pläne derBundesregierung und der Diskussionen darüber Unter-nehmer Investitionen in Deutschland zurückgestellt oderganz aufgegeben haben.
Wir wollen von Ihnen heute auch wissen, ob folgendeweitere Steuererhöhungspläne in den Schubladen liegen,die bis zum 2. Februar, dem Tag der Landtagswahlen inHessen und Niedersachsen, zurückgehalten werden: zumBeispiel die Halbierung der Entfernungspauschale für Ar-beitnehmer, die Absenkung des Sparerfreibetrages um einDrittel auf 500 Euro für Ledige und 1 000 Euro für Ver-heiratete, die Besteuerung der Erträge aus Kapitallebens-versicherungen, die Kappung des Ehegattensplittings, dieAnhebung der Erbschaftsteuer und – die Diskussion da-rüber ist in Ihren Reihen ja immer noch nicht beendet –die Wiedereinführung der Vermögensteuer.Meine Damen und Herren, speisen Sie uns nicht mitdem Griff in die Trickkiste ab, wie es unser Finanzminis-ter, der sich zu einem wahren Meister im Verwirrspiel mitZahlen entwickelt und gerne auf die gerade passende Sta-tistik zurückgreift, gerne tut. Wenn es um die Steuer- undChristine Scheel
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Freitag, den 31. Januar 2003
Peter RzepkaAbgabenlast in Deutschland geht, bemüht er in der Öf-fentlichkeit die OECD-Statistik, nach der die Gesamt-abgabenquote bei 36,4 Prozent liegt. Wenn es aber umrealistischere Ergebnisse geht, beispielsweise beim Stabi-litätsbericht an die EU-Kommission, nimmt der Finanz-minister die Bundesbankzahlen, nach der die Gesamt-abgabenquote bei 42,1 Prozent liegt,
weil er weiß, dass diese aus der volkswirtschaftlichen Ge-samtrechnung abgeleiteten Daten aussagekräftiger sind.
Die richtige Lösung für Deutschland sieht daher andersaus als Ihr Konzept – soweit man das, was Sie zurzeit pla-nen, überhaupt Konzept nennen kann. Wir fordern, dassdie Steuern und Abgaben nicht durch 48 Einzelmaßnah-men im Volumen von 70 Milliarden Euro erhöht werden.
Herr Poß, dabei ist es egal, ob Sie das Steuervergünsti-gungsabbau oder sonst wie nennen. In Ihren Augen ist esoffenbar schon eine Steuervergünstigung, wenn der Ar-beitnehmer von seinem Lohn und der Unternehmer vonseinem Gewinn überhaupt noch etwas behalten dürfen.
In Wirklichkeit sollen die Bürger und Unternehmenzukünftig mehr zahlen. Dagegen hilft auch kein dürftiges35 bis 60 Millionen Euro umfassendes Mittelstandspro-gramm. Das ist nur ein Ablenkungsmanöver, welchesvon den wahren Dimensionen der geplanten Steuererhö-hungen ablenken soll.
Helfen wird dieses Mittelstandsprogramm nicht. Manmuss keine prophetischen Gaben besitzen, um ein Schei-tern vorherzusehen. Der Mittelständler wird weiterhin dieZeche der Steuererhöhungen mit einem Vielfachen dessenbezahlen, was er später – wenn er es als Unternehmerüberhaupt noch erlebt – möglicherweise zurückbekommt.Sie müssen die Steuern senken und dürfen die Men-schen nicht weiter belasten. Schaffen Sie Freiräume!Hören Sie doch auf die Experten der Bundesbank, die– wie fast alle Experten – in der Anhörung des Finanz-ausschusses zum Steuervergünstigungsabbaugesetz einvernichtendes Urteil über Ihre Planungen bezüglich derUnternehmensbesteuerung, insbesondere in Bezug aufdie Verlustverrechnungen, gefällt haben.
Hören Sie auf die Wirtschaftsweisen, die kritisieren, dassin dem Koalitionsvertrag keine eindeutigen ökonomi-schen Prioritäten gesetzt werden und dass in dem Re-gierungsprogramm keine überzeugende langfristige Per-spektive im Hinblick auf das Wachstumsziel aufgezeigtwird. Hören Sie auf die Stimmung der Menschen, die amWochenende Gelegenheit haben werden, ganz klar zu sa-gen, wie sie Ihre Politik bewerten.Ihre Steuergesetzgebung bedeutet nicht zuletzt auchmehr Regulierung. Frau Kollegin Scheel hat sich geradefür den Abbau von Bürokratie eingesetzt. Doch was ist dieWirklichkeit? Ich nenne die Stichworte Bauabzugsteuer,die neben Unternehmen auch private Vermieter trifft,Kontrollmitteilungen und Erträgnisbescheinigungen beider Besteuerung von Erlösen aus privaten Veräußerungs-geschäften und von Kapitalerträgen, Dokumentations-pflichten für Verrechnungspreise, die international erfolg-reiche kleine und mittlere Unternehmen kaum werdenerfüllen können. Die Liste ließe sich beliebig verlängern.Sehen Sie, das ist der falsche Weg. Schauen Sie sich an,was in anderen Ländern gemacht wurde und welche Er-folge damit erzielt wurden! Sie werden feststellen, dasserfolgreiche Länder Steuern senken und trotzdem dieStaatsverschuldung abbauen und die Staatsquote verrin-gern. Dafür gibt es viele Beispiele. Ein Blick über dieGrenzen genügt. Auch in der Europäischen Union habenStaaten erhebliche Steuersenkungen umgesetzt, ohne dassder blaue Brief aus Brüssel auf dem Fuß folgte.
Vor dem Hintergrund der verfehlten Steuerpolitik derletzten Jahre hat auch der Antrag der FDP-Fraktion, dieMehrwertsteuer nicht zu erhöhen, seine volle Berechti-gung.
Nachdem Sie diesen Antrag noch vor kurzem im Finanz-ausschuss abgelehnt haben, reagieren Sie heute auf unse-ren Druck und den Druck der öffentlichen Diskussion.SPD und Bündnis 90/Die Grünen kündigen aber mit demvorliegenden Antrag indirekt doch eine Mehrwertsteuer-erhöhung an. Der Antrag der Koalition enthält zahlreicheHintertüren. Danach soll eine Erhöhung der allgemeinenMehrwertsteuer wegen der aktuellen konjunkturellenLage ausgeschlossen und der bisherige Kurs der Bundes-regierung fortgesetzt werden. Die CDU/CSU-Bundes-tagsfraktion lehnt einen solchen Antrag geschlossen ab.Was meint die SPD mit „der aktuellen konjunkturellenLage“? Diese kann sich schon nächste Woche ändern.
Was ist dann? Was meinen Sie mit „der allgemeinenMehrwertsteuer“? Damit sind Anhebungen der ermäßig-ten Mehrwertsteuersätze nicht ausgeschlossen. Damit be-ginnen Sie schon bei Ihrem Entwurf des Steuervergüns-tigungsabbaugesetzes.
So sollen beispielsweise die Leistungen der Zahntechni-ker nicht mehr mit dem ermäßigten Satz, sondern mit demRegelsatz besteuert werden. Das kostet die Kranken-kassen nach Ihren eigenen Angaben 200 Millionen Euro.Wie soll das finanziert werden?
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Freitag, den 31. Januar 2003 1793
Der bisherige Kurs der Bundesregierung wird von derCDU/CSU-Bundestagsfraktion abgelehnt. Er ist vonKonzeptionslosigkeit und mangelnden Ideen gekenn-zeichnet. Außer dem Griff in die Taschen der Bürger fälltder Koalition nichts ein.
Sie haben mehrfach die Ökosteuer erhöht. Sie habendie Steuerreformgesetze verschoben, die mit weiterenEntlastungen für 2003 schon im Bundesgesetzblatt stan-den, Frau Kollegin Scheel.
Das zeigt, wie viel wir von Ihren Ankündigungen zu hal-ten haben. Damit haben Sie vielen Familien die dringendnotwendigen Entlastungen vorenthalten.
Zurzeit versuchen Sie mit dem so genannten Steuerver-günstigungsabbaugesetz, wieder einmal massive Steuer-erhöhungen durchzusetzen.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion lehnt Ihre durch-sichtigen politischen Manöver ab und fordert durchgrei-fende Reformen statt Steuererhöhungen. Deshalb wird siedem FDP-Antrag, der eine Mehrwertsteuererhöhung – an-ders als in Ihrem Antrag – ohne Wenn und Aber ablehnt,zustimmen.
Was Deutschland braucht, ist ein einfacheres und ge-rechteres Steuerrecht mit niedrigeren Steuerbelastungen,vor allem auch mit Rechts- und Planungssicherheit für dieUnternehmen und die Bürger, damit Anreize für Investi-tionen geschaffen werden und mehr Wirtschaftswachs-tum und Beschäftigung in Deutschland erreicht werden.Im Jahre 2002 musste als Ergebnis Ihrer Politik eineStörung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts fest-gestellt werden. Wenn Sie weitermachen wie bisher, wer-den wir 2003 die Zerstörung des gesamtwirtschaftlichenGleichgewichts feststellen müssen.Ich danke Ihnen.
Herr Kollege Rzepka, ich gratuliere Ihnen sehr herz-
lich zu Ihrer ersten Rede in diesem Hohen Hause und
wünsche Ihnen persönlich und politisch alles Gute.
Nächste Rednerin in der Debatte ist die Parlamentari-
sche Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks.
D
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-legen! Wer dreht denn nun wirklich an der Mehrwertsteu-erschraube? Diese Frage sollten wir uns als erste stellen.Hier sind die Fakten: Mit dem Steueränderungsgesetz1992 wurde die Mehrwertsteuer von 14 auf 15 Prozent er-höht. Hauptgrund für diese Steuererhöhung war, dass mannoch mehr Geld für den Golfkrieg brauchte, nachdemman zu diesem Zweck schon die Mineralölsteuer um50 Pfennig je Liter erhöht hatte.
Die Initiatoren dieser Steuererhöhung waren die FDP unddie CDU/CSU. Der Nachschlag kam dann – Herr Solmshat in seiner Rede auf wundersame Weise die Verantwor-tung dafür von sich geschoben – im Jahr 1998.
Damals wurde die Mehrwertsteuer zum 1. April auf16 Prozent erhöht. Die Initiatoren waren wiederum FDPund CDU/CSU.
Der Deckname für diese Steuererhöhungsaktionen wardas so genannte Rentenfinanzierungsgesetz.Vor diesem Hintergrund mutet es schon verwegen an,dass gerade die Freidemokraten, die in wenigen Jahrenund allein aus fiskalischen Gründen die Mehrwertsteuererhöht haben, heute vor einer Steuererhöhung warnen.
Man muss dann doch fragen: Wo war Ihr ökonomischerSachverstand 1992 und 1998 und was wollen Sie mit derheutigen Debatte wirklich erreichen? Zu Ihren Gunstenunterstelle ich einmal, dass wir es nur mit Aktionismus,Stimmungsmache und Wahlkampfgetöse zu tun haben;denn sonst müsste ich Ihnen auf Dauer ökonomischenSachverstand absprechen. Zum Glück sind ja wir undnicht Sie seit Herbst 1998 in der Regierungsverantwor-tung. Deshalb hat Deutschland nach wie vor einen derniedrigsten Mehrwertsteuersätze in Europa und sogarweltweit.
Darüber hinaus haben wir die größte Steuerreform inder Geschichte der Bundesrepublik Deutschland umge-setzt. Mit insgesamt 56 Milliarden Euro werden dieSteuerzahler massiv entlastet. Herr Kollege Solms, wennSie das Brutto- und das Nettoeinkommen eines Arbeitersaus Wolfsburg im Jahr 1998 mit dem vergleichen, was erheute brutto und netto verdient, dann werden Sie feststel-len, dass es ihm heute Gold geht. Das vergessen Sie immer.
Peter Rzepka
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Freitag, den 31. Januar 2003
Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara HendricksWir haben bereits heute wesentlich günstigere und leis-tungsfreudlichere Einkommen- und Körperschaft-steuersätze als in den 16 Jahren, die in Ihrer Verantwor-tung lagen. Wenn es Probleme gab, dann kannten Sie in16 Jahren nur eine einzige Antwort: Schulden und Steuer-erhöhungen. Daran wird das gesamte deutsche Volk nochauf lange Zeit laborieren.
Ich weiß, dass es wehtut, wenn man an seine Untatenerinnert wird. Ich bin mir darüber im Klaren, dass Siegerne das Image der Steuererhöhungspartei loswerdenmöchten. Folglich wundert es mich nicht, dass Sie allesunter den Tisch kehren wollen, auch Ihre Steuerlügen. DerÖffentlichkeit wollen Sie glauben machen, dass nur Siedas richtige Rezept zur Steuerentlastung haben.
In dem so genannten neuen Steuerkonzept der FDP ist un-ter anderem Folgendes zu lesen:Das Einkommensteuerrecht wird im Übrigen durchden Wegfall von Sondertatbeständen, Steuerbefrei-ungen und Steuervergünstigungen vereinfacht.Prima Idee! Das haben Sie wohl von uns abgeschrieben.
Das, was Sie jetzt fordern – Papier ist ja geduldig –, setzenwir seit Jahren – selbstredend gegen Ihren Widerstand –in die Tat um. Aktuelles Beispiel ist das Steuervergüns-tigungsabbaugesetz. Damit schaffen wir Sondertatbe-stände, Steuerbefreiungen und Steuervergünstigungen abund vereinfachen das Steuerrecht. Was tun Sie? Sie kön-nen sich plötzlich nicht mehr an Ihr eigenes Steuerkonzepterinnern und sind schon aus Prinzip gegen die von unsvorgeschlagenen Änderungen. Etwas Inkonsequenteresals Ihre Steuerpolitik kann es in der Tat nicht geben.
Sie selbst haben, wenn man Ihren öffentlichen Bekun-dungen trauen darf, wider besseres Wissen die Mehrwert-steuer mehrfach erhöht. Wenn wir Ihrem Ratschlag folgenund das Steuerrecht durch den Abbau von Vergünstigun-gen und Ausnahmen tatsächlich vereinfachen, passt es Ih-nen natürlich auch wieder nicht.Man muss sich ernsthaft fragen, warum dieser Antragder FDP eigentlich gestellt wurde. Die Antwort ist ganzeinfach: Es läuft hier natürlich – das ist ganz klar – aufeine plumpe Wahlkampfaktion hinaus.
Die FDP agiert hier nach dem Motto: Was ich denk‘ undtu, das trau‘ ich auch den anderen zu. Also: Die FDP-Ex-perten für Mehrwertsteuererhöhungen unterstellen derBundesregierung und den Koalitionsfraktionen unter Be-rufung auf so genannte Insiderinformationen geheimeSteuererhöhungspläne, Wahlkampfmanöver und Wähler-betrug.Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Die FDP führt näm-lich regelmäßig vor Landtagswahlen den gleichen Zirkusauf. Jetzt bitte ich die beiden Redner der FDP in dieser De-batte, die beiden Hauptmatadore in der Finanzpolitik die-ser kleinen Fraktion, Herrn Solms und Herrn Thiele, auf-zumerken. Es passt gut, dass ich gerade Sie zitierenwerde. Zum Beweis zitiere ich aus der FDP-Pressemit-teilung vom 18. Februar 1999. Dort behauptet HermannOtto Solms:Das belegen auch die heutigen Meldungen, nach de-nen Rot-Grün nun doch insgeheim eine Mehrwert-steuererhöhung um bis zu drei Prozentpunkte plant.Publik gemacht werden sollen die Pläne jedoch erstnach den Wahlen in Bremen im Juni. Das riecht nachWahlbetrug.
Sie sehen: Auch da haben Sie langfristig vorgearbeitet.Schon im Februar 1999 haben Sie uns unterstellt, wir wür-den im Juni, nach den Wahlen in Bremen, die Mehrwert-steuer erhöhen. Infolgedessen ist Ihr Hinweis, Ihr Antragsei mittlerweile schon zwei Monate alt, ebenfalls obsolet.Damals haben Sie diese Unterstellungen schon vier Mo-nate vor der Wahl in die Welt gesetzt. Sie produzierenWahlkampfgetöse. Auch nach den Wahlen in Bre-men 1999 ist die Mehrwertsteuer nicht erhöht worden.Darauf weise ich hin.In der Pressemitteilung der FDP vom 8. Mai 2000 be-hauptet Carl-Ludwig Thiele:Ich halte es für falsch, die Erhöhung der Mehrwert-steuer überhaupt zu diskutieren. Wir können dochnicht auf der einen Seite behaupten – wie Finanz-minister Eichel das macht –, die Bürger durch diederzeitige Steuerreform zu entlasten, und auf der an-deren Seite schon wieder über Steuererhöhungennachdenken.
Das Dementi des Bundesfinanzministeriums wirktda schon eher wie Wahlkampf vor der Nordrhein-Westfalen-Wahl.Die war bekanntlich im Jahr 2000. Auch nach der Land-tagswahl in Nordrhein-Westfalen hat es keine Mehrwert-steuererhöhung gegeben, auch wenn Sie uns das vor derWahl unterstellt haben.
Diese beiden Zitate sind ein schlagender Beweis dafür,dass Sie es schon seit Jahren immer wieder mit derselbenMasche probieren und die Bürgerinnen und Bürger ver-unsichern.
Was Sie tun, verwundert also niemanden. Das Täterprofilist eindeutig. Am Sonntag finden wieder Landtagswahlenstatt, in Hessen und Niedersachsen. Gerüchte über eineMehrwertsteuererhöhung machen wieder einmal die Run-de. Wie es der Zufall will, gibt es schon einen Antrag der
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geläuterten Steuererhöhungspartei FDP, eine höhereMehrwertsteuer zu verhindern. Dieser Antrag ist im De-zember, also zwei Monate vor der Wahl, eingebracht wor-den; 1999 wurde er vier Monate vorher eingebracht.Meine Damen und Herren von der FDP, Ihr Geschwätzvon einer anstehenden Mehrwertsteuererhöhung und dasHorrorszenario, das Sie seit mehr als vier Jahren propa-gieren, nehmen wir einfach nicht mehr ernst.
Sie führen die Wählerinnen und Wähler bewusst hintersLicht. Sie verunsichern Arbeitnehmer, Unternehmer undInvestoren, indem Sie dieses überflüssige Thema ohne ir-gendeinen konkreten Anlass permanent auf die Tagesord-nung bringen. Sie wissen, was Sie damit bewirken. Dieeben zitierte Bemerkung des Kollegen Thiele aus demJahr 2000 – „Ich halte es für falsch, die Erhöhung derMehrwertsteuer überhaupt zu diskutieren“ – beweist, dassSie wissen, welche Wirkung Sie damit erzielen. Trotzdemtun Sie es ganz bewusst.Da Sie das Thema im Jahr 2003, also in diesem Jahr,offenbar nur aus wahltaktischen Gründen wieder auf dieAgenda bringen, muss ich feststellen: So viel Zynismusist kaum mehr zu überbieten. Scheinheilig werfen Sie derBundesregierung vor, sie verunsichere die Wirtschaft. Jaklar, wiederum gilt: Was die FDP denkt und tut, das wirftsie anderen vor.Außerdem übertreffen Sie sich bei der Kritik amStandort Deutschland. Positive Entwicklungen werdenschlechtgeredet. Ein Beispiel – es wurde in dieser De-batte bereits angesprochen –: Nach der aktuellen Studieder OECD belegt Deutschland im internationalen Ver-gleich der Steuerquoten eine Spitzenposition. Mit einerSteuerquote von 21,7 Prozent haben wir die niedrigsteSteuerlast in ganz Europa. Im Vergleich mit anderen In-dustrienationen werden wir nur noch von Japan über-troffen. Nach den vorläufigen Ergebnissen für 2002, diedemnächst endgültig vorliegen werden, wird die Steu-erquote, was die Geschichte der BundesrepublikDeutschland angeht, einen historischen Tiefstand errei-chen. Um zu diesem Ergebnis zu kommen, ist es völliggleichgültig, ob man die Daten der volkswirtschaftli-chen Gesamtrechnung zugrunde legt oder die Daten derOECD.
Die Daten der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung sa-gen das Gleiche wie die der OECD aus.
Frau Staatssekretärin, gestatten Sie eine Zwischen-
frage des Kollegen Thiele?
D
Bitte.
Bitte schön.
Herzlichen Dank. – Frau Staatssekretärin, bezüglich
der von der OECD ermittelten Steuerquote haben Sie mir
gerade in einer Antwort auf eine schriftliche Anfrage mit-
geteilt, dass allein bei Herausrechnen der Eigenheimzu-
lage und des Kindergeldes die Steuerquote 2 Prozent
höher läge.
Darauf basiert eine weitere Frage von mir: Gerade in
dem betreffenden Jahr gab es einen sehr starken Einbruch
beim Körperschaftsteueraufkommen, der auch von Ihnen
beklagt wurde. Jetzt haben Sie diesen Sachverhalt als Be-
leg dafür genommen, dass die Steuerquote so niedrig ist.
Unter Berücksichtigung dieser beiden Punkte wäre
doch die Feststellung der OECD von Ihnen als Mitglied
der Bundesregierung nicht positiv zu bewerten, sondern
Sie müssten den Sachverhalt richtig darstellen und, anstatt
mit den Zahlen der OECD zu operieren, die entsprechen-
den Prozentpunkte dazuaddieren und erklären, dass diese
niedrige Steuerquote auf einem Einbruch des Körper-
schaftsteueraufkommens aufgrund der Steuerreform ba-
siert. Es geht nicht, dies auf der einen Seite zu beklagen –
Herr Kollege, denken Sie daran, dass Sie eine Zwi-
schenfrage stellen wollten.
– richtig – und auf der anderen Seite zu sagen, die Steuer-
quote sei viel zu niedrig.
D
Herr Kollege, ich will gerne auf diese beiden Punkteeingehen. Ich habe zunächst einmal nicht gesagt, dieSteuerquote sei viel zu niedrig, sondern ich habe nur da-rauf hingewiesen, dass sie im europäischen Vergleich dieniedrigste und im internationalen Vergleich diezweitniedrigste sei.
Ich habe es weitergehend nicht bewertet.Natürlich ist es richtig, dass das Körperschaftsteuer-aufkommen im Jahre 2001 eingebrochen ist. Sehen Siees doch einmal andersherum: Was auf der Einnahmeseitedes Staates einen Einbruch beim Körperschaftsteuerauf-kommen darstellt, bedeutet für die Unternehmen, dass siekaum Steuern zahlen. Von der Seite müssen Sie es ja nunauch einmal sehen. Sie können es von der Einnahmeseiteher natürlich beklagen, aber aus Sicht der UnternehmenParl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks
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Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricksist ja zweifelsfrei festzustellen, dass kaum eine Belastungda war.
Ansonsten wäre das Körperschaftsteueraufkommen jahöher gewesen. Sehen Sie es also bitte auch von dieserSeite. Sie wollten doch immer, dass die Unternehmenmöglichst umfangreich entlastet werden.Im Übrigen hatte ich darauf hingewiesen – bleibenSie bitte stehen, Sie hatten zwei Fragen gestellt undich komme noch zu der Beantwortung der ersten Fra-ge –,
dass die vorläufigen Zahlen für 2002 eine historisch nied-rige Steuerquote aufzeigen werden. Im vergangenen Jahrzeichnete sich beim Körperschaftsteueraufkommen Gottsei Dank eine Erholung ab. Gleichwohl haben wir imJahre 2002 die niedrigste Steuerquote seit Bestehen derBundesrepublik Deutschland.Jetzt komme ich auf Ihre erste Frage zurück: Sie habenmir in der Tat schriftlich die Frage gestellt – selbstver-ständlich habe ich Ihnen gemäß der Geschäftsordnungdieses Parlaments geantwortet –,
wie denn die Steuerquote aussehen würde, wenn manKindergeld und Eigenheimzulage herausrechnete. Dies istnatürlich eine hypothetische Fragestellung, aber selbst-verständlich verlangt die Geschäftsordnung der Bundes-regierung auch die Beantwortung von hypothetischenFragen. Infolgedessen habe ich auf der Basis hypotheti-scher Berechnungen mitgeteilt, dass unter dieser An-nahme die Steuerquote 2 Prozentpunkte höher liegenwürde. Ich darf Sie aber daran erinnern, dass die Eigen-heimzulage einkommensteuerrechtlich eine Erstattungdarstellt.
Ich darf Sie insbesondere daran erinnern, dass nach demUrteil des Bundesverfassungsgerichts das Kindergeldeine Vorauszahlung auf zu viel gezahlte Einkommen-steuer von steuerpflichtigen Eltern darstellt. Deshalb ist esvollkommen richtig, diese Zahlungen bei der Ermittlungder Steuerquote zu berücksichtigen.
Ihre hypothetische Frage ist zwar rechnerisch beantwort-bar, aber inhaltlich hypothetisch.
Frau Staatssekretärin, gestatten Sie eine weitere Zwi-
schenfrage des Kollegen Rzepka?
D
Ja, bitte.
Frau Staatssekretärin, abgesehen davon, dass Ihr
Minister ja je nach Bedarf ständig mit anderen Zahlen in
der Öffentlichkeit agiert, möchte ich Sie fragen, ob Sie
meine Auffassung teilen, dass Steuerquote und Gesamt-
abgabenquote immer im Zusammenhang gesehen werden
müssen. Sie werden ja sehr wohl wissen, dass eine Er-
höhung der Sozialversicherungsbeiträge über die Be-
triebsausgaben der Unternehmen zu einer niedrigeren
Steuerquote führt.
Sie können sich dann trotz Erhöhung der Sozialversiche-
rungsbeiträge – Sie heben sie ja ständig an, auch jüngst
wieder – paradoxerweise für niedrige Steuerquoten feiern
lassen.
D
Herr Kollege Rzepka, die Insinuierung, der Ministerwürde ständig mit anderen Daten operieren, weise ichzurück. Wir haben eine Studie der OECD veröffentlicht;es ist völlig klar, dass die OECD dabei die Rechenme-thode zugrunde gelegt hat, die sie OECD-weit anwendet.Gemäß Maastricht-Vertrag sind wir gegenüber Brüsselverpflichtet, über die Daten der volkswirtschaftlichen Ge-samtrechnung zu berichten; dieser Pflicht kommen wirselbstverständlich nach. Das hat also nichts damit zu tun,dass wir, wie wir Lust und Laune haben, verschiedene Da-ten mitteilen, sondern wir erfüllen unsere Pflichten ord-nungsgemäß.Wir müssen den europäischen Vergleich nicht scheuen;denn wir haben die niedrigste Steuerquote in Europa. Be-ziehen wir die Sozialabgaben in den Vergleich ein, so be-finden wir uns innerhalb Europas im guten Mittelfeld.
Wir sind das Land mit der sechstgeringsten Belastung, inneun Ländern sind die Belastungen höher. Darauf darf ichSie abschließend hinweisen.
– Herr Kollege Seiffert, nur weil Ihnen die Statistikennicht passen, können Sie nicht sagen, das sei unglaublich.Es ist einfach so, damit müssen Sie umgehen.Das ist wieder ein Beispiel dafür, dass sich Ihre Seitedes Hauses in der Kritik am Standort Deutschland über-trifft.
Positive Entwicklungen werden ständig schlechtgeredet.Nehmen wir als aktuelles Beispiel die OECD-Studie. An-
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dere Länder würden aus dieser Studie positive Meldungenmachen. Sie würden sie offensiv vermarkten, um Investo-ren zu gewinnen. Was passiert in Deutschland? Statt posi-tive Botschaften zu verbreiten, wird das Ergebnis mies ge-macht. Auch jetzt sind Sie wieder dabei.
Nicht zuletzt hat der Kollege Thiele seine Stimme er-hoben, um das Ergebnis in der Presse – wie er sagt – ge-radezurücken, also mies zu machen. Bravo! Damit habenSie Deutschland einen unschätzbaren Bärendienst erwie-sen. Grundvoraussetzung für einen Politiker sollte dochwohl sein, dass er Patriot ist. Diejenigen, die unser Landständig schlechtreden, sind keine Patrioten.
Folgerichtig stößt Ihr Handeln auch auf Kritik nam-hafter Persönlichkeiten aus der Wirtschaft. Beispiels-weise bemerkte der Sprecher des Vorstands der DeutschenBank AG, Dr. Ackermann, anlässlich seiner Rede zumNeujahrsempfang der Stadt Frankfurt:Ich halte gar nichts davon, wenn wir selbst Deutsch-land permanent schlecht darstellen oder zum „Sanie-rungsfall“ erklären. Wie sollen wir erwarten, dass an-dere Vertrauen in und Interesse an Deutschlandentwickeln, wenn wir dies selbst nicht tun?
Nun, meine Damen und Herren von der Opposition, ichkann in diesem Sinne nur an Sie appellieren: Kommen Sieaus der Deckung und führen Sie mit uns eine konstruktivepolitische Auseinandersetzung!Für die Bundesregierung gilt: Wir behalten unserenkonstanten steuer- und finanzpolitischen Kurs bei. Dasheißt, wir werden weiter steuerliche Subventionen sowieVergünstigungen abbauen und die Steuersätze weiter sen-ken. Klar ist, dass dies alle fordern und unterstützen, so-lange sie nicht selbst betroffen sind. Wenn es allerdingszum Schwur kommt, war das natürlich nicht so gemeint.In dieser Situation halten wir, die Koalitionsfraktionenund die Bundesregierung, Kurs und zeigen Rückgrat.Ich habe aufgezeigt, dass wir in Deutschland seit mehrals vier Jahren gut ohne eine Erhöhung der Mehrwert-steuer zurechtgekommen sind. So soll es bleiben. Ich habedeutlich gemacht, dass die permanenten Spekulationender Opposition über angebliche Mehrwertsteuererhöhun-gen für Deutschland schädlich sind. Darüber hinaus habeich dokumentiert, dass das Gerede der FDP in die Wahl-kampfecke gehört, zumal sie selbst mehrfach Steuererhö-hungen initiiert hat. Der vorliegende Antrag ist dabei aberwohl nur der vorläufig letzte Höhepunkt; denn Sie ma-chen das ja vor jeder Landtagswahl, wie ich bereits nach-gewiesen habe.Diese Scheindiskussion haben wir nicht zu verantwor-ten und wir werden uns auch nicht daran beteiligen. Esgibt keinen Anlass, überhaupt auf diesen Unfug einzuge-hen. Der Deutsche Bundestag möge – ich bitte darum –den Antrag der FDP deshalb ablehnen.Da in dieser Legislaturperiode noch einige Landtags-und Kommunalwahlen anstehen, befürchte ich aber, dasssich das Hohe Haus noch öfter mit diesem abstrusenThema wird befassen müssen.Herzlichen Dank.
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort gebe, mache
ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, darauf aufmerk-
sam, dass es nachher noch eine zweite namentliche Ab-
stimmung auf Antrag von Bündnis 90/Die Grünen geben
wird.
Nächster Redner in der Debatte ist Stefan Müller,
CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Wir beraten heute zwei Anträge der FDP-Fraktion und zu-mindest einer dieser Anträge hat im Regierungslager füreinige Aufregung gesorgt. Das erklärt auch, warum dieRedner der Koalition sehr aufgeregt am Rednerpult sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grü-nen, ich möchte Sie einmal daran erinnern, dass Sie dieAnträge der FDP „Weniger Staat – weniger Steuern“ und„Keine Erhöhung der Mehrwertsteuer“ im Finanzaus-schuss abgelehnt haben. Am Dienstag konnten wir dannsehr widersprüchliche Meldungen aus der Regierungsko-alition hören. Der Parlamentarische Geschäftsführer derSPD, Wilhelm Schmidt, wollte wohl eine Zustimmungder SPD zu einem der vorliegenden Anträge nicht aus-schließen; der Parlamentarische Geschäftsführer der Grü-nen, Volker Beck, schloss jedoch eine Zustimmung gänz-lich aus. Er wird mit den Worten zitiert: Wir werden dasgemeinsam mit der SPD ablehnen.
Gestern dann der letzte Akt: Ein gemeinsamer Antrag derSPD und der Grünen zum Thema Mehrwertsteuer wurdevorgelegt.Interessant finde ich angesichts dieses Durcheinanderseine Äußerung von Herrn Olaf Scholz, dem SPD-Gene-ralsekretär. Ich zitiere aus einer Pressemeldung: DieUnion hat keine Linie in der Finanzpolitik. Es herrscht dasreine Chaos. – Das ist lächerlich. Ich stelle fest: Erstens,Parl. Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Freitag, den 31. Januar 2003
Stefan Müller
Chaos gibt es nur bei Ihnen, und das schon seit vier Jah-ren.
Zweitens, Herr Beck, ist unsere Linie klar: Wir haben denAnträgen bereits im Finanzausschuss zugestimmt. Wirwerden diesen Anträgen auch heute zustimmen. Wir wer-den Ihren Antrag ablehnen, weil Sie sich das Hintertür-chen der Mehrwertsteuererhöhung offen gehalten haben.Verkaufen Sie die Menschen nicht für dumm! Die Argu-mentation, die Sie hier gebracht haben, lässt Ihnen dochalle Möglichkeiten offen.
Wenn uns Herr Poß in dieser Frage Tarnung und Täu-schung vorhält,
dann möchte ich ihn bitten, dass er sich diesbezüglich denSpiegel selbst vorhalten möge. Wenn Sie in diesem Zu-sammenhang immer wieder Herrn Böhmer zitieren,möchte ich erwidern: Auch Ihr heimlicher Vorsitzenderhat sich ja schon in einer ähnlichen Art und Weisegeäußert. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschafts-bundes, Michael Sommer, hat nämlich erklärt, er könnesich eine Mehrwertsteuererhöhung sehr gut vorstellen.Das ist im „Handelsblatt“ vom 15. Januar nachzulesen.F
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir lassen uns von Ihnen fehlenden Patriotismusnicht vorwerfen.
Das Benennen der Fakten hat auch nichts mit Schlecht-reden zu tun. Wenn Sie sich hier hinstellen und jedem, dernicht Ihrer Meinung ist, mangelnden Patriotismus vor-werfen, dann ist das schlichtweg schäbig.
Sie können sich auch nicht damit herausreden, dass dieDiskussion über die Umsatzsteuer nicht von Ihnen ausge-gangen wäre. In Ihrem Steuervergünstigungsabbau-gesetz sind teilweise massive Umsatzsteuererhöhungenvorgesehen.
Sie wollen die Umsatzsteuer für zahlreiche landwirt-schaftliche Vorprodukte, für Blumen und Zierpflanzen,für grenzüberschreitende Flüge, für Kombinationsartikelund für Zahnersatzleistungen erhöhen. Letzteres wird – daswurde auch schon angesprochen – die Kosten im Ge-sundheitswesen weiter erhöhen und die Patienten bei derEigenbeteiligung stärker belasten.
Allein im Bereich der Umsatzbesteuerung sind gemäßIhrem Finanztableau 14 Steuererhöhungen vorgesehen.Jetzt hören Sie bitte damit auf, davon zu reden, dass wirmit dieser Debatte angefangen hätten.
Sie haben in einem Punkt Recht, nämlich wenn Sie inIhrem Antrag schreiben:Eine Mehrwertsteuererhöhung wäre ohne Zweifel inder aktuellen konjunkturellen Lage schädlich.Aber das gilt für jede Art von Steuer, nicht nur für dieMehrwertsteuer.
Das Steuervergünstigungsabbaugesetz fügt sich nahtlosin eine ganze Reihe von Steuererhöhungen, die die zweiteRegierung Schröder auf den Weg gebracht hat: Die fünfteStufe der Ökosteuer ist in Kraft getreten. Zum 1. Janu-ar 2003 gab es eine Erhöhung der Tabaksteuer. Die sechsteStufe der Ökosteuer als Fortentwicklung der ökologischenSteuerreform wurde beschlossen. Allein diese Maßnahmenwerden die deutschen Steuerzahler im Jahr 2003 mit 22Mil-liarden Euro belasten, zusätzlich zu den im internationalenVergleich ohnehin schon hohen Abgaben in Deutschland.Diese Steuererhöhungen schaden der Konjunktur, weil sieAnreize für Investitionen verhindern – Investitionen, die wirangesichts der aktuellen Lage aber dringend bräuchten, da-mit neue Arbeitsplätze geschaffen und die Wachstumskräftein diesem Land gestärkt werden.Eine nachhaltige Haushaltskonsolidierung, wie Sie siein Punkt eins Ihres Antrages beschreiben, werden Sie nurdann erreichen, wenn die Wirtschaft in diesem Land wie-der wächst. Wachstum ist und bleibt die entscheidendeVoraussetzung für eine Konsolidierung des Haushaltes.Wachstum werden wir nur bekommen, wenn wir Rah-menbedingungen haben, durch die die Bürger und Unter-nehmen von Steuern entlastet werden.
Sie dürfen allerdings den Bürgern nicht etwas in dierechte Tasche stecken und ihnen im gleichen Atemzug ausder linken Tasche etwas herausnehmen. Die Ökosteuer istdafür ein sehr gutes Beispiel. Das Schlimme ist, dass al-les, was Sie auf den Weg bringen, schlicht und ergreifendnur dazu dient, Ihre Haushaltsprobleme in den Griff zu be-kommen. Die ordnungspolitische Komponente in derSteuerpolitik ist bei Ihnen gar nicht mehr vorhanden.Nun ist ja nicht auszuschließen, meine Damen undHerren, dass die Wahlergebnisse am Sonntag Ihre Bereit-schaft zu einer Zusammenarbeit mit der Union und denunionsgeführten Ländern erhöhen werden. Ich sage Ihnenan dieser Stelle: Möglichkeiten dazu werden wir in dernächsten Zeit sehr viele haben: beim Steuervergünsti-gungsabbaugesetz, bei der Vermögensteuer, bei der Ab-geltungsteuer.Wir haben in diesem Hause einen Antrag zur Abschaf-fung der Vermögensteuer eingebracht. Wenn es Ihnenernst damit ist, die ständigen Diskussionen über Steuer-erhöhungen beenden zu wollen, dann werden Sie nicht an-ders können, als auch hier zuzustimmen.
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Denn auch beim Thema Vermögensteuer wirkt die stän-dige Diskussion schädlich für die Stimmung in unseremLand. Aber – das füge ich einschränkend hinzu – da müs-sen Sie natürlich dem Druck der Gewerkschaften stand-halten. Das dürfte nicht einfach für Sie werden. Wir habenja diese Woche alle eine Broschüre der Dienstleistungs-gewerkschaft Verdi ins Büro geschickt bekommen. Sieträgt den Titel: „Perspektiven der Vermögensbesteuerungin Deutschland“. Verdi spricht sich hier unter anderem fürdie Wiedererhebung der Vermögensteuer aus.In dem Begleitschreiben heißt es außerdem:Eine Abgeltungsteuer auf Zinserträge kann die Ver-mögensteuer nicht ersetzen. Sie würde – wenn über-haupt – nur aufgrund von Einmaleffekten Mehrein-nahmen bringen.Da eine Abgeltungsteuer eine Absenkung der Steuer-belastung auf die Erträge großer Vermögen bedeutet,wird die Vermögensteuer auch unter dem Aspekt derSteuergerechtigkeit notwendiger denn je.Meine Damen und Herren, ich habe leider die Be-fürchtung, dass Sie das Thema Vermögensteuer auf Druckdes Bundeskanzlers und im Blick auf die Landtagswahlenam kommenden Sonntag lediglich vertagt haben, nachdem Motto: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.
Meine nächste Befürchtung ist schlicht und ergreifend,dass Sie die gleiche Argumentation verfolgen wie die Ge-werkschaften. Wenn die Diskussion über die Abgeltung-steuer hier nur unter dem Gesichtspunkt, Mehreinnah-men für den Staat zu bekommen, geführt wird, dann stehtdiese Diskussion unter ganz falschen Vorzeichen. Wir hal-ten die Einführung einer Abgeltungsteuer für den rich-tigen Weg, um die Attraktivität von Kapitalanlagen, ins-besondere im Hinblick auf die private Altersvorsorge, zusteigern. Das setzt natürlich einen niedrigen Steuersatzvoraus, aber auch, dass Rentner und Niedrigverdienernicht schlechter gestellt werden.Aber eine Abgeltungsteuer muss auch einen Beitrag zueiner wirklichen Steuervereinfachung leisten. Die gleich-zeitige Einführung von Kontrollmitteilungen, wie Sie sieimmer wieder fordern, wird diesem Anspruch einer Ver-einfachung nicht gerecht.
Unterhalten Sie sich bitte einmal mit Bankern aus IhremWahlkreis. Sie werden Ihnen sehr wohl erzählen, wasKontrollmitteilungen an Bürokratie für die Banken vorOrt bedeuten würden.
– Herr Pronold, schreien Sie doch nicht so!Tatsächlich geht es Ihnen doch darum, den gläsernenSteuerbürger zu schaffen, weil Ihr Ziel ist, die Vorausset-zungen dafür zu schaffen, dass die Beiträge für die Sozial-versicherung künftig nicht mehr nur vom Arbeitseinkom-men, sondern auch von den Kapitalerträgen erhoben wer-den. Seien Sie doch auch in dieser Hinsicht einmal ehr-lich!
Die zweite Bundesregierung von BundeskanzlerGerhard Schröder hat ihre ersten 100 Tage hinter sich. Ichmöchte die Bilanz in etwa so zusammenfassen: steigendeSteuern und Abgaben, weniger Wachstum, weniger Ein-nahmen des Staates. Genau das, meine Damen und Her-ren, wird in letzter Konsequenz dazu führen, dass wir unssehr bald auf Ihre Initiative hin wieder über neue Steuer-erhöhungen unterhalten werden.Vielen Dank.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Petra Pau, fraktions-
los.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Bevor ich zu den aufgeworfenen Steuerfragen komme,möchte ich etwas anders festhalten. Wir alle sind heute of-fensichtlich Zeuge einer Sternstunde des Parlaments.Dafür ist der FDP-Antrag Beleg. Ich wundere mich, dassdies bisher niemand in der Debatte gebührend gewürdigthat.Im Mittelpunkt der Debatte steht nicht mehr, was poli-tisch zu tun ist. Beraten und abgestimmt werden soll, wasnicht zu tun ist. Wenn künftig jede Partei ihren Katalogdes Nichttuns hier zur Abstimmung stellt, dann wird sichein schier unendliches Feld für spannende Parlaments-debatten eröffnen.
Nun zum Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grü-nen. Ich gebe zu, dass ich enttäuscht war, als ich Ihren An-trag gestern bekam. Sie, liebe Damen und Herren von derKoalition, wollten, dass wir Ihre Steuer- und Finanzpoli-tik in vier Punkten lobpreisen. Ich finde, so etwas solltenSie nicht tun. Es klingt wie Bestechung und widersprichtauch unserem Selbstverständnis als einziger, weil linkerOpposition. Aber ich sehe, dass Sie lernfähig sind. Ichhabe vorhin gehört, dass Sie selbst beantragt haben – daswar auch unser Vorschlag –, über den letzten Punkt ge-sondert namentlich abzustimmen. So können wir uns dif-ferenziert zu Ihrem Antrag verhalten.
Den Anlass für die hochgespielte Aufregung bietet indieser Debatte die Mehrwertsteuer. Sie soll erhöht wer-den, sagen die einen – auf keinen Fall, jedenfalls nichtjetzt, meinen die anderen. Für all das gibt es hinreichendwiderstreitende Belege, von der CDU/CSU ebenso wieaus den Reihen der SPD.Stefan Müller
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Petra PauIch möchte in diesem Zusammenhang einen besondersmarkanten Satz in Erinnerung rufen: Der Bürger mögeKonsumverzicht üben, damit es dem Staat besser gehe.Dieser Ausspruch ist vom 1. Dezember 2002.
Er stammt von Franz Müntefering, Fraktionschef derSPD. Das, teure Genossinnen und Genossen von der So-zialdemokratie,
teilen wir, die PDS im Bundestag, ausdrücklich nicht.Denn der Staat ist kein Selbstzweck und die Bürgerinnenund Bürger sind nicht für den Staat da. Umgekehrt wirdein Schuh daraus.
Nun zur Mehrwertsteuer. Sie diskutieren über dieHöhe der Mehrwertsteuer. Uns bewegt, was über dieMehrwertsteuer tatsächlich politisch gesteuert werdenkönnte. Das führt uns zu ganz anderen Fragen. Zum Bei-spiel: Warum erheben wir nicht endlich für Reparatur-und Handwerksleistungen den halben Steuersatz? Eswürde kleinen Betrieben helfen und der Mentalität be-gegnen, einen defekten Kühlschrank wegzuwerfen, an-statt ihn reparieren zu lassen. Eine andere Frage: Warumerheben wir nicht den doppelten Steuersatz auf Luxus-güter? Wer sich einen „Porsche plus“ leisten kann, denruinieren ein paar Prozente mehr Mehrwertsteuer nicht.Das erzielte Plus könnte helfen, beispielsweise den Steu-ersatz für die Schulspeisung zu senken. Sagen Sie bittenicht, das sei alles viel zu kompliziert und ohnehin recht-lich versiegelt. Die EU hat bereits 1999 den Weg dafür ge-ebnet, die Mehrwertsteuer intelligenter zu händeln.Sie merken, liebe Kolleginnen und Kollegen von derFDP: Wir reden über dasselbe Thema. Aber wir redennicht über dieselbe Absicht. Sie wollen weniger Steuern.Wir wollen gerechte Steuern. Das ist der wesentliche Un-terschied.
Weil wir schon dabei sind, will ich Sie gern erneut andieVermögensteuer erinnern. Die CDU/CSU wiegelt sieals Neidsteuer ab. Für Sie von der FDP sind Steuern so-wieso Teufelswerk. Die SPD will die Vermögensteuer nur,solange sie im Wahlkampf ist. Die PDS bleibt dabei: DieWiedereinführung der Vermögensteuer ist eine Frage derGerechtigkeit und sie kann Länder und Gemeinden ent-lasten.Lassen Sie uns künftig also wieder darüber diskutieren,was zu tun ist! Debatten über das Nichtstun sind nicht un-ser Ding. Ich denke, Rot-Grün sollte sich auf solche De-batten nicht mehr verlegen.Danke schön.
Nächster Redner ist der Kollege Carl-Ludwig Thiele,
FDP-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrtenKolleginnen und Kollegen! Gestern und heute erhaltendie Bürger ihre Lohnabrechnungen. Alle stellen fest, dassihnen netto weniger zur Verfügung steht.
Die Steuern und Abgaben steigen und – das versichere ichIhnen, Frau Hendricks – die Wut auf Rot-Grün steigtauch.
Heute will die FDP die rot-grüne Koalition dazu zwin-gen, eine Erhöhung der Mehrwertsteuer in dieser Legisla-turperiode auszuschließen. Wenn Sie eine solche Erhö-hung nicht wollen, Frau Staatssekretärin, dann stimmenSie dem Antrag zu. Dann wäre dieses Problem für denRest der Legislaturperiode erledigt.
Das drückendste Problem in unserem Land ist die wei-ter steigende Arbeitslosigkeit. Im Monat Januar wird dieZahl der Arbeitslosen gegenüber dem Januar des Vorjah-res um gut 250 000 Arbeitslose höher liegen. Hunderttau-sende weiterer Bürger haben Sorge und Angst um ihrenArbeitsplatz. Im Bereich des Wachstums und der Investi-tionen ist Deutschland Schlusslicht in Europa.Das Problem unseres Landes besteht nicht darin, dasswir zu wenig Steuereinnahmen oder zu niedrige Lohn-nebenkosten haben. Das Problem besteht darin, dass un-sere Steuerbelastung und unsere Belastung durch dieLohnnebenkosten zu hoch ist.
Zum 1. Januar dieses Jahres sind die Steuern und dieLohnnebenkosten erhöht worden. Durch die nächste Stufeder Ökosteuer, das Gesetz zur Fortentwicklung der öko-logischen Steuerreform, die Verschiebung der nächstenStufe der Steuerreform sowie durch den vorliegenden Ge-setzentwurf zum Abbau von Steuervergünstigungen wer-den die Bürger und die Wirtschaft in unserem Land mas-siv belastet.Zusätzlich steigen die Beiträge zur Kranken- und Ren-tenversicherung, sodass der Volkswirtschaft in diesemJahr Kaufkraft in einer Größenordnung von 25 Milliar-den bis 30 Milliarden Euro entzogen wird. Diese Summesoll nach den Plänen von Rot-Grün in den nächsten Jah-ren noch deutlich ansteigen.
Das geißeln und kritisieren wir. Deswegen sind wir dochkeine schlechten Patrioten, Frau Hendricks. Eine Regie-
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rung muss sich auch einmal Kritik gefallen lassen – auchdas gehört zum Demokratieverständnis –,
statt immer so empfindlich zu sein oder gar davon auszu-gehen, Sie seien auf Ewigkeit an der Macht. Das ist näm-lich nicht der Fall.Ihre Politik ist konjunkturschädlich und wachstums-feindlich. Die Folgen einer solchen Politik sind sinkendeInvestitionen, eine Zunahme der Insolvenzen, wenigerNeugründungen von Unternehmen, eine steigende Zahlder Arbeitslosen, mehr Steuer- und Kapitalflucht sowiezusätzliche Schwarzarbeit. Die Neuverschuldung unterRot-Grün hat im vergangenen Jahr mit mehr als 30 Mil-liarden Euro einen Rekord erreicht. In den vergangenenvier Jahren sind von Rot-Grün mehr als 100 Milliar-den Euro im Bundeshaushalt als Neuverschuldung ver-bucht worden, obwohl Sie mit dem Versprechen angetre-ten sind, die Neuverschuldung auf Null zu senken.
Diese Politik der laufenden Steuererhöhungen wird imErgebnis zu weniger Steuereinnahmen führen. Diese Po-litik der Steuererhöhungen verhindert Wachstum. Durchsie werden Arbeitslosigkeit und Schwarzarbeit zuneh-men, Investitionen und Unternehmen ins Ausland gehen.Ein Staatsanteil am Volkseinkommen von 56 Prozentist entschieden zu hoch. Der Staat muss seine Ausgabenkürzen. Niedrigere Steuern verschaffen den Bürgern mehrfinanziellen Spielraum. Niedrigere Steuern versetzen dieUnternehmen in die Lage, mehr zu investieren und zu-sätzliche Arbeitsplätze zu schaffen.Der von Rot-Grün eingesetzte Sachverständigenrat hatin seinem jüngsten Gutachten erklärt, dass ohne das Steu-ervergünstigungsabbaugesetz das Wachstum in unseremLande 0,5 Prozent höher wäre. Bei einem Bruttoinlands-produkt von 2 000 Milliarden Euro wären das 10 Milliar-den Euro mehr Volkseinkommen. Belegt man diese Sum-me mit einer Steuer- und Abgabenquote von 50 Prozent,dann hätten die öffentliche Hand und die Sozialver-sicherungen Mehreinnahmen in Höhe von 5 MilliardenEuro – allein durch den Verzicht auf das Steuervergünsti-gungsabbaugesetz!
Wir haben unseren Antrag vorgelegt; im Finanzaus-schuss wurde darüber abgestimmt. Im vorliegenden An-trag von Rot-Grün soll unter Punkt 4 beschlossen werden:Der Deutsche Bundestag lehnt eine Erhöhung derallgemeinen Mehrwertsteuer ab.Was ist eine „allgemeine Mehrwertsteuer“?
Das kann nur der erklären – denn nur diese soll ja nicht er-höht werden –, der weiß, dass es auch eine reduzierteMehrwertsteuer gibt, und zwar auf Grundbedürfnisse destäglichen Lebens, zum Beispiel auf Lebensmittel und Zei-tungen. Eine Erhöhung dieses reduzierten Mehrwert-steuersatzes ist durch die Formulierung von Rot-Grünausdrücklich nicht ausgeschlossen.
Die Politik insbesondere der Grünen, die wir in denletzten Jahren kennen gelernt und in den letzten Tagenwieder erlebt haben, ist folgende: Frau Künast will beiAldi und Lidl Rabatte verbieten und Frau Scheel sowiedie Finanzpolitiker wollen wahrscheinlich zusätzlich zuden Schnittblumen, den Überraschungseiern und demHunde- und Katzenfutter auch Nahrungsmittel, zum Bei-spiel Brot, Milch und Butter, und Zeitungen höher be-steuern. Das lehnen wir ab. Deshalb stimmen wir IhremAntrag, Frau Hendricks, nicht zu.
Stil der Regierung Schröder und Eichel ist es inzwi-schen, die Wähler vor den Wahlen über die tatsächlichenAbsichten zu täuschen. Nach den Wahlen wird dann zudem alten rot-grünen Konzept gegriffen: keine Struktur-reformen und keine Ausgabenstreichungen, stattdesseneine weitere Erhöhung der Steuer- und Abgabenbelastungder Bürger.Was macht deshalb Rot-Grün mit dem FDP-Antrag?Sie legen einen eigenen Antrag vor, in dem Sie erklären:Eine Mehrwertsteuererhöhung wäre ohne Zweifel inder aktuellen konjunkturellen Lage schädlich.Was heißt das denn nun wieder?
Für Rot-Grün ändert sich doch die konjunkturelle Situa-tion Monat für Monat, Woche für Woche, Tag für Tag. Dasheißt, die Öffentlichkeit soll mit diesem Antrag getäuschtwerden. Denn wenn sich die konjunkturelle Situation än-dert, haben Sie durch Ihren Antrag die Möglichkeit, dieMehrwertsteuer sofort zu erhöhen. Das wollen wir ver-hindern.Deshalb sollte jeder, der das Interesse der FDP teilt, dieMehrwertsteuer in dieser Legislaturperiode nicht zu er-höhen, ausschließlich dem FDP-Antrag zustimmen; dennder rot-grüne Antrag ist Vernebelungstaktik und ein reinesTäuschungsmanöver.Herzlichen Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Horst Schild, SPD-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Kol-lege Solms hat uns vorhin treuherzig erklärt, der AntragCarl-Ludwig Thiele
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Horst Schildder FDP habe überhaupt nichts mit den anstehendenLandtagswahlen zu tun.
Bei der Rede des Kollegen Thiele hatte ich soeben denEindruck: So ganz ist das wohl nicht zu halten.Wenn dieser Antrag nun gar nichts mit den anstehen-den Wahlen zu tun hat, hat er denn dann vielleicht etwasdamit zu tun, dass die FDP in ihren Reihen endlich einmalüber andere Themen als über das Thema des Riesen-staatsmanns M. diskutieren möchte?
Ich verstehe es ja, meine Damen und Herren von derFDP, dass Sie sich hier sozusagen mit Büßermiene – es fehltnur noch das weiße Büßergewand – hinsetzen und sagen:Das, was wir in der Vergangenheit gemacht haben, das wol-len wir nie wieder machen. – Das ist verständlich, wennman sich die Liste all Ihrer Sünden von 1983 bis 1998 an-schaut: Zwanzigmal wurden die Steuern erhöht, dreimaldie Mehrwertsteuer, viermal die Mineralölsteuer und drei-mal die Kraftfahrzeugsteuer. Vor diesem Hintergrund habeich Verständnis dafür, dass man sich hier mit Büßermienehinsetzt und sagt: So etwas wollen wir nicht mehr.
Ich weiß nicht, wie lange das bei Ihnen trägt. Die Vergan-genheit lehrt uns, dass man Sie offensichtlich nicht soganz ernst nehmen kann.
– Frau Präsidentin, wir sind in sehr fortgeschrittenerStunde. Auch der Kollege Schindler muss noch eine Redehalten. Der hat es dann besonders schwer. Ich bitte umVerständnis, dass ich diese Zwischenfrage nicht zulasse,bin aber gern bereit, ein paar Minuten von meiner Rede-zeit abzugeben.
Also, Herr Kollege Koppelin, Ihre Zwischenfrage wird
nicht gestattet.
Eines möchte ich an Ihre Adresse, Herr KollegeKoppelin, aber auch an die der CDU/CSU-Fraktion rich-ten: Wenn man einen Antrag einbringt mit dem Titel „We-niger Staat – weniger Steuern“, dann muss man diese For-derung in der politischen Arbeit dieses Hauses aucheinmal konsequent durchziehen. Denn man kann nichtständig mit Anträgen kommen, die für den Bund Mehr-ausgaben in Milliardenhöhe bedeuten. Das passt vorneund hinten nicht zusammen.
Meine Damen und Herren, ich denke, es ist klar ge-worden: Wir wollen keine Mehrwertsteuererhöhungen.Sie sind diejenigen, die in der Bevölkerung Unsicherheitschüren. Die Wahrheit sieht anders aus. Ich glaube, ichmuss nicht alles wiederholen. Aber wir haben die Steuer-sätze durch unsere Steuerreformen spürbar gesenkt. Kol-lege Poß hat vorhin das Volumen genannt, in dessen Höhewir Bürger und Unternehmen in der Vergangenheit ent-lastet haben und in der Zukunft bis zum Jahre 2005 entlas-ten werden.
Wir beraten zurzeit ein Gesetz zum Abbau von Steuer-vergünstigungen. Unser Ziel ist es, ungerechtfertigteSteuervorteile abzubauen. Wir wollen Steuerehrlichkeitherstellen. Das ist ein Gebot gegenüber allen Steuerzah-lern in diesem Lande. Aber Sie verweigern sich – dasmöchte ich mit aller Deutlichkeit sagen – in diesem Hausejeglicher konstruktiver Mitarbeit.
Auf der Länderebene besteht ja offensichtlich Mitarbeit.Denn die Mehreinnahmen aus dem Steuervergünsti-gungsabbaugesetz sind ja bereits in die Landeshaushaltedes Saarlandes und von Hessen eingebaut worden.Meine Damen und Herren, es reicht nicht, wenn Unionund FDP nur Widerstand leisten. Die Bürger wollen auchErgebnisse sehen. In Ihrem Antrag „Weniger Staat – we-niger Steuern“ fordern Sie: „Alle Steuerzahler sind gleichzu behandeln.“ Das wollen wir tun. Ich würde mir wün-schen, dass Sie sich konstruktiv beteiligen und sich nichtnur auf plakative Ablehnung beschränken. Im Bereich derUmsatzsteuer – wir reden ja heute über die Mehrwert-steuer – haben wir gehandelt, nachdem die Steuereinnah-men wegen mangelnder Durchsetzung des Steueranspru-ches zu wünschen übrig ließen.Im Jahr 2000 gingen die Umsatzsteuereinnahmen um4 Prozent, im Jahr 2001 um 2,5 Prozent zurück. Am 1. Ja-nuar 2002 trat das von uns hier in den Deutschen Bun-destag eingebrachte und verabschiedete Gesetz zurBekämpfung der Umsatzsteuerverkürzung in Kraft. DieSteuerschätzung vom November des letzten Jahres weistnun erstmalig bei der Umsatzsteuer Mehreinnahmen auf.Aber ich sage auch ganz deutlich: Das Ziel, Steuer-betrug – gerade im Bereich der Umsatzsteuer – zu besei-tigen, ist vermutlich noch nicht erreicht. Experten undauch die Steuergewerkschaft sagen uns, dass in diesemLande vermutlich auch weiterhin noch Umsatzsteuer-betrug in einer Größenordnung von 10 Milliarden Euro zubekämpfen ist. Wir sollten zusehen, dass diese Steuern indie öffentlichen Kassen fließen. Dann bräuchten wir unsüber manche Probleme öffentlicher Haushalte nicht zuunterhalten, auch nicht über Benefiz-Anträge zur Sen-kung bzw. Nichterhöhung der Umsatzsteuer.
Umsatzsteuerbetrug geht nicht nur zulasten des Fiskus,sondern auch zulasten steuerehrlicher Unternehmer und
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Bürger in diesem Lande. Zur Bekämpfung des Umsatz-steuerbetruges haben wir bereits etliche Maßnahmen er-griffen.Angesichts der fortgeschrittenen Stunde möchte ichdas alles gar nicht mehr aufzählen.An eines jedenfalls, HerrKollegeThiele, kann ichmich sehr gut erinnern:Alswir die-ses Gesetz im zuständigen Ausschuss des Deutschen Bun-destages beraten haben – an dieAusschussberatung kann ichmich noch sehr gut erinnern –, haben Sie ständig versucht,alle Bemühungen, zu einer sachgerechten Lösung des Pro-blemsdesUmsatzsteuerbetruges zukommen, zublockieren.
Da wurde das Argument vorgetragen, dieses Gesetz führezu zusätzlicher Bürokratie. Auch wir wollen keine zu-sätzliche Bürokratie. Aber man muss sich, wenn mandaran denkt, irgendwann wieder einmal politische Verant-wortung zu übernehmen,
auch ehrlich daran orientieren, wie man – zugegeben: mitmöglichst wenig bürokratischem Aufwand – den An-spruch des Staates, die Beträge in die Kassen zu bekom-men, wie das unsere Steuergesetze vorsehen, realisiert.Hier haben Sie sich eher verweigert.
Mit den Anträgen, die Sie heute stellen, leisten Sie hierzukeinen Beitrag. Die Bürger wollen Ergebnisse sehen. Be-teiligen Sie sich zukünftig durch konstruktive Vorschlägean unserer Gesetzgebungsarbeit, anstatt sie zu behindern.Ich danke Ihnen.
Zu einer Kurzintervention gebe ich dem Kollegen
Koppelin das Wort.
Der Kollege Schild hat eben noch einmal das versucht,
was auch andere Redner der Koalition versucht haben,
nämlich unseren Antrag als Wahlkampf abzutun. Ich weise
noch einmal darauf hin, dass unser Antrag vom 2. Dezem-
ber 2002 ist. Im Dezember, Kollege Schild, gab es die Aus-
sage des SPD-Fraktionsvorsitzenden Müntefering, der
Bürger müsse weniger Geld haben, weil der Staat mehr
Geld brauche. Unser Antrag ist nötiger denn je.
Herr Kollege Schild, Sie können erwidern.
Herr Kollege Koppelin, wir sind in der Sache offen-
sichtlich nicht weit auseinander. Sie kennen unseren An-
trag. Sie brauchen ihm nur zuzustimmen. Dann haben wir
das Problem heute vom Tisch.
Ich danke Ihnen.
Herr Kollege Schindler, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe
Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Schild, Sie haben ge-
rade gesagt: „Dann haben wir das Problem heute vom
Tisch.“ Ich muss dazu einmal nachfragen. In Ihrem An-
trag sprechen Sie von der allgemeinen Mehrwertsteuer.
Mehrwertsteuer ist auch Umsatzsteuer. Gibt es neben der
allgemeinen Umsatzsteuer/Mehrwertsteuer noch eine
Spezial-Mehrwertsteuer/-Umsatzsteuer? Mit dieser For-
mulierung in Ihrem Antrag – darauf hat auch Carl-Ludwig
Thiele mit Recht schon hingewiesen – halten Sie sich alle
Türen offen.
Wie unglaubwürdig Ihr Antrag ist, zeigt das
Steuervergünstigungsabbaugesetz oder, besser gesagt,
Steuererhöhungsgesetz, das wir in diesen Tagen im
Finanzausschuss beraten. In zwölf Punkten ist darin von
einer Umsatzsteuererhöhung die Rede. Heute, am Frei-
tag vor der Wahl in Hessen und Niedersachsen, sagen
Sie: keine Erhöhung. – Das soll man draußen noch ver-
stehen!
Noch ein Wort zur Klarstellung, Frau Staatssekretärin
Hendricks. Wir von der CDU/CSU lassen uns deutschen
Patriotismus von Sozialdemokraten weiß Gott nicht vor-
halten.
Wer hat denn die deutsche Einheit gewollt? Wer hat sie
getragen?
Heute ist es so dargestellt worden, als würden wir deut-
sche Zustände schlechtreden. Dazu kann ich nur sagen:
Wenn die Opposition die Wahrheit nicht mehr sagen darf,
dann kann sie ihre Rolle nicht mehr wahrnehmen. Wir
müssen dem deutschen Volk doch die Wahrheit näher
bringen dürfen.
Herr Kollege Schindler, gestatten Sie eine Zwi-
schenfrage der Abgeordneten Hendricks?
Gern.Horst Schild
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Herr Kollege Schindler, sind Sie bereit, mir darin zu-
zustimmen, dass ich in der Debatte gesagt habe, diejeni-
gen, die das Land schlechtredeten, seien keine Patrioten,
und sind Sie damit auch bereit, mir darin zuzustimmen,
dass Sie mit Ihrer Aussage zugegeben haben, zu den
Schlechtrednern dieses Landes zu gehören?
Das ist eine neue Definition, Frau Kollegin Hendricks:Wenn man die Wahrheit sagt, ist man ein Schlechtredner. –Wir haben nur auf Zustände hingewiesen.Weil Sie die Zwischenfrage gestellt haben, möchte ichhier noch etwas sagen. Sie werfen uns vor – auch das warTeil Ihrer Rede –, wir hätten Schulden gemacht. Dazusage ich: Wir waren auf die Schulden infolge der deut-schen Einheit unter der Regierung Kohl/Waigel/Kinkel– das war ja die Koalition – stolz und ich bin es heutenoch.
Sie von Rot-Grün machen derzeit auch Schulden. Das istaber nur verfehlte Finanzpolitik. – Sie dürfen sich wiedersetzen, Frau Hendricks.
Ich will jetzt noch einige aktuelle Zahlen kundtun. Zudiesem Zeitpunkt, Ende Januar, hat der deutsche Staat ins-gesamt 38 Milliarden Euro eingenommen. Das heißt, sta-tistisch hat jeder aus der Bevölkerung – vom Säugling biszur Greisin – schon 460 Euro an Steuern bezahlt. Sie ver-suchen, dieses Thema durch die Hintertür für sich zu be-setzen – ich habe übrigens die Überschrift des Artikels inder heutigen Ausgabe der „FAZ“ so nicht verstanden –;deshalb ist es gut, dass wir heute noch einmal darüber dis-kutieren, welche Positionen von Rot-Grün in der Vergan-genheit vertreten worden sind. Mit Recht hat die FDP die-sen Antrag gestellt. Frau Scheel kommt alle drei, vier Tagemit einem neuen Vorschlag. Im Finanzausschuss hört sichalles schon wieder ganz anders an. Deswegen dient dieDiskussion heute zur Klarstellung in der Frage: Was pas-siert in Zukunft bei der Mehrwertsteuer?Die Überlegungen betreffen die Deckelung der Sozial-etats, die generelle Sanierung der Sozialsysteme und denSchuldenabbau bei Ländern, Kommunen und beim Bund.Aber der Kernpunkt ist: Würde die Mehrwertsteuer er-höht, würde der kleine Mann die Hauptlast tragen, weilseine Belastung prozentual zum Einkommen die höchstewäre. Das ist mit der Union so nicht zu machen.
Diese Ankündigungen sind wie ein Konzert aller mögli-chen Instrumente. Seit dem 22. September letzten Jahresgibt es jeden Tag neue Vorschläge von Rot-Grün. DieKernbegriffe: Abgeltungsteuer – wissen wir überhaupt, wiedie draußen ankommt? –, Vermögensteuer – Herr Gabriellässt grüßen; er wurde ausgebremst, das war auch bitter not-wendig –, Wertzuwachssteuer – wie soll die denn umge-setzt werden? Keiner hat dann mehr ein Kunstobjekt, ob es100 oder 5 000 DM kostet – und das berühmte Steuerer-höhungsgesetz, als Steuervergünstigungsabbaugesetz – einedeutsche Verballhornung – deklariert. Trotzdem haben wireine überbordende Schuldenzunahme. Alle diese Begriffepassen zu dem Unwort des Jahres 2002, der Ich-AG.Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage Ihnen:Draußen in den Städten und draußen auf dem Lande ha-ben die Bürger von rot-grüner Steuer- und Finanzpolitikdie Nase gestrichen voll!
Neuester Stand der Lohnzusatzkosten: über 42 Pro-zent. Hinzu kommen noch weitere Belastungen bei denArbeitgebern. Das bedeutet, dass wir in der Summe trotzder Gegenfinanzierung über die Ökosteuer – welcherTrugschluss! – jetzt pro Jahr neun Tage mehr für Steuernund Abgaben in diesem Staat zu arbeiten haben; LaurenzMeyer hat schon in der gestrigen Debatte darauf hinge-wiesen. Ich prophezeie Ihnen: Sie sind noch zwei oderdrei Jahre an der Regierung. Bis dahin wird es so sein,dass der deutsche Lohnempfänger bis einschließlich Au-gust für den Staat arbeitet, bevor er sein Einkommen sel-ber behalten kann.Fischer und Schröder sind auf dem Weg zur Staats-wirtschaft. Das muss man doch feststellen. Ein grünerAußenminister ruiniert in nur vier Jahren die guten Be-ziehungen zu den europäischen Partnern – was ist denngestern alles los gewesen? –, von den USA ganz zuschweigen.Liebe Freunde, die Amerikaner sind total irritiert. Dasdeutsch-amerikanische Verhältnis hat Auswirkungenauf unseren Wirtschaftskreislauf und unsere Wirtschafts-und Steuerbilanz. Das veränderte Kaufverhalten der Ame-rikaner werden wir in einem Jahr spüren.Jetzt schlagen auch die verfehlten Beschlüsse zurSteuerreform aus dem Jahre 2000 durch, die damals auchvon vielen Medien hoch gelobt wurde. Natürlich schlägtauch die Verschiebung der Steuerentlastung für Mittelstandund Gewerbe, die eigentlich ab diesem Jahr gelten sollte,auf die Stimmung durch. Was sind das für Botschaften fürJungunternehmer, für Mittelständler, die trotz diesesDurcheinanders noch bereit sind, mit eigenem Risiko-kapital zu investieren? Das ist nicht mehr zu verzeihen.
Wer von Freiheit redet und sie will, muss Verschieden-heit akzeptieren. Diesen Grundsatz haben Sie, die Sie nunim fünften Jahr an der Regierung sind, in keinem IhrerAnsätze beherzigt.
Keiner zahlt gerne Steuern. Aber die Bereitschaft, dieszu tun, muss man natürlich fördern, indem man den Steuer-zahlern draußen das Gefühl gibt, dass hier keine Blut-saugermentalität herrscht. Die Steuergesetze sollten als
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Lenkungsinstrumente zur Förderung von Innovation undLeistung eingesetzt werden. Sie ersetzen mit Ihren Geset-zen dieses Leistungsprinzip durch Neid und Staatswirt-schaft. Ein beredtes Zeichen dafür sind die Kontrollmit-teilungen, die in Zukunft alle Banken an das Bundesamtfür Finanzen zu geben haben. Was bedeutet das für dasBankgeheimnis?Was bedeutet es, dass der Staat nieman-dem mehr traut? Wer dies so will und misstraut, dem istnicht zu trauen.
Recht muss auch in Zukunft auf Vertrauen aufbauen.Ich stelle fest: Lafontaine ante portas. Die Vorstellung,dassBeschlüsse rückwirkend gelten – das wird in IhremSteuererhöhungsgesetz andiskutiert –, ist angesichts derAuswirkung und mit Blick auf die Vertrauensbildung un-erträglich. So etwas ist unanständig! Welche Termine sol-len denn gelten? Vielleicht November 2002 oder doch erstJanuar 2003? Diese Beschlüsse werden Sie mit rot-grünerMehrheit im Bundestag wahrscheinlich durchsetzen.Aber warten wir einmal ab, was Sie am Mittwoch oderDonnerstag nächster Woche verkünden müssen.Was bedeutet das denn für Umwandlungen, für Mantel-käufe oder für Verlustverrechnungen? Was bedeutet das fürdie Wertzuwachssteuer? Dieses Chaos ist einer der Gründe,warum der Wirtschaftsstandort Deutschland, von dem Sieso gerne reden, solche Probleme hat. Sie sagen immer,diese Probleme seien weltwirtschaftlich bedingt. Nein, siesind hausgemacht. Die haben Sie zu verantworten.
Bei der Steuergesetzgebung blickt niemand mehrdurch. Ihre Reformen aus dem Jahr 2000 haben nichtgewirkt. Jeder redet von Entflechtung und von Entbüro-kratisierung. Ich will daran erinnern: Die Bibel – gemeintsind die Zehn Gebote – wurde auf zwei Schiefertafeln nie-dergeschrieben. Die amerikanische Unabhängigkeits-erklärung bringt es auf eine Seite. Das Grundgesetz be-inhaltet die Grundrechte in 19 Artikeln und bestehtinsgesamt aus 146 Artikeln. Was Sie in nur fünf JahrenRot-Grün an zusätzlichen Belastungen gerade für denMittelstand auf den Weg gebracht haben, das schlägt demFass den Boden aus.
Herr Kollege Schindler, gestatten Sie eine Zwi-
schenfrage des Abgeordneten Pronold?
Ja, gerne.
Ich will mein theologisches Wissen auffrischen, des-
halb meine Frage: Ist die Bibel wirklich auf zwei Schie-
fertafeln geschrieben worden? Das ist mir neu.
Ich streite mich gerne mit Ihnen darüber, was in Sinaipassiert ist. Aber bitte beachten Sie: Im achten Gebot steht,du sollst kein falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.
Erklären Sie, gerade in der aktuellen Diskussion, denLeuten draußen einmal die Logik Ihrer Vorschläge zurSteuergesetzgebung! Wieso muss man für das Futter derKuh Elsa in der Westpfalz in Zukunft 16 Prozent Um-satzsteuer zahlen, für das Futter für den Kampfhund umdie Ecke dagegen weiterhin nur 7 Prozent, welches be-günstigt ist? Erklären Sie den Leuten draußen einmal dieLogik, warum in Zukunft erst der Nachwuchs da seinmuss, bevor der Staat den Bau des Eigenheims fördert?Das ist ideologische Vorgabe. Sie wollen keine Eigen-tumsbildung in diesem Staat.
Erklären Sie der Werbeindustrie oder den normalenMittelständlern, die ständig unterwegs sein müssen, umBeziehungen zu Kunden zu pflegen und aufrecht zu er-halten, doch einmal Ihre Vorstellung zu der Abzugsfähig-keit bei Werbegeschenken.Wer solche Vorschläge macht,der hat von Marktwirtschaft keine Ahnung. Sie akzeptie-ren bis zu fünfstellige Kosten für Anzeigen, persönlicheKundenpflege wird dagegen – das ist wohl Neid – als per-sönliche Begünstigung angesehen. Ihr wird durch IhreVorschläge die Grundlage genommen.Oder erklären Sie Ihr Vorhaben, die Dienstwagen-besteuerung um 50 Prozent zu erhöhen. Sie treffen damitweite Kreise der Bevölkerung und nicht nur die Manager.
– Wahrscheinlich arbeiten Sie gar nicht oder wissen nicht,wovon ich rede, weil Sie in dieser Situation noch so herz-lich lachen können. Gehen Sie nur einmal nach draußen.Erinnern Sie sich an 1997. Ich kenne die Diskussion.Unsere Vorstellungen wurden damals mit roter Bundes-ratsmehrheit gekippt und es musste ein Kompromiss ge-sucht werden. Damals wurde die Regelung mit der Be-steuerung in Höhe von 1 Prozent getroffen, weil wir einenFehlbetrag von 700Millionen Mark hatten. Dieses Wissenhabe ich aus der Arbeit im Parlament. Ein Jahr später hat-ten wir wegen Ihrer Gesetze 2,5 Milliarden Mark wenigerSteuereinnahmen zu verzeichnen. Das ist der falsche Weg,den wir in Deutschland nicht weitergehen dürfen.
Aus den verschiedensten Artikeln über die Diskussionder Besteuerung von Kunst können wir herauslesen,dass diese nur mit Neid und nichts mit Standortförderungin Deutschland zu tun hat. Die Situation, in der wir uns be-finden, ist nicht nur Besorgnis erregend, sondern mittler-weile mit Furcht zu beobachten.Es gibt ein Einwandern aller sozial Armen – egal, auswelcher Ecke dieser Erde sie kommen – in die Systeme un-serer Republik. Daneben gibt es einen Auszug von Kapitalund Wissenschaft sowie eine Flucht der besten Intelligenzenund des besten Kapitals, nämlich unserer ausgebildeten,Norbert Schindler
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Norbert Schindlerjungen und führenden Leute, die sich lieber in Amerika undsonst wo niederlassen als in unserem deutschen Vaterland.
Liebe Freunde, meine Damen und Herren – auch vonden Koalitionsfraktionen –, Sie dürfen einer solchen Ent-wicklung nicht tatenlos zusehen. Wenn kein Geld mehr daist, nützt auch die beste Idee für eine Bildungsreformnichts, weil man sie nicht finanzieren kann. Das hat auchdie Debatte über die Situation der Kommunen von vorzwei Tagen gezeigt.Aufgrund der Steuerbeschlüsse des Jahres 2000 habenSie es zu verantworten, dass Deutschlands Städte undLandkreise bankrott sind. Das war Ihre politische Vorgabe.
Kommen Sie nicht mit einer billigen Vorrechnung, nachder es in Hessen so und in Bayern anders aussieht. Sie ha-ben es damals ideologisch gewollt. Der Eigentümer sollsich nach Ihren ideologischen Vorgaben steuerlich vonseinem Unternehmen trennen.Um zum Schluss zu kommen: Am Sonntag besteht dieerste Möglichkeit zur Abrechnung. Deutschlands Bürgerin-nen und Bürger und vor allem die Wählerinnen und Wählersind vernünftig genug, Ihnen nicht nur einen Denkzettel zugeben, sondern auch uns zu bestätigen, dass Deutschland fürwirklich tief greifende Reformen wieder reif ist und dass Siemit Ihrem ideologischen Ballast in die Ecke gestellt werden.Danke schön.
Ich schließe die Aussprache.Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-empfehlung des Finanzauschusses zu dem Antrag derFraktion der FDP mit dem Titel „Keine Erhöhung derMehrwertsteuer“. Dazu liegt dem Präsidium eine persön-liche Erklärung des Abgeordneten Dr. Göhner schriftlichvor. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksa-che 15/123 abzulehnen. Die Fraktion der FDP verlangtnamentliche Abstimmung.Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, dievorgesehenen Plätze einzunehmen. Sind die Plätze an denUrnen besetzt? – Das ist der Fall. Ich eröffne die Abstim-mung.Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seineStimme noch nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall.Ich schließe die Abstimmung.Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mitder Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstim-mung wird Ihnen später bekannt gegeben. Wir fahrengleich mit Abstimmungen fort.1 Deshalb bitte ich Sie, sichnach Fraktionen zu ordnen.Wir stimmen nun über die Beschlussempfehlung desFinanzausschusses zu dem Antrag der Fraktion der FDPmit dem Titel „Weniger Staat – weniger Steuern“ ab. DerAusschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 15/122abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh-lung ist mit den Stimmen der Koalition gegen die Stim-men der CDU/CSU und der FDP angenommen.Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag derFraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen aufDrucksache 15/387 mit dem Titel „Eine Mehrwertsteuer-erhöhung ist abzulehnen“. Die Fraktionen von SPD undBündnis 90/Die Grünen verlangen zu den einzelnen Num-mern ihres Antrags getrennte Abstimmung und zu Num-mer 4 namentliche Abstimmung. Wir stimmen zunächstüber die Nummern 1 bis 3 des Antrags ab. Wer stimmtdafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Num-mern 1 bis 3 sind mit den Stimmen der Koalition gegen dieStimmen der CDU/CSU und der FDP angenommen.Wir kommen zu Nummer 4 des Antrags, über den wirnamentlich abstimmen. Ich bitte die Schriftführerinnenund Schriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen.Sind die Plätze an den Urnen besetzt? – Das ist der Fall.Ich eröffne die Abstimmung.Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seineStimme noch nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall.Ich schließe die Abstimmung.Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mitder Auszählung zu beginnen.2 Das Ergebnis der Abstim-mung wird Ihnen später bekannt gegeben.Wir setzen die Beratungen fort.
– Ich bitte alle Kolleginnen und Kollegen, Platz zu neh-men, weil wir in die Beratung über den nächsten Tages-ordnungspunkt eintreten wollen. Das wäre auch dernächsten Rednerin gegenüber fair.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionender SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-NEN eingebrachten Entwurfs eines Ersten Geset-
– Drucksache 15/297 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses
– Drucksache 15/375 –Berichterstattung:Abgeordnete Bettina HagedornWilli ZylajewJutta Dümpe-KrügerIna Lenke
18062 Ergebnis Seite 1811 D1 Ergebnis Seite 1809 C
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Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für dieAussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre kei-nen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Parlamen-tarische Staatssekretärin Christel Riemann-Hanewinckel.
– Frau Kollegin, warten Sie bitte noch einen kleinen Mo-ment. Ich bitte herzlich darum, der Rednerin zuzuhören oderdie Gespräche außerhalb des Plenarsaales fortzusetzen.Bitte, Frau Staatssekretärin.Christel Riemann-Hanewinckel, Parl. Staatssekretä-rin bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauenund Jugend:Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnenund Kollegen! Diejenigen, die noch stehen, können gernePlatz nehmen und die Debatte über diesen wichtigen Ta-gesordnungspunkt verfolgen.Dank des Einsatzes von Zivildienstleistenden und dankdes Einsatzes der vielen qualifiziertenMitarbeiterinnen undMitarbeitern in den Beschäftigungsstellen und nicht zuletztdank derer, die im Bundesamt für den Zivildienst arbeiten,hat sich der Zivildienst in den vergangenen Jahren hervor-ragend entwickelt. Es gibt heute 190000 Zivildienstplätze,auf denen anerkannte Zivildienstverweigerer aus Gewis-sensgründen ihren Zivildienst leisten können. Damit ist dasSpektrum für den Einsatz der Kriegsdienstverweigerer sehrbreit.Die jungenMännerkönnensicheinenPlatz aussuchen,der ihren Interessen, ihren Neigungen und ihrer Motivationentspricht. Während des Zivildienstes sammeln die jungenMänner wertvolle Erfahrungen, die ihre Persönlichkeit prä-gen und die für ihr späteres Leben oft sehr wichtig sind.Die Zivildienstleistenden entlasten aber auch das starkbeanspruchte hauptamtliche Personal in den verschie-densten stationären Einrichtungen, von Kinderklinikenüber Krankenhäuser, in Pflegeheimen, aber auch im am-bulanten Bereich, zum Beispiel in den Sozialstationen,genauso wie in den Kommunen und bei den Umweltver-bänden bis hin zu Hospizen, in denen Sterbebegleitungvorbildlich geleistet wird.Natürlich sind die jungen Männer – das wissen wir alle –sehr gern in der Behindertenarbeit gesehen, besonders inder individuellen Schwerstbehindertenbetreuung. Zivil-dienstleistende sind für die Integration von Menschen mitBehinderungen in unserer Gesellschaft wichtig. Diesstelle ich im Europäischen Jahr der Menschen mit Behin-derungen ganz bewusst heraus.
Ihre Wichtigkeit wird insbesondere dann deutlich,wenn man sich einmal die Fülle der Hilfen für die Behin-derten, zu denen Zivildienstleistende durch ihre Arbeit ei-nen oft wesentlichen Beitrag leisten, vor Augen führt: Zi-vildienstleistende unterstützen Menschen im Haushalt, inder Freizeit, im Sport und in Kindertagesstätten, in allenallgemein bildenden Schulen für Behinderte sowie beimStudium und bei der Aus- und Fortbildung, in der Reha-bilitation und auch bei der Aufnahme und Ausübung einerberuflichen Tätigkeit.Integration ist hierbei nicht nur einseitig zu verstehen.Zivildienstleistende erleben und erfahren Menschen mitEinschränkungen als Teil einer solidarischen Gesellschaftund als Menschen, von denen auch sie selbst etwas lernenkönnen und lernen. Mancher Zivildienstleistende hat sichaufgrund seiner Erfahrung für eine entsprechende Studi-enrichtung entschieden bzw. wurde die Berufswahl man-ches Zivildienstleistenden durch die Erfahrung währendseines Dienstes geprägt.Diese überaus positive Einschätzung war und ist An-lass für die Bundesregierung und die Koalitionsfraktio-nen, alles zu tun, um die zur Haushaltskonsolidierungzwingend notwendigen und unverzichtbaren Sparmaß-nahmen so umzusetzen, dass die Auswirkungen auf dieBetreuung von hilfsbedürftigen Menschen so gering wiemöglich bleiben. Bei der Erhöhung der Kostenbeteili-gung, um die es bei dem vorliegenden Gesetzentwurfgeht, war und ist es der Bundesregierung und den Frak-tionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen wich-tig, dass die betroffenen Dienststellen sie mittragen kön-nen und dass sie sozialverträglich sind.Sozialverträglich ist aber nicht, die Zahl der Einzube-rufenden zu senken. Dies wäre – das sage ich ganz deut-lich – der ungünstigste Weg; denn eine plötzliche Absen-kung der Einberufungszahlen würde dazu führen, dassviele Verbände noch zur Einberufung vorgesehene Zivil-dienstleistende nicht einberufen könnten. Dies hätte meh-rere erhebliche negative Auswirkungen zur Folge. Ei-nige dieser Auswirkungen will ich hier nennen:Die Zahl der Zivildienstleistenden würde weit unter diefür das Zivildienstjahr 2003 vereinbarte Zahl sinken. Inden nächsten Monaten könnten nur noch wenige Zivil-dienstleistende einberufen werden. Das würde sich auf dievon den Zivildienstleistenden übernommenen Aufgabensehr nachteilig auswirken. Es wäre nicht auszuschließen,dass die Pflege und Betreuung vieler Menschen nicht inder notwendigen Kontinuität fortgeführt werden können.
– Nein, das wird nicht passieren, Frau Lenke. Hören Siegut zu und behaupten Sie nicht immer das Gegenteil! Dasstimmt einfach nicht.
Wenn wir nicht so handelten, wie wir es vorgesehen ha-ben – ich fahre in meiner Aufzählung fort –, dann würdevor allem die Lebensplanung vieler Zivildienstleistendererheblich durcheinander geraten, da sie auf ihren Zivil-dienst länger warten müssten. Für viele Zivildienstleis-tende, die aufgrund der bisherigen Kontingentierung eineZivildienststelle gefunden haben, würde sich der Dienst-antritt verschieben. Durch die Verlängerung der Zeit desWartens auf einen Zivildienstplatz bestünde auch die Ge-fahr, dass die Familien von Zivildienstpflichtigen mit zu-sätzlichen Unterhaltskosten belastet würden.Für uns ist entscheidend, dass es nicht zu diesem er-heblichen und mitunter folgenschweren Eingriff in dieLebensplanung junger Männer kommt.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
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P
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Mit dergefundenen Regelung können wir das verhindern. Ich be-tone nochmals: Planungssicherheit für die jungen Män-ner, die ihre Einberufung schon haben, Planungssicherheitauch für die Dienststellen, Kontinuität in der Betreuung.Das sind die drei wichtigsten Ziele, die wir mit der Ver-abschiedung dieses Gesetzentwurfs erreichen wollen.
Sie können sich diesen Argumenten nicht verschließen.Wir sind uns mit den Verbänden der Freien Wohlfahrts-pflege, der Deutschen Krankenhausgesellschaft, den Um-weltverbänden und allen, die den Zivildienst vor Ortdurchführen, einig. Auch die beiden Kirchen haben genaudas angemahnt, nämlich dass Klarheit für die Lebenspla-nung der Zivildienstleistenden bestehen muss und sie sichauf das verlassen können müssen, was für das Jahr 2003geplant ist.
Alle, die unsere Gesetzesinitiative ablehnen, müssenwissen, dass sie damit eine Politik gegen die Interessender Zivildienstpflichtigen und deren Familien und aucheine Politik gegen die Dienststellen machen, also eine Po-litik gegen die betroffenen Menschen.
– Es reicht noch nicht, ich habe noch Redezeit, FrauLenke. – Sie müssten wissen, dass viele Betreuungsver-hältnisse im Sommer sonst nicht verlängert werden kön-nen und dass das stark beanspruchte hauptamtliche Per-sonal dann noch mehr Lasten tragen müsste. Das gilt, wieich schon ausgeführt habe, insbesondere für den Behin-dertenbereich.
Meine Damen und Herren von der Opposition, das kannniemand von Ihnen, weder auf Bundes- noch auf Länder-ebene, verantworten. Darum werbe ich nochmals nach-drücklich um Zustimmung zur Gesetzesinitiative der Ko-alitionsfraktionen.Wir haben in Absprache mit den Wohlfahrtsverbändenund der Deutschen Krankenhausgesellschaft einen Weggefunden, der die Lebensplanung der jungen Männernicht beeinflusst. Bisher zahlt der Bund den Beschäfti-gungsstellen den Mobilitätszuschlag in voller Höhe; inBezug auf die übrigen Geldbezüge erstattet der Bund denentstehenden Aufwand zu 70 Prozent. Die Neuregelungsieht für einen bestimmten Zeitraum vor: Der Mobilitäts-zuschlag bleibt bei 100 Prozent, die Erstattungspauschalefür die übrigen Aufwendungen wird für den Zeitraum vonMärz 2003 bis zum 31. Dezember 2003 um 20 Prozent auf50 Prozent gesenkt. Das bedeutet für die Dienststellen– das ist richtig – eine Mehrbelastung von 66 Euro proZivildienstleistenden pro Monat. Wir erreichen damit,dass die eingegangenen Verpflichtungen in Form von Ein-berufungen bzw. verteilten Kontingenten im laufendenZivildienstjahr 2003 erfüllt werden können. Ich stellenoch einmal fest: Diese Situation ist mit den den Zivil-dienst tragenden Verbänden erörtert und geklärt worden.
– Nein, auch geklärt. Sie haben sich angesichts der Alter-nativen für die im vorliegenden Gesetzentwurf vorgese-hene Regelung ausgesprochen.
Meine Damen und Herren von den die frühere Bun-desregierung tragenden Koalitionsfraktionen, ich findedas gar nicht zum Lachen. Vielleicht schaffen Sie es, sichüber einen Zeitraum von zehn Jahren zu erinnern: 1993haben Sie genau diesen Weg beschritten. Sie haben da-mals die Erstattungspauschale an die Dienststellen um30 Prozent gekürzt.
All Ihre Behauptungen bezüglich dessen, was passierenkönnte, sind bei diesem Thema bestenfalls Ihrer Opposi-tionsrolle geschuldet. Aber Sie machen keinen besserenVorschlag. Wir können feststellen: Das hat damals und inden vergangenen Jahren
weder zu einer Einschränkung der Arbeit der Zivil-dienstleistenden im Betreuungsbereich noch zu einemAbbau von Zivildienststellen geführt. Auch nach derjetzt beabsichtigten Erhöhung des Anteils, den die Zivil-dienststellen für die Kosten der Zivildienstleistenden zutragen haben, können wir davon ausgehen, dass dieDienststellen die Zahl ihrer Zivildienstplätze nicht redu-zieren werden.
Der moderate Umfang, die zeitliche Befristung auf zehnMonate und die vorherige Abstimmung mit Vertretern derden Zivildienst tragenden Verbände und anderer Organi-sationen lassen eine solche Entwicklung nicht erwarten.
Sie können sicher sein: Wir werden in Zukunft in en-ger Zusammenarbeit mit den Wohlfahrtsverbänden undallen anderen im Zivildienst engagierten Organisationenalles in unseren Kräften Stehende tun, um die Betreuungder Menschen im sozialen Bereich sicherzustellen undnach Möglichkeit in Zukunft wieder zu verbessern. Obers-tes Ziel für die Durchführung des Zivildienstes muss Pla-nungssicherheit sein. Entsprechend wird sich die Ministe-rin
noch in diesem Frühjahr erneut mit dem Präsidenten derDeutschen Krankenhausgesellschaft sowie den Vertreternder Freien Wohlfahrtspflege, der kommunalen Spitzen-verbände und der Umweltverbände treffen, um Verabre-dungen für die Folgejahre zu vereinbaren.Ich appelliere noch einmal an Sie, den vorliegendenGesetzentwurf zu unterstützen. Bisher war der Zivildienstnicht Gegenstand von parteipolitischen Ränkespielen. Ichwünsche mir sehr, dass das auch in Zukunft so bleibt.Vielen Dank.
1808
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Ich komme zurück zu Tagesordnungspunkt 10 aund gebe das von den Schriftführerinnen und Schrift-führern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstim-mung über die Beschlussempfehlung des Finanzaus-schusses zu dem Antrag der Fraktion der FDP mit demTitel „Keine Erhöhung der Mehrwertsteuer“ bekannt.Abgegebene Stimmen 528. Mit Ja haben gestimmt 288,mit Nein haben gestimmt 239, Enthaltungen 1. Die Be-schlussempfehlung ist damit angenommen.Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 526;davonja: 287nein: 238enthalten: 1JaSPDDr. Lale AkgünGerd AndresIngrid Arndt-BrauerRainer ArnoldHermann BachmaierErnst Bahr
Doris BarnettDr. Hans-Peter BartelsEckhardt Barthel
Klaus Barthel
Sören BartolSabine BätzingUwe BeckmeyerKlaus Uwe BenneterDr. Axel BergUte BergHans-Werner BertlPetra BierwirthRudolf BindigLothar Binding
Kurt BodewigGerd Friedrich BollmannKlaus BrandnerWilli BraseBernhard Brinkmann
Hans-Günter BruckmannMarco BülowUlla BurchardtDr. Michael BürschHans Martin BuryHans Büttner
Marion Caspers-MerkDr. Peter DanckertDr. Herta Däubler-GmelinKarl DillerMartin DörmannPeter DreßenDetlef DzembritzkiSebastian EdathySiegmund EhrmannHans EichelMarga ElserGernot ErlerPetra ErnstbergerKarin Evers-MeyerAnnette FaßeElke FernerGabriele FograscherRainer FornahlGabriele FrechenDagmar FreitagLilo Friedrich
Iris GleickeGünter GloserUwe GöllnerRenate GradistanacAngelika Graf
Dieter GrasedieckMonika GriefahnKerstin GrieseGabriele GronebergAchim GroßmannWolfgang GrotthausKarl Hermann Haack
Hans-Joachim HackerBettina HagedornKlaus HagemannAlfred HartenbachMichael Hartmann
Anke HartnagelNina HauerHubertus HeilReinhold HemkerRolf HempelmannDr. Barbara HendricksGustav HerzogPetra HeßMonika HeubaumGabriele Hiller-OhmStephan HilsbergJelena Hoffmann
Walter Hoffmann
Iris Hoffmann
Frank Hofmann
Eike HovermannKlaas HübnerChristel HummeLothar IbrüggerBrunhilde IrberJann-Peter JanssenKlaus Werner JonasJohannes KahrsUlrich KasparickDr. h. c. Susanne KastnerUlrich KelberHans-Peter KemperKlaus KirschnerHans-Ulrich KloseAstrid KlugWalter KolbowFritz Rudolf KörperKarin KortmannRolf KramerAnette KrammeErnst KranzNicolette KresslVolker KröningDr. Hans-Ulrich KrügerAngelika Krüger-LeißnerHorst KubatschkaErnst KüchlerHelga Kühn-MengelUte KumpfDr. Uwe KüsterChristian Lange
Christine LehderWaltraud LehnDr. Elke LeonhardEckhart LeweringGötz-Peter Lohmann
Gabriele Lösekrug-MöllerErika LotzDr. Christine LucygaDirk ManzewskiTobias MarholdLothar MarkCaren MarksChristoph MatschieHilde MattheisMarkus MeckelUlrike MehlPetra-Evelyne MerkelUlrike MertenAngelika MertensUrsula MoggChristian Müller
Gesine MulthauptFranz MünteferingDr. Rolf MützenichVolker Neumann
Dietmar NietanDr. Erika OberHolger OrtelHeinz PaulaJohannes PflugJoachim PoßDr. Wilhelm PriesmeierFlorian PronoldDr. Sascha RaabeKarin Rehbock-ZureichGerold ReichenbachDr. Carola ReimannChristel Riemann-HanewinckelRené RöspelDr. Ernst Dieter RossmannKarin Roth
Michael Roth
Gerhard RübenkönigOrtwin RundeThomas SauerAnton SchaafAxel Schäfer
Gudrun Schaich-WalchRudolf ScharpingBernd ScheelenSiegfried SchefflerHorst SchildHorst Schmidbauer
Ulla Schmidt
Silvia Schmidt
Dagmar Schmidt
Wilhelm Schmidt
Heinz Schmitt
Carsten SchneiderWalter SchölerOlaf ScholzKarsten SchönfeldFritz SchösserWilfried SchreckOttmar SchreinerBrigitte Schulte
Reinhard Schultz
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Dr. Maria FlachsbarthKlaus-Peter FlosbachHerbert FrankenhauserDr. Hans-Peter Friedrich
Erich G. FritzJochen-Konrad FrommeDr. Michael FuchsHans-Joachim FuchtelDr. Jürgen GehbNorbert GeisRoland GewaltEberhard GiengerGeorg GirischMichael GlosRalf GöbelTanja GönnerPeter GötzDr. Wolfgang GötzerKurt-Dieter GrillReinhard GrindelHermann GröheMichael Grosse-BrömerMarkus GrübelManfred GrundKarl-Theodor Freiherr vonund zu GuttenbergOlav GuttingHolger HaibachGerda HasselfeldtKlaus-Jürgen HedrichHelmut HeiderichUrsula HeinenSiegfried HeliasUda Carmen Freia HellerMichael HennrichJürgen HerrmannBernd HeynemannErnst HinskenPeter HintzeKlaus HofbauerMartin HohmannJoachim HörsterHubert HüppeSusanne JaffkeDr. Peter JahrDr. Egon JüttnerBartholomäus KalbBernhard KasterGerlinde KaupaEckart von KlaedenJürgen KlimkeJulia KlöcknerKristina Köhler
Manfred KolbeNorbert KönigshofenHartmut KoschykThomas KossendeyRudolf KrausMichael KretschmerGünther KrichbaumDr. Günter KringsDr. Martina KrogmannDr. Hermann KuesWerner Kuhn
Dr. Norbert LammertKarl-Josef LaumannVera LengsfeldWerner LensingPeter LetzgusUrsula LietzWalter Link
Dr. Klaus W. Lippold
Dr. Michael LutherDorothee MantelErwin Marschewski
Stephan Mayer
Conny Mayer
Dr. Martin Mayer
Wolfgang MeckelburgDr. Michael MeisterDr. Angela MerkelDoris Meyer
Maria MichalkKlaus MinkelMarlene MortlerDr. Gerd MüllerHildegard MüllerStefan Müller
Bernward Müller
Bernd Neumann
Henry NitzscheMichaela NollGünter NookeDr. Georg NüßleinFranz ObermeierMelanie OßwaldEduard OswaldRita PawelskiDr. Peter PaziorekUlrich PetzoldDr. Joachim PfeifferSibylle PfeifferDr. Friedbert PflügerBeatrix PhilippRonald PofallaDaniela RaabThomas RachelHans RaidelDr. Peter RamsauerChrista Reichard
Hannelore RoedelFranz RomerHeinrich-Wilhelm RonsöhrDr. Klaus RoseKurt J. RossmanithDr. Christian RuckAlbert Rupprecht
Peter RzepkaAnita Schäfer
Hartmut SchauerteAndreas ScheuerNorbert SchindlerGeorg SchirmbeckAndreas Schmidt
Dr. Ole SchröderBernhard Schulte-DrüggelteUwe SchummerWilhelm Josef SebastianHorst SeehoferKurt SegnerMatthias SehlingMarion SeibHeinz SeiffertThomas SilberhornErika Steinbach
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Ich gebe nun das von den Schriftführerinnen undSchriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Ab-stimmung über Nr. 4 des Antrags der Fraktionen der SPDund des Bündnisses 90/Die Grünen mit dem Titel „EineMehrwertsteuererhöhung ist abzulehnen“ bekannt. Abge-gebene Stimmen 526. Mit Ja haben gestimmt 285, mitNein haben gestimmt 241. Die Nr. 4 des Antrags ist ange-nommen.Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne KastnerChristian Freiherr vonStettenGero StorjohannMatthäus StreblThomas Strobl
Michael StübgenAntje TillmannEdeltraut TöpferArnold VaatzVolkmar Uwe VogelAndrea Astrid VoßhoffGerhard WächterMarco WanderwitzPeter Weiß
Gerald Weiß
Annette Widmann-MauzKlaus-Peter WillschMatthias WissmannWerner WittlichDagmar WöhrlElke WülfingWolfgang ZeitlmannWolfgang ZöllerWilli ZylajewFDPDaniel Bahr
Rainer BrüderleErnst BurgbacherHelga DaubDr. Christian EberlUlrike FlachOtto FrickeHorst Friedrich
Rainer FunkeDr. Wolfgang GerhardtHans-Michael GoldmannJoachim Günther
Dr. Karlheinz GuttmacherDr. Christel Happach-KasanChristoph Hartmann
Klaus HauptUlrich HeinrichBirgit HomburgerDr. Werner HoyerDr. Heinrich L. KolbJürgen KoppelinIna LenkeSabine Leutheusser-SchnarrenbergerMarkus LöningDirk NiebelGünther Friedrich NoltingHans-Joachim Otto
Eberhard Otto
Detlef ParrGisela PiltzDr. Günter RexrodtMarita SehnDr. Hermann Otto SolmsDr. Max StadlerDr. Rainer StinnerCarl-Ludwig ThieleJürgen TürkDr. Guido WesterwelleDr. Claudia WintersteinEnthaltenFraktionslosDr. Gesine LötzschEndgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 525;davonja: 285nein: 240JaSPDDr. Lale AkgünGerd AndresIngrid Arndt-BrauerRainer ArnoldHermann BachmaierErnst Bahr
Doris BarnettDr. Hans-Peter BartelsEckhardt Barthel
Klaus Barthel
Sören BartolSabine BätzingUwe BeckmeyerKlaus Uwe BenneterDr. Axel BergUte BergHans-Werner BertlPetra BierwirthRudolf BindigLothar Binding
Kurt BodewigGerd Friedrich BollmannKlaus BrandnerWilli BraseBernhard Brinkmann
Hans-Günter BruckmannMarco BülowUlla BurchardtDr. Michael BürschHans Martin BuryHans Büttner
Marion Caspers-MerkDr. Peter DanckertDr. Herta Däubler-GmelinKarl DillerMartin DörmannPeter DreßenDetlef DzembritzkiSebastian EdathySiegmund EhrmannHans EichelMarga ElserGernot ErlerPetra ErnstbergerKarin Evers-MeyerAnnette FaßeElke FernerGabriele FograscherRainer FornahlGabriele FrechenDagmar FreitagLilo Friedrich
Iris GleickeGünter GloserUwe GöllnerRenate GradistanacAngelika Graf
Dieter GrasedieckMonika GriefahnKerstin GrieseGabriele GronebergAchim GroßmannWolfgang GrotthausKarl Hermann Haack
Hans-Joachim HackerBettina HagedornKlaus HagemannAlfred HartenbachMichael Hartmann
Anke HartnagelEntschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Ver-sammlungen des Europarates und der WEU, der Parlamentarischen Versammlung der NATO, der OSZE oder der IPUAbgeordnete(r)Deittert, Hubert Eymer , Anke Höfer, Gerd Jäger, Renate Jonas, Klaus WernerCDU/CSU CDU/CSU SPD SPD SPDLeibrecht, Harald Lintner, Eduard Rauber, Helmut Riester, Walter Rupprecht , MarleneFDP CDU/CSU CDU/CSU SPD SPDDr. Scheer, Hermann Siebert, Bernd Steenblock, Rainder Tritz, Marianne Wegener, HediSPD CDU/CSU BÜNDNIS 90/ BÜNDNIS 90/ SPDDIE GRÜNEN DIE GRÜNEN
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Freitag, den 31. Januar 20031812
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Nina HauerHubertus HeilReinhold HemkerRolf HempelmannGustav HerzogPetra HeßMonika HeubaumGabriele Hiller-OhmJelena Hoffmann
Walter Hoffmann
Iris Hoffmann
Frank Hofmann
Eike HovermannKlaas HübnerChristel HummeLothar IbrüggerBrunhilde IrberJann-Peter JanssenKlaus Werner JonasJohannes KahrsUlrich KasparickDr. h. c. Susanne KastnerUlrich KelberHans-Peter KemperKlaus KirschnerHans-Ulrich KloseAstrid KlugWalter KolbowFritz Rudolf KörperKarin KortmannRolf KramerAnette KrammeErnst KranzNicolette KresslVolker KröningDr. Hans-Ulrich KrügerAngelika Krüger-LeißnerHorst KubatschkaErnst KüchlerHelga Kühn-MengelUte KumpfDr. Uwe KüsterChristian Lange
Christine LehderWaltraud LehnDr. Elke LeonhardEckhart LeweringGötz-Peter Lohmann
Gabriele Lösekrug-MöllerErika LotzDr. Christine LucygaDirk ManzewskiTobias MarholdLothar MarkCaren MarksChristoph MatschieHilde MattheisMarkus MeckelUlrike MehlPetra-Evelyne MerkelUlrike MertenAngelika MertensUrsula MoggChristian Müller
Gesine MulthauptFranz MünteferingDr. Rolf MützenichVolker Neumann
Dietmar NietanDr. Erika OberHolger OrtelHeinz PaulaJohannes PflugJoachim PoßDr. Wilhelm PriesmeierFlorian PronoldDr. Sascha RaabeKarin Rehbock-ZureichGerold ReichenbachDr. Carola ReimannChristel Riemann-HanewinckelRené RöspelDr. Ernst Dieter RossmannKarin Roth
Michael Roth
Gerhard RübenkönigOrtwin RundeThomas SauerAnton SchaafAxel Schäfer
Gudrun Schaich-WalchRudolf ScharpingBernd ScheelenSiegfried SchefflerHorst SchildHorst Schmidbauer
Ulla Schmidt
Silvia Schmidt
Dagmar Schmidt
Wilhelm Schmidt
Heinz Schmitt
Carsten SchneiderWalter SchölerOlaf ScholzKarsten SchönfeldFritz SchösserWilfried SchreckOttmar SchreinerBrigitte Schulte
Reinhard Schultz
Swen Schulz
Dr. Angelica Schwall-DürenRolf SchwanitzDr. Sigrid Skarpelis-SperkDr. Cornelie Sonntag-WolgastWolfgang SpanierDr. Margrit SpielmannJörg-Otto SpillerDr. Ditmar StaffeltLudwig StieglerRolf StöckelChristoph SträsserRita Streb-HesseDr. Peter StruckJoachim StünkerJörg TaussDr. Gerald ThalheimWolfgang ThierseFranz ThönnesHans-Jürgen UhlRüdiger VeitSimone ViolkaJörg VogelsängerUte Vogt
Dr. Marlies VolkmerHans Georg WagnerAndreas WeigelPetra WeisReinhard Weis
Matthias WeisheitGunter WeißgerberGert Weisskirchen
Dr. Ernst Ulrich vonWeizsäckerJochen WeltDr. Rainer WendLydia WestrichInge Wettig-DanielmeierDr. Margrit WetzelJürgen Wieczorek
Heidemarie Wieczorek-ZeulDr. Dieter WiefelspützBrigitte Wimmer
Engelbert WistubaBarbara WittigDr. Wolfgang WodargVerena WohllebenWaltraud Wolff
Heidi WrightUta ZapfManfred Helmut ZöllmerDr. Christoph ZöpelBÜNDNIS 90/DIE GRÜNENKerstin AndreaeMarieluise Beck
Volker Beck
Cornelia BehmBirgitt BenderMatthias BerningerGrietje BettinAlexander BondeEkin DeligözDr. Thea DückertJutta Dümpe-KrügerFranziska Eichstädt-BohligDr. Uschi EidHans-Josef FellJoseph Fischer
Katrin DagmarGöring-EckardtAnja HajdukWinfried HermannAntje HermenauPeter HettlichUlrike HöfkenThilo HoppeMichaele HustedtFritz KuhnRenate KünastMarkus KurthUndine Kurth
Dr. Reinhard LoskeAnna LührmannJerzy MontagWinfried NachtweiChrista NickelsFriedrich OstendorffSimone ProbstClaudia Roth
Krista SagerChristine ScheelIrmingard Schewe-GerigkRezzo SchlauchAlbert Schmidt
Werner Schulz
Petra SelgUrsula SowaSilke Stokar von NeufornHans-Christian StröbeleJürgen TrittinHubert UlrichDr. Antje Vogel-SperlDr. Antje VollmerDr. Ludger VolmerJosef Philip WinklerMargareta Wolf
FraktionslosDr. Gesine LötzschPetra PauNeinCDU/CSUUlrich AdamIlse AignerPeter AltmaierDietrich AustermannNorbert BarthleDr. Wolf BauerGünter BaumannErnst-Reinhard Beck
Veronika BellmannDr. Christoph BergnerOtto BernhardtDr. Rolf BietmannPeter BleserAntje BlumenthalJochen BorchertWolfgang Börnsen
Wolfgang BosbachDr. Wolfgang BötschKlaus BrähmigDr. Ralf BrauksiepeHelge BraunPaul BreuerMonika BrüningVerena ButalikakisHartmut Büttner
Cajus CaesarPeter H. Carstensen
Leo DautzenbergAlbert DeßAlexander DobrindtVera DominkeThomas DörflingerMarie-Luise DöttMaria EichhornRainer EppelmannGeorg FahrenschonIlse FalkDr. Hans Georg FaustEnak FerlemannIngrid FischbachHartwig Fischer
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Freitag, den 31. Januar 2003 1813
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner
Dr. Maria FlachsbarthKlaus-Peter FlosbachHerbert FrankenhauserDr. Hans-Peter Friedrich
Erich G. FritzJochen-Konrad FrommeDr. Michael FuchsHans-Joachim FuchtelDr. Jürgen GehbNorbert GeisRoland GewaltEberhard GiengerGeorg GirischMichael GlosRalf GöbelDr. Reinhard GöhnerTanja GönnerPeter GötzDr. Wolfgang GötzerKurt-Dieter GrillReinhard GrindelHermann GröheMichael Grosse-BrömerMarkus GrübelManfred GrundKarl-Theodor Freiherr vonund zu GuttenbergOlav GuttingHolger HaibachGerda HasselfeldtKlaus-Jürgen HedrichHelmut HeiderichUrsula HeinenSiegfried HeliasUda Carmen Freia HellerMichael HennrichJürgen HerrmannBernd HeynemannErnst HinskenPeter HintzeKlaus HofbauerMartin HohmannJoachim HörsterHubert HüppeSusanne JaffkeDr. Peter JahrDr. Egon JüttnerBartholomäus KalbBernhard KasterGerlinde KaupaEckart von KlaedenJürgen KlimkeJulia KlöcknerKristina Köhler
Manfred KolbeNorbert KönigshofenHartmut KoschykThomas KossendeyRudolf KrausMichael KretschmerGünther KrichbaumDr. Günter KringsDr. Martina KrogmannDr. Hermann KuesWerner Kuhn
Dr. Norbert LammertKarl-Josef LaumannVera LengsfeldWerner LensingPeter LetzgusUrsula LietzWalter Link
Dr. Klaus W. Lippold
Dr. Michael LutherDorothee MantelErwin Marschewski
Stephan Mayer
Conny Mayer
Dr. Martin Mayer
Wolfgang MeckelburgDr. Michael MeisterDr. Angela MerkelDoris Meyer
Maria MichalkKlaus MinkelMarlene MortlerDr. Gerd MüllerHildegard MüllerStefan Müller
Bernward Müller
Bernd Neumann
Henry NitzscheMichaela NollGünter NookeDr. Georg NüßleinFranz ObermeierMelanie OßwaldEduard OswaldRita PawelskiDr. Peter PaziorekUlrich PetzoldDr. Joachim PfeifferSibylle PfeifferDr. Friedbert PflügerBeatrix PhilippRonald PofallaDaniela RaabThomas RachelHans RaidelDr. Peter RamsauerChrista Reichard
Dr. Heinz RiesenhuberHannelore RoedelFranz RomerHeinrich-Wilhelm RonsöhrDr. Klaus RoseKurt J. RossmanithDr. Christian RuckAlbert Rupprecht
Peter RzepkaAnita Schäfer
Hartmut SchauerteAndreas ScheuerNorbert SchindlerGeorg SchirmbeckAndreas Schmidt
Dr. Ole SchröderBernhard Schulte-DrüggelteUwe SchummerWilhelm Josef SebastianHorst SeehoferKurt SegnerMatthias SehlingMarion SeibHeinz SeiffertThomas SilberhornErika SteinbachChristian Freiherr vonStettenGero StorjohannMatthäus StreblThomas Strobl
Michael StübgenAntje TillmannEdeltraut TöpferArnold VaatzVolkmar Uwe VogelAndrea Astrid VoßhoffGerhard WächterMarco WanderwitzPeter Weiß
Gerald Weiß
Annette Widmann-MauzKlaus-Peter WillschMatthias WissmannWerner WittlichDagmar WöhrlElke WülfingWolfgang ZeitlmannWolfgang ZöllerWilli ZylajewFDPDaniel Bahr
Rainer BrüderleErnst BurgbacherHelga DaubDr. Christian EberlUlrike FlachOtto FrickeHorst Friedrich
Rainer FunkeDr. Wolfgang GerhardtHans-Michael GoldmannJoachim Günther
Dr. Karlheinz GuttmacherDr. Christel Happach-KasanChristoph Hartmann
Klaus HauptUlrich HeinrichBirgit HomburgerDr. Werner HoyerDr. Heinrich L. KolbJürgen KoppelinIna LenkeSabine Leutheusser-SchnarrenbergerMarkus LöningDirk NiebelGünther Friedrich NoltingHans-Joachim Otto
Eberhard Otto
Detlef ParrGisela PiltzDr. Günter RexrodtMarita SehnDr. Hermann Otto SolmsDr. Max StadlerDr. Rainer StinnerCarl-Ludwig ThieleJürgen TürkDr. Guido WesterwelleDr. Claudia WintersteinEntschuldigt wegen Übernahme einer Verpflichtung im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in den Parlamentarischen Ver-sammlungen des Europarates und der WEU, der Parlamentarischen Versammlung der NATO, der OSZE oder der IPUAbgeordnete(r)Deittert, Hubert Eymer , Anke Höfer, Gerd Jäger, Renate Jonas, Klaus WernerCDU/CSU CDU/CSU SPD SPD SPDLeibrecht, Harald Lintner, Eduard Rauber, Helmut Riester, Walter Rupprecht , MarleneFDP CDU/CSU CDU/CSU SPD SPDDr. Scheer, Hermann Siebert, Bernd Steenblock, Rainder Tritz, Marianne Wegener, HediSPD CDU/CSU BÜNDNIS 90/ BÜNDNIS 90/ SPDDIE GRÜNEN DIE GRÜNEN
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23. Sitzung. Berlin, Freitag, den 31. Januar 2003
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne KastnerNächster Redner in der jetzigen Debatte ist der KollegeWilli Zylajew, CDU/CSU-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Her-ren!Die Zivis sind längst eine feste Größe in unserem So-zialsystem geworden.Mit diesem Zitat möchte ich beginnen. Ich denke, wir allewissen dies und wir haben dazu Beeindruckendes von derStaatssekretärin erfahren. Sie, meine Damen und Herrenvon der Koalition, wollen diese feste Größe nun weiter de-montieren.Schon im Jahr 2000 haben Sie den ersten Schritt ge-macht, indem Sie die Beteiligung des Bundes von 75 auf70 Prozent reduziert haben. Das war damals ein kleinerSchritt; nun folgt ein großer, die Richtung aber bleibt un-verändert: Sie belasten mit Ihrem Verhalten den Sozialbe-reich enorm.Schauen wir kurz zurück: 1961 gab es 340 Ersatz-dienstleistende. In den 60er-Jahren gab es etwa 4 000 bis5 000 Antragsteller pro Jahr. Mit der Kanzlerschaft vonHerrn Brandt wurde der Zivildienst planmäßig als Säuledes Sozialsystems ausgebaut. Wohlfahrtsverbände, Kir-chen und Schulträger wurden umworben, Zivildienst-plätze mussten her.Mit einer aufwendigen Kampagne wurden Einsatzge-biete erschlossen, so Mahlzeitendienste auf Rädern undHilfsangebote für ältere Menschen.Manche Leistungenwurden erst durch den Zivildienst möglich, wie zum Bei-spiel Behindertenfahrdienste. In Altenheimen wurdenhaustechnische Dienste auf- und ausgebaut, sozial-kultu-relle Dienste wurden eingerichtet. Auch in Kindergärten,in Behindertenschulen und -wohnheimen wurden dieZivildienstleistenden zu der eingangs genannten festenGröße in unserem Sozialsystem.Ganz besonders haben die Kolleginnen und Kollegender SPD – ich erinnere mich sehr genau an diese Zeit – aufkommunaler Ebene, in den Ländern und dem Bund für diegünstigen Zivildienstleistenden und ihre Einsatzmöglich-keiten geworben. Vielen Wohlfahrtsverbänden, mit denenSie jetzt offensichtlich zumindest in Teilbereichen, näm-lich an der Spitze, eine Einigung erzielt haben, FrauStaatssekretärin, wurden damals Zivildienstplätze regel-recht aufgeschwatzt.
Ich denke, auch die Kostenträger waren sehr daran in-teressiert, mehr Einsatzfelder für Zivildienstleistende zuerschließen; denn in den Kalkulationen der Selbstkosten-blätter wurden natürlich nur die Kosten, die der Trägerfür Sold, Verpflegung, Arbeitskleidung, Weihnachts- undEntlassungsgeld zu übernehmen hatte, eingeplant. Damites keine Missverständnisse gibt, sage ich es ganz deutlich:Die bekannten Trägerkosten wurden in die Kalkulationaufgenommen, sie mussten von den Alten, Behindertenund Pflegebedürftigen erbracht werden.Ich halte das für ein faires Verfahren. Die Zivis sind sozu einer kalkulierbaren Größe geworden. Diese Kalkula-tion machen Sie jetzt zunichte. Planungssicherheit, FrauStaatssekretärin, können wir überhaupt nicht mehr erken-nen. Das ist schlimm.
Sie entziehen dem sozialen System in Deutschlandweitere 100 Millionen Euro; das sind HunderttausendeEuro pro Wahlkreis – und dies in einer Zeit, in der diekommunale Familie durch Ihre schlechte Politik perma-nent finanziell stranguliert wird. Genau in dieser Zeitmüssen sie mit 100 Millionen Euro weniger auskommen.Ich weiß nicht, wie es in Ihrem Wahlkreis, in Halle,ausschaut, Frau Staatssekretärin. Ich kann nur sagen: Beiuns müssen Einrichtungen geschlossen werden, weil10 000 oder 20 000 Euro fehlen. Ihrem Wahlkreis – ichhabe eben mit dem Kollegen Christoph Bergner darübergesprochen – entziehen Sie – holterdiepolter! – 300000 bis400 000 Euro, ohne dass die Träger dies vorher wussten,ohne dass die Träger im laufenden Betriebsjahr dieChance haben, ihre Haushalte entsprechend zu ändern,und ohne dass die Träger die Möglichkeit bekamen, ge-genzusteuern, Finanzmittel zu verlagern oder Dienste zustreichen. Dies machen Sie ungeniert und hemmungslos.
Ich bin gespannt, welche Presse Sie am Montag inHalle haben werden, nachdem Sie hier vollmundig erklärthaben: Das schafft Planungssicherheit; das ist verein-bart; das tragen die alle so mit. – Ich hoffe, dass Ihnen vonden Behinderteneinrichtungen und Krankenhäusern einwenig der Spiegel vorgehalten wird. Ich weiß nicht, mitwelchem Gesicht Sie dann am Montag in Ihr Ministeriumzurückkommen werden. Diejenigen aus Ihrem Ministe-rium, die Ihnen einen solchen Unsinn aufschreiben, wis-sen in aller Regel überhaupt nichts von dem, was draußenlos ist.
Wir alle wissen – Sie haben das angesprochen –, dasswir parteiübergreifend versucht haben, den Zivildienst zuentwickeln und ihn zu nutzen. Ich wiederhole das Zitatvom Anfang:Die Zivis sind längst zu einer festen Größe in unse-rem Sozialsystem geworden.Dieser Satz stammt vom Bundespräsidenten JohannesRau, den wir ja bei so wichtigen Themen als bedächtigenRedner kennen. Er hat dies am 21. Juni 2000 bei derJohannisfeier formuliert. Ich will deutlich hervorheben:Alle Parteien haben an der Entwicklung des zivilen Er-satzdienstes im sozialen System mitgewirkt. 1969 wurdeein Bundesbeauftragter installiert; wenn ich mich rechterinnere, war das damals der Kollege Hans Iven. Es sollteso eine Aufwertung des sozialen Systems mithilfe der Zi-vildienstleistenden ermöglicht werden. Starke Persönlich-keiten wie Peter Hintze hatten diese Funktion inne.Helmut Kohl besuchte im März 1985 als erster Bundes-kanzler Zivildienstleistende an ihrem Einsatzort.Die Zivildienstleistenden zeichnen sich dadurch aus,dass der allergrößte Teil von ihnen ganz nah bei den Men-
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schen arbeitet. Genau da kürzen Sie jetzt – ganz nah beiden Menschen. Sie sanieren Ihren Haushalt wieder einmalzulasten der Schwachen, der Hilfsbedürftigen und derPflegebedürftigen. Das ist verwerflich.
– Zu den Grünen komme ich noch.
Dass die Zivildienstleistenden überwiegend wichtigeDienste verrichten, das wissen Sie. Der Kollege Nachtweihat ja in der ersten Lesung schon angekündigt, dass das,was Sie heute tun, der Einstieg in den Ausstieg ist. Dasheißt, Sie haben in der Schublade ja schon irgendwelchePlanungen, die darauf abzielen, den Zivildienst finanziellvöllig auszutrocknen. Diese Entwicklungen werden wirnicht mittragen. Mein Eindruck ist, dass Sie aus dem Bun-desamt für den Zivildienst eine Jobagentur machenwollen, für deren Dienste die von Ihnen so sehr gelobtenSpitzenvertreter der Wohlfahrtsverbände noch eine Ver-mittlungsgebühr zu zahlen hätten.Zivildienstleistende sollen ihren Wehrersatzdienst fürdie Gesellschaft so erledigen, wie die Soldaten ihrenDienst für Freiheit und Frieden ableisten. Ich zitiere denHerrn Bundespräsidenten Johannes Rau erneut; denn ermuss schon im Jahr 2000 Ihre Pläne vorausgesehen ha-ben. Er hat damals gesagt – das kann man auf das bezie-hen, was Sie heute tun –:Das sind stille Einsparungen. Hilfe entfällt, ohnedass die Öffentlichkeit das wirklich merkt. Betroffensind Menschen, die sich nicht wehren können odersich nicht beklagen wollen.Immer noch Originalton Rau:Wer bittet schon gerne um ganz einfache menschli-che Gesten, auch wenn sie existenziell wichtig sind?Dies hat Herr Rau im Jahr 2000 gesagt. Ich denke, Sie,Frau Staatssekretärin, müssten vielleicht auch einmal mitden Menschen reden und nicht nur mit den Spitzenfunk-tionären der Wohlfahrtsverbände, die schnell dabei sind,Ihnen bei einem Deal zu applaudieren.
Ich befürchte natürlich, dass Sie sich über diese Über-legungen hinwegsetzen. Sie reden von Planungssicher-heit, von Kontinuität in der Betreuung, von Absprachenund Vereinbarungen mit den Trägern, die nach unseremWissen an der Basis nicht bekannt sind. Sie sagen, dassSie sich darüber hinwegsetzen, dass die Haushaltsplänestehen, und dass wir im Jahr ein bisschen spät dran sind.All das spielt für Sie keine Rolle. Bei Ihrem Weg der so-zialen Kälte machen wir nicht mit. Wir lehnen dieses Ge-setz deshalb ab.Ich bedanke mich sehr für Ihre Aufmerksamkeit.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Jutta Dümpe-Krüger, Bündnis 90/Die Grünen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Her-ren! Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju-gend hat mit den Stimmen von SPD und Grünen dem Ers-ten Zivildienständerungsgesetz zugestimmt.
Das Gesetz sieht vor, die Bundeszuschüsse zu den Geld-leistungen für Zivildienstleistende von 70 auf 50 Prozentzu senken,
und zwar ausdrücklich befristet für den Zeitraum vom1. März bis Dezember.
Der Kostenanteil der Träger steigt dadurch von 30 auf50 Prozent. Warum ist dieser schmerzliche Einschnittnötig? Weil das Ministerium, wie jedes andere Ressortauch, Einsparungen im Zuge der Haushaltskonsolidie-rung erbringen muss, und zwar in Höhe von mehr als90 Millionen Euro.
– Ich komme gleich noch zu Ihnen.Mit den Wohlfahrtsverbänden sind verschiedene Alter-nativen diskutiert worden,
zum Beispiel die Verkürzung der Zivildienstdauer oderdie Senkung der Zahl der Zivildienstleistenden. DieWohlfahrtsverbände haben die jetzige Lösung als „die er-träglichste“ empfunden.
Meine Damen und Herren, keinem von uns machtHaushaltssanierung Spaß.
Gerade uns Grünen ist der Schnitt in diesem Bereich nichtleicht gefallen, weil wir seit Jahren für ein schrittweisesAuslaufen des Zivildienstes plädieren und weil jederweiß, dass wir den Etat des Zivildienstes zum Ausbau derFreiwilligendienste und zur Schaffung von Arbeitsplät-zen im sozialen Bereich sichern wollen.Meine Damen und Herren von der Union, Ihre Verwei-gerungshaltung ist umso ärgerlicher, als in 16 fetten Jah-ren Geld verpulvert wurde, das uns heute an allen Eckenund Enden fehlt.
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Deshalb ist es eine Unverschämtheit, wenn ausgerechnetSie sich hier hinstellen, von Demontage reden und sich zuder Behauptung versteigen – das haben Sie im Ausschussgemacht –, die Verbände seien erpresst worden.
Genauso ist es schlicht und einfach falsch, wenn dieFDP hier und im Ausschuss erklärt, die Grünen hättenkeine Konzepte.
– Unsere Ideen sind seit Jahr und Tag bekannt, FrauLenke. Das wissen Sie ganz genau.
Unser Konzept war und ist es, junge Menschen besser ab-zusichern und ihnen die Freiwilligendienste als Alterna-tive zum Zivildienst zu öffnen.
Daran werden wir auch weiterhin arbeiten.
Wir haben im Übrigen schon bei der ersten Lesung hierim Hause mit Kritik überhaupt nicht hinter dem Berg ge-halten.
– Ja, das ist wahr. Herr Nachtwei hat sich hier sehr deut-lich geäußert. Tatsache ist, dass Sie jetzt zuhören müssen,Frau Lenke, weil ich rede.
Im Zuge der Haushaltskonsolidierung müssen wirEinsparungen erbringen, die uns nicht besondersschmecken. Aber wir alle löffeln an dem Brei, den Sie unseingebrockt haben.
Deshalb ist es eine Frechheit, meine Damen und Her-ren von der FDP, wenn Sie behaupten, wir Grünen hättenpolitisch in dieser Regierung nichts durchgesetzt oder lie-fen nur der SPD hinterher. Erst haben Sie jahrzehntelangdie Wehrpflicht mitgetragen; jetzt sind Sie eigentlichdafür, die Wehrpflicht abzuschaffen. Gleichzeitig be-schweren Sie sich darüber – ich zitiere –, dass Rot-Gründen Anfang vom Ende des Zivildienstes eingeläutet habe.Ja, meine Güte: Wo laufen Sie denn? Springen tun Sie janicht mehr.
Von Ihnen ist kein einziger Einsparvorschlag gekom-men. Sie bieten keine Alternativen.
Sie bieten keine Konzepte. Aber Sie haben keine Hem-mungen, dieser Regierung Konzeptlosigkeit vorzuwer-fen.
Ausgerechnet Sie haben jetzt angeblich Ihr Herz für dieSchwächsten in der Gesellschaft entdeckt.
Albert Einstein hat einmal gesagt: Um ein tadellosesMitglied einer Schafherde zu sein, muss man vor allenDingen ein Schaf sein.
Man braucht kein Genie zu sein, um zu erkennen, was IhrVollalarm in Wirklichkeit ist, nämlich Blockadepolitikund Wahlkampfgetöse,
ausgetragen auf dem Rücken einer Klientel, um die Siesich im Regelfall nicht die Bohne kümmern. Das emp-finde ich als besonders bitter.Danke schön.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Ina Lenke, FDP-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kol-legin Dümpe-Krüger, Sie waren in der letzten Legislatur-periode nicht dabei. Schauen Sie sich einmal die altenDrucksachen an!Die Menschen, die auf die Zivildienstleistenden ange-wiesen sind, ebenso die Träger wie zum Beispiel die Kir-chen, werden von dieser Bundesregierung von heute aufmorgen vor politisch veränderte Tatsachen gestellt. Dazuhaben Sie nichts gesagt.Die Konzeptionslosigkeit der Regierung zeigt auch derInhalt des Gesetzes. Für nur zehn Monate Geltungsdauerändern Sie die Zuzahlung der Träger an die Zivildienstlei-stenden. Statt 30 Prozent des monatlichen Solds an Zivissollen die Träger bereits ab 1. März 50 Prozent tragen. Ichhabe von Ihnen nichts dazu gehört, Frau Dümpe-Krüger,was eigentlich ab dem 1. Januar 2004 geschehen soll.
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Das müssten Sie uns einmal deutlich machen. Weder dieStaatssekretärin noch Sie haben dazu etwas gesagt.Wie in der Steuer- und Wirtschaftspolitik schaffen Sieauch im sozialen Bereich keine Planungssicherheit. Icherinnere Sie an die letzte Legislaturperiode, Frau Dümpe-Krüger, in der Sie die Rentenversicherungsbeiträge für dieZivildienstleistenden gekürzt und sich in Teilen aus demEntlassungsgeld der Zivis gestohlen haben. Aufgrundvon Eichels Vorgaben im Einzelplan 17 haben Sie aus-schließlich bei den Zivis gespart. Das Lob von FrauRiemann-Hanewinckel findet sich nur in Festtagsreden.Aber im Haushalt und in diesem Gesetz findet es keinenNiederschlag.
Als besonders dreist empfinde ich es, dass Sie immerdas Einvernehmen der Träger einfordern. Das Schreibender katholischen und der evangelischen Kirche haben Siealle gelesen. Zitieren Sie doch einmal aus diesem Schrei-ben. Rufen Sie die Kirchengemeinde in Hattersheim an,Frau Staatssekretärin. Sie wird aufgrund dieses Gesetzesdas Essen auf Rädern einstellen.Sie ganz alleine sind für das konzept- und planloseHerumstreichen beim Zivildienst politisch verantwort-lich. Ich kritisiere die Ankündigung der Ministerin. Waswird denn eigentlich aus dem Zivildienst und der Wehr-pflicht? Sie wollen darüber erst 2006 entscheiden. Dafrage ich mich: Vor oder nach der nächsten Bundestags-wahl?Die FDP fordert aus der Opposition von dieser rot-grü-nen Bundesregierung:
erstens klare Aussagen über den zeitlichen Umfang desZivildienstes bis 2006 und zweitens eine Absage an über-fallartige, hektische Kürzungen für die Beteiligten.
Sie fordert drittens – das ist der wichtigste Punkt, FrauGriese – ein klares Konzept, wie die immer kürzeren Ein-satzzeiten der Zivildienstleistenden gestaltet werden.
Wenn ich Sie daran erinnern darf – anscheinend habenSie ein schlechtes Gedächtnis –: Künftig wird nur jederzweite junge Mann zum Wehrdienst oder zum Zivildienstherangezogen. Das heißt, jeder Zweite kommt vomZwangsdienst frei. Diese Wehrungerechtigkeit werdenwir mit unseren Vorschlägen verhindern.
– Na klar. Schauen Sie auf meine Homepage. Da findenSie das Positionspapier zum Zivildienst. Wir werden wei-ter daran arbeiten.Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. Die FDP-Bundestagsfraktion wird in diesem Jahr ein Konzept zumZivildienst vorlegen, damit wir endlich, liebe Kollegin-nen und Kollegen von links, zu einem Zukunftskonzeptkommen. Wir werden diesem Gesetzentwurf unsere Zu-stimmung nicht geben; denn er ist Schrott.
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von den Frak-
tionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen einge-
brachten Gesetzentwurf zur Änderung des Zivildienstgeset-
zes, Drucksache 15/297. Der Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend empfiehlt in seiner Be-
schlussempfehlung auf Drucksache 15/375, den Gesetzent-
wurf anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzent-
wurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in
zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalition gegen die
Stimmen der CDU/CSU und der FDP angenommen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer
stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf
ist mit denselben Mehrheiten wie in der zweiten Beratung
angenommen.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesord-
nung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundes-
tages auf Mittwoch, den 12. Februar, 13 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.