Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Wir beginnen mit Punkt 1 der Tagesordnung: Fragestunde
— Drucksache V/760 —
Ich rufe die Frage XVI/7 des Abgeordneten Schmidt aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen auf:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung im Hinblick auf die Belastung der deutschen Zahlungsbilanz, die Wünsche Großbritanniens über den künftigen Ausgleich der durch die Stationierungskosten der britischen Rheinarmee bedingten Devisenabflüsse zu berücksichtigen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die britische Regierung hat uns anläßlich des Besuches des Herrn Bundeskanzlers in London wissen lassen, daß sie schon jetzt über einen zukünftigen Devisenausgleich Verhandlungen auf nehmen möchte. Der Herr Bundesminister der Finanzen ist gestern nach London geflogen, um eine erste Besprechung mit dem britischen Schatzkanzler zu führen. Ziel der Besprechung ist es, nach Mitteln und Wegen zu suchen, die eine Einigung zwischen beiden Regierungen ermöglichen. Sie werden verstehen, Herr Abgeordneter, daß ich im Hinblick auf die gerade stattfindenden Verhandlungen heute von weiteren Ausführungen zu dieser Frage Abstand nehmen muß. Nach Abschluß der Verhandlungen, die sich allerdings über einen längeren Zeitraum erstrecken werden, werde ich mir erlauben, Sie zu unterrichten.
Zusatzfrage.
Herr Staatsekretär, in welchem Umfang wurden bisher Rüstungskäufe für Zwecke des Devisenausgleichsabkommens freigegeben bzw. zur Finanzierung von Aufträgen deutscher Firmen und Unternehmen aus dritten Ländern an britische Lieferanten verwandt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich hatte gestern und auch schon in der vorangegangenen Fragestunde gesagt, wie groß das Volumen unserer Devisenausgleichsverpflichtungen gegenüber Großbritannien ist. Es umfaßt de facto für drei Jahre die Summe von 1,4 Milliarden DM, obwohl die Formulierung des Vertrages lediglich eine Bemühensklausel kennt, ohne einen fixierten Betrag festzusetzen. Nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge können wir damit rechnen, daß wir diesen Verpflichtungen so gut wie vollständig nachkommen.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmidt .
Herr Staatssekretär, wie hoch beläuft sich der Wert der von deutschen Firmen bzw. von Unternehmen aus dritten Ländern an Großbritannien vergebenen Aufträge, die durch finanzielle Anreize und durch ursächliche Einwirkungen der Bundesregierung zustande gekommen sind und als Ausgleich der Devisenbilanz anerkannt werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, es sind Mittel in einer gewissen Größenordnung eingeplant, und, wie ich eben gesagt habe, wenn diese Planungen aufgehen, wird das Soll in etwa annähernd erfüllt. Ich habe echte Zweifel, ob die weitere Beantwortung Ihrer Frage im deutschen Interesse eines erfolgreichen Abschlusses der gerade schwebenden Verhandlungen steht.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Diekmann.
Herr Staatssekretär, welche Anteile haben private Unternehmen und Unternehmen der öffentlichen Hand bzw. mit einer Beteiligung der öffentlichen Hand an diesen Geschäftsabschlüssen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, auch diese Frage möchte ich im gegenwärtigen Augenblick hier nicht beantworten.
Könnten Sie das bei passender Gelegenheit tun, eventuell schriftlich?
Metadaten/Kopzeile:
2542 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich bin gern bereit, diese Auskunft schriftlich zu geben.
Noch eine Frage.
Nach welchen Gesichtspunkten hat das Bundesfinanzministerium die Auswahl der von den Unternehmen gestellten Anträge auf eine solche Finanzierung von Aufträgen zu günstigen Zinsbedingungen vorgenommen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, Sie sollten mir auch die Antwort auf diese Frage ersparen. Ich möchte nur grundsätzlich sagen, daß das Ministerium gezwungen war, zur Erfüllung des Abkommens auch unkonventionelle Wege zu gehen, um annähernd das Soll zu erreichen. Daß wir uns dabei von ganz bestimmten Prinzipien haben leiten lassen, können Sie unterstellen. Ich bin aber gern bereit, auch darüber zu passender Zeit Auskunft zu geben.
Eine Frage, Herr Abgeordneter Schmidt .
Können Sie versichern, Herr Staatssekretär, daß die Bundesregierung oder — genauer gesagt — die Bundesrepublik Deutschland ihre Verpflichtungen, von denen Sie vorhin sprachen, gegenüber den Vereinigten Staaten und gegenüber England bisher voll erfüllt hat?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Habe ich Sie recht verstanden: „bis jetzt voll erfüllt hat"?
Ich frage, ob Sie versichern können, daß wir unsere Verpflichtungen bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt voll erfüllt haben.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Gegenüber Großbritannien läuft das Abkommen noch bis zum 31. März 1967. Bis zu diesem Zeitpunkt hoffen wir das Abkommen gegenüber Großbritannien annähernd zu erfüllen.
Obwohl Ihre zweite Frage bezüglich den USA nicht mit der jetzigen Frage in Verbindung steht, möchte ich dazu sagen, daß wir bemüht sind, auch dieses Abkommen zu erfüllen, und daß wir in diesem Jahre noch eine erhebliche Zahlung leisten werden. Das ist hier, glaube ich, von meinem Minister schon einmal in einem anderen Zusammenhang erklärt worden. Wie die Erfüllung bis zum Ablauf des Abkommens am 30. Juni 1967 aussehen wird, kann ich Ihnen im Augenblick nicht mit Sicherheit sagen.
Herr Abgeordneter Schmidt, noch eine Frage.
Können Sie in bezug auf die „unkonventionellen" Methoden, von denen Sie in Ihrer vorigen Antwort gesprochen haben, sagen, daß es die Bundesregierung in Zukunft vermeiden wird, in diesem Zusammenhang deutsche Exportindustrien weiter zu benachteiligen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, ich bestreite, daß eine Benachteiligung in dem von Ihnen unterstellten Sinne in der Tat eingetreten ist. Die bisherige Art und Weise der Erfüllung von Devisenausgleichsverpflichtungen wird sich aber in Zukunft einfach dadurch erledigen, daß die Mittel, die wir dazu zur Verfügung hatten, ohnehin erschöpftsind.
Herr Abgeordneter Berkhan.
Herr Staatssekretär, in welchem Umfang waren an dieser Finanzierung die Unternehmen, aufgeschlüsselt nach kleinen, mittleren und großen Unternehmen, beteiligt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich kann ihnen im Augenblick keinen genauen Schlüssel nennen. Aber im Prinzip ist es so gewesen, daß alle Betriebe, ohne Rücksicht auf die Größenordnung, berücksichtigt worden sind, wenn sie die von uns geforderten Voraussetzungen erfüllt haben.
Herr Staatssekretär, sollen die im Rahmen des deutsch-britischen Devisenausgleichsabkommens möglichen kommerziellen privaten Geschäfte weiterhin mit dem verbilligten Zinssatz über das Londoner Devisenkonto ,des Bundes refinanziert werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Beantwortung dieser Frage möchte ich aus den genannten Gründen zurückstellen. Das ist auch ein Thema der jetzt gerade schwebenden Verhandlungen, und ich bitte um Verständnis dafür, daß ich im gegenwärtigen Augenblick diese Frage nicht beantworten kann, um die Verhandlungen nicht zu erschweren.
Herr Abgeordneter Genscher.
Herr Staatssekretär, unter Bezug auf die Frage des Kollegen Schmidt, der von der Erfüllung deutscher Verpflichtungen gegenüber den Vereinigten Staaten sprach, frage ich Sie: ,gibt es ein rechtsgültiges Abkommen zwischen der Bundesrepublik und den Vereinigten Staaten über den Devisenausgleich, und wie ist dieses Abkommen zustande gekommen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Albgeordneter, ich habe diese Frage nach den Rechtsgrundlagen in der vorigen
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966 2543
Staatssekretär GrundWoche ausführlich beantwortet. Es ist mit den USA ein Vertrag geschlossen worden, der die Bundesrepublik verpflichtet, den Nachteil auszugleichen, den die USA dadurch erleiden, daß sie hier Truppen stationiert haben, wofür sie Devisen aufbringen und dafür eine Verschlechterung ihrer Devisenbilanz hinnehmen müssen. Nur diesen Nachteil auszugleichen hat die Bundesregierung übernommen.
Herr Genscher.
Spricht sich der Vertrag, von dem Sie sprechen, auch über das Volumen des Devisenausgleichs aus, oder hält er sich in der allgemeinen Form, wie Sie es eben hier geschildert haben?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Nein, Herr Abgeordneter, gegenüber den USA ist die Rechtslage insofern anders, als sich die Bundesregierung zu einem vollen Ausgleich verpflichtet hat. Der Devisenaufwand der Amerikaner läßt sich ziffernmäßig durchaus 'berechnen, so daß dort nicht nur de facto, sondern de jure eine bestimmte Summe zu erfüllen ist.
Herr Abgeordneter Schmidt .
Herr Staatssekretär, nachdem Sie in Ihren Antworten mehrfach die Schwierigkeit der Verhandlungen im allgemeinen und der bevorstehenden mit England im besonderen betont haben, frage ich Sie: Aus welchem Grunde hat es die Bundesregierung für zweckmäßig gehalten, die Verhandlungen mit dem einen Lande durch das Verteidigungsministerium führen zu lassen und mit dem anderen durch das Finanzministerium?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, die Schwierigkeiten waren unterschiedlich. Gegenüber den USA waren und sind wir verpflichtet, den Devisenausgleich durch entsprechende Bestellungen auf dem militärischen, dem Verteidigungssektor, zu erfüllen. Dagegen ist das Devisenabkommen mit Großbritannien so geschlossen worden, daß wir es dort nicht nur durch Bestellungen auf dem militärischen Sektor, sondern auch auf dem zivilen öffentlichen und rein privaten Sektor erfüllen können. Daraus ergab sich, eben weil hier der zivile öffentliche und der rein private Sektor mit eingeschaltet waren, automatisch, daß die Zuständigkeit nicht ohne weiteres beim Verteidigungsministerium liegen konnte. Man hat aus Gründen der Praktikabilität, zumal alle Ressorts angesprochen waren, die Bearbeitung in meinem Hause konzentriert.
Herr Abgeordneter Dr. Hein.
Herr Staatssekretär, wer hat sich wann zu einem vollen Devisenausgleich mit den USA bereit erklärt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich bitte, meine in der vorigen Woche gegebene Antwort nachzulesen. Dort sind die Abkommen genau datumsmäßig festgelegt. Sie gehen, wenn ich mich recht erinnere, bis auf das Jahr 1956 zurück. Es handelt sich hier um ein Abkommen, das im Laufe der Jahre mehrfach geändert worden ist.
Haben Sie noch eine Frage, Herr Abgeordneter Hein?
Wer hat die Bemühensklausel in dem Vertrag mit den USA gestrichen? Wir haben ja die Bemühensklausel in dem Vertrag mit Großbritannien.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Bemühensklausel ist mit Großbritannien in dem Abkommen vereinbart worden, das seit dem 1. April 1964 gilt, also durch die jetzige Bundesregierung. Das Abkommen mit den USA ist viel älteren Datums.
Keine weitere Zusatzfrage; Sie haben schon zwei.
Frage XVI/8 des Herrn Abgeordneten Sander:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß im Weserbergland seitens britischer Pioniereinheiten jährlich kurz vor bzw. während der Ernte Übersetzübungen über die Weser durchgeführt werden, die sehr viele Landbesitzer betreffen und damit unnötigerweise große Schäden und Verärgerung bei der Bevölkerung hervorrufen?
— Sie übernehmen sie. — Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, darf ich die beiden Fragen des Herrn Abgeordneten Sander wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantworten?
Dann rufe ich auch die Frage XVI/9 des Herrn Abgeordneten Sander auf:
Ist die Bundesregierung bereit, darauf hinzuwirken, daß in Zukunft nur auf von den britischen Streitkräften angepachteten Flächen Übersetzmanöver durchgeführt werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Auf Grund von Erkundigungen, die ich bei dem hierfür zuständigen niedersächsischen Finanzministerium eingeholt habe, ist der Bundesregierung bekanntgeworden, daß britische Pioniereinheiten in der Vergangenheit häufig in dem Raume Reileifzen — Grave — Pegestorf im Landkreis Holzminden den Übergang über die Weser geübt haben. Im Jahre 1966 findet jetzt gerade die erste Übung dieser Art statt, so daß sich offenbar ein Nachlassen dieser Übungen abzeichnet. Dem Umfang und dem finanziellen Gewicht nach sind größere Schäden bisher nicht bekanntgeworden. Insbesondere sind nach Mitteilung des niedersächsischen Finanzministeriums keine Ernteschäden verursacht worden. Bekannt ist dem niedersächsischen
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Staatssekretär Grund
Finanzministerium, daß die britischen Pioniereinheiten im Raume Holzminden immer die gleichen Stellen für ihre Übungen benutzen. Das beruht vermutlich auf übergeordneten Gesichtspunkten der Verteidigung.
Das zuständige niedersächsische Innenministerium steht bereits seit 1964 mit den britischen Streitkräften wegen der Frage in Verhandlungen, ob ein Dauerbedarf an Übungsgelände im Raume Holzminden besteht, der eventuell durch Landbeschaffung, insbesondere durch Anpachtung, zu decken wäre. Angesichts dieser ohnehin bereits laufenden Verhandlungen sieht die Bundesregierung jedenfalls im Augenblick noch keine Veranlassung, ihrerseits ebenfalls an die britischen Streitkräfte heranzutreten. Sie verfolgt aber die Verhandlungen mit großer Aufmerksamkeit und wird notfalls in dem von Ihnen gewünschten Sinne hinwirken.
Bitte, Herr Abgeordneter Opitz.
Herr Staatssekretär, sehen Sie die Möglichkeit, daß man gegebenenfalls wenigstens vorher versucht, Übereinstimmung zwischen den Landbesitzern und den Streitkräften zu erreichen?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich selbst würde meinen, daß man den Versuch machen sollte. Ob er sehr erfolgreich ist, daran habe ich Zweifel.
Keine weitere Frage. Frage XVI/10 des Herrn Abgeordneter Glombig:
Hat die Bundesregierung der Deutschen Bundesbahn die auf Grund der §§ 4 und 6 des Gesetzes über die unentgeltliche Beförderung von Kriegs- und Wehrdienstbeschädigten sowie von anderen Behinderten im Nahverkehr vom 27. August 1965 zustehende Erstattung von Fahrgeldausfällen im Bundeshaushalt 1966 berücksichtigt?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, darf ich auch diese beiden Fragen zusammen beantworten?
Einverstanden? — Dann rufe ich auch die Frage XVI/11 des Herrn Abgeordneten Glombig auf:
Ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, die Erstattung von Fahrgeldausfällen im Sinne der Frage XVI/10 nachzuholen, sofern sie im Haushalt 1966 noch nicht berücksichtigt worden ist?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Die Antwort auf die erste Frage lautet: Ja. Damit erledigt sich Ihre zweite Frage, Herr Abgeordneter.
Eine Zusatzfrage.
Bedeutet das, Herr Staatssekretär, daß die Leistungen aus dem Gesetz über die unentgeltliche Beförderung von Kriegs- und Wehrdienstbeschädigten sowie von anderen Behinderten im Nahverkehr nicht im Rahmen des Defizits der Bundesbahn, sondern als Einzelposition im Bundeshaushalt erscheinen werden?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ja. Im Einzelplan 06 sind für das von Ihnen genannte Gesetz, allerdings in der durch das Haushaltssicherungsgesetz geänderten Fassung, 50 Millionen DM für die Vergangenheit eingeplant, daneben 18 Millionen DM für die laufende Anwendung des Gesetzes, insgesamt also 68 Millionen DM.
Eine weitere Zusatzfrage.
Sind in diesen Beträgen auch die Ausfälle der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Bundespost enthalten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ja.
Keine weitere Frage.Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr.Ich rufe die Fragen VIII/1, VIII/2 und VIII/3 des Abgeordneten Dr. Tamblé auf:Wie ist der Stand der Planungsarbeiten zur Beseitigung des schienengleichen Bahnüberganges am Bahnhof Heide ?Trifft es zu, daß zwar die für das in Frage VIII/1 erwähnte Projekt erforderlichen sechs Millionen DM Bundesmittel bereitstehen, die Deutsche Bundesbahn jedoch z. Z. nicht in der Lage ist, den auf sie entfallenden Anteil von zwei Millionen DM aufzubringen?Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß das Verkehrschaos am Bahnhof Heide keinen weiteren Aufschub mehr duldet, daß also eventuell daran zu denken wäre, den in Frage VIII/2 erwähnten Anteil der Deutschen Bundesbahn durch den Bund oder das Land Schleswig-Holstein vorfinanzieren zu lassen?Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 30. Juni 1966 lautet:Der Bundesregierung ist selbstverständlich die Verkehrssituation in der Stadt Heide im Zuge der Bundesstraße 203/204 bekannt. Nicht nur der doppelte Bahnübergang mit der dazwischenliegenden Zufahrt zum Empfangsgebäude des Bahnhofs Heide, sondern auch die enge Durchfahrt im Zuge der Friedrichstraße führen zu Verkehrsbehinderungen. Die Verhältnisse sind an Ort und Stelle wiederholt mit den beteiligten Behörden erörtert worden.Wegen der bestehenden Verkehrsschwierigkeiten wurde bereits 1962 — nach Übernahme der Baulast der Ortsdurchfahrt durch den Bund — die Ausdehnung der bisher betriebenen Baumaßnahme zur Schaffung einer Entlastungsstraße für die Friedrichstraße auf die Beseitigung des Engpasses Bahnübergang angeordnet und entsprechend der Dringlichkeit die Aufnahme in den Bundeshaushalt 1963 veranlaßt. Die Gesamtmaßnahme besteht somit aus den Bauabschnitten I (Durchbruchstraße) und II (Bahnübergang).Durch die langjährigen örtlichen Widerstände gegen den Bau einer Hochstraße über die Bahnanlagen und gegen die Hergabe von Grund und Boden im östlichen Teil der Durchbruchstraße verzögerten sich leider die Planung für die Beseitigung des Bahnüberganges und die Fertigstellung des Bauabschnittes I empfindlich. Der letzte Grunderwerbsvertrag im Bauabschnitt I konnte erst Ende 1965 abgeschlossen werden. Der Abbruch des betroffenen Gebäudes ist für Frühjahr 1967 vorgesehen. Infolgedessen kann die Fertigstellung der Durchbruchstraße durch die Stadt Heide nicht vor Herbst 1967 erwartet werden.Im Bereich des Bahnüberganges erwies sich der Wiederanschluß des Empfangsgebäudes an das Ortsstraßennetz als sehr schwierig. Der Vorentwurf mußte auf Verlangen der Straßenbauverwaltung und der Deutschen Bundesbahn als Kreuzungsbeteiligten mehrfach geändert werden. Die Untersuchungen der Deutschen Bundesbahn, die gegenwärtig noch andauern, beinhalten auch Überlegungen zur Änderung des Gleisplanes, um eine verkehrsgerechte Lösung für den Bahnhofszugang zu finden. Entsprechende Planungsaufträge sind von der Deutschen Bundesbahn nach Ortsbesichtigung erteilt worden. Erst nach Abschluß' dieser Untersuchungen kann ein baureifer Entwurf bearbeitet werden, der die Grundlage für die Ermittlung der Baukosten, den Abschluß der Vereinbarung nach § 5 Eisenbahnkreuzungsgesetz und die Feststellung des Planes nach §§ 17 und 18 Bundesfernstraßengesetz bzw. § 36 Bundesbahngesetz sein wird.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966 2545
Vizepräsident SchoettleErst dann werden die im Bundeshaushalt genannten Gesamtkosten von 4,2 Mio DM, die auf einer groben Schätzung beruhen, berichtigt werden können. Die Deutsche Bundesbahn, bekanntlich ein Unternehmen mit eigener Wirtschaftsführung, wird bemüht sein, ihren Kostenanteil nach Abschluß der erforderlichen Vereinbarung rechtzeitig bereitzustellen. Eine Vorfinanzierung dieses Anteils durch den Bund ist aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht möglich. Nach einer Auskunft des Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein ist eine Vorfinanzierung auch seitens des Landes nicht zu erwarten.Frage VIII/4 des Herrn Abgeordneten Schmidt :Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, Zweitschriften von Kraftfahrzeugscheinen ausstellen zu lassen, um dadurch den Verbleib des Kraftfahrzeugscheins im Fahrzeug bei mehreren Fahrern zu vermeiden?
Herr Kollege, die geltende Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung läßt Zweitschriften von Kraftfahrzeugscheinen nicht zu. Dieser Zustand soll auch nicht geändert werden, nachdem die Frage, ob Zweitschriften von Kraftfahrzeugscheinen zugestanden werden können, zusammen mit ,den Ländern in den letzten Jahren wiederholt geprüft worden ist. Die obersten Landesbehörden haben zutreffend darauf hingewiesen, daß, falls Zweitschriften von Kraftfahrzeugscheinen zugelassen würden, vor allem erhebliche Schwierigkeiten und Verzögerungen bei der zwangsweisen Stillegung von Kraftfahrzeugen eintreten. Hinzu käme ein nicht unerheblicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand bei den Zulassungsstellen, die ohnehin schon überlastet sind.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmidt.
Herr Minister, wäre es nicht möglich, diese Art der Zweitschrift so abzufassen, daß das Original nur für alle notwendigen An- und Abmeldungen usw. maßgebend ist, das Doppel es aber ermöglicht, daß zwei Fahrer für ein Fahrzeug ,den Kraftfahrzeugschein bei sich behalten können und diesen nicht im Wagen lassen müssen, was bei Diebstählen immer sehr problematisch ist?
Wir haben ,diese Frage sehr eingehend mit den Ländern geprüft. Sowohl Bayern als auch Hessen haben diese Frage angeschnitten. Es hat sich dann doch ergeben, daß eine solche Ausstellung und Behandlung von allen Dingen bei der Stillegung von Kraftfahrzeugen wegen Betriebsunsicherheit, beim Fehlen des Versicherungsschutzes, bei Nichtzahlung der Kraftfahrzeugsteuer usw. schwierig ist, weil dann der Kraftfahrzeugschein einzuziehen und zu entstempeln ist. Der zweite Schein müßte dann auch eingezogen ;werden. Das macht die entsprechende Mehrarbeit und Schwierigkeit, weil man dadurch den zweiten oder sogar dritten Schein vielleicht noch gesondert führen muß. Es ist andererseits, Herr Kollege, ja möglich, daß nach § 70 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung ,die zuständigen Landesbehörden im Wege der Ausnahmegenehmigung in besonders begründeten Ausnahmefällen eine Zweitausfertigung der Kraftfahrzeugscheine zulassen.
Keine weitere Frage.
Ich rufe dann die Frage VIII/5 des Abgeordneten Schmidt auf:
Wann gedenkt die Bundesregierung den seit langem geplanten Ausbau des Verbindungsstücks der B 32 zwischen Wangen und Hergatz durchzuführen?
Herr Kollege, südlich Wangen ist ein Teilstück der Bundesstraße 32 bereits ausgebaut. Im dritten Vierjahresplan, voraussichtlich 1968, sind der Ausbau der Ortsdurchfahrt Wangen und voraussichtlich 1969 eine Verlegung der Bundesstraße 32 bei Hergatz vorgesehen; dadurch sollen auch die beiden schienengleichen Bahnübergänge ausgeschaltet werden. Für beide Maßnahmen müssen mehr als 3 Millionen DM aufgewendet werden.
Keine weitere Frage.
Ich rufe dann die Frage VIII/6 des Abgeordneten Dr. Kreutzmann auf:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die Unsicherheit unter den Eisenbahnern des Zonengrenzbahnhofes Bebra wegen des noch unvollendeten Ausbaues dieses Bahnhofes zu beseitigen?
Herr Kollege, die Umgestaltung des Rangierbahnhofes Bebra erfolgt zur Rationalisierung und Konzentration der Zugbildungsaufgaben. Die wesentlichen Arbeiten sind bereits durchgeführt, für die Restarbeiten sind weitere Mittel bereitgestellt. Ob außerdem die für einen zweiten Bauabschnitt vorgeschlagene Verlängerung der Richtungsgleise zur Aufnahme besonders langer Güterzüge noch erforderlich ist, wird von der Bundesbahn zur Zeit geprüft.
Zu einer Unsicherheit unter den Eisenbahnern des Bahnhofs Bebra besteht nach Auffassung der Deutschen Bundesbahn jedenfalls keinerlei Anlaß.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Kreutzmann.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß der Vizepräsident der Bundesbahndirektion Kassel in Bebra erklärt hat, die elektrifizierte Nord-Süd-Strecke über Bebra komme nicht voll zum Tragen, wenn die bereits angelaufenen Ausbaumaßnahmen nicht durchgeführt würden?
Es ist mir nicht bekannt, daß der Vizepräsident das erklärt hat. Wenn er das erklärt hat, hat er das in eigener Zuständigkeit erklärt. Das ist Angelegenheit der Bundesbahn.
Noch eine Frage, Herr Abgeordneter Dr. Kreutzmann?
Herr Minister, ist Ihnen nicht bekannt, daß unter den Eisenbahnern in Bebra wegen zahlreicher Abordnungen in andere Bahnhöfe große Unruhe besteht und daß sich das
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2546 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966
Dr. Kreutzmannauch auf die ganze Bevölkerung übertragen hat, da ja zahlreiche Eisenbahnerdörfer um Bebra herum liegen?
Herr Kollege, daß ist Zonenrandgebiet. In diesem Zonenrandgebiet werden Stillegungen bekanntlich nicht durchgeführt. Ich weiß nicht, wer die Unruhe unter diesen Leuten herbeiführt.
Sie haben schon zwei Fragen.
Bis wann ist damit zu rechnen, daß die Mittel für den zweiten Bauabschnitt zur Verfügung gestellt werden, Herr Minister?
Ich habe Ihnen eben gesagt, daß geprüft wird, ob der zweite Bauabschnitt technisch überhaupt notwendig ist.
Sie haben keine weitere Frage mehr.
Ich rufe die Frage VIII/7 des Abgeordneten Faller auf:
Welche Erklärung kann die Bundesregierung über die zunehmende Zahl von Konkursen in der Rheinschiffahrt geben?
Die Frage wird übernommen durch den Abgeordneten Wiefel.
Herr Präsident, ich bitte, die beiden Fragen des Herrn Abgeordneten Faller gemeinsam beantworten zu dürfen, wenn der Kollege Wiefel damit einverstanden ist.
Ich nehme an, daß Sie einverstanden sind. Dann rufe ich auch die Frage VIII/8 des Abgeordneten Faller auf:
Steht die in Frage VIII/7 erwähnte vor allem zu Lasten der Partikulierschiffer und Kleinschiffahrtsunternehmer gehende Entwicklung in Zusammenhang damit, daß die Verschärfung des Wettbewerbs im Verkehr und innerhalb der Binnenschiffahrt mehr und mehr kostendeckende Frachten verhindert?
Ich gehe bei meiner Beantwortung, Herr Kollege, davon aus, daß die Anfrage sich sowohl auf Konkurse als auch auf Zwangsversteigerungen erstreckt. Es ist zutreffend, daß beides in jüngster Zeit zunahm.
Die Novellen der Verkehrsgesetze vom 1. August 1961 haben durch den Fortfall der Tarifkoordinierung und durch Gewährung der Tarifautonomie an die Verkehrsträger Binnenschiffahrt, Eisenbahn und Güterkraftverkehr in verstärktem Maß zum Preiswettbewerb neben dem früher praktisch überwiegenden Leistungswettbewerb geführt. Durch die Folgewirkungen dieser Entwicklung wurde auch der innere Wettbewerb innerhalb der Binnenschiffahrt verstärkt. Modernere und leistungsfähigere Transportmittel sind zum Einsatz gekommen. Da im Rheinverkehr insbesondere wegen der internationalen Konkurrenz der Wettbewerb noch härter ist, gibt es zunehmend Schiffahrtsunternehmen, die diesen Anforderungen nicht mehr gerecht werden und daher keine Deckung ihrer Kosten mehr erreichen. So kommt es, daß ein Teil dieser Unternehmen seine Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen kann. Außerdem bewirkten die seit 1961 von der Deutschen Bundesbahn betriebenen Senkungen ihrer Ausnahmetarife, daß sich die Gesamteinnahmen der Schiffahrt je geleisteten Tonnenkilometer verringerten und daher heute die Einnahmen in vielen Relationen die Kosten nicht mehr decken. So kam es zur Zwangsversteigerung von Güterschiffen oder Schleppern 1964 in 12, 1965 in 26 und 1966 bisher. in 29 Fällen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller-Hermann.
Herr Bundesverkehrsminister, ist die Bundesregierung gemeinsam mit der EWG-Kommission bemüht, einmal die Wettbewerbsverzerrungen, die gerade in der Rheinschiffahrt bestehen, abzubauen, und sich zum anderen auch zu überlegen, wie man die Preispolitik der, ich möchte sagen, Konzernreedereien etwas unter Kontrolle bekommen kann, die vielleicht gar nicht daran interessiert sind, daß ihre Reedereien, die nur einen Teil ihrer Geschäftstätigkeit ausmachen, wirklich zu kostendeckenden Preisen fahren?
Herr Kollege Müller-Hermann, diese beiden Fragen kann ich nur getrennt beantworten. Erstens ist die Bundesregierung sowohl in der Zentralkommission der Rheinschiffahrt wie in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft bemüht, durch Kapazitätsregelung die Verhältnisse auf dem Rhein zu verbessern. Die Arbeiten laufen ja in dieser Richtung. Sie werden sicher in der Ministerratssitzung am 28. Juli auch mit zur Diskussion stehen. Die Zentralkommission für die Rheinschiffahrt hat für diese Fragen ja schon eingehende Vorschläge gemacht. Die Überwachung der Tarife bei den Reedereien im Gegensatz zu den Partikulieren ist auf dem Rhein besonders schwierig, weil es sich nicht nur um Reedereien und Partikuliere, sondern vor allen Dingen um die Konkurrenz der Ausländer handelt, die hier den entscheidenden Einfluß haben.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Josten.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß die Vollbeschäftigung der Partikulierschiffe auf dem Rhein praktisch nur besteht, wenn wir kleines Wasser im Rhein haben?
Es ist ja gegeben, Herr Kollege Josten, daß die Partikuliere im Zusammenhang mit dem Vertrag
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966 2547
Bundesminister Dr.-Ing. Seebohmmit den Reedern beschäftigt werden. Für sich allein können die deutschen Partikuliere überhaupt nicht bestehen.
Noch eine Frage, Herr Abgeordneter Josten.
Herr Minister, sind Sie bereit, mit den zuständigen Organisationen, wozu auch die Partikulierschiffer gehören, in Verbindung zu treten, da diese Vorschläge haben, um ihre Existenzgrundlagen zu verbessern?
Herr Kollege Josten, es ist unsere Aufgabe, mit diesen Organisationen in ständiger Verbindung zu stehen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Börner.
Herr Minister, darf ich aus Ihrer eben gegebenen Antwort schließen, daß im Sinne der mittelstandspolitischen Überlegungen der Bundesregierung eine Unterstützung der Partikulierschiffahrt im Rahmen der Möglichkeiten Ihres Hauses angestrebt wird bzw. die Möglichkeiten der Selbsthilfe dieses Kreises von Ihnen wohlwollend unterstützt werden?
Herr Kollege Börner, seit 1932 bemüht sich die frühere Reichs- und jetzt die Bundesregierung um diese Probleme und ist deswegen in ständigem Kontakt mit den Partikulieren. Sie hat ja auch dieses Abkommen zwischen den Reedereien und den Partikulieren, das gelegentlich abläuft, immer wieder nach freundlicher Zusprache erneuern lassen. Wir können das natürlich von uns aus nicht anordnen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ramms.
Herr Minister, führen Sie die Mindereinnahmen im innerdeutschen Verkehr sowohl in der Rheinschiffahrt wie im Kanal nicht auf die schlechten Möglichkeiten der Überwachung des Einhaltens der Tarife zurück?
Nein, das möchte ich nicht sagen; denn sonst müßten ja viel mehr Anzeigen von den entsprechenden Stellen kommen, die durch Tarifverstöße beeinträchtigt werden. In diesem Falle sind die Wasser- und Schiffahrtsdirektionen geeignet, diesen Dingen nachzugehen.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ramms.
Wissen Sie, daß derjenige, der eine Anzeige erstattet, damit rechnen muß, eine Weiterbeschäftigung bei den Reedereien nicht mehr zu bekommen?
Herr Kollege, wenn Sie in einer solchen Symbiose leben wie die Partikuliere mit den Reedereien, dann muß man sich über solche Konsequenzen klar sein.
Ich rufe Frage VIII/9 des Abgeordneten Schonhofen auf:
Wie will die Bundesregierung angesichts der auch von ihr selbst als erforderlich angesehenen Beibehaltung der Kontingentierung im gewerblichen Güterkraftverkehr eine die Ordnung des gesamten Verkehrs sichernde Regelung der Kapazitäten des Werkfernverkehrs vornehmen?
Darf ich beide Fragen des Herrn Abgeordneten Schonhofen zusammen beantworten, Herr Präsident?
Herr Abgeordneter Schonhofen, sind Sie einverstanden?
Dann rufe ich gleichzeitig die Frage VIII/10 des. Herrn Abgeordneten Schonhofen auf:
In welcher Weise hat sich seit der ab 1. Oktober 1964 wirksamen Senkung der Beförderungsteuer für den Werkfernverkehr von 5 auf 3 Pfennig je Tonnenkilometer dieser Verkehr gegenüber dem gewerblichen Güterfernverkehr der Straße entwickelt?
Zu Frage 1: Durch das Güterkraftverkehrsgesetz von 1952 ist der Werkfernverkehr weder kontingentiert noch einer Genehmigungspflicht unterworfen. Die Bundesregierung hat bisher nicht die Absicht, derartige Maßnahmen für den Werkfernverkehr einzuführen. Einer solchen Neuregelung stehen sehr erhebliche tatsächliche und auch rechtliche Schwierigkeiten entgegen; vor allem aber muß dazu die künftige Entwicklung der gemeinsamen Verkehrspolitik in der EWG berücksichtigt werden, die noch nicht abgeschlossen ist und wo der Werkfernverkehr bekanntlich völlig von allen Kontingentmaßnahmen freigestellt ist.Zu Frage 2: Im Jahresdurchschnitt 1964 betrug die Zuwachsrate gegenüber dem Vorjahr im Werkfernverkehr 12,8 % und im gewerblichen Güterfernverkehr 6,2%. Im letzten Vierteljahr 1964, also nach der Beförderungsteuersenkung für den Werkfernverkehr, stiegen die Leistungen des Werkfernverkehrs um 12,9 % und die des gewerblichen Güterfernverkehrs um 6,2 % gegenüber der entsprechenden Zeit des Vorjahres. In den vorhergehenden vier Jahren betrugen die Zunahmen im Werkfernverkehr durchschnittlich 7 %, waren also wesentlich niedriger. Im gewerblichen Güterfernverkehr betrug die durchschnittliche jährliche Zunahme 5 %. Im Jahre 1965 nahmen die Leistungen des Werkfernverkehrs um 10,3 % und die des gewerblichen Güterfernverkehrs um 5,3 % zu. Für dieses Jahr liegen die Zahlen allerdings erst für die Monate Januar und Februar vor. Danach nahm der Werkfernverkehr um 5,7 % und der gewerbliche Güterfernverkehr um 4,8% gegenüber den gleichen Vorjahresmonaten
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2548 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966
Bundesminister Dr.-Ing. Seebohmzu; diese Werte haben aber keine zuverlässige Aussagekraft.
Herr Abgeordneter Dr. Müller-Hermann.
Herr Bundesverkehrsminister, teilen Sie meine Meinung, daß die Kontingentierung im gewerblichen Güterkraftverkehr, die sicherlich auch der Ordnung des gesamten Verkehrs dient, zugleich auch eine wirksame Schutzmaßnahme für den gewerblichen Güterkraftverkehr darstellt?
Nur zum Teil, Herr Kollege. Die Situation ist zu komplex, um das im einzelnen zu erläutern. In bestimmten Beziehungen dürfte es sicher nicht der Fall sein, daß die Kontingentierung zugleich einen Schutz des Gewerbes bedeutet.
Keine weitere Frage.
Wir kommen dann zur Frage VIII/12 des Abgeordneten Wiefel:
Wieviel der insgesamt vorhandenen Bahnübergänge im Zuge öffentlicher Straßen müssen nach Ansicht der Bundesregierung im Interesse einer reibungslosen Abwicklung des Straßen- und Schienenverkehrs vordringlich beseitigt werden?
Darf ich, Herr Präsident, darum bitten, die drei Fragen des Herrn Kollegen Wiefel zusammen beantworten zu können, da sie den gleichen Sachverhalt betreffen?
Bitte sehr!
Dann rufe ich auch die Fragen VIII/13 und VIII/14 des Abgeordneten Wiefel auf:
Welcher finanzielle Aufwand ist nach dem heutigen Preisstand erforderlich, die Bahnübergänge zu beseitigen?
Trifft es zu, daß die Deutsche Bundesbahn ihre Kostenanteile für die Beseitigung der Bahnübergänge und zur Verbesserung der Sicherungseinrichtungen nicht in dem erforderlichen Ausmaße bereitstellen kann, weil die dafür notwendigen Investitionsmittel weder vom Bund zur Verfügung gestellt werden noch auf dem Kapitalmarkt beschafft werden können?
In der Bundesrepublik Deutschland gibt es rund 41 500 Bahnübergänge im Zuge öffentlicher Straßen, davon rund 31 500 im Bereich der Deutschen Bundesbahn und rund 10 000 im Bereich der nichtbundeseigenen Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs und der sogenannten Anschlußbahnen, die unter das Eisenbahnkreuzungsgesetz fallen. Über die Hälfte dieser Bahnübergänge ist technisch nicht gesichert. Die andere Hälfte ,der Bahnübergänge ist mit Schranken, mit Blinklichern mit Halbschranken oder mit Blinklichtern allein ,ausgerüstet. Wenn und soweit es die Sicherheit oder die Abwicklung des Verkehrs unter Berücksichtigung der übersehbaren Verkehrsentwicklung erfordert, sind an diesen Bahnübergängen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz vom 14. August 1963 Maßnahmen durchzuführen, die nach § 3 des Eisenbahnkreuzungsgesetzes nicht nur deren Beseitigung zum Inhalt haben müssen, sondern auch sonstigen Verbesserungen an den Kreuzungen dienen können.
Um nun ,einen Überblick zu gewinnnen, wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zum Eisenbahnkreuzungsgesetz, also vor ,dem 1. Januar 1964, ein Plan erarbeitet, der die Beseitigung oder Entlastung von rund 3600 der vorgenannten Bahnübergänge — davon rund 3300 im Zuge von Bundesbahnstrecken — mit einem nach dem damaligen Preisstand geschätzten Kostenaufwand von insgesamt rund 10 Milliarden DM bis zum Jahre 1980 aus Gründen der Sicherheit und der Albwicklung des Verkehrs als besonders dringlich erscheinen ließ. Diese Unterlagen gelten im wesentlichen auch heute noch.
Die erforderlichen, außerordentlichen hohen Mittel sind nach § 13 Abs. 1 des Eisenbahnkreuzungsgesetzes vom Bund, von den Ländern, von den Kreisen und von den Gemeinden, soweit sie Straßenbaulastträger sind, sowie von der Deutschen Bundesbahn und ,den nichtbundeseigenen Eisenbahnen als Trägern der Eisenbahnbaulast insgesamt zu zwei Dritteln aufzubringen. Bund und Länder sind außerdem noch zu .der Aufbringung des letzten Drittels der genannten Mittel allein, und zwar beim Bund für die Bundesstraßen, bei den Ländern für die Landesstraßen I. Ordnung oder je zur Hälfte, nämlich für die Straßen kommunaler Baulastträger, verpflichtet.
Die Deutsche Bundesbahn hat in den ersten beiden Jahren nach Inkraftreten des Eisenbahnkreuzungsgesetzes, also in den Jahren 1964 und 1965, für Maßnahmen an Bahnübergängen zusammen rund 100 Millionen DM aufgewendet. Im Wirtschaftsplan 1966 der Deutschen Bundesbahn sind für Maßnahmen nach § 3 des Eisenbahnkreuzungsgesetzes 40 Millionen DM vorgesehen. Es ist aber leider ,sehr zweifelhaft, ob sich diese Maßnahmen in diesem sehr bescheidenen und eingeschränkten Rahmen finanzieren lassen werden, nachdem bisher, wenn auch unter wachsenden Schwierigkeiten, die Deutsche Bundesbahn die Mittel für ihre Anteile an den Gesamtkosten dringlicher Kreuzungsmaßnahmen hat bereitstellen können.
Vizepräsident Schoettle. Keine weitere Frage.
Frage VIII/15 des Herrn Abgeordneten Strohmayr:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Präsident der Deutschen Bundesbahn, Professor Oeftering, dem bayerischen Wirtschaftsminister versichert haben soll, daß trotz des Stillegungsbeschlusses für eine Strecke die betreffende Eisenbahnverbindung zu einer sogenannten „Fortführungsstrecke" erklärt werden kann?
Bitte, Herr Minister!
Darf ich die Fragen des Herrn Kollegen Strohmayr gemeinsam beantworten, wenn er einverstanden ist?
Jawohl. Ich rufe dann noch die Fragen VIII/16 und VIII/17 des Herrn Abgeordneten Strohmayr auf:
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966 2549
Vizepräsident SchoettleTrifft es zu, daß in einem solchen in Frage VIII/15 erwähnten Fall eine Strecke formell aus rechtlichen Gründen stillgelegt, aber im übrigen wie in der Vergangenheit weitergeführt werden soll?Ist der Bundesregierung bekannt, nach welchen generellen Gesichtspunkten eine stillzulegende Strecke zur „Fortführungsstrecke" erklärt werden kann?
Danke sehr! — Die Bundesregierung ist über das Gespräch zwischen den Ersten Präsidenten der Deutschen Bundesbahn und dem Herrn Bayerischen Staatsminister Dr. Schedl nur mündlich unterrichtet.
Herr Staatsminister Dr. Schedl hat gegenüber Herrn Oeftering den Wunsch geäußert, daß möglichst trotz der formellen Genehmigung der Einstellung des öffentlichen Verkehrs auf einer Nebenbahn für eine Übergangszeit der Güterverkehr noch weiter auf der Schiene abgewickelt werde, bis die Anlagen praktisch aufgezehrt sind. Dieser Wunsch findet in ,den gesetzlichen Vorschriften keine Stütze; bei seiner Erfüllung werden zwar Unterhaltungskosten, nicht aber die Betriebskosten eingespart.
Im Rahmen der anzubietenden Ersatzverkehre wird allerdings geprüft, ob es sich lohnt, bei entsprechendem Bedarf etwa eines oder mehrerer gewerblicher Betriebe an der einzustellenden Strecke etwa nach Art der bekannten Eisenbahngleisanschlüsse unter einfachster Bedienung, selbstverständlich unter Unterlassung aller größeren Erhaltungs- und Erneuerungsaufwendungen, einen auslaufenden Verkehr auf der Schiene aufrechtzuerhalten. Dabei wird die Höhe der zu erhebenden Entgelte, die die verbleibenden Aufwendungen voll decken müßten, eine gewisse Rolle spielen. Diese Beträge sind von den Benutzern, also den Anliegern der Strecke, die nunmehr Anlieger eines Gleisanschlusses werden, aufzubringen. Von der Höhe der Beträge hängt die Wirtschaftlichkeit solcher Gleisanschlußbetriebe ab, besonders wenn es sich um längere Abschnitte handelt. Die Einzelheiten derartiger Maßnahmen müßten für jeden Fall besonders festgelegt werden. Sie können auch nur vorübergehend für eine Verkehrsbedienung von Bedeutung sein.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Strohmayr.
Herr Bundesminister, sind nicht auch Sie der Auffassung, daß formell stillgelegte Strecken als fortführende Strecken weitergeführt werden können?
Nein, es geht nur dann, wenn tatsächlich die Voraussetzung gegeben ist, daß diese Strecken teilweise oder ganz als Anschlußgleise verwendet werden. Sie wissen, wir haben viele Anschlußgleise, die von den Anschlußgleisnutzern unterhalten werden. In diesem Falle würden die Unterhaltungs- und Bedienungskosten von den Betrieben getragen werden, die diese Gleise weiter als Anschlußgleise benutzen. Dies gilt natürlich nur, solange sie die Kosten aufbringen wollen, die nicht unerheblich sind. Dies gilt auf der anderen Seite nur so lange,
bis, wie man so schön in den Pressenachrichten gesagt hat, das Material aufgezehrt ist, das heißt also Schwellen und Schienen einen Verkehr nicht mehr erlauben. Dazu müssen Sie berücksichtigen, Herr Kollege, daß bei den Anschlußgleisen nur mit ganz geringer Geschwindigkeit gefahren werden kann und daß eine ganze Fülle von Vorschriften, die für einen normalen Güterzugbetrieb einzuhalten sind, dort nicht eingehalten zu werden brauchen.
Herr Abgeordneter Strohmayr!
Herr Bundesverkehrsminister, ist es nach Ihrer Auffassung richtig, daß der Herr Wirtschaftsminister Dr. Schedl solch irreführende Interviews gibt, um den Eindruck zu erwecken, als ob es möglich wäre, stillgelegte Strecken fortzuführen?
Herr Kollege, ich bin nicht derjenige, der den Herren Landesministern in irgendeiner Weise hineinzureden hat, in welcher Weise und in welcher Form sie über Dinge, die nicht ihrer Zuständigkeit unterstehen, in der Öffentlichkeit sprechen.
Noch eine Frage, Herr Abgeordneter Strohmayr.
Herr Bundesminister, meinen Sie nicht, daß diese Äußerungen mit Rücksicht auf die Landtagswahlen im kommenden Herbst gemacht worden sind?
Herr Kollege Strohmayr, Sie wohnen in Bayern, nicht ich.
Herr Abgeordneter Börner!
Herr Bundesminister, welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Vorschlag, der eben besprochen wurde, hinsichtlich der Haftungs-
und Sicherheitsbestimmungen der Deutschen Bundesbahn?
Herr Kollege Börner, es ist so, wie ich schon ausführte. Bei Anschlußstrecken, die nur Anschlußstrecken zur Bedienung bestimmter Betriebe sind, sind wesentlich erleichterte Sicherungsvorschriften gegeben, da auch die Geschwindigkeiten sehr viel geringer sein können. Diese Minderung der Sicherheitsvorschriften kann natürlich nur für bestimmte kurze Strecken mit einem sehr geringen Betrieb aufrechterhalten werden. Die Bedienung eines Betriebs mit einem Anschlußgleis erfordert ja höchstens eine ein- oder zweimalige Bedienung am Tage. Nur bei Zechen ist die Bedienung öfters notwendig.
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2550 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966
Herr Abgeordneter Schulze-Vorberg!
Herr Bundesminister, darf ich auf die Zusatzfragen von Herrn Abgeordneten Strohmayr zurückkommen und Sie fragen, ob Sie grundsätzlich die Sorgen von Herrn Minister Schedl wegen der verkehrsferner Gebiete und vor allen Dingen der Gebiete an der Zonengrenze teilen?
Herr Kollege, das ist aber selbstverständlich. Sollen wir immer wieder dieselben Antworten geben?
Herr Abgeordneter Fellermaier.
Herr Minister, darf ich Sie so interpretieren, daß es sich nur um relativ ganz kurze Strecken handeln kann, also nicht, wie aus den Pressedarlegungen über das Gespräch zwischen Dr. Schedl und dem Bundesbahnpräsidenten hervorgegangen ist, um ganze Fortführungsstrecken? Denn die Stillegungsstrecken sind ja nicht kurze Anschlußstrecken, sondern sind in großen Teilen Bayerns echte Strecken über längere Abschnitte.
Herr Kollege, es kann sich z. B. darum handeln, daß ein Betrieb, der 4 oder 5 oder 10 km entfernt ist — im großen und ganzen sind diese Nebenbahnen ja gar nicht länger als im Durchschnitt 30 bis 35 km —, Wert darauf legt, den Eisenbahnanschluß weiter zu behalten. Die Kosten steigen mit der Länge der Anschlußstrecken. Es ist also auch für die Betriebe eine reine Frage, ob sie diese Kosten aufbringen wollen.
Herr Kollege Fellermaier!
Fellermaier ': Das heißt also, Herr Minister, daß es sich dann in jedem Falle um eine reine Privatstrecke handelt, bei der öffentlich-rechtliche Zusammenhänge keine Rolle mehr spielen?
Selbstverständlich, das sind dann Privatanschlußbahnen.
Keine weiteren Fragen.
Ich rufe die Frage VIII/18 des Abgeordneten Buschfort auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß ein Teil der Gemeinde Suderwick Kreis Borken, von Kfz-Benutzern nur mit einer grünen Versicherungskarte erreichbar ist?
Bitte, Herr Minister!
Darf ich, Herr Präsident, die Fragen wegen des inneren Zusammenhangs, da sie neben Straßenbauauch Zoll- und Grenzverkehrsangelegenheiten betreffen, gemeinsam beantworten?
Einverstanden. Dann rufe ich auch die Fragen VIII/19 und VIII/20 des Abgeordneten Buschfort auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in dem in Frage VIII/18 erwähnten Gebiet der Gemeinde Suderwick den Gewerbetreibenden nicht unerhebliche geschäftliche Nachteile und allen übrigen Bewohnern des Gebietes oftmals Unannehmlichkeiten entstehen?
Ist die Bundesregierung bereit, für die durch den in Frage VIII/18 erwähnten Sachverhalt betroffenen Einwohner der Gemeinde Suderwick eine Straße auf Kosten des Bundes zu bauen, die auf deutschem Hoheitsgebiet verläuft?
Danke sehr! — Der durch den Deutsch-Niederländischen Ausgleichsvertrag betroffene Teil der Gemeinde Suderwick wird künftig über eine auf deutschem Hoheitsgebiet neu zu bauende Landesstraße an das deutsche Straßennetz angeschlossen werden. Nach eingeholter Auskunft des Landes Nordrhein-Westfalen soll diese neue Landesstraße 1967 mit Landesmitteln gebaut werden. Zur Zeit laufen das Planfeststellungsverfahren und der Grunderwerb hierfür.
In der Zwischenzeit muß die Zufahrt zu dem fraglichen Teil der Gemeinde Suderwick noch über eine zu den Niederlanden gehörende Straße unter Mitführung der grünen Versicherungskarte genommen werden; denn die Landesstraße Bocholt-Anholt verläuft schon immer etwa 2 km über niederländisches Gebiet, wobei von der Straße nur das Gelände südlich des südlichen Straßenrandes zur Bundesrepublik Deutschland gehört.
Den deutschen Anliegern und ihren Besuchern ist hierzu durch den Deutsch-Niederländischen Ausgleichsvertrag ein Wegebenutzungsrecht eingeräumt. Eine Grenzabfertigung findet für sie grundsätzlich nicht statt. Sie müssen lediglich die Grenzzollstellen Suderwick oder Brüggenhütte passieren und dort ihr Ziel angeben. Die Anlieger, die den Abfertigungsbeamten persönlich bekannt sind, werden ohne Aufenthalt durchgelassen.
Geschäftliche Nachteile dürften den deutschen Anliegern durch die Überprüfung der grünen Versicherungskarte nicht entstehen. Soweit die Geschäftsleute am Hellweg seit der Rückgliederung einen Umsatzrückgang erlitten haben, ist dies darauf zurückzuführen, daß die Einwohner Suderwicks ihren täglichen Bedarf aus preislichen Gründen zum Teil in den niederländischen Geschäften auf der anderen Straßenseite decken. Vor der Rückgliederung verkauften die deutschen Geschäfte ebenfalls die preiswerten niederländischen Erzeugnisse und setzten außerdem in erheblichem Maße Waren an Einkäufer ab, die sie aus dem deutschen Hinterland bezogen, die also auf diese Weise nach den Niederlanden gingen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Buschfort.
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966 2551
Herr Minister, ist es möglich, bis zur endgültigen Fertigstellung der zu bauenden Straße eine Übergangsregelung zu treffen, die gleichermaßen gilt wie zur Zeit die Regelung während der Nachtzeit von 0 bis 6 Uhr?
Herr Kollege, das ist eine internationale Entscheidung. Man kann natürlich noch einmal mit den niederländischen Stellen darüber verhandeln.
Herr Abgeordneter Buschfort.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß die Schäden nicht dadurch entstehen, daß nicht mehr so viel eingekauft wird, sondern dadurch, daß an der Grenzstation Lieferfirmen oder aber auch Privatpersonen nicht durchgelassen werden. Es ist doch so, daß ein Geschäftsmann hingeht und sagt: Ich möchte zu einem Geschäft, und feststellt, daß er nicht weiterfahren kann. Er wird von den Zollbehörden angehalten und mit der Lieferung zurückgeschickt, wenn er nicht im Besitz der grünen Versicherungskarte ist.
Herr Kollege, ich muß ganz offen sagen, daß eine derartige Darlegung keine Frage ist, die ich Ihnen heute zu beantworten vermag. Ich bin gern bereit, die entsprechenden Auskünfte einzuholen und sie Ihnen dann schriftlich zu geben, wenn Sie so liebenswürdig sind, mir das zu gestatten.
Herr Abgeordneter Buschfort!
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß die deutschen Burger, um diese Schwierigkeiten zu umgehen, den Bürgersteig als Zufahrt zu ihren Häusern benutzen?
Das können sie natürlich jederzeit machen. Der südliche Straßenrand liegt ja in Deutschland. Aber ich kann Ihnen nicht genau sagen, ob die Grenzlinie so geführt ist, daß der Bürgersteig in Deutschland liegt. Das habe ich im einzelnen noch nicht nachgeprüft.
Man kann auch einen Minister „aus dem Verstand fragen", wie man bei uns im Schwäbischen sagt.
Frage VIII/21 des Abgeordneten Folger:
Welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung, um die aufgetretenen Schwierigkeiten zwischen der Deutschen Bundespost, der Deutschen Bundesbahn und der Stadtverwaltung München wegen des Verkehrsausbaues an der Paul-Heyse-Straße, des Neubaues eines zentralen Briefeingangsamtes zwischen Paul-Heyse- und Mitterer-Straße, des Neubaues des Holzkirchner Bahnhofes und der Beseitigung der Ruine des ehemaligen Verkehrsministeriums an der Arnulfstraße, sämtlich in München, zu beheben?
Herr Kollege, die Bundesregierung beabsichtigt, dazu keine Maßnahmen zu ergreifen, denn es ist Sache der beteiligten Verwaltungen, also der Bahn, der Post und vor allem und überwiegend der Stadt München selbst, bei dem geplanten Verkehrsausbau im Viertel des Hauptbahnhofes München ihre Interessen gegenseitig auszugleichen. Die Verhandlungen dazu sind im Gange. Die 'Deutsche Bundesbahn bemüht sich sehr um einen baldigen einvernehmlichen Abschluß.
Nur für den Fall, daß über die Planung — soweit es sich um Bundesbahnanlagen handelt — zwischen den beteiligten Verwaltungen keine Einigung erzielt wird, kann nach § 36 des Bundesbahngesetzes der Bundesminister für Verkehr durch Planfeststellung entscheiden. Es ist jedoch anzunehmen, daß es einer solchen Entscheidung nicht bedürfen wird.
Keine Zusatzfrage.
Frage VIII/22 des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Bauarbeiten am Nürnberger Kreuz täglich in den Spitzenzeiten zu Verkehrsstörungen führen, die insbesondere an Feiertagen chaotisches Ausmaß haben?
Gehören diese und die zwei folgenden Fragen auch zusammen?
Ja. Ich bitte, Herr Präsident, wenn der Herr Kollege einverstanden ist, sie zusammen beantworten zu können.
Der Fragesteller ist einverstanden. Ich rufe also auch die Fragen VIII/23 und VIII/24 des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg auf :
Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, die in Frage VIII/22 erwähnten Zustände noch während der Bauarbeiten zu verbessern?
Ist gesichert, deß die in Frage VIII/22 erwähnten Arbeiten auf das äußerste beschleunigt werden?
Um eine flüssigere Verkehrsabwicklung der stark frequentierten, durch den Autobahnneubau erst seit kurzem ermöglichten Verkehrsbeziehung Frankfurt—München am Nürnberger Kreuz zu erzielen, wurde in diesem Frühjahr damit begonnen, die betreffenden Tangentenfahrbahnen umzugestalten. Gleichzeitig wurden im Bereich des Nürnberger Kreuzes Deckenerneuerungsarbeiten vorgenommen. Durch die dabei bedingten zeitweiligen Fahrbahnverengungen ist es während der Bauzeit leider wiederholt — auch am 17. Juni — zu Schwierigkeiten in der Verkehrsführung gekommen, die zu Stauungen führten.Die Bauarbeiten wurden aufs äußerste beschleunigt und sind jetzt soweit abgeschlossen, daß mit Beginn der Hauptreisezeit, also am Freitag, dem 24. Juni 1966, die Verkehrsbehinderungen beseitigt werden konnten. Lediglich Nebenarbeiten außerhalb der Fahrbahnen werden noch durchgeführt.
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2552 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966
Keine Zusatzfrage. Frage VIII/25 des Abgeordneten Biechele:
Kennt die Bundesregierung die Überlegungen und Vorhaben der Landesregierung von Baden-Württemberg, um den gefährlichen Folgen des Überschallflugbetriebs — von denen Baden-Württemberg besonders betroffen ist —, soweit wie möglich Herr zu werden, die auch dazu dienen sollen, der Entwicklung gewachsen zu sein, die mit der Umstellung der Zivilluftfahrt auf Überschallbetrieb verbunden ist?
Darf ich bitten, Herr Präsident, auch die Fragen des Herrn Kollegen Biechele zusammen beantworten zu dürfen?
Der Fragesteller ist einverstanden. Ich rufe also auch die Frage VIII/26 auf:
Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, die in Frage VIII/25 erwähnten Bemühungen der Landesregierung von Baden-Wörttemberg, die doch für den Bereich der gesamten Bundesrepublik Deutschland wichtig sind, zu unterstützen?
Im Lande Baden-Württemberg wie auch in anderen Ländern bemüht man sich um eine Beschränkung des militärischen Überschallflugbetriebes. Besonders interessiert daran zeigen sich u. a. die Denkmalspfleger; sie sind besorgt, daß durch den Überschallflugbetrieb Beschädigungen von Kulturdenkmälern eintreten. Dies hat jedoch mit einem möglichen zivilen Überschallflugverkehr nichts zu tun, da nicht zu erwarten ist, daß zivilen Flugzeugen überhaupt erlaubt wird, mit Überschallgeschwindigkeit besiedelte Gebiete in der Bundesrepublik Deutschland zu überfliegen. Ich erinnere dazu daran, daß ich zuletzt vor wenigen Monaten vor dem Hohen Hause erklärt habe, daß die Bundesregierung den zivilen Überschallverkehr über bewohntem Gebiet nicht zulassen wird, es sei denn, daß die schädlichen Auswirkungen der Schallschleppe mit Sicherheit vermieden werden können. Für den überregionalen zivilen Luftverkehr über der Bundesrepublik Deutschland und damit über allen Ländern innerhalb der Bundesrepublik ist allein die Bundesregierung zuständig.
Herr Abgeordneter Biechele.
Ist Ihnen bekannt, Herr Minister, daß auf Weisung des Ministerpräsidenten Kiesinger eine Technische Hochschule des Landes Baden-Württemberg die Aufgabe erhalten soll, Art und Umfang der Schäden durch den Überschallflugbetrieb an privaten und öffentlichen Gebäuden, vor allem an historisch wertvollen Bauten zu untersuchen — Ärzte sollen beigezogen werden, um die Schäden bei Menschen, vor allem bei Kindern und Kranken zu untersuchen —, und wären Sie bereit, zu prüfen, ob diese Untersuchungen durch Ihr Haus oder durch andere Bundesressorts unterstützt werden können, da es doch darum geht, hier gemeinsame Erfahrungen und Erkenntnisse zu gewinnen?
Ich habe gehört, aber nicht von der badenwürttembergischen Landesregierung, daß der Herr Ministerpräsident derartige Untersuchungen durchführen lassen wird. Dazu ist er selbstverständlich auch jederzeit berechtigt, ohne uns das mitteilen zu müssen. Er hat also offenbar nicht den Wunsch, daß wir das gemeinsam machen. Außerdem würde es sich bei dieser Frage nicht um eine gemeinsame Arbeit mit dem Bundesministerium für Verkehr, sondern mit dem Bundesministerium der Verteidigung handeln.
Herr Abgeordneter Biechele.
Herr Minister, darf ich Sie fragen, ob Sie die Ausführungen des Herrn Ministerpräsidenten Kiesinger kennen, die er auf einer Pressekonferenz vor etwa drei Wochen gemacht hat und in denen er darauf hingewiesen hat, daß diese Untersuchungen auch im Hinblick auf die Folgen durchgeführt werden sollen, die vielleicht durch den zivilen Überschallflugbetrieb eintreten können.
Ich habe das in der Zeitung gelesen, kenne aber nicht den genauen Wortlaut dessen, was Ministerpräsident Kiesinger gesagt hat. Es ist erfreulich, wenn er solche Untersuchungen durchführen läßt, denn sie würden unsere Auffassungen untermauern können, die wir hinsichtlich des zivilen Überschalluftverkehrs haben. Dieser zivile Überschalluftverkehr existiert zur Zeit noch nicht, und ob er in fünf bis sechs Jahren kommen wird, ist vorläufig noch gar nicht abzusehen. Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, daß zivile Überschallflugzeuge über besiedelten Gebieten nur mit Unterschallgeschwindigkeit verkehren können und daß sie dort ihre höchste Geschwindigkeit, also die Überschallgeschwindigkeit, nicht einsetzen dürfen.
Keine weitere Zusatzfrage.Ich rufe die Frage VIII/27 des Abgeordneten Dr. Müller auf:Wann ist mit der Fertigstellung des Holzkirchner Bahnhofes in München zu rechnen?Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm vom 30. Juni 1966 lautet:Die Deutsche Bundesbahn beabsichtigt, den Holzkirchner Flügelbahnhof In München bis zur Olympiade 1972 wieder aufzubauen. Die Planung wird zur Zeit mit der Stadt München und der Bundespost abgestimmt.Im übrigen darf ich auf meine Ausführungen zum gleichen Thema in der Fragestunde am 25. Mai dieses Jahres zur Frage des Herrn Kollegen Ertl verweisen.Die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Abgeordneten Bühler:Ist der Bundesregierung bekannt, worauf die Schäden an Obstbäumen, Sträuchern aller Art und an Gemüse im Gebiet der Gemeinde Grenzach, Kreis Lörrach, zurückzuführen sind?Wer ist verpflichtet, die in Frage IV/1 erwähnten Betroffenen zu entschädigen?werden im Einverständnis mit dem Fragestellerschriftlich beantwortet. Die Antwort liegt noch nicht
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Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966 2553
Vizepräsident Schoettlevor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.Ich rufe die Frage des Abgeordneten Glombig aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf:Ist die Bundesregierung bereit, die Verbände der Behinderten an der Arbeit des Deutschen Ausschusses für die Eingliederung Behinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft zu beteiligen?Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Der Deutsche Ausschuß für die Eingliederung Behinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft ist im Jahre 1960 nach mehrjährigen Vorbesprechungen über die ihm zuzuweisenden Aufgaben in seiner jetzigen Zusammensetzung gegründet worden. Mitglieder des Ausschusses sind vornehmlich Vertreter der öffentlich-rechtlichen Körperschaften und der karitativen Organisationen, die in eigenen Einrichtungen Rehabilitation betreiben oder die gesetzlich zur Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen für Behinderte verpflichtet sind. Die Zusammenarbeit dieser Träger in dem Deutschen Ausschuß sollte vor allem der Koordination dienen.
Wegen dieser Aufgabenstellung wurde bisher davon abgesehen, Vertreter der Verbände der Behinderten in den Ausschuß aufzunehmen. Auch die Überlegung, daß der Ausschuß bei einer repräsentativen Vertretung aller Gruppen von Behinderten eine seiner Arbeitsfähigkeit nicht dienliche Größe erhalten könnte, war für diese bisherige Entscheidung bestimmend. Denn zum Ausschuß gehören einschließlich der Vertreter der zuständigen Bundesressorts bereits jetzt rund 50 Mitglieder.
Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung verkennt aber nicht die Bedeutung der Verbände der Behinderten, die durch zahlreiche eigene Veranstaltungen und Veröffentlichungen zur Lösung der zahlreichen Rehabilitationsprobleme erheblich beitragen. Er ist daher bereit, die Frage der Mitgliedschaft der Verbände der Behinderten im Deutschen Ausschuß mit den Beteiligten zu erörtern. Ich werde mir erlauben, Sie im Anschluß daran über die Auffassung der Bundesregierung zu unterrichten.
Keine weitere Frage.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Frage VII/1 des Abgeordneten Rawe:
Ist es richtig, daß nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz die Beamten und Richter während der Ableistung des Grundwehrdienstes schlechter gestellt sind als die übrigen Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst?
Herr Präsident, darf ich mir erlauben, die beiden Fragen des Herrn Abgeordneten Rawe gemeinsam zu beantworten.
Der Fragesteller ist einverstanden. Frage VII/2 des Abgeordneten Rawe:
Was gedenkt die Bundesregierung bei Bejahung der Frage VII/1 zu tun, um diese unterschiedliche Behandlung künftig zu vermeiden?
Grundsätzlich sind die Beamten und Richter nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz während des Grundwehrdienstes ebenso gestellt wie die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst. Beide Personenkreise erhalten Dienstbezüge oder Arbeitsentgelt, wenn sie nach Vollendung des 25. Lebensjahres einberufen werden. Wird dagegen das 25. Lebensjahr während des Grundwehrdienstes vollendet, dann erhalten nur die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst Arbeitsentgelt, während die Beamten weiterhin nach dem Unterhaltssicherungsgesetz !abgefunden werden. Diese Fälle sind selten.
Gleichwohl soll auch diese unterschiedliche Regelung durch Änderung des Arbeitsplatzschutzgesetzes beseitigt werden, so daß künftig auch die Beamten in diesen Fällen Dienstbezüge erhalten werden. Die Änderung ist im Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes vorgesehen. Der Gesetzentwurf fand insoweit bei der ersten Beratung des Entwurfs im Bundesrat bereits dessen Zustimmung, und zwar am 13. Mai dieses Jahres. Er wird dem Bundestag in Kürze zugehen.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Rawe.
Herr Minister, ist daran ge- dacht, daß diejenigen, die inzwischen eine Minderung ihres Einkommens erfahren haben, auch einen Ausgleich erhalten werden?
Ich darf Sie darauf verweisen, daß wir auf Grund der Erfahrungen diese Novellierung eingebracht haben, und ich darf anregen, daß hier im Zusammenhang mit den Beratungen im Deutschen Bundestag diese einzelnen Fragen nachher noch einmal untersucht werden.
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Fragen VII/3, VII/4 und VII/5 des Abgeordneten Dröscher übernimmt der Herr Abgeordnete Felder. Ich darf zunächst die Frage Nr. VII/3 aufrufen:
Warum werden bei den Wehrbezirksverwaltungen die gegen Entscheidungen der Kreiswehrersatzämter eingelegten Rechtsmittel so zögernd bearbeitet, daß die Entscheidungen meist erst so kurz vor dem Einberufungstermin ergehen, daß die Erhebung von Klagen am Verwaltungsgericht mit Aussicht auf Erfolg nicht mehr möglich ist?
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2554 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966 2555
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2556 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966
— Drucksache V/753 —Berichterstatter: Abgeordneter Schmitt
Wünschen die beiden Herren Berichterstatter das Wort? — Das ist nicht der Fall. Dann erteile ich dem Herrn Bundesminister für Wirtschaft das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir ist gesagt worden, daß die allgemeine Aussprache vor der zweiten Lesung stattfinden soll. Aus diesem Grunde habe ich mich jetzt schon zu Wort gemeldet.Am 16. März haben wir in diesem Hohen Hause ausführlich über die Situation des Steinkohlenbergbaus diskutiert. Wir waren uns alle darin einig, daß unsere Energiepolitik zuerst auf die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit und des Wachstums unserer Wirtschaft im ganzen zu achten hat, daß sie aber ebenso auch auf die Überwindung der Strukturschwierigkeiten im Steinkohlenbergbau hinwirken muß.Ich habe Ihnen in dieser Energiedebatte das energiepolitische Programm bekanntgegeben, das die Bundesregierung am Beginn dieser Legislaturperiode in Ergänzung der bisherigen energiepolitischen Maßnahmen ausgearbeitet hat. Die Debatte in diesem Hohen Hause zeigte die Bereitschaft, dieses Programm der Regierung als notwendig und richtig zu unterstützen.Herr Präsident, meine Damen und Herren, das energiepolitische Programm der Bundesregierung ist auf das zugeschnitten, was angesichts der Situation auf dem Energiemarkt und im Steinkohlenbergbau angezeigt ist. Es ist zugleich aber auch von dem bestimmt, was gesamtwirtschaftlich vertreten werden muß. Natürlich müßte man manches hinzufügen, wenn man alle Wünsche befriedigen wollte. Man muß dann aber auch sehen, daß dies sehr viel Geld kostet, und zwar sehr viel mehr, als wir vorgesehen haben, und noch mehr, als wir zur Verfügung haben.Das sehen Sie sehr anschaulich in der Stellungnahme der Bundesregierung zu den Vorschlägen, die zu dem heute hier beratenen Gesetz über die Sicherung des Einsatzes von Steinkohle in der Elektrizitätswirtschaft gemacht worden sind. Niemand, der es ernst meint oder der erst genommen werden will, kann behaupten, die Regierung tue zu wenig für den Bergbau. Auch kann niemand ernsthaft leugnen, daß die Bundesregierung ihr energiepolitisches Programm zielstrebig verfolgt. Man braucht sich doch nur einmal vor Augen zu führen, welche Maßnahmen bereits getroffen worden sind
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966 2557
Bundesminister Schmückerund welche Mittel von der öffentlichen Hand, das heißt ganz überwiegend vom Bund, aber auch durch die Landesregierung Nordrhein-Westfalen, für den Steinkohlenbergbau aufgewendet werden. Eher ist es verständlich, wenn sich die Bundesregierung gegen den Vorwurf zu wehren hat, sie tue des Guten zuviel.Seit 1958 wird der Steinkohlenbergbau gegenüber der wesentlich billigeren Einfuhrkohle durch eine Kontingentierung und den Kohlezoll von 20 DM je Tonne wirksam abgeschirmt. Der Wettbewerb des Heizöls wird durch die Selbstbeschränkung der Mineralölunternehmen und die Lizenzierung der Erdöleinfuhren wesentlich gezügelt. Die Rationalisierung des Bergbaus wird durch steuerliche wie auch direkte Hilfen gefördert. Außerdem werden für den Kohleeinsatz in Heizwerken Beihilfen und für den Bau von Steinkohlenkraftwerken steuerliche Hilfen gewährt. Für die Bergleute wird seit 1959 ein von Jahr zu Jahr ständig verbessertes Programm von Anpassungshilfen angewendet. Schließlich sollte auch nicht übersehen werden, daß der Bund jährlich über 2,5 Milliarden DM aufgewendet, um die Leistungen der Sozialversicherung im Bergbau zu sichern und dem Bergbau die sozialen Lasten in der Renten- und Unfallversicherung weitgehend zu erleichtern. Die Heizölsteuer hat wesentlich dazu beigetragen, daß dieses Programm bisher finanziert werden konnte.Ich will es bei dieser Aufzählung belassen. Sie wissen selbst, daß auch schon in der Vergangenheit sehr viel mehr für den Bergbau getan worden ist. Aber alle diese Hilfen haben das Problem bisher nur teilweise lösen können. So drohte dem Steinkohlenbergbau an der Ruhr in der vergangenen Woche eine schwere Auseinandersetzung der Tarifpartner. Die Bundesregierung begrüßt es, daß ein Arbeitskampf abgewendet werden konnte. Er hätte für unsere gesamte Wirtschaft unheilvolle Folgen gehabt. In erster Linie wären davon aber die Bergarbeiter selber schwer betroffen worden. Ein Streik im Bergbau hätte niemandem genutzt. Er hätte nichts zur Lösung der schweren Aufgabe beigetragen, vor die der Steinkohlenbergbau gestellt ist. Die Bundesregierung und die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen haben die Beilegung des Tarifstreits aus diesem Grunde und mit Rücksicht auf die sozialen Folgen für die Bergarbeiter durch einen maßgeblichen Beitrag ermöglicht. Ich brauche dennoch nicht zu verhehlen, daß der in diesem Tarifstreit schließlich gefundene Kompromiß nicht jedermann voll befriedigen kann. Das soll aber bei Kompromissen häufiger vorkommen. Auch an der Saar stehen wir noch vor der Beilegung des Tarifkonflikts. Ich bin aber zuversichtlich, daß auch hier eine Lösung gefunden werden kann.Meine Damen und Herren, die Ergänzungen des energiepolitischen Programms, die die Bundesregierung diesem Hohen Hause zugunsten des Steinkohlenbergbaus am 16. März 1966 vorgeschlagen hat, sind inzwischen allesamt in Angriff genommen worden. Der Gesetzentwurf, die Richtlinien und Vereinbarungen über die Gewährung einer Stillegungsprämie von 15 DM je Tonne und der Lastenausgleichsablösung von durchschnittlich 8 DM je Tonnebei Zechenschließungen sowie die steuerliche Behandlung der Aktionsgemeinschaft Deutsche Steinkohlenreviere GmbH sind von den beteiligten Bundesressorts in Zusammenarbeit mit den Verbänden der Wirtschaft weitgehend vorbereitet. Die Bundesregierung erwartet nun die Gründung der Aktionsgemeinschaft durch die Wirtschaft. Für die Verbesserung der sozialen Leistungen für die Bergleute in der Renten- und in der Arbeitslosenversicherung hat die Bundesregierung ihren Gesetzentwurf vorgelegt, der auch heute beraten wird. Die Verhandlungen mit der Hohen Behörde der Montanunion über die Verbesserung der Anpassungshilfen für die von den Rationalisierungsmaßnahmen betroffenen Bergarbeiter sind bereits abgeschlossen. Die Bekanntgabe der neuen Richtlinien durch den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung steht unmittelbar bevor. Der Gesetzentwurf über die Verlängerung der Heizölsteuer hat bereits den Bundesrat passiert und wird in Kürze diesem Hohen Hause zugeleitet werden. Die Verlängerung der Heizölsteuer ist im Interesse der weiteren Anpassung des Steinkohlenbergbaus unbedingt erforderlich. Die energiepolitischen Maßnahmen, die dieser Anpassung dienen, müssen durch sie finanziert werden. Das sehen Sie am besten an dem Finanzbedarf des Ihnen heute vorliegenden Gesetzentwurfs von 1650 Millionen DM.Ein besonderes Kapitel im energiepolitischen Programm der Bundesregierung wie auch jeder anderen Regierung in der europäischen Gemeinschaft ist die Frage nach einer europäischen Lösung des Kohle-problems im allgemeinen und der wettbewerbsneutralen Kokskohleversorgung der Stahlindustrie. Der Kohle- und Koksverbrauch der _Stahlindustrie ist neben dem Kohleverbrauch der Elektrizitätswirtschaft der andere tragende Eckpfeiler des Steinkohlenbergbaus. Zur Zeit verbraucht die deutsche Stahlindustrie 27 Millionen t Kokskohle im Jahr. 13 Millionen t Kokskohle werden in die Stahlindustrie unserer Partnerländer geliefert. Ich meine, daß die Zahl von insgesamt 40 Millionen t Kohle alles über die Bedeutung dieses Absatzbefeiches des Steinkohlenbergbaus aussagt.Ich habe alles darangesetzt, für diesen Teil des Steinkohlenabsatzes wie auch für die Probleme der Stahlindustrie selbst eine gemeinschaftliche Lösung aller Vertragspartner der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl in Luxemburg herbeizuführen. Es ist Ihnen bekannt, daß auf Grund meiner Initiative im Ministerrat vom 7. März 1966 ein Sonderausschuß der sechs Regierungen und der Hohen Behörde intensive Untersuchungen und Beratungen über die Möglichkeiten einer Gemeinschaftslösung führt. Diese Verhandlungen sind sehr schwierig; aber es zeigt sich doch, daß ein hohes Maß an Bereitschaft zur Zusammenarbeit und zur Lösung durch einen Kompromiß vorhanden ist. Wir haben durch einen unmittelbaren Kontakt mit den beteiligten Regierungen darüber hinaus für unseren Standpunkt geworben, haben jede Gelegenheit, auch die vor einigen Tagen vorhandene, ausgenutzt, um das zu intensivieren. Dennoch wäre es heute verfrüht, eine Voraussage über den möglichen Inhalt und den Umfang einer Gemeinschaftsregelung für die Koks-
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2558 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966
Bundesminister Schmückerkohlenversorgung der Stahlindustrie zu machen. Ich möchte auch nicht den Beratungen vorgreifen, die die Minister der sechs Mitgliedstaaten und die Hohe Behörde am 12. Juli führen werden. Ich bin aber der Ansicht, daß dieser Tag eine Bewährungsprobe der Montangemeinschaft sein wird.
Die Probleme, vor die uns die Frage der Kokskohlenversorgung der Stahlindustrie und der Wettbewerb unserer Steinkohle auf den Märkten der Gemeinschaftsländer stellt, sollte niemand im Zweifel darüber lassen, daß eine Gemeinschaftslösung notwendig ist und daß, wenn diese nicht zustande kommt, wir nationale Lösungen finden müssen. Hierüber habe ich im Ministerrat in Luxemburg am 7. März sowie am 3. Mai dieses Jahres und ebenso in bilateralen Gesprächen mit unseren europäischen Partnern keinen Zweifel gelassen.Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die andere tragende Säule für den Steinkohlenbergbau ist der Absatz in der Elektrizitätswirtschaft. Sie wissen aus den zahlreichen Diskussionen, daß die Elektrizitätswirtschaft mit 33 Millionen t Steinkohle pro Jahr der größte Kohleverbraucher ist. Der Ihnen heute vorliegende Gesetzentwurf hat zum Ziel, der Kohle den jetzigen Anteil an der Stromerzeugung von 50 % bis Ende 1970 zu isichern. Die Entwicklung moderner Stromerzeugungsanlagen auf der Grundlage anderer Primärenergien, in erster Linie der Kernenergie, soll dadurch aber nicht behindert werden.
Vizepräsident Schoettle: Das Wort hat der Abgeordnete Professor Dr. Schiller.
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— Ja genau!
Wir haben das ja gemeinsam bedauert.
Ich meine Sie ja auch gar nicht. Die betroffene Wirtschaft — das kann ich wohl feststellen — konnte nur schriftlich, nicht in Hearings gehört werden.In dieser Sitzung, als der Zeitablauf und der Zeitdruck, in den wir so geraten waren, besprochen wurde, hat Staatssekretär Neef in einem sehr abgewogenen Überblick über die Situation am 22. Juni von einer „neuen Energiepolitik" der Bundesregierung gesprochen. Ich habe mich gefragt: Wann begann diese neue Energiepolitik? Ich sage das, damit wir einmal den Zeitablauf sehen; denn gerade der Zeitablauf in diesem Gesetz ist ja wichtig gewesen. Es läßt sich datieren: Sie begann nach meiner Ansicht am 30. November des vergangenen Jahres, als in der Debatte über die Regierungserklärung der Herr Bundeswirtschaftsminister wörtlich folgendes sagte:Die Kohleförderung muß den Absatzmöglichkeiten angepaßt werden und nicht umgekehrt.Das war, meine Damen und Herren, die feierliche Aufkündigung des früheren 140-Millionen-TonnenFörderungsziels.
Es war die feierliche Aufkündigung der jahrelang vorgezauberten Fata Morgana von den 140 Millionen Tonnen,
jener Fata Morgana, die bis zu diesem Tage aufrechterhalten wurde und die immer noch — auch nach dem sozialen Konflikt — mit zu der Unruhe im Bergbau beiträgt. Das läßt sich ja nicht mit einem Mal wegwischen.Meine Damen und Herren, was geschah nun seitdem? Ich habe damals festgestellt: Das ist wohl eine Wende, wenn gesagt wird, jetzt müsse die Produktion dem Absatz angepaßt werden. Der Herr Minister hat heute auf einige Punkte, die inzwischen aufgetreten sind, hingewiesen. Ich erwähne dazu auch die Änderung in der Einfuhrlizenzierung für Öl. Ich bin dankbar, wir alle sind wohl dankbar, daß man da nicht weitergegangen ist, was die Importe betrifft. Es wurde auch auf Regelungen in bezug auf neue Stillegungsprämien und ähnliches hingewiesen. Aber die erste wichtige Teilkonsequenz aus der Erkenntnis vom 30. November wird jetzt erst, nach sieben Monaten, mit diesem Entwurf in diesem Hause realisiert. Sieben Monate, so können wir sagen, meine Damen und Herren, sind wohl neuerdings nach unseren Erfahrungen für diese Regierung die normale Zeiteinheit zwischen Erkenntnis und praktischer Durchführung auf diesem Gebiet wie auf anderen Gebieten. Wir haben eine Regierung nicht der frühen Stunde, sondern der letzten Stunde, eine Regierung der Eile kurz vor Toresschluß in diesem Bereich in den letzten 14 Tagen dieser Session, in dieser Situation in Nordrhein-Westfalen. Durch diese große Verzögerung — das muß hier gesagt werden — ist dieser Gesetzentwurf nicht in der Energiedebatte im März behandelt worden, zeitlich auch nicht etwa in die Nähe der Haushaltsdebatte gelangt; sondern dieser Gesetzentwurf ist — das müssen wir klipp und klar feststellen — nunmehr in die besondere politische Phase des Landes Nordrhein-Westfalen und in den Tarifkonflikt hineingeraten, der vorige Woche abgewendet wurde.
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Dr. SchillerDiese Verspätung hat die Umstände der Behandlung dieses Gesetzentwurfes im Ausschuß und wohl auch in diesem Hause besonders geprägt. Ich muß das deutlich sagen. Am 22. Juni abends, am gleichen Tage, an dem die Sitzung des Wirtschaftsausschusses stattfand, hat der Vertreter des Unternehmensverbandes Ruhrbergbau mit Pokermiene trocken verkündet, Voraussetzung für die Lösung des sozialen Konflikts sei erstens die Zahlung von 140 Millionen DM im Verhältnis 2 : 1 durch Bund und Land an den Unternehmensverband und zweitens die Verabschiedung des Regierungsentwurfs des vorliegenden Gesetzes im Bundestag.
Meine Damen und Herren, dieser Vorgang, den wir alle im Wirtschaftsausschuß doch bemerkt haben, muß einfach festgehalten werden.
Weil der Entwurf so spät kam, geriet hier die staatliche Autorität unter den harten Druck der ökonomisch-politischen Hebel der Verbände. Sie alle — so habe ich es im Ausschuß gesagt, und Herr Burgbacher hat mir durch Kopfnicken zugestimmt —, Sie alle, auch Sie von der Regierungskoalition, sitzen, was diesen Druck der Hebel betrifft, mit uns im gleichen Boot. Das sollten wir an dieser Stelle feststellen. Es ist kein Anlaß zu staatspolitischem Pathos oder zu großer Selbstbeweihräucherung bei diesem Gesetzentwurf. Im Gegenteil, es geziemt uns allen, bei diesem Vorgang angesichts der offenen Verkündung, daß das Vorbedingung und Bestandteil sei, ernste Zwiesprache mit dem Art. 38des Grundgesetzes zu halten, der bekanntlich sagt, daß die Abgeordneten „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen" seien. Sicherlich war es nur eine harmlose Protokollnotiz, die da am Abend noch einmal verkündet wurde; und es war einer, der den Landfrieden, koste es, was es wolle, machen wollte. So ist es geschehen. Ich schildere das vom Parlament her mit allem Nachdruck und allem Ernst, um damit gleichzeitig zu sagen, daß in dieser Situation des 22. Juni und der Tage danach eine grundsätzliche Umgestaltung des vorgelegten Gesetzentwurfs nicht mehr möglich war.Wir sagen von der SPD-Fraktion inhaltlich ja zum § 1 des Gesetzentwurfs und seinem Grundsatz des Preisausgleichs bei der mehrverbrauchten Kohle und beim Neuverbrauch von Kohle gegenüber dem Heizöl in der Energieproduktion. Das ist klar, und das haben wir durch unseren Antrag vom März schon vorweg gedeckt. Aber in der Diskussion im Ausschuß haben wir klargemacht: Es wäre uns lieber gewesen, das Prinzip des § 1 wäre im ganzen Gesetz rein durchgeführt. Das hieße also: Im § 1 voller Rechtsanspruch auf den Preisausgleich für jede in Frage kommende Unternehmung in der Energiewirtschaft, dafür aber auf der anderen Seite Verzicht auf die Dirigismen der §§ 2 bis 10, der Dirigismen, die ja Genehmigungszwang bedeuten, d. h. praktisch, meine Damen und Herren — machen wir uns nichts vor —, den Bezugschein für Heizölverbrauch über die Referenzmenge hinaus bedeuten.Wir befanden uns mit dieser Auffassung, § 1 zu verstärken, den Grundsatz ganz durchzuführen und dafür auf die Dirigismen der §§ 2 bis 10 zu verzichten, in guter Gesellschaft. Wir entsprachen damit erstens dem Modell des Wirtschaftsausschusses im Bundesrat, zweitens dem ausdrücklichen schriftlichen Vorschlag der Vereinigung deutscher Elektrizitätswerke. Wir entsprachen drittens mit dieser unserer Auffassung der Meinung des Deutschen Industrie- und Handelstages, meine Damen und Herren, der uns in einem Fernschreiben von Dr. Schneider auch in dieser Richtung am Tage der Beratung, am 22. Juni, beschwor, und viertens, glaube ich, auch der wesentlichen Meinung der maßgebenden Wirtschaftsjournalisten in der deutschen Presse. Ich zitiere nur „Die Welt" vom 13. Juni:Das Unbehagen über das geplante Gesetz sollte vielleicht doch noch einmal auf die Vorschläge des Wirtschaftsausschusses des Bundesrates aufmerksam machen. Der Vorschlag lehnt das Kurieren am Symptom ab und regt eine generelle Subvention des Kohlenmehrverbrauches in den Elektrizitätswerken an. Auch an dieser Stelle— so wird gesagt —ist die Subvention beim Verbraucher, angebunden an den Heizölpreis, schon als praktikabel bezeichnet worden. Sie erhält den Wettbewerb, weil kein Dirigismus stattfindet, und schafft keinerlei Verzerrungen ...Wir konnten diese Umgestaltung des Gesetzes nicht vornehmen, wie ich sagte, erstens aus den geschilderten Umständen und zweitens, weil wir feststellen mußten — bei dieser Beratung war der Herr Staatssekretär Neef nicht mehr zugegen —, daß diese Alternative — § 1 mehr und dann Verzicht auf die Dirigismen von § 2 bis § 10 — bei der Exekutive nicht genügend vorbereitet war, einfach nicht durchgéspielt war. Nach vielem Fragen und Insistieren bekamen wir die Auskunft, daß dieser Weg des vollen Anspruchs auf den Preisausgleich und des Verzichts auf die Dirigismen in etwa einen Mehraufwand an Finanzmitteln von 20 % erfordern würde. Aber das war eine vage Auskunft. Wenn sie exakt gewesen wäre, hätte man darüber streiten können und sich ausführlich unterhalten können, ob der Mehraufwand in Höhe von 20 % es nicht lohnen würde, dann auf die Verzerrung und die Dirigismen der §§ 2 bis 10 zu verzichten.
— Ja; wenn wir das über zehn oder fünfzehn Jahre verteilen, kommen wir schon beinahe an die Kosten der besonderen Verwaltungseinrichtung für die Investitionskontrolle heran. Aber wir können immerhin — das möchte ich drittens sagen — mit einer gewissen Genugtuung feststellen, daß die Regierung gegenüber ihrem ursprünglichen Entwurf jetzt einige dirigistische Zähne weggelassen hat. Dabei wissen wir — deswegen erwähne ich das hier auch —: Die Philosophie des Unternehmensverbandes in all den Monaten — Sie haben Unterhaltungen gehabt, und wir haben Unterhaltungen gehabt —
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Dr. Schillerzur Lösung der Kohlenkrise, meine Damen und Herren, war denkbar primitiv. Sie bestand einfach in dem Angenageltsein auf dem alten § 3 oder 5, einfach nach dem Motto — so taktierte der Unternehmensverband —: Wo finden wir einen Kohle abnehmenden Wirtschaftszweig, bei dem wir durch behördlichen Beimischungszwang dessen weitere Expansion einfach mitmachen können? Das war die ganze Philosophie. Ich nenne das „Huckepack-Haltung". Alles andere wurde dann bei dieser Haltung des Unternehmensverbandes relativ uninteressant. Z. B. die von uns vorgeschlagene Verbilligung der Kokskohle für die Stahlindustrie war dann in jener Perspektive keine so wichtige Angelegenheit; Hauptsache, so meinte man, der Beimischungszwang in der Elektrizitätswirtschaft.So ist das heute — und das stelle ich, glaube ich, mit Objektivität fest — wenigstens nicht das Schlimmste, sondern ein bescheidener Fortschritt, was uns jetzt in der Formulierung des § 2 vorliegt. Aber es bleibt doch, Herr Schmücker, der Rest — ich möchte sogar sagen, der dicke Rest — von Dirigismen in der Fülle der Ermessensentscheidungen ab §§ 2 bis 10. Es bleibt die Duplizität von zwei Stellen, die sich mit Investitionskontrolle zu befassen haben, das Frankfurter Amt und die normalen Instanzen des Energiewirtschaftsgesetzes, und ich frage mich einmal nun auch im Blick auf die Kohle: Wie soll man in der Kohle- und in der Energiewirtschaft in Zukunft eigentlich disponieren, wenn das Gesetz so gehandhabt wird — wozu es in einer Formulierung, worauf Herr Schmücker hinwies, auch sogar Anlaß gibt —, wie es ein Vertreter der Exekutive sehr salopp schilderte: „Wenn kein Geld mehr da ist — das heißt, wenn die 30 Millionen DM erschöpft sind —, dann wird eben der Verbrauch von Heizöl genehmigt." Ich frage mich, meine Damen und Herren: Wie soll die Wirtschaft da disponieren? Es ist ein sehr simples Rezept in dieser saloppen Auslegung, das von einem gewissen Hochmut der Ämter spricht, und vor allen Dingen wird mit dieser Interpretation nun ganz deutlich: So vernünftig die Richtung des Gesetzes ist — mit dieser Regelung und mit diesen Ermessensfreiheiten für die Behörden wird dem Bergbau kein stabiler Absatzmarkt in der Energiewirtschaft gegeben.
Um hier etwas die Willkür der Behörden zu beschneiden und die Unsicherheit in dieser Beziehung für den Bergbau zu mildern, um auch die regionalen Erfordernisse von Nordrhein-Westfalen bis Bayern in der Durchführung des Gesetzes zur Geltung kornmen zu lassen, haben wir beantragt — der Antrag liegt Ihnen vor, er wird nachher sicherlich noch ausführlicher und besser begründet werden —, daß durch einen zusätzlichen Absatz zum § 1 — also den siebten Absatz — die Bundesregierung aufgefordert wird, die Richtlinien für die Zuschußgewährung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates festzusetzen.Das Ergebnis dieser immanenten Analyse samt den Umständen führt uns zu folgendem Ergebnis: die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird dem Gesetzentwurf differenziert und mit Modifikationen zustimmen. Ich sagte: das Gesetz ist ein halber Schritt, und die zitierte neue Energiepolitik, von Herrn Neef dargestellt, ist nach wie vor ein Torso, wie ich gleich zeigen will, und einganz schöner Haufen schöner Versprechungen. Sicherlich, der soziale Konflikt, der Tarifkonflikt im Ruhrbergbau ist abgewendet, er ist gelöst; Wir freuen uns darüber. Die Sicherung des arbeitenden Menschen ist, glaube ich, für Sie und uns der erste Grundsatz unserer Energiewirtschaftsprogramme und unserer Energieanpassungisprogramme dieser Monate gewesen.Ich möchte aber dazu noch ein Wort sagen. Es ist nicht unser Anliegen, zu dem Konflikt im einzelnen, zu seinen Ergebnissen, soweit sie die beiden autonomen Tarifparteien angehen, hier etwas zu sagen. Wir müssen aber auch bei diesem Konflikt hier in diesem Hause Verständnis für das echte Dilemma haben, in dem sich die Vorsitzenden der IG Bergbau und Energie befanden. Ich kann immer nur sagen: sorgen Sie einmal in einem schrumpfenden Wirtschaftszweig dafür, daß das qualitativ genügende Angebot von Arbeitskraft da ist, ohne daß Sie als Gewerkschaft mit einer Lohnbewegung Schritt halten können, die nach der Produktivitätssteigerung sowohl der Gesamtwirtschaft als auch des Kohlenbergbaus angemessen wäre.
Die Produktivitätssteigerung ist ja da. Halten Sie mal als Gewerkschaftsführer die Leute in einer Situation zusammen, in der es aus marktmäßigen Gründen nicht möglich ist, für das erzeugte Produkt die Lohnsteigerungen herbeizuführen, die dem allgemeinen und speziellen Produktivitätsfortschritt entsprechen würden.Wir alle müssen doch folgendes würdigen. Wenn die Gewerkschaften es hingenommen hätten, daß praktisch ein Lohnstopp eingetreten wäre, dann hätte das bedeutet, daß die Leute dort im Bergbau binnen kurzem auseinandergelaufen wären.
Dann wäre von der Arbeitskraftseite her aus der geordneten Anpassung des Steinkohlenbergbaus nichts geworden; dann wäre aus dem Gleitflug der gesamten Bergbauwirtschaft von der Arbeitskraftseite her der rasante Absturz geworden.
Im Hinblick auf diesen sozialen Konflikt, aber zeitlich vor dem Tarifkonflikt, jedoch im Hinblick auf das große Dilemma, in ,dem sich dort die Leute befinden, haben wir von der sozialdemokratischen Fraktion rechtzeitig einen klaren Schritt zur Entlastung der Lage im Arbeitskraftbereich vorgeschlagen. Wir haben schon im März die allgemeine Herabsetzung des Rentenalters für Bergleute auf 55 Jahre und bei Stillegungen auf 50 Jahre vorgeschlagen. Hätten Sie von der Koalition den Antrag angenommen, dann hätten Sie und wir rechtzeitig einen Beitrag zur größeren sozialen Ruhe im Revier geleistet, dann hätten wir manches verhindert.
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2562 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966
Dr. SchillerHätten Sie diesem klaren und scharfen Schnitt, der doch auch aus allerlei anderen Gründen notwendig ist — denken Sie an die gesundheitlichen Verhältnisse im Bergbau; ich brauche das hier nicht zu erzählen —, zugestimmt, dann wären wir weiter gewesen.Wir haben unsere Vorschläge, wie Sie alle wissen, bei der nächsten Gelegenheit, nämlich bei der Haushaltsdebatte, wiederholt. Wir haben diesen Antrag genau mit Deckungsvorschlägen versehen; er kostete für dieses Jahr 56 Millionen DM. Das war auch vor dem Tarifkonflikt und wäre ein praktischer Beitrag gewesen, um Sicherheit und soziale Ruhe und Gefühl für Stabilität bei den Bergleuten zu verbreiten. Sie haben das abgelehnt. Ihre danach und jetzt eingebrachten sozialpolitischen Ersatzmaßnahmen für unsere klaren Vorschäge bringen sicherlich manches, aber sie bringen nicht die klare Lösung; sie sind in der Qualität etwas anderes und sie sind eine geringere Entlasung für den sozialen Druck, der dort herrscht.Meine Damen und Herren, der Entwurf ist auch nicht nur in menschlicher und sozialpolitischer Hinsicht nicht ergänzt durch entsprechende klare Maßnahmen; er ist auch — und das hat der Minister eben zugegeben — absatzpolitisch ein Fragment. Machen wir uns doch nichts vor: Der Preisausgleich für Kohle im Energiebereich genügt allein nicht. Ich glaube, wir sind uns alle darüber einig: wie der rechte zum linken Schuh, so gehört zu dieser Energieregelung die Koksverbilligung für die deutsche Stahlindustrie.
Mit Energiewirtschaft und Stahlindustrie, mit diesen beiden Sofortmaßnahmen Verbilligung und Herunterschleusung der Preise auf die Konkurrenzprodukte, hätten wir — ab März ist das von uns vorgeschlagen worden — zirka 54% des Absatzes des deutschen Steinkohlenbergbaus gesichert. Jetzt haben wir nur einen kleinen Schritt in Richtung auf eine Teilgröße getan.Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie sagen — heute ist es wiederholt worden —, daß man diese Koksverbilligung für die Stahlindustrie nicht jetzt beschließen kann, nicht im März und nicht bei der Haushaltsdebatte beschließen konnte, und zwar wegen Luxemburg. Die Voraussage in bezug auf Luxemburg durch Herrn Schmücker eben war nur sehr moderato; dazu will ich mich gar nicht äußern. Wir haben unsere Pflicht getan und neulich mit unserer Resolution dem Herrn Minister einige Dinge mit auf den Weg gegeben. Er möge sehen, wie er da durchkommt, und wir wünschen ihm alles Gute und viel Erfolg. Aber das ist doch alles nur Versprechen; die Tagung in Luxemburg findet am 12. Juli, also nach dem Dies irae statt; das müssen wir erst einmal feststellen. Als ich im Ausschuß sagte, ob man diesen Gang nach Luxemburg nicht viel früher und gerade am Anfang mit viel stärkerem Nachdruck hätte antreten sollen,
da erhielt ich von beiden Seiten des AusschussesBeifall. Ich hoffe, daß ich damit keinen Schaden anrichte: Ich erhielt sogar Beifall von Vertretern der Exekutive. Es bleibt also bestehen, daß diese wichtige Angelegenheit nach Meinung aller Beteiligten früher und mit mehr Nachdruck hätte angefangen werden müssen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter?
Bitte sehr!
Herr Kollege Professor Schiller, haben Sie sich für die Möglichkeiten bei der Verbilligung der Kohle für die Stahlindustrie einen Plan für die Größenordnung der Verbilligung und der Zahlungen, sprich der Subventionen, gemacht, und wollen Sie dann die Kette für die weiteren Industrien in der Bundesrepublik fortsetzen?
Herr Blumenfeld, dazu muß ich Ihnen etwas erzählen, was hier im Hause mehrfach dargelegt worden ist. Aber da haben wir wohl nicht die Freude gehabt, Sie in unserer Mitte zu sehen!Erstens war es das Konzept von uns — und ich glaube, im Prinzip auch das der Bundesregierung, es fehlte dort nur die entsprechende Durchführung —, daß wir eben nicht mehr den gesamten Absatz der Steinkohle in dem alten Umfang sichern und subventionieren können, daß wir aber zwei tra- ditionelle und wichtige Absatzbereiche herausnehmen — das sind die 54 % — und das übrige, den Export und andere Dinge und Bereiche, dem Wettbewerb der Steinkohle, die ja immer noch durch den Importzoll gestützt ist, überlassen. Das ist die erste Entscheidung.Die zweite Entscheidung! Wir in der SPD-Fraktion haben genau gerechnet. Wenn Sie das genau gehört und verfolgt hätten — Herr Westphal hat das in der Haushaltsdebatte ausführlich dargelegt —, wenn Sie den Export von deutschem Koks oder deutscher Kokskohle mit einbezögen, hätte sich nach den Durchschnittszahlen des Preisausgleichs und auch, glaube ich, den Schätzungen des Wirtschaftsministeriums für ein Jahr ein Betrag von 300 Millionen DM ergeben. Wir haben eine Konstruktion vorgeschlagen, nach der nur der Verbrauch von Gemeinschaftskoks bei der Stahlindustrie den Preisausgleich erhält. Dadurch kamen wir auf 200 Millionen DM, und nach Adam Riese ergaben sich dann nach unserem Antrag für das halbe Jahr 1966 100 Millionen DM. Herr Blumenfeld, ich bitte um Verzeihung. Ich mußte das wiederholen. Für die anderen war das tatsächlich eine alte Platte. Ich bitte aber um Nachsicht.Ich möchte nur feststellen: solange der Absatz der deutschen Steinkohle im Stahlbereich nicht gesichert ist, Herr Minister Schmücker, hinkt der deutsche Bergbau auf einem Bein. Und nicht nur das! Solange dieses Problem der Verbilligung, der Preisangleichung der Kokskahle in der Stahlindustrie ungelöst ist — und jeder Tag ist da wichtig —, droht der Infekt der Krise für die deutsche Stahlindustrie, für
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Dr. Schillerden zweiten großen Wirtschaftszweig in Nordrhein-Westfalen. Wir stehen doch jetzt mittendrin. Die ersten Anzeichen der Ansteckung, daß die Krise im Steinkohlenbergbau via Kostensteigerungen auf die Stahlindustrie übergreift, sind da. In diesem Übergang befinden wir uns. Ich kann sowohl die Regierung des Bundes wie die Regierung des Landes nur davor warnen, hier wiederum ungebührliche Zeit verstreichen zu lassen — diesmal mit Aussicht auf Luxemburg. Jeden Tag werden die schlechten Zahlen in der Stahlindustrie aus diesem Grunde — wegen dieser Kostendifferenz, wegen dieser Wettbewerbsverzerrung — noch schlechter. Ich möchte davor warnen, daß man hier wie auf anderen Gebieten erneut den Fehler begeht, daß man die Dinge monatelang entgegen unseren Anträgen schleifen läßt und daß man dann aus der Not am Ende schließlich den völlig falschen Weg geht, nämlich — Sie kennen ja auch die Anzeichen — nicht den Weg der Unkostensenkung für die Stahlindustrie bei der Verwendung der Kohle, sondern den Weg der Abwälzung auf die Verbraucher, d. h. den geschlossenen Marsch ins Verkaufssyndikat und in die Kartelle, die Abwälzung dieser Verzerrung auf die abnehmende Industrie und damit den Schritt über den Rubikon auch für die deutsche verarbeitende und Maschinenbauindustrie. Das wäre die Konsequenz der Infektion: vorn Steinkohlenbergbau über die Stahlindustrie in die übrige Wirtschaft.Das alles rechtzeitig abzufangen war der Sinn unserer sicherlich auf den ersten Blick nicht sehr populären Anträge. Der Stahlindustrie sollten in diesem halben Jahr 100 Millionen DM, im nächsten Jahr 200 Millionen DM gegeben werden, um die Preisdifferenz zugunsten der deutschen Steinkohle auszugleichen. Wir haben das also rechtzeitig beantragt. Wir haben 156 Millionen DM einschließlich der sozialpolitischen Maßnahmen in der Haushaltsdebatte und auch bei der dritten Lesung des Haushalts 1966 beantragt. Sie haben das alles abgelehnt. Das müssen wir noch einmal festhalten! Diese zielgerichteten Subventionen fanden nicht Ihre Billigung. Aber unter dem Druck der letzten Wochen, unter dem Druck, den Sie, Regierung und Koalition, selbst fabriziert hatten, indem Sie unsere rechtzeitig gestellten Anträge abgelehnt hatten, sind Sie am 21. Juni — soweit man den Zeitungen in dieser Beziehung glauben kann, und das stimmt ja wohl alles bei dieser Zahl von 140 Millionen DM, auf einen ganz anderen Weg gekommen. Von den zielgerichteten, strukturpolitisch orientierten, wettbewerbspolitischen Subventionen, wie wir sie uns gedacht haben, sind Sie zum anderen Prinzip übergegangen, einfach und schlicht zum Prinzip der „Gießkanne", rein mit den Bundesmitteln und den Landesmitteln in eine zentrale Stelle: 100 Millionen plus 40 oder 50 Millionen für Rechnung, wen es angeht. So ist es gelaufen.Die Umsatzsteuersenkung, die Minister Schmücker im März in der Debatte hier als Idee vorgetragen hatte, verbunden mit dem sofortigen Abbau der Nachhol- oder Sonderschichten, war, das sage ich klar und deutlich, eine zielgerichtete Maßnahme; denn sie sollte eben verbunden sein mit Produktionseinschränkungen ab sofort. Jetzt sehen wir bei der globalen Zahlung aus der großen Kasse, bei der anscheinend die Umsatzsteuersenkung von 4 auf 1 % nur noch die Rolle einer fiktiven Rechengröße darstellt, daß die Nachholschichten lediglich peu à peu abgebaut werden sollen.Ich darf hier noch einmal ein Zitat aus der deutschen Presse geben, das diesen Widersinn und diese Verschlechterung besonders deutlich demonstriert. Das bekante Nachrichtenmagazin „Der Spiegel" schreibt:Der Sturheit des Unternehmensverbandes fiel auch das einzig Sinnvolle an der Subvention, der sofortige Verzicht auf die elf Nachholschichten zum Opfer: Da der Tarifvertrag ... für dieses Jahr nur zwei Feiertagsschichten abschafft, werden statt 5,5 Millionen Tonnen nur eine Million Tonnen eingespart.So ist es gelaufen, meine Damen und Herren.Ich will noch deutlicher sagen, was in der letzten Woche mit diesem Übergang geschehen ist. Statt gezielter Strukturhilfe, statt gezielter Absatzhilfe im Energie- und Stahlbereich und statt gezielter Arbeitskrafthilfen — Rentenalter und Ähnliches — bevorzugen Sie jetzt, wie ich schon sagte, die „Gießkanne", und zwar im letzten einzig und allein die „Wahlgießkanne" von Franz Meyers, nichts anderes!
Dieses Prinzip der Berieselung mit der Gießkanne, das wir sonst in anderen großen Subventionssystemen gemeinsam kritisieren, ist doch keine Hilfe für den Bergbau, höchstens nur ein ganz kurzer, milder Landregen. Alle Kernprobleme des deutschen Steinkohlenbergbaus bleiben bei diesen Maßnahmen absolut ungelöst.
Außerdem hat die „Wahlgießkanne" von Franz Meyers noch einen Kunstfehler: Sie ist vorläufig nicht gefüllt mit köstlichem Naß; weder Nektar noch Ambrosia sind in der Gießkanne drin.
— Sie ist einfach vorläufig vollgestopft, Herr Dr. Schmidt — dafür müssen gerade Sie jetzt Verständnis haben —, mit ungedeckten Wechseln. Nichts weiter ist in dieser Gießkanne drin.
— Gerade Sie, Herr Dr. Schmidt, frage ich, da ich selbst nicht so sehr für den Haushalt zuständig bin. Sagen Sie von der Koalition mir einmal, durch welche Stelle des Haushalts 1966 und durch welchen Finanzantrag auch nur der Bundesanteil dieses großen, in Bausch und Bogen gegebenen Zahlungsversprechens gedeckt ist, durch welchen Titel oder welchen Untertitel etwa diese 100 Millionen DM parlamentarisch beschlossen sind! Die Titel sind doch nicht vorhanden! Das nenne ich ungedeckte Wechsel für die schöne Gießkanne, die Franz Meyers da in die Hand genommen hat.
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2564 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966
Dr. SchillerÜberhaupt muß ich sagen: Wo bleibt bei diesem großen und schönen Bilde, das heute hier aufgezeigt wurde, die hausväterliche Finanzvorsorge? Dr. Möller hat' schon am 3. März bei der ersten Lesung des Bundeshaushalts gesagt, eine Energiedebatte ohne zusätzliche budgetmäßige Entscheidung oder ohne zusätzliche budgetmäßige Konsequenzen sei völlig nutzlos. Wie sieht es denn nun aus? —Wenn Sie mit mir den von Ihrer Mehrheit beschlossenen Bundeshaushalt — von den neuen 100 oder 140 Millionen sei da noch gar keine Rede —analysieren, dann müssen wir doch feststellen: Im Bundeshaushalt 1966 sind ganze 8 Millionen zusätzlich für den Steinkohlenbergbau im Vergleich zum vorigen Jahr eingebaut, nichts weiter. Das ist — kalt und herzlos festgestellt die Realität.In diesem Haushalt sind bisher keine Mittel für die Abgeltung der Feier- bzw. Nachholschichten veranschlagt, keine Mittel für die Stillegungsaktion, die administrativ geregelt ist. Cash ist noch nicht da. Die Kohleverstromung kommt allerdings — da beziehe ich mich auf den Gesetzentwurf und auf die Vorplanung des Haushaltsausschusses — zahlungsmäßig erst im nächsten Jahre dran. Weiter: Keine Mittel für die Verbilligung der Kohle in der Stahlindustrie und auch keine zusätzlichen Mittel für die erweiterte Defizithaftung bei der Knappschaft sowie für die sonstigen sozialen Hilfsmaßnahmen! Wir müssen wieder einmal ,die Bundesregierung fragen, wie in der Etatdebatte so heute: Wie groß sind denn nun die insgesamt anfallenden Kasten dieses und der kommenden Jahre, und wie sind die Möglichkeiten ihrer Finanzierung? Wir erwarten mit großer Begierde auch im Bundestag den Entwurf für die Verlängerung der Heizölsteuer und die Aufhebung der Degression, der, wie wir gehört haben, nach dem ersten Durchgang im Bundesrat nun bei der Bundesregierung angelangt ist und leider erst nach den Parlamentsferien hier zur Debatte stehen wird. Vorläufig ist die Finanzierung der neuen Operationen, die in diesen Wochen ,geschehen sind, um viel Schönes darzustellen, nur als ein Termingeschäft für eine politische Berieselung zu bezeichnen. Nichts weiter ist es, was finanziell da bisher gemacht worden ist.
Erfreulich ist in diesem Bild, wenn wir die Finanzen betrachten, der klare Bericht des Haushaltsausschusses mit der jährlichen Kostenbelastung aus dem Verstromungsgesetz ab 1967. Erfreulich ist auch die Entschließung, ,die vom Wirtschaftsausschuß übernommen wurde — die Anregung kam aus dem Haushaltsausschuß —, nämlich daß die Bundesregierung nach zwei Jahren über die Zweckmäßigkeit der Maßnahmen des Verstromungsgesetzes berichten möge. Damit waren ja auch die finanziellen Notwendigkeiten und Auswirkungen gemeint. Dieser Hinweis, durch einen Ausschußbeschluß besonders formalisiert, spricht Bände. Die Erfahrungen, die Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, vor allen Dingen beim Haushaltssicherungsgesetz gemacht haben, sprechen hier wieder eine beredte Sprache: Das ist der erste Fingerzeig auf ein spezielles Haushaltssicherungsgesetzfür den Zeitpunkt, da man nicht mehr klarkommt angesichts der großen Versprechungen, die man jetzt und vorige Woche gemacht hat.So kann ich nicht ohne Freude feststellen, daß diesen ersten Hinweis auf die kommende Bilanz nach zwei Jahren auch die CDU/CSU-Fraktion und die FDP-Fraktion geben, indem ,sie nun einen ganz ähnlichen Entschließungsantrag eingereicht halben und dabei noch auf die Problematik der übrigen Energieträger hinweisen. Wir freuen uns über dieses Eingeständnis, daß man in zwei Jahren neu prüfen und alle Erfahrungen hier vortragen und sich auch über die finanziellen Konsequenzen oder über die Nichterfüllung dieser oder jener Versprechungen das alles liegt doch da drin — Gedanken machen muß. Wir werden auch diesem Antrag der beiden Fraktionen unsere Zustimmung geben.Meine Damen und Herren; wir haben seit Beginn dieses Winters in der ersten Debatte über die Regierungserklärung, in der Energiedebatte selber und in der Haushaltsdebatte, immer wieder gesagt, ein solches Bergbauprogramm, Energieprogramm oder Anpassungsprogramm umfasse drei Bereiche, erstens die Sicherung des arbeitenden Menschen — dazu haben wir klare Anträge gegeben —, zweitens die Sicherung der beiden traditionellen Absatzbereiche Energie und Stahlindustrie und drittens Förderung der geordneten und expansiven Linie der Strukturwandlungen im Ruhrgebiet, also Gründung von Ersatzindustrien, Regulierung der Bergschäden und ähnliches. Das alles fällt zu einem erheblichen Teil in das Aufgabengebiet der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen. Darüber habe ich hier nicht zu sprechen.Was ich hier meine, ist die sagenhafte und mit höchsten Weihen versehene Anpassungs- oder Strukturgesellschaft. Auch wir haben eine solche Gesellschaft beantragt und wir befürworten also eine solche Gesellschaft. Ich meine jetzt speziell die „Aktionsgemeinschaft Deutsche Steinkohlenreviere GmbH". Wir wissen nicht viel davon, was eigentlich aus der ganzen großen Geschichte, die so viel herrliche Publizität hergegeben hat, geworden ist. Eines wissen wir ganz deutlich: Diese Aktionsgemeinschaft — von der privaten Wirtschaft sollte sie gestartet werden, aber mit fiskalischer Kraftnahrung, Zusatznahrung versehen werden —
ist noch nicht in Aktion,
obgleich zum Beispiel der Bundesschatzminister, der jetzt auch in den Schlußgalopp gekommen ist, am selben 22. Juni aus seinem ERP-Programm — wogegen ich gar nichts habe — eine beträchtliche Summe angekündigt hat, aber auch nicht für jetzt, sondern für das Jahr 1967. Auch da leben wir von den Aussichten.
Um die Situation bei diesem dritten wichtigen Bestandteil einer konstruktiven, zentral eingeleiteten Strukturpolitik noch deutlicher zu schildern, verlese ich einige Zeilen aus einem Rundschreiben, das der
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966 2565
Dr. Schillerfür diese Aktion verantwortliche, Ihnen allen bekannte Unternehmer am 14. Juni an alle, die es angehen mag, versandt hat. In diesem Brief bittet er die private Wirtschaft eindringlich, bis Anfang Juli doch eine Entscheidung darüber herbeizuführen, ob sie der Aktionsgemeinschaft „beizutreten beabsichtige oder nicht" ; so der Brief.
Man befindet sich also immer noch - und ich binsehr enttäuscht darüber — in der komplizierten Hamlet-Situation: Sein oder Nichtsein, das ist in diesem Fall die Frage. Aber die klugen Akteure, meine Damen und Herren — und deswegen zitiere ich noch weiter den Brief —, der noch nicht aktiven Aktionsgemeinschaft, die die ganze Strukturpolitik machen soll, die die Bergschäden regulieren soll, die die Grundstücke an neue Industrien verkaufen soll und alles mögliche andere, denken buchhalterischer als der Dänenprinz. Es heißt nämlich wörtlich dort in dem Schreiben — ich zitiere —, "daß die Wirksamkeit der Aktionsgemeinschaft von einer Reihe gesetzgeberischer und verwaltungsmäßiger Maßnahmen steuerlicher und sonstiger Art abhängig ist".
Es heißt weiter: „Sie müssen getroffen sein, damit die Aktionsgemeinschaft ihr Ziel erfüllen kann. Dazu gehört vor allem, wie es in der Präambel des Gesellschaftsvertrages zum Ausdruck kommt" so steht es da immer noch —, „die Verabschiedung einer die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft berücksichtigenden Stabilisierungsgesetzgebung."
Punkt, Ende des Zitats. Also, neben der Fülle von Voraussetzungen für diese Aktionsgemeinschaft wird nun noch die aufschiebende oder auflösende Bedingung gestellt, daß gegen Ende des Jahres noch ein Stabilitätsgesetz allgemeiner Art erlassen wird.Meine Damen und Herren, ich glaube, das Zitat genügt.
Die Gesellschaft hat sich selber an diese Bedingungen gebunden. Sie ist bis jetzt nur ein Schatten und nicht mehr — das ist die Wirklichkeit —, und außer ihrem Schattendasein hat sie noch eine andere Funktion zu erfüllen. Sie ist jetzt dafür da, um Vordergrundtheater zu machen, um — sagen wir es deutlich — psychologische Amtshilfe im Wahlkampf zu geben.
Nichts weiter ist bisher die Funktion dieser Gesellschaft,
zur Zeit in statu nascendi, seit Monaten, wie gesagt, angekündigt.Ich kann im Jargon der deutschen Küste — da spricht man etwas anders als hier — nur sagen: hoffentlich gammelt diese Gesellschaft, dieses Wesen aus Papier und Plan, nicht endlos vor sich hin. Das kann ich nur als Hoffnung ausdrücken. Ichbitte um Nachsicht, wenn ich damit an Figuren erinnere, die neuerdings so ausgiebig, sogar in Priorität vor den Problemen der Stabilität, den Zorn des Herrn Bundeskanzlers erregt haben.
Aber sonst, meine Damen und Herren, paßt dieses bisherige Wesen aus Papier und Plan und Büro und Mahnschreiben - das ist es —, genannt Aktionsgemeinschaft, harmonisch ins allgemeine Bild der amtlichen Energiepolitik. Ein praktischer, halber, sicherlich unvollkommener Schritt wird hier heute von uns getan — ich habe das gesagt, einiges andere ist von anderen aufgezählt worden —, aber ansonsten herrschen vor: Versprechungen, viel Memos, viel Akten und vor allem, um zusammenzufassen, sehr viel ungedeckte Wechsel, Wechsel auf die Zukunft. Was Sie wirklich in diesen Monaten konkret gemacht haben, meine Damen und Herren von den Mehrheitsfraktionen, als wir immer wieder zu denselben Sachen gesprochen haben, was Sie wirklich an konkreter Aktion und nicht als Schattenexistenz getan haben, das bestand darin, daß Sie unsere klaren und systematischen Anträge, in summa 156 Millionen DM, abgewürgt haben. Das war Ihre konkrete Aktion hier.
Wer glaubt da noch, nachdem der soziale Konflikt auf jene Weise vorige Woche beseitigt worden ist und nachdem dieses höchst unvollkommene Gesetz doch sehr wahrscheinlich heute verabschiedet werden wird, daß nun in den nächsten zwei Jahren die große Ruhe im Steinkohlenbergbau einziehen wird! Alle wichtigen sachlichen Probleme — ich sage es noch einmal — außer dem, was heute partiell mit der Energieversorgung gemacht wird, stehen nach wie vor auf der Tagesordnung und lassen sich nicht durch Beschwörungsformeln — Ruhe für die kommenden zwei Jahre — lösen. Konsolidierung und Stabilisierung erreichen wir nur — und in der Sache kann da doch kein Streit sein, sondern nur im Tempo, in der Durchführung und in der politischen Akzentuierung —, wenn wir zügig und planvoll, schnell und rechtzeitig, wie wir das beantragt haben, auf den drei Wegen der Sicherung voranschreiten, die wir immer wieder beschrieben haben. Das muß noch mehr in Zukunft getan werden, und das muß ab heute getan werden.Aber bevor diese weiteren Schritte getan werden, mußte einmal der Vorhang, der ganze Flitter von schönen Worten, Versprechungen, Möchte-gernAktionen, Halbheiten und Vertröstungen weggerissen werden. Diese Abrechnung, dieser Saldo war notwendig, damit wir in der praktischen Energiepolitik weiterkommen. Das scheint mir, außer der Verabschiedung mit Vorbehalten und Differenzierungen, die Aufgabe dieser Stunde zu sein: die Wahrheit auszusprechen, zu trennen, was hier nur Schein und Rauch und Vorhang war und was Realität ist. Das zu hören macht Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion, sicherlich keinen Spaß. Aber es ist notwendig, das hier auszusprechen um der Sache des Steinkohlenbergbaus willen. Einzig und allein deswegen!
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Burgbacher.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wer die Ausführungen unseres Kollegen Schiller gehört hat, unvermutet und unvorbereitet vielleicht in dieses Haus gekommen ist, der meint, da säße die Regierung und da säßen die, die nichts tun.
Das ist eine — ich bitte um Entschuldigung — demagogische Verzerrung des Tatbestands.
Es ist in Wirklichkeit doch so, daß durch die Maßnahmen der Regierung und dieser Koalition Schritt für Schritt eine Verbesserung der Situation stattfindet.
Die Fata Morgana von den 140 Millionen Jahrestonnen, die hier erwähnt wurde, hat eine ganze Reihe von Jahren gehalten.
— Es hat eine ganze Reihe von Jahren gehalten.
— Wir können uns ja in Lautstärke üben, Herr Kollege Wehner. Eine ganze Reihe von Jahren — ich wiederhole das — sind 140 Millionen Jahrestonnen gefördert und verkauft worden.
— Die Halden von 15 Millionen sind nicht zu vergleichen mit den 700 Millionen in den letzten fünf Jahren, die gefördert und verkauft wurden. Es ist das gute Recht der Opposition, die noch vorhandenen Mängel herauszustellen.
Aber es sollte auch die Politik als Kunst des Möglichen begriffen und hier nicht so geredet werden, als ob Kosten für Maßnahmen überhaupt keine Rolle spielten.
Die Verstromungsvorschläge sind auch von der SPD am 16. März gemacht worden. Aber lesen Sie die alten Debatten nach, der Wunsch, die deutsche Elektrizitätswirtschaft in höherem Maße - und zwar nicht nur der Kohle wegen — auf Kohle zu stellen, ist zuallererst von uns erhoben worden. Es trifft zu, daß für die 'Stahlindustrie eine Vorlage noch nicht da ist. Es trifft ebenso zu, daß dafür eine kommen muß. Es ist aber auch so, daß eine europäische
Lösung dieser Frage der Koks-Kohle versucht wird,
und zwar durch unseren Bundeswirtschaftsminister.
— Seit etwa acht Monaten — wenn ich das richtig im Kopf habe, Herr Minister Schmücker, oder es ist schon ein Jahr her — wird das versucht.
Im übrigen ist das Interesse an der Lösung der Koks-Kohle- und Stahlfrage in der Tat ein EWG-und nicht nur ein deutsches Interesse. Wir hoffen, daß dieser Versuch der europäischen Lösung für die Koks-Kohle und die Stahlindustrie bald zu einem Ergebnis kommt. Wir stehen nicht an zu erklären, daß, wenn dieser Versuch in zumutbarer Zeit nicht gelingt, hier etwas geschehen muß. Aber alles zu der Zeit, zu der die anderen Möglichkeiten, zu denen wir auch durch die EWG-Verträge mehr oder weniger verpflichtet sind, erst ausgeschöpft sind.
Daß wir unter Zeitdruck geraten sind, ist nicht zu bestreiten. Aber die Behauptung, die Wirtschaftsvertreter, vor allem die der Elektrizitätswirtschaft, seien von dem Wirtschaftsausschuß ausgeladen worden, stimmt in dieser Form nicht. Sie sind nicht eingeladen worden, und zwar deshalb nicht, weil sie x-mal Gelegenheit hatten, ihre Argumente und Überlegungen im Bundeswirtschaftsministerium in stundenlangen Sitzungen vorzutragen.
Vizepräsident Dr. • Schmid: Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte!
Herr Kollege Burgbacher, sind Sie der Meinung, daß Unterhaltungen der betroffenen und belasteten Wirtschaft mit Vertretern der Exekutive, der Ministerialbürokratie oder der Regierung, das unmittelbare Hearing im Wirtschaftsausschuß ersetzen?
Ich bin nicht der Meinung, daß das grundsätzlich der Fall sein sollte. Aber ich bin der Meinung, daß, wenn Interessenverbände mehrfach im Bundeswirtschaftsministerium gehört wurden, ein Gesetz, das in der Tat politisch fällig ist, nicht bis nach der Sommerpause verschoben werden kann.
— Alles, was wir machen, ist Politik, Herr Wehner.
Herr Kollege Burgbacher, ist es nicht so, daß unser verehrter Herr Kollege Menne gesagt hat, er habe leider den Vertretern der Wirtschaft sagen müssen, es gehe nicht mit Hearings, sie möchten sich schriftlich äußern, und haben Sie nicht auch festgestellt, daß die schriftlichen Äußerungen der Energiewirtschaft, auf die ich mich heute bezogen habe, von den Interpretationen, die die Herren Vertreter der Regierung uns aus ihren mündlichen Verhandlungen mit diesen Vertretern der Wirtschaft gaben, differierten?
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Ich kann mich kaum an ein Gesetz erinnern, von dem die betroffenen Interessenverbände hinterher nur begeistert gewesen wären, und ich hoffe, daß das auch immer so bleiben wird.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Jacobi?
Bitte!
Herr Kollege Burgbacher, ist Ihnen wirklich unbekannt, daß den Verbänden auch bei den Besprechungen, die Sie erwähnten, lediglich eingeräumt wurde, Formulierungshilfe zu leisten, daß ihnen erklärt worden ist, materielle Änderungen könnten nicht erörtert werden, und ist Ihnen des weiteren unbekannt, daß in der Tat eine schriftliche Einladung vorlag, die aber zurückgezogen wurde, weil angeblich keine Zeit vorhanden sei und das auch der Meinung der Fraktionen entspreche?
Bei den Besprechungen mit den Verbänden, die von ihrem Standpunkt aus sicher wohlbegründete Gesichtspunkte vorgetragen haben, war ich nicht anwesend, und ich kann Ihnen deshalb nicht sagen, wie diese Besprechungen abgelaufen sind. Ich habe aber zu unserer Regierung das Vertrauen, daß sie loyal abgelaufen sind, daß sie also alle ihre Argumente vortragen konnten.
Das ist Ihr Recht, daß Sie als Opposition kein Vertrauen zur Regierung haben. Aber bei uns ist es anders. Im übrigen bitte ich Herrn Kollegen Menne, nicht böse zu sein, wenn ich bei diesem Stand der Debatte darauf hinweise, daß mir kein Beschluß des Wirtschaftsausschusses bekannt ist, in dem das Hearing beschlossen worden war.
Wenn am 16. März gesagt wurde, die Förderung solle dem Absatz angepaßt werden, so ist das nicht nur „in Einbahn-Richtung befahrbar". Denn, Herr Kollege Schiller, wir haben ja jetzt gerade ein Gesetz vorliegen, in dem doch nicht nur versucht wird, die Förderung dem Absatz anzupassen, sondern in dem auch versucht wird, den Absatz — wenn ich so sagen darf — etwas der Förderung näherzubringen. Es ist doch der Sinn der Förderung der Verstromung der Kohle, daß man auch auf der Absatzseite und nicht nur auf der Förderungsseite tätig wird. Ihr eigener Appell, etwas für die Stahlindustrie oder die Kokskohle zu tun, bestätigt ja, daß auch Sie — und zwar mit vollem Recht - nicht nur die Förderungsseite, sondern auch die Absatzseite sehen. Man sollte deshalb die hier vorgetragene Auffassung, man müsse die Förderung dem
Absatz anpassen, nicht als Einbahnstraße sehen, sondern auch den Gegenverkehr beachten, wie es durch dieses Gesetz auch der Fall ist.
Auf die vielen Worte wie „Regierung der letzten Stunde", „Zu lange Dauer" und so weiter möchte ich jetzt nicht eingehen. Wir können uns ja vielleicht im nächsten Jahr noch einmal darüber unterhalten, ob das die letzte Stunde war und wann die letzte Stunde sein wird.
Was die Frist betrifft, so gebe ich zu, hier könnte manches schneller gehen. Aber auch bei uns könnte manches schneller gehen. Manche Verhandlungen — das wissen Sie doch alle — werden -doch, was in diesem Falle nicht der Fall war — das will ich der Gerechtigkeit wegen sagen —, manchmal in den Ausschüssen durch Anträge der Opposition länger dauern müssen. Vielleicht ist das unvermeidbar. Dann darf es aber auch nicht kritisiert werden. Nur wenn es vermeidbar ist, ist das Recht zur Kritik an den Fristen gegeben.
Sie haben dann behauptet, dieses Gesetz sei bewußt in die Wahlkampfzeit in Nordrhein-Westfalen gespielt worden. Das ist nach meiner Überzeugung nicht der Fall. Es ist auch sehr schwer zu sagen, dieses Gesetz sei in die Wahlkampfzeit gespielt worden. Aber der Tarifkonflikt ist natürlich nur zufällig in die Wahlkampfzeit gefallen!
Was soll das also? Wir werden doch nie verhindern können — das ist doch eine mit der Demokratie verbundene Tatsache —, daß Gesetze, und zwar nicht nur die in der Wahlkampfzeit, sondern alle, auch unter dem Aspekt gemacht werden, daß sie der Mehrheitsmeinung des Volkes entsprechen wollen. Oder wollen Sie das nicht?
Herr Kollege Burgbacher, erinnern Sie sich nicht des Sommers 1965 und der Vorwürfe der deutschen Öffentlichkeit gegenüber dem Parlament? Sind nicht auch Sie der Meinung, daß dieses Gesetz, das durch die Verzögerung in die letzten anderthalb Wochen gekommen ist, sehr viel sachlicher, sehr viel objektiver etwa zu dem Zeitpunkt der Haushaltsdebatte oder gar — das wäre ein Optimum -- zur Zeit der Energiedebatte Mitte März hätte beraten werden können?
Herr Kollege Schiller, Sie wissen ganz genau, daß unser Arbeitsplan in diesem Hohen Hause wiederholt durch noch wichtigere innen- und außenpolitische Vorgänge so belastet worden ist, daß manche sachliche Dinge zeitlich zurückgetreten sind.
— Herr Kollege Schiller, Sie sind mir zwar sehr sympathisch, und ich unterhalte mich furchtbar gern mit Ihnen;
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Dr. Burgbacherich hoffe, trotz Ihrer Zwischenfragen nicht die Zeit zu benötigen, die Sie beansprucht haben. Aber wenn Sie so viel fragen, laufen Sie Gefahr, mich genauso lange ertragen zu müssen, wie ich Sie eben halbe ertragen müssen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Kollege Burgbacher, um ein entstehendes Mißverständnis zu beseitigen: Ihnen ist doch bekannt, daß dieser Regierungsentwurf das Datum des 10. Juni trägt und daß die Beratungszeit, die der Deutsche Bundestag für diesen Geseztentwurf hat, jetzt kleiner ist als die für den Bundesrat gesetzlich vorgeschriebene Frist?
Ja, das hat sich so ergeben.
— Ja, was heißt denn „Na also"? Wollen Sie das Gesetz nicht verabschieden?
— Wir können ja die Sommerferien ein bißchen einschränken. Dann können wir noch darüber reden.
Dann haben Sie mit irgendeinem Fernrohr feststellen können, daß der Vertreter des Unternehmensverbandes mit Pokermiene bei den Verhandlungen über den Abschluß des Streiks dieses Gesetz zur Voraussetzung für die Beilegung ,des Streiks gemacht hat. Liebe Kollegen, ich habe eine Abschrift vorliegen. Das ist eine Protokollnotiz der beiden — der beiden! — Sozialpartner, also nicht des Unternehmensverbandes mit „Pokergesicht", sondern der beiden Sozialpartner, und ist von beiden Sozialpartnern folgerichtig gemeinsam als Protokollnotiz unterschrieben worden. Das möchte ich nur feststellen. Und warum sollten eigentlich die Sozialpartner nicht feststellen dürfen, daß für die Streikbeseitigung bei dem inneren Vorgang dieser für beide Teile schwierigen Entscheidung auch unser in der Beratung befindliches Gesetz ein wichtiger Beitrag ist? Ich denke, wir sollten stolz sein, daß wir dazu einen Beitrag liefern können.Sie haben zum § 1 ja gesagt und haben gesagt: Was nachher kommt, ist Dirigismus und findet nicht unseren Beifall. Wir freuen uns natürlich außerordentlich, von Ihrer Seite den Dirigismus in dieser klaren Form abgelehnt zu hören. Ich gehe sogar so weit, zu sagen, daß an dem, was Herr Kollege Schiller zu diesem Punkt gesagt hat, sehr viel Richtiges ist. Mit einer Einschränkung, Herr Kollege Schiller: Nur ein Lump gibt mehr, als er hat. Wir haben aus Etatgründen eine bestimmte Summe für die Erfüllung dieses Gesetzes zur Verfügung. Diese Summe war Voraussetzung für die Zustimmung des Haushaltsausschusses zu diesem Gesetz. Es ist nicht möglich, nunmehr einen Gesetzestext vorzulegen, bei dem mit Sicherheit die im Haushaltsausschuß vorgetragene Verwendungssumme überschritten werden muß. Das ist bei einer ordentlichen Auffassung in diesem Hause nicht zu vertreten. Wenn wir von dieser individuellen Festsetzung der Zuschüsse abgehen und auf generelle übergehen — was sicher einfacher, was sicher klarer wäre; das ist nicht zu bestreiten —, bedeutet das leider, daß dann 30 Millionen DM, die pro Jahr etatisiert sind, nicht genügen.Ich bitte das Bundeswirtschaftsministerium um Vergebung, wenn ich mir einen Zweifel daran erlaube, daß wir bei der Generalisierung und Pauschalisierung mit 20 % mehr ausgekommen wären. Ich denke, daß das nicht stimmt, sondern daß der Mehraufwand bedeutend größer gewesen wäre. Das ist bei unserer derzeitigen Haushaltslage nicht zu verantworten. Deshalb mußten auch alle, die für die Kohle gerne noch mehr getan hätten, sich dieser Situation anpassen.Ich finde es nicht fair, jetzt so zu tun, als wäre das Gesetz deshalb — wie haben Sie gesagt? — völlig unvollkommen, Teilwerk. Es ist ein wesentlicher Schritt in der Energiepolitik. Wenn wir mehr Geld hätten, könnte ein größerer Schritt getan werden; das ist gar keine Frage. Aber ich nehme an, daß auch beim Bergbau und bei den Bergarbeitern Verständnis dafür besteht, daß wir uns in dem Rahmen halten wollen, d. h. keine Gesetze beschließen, die nicht ihre haushaltsmäßige Deckung haben. Der Bundesrat hatte diese Pauschalierung und diese Generalisierung vorgeschlagen. Schöner wäre sie. Aber die finanziellen Mittel sind dafür nicht vorhanden.Ich freue mich, daß Herr Kollege Schiller es wenigstens als einen bescheidenen Fortschritt anerkannt hat. Ich glaube, wir können sehr wohl in Aussicht nehmen, in zwei Jahren bei der Überprüfung der Auswirkungen des Gesetzes eventuell auch über die §§ 2 bis 10 neu zu sprechen, je nachdem, wie die Haushaltslage ist.Herr Kollege Schiller hat gesagt, wir hätten das in den §§ 2 bis 10 salopp behandelt. Ich möchte beinahe genau das Gegenteil sagen. Es ist aus finanziellen Gründen etwas pingelig gehandelt worden und hat gehandelt werden müssen. Ich möchte behaupten, Herr Kollege Schiller, daß die Pauschalierung und Generalisierung im Haushaltssinne salopp gewesen wären, weil sie zu unkontrollierten, bis jetzt schwer übersehbaren Beträgen geführt hätten, wie Sie auch wissen.Wir wollen uns aber freuen, daß die Opposition dem Gesetz — so habe ich das verstanden — zustimmt. Wir teilen das Verständnis der Opposition für die schwierige Lage des Vorstands der IG Bergbau. Wir stehen nicht an, von dieser Stelle aus den beiden Sozialpartnern für ihre Einsicht und ihr Gemeinschaftsbewußtsein, das zur Vermeidung des Streiks geführt hat, den Dank und die Anerkennung der Koalition auszusprechen.
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Dr. BurgbacherOffenbar ist es doch den CDU-Regierungen leichter oder gelingt es ihnen besser, mit drohenden Streiks fertigzuwerden, als mancher Labour-Regierung .in der freien Welt.
— Jedem sein Quatsch, Herr Wehner!
— „Was soll das?"? Herr Wehner, — —
— Herr Wehner, wenn ich mit Ihrem Maßstab Zwischenrufe beim Kollegen Schiller gemacht hätte, dann wäre ich jetzt heiser!
Mit dem Gesetz über die 55-Jahre-Altersgrenze — das wir ja auch für richtig halten, wie Sie wissen — ist das Arbeiterproblem nicht zu lösen. Es sind noch, habe ich mir sagen lassen, 11 000 Bergarbeiter, die unter das Gesetz fallen. Eine gewichtige Zahl; aber das ist nicht die Zahl, die hier zur Debatte steht im Sinne Ihrer Ausführungen.Ich glaube, wir dürfen doch sagen: man kann hinsichtlich der Sozialleistungen für die Bergarbeiter in der Bundesrepublik mit den Novellen und den alten Gesetzen zusammen das Wort „vorbildlich" vollverantwortlich vertreten.Wir können nicht alles auf einmal machen, wir gehen Schritt für Schritt. Vielleicht ist das eine Last für eine Regierung und die Regierungsparteien, daß sie die Probleme nicht in einem Bogen lösen können, sondern Schritt für Schritt vorgehen müssen — aus vielerlei Gründen, insbesondere Haushaltsgründen. Eine Gießkanne mit ungedeckten Wechseln kann ich mir sehr schwer vorstellen. Sie haben zwar die Parole: „Die SPD macht's besser." — Übrigens erlauben Sie mir zu bemerken, daß „besser" die Wortfortleitung von „gut" ist. Wer es also besser machen will, der anerkennt, daß wir es gut machen; sonst könnte er es ja gar nicht besser machen.
Also das ist zunächst einmal festzustellen, daß darin die Anerkennung liegt, daß wir es gut machen.
— Wenn das Rabulistik ist, dann wage ich nicht, mit unserem Kollegen Schiller darin zu konkurrieren; da fühle ich mich ihm nicht gewachsen. Wer also behauptet, er macht's besser, und hat's noch nicht gemacht, der stellt doch mehr ungedeckte Wechsel aus als wir mit einem Gesetz von einer Milliarde 500 Millionen.
— Ja, fragen Sie nur!
Herr Burgbacher, ist Ihnen philologisch nicht klar, daß es auch besser werden kann, wenn's schlecht war?
Da glaube ich nicht an Ihre vornehme Zurückhaltung, daß Sie das unterdrückt hätten. Das glaube ich einfach nicht.Die Finanzierung dieses Gesetzes — das ist ja wohl hoffentlich allen klar — bedeutet keine neue Haushaltsbelastung. Ich verweise auf den Bericht des Haushaltsausschusses Drucksache V/764, in dem ausdrücklich festgestellt wird, daß keine zusätzliche Haushaltsbelastung stattfindet. Ich finde, daß das sehr wichtig ist.Was die Aktionsgemeinschaft betrifft, so bin ich der Auffassung, daß sie zustande kommt. Es mag sein, daß es etwas länger dauert, als wir es selbst gewollt haben. Wenn Sie das ein „Wesen aus Papier und Plan" nennen, Herr Schiller, dann muß ich Ihnen sagen: Ihre ganze Rede war ein Wesen aus Papier und Plan. Sie beklagen sich ja gerade darüber, daß nicht da ist, was Sie sich vorstellen; und das Wesentliche ist, daß es eine Rede ans Papier und Plan war.
— Herr Wehner, auch Sie können ohne Luft nicht leben!
Die dreigeteilte Zielvorstellung der SPD scheint mir eine Zielvorstellung dieses Hauses zu sein: erstens die Sicherstellung der Arbeiter. Das haben wir x-mal durch dauernde Verbesserung der sozialpolitischen Situation der Bergarbeiter bewiesen. Sie wissen, daß von den rund 3 Milliarden DM pro Jahr, die jetzt für den Bergbau mittelbar und unmittelbar aufgewandt werden, 21/2 Milliarden DM ausschließlich sozialen Zwecken dienen. Die Förderung der beiden wesentlichen Absatzbereiche — Elektrizitätserzeugung und Eisen- und Hüttenindustrie — unterstreichen wir dick. Bei der Elektrizitätserzeugung wird ein Schritt getan; ob es der erste oder der letzte ist oder ob es noch mehrere gibt, werden wir sehen. Wir tun einen Schritt auf diesem Gebiet der, wie mir scheint, vorläufig nun einmal unvermeidbaren Politik der kleinen Schritte. Und schließlich die Förderung des geordneten Strukturwandels! Ich glaube, daß sie vor allem von der Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen stark betrieben wird.Nicht erwähnt hat Herr Kollege Schiller die Möglichkeiten einer europäischen Energiepolitik. Ich möchte hierzu noch einige Sätze sagen. Ich überschätze die Aussichten nicht, aber ich sehe Möglichkeiten. Wir haben im Art. 59 des Montanvertrages die Verpflichtung zur sogenannten redlichen Verteilung der Gemeinschaftskohle übernommen. Da der Montanvertrag unter der Vorstellung des ewigen Kohlemangels beschlossen worden war, fehlt in Art. 59 die Pflicht zur redlichen Abnahme. Es muß über diese Vorschrift hin versucht werden, die Erhaltung eines gewissen Umfanges von Gemeinschaftskohle zu einem Anliegen aller sechs Länder der Gemeinschaft zu machen, da nur dann
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Dr. Burgbacherdie redliche Verteilung im erforderlichen Fall möglich ist. Es muß weiter möglich werden, über die Gemeinschaft die Kohlepreise so zu senken, daß die Kohle unter Berücksichtigung des vielleicht verbleibenden Kohlezolls für Importkohle wettbewerbsfähig wird. Die Aufbringung der Mittel hierfür ist aber auch Aufgabe der Gemeinschaft. Zu der redlichen Verteilung muß bei dieser Preisherabschleusung die redliche Abnahme der Länder kommen, die jetzt sehr stark andere Kohle importieren Wir werden das auf der Ebene des Europäischen Parlaments mit Hilfe aller in diesem Hause vertretenen Parteien betreiben. Wir wissen, daß Europa-Verhandlungen noch schwieriger sind und zeitlich lange dauern können. Wenn sie nicht relativ zügig vorangehen, werden wir möglicherweise in diesem Hause neue Vorlagen einbringen müssen. Aber zunächst sollten wir — das hat auch Kollege Schiller von uns gefordert — zügig auf die Generallösung hinsteuern, und die müßte dann eine europäische Lösung sein.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Menne.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit großem Vergnügen habe ich in der Debatte mehrfach meinen Namen gehört. Ich danke allen, die ihn erwähnt haben, denn das ist eine gute Reklame.
Dazu, daß gewisse Verbände, die in unseren Ausschuß kommen wollten, nicht angehört worden sind, möchte ich folgendes sagen. Es ist Tatsache, daß wir einen Verband gebeten haben, davon Abstand zu nehmen, angehört zu werden, worum er gebeten hatte. Daraufhin haben mehrere andere Verbände ebenfalls darauf verzichtet. Wir beklagen, daß wir sie nicht anhören konnten. Es ist aber nicht richtig, wenn gesagt wird, die Verbände hätten keine Gelegenheit gehabt, ihre Meinung bekanntzugeben. Sie haben sie u n s allerdings nicht bekanntgeben können, Herr Kollege Schiller. Ich weiß aber aus eigener Kenntnis, weil ich nämlich dabei war, daß im Bundeswirtschaftsministerium seit Februar Anhörungen und Diskussionen stattgefunden haben. Denn, meine Damen und Herren, es handelt sich hier um technische Fragen, die gar nicht so einfach zu lösen sind, und ich möchte auch in meiner anderen Eigenschaft erklären, daß wir der Meinung sind, daß wir genügend Gelegenheit gehabt haben, der Regierung unseren Standpunkt klarzumachen. Dagegen hatten wir diese Gelegenheit nicht im Ausschuß; das muß ich bestätigen, Herr Kollege Schiller.
Aber wenn man davon spricht, daß dieses Gesetz in die Zeit des Wahlkampfes fällt, so kann ich dazu nur sagen: Ja, meine Damen und Herren, wir haben leider diesen merkwürdigen Zustand, daß dauernd Wahlen stattfinden. Während der ganzen vier Jahre einer Bundestagslegislaturperiode sind doch immer sehr viele Kollegen unterwegs, um Wahlreden zu halten. Der halbe Verein fehlt ja — wenn ich diesen Ausdruck von dem Hohen Hause
gebrauchen darf. Ich hoffe, mir deswegen keine Rüge des Herrn Präsidenten zuzuziehen. Aber das sollten wir einmal ändern!
Sie haben das Wort gewählt, und Sie haben es zu vertreten!
Wir sollten diesen Zustand unbedingt ändern, damit wir nicht dauernd Wahlen haben. Denn, lieber Kollege Schiller, wenn wir im Ausschuß oder im Plenum nicht verhandeln sollten, wenn ein Wahlkampf stattfindet, dann können wir es überhaupt nicht mehr.
Nun möchte ich zur Sache kommen. Ich glaube, daß wir alle hier im Hause das Ziel haben, dem Bergbau und vor allem den Bergleuten zu helfen. Wodurch ist denn die augenblickliche Situation entstanden? Sie hat sich doch nicht daraus ergeben, daß unsere Bergleute faul oder unsere Unternehmer dumm sind. Sie kommt leider daher, daß die amerikanische Kohle aus Flözen von mehreren Metern Mächtigkeit abgebaut werden kann, während wir an der Ruhr den mageren und verworfenen Flözen der Kohle nachgehen müssen. Es ist doch bekannt, daß aus diesem Grunde die Schichtleistung bei uns 2,5 t und in USA 17 t beträgt; darin liegt der Unterschied. Und wenn der Bergbau da nicht mehr mitkommt, dann liegt es an der Höhe der Löhne, die wir den Bergleuten bewilligt haben. Ich bin über die Lösung der Streikfrage sehr froh, aber man muß bedenken, daß alle Kosten auf die Tonne der Erzeugung gerechnet werden müssen; daraus ergibt sich dann der Preis, der im Vergleich zu den USA zu hoch ist.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Herr Kollege Menne, darf ich Sie, damit Mißverständnisse ausbleiben, fragen: Geht es bei diesem Gesetz um ein Gesetz gegen amerikanische Kohle, oder ist es ein Schutzgesetz gegen Heizöl?
Es ist ein Gesetz zur Erhaltung des deutschen Bergbaues; sonst brauche ich dazu wohl keinen Kommentar zu geben! Aber man muß die Dinge einmal real beim Namen nennen, man kann nicht alles mit dichterischer Phantasie behandeln.
Ich bin jedenfalls der Meinung, daß wir glücklicherweise alle für das Gesetz sind, daß wir aber bedauern, daß das Gesetz so schnell durchgehen mußte; denn sonst, meine Damen und Herren, bleibt es doch bis Oktober liegen. Ich brauche wohl hier nicht auszuführen, daß es nicht richtig wäre, dieses Gesetz liegenzulassen. Das ist doch der Grund der Eile!Herr Kollege Schiller, Sie haben gesagt, die Aktionsgemeinschaft der Industrie sei so eine Art noch
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Dr. h. c. Mennenicht fertiges Phantasieprodukt. Ich möchte sagen, daß sie zwar noch nicht fertig ist,
aber daß die Industrie bereit ist, sie fertigzustellen, wenn das heutige Gesetz verabschiedet ist; das gehört nämlich dazu.Ich bitte Sie, darüber keine weitere Diskussion zu führen, denn sonst kommen wir ins Uferlose. Glauben Sie mir: Diese Aktionsgemeinschaft wird sehr schnell kommen, und es ist der Zweck, den Bergleuten zu helfen, an ihrem Wohnort eine neue Beschäftigung zu finden. Überlegen Sie einmal, was es bedeutet, wenn die ganzen Bergleute umgesiedelt werden sollten! Dies zu vermeiden, ist der Zweck der Aktionsgemeinschaft, und diese Gesellschaft hat uns nicht etwa mit Freude erfüllt. Sie ist eine Notwendigkeit, und ich möchte doch darum bitten, das auch einmal anzuerkennen. Wenn wir nun dem Bergbau mit der Kohleverstromung helfen, tun wir das, damit der Bergbau eine Garantie für seinen Absatz findet.Es ist zu beklagen, daß subventioniert werden muß, und ich beklage besonders — und da stimme ich mit Ihnen, lieber Kollege Schiller, überein —, daß das ein Ausflug ins Dirigistische ist. Ich beklage, daß alles von Genehmigungen abhängig gemacht wird! Jedenfalls begrüße ich es, daß die Bundesregierung das Gesetz selbst auf einen Zeitraum von fünf Jahren begrenzt hat. Ich möchte weiterhin sagen, daß wir einen Entschließungsantrag einbringen werden, der eine Nachprüfung dieses Gesetzes bis zum 25. Juli 1968 vorsieht, und ich glaube, daß dies sehr wichtig ist, denn wir wisesn ja noch nicht, ob diese Gesetzesmaßnahmen unser Ziel erreichen werden.Wenn wir über die Stahlindustrie sprechen, dürfen wir nicht vergessen, daß die Stahlindustrie an der Grenze durch einen völlig verzerrten Wettbewerb die größten Schwierigkeiten hat, in dem die französische Industrie und die Industrie anderer Länder eine große Rückvergütung bekommen, die wir unserer Industrie nicht zahlen. Das ist der Grund, warum die Stahlindustrie in Schwierigkeiten ist. Dazu kommt der hohe Kokskohlepreis. Insoweit, Herr Kollege, habe ich mich auf die Amerikaner bezogen, da sie tatsächlich billiger liefern können. Man könnte ja annehmen, das läge an den Unternehmern oder an den Bergarbeitern. Es liegt an der Natur! Wir können die Kohlenflöze ja nicht verändern!Herr Minister Schmücker, ich möchte aber auf eine Entwicklung aufmerksam machen, die mir nicht gefällt. Das ist die Steigerung der Preise für das schwere Heizöl. Das schwere Heizöl kostete zu Beginn des Jahres etwa soviel wie in Frankreich und mehr als in Belgien, den Niederlanden und in Italien. Jetzt kostet das schwere Heizöl 20 % mehr als in Frankreich. Diese Entwicklung muß aufgehalten werden! Das ist keine Lösung für die Bergbaufrage, denn die deutsche Industrie braucht billige Energie. Wir haben die höchsten Löhne. Wir haben die kürzesten Arbeitszeiten. Wir haben die höchsten Steuern. Wir können nicht auch noch die höchsten Energiekosten tragen.Die FDP-Fraktion stellt sich in ihrer Mehrheit hinter dieses Gesetz, obwohl wir darüber auch nicht ganz glücklich sind. Meine Damen und Herren, wir wollen helfen, und deswegen stellen wir uns dahinter. Aber sicherlich wäre uns manches lieber gewesen, wenn es anders formuliert worden wäre.
— „Was?" fragen Sie. Das möchte ich Ihnen sagen: z. B. wenn wir um den Weg des Dirigismus, um den Weg der Genehmigung herumgekommen wären, um den Weg, daß jedes Werk, das 01 gebrauchen will, eine Genehmigung einholen muß — dies zum Beispiel, Herr Kurlbaum.Nun, meine Damen und Herren, über das Gesetz ist hier schon ausführlich debattiert worden. Das zeigt das Interesse, das wir alle an den Dingen halben. Aber ich möchte noch auf ein Moment hinweisen, das, glaube ich, bisher nicht zum Ausdruck gekommen ist. Es ist die Frage, daß eines Tages der Atomstrom die Stelle des Bergbaus treten wird. Aber das ist erst eine Angelegenheit der nächsten Dekade. Ich möchte das nur erwähnt haben.Zur Frage, ob die Gegendruckanlagen aus dem Gesetz hätten herausgenommen werden müssen, und zwar die Gegendruckanlagen, die nicht vom Bergbau betrieben werden, möchte ich sagen, daß diese nicht 16 %, sondern höchstens nur etwa 5 % der ,gesamten Kraftwerke ausmachen. Darauf werde ich zu ,gegebener Zeit zurückkommen, denn wir haben diese Frage wie viele andere nicht genügend behandeln können.Meine Fraktion hält die schnelle Verabschiedung deswegen für nötig, weil wir den Bergleuten an der Ruhr helfen wollen, weil wir dem Bergbau eine etwas 'sicherere Basis ,geben wollen, und ich hoffe, daß dieses Hohe Haus einheitlich dem Gesetzentwurf zustimmen wird, obwohl wir sicherlich alle etwas zu 'bemängeln haben.
Das Wort hat der Bundeswirtschaftsminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schiller, mit einem großen und auch sicherlich geschickten Aufwand an Worten, Wortspielen und geistreichen Vergleichen, einigen düsteren Prognosen und einer Bagatellisierung !der großen Leistungen der Vergangenheit haben Sie in der Tat mit Erfolg vom Gegenstand der Verhandlung abgelenkt. Meine Damen und Herren, wenn so lange und so kunstvoll um eine Sache herumgeredet wird, frage ich mich immer wieder, weshalb das wohl geschehen mag. Einem Zwischenruf Ihres Herrn Kollegen Jacobi
— Herr Wehner, ich sage gleich noch einiges dazu — habe ich geglaubt entnehmen zu können, daß Sie es doch auch mit erheblichen Meinungsunterschieden in Ihren Reihen zu tun halben. Das beweisen auch .die Protokolle der Vergangenheit. Eines
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2572 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966
Bundesminister Schmückermöchte ich aber sagen, Herr Kollege Schiller: Mehr tun, weniger leisten, niemanden beengen und trotzdem die Probleme lösen, das nennt man in diesem Hause üblicherweise: „Wasch mir den Pelz, alber mach' mich nicht naß!" Das geht nicht. Aber ,gut, ich will nicht länger darauf eingehen.Ich möchte aber noch eines erwähnen. Ich halte es nicht für gut, wenn hier jemand angegriffen wird, der sich nicht im Hause wehren kann.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte schön!
Herr Minister Schmücker, müssen Sie nicht auch zugeben, daß ich die ganze erste Hälfte meiner Ausführungen, punktum und contra punktum zum Gesetzentwurf gesprochen habe? Ich frage also: Wie lange wollen Sie behaupten, daß ich nicht zum Gegenstand geredet hätte?
Nein, ich habe nicht gesagt, daß Sie nicht zum Gegenstand gesprochen hätten; aber ich frage mich immer wieder, warum ,das mit soviel Umschweifen und soviel Nebentatbeständen ausgeschmückt werden muß.
Ich komme immer wieder zu dem Ergebnis, daß das bestimmte Tatbestände verdecken soll, und darum habe ich gesagt: Der Zwischenruf des Kollegen Jacobi war sehr interessant und sehr aufschlußreich für mich.
Herr Kollege Schiller, ich darf es noch einmal sagen: Ich halte es — und das möchte ich auch in Erwiderung auf den Zwischenruf von Herrn Wehner sagen — nicht für richtig, daß man jemanden angreift — auch wenn es nur in indirekter Rede geschieht —, der sich hier nicht wehren kann. „Die Aktionsgemeinschaft gammelt so herum" — nein, Herr Schiller, das geht nicht.
Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?
Darf ich das eben zu Ende führen.
Mehrere Herren der deutschen Wirtschaft haben sich persönlich sehr stark engagiert. Ich habe an der Gründungsversammlung teilgenommen und den festen Eindruck gewonnen, daß die deutsche Wirtschaft durch eine erfreuliche Bereitschaft dazu beitragen wird, ,die industrielle Umgestaltung des Ruhrgebiets voranzutreiben. Natürlich geht das nicht von heute auf morgen, und es muß in Einklang stehen mit Gesetzen, die wir hier noch zu beschließen haben werden. Aber Zweifel an diesen Plänen zu hegen, ist, glaube ich, nicht gerechtfertigt. Es ist schon gar nicht gerechtfertigt zu sagen, daß die Planung mit zu der Wahlvorbereitung gehört, die Sie hier
heraufbeschworen haben und die Sie ganz geschickt für sich — das ist ein Kompliment — auszunutzen versuchen. Herr Schiller, das ist Ihr gutes Recht; aber mein Recht, mich zu wehren, lasse ich mir auch nicht nehmen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Jacobi?
Bitte schön, Herr Kollege!
Herr Minister Schmücker, Sie haben mich zitiert; ich weiß nicht, welchen Zwischenruf Sie meinen, aus dem Sie die Schlußfolgerung gezogen haben, in der SPD-Fraktion gebe es wegen des Gesetzes Meinungsverschiedenheiten. Ich darf Sie deshalb fragen: bestehen nicht über Einzelheiten dieses Gesetzentwurfs auch in Ihrem Hause zwischen den Abteilungen unterschiedliche Meinungen?
Ich bin mit Ihrem „auch" einverstanden; ich bestreite es nicht, während Sie so tun, als wenn Sie einer Meinung wären.
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?
Bitte schön!
Herr Minister Schmücker, eine Frage zur Aktionsgemeinschaft: Halten Sie es nicht für das Recht, ja für die Pflicht des Parlaments, zu einem solchen Zeitpunkt zu fragen, was die. Aktionsgemeinschaft eigentlich getan hat?
Ist das also unziemlich?
Herr Kollege Schiller, diese Frage können Sie natürlich stellen, Sie können sie auch in geschickten Formulierungen stellen. Aber ich halte es nicht für erlaubt, den Ausdruck gammeln zu gebrauchen und einen Zusammenhang mit den Wahlen herzustellen, und dagegen wehre ich mich. Ich bin aber gerne bereit, gegenseitig unsere Meinungen zu respektieren; denn in diesem Punkte gibt es sicher eine klare Meinungsverschiedenheit.
Darf ich eine Zwischenfrage stellen! Herr Minister Schmücker, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß die Formulierung in diesem Rundschreiben, nach der die ganze Wirksamkeit dieser Aktionsgemeinschaft, für die wir doch alle sind, an eine Serie von gesetzgeberischen und verwaltungsmäßigen sowie steuerlichen Voraussetzungen gebunden wird und daß das eine weitere Hinausschiebung der Aktivität dieser Gesellschaft bedeutet?
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966 2573
Darf ich diese Frage mit zwei Bemerkungen — ich hoffe zufriedenstellend — beantworten. Zunächst, Herr Kollege Schiller: Ich halte nicht viel davon, und ich übe auch diese Praxis nicht, daß man Reden mit Zitaten aus Rundschreiben und Zeitungsmeldungen usw. bestückt, weil man den ganzen Zusammenhang selten erfassen oder darstellen kann. Der verehrte amtierende Herr Präsident hat einmal gesagt, es sei ja gerade der Sinn von Zitaten, daß man sie im Sinne seiner eigenen Vorstellungen gebraucht. Ich habe dieses Wort nie vergessen.
Das zweite, Herr Kollege Schiller: Man kann natürlich nicht die ganze Serie koppeln. Aber das gewisse gesetzliche Voraussetzungen da sein oder daß gewisse administrative Anstrengungen zur gleichen Zeit anlaufen müssen, daran ist kein Zweifel. Ich selber habe den Herren, welche die Aktionsgemeinschaft so hervorragend vertreten, zugesichert, mich rein zeitlich zu bemühen, daß von der Bundesregierung — das Land Nordrhein-Westfalen hat das unterstützt entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. Wogegen ich mich wehre, ist, daß man eine solche Selbsthilfemaßnahme der Wirtschaft, die ich begrüße und mit Nachdruck als hervorragend unterstreiche, in Beziehung setzt zu einem Wahldatum.
Das Anliegen der Energiepolitik, speziell der Kohlepolitik — ich sage es noch einmal —, ist die Anpassung an die Absatzverhältnisse. Ein Teil, nicht alles, was wir tun und was wir zu tun haben, steht in diesem Gesetz; ein Teil der Maßnahmen wird durch dieses Verstromungsgesetz ermöglicht. Ich darf mich darum erst einmal auf dieses Gesetz beziehen. Sie haben gesagt, dieses Gesetz habe unter Zeitdruck gestanden. Nun, Herr Schiller, ich habe immer das Glück, daß Sie, wenn es schnell geht, sagen, daß es zu schnell geht.
— Ja, doch, doch, Herr Schiller, Sie suchen immer das, was übrigbleibt! Über diese Maßnahmen als solche sprechen wir seit langem, und meine Mitarbeiter haben mir gesagt — darum kann ich es mir ersparen, das vorzulesen —, man habe Ihnen den Terminkatalog gegeben, damit Sie feststellen, wie lange wir an diesem Gesetz vorbereitend tätig gewesen sind. Ich glaube also, daß man von einer ausreichend sorgfältigen Beratung reden darf.
— Ich habe gar nicht bestritten, daß wir unter Zeitdruck stehen, Herr Schiller. Es ist aber so, daß man den Vorwurf immer genau entgegengesetzt bekommt, wie man gerade gearbeitet hat. Daraus habe ich die Folgerung gezogen: Wie man es macht, ist es richtig, und nicht etwa: Wie man es macht, ist es falsch.
Gestatten Sie eine eine Zwischenfrage des Abgeordneten Menne?
Ja, bitte schön!
Ist es nicht richtig, Herr Minister, daß wir im Wirtschaftsausschuß nur Zeit für eine einzige Beratung hatten, da uns der Altestenrat des Bundestags wochenlang keine Sitzungsmöglichkeit gegeben hatte? Ist das nicht richtig?
Es ist nicht meine Aufgabe, das zu beantworten. Aber die Feststellung als solche wird ja unter dem Mantel ,der Frage durchaus erkannt.Nun zu dem Vorschlag der Sozialdemokraten, in dem man an feste Zuschüsse denkt und mit Zonen arbeiten will! Es ist schon von einem meiner Vorredner gesagt worden: Sicherlich, wenn wir Geld genug zur Verfügung hätten, könnten wir das. Aber die Aufgabe ist es doch, mit dem Vorhandenen auszukommen. Könnte man immer alles ohne Rücksicht auf die finanziellen Möglichkeiten tun, dann könnte man in der Tat manches besser machen. Aber wir haben nicht mehr Möglichkeiten als diese.Und nun die festen Zonen! Meine Damen und Herren, Zonen geben auch Grenzfälle, und die Härten werden Sie dabei nicht beseitigen. Bei einer vernünftigen Handhabung, die obendrein durch finanzielle Grenzen eingeengt wird, wird eine sehr einfache Verwaltung geradezu erzwungen. Ich halte diesen Weg für besser als den, den Sie vorgeschlagen haben.Ein paar Worte noch zur Stahlindustrie. Auch hier wird in dem Augenblick, wo man für jedermann sichtbar an den Problemen arbeitet, sofort der Vorwurf laut: Das hättest du schon viel früher machen müssen. Ich kann Ihnen noch einmal sagen, ich habe sofort nach meiner Amtsübernahme diese Dinge angesprochen. Die verständliche Antwort, die ich von den beiden Seiten bekam, war die, daß wir diese Probleme in Zusammenhang mit der Fusion der Behörden — nicht der Verträge — lösen sollten. Im Hinblick darauf haben wir dann auch unsere Verhandlungen geführt. Ich kann natürlich nicht hier vorab etwas erklären. Aber ich habe die Hoffnung, daß es in Luxemburg zu einem Kompromiß kommt, zwar zu einem Kompromiß, der uns sicherlich nicht voll befriedigen wird, aber doch zu einer Gemeinschaftslösung. Denn es schiene mir widersinnig zu sein, daß der erste europäische Vertrag in seinen Auswirkungen hinter dem zweiten und dem dritten her-hinken sollte. Wir müssen hier zu einer gemeinsamen Lösung kommen. Deswegen bitte ich auch Sie, nationale Lösungen jetzt nicht vorrangig vorzuschlagen. Denn ,das behindert mich doch in meinen Verhandlungen. Das haben Sie bei dem letzten Gespräch hier im Hause doch auch akzeptiert. Vor allen Dingen, Herr Schiller, muß ich darauf hinweisen, daß das, was Sie hier an finanziellen Mitteln genannt haben, bei weitem nicht ausreichen würde, wenn wir es national lösen würden. Denn eine nationale Lösung hat nach dem Vertrag unbedingt die Gleichbehandlung der anderen zur Folge. Die Summen, die. Sie genannt haben, sind zu klein. Sie reichen nicht
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2574 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966
Bundesminister Schmückeraus. Das sollten Sie bei Ihrem hausväterlichen Bemühen, 'das Sie immer wieder an den Tag legen, doch bitte mit bedenken.Ich darf noch mit einem Wort auf den Streik zu sprechen kommen. Ich finde, wenn man die Worte so liest, wie Sie sie gesprochen haben, ist kein Tadel für mich persönlich darin. Ich bleibe dabei, daß mein Vorschlag der bessere gewesen ist, auch wenn ich sehr hart dafür kritisiert werde. Denn es scheint mir nicht richtig zu sein, in Zeiten, wo jede Arbeitskraft genutzt wird, sie dort einzusetzen, wo sie ein Ergebnis fördert, das auf Halde gelegt wird. Um es mal ganz knapp zu sagen; man muß nicht nur arbeiten, sondern man muß die Arbeitskraft auch sinnvoll einsetzen. Unnütz eingesetzte Arbeitskraft ist Verschwendung.Nun weiß ich auch, daß die bisher übliche pauschale Betrachtung des Bergbaus übersehen hat, daß wir ein erhebliches Drittel haben, das keineswegs unter Absatzsorgen leidet, sondern allenfalls unter der Sorge, die Nachfrage befriedigen zu können. Nun mußte natürlich ein Kompromiß gefunden werden, ein Kompromiß, mit dem niemand voll zufrieden ist. Aber ich begrüße es, daß in diesem Kompromiß doch der Abbau der Nachholschichten enthalten ist und damit die Richtung angegeben ist. Denn die Aufgabe, der wir uns gegenübersehen, ist die Anpassung an die Absatzverhältnisse. Dabei möchte ich gern, daß sich jede einzelne Maßnahme auch in Richtung auf dieses Ziel bewegt und es nicht länger hinauszögert. Anpassung an die Absatzverhältnisse kann nur Schritt für Schritt geschehen. Das kostet Geld, das kostet Verzichte. Ohne 'dieses Geld und ohne diese Verzichte geht es nicht. Auch die Vorschläge der SPD erfordern viel Geld, in einigen Fällen mehr Geld, erfordern Verzichte, erfordern Eingriffe. Darüber kann niemand mit noch so wortgewandten Ausführungen hinwegkommen. Glück hin und her, Herr Menne, rhetorische Leistungen hin und her, Herr Schiller, bitte geben Sie mir dieses Gesetz, damit ich Schritt für Schritt in der Energiepolitik weitermachen kann.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Eine Schlußfrage, Herr Präsident.
Eine Schlußfrage; ich danke für die Berichtigung.
Herr Schmücker, sind Sie nicht auch der Meinung, daß eine gezielte Subvention unserer Politik, die wir hier so oft besprochen haben, mehr entspricht als eine globale Ausschüttung, und können Sie uns sagen, wie und nach welchen Gesichtspunkten und durch wen diese 100 oder 140 Millionen DM, um die es geht, unter die Firmen verteilt werden?
Herr Schiller, ich habe Ihnen gesagt, daß ich im Prinzip zu meinem alten Vorschlag stehe und ihn für
besser halte, daß ich aber einsehen muß, daß man, wenn ein Teil der Unternehmen nicht unter Absatzsorgen, sondern allenfalls unter Produktionssorgen steht, das mit zu berücksichtigen hat. Es ist selbstverständlich so, daß dieser Teil der Bergbauunternehmen dann nicht an den Hilfsmaßnahmen beteiligt wird, die Nordrhein-Westfalen und der Bund vorgesehen haben. Ich begrüße es aber, daß die Tendenz meines Vorschlages zumindest in dem Kompromiß enthalten ist und ein allmählicher Abbau dieser Zusatzschichten erfolgt. Nicht etwa, weil ich der Meinung bin, diese Regelung an sich sei schlecht. Ich halte sie sogar für hervorragend. Wenn wir diese Regelung, den Feiertag nachzuholen, sonst in der übrigen deutschen Wirtschaft hätten, dann wären wir über manchen Kummer hinweg. Aber darum sage ich ja: arbeiten muß man dort, wo das Ergebnis der Arbeit gefordert wird,
aber nicht etwa dort diese Regelung aufrechterhalten, wo ein Ergebnis gebracht wird, das obendrein vielleicht noch Geld kostet.
— Ich habe Ihnen ja gesagt, daß die unterschiedlichen Bedingungen der Produktion den Schlüssel für diese Verteilung ergeben werden.
— Ja, Herr Schiller, ich weiß nicht, soll ich Ihnen jetzt einen Sachverständigen schicken, der das im einzelnen aufschlüsselt. Ich glaube nicht, daß es die Aufgabe des Ministers ist, so stark ins Detail zu gehen. Ich kann nur diesen Grundsatz aufstellen. Ich halte ihn für tragbar.
Ich möchte zum Schluß wiederholen, was ich vorhin gesagt habe: geben Sie mir bitte dieses Gesetz. Es ist ein wesentliches Gesetz zur Lösung der Kohle-krise. Es ist nicht alles. Ich werde Ihnen noch weitere Vorlagen machen müssen, die Sie ja in der Ankündigung kennen. Aber heute geht es um die Verstromung, und ich bitte um Ihre Zustimmung.
Das Wort hat der Abgeordnete Kurlbaum.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich den Versuch machen, die Debatte auf das zu konzentrieren, was wirklich an Kontroversen hier zwischen den einzelnen Fraktionen besteht.Der Kollege Burgbacher hat am Anfang seiner Ausführungen die Bemerkung gemacht, die Opposition müsse doch zumindest zugeben, daß bei den Maßnahmen der Koalition eineschrittweise Verbesserung zu erkennen sei. Wir erkennen an, daß da einige Schritte vorwärts gemacht worden sind, Herr Burgbacher, aber die Frage ist doch einfach: sind die Schritte ausreichend, sind die Schritte in ihrem Umfang geeignet, der Lösung des schwierigen
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966 2575
KurlbaumProblems gerecht zu werden? Das ist die entscheidende Frage, um die es hier geht. Mein Freund Schiller hat bereits darauf hingewiesen und einen wesentlichen Teil seiner Ausführungen darauf konzentriert, daß das, was Sie sich jetzt zu diesem späten Zeitpunkt zu beschließen entschlossen haben, eben nach wie vor für die Lösung der vor uns stehenden Aufgaben nicht ausreicht.
Wir haben seit acht Jahren, seit 1958, eine Steinkohlenkrise. Wir haben immer wieder auf die Vordringlichkeit hingewiesen, auf diesem Gebiet nunmehr tatsächlich wirksame und ausreichende Maßnahmen zu treffen. Wir hatten noch Ende 1964 eine Energiedebatte. Spätestens damals war klar, daß man mit den bisherigen Maßnahmen unter keinen Umständen würde auskommen können. Meine Damen und Herren, das ist jetzt anderthalb Jahre her. Als Folge dieser Debatte Ende 1964 kam dann im Mai 1965 das erste Verstromungsgesetz. Wir haben damals schon in der Debatte Ende 1964 darauf hingewiesen, daß es bei der Krise des Steinkohlenbergbaus nicht ,darum ging, vorübergehende Maßnahmen zu treffen. Ich weise darauf hin, daß Sie, meine Herren von der Koalition, damals immer von einer Gesundungskrise des Steinkohlenbergbaus und von einer zeitlich begrenzten Hilfe sprachen. Dementsprechend fielen auch Ihre Maßnahmen aus. Ich habe mit tiefem Bedauern gelesen, was Sie, Herr Bundeswirtschaftsminister, noch bei der Beratung dieses Gesetzes im Bundesrat gesagt haben. Sie haben von einer Schlußakte gesprochen bezüglich der Maßnahmen der Bundesregierung zu unserer Energiepolitik, im speziellen zur Steinkohlenkrise. Meine Damen und Herren, es handelt sich hier um ein säkulares Problem. Da wird man überhaupt nicht von Schlußakten sprechen können. Man wird in Aussicht nehmen müssen, daß das Problem immer wieder von neuem und mit wirksamen Maßnahmen angegriffen werden muß.
Und darum geht die Diskussion. Die Diskussion geht darum: Ist das jetzt wieder unzureichend, wie alles Bisherige, was Sie getan haben?Nun ein paar Worte zu der Vorbereitungszeit. Wenn man berücksichtigt: acht Jahre Steinkohlenkrise, anderthalb Jahre seit der vorletzten großen Energiedebatte, dann muß man doch zu dem Ergebnis kommen, daß es geradezu unerträglich ist, wenn die Bundesregierung dem Bundestag eine solche Vorlage so kurzfristig vorlegt. Die Vorlage wurde zwar mit Schreiben vom 10. Juni dem Bundestag vorgelegt, aber Sie wissen alle, daß sie erst in der vergangenen Woche in den Händen der Abgeordneten war. Es war ein Tag Zeit, sie innerhalb unserer Fraktion zu beraten. Und dann wurde diese Vorlage in drei Stunden durch den Wirtschaftsausschuß gejagt. Ich wurde daran erinnert, daß man das mit dem ersten Verstromungsgesetz vor den Bundestagswahlen vor einem Jahr ähnlich gemacht hat. Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, icherinnere Sie daran, daß das erste Verstromungsgesetz im Mai 1965 an einem Sitzungstag neben vier anderen wichtigen Gesetzen — Novelle zum Kartellgesetz, Sicherungsleistungsgesetz, Teilzahlungsgesetz und Mineralölvorrätegesetz — behandelt wurde. Das ist es doch, was wir hier mit Recht immer wieder beklagen und kritisieren: Die Bundesregierung läßt sich unangemessen lange Zeit für ihre Vorbereitungen. Sie kommt regelmäßig zu spät, und dann jagt man das hier durch das Parlament. Einer Vorlage, die anderthalb Milliarden kostet, kann der Wirtschaftsausschuß drei Stunden widmen! Ich glaube, meine Damen und Herren, ein solches Verfahren ist erstens für ,die Opposition unzumutbar und zweitens für das Ansehen des Bundestages in der Öffentlichkeit unzuträglich.
Nun noch ein paar Bemerkungen zu dem, was Herr Menne gesagt hat. Herr Menne, es tut mir leid, daß Sie auch nicht zu den Kernfragen Stellung genommen haben, sondern daß Sie sich darauf beschränkt haben, mit uns die kurze Beratungszeit zu bedauern. Ich bin der Meinung, daß Sie als Mitglied der Regierungskoalition sehr wohl in der Lage gewesen wären, dafür zu sorgen, daß die Vorlage früher in den Ausschuß gekommen wäre. Da hätten Sie darauf drängen müssen!Sie haben dann den Anstieg der Mineralölpreise bedauert. Ja, meine Herren, das liegt doch an den Wirkungen der Selbstbeschränkung, an deren Einführung Sie mitgewirkt haben. Wir haben damals schon hier im Hause die Fragwürdigkeit der Selbstbeschränkung herausgestellt. Wir haben, Herr Menne, in diesem Hause darauf aufmerksam gemacht, daß der Selbstbeschränkung die Preiserhöhung für das Mineralöl zwangsläufig auf dem Fuße folgen würde. Das ist von Ihrer Seite bestritten worden. Was soll es also, wenn Sie jetzt das, woran Sie selber mitgewirkt haben, bedauern?Nun sei es mir, um dem Hause Zeit zu sparen, gestattet, hier anschließend die Begründung unseres Antrages Umdruck 90 *) und unsere Stellungnahme zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zu § 1 Abs. 4 auf Umdruck 85 **) vorzutragen. Ich habe mich schon über die völlig unangemessene Beratungszeit, die für den ganzen Gesetzentwurf zur Verfügung stand, geäußert. Für die sehr schwierige Materie der Stromtransport-Subvention, die zu einem heftigen Streit zwischen dem Ruhrgebiet und Süddeutschland geführt hat, stand im Ausschuß nicht mehr als etwa eine halbe Stunde zur Verfügung.
— Ich war mit dabei und weiß es ganz genau, undich werde jetzt im einzelnen noch darauf eingehen.Wir von der Opposition haben von dem Vorschlag, den Sie jetzt noch einmal im Umdruck 85 aufgenommen haben, Anfang der vergangenen Woche 24 Stunden vor der Beratung im Wirtschafts-*) Siehe Anlage 2 **) Siehe Anlage 3
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2576 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966
Kurlbaumausschuß Kenntnis bekommen, und Sie können sich vorstellen, was es für uns bedeutete, uns in dieser kurzen Zeit mit diesen Problemen sachlich auseinanderzusetzen. Wir haben im Ausschuß schon darauf hingewiesen, daß ebenso wie die Bemerkung in der Drucksache V/679 so auch Ihre jetzige Vorlage Umdruck 85 eine ganze Reihe von Unklarheiten aufweist. In Ihrer Vorlage wird von transportunwürdiger Kohle gesprochen. Diejenigen, die das Sachproblem kennen, wissen ganz genau, daß es hier so etwas wie schwarz-weiß, transportwürdig — transportunwürdig überhaupt nicht gibt. Die Transportwürdigkeit der Kohle hängt vielmehr von dem Prozentsatz des sogenannten Ballastes und — was immer wieder übersehen wird — entscheidend von dem Preis dieser Kohle ab. Erst der Preis der Kohle für den Verbraucher und die Transportkosten bestimmen die Transportwürdigkeit. Wir stehen hier also vor einer schwierigen Abgrenzungsaufgabe.Ich möchte hier auch ganz offen auf die Kontroverse zwischen Süddeutschland und den Zechenkraftwerken eingehen. Die süddeutschen Kraftwerke weisen mit einem gewissen Recht darauf hin, daß sie in der Vergangenheit für die Kohle die Listenpreise bezahlen mußten, während die Zechenkraftwerke ganz erhebliche Rabatte von 20 und mehr Prozent bekamen, daß hier also eine Preisdiskriminierung stattgefunden hat. Es ist nun sehr begreiflich, daß die süddeutschen Kohleverbraucher unter den Elektrizitätsversorgungsunternehmen die Befürchtung haben, daß diese Diskriminierung fortgesetzt, vielleicht sogar durch die Subventionierung des Stromtransportes in den Süden noch weiter verschärft wird. Ich werde darauf nachher noch eingehen. Deshalb haben wir auch den Antrag gestellt, daß hier genaue Richtlinien gegeben werden. Es muß —und das ist, glaube ich, ein berechtigtes Anliegen — durch die Fassung der Richtlinien für die Handhabung des Gesetzes eine Diskriminierung einwandfrei ausgeschlossen werden.Die zweite Unklarheit besteht darin, daß in dem Gesetzentwurf von Kraftwerken im Bereich des Steinkohlenreviers die Rede ist. Meine Herren, das ist wiederum eine Kautschukformulierung. Wo hört das auf? Bedeutet das, daß die Subventionierung des Stromtransports genau an einer bestimmten Grenze aufhört, daß ein Kraftwerk, das jenseits dieser Grenze liegt, keine Subventionierung seines Stromtransports bekommen wird? Das sind weitere offene Fragen. Auch hier wird mit Recht eine Diskriminierung befürchtet.Im Wirtschaftsausschuß habe ich bereits auf das Problem der Berechnung der Stromtransportkosten hingewiesen. Sie können mir zutrauen, daß ich als Elektroingenieur dieses Problem einigermaßen beurteilen kann. Ich kann Ihnen nur sagen: Die Berechnung und Verteilung der Transportkosten auf einzelne Elektrizitätsunternehmen, die einem Verbundnetz angeschlossen sind, die richtige Verteilung auf die Zechenkraftwerke und der Ausschluß der Nicht-Zechenkraftwerke, meine Damen und Herren, das ist eine mathematische Doktorarbeit! Das kann ich Ihnen schon im voraus sagen. Unsere Frage an den Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums im Wirtschaftsausschuß wurde mit der Antwort vom Tisch gefegt: „Das lösen wir durch eine Pauschalierung." Meine Damen und Herren, zunächst war für die Subventionierung des Stromtransportes ein Betrag von 150 Millionen DM vorgesehen. Jetzt sollen es 100 Millionen DM sein. Man kann doch über die Verausgabung eines solchen Betrages nicht in dieser Art und Weise mit dieser leichtfertigen Handbewegung hinweggehen. Auch dieses Problem haben wir also bei dieser Jagd durch den Ausschuß nicht klar gestellt bekommen.Zu den schwerwiegenden Unklarheiten bei der Subventionierung des Stromtransports kommen noch weitere volkswirtschaftliche Probleme. Es wird mit Recht darauf hingewiesen, daß eine Subventionierung des Stromtransports aus dem Ruhrgebiet nach dem Süden der Subventionierung einer Konkurrenz erstens zur Binnenschiffahrt, zweitens zur Bundesbahn gleichkommt. Über dieses Problem konnte wegen der Zeitnot überhaupt nicht gesprochen werden, es konnte lediglich erwähnt werden.Da ergibt sich auch die Frage: Müssen, um mehr Strom nach 'dem Süden liefern zu können, neue Leitungen gebaut werden? Das bedeutet neue Investitionen, neue Inanspruchnahme des sowieso nicht mehr funktionierenden Kapitalmarktes. Das bedeutet unter Umständen eine Fehlinvestition angesichts der nicht voll ausgelasteten Kapazitäten von Bundesbahn und Binnenschiffahrt. Alle diese Fragen wurden überhaupt nicht diskutiert, geschweige denn befriedigend beantwortet.
Eine Zwischenfrage?
Bitte schön!
Herr Kollege Kurlbaum, ist Ihnen nicht bekannt, daß es sich bei der Ballastkohle um nicht transportwürdige Kohle handelt, daß also für Schiffahrt und Bahn nicht ausfallen kann, was nicht transportiert werden kann?
Herr Kollege Burgbacher, wenn Sie dem, was ich eben gesagt habe, aufmerksam zugehört hätten, dann hätten Sie verstehen müssen, daß ich gerade gesagt habe: Eine solche Schwarzweiß-Ettikettierung der Kohle in „transportwürdige" und „transportunwürdige" gibt es nicht. Man hat mich in der Weise unterrichtet, daß der Ballastanteil in weiten Grenzen schwankt. Ich habe bereits darauf hingewiesen: ob eine Kohle transportwürdig ist, ob also ihr Bezug lohnend ist, ist nicht nur eine Frage der Transportkosten, sondern des Preises, mit dem man den Verbraucher dafür belastet. Ich habe darauf hingewiesen, daß sich die Beschwerden der süddeuschen Unternehmen gerade darauf gründen, daß sie bei den Preisen diskriminiert worden sind.Herr Burgbacher, es scheint mir eine hoffnungslose Sache zu sein, ein so schwieriges Problem im Plenum auszudiskutieren. Was wir beanstanden, ist, daß keine Zeit zur Verfügung gestellt wurde, um die
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966 2577
Kurlbaumschwierigen Probleme, die von den Betroffenen aufgeworfen worden sind, in ausreichender Zeit im Ausschuß durchzusprechen und aufzuklären. Jetzt haben Sie eine ungelöste, sehr bedauerliche Kontroverse zwischen dem Ruhrgebiet und Süddeutschland geschaffen, an der auch wir kein Interesse haben. Deshalb hat unsere Fraktion — auch das möchte ich zur Klarstellung sagen — keinen endgültigen Standpunkt eingenommen.Wir haben aber vorgeschlagen, diese Frage nach den Ferien sorgfältig zu beraten und sie dann zu entscheiden. Wir haben uns bereit erklärt, wenn diese Frage so entschieden wird, daß auch der Stromtransport subventioniert werden muß, einet angemessenen rückwirkenden Lösung für die Subventionierung zuzustimmen, immer vorausgesetzt, daß die Widersprüche zwischen den Aussagen der Interessenten im Norden und Süden aufgeklärt werden und wir zu der Überzeugung kommen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Ja, bitte!
Herr Kollege Kurlbaum, glauben Sie, daß Ihr Vorschlag, das im Herbst zu beraten, zu der beschleunigten Verabschiedung dieses Gesetzes im Interesse des Bergbaus beiträgt, wie Herr Kollege Schiller dies kategorisch wünscht?
Herr Burgbacher, glauben Sie, daß es zum Ansehen dieses Hauses beiträgt, wenn draußen durch die Presse — und wer immer hier Einblick erhält — immer wieder festgestellt wird, mit welcher Blitzeseile wir solche Millionenvorlagen erledigen? Glauben Sie, daß das in unserem Interesse ist?
Nun noch ein paar Worte zu unserem Antrag auf Umdruck 90. Eben weil so viele Probleme noch nicht gelöst sind, weil die Auslegung dieses Gesetzes fragwürdig ist und weil aufgeklärt werden muß, wie das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft zu verfahren hat, haben wir vorgeschlagen, dem § 1 einen Abs. 7 anzufügen, auf Grund dessen der Herr Bundeswirtschaftsminister verpflichtet wird, Richtlinien zu erlassen, und zwar mit Zustimmung des Bundesrates. Auf diese Weise wollten wir erreichen — und wir glauben, daß das ein Segen sein würde —, daß in den Ausschüssen des Bundesrates von Fachkundigen nochmals all das genau geprüft wird, was der Wirtschaftsausschuß angesichts der unglückseligen Zeitlage nun nicht prüfen konnte.
— Der Bundesrat hat natürlich etwas damit zu tun; denn es gibt Landeswirtschaftsministerien, die ja auch Fachleute haben, die sich mit dieser Frage beschäftigen.
— Natürlich ist das Exekutive. Aber nachdem Sie uns die Möglichkeit genommen haben, diese Widersprüche aufzuklären, haben wir keine andere Möglichkeit mehr gesehen, als auf diesem Umweg nochmals eine sachgerechte Prüfung der Richtlinien vorzunehmen.
Wenn Sie diesem Antrag widersprechen, dann sind Sie entschlossen, sich mit einer Dreistundenberatung dieses ganzen Gesetzentwurfs in einem Ausschuß zu begnügen. Wir werden alle denkbaren Wege zu gehen versuchen, um sicherzustellen, daß in diesem Hause sich endlich wieder der Grundsatz durchsetzt: Richtigkeit geht vor Schnelligkeit.
Ich darf in diesem Zusammenhang noch auf eines hinweisen. Ich habe vorhin über die unangemessen kurze Zeit gesprochen. Wir waren im Mai 1965 genau wie jetzt in einer Art Torschlußpanik, in die sich die Mehrheit dieses Parlaments begeben hat. Da wurde neben vier anderen bedeutsamen Gesetzen an einem Tage über das Erste Verstromungsgesetz beschlossen. Heute wissen Sie — oder diejenigen unter Ihnen, die Zeit und die Möglichkeit hatten, sich in diese Dinge zu vertiefen — ganz genau, daß das Erste Verstromungsgesetz schwere Konstruktionsfehler gehabt hat, die man hätte aufdecken können, wenn man sich mehr Zeit genommen hätte und die Sache frühzeitig und sorgfältig beraten hätte.
Meine Damen und Herren, wir können nicht darauf verzichten, in diesem Hause unsere kontrollierende Funktion als Oppositon sachgerecht und unserem Gewissen entsprechend auszuüben. Bitte hindern Sie uns nicht daran, das zu tun. Darum bitte ich Sie, unserem Antrag betreffend den Erlaß der Richtlinien zuzustimmen. Wir hoffen, daß es dann möglich sein wird, im Wege von Richtlinien auch eine Lösung für die Subvention des Stromtransportes zu finden, die für alle Beteiligten tragbar und angemessen ist. Solange das aber nicht sicher ist, können wir uns nicht entschließen, Ihrem Antrag betreffend die Subvention des. Stromtransports zuzustimmen. Wir werden uns der Stimme enthalten.
Meine Damen und Herren, einige Worte über die Geschäftslage des Hauses an diesem Tage. Es war vorgesehen, die Tagesordnung für heute bis etwa 14 Uhr abzuwickeln. Es steht jetzt schon fest, daß das nicht möglich sein wird. Die Herren Fraktionsgeschäftsführer haben sich über die weitere Abwicklung verständigt. Sie schlagen vor — es ist die Übung des Hauses, solche Einigungen ,der Geschäftsführer der Fraktionen zu respektieren --, daß wir Ziffer 16 des Verstromungsgesetzes jetzt erledigen, dann eine Mittagspause von eineinhalb Stunden eintreten lassen und anschließend — ich vermute, gegen 15.30 Uhr — fortfahren. Jedoch werden während unserer Beratung keine Ausschußsitzungen stattfinden können. Wir werden die Punkte, die die Kohle betreffen, heute fertig machen und morgen die vorgesehene Tagesordnung zu Ende bringen. Ich denke, das Haus wird damit einverstanden sein.Das Wort hat der Abgeordnete Professor Stein.
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2578 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war an sich nicht vorgesehen, daß ich jetzt das Wort ergreife. Ich habe mich aber dazu entschlossen, nachdem Herr Professor Schiller ein Wort über die Aktionsgemeinschaft gesagt hat. Sie werden verstehen, daß ich dazu Stellung nehme.
Das Ziel der Aktionsgemeinschaft kommt in einer Präambel zum Ausdruck, aus der ich — mit Genehmigung des Präsidenten — ein paar Sätze verlesen darf:
Sie hat das Ziel, eine geordnete Stillegung von Steinkohlenbergwerken zu erleichtern und die Wirtschaftsstruktur in den deutschen Steinkohlenbergbaugebieten zu verbessern. Ziel dieser Stillegungen ist die Anpassung der Förderung an die Absatzmöglichkeiten.
Und drittens:
Ziel der Strukturverbesserung ist die Ansiedlung neuer Unternehmen und Betriebe in den
Steinkohlenbergbaugebieten.
Daraus ergibt sich, daß das Wesen und die Aufgabe dieser Aktionsgemeinschaft ist, die Zwischenfinanzierung dieser Strukturumbettungen vorzunehmen. Dazu ist ein großes Kapital notwendig. Es wäre völlig falsch, wenn die Industrie dieses Kapital allein aufgebracht hätte oder aufzubringen gewünscht hätte; an dieser Kapitalaufbringung sind sämtliche Wirtschaftszweige beteiligt und angesprochen. Die Aufbringung dieses Kapitals ist im Augenblick im Gange und in der Diskussion. Sie werden mir, glaube ich, zugeben, daß, wenn die Größenordnung von zunächst 200 Millionen DM mit einer möglichen späteren Ausweitung auf 600 Millionen DM zur Diskussion steht, diese Kapitalaufbringung, ihre gesellschaftsrechtliche Fundierung und die Grundsätze ihres Einsatzes ruhig und in einem gewissen Zeitabschnitt diskutiert werden müssen. In der heutigen Debatte, wie sie von der Sozialdemokratie geführt worden ist, ist immer wieder der Anspruch betont worden, die Dinge ruhig und sachlich mit genügender Zeit zu diskutieren. Warum wollen Sie dem Teil der deutschen Wirtschaft, der sich hier zu einer Selbsthilfeaktion anschickt, diesen Anspruch etwa verweigern?
Es ist davon gesprochen worden, daß diese Aktionsgemeinschaft „dahingammle". Wenn Sie die ruhige Überlegung, wie die Mittel aufgebracht werden können, die Erörterung, wie sie eingesetzt werden sollen, die Prüfung, in welchem Umfange von der gesamten Industrie Möglichkeiten zur Verbesserung der Struktur mobilisiert werden können, um dem Bergbau zu helfen — das alles geschah doch in dem Zeitabschnitt von wenigen Monaten, von April, als die ersten Rundschreiben hierzu ergangen sind, bis Ende Juni —, als ein „Dahingammeln" bezeichnen, so muß ich sagen, daß das nicht das richtige Verständnis für die unternehmerische Abwägung und Würdigung aller Initiativen zeigt; es zeigt aber auch meiner Ansicht nach ein etwas „schimmliges" Verhältnis zum Zeitplan. Ich widerspreche ausdrücklich mit einer inneren Erregung dieser Charakterisierung, die Herr Professor Schiller hier gegeben hat. Sie zeigt eine Einstellung zur notwendigen Abwägung, die ich nicht als eine unternehmerfreundliche, als eine natürliche bezeichnen kann, sondern die ich als eine antiquierte marxistische bezeichnen muß.
— Herr Wehner, darüber, wer hier antiquiert ist, entscheiden Sie nicht allein.
— Ich habe nicht gehört, daß Sie dem Wort „Gammeln" widersprochen haben.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Herr Kollege Stein, darf ich Sie fragen, was Sie eigentlich dagegen haben, wenn ich zitiere, daß der verdienstvolle Unternehmer in seinem Rundschreiben an die Wirtschaft das Wirksamwerden dieser Aktionsgemeinschaft an Voraussetzungen bindet, die zum Teil bis Ende dieses Jahres oder nicht vor Ende dieses Jahres realisiert werden können? Können Sie die Wiedergabe eines solchen Zitates und eines solchen Bedauerns wirklich mit gutem Grund als „marxistisch" bezeichnen?
Herr Schiller, Sie antizipieren jetzt das, was ich sagen wollte. Ich habe mich noch nicht mit dem Inhalt dieses Rundschreibens auseinandergesetzt. Ich habe nur kritisiert, daß Sie gesagt haben, die Aktionsgemeinschaft gammele dahin. Das können Sie nicht bestreiten.Jetzt komme ich zum Inhalt dieses Rundschreibens. Sie haben gesagt, daß wir in unserem Rundschreiben auf die Stabilisierungsgesetze Bezug nehmen. Es ist richtig, wir haben auf diese Stabilisierungsgesetze Bezug genommen. Wir sind der Ansicht, daß die Strukturumwandlung des Ruhrgebietes durch eine Privatinitiative, durch die Gesellschaft „Aktionsgemeinschaft" ein langfristiges Unternehmen ist. Im Hinblick auf die Entwicklung des Kapitalmarktes — die Mittel für diese Vorhaben müssen durch die privaten Unternehmen auf dem Kapitalmarkt mobilisiert werden — haben wir in unserem Rundschreiben auf diese Stabilisierungsgesetze Bezug genommen. Sie sind nach unserer und nach Ihrer Vorstellung, wenn ich die Beratung im Wirtschaftsausschuß richtig verfolgt habe, ein integrierter Bestandteil unserer Vorhaben. Das ist
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966 2579
Stein
wohl bei der Mobilisierung der Mittel, die hier in Frage stehen, für eine Organisation, die das Privatunternehmertum vertritt, ein richtiger und durchaus zulässiger Bezug.Aber Sie, Herr Kollege Schiller, haben sich damit nicht begnügt. Sie haben hinzugefügt, das sei eine vordergründige Wahlhilfe, die wir der Regierung Nordrhein-Westfalen leisten wollten; das sei ein Teil des Inhalts der Gießkanne von Franz Meyers, haben Sie hier ausgeführt. Ich darf Ihnen dazu sagen: wenn Sie diese Aktionsgemeinschaft mit dem Wahlkampf, mit den reinen parteipolitischen Zielen in Verbindung bringen, dann werden Sie dieser Initiative, die einmalig in der deutschen Wirtschaft ist, nicht gerecht. Sie hätte nur dann eine Parallele, wenn Sie sich vielleicht dazu hätten entschließen können, beispielsweise die Gewerkschaften zu mobilisieren, im Rahmen einer Strukturhilfe die Löhne für die Bergleute zu übernehmen, wenn diese denen der Wachstumsindustrien angeglichen werden müßten. Das wäre ungefähr eine Parallele zu dem großen Unterfangen, das hier vorliegt. Meine Damen und Herren, wenn Sie das vordergründig mit Wahlhilfe bezeichnen wollen, kann ich Ihnen nur sagen, daß mir der Hintergrund Ihrer Denkweise durchaus klar ist. Vordergründig an dieser politischen Bemerkung ist nur die Erkenntnis für uns, daß wir mit einer von Ihnen geführten Regierung eine solche Gesellschaft nicht ins Leben rufen würden.
Das Wort hat der Abgeordnete Ollesch.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heut ein Gesetz, das anläßlich der großen Energiedebatte hier im Hause angekündigt wurde, die, Herr Professor Schiller, auf Grund der Großen Anfrage der Koalitionsparteien hier durchgeführt wurde. In dem Bündel der Maßnahmen, die im Endzweck die Anpassung der Förderung an den Absatz beinhalteten, in dem Bündel der. Maßnahmen, die eine Zurücknahme der fördernden Anlagen mit Rücknahme der beschäftigten Belegschaft beinhalteten, war das Gesetz als eine echte Hilfe für den Bergbau zur Sicherung des Absatzes und zur Ausweitung des Absatzes angekündigt. Nun haben Sie heute hier an diesem Gesetzentwurf Kritik geübt, und zwar weniger am materiellen Inhalt als an den Begleitumständen, mit denen der Gesetzentwurf eingereicht wurde. Sie haben die Kürze der Zeit kritisiert.
— Herr Kollege Kurlbaum, Sie haben die Unklarheiten kritisiert, aber uns liegt daran, deutlich sichtbar zu machen, daß wir dem Bergbau tatkräftig helfen wollen. Wir wollen das vor allen Dingen auch in einer Zeit sichtbar machen, in der Kollegen der linken Seite dieses Hauses ständig durch das Land Nordrhein-Westfalen fahren und behaupten, die derzeitige Situation an der Ruhr sei nur auf
die Untätigkeit der Bundesregierung und der die Bundesregierung tragenden Parteien zurückzuführen. Meine Damen und Herren, Sie wissen mit uns, daß das einfach nicht stimmt, sondern daß sich die Bundesregierung und die Koalitionsparteien bemüht haben, im Sinne ihrer wirtschaftspolitischen Auffassung auch den Industriezweig Bergbau lebensfähig zu erhalten. Wir haben von Ihnen, meine Damen und Herren von der linken Seite des Hauses, in der Vergangenheit keine besseren Vorschläge zur Kenntnis bekommen, als sie von der Bundesregierung vorgelegt wurden.
Gewiß, Sie sind über die Vorschläge vom März hinausgegangen, Herr Professor Schiller. Sie haben den Ausgleich für die Stahlindustrie im Kahleverbrauch gefordert. Es ist Ihnen zugesagt worden, daß diese Frage geprüft wird, daß sie im größeren Rahmen geregelt werden soll, und auch den Ausführungen des Herrn Professors Burgbacher war zu entnehmen, daß wir sicherlich in absehbarer Zeit auch dieses Problem — falls es auf anderer Ebene nicht geregelt werden kann — in Angriff nehmen werden. Ich meine, das Wort sollten Sie gelten lassen.
Herr Kollege, Sie sagten, wir wären über unsere Vorschläge vom März hinausgegangen. Ist Ihnen nicht bekannt, daß wir schon in der Energiedebatte im März gesagt haben, beides müsse getan werden, also Energiewirtschaft plus Koksverbilligung für die Stahlindustrie?
Herr Professor Schiller, wenn Sie meine Ausführungen vom vergangenen März nachlesen, werden Sie feststellen, daß ich erwähnt habe, daß Sie in dem Punkt über die Vorschläge der Bundesregierung hinausgegangen sind. Aber ich habe auch versucht, Ihnen zu erklären, warum wir den Punkt noch nicht realisieren konnten.Nun ist dieser Gesetzentwurf nicht unumstritten, meine Damen und Herren. Wir wissen, daß die süd- und auch die norddeutschen Freunde gewisse Vorbehalte äußern. Aber es sollte dabei bedacht werden, daß die Ruhr jahrzehntelang den Reichtum Deutschlands ausmachte und daß es nicht im Interesse der Gesamtbevölkerung liegen kann, wenn in diesem Gebiet wirtschaftliche Schwierigkeiten eintreten. Von daher unsere Absicht, die Zurücknahme der Kapazitäten behutsam vor sich gehen zu lassen.Meine Damen und Herren, wir haben hier im März gehört, daß an der Ruhr der Sturm losbrechen würde, wenn nicht mehr getan würde, als wir an sozialpolitischen Maßnahmen vorgeschlagen haben. Ich wohne an der Ruhr. Ich darf Ihnen sagen, es ist kein Sturm losgebrochen. Die Bevölkerung ist optimistisch, und auch die Umsetzung von freizustellenden Bergarbeitern ist ohne große Schwierigkeiten vor sich gegangen. Was ist von der damals zum Teil vorhandenen, zum Teil auch geförderten Unruhe anläßlich der Stillegung der Anlage „Graf Bismarck" übriggeblieiben?
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2580 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966
Ollesch— Ich sagte ja: zum Teil vorhandene, aber auch bewußt gesteigerte Unruhe.
Meine Damen und Herren, fest steht, daß die Beteiligten, daß die Betroffenen untergebracht werden konnten und untergebracht werden.Nun, dieser Gesetzentwurf ist nicht unumstritten, aber wir hoffen, mit der Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs einen Weg beschreiten zu können, bei dem unter Einsatz von erheblichen finanziellen Mitteln der notwendige langfristige Absatz in gewissen Teilbereichen unserer Industrie für den Bergbau erhalten bleibt. Sicherlich, entgegen geheiligten Grundsätzen der Anhänger der freien Marktwirtschaft wird hier eine gewisse Verbrauchslenkung betrieben. Wir geben es zu. Aber, meine Damen und Herren, im Bergbau kommt man an einer langfristigen Planung aus der Natur der Dinge heraus nicht vorbei.
Wer hätte das je geleugnet
— auch der Bundeskanzler nicht —,
der Kenntnis von der Eigenart des Bergbaus hat?!
Wir müssen einfach wissen, ob wir in einer absehbaren Zeit noch einen Absatz in gewissem Umfang haben werden. Durch die Realisierung dieses Gesetzentwurfs wird der Absatz garantiert und gesteigert, und im Interesse dieses Zieles, glaube ich, sollte über einige Unebenheiten hinweggesehen werden.Nun hat Herr Professor Schiller in seiner Kritik an dem Gesetzentwurf, in seiner Kritik an der Energiepolitik der Bundesregierung den „Spiegel" zitiert. Sicherlich, Herr Professor Schiller, ich halte persönlich etwas vom „Spiegel",
aber die Arbeitszeitverkürzung im Ruhrbergbau durch den Wegfall der Nachholschichten ist nach meiner Meinung und auch nach Meinung der Kundigen im Gegensatz zu der Auffassung des „Spiegels" eben nicht die einzig sinnvolle Maßnahme zur Fördereinschränkung. Sie ist nämlich eine unsinnige Maßnahme, so sehr auch Arbeitszeitverkürzungen für die Betroffenen erwünscht sein mögen.Wir leiden heute darunter, daß die Anlagen nicht voll ausgefahren sind. Ich kenne eine Anlage in der Nachbarschaft meines Wohnsitzes, die dem Zuschnitt entspricht, den wir heute von modernen Anlagen fordern, nämlich mit einer Tagesförderung von 10- bis 12 000 t. Wenn diese Anlage nicht voll ausgefahren werden kann — das wird sie nicht —, wird sie nie in der Lage sein, einigermaßen kostengünstig zu fördern, und wird sie trotz Leistungssteigerung niemals im Konkurenzkampf — vom Preis her gesehen — mit anderen Energieträgern bestehen können. Die Arbeitszeitverkürzung ad hoc würde ein weiteres lineares Zurückfahren aller Anlagen bedeuten. Sie mag notwendig sein. Mir sind die Samstagsschichten nicht sehr angenehm — sie passen nie so ganz in meine Planung hinein —, aber, meine Damen und Herren, den Wegfall mit der Anpassung der Förderung an den Absatz in Verbindung zu bringen, ist nicht so sinnvoll, wie viele Befürworter es glauben. Wir sollten dazu kommen, die Zurücknahme der Förderung möglichst schnell durchzuführen, damit die verbleibenden Anlagen bis zur Leistungsgrenze ausfahren können. Das wird nicht mit einer weiteren generellen Arbeitszeitverkürzung erreicht, sondern nur mit einer schnellen Umstrukturierung. Wir sind also der Meinung, daß dieser Gesetzentwurf heute auch in dritter Lesung verabschiedet werden sollte.
Wir meinen, daß Hilfe nottut und daß sie schnell erfolgen sollte.Nun sind gegen die Subventionierung des Stromtransportes Einwände erhoben worden. Meine Damen und Herren, wir würden die Kraftwerke des Reviers, die bestehenden und die noch geplanten, in Schwierigkeiten beim Wettbewerb bringen, wenn die Subventionierung des Stromtransportes nicht erfolgte. Wir haben auch in der Vergangenheit Kraftwerke gebaut für bestimmte Betriebe außerhalb des Reviers, die bei uns die Ballastkohle verfeuern, die eben nicht transportwürdig ist. Es ist nicht nur eine Frage des reinen Preises, sondern vor allem eine Frage des Preises in Verbindung mit dem Heizwert. In diesen Kraftwerken wird ein hoher Anteil der Förderung verbrannt, und der Strom wird nach Süddeutschland transportiert und im Verrechnungsverfahren aus dem RWE-Netz entnommen. Wir, meine Damen und Herren, wollen dieses Verfahren beibehalten wissen. Wir wollen nicht, daß die heutigen und demnächst anlaufenden Kraftwerke an der Ruhr, die Ballastkohle verfeuern müssen, die im Zuge der Technisierung der Abbauverfahren anfällt, in Schwierigkeiten geraten. Daher haben wir den Wunsch, daß der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen auf Umdruck 85 S) angenommen wird.Meine Damen und Herren, ich bin am Ende meiner Ausführungen. Ich darf Ihnen für die Freien Demokraten empfehlen, den vorliegenden Gesetzentwurf zur Sicherung des Steinkohlenabsatzes in der Elektrizitätswirtschaft mit den von den Koalitionsfraktionen vorgeschlagenen Änderungen anzunehmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Springorum.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Gönnen Sie mir bitte als Bergmann, als einem Bergmann, der sich in den letzten Wochen hier im Hause außerordentlich unglücklich gefühlt hat, ein Wort zu die-*) Siehe Anlage 3
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966 2581
Springorumser Debatte. Wir haben hier sehr viele Reminiszenzen gehört; wir haben vieles darüber gehört, wie es früher gewesen ist, und damit ist der ganze Vormittag eigentlich schneller vergangen, als wir erwartet hatten.Wir als Abgeordnete der CDU/CSU haben aber doch voller Freude gehört, daß die SPD dieses Gesetz als einen Schritt vorwärts betrachtet, was sie ja bisher bei unserer Energiepolitik nie anerkannt hat.Ich darf noch kurz auf die Punkte eingehen, die hier kontrovers sind und zu denen seitens der Opposition Vorwürfe erhoben worden sind. Es war Herr Professor Schiller, der dies im wesentlichen vorbrachte. Er hat den Vorwurf erhoben, daß in dem Gesetzentwurf Dirigismus enthalten sei. Das ist unbestritten. Es ist aber eine außerordentlich milde Form des Dirigismus; denn hier entstehen ja keine Kosten für den Verbraucher, sondern diese zusätzlichen Kosten, die ihm eventuell entstehen könnten, werden voll und ganz ersetzt.
Ich habe immer noch Vorschläge von Herrn Professor Schiller im Ohr, die er während der Debatte zur Regierungserklärung machte. Er bezeichnete das sogar als Amtshilfe, Dort riet er dem Bundeskanzler, doch endlich einmal seitens der Bundesregierung Orientierungspreise berechnen und festsetzen zu lassen, und er empfahl eine Flurbereinigung. Ich bin persönlich fest davon überzeugt, daß das viel weitergehende dirigistische Maßnahmen wären als etwa diese Bezuschussung der Steinkohlenumwandlung in den Kraftwerken. Hier sollte man also nicht über den Dirigismus stolpern.Das zweite, worin die Opposition mit uns nicht einig geht, ist die Frage des Rechtsanspruchs. Hier lassen Sie mich als Bergmann etwas sagen. Wir Bergleute sind außerordentlich glücklich, daß nur der Bund für unsere Energiepolitik verantwortlich ist und daß Energiepolitik keine Landessache ist. Könnte dieses Gesetz tatsächlich immer nur auf dem Wege der Rechtsverordnung in Zusammenarbeit mit den Ländern durchgeführt werden, dann würden wir außerordentliche zusätzliche Schwierigkeiten haben.Es ist ja nicht wahr, daß die besseren Fachleute bei den Länderregierungen sitzen und nicht bei der Bundesregierung. Das klang irgendwann vorhin einmal durch. Wir haben volles Zutrauen zur Bundesregierung und glauben, daß sie hier .den richtigen Weg finden wird.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jacobi?
Bitte schön!
Herr Kollege Springorum, würden Sie die Freundlichkeit haben, zur Kenntnis zu nehmen, daß es sich auch bei unserem Antrag auf Erlaß einer Rechtsverordnung nicht darum handelt, dem Bund in irgendeiner Frage weniger Macht zu geben, sondern daß wir unter anderem daran
denken, daß die Energieaufsicht sowieso bei den Ländern liegt und daß ohne Kooperation zwischen Bund und Ländern und ohne klare Richtlinien auch das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft keine sachlich genügend abgesicherte Entscheidungen treffen kann?
Herr Abgeordneter, damit gehen Sie über das Fragerecht hinaus! Sie können Ihre Ausführungen nachher vom Rednerpult aus machen!
Ich habe keine Frage herausgehört. Ich weiß also nicht, Herr Kollege, was ich Ihnen jetzt anworten soll. Zur Kenntnis genommen habe ich es, wenn Ihnen das genügt.
Wir werden also zu der Rechtsverordnung deshalb nicht ja sagen können, weil sie einfach wieder eine Verzögerung bedeutet. Für uns Bergleute ist es so außerordentlich wichtig, daß dieses Gesetz schnell in Kraft tritt. Müßte jetzt erst wieder mit dem Bundesrat eine Rechtsverordnung erlassen werden, so würde das für uns wochen-, ja monatelanges Warten bedeuten. Wir sind auch der Meinung, daß durch den Beirat, in dem ja die Länderregierungen mit drei Vertretern vertreten sind, die Länderinteressen ausreichend Berücksichtigung finden.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kurlbaum?
Bitte schön!
Glauben Sie, Herr Kollege, nicht, daß die Gefahr besteht, daß nachher jeder einzelne Antragsteller in einen langwierigen Streit mit dem Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft verwickelt wird, wenn nicht die vielen Unklarheiten, von denen ich gesprochen habe, rechtzeitig vorher beseitigt worden sind? Dann wird das ganze Verfahren noch viel mehr verzögert als dann, wenn sich unmittelbar nach der Verabschiedung dieses Gesetzes das Bundeswirtschaftsministerium mit dem Bundesrat zusammensetzt und diese Unklarheiten herausbringt.
Herr Kollege Kurlbaum, es ist in diesem Hause unbestritten, daß es sich hier um eine sehr komplizierte Materie handelt; das wird von keiner Seite bestritten. Aber einen anderen Weg hat es hier nicht gegeben. Es ist keinem Menschen ein besserer Weg eingefallen. Man muß mit dem zufrieden sein, was sich irgendwie anbietet.
— Nicht „Schnelligkeit". Ich weiß, daß dieses Gesetz in seinen Anfängen bereits vor etwa einem Jahr erstmalig in kleinen Gremien beraten wurde, ob es überhaupt praktizierbar ist. Es ist eben außerordentlich schwierig. Hier werden natürlich noch manche Probleme auftauchen. Aber es ist einfach nicht möglich, hier absolut feste Regeln festzusetzen,
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Springorumdie dann für alle Fälle passen. Hier wird das Ermessen immer einen bestimmten Spielraum haben müssen.
Gestatten Sie noch eine Frage?
Bitte schön!
Sind Sie sich darüber klar, daß Sie, indem Sie behauptet haben, feste Regeln könne man nicht anwenden, hier müsse ein Ermessensspielraum sein, damit von vornherein zugeben, daß es erheblichen Streit zwischen den Antragstellern und dem Bundesamt geben kann?
Nein, darüber bin ich mir in keiner Weise klar. Einen Ermessensspielraum einzuräumen bedeutet noch lange nicht das gleiche wie Streit haben. Es wird sich in der Verwaltungspraxis sehr schnell herausstellen, daß es bestimmte Regeln gibt, und nach diesen Regeln wird man sich dann auf beiden Seiten der Partner richten.Lassen Sie mich nun noch zu dem dritten Punkt kommen, der kontrovers ist. Es geht um das Problem der Bezuschussung des Transports von Strom aus Steinkohle aus dem Revier, das die Vorredner bereits angesprochen haben. Auch hier handelt es ) sich um ein Problem, das sehr, sehr schwierig zu verstehen ist. Wir haben gerade bei der Opposition gemerkt, daß selbst einem so erfahrenen Techniker, wie es Herr Kollege Kurlbaum ist, die Kompliziertheit dieser Materie als Nichtbergmann schwer eingeht. Selbstverständlich bedeutet es für die Elektrizitätswerke im Süden insoweit eine Verschlechterung, als sie sich ohne diesen Zusatz gegenüber den Zechenkraftwerken erheblich verbessern würden. Durch den Zusatz wird der Wettbewerb jetzt unverfälscht erhalten. Das Verhältnis von reviernahen Kraftwerken zu revierfernen Kraftwerken bleibt jetzt so, wie es eh und je war.
Im anderen Falle würde es sich geändert haben. Wenn aus dem Ruhrrevier Strom nach Frankfurt transportiert wird, dann kostet dieser Transport in etwa das gleiche wie der Transport per Schiff oder Bahn. Jetzt würde der Strom, der in Frankfurt aus Kohle erzeugt wird, subventioniert und damit gleich teuer wie der Strom aus Heizöl. Wenn dagegen der Strom über Draht nach Frankfurt geschickt würde, dann hätte er keine Subventionen nach dem ersten Entwurf und nicht den Zusatz und wäre dadurch überhaupt nicht mehr konkurrenzfähig.Was vorhin hier gesagt wurde, daß für die Ballastkohle die Preise entscheidend seien, ist natürlich in gewisser Weise richtig. Man kann auch den aschereichsten Ballast für irgendeinen Preis transportieren. Nur ist dann eine Konkurrenzfähigkeit zu irgendeinem anderen Produkt nicht mehr gegeben.Außerdem gibt es transportunwürdige Kohle, die einfach nicht zu transportieren ist.
— Es gibt eine interne Verrechnung zwischen Zechenkraftwerk und Zeche. Es gibt aber keine interne Verrechnung zwischen Zechenkraftwerk und RWE oder VEW,
und nur diese beiden Kraftwerke verteilen den Strom weiter. Die Zechenkraftwerke sind nur Zulieferer zu diesen Versorgungsunternehmen. Hier wird genau auf Heller und Pfennig nach dem Wärmepreis abgerechnet. Es ist restlos gleichgültig, wie Zeche und Zechenkraftwerk miteinander abrechnen. Die Ballastkohle fällt leider durch die Mechanisierung in immer stärkerem Maße an.Ich will Ihnenn nur ein Beispiel erzählen. Wir sind froh und glücklich im Bergbau, daß wir seit einiger Zeit eine Streckenvortriebsmaschine so weit entwickelt haben, daß der Bergmann von dieser harten Arbeit befreit werden kann. Der Nachteil dieser Maschine ist nur, daß Kohle und Berg, also Steine, in einem so engen Gemisch anfallen, daß sie nicht restlos voneinander zu trennen sind. Wenn wir also diese Ballastkohle nicht in Kraftwerken verbrennen könnten, dann müßten wir dieses Verfahren wieder aufgeben.Ich nenne noch ein anderes Verfahren, daß es Ihnen noch viel deutlicher macht, die sogenannte hydromechanische Kohlengewinnung, die wir aus Rußland übernommen haben. Die Schwierigkeit dieser Übernahme nach Deutschland war für uns die sehr viel größere Teufe. Uns ist es jetzt gelungen, diese Trübe, also eine Wasser-Kohle-Emulsion, 800 m — so groß ist unsere Teufe — hochzupumpen, hochzudrücken. Bei diesem Hochdrücken fällt aber sehr viel Feinstschlamm an, der einfach nicht transportabel ist. Er muß mittels einer Pipeline sofort in ein Kraftwerk eingespült werden. Wir sind froh darüber, daß wir entsprechende Düsen haben entwickeln können. Wir hoffen, daß eine Zeche, die dieses Verfahren anwenden kann — im nächsten Jahr soll es mit der ersten größeren Abteilung so weit sein — eine Leistung von sechs bis acht Tonnen erreicht. Wir könnten aber diese Verfahren einfach nicht mehr weiterentwickeln, wenn wir unseren Stromtransport außerhalb der Bezuschussung hätten.Ich habe Ihnen nur diese beiden Beispiele einmal genannt, die die Vielschichtigkeit dieses Problems zeigen. Diese Bezuschussung des Stromtransports geschieht nicht aus finanziellen Gründen. Es handelt sich überhaupt nicht um ein finanzielles Problem, sondern es ist einfach ein Problem der Hilfe für den Bergbau.Gerade die Opposition macht sich ja jetzt im Wahlkampf von Nordrhein-Westfalen so sehr zum Hüter des Bergbaus. Wir hören immer wieder dieses wirklich böse Wort von der verfehlten Energiepolitik. Meine Damen und Herren von der Oppo-
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Springorumsition, nicht jede Politik, die nicht zum Ziele führt, ist verfehlt.
Herr Schiller, wir sind bestimmt die allerletzten, die jemals behaupten werden, daß die Politik der Sozialdemokratischen Partei in bezug auf die Deutschlandgespräche verfehlt gewesen wäre.
Ich will damit nur klarmachen, daß das Wort „verfehlt" hier nicht am Platze ist. Es gibt eben Schwierigkeiten, die von außen kommen, die sich auch der Macht einer Regierung innerhalb der Bundesrepublik entziehen.
Der Dinge, die durch das internationale Mineralöl auf uns zukommen, können wir einfach nicht Herr werden.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Jacobi?
Bitte sehr!
Herr Kollege Springorum, um eine Wortmeldung zu vermeiden, möchte ich Sie fragen, wie es die Antragsteller abgesichert sehen, daß die Subventionierung der Transportkosten, die ja bei den Verbundunternehmen anfällt, an die Zechen weitergegeben wird.
Es handelt sich ja hier nicht um eine Subvention des Bergbaus, sondern um eine Subvention der Verbraucher. Nur derjenige, der Kohle verbraucht, bekommt die Vergünstigung, als ob er Heizöl einsetzte. Nicht wir, nicht die Zechen bekommen hier Geld, sondern das Geld bekommen die Elektrizitätswerke.
— Selbstverständlich ist das ein RWE-Problem. Das RWE hat ganz deutlich zum Ausdruck gebracht, daß es aus den Zechenkraftwerken keinen Strom in revierferne Gebiete transportieren kann, wenn es nicht diese Bezuschussung erhält.
— Nein, das ist gar nicht neu. Dais können Sie jederzeit dort erfahren. Das ist, wenn Sie etwas mitdenken, doch selbstverständlich. Es ist für diese großen Versorgungsunternehmen einfach unmöglich, Strom nach außerhalb zu transportieren, wenn sie aus anderen Kraftwerken den Strom mit Zuschuß bekämen.
— Es lohnt sich nicht!
Ich darf jetzt zum Schluß kommen.
Wir freuen uns darüber, daß Sie dem Gesetz weitgehend zustimmen. Wir möchten aber bitten — und hier spreche ich als Bergmann —, daß Sie diesem Gesetz in vollem Umfang Ihr Ja geben, damit unser Kampf, der in den nächsten Jahren um die Gesundung ,des Bergbaus geführt wird, für uns leichter wird.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Arndt .
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin dem Kollegen Herrn Springorum dankbar, daß er in seinem Schlußsatz auf das Wichtigste der Position der SPD-Fraktion zu dem Verstromungsgesetz aufmerksam gemacht hat, auf etwas, was im Laufe dieser Debatte drohte verloren zu gehen, nämlich darauf, daß die sozialdemokratische Bundestagsfraktion diesem Gesetz zustimmt. Meine Damen und Herren, die SPD stimmt dem Gesetz zu; also ist das Gesetz ein Fortschritt.
Worin liegt der Fortschritt?
— Sie werden gleich weiterlachen können. — Der Fortschritt des Gesetzes liegt im Handeln. Die Regierung hat ein energiepolitisches Gesetz eingebracht. Sie handelt. Und das ist ein großer Fortschritt gegenüber den letzten Jahren, wo sie nicht gehandelt hat.
Das zeigt eines: Nach einer langen Pause regen sich in der Energiepolitik bei der Bundesregierung und sicherlich auch bei den die Bundesregierung tragenden Fraktionen die Lebensgeister wieder. Dies ist gut. Es ist besonders deshalb gut, weil die Politik der Opposition, die bisher unablässig darauf gerichtet war, diese Regierung zum Handeln zu bewegen, in diesem Punkt Früchte getragen hat.
Wir haben Sie zu diesem Handeln gezwungen, meine Damen und Herren.
Das ist gut. Aber Handeln als solches ist noch nicht genug. Sie müssen auch richtig handeln. Vielleicht schaffen wir das im Laufe dieser Legislaturperiode auch noch. Sicher nicht allein. Wir brauchen dazu die Unterstützung der Öffentlichkeit, und leicht wird es auch dann nicht werden. Aber versuchen werden wir es immer und immer wieder, um unseretwillen, um Ihretwillen, nämlich um der Sache willen.
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2584 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966
Dr. Arndt
Deswegen ist die Zustimmung zu dem Gesetz nur unter Vorbehalten zu geben.
Richtig handeln — das muß das Leitziel der Kollegen im Hause sein, und das ist jedenfalls das Leitziel der sozialdemokratischen Fraktion — heißt für die Zukunft handeln. Diese Zukunft hat noch nicht begonnen. Sie beginnt wahrscheinlich erst nach dem 10. Juli in Nordrhein-Westfalen und für Nordrhein-Westfalen.
„Mit Meyers gießt es", damit ist noch keine Energiepolitik zu machen, wie mein Kollege Karl Schiller mit Recht gesagt hat. Die hastigen Beschlüsse, die im Wirtschaftsausschuß gefaßt werden mußten,
und die von diesem Parlament, von Ihnen, meine Damen und Herren, verlangt werden, verhindern, daß dieses Handeln auch ein richtiges Handeln sein wird.
Mein Kollege Karl Schiller hat darauf hingewiesen, was zur Energiepolitik noch alles fehlt, daß wir in der Sicherung ,des Absatzes an die Stahlindustrie bisher noch nicht richtig vorangekommen sind, daß die Auffanggesellschaft zwar gegründet ist, aber noch nicht gearbeitet hat. Wir werden in beiden Fällen nicht ablassen, die Regierung und die die Auffanggesellschaft repräsentierenden Kräfte zur Eile zu treiben, selbst wenn diese Eile als marxistisch bezeichnet werden sollte,
Wir sind dann auch für marxistische Eile.
Meine Damen und Herren, daß dieses Verstromungsgesetz lange Passagen enthält, zu denen sich wahrscheinlich ein wesentlicher Teil der sozialdemokratischen Fraktion der Stimme enthalten muß; liegt daran, daß die Beratung in den Ausschüssen nicht gründlich genug war. Andernfalls wäre es uns wahrscheinlich gelungen, Sie zu überzeugen, daß mit einem bißchen mehr Geld insgesamt Geld gespart worden wäre.
Wir hätten uns die Absätze 2 bis 10, die ja als Dirigismus bezeichnet wurden und bezeichnet werden mußten, sparen können. Was ist Dirigismus?
— Ich bin über die Ausschußberatungen voll informiert. Ich bin nicht Mitglied des Wirtschaftsausschusses, bin aber über die Beratungen voll informiert und bin also, wie jeder Kollege hier im Hause, in der Lage, zur Sache zu sprechen. Wir sind doch alle dafür, daß nicht nur Mitglieder eines Ausschusses zur Sache sprechen, sondern daß wir die Diskussion allgemein freigeben, und ich hoffe, daß Sie in der Lage und gewillt sind, mich als —wenn Sie wollen — Nicht-Fachmann, da nicht dem Ausschuß zugehörig, anzuhören.
Dirigismus — —
Ich glaube, es ist besser, wir führen keine Zwiegespräche; wenn, dann am Mikrophon, damit auch ich es verstehen kann. So höre ich nur Geräusche, und das ist nicht gut. — Bitte fahren Sie fort!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Dirigismus ist doch nicht um einer Methoden-Monomanie willen abzulehnen, Dirigismus ist deswegen abzulehnen, weil er nicht funktioniert, weil man auf die Dauer nicht gegen die Marktkräfte intervenieren kann. Deswegen waren wir für die andere Lösung, für die Lösung, die der Wirtschaftsausschuß des Bundesrates vorgeschlagen hat, und es wäre uns gelungen, Sie von dieser Lösung zu überzeugen, wenn Sie sich dafür etwas mehr Zeit genommen hätten.
Wir hoffen auch, daß Sie den Sinn unseres Änderungsantrages verstehen. Bundesregierung und Bundesrat sollen durch Rechtsverordnung Richtlinien für die behördliche Praxis der Subventionierung erlassen. Das schafft eine breitere Basis, bringt die Bundesländer ins Spiel, angefangen von Nordrhein-Westfalen bis hin nach Bayern, und das kann der Sache nur nützen.Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion hat in der heutigen Debatte noch einmal klargemacht, daß wir im Parlament und in den Ausschüssen nicht hastige Beschlüsse fassen sollten, daß wir uns Zeit für eine gründliche Beratung nehmen sollten, ebenso wie sich die Regierung zur Klärung ihrer Position auch Zeit genommen hat. Und die Regierung ist nicht zu der Überzeugung gekommen, daß der Stromtransport subventioniert werden müßte. Dieser Passus fehlt in der Regierungsvorlage; er ist im Bundesratsentwurf enthalten,
und die Regierung hat in der schriftlichen Stellungnahme zum Bundesratsentwurf darauf hingewiesen, das müsse noch geprüft werden. Wir sind zu dieser Prüfung bereit. Wir können und wir werden Ihrem Antrag auf Einbeziehung des Stromtransports nicht zustimmen, aber einzig und allein aus dem Grunde, aus dem sich die Regierung die Sache auch nicht zu eigen gemacht hat,
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966 2585
Dr. Arndt
nämlich aus dem Grunde, daß es noch der Prüfung bedarf. Wir möchten Sie sehr darum bitten, diese Prüfung nach den Ferien gemeinsam mit uns vorzunehmen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Russe?
Herr Kollege Arndt, Sie haben vorhin vorgetragen, daß Sie über die Ausschußberatungen genau informiert seien. Wenn das der Fall ist, ist Ihnen dann entgangen, daß die Regierung in der Ausschußberatung ausdrücklich erklärt hat, daß sie nunmehr für die — in der Vorlage zwar gesetzestechnisch noch nicht eindeutig eingebaute — Stromtransportregelung sei, und daß es nur des formalen Akts meiner Person bedurfte, den Antrag offiziell zu stellen? Ist Ihnen das entgangen? Wenn es Ihnen entgangen sein sollte, bitte ich, doch nicht so zu argumentieren, wie geschehen.
Ist Ihnen weiter entgangen, Herr Kollege, daß die Bundesregierung in ihrer Äußerung zu Ziffer 3 der Stellungnahme des Bundesrates expressis verbis den Vorschlag gemacht hat, den Sie jetzt vorliegen haben, allerdings ohne den letzten Satz, den wir im Interesse der revierfernen Gebiete hinzugefügt haben?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich will Ihnen nur die Möglichkeit zu Zwischenfragen nicht nehmen; deswegen habe ich gewartet.
Entscheidend ist für mich die Stellungnahme der Regierung zum Bundesratsentwurf.
Das ist das Entscheidende, daß die Regierung noch prüfen wollte.
Die Regierung wäre gut beraten gewesen, diese Position auch im Ausschuß beizubehalten. Dazu sind die Dinge zu verwickelt.
Ich sage Ihnen noch einmal: Ihr Antrag für die dritte Beratung, im Jahre 1968 alles noch einmal gründlich zu bedenken, zeigt, daß auch Sie innere Vorbehalte haben.
Das hätten wir uns vielleicht ersparen können, wenn wir nach den Ferien diesen speziellen Punkt noch einmal vorgenommen hätten. Das können Sie doch hier nicht wegleugnen.
Herr Kollege Arndt, wenn Sie unseren Entschließungsantrag gelesen haben, sind Sie dann nicht mit mir der Meinung, daß sich dieser Entschließungsantrag auf das gesamte Gesetz bezieht und nicht nur auf den Problemkreis im Zusammenhang mit dem Stromtransport? Ich glaube, das muß doch sehr stark differenziert werden.
Dr. Arndt (Berlin : Dieser Entschließungsantrag ist an sich eine gute Sache. Ich bin sicher, daß ein großer Teil der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei dafür stimmen wird. Er beseitigt aber nicht, daß wir von vornherein hätten Gelegenheit nehmen müssen, das Gesetz gründlich zu beraten. Das können Sie durch diese Entschließung, das können Sie durch nachträgliche Korrektur der Stellungnahme der Bundesregierung leider nicht aus der Welt schaffen. Der Bundestag ist verpflichtet, Gesetze, die er erläßt, gründlich zu beraten. Gegen diese Verpflichtungen haben Sie verstoßen. Sie haben eine schnelle Beratung erzwungen. Deswegen werden wir für gewisse Passagen des Gesetzes nicht stimmen können.
Eine weitere Zwischenfrage.
Nachdem durch Ihren Mund, Herr Kollege Arndt — jetzt vielleicht zum fünfzehnten Male — die Behauptung aufgestellt worden ist, dieses Gesetz sei in einer Hetze beraten worden, da frage ich Sie: Wer hat denn gehetzt? Die SPD-Fraktion hat gehetzt, weil Sie unbedingt am nächsten Tag die Sachverständigen hören wollten. Die CDU/CSU-Fraktion war ohne weiteres bereit, dieses Gesetz etwas gründlicher und länger zu beraten. Aber sie ist dem Wunsch der SPD-Fraktion entgegengekommen, weil Sie in jener Sitzung erklärt hatten, Sie wollten an dem Sitzungstag, der uns noch zur Verfügung stand, unbedingt die Sachverständigen hören.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich muß auch diese Bemerkung zurückweisen, Herr Kollege Brand. Die Hearings über das Sachverständigengutachten sind dem Wirtschaftsausschuß und dem Finanzausschuß während der Beratung dieses Gutachtens vom Bundestag aufgetragen worden. Lange genug hat dieses Hearing anderen Dingen wie z. B. dem Gaststättengesetz, vielleicht auch eine sehr wichtige Sache, weichen müssen. Nach den Parlamentsferien, wenn das nächste Gutachten des Sachverständigenrates schon vor der Tür stehen würde, hätte eine Beratung und ein Hearing über das Gutachten des Sachverständigenrates sicherlich keinen Sinn gehabt. Das Sachverständigengutachten hatte einfach die ältere Priorität, und ich bin froh, daß der Wirt-
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2586 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966
Dr. Arndt
schaftsausschuß sich diese Auffassung zu eigen gemacht hat. Aber, wie gesagt, wir hätten Zeit gehabt, das Verstromungsgesetz länger zu beraten, wir hätten natürlich auch die Gelegenheit und die Möglichkeit gehabt, es früher zu beraten, wenn die Regierung den Entwurf früher eingebracht hätte.
Lassen Sie mich zum Schluß kommen, meine Damen und Herren. Diese hastige Beratung und die hastigen Beschlüsse sind doch der Grund, der das Parlament nach Auffassung der SPD-Fraktion an einer wirkungsvollen Arbeit zum Wohle der Sache hindert. Es ist uns gelungen, Sie zur Aktion in der Energiepolitik zu treiben. Wir erkennen das an. Aber wir wollen Sie noch weitertreiben. Wir wollen Sie in die richtige Aktion treiben, und Sie werden erleben: Sie werden in diesem und im nächsten Jahr auch noch dahin kommen.
Ich habe zur allgemeinen Aussprache keine Redner mehr auf meiner Liste.
Wir kommen zur Einzelberatung. Ich rufe auf § 1. Hier sind zwei Anträge angemeldet, der erste auf Umdruck 85 *) Ziffer 1 und der zweite auf Umdruck 90 **).
Zu dem Änderungsantrag Umdruck 85 Ziffer 1 möchte sich der Berichterstatter des Haushaltsausschusses äußern, ehe der Antrag begründet wird. Ich erteile Herrn Abgeordneten Westphal das Wort als Berichterstatter des Haushaltsausschusses.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Pflichtgemäß muß ich darauf aufmerksam machen, daß die im vorliegenden Änderungsantrag Umdruck 85 vorgesehene Einbeziehung des Stromtransportes aus der im Revier verstromten Ballastkohle mit Kosten von 100 Millionen DM bis 1981 durch den Beschluß des Haushaltsausschusses, den Sie in Drucksache V/764 vor sich haben, nicht gedeckt ist. Aus der Kenntnis der Materie kann ich allerdings hinzufügen, daß bei Annahme dieses Antrags Umdruck 85 im Jahre 1966 keine Kosten anfallen würden wegen des in dem Gesetz vorgesehenen Verfahrens, das sozusagen eine nachträgliche Berechnung und Auszahlung der Subventionen bewirkt. Die Kosten für die folgenden Jahre bis 1981 gehen aus dem Antrag selbst hervor. Sie betragen 100 Millionen DM. Wie diese Mittel sich auf die verschiedenen Haushaltsjahre verteilen, läßt sich wohl nicht genau vorhersagen. Ich könnte dafür jedenfalls keine Berechnung vorlegen. Eine gewisse Gleichmäßigkeit ist aber anzunehmen. Daraus ließe sich errechnen — ich will das nur einfach probieren, ohne dafür gültige Zahlen nennen zu können —, daß pro Jahr etwa 4 bis 5 Millionen DM als Bundesbeteiligung zusätzlich zu dem hinzukommen, was in dem Bericht Druck*) Siehe Anlage 3 **) Siehe Anlage 2sache V/764 für die einzelnen Jahre bis 1981 im einzelnen vorgesehen ist.Ich muß aber hinzufügen, eine Empfehlung zu diesem Thema zu geben bin ich als Berichterstatter nicht berechtigt, weil der Haushaltsausschuß zu diesem Antrag bisher nicht Stellung genommen hat.Bei dem zweiten Punkt, Herr Präsident, bitte ich um Verzeihung, daß ich erst jetzt damit kommen kann. Er bezieht sich ebenfalls auf meine Funktion als Berichterstatter zu diesem Thema nach § 96 der Geschäftsordnung. Ich konnte heute morgen am Anfang der Beratung nicht da sein. Sie wissen, in meinem Wahlkreis in Wanne-Eickel hat sich ein Zechenunglück ereignet. Ich war am Telefon, um mich darum zu kümmern, und habe deswegen den Zeitpunkt verpaßt, an dem ich mich eigentlich hier hätte zu Wort melden müssen. Ich bitte deshalb, mir zu gestatten, als Berichterstatter noch eine zusätzliche Bemerkung zu machen.Mein Bericht, der Ihnen in der Drucksache V/764 vorliegt, zeigt Ihnen die Aufrechnung der Kosten zunächst für den Fall, daß der Bund alles zahlen muß, was an Lasten aus dem uns vorliegenden Gesetzentwurf entsteht, verteilt auf die Jahre von 1967 bis 1981. Dies entspricht dem Wortlaut des Gesetzes, wie es uns jetzt in Drucksache V/753 vorliegt. Danach ist der Bund voll verantwortlich für die Ubernahme der Kosten. Mein Bericht enthält aber auch die Berechnungen für den Fall, daß die Kohle produzierenden Länder ein Drittel der Kasten übernehmen. Hierzu muß ich Sie davon in Kenntnis setzen, daß die Bundesregierung auf unsere Anfrage im Haushaltsausschuß gesagt hat, die Zusage zur Übernahme eines Drittels der Kosten sei gewährleistet. Dies beruhe allerdings bisher nur auf einer mündlichen Erklärung des Herr Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen gegenüber dem Herrn Bundeskanzler vom 29. März 1966.
Ich möchte im Namen des Haushaltsausschusses, angeregt durch den Kollegen Leicht von der CDU/CSU-Fraktion, dazu darauf hinweisen, daß dem Haushaltsausschuß sehr daran liegt, insbesondere von dem betroffenen Land Nordrhein-Westfalen möglichst hier im Plenum eine Aussage zu bekommen, die das bestätigt, was Herr Dr. Meyers am 29. März dem Herrn Bundeskanzler bisher mündlich zu diesem Thema gesagt hat.Zweitens muß ich hinzufügen, daß die beiden anderen Kohle produzierenden Länder, das Saarland und Bayern — Bayern gehört dazu mit seiner Produktion an Pechkohle und ist auch in dieses Gesetz einbezogen, aber mit Lasten wohl nur in einem sehr, sehr geringen Maße —, bisher nur auf Referentenebene im Hinblick auf ihre Beteiligung mit einem Drittel an den Kasten des Gesetzes angesprochen worden sind und schriftliche Erklärungen der Landesregierungen zu dem Thema noch nicht vorliegen. Der Haushaltsausschuß würde es also begrüßen, wenn die uns von der Bundesregierung gegebenen Erklärungen, auf die wir uns bei unserer Zustimmung zu diesem Gesetz nach § 96 der Ge-
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966 2587
Westphalschäftsordnung gestützt haben, von den Repräsentanten der Länder hier bestätigt werden könnten.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich erteile das Wort zur Begründung des Antrages Umdruck 85. — Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kübler.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da die Begründung zu dem Änderungsantrag der CDU/CSU auf Subventionierung des Stromtransports der Ruhrkraftwerke bis zu einem Betrag von 100 Millionen DM ausgefallen ist, fühle ich mich zu einer persönlichen Stellungnahme veranlaßt. Ich will nicht noch einmal breit ausführen, daß die wirtschaftliche und soziale Sicherung des Bergbaues nötig ist, sondern ich will gleich klar und unmißverständlich sagen, daß ich es für sinnlos halte, ein Loch dadurch zu stopfen, daß man ein anderes aufreißt. Was Sie an der Ruhr mit dem Stromtransportsubventionierungsgesetz retten wollen, das zerstören Sie mit diesem Antrag am Neckar und am Oberrhein.
Wir haben dort nun glücklich eine eigene Energieversorgung aufgebaut. Wir verstromen, wie Ihnen bekannt ist, das in den Raffinerien neben dem Hauptprodukt Benzin anfallende Heizöl. Für uns waren alle Krisen bisher immer mit Kohleknappheit verbunden. Wir sind trotzdem bereit, die Kohle angemessen an unserem Energieverbrauch zu beteiligen. Was Sie aber jetzt hier noch zusätzlich vorschlagen — diese Subventionierung des Stromtransports —, ist ein tiefer Eingriff in die Standortstruktur der süddeutschen Elektrizitätswirtschaft. Durch diesen Dirigismus für die Steinkohleverstromung an der Ruhr verzerren Sie die Wettbewerbsgleichheit und -lage der Kraftwerke in Süddeutschland. Ich muß das so deutlich sagen,
denn ich empfinde Ihren Änderungsantrag — der nicht von Herrn Kühn, sondern von der CDU stammt, — als Überrumpelungsantrag. Die Fachleute wurden dazu nicht gehört. Mir selber ist dieses Änderungsersuchen erst seit etwa 18 oder 19 Stunden bekannt.
— Im Wirtschaftsausschuß war es nach der Information, die ich in der SPD-Fraktion erhalten habe — es war vielleicht ein anderer Passus - mit der Zustimmung ,der Mehrheit abgelehnt worden. Das Ding ist für mich neu. In 18 Stunden kann ich mich nur über das informieren, was mir in meinem überschaubaren Bereich zur Verfügung steht. Lassen Sie mich deshalb einmal die mir örtlich oder regional vertrauten Verhältnisse meiner Vaterstadt Mannheim schildern. Für umfassendere Studien blieb mir bei Ihrer Verfahrensweise keine Zeit. Ich sage noch einmal, das ist eine Überrumpelung; ich fühle mich durch einen solchen Antrag überrumpelt, wenn vorher gesagt wurde, er sei im Ausschuß abgelehnt
worden. Bei dieser Verfahrensweise kann ich nur mit dem Wenigen antworten, was ich kenne.
Unser Großkraftwerk in Mannheim, das wir in bitteren Jahren und besonders nach ,den Reparationen und der Zerstörung des letzten Krieges sowie den Demontagen in den letzten Jahrzehnten unter großen Opfern wiederaufgebaut und in Gang gebracht haben, wird durch Ihren Antrag praktisch zu einem Spitzenkraftwerk ,degradiert. Das heißt, es kann Strom nur noch in den Zeiten des SpitzenBedarfs verkaufen und wird gegenüber dem nahen Importstrom konkurrenzunfähig. Haben Sie dazu die Fachleute gehört oder nicht? Sie haben sie nicht gehört.
— Es ist Ihre Pflicht, mich zu überzeugen, wenn ich einem so kurzfristig eingereichten Antrag zustimmen soll. Der Art. 38 des Grundgesetzes bindet mein Gewissen, und ohne Wissen kann ich nicht entscheiden. Sie bieten mit dieser Überrumpelung keine Entscheidungsgrundlage. Das Kraftwerk müßte, da der Stromverbrauch in der Stadt immer besteht, es aber nur in Spitzenzeiten exportieren kann, die Gesamtkosten ,auf den regionalen Stromverbrauch abwälzen. Ich möchte Ihnen das einmal so deutlich aus dieser Sicht hier darstellen. Das sind mir bekannte örtliche Tatsachen.
Daneben muß ich die Antragsteller fragen, ob sie nicht aus Gründen der Raumordnung eine verbrauchsorientierte Stromerzeugung für wünschenswert halten. Das wäre ein Dikussionsstoff für dieses Haus. Es gibt auch Leute, für die im Zusammenhang mit einer Notstandsplanung Gesichtspunkte der Dezentralisierung aktuell sein könnten. Auch das wäre einer Überlegung wert.
Ich möchte Ihnen nur sagen: mit den Subventionen des Stromtransports wollen Sie einen vorübergehenden Nutzen an der Ruhr durch einen dauernden Schaden am Neckar erkaufen. Sie stopfen ein Loch zu und reißen ein anderes auf. Ich fordere Sie deshalb auf, Ihren Subventionsantrag zurückzuziehen oder die Entscheidung wenigstens bis Herbst zu vertagen, damit man vernünftig darüber reden kann.
Das Wort hat Herr Bundeswirtschaftsminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege, darf ich Sie darauf hinweisen, daß eine Gefährdung deswegen nicht eintreten kann, weil wir eine finanzielle Begrenzung vorgesehen haben und nur der Mehrstromtransport hier berücksichtigt wird.Zu Ihren Erörterungen im allgemeinen! Ich akzeptiere durchaus, daß die revierfern gelegenen Werke sich Sorgen wegen ihrer Konkurrenzfähigkeit machen. Das ist ein Argument, das man berücksichtigen muß. Darum darf diese Maßnahme nicht dahin führen, daß dies eintritt. Das wollen wir durch die
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Bundesminister SchmückerBegrenzung, die vorgesehen ist, und die Überprüfung der Gesamtregelung erreichen. Aber Sie dürfen auch nicht übersehen, daß, wenn hier Kohle zur Verstromung verbraucht werden soll, dies in erster Linie Ballastkohle ist. Für diesen Kohleverbrauch müssen wir sorgen, und hier ist die Möglichkeit dazu gegeben. Sollten sich Unzuträglichkeiten herausstellen, die Sie befürchten — ich verstehe das aus Ihrer Situation —, dann muß die Sache überprüft werden. Nach meinen Überlegungen und nach den Eingrenzungen, die hier vorgenommen werden, besteht aber kaum die Gefahr, daß dies eintreten könnte. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie dem Vorschlag zustimmen könnten.Noch einmal ein Wort dazu, daß dieser Vorschlag verspätet eingereicht worden ist. Das hat daran gelegen, daß wir bis zur Vorlage des Gesetzes die Rechtsförmlichkeit noch nicht geprüft hatten. Ich habe den Antrag nachgereicht; er wurde freundlicherweise übernommen und steht heute hier zur Beschlußfassung.
Wir kommen zur Abstimmung zunächst über den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP — Umdruck 85 — Ziffer 1. Wer zustimmen will, gebe bitte das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Gegen einige wenige Gegenstimmen und zahlreiche Enthaltungen ist der Änderungsantrag angenommen.
Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den
1) Änderungsantrag Umdruck 90. Er ist schon begründet worden. Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Letzteres war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen nunmehr über § 1 in der Fassung, die er nunmehr erhalten hat, ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe. — Enthaltungen? — Damit ist § 1 bei einigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 2 auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag Umdruck 80 Ziffer 2 vor. Keine Wortmeldungen! Wir stimmen ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Wir stimmen nunmehr über § 2 in der jetzigen Fassung ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
3,—§ 4,-§ 5,—§ 6,—§ 7,-§ 8,-§ 9,§ 10, - § 11, - § 12.
— Bis § 10! Wer bis einschließlich § 10 zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? -- Bei zahlreichen Enthaltungen und einigen wenigen Gegenstimmen angenommen.
§ 11! Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wir stimmen ab. Wer zustimmen will, gebe
das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest. Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Die allgemeine Aussprache wird sich wohl erübrigen. Es liegen keine Anträge vor. Wer zustimmen will, möge sich erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Gegen eine Gegenstimme und bei einigen Enthaltungen angenommen.
Wir haben nunmehr über den Antrag Ziffer 2 des Ausschußberichtes — Entschließungsantrag — abzustimmen. Ich brauche ihn wohl nicht zu verlesen. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? - Mit einer Enthaltung angenommen.
Wir haben nunmehr einen Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP — Umdruck 86 *) —. Zur Begründung hat das Wort Herr Abgeordneter Professor Burgbacher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Nachdem die zweite und dritte Lesung abgeschlossen ist, möchten wir vorschlagen, in Respekt vor den möglichen Problemen, die sich ergeben können und die hier vorgetragen worden sind, der Entschließung auf Umdruck 86 Ihre Zustimmung zu geben. Wir ersuchen darin die Bundesregierung bis 15. Juli 1968 um einen Bericht, ob das Gesetz die vorgesehene Zielsetzung nach § 1 erreicht hat und ob die Wirkung einer langfristigen Stabilisierung des Absatzes der deutschen Steinkohle — auf diesem Sektor natürlich — erreicht ist. Weiterhin ersuchen wir die Bundesregierung, einen Bericht vorzulegen unter Berücksichtigung der Entwicklung der Stromerzeugung auch aus Braunkohle, weil wir diese mit dem Gesetz natürlich nicht beeinträchtigen wollen, und auch aus der Kernenergie, weil wir auch deren Entwicklung durch das Gesetz nicht beeinträchtigen wollen.
Mit Rücksicht auf die Interessen der revierfernen Gebiete ist dann noch ausdrücklich in Ziffer 2 hinzugefügt worden:
dabei ist auch die Entwicklung und Auswirkung des Stromtransports aus den Steinkohlenrevieren in Gebieten außerhalb der Steinkohlenreviere darzulegen.
Ich hoffe, daß damit auch den Bedenken unseres Kollegen aus Mannheim in gewisser Weise Rechnung getragen ist.
Ich bitte um Ihre Zustimmung.
Keine weiteren Wortmeldungen? — Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer dem Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP auf Umdruck 86 zustimmen will, .gebe das Handzeichen. — Gegenprobe! — Ent-*) Siehe Anlage 4
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Vizepräsident Dr. Schmidhaltungen? — Einstimmige Annahme. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.Meine Damen und Herren, ich unterbreche die Sitzung bis 15.30 und ;gebe anheim, zu überlegen, ab wir heute nachmittag nicht auch die für Freitag vorgesehenen Punkte 25, 26 und 29 erledigen könnten.
Die Sitzung ist unterbrochen.
Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Reichsknappschaftsgesetzes und des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung
— Drucksachen V/390, V/ 521 —
a) Bericht ,des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache V/ . . . —
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Götz
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik
— Drucksache V/743 —
Berichterstatter: Abgeordneter Büttner
Wird gewünscht, die Berichte zu ergänzen? - Das ist nicht der Fall. Ich danke den Herren Berichterstattern.
Festzuhalten ist, daß nach dem Bericht des Haushaltsausschusses der Haushaltsausschuß gegen die Vorlagen keine Bedenken erhebt. Es ist aber zu erwähnen, daß Änderungsanträge durch diesen Beschluß nicht gedeckt werden.
Wir treten in die Einzelberatung ein. Ich rufe den Art. 1 auf. Hierzu liegt der Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 87 *) unter Ziffer 1 vor. Herr Abgeordneter Hörmann wird den Änderungsantrag begründen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß diesen Änderungsantrag vertretungsweise begründen. Ich möchte die Ausführungen, die schon bei der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs gemacht worden sind, nicht wiederholen, möchte aber auf die grundsätzlichen Ausführungen hinweisen, die heute morgen mein Kollege Herr Professor Dr. Schiller zu diesem Problem gemacht hat. Er hat dargelegt, warum wir un*) Siehe Anlage 5
bedingt die Altersgrenze für die Bergleute auf das 55. Lebensjahr vorverlegen möchten.
Wir bitten Sie um Annahme dieses Antrags.
Wird noch das Wort gewünscht? — Bittel
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf hier namens der CDU/CSU-Fraktion erklären, daß wir uns außerstande sehen, dem Antrag der SPD auf Umdruck 87 zu folgen. Ich darf allerdings für die Damen und Herren der SPD hinzufügen, daß wir uns die Ablehnung dieses Antrags durchaus nicht leicht gemacht haben. Die Damen und Herren der SPD, die dem Sozialpolitischen Ausschuß angehören, werden mir das bestätigen müssen. Wir haben in der Ausschußberatung gemeinsam sehr intensiv um diesen Fragenkomplex gerungen.Lassen Sie mich nun ein paar ganz knappe Ausführungen darüber machen, warum wir diesem Antrag der SPD nicht zustimmen wollen. Der Hauptgrund ist der, daß wir der Meinung sind, daß durch den Tatbestand, der durch die Verwirklichung des Antrags der SPD heraufbeschworen würde, eine sehr stark präjudizierende Wirkung auf die übrigen Versicherungszweige ausgelöst würde, wenn man allgemein dazu überginge, wie es in dem Antrag ja vorgesehen ist, die Altersgrenze für das Altersruhegeld in der Knappschaft von jetzt 60 Jahren auf 55 Jahre herabzusetzen. Es ist zwar nicht zu bestreiten, daß der bergmännische Beruf besondere körperliche Ansprüche an den Menschen stellt und zweifelsohne besonders gefährlich ist. Aber wenn man dem nachkäme, würde dadurch ein Druck von seiten anderer Berufsgruppen ausgelöst werden — meine Damen und Herren der Opposition, das werden Sie wahrscheinlich nicht bestreiten wollen —, die man im Hinblick auf die beruflichen Anforderungen im Endeffekt in etwa mit dem bergmännischen Beruf vergleichen kann. Wir können es aus diesem Grunde nicht zulassen, daß die Altersgrenze für das Altersruhegeld in der knappschaftlichen Rentenversicherung generell herabgesetzt wird.Ich müßte eigentlich noch einiges über die finanziellen Auswirkungen sagen, die damit verbunden wären, wenn die Altersgrenze auch in den übrigen Sozialversicherungszweigen herabgesetzt werden müßte. Sie wissen aus der versicherungstechnischen Bilanz, meine Damen und Herren, daß wir alles andere gebrauchen können als zusätzliche finanzielle Belastungen, die mit einer Verwirklichung dieses Antrags zweifelsohne verbunden wären.Unter Ziffer 2 werden von seiten der SPD einige Forderungen erhoben, die darauf hinauslaufen, die Vorgegebenheiten für die Berechtigung zum Empfang der Knappschaftsausgleichsleistungen gewissermaßen auszuweiten und zugunsten der Versicherten zu verbessern. Wir sind demgegenüber der Meinung, daß diese Knappschaftsausgleichsleistungen denjenigen Personen vorbehalten bleiben sollten, die auf eine 25jährige Versicherung verweisen kön-
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Exnernen und die darüber hinaus auch die Vorbedingung erfüllen, die im heute gültigen Recht verankert ist, nämlich 15 Jahre Hauerarbeit unter Tage. Sie wissen, meine Damen und Herren, daß nach der Vorlage der Bundesregierung auch den Bergleuten von 55 bis 60 Jahren, die in solchen Schachtanlagen beschäftigt sind, die nicht mit einer Stillegung zu rechnen haben, gewissermaßen das freiwillige Ausscheiden aus dem. Bergbau eingeräumt werden soll. Wir sind der Überzeugung, daß dies der richtige Weg ist.Aus den vorgenannten Gründen, meine Damen und Herren, möchte ich das Hohe Haus darum bitten, unseren Überlegungen zu folgen und dem Antrag der SPD nicht stattzugeben.
Herr Abgeordneter Exner hat zu Ziffer 1 und 2 des Antrages Stellung genommen.
Jetzt hat Herr Abgeordneter Büttner das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß einiges zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Exner sagen. Ich glaube, daß er die Dinge nicht richtig gesehen hat. In welcher Lage sich der Bergbau und damit die Bergleute befinden, ist heute morgen schon sehr eingehend dargestellt worden. Ich darf auch noch einmal darauf verweisen, ohne jetzt wirtschaftspolitische Bemerkungen machen zu wollen, was hier in diesem Hause 1954 unser verstorbener Kollege Dr. Heinrich Deist gesagt hat. Er hat gesagt: Meine Damen und Herren, wir dürfen nicht „so tun, als wenn Öl und Erdgas nicht da wären; wir müssen planen". Und weil nicht geplant worden ist, haben wir — um es in der Bergmannssprache auszudrücken — den Fudsak im Bergbau.Herr Kollege Exner, es ist auch noch etwas anderes mit den Bergleuten. Ich glaube, daß, nachdem Sie sich entschlossen haben, hier zu reden, Sie sich auch einmal die Zahlen angesehen haben, die den Bergmann angehen. Dann werden Sie zu der Feststellung gekommen sein, daß es gerade die Bergleute um die 55 Jahre sind, die berufsunfähig werden. Das weisen die statistischen Zahlen ganz einwandfrei nach.Wir haben jetzt im Bulletin des Presse- und Informationsamtes vom 22. Juni etwas über die Knappschaftsrenten lesen können. Als ich diese Zahlen las und mir dann eine andere amtliche Statistik, die vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung herausgegeben worden ist, ansah, bin ich doch zu ganz anderen Zahlen gekommen. Das, was hier im Bulletin steht, das scheint mir, wenn ich es einmal vergleichsweise sagen darf, genau so zu sein, wie wenn man über Beamtengehälter spricht und das Gehalt eines Staatssekretärs zugrunde legt. Man hat hier nur die Höchstrenten erwähnt und die Durchschnittsrenten nicht angegeben. Wenn man vergleichen will, dann muß man doch auch vom Durchschnitt ausgehen.Sicherlich hängt die Lage auch mit der Struktur im Bergbau zusammen. Ich will jetzt auf die Nachwuchsfrage im Bergbau gar nicht eingehen. Aber es sind in erster Linie gesundheitspolitische Aspekte, die uns veranlaßt haben, diesen Antrag zu stellen, nicht nur die Altersgrenze herabzusetzen, sondern auch die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen, die den Bergleuten zu erleichterten Bedingungen die Möglichkeit geben, die Knappschaftsausgleichsleistung zu erhalten.Wenn etwas beweisen könnte, daß es sozialpolitisch und gesundheitspolitisch notwendig ist, dann sind es zwei Zahlen, die ich Sie bitte, sich einmal anzuhören. Es handelt sich darum, wie die Bergleute unter der schwersten der Berufskrankheiten, der Silikose, leiden. In den Jahren von 1946 bis 1964 sind 78 847 Bergleute an einer entschädigungspflichtigen Silikose erkrankt. Das sind im Jahresdurchschnitt 4149 silikosekranke Bergleute. Erschreckend sind auch die Zahlen der an Silikose gestorbenen Bergleute. In den Jahren von 1946 bis 1964 starben 34 468 Bergleute an Silikose. Das sind im Jahresdurchschnitt 1814 Bergleute. Das sind doch Zahlen, die uns nachdenklich stimmen müssen. Wenn ich Sie weiterhin noch einmal bitten darf, sich in der Rentenstatistik umzusehen, wie gerade bei der Altersgrenze, die wir anstreben, die Rentenfälle am häufigsten sind, daß nahezu 50% der Bergleute, die pensioniert werden, in diese Altersklasse fallen, die nicht mehr berufstätig sein können, dann glaube ich, daß unser Antrag a) die Altersgrenze herabzusetzen und b) die Erleichterungen für die Knappschaftsausgleichsleistung zu schaffen, sehr begründet ist. Ich darf noch einmal auf meinen Bericht V/473 verweisen. In diesem Bericht habe ich auch die Meinung der Regierungsparteien festgehalten, die sagen — und Herr Kollege Exner hat das hier auch anklingen lassen —, wir schaffen ein Präjudiz für andere Berufsgruppen. Wir Sozialdemokraten sind nicht der Meinung, daß nur die Bergleute eine schwere Arbeit verrichten. Denken wir einmal an die Chemiearbeiter, an die in der eisenschaffenden Industrie, an die Textilarbeiter und Fernlastfahrer u. a. m. Wir wissen, daß auch sie alle einen schweren Beruf ausüben. Ich bin aber auch der Meinung, daß wir von einem Präjudiz, von einer Vorentscheidung für andere Berufsgruppen nicht reden können. Ohne das Ja zur Landesverteidigung, das wir gesagt haben, und damit auch zur Bundeswehr einschränken zu wollen, darf ich feststellen: Bei der Bundeswehr hat man die Möglichkeit, daß der Hauptmann mit 52 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand gehen kann. Ich bin der Meinung, wenn ein Bergmann mit 16 Jahren unter Tage angelegt wird und nahezu 40 Jahre gearbeitet hat, dann hat auch er verdient, eine auskömmliche Rente vorzeitig zu bekommen. Wir müssen auch an die Zeit nach dem Zusammenbruch denken, als man zu dem Bergmann mit Care-Paketen kam und als man um den Bergmann warb. Wenn diese Bergleute eben, wegen der Lage im Bergbau ausscheiden müssen, dann müssen sie auch bei einer kürzeren Wartezeit einen Anspruch auf eine Ausgleichsleistung haben. Ich darf Sie deshalb recht
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Büttnerherzlich bitten, diesem unserem Antrag zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Exner.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Zahlen, die Herr Kollege Büttner über die Silikoseanfälligkeit bei den Bergleuten und über die Silikosesterblichkeit genannt hat, kann natürlich niemand bezweifeln. Aber ich möchte doch darauf hinweisen, daß dies ein ganz anderes Problem ist, Herr Kollege Büttner, das Sie damit angesprochen haben. Denn wenn man jetzt die Altersgrenze für das Altersruhegeld in der knappschaftlichen Versicherung um fünf Jahre herabsetzte, würde man das Problem der Silikosehäufigkeit nicht beseitigen können. Wenn man dieser Geißel des Bergbaus entgegenwirken will, dann muß man sich etwas einfallen lassen, was geeignet ist, dieses Übel an der Wurzel zu ergreifen. Man müßte also Überlegungen anstellen, um Maßnahmen herauszufinden, die sicherstellen, daß die Silikose nicht mehr so häufig anfallen kann, wie das heute der Fall ist. Auf jeden Fall sind wir der Überzeugung, daß das Problem, das Sie damit angesprochen haben und dessen Ernsthaftigkeit von uns in keiner Weise bestritten wird, nicht über eine generelle Herabsetzung der Altersgrenze im Bergbau in der Knappschaft gelöst werden kann. Deshalb unterstreiche ich noch einmal, wir bleiben bei unserem Standpunkt, daß die Altersgrenze nicht herabgesetzt werden sollte. Wir möchten vielmehr das verwirklicht sehen, was in der Regierungsvorlage enthalten ist. Ich bitte also nochmals darum, den Antrag der SPD abzulehnen.
Das Wort wird nicht weiter gewünscht. Wir stimmen ab über Ziffer 1 des Änderungsantrags der Fraktion der SPD auf Umdruck 87 1; es ist der Antrag auf Änderung der Fassung des Art. 1. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ich bitte, die Abstimmung durch Erheben vom Platz zu wiederholen. Wer zustimmt, erhebe sich bitte. — Gegenprobe! — Das Ergebnis ist unklar. Wir müssen auszählen.
Ich gebe das Ergebnis 'der Auszählung bekannt. Es wurden 260 Stimmen abgegeben, davon waren 122 Ja-Stimmen und 138 Nein-Stimmen. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen dann über den Art. 1 in der Fassung der Vorlage ab. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! — Der Art. 1 ist in der vorliegenden Fassung angenommen.
Ich rufe Art. 2 auf. Hier liegt der Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 87 *) unter Ziffer 2 vor, der die Änderung der Fassung von Art. 2 Nr. 8 bezweckt.
*) Siehe Anlage 5
— Ich darf um Ruhe bitten. Wird das Wort gewünscht? — Bitte!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach dem Antrag des Ausschusses für Arbeit wird das Hohe Haus gebeten, in der Arbeitslosenversicherung die Leistungs-und Beitragsbemessungsgrenze auf 1300 DM heraufzusetzen. Diese Erhöhung wird nach den Berechnungen der Bundesregierung zu Beitragsmehreinnahmen in Höhe von etwa 400 Millionen DM jährlich führen. Bei der derzeitigen Situation auf dem Arbeitsmarkt würden von diesen 400 Millionen DM nur rund 100 Millionen DM zur Zahlung der automatisch gestiegenen Leistungen für Arbeitslose benötigt werden, so daß den Rücklagen zusätzlich 300 Millionen DM zugeführt werden könnten.
Eine weitere Stärkung der bereits auf zirka 6,6 Milliarden DM angewachsenen Rücklagen der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung hält meine Fraktion für nicht vertretbar. Sie beantragt daher, den Beitragssatz in der Arbeitslosenversicherung befristet für die Zeit vom 1. Oktober 1966 bis zum 31. Dezember 1967 von jetzt 1,3 % auf 1,1 % zu senken. Selbst Mitglieder des Ausschusses für Arbeit haben bei der Beratung des Gesetzes Bedenken wegen der weiteren Aufstockung der Rücklagen geäußert und gefordert, eine unverhältnismäßige Vergrößerung dieser Rücklagen der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung zu vermeiden. Durch die Senkung des Beitrags von 1,3 auf 1,1 % wird diese zusätzliche Aufstockung der Rücklagen verhindert. Nach der Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze, die, wie bereits erwähnt, Mehreinnahmen von 400 Millionen DM erbringen wird, bleiben für erhöhte Leistungen immer noch die benötigten 100 Millionen DM übrig. Somit können Mehrausgaben gedeckt werden. Eine weitere Aufblähung der Rücklagen wird aber verhindert.
Ich bitte deshalb, dem Antrag auf Senkung des Beitragssatzes in der Arbeitslosenversicherung von 1,3 auf 1,1 % zuzustimmen.
Herr Abgeordneter Müller .
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU/ CSU hat bei der Beratung des für diesen Teil des Gesetzes sachlich zuständigen Ausschusses für Arbeit den Antrag auf die Erhöhung der Beitrags- und Leistungsbemessungsgrenze in der Arbeitslosenversicherung von 750 auf 1300 DM gestellt. Diesem Antrag wurde im Ausschuß entsprochen, und die Erhöhung wurde in den Gesetzentwurf aufgenommen.Zwei Gründe waren hierfür maßgebend: einmal die Beseitigung einer Ungerechtigkeit in der Beitragsaufbringung. Zum zweiten wollten wir den Einkommensabfall bei unverschuldeter Arbeitslosigkeit mildern. Jetzt werden das Arbeitslosengeld, das Schlechtwettergeld und die Kurzarbeiterunterstüt-
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Müller
zung bekanntlich von höchstens 750 DM berechnet vor allem wegen der Situation im Bergbau, wegen der zweifellos schwierigen Verhältnisse in Bereichen der Stahlindustrie, aber auch regional bei der Bauindustrie wollten wir dies ändern, um die Unterstützungen für den Personenkreis anzuheben, der monatlich zwischen 750 und 1300 DM verdient.Mit der Erhöhung der Leistungsbemessungsgrenze mußte natürlich die Beitragsbemessungsgrenze erhöht werden. Mit der Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze sind zwangsläufig höhere Einnahmen der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung verbunden. Das ist der Stein des Anstoßes.Der Ausschuß für Arbeit hat daher auf Antrag der Koalitionsfraktionen eine Entschließung verabschiedet, wonach die Bundesregierung ersucht wird, den Beitragssatz in der Arbeitslosenversicherung erneut zu überprüfen, damit die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze in Verbindung mit den veränderten Leistungen keine unverhältnismäßige Vergrößerung der Rücklagen bei der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung bewirkt. Diese Entschließung des Ausschusses für Arbeit hat der durch das Knappschaftsgesetz auch beim AVAVG federführende Ausschuß für Sozialpolitik verschärft, wonach die Bundesregierung ersucht wird, mit Wirkung vom 1. Oktober dieses Jahres den Beitrag zu senken, so daß die Änderung der Sätze keine höhere Rücklage bewirkt.Hier setzt nun der Änderungsantrag der SPD Umdruck 87 an, der — das muß ich Ihnen ganz offen sagen — versucht, die Regierungskoalition rechts zu überholen; im übrigen sehr zum Mißvergnügen der Fachleute für Sozialversicherung im Deutschen Gewerkschaftsbund. Der § 164 des AVAVG besagt:Der Beitragssatz ist zwei vom Hundert. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Erhebung des Beitrages nach Maßgabe der Finanzlage der Bundesanstalt zeitweise oder zum Teil auszusetzen.Zur Zeit wird ein Beitragssatz von 1,3 v. H. erhoben, also je 0,65 v. H. für den -Arbeitgeber und den Arbeitnehmer, nachdem zu einem früheren Zeitpunkt der Beitrag zeitweise ganz ausgesetzt war.Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat von der Ermächtigung, den Beitragssatz festzusetzen, stets in verantwortlicher Weise Gebrauch gemacht, und sie hat vor allem bei jeder Überprüfung und Neufestsetzung die Selbstverwaltung der Bundesanstalt gehört, wie es dem Willen dieses Hauses und insbesondere auch der Fraktion der SPD in der Vergangenheit entsprochen hat. Diese Selbstverwaltung — Vorstand und Verwaltungsrat der Bundesanstalt — hat in großer Sachkenntnis immer geprüft und Stellung genommen. Jetzt soll auf Antrag der SPD ohne Anhörung der Selbstverwaltung, auf deren sachkundigen Rat weder Regierung noch Parlament verzichten sollten, der Beitrag gesenkt werden, ohne daß man die Auswirkungen kennt.Der Sprecher der SPD-Fraktion hat hier Zahlen genannt, von denen ich nicht bestreiten kann, daßsie im Ausschuß von den Vertretern der Bundesregierung genannt worden sind. Ich habe mich aber mit Herrn Präsidenten Sabel von der Bundesanstalt unterhalten, weil ich selber dieser Selbstverwaltung angehöre, und kann heute neue Zahlen bekanntgeben.
— Herr Kollege Schellenberg, lassen Sie mich ausreden, dann werden Sie davon hören. Außerdem haben Sie ja die Möglichkeit, nachher auch zu sprechen. Sie kennen die Haltung der Fachleute auf dem Gebiet der Arbeitslosenversicherung genau. Ich achte Ihren sehr sachverständigen Rat; aber, Herr Kollege Schellenberg, unterstellen Sie auch anderen, daß sie etwas von der Materie verstehen.Eine Senkung des Beitrages zum 1. Oktober 1966 halte ich schon zeitlich für sehr problematisch. Es ist notwendig, die Beitragstabellen zu errechnen und allen Einzugsstellen zur Verfügung zu stellen. Dazu wurde in der Vergangenheit im allgemeinen ein Zeitraum von zwei bis drei Monaten für notwendig erachtet. Der Bundesrat tagt am 15. Juli. Ich glaube also kaum, daß zu diesem Zeitpunkt eine Beitragssenkung möglich ist.Die Beitragsfestsetzung bedarf einer genauen Kalkulation. Auch ich bin im Moment nicht in der Lage, völlig einwandfreie Zahlen zu nennen. Aber eine vorläufige schnelle Überprüfung der Bundesanstalt hatte folgendes Ergebnis. Wenn man von der derzeitigen Arbeitsmarktlage ausgeht und des weiteren annimmt, daß bei iden Einkommen zwischen 750 und 1300 DM im Monat der gleiche Prozentsatz zur Unterstützung zu zahlen ist wie bei 750 DM, wenn weiterhin die Tatsache berücksichtigt wird, daß die Anspruchsdauer beim Arbeitslosengeld für die knappschaftlich Versicherten auf 52 Wochen ausgedehnt wird, dann ergeben sich eine geschätzte Beitragseinnahme von 380 Millionen DM — das sind etwa 20 Millionen DM weniger, als die Bundesregierung geschätzt hatte — und eine geschätzte Mehrausgabe von 279 Millionen DM. Es bleibt nach diesen Berechnungen ein Überschuß von 101 Millionen DM. Das Zahlenmaterial zur Berechnung des Beitragsmehraufkommens ist sehr umfangreich. Die Beitragseinnahmen sind auch vom Bundesarbeitsministerium in etwa gleicher Höhe geschätzt worden.Bei den Ausgaben ergibt sich nach der Kalkulation eine Mehrzahlung von Arbeitslosengeld in Höhe von 95,2 Millionen DM. Hier scheint mir der Unterschied zu liegen, denn hinzu kommen eine Erhöhung des Schlechtwettergeldes für die Bauarbeiter um 177,3 Millionen DM, eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes um 1 Million DM und eine Erhöhung der Vergütung an die Einzugsstellen in Höhe von 5,3 Millionen DM. Das ergibt genau eine Mehrausgabe von 278,8 Millionen DM.Im Augenblick ist davon auszugehen, daß eine Beitragssenkung um ein Zehntel eine Mindereinnahme von 135 Millionen DM ausmacht. Die Mehreinnahme aus .der Erhöhung der Beitragsbemes-
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sungsgrenze ließ also knapp eine Reduzierung des Beitrages von 1,3 auf 1,2 % zu.Das Hohe Haus hat gestern einen Antrag angenommen, der eine Erhöhung der Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung zum Ziel hat. Unvermeidlich scheint mir bei der großen Novelle zum Arbeitslosenversicherungsgesetz eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes in den Einkommensgruppen von 750 bis 1300 DM auf etwa 55 % des Bruttolohnes oder 65 % des Nettolohnes. Es ist sicher mit weitergehenden Anträgen zu rechnen, Herr Kollege Schellenberg, bestimmt auch von seiten der SPD. Aber die von mir angedeutete Ausweitung würde bei den Unterstützungen eine zusätzliche Belastung in der Größenordnung von etwa 200 Millionen DM bringen.Im übrigen darf ich darauf verweisen, daß der gestern angenommene Antrag — Drucksache V/222 — der Bundesanstalt neue Aufgaben zuweisen will. Mit dem Antrag wird die Bundesregierung ersucht, eine Novelle zum AVAVG einzubringen. Sinn dieser Novelle soll sein, angesichts des technischen Fortschritts und der wirtschaftlichen Entwicklung — stichwortartig umrissen durch Begriffe wie Automation, Rationalisierung, Strukturveränderung, weltweite internationale Verflechtung — die Arbeitsverwaltung nicht mehr überwiegend auf die Beseitigung einer bereits eingetretenen Arbeitslosigkeit sowie deren Folgen zu beschränken, sondern ihr den Auftrag und die rechtliche Möglichkeit dafür zu geben, daß sie eine vorausschauende Beschäftigungspolitik einschließlich der Berufsforschung betreiben kann, durch die bereits dem Eintritt von Arbeitslosigkeit in größerem Umfang vorgebeugt wird. Wenn diese Dinge auch noch keine konkrete Form angenommen haben, so darf man doch hier darauf aufmerksam machen, daß die finanziellen Leistungen nicht unwichtig sind. Gerade in den Fragen der Berufsbildung und der Berufsweiterbildung kommen auf die Bundesanstalt unter Umständen weitere Aufgaben zu.Über die konjunkturpolitische Seite des Antrags der SPD und über seine konjunkturpolitischen Auswirkungen möchte ich hier nicht sprechen. Ich möchte aber sehr eindringlich betonen, daß gerade die Fragen der Konjunkturpolitik in der letzten Zeit hier eine außerordentliche Rolle spielten und auch in den nächsten Monaten noch spielen werden.Aus allen diesen Gründen bitte ich Sie, den Änderungsantrag der SPD abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Spitzmüller.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Die Debatte über einen Entschließungsantrag, die heute hier in großer Breite abrollt, zeigt, wie gut die Bundesregierung beraten war, daß sie in ihrer ursprünglichen Gesetzesvorlage die Änderung der Beitragsbemessungsgrenze nicht vorgesehen hatte; sie glaubte, diese Frage im Rahmen einer größeren Novelle zum AVAVG lösen zu können. Wir Freien Demokraten waren der Meinung, daß dieser Weg der richtige sei. Wir haben uns aber überzeugen lassen, daß dann ein Arbeiter oder ein Angestellter, der mehr als 750 DM verdient, wenn er arbeitslos wird — das liegt jetzt mindestens bei Zulieferbetrieben von Bergwerken im Rahmen des Möglichen —, außerordentlich schlecht gestellt ist. Deshalb haben wir uns bereit erklärt, der Erhöhung auf 1300 DM zuzustimmen, wenn sichergestellt ist, daß dadurch die Reserven der Bundesanstalt nicht zusätzlich um mehrere hundert Millionen DM aufgestockt werden. So ist es zu diesen zwei Entschließungsanträgen — einmal dem Entschließungsantrag des Arbeitsausschusses und zum anderen dem Ent: schließungsantrag des Sozialpolitischen Ausschusses — gekommen. Hier wird der Bundesregierung nicht nur vorgeschrieben, den Beitrag in einer bestimmten Größenordnung, nämlich im Rahmen der Mehreingänge, zu senken, sondern es wird auch noch ein Datum gesetzt.
Die SPD geht nun mit ihrem Antrag noch über das hinaus, was im Sozialpolitischen Ausschuß erarbeitet worden ist. Sie will die Bundesregierung in ihrem Verordnungsrecht praktisch für den Zeitraum von fünf Vierteljahren beengen. Wir haben durchaus Verständnis für das Ziel der Sozialdemokratischen Partei. Sie will die Chance nutzen, dem Arbeitsminister die Hände zu binden. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, ursprünglich haben wir doch mit Absicht im AVAVG das Verordnungsrecht gesetzt, um sicherzustellen, daß der Arbeitsminister je nach Situation in der Lage ist, das für die Bundesanstalt Rechte nach Rücksprache mit der Selbstverwaltung zu tun. Wenn wir Ihrem Entschließungsantrag zustimmten, würden wir dieses Verordnungsrecht in irgendeiner Form einschränken, und wir halten das für einen Weg, der nicht unbedingt zu bejahen ist und dem wir nicht folgen können. Wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben die Überzeugung und das Vertrauen zur Bundesregierung und zum Arbeitsminister, daß der Arbeitsminister ihm in dem im Entschließungsantrag des Ausschusses für Sozialpolitik vorgeschlagenen Sinne folgen wird. Wir sind deshalb der Meinung, daß es bei dem Entschließungsantrag des Ausschusses für Sozialpolitik bleiben sollte und der Antrag der SPD auf Umdruck 87 abzulehnen ist.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Killat.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist richtig — wie der Kollege Müller eben sagte —, daß wir vielleicht in einer sehr interessanten Formation hier um die Frage ringen, ob man die Beiträge in der Arbeitslosenversicherung in der bisherigen Höhe beibehalten oder ob man sie nicht so, wie wir vorgeschlagen haben, um zwei Zehntel Prozent, das heißt um annähernd 300 Millionen DM, senken sollte.Nun, meine Damen und Herren, es ist nicht gesagt worden, daß mit der Erhöhung der Beitrags-
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2594 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966
Killatbemessungsgrenze Von 750 auf 1300 DM für einen nicht unbedeutenden Personenkreis auch noch eine Beitragserhöhung verbunden ist, nämlich für alle diejenigen, die bisher bis zur Beitragsgrenze von 750 DM Einkommen ihre Beiträge auf der Basis von 1,3 % entrichten mußten und nun bis 1300 DM veranlagt werden.
— Schön, Herr Kollege, aber dort entsteht eine Beitragserhöhung, und diese Beitragserhöhung wird dann nicht verstanden, wenn damit im Augenblick nicht benötigtes Geld der Bundesanstalt zusätzlich zugeführt wird. Daß dem so ist, das haben Sie selbst durch Ihren Entschließungsantrag bekundet. Das haben Sie auch selbst durch die Darlegung der Zahlen, die ja von der Regierung stammen, hier zum Ausdruck gebracht. Ich glaube, es hat gar keinen Zweck, daß wir bei dem Stand dieser Debatte uns nun auf Zahlen und Schätzungen einlassen, die jetzt von der Bundesanstalt vorgelegt werden. Ich meine, daß die Zahlen, die im Ausschuß für Arbeit und damit auch im Ausschuß für Sozialpolitik bei der Beratung zur Verfügung standen — eine Mehreinnahme von 400 Millionen DM, der eine Mehrausgabe von 100 Millionen DM gegenübersteht, d. h. ein echter, nicht benötigter und auch nicht gewollter Überschuß von 300 Millionen DM —, so nicht wegdiskutiert werden können.Nun sagen Sie, Herr Kollege Müller, daß Fachleute im DGB der Auffassung sind, daß man doch wie bisher die Beträge in der Arbeitslosenversicherung erheben sollte, und daß die Fachleute meinen, wir würden die CDU rechts überholen. Nun, soweit ich Fachleute aus dem DGB kenne — und so weit will ich mich auch dazuzählen —, haben wir ein berechtigtes Mißtrauen gegen das weitere Ansammeln — ich will nicht sagen: von einem Juliusturm — von Hunderten von Millionen, die dann beispielsweise nach Ansicht der Regierung mit dem dritten Änderungsgesetz zur Rentenversicherung in der Rücklage festgehalten werden sollen, und zwar in Höhe des Vermögensstatus, den die Rentenversicherung heute hat. Deshalb sollen wir der Bundesanstalt zusätzlich diese 300 Millionen DM zuführen, wobei wir im gleichen Augenblick wissen, daß nach den Überlegungen zum Stabilisierungsgesetz, wie es im Kabinett in der Beratung steht, auch die Bundesanstalt etwa 2 bis 2,5 Milliarden DM in Geldwertpapieren der Bundesbank in der nächsten Zeit zur Verfügung stellen soll. Diese 300 Millionen DM, würden genau in diesem Stock der 2 1/2 Milliarden DM einem versicherungsfremden Zweck zugeführt werden, der zwar für die Währungsstabilisierung oder aus konjunkturpolitischen Gründen vielleicht notwendig sein mag. Vom Standpunkt der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die die Beiträge zu entrichten haben, ist das aber eine Maßnahme, die letzten Endes eine Steuererhöhung darstellt, eine kalte Steuererhöhung von etwa 300 Millionen DM, die für diesen Zweck — Arbeitslosenversicherung, Arbeitslosenvermittlung — nicht benötigt werden.
— Herr Kollege, die Selbstverwaltung hat sich ständig geäußert, in der Rentenversicherung beispielsweise zu der Frage der Schuldbuchverschreibungen von 750 Millionen DM.
Wie haben Sie und Ihre Freunde, Herr Kollege, damals für die Selbstverwaltung hier gestimmt? Wir werden ja hier gemeinsam erleben, wie sich die Selbstverwaltung auch in der Bundesanstalt äußern wird, wenn sie veranlaßt werden soll, 2 1/2 Milliarden DM in Geldmarktpapieren aus konjunkturpolitischen Gründen für die Bundesbank zur Verfügung zu stellen.
Daher würden wir uns freuen, wenn Sie die Rechte der Selbstverwaltung oder die Meinung der Selbstverwaltung hier so verträten, wie wir es für notwendig halten.
— Ich meine, wir kämpfen im Augenblick hier mit verkehrten Fronten.Sie hatten noch ein Argument, daß nämlich neue Aufgaben auf die Bundesanstalt zukommen, daß eine Novellierung des AVAVG in Aussicht genommen ist usw. Nun, Herr Kollege, wir sind gern bereit, wenn eine solche Maßnahme hier beraten und beschlossen werden soll, die notwendigen Maßnahmen zu treffen. Aber wir sind nicht bereit, auf Verdacht hin in irgendeiner Weise jetzt schon Vermögen anzusammeln, die bei einem Stand von 6,6 Milliarden DM Rücklagen im Augenblick für dieses und für das nächste Jahr absolut nicht gebraucht werden.
Nun möchte ich noch auf einen Umstand aufmerksam machen, der Sie ja eigentlich selbst gezwungen hat, eine Entschließung vorzulegen, die, wenn ich einmal unterstelle, sie würde von der Bundesregierung befolgt, zu dem gleichen Ergebnis führen müßte wie unsere Entschließung. In Ihrer Entschließung und in der Entschließung des Ausschusses wird davon gesprochen, daß mit Wirkung vom 1. Oktober 1966 die Beiträge auf dem Verordnungswege so zu senken sind, daß keine Mehreinnahmen entstehen.
— Ja, Herr Kollege, aber eine bessere Prüfung als die Zahlen, die uns die Bundesregierung vorgelegt hat — mit einem Überschuß, den Sie selbst nicht bestreiten können, mit einem Überschuß von 300 Millionen DM —, gibt es nicht.
Aber ich will Ihnen sagen, wo der Hund begraben liegt. Auch das sollte man hier einmal offen aussprechen. Wir haben hier in der vergangenen Legislaturperiode und auch schon in dieser Legislaturperiode eine ganze Reihe von EntschließungenKillatverabschiedet, Entschließungen, die von Ihrer Fraktion oder von den Koalitionsfraktionen vorgelegt worden sind. Ich denke nur an die Entschließung in der vergangenen Periode über die Veränderung der Anrechnungsbestimmungen in der Rentenversicherung. Sie wurde hier einstimmig verabschiedet. Diese Entschließungen waren Makulatur. Nichts ist geschehen! Von Ihrer Fraktion sind hier Entschließungen im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes eingebracht worden, ein Gesetz vorzulegen für die Einführung von hauptamtlichen Sicherheitsingenieuren, von Sicherheitsbeauftragten, von werksärztlichen Diensten. Diese Entschließungen waren Makulatur. Das hat uns veranlaßt, es mit unserem Vorschlag nicht so vage - wie es tatsächlich sogar in der Vorschrift § 164 AVAVG verankert ist — der Bundesregierung zu überlassen, ob sie oder ob sie nicht in irgendeiner Weise tätig wird, sondern wir wollen wie sie zum gleichen Termin und für einen überschaubaren Zeitraum veranlassen, daß die Beiträge von 1,3 % auf 1,1 % herabgesetzt werden. Das ist ein vorübergehender Zustand, dem jeder, der sich die Dinge volkswirtschaftlich überlegt, ohne weiteres zustimmen kann. Wir bitten um Zustimmung.
Das Wort hat der Abgeordnete Müller .
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herr Kollegen Killat haben uns nicht davon überzeugt, daß wir etwa unsere bisherige Einstellung zu den Dingen änderen sollten. Ich darf aber auf folgendes hinweisen. Es ist schon völlig falsch, daß Sie hier von Dingen sprechen, die bis zum 31. Dezember 1967 laufen, obwohl Sie wissen, daß gestern ein Antrag angenommen worden ist, durch den die Bundesregierung aufgefordert ist, dem Hohen Hause eine Vorlage über eine Novelle zum AVAVG vorzulegen.
— Herr Kollege Schellenberg, darf ich Ihnen folgendes sagen. Das, was Sie damit bezwecken wollen, ist sowieso dadurch gegeben, daß der Gesetzgeber der Regierung die Ermächtigung erteilt hat, in diesem Fall die Beiträge entsprechend zu senken.
Warum wollen Sie in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken, daß in Zukunft der Beitrag bei 1,1 % liegt, obwohl mein Kollege Müller Ihnen vorgetragen hat und Ihnen auch bekannt ist, daß neue Aufgaben auf die Anstalt zukommen, über deren finanzielle Auswirkungen wir heute noch keine Ubersicht haben? Wir wollen damit ganz klar dokumentieren, daß das im Augenblick nur ein Provisorium bis zur großen Novelle ist.
Deshalb bitte ich das Hohe Haus, den Antrag abzulehnen.
Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich ganz kurz fassen. Ich glaube, wir stimmen in der Zielsetzung überein; ich würde jedenfalls sehr herzlich darum bitten. Im Grund geht es nur um folgendes: Die Opposition will die Regierung zwingen; die Koalition hat Vertrauen zur Regierung, und ich bedanke mich ausdrücklich für dieses Vertrauen. Ich möchte hier sagen: Wenn wir die Möglichkeit sehen, die Beiträge zu senken, werden wir das selbstverständlich tun; denn wir wollen nicht mehr abnehmen, als nötig ist. Aber die Bundesregierung hat, wie Sie wissen, den Vorschlag dieser Beitragssenkung nicht vorgesehen.
Dieser ist im Laufe der Ausschußberatungen gemacht worden.
Herr Kollege Schellenberg, Sie haben in einem Zwischenruf zum Ausdruck gebracht, daß Sie keine große Hoffnung hätten, daß wir die große Novelle zum AVAVG im kommenden Jahr würden vorlegen können. Ich bin hier etwas optimistischer. Ich habe die Absicht, die Arbeiten in meinem Hause sehr stark voranzutreiben. Ich habe diese Absicht, und ich würde es sehr bedauern, wenn die neuen Möglichkeiten nicht wahrgenommen und die neuen Aufgaben nicht erfüllt würden. Ich bin davon überzeugt, daß wir vom ganzen Haus Zustimmung bekommen werden; denn die nächsten Jahre werden auf dem arbeitsmarktpolitischen Feld ganz stark unter dem Stichwort Mobilität der Arbeitskräfte zu stehen haben. Hier liegen ganz gewaltige Aufgaben vor uns, gerade für die Bundesanstalt.
Ich möchte glauben, daß die Bundesanstalt in Nürnberg eine der wichtigsten Einrichtungen für die Zukunft überhaupt werrlen wird, weil hier noch Möglichkeiten bestehen, die wir nutzen sollten.
Deshalb würde ich Sie sehr herzlich bitten, Ihre Vorlage nicht weiter zu verfolgen. Ich wäre Ihnen vielmehr sehr dankbar, wenn Sie sich den Vorschlägen, die auch Herr Kollege Spitzmüller gemacht hat, anschlössen, der Bundesregierung das Recht — was sie ja ohnehin hat — zu geben, Möglichkeiten der Beitragssenkung oder -aussetzung zu nutzen — was wir auch schon getan haben —, sie aber jetzt nicht zu zwingen, in einem bestimmten Zeitabschnitt etwas zu tun, was wir in den nächsten Jahren vielleicht schon gemeinsam bereuen würden.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Killat.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich muß doch auf folgendes aufmerksam machen. Sie sagen, Ihre Freunde hätten
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2596 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966
KillatZutrauen zur Regierung. Nach meiner Auffassung ist das sogar ihre verdammte Schuldigkeit.
— Zeitweilig für uns auch!
— Zeitweilig, habe ich gesagt, Herr Kollege Barzel.Ich muß aber doch noch einmal auf folgendes aufmerksam machen. Es wurde gesagt, wir würden mit einer Beitragssenkung auf 1,1 % irgendwelche Vorstellungen entwickeln, die draußen dann zu Ergebnissen negativer Art führen, dergestalt, daß man meint, jetzt würden immer nur 1,1 % Beiträge erhoben. Nun, die gesetzliche Lage ist doch so, daß nach § 164 des Arbeitslosenvermittlungs- und Arbeitslosenversicherungsgesetzes der Beitrag mit 2 % fix festgesetzt ist. Weiter heißt es dann: Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Erhebung des Beitrags nach Maßgabe der Finanzlage der Bundesanstalt zeitweise ganz oder zum Teil auszusetzen.
Das hat dazu geführt, daß bisher in bestimmten Intervallen die Beiträge auf inzwischen 1,3 % gesenkt wurden. Wenn selbst die Koalitionsparteien es für nötig befunden haben, einen Antrag einzubringen, der die Bundesregierung bei dieser Gesetzeslage auffordert, ab 1. Oktober - das war eine verschärfte Vorlage des Ausschusses — die Beiträge so festzusetzen, daß von diesem Zeitpunkt an keine Mehreinnahmen entstehen, wie sie sonst mit dem zu verabschiedenden Gesetz anfallen, dann haben Sie, meine Damen und Herren, an und für sich das gleiche getan wie wir. Nur sind wir — und das ist das gute Recht der Opposition — nach unseren bisherigen Erfahrungen der Meinung, daß wir die Bundesregierung durch einen eindeutigen Beschluß zur Beitragssenkung veranlassen sollten; das schafft auch Klarheit in der Wirtschaft. Für den Zeitraum von fünf Vierteljahren ist finanzpolitisch und auch finanztechnisch diese Maßnahme durch die Bundesanstalt ohne Schwierigkeit abzuwickeln. Das wäre, meine ich, eine ganz klare Entscheidung, die in keiner Weise die Liquidität und die Leistungsfähigkeit der Bundesanstalt beeinträchtigen würde. Wir meinen, daß Sie auch aus volkswirtschaftlichen Gründen für diesen Antrag zu stimmen hätten, weil er dem Grunde nach auch in Ihrer Vorlage enthalten ist.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Schmidt .
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist eigentlich ein edler Wettstreit, der hier vor sich geht. Wir alle wollen, daß sich der Stock der Bundesanstalt durch diese Dinge nicht erhöht.
Ich möchte aber den Herrn Kollegen Killat gleich korrigieren. Sie haben in Ihrem vorherigen Beitrag wieder davon gesprochen, daß Sie ein Ansteigen verhindern möchten. Lesen Sie den Entschließungsantrag des Sozialpolitischen Ausschusses einmal genau, so stellen Sie fest, daß darin steht, daß .alles das, was über die jetzige Höhe hinausgeht, gesenkt wird.
— Moment! Es ist nicht nur ein Wunsch, nämlich dadurch, daß wir das Datum hineingesetzt haben, und dadurch, daß wir die Äußerung des Herrn Ministers haben, daß er dazu bereit ist. Nachdem Sie, Herr Kollege Killat, vorhin die Zahlen und Angaben der Bundesregierung so gelobt haben, nehme ich doch an, daß Sie dieses Vertrauen auch haben, das wir zum Herrn Bundesarbeitsminister haben.
Deshalb sind wir der Meinung, daß es nicht notwendig ist, die Selbstverwaltung durch einen Gesetzesakt zu tangieren.
Auf der anderen Seite wollen wir aber auch dem Herrn Minister die Möglichkeit geben, in seiner Verhandlung mit der Selbstverwaltung auf einen Entschließungsantrag dieses Hauses hinweisen zu können.
Bitte schön, Herr Professor!
Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, ob der Herr Bundesarbeitsminister bei seinem Vorschlag und dem Vorschlag der Bundesregierung, die Beiträge zur Rentenversicherung vorzeitig zu erhöhen, die Selbstverwaltung befragt hat?
Ich würde vorschlagen, Herr Professor Schellenberg, daß Sie diese Frage vielleicht in der Fragestunde an den Herrn Bundesarbeitsminister richten.
— Sie wollten wissen, was der Herr Bundesarbeitsminister getan hat. Ich darf doch annehmen, daß Sie diese Frage an ihn selber richten.Aber noch etwas anderes ist interessant: die Wandlung, die vorgegangen ist. Ich denke an die Sitzung des Arbeitsausschusses, als zum erstenmal die Frage auftauchte, die Mehreinnahmen, soweit sie den Stock übersteigen, in Form der Beitragssenkung zurückzugeben. Da waren die Kollegen der SPD in keiner Weise der Meinung, daß so etwas notwendig sei. Auch als im Sozialpolitischen Ausschuß die Dinge angesprochen wurden, gab es noch eine ganze Menge Enthaltungen zu diesem von uns und von der CDU/CSU vorgelegten Entschließungsantrag. Jetzt auf einmal möchte man alles überrunden. Ich glaube, das zeigt, daß es hier eigentlich bloß noch darum geht, wer nach außen den Sieg davonträgt, vielleicht auch im Hinblick auf manche Dinge, die in den nächsten Tagen in
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Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966 2597
Schmidt
diesem Lande geschehen werden, und nicht mehr darum, daß wir den Beitrag wirklich senken können. Denn wenn das der Wille auch der SPD-Fraktion ist, dann genügt bei dem Vertrauen, das Sie heute dem Herrn Bundesarbeitsminister auch einmal ausgesprochen haben, dieser Entschließungsantrag. Wir könnten dann sehr schnell damit über die Bühne kommen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte schön!
Herr Kollege Schmidt, wenn Sie meinen, es gehe nur um den Sieg, dann haben Sie es doch am leichtesten. Sie könnten dann gemeinsam zum Sieg verhelfen, wenn Sie zustimmen.
Das können wir umschichtig machen.
Können wir jetzt abstimmen? — Zur Abstimmung steht Ziffer 2 des Änderungsantrags der Fraktion der SPD auf Umdruck 87 *), Änderung des Art. 2 Nr. 8. Wer dem Antrag zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegen- probe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe dann zur Abstimmung auf den Art. 2 in der vorliegenden Fassung, — Art. 3, — 4, — 5, — Einleitung und Überschrift. — Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Ich stelle einstimmig Annahme fest.
Ich schließe die zweite Beratung und eröffne die
dritte Beratung.
Die Fraktion der SPD wiederholt in der dritten Beratung den Änderungsantrag Umdruck 87 *) Ziffer 1. Wird noch das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Hörmann hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wegen der grundsätzlichen Bedeutung, die wir der Frage der Altersgrenze im Bergbau beimessen, wiederholen wir unseren Antrag aus der zweiten Lesung auf Umdruck 87 Ziffer 1 und bitten das Hohe Haas, nochmals darüber abzustimmen, ob die Altersgrenze im Bergbau vom 60. auf das 55. Lebensjahr gesenkt werden soll.
Wir glauben, daß diese Maßnahme die entscheidende Anerkennung und die entscheidende Hilfe für den Bergmann in der heutigen Zeit ist.
*) Siehe Anlage 5
Wir stimmen in dritter Lesung ab über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 87 Ziffer 1, Änderung des Art. 1 der Vorlage. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! — Der Antrag ist abgelehnt.
Werdenweitere Anträge gestellt?
— Es wird der Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 88 ') gestellt. Kann einheitlich darüber abgestimmt werden? — Bitte, Herr Abgeordneter Hörmann zur Begründung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf den Änderungsantrag der SPD zur dritten Beratung eines Gesetzes zur Änderung des Reichsknappschaftsgesetzes auf Umdruck 88 begründen. Ich möchte gern, damit ich nicht noch einmal heraufmuß, auch gleich den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD über die Änderung der Hauerarbeitenverordnung, Umdruck 89 **), begründen.Mein Eindruck aus der bisherigen Beratung und aus der heutigen zweiten Lesung ist zwar, daß es fast hoffnungslos ist, bei Regierung und Koalition noch einmal den Versuch zu machen, wenigstens noch auf der Basis des einstimmigen Bundesratsvorschlages eine Verbesserung im Sinne der Forderungen der Bergarbeiter zu erzielen. Trotzdem möchten wir die Bundesregierung beim Wort nehmen, um klarzustellen, wo zwar schöne Worte gesprochen werden, aber nur Scheintaten folgen.Es muß festgestellt werden, daß die Bundesregierung nicht bereit ist, die alte berechtigte Forderung der Bergarbeiter zu erfüllen, die Altersgrenze für das Knappschaftsruhegeld von 60 -auf 55 Jahre für lange Zeit im Bergbau Tätige zu senken.
Das wäre in der jetzigen Situation eine ganz besonders sinnvolle und zweckmäßige Regelung gewesen.Statt dessen soll der Anschein erweckt werden, als würden durch die Änderung der Knappschaftsausgleichsleistung die sozialen Probleme gelöst und eine wirkliche Hilfe gewährt. In Wirklichkeit geschieht das nicht.Ich verweise auf den Schriftlichen Bericht, der uns heute vorliegt, und auf die Aussage der Bundesregierung, daß für 1966 mehr Mittel, als im Haushalt vorgesehen sind, nicht benötigt würden. Der bisherige Ansatz im Haushalt reiche ohne weiteres aus. Die Frage bleibt: wo ist hier eine echte zusätzliche Hilfe? Auch für 1967 und die folgenden Jahre entsteht laut Regierungsaussage kein besonders nennenswerter Aufwand, da diese 55jährigen Bergleute voraussichtlich sowieso entlassen worden wären und Anspruch auf Knappschaftsausgleichsleistung hätten. Da kann man wenn man alles*) Siehe Anlage 6 **) Siehe Anlage 7
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Hörmann
an den großen Worten messen wollte, die früher gesrochen wurden, doch wohl nur sagen: das ist Augenauswischerei.Es muß weiter festgestellt werden, daß die Bundesregierung nicht bereit ist, die Voraussetzung zum Bezug der Knappschaftsausgleichsleistung so zu verbessern, daß auch die 50- bis 55jährigen Bergleute, sofern sie lange Jahre im Bergbau beschäftigt sind und jetzt ausscheiden müssen, einen durch Rechtsanspruch gesicherten Ausgleich für ihren Einkommensverlust erhalten. Statt dessen stellt die Bundesregierung die sogenannten Sozialprämien von seiten der Betriebe und Beihilfen laut Montanunions-Vertrag gegenüber. Jeder, der dieses System kennt, weiß, daß Anträge für solche Beihilfen sehr viel Bürokratie, Prüfung und Ungewißheit zur Folge haben.Bei der Energiedebatte am 16. März 1966 sagte der Herr Wirtschaftsminister:Wir sollten gerade heute daran erinnern, was die Bergleute, als wir weder ausreichend Hausbrand- noch Industriekohle hatten, zur Überwindung unserer Not geleistet haben. Viele sind damals in den Bergbau gegangen, weil sich hier die Chance einer neuen sicheren Existenz bot. Für diese Leistung sind wir alle dem Bergbau Dank schuldig.Das sagte der Herr Wirtschaftsminister! Herr Minister Katzer meinte damals:Ebenso deutlich muß ich darauf hinweisen, daß wir nach dem Zusammenbruch 1945 ohne die Hilfe unserer Kohle den wirtschaftlichen Aufstieg nicht hätten vollziehen können. Wir haben mit allen möglichen Mitteln Männer in den Bergbau geholt. Ich darf in Erinnerung rufen, daß wir damals sogar Dienstverpflichtungen ausgesprochen, also Menschen zur Arbeit in den Bergbau verpflichtet haben. Ich glaube, es gebietet nun unsere Verantwortung, alles, was in unseren Kräften steht zu tun, um die Menschen im Bergbau vor dem sozialen Abstieg zu bewahren.So Herr Minister Katzer am 16. März.
Nun, welche Konsequenzen zieht nach diesen schönen Worten die Bundesregierung? Ich sage: keine. Sie lehnt nicht nur den Vorschlag der SPD ab, sie sagt auch nein zum Vorschlag des Bundesrates, der ganz speziell für diese vorhin genannte Gruppe der nach 1945 in den Bergbau Gezogenen Hilfestellung leisten will.Wir greifen deshalb jetzt bei der dritten Lesung diesen einstimmigen Vorschlag des Bundesrates auf, um Ihnen Gelegenheit zu geben, Worte und Taten in Übereinstimmung zu bringen. Falls Sie, wie 'ich leider annehmen muß, auch diese begrenzte soziale Hilfestellung ablehnen, kann ich Ihnen die Versicherung der SPD-Fraktion geben, daß wir Sie trotzdem ständig und immer wieder mit den berechtigten Wünschen der Bergarbeiter konfrontieren werden.Unser Entschließungsantrag auf Umdruck 89 fordert die Bundesregierung auf, die Hauerarbeitenverordnung zu modernisieren und an die geänderten Verhältnisse im Untertagebergbau anzupassen. Ich möchte hinzufügen, es war falsch, im Jahre 1958 durch diese Hauerarbeitenverordnung eine solch enge Begrenzung des Begriffs der bergmännischen Tätigkeit vorzunehmen. Sie wurde den tatsächlichen Gegebenheiten nicht gerecht. Sie ist heute voll überholungsbedürftig. Strukturänderungen im Untertage-betrieb, Mechanisierung, Maschineneinsatz und vieles andere mehr, machen eine Überprüfung der Hauerarbeitenverordnung dringend erforderlich. Wir bitten Sie zu dieser Entschließung um Ihre Zustimmung.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Russe.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf mir erlauben, ganz kurz auf die Begründung zu den Umdrucken 88 und 89 des Kollegen Hörmann zu antworten.Herr Kollege Hörmann, ich weiß nicht, ob man in einer 'solchen Form, wie geschehen, hier Äußerungen gegenüber der Initiative der Bundesregierung und der Unterstützung durch die Koalitionsparteien, die die Regierung zu verantworten haben, machen kann. Ich weiß nicht, ob es angebracht ist, von einer Hoffnungslosigkeit zu sprechen. Reden Sie mit den Kumpels an Rhein und Ruhr über diese Vorlage, die wir heute hier verabschieden werden, und sie werden die Feststellung treffen, daß die Kumpels uns für diese Initiative und für das, was wir heute verabschieden werden, dankbar sind.
— Herr Kollege Schellenberg, die praktischen Auswirkungen werden sie spüren, darauf können Sie sich verlassen, und zwar sehr deutlich spüren. Es ist doch einfach nicht wahr, wenn hier vorgetragen worden ist, wir würden überhaupt nichts tun. Das ist wörtlich gesagt worden, Herr Kollege Hörmann. Wir tun nichts! Dann will ich Ihnen auch sehr deutlich erwidern, daß das einfach eine Aussage ist, die den Tatsachen effektiv nicht entspricht und die an die Grenze — mit Verlaub darf ich das feststellen — der reinen Demagogie geht.
— Gemessen an den Worten! Verzeihen Sie, Herr Kollege Hörmann, Sie haben mit Recht die Äußerungen des Herrn Wirtschaftsministers in der Energiedebatte zitiert, Sie haben die Äußerungen des Herrn Arbeitsministers in der Energiedebatte zitiert. Sie hätten ein Übriges tun können, auch noch meine Äußerungen in der Energiedebatte herauszustellen,
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Russe
in denen eindeutig zum Ausdruck gebracht worden ist, daß sich die Regierung der Verpflichtung gegenüber den Kumpels an Rhein und Ruhr durchaus bewußt ist und daß sie die Leistungen dieser Kumpels im gesamten Wiederaufbau von 1945 bis zum heutigen Tage hoch anerkennt und weiterhin dankbar anerkennen wird.
Dann kann man nicht in dieser Form, wie geschehen, hier auftreten und sagen, es geschieht nichts bzw. das ist hoffnungslos, was vorgelegt wird, und in der Form argumentieren, wie Sie es tatsächlich getan haben. Ich möchte meinen, daß dies der Würde dieses Hohen Hauses nicht gerecht wird.Meine Damen und Herren, wir haben bereits in den Beratungen im Sozialpolitischen Ausschuß sehr eindeutig und klar zum Ausdruck gebracht, daß wir auch die weitergehende Vorlage des Bundesrates zu diesem jetzt zur Verabschiedung anstehenden Gesetz nicht akzeptieren können. Wir haben die Begründungen dazu sehr detailliert vorgetragen. Ich will die Beratungen des ganzen Tages nicht erneut verzögern, indem ich jetzt alles wiederhole, alles wieder von neuem vortrage. In den Berichten, die Ihnen vorgelegt worden sind, steht eindeutig verzeichnet, warum wir auch dieser Erweiterung in der Vorlage des Bundesrates unsere Zustimmung nicht geben können. Ich darf im Namen der Fraktion der CDU/CSU und wahrscheinlich auch der FDP die Erklärung abgeben,
daß wir diesem Umdruck nicht zustimmen können.Meine Damen und Herren, was den zweiten Umdruck, Ihren Antrag zu einer Entschließung, angeht, so erlauben Sie mir dazu folgendes festzustellen. Heute morgen ist des öfteren in der anderen Debatte zum Ausdruck gebracht worden, daß wir zu spät kämen. Verzeihen Sie, hier kommen Sie zu spät. Es dürfte Ihnen doch bekannt sein, daß seit Monaten im Ressort für Arbeit und Sozialordnung diese Frage konkret in Arbeit ist, daß sie faktisch vor dem Abschluß steht. Ich kann mir einfach nicht erklären, wieso Sie am heutigen Tage mit dieser Entschließung kommen. Ich kann mir nur die Erklärung dergestalt an den fünf Fingern abzählen, daß Sie wiederum einmal dem Ministerium, dem Minister und seinen Bediensteten nicht trauen, wenn Sie hier eine solche Forderung erheben. Meine Erwiderung — wie vorhin in anderem Sachzusammenhang von einem anderen Kollegen ausgesprochen und damit von mir wiederholt : wir trauen dem Minister für Arbeit und Sozialordnung, wir trauen dem Ressort und sind davon überzeugt, daß diese Vorlage, die im Augenblick in Arbeit ist, binnen kürzester Frist, d. h. nach den Parlamentsferien, vorgelegt wird. Wenn Sie persönlich davon nicht überzeugt sind, möchte ich Ihnen immerhin ein Wort des Herrn Kollegen Schiller in Erinnerung rufen, der heute morgen gesagt hat. diese Regierung brauche immer sieben Monate, bis sie mit solch einer Sache über die Bühne sei. Nun steht fest: mindestens vier Monate ist man ,an der Arbeit; bis die Parlamentsferien zuEnde sind, sind weitere drei Monate vergangen; das sind dann sieben Monate. Nach Ihrer eigenen Aussage bekommen Sie also diese Vorlage rechtzeitig auf den Tisch des Hauses. Dafür sollten Sie dankbar sein.
Herr Abgeordneter Schellenberg möchte eine Zwischenfrage stellen.
Bitte schön, Herr Kollege Schellenberg!
Herr Kollege Russe, wären Sie bereit, unserem Entschließungsantrag dann zuzustimmen, wenn er folgendermaßen abgeändert würde:
Die Bundesregierung wird beauftragt, bis zum 1. Oktober 1966 die Verordnung vorzulegen.
Verzeihen Sie, Herr Kollege Schellenberg, das ist ein sehr guter Vorschlag. Im Grundsatz stimmen wir ja mit dem Inhalt Ihres Entschließungsantrags überein. Aber ich weiß gar nicht, was es soll, daß Sie, wo Sie doch nicht bestreiten können, daß in dem zuständigen Ressort die Arbeiten konkret fortgesetzt werden und Einzeluntersuchungen angestellt sind und weitere in diesen Tagen stattfinden, dann überhaupt noch — zu diesem Zeitpunkt, vor einem besonderen Stichtag in diesem Lande Nordrhein-Westfalen — einen solchen Antrag auf den Tisch des Hauses legen.
Eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen.
Herr Kollege Russe, wenn Sie solche Bedenken gegen Entschließungsanträge haben, warum haben Sie dann in der anderen Sache vorhin einen Entschließungsantrag eingebracht? Der wäre dann genauso unnötig!
Verzeihen Sie, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, ich glaube, daß die Ebene, die Sie jetzt hier bezogen haben, nicht zutrifft. Der Entschließungsantrag, den wir beim Verstromungsgesetz vorgelegt haben, hat eine ganz andere Bedeutung, er hat eine Überprüfung nach einem ganz bestimmten Zeitablauf, nämlich nach drei Jahren, zum Ziel.
Lassen Sie mich doch aussprechen! Ich bin noch nicht soweit. Der Entschließungsantrag, den wir in der anderen Sache vorgelegt haben, nämlich betreffend Änderung des AVAVG, hat ebenfalls eine andere Ebene: Da muß auch noch etwas getan werden, da muß geprüft werden. Hier ist aber doch das Faktum zu verzeichnen, daß das Ressort bereits
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2600 Deutscher Bundestag — 5. Wahlperiode — 53. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 30. Juni 1966
Russe
an der Arbeit ist, und ich weiß nicht, warum Sie von da her jetzt einsteigen wollen und sagen: Das Ressort muß das unbedingt machen!
— Herr Schmitt-Vockenhausen, verzeihen Sie: in der Prüfung einer Novellierung des gesamten Gesetzes, des AVAVG. Das ist etwas ganz anderes als die konkrete Frage, worauf dieser Antrag abgezielt hat, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen. Bitte nicht verdrehen!Ein Weiteres kommt hinzu. Herr Kollege Killat hat vorhin erklärt, daß Entschließungen für ihn Makulatur seien. Das hat er vorhin sehr deutlich gesagt: für ihn seien Entschließungen Makulatur. Dann frage ich Sie: Warum wollen Sie mit einer solchen Entschließung dann hier Makulatur verzapfen?
Ich kann nur noch einmal betonen, daß diese Entschließung nach unserer Auffassung
— verzeihen Sie die Feststellung — einen ganz bestimmten Zweck erfüllen soll. Für diesen Zweck sind wir zunächst einmal nicht bereit zu handeln. Darüber hinaus aber darf ich abschließend und resümierend wiederholen, was ich vorgetragen habe: Diese Problemstellung ist in der Arbeit, Herr Kollege Hörmann, sie wird im Ressort unverzüglich abgeschlossen, damit den Bergarbeitern in dieser Frage wie in allen anderen Fragen, die ebenfalls zur Diskussion standen und stehen, das zugestanden wird, was sie an Anerkennung für ihre Arbeit in der Vergangenheit verdient haben und was sie weiterhin - durch unsere Politik praktisch bewiesen — auch verdienen.
Herr Abgeordneter Hörmann möchte noch eine Frage stellen.
Ich habe schon in einer der letzten Sitzungen gebeten, das Wort Demagogie nicht zu gebrauchen. Es enthält doch einen schweren Vorwurf. Auch sind wir hier nicht als „Volk", sondern als Volksvertreter versammelt. In diesem Raum wird, meine ich, versucht, sachlich zu argumentieren.
Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Kann über die Änderungsanträge auf Umdruck 88 *) zusammen abgestimmt werden?
1 Siehe Anlage 6
Ich rufe den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 88 auf. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Wir wollen die Abstimmung wiederholen. Wer zustimmt, erhebe sich. — Gegenprobe! — Der Antrag ist abgelehnt.
Es besteht der Wunsch der Fraktionen, vor der Schlußabstimmung noch Erklärungen abzugeben. Herr Professor Schellenberg hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur dritten Lesung gebe ich namens der sozialdemokratischen Fraktion folgende Erklärung ab.Der Gesetzentwurf bringt für Bergleute und für Arbeitslose einige soziale Verbesserungen. Deshalb werden wir dem Gesetzentwurf zustimmen.Ein soziales Strukturprogramm für den Bergmann und seine Familie hat der Herr Bundesarbeitsminister in der ersten Lesung versprochen. Heute, an diesem vorliegenden Gesetzentwurf, wird die Kluft zwischen diesen großen Worten und dem bescheidenen Inhalt des Gesetzes offensichtlich.Das zeigt erstens das Finanzvolumen des Gesetzes. Nach den Angaben des Bundesarbeitsministeriums liegt für 1966 der Mehraufwand für Leistungsverbesserungen an Bergleute ich zitiere — „innerhalb der Fehlergrenze des Bundeszuschusses für die Knappschaftsversicherung". Das läßt nur zwei Erklärungen zu: Entweder enthält der Haushaltsansatz für den Bundeszuschuß einen Spielraum für nennenswerte Leistungsverbesserungen — dann widerspricht der Haushaltsansatz dem Grundsatz der Wahrheit —, oder die finanziellen und sozialpolitischen Auswirkungen des Gesetzentwurfs sind minimal.In der Tat haben die Leistungsverbesserungen kein bedeutendes Ausmaß. Selbst bei der theoretischen Annahme, daß alle Leistungsberechtigten dem Bergbau den Rücken kehren, würde nur jeder 40. Bergmann nach diesem Gesetz eine Leistung erhalten. Zudem machen — nach der theoretischen Maximalrechnung des Bundesarbeitsministeriums — die Mehrleistungen insgesamt noch nicht 1 % der gegenwärtigen Aufwendungen für die Knappschaftsversicherung aus. Eine solche finanzielle Größenordnung widerspricht den bedeutsamen sozialpolitischen Ankündigungen, die wir im März hier gehört haben.Zweitens. Der Bundesrat hat im Interesse der Männer, die nach 1945 in den Bergbau gekommen sind, vorgeschlagen, die zeitlichen Voraussetzungen für die Knappschaftsausgleichsleistung zu verkürzen. Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen— sie ist nicht auf der Bundesratsbank vertreten;
— ja, ja, jetzt stimmen wir im Bundestag darüber ab — hielt die Angelegenheit für so wichtig, daß gleich zwei Landesminister im Bundesrat hierzu das Wort nahmen.
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Dr. SchellenbergDer Herr Bundesarbeitsminister erklärte über das hinaus, was mein Kollege Hörmann vorhin zitiert hat, noch folgendes:Ich glaube, am meisten bewegt uns das Schicksal jedes einzelnen Bergarbeiters, der von einer Zechenstillegung betroffen wird; am meisten bewegt uns das Schicksal seiner Familie; und der wollen wir helfen.Im Protokoll heißt es „Beifall bei den Regierungsparteien". Diejenigen, die damals Beifall spendeten, haben gegenüber den Menschen, die nach 1945 in den Bergbau gekommen sind, versagt; denn darüber enthält der Gesetzentwurf nichts.Drittens. Durch den Gesetzentwurf wird auch das Gesetz über die Arbeitslosenversicherung geändert. Es werden, was wir begrüßen, die antiquierten Beitrags- und Leistungsbemessungsgrenzen erhöht. Es tritt aber — und das kann nicht bestritten werden — ein überflüssiger Vermögenszuwachs ein.
— Wenn neue Aufgaben kommen, Herr Kollege Winkelheide, werden wir sorgfältig darüber beraten und für alle neuen sozialpolitischen Aufgaben selbstverständlich die Mittel zur Verfügung stellen, aber nicht dazu, daß der Vermögensstock weiter erhöht wird und dann nach einem weiteren Gesetz, das ja in Kürze vorgelegt werden soll, Mittel der Arbeitslosenversicherung für ganz andere Zwecke verwandt werden.
Wir Sozialdemokraten erklären: Die Höhe der Beiträge, die für die soziale Sicherung in einer Industriegesellschaft erforderlich sind, verpflichtet uns, Beitragsfragen besonders sorgfältig zu prüfen und dort, wo es möglich ist, auch Beiträge herabzusetzen, und zwar hier durch Gesetz.Bei dieser Sachlage werden wir es nicht entschuldigen, daß Sie unseren wohlbegründeten Antrag auf gesetzliche Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages abgelehnt haben. Dadurch verlagert sich das finanzielle Schwergewicht des Gesetzes, über das wir jetzt in der Schlußabstimmung abstimmen, entscheidend. Die Leistungsverbesserungen für Bergleute und Arbeitslose treten finanziell gegenüber der unnötigen Aufstockung des Vermögens der Bundesanstalt in den Hintergrund.
— Das können Sie sofort nachrechnen: Nach Auskunft der Bundesregierung — und ich muß unterstellen, daß die Bundesregierung den Ausschüssen des Parlaments sachgerechte Auskünfte erteilt — tritt ein Vermögenszuwachs in der Arbeitslosenversicherung von jährlich 300 Millionen DM ein. Dem gegenüber steht — auch nach Auskunft der Bundesregierung — eine Leistungsverbesserung in der Knappschaftsversicherung von maximal 50 Millionen DM im Jahr und in der Arbeitslosenversicherung von 100 Millionen DM. Das ist der Tatbestand. Faktisch wird also die soziale Leistungsverbesserung in den Hintergrund gedrückt durch den Vermögenszuwachs bei der Arbeitslosenversicherung.
— Aber Herr Kollege Müller, wir wissen hier im Hause, was mit Anträgen an die Bundesregierung geschieht, dies und jenes zu tun. Wir haben seit vielen Jahren die traurigsten Erfahrungen in der Rentenversicherung mit der Überprüfung der Anrechnungs- und Kürzungsbestimmungen.
Meine Damen und Herren, entscheidend ist hier, was im Gesetz steht, und nicht Erklärungen allgemeiner Art, auch nicht Erklärungen des Herrn Bundesarbeitsministers, er werde demnächst beispielsweise die Anrechnungs- und Kürzungsvorschriften überprüfen. Das liegt seit neun Jahren im Parlament, ohne erledigt zu sein. Hier ist entscheidend die gesetzliche Regelung.Meine Damen und Herren, bei dieser Sachlage muß ich Ihnen erklären: Wenn der Gesetzentwurf die Überschrift tragen sollte, die dem Inhalt entspricht, dann müßte er heißen „Gesetz zur Aufstockung des Rücklagenvermögens der Arbeitslosenversicherung sowie zur Änderung von Vorschriften des AVAVG und des Reichsknappschaftsgesetzes". Das ist der finanzielle und sozialpolitische Inhalt des Gesetzentwurfs. Wenig, wenig ist — wenn man genau hinschaut — von einem sozialen Strukturprogramm für den Bergbau übriggeblieben. Aber, meine Damen und Herren, um so lauter werden die Regierungsparten bis zum 10. Juli davon im Lande sprechen.
Das Wort hat der Abgeordnete Spitzmüller.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich bin überrascht, daß Herr Kollege Schellenberg eingangs seiner Erklärung dargelegt hat, daß die SPD dem Gesetz zustimmt, dessen Überschrift er nachträglich als eigentlich falsch bezeichnet hat.Aber nun zu der Erklärung, die ich namens meiner Fraktion zur Verabschiedung dieses Gesetzes abzugeben habe.Meine Damen und Herren, es treten genau die Verbesserungen ein, von denen der Arbeitsminister, von denen das Kabinett, von denen die Regierungsparteien immer gesprochen haben. Die Knappschaftsausgleichsrente wird für alle über 55jährigen eingeführt, unabhängig davon, aus welchem Grunde sie ausscheiden. Im AVAVG finden Leistungsverbesserungen statt beim Arbeitslosengeld und beim Schlechtwettergeld, und es wird keinen Vermögenszuwachs bei der Bundesanstalt in Nürnberg geben, Herr Kollege Schellenberg.
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SpitzmüllerDrittens gibt es verbesserte Hilfen der Montanunion, die auch auf Initiativen und auf Drängen der Bundesregierung durchgesetzt worden sind.Meine Damen und Herren, es ging bei diesem Gesetz wieder einmal darum, das Wünschenswerte mit dem Möglichen und Notwendigen in Einklang zu bringen. Die Opposition kennt unsere Wirtschaftssituation und speziell die Haushaltssituation genauso wie wir, und sie weiß, daß in der Politik das Wünschenswerte vielfach durch das Mögliche ersetzt werden muß.Wir von der FDP sind der Meinung, daß hier das Mögliche seinen Niederschlag gefunden hat, und können dem Gesetz deshalb unsere Zustimmung geben.
Das Wort hat der Abgeordnete Müller .
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mit etwas weniger Lautstärke versuchen, eine Schlußerklärung für die Fraktion der CDU/CSU abzugeben, als es Herr Kollege Schellenberg für die Fraktion der SPD getan hat.
Herr Bundesarbeitsminister Katzer hat bei der Energiedebatte und in der ersten Lesung dieses Gesetzes das versprochen, was heute verabschiedet wird bzw. zur Kenntnisnahme noch auf dem Tisch des Hauses liegt. Die Änderung des Knappschaftsgesetzes — nichts anderes ist von ihm versprochen worden, als was heute hier verabschiedet wird.
Das AVAVG haben wir in den Ausschußberatungen auf Antrag der Koalitionsfraktionen noch verbessert, obwohl, meine Damen und Herren, Herr Kollege Schellenberg, auch ,diese Änderung des AVAVG nicht problemfrei ist. Herr Minister Katzer hat das in seinen Ausführungen in der ersten Lesung bereits angekündigt. Sie wissen ganz genau, daß die Arbeitnehmer des Bergbaus zur Arbeitslosenversicherung keinen Pfennig Beitrag zahlen und trozdem jetzt in die verbesserte Solidarität aller Arbeitnehmer eingebettet sind.
Sehen Sie sich im übrigen den Bericht des Ausschusses für Arbeit an, der gleich zur Behandlung steht, die Drucksache V/715, wo sehr eindeutig von dem sozialen Strukturprogramm für die Bergleute die Rede ist. Überall in Versammlungen der Arbeitnehmer, wohin ich komme, wird deutlich, wie sehr die anderen Arbeitnehmer diese Lösung, wie sehr auch die Bergarbeiter diese Lösungen für sie, die sozialen Anpassungsmaßnahmen begrüßen. Sie können das durch noch so lautes Reden nicht aus der Welt schaffen, und Sie können auch vor dem 10. Juli den Bergarbeitern nicht klarmachen, das sei ein schlechtes Gesetz.
Was zur Frage des Finanzmehraufwands von Ihnen gesagt worden ist, das ist, glaube ich, ganz
natürlich. Wir sind ja jetzt bereits in der Mitte des Jahres.
Die Fraktion der CDU/CSU begrüßt dieses Gesetz. Es bringt wesentliche Verbesserungen in der Knappschaftsversicherung und vor allem auch in der Arbeitslosenversicherung, insbesondere auch durch die Beitrags- und Leistungsbemessungsgrenze.
Herr Kollege Schellenberg, wenn Sie hier sagen, eine mögliche Erhöhung der Rücklage bei der Bundesanstalt trete gegenüber der Verbesserung des Gesetzes in den Hintergrund, dann habe ich für so etwas überhaupt kein Verständnis. Sie kennen die Entschließung des Ausschusses für Arbeit ganz genau. Wenn Sie die Protokolle, die Ihnen zugestellt worden sind, gelesen haben, dann werden Sie festgestellt haben, daß der ursprüngliche Entschließungsantrag, der Beitrag solle überprüft werden, von den Koalitionsfraktionen gekommen ist.
Ich habe kein Wort darüber verloren, daß wir beide abgesprochen hatten, Sie sollten mit dem Ausschuß für Sozialpolitik den Teil Knappschaft machen, und der Ausschuß für Arbeit sollte den Teil AVAVG machen. Sie haben sich hieran nicht gehalten. Sie haben die Entschließung des Ausschusses verschärft; ich werde dieser verschärften Entschließung dennoch zustimmen.
Herr Professor Schellenberg möchte eine Frage an Sie richten.
Ist Ihnen bewußt, daß das ein Beschluß der Mehrheit des Ausschusses, also Ihrer Kollegen, war?
Herr Kollege Schellenberg, das ist mir bewußt. Mir ist aber nicht bekanntgegeben worden, daß Sie von unserer Abmachung dem Ausschuß Kenntnis gegeben haben.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ganz kurz zusammenfassen. Das Gesetz zur Verbesserung der Knappschafts- und der Arbeitslosenversicherung ist ein gutes Gesetz. Wir werden ihm zustimmen. Wir sagen nicht, daß es der Weisheit letzter Schluß ist. Aber es stellt eine wesentliche Verbesserung dar, die den Arbeitnehmern draußen ein gutes Stück weiterhilft.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung zustimmt, erhebe sich. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einer Enthaltung angenommen.Wir kommen zur Abstimmung über Ziffer 2 des Ausschußantrages, über den Entschließungsantrag.
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Vizepräsident Dr. Dehler— Bestehen Bedenken, so zu verfahren? Ich glaube auch, daß der Entschließungsantrag der SPD auf Umdruck 89 *) weitergehend ist. Keine Bedenken dagegen?
— Er betrifft nicht die gleiche Materie? Dann stimmen wir zunächst über die Ziffer 2 des Ausschußantrages, über den Entschließungsantrag ab, den Beitragssatz bis zum 1. Oktober 1966 zu überprüfen. Wer zustimmt, gebe bitte ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Der Antrag ist bei Stimmenthaltung der Opposition angenommen.Wir kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 89. Wer dem Antrag zustimmt, gebe bitte Zeichen. — Gegenprobe!— Der Antrag ist abgelehnt.Ich rufe den Punkt 18 der Tagesordnung auf:a) Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit zu den Nummern 5 und 6 des Antrags der Fraktion der SPDbetr. Maßnahmen zur Anpassung des Steinkohlenbergbaues und der Struktur der Steinkohlengebiete an die veränderte Lage auf dem Energiemarkt sowie soziale Anpassungshilfen für die Beschäftigten im Steinkohlenbergbau— Drucksachen V/391, V/715 —Berichterstatter: Abgeordneter Zieglerdazu:Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung— Drucksache V/698 —Berichterstatter: Abgeordneter Windelenb) Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen über Nummer 7 des Antrags der Fraktion der SPDbetr. Maßnahmen zur Anpassung des Steinkohlenbergbaues und der Struktur der Steinkohlengebiete an die veränderte Lage auf dem Energiemarkt sowie soziale Anpassungshilfen für die Beschäftigten im Steinkohlenbergbau— Drucksachen V/391, V/726 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. HesbergHerr Abgeordneter Dr. Hesberg wünscht als Berichterstatter das Wort.*) Siehe Anlage 7
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die vorjährige Novelle zum Bergarbeiterwohnungsbaugesetz bezweckte, den von Rationalisierungsmaßnahmen im Bergbau betroffenen Bergarbeitern die Wohnberechtigung zu erhalten, wenn ihnen eine Weiterbeschäftigung zu zumutbaren Bedingungen nicht angeboten werden kann. Die Durchführung, vor allem die Auslegung, welche Bedingungen zumutbar sind, wurde einer Durchführungsverordnung der Bundesregierung, die im Einvernehmen mit dem Bundesrat zu erlassen ist, vorbehalten. Die Verhandlungen, die mit den Sozialpartnern und den Ländern geführt wurden, haben sich länger hingezogen und die Vorlage des Entwurfs der Durchführungsverordnung verzögert.
Der Ausschuß für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen hat sich eingehend mit dem Entwurf befaßt und ihn gebilligt, jedoch auch gefordert, den Erlaß der Verordnung zu beschleunigen. Heute kann festgestellt werden, daß diese Verordnung als Bundesratsdrucksache 248/66 dem Bundesrat zur Verabschiedung vorliegt; es kann damit gerechnet werden, daß ihr zugestimmt wird. Wenn auch bereits in der Praxis nach den Modalitäten dieses Verordnungsentwurfs verfahren wird, so liegt es doch im Interesse der Beteiligten, insbesondere der Bewohner der Bergarbeiterwohnungen, nach Zustimmung des Bundesrates die Verkündung zu beschleunigen. In diesem Sinne darf ich empfehlen, dem Vorschlag des 9. Bundestagsausschusses zuzustimmen.
Abschließend darf ich feststellen, daß mit den zur Verabschiedung anstehenden Durchführungsbestimmungen den Absichten des Gesetzgebers Rechnung getragen wird. Der Ausschuß war auch einmütig der Auffassung, daß es bei dem Bestandsschutz nicht sein Bewenden haben kann, daß vielmehr der Bergarbeiterwohnungsbau weiterhin der Förderung bedarf.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wir stimmen dann über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/715 ab. Wer zustimmen will, gebe bitte ein Handzeichen. — Ich kann einstimmige Annahme feststellen.
Wir stimmen weiterhin über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/726 ab. Wer zustimmt, gebe bitte ein Handzeichen. — Auch dieser Antrag ist einstimmig angenommen.
Damit sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Plenarsitzung auf morgen, Freitag, den 1. Juli, 9 Uhr vormittags, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.