Rede von
Gustav
Stein
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war an sich nicht vorgesehen, daß ich jetzt das Wort ergreife. Ich habe mich aber dazu entschlossen, nachdem Herr Professor Schiller ein Wort über die Aktionsgemeinschaft gesagt hat. Sie werden verstehen, daß ich dazu Stellung nehme.
Das Ziel der Aktionsgemeinschaft kommt in einer Präambel zum Ausdruck, aus der ich — mit Genehmigung des Präsidenten — ein paar Sätze verlesen darf:
Sie hat das Ziel, eine geordnete Stillegung von Steinkohlenbergwerken zu erleichtern und die Wirtschaftsstruktur in den deutschen Steinkohlenbergbaugebieten zu verbessern. Ziel dieser Stillegungen ist die Anpassung der Förderung an die Absatzmöglichkeiten.
Und drittens:
Ziel der Strukturverbesserung ist die Ansiedlung neuer Unternehmen und Betriebe in den
Steinkohlenbergbaugebieten.
Daraus ergibt sich, daß das Wesen und die Aufgabe dieser Aktionsgemeinschaft ist, die Zwischenfinanzierung dieser Strukturumbettungen vorzunehmen. Dazu ist ein großes Kapital notwendig. Es wäre völlig falsch, wenn die Industrie dieses Kapital allein aufgebracht hätte oder aufzubringen gewünscht hätte; an dieser Kapitalaufbringung sind sämtliche Wirtschaftszweige beteiligt und angesprochen. Die Aufbringung dieses Kapitals ist im Augenblick im Gange und in der Diskussion. Sie werden mir, glaube ich, zugeben, daß, wenn die Größenordnung von zunächst 200 Millionen DM mit einer möglichen späteren Ausweitung auf 600 Millionen DM zur Diskussion steht, diese Kapitalaufbringung, ihre gesellschaftsrechtliche Fundierung und die Grundsätze ihres Einsatzes ruhig und in einem gewissen Zeitabschnitt diskutiert werden müssen. In der heutigen Debatte, wie sie von der Sozialdemokratie geführt worden ist, ist immer wieder der Anspruch betont worden, die Dinge ruhig und sachlich mit genügender Zeit zu diskutieren. Warum wollen Sie dem Teil der deutschen Wirtschaft, der sich hier zu einer Selbsthilfeaktion anschickt, diesen Anspruch etwa verweigern?
Es ist davon gesprochen worden, daß diese Aktionsgemeinschaft „dahingammle". Wenn Sie die ruhige Überlegung, wie die Mittel aufgebracht werden können, die Erörterung, wie sie eingesetzt werden sollen, die Prüfung, in welchem Umfange von der gesamten Industrie Möglichkeiten zur Verbesserung der Struktur mobilisiert werden können, um dem Bergbau zu helfen — das alles geschah doch in dem Zeitabschnitt von wenigen Monaten, von April, als die ersten Rundschreiben hierzu ergangen sind, bis Ende Juni —, als ein „Dahingammeln" bezeichnen, so muß ich sagen, daß das nicht das richtige Verständnis für die unternehmerische Abwägung und Würdigung aller Initiativen zeigt; es zeigt aber auch meiner Ansicht nach ein etwas „schimmliges" Verhältnis zum Zeitplan. Ich widerspreche ausdrücklich mit einer inneren Erregung dieser Charakterisierung, die Herr Professor Schiller hier gegeben hat. Sie zeigt eine Einstellung zur notwendigen Abwägung, die ich nicht als eine unternehmerfreundliche, als eine natürliche bezeichnen kann, sondern die ich als eine antiquierte marxistische bezeichnen muß.
— Herr Wehner, darüber, wer hier antiquiert ist, entscheiden Sie nicht allein.
— Ich habe nicht gehört, daß Sie dem Wort „Gammeln" widersprochen haben.