Protokoll:
1151

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 1

  • date_rangeSitzungsnummer: 151

  • date_rangeDatum: 13. Juni 1951

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 14:01 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 17:55 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 151. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Juni 1951 5993 151. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 13. Juni 1951. Geschäftliche Mitteilungen 5993D Mandatsniederlegung des Abg. Dr. Oellers 5994A Änderungen der Tagesordnung 5994A Rücktritt des Schriftführers Abg. Freiherrn von Aretin und Benennung des Abg. Dr. Fink als Schriftführer 5994B Fortsetzung der Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Einsetzung eines Untersuchungsausschusses (Nr. 2234 der Drucksachen) 5994B Beschlußfassung 5994C Beratung des Antrags der Zentrumsfraktion betr. UKW-Programm Westfalen (Nr. 2225 der Drucksachen) 5994D Dr. Bertram (Z) 5994D, 5996A Dr. Vogel (CDU) 5995C Brunner (SPD) 5995D Dr. Horlacher (CSU) 5996A Übergang zur Tagesordnung 5996B Fortsetzung der Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU betr. Einsetzung einer Sachverständigenkommission zur Vorbereitung der Neugliederung des Bundesgebietes (Nr. 2222 der Drucksachen; Änderungsantrag (Umdruck Nr 224) 5996B Dr. Preusker (FDP) 5996B, D Heiland (SPD) 5997A Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 5997B Beschlußfassung 5997C Dritte Beratung der Ersten und Zweiten Ergänzungsvorlage der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nrn. 1784, 2092, 1928 der Drucksachen), in Verbindung mit der Dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nrn. 1500, 1900 bis 1927 der Drucksachen; Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung; Umdruck Nr. 218) . 5997D, 5998A Dr. Wuermeling (CDU) 5997D Schoettle (SPD) 6003D Dr. Schäfer (FDP) 6010C Renner (KPD) 6013C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6016B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 6017B Abstimmungen 6018B Beratung des Antrags der Abg. Dr. Preiß, Neber u. Gen. betr. Fortführung der Phosphatdünger-Subventionen im Düngerwirtschaftsjahr 1951/52 (Nr. 2294 der Drucksachen) 6020C Dr. Preiß (FDP), Antragsteller . . 6020C Beschlußfassung 6021B Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Versorgung mit Hausbrandkohle und Nutzholz (Nr. 2295 der Drucksachen) . . 6021B Fürst zu Oettingen-Wallerstein (BP), Antragsteller 6021B Dr. Kreyssig (SPD) 6022A Zur Geschäftsordnung: Mellies (SPD) 6023D Matthes (FDP) 6024A Weiterberatung vertagt 6024C Beratung der Übersicht Nr. 29 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 203) 6024C Beschlußfassung 6024C Nächste Sitzung 6024C Die Sitzung wird um 14 Uhr 1 Minute durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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Gesamtes Protokol
Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0115100000
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 151. Sitzung des Deutschen Bundestags.
Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit für die Bekanntgabe der Namen der entschuldigten Abgeordneten.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0115100100
Der Präsident hat Urlaub erteilt für einen Tag dem Abgeordneten Strauß, für zwei Tage den Abgeordneten Günther, Dr. Richter (Niedersachsen), Jacobi, Dr. Nowack (Rheinland-Pfalz) und Wartner. Der Präsident hat Urlaub erteilt für drei Tage den Abgeordneten Rademacher, Wönner, Dr. von Brentano, Mensing, Wittenburg, Agatz, Rische, Niebergall, Dr. Dr. Nöll von der Nahmer, Stegner, Schmitt (Mainz), Determann und Kinat. Entschuldigt sind die Abgeordneten Glüsing, Henßler, Arnholz, Dr. Solleder, Gockeln und Fisch. Für längere Zeit suchen um Urlaub nach die Abgeordneten Freiherr von


(Dr. Hasemann)

Aretin für zwei Wochen wegen Krankheit, Dr. Freiherr von Rechenberg und Frühwald für drei Wochen wegen Krankheit, Abgeordneter Parzinger für drei Wochen wegen dienstlicher Inanspruchnahme.

Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0115100200
Darf ich annehmen, daß das Haus mit den über eine Woche hinausgehenden Beurlaubungen einverstanden ist?

(Zustimmung.)

Meine Damen und Herren! Der Abgeordnete Dr. Oellers hat unterm 5. Juni 1951 mitgeteilt, daß er sich auf Grund seiner Berufung in den diplomatischen Dienst der Bundesrepublik leider gezwungen sehe, sein Mandat als Abgeordneter des Deutschen Bundestags niederzulegen. Ich gebe das dem Haus zur Kenntnis und darf wohl gleichzeitig der gemeinsamen Überzeugung des Hauses Ausdruck geben, daß wir die positive Mitarbeit des Herrn Abgeordneten Dr. Oellers sehr vermissen werden.

(Bravo! rechts.)

Die heutige Tagesordnung verändert sich insofern, als ich gebeten worden bin, einmal die Beratung der Punkte 3 a) und b) betreffend Protest gegen Beschlagnahme und Annullierung aller Verpflichtungen der Bundesregierung betreffend Remilitarisierung — die beiden Anträge der Fraktion der KPD, die auch von der letzten Tagesordnung übernommen waren — auf die Sitzung vom Freitag zu verschieben. Ich darf annehmen, daß das Haus damit einverstanden ist. —
Zum andern haben die Herren Interpellanten zu Punkt 6 der Tagesordnung — Beratung der Interpellation der Abgeordneten Strauß und Genossen betreffend ERP-Mittel für den Fremdenverkehr — gebeten, die Beratung dieses Punktes der , Tagesordnung ebenfalls bis zur Freitagsitzung zurückzustellen, da Herr Abgeordneter Strauß, der die Interpellation begründen sollte, heute dienst- lich verhindert ist, die Begründung vorzutragen. — Ich nehme an, daß das Haus mit der Zurückstellung einverstanden ist.
Ich habe weiterhin mitzuteilen, daß der Abgeordnete Freiherr von Aretin gebeten hat, ihn von dem Amt des Schriftführers des Bundestags zu entbinden. Die Fraktion der Bayernpartei hat den Herrn Abgeordneten Dr. Fink als Schriftführer namhaft gemacht. Ich darf gemäß § 18 der vorläufigen Geschäftsordnung das Einverständnis des Hauses erbitten.

(Zustimmung.)

— Ich stelle fest, daß das Haus einverstanden ist. Damit, meine Damen und Herren, komme ich zu Punkt 1 der Tagesordnung:
Fortsetzung der Beratung des Antrags der Fraktion der Deutschen Partei betreffend Einsetzung eines Untersuchungsausschusses (Nr. 2234 der Drucksachen).
Sie erinnern sich, daß sich in der letzten Sitzung bei der Abstimmung über die Einsetzung des Untersuchungsausschusses die Beschlußunfähigkeit des Hauses herausgestellt hatte. Gemäß der Geschäftsordnung bleibt der Antrag auf namentliche Abstimmung jedoch in Kraft. Wir müssen also über diesen Antrag der Fraktion der DP jetzt namentlich abstimmen lassen. Ich darf Sie bitten, — —

(Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Der Antrag auf namentliche Abstimmung kann doch zurückgezogen werden!)

— Wird der Antrag auf namentliche Abstimmung aufrechterhalten?

(Zurufe von der Mitte: Nein!)

— Der Antrag auf namentliche Abstimmung wird also nicht aufrechterhalten.

(Abg. Renner: Das war euch vorigen Freitag wohl zu teuer? — Unruhe.)

Meine Damen und Herren! Wir befinden uns in einer geschäftsordnungsmäßigen Schwierigkeit. In der letzten Sitzung ist die namentliche Abstimmung beschlossen worden.

(Abg. Hilbert: Bei Beschlußunfähigkeit des des Hauses!)

- Damit keine Zweifel bestehen, möchte ich über den Antrag auf namentliche Abstimmung jetzt abstimmen lassen. Ich bitte die Damen und Herren, die für eine namentliche Abstimmung sind, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe.
— Der Antrag auf namentliche Abstimmung ist abgelehnt.
Ich bitte die Damen und Herren, die für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß dem Antrag der Fraktion der Deutschen Partei Drucksache Nr. 2234 sind, die Hand zu erheben. Ich mache dabei darauf aufmerksam, daß der Bundestag die Pflicht hat, auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder einen Untersuchungsausschuß einzusetzen. Ein Viertel der gesetzlichen Mitgliederzahl des Bundestags sind 101 Abgeordnete. Ich bitte also die Damen und Herren, die für die Einsetzung des Untersuchungsausschusses sind, eine Hand zu erheben. - Es sind keine 101 Abgeordnete für den Antrag. Da auch die Mehrheit des Hauses nicht erreicht ist, ist die Einsetzung des Untersuchungsausschusses abgelehnt.

(Abg. Dr. Mühlenfeld: Sehr interessant!) Ich rufe Punkt 1 b) der Tagesordnung auf:

Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betreffend UKW-Programm Westfalen (Nr. 2225 der Drucksachen).
Herr Abgeordneter Dr. Bertram wünscht dazu das Wort zu nehmen. Bitte, Herr Abgeordneter.

Dr. Helmut Bertram (FU):
Rede ID: ID0115100300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Zentrumsfraktion haben wir beantragt, die Bundesregierung zu ersuchen, darauf hinzuwirken, daß ein UKW-Programm Westfalen eingerichtet wird und daß zwei weitere UKW-Sender im Mönsterland und im Sauerland errichtet werden.
Anläßlich der Beratung über das Bundesrundfunkgesetz ist die Frage der Zuständigkeit des Bundes für das Rundfunkwesen hier eingehend im Für und Wider erörtert worden. Es dürfte wohl zweifellos sein, daß, jedenfalls soweit das Grundgesetz in Betracht kommt, der Bund für die sendetechnischen Vorkehrungen zuständig ist. Unser Antrag Ziffer 2 betrifft aber ausschließlich derartige sendetechnische Vorkehrungen, für die der Bund demnach zuständig ist. Die Erwartungen, die insbesondere die westfälischen Rundfunkhörer an die Errichtung des Nordwestdeutschen Rundfunks als Anstalt des öffentlichen Rechts durch die Verordnung Nr. 118 der britischen Militärregierung am 1. Januar 1948 geknüpft haben, haben sich in keiner Weise erfüllt, ebensowenig wie die Hoffnungen, die mehr als 1 Million NWDR-Hörer in Westfalen auf die Einführung des Ultrakurzwellenfunks im Mai 1950 gesetzt haben. Die Einrichtung der Sende-


(Dr. Bertram)

anlagen ist ganz einseitig danach erfolgt, wo die Großstädte im Sendegebiet verteilt waren. Gerade die großen Gebiete des flachen Landes, des Sauerlandes, der Gebiete um Lingen und von VechtaCloppenburg, von Paderborn, Soest, Lippstadt, Lüdenscheid bis ins Siegerland, die Gebiete des Westharzes werden sowohl vom Mittelwellenprogramm als auch vom Ultrakurzwellenprogramm außerordentlich schlecht versorgt. Es ist hier nur mit ganz hochwertigen Geräten möglich, einwandfreien Rundfunkempfang zu erhalten.

Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0115100400
Meine Damen und Herren, darf ich auch die Nicht-Westfalen um das Maß von Aufmerksamkeit bitten, das der Sache gebührt.

Dr. Helmut Bertram (FU):
Rede ID: ID0115100500
Die Zentrumsfraktion hat sich zunächst an den Nordwestdeutschen Rundfunk gewandt und ihn gebeten, hier Abhilfe zu schaffen. Der Vorsitzende des Verwaltungsrats des Nordwestdeutschen Rundfunks hat uns daraufhin mit Schreiben vom 27. Mai 1951 mitgeteilt, daß der Nordwestdeutsche Rundfunk in seiner Sitzung vom 25. April sich mit der Angelegenheit beschäftigt und sich entschlossen habe, weitere Sender im Münsterland und im Sauerland einzurichten. Der Verwaltungsrat hat danach die Forderungen eingehend geprüft. Er erlaubt sich in Ergänzung eines an die Zentrumsfraktion bereits gerichteten Briefes des stellvertretenden Generaldirektors vom 17. Mai mitzuteilen, daß er bereits im Februar dieses Jahres für Münster die Errichtung eines neuen Mittelwellensenders und eines UKW-Senders beschlossen habe. Beide Sender sind im Bau. Neben diesen beiden Sendern werden u. a. weitere UKW-Sender im Teutoburger Wald, in Siegen und bei Lüdenscheid errichtet, so daß für eine sehr wesentliche Verbesserung der Empfangsverhältnisse im westfälischen Raum gesorgt sein wird. Alle diese geplanten Sender werden aber nach den Mitteilungen, die wir von anderer Seite bekommen halben, erst im Laufe des nächsten Jahres fertiggestellt werden. Bis dahin sind insbesondere die Hörer im westfälischen Raum im Hinblick auf ihre Empfangsverhältnisse sehr benachteiligt. Es wäre deshalb die Aufgabe der Bundesregierung, darauf hinzuwirken, daß dieses geplante Sendenetz gerade für den Raum Westfalen beschleunigt fertiggestellt wird. Die sendermäßige Versorgung des Raumes um Hamburg, um Berlin und des Kölner Raumes und des engeren Industriereviers ist bevorzugt worden, während wir eben stark benachteiligt werden. Mit dem Antrag der Zentrumsfraktion unter Ziffer 2 wollen wir also auf dem Wege über die Bundesregierung eine Einflußnahme auf den Nordwestdeutschen Rundfunk dahin erreichen, daß das Sendenetz nicht wie vorgesehen in dem Zeitraum von 1 bis 1 1/2 Jahren, sondern umgehend ausgebaut wird und daß der westfälische Hörer nicht mehr so lange darauf zu warten braucht, bis er einen einwandfreien Empfang hat.
Die zweite Forderung, die wir in unserem Antrag gestellt haben, nämlich daß ein UKW-Programm Westfalen eingerichtet wird, ist eine Frage, die zunächst nur als eine kulturpolitische Frage angesehen und für die die Zuständigkeit des Bundes bezweifelt werden könnte. Tatsächlich aber überschneiden sich gerade beim Rundfunk die kulturpolitischen und sendetechnischen Voraussetzungen so sehr, daß man sie gar nicht voneinander trennen kann. Der gesamte nordwestdeutsche
Raum ist zur Zeit nur mit einer guten Mittelwelle versorgt, und es ist natürlich nicht möglich, mit dieser einen guten Mittelwelle die Wünsche sämtlicher Hörer zu 'befriedigen. Es bleibt deshalb gar keine andere Möglichkeit, als die Mittelwellen-und die Ultrakurzwellenverteilung, auch wenn man nur die sendetechnischen Voraussetzungen überprüft, nach den kulturpolitischen Bedingungen aufeinander abzustimmen. Wir glauben, daß insbesondere der westfälische Raum, der sich ja nicht mit dem Lande Nordrhein-Westfalen deckt, sondern gegenüber Niedersachsen darüber hinausgreift, stark benachteiligt worden ist. Wir haben deshalb unter Ziffer 1 der Drucksache Nr. 2225 den weiteren Antrag gestellt.
Ich bitte, diese beiden Anträge dem zuständigen Ausschuß zu überweisen, damit dort die Angelegenheit beraten und alsbald eine entsprechende Maßnahme der Bundesregierung durchgeführt werden kann.

Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0115100600
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Vogel.

Dr. Rudolf Vogel (CDU):
Rede ID: ID0115100700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An sich verstehe ich nicht ganz das Anliegen der Zentrumspartei, gerade diese Materie dem Hohen Hause vorzutragen. Bei aller Berücksichtigung der sicherlich berechtigten Beschwerden der westfälischen Bevölkerung über eine mangelhafte Dichte der dortigen Sendeanlagen hat die Zentrumspartei doch jederzeit die Möglichkeit, über ihre Fraktionen im Niedersächsischen und Nordrhein-Westfälischen Landtag dieses Anliegen an Ort und Stelle dort vorzubringen, wo es hingehört.

(Abg. Dr. Horlacher: Sehr richtig!)

Hierher gehört es nämlich noch nicht, und es hat keinen Zweck, hier aus irgendwelchen Beweggründen, die ich nicht näher definieren will, den Antrag vorzubringen und damit dem Hohen Hause lediglich die Zeit zu nehmen, die es für kostbarere Aufgaben und für andere Zwecke verwenden sollte. Die Gesamtlage des deutschen Rundfunks, der Mangel an Wellen, der Mangel an Sendeanlagen sind durch die letzten Debatten hinreichend bekanntgeworden. Diese Mängel sind kaum sofort abzustellen. Das ist eine Sache der nächsten ein oder zwei Jahre. Wir alle wissen, daß das Rundfunkgesetz notwendig ist und in nächster Zeit kommen muß und kommen wird. Aber ich bezweifle sehr stark, ob selbst ein solches Anliegen, wie es heute vorgetragen worden ist, in den Rahmen eines Rundfunkgesetzes hieingehören würde. Aus diesem Grunde fehlender Zuständigkeit des Hohen Hauses bitte ich, den Antrag der Zentrumspartei abzulehnen.

(Abg. Dr. Horlacher: Zur Tagesordnung übergehen!)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0115100800
Das Wort hat der Abgeordnete 'Brunner.

Karl Brunner (SPD):
Rede ID: ID0115100900
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich dem Vorschlag meines Vorredners, des sehr verehrten Herrn Kollegen Vogel anschließen. Ich möchte mir in diesem Zusammenhang die Frage erlauben, ob wir uns, d. h. dem Hohen Hause wie überhaupt der deutschen Publizistik einen Dienst erweisen, wenn wir immer wieder versuchen, die Bundesregierung zu einer Instanz zu erheben, die in Rund-


(Brunner)

funkfragen irgendeinen Einfluß auszuüben und irgendwelche Weisungen zu erteilen hätte.

(Abg. Dr. Horlacher: Ich bitte ums Wort!)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0115101000
Das Wort hat der Abgeordnete Horlacher.

Dr. Michael Horlacher (CSU):
Rede ID: ID0115101100
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird sehr schmerzlos geschehen. Ich bitte, den Antrag nicht abzulehnen, weil man sonst in der Agitation draußen behaupten könnte, daß man gewissen Wünschen nicht Rechnung trage. Ich bitte vielmehr, weil wir hier für den Antrag nicht zuständig sind, über ihn zur Tagesordnung überzugehen. Das ist der einzig richtige Entschluß.

Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0115101200
Meine Damen und Herren, es liegt erstens der Antrag vor, den Antrag der Zentrumsfraktion abzulehnen, zweitens der Antrag, ihn dem zuständigen Ausschuß zu überweisen, und drittens der Antrag, über ihn zur Tagesordnung überzugehen.
Übergang zur Tagesordnung! Wünscht jemand dagegen zu sprechen? — Herr Dr. Bertram!

Dr. Helmut Bertram (FU):
Rede ID: ID0115101300
Meine Damen und Herren! Die Herren Vorredner haben behauptet, die Zuständigkeit sei nicht gegeben. Nach Art. 73 Ziffer 7 des Grundgesetzes ist die Zuständigkeit des Bundes auch für Rundfunkwesen gegeben, soweit es sich um technische Angelegenheiten handelt.

(Widerspruch.)

Ich weiß, daß darüber Streit besteht. Dieser Streit ist in den letzten Sitzungen hier zwar angeklungen, es ist aber keineswegs eine Entscheidung darüber getroffen worden, daß das Rundfunkwesen etwa nicht zum Post- und Fernmeldewesen laut Ziffer 7 des Art. 73 gehört.

(Widerspruch.)

- Doch, die Einrichtung eines eigenen Ultrakurzwellensenders ist eine typische Angelegenheit des Post- und Fernmeldewesens. Infolgedessen ist die Zuständigkeit hier gegeben.

(Erneuter Widerspruch.)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0115101400
Ich darf annehmen, daß außer dem Herrn Abgeordneten Dr. Horlacher niemand für den Übergang zur Tagesordnung sprechen will. Ich komme also zur Abstimmung über den Antrag auf Übergang zur Tagesordnung und bitte die Damen und Herren, die dafür sind, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Gegen wenige Stimmen ohne Enthaltungen ist der Antrag auf Übergang zur Tagesordnung angenommen.

(Nr. 2222 der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr. 224)

Der Antrag ist bereits in der vorigen Sitzung von Herrn Abgeordneten Dr. Wuermeling begründet worden. Eine Aussprache sollte nicht stattfinden.
Den Änderungsantrag wird Herr Abgeordneter Dr. Preusker begründen. — Bitte!

Dr. Victor-Emanuel Preusker (CDU):
Rede ID: ID0115101500
Meine Damen und Herren! Ich muß richtigstellen, daß der Antrag der Fraktion der FDP kein Änderungsantrag, sondern ein Ergänzungsantrag sein soll. Wir sind durchaus gewillt, alle Bemühungen, die auf eine beschleunigte Lösung des Problems der Neugliederung des Bundes gerichtet sind, zu unterstützen und werden deshalb auch von uns aus den Antrag der Fraktion der CDU/CSU annehmen. Dieser Antrag geht aber auf die Einsetzung einer Sachverständigenkommission der Bundesregierung hinaus, und wir sind der Meinung, daß der Bundestag in dieser so wichtigen Frage die Initiative nicht aus der Hand geben darf. Wir haben deshalb den Antrag gestellt, daß der seinerzeit mit auf unsere Initiative ins Leben gerufene Ausschuß des Bundestages für die innergebietliche Neuordnung gleichfalls mit der Aufgabe der Vorbereitung der innergebietlichen Neuordnung betraut, werden soll. Wir bitten das Hohe Haus, sich unserem Antrag anzuschließen. Der Ausschuß für innergebietliche Neuordnung soll danach beauftragt werden, Vorschläge für die alsbald nach der Abstimmung über den Südweststaat mögliche Neugliederung des Bundes zu erarbeiten, wenn inzwischen das Veto der Alliierten beseitigt werden kann.
Ich möchte an dieser Stelle, an der schon so häufig, zuletzt im Zusammenhang mit dem Südweststaatgesetz, über die Frage des Mehr- oderweniger-Föderalismus gesprochen worden ist, nicht eine neue grundsätzliche Debatte über diese Frage auslösen. Ich darf nur das eine als eine Stellungnahme unserer Fraktion noch anfügen: Wir werden bei allen weiteren Opfern, die unserem deutschen Volke im Zusammenhang mit den Anstrengungen um die Sicherung des Friedens irgendwie zugemutet werden müssen, uns sehr daran orientieren, in welcher Weise und mit welcher Energie dieses Problem einer Verringerung des Aufwands und einer Vereinfachung unseres Staatsaufbaus vom Bundestag und von der Bundesregierung angefaßt und verfolgt wird.

(Beifall bei der FDP.)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0115101600
Meine Damen und Herren! Darf ich hier eine grundsätzliche Frage aufwerfen, die mir doch für die Arbeit des Hauses und der Ausschüsse von grundsätzlicher Bedeutung zu sein scheint. Es gibt naturgemäß Ausschüsse, die ihre Zuständigkeit sehr weiträumig auslegen. Aber ich habe geschäftsordnungsmäßige Bedenken dagegen, daß ein Ausschuß beauftragt wird, eine Gesetzesvorlage zu erarbeiten, ohne daß eine Vorlage vorhanden ist.

(Sehr richtig!)

Sonst wird hier eine Gesetzesinitiative des Ausschusses begründet. Ich bitte die Damen und Herren, zu dieser Frage Stellung zu nehmen, damit wir nicht eine Weichenstellung vornehmen, die uns unter Umständen für die Zukunft Schwierigkeiten machen würde.
Eine Aussprache zur Sache sollte nicht stattfinden, ist beschlossen worden. — Herr Abgeordneter Preusker!

Dr. Victor-Emanuel Preusker (CDU):
Rede ID: ID0115101700
Ich darf zur Abstimmung nur bemerken, daß in unserem Antrag keine Rede von der Erarbeitung einer Gesetzesvorlage, sondern nur die Rede davon ist, daß der Ausschuß für innergebietliche Neuordnung Vorschläge erarbeiten soll, und ich glaube, das liegt durchaus im Rahmen der Möglichkeit der Beauftragung eines Ausschusses durch das Hohe Haus.

(Widerspruch.)



Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0115101800
Meine Damen und Herren, ich möchte die Auseinandersetzung nicht durch eigene Bemerkungen fortführen. Aber es steht hier: „dem Bundestag zur Beschlußfassung vorzulegen". — Der Bundestag beschließt entweder über Gesetzesvorlagen oder über Anträge, und es ist in der Geschäftsordnung ausschließlich festgelegt, von wem Gesetzesvorlagen und Anträge 'kommen können.
Bitte, Herr Abgeordneter Heiland!

Rudolf-Ernst Heiland (SPD):
Rede ID: ID0115101900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte trotzdem für meine Freunde sagen, daß wir uns dem Ergänzungsantrag der FDP bis auf eine kleine Änderung anschließen würden, und zwar bis auf die Festlegung des Termins. Wir würden bitten, den Halbsatz:
bis zur Abstimmung über den Südweststaat, spätestens bis zum 16. September 1951
durch die Worte „ohne Verzögerung" zu ersetzen. Ich bin auch der Meinung, daß wir eine derartig wichtige Frage keiner Sachverständigenkommission geben sollten, nachdem wir im Hause einen eigenen Ausschuß haben, der sich mit dieser für den Bund so wichtigen Frage beschäftigen kann, zumal in 'dem letzten Satz des Antrags die zwingende Bestimmung enthalten ist:
Das Institut zur Förderung öffentlicher Angelegenheiten (Frankfurt/Main) ist hierbei in geeigneter Weise zu beteiligen.
Ich bin der Meinung, daß jeder Ausschuß des Bundestages sich im Einverständnis mit dem Präsidium und mit dem Hause die notwendigen Sachverständigen, die er zur Meinungsbildung heranziehen will, heranziehen kann. Ich würde es für ein Präjudiz halten, wenn wir einem bestimmten Institut, das man in seiner Gesamtheit noch nicht kennt, solch eine Bedeutung gäben, es hier durch einen Beschluß des Bundestages besonders herauszustreichen.

(Unruhe. — Glocke des Präsidenten.)

Insoweit würde ich also für meine Freunde den Antrag der FDP unterstützen. und ich glaube, damit wäre dann der CDU/CSU-Antrag an sich erledigt.

Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0115102000
Das Wort hat der Herr Bundesminister des Innern.

Dr. Robert Lehr (CDU):
Rede ID: ID0115102100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf das Hohe Haus noch darauf aufmerksam machen, daß Art. 29 unseres Verfassungsgesetzes ja noch suspendiert ist und daß deshalb nichts anderes übrigbleibt, als erstens die Hohe Kommission zu ersuchen, die Suspendierung aufzuheben. Zweitens: Bis zur erfolgten Suspension können wir uns sowohl von seiten der Regierung wie Sie hier im Hause nur mit der Vorbereitung beschäftigen.
Nun hat sich aber das Kabinett mit der Sache befaßt, und ich habe ein Schreiben vorgelegt, das an die Hohe Kommission weitergegangen ist, in dem wir aus zwingenden Gründen gebeten haben, die Suspension des Art. 29 zunächst einmal aufzuheben, damit das Hohe Haus freie Hand hat. Ich empfehle Ihnen aber, vielleicht die Bundesregierung zu beauftragen, das umfangreiche Material, das das Institut zur Förderung öffentlicher Angelegenheiten in Frankfurt/Main in einer Schrift unter dem Titel „Die Bundesländer" zusammengestellt hat, beizuziehen und daß wir dann Sachverständige zur Überprüfung dieses Materials berufen und vielleicht auch schon ein Ergänzungsgutachten vorbereiten. Inzwischen wird meiner Meinung nach die Aufhebung der Suspension des Art.29 durch die Hohe Kommission erfolgen, und das Hohe Haus kann dann weiter beschließen.

Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0115102200
Meine Damen und Herren! Eine weitere Aussprache soll nicht stattfinden. Es liegen zwei Anträge vor. Ich darf unterstellen, Herr Abgeordneter Preusker, daß Sie mit der von Herrn Abgeordneten Heiland vorgeschlagenen Änderung einverstanden sind.

(Zustimmung des Abgeordneten Preusker.)

Es würde also heißen: „beauftragt, ohne Verzögerung Vorschläge ... zu erarbeiten".
Weiter liegt vor der Antrag der CDU/CSU. Beide Anträge decken sich in keiner Weise und schließen sich auch nicht aus,

(Zuruf von der CDU: Richtig!)

Es ist kein Änderungsantrag, sondern ein Ergänzungsantrag, so daß ich zunächst über den Antrag der CDU/CSU abstimmen lassen kann.

(Zuruf: Ich bitte, abschnittweise abzustimmen!)

— Also, meine Damen und Herren. zunächst der Abs. 1 des Antrags Drucksache Nr. 2222. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Abs. 1 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? -
Bei zahlreichen Enthaltungen ist Abs. 1 angenommen.
Zur Abstimmung über Abs. 2. Ich bitte die Damen und Herren. die Abs. 2 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Abs. 2 ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Ergänzungsantrag der Fraktion der FDP Umdruck Nr. 224. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Ergänzungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.
Nachdem Punkt 3 der Tagesordnung abgesetzt ist, komme ich zu Punkt 4:
Dritte Beratung der Ersten und Zweiten Ergänzungsvorlage der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nrn. 1784, 2092, 1928 der Drucksachen).

(Erste Beratung: 113., 134. Sitzung; zweite Beratung: 146. Sitzung.)

Meine Damen und Herren! Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Gesamtaussprachezeit von 180 Minuten vor. — Das Haus ist damit einverstanden. Darf ich zur allgemeinen Aussprache der dritten Beratung bitten. Wer wünscht das Wort? — Herr Abgeordneter Dr. Wuermeling!

Dr. Franz-Josef Wuermeling (CDU):
Rede ID: ID0115102300
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Anläßlich der Beratung des Haushaltsplans — —

(Glocke des Präsidenten.)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0115102400
Herr Abgeordneter, darf ich einen Augenblick unterbrechen, damit keine Zweifel bestehen. Ich möchte gleichzeitig im Inter-


(Präsident Dr. Ehlers)

esse der Vereinfachung der Sache Punkt 5 aufrufen:
Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nrn. 1500, 1900 bis 1927 der Drucksachen; Zusammenstellung der Beschlüsse in zweiter Beratung: Umdruck Nr. 218).
Ich darf unterstellen, daß die Aussprache gemeinsam über beide Punkte erfolgt.

Dr. Franz-Josef Wuermeling (CDU):
Rede ID: ID0115102500
Meine Damen und Herren! Anläßlich der Beratung des- Haushaltsplans ist es bei der dritten Lesung im allgemeinen üblich. einige generelle politische Gesichtspunkte über die Politik der Bundesregierung bzw. der einzelnen Minister herauszustellen. Ich möchte mich deswegen in der Generalaussprache hei meinen heutigen Ausführungen nicht mit Einzelheiten des Haushaltsplans befassen, die in den vergangenen Beratungen ja mehr als zur Genüge im einzelnen behandelt worden sind, sondern mich einmal den Ergebnissen der Arbeit unserer Bundesregierung zuwenden. die nun knapp zwei Jahre im Amte ist, und bei Prüfung dieser Ergebnisse feststellen, ob die politische Linie, vor allem die wirtschafts- und sozialpolitische Zielsetzung, die wir uns vorgenommen hatten, eingehalten worden ist oder ob irgendein Anlaß besteht, hier eine Änderung eintreten zu lassen.
Meine Damen und Herren! Ich habe hier vor mir ein Flugblatt der Sozialdemokratischen Partei aus dem letzten Wahlkampf liegen. Das beginnt mit den Worten: „Nach der Bundestagswahl 1948 begann die Katastrophenpolitik."

(Sehr wahr! bei der SPD.)

Inwieweit die Politik der Bundesregierung eine ..Katastrophenpolitik" gewesen ist, möchte ich in den folgenden Darlegungen untersuchen.
Ist wirklich alles so ziellos und planlos, sinnlos und erfolglos gewesen, wie es von der Opposition immer wieder vor der Bevölkerung dargestellt wird, oder haben wir das Programm, das wir uns gesetzt haben, eingehalten und haben wir bei der Durchführung des Programms wesentliche Erfolge erzielt? Ich erinnere mich hier einer Äußerung, die Herr Kollege Dr. Menzel bei der Beratung der Verbesserung der Beamtenbesoldung kürzlich getan hat, in der auch wieder der Gedanke ausgesprochen wurde, diese Gehaltsdebatte sei eine Folge der unglückseligen Wirtschaftspolitik der Bundesregierung.

(Abg. Dr. Greve: Sehr richtig!)

So einfach und so simpel, wie es hier dargestellt wird, liegen die Dinge wahrhaftig nicht;

(Sehr richtig! bei der CDU)

denn man sollte auch in Kreisen der Opposition nicht immer ganz unberücksichtigt lassen, daß sich mit Ausbruch des Korea-Konflikts in der ganzen Welt eine entscheidende Wandlung in wirtschaftspolitischer Hinsicht vollzogen hat,

(erneute Zustimmung bei der CDU)

mit der alle Völker Europas und in Übersee fertig werden müssen und die in keiner Weise eine Einzelerscheinung in unserem Bundesgebiet ist.

(Wiederholte Zustimmung bei der CDU.)

Ich habe mir die Mühe gemacht, einmal die Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers vom 20. September 1949 durchzusehen und sie daraufhin zu überprüfen, ob und inwieweit man sich an die damals gegebene Zielsetzung gehalten hat. Im Vordergrund der Regierungserklärung stand der Satz:
Das Streben nach Linderung der Not, nach sozialer Gerechtigkeit, wird der oberste Leitstern bei unserer gesamten Arbeit sein
— und, meine Damen und Herren, ist es bis heute geblieben.

(Zurufe von der SPD.)

Insbesondere wurden von dem Herrn Bundeskanzler, als wichtige soziale Aufgaben herausgestellt einerseits das Problem einer besseren Verteilung der Vertriebenen innerhalb unseres Bundesgebiets und andererseits das Problem der nachdrücklichen Förderung des Wohnungsbaues.

(Sehr richtig! hei der CDU.)

Wir haben im vergangenen Jahre 250 000 Vertriebene aus den Flüchtlingsländern in die übrigen Länder umgesiedelt und sind dabei, in diesem Jahre nach unserm neuen Umsiedlungsgesetz wiederum 300 000 Vertriebene aus den Flüchtlingsländern umzusiedeln,

(Zuruf von der SPD: Glauben Sie das?)

so daß allein in zwei Jahren über eine halbe Million Vertriebene aus den Flüchtlingsgebieten umgesiedelt werden.

(Sehr gut! bei der CDU.)

Also ist dieses Ziel, das sich die Bundesregierung gesteckt hat, in voller Durchführung begriffen. Jeder Sachverständige weiß, daß sich solche Dinge, wenn Wohnungen gebaut und Arbeitsstätten geschaffen werden müssen, nicht von heute auf morgen oder auch nur von Monat zu Monat lösen lassen.
Was denn Wohnungsbau angeht, so ist durch das Erste Wohnungsbaugesetz festgelegt worden, daß für unsere Wohnungsuchenden, die zum Teil noch in Höhlen und Kammern wohnen, jährlich 300 000 Wohnungen geschaffen werden. 300 000 haben wir im vergangenen Jahre gebaut; 300 000 werden auch in diesem Jahre erstellt; und wir werden innerhalb von insgesamt drei Jahren annähernd eine Million der fünf Millionen fehlenden Wohnungen gebaut haben. Auch hier sind wir also in voller und erfolgreicher Durchführung unseres Programms begriffen.

(Lebhafte Zustimmung bei der CDU.)

Eines der wichtigsten Probleme, ich möchte fast sagen: das wichtigste, das zu behandeln ist, ist das Problem der Arbeitsbeschaffung. Die Bundesregierung hat in ihrer damaligen Regierungserklärung zum Ausdruck gebracht, daß dieses Anliegen für sie eines der wichtigsten sei. Auch insofern ist unsere Konzeption unverändert geblieben. Wie liegen die Dinge nun heute? Weiß man eigentlich in der Bevölkerung des Bundesgebietes, daß wir im Jahre 1936, also im Aufrüstungsjahr jenes unseligen Adolf Hitler, 11,2 Millionen beschäftigte Arbeitnehmer innerhalb des Bundesgebietes hatten und daß wir diese BeBeschäftigtenzahl allein bis zum März 1950 auf 13,3 Millionen haben steigern können?

(Lebhafte Rufe bei der CDU: Hört! Hört! — Zurufe von der SPD.)

Also 2,1 Millionen mehr waren schon im März 1950 in Arbeit und Brot, als innerhalb des Gebiets der Bundesrepublik im Jahre 1936, im Aufrüstungsjahr Hitlers, in Arbeit und Brot waren.

(Erneute Zurufe links.)



(Dr. Wuermeling)

Von März 1950 bis März 1951 hat sich diese Zahl von 13,3 Millionen auf 14,24 Millionen,

(Hört! Hört! bei der CDU)

also um fast eine weitere Million erhöht. Allein im letzten Jahre, von März zu März, sind also im Gebiet unserer Bundesrepublik eine Million Arbeitsstätten geschaffen worden.

(Lebhafter Beifall bei der CDU.)

Meine Damen und Herren, die Beschaffung von einer Million Arbeitsplätzen bedeutet bei einem Aufwand von zirka 10 000 DM je Arbeitsplatz rund 10 Milliarden DM richtig geleitete Investition, neben der diese oder jene Fehlinvestition, die hier oder da vielleicht einmal vorgekommen ist, völlig in den Hintergrund tritt und die man der Bevölkerung nicht immer allein vor Augen führen soll. Man sollte statt dessen auf die wesentlichen Dinge hinweisen. In der Frage der Beschäftigtenziffer ist als neuestes Ergebnis zu verzeichnen, daß wir im Mai dieses Jahres bereits zu einer Beschäftigtenziffer von 14 452 000 gekommen sind und damit um mehr als 1,1 Millionen höher liegen als im Frühjahr 1950. Ich frage die Herren von der Opposition: Ist das erfolgreiche Arbeitsbeschaffungspolitik oder Katastrophenpolitik, die wir getrieben haben?

(Lebhafter Beifall in der Mitte. — Abg. Dr. Greve: Die Arbeitslosen sind doch aber nach wie vor da!)

- Herr Kollege Greve, damit wollte ich mich jetzt gerade auseinandersetzen, und ich wäre sehr dankbar, wenn Sie sich einmal die Ausführungen darüber anhören würden.
Die Zahl der Arbeitslosen ist heute tatsächlich noch dieselbe wie zu Beginn der Arbeit der Bundesregierung, nämlich etwa 1 300 000. Man sollte diese Zahl aber zunächst einmal mit der Zahl der nachgewiesenen Arbeitslosen von 900 000 vergleichen, die wir im Aufrüstungsjahr Hitlers 1936 im Gebiet unserer Bundesrepublik auch noch gehabt haben.

(Hört! Hört! in der Mitte.)

Wir haben also nur 400 000 Arbeitslose mehr als im Jahr 1936, in. dem seinerzeit die Aufrüstung schon in vollem Gange war.
Ich komme nun zu der Frage, woran es liegt, daß dieser bedauerliche Grundstock von 1,3 Millionen Arbeitslosen immer noch nicht wesentlich gemindert werden konnte. Das liegt doch daran, daß ein fortdauernder Zustrom von Hunderttausenden von zusätzlichen Arbeitskräften in unser Bundesgebiet erfolgte.

(Sehr richtig! in der Mitte.)

Trotzdem ist dadurch die Zahl der Arbeitslosen nicht gestiegen, sondern durch unsere Arbeitsbeschaffungspolitik haben diese Menschen, wie ich eben schon nachgewiesen habe, in Arbeit und Brot gebracht werden können.

(Zustimmung in der Mitte.)

Wir dürfen hier nicht übersehen, daß seit dem Zusammentritt der Bundesregierung Hunderttausende von Kriegsgefangenen heimgekehrt sind. Hinzu kommt der große Kreis der Personen, der durch Zuwanderung aus dem Ostzone und aus anderen Gebieten in unser Land geströmt ist. Vor allem gehört dazu auch die gewaltige Zahl von Jugendlichen aus den geburtsstarken Jahrgängen der ersten Hitlerzeit 1934, 1935, 1936. So strömen jährlich Hunderttausende von jungen Kräften zusätzlich in den Arbeitsmarkt hinein; und sie alle müssen in Arbeit und Brot gebracht werden.
Schließlich erscheint es mir auch von besonderer Wichtigkeit, daß fast zwei Drittel dieser 1,3 Millionen Arbeitslosen auf die drei großen Flüchtlingsländer Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern entfallen. Daraus erhellt eindeutig, daß ès sich um eine strukturelle Arbeitslosigkeit handelt, die unmittelbar durch die Kriegsfolgen bedingt ist und nicht etwa das Ergebnis einer falschen Wirtschaftspolitik darstellt.

(Zurufe von der SPD.)

Wenn wir heute bereits rund 300 000 Arbeitslose weniger haben als um die gleiche Zeit im vergangenen Jahr, so ist uns das ein Beweis dafür, daß sich die Zahl der Arbeitslosen fortwährend vermindert. Ich darf Ihnen die Versicherung geben, daß es nicht nur das Ziel der Bundesregierung, sondern auch das sämtlicher Koalitionsparteien ist, diese Entwicklung mit dem allergrößten Nachdruck auch in der Zukunft zu fördern.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

Meine Damen und Herren, ich komme nun auf eine andere Frage zu sprechen, die in der öffentlichen Diskussion auch sehr viel behandelt wird, das ist die Frage des Lebensstandards unserer Bevölkerung. Das Hauptziel der Arbeit unserer Bundesregierung ist und bleibt die Besserung des Lebensstandards.

(Zurufe von der KPD: Na, na!)

Warum sagt die Opposition in den Versammlungen draußen unserer Bevölkerung nicht, daß wir um die Jahreswende 1948/49 einen Lebenshaltungsindex von 168 gehabt haben, daß also eine Teuerung um 68 % gegenüber 1938 vorgelegen hat? Und warum weist man die Bevölkerung nicht darauf hin, daß der Lebenshaltungsindex infolge der Wirtschafts-und Arbeitsbeschaffungspolitik unserer Bundesregierung, in Auswirkung der sozialen Marktwirtschaft bis zum vergangenen Sommer auf 150, auf 149, ja auf 148 heruntergedrückt worden ist?

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Lebhafte Zurufe von der SPD.)

Dadurch ist eine Erhöhung der realen Kaufkraft der breiten Massen innerhalb von anderthalb Jahren um etwa 12 % eingetreten.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Gelächter und Zurufe bei der SPD.)

Mit dieser Abwärtsbewegung des Lebenshaltungsindex ging eine Aufwärtsentwicklung der Nominallöhne parallel, die sich innerhalb dieser Zeit von etwa 125, 130 % auf etwa 150 % erhöht haben.

(Lachen und Zurufe bei der SPD.)

Wir stehen also vor der Tatsache — und das halte ich für das bedeutsamste und größte Ergebnis der Arbeit der Bundesregierung —, daß sich die fallende Kurve des Lebenshaltungsindex und die steigende Kurve des Lohnindex im vergangenen Sommer bei 150 geschnitten haben, so daß die durchschnittlichen Reallöhne der breiten Massen der Industriearbeiterschaft aus der Zeit vor dem Kriege im vergangenen Sommer effektiv wiederhergestellt waren.

(Hört! Hört! bei den Regierungsparteien. — Gelächter und Zurufe bei der SPD.)

Ich weiß nicht, ob man in einer solchen Krisenzeit wie der heutigen überhaupt noch größere Leistungen und Erfolge erzielen könnte.

(Lebhafte Zurufe von der SPD und von der KPD. — Glocke des Präsidenten.)



(Dr. Wuermeling)

Meine Damen und Herren, es ist allerdings in den letzten Monaten eine wesentlich andere Entwicklung eingetreten. Sie wird von uns lebhaft bedauert, während es leider Gottes gelegentlich den Anschein hat, als würden Sie (zur SPD) sich darüber freuen. Wenn jetzt der Lebenshaltungsindex inzwischen wieder auf 164 oder 166 gestiegen ist, so ist diese Entwicklung — das wissen wir alle, und auch Sie von der Opposition wissen es — eine ausschließliche Folge der grundlegenden Änderung der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse in der Welt seit Ausbruch des Korea-Konfliktes.

(Lebhafte Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

Wenn das nicht so wäre, müßte ja eine solche Entwicklung nur bei uns in Deutschland eingetreten sein. Aber sie ist nicht nur bei uns eingetreten, sondern, wie ich Ihnen ohne weiteres nachweisen kann, in sämtlichen Ländern der Welt, und zwar dort in noch viel stärkerem Ausmaße als bei uns in der Bundesrepublik.

(Sehr richtig! bei der CDU.)

Darf ich Ihnen dazu einmal einige Zahlen mitteilen, die nicht von uns und nicht von der Bundesregierung und überhaupt nicht in Deutschland errechnet worden sind, sondern von einer internationalen Organisation, nämlich der Internationalen Arbeitsorganisation — International Labour Organisation (ILO) —, einer der Unterorganisationen der Vereinten Nationen. Dort sind die Steigerungen der Lebenshaltungskosten in den einzelnen Ländern, vor allem in Europa, für die Zeit seit Ausbruch der Korea-Krise bis zum Anfang des Jahres 1951 errechnet worden. Es ergeben sich folgende wirklich sehr interessante Ziffern. Die Lebenshaltungskostensteigerung betrug in diesem Zeitraum z. B. in Österreich 20 %, in Belgien 10 %, in Dänemark 10 %, in Finnland 23 %, in Frankreich 15 %, in Griechenland 11 %, in Luxemburg 11 %, in Italien 7 %, in Norwegen 13 %, in Schweden 11 % in den Vereinigten Staaten 9 %, und nur die Bundesrepublik, Großbritannien und die Schweiz stehen mit 5, 4 und 3 % weit unter dem Steigerungssatz der Lebenshaltungskosten in allen anderen Ländern.

(Hört! Hört! bei den Regierungsparteien.)

Und da kommt man her und schiebt der Erhardschen sozialen Marktwirtschaft die Schuld an der Steigerung unserer Lebenshaltungskosten in die Schuhe!

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der SPD: Haben Sie auch Zahlen über die Einkommensschichtung?)

— Auch darauf komme ich noch.
Was im übrigen die Lebenshaltung der breiten Massen angeht, so lassen sich auch darüber einige nicht uninteressante Angaben machen. Wenn der Verbrauch an Fleisch, Fett, Obst und Südfrüchten sowie Trinkvollmilch je Kopf der Bevölkerung vom Ernährungswirtschaftsjahr 1948/49 auf 1949/50 — die Zahlen für das letzte Jahr liegen uns jetzt noch nicht vor — erheblich gestiegen ist, dann scheint mir das ein Beweis dafür zu sein, daß auch die Kaufkraft der breiten Massen in dieser Zeit erheblich gestiegen ist.

(Sehr richtig! bei den Regierungsparteien. — Widerspruch und Unruhe bei der SPD.)

Es ist z. B. gestiegen: der Fleischverbrauch von 17,8
auf 29,5 kg je Kopf, der Fettverbrauch von 9,3 auf
16,1 kg je Kopf, der Verbrauch an Obst und Südfrüchten von 23,1 auf 34 kg und an Trinkvollmilch
von 71 auf 97,4 1. Dabei wird doch wohl nicht geltend gemacht werden können, daß dieser erhöhte Verbrauch an Trinkvollmilch etwa nur durch die besitzenden Schichten, vielleicht durch Milchkuren oder so etwas, bedingt sei, sondern jedermann weiß, daß dieser Milchverbrauch und ebenso auch dieser Fleischverbrauch nur ein Verbrauch durch die breiten Massen im weitesten Umfange sein kann, wenn eine solche Erhöhung der Prozentsätze eingetreten ist.
Da die Erhöhung der Lebenshaltungskosten, von der ich vorher sprach, auch bei uns im Lande eingetreten ist, bitte ich, mir zu gestatten, hier einmal einen Satz aus einer früheren Bundestagssitzung zu zitieren. Dieser Satz lautet folgendermaßen:
Die Aufwendungen für die großen Militärlasten und damit die Verringerung des Anteils der arbeitenden Menschen am Sozialprodukt, die Senkung der Lebenshaltung ganzer Völker, sie sind doch im letzten Grunde das Ergebnis der sowjetischen Militär- und Rüstungspolitik.
Mit diesen Worten hat der Führer der sozialdemokratischen Oppossition, Herr Dr. Schumacher, in unserem Bundeshause hier selbst in aller Ausdrücklichkeit anerkannt, daß die derzeitige Situation in der gesamten Welt eine Verschlechterung des Lebenstandards der breiten Massen aller Völker leider Gottes zur Folge haben muß. Es wäre recht gut, wenn sich die sozialdemokratische Partei in ihren Versammlungen draußen im Lande auch gelegentlich einmal dieses Satzes ihres Vorsitzenden erinnerte und nicht immer behauptete, daß die Dinge nicht vom Kommunismus und von Korea, sondern lediglich von der verfehlten Wirtschaftspolitik des Herrn Ministers Erhard kämen.

(Abg. Dr. Schumacher: Das ist einfacher Quatsch! — Weitere Zurufe von der SPD.)

— Herr Kollege, ich nehme an, daß Sie Ihre eigene Äußerung doch nicht als so etwas bezeichnen wollen.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Schumacher: Wo habe ich das gesagt? — Wo?)

— Das ist ein wörtliches Zitat aus dem Bundestagsprotokoll vom 9. März 1951.

(Abg. Dr. Schumacher: Zusammenhang, bitte! — Zusammenhang, bitte!)

- Anläßlich der Debatte über die Antwort an Grotewohl.

(Abg. Dr. Schumacher: Zusammenhang, bitte!)

— Der Satz davor lautet:
Die Auslösung der großen Aufrüstungswelle in der ganzen Welt ist doch durch den sowjetischen Militarismus erfolgt.

(Abg. Dr. Schumacher: Richtig!) Und dann folgt der eben verlesene Satz:

Die Aufwendungen für die großen Militärlasten und damit die Verringerung des Anteils der arbeitenden Menschen am Sozialprodukt, die Senkung der Lebenshaltung ganzer Völker, sie sind doch im letzten Grunde das Ergebnis der sowjetischen Militär- und Rüstungspolitik.

(Starker Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Schumacher: Das entschuldigt doch nicht die Bundesregierung! Sie zitieren aus einer gemeinsamen Kundgebung gegen den Kommunismus. Aber: Was man nicht definieren kann, das sieht man als Korea an!)



(Dr. Wuermeling)

Ich möchte noch die Entwicklung der Industrieproduktion innerhalb des Bundesgebiets hervorheben. Es wird Ihnen bekannt sein, daß wir zur Zeit der Währungsreform ein Produktionsvolumen von etwa 50 % des Jahres 1936 hatten. Es wird Ihnen aber auch weiter bekannt sein, daß diese 50 % sich bis zum Januar 1949 auf 77 %, bis zum Januar 1950 auf 89 %,

(Unruhe — Glocke des Präsidenten)

zum Januar 1951 auf 117 % gesteigert haben und daß der Produktionsindex jetzt im April mit 132 % seinen bisherigen Höchststand erreicht hat.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.) Das besagt, daß wir jetzt in der Bundesrepublik mehr als zweieinhalbmal soviel wirtschaftliche Produktion leisten als Mitte des Jahres 1948 und daß wir fast ein Drittel Produktion mehr schaffen, als im Aufrüstungsjahr Hitlers, 1936, im Bundesgebiet geschaffen werden konnte.


(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

Es ist vielleicht nicht uninteressant, auch einmal Zahlen über einzelne Industriezweige und ihre Entwicklung zu hören und zu erfahren, daß der Eisenerzbergbau sein Produktionsvolumen gegenüber 1936 auf 162 % erhöht hat, die Erdölgewinnung auf 289 %, der Fahrzeugbau auf 195 %, die Elektrotechnik auf 319 %, die Feinmechanik auf 165 %, die Mineralölverarbeitung auf 167 %, die Hohlglasherstellung auf 230 % und, was ganz besonders interessant ist, die Elektrizitätserzeugung auf 205 %, alles im Verhältnis zum Aufrüstungsjahr 1936.

(Hört! Hört! bei den Regierungsparteien.) Das sind die Auswirkungen unserer „Katastrophenpolitik", ein wirtschaftlicher Aufstieg, wie man ihn selbst bei kühnsten Hoffnungen im Jahre 1945 oder 1948 niemals erwartet hätte.


(Beifall bei der CDU.)

Dazu gehört nun noch ein kurzer Blick auf die Entwicklung unseres Außenhandels.

(Zurufe von der SPD.)

Sie wissen, daß wir darauf angewiesen sind, uns im weiten Umfange durch Einfuhren Rohstoffe und Lebensmittel zu beschaffen,

(Abg. Renner: Und Kohlen!)

daß wir aber in die Notwendigkeit versetzt sind,
diese Einfuhren durch eigene Exporte zu bezahlen. Wie ist nun die Entwicklung hier unter der
Führung der Bundesregierung bzw. des Herrn
Professors Erhard gewesen? Während wir im Sommer 1948 ein Ausfuhrvolumen von etwa 200 Millionen DM monatlich hatten, hatten wir im April
1951 ein Ausfuhrvolumen von 1 155 000 000 DM,

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien)

also fast eine Versechsfachung der- Ausfuhr gegenüber dem Jahre 1948.
Meine Damen und Herren! Die Entwicklung der Einfuhr, die demgegenüber in den Zeiten vorher immer wesentlich höher war als die Ausfuhr, ist so gewesen, daß wir im April dieses Jahres zum ersten Male mit einer Ausfuhrhöchstleistung von 1,15 Milliarden eine aktive Handelsbilanz unserer Bundesrepublik erzielt haben

(Beifall bei den Regierungsparteien)

und damit dem Ergebnis, das erreicht sein muß, wenn der Marshall-Plan abläuft, ein wesentliches und entscheidendes Stück nähergekommen sind.

(Zurufe von der SPD.)

All das sind Dinge, die das Volk offenbar nicht wissen darf, weil mit der Kenntnis dieser Umstände eine entsprechende Beurteilung unserer wirtschaftspolitischen Konzeption einherlaufen

(Beifall bei den Regierungsparteien)

und damit der Zusammenbruch der aus dem vergangenen Jahrhundert stammenden marxistischen Wirtschaftstheorie offenbar werden würde.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Lachen und Zurufe von der SPD.)

Zum Außenhandel noch einiges mehr.

(Unruhe bei der SPD.)

Während wir 1949 57 % unserer Einfuhr durch eigene Ausfuhren finanzieren konnten, stieg dieser Prozentsatz der Eigenfinanzierung im Jahre 1950 bereits auf 82 %, so daß wir nur noch zu 18 % auf ausländische Hilfe, auf ausländische Fremdfinanzierung angewiesen waren. Weiter ist vielleicht interessant, daß unser Export sich von 1949 auf 1950 allein mehr als verdoppelt hat, während die Einfuhrsteigerung in dieser Zeit nur etwa 45 % betrug, so daß dadurch die Annäherung der Exportziffern und der Importziffern in gleicher Weise gefördert wurde. Wenn man weiter hört, daß unsere Ausfuhr im Jahre 1948 sich nur zu 17 % auf Fertigwaren erstreckte, während im Jahre 1950 statt der 17 % bereits 70 % Fertigwaren ausgeführt wurden, dann scheint mir das ein Erfolg der Liberalisierung des Außenhandels zu sein, wie ihn sich vor einem oder zwei Jahren wohl kaum jemand hätte träumen lassen.

(Zuruf von der SPD: Reden Sie doch nicht so viel dummes Zeug!)

Ich möchte noch einige wenige Sätze über die Finanzpolitik der Bundesregierung und vor allem unseres Bundesfinanzministers sagen, weil die Einkommensteuerreform des Jahres 1950 immer wieder in ganz besonderem Maße zum Gegenstand des politischen Kampfes, ich möchte eigentlich richtiger sagen, zum Gegenstand politischer Verhetzung gemacht wird. Was die im Jahre 1950 beschlossenen Einkommensteuertarife angeht, so wissen Sie genau so gut wie wir, daß auch Sie im Wirtschaftsrat im Jahre 1948 diesen Tarifsätzen Ihre Zustimmung gegeben haben, den Tarifsätzen, die Sie heute als unsozial vor der Bevölkerung bekämpfen.

(Sehr richtig! — Hört! Hört! bei den Regierungsparteien.)

Wenn Sie für eine Wiederherstellung der alten, höheren Steuertarife kämpfen, dann kämpfen Sie für jene Sätze, die in der Linie der früheren Morgenthaupolitik zur Erdrosselung der deutschen Wirtschaft festgelegt worden sind. Ich nehme an, daß Sie doch nicht das Ziel haben, bei uns solche Wirtschaftseffekte zu erzielen.

(Unruhe bei der SPD.)

Meine Damen und Herren! Und dann dieses Märchen von dem „Millionen-Geschenk", von den 900 Millionen, die den Großkapitalisten durch diese Einkommensteuerreform geschenkt worden sein sollen.
Wie haben sich denn die Dinge in Wirklichkeit entwickelt? Nach der Abrechnung, die uns der Herr Finanzminister neulich hier im Hause gegeben hat, sind es ganze 165 Millionen DM, die im zweiten Halbjahr 1950 an veranlagter Einkommensteuer weniger eingegangen sind als in dem entsprechenden Halbjahr des Vorjahres. So zerplatzt geradezu diese Seifenblase von dem 900-Millionen-Geschenk,


(Dr. Wuermeling)

ganz abgesehen davon, daß ja bei dieser Senkung um die 165 Millionen DM nicht nur die „Großverdiener", sondern alle Veranlagten, auch die Bauern, die Mittelständler und die freien Berufe, berücksichtigt worden sind. So bleibt also eigentlich so gut wie nichts mehr von dieser ganzen These, die nur zur Förderung des Klassenkampfes bestimmt ist, übrig.

(Zurufe von der SPD.)

Eines dürfen wir noch mit ganz besonderer Anerkennung feststellen — und ich freue mich, daß der Herr Finanzminister jetzt gerade anwesend ist —: wir haben so viel über die Steuerschätzungen gesprochen — zu hoch, zu niedrig, falsch, leichtfertig usw. —, und welches Ergebnis hat uns der Herr Finanzminister neulich von der Tribüne dieses Hauses aus vorführen können? 9,734 Milliarden hatte der Minister in unserem Haushaltsplan veranschlagt, und 9,870 Milliarden sind eingegangen, also 136 -Millionen mehr, als veranschlagt war.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Diese Veranschlagung mußte in einem Zeitpunkt erfolgen, als der Eingang noch nicht feststand, sogar in einem Zeitpunkt, als wir wußten, daß das erste Halbjahr des Rechnungsjahres uns nur 44 % der veranschlagten Steuerbeträge eingebracht hatte, als wir also unterstellen mußten, daß die fehlenden 6 % im zweiten Halbjahr nachgeholt würden. Das Vertrauen in unsere wirtschaftliche Entwicklung hat sich gerechtfertigt; die 6 % sind nachgeholt worden, und wir haben die veranschlagte Summe sogar noch überschritten, ohne daß dabei irgendwelche Steuererhöhungen ernsten Ausmaßes einkalkuliert worden wären.

(Sehr richtig! in der Mitte.)

Dann einen kurzen Blick auf das Gebiet der Sozialpolitik. Wir sind ja eine solch „unsoziale Regierungskoalition",

(Zurufe und ironischer Beifall bei der SPD)

die überhaupt keinen Sinn für die Not der breiten Massen hat.

(Anhaltende Zurufe von der SPD.)

Was haben wir denn auf diesem Gebiete in den letzten zwei Jahren geleistet? Aufbauend auf den Rentenerhöhungen durch das SozialversicherungsAnpassungsgesetz, das ja unter unserer Führung im Jahre 1949 erlassen wurde, und zwar bei der Invalidenrente um 33 %, bei der Witwenrente um 50 %, bei der Waisenrente um 78 %, in der Angestelltenversicherung bei den Ruhegeldern um 19 %, bei den Witwenrenten um 32 % und bei den Waisenrenten um 22 %, aufbauend auf diesen damals schon erheblich erhöhten Sätzen ist nun — und zwar rückwirkend vom 1. Juni dieses Jahres — die von uns allen lang ersehnte durchschnittlich 25%ige Rentenerhöhung für die Invalidenrentner endlich im Werden. Auch das scheint mir eine besondere soziale Leistung zu sein. Die Mittel für diese Erhöhung der Renten sind doch nur auf der Grundlage des gehobenen Status aufzubringen, den unsere Wirtschaft inzwischen infolge der sozialen Marktwirtschaft erreicht hat, mit der die Dinge gestaltet wurden.

(Zustimmung in der Mitte. — Zurufe von der SPD.)

Meine Damen und Herren, wenn Sie vielleicht noch einige wenige Zahlen über den Sozialaufwand interessieren, der in den letzten Jahren im Bundesgebiet für die notleidenden Schichten gemacht wurde, dann merken wir uns vielleicht einmal alle — jetzt rede ich von Bund, Ländern und Gemeinden zusammen, weil sonst die Dinge über die einzelnen Jahre nicht vergleichbar sind —, daß
an sozialen Kriegsfolgelasten im Jahre 1948/49
2,06 Milliarden DM, im Jahre 1949/50 3,18
Milliarden DM, im Jahre 1950/51 3,85 Milliarden
DM, und an sonstigen Soziallasten in den drei
Jahren 1,73 Milliarden DM, 2,53 Milliarden DM
und 3,13 Milliarden DM aufgebracht wurden, daß
also an sozialen Kriegsfolgelasten und an sonstigen
Soziallasten insgesamt in steigender Summe 3,79
Milliarden DM, 5,71 Milliarden DM und im Jahre
1950/51 fast 7 Milliarden DM aufgebracht wurden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Sind das soziale Leistungen unter Führung der Bundesregierung oder ist das Katastrophenpolitik auf Kosten der ärmeren Volksschichten?

(Zustimmung in der Mitte. — Zuruf von der SPD: Propaganda! — Weitere Zurufe von der SPD.)

Meine Damen und Herren, auch ein Blick auf die landwirtschaftliche Produktion, die wir bei einem Gesamtüberblick über die inneren Angelegenheiten nicht vergessen dürfen: Die Ernteerträge in der Bundesrepublik betrugen 1946 63 % des Durchschnittes der Jahre 1935/39. Im Jahre 1949 waren es bereits über 80 % des Durchschnitts von 1935/39, und im Jahre 1950 haben unsere deutschen Bauern bereits 110 % der Durchschnittsleistung der Jahre 1935/39 erarbeitet.

(Lebhafter Beifall in der Mitte.)

Auch hier frage ich: Ist das Katastrophenpolitik, ist das Abstieg, oder ist das Stärkung unserer inneren Leistungskraft und Vermeidung der Einfuhr von Lebensmitteln, auf die wir in der Vergangenheit in gesteigertem Maße angewiesen waren?
Nur am Rande — nicht, weil ich es nicht für wichtig hielte, sondern weil die Zeit drängt — sei erwähnt, welche besonders bedeutsamen Gesetze wir unter Führung dieser Bundesregierung in den letzten Jahren verabschiedet haben. Ich erinnere in erster Linie an das Kriegsopferversorgungsgesetz, durch das endlich ein einheitliches und im großen und ganzen wesentlich verb essertes Kriegsopferversorgungsrecht in ganz Deutschland mit einem erheblichen Mehraufwand an Mitteln erreicht werden konnte. Wir haben weiter das Gesetz zu Art. 131 verabschiedet, mit dem Hunderttausenden von bis- her entrechteten öffentlichen Bediensteten wieder eine geordnete Rechtsstellung gegeben wurde. Dazu war eine gewaltige Kraftanstrengung des Bundes erforderlich, da etwa 750 Millionen DM jährlich für diesen Zweck aufgebracht werden müssen.
Mit besonderer Freude weise ich auch darauf hin, daß es gelungen ist, das Mitbestimmungsgesetz im Bereich von Eisen und Kohle vor einiger Zeit hier über die Bühne zu bringen und damit ein wesentliches Ziel der Sozialpolitik der CDU/CSU auf diesem Gebiete zu verwirklichen.

(Zuruf von der SPD: Sie schmücken sich mit fremden Federn!)

Im übrigen hat die Bundesregierung das außerordentlich schwierige Problem des Lastenausgleichs in Angriff genommen und bereits vor einiger Zeit dem Hohen Hause einen fertigen Entwurf vorgelegt,

(Zuruf von der SPD: Höchste Zeit!)

den zu verabschieden jetzt unsere Aufgabe ist. Also
auch auf diesem schwierigsten aller Gebiete hat
man trotz all der sonstigen Sorgen, Schwierigkeiten


(Dr. Wuermeling)

und Nöte nicht geruht, sondern den Dingen ihren Fortgang gegeben.

(Zurufe von der SPD.)

Wenn uns in der innenpolitischen Arbeit bisher noch ein Wunsch offen geblieben ist, dann ist es der, daß wir als CDU/CSU es bisher in dem Hohen Hause noch nicht haben durchsetzen können, daß ein entsprechender sittlicher Schutz unserer deutschen Jugend in der Öffentlichkeit gegenüber Literatur und Film usw. gewährleistet wird.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Aber da können wir leider gegenüber der Öffentlichkeit immer wieder nur darauf hinweisen, daß wir in diesen Fragen, bei denen es um das letzte geht, als CDU/CSU mit der kleinen Splitterpartei des Zentrums in diesem Hause fast ganz allein stehen und daß es uns lediglich deshalb, weil wir nicht über mehr Stimmen verfügen, nicht möglich gewesen ist, die Jugend in unserem Vaterlande so zu schützen, wie es besonders unter den heutigen Verhältnissen geboten ist.

(Abg. Dr. Schmid [Tübingen] : Am liebsten würden Sie sie einsperren! — Abg. Renner: Ihr gebt ihnen wieder Uniformen')

Ich muß noch an die großen Leistungen erinnern, die von der Bundesrepublik für unseren kämpfenden Vorposten Berlin aufgebracht worden sind. Im Jahre 1948 haben wir vom Bundesgebiet her 219 Millionen DM nach Berlin leiten können, im Jahre 1949/50 430 Millionen DM und im Jahre 1950/51 bereits 540 Millionen DM. Das sind mehr als eine halbe Milliarde Mark aus Haushaltsmitteln in einem Jahr für das tapfer kämpfende Berlin. Auch hier fragen wir: Ist das eine Leistung unserer selbst schwerstens ringenden Bundesrepublik, oder ist das auch „Katastrophenpolitik", wie Sie es darzustellen belieben?

(Zuruf von der SPD: Das ist Propaganda!)

Meine Damen und Herren! Meine Redezeit ist abgelaufen. Ich könnte diese Darlegungen auf den verschiedensten Gebieten noch vertiefen und noch mit ganz anderen Belegen kommen. Hierzu bietet sich vielleicht später einmal Gelegenheit. Eines möchte ich zum Schluß in diesem Zusammenhang noch einmal kurz streifen, die Frage des Verhältnisses zwischen der Opposition und den Regierungsparteien hier im Hause und draußen im Lande. Ich hatte die Ehre, bereits vor einigen Tagen hier auszuführen, daß die Regierungsparteien ebenso wie die Bundesregierung für jede Kritik an ihrer Arbeit, wenn sie ehrlich und sachlich und mit dem Ziel, dem Wohl des Vaterlandes zu dienen, geübt wird, aufrichtig dankbar sind. Wir müssen uns jedoch, zumal angesichts der soeben hier vorgetragenen Tatsachen, dagegen verwahren, daß lediglich deshalb, weil es bei den letzten Wahlen nicht gelungen ist, an die Macht zu kommen, die Bundesregierung und die Regierungsparteien vor der Bevölkerung in einer Weise herabgesetzt werden, daß die Grundlagen unseres demokratischen Zusammenlebens geradezu gefährdet werden.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Erinnern Sie sich doch, daß es in früheren Zeiten schon einmal eine Opposition gegeben hat, die sich insbesondere auf außenpolitischem Gebiet auch als sogenannte „nationale Opposition" gebärdet hat.

(Abg. Dr. Schumacher: Werden Sie nicht frech!)

Und wer hat seinerzeit die Früchte dieser Opposition des Herrn Hugenberg geerntet? Nicht der Herr Hugenberg,

(Abg. Dr. Schumacher: Jetzt die CDU!) sondern der Herr Hitler. Und wenn eine Oppositionspartei heute versucht, auf außenpolitischem Gebiet die gleiche Fanfare zu blasen, dann wird nicht Herr Dr. Schumacher derjenige sein, der die Früchte einer solchen Opposition erntet,


(Zurufe von der SPD)

sondern die Nutznießer einer solchen Opposition werden Herr Remer, Herr Grotewohl und Herr Stalin sein.

(Abg. Dr. Schumacher: Das sind Vergleiche! — Fortdauernde erregte Zurufe von der SPD. — Unruhe.)

Meine Damen und Herren!

(Abg. Dr. Schumacher: Armseliges Geschwätz! — Weitere Zurufe von der SPD und andauernde Unruhe.)

Ich habe am Schluß lediglich noch eine besondere Verpflichtung zu erfüllen. Ich habe unserer Bundesregierung den aufrichtigen Dank nicht nur unserer Partei, nicht nur der Regierungsparteien, sondern des ganzen deutschen Volkes für das zu sagen, was unter ihrer Führung in den letzten zwei Jahren in Deutschland geleistet worden ist.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

Dieser Dank gilt insbesondere auch unserem Finanzminister, der das undankbarste Amt in der Bundesrepublik zu erfüllen hat, der sich aber in den vergangenen Jahren als der Garant unserer deutschen Währung bewährt hat. Dieser Dank gilt weiter insbesondere unserem Wirtschaftsminister Erhard, dessen wirtschaftspolitische Konzeption letzten Endes die Grundlage für die Ihnen soeben vorgetragenen Ergebnisse gewesen ist. Unser Dank gilt neben allen anderen Bundesministern in allererster Linie unserem Bundeskanzler Dr. Adenauer, der sich in seinem hohen Alter von 75 Jahren, aber mit steter Jugendfrische noch für unser deutsches Volk aufopfert. Wir geben vor dem deutschen Volk das Versprechen ab, daß wir unserer Bundesregierung auf ihrem Wege folgen werden, zum Wohle unseres Vaterlandes und unserer Heimat.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0115102600
Meine Damen und Herren, ich habe eben wiederholt Beanstandungen gehört, daß die Redezeit abgelaufen sei. Ich habe nicht den Eindruck, daß ich in den vergangenen Wochen bei Rednern der großen Fraktionen ein besonderes Maß von Enge bewiesen habe. Ich bitte, das auch heute freundlichst zur Kenntnis nehmen zu wollen.
Das Wort hat der Abgeordnete Schoettle.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0115102700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, welche Absichten der Herr Kollege Wuermeling bei seiner Rede gehabt hat. Wenn er die Frage an mich richten würde, was ich von seiner Rede halte, dann würde ich ihm sagen: es war die hemdärmeligste Propaganda, die ich je in diesem Parlament erlebt habe.

(Beifall bei der SPD.)

Wenn das der Beginn des Kreuzzuges für die
Wahrheit ist, den Herr Kollege Wuermeling kürzlich angekündigt hat, dann kann sich die deutsche


(Schoettle)

Öffentlichkeit auf einiges gefaßt machen, was man nicht mehr gut mit parlamentarischen Ausdrücken belegen kann.

(Abg. Dr. Wuermeling: Wo habe ich denn die Unwahrheit gesagt?)

— Meine Herren, es gibt so eine Art von Interpretation und Färbung der Wahrheit, die verzweifelte Ähnlichkeit mit-dem Gegenteil der Wahrheit hat. Der Herr Kollege Wuermeling hat hier den Versuch gemacht, das Lob der Bundesregierung in
einer Weise zu singen, die den Eindruck erweckte, als ob außer der Regierung nichts vorhanden wäre und nichts getan worden wäre. Meine Damen und Herren, wir kennen die Melodie. Sie lautet immer wieder: Die Regierung ist a priori das Gute, das Leistungsfähige, und die Opposition ist a priori das Negative.

(Große Unruhe. — Zurufe von der Mitte: Leider!)

Weil die Opposition Ihnen nicht paßt und Ihnen Dinge sagt, die Ihnen nicht passen — manchmal Dinge, die viele von Ihnen innerlich selber fühlen und nur nicht wagen laut auszusprechen —, deshalb müssen Sie hier diese Töne reden.

(Beifall bei der SPD.)

Ich bin nicht hierhergekommen, um mit Herrn Kollegen Wuermeling zu polemisieren. Ich habe mir vorgenommen, mich mit einigen Fragen zu beschäftigen, die der Haushaltsplan und die Periode, die wir auf diesem Gebiete erreicht haben, aufwerfen. Aber da der Herr Kollege Wuermeling sich ein sehr umfangreiches Manuskript aufgebaut hat und ich jetzt nicht mit seinen Zahlen in Wettbewerb treten kann,

(Zuruf von der Mitte: Können Sie auch nicht!)

erstens weil ich kein Wirtschaftspolitiker bin, und zweitens weil ich nicht die Absicht habe, hier sämtliche Statistiken vorzulesen und sie in dem Sinne zu interpretieren, wie es der Regierung paßt, muß ich mich auf einige Bemerkungen beschränken.
Eine Bemerkung generell, meine Damen und Herren. In diesem Hause mag es, da eine Mehrheit bereit ist, Beifall zu klatschen, leicht möglich sein, mit solchen rhetorischen Leistungen, wie sie Herr Wuermeling vollbracht hat, eine akustische Resonanz zu erzielen, die bei der Übertragung nach draußen schließlich den Eindruck erweckt, daß Sie alle sehr stand- und kapitelfest hinter dieser Regierung stehen, während wir weiß Gott wissen, daß es zum Teil ganz anders aussieht. Wir wissen ja, was hinter den Kulissen der Regierung nicht nur an kleinen Intrigen, gelegentlichen Auseinandersetzungen und Scharmützeln, sondern auch an echten politischen, ökonomischen und anderen Gegensätzen-vorhanden ist. Tun Sie also doch nicht so, als ob die Regierung und ihre Koalition ein rocher de bronze sei, an dem kein Fehler und nicht das kleinste Rißchen zu entdecken sei.

(Zuruf von der Mitte: Wir haben uns geeinigt, aber wir sind nicht gleichgeschaltet!)

— Was die Einigung betrifft, so wollen wir doch sehen, ob sie noch andere Stürme aushält.
Meine Damen und Herren, ich kann dem Herrn Kollegen Wuermeling versichern, daß seine heutige rhetorische Leistung, wenn sie schwarz auf weiß gedruckt nach draußen käme oder in öffentlichen Versammlungen, vor allem vor den Massen der arbeitenden Menschen, vorgetragen würde, eine
ganz andere Wirkung erzielen würde als hier im Bundestag.

(Beifall bei der SPD.)

Denn es wäre eine Täuschung, Herr Kollege Wuermeling, wenn Sie annehmen wollten, daß die Unzufriedenheit draußen im Volk lediglich dem Wirken der bösen Opposition zuzuschreiben sei. Es gibt einige sehr reale Ursachen, die die Menschen da und dort zu Verzweiflungshandlungen treiben.

(Sehr richtig! bei der SPD.)

Es gibt eine materielle Not, die das Handeln von Millionen von Menschen diktiert, und die können Sie mit Ihren statistischen Kunststücken nicht beseitigen.

(Abg. Dr. Wuermeling: Haben wir die herbeigeführt?)

Wir haben in den letzten Wochen und Monaten eine Welle von Preissteigerungen erlebt. Sie wissen, daß es so ist, und Sie wissen, welches die Wirkungen auf die Lebenshaltung der breiten Massen der Bevölkerung sind.
Sie können auch nicht leugnen — Herr Kollege Wuermeling hat das einfach dadurch aus der Welt zu schaffen versucht, daß er nicht davon gesprochen hat —, daß die sozialdemokratische Opposition
— ich spreche jetzt nur von der Sozialdemokratie
— keineswegs ganz unschuldig an dem ist, was der Herr Kollege Wuermeling als Erfolge der Regierung bezeichnete. Es gibt da einige Dinge, auf die Sie in Ihrer Rede besonders stolz waren, die die Opposition nicht ganz unmaßgeblich mit beeinflußt hat. Ich will ganz und gar nicht sehr lange davon reden, lieber Herr Kollege Wuermeling, daß das, was Sie als die große Leistung des Augenblicks bezeichnet haben, die 25%ige Erhöhung der Sozialrenten, ja auch eine Vorgeschichte hat.

(Sehr gut! bei der SPD.)

Dreimal sind in diesem Hause die sozialdemokratischen Anträge niedergestimmt worden.

(Sehr wahr! bei der SPD.)

Das läßt sich nicht leugnen. Aber es läßt sich auch nicht leugnen, daß die Erhöhung der Sozialrenten nicht erst am 1. Juli 1951 fällig war, sondern daß sie schon lange fällig ist.

(Lebhafter Beifall bei der SPD.)

Sie kennen auch nicht die Stimmung in den Kreisen der Betroffenen.
Im übrigen, da ich mich auf das Herauspicken einzelner Fälle beschränken muß: Herr Kollege Wuermeling hat davon geredet, welche großen Leistungen auf dem Gebiete der Flüchtlingsumsiedlung durch die Bundesregierung und ihre Koalition erreicht worden seien. Sollte es ihm ganz unbekannt sein, daß die Initiative zum Flüchtlingsumsiedlungsgesetz von der sozialdemokratischen Fraktion ausging? Das dürfte Ihnen doch nicht unbekannt sein! Auch nicht, -daß der Einfluß der sozialdemokratischen Fraktion bei der Festsetzung der Quoten und bei dem Tempo, in dem diese Maßnahmen durchgeführt wurden, entscheidend war. Ebenso dürfte Ihnen nicht ganz unbekannt sein, Herr Kollege Wuermeling, daß das Erste Wohnungsbaugesetz,- auf das Sie mit Recht stolz sind — und wir auch —, nicht ohne Mitwirkung der sozialdemokratischen Opposition, ja man kann sagen, nicht ohne ihren maßgeblichen Einfluß, nicht ohne den maßgeblichen Einfluß unserer Kollegen im Wehnungsbauausschuß, insbesondere unseres


(Schoettle)

verstorbenen Kollegen Klabunde, zustande gekommen wäre!

(Lebhafter Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Wuermeling: Wird ja hier gar nicht bestritten!)

— Herr Kollege Wuermeling, Sie haben so getan, als ob Sie diesen Ruhm der parlamentarischen Arbeit allein an die Fahne der Regierungskoalition heften könnten, weil das gerade so in Ihr propagandistisches Konzept paßt, das da lautet: Die Opposition hat nichts getan, die Opposition ist negativ, und die Regierung hat geradezu eine Titanenarbeit geleistet! Wir bestreiten nicht, daß die Regierung Arbeit geleistet hat; dazu ist sie ja schließlich da, meine Damen und Herren.

(Abg. Dr. Wuermeling: Also, dann kommen wir uns schon näher!)

Was wir an der Arbeit der Regierung aber kritisieren, ist, daß sie viele Dinge zu spät und nur unvollkommen tut!

(Beifall bei der SPD.)

Sie haben die alte Methode angewandt, einzelne Tatbestände zusammenzutragen, die zweifellos vorhanden sind und die man nicht leugnen kann, ohne auf die Quellen und die Urheber hinzuweisen, dann einen Strich darunter zu machen, zu addieren und zu sagen: „das ist die Leistung der Bundesregierung!" Aber diese Methode, meine Damen und Herren, kennen wir seit den verschiedenen Arbeitsbeschaffungsprogrammen. Wir haben sie wieder erlebt beim Bundesjugendplan. Wenn man nach den großen Ankündigungen dann fragt, was letzten Endes dabei herausgekommen ist, sieht man, daß wieder einmal nur ein Berg gekreißt hat und ein Mäuslein geboren worden ist.

(Zuruf von der Mitte.)

— Sie können mich nicht beschuldigen, meine Damen und Herren, daß ich in diesem Hause irgend-wann einmal in billigen demagogischen Redensarten gemacht habe. Aber ich sage Ihnen: So, wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch wieder heraus, auch von der Seite der Opposition!

(Erneute Zurufe von der Mitte.)

Herr Kollege Wuermeling, bei Ihrem Salto mortale, den Sie bei jeder Gelegenheit während Ihrer Rede gemacht haben, wenn Sie die Leistungen der Bundesregierung und die „leider negativen" Leistungen der Opposition konfrontiert haben, ist mir das schöne Lied eingefallen, das man hinter Ihren Worten hören konnte — ich muß es leider abwandeln —: Und das hat mit ihrem Singen die Bundesregierung getan!

(Heiterkeit. — Zurufe: „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten!")

— Nicht schön, solche Lieder zu zitieren! Aber es gibt eine Grenze dessen, was man sich im Parlament erlauben sollte, und diese Grenze, Herr Kollege Wuermeling, scheinen Sie doch etwas überschritten zu haben.
Vielleicht darf ich noch einige Bemerkungen zu Ihren Statistiken machen. Sie haben die Entwicklung unseres Außenhandels hier dargestellt. Nun, niemand bestreitet, daß der Außenhandel gestiegen ist. Niemand bestreitet, daß die Produktion gestiegen ist. Aber es kommt ja auch auf den Stichtag an. Wenn Sie z. B. die Leistung der deutschen Wirtschaft vor der Währungsreform mit ihrer wachsenden Leistung nach der Währungsreform vergleichen, -Herr Kollege Wuermeling, dann sollten Sie sich auch darüber klar sein, daß Sie hier völlig unvergleichbare Größen miteinander vergleichen.

(Abg. Dr. Wuermeling: Ich habe auch spätere Vergleiche gezogen!)

— Was Ihre späteren Vergleiche anbetrifft, Herr Kollege Wuermeling, so lassen Sie mich nur zwei Zahlen nennen. Sie sagen, unsere Handelsbilanz sei zum erstenmal aktiv geworden. Warum ist sie denn aktiv geworden? Ist Ihnen nicht bekannt, daß eine sehr heftige Drosselung der Einfuhr stattgefunden hat, die das Verhältnis zwischen Einfuhren und Ausfuhren nicht ganz unmaßgeblich beeinflußt hat? Man soll doch die Dinge nicht auf den Kopf stellen!

(Zuruf von der Mitte.)

Außerdem ist nach den eigenen Angaben der Bundesregierung damit zu rechnen, daß die Einfuhr im zweiten Halbjahr 1951 unter 80 °/o der Einfuhr des zweiten Halbjahrs 1950 liegen wird.
Nun, meine Damen und Herren, ich habe gesagt, ich bin kein Wirtschaftspolitiker. Ich habe mich in diesem Parlament in erster Linie mit Fragen der Haushaltsgestaltung und -gesetzgebung beschäftigt, und ich möchte mich nicht auf ein Gebiet begeben, auf dem man mit Statistiken und mit Interpretation von Statistiken so leicht' rhetorische Erfolge erzielen kann, wie es Herr Kollege Wuermling getan. hat, nicht weil ich das Glatteis fürchte, sondern weil ich glaube, daß das unter meinem Niveau liegt.

(Beifall bei der SPD. — Zurufe von der Mitte: Oh, oh!)

Abschließend ein letztes Wort zu diesem Thema, ehe ich zu dem komme, was zu sagen ich mir selber vorgenommen hatte.

(Zuruf von der Mitte: Billiger gings nicht!)

— Ja, meine Herren, die Bewertung der Preislage ist Geschmacksache! Ich habe in, diesen Dingen meinen eigenen Geschmack bewiesen, und Sie haben mir das gelegentlich bestätigt!
Eine letzte Bemerkung zu dem Thema, das Herr Kollege Wuermeling angeschnitten hat. Die Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen, die sich auch mit der Lebenslage und der Lebenshaltung in den einzelnen Ländern beschäftigt, hat dieser Tage festgestellt, daß in der Statistik die Lebenshaltung des deutschen Volkes an zweitletzter Stelle stehe!

(Abg. Dr. Wuermeling: Woher kommt das?) Die Bundesregierung benutzt diese Feststellung, wenn es sich darum handelt, in Verhandlungen mit anderen — das ist ihr gutes Recht — bestimmte Zugeständnisse zu erlangen. Niemand bestreitet ihr dieses Recht. Niemand behauptet, meine Damen und Herren — und die Opposition hat es auch nie behauptet —, daß die Wirkungen des verlorenen Krieges und der ungeheuren Zerstörungen in unserem Lande an der Lebenshaltung der Menschen spurlos vorbeigegangen seien oder hätten vorbeigehen können. Niemand hat das behauptet. Aber eines, Herr Kollege Wuermeling, ist nach meiner Auffassung völlig unerlaubt. Wenn Sie zum Beweise Ihrer Thesen ein Zitat aus einer Rede meines Parteifreundes Schumacher heranziehen, wie Sie es hier getan haben, dann darf ich Sie doch darauf aufmerksam machen, daß Sie mit diesem Versuch, aus einer gemeinsamen Kundgebung in einer wichtigen nationalpolitischen Frage parteipolitisch Honig zu saugen, die Grundlage jeder gemeinsamen Arbeit zerstören.


(Stürmischer Beifall bei der SPD.)



(Schoettle)

Denn das Zitat, das Sie gebraucht haben, Herr Kollege Wuermeling, eignet sich, wenn Sie es nüchtern analysieren und nicht aus dem Zusammenhang herrausreißen, erstens nicht zu einer Art Rechtfertigung der Politik der Bundesregierung, und es eignet sich vor allem nicht zum Beweise dessen, daß die Opposition in wichtigen Fragen der Nation nur negativ sei. Da Sie diesen Versuch unternommen haben, wird die sozialdemokratische Fraktion sich überlegen müssen, welche Konsequenzen sie zu ziehen hat, wenn es sich in Zukunft darum handelt, in solchen Fragen zu gemeinsamen Erklärungen zu kommen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Wuermeling: Hört! Hört! — Weitere Zurufe von der Mitte. — Abg. Ehren: War denn falsch zitiert?)

- Mit einem völlig falschen Ton und mit einer völlig falschen Akzentuierung, Herr Kollege Ehren! Sie sind ja Journalist und wissen, wie man so etwas macht.

(Sehr gut! und Heiterkeit. — Zurufe.)

— Habe ich das provoziert, oder hat das jemand anders provoziert? Beklagen Sie sich doch nicht, wenn Sie Ihre eigene Münze heimgezahlt bekommen!

(Zurufe von der Mitte!)

Nun, meine Damen und Herren, zum eigentlichen Thema. Wir sind bei der dritten Beratung des Haushaltsplans. Sie werden nicht von mir erwarten, daß ich nun etwa das, was Herr Kollege Wuermeling positiv getan hat, negativ wiederhole und die ganze Einzelkritik, die bei der zweiten Lesung von meinen Freunden und Fraktionskollegen an der Tätigkeit der einzelnen Ministerien geübt worden ist, noch einmal vortrage. Zunächst eines: Die organisatorische Entwicklung und der organisatorische Aufbau der Bundesregierung sind annähernd abgeschlossen. Die Zeit des Improvisierens auf diesem Gebiete ist vorbei und muß endgültig vorbei sein. Es darf aber auch keine Improvisationen mehr im Verhältnis zwischen den einzelnen tragenden Elementen des Staates geben, keine Improvisationen im Verhältnis zwischen Bundesregierung und Parlament und keine Improvisationen in den Beziehungen zwischen den einzelnen Ressorts innerhalb des Kabinetts. In diesen Tagen haben wir erfahren, daß sich das Kabinett jetzt endlich die längst fällige Geschäftsordnung gegeben hat. Wir wünschen sehr, daß es nach dem Inhalt und dem Geist dieser Geschäftsordnung möglich sein wird, zu verhindern, daß die einzelnen Mitglieder des Kabinetts als Kabinettsmitglieder draußen im Lande Reden halten, die weder dem Ansehen der Regierung noch dem Ansehen des Parlaments nützen.
Wir wünschen weiter, daß die Kompetenzstreitigkeiten innerhalb des Kabinetts, innerhalb der Regierung zwischen den einzelnen Ressorts so geregelt werden, daß kein Schaden für die Interessen der Nation entsteht. Ich will auch sagen, was ich damit meine, meine Damen und Herren. Es ist ja kein Geheimnis, daß es Kompetenzstreitigkeiten und Spannungen zwischen den einzelnen Wirtschaftsressorts gibt. Der Bundeswirtschaftsminister, Herr Professor Ehrhard, ist hier gefeiert worden, und ich weiß nicht, ob nicht auch die Kommissare der Bundesregierung in diese Lobeshymnen einzubeziehen sind, die auf diesem oder jenem Gebiet die Wirtschaftspolitik des Herrn Bundeswirtschaftsministers entweder mit sich selber zu koordinieren oder zu korrigieren haben. Ich weiß es nicht; es ist in diesem Zusammenhang auch nicht interessant.
Aber es gibt Kompetenzstreitigkeiten zwischen dem Herrn Bundeswirtschaftsminister und dem Herrn Bundesernährungsminister, die in der Regel auf dem Rücken der Landwirtschaft ausgetragen werden, deren Lob hier mit Recht der Herr Kollege Wuermeling gesungen hat.

(Sehr gut! bei der SPD.)

Wir kennen alle die Einzelheiten dieser Dinge. Es gibt Kompetenzstreitigkeiten zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Bundesfinanzministerium. Ich denke da z. B. an gewisse Schwierigkeiten der Regelung der Fragen des Besatzungsbedarfs und der Besatzungskostenverwaltung. Hier liegt ein völlig ungeklärter Kompetenzkonflikt vor, dessen Kosten letzten Endes das Volk, der Steuerzahler zu tragen hat. Weil die Bundesstelle für den Besatzungsbedarf und die Sonderabteilung des Bundesfinanzministeriums in Homburg nicht miteinander koordiniert werden und weil noch längst nicht klar ist, ob es nun eine einheitliche Stelle für diese Fragen geben soll oder ob die beiden Ministerien nebeneinander hergehen sollen, entsteht eine Menge von Verwirrung draußen im Land, vor allem in den Länderverwaltungen, die nicht wissen, wie die Dinge sich weiter entwickeln sollen. Eine Lösung dieser Probleme scheint uns nicht nur im Rahmen der Geschäftsordnung des Kabinetts erwünscht, sondern hier hat die Regierung eine echte Entscheidung zu treffen und eine große Aufgabe zu bewältigen, die vor ihr steht.
Es gibt ein anderes Gebiet, auf dem ein solcher Kompetenzkonflikt einen nicht unerheblichen Schaden anrichtet. Ich denke an das Nebeneinander in der Devisenüberwachung. Da gibt es gleich drei Stellen, die nebeneinander her arbeiten, ohne daß sie in wesentlichen Fragen ihre Tätigkeit koordinieren. Es gibt Sachverständige, die schätzen, daß die unkontrollierbare Kapitalflucht, die sich aus diesem Nebeneinander von Behördenstellen ergibt, zwischen 2 1/2 und 3 Milliarden DM beträgt. Wenn wir unsere Finanzlage betrachten, dann kann man doch aus solchen Dingen eine Lehre ziehen. Es gibt viele stille Reserven, die wir ausschöpfen könnten, ohne den Staatsbürger neu belasten zu müssen, wenn wir sie nur ausschöpfen könnte n. Wenn man aber auf dem Standpunkt steht — wie gerade z. B. bei der Frage der Devisenkontrolle —: „Um keinen Preis mehr Kontrolle, mehr Eingriffe in der privaten Sphäre", dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Leute mit der angeblich so guten Wirtschafts- und Steuermoral eben die Lücken benützen, die man ihnen bietet, um sich auf diese Weise dem Zugriff des Fiskus und der Kontrolle des Staates, der öffentlichen Hand zu entziehen. Ich glaube, auch hier liegt ein echtes Problem, das möglichst bald gelöst werden muß, so daß endlich einmal eine einheitliche Devisenkontrolle möglich ist, solange sie noch notwendig ist. Und sie wird noch sehr viel länger notwendig sein, als der Herr Bundeswirtschaftsminister in einem Anfall von Optimismus vor langer, langer Zeit einmal angekündigt hat.
Wir glauben auch, daß die einzelnen Träger der politischen Gewalt allmählich in jene Beziehung zueinander kommen müssen, die das Grundgesetz vorschreibt und die seinem Geist entspricht. Vor allem müssen die Kontrollorgane, die auf dem Boden unseres Grundgesetzes geschaffen worden sind, ihre Funktionen in voller Unabhängigkeit ausüben. Das Parlament als eines der wichtigsten Kontrollorgane der Administration muß selber wissen, was es sich schuldig ist. Wir haben nicht


(Schoettle)

immer den Eindruck gehabt, als ob das der Fall sei. Das Parlament muß sich seine Stellung gegenüber der vollziehenden Gewalt sichern, wenn es nicht die Selbstachtung und die Achtung der Bürgerschaft verlieren will. Wir wünschten, daß auf diesem Gebiet dieses Haus manchmal gegenüber der Regierung mehr Selbstbewußtsein, mehr Selbstachtung, mehr Kraft zeigen würde, als es das in der Vergangenheit getan hat.
Eine andere Kontrollinstanz, die das Grundgesetz geschaffen hat, möchte ich ebenfalls in den Bereich meiner Überlegungen ziehen. Es ist der Bundesrechnungshof, der auf Grund eines Gesetzes geschaffen worden ist, das seine Zuständigkeit umreißt. Der Bundesrechnungshof ist durch die Art, wie sich aus den ersten Anfängen staatlicher Entwicklung im Laufe des letzten halben Jahrzehnts ein neuer Staat herausgebildet hat, in vielen Punkten hinter den Ereignissen hergehinkt. Er hatte keine Möglichkeit, die Kontrollen durchzuführen, die ihm eigentlich obliegen. Auf der anderen Seite haben wir doch zu prüfen, ob die gesetzliche Grundlage des Rechnungshofes für die Bundesrepublik Deutschland ausreicht, ihn in seiner Unabhängigkeit gegenüber der Verwaltung zu sichern, die er zu prüfen und zu kontrollieren hat.

(Sehr richtig! bei der SPD.)

Meine Fraktion ist der Meinung, daß der Bundesrechnungshof auf Grund seiner Aufgabe und damit er seine Aufgabe in voller Freiheit und Unabhängigkeit gegenüber jedem Ressort und gegenüber der Regierung ausüben kann, eine ganz andere staatsrechtliche Qualität haben muß. Wir glauben, daß es durchaus der Überlegung wert ist, ob die Mitglieder des Bundesrechnungshofes nicht genau so durch den Richterwahlausschuß gewählt werden sollen wie die Mitglieder der obersten Bundesgerichte; nur das würde ihnen die Unabhängigkeit auch gegenüber einem Ressort geben, das unter Umständen aus Verärgerung über nicht erwünschte Gutachten des Bundesrechnungshofs die Regelung von wichtigen personalpolitischen Fragen im Bundesrechnungshof verzögert und verschleppt.

(Hört! Hört! beider SPD.)

Und Grund zum Ärger haben natürlich manche Ressorts, wenn der Bundesrechnungshof in seinen Gutachten die interne Organisation eines Ministeriums prüft und zu Ergebnissen kommt, die dem einzelnen Ressortchef oder gar seinen nachgeordneten Herren nicht in den Kram passen. Da kann_ man sich schon mancherlei Möglichkeiten zum stillen Sabotieren und Hinausschieben von Entscheidungen ausrechnen, wenn man die menschliche Psyche kennt, die schließlich auch in der Verwaltung wirksam ist.
Dann glaube ich, daß die Frage der Kontrolle der vollziehenden Gewalt durch die Öffentlichkeit Gegenstand einer solchen abschließenden Auseinandersetzung über den Bundeshaushalt sein sollte. Was ich damit meine, will ich deutlich sagen. Wir glauben, daß die Bundesregierung in den vergangenen Zeiten nicht immer ihrer Verpflichtung zu voller Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Motive ihres Handelns und über die Tatsachen nachgekommen ist, die ihrem Handeln zugrunde liegen. Auch das Parlament hat nicht immer rechtzeitig — man kann sagen, in sehr vielen Fällen sehr viel zu spät und sehr lückenhaft — die Informationen bekommen, die es zur Bildung seines eigenen Urteils braucht. Wir glauben aber nicht, daß die Regierung ihrer Informationspflicht gegenüber dem Parlament und gegenüber der Öffentlichkeit dann nachkommen würde, wenn sie etwa den Versuch machen sollte, sich willfährige Instrumente der Beeinflussung der öffentlichen Meinung zu schaffen. Wir haben mit großem Bedauern gewisse Versuche der Regierung erlebt, Einfluß auf die Rundfunkgesellschaften und die Rundfunkprogramme zu nehmen. Ich glaube, hier ist es notwendig, daß die öffentliche Meinung sehr aufmerksam verfolgt, was sich auf diesem Gebiete tut.
Wir glauben auch, gewisse Tatsachen und gewisse Vermutungen in der Richtung deuten zu müssen, als ob die Bundesregierung sich zwar nicht ein Propagandaministerium im Stile des Dritten Reiches, aber doch irgendwelche Dinge zulegen möchte, mit denen sie möglichst ohne Kontrolle durch andere Organe des öffentlichen Lebens die Art von Meinung verbreitet, die sie für die Wahrheit hält. Das scheint uns nicht der Zweck von Informationsorganen der Bundesregierung zu sein, und es ist nach unserer Meinung keiner Bundesregierung, ganz gleich welche politische Zusammensetzung sie hat, erlaubt, sich auf irgendeine Weise mit offiziöser oder offizieller Tarnung so etwas wie ein heimliches Propagandaministerium zuzulegen. Darf ich die Frage ganz konkret stellen: Was denkt sich die Regierung über die Aufgaben, die sie der soeben neu geschaffenen oder angekündigten Bundeszentrale für Heimatdienst zuweist? Wie stellt man sich das vor? Handelt es sich hier um eine Stelle, die die offiziösen und offiziellen Auffassungen verbreiten soll, oder handelt es sich um eine Stelle, die im Zusammenwirken mit allen demokratischen Kräften die Entwicklung zu einem gesunden Staatsbürgersinn ermöglichen und mitzuschaffen helfen soll?

(Zuruf von der Mitte: Das letztere!)

Man muß sich über diese Fragen sehr ernsthaft und gründlich unterhalten. Herr Kollege Wuermeling, sie sind wichtiger als das Vortragen von Statistiken in diesem Hause. Denn mit ihnen wird die wahre Grundlage für das Zusammenleben der Nation geschaffen. Wenn man sie freilich im Geist der Vergangenheit behandelt, dann wird daraus das Gegenteil von dem, was wir uns unter einer solchen Zentrale für Heimatdienst vorstellen.
Es gibt einige andere publizistische Unternehmungen, die sich geradezu für die Betrachtung in diesem Hause aufdrängen. Vor einigen Tagen ist in Bonn von einem Amtsgericht eine einstweilige Verfügung gegen die Bundespressekonferenz erlassen worden. Die Bundespressekonferenz hatte Behauptungen aufgestellt, die sich auf einen Herrn Steinfurth und seinen „Deutschen Zeitungsdienst" bezogen und die diesem Herrn offenbar etwas unangenehm waren. Er hat daraufhin eine einstweilige Verfügung erwirkt. Ich möchte, ohne dem endgültigen Ergebnis des anhängigen Gerichtsverfahrens vorgreifen zu wollen — das steht mir nicht und das steht niemand zu — folgendes dazu sagen: Ist es richtig, wie vor allem bei den in Bonn akkreditierten Journalisten vermutet wird, daß dieser „Deutsche Zeitungsdienst" des Herrn Steinfurth unter der sehr, sehr entschiedenen nicht nur ideellen, sondern auch materiellen Förderung durch die Bundesregierung oder einzelner Ressorts der Bundesregierung zustandegekommen und durch diese Förderung in die Lage versetzt worden ist, eine Art Schmutzkonkurrenz gegenüber anderen Nachrichtendiensten auszuüben? Ist es richtig, daß eine solche Förderung besteht, oder kann die Bundesregierung klipp und klar diesem Hohen Hause erklären, daß sie mit dem „Bonner Schnelldienst"


(Schoettle)

des Herrn Steinfurth nichts zu tun hat, daß sie keine Mittel, keine materielle Hilfe gegeben hat, daß sie nicht durch die bereitwillige Zurverfügungstellung von Schnellschreiberapparaten an Steinfurth dessen Unternehmen erleichtert hat? Eine Antwort auf diese Frage wäre uns und wahrscheinlich noch mehr der Öffentlichkeit sehr erwünscht. Es gibt eine Reihe von Informationen über enge persönliche Beziehungen zwischen Herrn Steinfurth und hohen Beamten der Bundesregierung, die uns einigen Grund zu der Annahme geben, daß da doch gewisse Dinge der Öffentlichkeit noch verborgen sind.
Eine andere Frage in diesem Zusammenhang: Es ist dieser Tage berichtet worden, daß Herr Bundeskanzler Dr. Adenauer bei einer nicht sehr öffentlichen Gelegenheit erklärt hat, daß die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" kein Anrecht mehr habe, als offiziös betrachtet zu werden. Das ist eine interessante Nuance, wenn tatsächlich eine solche Bemerkung gemacht worden ist; denn dadurch erfährt die deutsche Öffentlichkeit, daß es so etwas wie offiziöse Presseorgane gegeben hat. Wir möchten, wenn es diese Institution gibt, wünschen, daß die betreffenden Zeitungen verpflichtet würden, das deutlich am Kopf mitzuteilen, damit ihre Leser nicht die Katze im Sack kaufen und nicht etwas für die objektive Meinung der betreffenden Zeitung ansehen, was in Wahrheit inspiriert ist. Ich glaube, daß solche Methoden in der Unterrichtung der Öffentlichkeit in der Bundesrepublik nicht üblich werden sollten, und wir jedenfalls erklären, daß wir sie mit aller Entschiedenheit bekämpfen werden.
Es gibt eine andere Sache, die nicht ganz uninteressant ist. Die deutsche Öffentlichkeit wird gelegentlich mit sogenannten Umfragen im Stile des
0 amerikanischen Gallup-Instituts bedient, und dabei wird haargenau bewiesen, wie das oder jenes Ereignis von soundsoviel Menschen nach einem bestimmten Durchschnitt bewertet wird. Da werden zum Beispiel Vorausschätzungen von künftigen Wahlergebnissen und dergleichen propagiert. Das mögen ganz nützliche Dinge sein, ein interessanter Zeitvertreib für Leute, die sonst solides Geld durch solide Marktforschung verdienen. Aber, wenn das Gerücht umgeht, daß auch materielle Beziehungen zwischen der Bundesregierung und diesem Institut für Demoskopie in Allensbach bestehen, dann müßte man doch einigermaßen aufmerksam werden; dann würden die Ergebnisse solcher Umfragen in einem ganz besonders merkwürdigen Licht erscheinen.

(Sehr richtig! bei der SPD.)

Diese Dinge sollte man nicht nur auf seiten der Opposition, sondern auch bei den Regierungsparteien mit einiger Aufmerksamkeit verfolgen; denn Sie schaffen sich hier Instrumente, die nur dann in Ihrem Interesse liegen dürften, wenn Sie wirklich der Meinung wären, daß die Herrschaft dieser Regierungskoalition so fest und für alle Zeiten gezimmert wäre, daß kein Wahlergebnis sie je umschmeißen könnte. So überzeugt sind wir nicht! Denken Sie daran, daß das, was einem recht ist, dem anderen billig sein würde. Ich weiß nicht, ob Sie daran Interesse haben. Denken Sie daran, meine Damen und Herren, daß die öffentlichen Institutionen nicht die Angelegenheit einer zufälligen Machtkonstellation sind, sondern daß sie für alle Staatsbürger da sind. Die sozialdemokratische Fraktion — und, da mögen Sie sich wieder auf Zwischenrufe vorbereiten, die ich mir durchaus denken kann, denn sie entsprechen der Erfahrung in diesem
Hause — vertritt den Standpunkt, daß sowohl die Organe des öffentlichen Dienstes wie die einzelnen Persönlichkeiten im öffentlichen Dienst in ihrem Verhältnis zu den politischen Kräften des Landes sich einer absoluten Neutralität befleißigen müssen und daß die Organisation des öffentlichen Dienstes, daß die Verwaltung jeder Regierung, ganz gleich, wie sie zusammengesetzt ist, in vollster Loyalität und ohne leiseste Neigung zur Sabotage dienen muß.

(Sehr richtig! in der Mitte.)

Ich will gleich, ein Beispiel liefern, damit Sie nicht zu voreilig klatschen.
Vor einigen Wochen hat die sozialdemokratische Fraktion bei der Beratung der Steuergesetze in diesem Hohen Hause einen Kompromißantrag eingebracht — es ging damals um die gemeinsame Veranlagung der Ehegatten —, in dem die Grenze für die getrennte Veranlagung auf 600 DM festgesetzt wurde. Was hat sich ereignet? Der Herr Bundesfinanzminister, und ich nehme an, auch seine Herren, haben sich offenbar darüber gefreut, daß in diesem Antrag eine kleine stilistische Ungenauigkeit enthalten war, daß nicht gesagt wurde, daß es sich hier um Monatseinkommen handele, und sie haben dann die Dinge ruhig laufen lassen. Offenbar haben sie sich angenehm darüber unterhalten, wie sehr sich dieses Parlament und vor allem die Antragsteller blamieren, daß sie eine solch wichtige Sache übersehen haben. Meine Damen und Herren! Wenn dieses Parlament dabei ist, einen Beschluß zu fassen, ist es dann Sache der Herren vom Bundesfinanzministerium — mit denen ich in amtlicher Eigenschaft eine ganze Menge angenehmer Kontakte habe —, sich diebisch zu freuen, wie das Parlament hier ausrutscht, oder ist es nicht ihre Pflicht als Beamte, das Parlament darauf aufmerksam zu machen, daß hier eine Ungenauigkeit vorliegt, und zu warnen, ehe der Beschluß gefaßt wird?

(Beifall bei der SPD.)

Ich nenne das grobe Illoyalität.

(Zuruf von der Mitte: Vielleicht haben sie das nicht gemerkt!)

— Sie haben das sehr wohl gemerkt; denn unmittelbar nach dem Beschluß hat der Herr Bundesfinanzminister eine Pressekonferenz über dieses Versagen, über diesen Fehltritt des Parlaments unterrichtet. Er ist ja auch Parlamentarier, gehört zu diesem Hohen Haus, sitzt gelegentlich hier unten und gibt auch seine Stimme ab. Er sollte sich schon aus Loyalität gegenüber seinen Kollegen etwas Derartiges nicht leisten.
Meine Damen und Herren, ich sehe, daß hier ein Schlußzeichen ist, aber ich nehme an, daß der Herr Präsident mir genau so großzügig entgegenkommen wird, wie er dem Kollegen Dr. Wuermeling entgegengekommen ist.

Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0115102800
Ich werde genau so verfahren, daß ich das Schlußzeichen auch bei Ihnen, Herr Kollege Schoettle, nach einiger Zeit abstellen lassen werde.

Erwin Schoettle (SPD):
Rede ID: ID0115102900
— Ich danke schön. Das gibt mir die tröstliche Gewißheit, daß Sie mich nicht hier vom Pult herunterfegen.
Meine Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten wünschen den Aufbau einer Verwaltung, die jeder demokratischen Regierung ohne Rücksicht auf ihre politische Zusammensetzung dient, und ich hoffe, daß wir in der praktischen Arbeit diesem Ziel näherkommen ohne die gelegentlichen rhetorischen


(Schoettle)

Kraftleistungen, die in diesem Hause offenbar zum
Verhältnis von Regierung und Opposition gehören.

(Abg. Albers: Das gilt aber für beide! — Abg. Dr. Wuermeling: Wie es hineinschallt, schallt's heraus!)

— Genau so, Herr Kollege Wuermeling.
Nun gestatten Sie mir einige Bemerkungen zu den Anträgen, die die sozialdemokratische Fraktion für die dritte Lesung und vor allem für die Schlußabstimmung vorgelegt hat. Wir haben Ihnen zwei Anträge vorgelegt, die sich zwar nicht unmittelbar auf den vorliegenden Haushaltsplan beziehen, die aber im Zusammenhang damit behandelt und verabschiedet werden müssen.
In einem Antrag Umdruck Nr. 227 zum .Haushaltsplan 1950 verlangt die sozialdemokratische Fraktion beschleunigt eine Aufstellung über diejenigen Beamten der Bundesregierung, die im Nebenamt Aufsichtsratssitze innehaben. Dabei ist die Höhe der Bezüge aus dieser Aufsichtsratstätigkeit und die entsprechend den Bestimmungen vorgenommene Abführung an die Bundeskasse anzugeben. Ich möchte eine Korrektur anmelden: Es handelt sich nicht um Aufsichtsratssitze, die im Nebenamt wahrgenommen werden, sondern um eine Nebentätigkeit. Jemand, der hauptamtlich in einer Verwaltung tätig ist, kann nicht noch ein Nebenamt ausüben, aber er kann eine Nebentätigkeit ausüben. Wir wünschen eine solche Aufstellung, weil wir wissen — und ich nehme an, andere Mitglieder dieses Hauses wissen es auch —, daß die Praxis, die durch die Haushaltsordnung vorgeschrieben ist, nicht überall innegehalten wird und daß gelegentlich solche Nebenbezüge von Angehörigen der Verwaltung nicht abgeliefert, sondern dazu benutzt werden, Angestellte in den Bundesverwaltungen zu bezahlen, die dann sozusagen als persönliche Referenten oder in irgendeiner anderen Eigenschaft dem betreffenden Bezieher von nebenamtlichen Einkünften dienen, und wir glauben', daß das nicht in Ordnung ist.
Wir glauben, daß alle diejenigen, die in Bundesdiensten beschäftigt sind, auch in irgendeiner Weise mit ihren Bezügen und mit ihrer Stellung durch den Bundeshaushalt legitimiert werden müssen. Es darf keine anderen Beschäftigungsverhältnisse geben. Wir wünschen also, daß hier strikt nach den gesetzlichen Bestimmungen verfahren und der Bundestag darüber unterrichtet wird, in welcher Weise das geschieht.
Die Ziffer II unseres Antrages Umdruck Nr. 227 verlangt die beschleunigte Aufstellung aller im Haushaltsjahr 1950 erstatteten Sachverständigengutachten und die Vorlage an das Parlament mit Nennung des Verfassers und der Höhe des gezahlten Betrages. Es ist der bekannte Titel 20 der Haushaltspläne, unter dem die Sachverständigengutachten und die dafür notwendigen Aufwendungen etatisiert sind. Warum verlangen wir das, meine Damen und Herren? Weil wir wissen und erfahren haben, daß gerade über den Titel 20 manchmal Dinge finanziert werden können, die nicht in das Kapitel der Sachverständigengutachten gehören. Es ist begründeter Anlaß zu der Annahme, daß dieser Titel 20 nicht immer seinen haushaltsrechtlichen Zwecken dient, und wir wünschen, daß das aufhört. Wir wünschen, daß die Heranziehung von Gutachtern nur dort erfolgt, wo sie sachlich notwendig ist, und daß ihre Entschädigung in einem Rahmen geschieht, der sich auch vor der Öffentlichkeit rechtfertigen läßt. Wir wünschen nicht, daß etwa, dadurch eine Kaschierung bestimmter Beziehungen
eintritt, daß man den Nachweis nur bis zu einer gewissen Grenze verlangt. Denn wir sind uns klar darüber, daß man dann einfach Aufgaben teilt und kleinere Beträge für geteilte Gutachten auswirft, so daß sich auf diese Weise die Kontrolle schwieriger gestaltet.
Derselben Absicht dient auch Ziffer 3 unserer Entschließung Umdruck Nr. 226, die wir dem Hause vorlegen, wonach Ausgaben aus Tit. 20, die im Einzelfall den Betrag von 3000 DM übersteigen, der Genehmigung des Haushaltsausschusses bedürfen. Dieser Antrag ist für den Haushaltsplan 1951 gedacht. Wir verlangen vor allem in der Ziffer 1 — das ist eine Wiederholung dessen, was wir schon bei der Haushaltsberatung 1950 gefordert haben — die Herabsetzung des Betrages des Titels 24 bei allen Einzelplänen mit Ausnahme der Einzelpläne I bis IV, nämlich Bundestag, Bundesrat, Bundespräsident, und Bundeskanzleramt, auf die Hälfte des im Haushaltsjahr 1950 ausgeworfenen Betrages. Wir glauben, daß die Verfügungssummen in der Hand einzelner Ministerien nicht im bisherigen Maße nötig sind. Wir sind der Auffassung, daß die Repräsentation der Bundesrepublik und der Bundesregierung nicht auf alle Ministerien zersplittert werden soll, sondern daß sie bei denjenigen Organen der Bundesrepublik liegen soll, die kraft ihrer besonders hervorgehobenen Stellung in erster Linie repräsentative Verpflichtungen haben. Das ist der Bundespräsident, das ist der Bundestag als Ausdruck des politischen Willens des Volkes, das ist der Bundeskanzler als Chef der Regierung und dias ist in gewissem Umfang der Bundesrat als die Zusammenfassung der einzelnen Glieder des Bundes. Ich glaube, eine solche Maßnahme läßt sich für 1951 rechtfertigen, und wir bitten das Haus, diesem Antrag zuzustimmen.
Ebenso wünschen wir, das Haus möge sich mit uns darauf einigen, daß in Zukunft die persönlichen Referenten und die Dienstwagen zur persönlichen Verfügung nur noch für Minister und Staatssekretäre im Haushaltsplan vorzusehen sind. Wir glauben, das es nicht möglich ist, diese Dinge auch auf die Ministerialdirektoren auszudehnen. Man weiß, wo es anfängt, aber man weiß nicht, wo es aufhört. Hier muß eine Grenze gesetzt werden.
Meine Damen und Herren! Soviel zu unseren Anträgen. Gestatten Sie mir noch eine Schlußbemerkung. Wir haben in den vergangenen Jahren, vor allem in der Anfangsperiode unserer eigenen Staatlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland, durch die Zeitereignisse und durch den Ablauf der Dinge gezwungen, ein zunehmendes Auseinanderklaffen der Haushaltsgesetzgebung und der finanzpolitischen Entscheidungen erlebt. Wir erleben es jetzt wieder. Wir beraten einen Haushaltsplan, dessen eigentliche Geltungsperiode längst abgelaufen ist. Wir sind mit dem Haushaltsplan für das laufende Haushaltsjahr gerade bei den ersten Anfängen und wissen nicht, wann wir ihn abschließen können. Wir hoffen, daß es uns gelingt, mit 1952 endlich gleichzuziehen. Aber was erleben wir heute? Wir beraten immer wieder mitten im Haushaltsjahr entscheidende und tief einschneidende Finanzgesetze, die auf die Dauer in diesem unorganischen Verhältnis zum Haushaltsplan einfach unmöglich sind. Ich glaube, es ist ein zentrales Interesse all derer, die in Deutschland entweder wirtschaften oder arbeiten, zu Beginn des Haushaltsjahres zu wissen, wo sie stehen.

(Sehr richtig! bei der FDP.)

Ich stelle keinerlei utopische Forderungen. Ich er-


(Schoettle)

kläre es als das Ziel der sozialdemokratischen Fraktion — und ich hoffe, daß wir da viele Bundesgenossen in diesem Hause finden werden —, daß wir zu einer Art von Nationalbudget kommen, das alle Aufwendungen der öffentlichen Hand nicht im Sinne der Zentralisierung bei einem Gesetzgeber, aber im Sinne der Koordinierung der Belastung des einzelnen Staatsbürgers so aufstellt, daß jeder, der an öffentlichen Dingen ein Interesse hat, auch tatsächlich weiß, aus welchen Gründen Bund, Länder und Gemeinden immer wieder zum gleichen Steuerzahler kommen und von ihm Leistungen zugunsten des Gesamten verlangen.

(Beifall bei der SPD und FDP.)

Ich glaube, auf diesem Gebiet dürfen wir von der Bundesregierung noch viel mehr Aktivität erwarten, und ich befürchte, daß wir zu diesem Ziele nicht kommen werden, solange diese Bundesregierung auf dem Standpunkt steht: Um Gottes willen ja keine Planung und Lenkung! Um Gottes willen keinen Eingriff in Bereiche, in denen wir etwa in Verruf kommen könnten, daß wir in die Nähe der planwirtschaftlichen Ideen der Sozialdemokratie geraten! Ich glaube, daß die Bundesregierung nolens volens — meistens gegen ihren eigenen Willen — im Laufe der nächsten Zeit gezwungen sein wird, auf manchem Gebiet ihre ehernen Grundsätze zu durchbrechen und Dinge zu tun, die sie nicht tun möchte. Sie wird es dann mit halbem Herzen tun. Sie wird's kaschieren; aber sie wird es tun müssen, und sie wird vor allem — und jede Bundesregierung wird das tun müssen, wenn dieses Land endlich zu geordneten Verhältnissen kommen soll — endlich einmal einen Querschnitt durch die öffentlichen Bedürfnisse, durch alle Organe der öffentlichen Hand hindurch ziehen müssen, damit der Steuerzahler weiß, wenn der 1. April neunzehnhundert-x kommt: Ich werde nicht im Laufe des Jahres plötzlich mit neuen Steuergesetzen, weder auf dem Gebiet der indirekten noch der direkten Steuern, überfallen, die alle meine Planungen und alle meine guten Absichten über den Haufen werfen.

(Zuruf von der FDP.)

— Die Steuerzahler sind überall die gleichen, ob der Bund, die Länder oder die Gemeinden etwas fordern, und sie verdienen eine klare Ubersicht über die Bedürfnisse der öffentlichen Hand.
Das, meine Damen und Herren, ist unabhängig von propagandistischen Bedürfnissen die Stellung der sozialdemokratischen Opposition zu diesem Bundeshaushalt. Aus der Kritik, die meine Fraktionsfreunde an den Einzelplänen geübt haben, aus der Kritik, die ich in einem ganz anderen Zusammenhang an einzelnen Handlungen der Regierung hier geübt habe, und aus der Gesamthaltung der sozialdemokratischen Fraktion ergibt sich, daß unsere Stellung gegenüber dem Haushalt 1950 keine andere sein kann als gegenüber den Haushalten der Vorjahre. Wir lehnen diesen Haushalt ab, nicht, weil wir nicht im einzelnen wissen, daß die Bedürfnisse- des Staates, die Bedürfnisse der Verwaltung unausweichlich sind und daß die Leistungen, die der Staat für zahllose Menschen in der Bundesrepublik zu erbringen hat, notwendig sind, sondern weil wir mit der Ablehnung dieses Haushalts unsere politische Ablehnung gegenüber dieser Bundesregierung zum Ausdruck bringen wollen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD.)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0115103000
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schäfer.

Dr. Hermann Schäfer (FDP):
Rede ID: ID0115103100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Aussprache zur dritten Lesung unseres Haushalts hat ja nun einen gewissen gesamtpolitischen Charakter bekommen. Sie hat sich weniger mit den Einzelheiten des Haushalts beschäftigt als mit allgemeinen Dingen der Politik, insbesondere den Ergebnissen der Politik der Bundesregierung. Da ist im bisherigen Verlauf der Aussprache mancherlei Werturteil über das gesprochen worden, was der einzelne hier in diesem Hause tut und läßt, über seine Art und Weise, sich zur Geltung zu bringen. Und es ist auch über das Zusammenspiel oder die Gegensätze zwischen den Kräften, die in diesem Hause politisch wirksam werden, geredet worden.
Ich möchte eine Feststellung voranstellen. Ich bin mit dem Herrn Kollegen Schoettle völlig einer Meinung, wenn er gesagt hat, daß es ein Kernstück überhaupt unserer ganzen Haushaltsentwicklung sein müßte, eine bessere Synchronisation zwischen den finanzpolitischen Entscheidungen und den Ansätzen des Haushalts zu erreichen. Darin steckt allerdings ein entscheidendes Maß des politischen Reifegrades, das wir anstreben müßten; denn darin würde sich ausdrücken, daß dieser Staat aus dem ersten Stadium des Werdens, über die ersten Ansätze einer demokratischen Ordnung überhaupt, allmählich hinausgewachsen ist.
Wir stehen in einer besonderen Art der politischen Entwicklung! Das ist eine Einsicht, die, glaube ich, in der ganzen Auseinandersetzung, in der oppositionellen Kritik an der Regierung und in der Gegenkritik der Koalitionsparteien eine erhebliche Rolle spielen sollte. Wir stehen doch in einem ganz ungewöhnlichen Abschnitt des staatlichen Lebens. Wir bauen einen neuen Staat auf, nachdem die Vorgängerstaaten praktisch nicht mehr existent gewesen sind. Aus dem Nichts einen Staat zu entwickeln, ist keine alltägliche Kleinigkeit. Staaten sind nämlich keine mechanischen Vorrichtungen. Staaten sind keine Maschinen, die man am Zeichenbrett konstruiert und die man aus irgendwelchen Konstruktionsteilen dann montiert, sondern Staaten sind gewachsene Gebilde. Und nun stehen wir vor dieser ungeheuer schweren und entscheidenden Aufgabe, den Reifeprozeß, den Wachstumsprozeß dieses Gebildes Bundesrepublik zu beschleunigen, d. h. die Wachstumsphasen dieses neuen Staates zu schnellerem Verlauf zusammenzuraffen, als das im normalen Werdegang einer Demokratie üblich ist. Daß sich aber aus dieser Notwendigkeit eine Fülle von Überstürzungen, Phasenverschiebungen, also administrativen und politischen Schwierigkeiten für die Regierungsarbeit schlechthin ergibt, ist selbstverständlich.
Mir scheint es deshalb ein sehr billiges Spiel mit dem mangelnden Verständnis der Menschen für die Besonderheiten geschichtlicher Wachstumsprozesse und staatlicher Wachstumsvorgänge zu sein, wenn man eine politische Kritik betreibt, die alles das, was in Wirklichkeit Wachstumsschwierigkeit ist, auf das Konto irgendwelcher angeblicher Unterlassungen oder Fehlentscheidungen der Regierung bucht. Weil das so oft geschehen ist, entsteht nun dieses verhängnisvolle Mißtrauen, dieses Spannungsverhältnis auch hier im Hause und außerhalb des Hauses. Und es entstehen allmählich Stimmungen in der Bevölkerung, die nicht mehr gegen diese Regierung, gegen die jeweilige Regierung — mag sie so oder so zusammengesetzt sein —, gerichtet


(Dr. Schäfer)

sind, sondern allmählich zu Abneigungen gegen das staatliche System und gegen die demokratische Ordnung schlechthin überspitzt werden. Hier liegt eine entscheidende Gefahr der innerpolitischen Auseinandersetzung.

(Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

Nun handelt es sich nicht darum, meine Damen und Herren, zu moralisieren; aber man muß darauf aufmerksam machen, daß man, wenn man schon politische Kritik betreibt, dabei selbst sehr sorgfältig zwischen Regierungspolitik und Staatssystem unterscheiden muß, damit nicht das mangelnde Unterscheidungsvermögen derjenigen, die von kritischen Außerungen gern und vorzugsweise das Negative behalten, zu Haltungen gelangt, die jeder Seite dieses Hauses — wenigstens der weit überwiegenden Mehrheit dieses Hauses, glaube ich — politisch denkbar unerwünscht sein werden. Dazu gehört z. B., daß man den Unterschied zwischen Bankrotteur und Konkursverwalter nicht völlig verwischt.

(Sehr gut! in der Mitte.)

Viele Dinge — wie die bedauerlichen Mangel- und Elendserscheinungen, Notzustände, Verwaltungshindernisse und Unzulänglichkeiten auf allen möglichen Gebieten — beruhen doch nicht darauf, daß diejenigen, die nun die Funktion des Sachwalters unglückseliger Erbmassen der Vergangenheit ausüben müssen, versagen, sondern beruhen darauf, daß sie schlechte Restbestände aus der Vergangenheit zunächst noch abzuwickeln haben. Sie dürfen, wenn sie sich dieser mühsamen Aufgabe unterziehen, nicht für die Schäden und Mängel verantwortlich gemacht werden, die die Bankrotteure von einst hinterlassen haben.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Der Herr Kollege Wuermeling hat in seinen Darlegungen eine ganze Reihe von großenteils doch sehr eindrucksvollen Zahlen über die Entwicklung gebracht, die auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet in den letzten Jahren zu verzeichnen ist. Diese Zahlen beweisen zumindest, daß erhebliche Fortschritte gemacht worden sind. Wenn man nun bestreiten will — und da, Herr Kollege Schoettle, scheint mir Ihre Gegenantwort nicht ganz zureichend zu sein —, daß diese Zahlen für den Erfolg der Regierungspolitik beweiskräftig sind, dann muß man doch wohl schlüssig den Beweis führen, daß Maßnahmen, wie die Opposition sie sich denkt, zu besseren Ergebnissen führen würden. Sehen Sie, diesen Beweis ist man uns bisher schuldig geblieben; diesen Beweis möchten wir gern einmal hören. Wir möchten die politische Diskussion wirklich einmal herunterbringen von dem Sich-gegenseitig-Herabsetzen. Wir möchten die Möglichkeit haben, folgerichtig zu erkennen, ob das eine oder das andere Verfahren mit Sicherheit zu besseren Ergebnissen führt. Man kann Feststellungen über gewisse fortschrittliche Entwicklungen, die die Statistik unbestreitbar liefert, nicht einfach damit beiseite schieben, daß man sie anzweifelt, sondern man muß den Beweis der eigenen Überlegenheit führen, indem man nachweist, daß man mit den eigenen Vorstellungen zu noch besseren Ergebnissen hätte kommen können.
Meine Damen und Herren, es kommt noch eines hinzu. Man möchte sehr vieles tun; aber die Kriegsfolgen, mit denen sich diese Regierung nun in eindreiviertel Jahren hat auseinandersetzen müssen, sind ja angesichts ihrer Vielseitigkeit und Massenhaftigkeit nicht alle von heute auf morgen
und nicht alle auf einmal zu beseitigen, sondern es ist nötig, eine gewisse Reihenfolge einzuhalten. Ich möchte hier an das anknüpfen, was Herr Wuermeling ausgeführt hat. Er hat auseinandergesetzt, wie nach und nach gewisse Probleme gelöst worden sind, z. B. mit dem Kriegsopfergesetz, dem 131er-Gesetz. Er erwähnte die verschiedenen sozialpolitischen Maßnahmen, die durchgeführt worden sind. Da zeigt sich, glaube ich, eine klare Tendenz in der Entwicklung und ein Beweis für die Aufrichtigkeit der Absichten der Bundesregierung, ein Beweis dafür, daß sie nach und nach bestimmte soziale Bedürfnisse befriedigt hat.
Ich bin der Überzeugung, daß wir alle gewillt sind, auf diesem Wege fortzuschreiten. Aber dafür, meine Damen und Herren, müssen die Voraussetzungen vorliegen. Und hier nenne ich eine Voraussetzung: Wenn man etwas verteilen will, muß es vorher geschaffen sein.

(Abg. Dr. Wuermeling: Sehr richtig!)

Die Voraussetzung ist also eine Wirtschaft, die durch steigende Erträge die Realisierung von wachsenden sozialen Leistungen möglich macht.

(Zustimmung in der Mitte.)

Etwas anderes zu sagen, ist zwar vielleicht agitatorisch sehr wirksam, aber wer die sozialpolitische Verpflichtung ernst nimmt, dem kommt es nicht auf den sozialen Vorwand, sondern immer nur auf den sozialpolitischen Effekt an. Wenn ich die Möglichkeiten eines sozialen Fortschritts, einer Weiterbildung der sozialen Verhältnisse in unserem noch mit ungeheuren Notständen belasteten politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben unter diesem Gesichtspunkt betrachte, dann komme ich eben letzten Endes auf die Frage nach d e r Wirtschaftspolitik, mit deren Hilfe die Güter und Werte wachsen, weil die Antriebskräfte zu diesem Wachstum stetig angereizt werden durch das Leis tungs-streben, durch den Erfolgswillen und durch den Wettbewerb, der die Kräfte entfesselt. Das ist die Aufgabe einer dynamischen Sozialpolitik im Gegensatz zu einer Sozialpolitik, die sich lediglich darauf beschränkt, eine bloße Statik der genormten Güterverteilung schon als die Lösung sozialer Probleme und Erfüllung sozialer Verpflichtungen anzusehen.
Das, meine Damen und Herren, ist das Entscheidende in der Auseinandersetzung auch mit vielen Verstimmungen und Mißverständnissen und Mißdeutungen, die sich in der breiten Öffentlichkeit zeigen: daß wir davon abkommen, mit Illusionen und mit Ungeduld politische Geschäfte machen zu wollen. Es gibt begreiflicherweise viele, für die Geduld zu üben etwas sehr schwer ist, die sehr schlecht warten können, bis auch sie mal an die Reihe kommen; und es gibt noch viele mehr, die sich überhaupt das Maß und die Möglichkeiten solch komplizierter Vorgänge, einer solch komplizierten Wirtschaft, einer solch verwickelten Wirklichkeit, wie sie unser politisches Leben mit tausend Verhängnissen und Zusammenhängen darstellt, im Grunde genommen gar nicht vorstellen können. Es ist furchtbar leicht, an diese Ungeduld und an dieses Mißverstehen mit Worten agitatorischer Entrüstung anzuknüpfen. Ich glaube, in dieser ganz besonderen Lage unseres staatlichen Lebens, in diesen Zeitläuften des ersten Wachstums des neuen Staates und bei dieser merkwürdigen Lage, in der wir ja noch nicht die ganze Wachstumsfreiheit haben und noch treibhausartige Fenster und Gitter diesen wachsenden Staat beengen, in der die Belichtungs-, Erwärmungs- und" sonstigen Klima-


(Dr. Schäfer)

Bedingungen dieses Staates keineswegs immer nur förderlich beeinflußt und geregelt werden, sollten wir es uns eigentlich abgewöhnen, immer nur Unverstand und Ungeduld zu umschmeicheln.
Meine Damen und Herren! Es ist dann von der Koalition gesprochen worden, und es ist von ihr gesagt worden, daß sie zuweilen nicht eine geschlossene Formation gewesen wäre. Ich möchte dazu sagen: Die Koalition ist keine Gleichschaltungs-Einrichtung; die Koalition ist aber auch kein esoterischer Mysterienkult, in der es nun — sagen wir einmal — Rangstufen der Adepten gäbe, die sich daran beteiligen, sondern eine solche Koalition ist ein Zweckgebilde, getragen von bestimmten gemeinsamen Absichten und gemeinsamen politischen Grundauffassungen und in diesem Falle von der Grundabsicht getragen, einen Staat zu entwickeln, der geordnet ist und in dem die Deutschen wieder vernünftige und erträgliche Lebensverhältnisse haben. Ein Staat, der so anziehend ist, daß er auch die Auseinandersetzung an der Front des abendländischen Westens gegen die anderen Staatsvorstellungen führen kann, die vom Osten her sehr feindselig an diese westliche Welt herangetragen werden, ein Staat, in dem die sozialen Erfordernisse verwirklicht werden können und in dem darum eine Wirtschaftspolitik betrieben wird, bei der die Güter und Werte wachsen — ich muß es noch einmal sagen — durch die Entfesselung der dazu wirksamen Antriebskräfte, das ist die Aufgabe dieser Koalition! Wenn man sie sich so vorstellt, dann glaube ich, kommt man zu dem Ergebnis, daß doch bei allen Divergenzen, die in Einzelheiten eingetreten sein mögen, und bei dem durchaus klaren Bewußtsein, daß nicht immer in allen Einzelheiten Übereinstimmmung besteht, im ganzen der Erfolg erreicht worden ist, der für die politische Entwicklung unseres Volkes nützlich und dienlich ist.
Meine Damen und Herren! Über das Verhältnis zwischen Koalition und Opposition eine ganz kurze Bemerkung. Man kann Auseinandersetzungen sehr scharf, sehr schroff führen; man kann sie dabei aber unter zweierlei Zielsetzungen betreiben, nämlich entweder unter der Zielsetzung, sich immer mehr auseinanderzureden, oder unter der, im Laufe der Auseinandersetzung bin möglichst hohes Maß von verbindenden Gedanken und Erkenntnissen herauszuschälen. Ich glaube, daß es der Typenbildung oder, sagen wir, der Entwicklung unseres politischen Lebens dienlich wäre, wenn man mal an einen Vorgang dächte, den es in der Chemie gibt, an die Katalyse. Das ist jener geheimnisvolle, noch heute von der Wissenschaft wenigstens in seinen Ursächlichkeiten nicht ganz enträtselte Vorgang, daß zwei Elemente, die sich sonst überhaupt nicht miteinander verbinden lassen, durch die Anwesenheit eines dritten plötzlich miteinander verbunden werden. Ich erinnere die Älteren hier unter uns an den schönen automatischen Zünder für Gaslampen, der da oben einen Platinschwamm hatte, der den Wasserstoff und den Sauerstoff des Leuchtgases verband. Aber das geht etwas über den Rahmen der Haushaltsberatung hinaus.

(Heiterkeit.)

Es sollte ja auch nur ein Beispiel für das dritte Element sein, das hinzutritt, um zu verbinden. Das heißt: Es gibt Menschen, die sehr erfolgreich in der Betonung von Gegensätzen wirken, Menschen, die das Sich-Auseinanderreden herrlich finden; und es gibt verbindende Wesen. Ich könnte mir vorstellen, daß die deutsche Öffentlichkeit gut daran täte,
ganz besonders darauf zu achten, welche Politiker katalytische Begabung haben; denn ich meine, das Entwickeln eines katalytisch begabten Führungstypus, eines verbindenden Elementes im deutschen politischen Leben könnte unserer Entwicklung im ganzen nur nützlich und förderlich sain.

(Sehr richtig! bei der CDU.)

Da, meine Damen und Herren, liegt, glaube ich, die Aufgabe. Dieser Weg ist durchaus nicht verbaut durch das, was die Koalition tut und was sie anstrebt. Ich glaube auch, daß man das durchaus gelten lassen kann; was sie bisher getan hat, sollte sie fortsetzen. Ich glaube, es wäre gut, daß wir in der Wirtschaftspolitik auch da, wo sich Zwangslagen ergeben, wo die Verhängnisse der durch eine Rüstungswirtschaft gestörten Weltwirtschaft immer wieder Zwangslagen für uns bringen, die uns auch nicht ganz an interventionistischen Entscheidungen vorbeigelangen lassen, trotzdem immer wieder das Ziel verfolgen, die Leistungswirtschaft, die Wirtschaft mit dem höchsten sozialen Effekt, zu fördern und weiterzubetreiben. Es gilt dabei darauf zu achten, daß eben dieser Effekt in erster Linie auf Persönlichkeitswerten beruht und daß die Handlungsfreiheit der für die Wagnisse und für den Einfallsreichtum einer fortschrittlichen Entwicklung der betriebswirtschaftlichen Dinge Verantwortlichen nicht erneut verkümmern darf oder beengt oder überfremdet werden kann.
Es wird weiterhin in diesem Rahmen notwendig sein, die begonnene Linie der deutschen Außenpolitik fortzusetzen. Darüber ist eine Debatte kürzlich gewesen; ich möchte sie nicht wiederholen. Nur das eine möchte ich sagen: Im Rahmen unserer gesamten Wirtschaftspolitik und unserer Außenpolitik wird es von ausschlaggebender Bedeutung sein, daß die Entwicklung, Herausbildung und Errichtung von deutschen Auslandsvertretungen in einem schnelleren Tempo verwirklicht wird, als es bisher der Fall gewesen ist. Dazu diesmal ein Wort an den Haushaltsausschuß und nicht an den Finanzminister, eine Bitte an den Haushaltsausschuß um das nötige Verständnis für die Bildung dieser Dinge. Bei der Entwicklung von Auslandsvertretungen, ihrer Bestückung, ihrer Ausstattung, ist es nicht mit inlandgemäßen Rechenexempeln getan. Es wäre verhängnisvoll, wenn diese Auslandsvertretungen aus Gründen der Sparsamkeit nicht so ausgerüstet, nicht so zahlreich besetzt und nicht auch qualitätsmäßig so entwickelt werden könnten, wie es erforderlich wäre, so daß es sich letzten Endes als wirtschaftlicher Mißerfolg auswirken könnte. Die Errichtung von Auslandsvertretungen ist nämlich nicht nur ein Mittel der Repräsentation des eigenen Staates oder der Wahrnehmung von irgendwelchen Verhandlungen, sondern sie ist ein außerordentlich wichtiges Element der Außenhandelspolitik überhaupt. Ich mache vor allen Dingen darauf aufmerksam, daß bei dem wachsenden Einfluß der staatlichen Instanzen auf wirtschaftliche Vorgänge in vielen Ländern, mit denen wir Güteraustausch zu treiben haben, nicht mehr allein die Möglichkeit besteht, Außenhandelsbeziehungen zu erweitern, durch ausschließlich privatgeschäftliche Bemühungen.
Dann noch eine dritte, eine letzte Bemerkung zu dem, was natürlich in diesem Zusammenhang überhaupt für unsere staatliche Entwicklung sehr wesentlich und entscheidend ist: das ist die Sicherheit dieses Staates. Soweit das wieder einmal die Frage der Außenpolitik berührt, ist heute in diesem Zusammenhang nicht darüber zu sprechen. Ich meine jetzt die innere Sicherheit


(Dr. Schäfer)

gegenüber Versuchen, dieses Staatsleben irgendwie zu stören oder zu verwirren durch demagogische Haltlosigkeiten oder durch Bestrebungen, die auf irgendeine Weise eine Restauration von autoritären und totalitären Staatsformen erreichen möchten. Darin, meine Damen und Herren, sind wir mit der Bundesregierung, vor allem auch mit dem Herrn Innenminister durchaus in voller Übereinstimmung, daß allen diesen Tendenzen in der entschiedensten Form entgegengewirkt werden muß und daß hier jede Form der Aufklärung angebracht ist. Es handelt sich nicht um eine Aufgabe, Herr Kollege Schoettle, bei der die Regierung sich eines Regierungsapparates bedient, um einseitige, — sagen wir — der Koalitionszusammensetzung entsprechende Aufklärung zu betreiben.

(Abg. Schoettle: Das sollte mich sehr freuen!) Es ist — weiß Gott — nicht der Zweck einer solchen Einrichtung und darf es nicht sein, etwa in parteipolitischem Sinne einseitige, staatlich gelenkte Propaganda zu betreiben. Aber es ist eine Aufgabe des Staates, um seiner Behauptung willen die Prinzipien darzulegen, auf denen er aufgebaut ist, sie zu rechtfertigen, seine Haltung und seine Handlungen zu rechtfertigen, sie vor Mißdeutungen zu schützen und zu bewahren. Das, glaube ich, gehört doch wohl auch dazu, und diesen Dingen wird man nicht widersprechen können. Denn hier handelt es sich einfach um die Frage der Festigung des Staates an sich und nicht um die Defensive einer zeitweiligen — went Sie so wollen — Regierung. Das würde ja zu einem absonderlichen Zustand führen. Da die Demokratie, wie wir sie haben, auf der Möglichkeit des Wechsels beruht, würde sich damit die Unvermeidlichkeit einer wechselnden Umschaltung der Selbstdarstellung des Staates ergeben. Das wäre das beste Mittel, um den Staat fragwürdig erscheinen zu lassen. Da, meine ich, sollte es aber durchaus möglich sein, die Grenzen dieser Aufgabe, aber auch ihre Notwendigkeit so klarzustellen, daß hier eine echte Funktion des Staates möglich ist.

Meine Damen und Herren, einige wenige Sätze zum Schluß. Etwas, glaube ich, ist doch auch als ein Ergebnis der Politik der Bundesregierung der letzten Jahre zu verzeichnen: daß nämlich die unbestreitbare Belebung der wirtschaftlichen Vorgänge vielfach das Lebensgefühl der deutschen Menschen gekräftigt hat, daß das Gefühl der Unsicherheit gewichen ist und daß vor allen Dingen der Nihilismus — wenn er auch noch nicht ganz überwunden ist — zurückgedrängt worden ist. Immer mehr Menschen sehen doch immer wieder in ihrer Umgebung Möglichkeiten und Mittel, die verderbliche Vergangenheit zu überwinden. Da beginnt vor allen Dingen auch die Resignation der jüngeren Generation, insbesondere der Frontgeneration zu weichen. Sie ist aus einer Vorstellungswelt herausgestürzt worden, in der sie gläubig und vielleicht sogar besessen gewirkt hat, meist nicht bösartig oder böswillig, aber völlig im Bann von irrigen Wertvorstellungen, eine Generation, die nun den Wandel vollziehen muß, die den Schritt zu* der Anteilnahme an unserer demokratischen Entwicklung gehen muß.

(Zuruf des Abg. Renner.)

— Ja, Herr Kollege Renner, daß Ihnen das nicht paßt, kann ich mir gut vorstellen.

(Abg. Renner: Sicherheitsbeitrag!)

Es ist bis zu einem erheblichen Grade gelungen,
die Resignation, die weite Kreise unseres Volkes
ergriffen hatte, zu überwinden. Das ist auch ein politischer Erfolg. Denn es gibt nur einen Weg, aus dem Niedergang wieder zur Höhe der wirtschaftlichen und politischen Entfaltung zu gelangen, den Weg nämlich von der Resignation zur Vitalität.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0115103200
Das Wort hat der Abgeordnete Renner.

Heinz Renner (KPD):
Rede ID: ID0115103300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Haushaltspläne sind ein zahlenmäßiger Spiegel der 'Politik der Körperschaft, für die sie aufgestellt werden. Was wir heute — post festum sozusagen — noch sanktionieren sollen, ist das zahlenmäßige Bild der Politik des Kabinetts Adenauer. So wie wir die Politik dieses Kabinetts in jeder ihrer Erscheinungsformen abgelehnt lund bekämpft haben, so lehnen wir auch diese uns nachträglich vorgelegten Haushaltspläne ab.
"(Zuruf rechts: Ungeheuer!!)

Der Sprecher der CDU/CSU, der Herr Abgeordnete Wuermeling, hat heute eine Rede gehalten, bei der ich mich gefragt habe: Was ist denn eigentlich los? Wir stehen doch im Augenblick vor keiner Wahl; die Regierungen in den Ländern sind doch gebildet; die neuen Koalitionen gefährden doch im Bundesrat nicht das Adenauer-Kabinett! Wozu denn diese Aufregung?! Mir fiel dabei auch ein Wort von Wilhelm Busch ein: „Die Armut kommt von der Powerteh."

(Zurufe: Das ist von Fritz Reuter!)

Es wird gesagt: Daß unser Volk so arm ist, wie es ist — und wie Sie das bei anderen Gelegenheiten gezwungenermaßen zugeben müssen —, diese „Powerteh", diese Armut ist keineswegs das Ergebnis der Politik der Adenauer-Regierung, sondern — wenn man will — die Auswirkung der großen internationalen Politik, die sich im Augenblick in dem Begrifff „Korea" zusammenfaßt. Das wird unserem Volk eingeredet! Ich habe mich gefragt: Was soll denn die Rede? Will man diese Rede etwa drucken und unter die Millionen der hungernden Invaliden und Sozialberechtigten verteilen als Ersatz für die ihnen bisher versagte Aufbesserung ihrer Sozialbezüge?

(Sehr gut! bei der KPD.)

Will man Ihnen einmal nicht statt Renten papierne Erklärungen geben? Bei dieser Regierung ist alles möglich. Darum spreche ich auch diesen Gedanken einmal offen aus. Aber Herr Abgeordneter Wuermeling hat geglaubt, es sei nun richtig, die Taktik einzuschlagen: Der Angriff ist die beste Verteidigung. Er hat — ich weiß nicht, ob ich es hier als Geschmacklosigkeit bezeichnen darf; es hat wenigstens so gewirkt — seinen Ausführungen einen der wichtigsten Sätze aus der Regierungserklärung vom Oktober 1949 vorausgesetzt, den Satz, in dem die Erklärung des Herrn Bundeskanzlers gipfelte: daß er eine Politik betreiben wolle — so sozial wie irgend möglich. So sozial wie irgend möglich! Wir sind der Überzeugung, daß man das von der Politik der Adenauer-Regierung nicht sagen kann. Sie war nicht sozial und sie war nicht einmal so sozial, wie es möglich gewesen wäre. Wir sind der Auffassung, daß alle Maßnahmen politischer und wirtschaftlicher Natur, die diese Regierung im zurückliegenden Jahr ergriffen und durchgeführt hat, auf die Schaffung eines — wie sie es nennt — Sicherheits-


(Renner)

beitrages und — wie wir es nennen — auf die Wiederaufrüstung Westdeutschlands,

(Zuruf rechts: Alte Walze!)

auf die Vorbereitung des Krieges hinauslaufen.
Ich weiß nicht, ob es nur das Unterbewußtsein bei dem Herrn Kollegen Wuermeling war, das ihn veranlaßte, das Jahr 1936, das — wie er sagte —„Aufrüstungsjahr Hitlers", mit dem Jahr in Parallele zu bringen, in dem wir im Augenblick stehen. Das wäre dann von seinem Standpunkt aus eine sehr gefährliche Parallele; das wäre aber eine sehr richtige Parallele, gesehen vom Standpunkt der gesamten Adenauer-Politik, die die Koalitionsparteien und- darüber hinaus die Mehrheit dieses Hohen Hauses bekanntlich decken.
Herr Wuermeling hat mit Zahlen ein treffliches Spiel gespielt und hat mit den Zahlen tatsächlich den Beifall einer gewissen Hälfte dieses Hohen Hauses gefunden.

(Abg. Dr. Wellhausen: Der besseren Hälfte! — Heiterkeit.)

— Der besseren Hälfte? Ja, wenn Sie mit „besser" meinen, daß die Ausbeutung charakterlich gesehen etwas Höherwertiges, etwas moralisch Höherstehendes sei, dann sei Ihnen das „bessere Hälfte" attestiert.

(Zuruf rechts.)

— Ja, wer spricht bei Ihnen von Moral?! Ihre Politik hat mit Moral nichts zu tun,(Zuruf rechts: Aber Ihre!)

das sei Ihnen gesagt! Ihre Politik läuft auf das hinaus, was ich vorhin ausgesprochenhabe, auf die Vorbereitung des Krieges.

(Sehr wahr! bei der KPD. — Zurufe rechts: Och, och!)

Darum macht auch in Ihrem Haushalt der Betrag für die Besatzungskosten diesen ungeheuerlichen Anteil aus,

(Zuruf in der Mitte: In der Ostzone!)

den Anteil, den Sie in der Zwischenzeit in „Sicherheitsbeitrag" umgedeutet haben, dessen wahren Charakter wir heute dankenswerterweise durch den Mundeines Mannes erfahren haben, der der wirkliche Herr bei uns in Deutschland ist. Heute hat der NWDR einen Kommentar der „Daily Tribune" über das Memorandum behandelt, das Herr McCloy im Augenblick drüben in USA vor dem Repräsentantenhaus verteidigt. Der Schreiber in der „Daily Tribune" sagt, McCloy vertrete in diesem Memorandum den Standpunkt, daß es in der Frage des Wehrbeitrags der Bundesrenublik keine grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten mehr gebe,

(Hört! Hört! bei der KPD)

in diesem Memorandum sei niedergelegt, daß man in Konsequenz der Tatsache, daß in Westdeutschland die Regierung und die Mehrheit der Bundestagsparteien bereit seien, einen „Sicherheitsbeitrag" zu leisten, auch politische Zugeständnisse zu machen bereit sein müsse, daß man — das ist das Entscheidende — der Aufstellung von 250 000 Mann westdeutscher Soldaten in der Form von Divisionen — also in der Form, wie es die deutschen militärischen Sachverständigen bisher gefordert haben — zuzustimmen bereit sei. Wir sind für diese Erklärung dankbar. Das ist das erste offene Wort, das wir über die wahren Intentionen der Herren Hohen Kommissare hören. Bisher hat ja unsere Regierung die Vorbereitungsarbeiten getroffen,
ohne jemals dem Bundestag auch nur ein Wort darüber bekanntzugeben. Bisher haben doch auch die Herren Hohen Kommissare, besonders der Herr McCloy, uns immer gesagt, daß die Frage der Teilnahme Westdeutschlands an der sogenannten Sicherheit erstens von der Haltung der Regierung, zweitens von der Haltung des Bundestags und drittens von der Zustimmung des deutschen Volkes abhängig gemacht werden müsse.

(Zuruf von der KPD: Das letztere ist vergessen!)

Die ablehnende Haltung des deutschen 'Volkes unterdrücken Sie im Augenblick ia systematisch. Das darf angesichts ihrer letzten Ausnahmebestimmungen auf diesem Gebiet wohl behauptet werden.
Nun aber zu dem Herrn Wuermeling und zu der von ihm behaupteten ungeheuerlichen Leistung der Regierung auf sozialpolitischem Gebiet. Was hat denn die Regierung gebracht, was hat sie z. B. bisher den Invaliden gebracht? Nichts, außer Deklarationen! Ich wundere mich, wie der Herr Schoettle von einer 25%igen Erhöhung der Invalidenrenten sprechen konnte. Die soll eventuell am 1. Juli kommen. Die kommt auch nicht generell, sondern die Erhöhung der Invalidenrente soll ja auf den Anspruch abgestellt werden, den der Invalide sich durch Beitragsleistungen erworben hat. Es ist also keineswegs eine generelle Erhöhung vorgesehen. Was hat man außerdem noch getan? Man hat ein Kriegsopferversorgungsgesetz geschaffen. Heute sagen sogar die Herren von der SPD, dieses Kriegsopferversorgungsgesetz beinhalte z. B., daß 40 0/o aller Kriegereltern zum • Teil oder ganz ihre Elternbezüge verlören. Was hat man für die Erwerbslosen getan? In den neuen Plänen wird bekannt, daß der Herr Bundesfinanzminister hofft, einen Betrag von 100 Millionen DM durch schärfere Kontrolle der Empfänger von Erwerbslosenunterstützung einzusparen. Was ist im übrigen auf anderen sozialpolitischen Gebieten geschehen? Nennen Sie doch ein konkretes Faktum! Nichts haben Sie getan. Von den Sozialdemokraten sind vier oder fünf Anträge in dieser Richtung gestellt worden. Wir haben zehn und mehr Anträge gestellt. Wir haben bereits im Oktober 1949 die Sanierung der Sozialversicherung gefordert. Es ist Überweisung an die Regierung als Material erfolgt, und alle diese Dinge liegen im Schoße der Regierung. Die Not und der Hunger wachsen von Monat zu Monat, und ein Wuermeling hat die stolze Stirn, sich hier hinzustellen und die „sozialen Leistungen" der Regierung als hervorragende Glanzleistungen herauszustellen.
Wir sind der Meinung, daß auch Maßnahmen der Regierung auf gewissen anderen Gebieten der Kritik aller wahrhaft demokratischen und fortschrittlich 'eingestellten Kreise in diesem Hohen Hause bedürfen. Da die Zeit es mir nicht erlaubt, auf alle Dinge einzugehen. komme ich auf das von mir schon angedeutete Problem der verfassungswidrigen Maßnahmen zur Ächtung gewisser demokratischer Organisationen. Ich wundere mich. daß der Bundesiustizminister aus der Tatsache, daß der seinerzeitige Beschluß der Bundesregierung und die aus dem Beschluß resultierenden Entlassungen von Beamten. Arbeitern und Angestellten im öffentlichen Dienst, die diesen diffamierten Organisationen angehören, durch Gerichtsurteile als Verfassungsbruch angesprochen worden sind und daß die Entlassungen in allen, in Hunderten von


(Renner)

Fällen rückgängig gemacht ' werden mußten, nur die eine Konsequenz gezogen hat, daß er an die Adresse der Richter gesagt hat, sie hätten den „Geist der Zeit" noch nicht verstanden, sie müßten sich an den Geist der Zeit anpassen. Wenn das keine Beeinflussung der sogenannten freien Richter ist, dann weiß ich nicht mehr, was Beeinflussung ist. -
Nun ein generelles Wort zu dem aufgeblähten Verwaltungsapparat, der auf unserem Volk lastet. Wir werden morgen bei einem anderen Punkt darüber etwas mehr sagen können. Heute nur so viel: es kann ja von keiner Seite bestritten werden, daß dieser Verwaltungsapparat in seiner Spitze ungeheuerliche Aufwendungen erforderlich macht, daß aber bisher das Problem etwa der Bewilligung einerausreichenden Teuerungszulage für die Beamten, Angestellten und Arbeiter der Bundesregierung nicht gelöst worden ist. Ich denke an die Aufwendungen, die uns durch den Herrn Polizeiminister — den gelegentlichen Verfassungsminister — in puncto Grenzschutzpolizei aufgezwungen worden sind. Ich denke an die unkontrollierten Ausgaben aus dem Korruptionsfonds des Herrn Ministers für sogenannte gesamtdeutsche Angelegenheiten. Ich denke z. B. an die pornographischen Plakate, die draußen hängen und von unserem Geld bezahlt werden.

(Glocke des Präsidenten.)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0115103400
Herr Abgeordneter Renner, ich unterbreche Sie. Sie sprechen von einem Fonds, den der Bundestag beschlossen hat, und bezeichnen ihn als Korruptionsfonds. Ich rufe Sie dafür zur Ordnung.

Heinz Renner (KPD):
Rede ID: ID0115103500
Ja, schön!

Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0115103600
Ich rufe Sie zum zweiten Mal zur Ordnung wegen dieser ungehörigen Kritik an meiner Maßnahme.

(Beifall in der Mitte.)

Ich mache Sie auf die Folgen eines dritten Ordnungsrufes aufmerksam.

Heinz Renner (KPD):
Rede ID: ID0115103700
Ich will zu Ende kommen.

(Zuruf rechts: Höchste Zeit! — Vorsicht, Vorsicht!)

Ich stelle nur fest, daß auch sozialdemokratische Zeitungen in der letzten Zeit diese Plakate als pure Pornographie und böswillige Völkerverhetzung bezeichnet haben.
Ich komme auf etwas anderes. Ich komme zurück auf die Politik der Regierung in der Frage der Preissteigerung. Niemand kann bestreiten, daß im Laufe des vergangenen Jahres eine in mancher Beziehung über 50% hinausgehende Verteuerung gewisser lebensnotwendigster Lebensmittel und Gebrauchsgüter eingetreten ist. Niemand kann bestreiten, daß die Reallöhne hinter dieser Preissteigerung weit zurückgeblieben sind. Niemand kann aber auch bestreiten. daß die Steuerpolitik dieser Regierung dazu geführt hat, daß im vergangenen Etatsjahr den Besitzenden ein Betrag von rund einer Milliarde Mark geschenkt worden ist, und niemand kann bestreiten, daß sich in dieser Periode in unserem Bundesgebiet auf Grund dieser Politik zweihundert neue Millionäre heraus-entwickelt haben.

(Oho-Rufe bei den Regierungsparteien.)

Während die Bundesrepublik seit der Währungsreform diese zweihundert neuen Millionäre zu verzeichnen hat und die Gewinnspannen in den verschiedensten Industrien sowie im Handel eine nie gekannte Höhe erreicht haben, ist der Reallohn der Arbeiter, wie das der DGB z. B. öffentlich ausspricht, in der Zwischenzeit sogar beträchtlich abgesunken. Dieser Tatsache können Sie höchstens die völlig unfundierte Behauptung entgegenhalten, daß die Reallöhne tatsächlich heute noch den gesteigerten Lebenshaltungskosten entsprächen.
Ich zitiere eine Meldung aus der „Rheinischen Zeitung" vom 21. Mai 1951, aus der hervorgeht, daß 6,2 Millionen Bewohner des Bundesgebietes zur Zeit ein Einkommen von unter 100 Mark haben, daß daneben 8,3 Millionen Einwohner ein Einkommen zwischen 100 und 200 Mark haben. Ich halte fest, daß die Statistik ides Statistischen Bundesamtes uns nachgewiesen hat, daß im letzten Halbjahr 1950 pro Kopf der Bevölkerung für die Durchführung der sozialen Wohlfahrtspflege in den Gemeinden und Ländern ein Betrag von 5 Mark pro Monat ausgegeben worden ist, und ich halte diesen 5 Mark die über 200 Mark entgegen, die pro Jahr von jedem in Westdeutschland lebenden Menschen zur Abdeckung der Besatzungskosten aufzubringen sind.
Der Herr Wuermeling hat sich darüber beschwert, daß es die Bundesregierung leider nicht fertiggebracht habe, etwas zur Hebung des sittlichen Schutzes unserer Jugend zu tun. Nun, da hat er mal wieder sein Licht unter den Scheffel gestellt. Sehen Sie, etwas haben Sie ja doch getan. Da liegt vor mir der Abdruck eines Rundschreibens der Christlich-Demokratischen Union des Rheinlandes, Landessekretariat Köln, vom 1. März 1951.

(Zuruf von der Mitte: Aha!) Ich zitiere den entscheidenden Satz:

Alle Bewerber für die Offizierslaufbahn des Grenzschutzes, die die Unterstützung der CDU erfahren sollen, müssen sofort nach Abgabe ihrer Bewerbungsunterlagen der Bundesgeschäftsstelle gemeldet werden.

(Hört! Hört! bei der KPD.)

Mit freundlichen Grüßen
gez. Dr. Schreiber, Landesgeschäftsführer.
Also, etwas habt ihr doch für die Jugend getan. Ihr sorgt dafür, daß eine gewisse Jugend in der zu bildenden Grenzschutzpolizei, diesem Vorläufer der „Reichswehr" oder „Bundeswehr" oder wie sie heißen soll, bereits im voraus wenigstens die Offiziersposten besetzen kann. Wenn das keine „positive Hilfe" für die Jugend ist, dann weiß ich nicht mehr, was man dazu sagen soll. Also stellt euer Licht nicht unter den Scheffel: Uniformen und im Anschluß daran den Heldentod, den Tod im Elend und Dreck der Schützengräben für das USA-Monopolkapital und seine Interessen, das seid ihr bereit, der deutschen Jugend zu verschaffen.

(Zuruf von der Mitte: Volkspolizei!) Ich komme zum Schluß.


(Zuruf von der Mitte: Gott sei Dank!)

Gegen diese Politik der Adenauer-Regierung hilft
nur eins — und dieses Wort richte ich vor allen


(Renner)

Dingen an die Freunde aus der sozialdemokratischen Fraktion — —

(Lachen und Oho-Rufe bei der SPD. — Zuruf von der SPD: „Freunde" ist gut! — Unruhe.)

— Nein, ich zitiere ja nicht das eigenartige Intermezzo Wuermeling–Schumacher--Schoettle, das sich heute abgespielt hat. Mir scheint hier nicht der Platz zu sein, auf dieses Intermezzo einzugehen; da können Sie ganz beruhigt sein. Ich will an Sie nur eine marxistische Wahrheit heranbringen. Diesem „Spuk der Adenauer-Regierung", die, wie Sie sagen, es fertiggebracht hat, daß die Masse das Volkes immer ärmer und die Reichen immer reicher werden, muß ein Ende gemacht werden. Ich will Ihnen das Mittel sagen, daß uns Karl Marx in die Hand gegeben hat, um diesem Zustand ein Ende zu machen: Aktionseinheit der Arbeiterklasse und Arbeits- und Kampfgemeinschaft aller fortschrittlichen deutschen Menschen, aller unterdrückten Arbeiter, Angestellten, Intelligenzler, Wissenschaftler, Handwerker und Gewerbetreibenden und Klein- und Mittelbauern gegen diese Regierung der Kriegsvorbereitung, des Krieges und des Hungers, für den Frieden! Fort mit Adenauer!

(Zuruf von der Mitte: Und mit Stalin!)

Das ist die Antwort, zu der man sich entschließen muß. Das ist das, was man realisieren muß, wenn man unserem Volk eine Regierung ersparen will, deren Politik zu den Konsequenzen geführt hat, die Sie als Sozialdemokraten heute mit Recht so charakterisiert haben, wie Sie es getan haben.

(Zuruf von der Mitte: Heil Moskau!) Wir sagen: Fort mit Adenauer!


(Zuruf von der Mitte: Fort mit euch!)

Her mit einer Regierung, die unserem Volk den Frieden und den sozialen Aufstieg bringt! Das ist die Linie, zu der sich auch ein Sozialdemokrat bekennen müßte.

(Beifall bei der KPD. — Lebhafte Zurufe.)


Dr. Hermann Ehlers (CDU):
Rede ID: ID0115103800
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.

Fritz Schäffer (CSU):
Rede ID: ID0115103900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Darf ich nach den aufgeregten Worten des Herrn Vorredners in ruhiger Sachlichkeit zu einigen Fragen Stellung nehmen,

(Sehr richtig! in der Mitte)

die an mich gerichtet worden sind, und gleichzeitig zu den Anträgen, die eingereicht worden sind.
Zunächst wurde eine Frage über das Verhältnis und das Zusammenarbeiten der Sonderabteilung des Bundesministeriums der Finanzen mit der sogenannten Beschaffungsstelle gestellt. Ich möchte dazu feststellen, daß auf Grund einer Vereinbarung mit der britischen Besatzungsmacht die Sonderabteilung Besatzungslastenverwaltung des Bundesministeriums .der Finanzen in Bad Homburg als die federführende deutsche Zentralstelle für das Beschaffungswesen in der britischen Zone bestellt worden ist. Wir hoffen, daß eine ähnliche Regelung für sämtliche Zonen noch erfolgen wird. Nach einer Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesministerium für Wirtschaft werden die Dinge so gehandhabt, daß die Bedarfsmeldungen der Besatzungsmacht in Duplikaten an die Sonderabteilung in Homburg gehen und ein Duplikat vor allem in den Fällen, in denen es sich bei Großaufträgen um Fragen der Rohstoffbeschaffung und der industriellen Kapazität handelt, an das Bundeswirtschaftsministerium hinübergegeben wird. Beide Bundesministerien sind selbstverständlich bestrebt, in engster Zusammenarbeit eine weitere Vereinfachung der Organisation zu erreichen und damit die Aufträge der Besatzungsmacht möglichst preisgünstig und wirtschaftlich zweckmäßig in der deutschen Wirtschaft unterzubringen.

(Abg. Mellies: Die Herren aus den Abteilungen beschießen sich in der Presse!)

— Die Herren aus den Abteilungen unterhalten sich in der Presse. Aber ich muß feststellen, daß Presseunterhaltungen nicht immer im Rahmen der Verantwortung der Bundesregierung liegen.
Was nun die Fragen wegen des Deutschen Schnelldienstes betrifft, so möchte ,ich dazu erklären, daß die Bundesregierung weder finanziell noch in anderer Weise irgendeine Verbindung mit diesem Pressedienst „Deutscher Schnelldienst" besitzt.
Sodann hat Herr Kollege Schoettle mir gegenüber die Frage aufgeworfen, ob ich nicht illoyal gehandelt habe insofern, als ich seinerzeit bei der Beratung des Antrags über die gemeinsame oder getrennte Haushaltsbesteuerung nicht rechtzeitig auf die Formulierungsfehler hingewiesen habe. Ich glaube, Herr Kollege Schoettle, der sonst doch seine Worte zu wägen gewohnt ist und im allgemeinen ein fairer Gegner ist, hat mit dem Wort „illoyal" den Sachverhalt doch nicht richtig bezeichnet. Ich nehme ihm das aber nicht übel. Der Herr Kollege Schoettle wird sich erinnern, daß ich mich gegen den Hauptantrag seiner Fraktion sehr lebhaft gewandt habe und daß dieser Antrag auch abgelehnt worden ist. Ich gestehe offen, daß ich damit die Schlacht für geschlagen hielt und irrtümlicherweise der Meinung war, daß auch der Eventualantrag das Schicksal des Hauptantrages erfahren würde. Leider Gottes kam die Sache mit einer Stimme Mehrheit anders. Da ich aber in dem Irrtum befangen war, habe ich das Wort nicht mehr genommen; sonst weise ich — ich habe das in anderen Fällen auch getan — nach Möglichkeit auf falsche Formulierungen hin. Im übrigen werden wir heute noch Gelegenheit haben, eine andere Formulierung bzw. eine richtige Erledigung der Angelegenheit zu finden; ich hoffe, in gemeinsamem Zusammenarbeiten.
Nun darf ich zu den Anträgen selbst Stellung nehmen. Der Antrag Umdruck Nr. 227 scheint mir in Ziffer I offene Türen einzurennen, da nach § 12 der Haushaltsordnung in Zusammenhang mit den betreffenden Bestimmungen der Reichswirtschaftsordnung ja schon vorgesehen ist, daß die Bezüge, die ein Beamter in seiner dienstlichen Eigenschaft aus Aufsichtsrats- und sonstigen Sitzen hat, im Haushaltsplan auszuweisen sind. Wenn das im ersten Jahr der Haushaltsaufstellung noch nicht voll durchgeführt werden konnte — die Beamten sind ja auch in diesem ersten Jahr erst gekommen —, so können Sie sicher sein, daß entsprechend der Haushaltsordnung der neue Haushaltsplan diesen Hinweis enthalten wird.

(Abg. Schoettle: Wir werden uns darum kümmern, Herr Finanzminister!)

— Ich bitte, mich daran zu erinnern!

(Abg. Schoettle: Ja, ja!)



(Bundesfinanzminister Schäffer)

Nach Ziffer II dieses Antrags soll, glaube ich, ebenso insofern etwas nicht Notwendiges geschehen, als meiner Unterrichtung nach eine Aufstellung der Sachverständigengutachten und -kosten im Laufe der Beratungen im Haushaltsausschuß schon gegeben wurde.

(Abg. Mellies: Nur von einigen Ministerien!)

— Nur von einigen Ministerien, aber es werden wohl die hauptbeteiligten Ministerien gewesen sein, bei denen angefragt worden ist.

(Abg. Mellies: Es waren noch nicht 50%!)

Nun zu dem Antrag Umdruck Nr. 226! Ich bin bereit, mich unbeliebt zu machen mit der Feststellung, daß Ziffer 1, die eine Herabsetzung des Betrages in Tit. 24; also des sogenannten Repräsentationsaufwandes, auf die Hälfte fordert, mir nicht durchführbar erscheint. Ich bin gern bereit, den Damen und Herren des Hauses in allen einzelnen Positionen die Verwendung der Mittel dieses Tit. 24 nachzuweisen. Aber wenn Sie daran denken, welche Ausgaben — um z. B. von meinem Hause zu reden — in dem einen Jahr allein bei der Eröffnung des Bundesfinanzhofes oder bei der Eröffnung der Finanzschule — Sie waren ja zum Teil selbst daran beteiligt - angefallen sind; so wird Ihnen das einen Überblick darüber geben, daß es unmöglich ist, diese hier anfallenden Ausgaben mit der Hälfte des vorgesehenen Betrages zu leisten.
Die Ziffer 2 des Antrages bezieht sich auf die persönlichen Referenten usw. Ich bitte, im Haushaltsplan nachzusehen. Mir ist nicht bekannt, daß gegen diese Regel, wonach persönliche Referenten heim Minister und Staatssekretär vorzusehen sind, — —

(Abg. Mellies: Wir haben es ja im Bundeskanzleramt!)

— Bundeskanzleramt? Also die Ausweise finden Sie jedenfalls in den Haushaltsvoranschlägen und können Sie dort nachprüfen.

(Abg. Mellies: Da sind sie drin!)

Was nun die Ziffer 3 dieses Antrages bezüglich der Ausgaben aus Tit. 20 der Einzelpläne betrifft, so ist es doch wohl in erster Linie Sache des Bundesrechnungshofes, die Verwendung dieser Mittel nachzuprüfen. Ich möchte doch bitten, die Aufgaben des Bundesrechnungshofes nicht mit den Aufgaben der Legislative zu verwechseln,

(Sehr richtig! in der Mitte)

und würde daher vorschlagen, es im nächsten Jahr ohne diese Anträge zu versuchen.(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0115104000
Das Wort hat der Herr Bundesinnenminister.

Dr. Robert Lehr (CDU):
Rede ID: ID0115104100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin darüber unterrichtet worden, daß in meiner Abwesenheit hier Ausführungen über die Bundeszentrale für Heimatdienst gemacht worden sind, die nicht unwidersprochen bleiben dürfen. Es ist sehr bedauerlich, daß einer Institution, die erst im Entstehen begriffen ist, schon ehe sie das Licht der Welt erblickt hat, Gefühle des Mißtrauens von
Mitgliedern dieses Hohen Hauses entgegengebracht werden.

(Abg. Schoettle: Sie scheinen falsch darüber unterrichtet worden zu sein, was ich gesagt habe! — Zuruf von der KPD: Das gab es schon einmal!)

— Es ist mir leider nicht möglich, an allen Stellen gleichzeitig zu sein; es ist heute sowieso ein bewegter Tag für das Ministerium. Ich möchte aber auf jeden Fall einmal klarstellen, daß irgendwelche Besorgnisse, als ob hier ein Goebbelssches Propagandainstitut aufgezogen werden sollte, nicht am Platze sind.

(Lebhafte Zurufe von der KPD.)

Ich möchte weiter betonen, daß in keiner Weise daran gedacht ist, irgendwie die Opposition bei der jetzt einsetzenden Zusammenarbeit im Aufbau dieser Stelle auszuschließen, sondern daß im Gegenteil die Zusammenarbeit des Hauses in seiner ganzen Ausdehnung — soweit nicht äußerster Radikalismus auf der Linken und Rechten die Mitarbeit selbstverständlich ausschließt — in dieser Frage erstrebt wird.

(Sehr gut! in der Mitte.)

Die Bundeszentrale hat zwei große Aufgabengebiete. Es obliegt ihr einmal die staatsbürgerliche Erziehung der Bevölkerung. Darunter ist nur zum kleineren Teil eine belehrende Unterrichtung über die Demokratie und ihre Geschichte zu verstehen. Es kommt vor allen Dingen darauf än, die Bevölkerung über aktuelle politische Fragen aufzuklären, die durch die Gesetzgebung oder durch Verordnungen oder sonstwie geregelt werden. Hier muß in objektiver Berichterstattung aufgeklärt werden, was der Sinn dieser Gesetzgebung und dieser Verordnungen ist. Ebenso wichtig und notwendig ist — das ist oft unterschätzt worden — die Erziehung des einzelnen zu politischem Verantwortungsbewußtsein und zu demokratischen Tugenden wie Toleranz, Kompromißbereitschaft, Mäßigung und Fairneß.
Die Bundeszentrale für Heimatdienst hat aber auch noch die Aufgabe, den europäischen Gedanken in der Bevölkerung zu verbreiten, seine Verwirklichung voranzutreiben und die Einsicht in die Notwendigkeit eines föderalistischen Zusammenschlusses der europäischen Staaten zu vermitteln.
Unter diesen Aufgaben sind nun viele neue Aufgaben, die die frühere Reichszentrale für Heimatdienst in dieser Form überhaupt nicht gekannt hat. Infolgedessen sind auch die Arbeitsmethoden neu. Soweit es sich um die Aufklärung derjenigen handelt, die politisch interessiert sind und die sich von selbst um diese Aufklärung bemühen, wird man bei den Methoden der ehemaligen Reichszentrale für Heimatdienst bleiben können, z. B. Aufsätze in der Presse, Herausgabe von Broschüren und Büchern, Vorträge im Rundfunk und Herstellung von Lehrfilmen. Aber wir wenden uns ja nicht nur an die Leute, die guten Willens sind, sondern vor allem an die große Masse der politisch Indifferenten, der Gleichgültigen, der Interesselosen und der Ablehnenden. Hier müssen wir neue psychologische Methoden der indirekten Einfühlung finden, um auf dem Wege des Preisausschreibens, des Wettbewerbs, des Schauspiels, des Films und Hörspiels auf diesen Personenkreis einwirken zu können.


(Bundesinnenminister Dr. Dr. h. c. Lehr)

Alle diese anfallenden Arbeiten sollen nicht etwa in einem beamtlichen Rahmen erledigt werden, sondern im Gegensatz zur einstigen Reichszentrale für Heimatdienst wenden wir uns an freie Mitarbeiter, an Journalisten, Schriftsteller und Verleger. Sie sollen eng zusammenarbeiten mit allen Organisationen, wie Vereinigungen, Gruppen und Dienststellen, die auf diesen Arbeitsgebieten tätig sind. Kirchen, Gewerkschaften, Bürgerrechtsvereine, Berufsverbände — sie alle sollen uns in unserer Erziehungsarbeit beraten. Sie sollen aber alle Fäden in der Hand behalten, und das Innenministerium wird sich auf ein Mindestmaß von Koordination beschränken. Das Ministerium wird die enge Fühlungnahme mit dem Heimatdienst, seitens dieser Organisationen nur so weit gestalten, wie es unbedingt notwendig ist; es wird aber die ganze Arbeitsweise und Arbeitskraft in diesen Kreis der freien Mitarbeiter außerhalb des Ministeriums legen.
Ich glaube, ich kann- mich auf diese Ausführungen über die Grundgedanken, die im Augenblick im Stadium der konstruktiven Durchführung sind, beschränken. Ich wiederhole noch einmal: Die Bundeszentrale für Heimatdienst ist nicht eine Angelegenheit einer einzelnen Partei oder einer Koalition. Sie wendet sich in dem Rahmen ,der großen Aufgabengebiete, die ich eben genannt habe, an das ganze Haus, um freie Mitarbeiter außerhalb des Ministeriums zu bekommen. Es wird so eine Art Gehirntrust gebildet werden,

(Zurufe von der KPD)

der dann aus seiner schöpferischen Tätigkeit, seiner eigenen Berufserfahrung und Lebensstellung die erforderlichen Ratschläge und Wege finden wird.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0115104200
Wird weiter das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die allgemeine Aussprache.
Wir kommen mm zur Einzelaussprache. Ich bitte Sie, die Drucksachen Nr. 1500 und Nrn. 1900 bis 1928 und den Umdruck Nr. 218 zur Hand zu nehmen.
Ich rufe auf Einzelplan I Drucksache Nr. 1901. — Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Angenommen.
Einzelplan II, das ist die Drucksache Nr. 1902. — Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme ist; den bitte ich, die Hand zu erheben.
— Gegenprobe! Das erste war die Mehrheit. Angenommen.
Einzelplan III, Drucksache Nr. 1903. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Aussprache. Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — 'Gegenprobe! — Angenommen.
Einzelplan IV.

(Abg. 'Schoettle: Herr Präsident! Darf ich bitten, daß Sie wenigstens auch sagen, welche Einzelpläne das sind! Es können nicht alle Mitglieder wissen!)

— Ich dachte, Sie hätten die Drucksachen vor sich liegen und blättern gleichzeitig mit mir um. (Heiterkeit.)

Ich habe bisher noch jedesmal auch die Nummer der Drucksache aufgerufen.

(Abg. Schoettle: Die meisten tun es nicht!)

- Aber ich nehme Ihre Anregung gern entgegen.
Einzelplan IV, Drucksache Nr. 1904. Es handelt sich um den Haushalt des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramts. — Keine Wortmeldungen? — Ich schließe die Aussprache und lasse abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. — Angenommen.
Einzelplan V- Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten des Marshall-Plans. Keine Wortmeldungen? — Ich schließe die Aussprache.
— Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Angenommen.
Nun haben wir zu Umdruck Nr. 218 Ziffer I Unterziffer 1 einen Beschluß zu fassen. Es handelt sich um einen Antrag zu diesem Einzelplan. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.

(Zurufe.)

— Es handelt sich um den Umdruck Nr. 218 I Ziffer 1. Es heißt dort: „Zum Einzelplan V ..." Das ist schon in zweiter Lesung beschlossen; wir müssen es aber in der dritten Lesung wieder beschließen. Der Antrag steht auf der ersten Seite des Umdrucks Nr. 218. Wird das Wort dazu gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache dazu und lasse abstimmen. Wer für die Annahme dieses Antrags ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe. — Angenommen.
Einzelplan V a, Drucksache Nr. 1906, Haushalt des Deutschen Vertreters im Rat der Internationalen Ruhrbehörde und des Deutschen Delegationsbüros in Düsseldorf. Keine Wortmeldungen? — Dann Schließe ich die Aussprache und lasse abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Angenommen.
Einzelplan VI, Drucksache Nr. 1907, Haushalt des Bundesministeriums des Innern. Keine Wortmeldungen? — Dann schließe ich die Aussprache und lasse abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe!
— Das erste war die Mehrheit. Angenommen.
Nunmehr haben wir abzustimmen über I Ziffer 2 und II Ziffer 1 des Umdrucks Nr. 218. Das sind zwei Anträge, die zu diesem Einzelplan gehören. — Das Wort wird dazu nicht gewünscht. Die Aussprache darüber ist geschlossen. Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Einzelplan VII, Haushalt des Bundesministeriums der Justiz, Drucksache Nr. 1908. — Keine Wortmeldungen? — Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Der Einzelplan VII ist angenommen.
Nunmehr ist abzustimmen über einen Entschließungsantrag der SPD Umdruck Nr. 130. Diese Entschließung betrifft die Schaffung eines Arbeitsstabes zur Vorbereitung einer Reform des Strafrechts. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegen-


(Vizepräsident Dr. Schmid)

probe! — Letzteres ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Einzelplan VIII, Drucksache Nr. 1909, Haushalt des Bundesministeriums der Finanzen. — Keine Wortmeldungen? — Ich schließe die Aussprache Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Der Einzelplan VIII ist angenommen.
Einzelplan IX, Drucksache Nr. 1910, Haushalt des Bundesministeriums für Wirtschaft. — Keine Wortmeldungen? — Die Aussprache ist geschlossen Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme ist den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Der Einzelplan IX ist angenommen.
Nunmehr ist abzustimmen über I Ziffer 3 des Umdrücks Nr. 2i18, einen Antrag zu diesem Einzelplan IX. - Keine Wortmeldungen? — Dann stimmen wir ab. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Die Entschließung ist angenommen.
Einzelplan X, Drucksache Nr. 1911, Haushalt des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. — Keine Wortmeldungen? — Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme des Ausschußantrages auf Drucksache Nr. 1911 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Angenommen.
Nun liegt hier ein Entschließungsantrag der SPD auf Umdruck Nr. 153 vor:
Die Bundesregierung wird ersucht, im Haushalt 1951 einen Betrag von mindestens 60 Millionen DM zur Förderung der ländlichen Siedlung .(Kap. 1 Tit. 55) zur Verfügung zu stellen.
Wird das Wort dazu gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme dieser Entschließung ist, den bite ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! —

(Zurufe von der SPD: Aha! Das sind die so gelobten Bauern!)

Darf ich bitten, die Abstimmung zu wiederholen. Es ist sehr schwer, sich ein genaues Bild zu machen, da die Stimmen im Haus ziemlich verstreut sind. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Letzteres war die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Dann haben wir bei Drucksache Nr. 1911 noch abzustimmen über Ziffer 2 des Antrags des Ausschusses, nämlich ein Ersuchen an die Bundesregierung, alsbald einen Gesetzentwurf über die Flurbereinigung vorzulegen. Wer für die Annahme dieser Ziffer 2 des Ausschußantrags Drucksache Nr. 1911 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben! — Gegenprobe! — Der Antrag ist angenommen.
Einzelplan XI, Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit, Drucksache Nr. 1912. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Aussprache und lasse abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit. Der Einzelplan ist angenommen.
Einzelplan XII, Haushalt des Bundesministeriums für Verkehr, Drucksache Nr. 1913. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Aussprache. Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme des Ernzelplans ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Der Einzelplan XII ist angenommen.
Einzelplan XIII, Haushalt des Bundesministeriums für das Post- und Fernmeldewesen, Drucksache Nr. 1914. — Keine Wortmeldungen. Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Der Einzelplan XIII ist angenommen.
Einzelplan XIV, Haushalt des Bundesministeriums für Wohnungsbau, Drucksache Nr. 1915. — Keine Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen. Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Der Einzelplan XIV ist angenommen.
Einzelplan XV, Haushalt des Bundesministeriums für Vertriebene, Drucksache Nr. 1916. — Keine Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen. Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Der Einzelplan XV ist angenommen.
Einzelplan XVI, Haushalt des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen, Drucksache Nr. 1917. — Keine Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen. Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Der Einzelplan XVI ist angenommen.
Nunmehr ist abzustimmen über den Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 218 unter I Ziffer 5. — Keine Wortmeldungen. Ich lasse abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Einzelplan XVII, Drucksache Nr. 1918, Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten des Bundesrates. — Keine Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen. Ich lasse abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Der Einzelplan XVII ist angenommen.
Einzelplan XX, Haushalt des Bundesrechnungshofs, Drucksache Nr. 1919. — Keine Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen. Ich lasse abstimmen. Wer für den Einzelplan ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen wenige Stimmen angenommen.
Einzelplan XXI, Haushalt der Bundesschuld, Drucksache Nr. 1920. — Keine Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen. Ich lasse abstimmen. Wer für den Einzelplan ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Der Einzelplan ist angenommen.
Nunmehr haben wir abzustimmen über die in Umdruck Nr. 218 unter I Ziffer 5 vorgeschlagene Änderung. — Keine Wortmeldungen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Einzelplan XXII, Haushalt der finanziellen Hilfe- für Berlin, Drucksache Nr. 1921. — Keine Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen. Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Gegen einige wenige Stimmen angenommen.
Einzelplan XXIII, Haushalt der allgemeinen Finanzverwaltung, Drucksache Nr. 1922. - Keine Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen. Ich lasse abstimmen. Wer für den Einzelplan ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen einige Stimmen angenommen.


(Vizepräsident Dr. Schmid)

Einzelplan XXIV, Haushalt der Besatzungskosten und Auftragsausgaben, Drucksache Nr. 1923; Einzelplan XXV, Haushalt der Besatzungskosten und Auftragsausgaben der Auslaufzeit 1949, Drucksache Nr. 1924; Einzelplan XXVII, Haushalt der Sonstigen Kriegsfolgelasten, Drucksache. Nr. 1926. Hierzu ist noch ein Beschluß zweiter Lesung zu wiederholen. Es handelt sich um den Umdruck Nr. 218 Ziffer II 2, Unterziffern bis IV. — Es liegen keine Wortmeldungen vor. Wer dafür ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen einige Stimmen angenommen, und zwar einschließlich des Beschlusses zweiter Lesung auf Umdruck Nr. 218. Der Einzelplan XXIV ist damit erledigt, Einzelplan XXV und Einzelplan XXVII ebenfalls.
Der Einzelplan XXVI, Haushalt der sozialen Kriegsfolgelasten, Drucksache Nr. 1925 ist noch nicht erledigt. — Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich lasse abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen einige wenige Stimmen angenommen.
Nunmehr rufe ich den Antrag des Ausschusses Drucksache Nr. 1927 auf:
Der Bundestag wolle beschließen,
den neu einzufügenden Einzelplan IV b — Haushalt für Angelegenheiten des Europarats und verwandter Gebiete für das Rechnungsjahr 1950 — in der anliegenden Fassung anzunehmen.
— Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich lasse abstimmen. Wer für den Antrag ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. — Gegenpröbe! — Gegen einige Stimmen angenommen.
Nunmehr haben wir abzustimmen über den Antrag Umdruck Nr. 218 I Ziffer 4. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Nun kommen wir zur Drucksache Nr. 1928, Ergänzungsvorlagen der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 im ganzen. Ich brauche wohl nicht nach Ziffern aufzurufen. Es liegen keine Wortmeldungen vor. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen einige Stimmen angenommen.
Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über das Haushaltsgesetz, Drucksache Nr. 1900, die ich Sie vorzunehmen bitte. Ich rufe auf §§ 1, — 2, — 2 a, — 2 b, — 2 c, — 3, — 4, — 5, — 6, — 7, — 8,-9,— 10 entfällt, — 11, — 12, — 13, — Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Die einzelnen Bestimmungen sind angenommen.
Nunmehr die Schlußabstimmung über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950. Wer für Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. —Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Das Gesetz ist angenommen.
Nunmehr haben wir abzustimmen über die beiden Entschließungsanträge der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 226 und Nr. 227. Ich lasse zunächst abstimmen über die Entschließung auf Umdruck Nr. 226. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Letzteres ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt. Ich lasse nunmehr abstimmen über die Entschließung auf Umdruck Nr. 227. Wer für die Annahme ist, den
bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Letzteres ist die Mehrheit; abgelehnt.
Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Da Punkt 6 der Tagesordnung abgesetzt ist, rufe ich auf Punkt 7:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Preiß, Neber und Genossen betreffend Fortführung der Phosphatdünger-Subventionen im Düngerwirtschaftsjahr 1951/52 (Nr. 2294 der Drucksachen).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, eine Gesamtredezeit von 40 Minuten zu beschließen. — Das Haus ist einverstanden. Wer begründet den Antrag? — Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Preiß.

Dr. Ludwig Preiß (CDU):
Rede ID: ID0115104300
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Durch Kabinettsbeschluß vom 20. März dieses Jahres wurde entschieden, daß, die bisherigen Phosphatsubventionen ab 1. Juli nicht weitergezahlt werden sollen. Entsprechende Hinweise in der Presse und auch mündliche Äußerungen des Bundesfinanzministers sind anschließend ergangen. Die Einstellung dieser Subventionszahlungen würde die Landwirtschaft finanziell empfindlich treffen und würde insbesondere sehr bedenkliche Rückwirkungen auf den derzeitigen Produktions-und Leistungsstand haben.
Der Subventionsbedarf für Phosphatdüngemittel in Höhe von 80 Millionen für ein Düngejahr verteilt sich auf 7 verschiedene Phosphatdünger, und zwar Import-Thomasmehl, Glühphosphate, Superphosphate, Superphosphatmischdünger, Camaphos, Kampdünger und Moordünger. Der Wegfall dieser Phosphatsubventionen, die der Landwirtschaft bisher auf dem Wege über verbilligte Abgabepreise der Düngerindustrie zugeführt wurden, würde für die Landwirtschaft allein auf diesem Sektor nicht nur einen Mehraufwand von 80 Millionen, sondern, da eine allgemeine Düngerverteuerung zum 1. Juli zu erwarten ist, eine Gesamtverteuerung von nahezu 100 Millionen bedeuten.
Es ist die Frage zu erheben, ob die Landwirtschaft auf Grund der in jüngster Zeit vorgenommenen Preiserhöhungen für verschiedene landwirtschaftliche Produkte in der Lage wäre, die Mehrausgaben auf diesem Sektor aus eigener Kraft zu tragen. Entgegen irrigen Zahlenangaben über Mehreinnahmen, die in der Öffentlichkeit erschienen und vertreten worden sind, muß festgestellt werden, daß die Landwirtschaft hierzu keineswegs imstande ist. Bedenkt man, daß außerdem zum 1. Juli eine 13prozentige Verteuerung der gesamten Stickstoffdüngemittel zu erwarten ist und daß auch Frachtvergünstigungen bei allen Sparten wegfallen sollen, so ergibt sich, daß für Düngemittel eine Mehrausgabe von 150 bis 160 Millionen anzusetzen wäre.
Es ist also ohne weiteres zu erwarten, daß diese ganz besonders zu Buche schlagende Verteuerung der Phosphatdüngemittel die Landwirtschaft zu einer starken Zurückhaltung in der Abnahme dieses wichtigen Grundnährstoffes veranlassen würde. Und das, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat für die Erhaltung oder die Steigerung des derzeitigen Leistungsstandes eine außerordentlich bedenkliche Seite. Jedem von Ihnen ist sicherlich geläufig, daß die Nährstoffaufnahme unserer Pflanzen sich nach dem Gesetz vom Minimum richtet, d. h. daß niemals nur ein einzelner Nährstoff aufgenommen wird, sondern immer nur in Verbindung der wichtigsten Nährstoffe miteinander, und zwar


(Dr. Preiß)

sich anlehnend an den im Minimum vorhandenen Grundnährstoff. Da nun unseren Böden im allgemeinen noch längst nicht soviel an Phosphornährstoffen zugeführt werden können, wie ihnen in den langen Kriegs- und auch in den ersten Nachkriegsjahren über das Maß entzogen worden sind, würde sich eine verminderte Zuführung der Phosphordüngemittel einwandfrei in einem Nachlassen der Erträge niederschlagen.
Zahlenmäßig, meine Damen und Herren, stellt sich die Verschiebung der Preisrelation zwischen den wichtigsten Düngemitteln wie folgt dar: Während derzeitig die Preise für Stickstoff, Phosphorsäure und Kali sich wie 100 : 32 : 24 verhalten, würde das Preisverhältnis sich nach Wegfall der Subventionen 'wie 100 : 58, 6 : 24 darstellen.
Mit diesem Problem hat sich kürzlich auch der Wissenschaftliche Beirat des Bundeslandwirtschaftsministeriums beschäftigt und sich ebenfalls eindeutig für die Notwendigkeit der Fortführung dieser Verbilligungsaktion ausgesprochen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Angesichts der Dringlichkeit dieser Angelegenheit — da nämlich nur noch 14 Tage vom alten Dünger- und Wirtschaftsjahr anstehen — halten wir es für geboten, daß dieser Antrag heute sofort angenommen und nicht zunächst noch an den Ausschuß überwiesen wird. Ich darf betonen, daß es sich hier tatsächlich um eine der wichtigsten produktionsfördernden Maßnahmen auf dem Gebiet der Ernährungswirtschaft und damit um eine volkswirtschaftliche Maßnahme handelt und keineswegs um einen einseitigen Antrag etwa zugunsten der Landwirtschaft. Ich darf das Hohe Haus bitten, diesem unserem Antrage zuzustimmen, und zwar gleich in der Form eines endgültigen Beschlusses, also auf eine Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu verzichten.

(Beifall rechts.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0115104400
Die Aussprache ist eröffnet. Wortmeldungen liegen nicht vor; ich schließe die Aussprache und lasse abstimmen. Wer für die Annahme des Antrags Drucksache Nr. 2294 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Einstimmige Annahme.
Ich rufe auf Punkt 8 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Fraktion der Bayernpartei betreffend Versorgung mit Hausbrandkohle und Nutzholz (Nr. 2295 der Drucksachen).
Hier schlägt Ihnen der Ältestenrat vor, eine Gesamtaussprachezeit von 60 Minuten zu beschließen. Ist das Haus mit diesen 60 Minuten einverstanden? — Es ist so beschlossen.
Wer begründet den Antrag? — Das Wort hat der ,Abgeordnete Fürst zu Oettingen-Wallerstein.

Fürst zu Eugen Oettingen-Wallerstein (FU):
Rede ID: ID0115104500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag meiner Fraktion bezweckt in erster Linie eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Hausbrandkohle. Er bezweckt aber auch, zu verhindern, daß ein abermaliger Versuch gemacht wird, die mangelnde Hausbrandkohle durch Brennholz zu ersetzen und auf diese Weise den deutschen Wald weiter auszuplündern, und er bezweckt vor allem auch, daß das für den Kohlenbergbau unentbehrliche Grubenholz nicht in die Öfen wandert, sondern seiner Bestimmung gemäß zu den Kohlenzechen gelangt. Wenn tatsächlich, wie es den Anschein hat, für die kommende Heizperiode pro
Haushalt eine Zuteilungsmenge von 16 Zentnern gegenüber einem erfahrungsgemäßen Durchschnittsverbrauch von 35 Zentnern vorgesehen ist, so zeigt dies, daß wir voraussichtlich geradezu katastrophalen Zuständen auf dem Gebiet der Hausbrandversorgung entgegengehen, falls nicht rechtzeitige Vorkehrungen für Erhöhung der Hausbrandzuteilung getroffen werden.
Dieser Mangel an Kohle geht in erster Linie auf die auch heute noch weit überhöhten Ziffern des unfreiwilligen Kohlenexports zurück, der sich, was die Versorgung der deutschen Bevölkerung betrifft, immer noch in den Gedankengängen des berüchtigten Morgenthau-Planes bewegt. Die Exportziffer von 6,2 Millionen Tonnen vierteljährlich und der Bedarf der Besatzung von 1,2 Millionen Tonnen vierteljährlich sprechen eine deutliche Sprache.
Was sind nun die Folgen, wenn eine derartige Mangelversorgung zwangsläufig durch Brennholz ausgeglichen werden soll? Bei einem ungedeckten Bedarf von etwa 16 Zentner Steinkohle je Haushalt ergibt sich für das Bundesgebiet bei rund 15 Millionen Haushaltungen eine Fehlmenge von etwa 12 Millionen Tonnen. Lufttrockenes Brennholz hat etwa die halbe Heizkraft wie Steinkohle. Um den Ausfall zu decken, ist daher eine Menge von 24 Millionen Tonnen Brennholz oder 38 Millionen Festmetern Holz nötig. Diese Menge stellt bereits 174 % des für dieses Jahr geplanten gesamten Einschlags dar oder über das Doppelte des gesamten Jahreszuwachses im deutschen Wald. Dazu kommt, daß in Mangelzeiten das Holz in der Regel naß verheizt wird und es daher eine ganz wesentlich niedrigere Heizkraft hat. So würde sich voraussichtlich die zu verfeuernde Menge noch sehr erheblich erhöhen, gar nicht zu reden davon, daß die meisten Öfen in den Haushaltungen auf Holzfeuerung nicht eingerichtet sind.
Nicht genug ernst zu nehmen ist die Gefahr, die sich für die Kohlenforderung daraus ergibt, daß das Grubenholz statt in die Zechen in die Öfen wandert. Während in der Heizperiode 1949 und 1950, als man gar nichts von einer Brennholznot hörte, jedes auch nur einigermaßen verwertbare Holz, sogar das Abfallholz, der Wirtschaft angedient werden konnte und auch von der Wirtschaft verwertet wurde, machte sich bereits in der abgelaufenen Heizperiode der Mangel an Heizmaterial insofern bemerkbar, als das Angebot an Grubenholz ganz wesentlich knapper wurde, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil die viel zu niedrig festgesetzten Grubenholzpreise eine Abwanderung des Grubenholzes in das höher bezahlte Faserholz, in idas Stammholz und auch in das Brennholz zur Folge hatten, und zwar auch durch Weiterverkauf des Grubenholzes für die genannten anderen Zwecke. Mit einem verstärkten Run auf Brennholz für die Heizperiode 1951/52 müssen wir aber selbstverständlich, wenn nicht rechtzeitig Wandel geschaffen wird, rechnen. Jeder Festmeter Holz, der in den Ofen wandert, würde in Form von Grubenholz genügen, um die Förderung von 800 Zentnern Kohle zu ermöglichen.

(Zuruf links: Denkste!)

Daraus geht zur Genüge hervor, welch volkswirtschaftlichen Irrsinn es bedeutet, Nutzholz statt Kohle zu verfeuern. Hält aber infolge der drohenden Brennstoffnot die mangelnde Andienung von Grubenholz an oder nimmt dieselbe noch weiter zu, so kann man sich leicht ausrechnen, welche Folgen es auf unsere Kohlenförderung haben muß, wenn nicht rechtzeitig der verstärkte Brennholzverbrauch und Brennholzeinschlag verhindert wird.


(Fürst zu Oettingen-Wallerstein)

Wir müssen daher die Bundesregierung ersuchen, raschestens Vorkehrungen zu treffen, um die Hausbrandversorgung sicherzustellen und dabei die
Hausbrandversorgung ganz scharf von der gewerblichen Versorgung zu trennen, da das Gewerbe doch noch immer die Möglichkeit hat, sich zu helfen. Wir dürfen nicht übersehen, welche Verbitterung infolge der Unsicherheit auf diesem Gebiet bereits besteht; sie wird sich verschärfen, wenn nicht rechtzeitig vorbeugende Maßnahmen getroffen werden. Wir bitten daher das Hohe Haus, unserm Antrage stattzugeben.

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0115104600
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Kreyssig.

Dr. Gerhard Kreyssig (SPD):
Rede ID: ID0115104700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion unterstützt den Ahtrag der Bayernpartei, weil sie die Auffassung teilt, daß auf diesem Gebiete, speziell was unsere Wälder anlangt, Gefahren drohen, wie sie in diesem Antrag aufgezeigt sind. Ich glaube allerdings, daß die Begründung, die hier vorgetragen worden ist, in einigen Punkten doch etwas .an der Sache vorbeigeht, jedenfalls nicht unbedingt den Nagel auf den Kopf trifft. Denn die Sorge, daß das Grubenholz verfeuert wird, wird zum Teil dadurch aufgehoben, daß wir im Bergbau leider eine Politik der Bundesregierung feststellen mußten, die es unmöglich macht, vorhandenes Grubenholz in dem Umfange zu investieren, wie es an sich notwendig wäre.
Vor allem möchte ich aber ein paar Worte zur Hausbrandversorgung sagen. Das Hohe Haus wird sich entsinnen, daß unsere Fraktion im Herbst vorigen Jahres die gleiche Sorge gehabt hat, die wir jetzt offensichtlich mit vielen hier im Hause wieder teilen. Im vorigen Jahr hat der Bundeswirtschaftsminister — er ist natürlich nicht im Hause, auch keiner seiner Vertreter ist anwesend, obwohl es hier wieder einmal um eine wirtschaftspolitisch außerordentlich wichtige Frage geht — den Verbrauchern den Vorwurf gemacht, sie seien, weil sie nicht rechtzeitig gekauft hätten, selbst schuld daran, daß sie im Winter frieren. Der Herr Bundeswirtschaftsminister — Sie werden sich dessen vielleicht entsinnen — hat am 8. November vorigen Jahres auf einer großen Kundgebung vor dem Bundesverband der deutschen Industrie in Köln erklärt, es könne nach der „statistischen Lage" in der Bundesrepublik zu einem ernsthaften Engpaß bei Kohle gar nicht kommen,

(Zuruf links: Der hat schon manches gesagt! — Abg. Mellies: Was hat er nicht schon alles geredet?!)

und er hat Mitte November 1950 in seinem eigenen Wahlkreis, vor der Industrie und Handelskammer in Ulm, gesagt, daß die Kohlenkrise in Westdeutschland seiner festen Überzeugung nach im Frühjahr 1951 überwunden sei und niemand mehr davon spreche.

(Zuruf von der SPD: Was sagt Wuermeling dazu?)

Ich überlasse es Ihnen selbst, gerade im Hinblick auf die große, sagen wir: „Aktivbilanz", die wir heute nachmittag vorgesetzt bekommen haben,

(Heiterkeit bei der SPD)

sich einige Gedanken zu machen, wie die „negativen Seiten" der Politik der Bundesregierung aussehen. Ich muß dabei weiter erwähnen, daß der Herr Bundesarbeitsminister Storch im Februar dieses Jahres ebenfalls sehr optimistisch erklärt hat, die Kohlenkrise sei vorüber und wir schafften auch die Beseitigung der Arbeitslosigkeit, — mit dem Ergebnis; daß wir pro Monat so etwa zwanzig- oder dreißig-, vielleicht auch mal fünfzigtausend Menschen in Arbeit gebracht haben und immer noch 1,4 Millionen Arbeitslose vorhanden sind.
Meine Damen und Herren! Im vorigen Jahr hat der Bundeswirtschaftsminister in der großen Debatte erklärt, die Steigerung der Hausbrandversorgung könne überhaupt nur möglich sein, wenn man zu einem neuen „Gleichgewicht in der Kohlenlage" komme, und erst, wenn die industrielle Produktion ausreichend versorgt sei, könne daran gedacht werden, den Hausbrand etwas besser zu behandeln. Das Ergebnis war, daß in der Winterperiode 1950/51 — theoretisch wohlgemerkt, keineswegs in der Praxis — jedem Haushalt 14 Zentner Kohle zugeteilt worden sind und daß, obwohl der Bundeswirtschaftsminister — eigentlich als einzige Initiative — durch seinen Kohlenkommissar dem Handel empfohlen hat, er möge durch „örtliche Liefergemeinschaften". dafür sorgen, daß vor allem die kleinen Haushalte und die ärmste Bevölkerung versorgt werde, tatsächlich der Zustand eingetreten ist, daß gerade diese Kreise nicht mit Kohle versorgt werden konnten. Sie haben keine Möglichkeit vorauszukaufen, sie haben keine Möglichkeit, Kohlen einzulagern, und nachdem alles, was — nicht nur für den Hausbrand, sondern auch für viele wichtige Industriezweige — seitens des Bundeswirtschaftsministers zugesagt war, nicht eingehalten werden konnte, waren schließlich die ärmsten Kreise der Bevölkerung die Hauptleidtragenden.
In diesem Jahr haben wir als erste und als einzige aktive Handlung der Regierung nichts anderes vorgesetzt bekommen als die Registrierung der Bevolkerung und die Ausgabe von Ausweisen für die Kohlenversorgung. Die Bundesregierung selbst hat ausdrücklich festgestellt, daß man mit dieser Gruppierung des Kundenkreises bei den einzelnen Händlern die Unterlagen bekommen wolle, um eine angemessene Zuteilung an Kohle vornehmen zu können. Sie hat aber in der Beantwortung einer Anfrage der SPD gleichzeitig erklärt, daß mit der Registrierung der einzelnen Haushalte bei einem Kohlenhändler keinerlei rechtlicher Anspruch auf den Bezug von Kohle besteht. Es ist uns bis heute auch darüber nichts Glaubhaftes gesagt worden, wieweit die Versorgung der Bevölkerung fortgeschritten ist. Der tatsächliche Zustand ist der — und das ist typisch dafür, wie die Regierung auch an dieses für die gesamte Bevölkerung schwierige Problem wieder einmal herangeht —, daß der Herr Vizekanzler und ERP-Minister Blücher öffentlich in Reden erklärt, die Kohlenlage sei überaus bedenklich — dabei hatte er natürlich auch die Verhandlungen der Regierung gegenüber den Alliierten im Auge —, während der Herr Bundeswirtschaftsminister Professor Dr. Erhard erklärt, in diesem Winter brauche niemand zu frieren. Als Dr. Erhard darauf aufmerksam gemacht wurde, daß das wohl nicht ganz stimmen könne und außerdem die Erklärungen der beiden immerhin doch recht bemerkenswerten Minister des Kabinetts sich widersprächen, hat er sich dahin berichtigt, daß in diesem Winter niemand frieren solle.
Wenn niemand frieren soll, müßte die Regierung allerdings, abgesehen davon, daß sie die Kohle zur Verfügung stellt, wahrscheinlich auch dafür sorgen, daß sich die Ärmsten die Kohle auch kaufen können. Nach der bisherigen Preisentwicklung und den


(Dr. Kreyssig)

neuen Belastungen, die wir bekommen haben, ist es sehr fraglich, ob nicht gerade die ärmste Bevölkerung vor der Frage stehen wird, im kalten Zimmer trocken Brot zu essen, oder aufs Brot zu verzichten und sich ein paar Kohlen für den Ofen zu kaufen. So weit hat sich die „soziale" Situation inzwischen - trotz der grandiosen Aktivbilanz der Regierung — zum Schlechten verändert.
Professor Erhard hat jetzt offensichtlich die Prodagandaformel ausgegeben, daß in diesem Jahre ie „Haushalt-Vorwegbedienung" das Prinzip bei der Kohlegesamtaufteilung sein soll.
Wie sieht nun die Situation bis zum heutigen Tage aus? Es sind nach den uns vorliegenden offiziellen Statistiken — wir haben dazu heute früh im Ausschuß für Wirtschaftspolitik durch den Herrn Staatssekretär Westrick einige Angaben und einiges Material bekommen — bisher im Durchschnitt pro Haushalt zwei Zentner verteilt worden. Das ist an sich eine Menge, über die man kaum zu reden braucht. Beabsichtigt ist, in diesem Winter 24 Zentner pro Haushalt zur Verfügung zu stellen, wobei die Betonung natürlich auf „beabsichtigt" liegt, — denn für das dritte Quartal hat die Regierung die Absicht, pro Haushalt sechs Zentner an die Händler zu geben. Nun ist es eine alte Erfahrung — das ist etwas, was das Bundeswirtschaftsministerium längst wissen müßte, denn das sind Dinge, die praktisch schon im Wirtschaftsrat seit 1947 jedes Jahr, jeden Herbst und jeden Winter, erneut diskutiert worden sind —, daß die Versorgung der Bevölkerung mit Hausbrand nicht reibungslos und auch nicht nur einigermaßen zufriedenstellend durchgeführt werden kann, wenn nicht bis zur Mitte des Jahres mindestens die Hälfte der benötigten Kohlemengen bereits beim Kohlenhandel liegt. Der Kohlenhandel hat aber überhaupt keine Kohle —es sind nur „theoretisch" zwei Zentner pro Haushalt zugewiesen. Wenn Sie in Ihren eigenen Wahlkreisen die Kohlenhändler besuchen, werden Sie mit Erschrecken feststellen, wie katastrophal und gefährlich die Situation augenblicklich ist. Wir haben also nichts anderes als ein Versprechen der Regierung, daß die Bevölkerung in diesem Winter nicht frieren solle oder zumindest — soweit sie das Geld hat, Kohle zu kaufen — nicht zu frieren brauche.
Es steht seit gestern und heute in jeder Tageszeitung, daß wir ein großes Kohlenloch haben. Das wissen wir alle. Ich frage nun - und die Antwort darauf ist, glaube ich, die entscheidende Antwort, die wir von der Regierung möglichst bald erlangen müssen —, wie sie es fertigbringen will, der gesamten Industrie sieben Millionen Tonnen Kohle insgesamt zur Verfügung zu stellen in der spekulativen Hoffnung, daß dann vielleicht mit einer Änderung der Situation im vierten Quartal — die man sich aber schlecht vorstellen kann — oder -mit der Weiterentwicklung der Kohlensituation im ersten Quartal 1952 die Hausbrandversorgung einigermaßen durchgeführt werden kann.
Ich glaube, die Regierung wird nicht darum herumkommen, dieses Defizit von drei Millionen Tonnen zu beseitigen. Sie sollte rechtzeitig daran denken, daß das Kohlenloch vorhanden ist und daß viel zu viel Spekulation in den Berechnungen liegt. Die Regierung sollte auch rechtzeitig daran denken, durch Kohleimporte — wenn es nottut, auch zu hohen Preisen — aus Amerika die Hausbrandversorgung der Bevölkerung sicherzustellen.
Zu der augenblicklichen Situation möchte ich die Regierung außerdem noch darauf hinweisen — die Herren können das, damit man im Bundeswirtschaftsministerium weiß, was in diesem Hause zu dieser Frage gesagt wird, immerhin in den Protokollen über unsere Sitzungen nachlesen —, daß wir im Herbst, wenn die Kohlezuteilung für das dritte Quartal nicht jetzt schon erfolgen kann, in die Situation kommen werden, die wir aus jedem Jahre kennen und die sich in jedem Jahre katastrophaler entwickelt hat, daß nämlich die Kohlentransporte für die Versorgung der Haushalte wieder mit den Erntetransporten zusammenfallen und den „Vorrang" vor dem Hausbrand dann nach alter Erfahrung die Ernteprodukte, insbesondere die Kartoffeln, haben.
Soviel gute Absichten die Bundesregierung — auf dem Papier — auch haben mag, die Situation ist die: wir wissen zwar, daß sich ein Optimist bei einer Schilderung der „günstigen Situation" erhitzen kann — wir erleben das bei jeder Rede, die Herr Professor Erhard über ein Wochenende hält, und das bringt auch Herr Wuermeling fertig, sogar noch besser als Herr Professor Erhard —, dürfen aber darüber nicht vergessen, daß eben mit Optimismus leider Gottes kein Zimmer geheizt werden kann. Und die Bundesregierung, und vor allem das Wirtschaftsministerium, sollten sich wirklich ernsthaft bemühen, gegenüber dem Bundesrat die Lage zu klären. Im Bundesrat ist das gleiche Anliegen vorgebracht worden, das hier durch die Bayernpartei vorgebracht worden ist. Wenn sie es nicht getan hätte, hätten wir an die Regierung wieder die gleiche Frage gerichtet wie im vergangenen Herbst, im Hinblick auf die Tatsache nämlich, daß die Bevölkerung nicht nur außerordentlich beunruhigt ist, sondern aus der Erfahrung vieler Winter das Gefühl hat, daß die Bundesregierung redet und Versprechungen macht, ohne diese Versprechungen einhalten zu können.
Wie gesagt, wir unterstützen den Antrag der Bayernpartei, insbesondere im Hinblick auf die Schädigung, die für den Wald und vor allem für den Bayerischen Wald bevorsteht. Um es den Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien leichter zu machen, das zu überprüfen, was ich gesagt habe: Alles, was Herrn Professor Erhard, unseren Bundeswirtschaftsminister, anlangt, finden Sie im Protokoll der 102. Bundestagssitzung vom 15. November 1950, die Rede von Herrn Professor Erhard selbst auf Seite 3734.

(Beifall bei der SPD.)


Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0115104800
Das Wort hat Frau Abgeordnete Thiele.

(Abg. Mellies: Zur Geschäftsordnung!)

— Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Mellies.

Wilhelm Mellies (SPD):
Rede ID: ID0115104900
Meine Damen und Herren! Wir haben in der vorigen Woche erlebt, daß die Ministerbank leer war, als über die Lebensmittelpreise gesprochen wurde. Auch heute ist weder der Herr Wirtschaftsminister noch der Herr Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums zugegen, wenn über die Kohlenfrage gesprochen wird, eine Frage, an der die ganze Bevölkerung ein dringendes Interesse hat.

(Sehr wahr! bei der SPD.)

Ich beantrage deshalb, daß die Sitzung unterbrochen und der Herr Wirtschaftsminister herbeigerufen wird.

(Beifall bei der SPD.)



Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0115105000
Sie haben den Antrag

(Abg. Schröter: Können wir die Sache nicht zurückstellen? Wir werden in der Zwischenzeit den Herrn Minister rufen!)

— Wir haben nur noch den letzten Punkt. Wir müßten dann schon für 20 Minuten unterbrechen.

(Zuruf von der CDU: Können wir den letzten Punkt nicht vorziehen?)

— Die Erledigung des letzten Punktes dauert nur zwei Minuten; es handelt sich nur um eine formale Angelegenheit. Wir müssen schon abstimmen. Ist das Haus einverstanden, daß wir unterbrechen?

(Zuruf rechts: Nein! — Abg. Matthes: Zur Geschäftsordnung!)

— Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Matthes.

Heinz Matthes (DP):
Rede ID: ID0115105100
Meine Damen und Herren! Ich beantrage, daß dieser Punkt abgesetzt wird und als erster Punkt auf die Tagesordnung der morgigen Sitzung kommt.

Dr. Carlo Schmid (SPD):
Rede ID: ID0115105200
Ist das Haus einverstanden?

(Zurufe.)

— Ich lasse abstimmen. Wer dafür ist, daß dieser Punkt abgesetzt wird — das ist der weitestgehende Antrag —, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Wir haben dann diesen Punkt abzusetzen und ihn auf die Tagesordnung für morgen zu setzen.
Ich rufe auf Punkt 9 der Tagesordnung: Beratung der Ubersicht Nr. 29 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 203).
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich lasse abstimmen. Wer dafür ist, die Anträge der Ausschüsse auf Umdruck Nr. 203 anzunehmen, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Damit ist die Tagesordnung erledigt. Ich berufe die nächste, die 152. Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, den 14. Juni, 14 Uhr, ein und schließe die 151. Sitzung des Deutschen Bundestages.