Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Ich will zu Ende kommen.
Ich stelle nur fest, daß auch sozialdemokratische Zeitungen in der letzten Zeit diese Plakate als pure Pornographie und böswillige Völkerverhetzung bezeichnet haben.
Ich komme auf etwas anderes. Ich komme zurück auf die Politik der Regierung in der Frage der Preissteigerung. Niemand kann bestreiten, daß im Laufe des vergangenen Jahres eine in mancher Beziehung über 50% hinausgehende Verteuerung gewisser lebensnotwendigster Lebensmittel und Gebrauchsgüter eingetreten ist. Niemand kann bestreiten, daß die Reallöhne hinter dieser Preissteigerung weit zurückgeblieben sind. Niemand kann aber auch bestreiten. daß die Steuerpolitik dieser Regierung dazu geführt hat, daß im vergangenen Etatsjahr den Besitzenden ein Betrag von rund einer Milliarde Mark geschenkt worden ist, und niemand kann bestreiten, daß sich in dieser Periode in unserem Bundesgebiet auf Grund dieser Politik zweihundert neue Millionäre heraus-entwickelt haben.
Während die Bundesrepublik seit der Währungsreform diese zweihundert neuen Millionäre zu verzeichnen hat und die Gewinnspannen in den verschiedensten Industrien sowie im Handel eine nie gekannte Höhe erreicht haben, ist der Reallohn der Arbeiter, wie das der DGB z. B. öffentlich ausspricht, in der Zwischenzeit sogar beträchtlich abgesunken. Dieser Tatsache können Sie höchstens die völlig unfundierte Behauptung entgegenhalten, daß die Reallöhne tatsächlich heute noch den gesteigerten Lebenshaltungskosten entsprächen.
Ich zitiere eine Meldung aus der „Rheinischen Zeitung" vom 21. Mai 1951, aus der hervorgeht, daß 6,2 Millionen Bewohner des Bundesgebietes zur Zeit ein Einkommen von unter 100 Mark haben, daß daneben 8,3 Millionen Einwohner ein Einkommen zwischen 100 und 200 Mark haben. Ich halte fest, daß die Statistik ides Statistischen Bundesamtes uns nachgewiesen hat, daß im letzten Halbjahr 1950 pro Kopf der Bevölkerung für die Durchführung der sozialen Wohlfahrtspflege in den Gemeinden und Ländern ein Betrag von 5 Mark pro Monat ausgegeben worden ist, und ich halte diesen 5 Mark die über 200 Mark entgegen, die pro Jahr von jedem in Westdeutschland lebenden Menschen zur Abdeckung der Besatzungskosten aufzubringen sind.
Der Herr Wuermeling hat sich darüber beschwert, daß es die Bundesregierung leider nicht fertiggebracht habe, etwas zur Hebung des sittlichen Schutzes unserer Jugend zu tun. Nun, da hat er mal wieder sein Licht unter den Scheffel gestellt. Sehen Sie, etwas haben Sie ja doch getan. Da liegt vor mir der Abdruck eines Rundschreibens der Christlich-Demokratischen Union des Rheinlandes, Landessekretariat Köln, vom 1. März 1951.
Ich zitiere den entscheidenden Satz:
Alle Bewerber für die Offizierslaufbahn des Grenzschutzes, die die Unterstützung der CDU erfahren sollen, müssen sofort nach Abgabe ihrer Bewerbungsunterlagen der Bundesgeschäftsstelle gemeldet werden.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Dr. Schreiber, Landesgeschäftsführer.
Also, etwas habt ihr doch für die Jugend getan. Ihr sorgt dafür, daß eine gewisse Jugend in der zu bildenden Grenzschutzpolizei, diesem Vorläufer der „Reichswehr" oder „Bundeswehr" oder wie sie heißen soll, bereits im voraus wenigstens die Offiziersposten besetzen kann. Wenn das keine „positive Hilfe" für die Jugend ist, dann weiß ich nicht mehr, was man dazu sagen soll. Also stellt euer Licht nicht unter den Scheffel: Uniformen und im Anschluß daran den Heldentod, den Tod im Elend und Dreck der Schützengräben für das USA-Monopolkapital und seine Interessen, das seid ihr bereit, der deutschen Jugend zu verschaffen.
Ich komme zum Schluß.
Gegen diese Politik der Adenauer-Regierung hilft
nur eins — und dieses Wort richte ich vor allen
Dingen an die Freunde aus der sozialdemokratischen Fraktion — —
— Nein, ich zitiere ja nicht das eigenartige Intermezzo Wuermeling–Schumacher--Schoettle, das sich heute abgespielt hat. Mir scheint hier nicht der Platz zu sein, auf dieses Intermezzo einzugehen; da können Sie ganz beruhigt sein. Ich will an Sie nur eine marxistische Wahrheit heranbringen. Diesem „Spuk der Adenauer-Regierung", die, wie Sie sagen, es fertiggebracht hat, daß die Masse das Volkes immer ärmer und die Reichen immer reicher werden, muß ein Ende gemacht werden. Ich will Ihnen das Mittel sagen, daß uns Karl Marx in die Hand gegeben hat, um diesem Zustand ein Ende zu machen: Aktionseinheit der Arbeiterklasse und Arbeits- und Kampfgemeinschaft aller fortschrittlichen deutschen Menschen, aller unterdrückten Arbeiter, Angestellten, Intelligenzler, Wissenschaftler, Handwerker und Gewerbetreibenden und Klein- und Mittelbauern gegen diese Regierung der Kriegsvorbereitung, des Krieges und des Hungers, für den Frieden! Fort mit Adenauer!
Das ist die Antwort, zu der man sich entschließen muß. Das ist das, was man realisieren muß, wenn man unserem Volk eine Regierung ersparen will, deren Politik zu den Konsequenzen geführt hat, die Sie als Sozialdemokraten heute mit Recht so charakterisiert haben, wie Sie es getan haben.
Wir sagen: Fort mit Adenauer!
Her mit einer Regierung, die unserem Volk den Frieden und den sozialen Aufstieg bringt! Das ist die Linie, zu der sich auch ein Sozialdemokrat bekennen müßte.