Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin darüber unterrichtet worden, daß in meiner Abwesenheit hier Ausführungen über die Bundeszentrale für Heimatdienst gemacht worden sind, die nicht unwidersprochen bleiben dürfen. Es ist sehr bedauerlich, daß einer Institution, die erst im Entstehen begriffen ist, schon ehe sie das Licht der Welt erblickt hat, Gefühle des Mißtrauens von
Mitgliedern dieses Hohen Hauses entgegengebracht werden.
— Es ist mir leider nicht möglich, an allen Stellen gleichzeitig zu sein; es ist heute sowieso ein bewegter Tag für das Ministerium. Ich möchte aber auf jeden Fall einmal klarstellen, daß irgendwelche Besorgnisse, als ob hier ein Goebbelssches Propagandainstitut aufgezogen werden sollte, nicht am Platze sind.
Ich möchte weiter betonen, daß in keiner Weise daran gedacht ist, irgendwie die Opposition bei der jetzt einsetzenden Zusammenarbeit im Aufbau dieser Stelle auszuschließen, sondern daß im Gegenteil die Zusammenarbeit des Hauses in seiner ganzen Ausdehnung — soweit nicht äußerster Radikalismus auf der Linken und Rechten die Mitarbeit selbstverständlich ausschließt — in dieser Frage erstrebt wird.
Die Bundeszentrale hat zwei große Aufgabengebiete. Es obliegt ihr einmal die staatsbürgerliche Erziehung der Bevölkerung. Darunter ist nur zum kleineren Teil eine belehrende Unterrichtung über die Demokratie und ihre Geschichte zu verstehen. Es kommt vor allen Dingen darauf än, die Bevölkerung über aktuelle politische Fragen aufzuklären, die durch die Gesetzgebung oder durch Verordnungen oder sonstwie geregelt werden. Hier muß in objektiver Berichterstattung aufgeklärt werden, was der Sinn dieser Gesetzgebung und dieser Verordnungen ist. Ebenso wichtig und notwendig ist — das ist oft unterschätzt worden — die Erziehung des einzelnen zu politischem Verantwortungsbewußtsein und zu demokratischen Tugenden wie Toleranz, Kompromißbereitschaft, Mäßigung und Fairneß.
Die Bundeszentrale für Heimatdienst hat aber auch noch die Aufgabe, den europäischen Gedanken in der Bevölkerung zu verbreiten, seine Verwirklichung voranzutreiben und die Einsicht in die Notwendigkeit eines föderalistischen Zusammenschlusses der europäischen Staaten zu vermitteln.
Unter diesen Aufgaben sind nun viele neue Aufgaben, die die frühere Reichszentrale für Heimatdienst in dieser Form überhaupt nicht gekannt hat. Infolgedessen sind auch die Arbeitsmethoden neu. Soweit es sich um die Aufklärung derjenigen handelt, die politisch interessiert sind und die sich von selbst um diese Aufklärung bemühen, wird man bei den Methoden der ehemaligen Reichszentrale für Heimatdienst bleiben können, z. B. Aufsätze in der Presse, Herausgabe von Broschüren und Büchern, Vorträge im Rundfunk und Herstellung von Lehrfilmen. Aber wir wenden uns ja nicht nur an die Leute, die guten Willens sind, sondern vor allem an die große Masse der politisch Indifferenten, der Gleichgültigen, der Interesselosen und der Ablehnenden. Hier müssen wir neue psychologische Methoden der indirekten Einfühlung finden, um auf dem Wege des Preisausschreibens, des Wettbewerbs, des Schauspiels, des Films und Hörspiels auf diesen Personenkreis einwirken zu können.
Alle diese anfallenden Arbeiten sollen nicht etwa in einem beamtlichen Rahmen erledigt werden, sondern im Gegensatz zur einstigen Reichszentrale für Heimatdienst wenden wir uns an freie Mitarbeiter, an Journalisten, Schriftsteller und Verleger. Sie sollen eng zusammenarbeiten mit allen Organisationen, wie Vereinigungen, Gruppen und Dienststellen, die auf diesen Arbeitsgebieten tätig sind. Kirchen, Gewerkschaften, Bürgerrechtsvereine, Berufsverbände — sie alle sollen uns in unserer Erziehungsarbeit beraten. Sie sollen aber alle Fäden in der Hand behalten, und das Innenministerium wird sich auf ein Mindestmaß von Koordination beschränken. Das Ministerium wird die enge Fühlungnahme mit dem Heimatdienst, seitens dieser Organisationen nur so weit gestalten, wie es unbedingt notwendig ist; es wird aber die ganze Arbeitsweise und Arbeitskraft in diesen Kreis der freien Mitarbeiter außerhalb des Ministeriums legen.
Ich glaube, ich kann- mich auf diese Ausführungen über die Grundgedanken, die im Augenblick im Stadium der konstruktiven Durchführung sind, beschränken. Ich wiederhole noch einmal: Die Bundeszentrale für Heimatdienst ist nicht eine Angelegenheit einer einzelnen Partei oder einer Koalition. Sie wendet sich in dem Rahmen ,der großen Aufgabengebiete, die ich eben genannt habe, an das ganze Haus, um freie Mitarbeiter außerhalb des Ministeriums zu bekommen. Es wird so eine Art Gehirntrust gebildet werden,
der dann aus seiner schöpferischen Tätigkeit, seiner eigenen Berufserfahrung und Lebensstellung die erforderlichen Ratschläge und Wege finden wird.