Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 39. Sitzung des Deutschen Bundestages. Ich bitte, die Namen der entschuldigten Abgeordneten bekanntzugeben.
Es sucht für längere Zeit um Urlaub nach Abgeordneter Dr. von Merkatz für zwei Wochen wegen Krankheit.
Der Herr Präsident hat für die heutige Sitzung Urlaub erteilt den Abgeordneten Kühn , Dr. Blank (Oberhausen), Finckh, Dr. Conring, Dr. Rinke, Dr. Hesberg, Stauch, Frau Dr. Weber (Aachen), Wiedeck, Gefeller, Frau Rudoll, Dr. Gille, Dr. Bartram, Dr. Klötzer, Dr. Reichstein, Cillien, Frau Brauksiepe, Frau Kettig, Dr. Böhm (Frankfurt), Lang (München), Dr. Horlacher, Dr. Menzel, Dr. Greve, Dr. Deist, Bals, D. Dr. Gerstenmaier, Koenen (Lippstadt), Dr. Mocker, Gräfin Finckenstein, Frau Nadig, Neubauer, Frau Wolff (Berlin), Dr. Bucher, Wagner (Ludwigshafen), Ladebeck, Funk, Leibfried, Bock, Brese, Diedrichsen, Marx, Spörl, Dr. Dr. h. c. Pünder, Scharnberg, Demmelmeier, Dr. Werber, Maucher, Dr. Wahl, Dr. Atzenroth, Wirths, Kunz (Schwalbach), Putzig, Mellies, Ohlig, Dr. Miessner, Zühlke, Schmücker, Merten, Dr. Mende, Seidl (Dorfen), Bauer (Wasserburg), Richter, Dr. Pohle (Düsseldorf), Dr. Gleissner (München), Dr. Drechsel, Dr. Vogel, Keuning, Schmidt (Hamburg), Dr. Orth.
Meine Damen und Herren, ich habe bekanntzugeben, daß die nächste Fragestunde am Donnerstag, dem 16. September 1954, ist. Sperrfrist für eingehende Fragen ist Donnerstag, der 9. September 1954, 12 Uhr.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 6. Juli 1954 die Kleine Anfrage 55 der Fraktion der DP betreffend industrielles Bundesvermögen — Drucksache 489 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 687 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 6. Juli 1954 die Kleine Anfrage 76 der Fraktion der DP betreffend Ermäßigung der Zündwarensteuer — Drucksache 617 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 682 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte hat unter dem 7. Juli 1954 die Kleine Anfrage 80 der Abgeordneten Dr. Rinke, Schütz und Genossen betreffend Ausländerausgleich auf Bundesebene — Drucksache 624 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 691 vervielfältigt.
Zur Abwicklung der heutigen Tagesordnung darf ich nach den Entscheidungen in der gestrigen Sitzung folgendes sagen. Zuerst wird Punkt 3 der gestrigen Tagesordnung behandelt. Als Punkt 2 kommt die Beratung des Antrags der Abgeordneten Bauer , Dr. Dittrich, Dr. Franz, Klausner, Lermer, Freiherr Riederer von Paar, Unertl und Genossen betreffend Hochwasserkatastrophe in Südbayern, Drucksache 695. Die Drucksache ist verteilt. Dann folgt die Fortsetzung der Beratung zu Punkt 2 der gestrigen Tagesordnung. Danach kommen die Punkte 4, 5 und 6 der gestrigen Tagesordnung und dann die Punkte der heutigen zur Behandlung. — Widerspruch hiergegen erfolgt nicht. - Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 3 der gestrigen Tagesordnung auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Ruhnke, Schwann, Geiger , Elsner, Dr. Kopf, Maier (Freiburg), Dr. Hoffmann und Genossen betreffend Rhein-Seitenkanal (Drucksache 562).
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Dr. Kopf.
Dr. Kopf , Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Versailler Vertrag hat Frankreich umfassende Rechte am Rhein innerhalb der französischen Grenzen eingeräumt. Nach Art. 358 des Versailler Vertrags hat Frankreich das Recht, Wasser aus dem Rhein zum Zwecke der Schiffahrt, der Bewässerung und zu jedem anderen Zweck zu entnehmen. Es hat ferner das Recht, die ausschließliche Kraftnutzung aus der Wasserkraft des Rheins auszuüben mit der Maßgabe, daß die Hälfte des Wertes der tatsächlich gewonnenen Kraft entweder in Strom oder in Geld — unter Berücksichtigung der Gestehungskosten der Kraftwerke — an Deutschland vergütet werden muß. Deutschland ist ferner verboten worden, eine Abzweigung aus dem Rhein, auch zum Zwecke der Bewässerung, vorzunehmen.
In Ausführung dieser Bestimmungen des Versailler Vertrags hat Frankreich nach dem ersten Weltkrieg mit der Erstellung eines Rhein-Seitenkanals begonnen. Dieser Kanal soll in sieben Staustufen mit sieben Kraftwerken fertiggestellt werden. Er soll nach seinem Totalausbau eine mittlere Jahresleistung von 6,5 Milliarden kWh liefern, von denen 180 Millionen kWh an die Schweiz abgeliefert werden müssen; der Rest von 6,3 Milliarden kWh würde auf Frankreich entfallen. Das erste Stauwerk der Staustufe Kembs unterhalb Basel ist im Jahre 1932 eröffnet worden. Es wurde nach seiner Zerstörung im letzten -Weltkrieg im Jahre 1946 wieder in Betrieb genommen. Die zweite Staustufe, Ottmarsheim, ist 1953 eingeweiht worden. Die dritte Staustufe, Fessenheim, befindet sich zur Zeit in Arbeit und wird Voraussichtlich im Jahre 1957 fertiggestellt werden. Der gesamte Kanal wird nach seiner Fertigstellung zwischen Kembs und Straßburg eine Länge von etwa 110 km umfassen.
Der Bau des Kanals hat starke Rückwirkungen auf den Wasserhaushalt des Rheins und auf die Grundwasserverhältnisse der Rheinebene gehabt. Zunächst ist Deutschland jede Nutzung seines hälftigen Anteils an der Wasserkraft entzogen worden. Deutschland ist ferner von einer unmittelbaren Benutzung des Rheinstroms als Schiffahrtsstraße ausgeschlossen. Die vorhandenen Hafen- und Umschlagseinrichtungen, beispielsweise in Breisach, werden wertlos werden in dem Augenblick, in dem der Kanal bis zu diesem Punkte fortgeführt sein wird. Die Ableitung der Abwässer der Rheingemeinden stößt bereits auf Schwierigkeiten — und wird künftig noch erheblichere bereiten —, weil die im Rhein verbleibende Mindestwassermenge nicht ausreicht und nicht ausreichen würde, die Abwässer abzutransportieren. Dasselbe gilt für die nicht verwendbaren Salze des Kaliwerkes Buggingen, die bisher in den Rhein entleert wurden. Auch die allgemeine Wirtschaftsentwicklung wird unter der Fertigstellung des Rhein-Seitenkanals leiden. Da der Kanal als Schiffahrtsstrecke deutsches Gebiet nicht berührt, werden Frachtvorteile für Schiffstransporte von Massengütern dem deutschen Gebiet nicht zugute kommen können. Auch wird eine Industrieansiedlung am Rhein wenig verlockende Bedingungen haben.
Von ganz besonderer Bedeutung sind aber die Rückwirkungen des Rhein-Seitenkanals auf die Grundwasserverhältnisse. Es ist wahr, daß auf dem oberen Teil der Kanalstrecke zwischen Kembs und Breisach als eine Spätfolge der vor 100 Jahren vorgenommenen Tullaschen Rheinkorrektion bereits eine Absenkung des Grundwassers eingetreten ist. Das Rheinbett ist infolge der Korrektion des Rheinlaufs weithin erodiert worden, und die Senkung des Wasserspiegels hat eine gleichzeitige Senkung des Grundwaserspiegels zur Folge gehabt.
Der Bau des Rhein-Seitenkanals in dem bisherigen Umfang hat eine weitere und zusätzliche Absenkung des Grundwassers um 2 bis 4 m zur Folge gehabt. Begründete Befürchtungen bestehen für den Fall des Ausbaus des Rhein-Seitenkanals auf der Strecke zwischen Breisach und Straßburg. Auf dieser Rheinstrecke ist eine Erosion des Rheinbettes bisher nicht eingetreten; ganz im Gegenteil. Mit der Fertigstellung des Rhein-Seitenkanals muß sich aber auf dieser Teilstrecke zwangsläufig eine wesentliche Absenkung des jetzt noch normalen Grundwassers ergeben.
Es ist zu befürchten, daß die Landwirtschaft auf diesem Gebiet zwischen dem Rhein und dem Gebirge in schwerster Weise in Mitleidenschaft gezogen wird. Nach den bisherigen Gutachten wird hiervon eine Gebietsfläche von nicht weniger als 33 000 ha mit einer Länge von etwa 40 km und einer Breite von 7 bis 8 km erfaßt. Die Schäden werden erheblich sein. Es wird mit einer Ertragssenkung bis zu 40 % gerechnet. Einige tausend Betriebe werden unrentabel sein. Insbesondere das wertvolle Tabakanbaugebiet nördlich des Kaiserstuhls wird in Mitleidenschaft gezogen werden. In ähnlicher Weise wird voraussichtlich die elsässische Landwirtschaft Schäden erleiden.
Neben dieser schweren Schädigung der Landwirtschaft wird die Trinkwasserversorgung beeinträchtigt. Die vorhandenen Trinkwasseranlagen werden nicht ausreichend sein und werden des Umbaus mit einem erheblichen Kostenaufwand bedürfen. Die Fischerei, einst am gesamten Oberrhein ein blühendes Gewerbe, wird endgültig zum Erliegen kommen; denn die Alt-Rheine, die heute noch die Fischerei ermöglichen, werden infolge der Senkung des Grundwasserspiegels austrocknen. Was das Klima angeht, so heißt es in einem mir vorliegenden Gutachten, daß die zu erwartenden Klimaveränderungen, insbesondere die Veränderungen des Kleinklimas, durch künstliche Bewässerung und durch Beregnung nicht ausgeglichen werden können. Die Bodenfeuchtigkeit und der Wohlstand sind durch die augenblicklichen Grundwasserverhältnisse und die Luftfeuchtigkeit bedingt.
Schwerer als diese materiellen Verluste, mit denen gerechnet werden muß, scheint mir der Verlust zu wiegen, den das Bild der Landschaft und damit das Bild Europas durch den Wegfall des Rheins, eines so schicksalsträchtigen Stromes, erfahren wird. Es ist nicht gleichgültig — und es geht weit über die Interessen des Naturschutzes und der Heimatpflege hinaus —, ob ein Strom, der in der Geschichte unserer Völker durch Jahrhunderte eine so bedeutsame Rolle gespielt hat, wie bisher in seiner erhabenen Majestät durch die Anwaldungen seinen Lauf zieht oder ob er, wie das bereits bei Niedrigwasserstand in gewissen Gebieten eingetreten ist, zu einem bejammernswerten Tümpel zwischen sterbenden Wäldern zusammenschrumpft.
Man hat in unseren Ländern die ehrwürdigen Zeugnisse der Baukunst zu nationalen Monumenten erklärt. Man hat die durch die Schönheit der Natur ausgestatteten Gebietsteile unter Landschaftsschutz gestellt. Wieviel mehr aber sollten wir Anlaß haben, daß die guten Europäer unserer
beiden Länder diesen Strom, ihren Strom, zu einem Schutzgebiet erklären, um ihn in seiner Ursprünglichkeit ,als ein Merkmal unserer europäischen Landschaft uns und den kommenden Generationen zu erhalten!
Mit Trauer nehmen wir die Veränderungen wahr, die die menschliche Zivilisation den durch Ursprünglichkeit ausgestatteten Orten dieser Erde zugefügt hat, wie die Verkarstung mancher Gebirge durch Raubbau. Ich erinnere mich an jenes Bild in einem fernen Lande, in dem die ehrwürdigen Tempel einer alten Menschheitsvergangenheit durch die Fluten eines mächtigen Stroms überschwemmt werden. Gewiß steht die Regelung des Ausgleichs zwischen dem Erbe der Vergangenheit und der Aufgabe der Zukunft nur diesem Lande zu, aber die ganze Menschheit nimmt Anteil an dem Schicksal der Zeugnisse ihrer eigenen Vergangenheit.
Es erhebt sich die Frage, ob die Erstellung des Rhein-Seitenkanals in dem Sinn des Versailler Vertrags erfolgt ist und erfolgen soll, wie man ihn sich damals bei seinem Abschluß vorgestellt hat. Der Art. 358 spricht von einer Wasserentnahme aus dem Rhein. Aber hat er wirklich vorgesehen, daß nicht nur das Wasser aus dem Rhein, sondern der Rhein selbst entnommen werden soll? Derselbe Artikel verbietet Deutschland, Wasser aus dem Rhein auf dem deutschen Ufer zum Zwecke der Bewässerung zu entnehmen. Aber welchen Sinn sollte diese Bestimmung haben, wenn der Rhein als solcher bei Niedrigwasserstand gar nicht mehr existiert, sondern durch einen Kanal auf dem andern Ufer ersetzt wird! Von einem bekannten Schweizer Juristen ist auch die Frage erhoben worden, ob der Vertrag nicht vorgesehen hat, daß die Schiffahrtsmöglichkeiten sowohl auf diesem Kanal als auch im Rheinbett selbst erhalten bleiben sollen. Ich möchte diese Frage hier nicht beantworten. Zweifellos haben aber die Verfasser des Versailler Vertrags nicht an die unheilvollen Auswirkungen der Senkung des Grundwasserspiegels gedacht, die sich ja nicht nur für Deutschland, sondern auch für Frankreich ergeben wird.
Mit Frankreich sind in den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen Verhandlungen geführt worden. Diese Verhandlungen enthüllen, wenn man die Akten liest, das Bild der mangelnden Eignung vielleicht sogar der Unfähigkeit des nationalsozialistischen Regimes, Fragen, die einer geduldigen Prüfung und Bearbeitung bedürfen, im Verhandlungswege einem guten Ende zuzuführen. Über die Entschädigung für die Inanspruchnahme von Grundstücken am rechten Ufer, über die Regelung der Grenze auf dem Wehr bei Kembs ist verhandelt worden, aber ohne endgültige Ergebnisse. Über die Entschädigung des hälftigen Wertes der Wasserkraft hat sich ein Schriftwechsel entsponnen mit dem Ergebnis, daß Frankreich 1935 mitteilte, das Kembser Werk habe bisher nur mit Verlust gearbeitet und daher komme eine Entschädigungszahlung zur Zeit nicht in Frage. Viper die indirekten Schäden und Beeinträchtigungen und über ihre Entschädigung ist verhandelt worden, und es muß anerkannt werden, daß Frankreich im ersten Stadium dieser Verhandlungen und insbesondere im Protokoll vom 24. November 1926 grundsätzlich bereit war, für diese Schäden einschließlich der durch die Senkung des Grundwasserspiegels erfolgenden Schäden Entschädigung zu leisten.
Im späteren Stadium der Verhandlungen, nach dem Eintritt des nationalsozialistischen Regimes, hat sich allerdings die Haltung versteift, und Frankreich hat die Auffassung vertreten, daß die Ausübung eines vertraglich verbrieften Rechtes nicht zur Entschädigungsleistung verpflichte.
Es besteht nui der Wunsch, daß die Verhandlungen mit Frankreich alsbald aufgenommen werden. Die Ziele dieser Verhandlungen sind in dem gemeinsamen interfraktionellen Antrag bezeichnet. Das Unheil, das unserer Landwirtschaft droht, kann nur dann abgewendet werden, wenn der fernere Ausbau des Rheins auf der Teilstrecke zwischen Breisach und Straßburg in einem Kanal unterbleibt und der Ausbau im Rheinbett selbst vorgenommen wird. Das ist technisch möglich. Diese Art des Ausbaus war auch in dem badischen Projekt des Jahres 1914 vorgesehen, das nicht zur Ausführung gekommen ist. Wenn diese Möglichkeit ergriffen wird, würde auch verhindert werden, daß die im Korrektionsbett vorhandene Sohleneintielung sich nach Norden verschiebt und weitere Grundwasserabsenkungen auf der Strecke zwischen Breisach und Straßburg zur Folge hat.
Es sollte im Verhandlungswege ferner erstrebt werden, daß eine ausreichende und über das bisherige Maß hinausgehende Mindestwassermenge im Rheinbett auf der Strecke, neben der ein Seitenkanal angelegt wird, verbleiben soll. Die bisherigen Mindestwassermengen, die bei Niedrigwasserstand nur 20 bzw. 10 Sekunden-Kubikmeter betragen, haben sich als nicht zureichend erwiesen. Die alten Projekte der Vorkriegszeit haben eine Mindestwassermenge von 50 Sekunden-Kubikmetern vorgesehen. Als Deutschland im Jahre 1921 im sogenannten Straßburger Kompromiß aus freien Stükken und über die Verpflichtung des Versailler Vertrags hinaus seine Zustimmung dazu erteilte, daß der Rückstau des Kembser Kraftwerks erweitert und über badisches Gebiet ausgedehnt wird, hat das damalige Projekt gleichfalls eine Mindestwassermenge von 50 Sekunden-Kubikmetern vorgesehen.
Es sollte schließlich im Verhandlungswege erstrebt werden, daß abweichend vom Versailler Vertrag auch Deutschland wiederum das Recht gewährt wird, über diese Mindestwassermenge hinaus Wasser aus dem Rhein zu Bewässerungs- und zu Beregnungszwecken zu entnehmen. Die elsässische Landwirtschaft, die von ähnlichen Einwirkungen bedroht ist, ist in diesem einen Punkte besser gestellt; denn die Konzessionsurkunde, durch die der französische Staat der Electricité de France das Recht zur Errichtung des Rhein-Seitenkanals gewährt hat, sieht eine Vorwegnahme von 17 bis 26 Sekunden-Kubikmetern Wasser vor, die für Bewässerungszwecke zugunsten der elsässischen Landwirtschaft verwendet werden sollen.
Der Antrag, der Ihnen vorliegt, ist gemeinsam und einmütig von sämtlichen Fraktionen dieses Hohen Hauses gestellt worden, und seine Wünsche werden von allen Fraktionen dieses Hohen Hauses getragen und gestützt.
Es gilt mein besonderer Dank aber auch der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft für naturgemäße Wirtschaft, deren Vorstand und deren Mitglieder bei der Vorbereitung und Ausarbeitung dieses Antrags maßgebend beteiligt gewesen sind.
Frankreich ist unser Nachbar. Frankreich ist aber mehr als unser Nachbar; es ist zugleich unser Part-
ner einer Gemeinschaft und, wie ein großer Teil dieses Hauses wünscht, auch der künftige Partner einer engeren und vertieften Gemeinschaft. Es besteht die begründete Hoffnung, daß Fragen, die zwischen Nationen schweben und die dann nur schwierig bewältigt werden können, wenn jede Nation sich nur von ihren eigenen nationalen Interessen leiten läßt, leichter und besser gelöst werden können im Lichte der europäischen Verständigung und im Rahmen einer schon bestehenden und einer werdenden Gemeinschaft. So ergibt sich auch für uns die Hoffnung, daß die zu führenden Verhandlungen durch das Band erleichtert werden, das uns mit Frankreich in einer solchen Gemeinschaft bereits verbindet und uns in Zukunft verbinden soll.
Wir richten durch diesen Antrag die Bitte an unsere Regierung, diese Verhandlungen aufzunehmen. Dieser Wunsch enthält aber zugleich auch eine Bitte an Frankreich, seiner stolzen Tradition eingedenk zu sein. In einer entscheidenden Stunde seiner Geschichte, am 16. November 1792, hat der französische Nationalkonvent folgenden Beschluß gefaßt:
Kein Volk kann, ohne sich einer Rechtswidrigkeit schuldig zu machen, einen Strom ausschließlich zu seinem eigenen Vorteil zu monopolisieren trachten, indem es die Uferstaaten hindert, sich die gleichen Dienste zu sichern.
In dieser Erklärung hat Frankreich die gleichen Rechte benachbarter Anliegerstaaten eines Grenzstroms anerkannt. Diese Anerkennung ist aber nichts anderes als die Anwendung des allgemeinen Grundsatzes der Rechtsgleichheit freier Nationen, die im Geiste der Brüderlichkeit miteinander verbunden sind. Frankreich hat nicht aufgehört, die hohen Ideale, die seine Verwandlung vom Feudalstaat in ein demokratisches Gemeinwesen ausgelöst und begleitet haben, als die seinen zu bewahren. Europa möge nicht beginnen, ohne sich zu ihnen zu bekennen.
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schlage ich Ihnen vor, den Antrag an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten zu überweisen. — Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Bauer , Dr. Dittrich, Dr. Franz, Klausner, Lermer, Freiherr Riederer von Paar, Unertl und Genossen betreffend Hochwasserkatastrophe in Südbayern (Drucksache 695).
Der Antrag hat folgenden Wortlaut: Die Bundesregierung wird ersucht,
1. sofort mit der Bayerischen Landesregierung ins Benehmen zu treten, um festzustellen, welche außerordentlichen Maßnahmen zur Sicherung der bedrohten Existenz der Bevölkerung in den Katastrophengebieten neben den von der Bayerischen Landesregierung bereits eingeleiteten noch notwendig erscheinen;
2. sofort Maßnahmen zu treffen, um die an Verkehrswegen und Fernmeldeverbindungen eingetretenen Schäden, soweit ihre Behebung in die Zuständigkeit des Bundes fällt, schnellstens zu beseitigen und dafür notfalls andere Bauvorhaben zurückzustellen. 1
Auf das Wort zur Begründung wird verzichtet,
ebenso auf eine Aussprache. Ich bitte die Damen
und Herren, die dem Antrag zustimmen wollen, die
Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe.
Enthaltungen? — Ich stelle fest, daß das Hohe
Haus diesen Antrag einstimmig angenommen hat.
Wir kommen zur Fortsetzung der Debatte zu Punkt 2 der gestrigen Tagesordnung:
b) Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs durch Entlastung der Straßen (Drucksache 574);
c) Erste Beratung des von den Abgeordneten Müller-Hermann, Donhauser und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung von Unfällen im Straßenverkehr ;
d) Erste Beratung des von den Abegordneten Müller-Hermann, Donhauser und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Wiederherstellung der Wirtschaftlichkeit der Deutschen Bundesbahn ;
e) Erste Beratung des von den Abgeordneten Müller-Hermann, Donhauser und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Verkehrswege ;
f) Erste Beratung des von den Abgeordneten Müller-Hermann, Donhauser und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Verkehrsfinanzgesetzes 1954 ;
g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Müller-Hermann, Donhauser und Genossen betreffend Koordinierung der Verkehrsträger ;
h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Müller-Hermann, Donhauser und Genossen betreffend Maßnahmen im Verkehrswesen ;
i) Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betreffend Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes (Drucksache 678).
Das Wort hat der Abgeordnete Körner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An und für sich bedaure ich es, daß wir gestern die Verkehrsdebatte nicht völlig abgeschlossen haben und daß heute das Thema erneut behandelt werden soll. Ich will mich deshalb als Sprecher des Gesamtdeutschen Blocks auf die wesentlichen Punkte beschränken, die heute noch zur Diskussion stehen.
Ich darf um etwas Ruhe im Hause bitten.
Bei der gestrigen Aussprache, die mehr oder weniger auch eine Debatte unter den Verkehrsexperten war, sind die Gesichtspunkte der Wirtschaft, der Produktion nicht zur Geltung gekommen. Der Regierungsentwurf legt meiner Ansicht nach das Schwergewicht nur auf zwei Punkte und wird dementsprechend der ferneren Entwicklung nicht genügend gerecht. Diese, die erst im Zuge der künftigen Tarifgestaltung und der wirklichen Sanierung der Bundesbahn sowie der Lösung der gesamten Frage des Straßenausbaus von entscheidender Bedeutung für uns wird, bleibt mehr oder weniger offen.
Es war eine Flut von Resolutionen und Denkschriften, von echten und frisierten Statistiken, die auf uns niederprasselte. Aber die Gesichtspunkte der Wirtschaft selbst, das Tempo der Produktion, die Geschmeidigkeit des Verkehrsapparates und seine Anpassung an die Produktion scheinen mir nicht genügend hervorgehoben worden zu sein. Wir haben, um über diesen Punkt einmal Klarheit zu bekommen, einen Vortrag des Herrn Verkehrsministers selbst gehört. Ich möchte daraus nur vier Sätze herausschälen. Der Minister Dr. Seebohm sagte:
Man muß bei allen Problemen des Verkehrs jedoch berücksichtigen, daß der Verkehr zweifellos der dynamischste Teil aller wirtschaftlichen Tätigkeit des Menschen ist. Er ist so ungeheuer dynamisch, daß er sich in die statische Form von Gesetzen und Verordnungen kaum fassen läßt. Wer immer Verkehrsgesetze vorschlägt, berät oder beschließt, muß sich darüber klar sein, daß diese Gesetze so gestaltet sein müssen, daß sie sich dieser ungeheuren Dynamik so leicht und schnell wie möglich anpassen lassen; denn eigentlich liegt ein Widersinn in dem Begriff, daß man für den Verkehr Gesetze macht. Es läßt sich diese ungeheure Dynamik doch wirklich kaum in in den Formen staatlicher Verwaltung einfangen.
Das ist es, was auch ich gegenüber dem Verkehrsministerium befürchtete: daß diese Ausführungen letztlich zutreffen. Die vorgelegten Gesetzentwürfe stellen den Versuch dar, die Dynamik der Straße in irgendeiner Form gesetzlich — beim Straßenentlastungsgesetz durch eine Verbotsliste — abzufangen. Das ist der Versuch, vielleicht doch noch eine technische Entwicklung irgendwie abzustoppen.
Niemand von uns denkt daran, die Bundesbahn etwa in ihrem jetzigen Zustand zu belassen, ihr nicht jede Hilfe zuteil werden zu lassen. Ich entsinne mich, daß dieses Thema nicht erst in den letzten Jahren diskutiert wird. Es wird schon seit Jahrzehnten debattiert, und als seinerzeit der vom Herrn Kollegen Schmidt zitierte Reichskraftwagenbetriebs-Verband gegründet wurde, hat gerade die damalige Deutsche Reichsbahn mit allen Mitteln darauf gedrungen, daß der Kraftwagen den Tarif der Schiene unbesehen übernahm. So ist es auch noch heute. Der Tarif, der im großen und ganzen vom Kraftwagen, d. h. vom gewerblichen Güterfernverkehr, benutzt wird und den dieser für seine Tarife und Frachtberechnungen zugrunde legen muß, ist im Grundsatz auch der Tarif der Schiene, der ja eigentlich, wie man immer wieder behauptet, ein gemeinwirtschaftlicher Tarif sei. Hier liegt einer der Kardinalpunkte. Daß sich diese beiden Verkehrsmittel, Schiene und Straße, in ihrer Technik, in ihrem Ausnutzungsgrad und in ihren Betriebsmitteln scharf voneinander abheben und unterscheiden, daß die fixen Kosten der Schiene 70 5 und die beweglichen 30 % ausmachen, während sie sich beim Kraftwagen genau umgekehrt, wie 30 zu 70, verhalten, ist im letzten geradezu eine harmonische Ergänzung im Verkehr zum Nutzen der ganzen Volkswirtschaft. Dadurch aber, daß ich die Vorzüge, die eigentlichen Stärken und Aufgabengebiete der Schiene und des Kraftwagens auf den gleichen Tarif, auf die gleiche Abwicklung presse, muß ich automatisch zu volkswirtschaftlichen Differenzen und auch zu schwersten Differenzen im Verkehr selbst kommen.
Das ist die heutige Lage. Deshalb ist der Vorschlag des Kollegen Müller-Hermann, eine Tarifdisparität ins Auge zu fassen, zu überlegen, wie man die Stärke jeweils des einen oder anderen Verkehrsträgers herausschälen kann, absolut richtig. Die Entwürfe des Kollegen Müller-Hermann schließen überhaupt, für die Zukunft gesehen, viele Sektoren ein, sie greifen viele Punkte auf, die im Regierungsentwurf nicht angepackt werden, die dort einfach offen bleiben. Man kann nicht auf der einen Seite eine Verbotsliste aufstellen und eine starke Belastung des Kraftwagens vorsehen, um den Straßenbau durchzuführen oder die Bundesbahn zu sanieren, und auf der anderen Seite die Frage der Tarifgestaltung, der wirklichen Durchführung des Straßenbaus und all dieser Dinge in mehr oder weniger lascher Form abrollen zu lassen.
Ich habe gestern ein etwas unangenehmes Gefühl gehabt, wenn ich daran dachte, wie die Tendenz überhaupt aussieht. Z. B. beim geplanten Personenbeförderungsgesetz legt doch die Exekutive das Schwergewicht in diesem Sektor praktisch mehr oder weniger auf die öffentliche Hand, auf den öffentlichen Betrieb. Nun hat der von mir persönlich hochgeschätzte Kollege Jahn in seinen gestrigen Ausführungen noch dazu gesagt, man müsse den Verkehr stark organisieren und ihn sozusagen in eine Unterabteilung der Bundesbahn hineinnehmen. Ich glaube doch hier Anklänge an das Experiment der Labour-Party in England zu sei en. Ich habe bisher in allen meinen Erfahrungen noch nicht gefunden, daß die Überleitung von privatwirtschaftlichen Betrieben aus dem Wettbewerbssektor, aus der — sagen wir es ruhig - Unternehmerinitiative heraus, in die öffentliche Hand schon die Lösung der Probleme gewesen wäre, weder sozial noch wirtschaftlich noch im Leistungseffekt selbst.
Die Stoßrichtung geht sehr stark gegen den Kraftwagen. Ich hätte gewünscht, das Straßenentlastungsgesetz wäre ein Straßenbaugesetz gewesen. Das Straßenentlastungsgesetz mit der Verbotsliste ist gestern am besten, sagen wir einmal, kritisiert worden vom Kollegen Donhauser, der aus dem Gebiet Bayerns, oder von Herrn Rademacher, der aus dem Gebiet des Schwarzwaldes und den Zonengrenzgebieten Beispiele brachte, die zeigen, daß man mit diesen mehr oder weniger polizeilichen Maßnahmen nicht durchkommt.
Ich denke in diesem Zusammenhang auch — das liegt uns etwas näher — an die Vertriebenenwirtschaft. Die Vertriebenen haben ja ihre Betriebe oft nicht in den Zentren der Industrieballungen aufbauen können, sondern sie mußten dorthin gehen, wo sich ihnen eine Gelegenheit bot, wo sie auch Arbeitskräfte fanden. Und sie haben es dort getan, wo die Flüchtlinge untergebracht wurden, auf abgelegenen Dörfern, oft weit von der Industrie Dort haben sie sich mühsam ihre Existenz aufge-
baut. Bei einem rigorosen Durchgreifen, so wie es die Regierungsentwürfe vorschlagen, würde für diese Betriebe der Vertriebenen eine wirkliche Krise eintreten, wie ja die Freiheit der Wahl der Transportmittel in diesem Moment überhaupt aufhören würde. Das scheint mir das Entscheidende zu sein: man kann nicht irgendeinem subalternen Beamten die Entscheidung darüber lassen, wie und auf welchem Wege ein Transport irgendwelcher Güter durchgezogen wird.
Ich habe bei der Frage der Berechnung, d. h. bei der Frage, wer welche Wege unterhalten und bezahlen muß, doch das Empfinden, daß uns exakte Unterlagen noch fehlen. Nach vielem, was ich gesehen habe, bin ich sogar sehr skeptisch auch gegenüber sogenannten wissenschaftlichen Untersuchungen geworden. Man sagt, der Kraftwagen zahlt nicht. Aber er zahlt auch. Im Jahre 1952 hat die Kraftverkehrswirtschaft 1,2 Milliarden aufgebracht. Die Straße ist ja, wie gesagt, nicht nur für den Kraftwagen da, sondern sie ist ein uraltes Element der Zivilisation, des Verkehrs und dient allen Staatsbürgern und sozusagen allen Richtungen. Welchen Zuschuß der Kraftwagen leisten muß, das müßte man in Expertenkreisen ausrechnen. Man rechnet heute z. B. aus, er müsse sich einrichten auf eine Belastung von 30 Milliarden und müsse dann auch noch die Verzinsung tragen. Das halte ich doch für weit überzogen. Der Herr Minister hat gestern gesagt: Wir müssen feststellen, daß der Volkswagen für den Straßenunterhalt dreizehnmal soviel bezahlt wie der Lkw. Daraus kann man doch nicht umgekehrt folgern, nun müsse der Lkw die dreizehnfache Summe seines bisherigen Anteils aufbringen. Die Wirtschaft ist bereit, dem Straßenbau zu helfen; sie hat das in mehreren Erklärungen immer wieder unterstrichen. Das ist auch richtig so, sie hat gar keinen anderen Weg. Aber die Argumentation, man würde bei einem Ausbau des Straßennetzes — es sind ja nach dem Kriege nur 0,2 % neue Straßen gebaut worden, wenn Sie das Streckennetz nehmen — nicht großzügig neue Straßen anlegen können; denn dann würde man dem Bauern, auch dem heimatvertriebenen Bauern aus dem deutschen Osten, die Möglichkeit nehmen, sich anzusiedeln, dann würden soundso viel Hektar Land verlorengehen, halte ich für völlig verfehlt. Denn mit dieser Begründung dürften wir keine Familienheime errichten,
mit dieser Begründung müßten wir aufhören, Wohnungsbau zu treiben, große Programme vorzulegen. Wir müßten allenfalls auf den Sektor des Wolkenkratzerbaus übergleiten, wo wir dann die Menschen auf geringstem Raum in einer Art Silo zusammenpressen. Das ist meiner Ansicht nach keine Argumentation.
Eins steht fest: daß der Werkverkehr, sofern er wirklich ein unechter Werkverkehr ist, eingedämmt werden muß, und daß man bei einer richtigen Tarifgestaltung — und darauf kommt es immer wieder an — auch die Herren Abteilungsleiter in den Versandabteilungen der Industrie dazu bewegt, sich zu überlegen, ob sich ihr Kraftwagenpark, die Fahrer, die sie dafür bereithalten, immer rentieren oder ob es nicht doch eine Art Luxus ist, den sie dort treiben. Aber sie selbst waren ja gar nicht schuldig. Wir haben es immer wieder gehört. Es lag nicht zuletzt auch an der Steuergesetzgebung.
— Auch am Mißbrauch, Kollege Rümmele, das ist sicher.
Ich möchte, ohne heute noch weitschweifig auf die Ausführungen des Herrn Ministers einzugehen, Ihr Augenmerk auf die Regelungen und die Entwicklungen z. B. in Holland lenken. Hier ist im stillen etwas über die Bühne gegangen, was zwar an und für sich nicht in jedem Fall für uns als Beispiel zu gelten hat, was uns aber viele Ansatzpunkte für ein Studium bieten kann. Der Verkehr
— man spricht immer von „verkehrskonform" — ist ja nicht ein Ding an sich und völlig losgelöst von der Wirtschaft, sondern ich habe die Überzeugung, der Verkehr ist letzten Endes ein Teil der Wirtschaft, und man kann die Entwicklung im Verkehr überhaupt nicht ohne ständige Fühlungnahme mit der Wirtschaft dirigieren.
Ich habe gestern die Ausführungen des Kollegen Jahn verstanden, aus denen seine Sorge um die Menschen, um das Personal der Deutschen Bundesbahn sprach. Ich weiß, daß hierbei auch ein gut Teil seiner eigenen Lebensarbeit mit zur Debatte steht. Aber ich glaube, daß der Herr Kollege Jahn auch dafür Verständnis haben wird, wenn sich an die Bundesbahn selbst und auch an das zuständige Ministerium der Appell richtet, alles zu tun und nichts zu unterlassen, um die Organisation der Bundesbahn nach kaufmännischen Gesichtspunkten aufzuziehen und an eine Rationalisierung heranzugehen. Man wird ihr dann natürlich auch — und das gilt auch für den Finanzminister — die Investitionsanleihen und die Möglichkeiten hierfür geben müssen. Das ist sicher.
Dabei habe ich Ihr Augenmerk auf einen Punkt zu lenken. Nach der letzten Bilanz oder, ich möchte sagen, Statistik steht es immer noch fest, daß die Deutsche Bundesbahn am Landverkehr mit einer Beförderungsleistung von 267 Millionen t beteiligt ist. Das ist ein riesenhafter Block. Damit entfällt auf die Bundesbahn ein Anteil von 56,1 % aller Tonnenkilometer. Der gewerbliche Fernverkehr aber, auf dem zum Teil in der schärfsten Weise — will ich ruhig einmal sagen — herumgehackt worden ist, hat von diesen 267 Millionen t 24 Millionen t befördert. Das sind für diesen Sektor nicht einmal ein Zehntel. Gestern wurde schon klar herausgestellt, daß die Bundesbahn selbst dann, wenn man all das, was hier verdient worden ist, verwendet, um das Defizit auszugleichen, noch nicht über den Berg ist. Damit wollte ich nur auf einen Punkt hinweisen, der gewiß besonderer Aufmerksamkeit bedarf. Die Belastung des Nahverkehrs, sei es des Güternahverkehrs oder des Werknahverkehrs, wie sie die Vorlage vorsieht, ist meiner Ansicht nach in dieser Form abzulehnen. Sie würde einen größeren Verwaltungskostenaufwand erforderlich machen, als zum Teil dabei überhaupt herausspringt.
Ich habe Ihnen aus der Fülle der Zuschriften nur ein Beispiel zu geben. Ein Werknahverkehr, der die Strecke Hameln — Detmold fährt, 24 Kunden besucht und damit 224 Tonnenkilometer mit einem Warenwert von 5600 DM leistet, ergibt eine Beförderungsteuer von 2,24 DM. Die Arbeit, die damit verbunden ist, das ganze Drum und Dran, kostet mehr als die 2,24 DM. Damit ist, glaube ich, dieser Gedanke schon in gewisser Form ad absurdum geführt.
Es wäre eine Aufgabe des Ausschusses bzw. der Experten — wie es gestern auch betont wurde —, zu überlegen, bis zu welchem Grad man überhaupt
im Fernverkehr — sei es im Güterfernverkehr oder im Werkfernverkehr — die Kraftverkehrswirtschaft belasten und sie mit zusätzlichen Steuern und all diesen Dingen — Mineralölsteuer, Kraftfahrzeugsteuer — zum Straßenausbau heranziehen kann. Das ist ein Problem, dessen Lösung nicht irgendwie kurz über den Daumen gepeilt werden kann, sondern das sorgfältig angepackt werden muß.
Dabei habe ich doch die Frage: Ist denn auf irgendeine Weise bei den Betrieben des Kraftverkehrs vorher einmal genau überprüft worden, bis zu welchem Punkt der Belastungsgrenze man denn überhaupt gehen kann? Das ist meiner Ansicht nach nicht geschehen; sondern es sind einfach von der Exekutive diese Zahlen errechnet oder in die Gesetzentwürfe eingesetzt worden.
Die Kraftfahrzeugsteuer! Es ist sicher richtig, daß man das Gesamtgewicht nimmt und daß man aus hundert Gründen heraus den Knick nach unten beseitigt. Es ist aber sehr fraglich, ob man dann einen Knick nach oben für die Lastfahrzeuge machen soll, und zwar in dieser scharfen Form, wie es nach der Vorlage beabsichtigt ist.
Das Problem der Anhänger ist auch noch offen. Ich persönlich halte nichts davon, den Anhänger zu verbieten. Ich glaube, daß wir dann eine viel größere Schwerfälligkeit und für manche Betriebe sehr große Schwierigkeiten bekommen werden, wenn man ihnen den Anhänger grundsätzlich untersagt.
— Ja, aber in der Form, wie es in der Vorlage beabsichtigt ist, läßt sich das nicht durchführen, Herr Kollege Rümmele. Wir können ja auch nicht — das wurde gestern auch gesagt — alle zwei Jahre diese Bestimmungen ändern. Weder die Betriebe noch die Produktion noch die Konstrukteure kommen dabei mit. Ich darf Ihnen nur einige Beispiele aus der Kraftfahrzeugsteuer dazu geben: Bei einem Lkw von 3 t kommen Sie mit der jetzigen Steuer von 630 DM auf 765 DM; das wären 21% Steigerung. Aber bei einem 6,6-Tonner kommen Sie von 840 DM auf 1530 DM; das wären 82% Steigerung. Beim Anhänger kämen Sie — immer nach der Vorlage; man muß die Zahlen ruhig einmal kurz nennen — von 220 DM auf 855 DM; das wären 288% Steigerung.
Ich glaube also, daß hier das Verkehrsministerium oder in diesem Fall das Finanzministerium sehr stark ins Geschirr gegangen ist. Die Betriebe würden enorme Summen aufzubringen haben. Es ist ja nun nicht unser Bestreben, die Betriebe von dieser Seite her zu ruinieren. Die Bilanzen der Betriebe würden, wenn diese Vorlage ohne jede Korrektur durchginge, eine außerordentlich starke Anspannung zeigen. Meiner Überzeugung nach würden die Bestimmungen sogar bei vielen Betrieben vor allen Dingen auch des gewerblichen Güterfernverkehrs im Zusammenhang mit der Verbotsliste zu einem glatten Ruin führen. Diese Betriebe müßten die Arbeit einstellen. Ob dies der Sinn des Ganzen ist? Ich glaube es nicht. Außerdem ist noch die Frage der Konzessionserteilung offen, und es ergeben sich Probleme in Verbindung mit den einschlägigen Bestimmungen des Grundgesetzes.
Ich halte es für sehr gut, daß in den Gesetzentwürfen des Kollegen Müller-Hermann besonders auch auf die Bekämpfung der Unfälle im Straßenverkehr eingegangen wird. Dabei berührt uns sehr sympathisch die geplante Einführung einer Haftpflicht auch für ausländische Fahrzeuge. Genau so begrüßen wir das Überholverbot für Lastzüge.
Zu dem Gedanken, einen vorläufigen Führerschein einzuführen, möchte ich noch folgendes sagen: Der Gedanke ist gut, und man sollte ihn durchführen, aber nicht in der Weise, daß man dann zwei obligatorische Prüfungen im Abstand von einem Jahr machen muß. Ich könnte mir vielmehr vorstellen, daß man dem Betreffenden die zweite Prüfung schenkt und ihm automatisch den endgültigen Führerschein gibt, wenn er in dem Jahr, während dem er nur einen Probeschein hat, sich nichts weiter hat zu schulden kommen lassen.
Den Sonderführerschein und alle diese Dinge will ich hier nicht weiter erörtern, auch nicht die Begrenzung von Länge und Tonnenzahl. Das sind alles Fachfragen, die wir gestern beinahe bis zum Überdruß gehört haben.
Der Gesetzentwurf über die Wiederherstellung der Wirtschaftlichkeit der Bundesbahn sieht die Übernahme betriebsfremder Lasten durch den Bund vor. Aber auch da will ich nur kurz andeuten. Was hier wirklich alles betriebsfremd ist, müßte dann auch noch geklärt werden. Was ich unterstützen möchte, dem aber gestern von der einen Seite widersprochen wurde, ist die Einführung des Präsidialprinzips bei der Bundesbahn.
Wenn die Bundesbahn wirklich saniert werden soll, wenn sie wirklich kaufmännisch geführt werden soll, dann muß man meiner Ansicht nach diese Änderung vom Kollegialprinzip zum Präsidialprinzip durchführen.
— Wir werden, Herr Kollege Rümmele, im Ausschuß Gelegenheit haben, uns darüber genügend zu unterhalten.
— Wenn es richtig ist, Herr Kollege Rümmele, dann bleibt aber noch offen, ob wir damit bis zum 1. Juni 1957 warten können. Das ist die Frage. ist es richtig, dann sollte man es sofort tun; denn es ist bei der Eisenbahn wirklich „höchste Eisenbahn".
— Ja, da komme ich wieder auf einen entscheidenden Punkt, der gerade den Initiator dieser Gesetzentwürfe, Herrn Kollegen Müller-Hermann, angeht, nämlich die Schaffung eines Bundesbahngerichts. Es war ein an und für sich auf den ersten Anhieb guter Gedanke, man solle der Bundesbahn Gelegenheit geben, gegen Auflagen und dergleichen Einspruch zu erheben. Aber sie laufen dann mit aufschiebender Wirkung. Dieses Gericht ist, nach dem, was ich gelesen habe, keine Vermittlungsinstanz, sondern seine Entscheidung soll endgültig sein. So habe ich es jedenfalls aufgefaßt. Ich glaube, dieser Gedanke kann nicht ohne weiteres akzeptiert werden. Denn die Entscheidungen in dem Spiel zwischen Legislative und Exekutive, zwischen Regierung oder Ressortministerium und irgendeinem der übrigen Zweige immer und in
immer stärkerem Maße in die Hand der Gerichte zu legen — Sie brauchen nur an die hohe und höchste Ebene zu denken —, ist meiner Ansicht nach im Prinzip falsch und führt dazu, daß wir statt einer Eleganz, einer gewissen Flüssigkeit eher Hemmungen in die Staatsapparatur hineinbekommen. Ich würde es nicht begrüßen, wenn hier zwischen Ministerium und verantwortlicher, auch kaufmännisch verantwortlicher Führung und Lenkung der Bundesbahn sich wiederum ein Gericht stellen würde, das dann gegen die Anordnungen oder Entscheidungen des Ministers vorgehen müßte.
— Ja, eben, das ist sehr richtig; es werden eben letzten Endes politische Entscheidungen werden.
Das Verkehrswegegesetz möchte ich besonders begrüßen. In diesem Punkte war gerade bei den Regierungsvorlagen eine Lücke vorhanden. Die Etatposten sollten auf weite Sicht geplant werden, damit die Bauwirtschaft und der Straßenbau nicht nur immer von Etatjahr zu Etatjahr operieren müssen. Damit würde auch das Herumzittern, ob und welche Mittel für den Straßenbau im nächsten Jahre wieder zur Verfügung stehen, aufhören. Ich halte es für das Entscheidende — das gilt auch für die Vorschläge des Kollegen Müller-Hermann —, daß der Anleihe- und der Finanzierungsplan sich wirklich in die Zukunft hinein — in diesem Falle auf sieben Jahre — erstrecken und daß auch in den Koordinierungsausschüssen zwischen Bund, Ländern, Kreisen und Gemeinden für weite Zeiträume geplant wird. Es darf bei der Aufholung aller rückständigen und der Durchführung neuer Arbeiten nicht nur an die Straße, sondern es muß auch an die Schiene gedacht werden.
Über die Freistellung des öffentlichen örtlichen Personenverkehrs von der Beförderungsteuer — ich denke an die Straßenbahn- und Omnibuslinien und dergleichen — ist kein weiteres Wort zu verlieren. Das ist gestern schon gesagt worden und wird von uns unterstrichen. Sie ist nötig, wenn wir hier nicht auf dem Umweg über Tariferhöhungen neue Spannungen auf dem sozialen Sektor haben wollen.
— Die Privatbahnen desgleichen, denn soweit ich die Bilanzen gesehen habe und orientiert bin, sind sie genau so notleidend wie die Bundesbahn. Wenn die Bundesbahn praktisch mehr oder weniger herunter ist von der Beförderungsteuer, sollte das auch bei den Privatbahnen geschehen.
Ich beeile mich, zum Schluß zu kommen, damit wir heute vormittag wenigstens noch etwas Zeit gewinnen.
Noch ein Wort zu dem Antrag betreffend die Koordinierung der Verkehrsträger. Da möchte ich an die Bundesbahn bzw. das Ressortministerium eine Frage richten. Als im Herbst 1953 die Abtarifierung der Klassen A bis C auf Wunsch und Willen der Bundesbahn über die Bühne ging, blieb es manchem zweifelhaft, ob die Bahn dabei gewinnt oder verliert. Es ist mir bis heute nicht gelungen, eine Antwort auf diese Frage zu erhalten. Nun liegt ja der Antrag vor, die damalige Maßnahme rückgängig zu machen.
Auch die Probleme des Haus-Haus-Verkehrs und der Gleisanschlüsse müssen geregelt werden. Wir haben sie aber heute vormittag nicht mehr zu behandeln. Über die Frage der Zusammenarbeit von Schiene und Straße sowie über das Gebiet Stück- und Eilgutverkehr haben Sie gestern ebenfalls genug gehört.
Eine Frage ist noch offengeblieben. Gerade wenn man die Situation der Bundesbahn, die Sicherheit der Straße und die Unfallziffern sowie die übermäßige Belastung der Straße in der Betrachtung miteinander verbindet, sieht man die Problematik des Einsatzes der Bundesbahn mit ihrem eigenen Lkw-Park. Es wäre außerordentlich interessant zu hören, ob der Lkw-Park, den die Bundesbahn selbst einsetzt, defizitär ist oder nicht. Ich habe darüber die verschiedensten Zahlen gehört. Vielleicht kann man vom zuständigen Ressortminister etwas Genaues erfahren.
Ich möchte noch besonders unterstreichen, daß wir Sachverständigenkommissionen benötigen; aber aber sie müssen nun langsam wirklich Resultate vorlegen.
Es ist sehr gut, daß der Gedanke zum Ausdruck gebracht worden ist, die Frage der strategisch wichtigen Verkehrswege unter dem Blickpunkt unseres Verteidigungsbeitrags unter die Lupe zu nehmen. Vielleicht ist von daher mehr zu erreichen als von irgendwelchem anderen Gesichtspunkt her.
Ich habe in Kürze einiges zu den Verkehrsproblemen gesagt. Man könnte das Thema noch stundenlang hin und her auswalzen, ohne daß deshalb der einzelne im Moment viel schlauer würde. Ich nehme an, daß sich der Herr Kollege Rümmele schon heute auf die Arbeit freut, die er im Verkehrsausschuß vor sich hat.
Wir werden uns dort noch genügend an die Köpfe bekommen.
Eines möchte ich aber noch dem Herrn Verkehrsminister sagen.
— Das ist schon öfter vorgekommen; daran sind wir gewöhnt. Ich wollte ihm sagen, daß die Stoßrichtung nicht im Prinzip und mit dem ganzen Gewicht gegen den Kraftwagen laufen darf. Man kann von dem Besitzer nicht verlangen, daß er gleichzeitig die Mittel aufbringt für die Wirtschaft, für die Produktion und für den Straßenbau. Man muß ihn arbeiten lassen. Er muß flüssig bleiben. Man muß ihn über die Distanz bringen und die aufkommenden Mittel wirklich für die Ausgestaltung des deutschen Straßennetzes anlegen. Die Sicherheit der Straße ist wieder vorhanden, wenn wir wirklich moderne Straßen haben. Eines geht nicht ohne das andere. Ich hielte es für falsch, wenn hier retardierend gewirkt und angenommen würde, daß die Epoche der Motorisierung mit Verbotslisten abgestoppt werden könnte.
Das Wort hat der Abgeordnete Feldmann.
Meine Damen und Herren! Ich will Ihre Aufmerksamkeit nicht sehr lange in Anspruch nehmen, zumal sich bei der ersten Lesung alle Redner auf das Grundsätzliche beschränken sollen. Aber gerade wegen dieses Grundsätzlichen möchte ich auch aus meiner Schau als freier Wirtschaftler zweierlei herausstellen. Die Verbotsliste — in dieser Frage scheiden sich schließlich die Geister — bedeutet unstreitig einen ungewöhnlichen Eingriff in unser wirtschaftliches Leben, der mir mit der bisher von der Mehrheit dieses Hohen Hauses bekundeten Grundauffassung über Wirtschaftsfreiheit nicht vereinbar erscheint.
Zum zweiten: eine solche Maßnahme wird—mindestens in gewissen Wirtschaftsbereichen und auch in verschiedenen geographischen Bezirken — zwangsläufig eine grundlegende Änderung der Wettbewerbsbedingungen herbeiführen; Arbeitslosigkeit und sogar eine wesentliche Veränderung der wirtschaftlichen Struktur wird die Folge sein. Denn wir müssen uns darüber klar sein: Wirtschaftsformen und Wirtschaftsmethoden haben sich nicht zufällig entwickelt, sondern sie sind das Ergebnis einer echten Prüfung und einer echten ökonomischen Bewährung. Man kann sie nicht einfach ändern, wenn man damit nicht eine Kettenreaktion wirtschaftlicher Nachteile auslösen will.
Ich denke hier insbesondere an die — mir auf Grund der mir aus meinem Mandat erwachsenden Pflichten besonders nahestehende — mittel- und ostwestfälische Baustoffindustrie, für die dieses Gesetz in der Tat einen Bergrutsch bedeuten würde. Denn diese Industrie ist nicht nur zu 99 % mit Kraftwagen ausgestattet, sondern sie liegt auch in unmittelbarer Nähe des Großverbrauchsgebiets, des Industriegebiets. In ihren Unkosten wirken sich Änderungen der Frachtgrundlagen immer aus. Denken Sie einmal daran, daß gerade Massengüter sehr frachtempfindlich sind; gerade bei ihnen stellt der Transport einen wesentlichen Unkostenfaktor dar. Aus diesem Grunde müßte das Gesetz ungewöhnliche Rückwirkungen haben.
Verehrter Herr Verkehrsminister, Sie haben uns zwar gestern gesagt, Sie hätten insbesondere in Ansehung des Art. 12 des Grundgesetzes keine Bedenken; ich glaube aber, wir müssen auch der rechtlichen Seite dieses Problems einige Aufmerksamkeit schenken. Ich halte mich selber zwar nicht für befähigt, darüber zu urteilen, ich will aber immerhin feststellen, daß nicht unbedeutende Staatsrechtler, darunter Männer, deren Namen wir schon früher einmal bei der Begründung — allerdings der Stellungnahme der Bundesregierung — sehr gern genannt haben, in dieser Grundsatzfrage wesentlich anderer Auffassung sind. Ich halte das deshalb für beachtlich, weil die Nachteile einer solchen staatsrechtlich anfechtbaren Situation unter Umständen die von Ihnen erstrebten Vorteile völlig aufheben könnten.
Mit besonderer Freude habe ich gestern, verehrter Herr Verkehrsminister, Ihre Darstellung über die Motive für diese Gesetze angehört. Ich halte es für einen erheblichen Fortschritt, daß Sie mit besonderem Nachdruck gesagt haben: Diese Gesetze dienen nicht so sehr der Sanierung der Bundesbahn — das wurde ja sonst allgemein und teilweise sogar in diesem Hause in vertraulichen Zwiegesprächen zum Ausdruck gebracht —, sie dienen nicht so sehr der Konservierung irgendeines anachronistischen Verkehrszustandes, sondern diese Gesetze dienen in erster Linie und nahezu ausschließlich der Sicherheit von Leib und Leben. Das ist eine hervorragende Zweckbestimmung, und das ist nach meinem Dafürhalten eine Grundlage einer echten parlamentarischen Diskussion und zeigt auch den Weg zum gegenseitigen Zusammenfinden.
Ich nehme an, daß uns allen das Leben gleichermaßen heilig ist und daß wir alle die gleiche Ehrfurcht davor empfinden. Wenn es beispielsweise den Anhängern des Herrn Kollegen Müller-Hermann, zu denen auch ich mich zähle, gelänge, Ihnen den Beweis zu erbringen, daß der von Ihnen angestrebte Zweck, nämlich die Sicherheit des Lebens, durch Verringerung oder Beseitigen der Verkehrsgefahren und durch Straßenentlastung trotz besten Wollens durch dieses Gesetz nicht zu erreichen ist — und zwar aus Gründen, die ich nicht anführen will; sie gehören in den Ausschuß, ich werde das später noch vortragen —, könnte ich mir bei Ihrer Klugheit und bei Ihrer Toleranz, Herr Bundesverkehrsminister, denken, daß Sie sich dann vielleicht dieser Auffassung zuneigen.
Umgekehrt erkläre ich Ihnen, daß ich ohne Rücksicht auf meine bisherige Haltung ohne jeden Vorbehalt Ihrer These, Ihrer Grundauffassung zustimmen würde, wenn Sie mich davon überzeugten, daß der von Ihnen beschrittene Weg in der Tat ein erhöhtes Maß von Sicherheit für Leben und Gesundheit unserer Bürger bedeutet. Ich sage das als Wirtschaftler und weiß, daß ich damit nicht nur im Einvernehmen mit dem Hohen Hause, sondern auch mit meinen wirtschaftlichen Berufskollegen spreche. Denn das menschliche Leben und sogar nur ein menschliches Leben ist unvergleichlich wertvoller als jeder wirtschaftliche Nutzeffekt. Ich halte es für notwendig, das hier eindeutig und klar auszusprechen.
Ich bitte, mir hierzu eine persönliche Bemerkung zu gestatten; damit bin ich auch am Schluß. Ich habe den Eindruck, daß die gestrige Diskussion allzu stark von Gemüts- und Gefühlsbewegung geleitet war. Das soll gegenüber niemandem ein Vorwurf sein, es sei denn, gegen mich selbst. Ich habe mich selber dieser Sünde schuldig gemacht, die ich hiermit bekenne. Es fallen einem ja bei anderen immer die Fehler am ehesten und am schnellsten auf, die man selber in sehr viel größerem Maße hat. So wird es wahrscheinlich auch hier sein. Ich glaube aber, daß gerade bei dieser Frage, wo durch Sentiments und durch das Erheben eines Absolutheitsanspruchs sowohl des einen wie des anderen Teils eine Verwirrung Platz greift — weder hat die Regierung das Privileg der Weisheit, noch sind die Volkstribunen in ihren Erkenntnissen immer gesegnet und fruchtbar —, durch die Bereitwilligkeit zum Eingehen auf die Argumente der Gegenseite eine echte Gedankenauslese gefunden werden kann. Wir sollten uns allen, ob wir Anhänger dieser oder jener Seite sind, a priori zunächst einmal den guten Glauben zubilligen und sollten alle dazu beitragen, durch die Schaffung einer friedlichen und verständnisvollen Atmosphäre die Voraussetzungen zu schaffen, unter denen nach meinem Dafürhalten allein dieses schwere Problem zum Nutzen für Volk und Wirtschaft gelöst werden kann.
Ich habe die Hoffnung, daß wir in der dem Spiegel der Öffentlichkeit abgewandten Ausschußarbeit — diese Diskretion hat sich ja in manchen Dingen als geistig förderlich und heilsam erwiesen — trotz der nicht sehr verheißungsvollen Ouvertüre des gestrigen Tages ohne Verstimmung gegenüber der
Regierung, ohne Mißverständnis und falsche Deutung, aber auch ohne eine etwa falschverstandene Nibelungen- oder Koalitionstreue — denn es handelt sich hier um eine ganz nüchterne Aufgabe, die man nur mit nüchternem Verstand und mit Einfühlungsvermögen in die Zusammenhänge der Wirtschaft lösen kann — dieses Problem leidenschaftlich, aber zum Nutzen unseres Volkes, zur Sicherung des Lebens und des wirtschaftlichen Erfolges unserer Nation lösen werden.
Das Wort hat der Abgeordnete Schneider .
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin im Gegensatz zu den Ausführungen meines Herrn Vorredners der Auffassung, daß gerade die menschliche Seite bei den gestrigen Beratungen des hier anstehenden Problems etwas zu kurz gekommen ist. Die Presse spiegelt ja heute auch die öffentliche Meinung wider, wenn sie schreibt, daß es gestern, genau genommen, ein Gespräch unter Fachexperten gewesen sei, das von vielen im Hause anwesenden Kollegen wahrscheinlich nicht vollauf verstanden worden sei und deshalb nicht auf das angemessene Interesse gestoßen sei. Ich werde mir daher gestatten, auf diese Dinge, wenn auch kurz, noch etwas einzugehen.
Die seit Monaten andauernde Diskussion um das Verkehrsproblem findet in der Debatte, die wir gestern und heute führen, nun endlich einen gewissen Abschluß. Ich sage: nun endlich, weil die Form und die Art und Weise, in der diese Diskussion in den verflossenen Monaten geführt worden ist, der Sache und letzten Endes dem Ansehen der Betroffenen abträglich gewesen ist; das ist meine und meiner Freunde feste Überzeugung. Man hat der Sache einen sehr schlechten Dienst erwiesen, als man sich in der Art und Weise, wie es geschehen ist, gegenseitig angriff und bekämpfte. Wir alle sind mit entsprechenden Fluten von Papier usw. angegangen worden und haben diese sicherlich manchmal zornig in den Papierkorb geworfen, weil wir nicht verstehen konnten, daß es nicht möglich sein soll, ein solches Problem, von dem praktisch jeder Staatsbürger mittelbar oder unmittelbar betroffen ist, in Ruhe und Sachlichkeit auszutragen. Gerade das hier anstehende Problem bedarf der breitesten Mitarbeit aller Kreise, weil eben praktisch jeder Staatsbürger von ihm betroffen ist. Man hätte also erwarten können — und das wäre der Sache dienlicher gewesen —, daß sich von vornherein die einzelnen Interessentengruppen an einen Tisch gesetzt und in aller Stille eine brauchbare Lösung gefunden hätten, um sie anschließend hier dem Parlament vorzutragen. Wir hätten uns dann sehr viele Reden sparen können, und insgesamt wäre der Sache mehr gedient gewesen. Dabei kann es nicht darum gehen, irgendwelche Sonderinteressen bestimmter Gruppen innerhalb dieser Fragen zu regeln, sondern ausschließlich darum, eine gemeinsame Konzeption für alle Verkehrsträger zu finden, da dies letzten Endes im Allgemeininteresse liegt.
Mir ist gesagt worden: Sie werden es sicher nicht ganz leicht haben, die Ansichten Ihres — Ihres! — Ministers zu vertreten, da dieser Minister nun einmal Ihrer .Partei angehört! Ich habe erwidert: Ich fühle mich durchaus in der Lage, diese Dinge zu vertreten; denn einmal tritt ja hier der Minister nicht als Parteivertreter auf, sondern als Minister, d. h. als Vertreter der gesamten Regierung und damit der gesamten Öffentlichkeit. Diese ganze Frage hat mit Partei nicht das geringste zu tun; das möchte ich hier einmal sehr deutlich feststellen.
Abgesehen davon kann ich die Gesetzesvorlagen auch deshalb mit gutem Gewissen vertreten, weil so prominente Persönlichkeiten wie der Herr Bundeskanzler und der Herr Bundesinnenminister absolut hinter diesen Vorlagen stehen.
Ich begrüße es, daß die Interessenten Gelegenheit genommen haben, uns ihren Standpunkt darzulegen und ihn sogar in das Parlament hinein zu lancieren. Ich bin nur der Meinung, daß die Art und Weise, wie es geschehen ist, nicht immer ganz richtig war. Ich bedauere auch, daß die Presse
— ich habe gar nichts gegen die Presse; im Gegenteil, meine Bremer Pressefreunde werden mir bestätigen, daß ich ihr sehr geneigt bin — oftmals doch recht einseitig
— Herr Kollege, es handelt sich hier ja nicht um
den Lenz-Ausschuß, sondern um die Presse
schlechthin — in diese Diskussion eingegriffen hat.
Man konnte oft den Eindruck haben, daß das Gefühl für das Ganze in der Sache untergegangen ist und daß nur noch harte und verhärtete Standpunkte gegeneinanderstanden. Das darf aber unter gar keinen Umständen der Fall sein in einem Augenblick, in dem wir uns anschicken, das Transportvolumen für 50 Millionen Menschen zu regeln. Hier können wir einfach nicht Kampfgruppe gegen Kampfgruppe brauchen, sondern müssen uns an einen Tisch setzen.
Heute liegen nun also die Gesetzentwürfe der Regierung und die des Kollegen Müller-Hermann vor. Ich sagte schon, daß selbstverständlich auf der Interessentenseite das Recht besteht, zu diesen Dingen seine Meinung zum besten zu geben. Aber ich meine auch, der Ton macht die Musik, - und der Friedrich die Reifen, möchte ich anfügen! Wenn gestern im „Rheinischen Merkur" ein bekannter Generaldirektor der deutschen Wirtschaft schrieb, daß sich nun die Nebel zu lichten begännen und sich dabei herausstelle, daß es sich vielfach um künstliche Nebel handle, so kann ich ihm nur vollauf beipflichten, insbesondere wenn ich die Aktion der Wirtschaft in bezug auf das hier anstehende Problem betrachte. Ich meine die Anzeigenaktion in den deutschen Zeitungen.
Derselbe Wirtschaftskapitän, wenn ich einmal so sagen darf, schreibt in diesem Artikel außerdem, die Bundesregierung habe für ihre Entwürfe populäre Gründe vorgegeben, die letzten Endes aber die Atmosphäre vergiftet hätten. Ich weiß nicht, ob es irgend jemandem ansteht — und sei er auch eine noch so hochstehende Persönlichkeit in der Wirtschaft —, unter Außerachtlassung der Tatsache, daß wir eine so große Zahl von Verkehrstoten zu beklagen haben, einer Tatsache, die ja mit zur Begründung der Gesetzentwürfe der Bundesregierung dient, zu unterstellen, daß man ganz andere Ziele zu erreichen beabsichtige.
Ich halte das für sehr mißlich. Und wenn man im
Glashaus sitzt, soll man nicht mit Steinen werfen.
Es ist doch bekannt, daß dieser Generaldirektor im Kuratorium einer bekannten großen Zeitung sitzt und mit dem Inhaber dieser Zeitung sehr stark befreundet ist.
Wenn im übrigen einmal das Buch über die Antworten geöffnet werden wird, die die Verkehrsteilnehmer an das „Forum" gesandt haben, so werden dort, glaube ich — hier gehe ich mit dem Kollegen Leiske einig —, sehr viele Dinge zum Vorschein kommen, die dem „Forum" oder den Verfechtern des „Forums" wahrscheinlich nicht sehr angenehm in den Ohren klingen werden. Ich habe hier einen Brief vorliegen, in dem u. a. geschrieben steht:
Ich würde den unterzeichnenden Firmen vielmehr empfehlen, ihren Existenzkampf mit der Bundesbahn nicht auf Kosten der allgemeinen Verkehrssicherheit auszutragen.
Es geht dann weiter:
Frage: Wer hat schuld an dem Verkehrschaos? Wer gefährdet seit den letzten fünf Jahren in ganz besonderem Maße die Verkehrssicherheit? Wer ist schuld an den ruinierten Straßen? Wer ist schuld, daß Hunderttausende von Häusern in Deutschland an den Verkehrsstraßen baufällig werden? Welche Fahrzeuge sind in der Lage, Häuser, Schulen, Scheunen und sogar Menschen in Briefmarken zu verwandeln? Welche Fahrzeuge nehmen die gesamte Straßenbreite ein? An welchen Fahrzeugen kommen Motorradfahrer, Autofahrer und Lieferwagen nur unter Lebensgefahr vorbei?
Ich will die Antwort, die daruntersteht, hier nicht vorlesen, weil es mir fernliegt, mich dieser Auffassung etwa vollinhaltlich anzuschließen; aber es liegt ein erhebliches Stück Wahrheit darin, und es kommt in diesem Brief das zum Ausdruck, was nicht nur der hier genannte Lieferwagenfahrer, Autofahrer und Motorradfahrer denkt, sonden was ein breiter Teil der Verkehrsteilnehmer schlechthin, also auch der Radfahrer und Fußgänger, über diese Dinge denkt.
Ich bitte, mir zu verzeihen, wenn ich hierauf etwas eingehe; aber nachdem in den verflossenen Monaten in der Öffentlichkeit über diese Dinge von dieser und jener Seite gesprochen worden ist und die Dinge in etwa auch etwas hochgebracht worden sind, ist wohl dieser Platz hier der richtige, um zu einem abschließenden. ich möchte einmal sagen, Großreinemachen zu kommen, damit wir nachher in um so größerer Sachlichkeit und Ruhe in internen Ausschußberatungen die Dinge erledigen können. Ich halte es für sehr mißlich, daß diese sogenannte „Forum-Aktion" mit Mitteln finanziert worden ist, die letzten Endes der Steuerzahler aufgebracht hat.
Denn diese Mittel — es handelt sich um Millionenbeträge, und wir kennen teilweise auch die Firmen, an die man herangetreten ist, um diese Beträge zu erlangen — sind ja als Werbungskosten absetzbar. Es ergibt sich also hier der phantastische Zustand, daß praktisch der Steuerzahler eine Kampagne gegen die Regierung zu bezahlen hat. Diese öffentliche Irreführung auf Staatskosten ist nach unserer Auffassung ein Mißbrauch wirtschaftlicher Macht, der unter gar keinen Umständen geduldet werden darf.
Das möchte ich den Herren mit aller Deutlichkeit ins Stammbuch schreiben. Wir haben volles Verständnis für die Absatzsorgen der Reifenindustrie für den Fall, daß gewisse gesetzliche Maßnahmen Wirklichkeit werden sollten. Auch das darf unter keinen Umständen zu solchen Auswüchsen führen. Es wird ja doch auf Gewerkschafts- und anderer Seite entsprechend vermerkt werden, wenn hier in dieser Weise gegen die Regierung vorgegangen wird. Ich habe außerdem mit Bedauern festgestellt, daß noch am 23. Juni 1954 der Herr Bundesverkehrsminister an Herrn Raucamp, einen der maßgeblichen Vertreter des Güterfernverkehrsgewerbes, einen Brief richten mußte, in dem er ihn — ich sage nochmals, am 23. Juni dieses Jahres — auffordern mußte, ihm die Vorschläge seines Gewerbes zu unterbreiten, damit sie in die Gesamtkonzeption eingearbeitet werden könnten. Das halte ich ebenfalls für einen sehr bedauerlichen Zustand; denn man hätte meinen müssen, daß bei dem Stand der Dinge, wie er heute gegeben ist, längst eine gewisse Angleichung der Standpunkte stattgefunden hätte.
Das Verkehrsproblem, das zu regeln wir uns hier bemühen und das wir hier selbstverständlich nur in großen Zügen erörtern können, ist, mag dies auch von diesen oder jenen Kollegen bestritten werden, weitestgehend auch ein menschliches Problem. Insofern stimme ich mit dem Kollegen Feldmann, der vor mir gesprochen hat, nicht überein. Was interessiert es die Menschen, die auf der Straße sterben müssen, ob sie sterben müssen, weil der Verkehr nach marktwirtschaftlichen, planwirtschaftlichen oder sonstigen Regeln geordnet worden ist? Ich bin weit entfernt davon, mit diesen allzu traurigen Dingen Propaganda machen zu wollen; aber wir dürfen nicht vergessen, daß dies für das ganze Volk in moralischer und auch in materieller Hinsicht eine Hypothek ist, die wir unter keinen Umständen zu leicht nehmen dürfen.
Ich bedaure es sehr, daß in diesem Zeitalter, diesem Massenzeitalter, in dem die Schlagworte und die Reklame eine sehr große Rolle spielen, auch solche Auswüchse zu verzeichnen sind, daß beispielsweise gewisse Fabriken, die natürlich um ihren Absatz bemüht sein müssen, Annoncen aufgeben, wie es kürzlich eine große Motorradfabrik getan hat, die eine neue Maschine abgebildet und dazu geschrieben hat: „Mit dieser schnellen Maschine beherrschen unsere Jungs die Straße". Das ist direkt eine Aufforderung zu einer Irrsinnsraserei, wie wir alle sie in den Städten heute täglich erleben.
Ich bin gestern abend noch in Königswinter gewesen, um mich von der anstrengenden Debatte etwas zu erholen und mich noch etwas zu ergehen. Ich habe dort ein Motorradrennen von halbwüchsigen Rowdys — anders kann ich es nicht nennen — erlebt, die sich den Sturzhelm über den Kopf gestülpt hatten. Dieser Sturzhelm soll ja lediglich der Sicherheit dienen, wird aber von gewissen Kreisen schon wieder dazu benutzt, zu zeigen, daß man schon ein angehender Rennfahrer ist. Als ich meinen Wagen parkte, stiegen gerade zwei ausländische Ehepaare aus — es waren Holländer —, die sich kopfschüttelnd das ansahen, was sich da an der Rheinseite in Königswinter abspielte. Drei Halbwüchsige rasten wie die Irrsinnigen durch die Kurgäste und durch das promenierende Volk. Ich will mich nicht dem Vorwurf aussetzen, daß ich etwas gegen den Motorradfahrer hätte; aber ich
will deutlich sagen, daß das Benehmen eines Teils dieser Kategorie von Verkehrsteilnehmern keineswegs immer so ist, daß es den Regeln des Anstands und der Rücksicht entspricht. Wir müssen von hier aus selbstverständlich an alle Verkehrsteilnehmer, aber gerade — denn das Motorrad verleitet ganz besonders dazu, die ganze Artistik und Fahrkunst zu zeigen — an diese Menschen den Appell richten, das unter allen Umständen zu unterlassen.
Die Fußgänger sind in der Debatte, die bisher in diesem Hause geführt worden ist, meines Erachtens nicht zur kurz gekommen. Ich brauche deswegen nicht besonders darauf hinzuweisen. Aber wir werden zu der gewünschten Verkehrssicherheit -- wenn ich kurz bei diesem Punkt bleiben darf niemals kommen, wenn nicht endlich alle Verkehrsteilnehmer mehr Rücksicht üben, als es bisher der Fall ist. Wir sollten uns hier ruhig, ohne nun in die Manie zu verfallen, etwa das zu kopieren, was im Ausland gemacht wird, einmal an die Brust schlagen und uns den Verkehr in England, in der Schweiz und in anderen Ländern zum Vorbild nehmen, wo wirklich beispielhaft gefahren urn auch gegangen wird. Wir sind diese Rücksicht unter allen Umständen schuldig, weil wir Erbarmen mit den Frauen und Kindern haben müssen. Jawohl, meine Damen und Herren, Erbarmen müssen wir mit ihnen haben, und derjenige, der vielleicht schon einmal gesehen hat, wie es nach einem Verkehrsunfall aussieht, wird mir bier recht geben.
Im übrigen bin ich der Meinung — und das will ich auch ganz offen aussprechen —, daß Rücksichtslosigkeit hier gegen Rücksichtslosigkeit gesetzt werden muß. Der nordrhein-westfälische Verkehrsminister Sträter hat einmal eine sehr scharfe Polizeiaktion gegen die Verkehrssünder gefordert, meines Erachtens in etwas zu scharfer Form. Aber das, was heute gegen die Verkehrssünder geschieht, halte ich nicht für ausreichend. Hier muß — ich wiederhole es — Rücksichtslosigkeit gegen Rücksichtslosigkeit gesetzt werden; um jene Elemente zur Vernunft, zur Räson zu bringen, die sich nicht in unsere Gemeinschaft einordnen wollen.
Zur Verkehrssicherheit weiter: Es ist ein Manko — teilweise der Behörden, teilweise der Verkehrsteilnehmer selbst —, wenn man glaubt, daß der Verkehr nur mit solchen Maßnahmen wie etwa der zu regeln sei, in den Städten ganze Wälder von Verkehrsschildern aufzustellen, so daß der Kraftfahrer praktisch gar nicht mehr in der Lage ist, den Verkehr zu beachten, weil er alle zehn Meter auf ein neues Verkehrsschild achten muß. Meines Erachtens ist auch viel zu wenig von der Möglichkeit Gebrauch gemacht worden, die Geschwindigkeit in den Ortschaften zu begrenzen.
Ich verstehe ferner nicht, warum es immer noch möglich ist, daß auf der Autobahn Lastwagen mit fliegenden Planen fahren, die, wenn sie den Kurs wechseln wollen, dies nicht anzeigen können, weil ihre Blinklichter oder Winker von den fliegenden Planen verdeckt sind, so daß man oft in tödliche Gefahr gerät. Meine Damen und Herren, wer von Ihnen, die Sie weit weg von Bonn wohnen und wie ich etwa 6 Stunden Anfahrt haben und gezwungen sind, über die Autobahn zu fahren, hat noch nicht in einer solchen oft tödlich scheinenden Gefahr geschwebt? Es will mir auch nicht einleuchten, warum es bisher nicht möglich gewesen ist — die Vorlage des Herrn Müller-Hermann fordert dies ja —, diesem Erfordernis Rechnung zu tragen und zu bestimmen, die Lastkraftwagen so auszustatten, daß sie ihre Fahrtrichtung anzeigen können,
nämlich, daß sie hinten Winker oder Blinker haben.
Warum ist es bis heute nicht möglich gewesen, durch eine Änderung der Straßenverkehrsordnung dafür zu sorgen, daß auf der Autobahn, wo bekanntlich mit hohen und höchsten Geschwindigkeiten gefahren wird — dazu ist sie ja da —, eine Richtungsänderung angezeigt werden muß? Ich habe vor wenigen Wochen ein eigenartiges Erlebnis gehabt. Ich fuhr in sehr schneller Fahrt Richtung Bremen, vor mir ein Lastwagen, hinter diesem Lastwagen ein Polizeifahrzeug. Ich gab Signal, und in diesem Moment, als ich zum Überholen ansetzte, scherte das Polizeifahrzeug nach links aus, und ich hatte Mühe, meinen Wagen zum Stehen zu bringen.
Im Vorbeifahren drohte ich dem Polizeiwagen, der auch den Lastwagen passiert hatte, ein bißchen mit dem Finger, was bedeuten sollte: Meine Herren, nehmen Sie sich das nächste Mal etwas in acht! Worauf der Polizeiwagen mich sofort überholte, zum Stehen brachte und beim Aussteigen die Beamten sofort erklärten: Treten Sie mal auf Ihre Bremse, schalten Sie mal das Licht ein, usw.! Kurzum, man wollte mich schikanieren. Auf meine Frage, warum sie die Richtungsänderung nicht angezeigt hätten, sagten sie: Bitte schön, nennen Sie uns mal den Paragraphen der Straßenverkehrsordnung, in dem geschrieben steht, daß wir verpflichtet sind, die Fahrtrichtung anzuzeigen!
Das soll bloß ein Schlaglicht sein.
Wenn ich vorhin davon sprach, daß wir oft in tödliche Gefahr beim Überholen geraten — was ja bei großen Geschwindigkeiten nicht ausbleibt —, dann sollte es jedem einleuchten, daß es eine unabdingbare Notwendigkeit ist, zumindest auf der Autobahn in Zukunft die Richtungsänderung anzuzeigen.
— Ich darf das aber trotzdem noch einmal ausdrücklich fordern, Herr Müller-Hermann, das ist mein Kummer als Kraftfahrer.
Die Diskussion um Überholgeräte ist im Gang. Wir brauchen darüber im einzelnen nicht zu sprechen. Die Überholgeräte mögen kommen.
Wenn der Herr Verkehrsminister davon sprach, daß in seinem Hause geprüft werde, ob ein Überholverbot für Lastkraftwagen tunlich sei, dann möchte ich diesen Gedanken ablehnen. Denn man kann den Lastwagen, die ebenfalls verschiedene Geschwindigkeiten fahren, nicht zumuten, daß sie wie in einem Geleitzug hinter dem vordersten, der vielleicht der langsamste ist, herfahren müssen. Ich möchte aber empfehlen, zu erwägen, ob nicht die Lastzüge, wenn sie hintereinander fahren, einen Mindestabstand etwa von 100 Metern zu wahren gezwungen werden sollten, damit die Personenfahrzeuge, die schneller fahren können, die Möglichkeit haben, diese Fahrzeuge zu überholen, und damit sie insbesondere bei einer Massierung von Lastzügen, wie wir sie auf vielen Strecken der Autobahn haben, in der Lage sind, sich langsam nach vorne zu schlängeln.
Anläßlich der Haushaltsberatung, als hier bereits über Verkehrsprobleme gesprochen wurde, ist auch die Frage des Verkehrsunterrichts zur Sprache gekommen. Ich habe von der hohen Konferenz der
Kultusminister bisher noch nicht gehört, daß sie in dieser Frage etwas Positives unternommen hätte. Vielleicht darf ich von dieser Stelle aus noch einmal die Anregung geben, daß sich alle Länder dazu bequemen, den Verkehrsunterricht als benotetes Pflichtfach einzuführen.
Schließlich möchte ich, was die Verkehrssicherheit betrifft, noch die Forderung des Automobilclubs von Deutschland unterstützen, einen großen Verkehrssicherheitsrat zu schaffen. Bei den jetzigen Verhältnissen auf der Straße scheint es tatsächlich unumgänglich zu sein, daß sich ein Gremium von Fachleuten und Verkehrsteilnehmern laufend mit diesen Fragen so befaßt, daß die Dinge möglichst immer auf dem neuesten Stand gehalten werden. Ich habe im übrigen den Regierungsentwürfen bzw. den Entwürfen des Kollegen Müller-Hermann in dieser Frage nichts hinzuzufügen.
Wir hier sind gehalten, unter allen Umständen dafür zu sorgen, daß die geplanten Sicherheitsmaßnahmen nicht ein Fetzen Papier bleiben. Sonst werden wir es eines Tages erleben, daß dieses Papier mit dem Blute unserer Mitbürger beschrieben ist. Das müssen wir unter allen Umständen verhindern. Im übrigen glaube ich, daß es trotz der enormen Verkehrsdichte, die an der Verkehrsunsicherheit selbstverständlich die Hauptschuld trägt — ich möchte das ganz offen sagen —, ein Ausdruck für den — verzeihen Sie — Tiefstand unseres Gemeinschaftsgefühls ist, daß heute so viele Dinge auf der Straße passieren, die nicht zu passieren brauchten. Bei mehr Anstand und mehr Rücksicht aufeinander könnten zweifellos zahlreiche solche Vorkommnisse vermieden werden.
Bei der Frage der Verkehrssicherheit kommt man dazu, die Sicherheit der Bundesbahn der Sicherheit im Straßenverkehr gegenüberzustellen. Wir wissen alle, daß die Bundesbahn mit einer geradezu nachtwandlerischen Sicherheit fährt. Das liegt an der Art und Weise ihres Betriebes. Wir wissen selbstverständlich auch, daß der Hauptunsicherheitsfaktor auf der Straße liegt. Ich habe hierzu eine interessante Notiz in einer Verkehrsschrift gefunden, die ich mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten einmal kurz zitieren möchte:
Erst wenn der Staat an beide Verkehrsmittel die gleichen Sicherheitsanforderungen stellt, wenn also der Kraftverkehr gesetzlich gezwungen wird, durch technische und organisatorische Mittel denselben Grad von Sicherheit zu bieten, wie man ihn von der Eisenbahn schon immer verlangt hat, erst dann könnte man den volkswirtschaftlichen Wert von Eisenbahn- und Straßenverkehr gegeneinander abwägen. Solange das nicht der Fall ist, wird jede Vergleichsrechnung unwahr bleiben, weil sie die Hunderte von Millionen Mark unberücksichtigt läßt, mit denen jetzt die Hochkonjunktur auf den Unfallfriedhöfen und in den Unfallkliniken auf Kosten aller Staatsbürger finanziert wird. Hier scheint uns ein dirigistisches Eingreifen des Staates — wenn man diesen Begriff schon in die Debatte wirft — nicht nur aus menschlichen Gründen, sondern auch zur sachlichen Klärung des Verkehrsproblems eine der dringlichsten Pflichten der Bundesregierung zu sein.
Meine Damen und Herren, die Verkehrsträger haben in den vergangenen Jahren, ich möchte fast sagen: in den vergangenen Jahrzehnten, zweifellos eine etwas ungleiche Entwicklung genommen. Das kann wohl nicht bestritten werden. Daraus resultierend ist, sowohl auf der Straße wie auf der Schiene und in der Binnenschiffahrt, ein Verkehrsapparat entstanden, der, gemessen an dem Wirtschaftsvolumen, das ja bei uns bekanntlich enorm ist, immer noch zu groß ist. Dies ist mit einer der Gründe, weshalb es sich bei der Regelung dieses Problems nur darum handeln kann, einen umfassenden Rahmen, eine gemeinsame Konzeption für sämtliche Verkehrsträger zu finden. Die Regierung und auch wir, die wir in den entsprechenden Ausschüssen tätig sind, dürfen dabei keine halben Maßnahmen treffen. Darüber muß in diesem Hause Klarheit bestehen.
Die Zeit, in der wir noch mit Kompromissen — sicherlich wird da und dort ein Kompromiß zustande kommen müssen —, vielleicht mit allzu weichen Kompromissen diese Probleme lösen können, ist meines Erachtens — darin wird mir die gesamte Öffentlichkeit zustimmen — fast schon überschritten. Wir müssen jetzt zu ganzen Maßnahmen kommen, wenn wir nicht große Fehlleitungen von Kapitalinvestitionen usw. in Kauf nehmen wollen und wenn wir insonderheit darauf bedacht sein wollen, daß unsere Staatsbürger den Sicherheitsschutz, der ihnen zukommt, genießen. Ich bin, obwohl der Herr Bundesverkehrsminister mein Parteifreund ist — ich habe das einleitend schon gesagt —, weder gegen die Bundesbahn noch bin ich gegen den Güterkraftverkehr, sondern ich bemühe mich, die Dinge völlig neutral zu betrachten. Aber es kann — wenn ich bei der Bundesbahn anfangen darf — nicht übersehen werden, daß die Bundesbahn doch einer der wesentlichsten Verkehrsfaktoren, überhaupt einer der wesentlichsten Wirtschaftsfaktoren im gesamten deutschen Volksleben ist. Es gibt kein zivilisiertes Land ohne eine Eisenbahn, und es ist undenkbar, daß jemand etwa auf den Gedanken kommen könnte, die Bundesbahn abzuschaffen. Wenn man allerdings die Veröffentlichungen in den verflossenen Monaten las, Herr Kollege Rümmele, konnte man manchmal tatsächlich glauben, daß sich einige Schrotthändler für diesen „Rest von Blech" interessierten.
Die kommende Verkehrskonzeption, wie wir sie noch erarbeiten müssen, wird, ob gut oder schlecht, sehr wesentlich auch davon abhängen, welche Rolle wir der Bundesbahn innerhalb dieser Konzeption zuweisen. Ich möchte, wenn ich das sage, nicht in den Verdacht kommen — das betone ich noch einmal ausdrücklich —, hier etwa als Sprecher für die Bundesbahn speziell aufzutreten. Aber an diesen Tatsachen können wir einfach nicht vorbeigehen. Insbesondere können wir nicht an der Tatsache vorbeigehen, daß die Bundesbahn praktisch doch uns allen gehört, so daß wir schon aus diesem Grunde ein Interesse daran haben müßten, daß sie gesund ist. Es ist eine Tatsache, daß die Bundesbahn in den verflossenen zehn Jahren sehr stark in Anspruch genommen worden ist und daß man auf der andern Seite aus den verschiedensten Gründen nicht die Möglichkeit hatte, ihr das zukommen zu lassen, was sie speziell auf dem Sektor Reparaturen, Neuanschaffungen usw. nötig hatte.
Der Herr Minister und ebenfalls Herr Kollege Jahn haben gestern sehr eindrucksvolle Zahlen darüber genannt, welche Wiederaufbauleistungen die Bundesbahn vollbracht hat. Ich kann es mir versagen, darauf noch einmal einzugehen, insonderheit auch deswegen, weil ich glaube, daß es mißlich ist, von dieser Stelle aus mit Statistiken und Zahlen
zu operieren, die man doch nicht versteht. Das sind Dinge, die man schwarz auf weiß haben muß und die uns nachher in den Ausschüssen interessieren werden. Es ist aber völlig abwegig, wenn von seiten des Straßenverkehrs immer wieder erklärt wird, die Bundesbahn sei unmodern. Überhaupt sollte man sich meines Erachtens aller kollektiven Verurteilungen oder kollektiven Verherrlichungen enthalten, man muß die Dinge individuell betrachten. Die Leistung, die die Bundesbahn als solche und die ihre Angehörigen beim Wiederaufbau vollbracht haben, ist durch den Minister schon entsprechend gewürdigt worden. Trotzdem fordert der Straßenverkehr eine Rationalisierung nach kaufmännischen Gesichtspunkten. Meine Damen und Herren, ich gestehe, ich würde es persönlich-gern sehen, wenn die Bundesbahn morgen in Privathand übergehen und dann nach rein betriebswirtschaftlichen und kaufmännischen Gesichtspunkten geleitet werden könnt e. Das ist aber meines Erachtens praktisch unlösbar. Deswegen müssen wir uns mit dem derzeitigen Status mehr oder minder abfinden.
Dabei dürfen wir nicht übersehen, daß effektiv doch allein durch den gewaltigen Personalabbau der letzten Jahre eine Rationalisierung bereits vorgenommen worden ist, die sich sehen lassen kann. Ich muß ehrlich gestehen, daß ich gestern etwas im Zweifel war, wie Herr Kollege Jahn diese Dinge betrachten würde, denn als Vertreter der Gewerkschaften hat er selbstverständlich in erster Linie — das ist ja auch sein Amt — das Wohl und Wehe der Belegschaft im Auge. Wir können einfach nicht daran vorübergehen, daß bei der ungeheuer gestiegenen Leistung, die ja doch von Jahr zu Jahr gesteigert wurde, und bei dem gleichzeitigen Personalabbau selbstverständlich erhöhte Anforderungen an das Personal gestellt worden sind, und es ist die Frage: wann kommt der Tag, an dem dieser Personalabbau nicht mehr fortgesetzt werden kann, und wann kommt der Tag, von dem an das Personal so ausgelastet ist, daß man ihm nichts Weiteres mehr zumuten kann? Man soll also auch von der Bundesbahn nichts Unmögliches verlangen.
Das Hohe Haus ist sich in allen seinen Fraktionen mehr oder minder darüber einig, daß die betriebsfremden Lasten der Bundesbahn abgenommen werden müssen; eine Forderung, die schon vor längerer Zeit erhoben worden ist und die ich hier nur erneut erheben kann.
Im übrigen ist es meines Erachtens nicht angängig, daß die Bundesbahn und der Straßenverkehr sich weiterhin mit tarifarischen Maßnahmen gegenseitig bekämpfen. Ich habe es als sehr bedauerlich empfunden, daß seitens der Bundesbahn noch in allerletzter Zeit, als die Diskussion um die Verkehrsprobleme auf einem Höhepunkt, man kann ja fast sagen, auf einem Siedepunkt war, noch tarifarische Veränderungen erfolgt sind. Das hätte man besser unterlassen sollen.
Im übrigen müssen wir hier an die Vernunft der Vertreter beider Seiten appellieren. Ich will die Binnenschiffahrt ganz bewußt außer acht lassen, weil es eine Tatsache ist, daß die Bundesbahn und die Binnenschiffahrt ausgezeichnet zusammenarbeiten. Wir appellieren an die Vernunft der Vertreter des Güterkraftverkehrs und der Bundesbahn — denn dort sind auch nicht alles „weiße Raben" —, daß sie nun endlich einen Modus finden mögen, sich zusammenzusetzen und die Dinge gemeinsam zu beraten. Dabei wird es sich natürlich nicht umgehen lassen, daß der gemeinwirtschaftliche Charakter, der der Bundesbahn anhaftet, auch weiterhin bestehenbleibt, d. h. also, daß sie Verpflichtungen übernehmen muß, die man dem privaten Fuhrverkehr nicht ohne weiteres auferlegen kann. Ich glaube aber, daß eine weitere Stilllegung von Nebenbahnen, wie es bereits in einigen Fällen geschehen ist, noch zur Rationalisierung der Bundesbahn beitragen könnte, — könnte, Herr Kollege! Es ist doch so, daß diese Bahnen vielfach nicht ausgelastet sind und daß zweifellos in vielen Fällen ohne weiteres die Möglichkeit besteht, durch Omnibusverkehr, kurz durch den Verkehr auf der Straße die entsprechenden Zubringerdienste zu versehen. Jedenfalls sollte man dieser Frage ein besonderes Augenmerk zuwenden.
Herr Minister, wenn Sie außerdem daran denken wollten, die Stückguttarife für den Fischversand von den Fischereihäfen etwas niedriger zu setzen, wären wir auch sehr dankbar. — Meine Damen und Herren, es ist hier gestern vom oberbayerischen Lehmziegel gesprochen worden. Warum soll ich nicht von unseren Fischen sprechen?
Außerdem ist es eine bekannte Tatsache, daß die Bundesbahn über ein sehr dichtes Schienennetz verfügt, das nun Gott sei Dank in etwa jedenfalls so weit intakt ist, daß es voll beansprucht werden kann, und wir sind uns, glaube ich, alle darüber im klaren, daß das größte Interesse — dieses Interesse wird durch alle Fraktionen gehen — daran besteht, daß es der Bundesbahn ermöglicht wird, sich in Zukunft unter allen Umständen als wirtschaftliches Unternehmen selbst zu erhalten, und sie damit gleichzeitig in den Stand versetzt wird, den technischen Fortschritt, der heute von Tag zu Tag wächst, in vollem Umfang zu nutzen. Dazu ist es aber eben notwendig — und das ist mit ein Grund des Vorliegens dieser Gesetzentwürfe —, daß Ordnung im Güterverkehr und im Personenverkehr geschaffen wird. Allerdings möchte ich das wiederholen, was ich bei der Haushaltsdebatte von diesem Platze aus schon gesagt habe: Liebe Bundesbahn, lege deine Karten auf den Tisch! Es ist hier schon mit Recht moniert worden, daß diese Karten bisher noch nicht auf den Tisch gelegt worden sind. Das erschwert natürlich ungeheuer eine vernünftige Regelung.
Wenn ich diese Konzession mache, dann muß ich mich auf der anderen Seite dagegen wenden, daß der Straßenverkehr immer wieder behauptet, die Bundesbahn solle auf Kosten der Straße saniert werden. Meine Damen und Herren, ich habe die Gesetze von vorn bis hinten durchgelesen. Es tut mir furchtbar leid, ich habe keinen Passus entdekken können — weder in den Regierungsentwürfen noch in den Entwürfen Müller-Hermanns —, der darauf hinausliefe, die Bundesbahn auf Kosten der Straße zu sanieren.
Andererseits bin ich der Auffassung, daß es ein Entgegenkommen der Kraftverkehrswirtschaft bedeutet, wenn sie sagt: Wir sind nicht damit einverstanden, daß aus dem Aufkommen an Kraftfahrzeugsteuer und Mineralölsteuer irgend etwas für die Bundesbahn getan wird; aber wir würden uns nicht dagegen wenden, wenn aus den Mitteln der Beförderungsteuer etwas für die Bundesbahn getan wird. Ich glaube, das ist eine Frage, die noch einer sehr eingehenden Prüfung bedarf. Insbesondere bin ich der Meinung, daß das Aufkommen aus dem Verkehrsfinanzgesetz, das ja die Beförderung-
steuer ausschließt, schon für die vorgesehenen Zwecke viel zu gering ist. Es ist deshalb auch viel zu gering, als daß man daraus auch noch irgend etwas für die Bundesbahn tun könnte. Ich bedauere es sehr, daß der Herr Bundesfinanzminister heute nicht noch Gelegenheit nimmt, hier an den Erörterungen teilzunehmen. Er kneift offenbar ein wenig. Denn bisher haben wir von ihm noch keine Erklärung darüber, ob er bereit ist, der Bundesbahn die betriebsfremden Lasten abzunehmen. Wenn wir aber zu einer Regelung des Gesamtproblems kommen wollen, müssen wir vom Bundestinanzminister ein Votum haben. Es genügt nicht, daß wir es hier fordern, sondern wir müssen das Votum von ihm haben, daß er bereit ist, die betriebsfremden Lasten zu übernehmen.
Der Fortschritt der Motorisierung in den letzten Jahren ist stürmisch gewesen. Das wissen Sie alle. Sie wissen auch alle, daß wir ein unzureichendes Straßennetz haben. bei dieser Gelegenheit möchte ich darauf hinweisen, daß wir die Einwände des Herrn Bundesverkehrsministers, daß man bei der Schaffung eines größeren Straßennetzes auch auf landwirtschaftliche, wasserwirtschaftliche und sonstige Belange Bedacht nehmen müsse, nicht zu gering schätzen dürfen. Wir sind heute praktisch schon — wenn ich einmal das verpönte Wort gebrauchen darf — ein Volk ohne Raum. So schön Siedlungen sind, wir sehen eben doch auf der anderen Seite mit einem gewissen Bedenken, daß der Landwirtschaft immer mehr Grünland und Gartenland entzogen und für die Bebauung benutzt wird. Es wird in Anbetracht der bekannten Zahlen, die gestern vom Herrn Verkehrsminister vorgelegt worden sind, jedem einleuchten, daß eine Vergrößerung des Straßennetzes in dem erforderlichen Umfang weitere riesenhafte Anforderungen an die Landnahme in Westdeutschland stellen wird. Auch diese Frage darf angesichts der Tatsache, daß wir sowieso in einem übervölkerten Kessel wohnen, nicht zu leicht genommen werden.
Wenn man dann noch hört, daß sich in vier Jahren rund 50 Kraftfahrzeuge auf einem Kilometer Straße zusammendrängen werden, dann wird, glaube ich, jedem klarwerden, das das praktisch einer Erdrosselung des Verkehrs gleichkommen muß.
Dabei erhebt sich dann die Frage, um die es in der ganzen Debatte dieser Tage praktisch ging: Kann man das Straßennetz dem Verkehr anpassen oder muß man mangels der erforderlichen Mittel und sonstiger Möglichkeiten jetzt erst einmal den Verkehr dem Straßennetz anpassen? Meine Damen und Herren, ich wage in diesem Augenblick keine Antwort auf diese Frage zu geben. Das ist wirklich eine so grundsätzliche Frage, daß über sie nur nach eingehenden und tiefschürfenden Erörterungen entschieden werden kann. Ich möchte jedenfalls jetzt nicht so ohne weiteres darüber entscheiden.
Allerdings möchte ich auch nicht übersehen, daß der Transportraum der Bundesbahn durch das weitere Ansteigen des Kraftverkehrs. selbstverständlich noch mehr ausgehöhlt wird, der Bundesbahn, die mit all den sozialen, gemeinwirtschaftlichen und sonstigen Hypotheken belastet ist. Dies muß natürlich auch zu schwerwiegenden weiteren Folgen führen, wenn wir nicht bald zu einer vernünftigen Lösung kommen; ganz abgesehen davon, daß der Verkehrsfluß auch nicht mehr so sein wird, daß es sich überhaupt noch lohnen wird, mit einem Kraftfahrzeug zu fahren.
Die zunehmende Verkehrsdichte — das haben 1 meine Herren Vorredner schon erwähnt, und ich befinde mich in einer schwierigen Lage, weil ich für meine Fraktion vieles sagen muß, was schon gesagt worden ist — erfordert es naturgemäß, daß das Straßennetz weitgehend weiter ausgebaut wird. Dieser weitgehende Ausbau wiederum erfordert es natürlich, daß finanzielle Mittel bereitgestellt werden. Ich habe schon gesagt: ich glaube nicht, daß die Mittel, die nach dem Verkehrsfinanzgesetz dafür aufgebracht werden sollen, ausreichen werden, auch nur ein bißchen im Straßenbau voranzukommen. Ich befürchte, daß diese Mittel allenfalls dazu ausreichen werden, die bisherige Verkehrsdichte in etwa beibehalten zu können. Es kann aber keinem Zweifel unterliegen, daß jeder Teilnehmer am Kraftwagenverkehr, sofern er die Straßen benutzt, den angemessenen Anteil an Steuern zu tragen hat, den er gemessen am Grad der Benutzung dieser öffentlichen Einrichtungen tragen muß. In dieser Beziehung hat der Herr Verkehrsminister gestern sehr eindrucksvolle Zahlen über die anteiligen Kosten der Personenkraftwagen und der schweren Lastkraftwagen zum besten gegeben, die auch von keiner Seite korrigiert worden sind, selbst nicht von den Rednern, die mehr oder minder für den Güterkraftverkehr gesprochen haben.
— Es könnte sein, daß einer dafür gesprochen hat und ich während dieser Zeit gerade draußen war.
— Sie werden aber alle zugeben, daß die Relation, die aufgezeigt worden ist, daß ein leichtes Fahrzeug wie der Volkswagen oder Opel Olympia über eine, ja zwei DM aufbringt und daß es sich bei den schweren Lastfahrzeugen nur um Pfennige handelt, eine Relation ist, die einfach nicht tragbar ist. Ich glaube, daß selbst der Güterfernverkehr einsichtig genug sein wird, das zuzugeben und demzufolge auch daraus gewisse Konsequenzen zu tragen.
Es kann auch nicht bestritten werden — das ist wissenschaftlich erwiesen —, daß durch die Benutzung durch die schweren und schwersten Wagen die Straßendecken in einem viel größerem Umfange abgenutzt werden als durch die Benutzung durch Personenwagen. Allerdings habe ich — das möchte ich spaßeshalber zum besten geben — kürzlich in einer Unterredung mit Vertretern des Güterfernverkehrs gehört — es waren übrigens nicht die Bremer —, daß die schnellen leichten Personenwagenreifen die Autobahndecke und die Straßendecke sehr leicht aufreißen, daß aber die schwerlastenden Lastwagen diese Schäden wieder beseitigen, indem sie alles wieder glatt- und festfahren.
Mit solchen Argumenten kann man diesen Dingen natürlich nicht beikommen. Aber Tatsache ist —und ein wissenschaftlicher Beweis liegt ja nun vor —, daß es die schweren Wagen sind, die diese schweren Zerstörungen hervorrufen. Deswegen müssen sie auch mehr herangezogen werden, als dies bisher der Fall war.
Der Herr Kollege Schmidt von der sozialdemokratischen Fraktion hat gestern die Frage in die Debatte geworfen: Weshalb haben Sie, Herr Verkehrsminister, nicht überhaupt einen glatten Schnitt gemacht und den zweiten Anhänger verboten? Nun, Herr Kollege Schmidt ist leider nicht da. Ich betrachte das gar nicht als einen Vorwurf
an den Verkehrsminister. Ich betrachte das fast als eine Offerte an den Verkehrsminister. Man will dem Güterfernverkehr nicht weh tun. Wenn ich die Sache ernst betrachte, so muß ich sagen, so sehr abwegig ist die Frage an sich nicht. Abwegig ist auch nicht der Gedanke, im Interesse der Straßenerhaltung und der Verkehrssicherheit für die schweren Lastzüge eine Geschwindigkeitsbeschränkung einzuführen. Die Zahlen, die der Herr Minister gestern hinsichtlich des Zerstörungsgrades unseres Landstraßen- und Autobahnnetzes nannte, sind jedenfalls so erschreckend, daß wir auch hier nicht vor irgendwelchen Sentiments oder Ressentiments irgendwelcher Interessenten halt machen können, sondern daß wir, ich möchte sagen, rücksichtslos gezwungen sind, einen scharfen Schnitt zu tun und das zu tun, was die Vernunft erfordert.
Die Frage, ob die Kraftfahrzeugsteuer wegfallen kann und nur durch die Mineralölsteuer ein entsprechendes Aufkommen sichergestellt werden solle, ist meines Erachtens eine Angelegenheit, die in diesem Hause nicht geprüft werden kann. Sie bedarf einer eingehenden Beratung im Verkehrsausschuß.
Aber ich muß doch ehrlich sagen, daß meine Freunde und ich überwiegend der Auffassung sind, daß der schwere Lastverkehr, wie er sich heute auf den Autobahnen und den deutschen Landstraßen abwickelt, eigentlich nicht auf die Straße gehört. Sehen Sie, es ist doch ein Jammer, auf der einen Seite — nun wird man mir natürlich gleich sagen: du willst also doch der Bundesbahn etwas zuschustern — haben wir dieses intakte Verkehrsmittel, das nicht ein entsprechendes Aufkommen hereinbringt, weil es eben nicht ausgelastet ist. Auf der anderen Seite dulden wir große volkswirtschaftliche Schäden durch Zerstörung der Straßen, durch Zerrüttung der Nerven unserer Mitbewohner durch Verstopfung der Ortsdurchfahrten, durch Erschütterungen der Häuser usw. Es ist also schon eine Frage, die wirklich sehr ernsthaft und tiefgründig geprüft werden muß, ob das Sinn, Verstand und einen Zweck hat. Ich glaube jedenfalls, daß gewisse Massengüter einfach nicht auf die Straße gehören. Wenn der Güterkraftverkehr darauf hinweist, daß durch ihn, der seit Jahren konzessioniert sei, kein weiteres Anwachsen der Verkehrsdichte erfolgt sei, dann geht diese Argumentation doch insofern an den Tatsachen vorbei, als insgesamt doch eine Erhöhung der Verkehrsdichte zu verzeichnen ist, und daran hat der Güterkraftverkehr natürlich seinen entsprechenden Anteil, wenn auch immer nur mit derselben Anzahl von Fahrzeugen. Wenn also eine andere Kategorie von Fahrzeugen in der Verkehrsdichte führend wird, dann muß eben der Gesamtkomplex gesehen werden, und es muß gefragt werden, was kann noch verantwortet werden und was nicht.
Als einen sehr wesentlichen Punkt betrachte ich — und hier stimme ich mit dem Minister vollkommen überein — die Eindämmung des Werkverkehrs und des Werkfernverkehrs. Die Gründe hierfür möchte ich im einzelnen nicht noch einmal darlegen. Sie sind dem Hohen Hause bekannt. Aber wir werden nicht zu einer vernünftigen Lösung insbesondere für den Güterfernverkehr kommen, wenn wir den bisherigen Stand des Werkverkehrs und des Werkfernverkehrs dulden oder gar dulden, daß er sich noch mehr als bisher ausdehnt. Daß der Werkfernverkehr nicht zugunsten der Bundesbahn zurückgedämmt werden soll, wie uns einseitig Eingestellte wahrscheinlich wieder vorwerfen werden, möchte ich hier noch ausdrücklich betonen.
Es ist dann hier sehr stark über die Verbotsliste gesprochen worden. Auch das ist ein Punkt, der meines Erachtens in diesem Saale nicht erörtert zu werden braucht. Diese Angelegenheit muß im Verkehrsausschuß beraten werden. Aber jenen Kritikern, die sagen, daß die Verbotsliste ja doch ausschließlich dazu dienen solle, für die Bundesbahn ein Verkehrsmonopol zu schaffen, möchte ich mit aller Entschiedenheit entgegentreten. Eine solche Behauptung ist unsinnig. Niemand bestreitet, daß der Lastkraftwagen ein moderner Verkehrsträger und aus dem Gesamtverkehr nicht hinwegzudenken ist. Der Lastkraftwagenverkehr muß es sich aber genau so wie der übrige Verkehr gefallen lassen, daß er zum Wohle der Allgemeinheit in einen Gesamtplan eingeordnet wird. Sie werden mit mir darin übereinstimmen, daß es nicht geht, daß die eine Seite im Verkehr soll praktisch tun und lassen können, was sie will, während die andere Seite an die Kandare genommen wird.
Es ist selbstverständlich zu begrüßen, daß die Vorschläge des Kollegen Müller-Hermann den Kapitalmarkt für den Straßenbau sehr erheblich in Anspruch nehmen wollen. Ich bezweifle jedoch, meine Damen und Herren, daß es uns bei den enormen Aufgaben, die uns für die nächsten Jahre auf dem Schiffsbausektor wie auf dem Wohnungsbausektor und in anderen Sparten bevorstehen, gelingen wird, solche großen Summen auf dem Kapitalmarkt aufzubringen.
Abschließend darf ich zum Straßenverkehr auf das zu sprechen kommen, was der Herr Minister gestern angeführt hat. Er hat erwähnt, daß eine Anzahl Lastkraftwagen — es handelte sich, glaube ich, um einige Dutzend —, die von Norddeutschland nach Süddeutschland fahren, Tausende von Ortsdurchfahrten haben, ja sogar Zehntausende, wenn man Hin- und Rückfahrt nimmt. Das ist natürlich auch relativ zu betrachten. Es ist immer leicht mit Zahlen und Statistiken zu operieren. Die Gegenseite wird sofort auftreten und das Gegenteil beweisen. Allerdings glaube ich, daß hier ein Fall vorliegt, wo sich nicht so ohne weiteres das Gegenteil beweisen läßt. Es ist auch ein sehr starkes Argument, daß die größte Zahl der Unfälle bei den Ortsdurchfahrten oder überhaupt in den geschlossenen Ortschaften zu verzeichnen ist. Dazu kann nachgewiesen werden, daß bei solchen Entfernungen diese große Zahl von Orten durchfahren wird, so daß damit praktisch 17 000mal, oder hin und zurück 35 000mal, Gefahren heraufbeschworen werden, die nicht vorhanden wären, wenn man die betreffenden Güter auf die Bahn geladen und auf den sicheren Schienen an ihren Bestimmungsort geschafft hätte. Es kommt hinzu, daß die Bundesbahn und die Binnenschiffahrt ohne zusätzliche, jedenfalls ohne merklich zusätzliche Investitionen bekanntlich in der Lage sind, den derzeit anfallenden Verkehr aufzunehmen. Das ist ein Punkt, der volkswirtschaftlich zweifellos von Bedeutung ist.
Ich möchte auch noch den Minister gegen den Vorwurf in Schutz nehmen, den, glaube ich, der Kollege Schmidt gestern erhoben hat, als er sagte, die Bundesbahn beabsichtige, ein Monopol zu errichten und hinterher, wenn erst das Gesetz in Kraft getreten sei, die Tarife zu diktieren. Der
Minister hat noch Ende Juni dieses Jahres vor der Industrie- und Handelskammer Hannover ausdrücklich erklärt, daß die Bundesbahn auch bei Verwirklichung dieser Gesetze unter keinen Umständen etwa an eine — praktisch diktatorische — Erhöhung der Massenguttarife denke. Er hat weiter gesagt, daß die Bundesbahn und die Binnenschiffahrt auf der anderen Seite freiwillig auf den Kampf um das Kilo, nämlich um das Kilo hochwertiger Waren, verzichten würden, wenn man mit dem Kraftverkehr zu einer vernünftigen Einigung käme.
Meine Damen und Herren, sowohl die Gesetzentwürfe der Bundesregierung wie die des Kollegen Müller-Hermann sind, wie wir alle wissen, letzten Endes aus der Not der Straße entstanden. Sie sollen der Gesundung dienen. Trotzdem möchte ich mich — das möchte ich noch einmal betonen, obwohl ich es vorhin schon gesagt habe — persönlich keiner Täuschung darüber hingeben, daß wir aus den verschiedensten Gründen, insbesondere aus finanziellen, wahrscheinlich nicht in der Lage sein werden — jedenfalls in absehbarer Zeit nicht —, ein Straßenverkehrs- und Autobahnnetz zu schaffen, das den Erfordernissen des Verkehrs, wie er heute ist, vollauf gerecht wird bzw. der Entwicklung des Verkehrs, die ja weiterhin stürmisch anhält, vorauseilt.
Deswegen muß die Finanzierung des Straßenbaus einer ganz besonderen Betrachtung in den dafür zuständigen Gremien unterworfen werden. Es erhebt sich auch bei diesem Kapitel wieder die Frage: Soll der Verkehr der Straße angepaßt werden, oder sollen wir unter Umständen die Straße dem Verkehr anpassen? Wir müssen uns jedenfalls, wenn wir die Gesetzentwürfe verabschieden, darüber klar sein, daß der Ausgang dieser Beratung und die Belastung des Bundeshaushalts den Steuerzahler zweifellos sehr interessieren werden, vor allem auch deswegen, weil er natürlich nicht übersehen hat, daß der Sektor Eisenbahn ein besonders wichtiger Sektor innerhalb dieser Gesetze ist, der, das möchte ich noch einmal betonen, praktisch uns allen gehört. Insoweit habe ich also den Ausführungen des Herrn Bundesverkehrsministers nichts hinzuzufügen.
Ich möchte nun kurz zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Müller-Hermann Stellung nehmen. Ich sehe es dabei als mein gutes Recht an, an diesen Gesetzentwürfen Kritik zu üben. Im übrigen bin ich aber überzeugt, daß die Überweisung aller Gesetzentwürfe an den Verkehrsausschuß die Möglichkeit schafft, jede einzelne Frage sachlich zu beraten. Ich möchte noch bemerken, ich begrüße es, daß der Kollege Müller-Hermann gestern gesagt hat, die Tatsache, daß er selber in der Koalition und in der größten Regierungspartei sitze, könne ihn nicht daran hindern, seine eigenen Gesetzentwürfe vorzulegen. Ich nehme auch mit Freude zur Kenntnis, daß das in der Presse schon vorher entsprechend vermerkt worden ist. Ich bitte aber nur darum, daß es, wenn auch einmal andere Koalitionspartner etwas anderes wollen als die übrigen, dann nicht übel vermerkt wird, sondern daß man auch diesen einmal die Möglichkeit läßt, aus der Reihe zu tanzen; denn — wenn ich das einmal so sagen darf — in der Koalition sitzen heißt nicht Schnauze halten!
— Ja, es ist doch so!
Die Vorlage meines Kollegen Müller-Hermann stellt nach meiner und meiner Freunde Auffassung keine völlig in sich geschlossene Konzeption dar, da sie neben eigenen Anregungen zum Teil die verkehrspolitischen Maßnahmen der Bundesregierung übernimmt und zum Teil die Maßnahmen beinhaltet, die von seiten der Wirtschaft in dem sogenannten Margaretenhof-Plan vorgeschlagen worden sind. So ist, ich möchte sagen, eine Kompilation entstanden, die unseres Erachtens in wesentlichen Punkten Lücken und auch Schwächen enthält. Mit den Vorlagen des Kollegen Müller-Hermann allein können die verkehrspolitischen Ziele nicht erreicht werden, ebensowenig wie — ich stehe nicht an, das zu sagen — auch die Vorlagen der Bundesregierung keineswegs alleinseligmachend sind. Man muß vielmehr versuchen, dies und jenes noch hinzuzutun und zu verbessern.
Zu der Vorlage des Kollegen Müller- Hermann möchte ich im einzelnen folgendes sagen. Die Verkehrsträger werden ungleichmäßig behandelt. Er schlägt vor, die Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen in der Nahzone — 50 km Umkreis — von der Beförderungsteuer zu befreien. Die Bundesbahn hingegen und die nicht bundeseigenen Eisenbahnen müssen die Beförderungsteuer bekanntlich zahlen.
Außerdem schlägt Kollege Müller-Hermann vor, die Personenbeförderung mit den Straßenbahnen, mit den Stadtschnellbahnen und mit den Bahnen im Nachbar- und Vorortverkehr ebenfalls von der Beförderungsteuer zu befreien. Auch hierzu muß ich sagen, daß die nicht bundeseigenen Eisenbahnen wie auch die Bundesbahn die Beförderungsteuer im Nahverkehr weiterhin zahlen sollen. Das führt unseres Erachtens zu Ungerechtigkeiten, zumal da die Bundesbahn und die nicht bundeseigenen Eisenbahnen in einem nicht unerheblichen Umfang einen Parallelverkehr mit den Straßenbahnen betreiben, so z. B. zwischen Hannover und Hildesheim sowie zwischen Frankfurt und Offenbach. Im Ruhrgebiet ist es bekanntlich sogar möglich, viele Kilometer von einer Stadt zur anderen zu fahren. Also, Herr Kollege Müller-Hermann, im gesamten Nahverkehr wird praktisch die Bundesbahn, die diesen Verkehr auch durchführen muß, gegenüber den Nahverkehrsmitteln benachteiligt.
Wir sind der Auffassung, daß die in diesen Gesetzen enthaltenen Vorschläge den Verkehrsverhältnissen nicht ganz Rechnung tragen und nicht zu einer Entlastung, sondern zu einer weiteren Belastung der Straßen führen. Herr Kollege MüllerHermann lehnt das Verbot des Ferntransports bestimmter Massengüter auf der Straße ab; das ist auch von anderen Sprechern hier zum Ausdruck gebracht worden. Die mit Massengütern beladenen schweren und schwersten Fahrzeuge, welche bekanntlich die Straße am meisten belasten und den Verkehr am meisten hemmen, sollen nicht von der Straße verschwinden. Vielmehr ist nach ihren Vorschlägen, Herr Kollege Müller-Hermann, sogar mit einer Zunahme dieses Verkehrs zu rechnen. Das heißt, daß die Flüssigkeit des Verkehrs weiterhin unterbunden sein wird und daß weiterhin schwerste Schäden an den Straßendecken auftreten werden.
— So steht es aber in Ihren Gesetzentwürfen.
Sie lehnen dann die im Regierungsentwurf des Verkehrsfinanzgesetzes vorgesehene Progression in der Kraftfahrzeugsteuer für die schweren Fahrzeuge über 15 t Gesamtgewicht ab. Diese Progression ist jedoch nach meiner und meiner Freunde Ansicht notwendig, um die schweren Fahrzeuge steuerlich stärker zu belasten. Ich habe hier schon ausgeführt, daß sie die Straßen weit mehr beanspruchen. Es ist bekannt, daß die schweren Lastwagen und die Anhänger ohnehin einen viel zu geringen Steuersatz entrichten. Selbst die von der Bundesregierung vorgeschlagene Progression, Herr Kollege Müller-Hermann, würde hier nicht den erforderlichen Ausgleich schaffen können. Die Kraftfahrzeugsteuer beträgt nach den heutigen Steuersätzen auf je 100 Brutto-Tonnenkilometer - das ist schon einmal gesagt worden — für einen 1,5 t Opel-Lastwagen 62 Pfennig, für einen 6 t MAN 19 Pfennig, für einen 12 t Büssing-MAN 11 Pfennig, für einen 30-t-Lastzug 12 Pfennig, für einen Volkswagen 1,10 DM, für einen Opel-Kapitän 1,54 DM. Sie werden zugeben, daß hier ein gerechter Ausgleich geschaffen werden muß.
Außerdem ist die von dem Herrn Kollegen MüllerHermann vorgeschlagene Besteuerung der Anhänger im Rahmen der Kraftfahrzeugsteuer — 17 DM pro 200 kg Gesamtgewicht — unseres Erachtens zu gering. Sie zieht damit die Anhänger nicht in dem erforderlichen Umfang zu den Straßenbaukosten heran und führt insoweit zu einer Begünstigung der Anhänger schlechthin, insbesondere aber zu einer Begünstigung der schweren Anhänger.
Weiter schlagen Sie vor, Herr Kollege MüllerHermann, daß die Kraftomnibusse, die im Linienverkehr zwischen Nachbarorten eingesetzt sind, von der Kraftfahrzeugsteuer befreit werden. Auch dieser Vorschlag entspricht nicht den Forderungen einer angemessenen Besteuerung bzw. einer Besteuerung, die zur Pflege des Straßennetzes nötig ist.
— Nein, die Kraftfahrzeugsteuer.
Herr Kollege Müller-Hermann hat in seinem Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Unfällen im Straßenverkehr vorgeschlagen, die Begrenzung der Länge der Lastzüge auf 18 m und des Gesamtgewichts auf 32 t erst in fünf Jahren in Kraft treten zu lassen. Es wird also auf Jahre hinaus alles beim alten bleiben, und eine Straßenentlastung wird nicht stattfinden.
— Ja, Herr Kollege Müller-Hermann, ich nehme ja jetzt zu Ihren Gesetzentwürfen Stellung. Die Schäden an den Straßendecken durch den Verkehr dieser schweren Wagen werden also weiterhin anwachsen, und der Lastwagen wird auch nicht anteilig zu den allein vom Kraftverkehr verursachten Straßenbaukosten herangezogen.
Zu Ihren Plänen betreffend die Förderung des Straßenbaus möchte ich sagen, daß sie nicht ganz ausgereift und etwas unzulänglich sind. Das könnte aber noch ausgebügelt werden. Sie erwarten nach
Ihrem Entwurf eines Verkehrsfinanzgesetzes aus Kraftfahrzeug-, Beförderung- und Mineralölsteuer ein Steueraufkommen von rund 345 Millionen DM. Das ist unseres Erachtens zu hoch geschätzt. Wenn ich nämlich auf Ihren Entwurf dieselbe vorsichtige Schätzungsmethode anwende wie die Bundesregierung, dann ergibt sich nur ein Mehrertrag von rund 260 bis 270 Millionen DM. Das Bundesfinanzministerium und das Bundesverkehrsministerium haben demgegenüber aus dem Regierungsentwurf sogar einen Mehrertrag von 350 Millionen DM geschätzt.
Bemerkenswert ist nun, daß nach dem Entwurf des Kollegen Müller-Hermann das gesamte Mehraufkommen allein dem Bunde zufließen würde. Die Länder, denen nur die Kraftfahrzeugsteuer zusteht, erhalten für ihren Straßenbau insgesamt, einschließlich Landstraßen I. und II. Ordnung, keine Mehrerträge, anfangs vielleicht sogar weniger als bisher. Das wirft auch ernsthafte finanzpolitische Probleme auf, die nicht übersehen werden können. Meines Erachtens kann jedenfalls nicht damit gerechnet werden, daß die Länder und auch die Gemeinden der weitgehenden Herabsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für Pkw und Motorräder, wie Sie sie vorschlagen, zustimmen werden.
Sie schlagen dann im Verkehrswegegesetz vor, daß der Kapitalmarkt mit beträchtlichen Jahresbeträgen für Verkehrswegeanleihen herangezogen werden soll, die bereits im Haushaltsjahr 1955/56 rund 300 Millionen DM betragen sollen. Eine derartige Inanspruchnahme des Kapitalmarkts für diese Zwecke wird, wie ich bereits ausführte, nach den bisherigen Erfahrungen kaum möglich sein. Ihre Anträge und Forderungen gehen demzufolge von Voraussetzungen aus, die wahrscheinlich nicht zu realisieren sind. Außerdem haben Sie nicht berücksichtigt, daß ein großer Teil des Steuermehrertrags für die Erhaltung der Straßen ausgeworfen werden müßte, weil Sie die Straßen vom schweren Lastwagenverkehr ja nicht entlasten wollen.
— Nein, es ist ja vom Herrn Verkehrsminister auch darauf hingewiesen worden, welche enormen Beträge alljährlich allein auf die schon bestehenden Straßen entfallen, über die in Ihrem Entwurf nichts enthalten ist.
Das Problem des Werkverkehrs wird unseres Erachtens durch Ihre Gesetzentwürfe nicht gelöst. Hier liegt nämlich, verkehrspolitisch gesehen, der entscheidende Fehler Ihrer Konstruktion. Man kann keine sinnvolle Ordnung im Verkehr schaffen, ohne gleichzeitig den Werkverkehr bzw. den Werkfernverkehr einzudämmen. Solange sich der Werkverkehr und der Werkfernverkehr frei entwickeln können, ist nicht damit zu rechnen, daß die volkswirtschaftlich sinnvolle Teilung zwischen den Verkehrsträgern überhaupt zustande kommen kann, abgesehen davon, daß die Tarifmaßnahmen auch nicht zu dem gewünschten Erfolg führen werden.
Sie haben dann weiter, Herr Kollege MüllerHermann, eine Beförderungsteuer von 2,5 Pf/t/km für den Werkfernverkehr vorgeschlagen statt der von der Regierung gewünschten 5 Pf. Sie sind sich doch darüber im klaren, daß sie damit ein weiteres Vordringen des Werkfernverkehrs — eine Forderung, die wir erheben — wahrscheinlich schwerlich werden verhindern können. Eine weitere Ausdehnung des Werkfernverkehrs — darin wird auch der
Güterkraftverkehr zustimmen — würde letzten Endes den kontingentierten und konzessionierten Güterfernverkehr ebenfalls erheblich schädigen. Selbst der Güterfernverkehr hat von sich aus bereits im Margaretenhofplan einen Betrag von 3 bis 4 Pf/t/km vorgeschlagen.
Sie haben zur Begründung Ihrer Vorschläge weiter ausgeführt, Herr Kollege Müller-Hermann, daß die Vorschläge den Bedürfnissen der Bundesbahn Rechnung trügen. Es sei mir gestattet, dazu nur ganz kurz folgendes zu sagen.
Erstens. Die Bundesbahn wird, jedenfalls im Nahverkehr, steuerlich schlechter behandelt als die anderen Verkehrsträger.
Zweitens. Die Bundesbahn wird nicht ausreichend geschützt gegen ein weiteres Vordringen des Werkfernverkehrs, der ihr weitere Transporte abnehmen wird.
Drittens. Sie haben keine Vorschläge gemacht, woher die Mittel kommen sollen, damit der Bundesbahn die betriebsfremden Lasten abgenommen werden, wobei ich nochmals betone, daß die Forderung von diesem Platze aus allein nicht genügt, sondern daß es jetzt einer Erklärung des Bundesfinanzministers dazu bedarf.
Viertens. Sie sehen vor, daß die Schiene in drei Jahren eine Finanzierung von insgesamt 1,1 Milliarden DM erhalten soll. Dieser Betrag reicht unseres Erachtens in keiner Weise aus, um allein den Oberbau der Bundesbahn in den nächsten Jahren wieder voll instand zu setzen, geschweige denn, daß die nichtbundeseigenen Eisenbahnen, deren wichtige volkswirtschaftliche Aufgabe hier gestern schon Erwähnung fand, bei diesem Betrag überhaupt damit rechnen könnten, etwas abzubekommen.
Und schließlich fünftens: Ihr Gesetzentwurf zur Wiederherstellung der Wirtschaftlichkeit der Bundesbahn enthält neben dem Postulat der Abnahme der betriebsfremden Lasten lediglich eine Reihe organisatorische Vorschläge, mit denen allein die Lage der Bahn nicht geändert werden kann. Hier liegt nach Auffassung meiner Freunde eine Überschätzung des organisatorischen Elements in der Angelegenheit vor. Solange die unerläßliche Voraussetzung eines gesunden Bundesbahnbetriebs — die Deckung der Betriebskosten durch die Betriebseinnahmen — nicht geschaffen wird, ist jede organisatorische Änderung von höchst zweifelhaftem Wert.
Die Bundesbahn ist bekanntlich nicht zuletzt deshalb in ihre Schwierigkeiten geraten, weil die jetzige Organisationsform zusammen mit den Aufgaben, die sie zu erfüllen hat, und zusammen mit der Arbeit, die sie mit staatlichen Behörden usw. zu leisten hat, ihr große Schwierigkeiten bereitet haben.
Jedenfalls halte ich es auch für abwegig, ein sogenanntes Bundesbahngericht zu schaffen. Es geht meines Erachtens nicht an, daß Maßnahmen des Parlaments oder der Regierung diesem Bundesbahngericht unterworfen werden.
Die Vorschläge, die Sie bezüglich der Straßenverkehrssicherheit gemacht haben, decken sich, wie auch der Herr Verkehrsminister gestern schon ausgeführt hat, im allgemeinen mit dem, was auch von der Bundesregierung vorgeschlagen worden ist. Ich kann es mir deswegen ersparen, darauf einzugehen.
Meine Damen und Herren, ich möchte zum Schluß kommen. Es war leider nötig, hier etwas trocken zu sein. Ich mußte zu den einzelnen Punkten der Vorschläge meines Kollegen Müller-Hermann Stellung nehmen.
Meines Erachtens kann das ganze Verkehrsproblem nicht nach rein wirtschaftlichen, sondern es muß insbesondere nach verkehrspolitischen und volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten gelöst werden, wobei wir die großen Zusammenhänge im Auge behalten müssen und uns selbstverständlich, unbeeinflußt durch all die Vorwürfe und Wünsche, die uns von den vielerlei Interessenten zugetragen werden, nur von sachlichen Argumenten leiten lassen dürfen. Wir müssen uns bei der Regelung der Sache im klaren sein, daß es — ich habe das schon einmal gesagt — in dieser Angelegenheit wirklich Matthäi am letzten ist und daß es jetzt gilt, ganze Maßnahmen zu treffen. Was wir heute nicht tun oder nur halb tun, müssen wir, da stimme ich wiederum dem Verkehrsminister bei, morgen in viel schärferem Maße tun.
Es ist besser, überhaupt etwas zu tun, als die Dinge weiterhin schlugen zu lassen. Meine Damen und Herren, ich will nicht etwa dem Standpunkt: „Seid nett zueinander!" das Wort reden; aber ich glaube, nach den erheblichen Eskapaden der letzten Wochen ist jetzt der ganzen Sache die Schärfe genommen, und der Weg für eine sachliche Beratung ist frei. Es ist ja auch zwischen den Regierungsstellen, dem Parlament und den Interessenten, und es ist ja auch gestern schon hier ein versöhnlicher Ton besonders vom Kollegen Donhauser in dieser Richtung angeklungen.
Es ist abwegig —das stelle ich hier noch einmal ausdrücklich für meine Fraktion fest —, zu behaupten, daß diese Gesetze geschaffen worden seien, um auf Kosten der Straße die Bundesbahn zu sanieren, und es ist abwegig, anzunehmen, daß es auch nur einen einzigen Abgeordneten in diesem Hause gäbe, der ein Interesse daran hätte, einen Wirtschaftszweig zu vernichten, noch dazu einen mittelständischen Wirtschaftszweig. Aber man darf nicht übersehen, daß es auch noch andere Dinge zu beachten gibt und daß wir das Verkehrsproblem nur in einem annehmbaren Kompromiß regeln können. Jedenfalls haben wir die Angelegenheit zu regeln, im Interesse der Wirtschaft, insonderheit aber auch im Interesse der Menschen selbst.
Ich bedaure, daß zu dieser Debatte zwar eine ungeheure Vielfalt von Material vorgelegen hat, daß aber keine zentrale Stelle eine sachliche Auswertung dieses Materials vorgenommen hat — das hätte die Regierung sein müssen —, so daß das Operieren mit Zahlen hier in den letzten Tagen immer sofort den Gegner auf den Plan rufen mußte, der mit andern Zahlen das Gegenteil bewies. Ich möchte deshalb den Appell an die Bundesregierung richten, dafür zu sorgen, daß wir wirklich stichhaltige und sachliche Unterlagen bekommen.
Daß die wichtigen Entscheidungen, die anstehen und die die staatlichen Instanzen treffen müssen, nicht immer den Beifall aller Beteiligten finden werden, darüber sind wir uns, glaube ich, heute schon im klaren. Aber wir werden in gemeinsamer Arbeit an die Sache herangehen, und ich bin überzeugt, daß diese gemeinsame Arbeit ein brauchbares Ergebnis zeitigen wird.
Bei den Beratungen selbst wollen wir uns nicht nur von wirtschaftlichen, verkehrspolitischen und anderen Gesichtspunkten leiten lassen, sondern, wie ich es zu Anfang schon gesagt habe, steht auch bei der Beratung dieser Angelegenheit im Mittelpunkt der Mensch.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich das Wort weiter erteile, möchte ich auf folgendes aufmerksam machen. Es sind jetzt noch zwei Redner zu diesem Punkt vorgemerkt. Wir haben jetzt halb zwölf. Seit gestern morgen 9 Uhr debattieren wir diesen Punkt. Wenn wir jetzt nicht straffen, erledigen wir heute, da wir doch wie vereinbart um 13 Uhr schließen wollen, noch nicht einmal die Tagesordnung von gestern, geschweige denn die von heute. Ich habe so das Gefühl, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß wir uns langsam überlegen müssen, ob wir nicht doch wieder zu einer Kontingentierung der Redezeit übergehen sollen, was ich sehr bedauere.
Das Wort hat der Abgeordnete Brück.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte, dafür Verständnis zu haben, wenn ich noch ganz kurz einige Ausführungen mache, insbesondere deshalb, weil der Herr Kollege Müller-Hermann und der Herr Kollege Rademacher gestern die große Kollegialität und das Zusammengehörigkeitsgefühl der Eisenbahner angesprochen haben. Ich fühle mich als Eisenbahner verpflichtet, gegenüber dem Kollegen Müller-Hermann einige sachliche Bemerkungen zu machen. Wenn er gestern beispielsweise gesagt hat, daß im Eisenbahnverkehr der Eilgut- und Stückgutverkehr ein Zuschußverkehr sei, so weiß ich nicht, woher er seine Unterlagen hat und woraus er die Berechtigung herleitet, diese Behauptung aufzustellen. Wenn man z. B. von Zuschuß spricht, dann könnte man im Augenblick sagen, daß die ganze Bundesbahn völlig unrentabel sei und daß man sie gänzlich schließen und abbauen müsse. Herr Kollege Müller-Hermann hat beispielsweise gesagt, daß es Züge gebe, bei denen das Fahrpersonal stärker sei als die Zahl der Fahrgäste. Das möchte ich sehr stark bezweifeln. Ich habe als alter Betriebskontrolleur gerade an der Untersuchung dieser Dinge sehr stark mitgewirkt. Mir ist zwar bekannt, daß das an manchen Stellen zutrifft, wenn die Züge vom oder zum Abstellbahnhof gebracht werden, aber sonst dürfte das nicht der Fall sein.
Nachdem Herr Rademacher und Herr Kollege Müller-Hermann immer wieder einen Personalabbau verlangt haben, muß ich trotz der Ausführungen des Kollegen Jahn noch etwas dazu sagen. Man muß sich den Personalkörper der Deutschen Bundesbahn ganz kurz ansehen, um sich ein wirklich objektives Urteil bilden zu können. Dieser Personalkörper umfaßt im Augenblick 500 000 Menschen. Davon sind 276 000 Arbeiter, 2 000 Angestellte, 85 000 Beamte des einfachen Dienstes, 112 000 Beamte des mittleren Dienstes, 23 500 Beamte des gehobenen Dienstes und 2 200 Beamte des höheren Dienstes. Das Durchschnittseinkommen der 276 000 Arbeiter beträgt monatlich 350 DM. Das Durchschnittseinkommen im einfachen Dienst liegt zwischen 348 und 392 DM, im mittleren Dienst zwischen 377 und 552 DM und im höheren Dienst zwischen 1010 und 1672 DM. Ich weiß nun nicht, ob man sich in der Privatwirtschaft bei einer derart hohen Verantwortung mit einem solchen Einkommen zufrieden geben würde. Die so viel gepriesene Altersversorgung besteht für einen großen Teil der Eisenbahner doch nur in der Theorie. Die derzeit hohen Pensionslasten sind als völlig unnormal zu bezeichnen und stehen eng in Zusammenhang mit dem großen Unglück, ,das in Auswirkung des „Tausendjährigen Reiches" über uns hereingebrochen ist.
— Verehrter Herr Kollege Schmidt-Wittmack, es wird ja nicht alles immer hier ausgesprochen, sondern manche Dinge werden in ganz anderen Kreisen zum Ausdruck gebracht.
Man hört häufig auch, daß die Bundesbahn zu viele Menschen ins Beamtenverhältnis übernehme. Die gleichen Kritiker, Herr Schmidt-Wittmack, malen auch immer eine Streikgefahr an die Wand. Sie wissen aber, daß der Beamte nicht streiken darf. Ich möchte diesen Gedanken nicht weiter vertiefen.
Es muß auch gesagt werden, daß mindestens 10 % des gesamten Personals verdrängte Personen sind, die Haus und Heimat verloren haben. Die Einführung des Achtstundentags, der zwar für einen großen Teil der Eisenbahner nur auf dem Papier steht, hat immerhin einen Mehrbedarf von 35 000 Arbeitskräften gebracht. Es wurden gestern noch einige andere Zahlen genannt. Es dürfte z. B. nicht unerheblich sein, daß 19 900 Schwerbeschädigte des zweiten Weltkrieges und 8 700 andere Schwerbeschädigte bei der Bundesbahn beschäftigt sind, daneben 26 000 Beschädigte mit einer Erwerbsminderung von 35 bis 40 %. Insgesamt sind 55 000 Bedienstete nicht voll leistungsfähig, ein Umstand, der die Freizügigkeit der Verwendung des Personals stark beeinträchtigt. Die rund 55 000 verdrängten Bediensteten sind meistens in vorgeschrittenem Lebensalter. Das Durchschnittsalter der Arbeiter liegt bei 38 Jahren, das der Beamten bei über 48 Jahren. Wenn nun immer wieder eine stärkere Personaleinsparung verlangt wird, so werden sich — und das ist schon jetzt an manchen Stellen sehr stark zu erkennen — immer größere Nachwuchsschwierigkeiten ergeben.
In diesem Zusammenhang noch ein Wort zu der immer wieder geforderten Rationalisierung. Selbstverständlich sind Modernisierung und Technisierung zur Vereinfachung von Arbeitsvorgängen nicht abzulehnen. Aber bedenken wir, daß zu allen Modernisierungsmaßnahmen Geld gehört, und zwar sehr viel Geld; und das hatte die Bahn bisher nicht, denn sie mußte zunächst den notwendigen Wiederaufbau vornehmen. Ich gebe auch dem Herrn Direktor Dr. Kegel vom Ruhrsiedlungsverband recht, wenn er sagt: Die Technik ist ein großartig, aber auch ein sehr gefährlich Ding. Wir dürfen uns unter keinen Umständen von der Technik versklaven lassen, sondern müssen Herr der Technik bleiben. Letztlich darf keine Rationalisierung auf Kosten der Menschen gehen, die nach unserer Auffassung das höchste Gut auf Erden sind und deren ganzes Wirken und Schaffen letztlich der größeren Ehre Gottes zu dienen hat. Ich gebe zu, daß noch manches geschehen kann, aber ich darf Ihnen auch einmal sagen: nicht jede Rationalisierungsmaßnahme wird ohne jegliche Kritik hingenommen. Ich sehe z. B. nicht ein, daß der Bau eines Gliedertriebzugs unbedingt eine echte Rationalisierungsmaßnahme sein soll. In der Eisenbahnersprache heißt dieser
Zug der „Känguruh-Zug", und zwar sagen die Eisenbahner, der erste Präsident der Deutschen Bundesbahn habe durch seine Reise nach Athen einmal versuchen wollen, welche Sprünge man noch mit einem leeren Geldbeutel machen könne.
Das sind Dinge, die natürlich eine echte Kritik auslösen.
Ich darf einmal drei Faustregeln des gesamten Verkehrs in diese Betrachtung mit einschalten. Wir als Männer vom Flügelrad haben die Dinge so gesehen, daß man den Verkehr zunächst einmal vom Grundsatz der Sicherheit betreiben muß, daß auch die Schnelligkeit eine Rolle spielt und daß schließlich wirtschaftliche Gesichtspunkte von Bedeutung sind. Diese Grundsätze dürften auch jetzt wieder anzuwenden sein. Auch in diesem Zusammenhang muß ein Wort gelten, das vor vielen Jahren von Goethe ausgesprochen wurde: Man kann in wahrer Freiheit leben und doch nicht ungebunden sein.
Der Herr Bundesverkehrsminister ist stark der Kritik von dieser oder jener Seite ausgesetzt gewesen. Wir wollen uns doch darüber im klaren sein: der Bundesverkehrsminister könnte im Augenblick heißen, wie er wollte, und sein, wer er wollte, er könnte wahrscheinlich keine Regelung treffen, ohne daß der andere in irgendeiner Form eine Kritik anbringen würde. Das wollen wir doch erkennen, und wir wollen die Arbeit seines Ministeriums und des gesamten Kabinetts nun nicht durch unnötige Kritik noch schwerer machen, als sie im Augenblick schon ist.
Da ich vom Herrn Präsidenten gebeten wurde, mich ganz kurz zu fassen, möchte ich mit jenem Wort — das sollten wir alle miteinander in echter Gemeinschaft überlegen — abschließen, das da heißt: Alle wollen fahren, und alle sollen so gut wie irgend möglich fahren, alle sollen und müssen sicher fahren, und alle müssen sich in die große Gemeinschaft des Volksganzen einordnen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Müller-Hermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde Ihre Aufmerksamkeit nicht länger als fünf Minuten in Anspruch nehmen. Herr Kollege Jahn hat gestern die Frage an mich gerichtet, ob denn bei der Bundesbahn tatsächlich noch Rationalisierungsmöglichkeiten bestehen. Ich verfolge mit großem Interesse nicht nur das Schicksal der Eisenbahner, sondern auch das Schicksal und die Arbeit ihrer Organisation. Anfang April hat eine Pressekonferenz der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands in Mainz stattgefunden. Das Mitglied des Hauptvorstandes Herr Seibert — ich weiß nicht, ob Herr Jahn anwesend ist — hat sich dort zu den Verkehrsproblemen geäußert und im Zusammenhang mit der Forderung nach der 40-Stunden-Woche gesagt, das habe zwar eine Erhöhung des Kräftebedarfs um rund 16% zur Folge, „trotzdem brauchten keine Mehrbelastungen für die Bundesbahn zu entstehen, da auf Grund von Rationalisierungsreserven große Arbeitszeitersparnisse möglich seien". Das zu diesem Thema. Selbstverständlich sind wir uns darüber einig, daß bei Rationalisierungen im Rahmen der Bundesbahn keine sozialen Härten eintreten sollen, aber ich möchte noch einmal darauf hinweisen: man sollte das bekannte Angebot aus der Wirtschaft an die Bundesbahn prüfen und untersuchen, ob nicht tatsächlich wesentliche finanzielle Erleichterungen für die Bundesbahn durch die Annahme eines solchen Angebots möglich sind.
Im Rahmen der Diskussion ist dann wieder das Stichwort Gemeinwirtschaftlichkeit der Bundesbahn dazu benutzt worden, etwas in Pathos zu machen. Hier möchte ich die Forderung wiederholen, die Herr Kollege Schneider vorhin aufgestellt hat: Die Bundesbahn soll endlich einmal ihre Karten auf den Tisch legen! Wir wollen die Gemeinwirtschaftlichkeit der Bundesbahn für die Volkswirtschaft erhalten wissen, aber wir wollen nicht, daß sich vielleicht manche Herren in der Leitung der Bundesbahn 'das Stoßgebet abringen: Gott erhalte u n s unsere Gemeinwirtschaftlichkeit!
Der Kollege Jahn hat gestern hier eine Reihe von Namen genannt. Das war für mich sehr aufschlußreich. Ich möchte Ihnen in Zusammenhang mit der Vorbereitung der Gesetzesvorlagen die Versicherung geben, daß diese Namensliste falsch ist. Nachdem ich mir diese Namen noch einmal angesehen habe — wie gesagt, das war sehr aufschlußreich für mich —, muß ich allerdings sagen, daß eine Besprechung mit diesem Kreis stattgefunden hat. Auf der Liste von Herrn Jahn hat ein Herr gefehlt. Das war wahrscheinlich derjenige, der Herrn Kollegen Jahn diese Namen genannt hat. Mit ihm haben weitere Besprechungen in Anbetracht ungenügender Qualifikation nicht stattgefunden.
Nun aber das Thema Unabhängigkeit und Sachverständigenurteil. Ich meine, daß auch ein Vorsitzender der Eisenbahnergewerkschaft ein durchaus unabhängiges und neutrales Urteil haben kann. Das gleiche gilt für manchen Vertreter einer wirtschaftlichen Organisation und muß ebenso für uns als Bundestagsabgeordnete oder Minister gelten, selbst wenn sie beruflich mit einer Interessenseite zu tun haben. Entscheidend für ein unabhängiges Urteil sind nicht die Firmierungen. Auch die Firmierung „Wissenschaftlicher Beirat" ist noch nicht unbedingt ein Beweis für ein unabhängiges Urteil. Fundament des unabhängigen Urteils sind Charakter und Verantwortungsbewußtsein.
Meine Damen und Herren, wir stehen am Abschluß einer sehr eingehenden Verkehrsdebatte. Ich möchte meiner Freude darüber Ausdruck geben, daß auf allen Seiten das Bestreben vorherrschte, sachlich zu argumentieren, und daß auch auf allen Seiten das Bestreben erkennbar war, zu einer Synthese und zu einer Übereinkunft zu kommen. Wir stehen in den Ausschüssen jetzt vor der grundsätzlichen Entscheidung, ob man nicht, bevor man zu einer Verbotsgesetzgebung greift, die wegen ihrer Starrheit den vielfältigen individuellen Gegebenheiten und Notwendigkeiten im Bereiche der Wirtschaft nie gerecht werden kann, primär den Versuch machen müßte, durch eine Rektifizierung und Begradigung einer nicht immer richtigen Steuer-, Verkehrs- und Tarifpolitik zu dem gleichen Ergebnis zu kommen. Es ist das Schlagwort geprägt worden, wir stünden vor der Entscheidung, ob wir eine weiche oder eine harte Lösung treffen wollten. Meine Damen und Herren, wir werden an harten und einschneidenden Maßnahmen nicht vorbeigehen können, ganz gleich,
wie wir sie treffen werden. Aber wir stehen vor der Entscheidung, ob wir eine volkswirtschaftlich vernünftige und bis in die letzten Konsequenzen durchdachte Lösung aufgreifen und in Gesetzesform bringen oder eine Lösung, bei der die Gefahr besteht, daß wir mit ihr im Bereich der Wirtschaft womöglich einen Scherbenhaufen verursachen. Diese Frage zu prüfen wird jetzt Aufgabe der Ausschüsse sein. Nach dem Verlauf ,der Debatte habe ich das Vertrauen, daß wir mit Sachlichkeit und fair play im persönlichen Verhältnis an die Dinge herangehen und zu einem positiven Ergebnis kommen werden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Verkehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bemerkungen von Herrn Abgeordneten Müller-Hermann zwingen mich leider, hier noch zwei Zusatzbemerkungen zu machen. Zunächst einmal muß ich es zurückweisen, daß irgend jemand im Rahmen der Bundesbahn, insbesondere an höherer Stelle, das Stoßgebet aussprechen könnte: Gott erhalte uns unsere Gemeinwirtschaftlichkeit! Das ist eine Unterstellung gegenüber diesen Herren, die ich wirklich nicht unerwidert in diesem Hause lassen kann. Wir dürfen wohl eines klar feststellen: die Gemeinwirtschaftlichkeit der Deutschen Bundesbahn und die Gemeinwirtschaftlichkeit des Eisenbahnbetriebes überhaupt ist eine Grundlage gewesen für die Entwicklung unseres gesamten wirtschaftlichen Lebens. Sie ist nach wie vor auch die Grundlage für unsere arbeitsteilige Industrie und für die Erhaltung dieser arbeitsteiligen Industrie in den Randgebieten, nicht nur an den Zonengrenzen, sondern auch an den natürlichen Grenzen unseres Landes. Diese Gemeinwirtschaftlichkeit bedeutet nämlich, daß man einen Lastenausgleich herbeiführt zwischen den ferngelegenen und den den Rohstoffquellen oder den Einfuhrplätzen nahegelegenen und dadurch begünstigten Industrien. Man schafft damit die Möglichkeit, eine weitverzweigte und weitverteilte Industrie aufzubauen. Das ist sehr bedeutungsvoll. Jeder, der sich mit dieser Frage einmal beschäftigt, weiß, daß das gesamte Industriesystem, das wir in Deutschland haben — im Gegensatz etwa zu England oder zu anderen Ländern —, nur so aufgebaut werden konnte und nur so erhalten werden kann. Wer an dem gemeinwirtschaftlichen Prinzip der Bundesbahn rüttelt und wer glaubt, dieses gemeinwirtschaftliche System, wie Herr Müller-Hermann das gestern gesagt hat, dadurch durchbrechen zu können, daß er vorschlägt: die Tarife und die Tarifgestaltung müssen nach den Selbstkosten aufgebaut werden, womit ja gleichzeitig — —
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Einen Augenblick! Herr Müller-Hermann — —
Ich darf doch meinen Satz zu Ende sprechen, Herr Präsident!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ja bitte, aber dann — —
Ich muß doch um Verzeihung bitten. Aber mitten im Satz unterbrochen zu werden, ist ja wirklich etwas merkwürdig.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Verzeihung, Herr Minister, ich habe nur darauf aufmerksam gemacht, daß ich einem Fragesteller das Wort geben will. Ob Sie den Satz noch beenden, ist Ihre Sache. Bitte!
Herr Minister, es besteht gar kein Zweifel, daß wir alle die Gemeinwirtschaftlichkeit der Bundesbahn erhalten wissen wollen. Wir wollen aber endlich einmal an Hand exakter Analysen wissen, was effektiv die Gemeinwirtschaftlichkeit der Bundesbahn kostet. Das wissen wir bisher nicht, wir haben nur globale Zahlenangaben.
Ich glaube, es wäre wichtiger, zu wissen, was die Gemeinwirtschaftlichkeit der Deutschen Bundesbahn bringt, und nicht, was sie kostet. Sie ist nämlich weiß Gott von großer Bedeutung.
Ich könnte mir vorstellen, daß sich jemand, bevor er solche Gesetzentwürfe einbringt, wie sie der Herr Abgeordnete Müller-Hermann eingebracht hat, den Begriff der Gemeinwirtschaftlichkeit, und zwar in sehr fundierter Form, klarmacht und daß er dazu die wirklich sehr umfangreichen Veröffentlichungen studiert, die nun seit vielen Jahrzehnten in den deutschen Bibliotheken stehen.
Man kann diese Fragen nicht in der Weise erledigen,
daß man das Schlagwort von der Rektifizierung der Steuer-, Verkehrs- und Tarifpolitik bringt. Die Steuer-, Verkehrs- und Tarifpolitik, das sind drei verschiedene Gebiete. Sie ständig in einem Atem zu nennen, scheint mir nicht gerechtfertigt, und man sollte versuchen, diese Fragen eben doch einmal nach den Grundsätzen zu entwickeln, wie sie von mir vor einiger Zeit in Köln und wie sie in anderer Weise und ganz unabhängig davon in einem mir gerade zugegangenen Aufsatz von Herrn Professor Predöhl niedergelegt worden sind. Ich würde sehr empfehlen, daß man die Fragen wirklich einmal von den Grundlagen her erfaßt. Daß man dann aber sagt — und dagegen habe ich mich ja doch nur gewehrt, meine Damen und Herren —, daß diese Gemeinwirtschaftlichkeit bei der Bundesbahn einen Vorteil für irgendeinen der Mitarbeiter oder der leitenden Männer der Bundesbahn bringe, daß etwa diese Gemeinwirtschaftlichkeit ihnen die Verantwortung oder ihre Tätigkeit in irgendeiner Weise erleichtere, das möchte ich zurückweisen. den Männer der Bundesbahn unter der Auflage der Gemeinwirtschaftlichkeit wesentlich schwerer, als wenn sie sich etwa nur nach kaufmännischen Gesichtspunkten zu richten hätten.
Ich darf noch ein Zweites sagen: Verehrter Herr Kollege Müller-Hermann, Sie haben gesagt, man müsse zu einer volkswirtschaftlich vernünftigen Regelung kommen und dürfe keinen Scherbenhaufen herstellen. Ich glaube, Sie dürfen doch wohl der Bundesregierung nicht unterstellen, daß sie, wenn
sie sich nach monatelanger Arbeit zu einer Grundauffassung bekennt, sich dabei diesen Grundgedanken der volkswirtschaftlich vernünftigen Lösung nicht immer wieder vorgehalten habe. Ihr gewissermaßen indirekt zu unterstellen, sie wolle mit einem Gesetzentwurf, den sie angenommen hat und der auch im Bundesrat zustimmend beraten worden ist, einen Scherbenhaufen herstellen, das scheint mit etwas zu weit zu gehen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe deshalb die Beratung zu dem Punkt 2 a bis i der gestrigen Tagesordnung.
Wir kommen nun an die etwas schwierige Frage der Überweisung. Ich rufe deshalb die einzelnen Drucksachen besonders auf.
Punkt 2 a, Drucksache 573 — Verkehrsfinanzgesetz —. Anträge: Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen als federführenden Ausschuß, an den Ausschuß für Verkehrswesen, den Ausschuß für Wirtschaftspolitik und den Ausschuß für Kommunalpolitik als mitberatende Ausschüsse. Ist das Haus damit einverstanden? — Das ist der Fall; dann sind die Überweisungen beschlossen.
Punkt 2 b, Drucksache 574 — Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs durch Entlastung der Straßen —. Anträge: Überweisung an den Verkehrsausschuß als federführenden Ausschuß sowie an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik, den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen und den Ausschuß für Kommunalpolitik als mitberatende Ausschüsse. Ist das Haus damit einverstanden?
— Dann bitte ich Sie, sich zur Geschäftsordnung zu melden und Anträge zu stellen. Worüber soll ich getrennt abstimmen lassen?
Ist das Haus also mit dieser Überweisung, wie ich sie vorschlug, einverstanden? — Das ist der Fall; die Überweisung ist beschlossen. — Ich hoffe doch, daß wir jetzt nicht noch eine Stunde darüber debattieren, welchen einzelnen Ausschüssen wir die Anträge überweisen.
Punkt 2 c, Drucksache 611, das Gesetz zur Bekämpfung von Unfällen im Straßenverkehr, vorgelegt von Müller-Hermann. Vorgeschlagen ist 'Überweisung an den Ausschuß für Verkehrswesen als federführenden Ausschuß, an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik und an den Ausschuß für Kommunalpolitik. Ist das Haus damit einverstanden? — Das ist der Fall; die Überweisung ist erfolgt.
Punkt 2 d, das Gesetz zur Wiederherstellung der Wirtschaftlichkeit der Deutschen Bundesbahn, Drucksache 612. Vorgeschlagen ist die Überweisung an den Ausschuß für Verkehrswesen als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik als mitberatenden Ausschuß. Ist das Haus damit einverstanden? — Das ist der Fall.
Punkt 2 e, Drucksache 613, Gesetz zur Verbesserung der Verkehrswege. Die Überweisung ist vorgeschlagen an den Ausschuß für Verkehrswesen als federführenden Ausschuß, an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik, den Haushaltsausschuß und den
Ausschuß für Kommunalpolitik als mitberatende Ausschüsse. Ist das Haus mit der Überweisung in dieser Form einverstanden? — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 2 f, Drucksache 614, Entwurf eines Verkehrsfinanzgesetzes 1954 in der Form des Initiativentwurfs des Abgeordneten Müller-Hermann. Vorgeschlagen ist Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen als federführenden Ausschuß, an den Ausschuß für Verkehrswesen, den Ausschuß für Wirtschaftspolitik, den Ausschuß für Kommunalpolitik als mitberatende Ausschüsse. Ist das Haus mit dieser Überweisung einverstanden? — Das ist der Fall.
Punkt 2 g, Drucksache 615, Antrag betreffend Koordinierung der Verkehrsträger. Vorgeschlagen ist die Überweisung an- den Ausschuß für Verkehrswesen als federführenden Ausschuß, an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik als mitberatenden Ausschuß. Ist das Haus mit dieser Überweisung einverstanden? — Das ist der Fall.
Punkt 2 h, Drucksache 616, Antrag betreffend Maßnahmen im Verkehrswesen. Vorgeschlagen ist die Überweisung an den Ausschuß für Verkehrswesen als federführenden Ausschuß, an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik und den Ausschuß für Kommunalpolitik als mitberatende Ausschüsse. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich stelle das Einverständnis fest; die Überweisung ist erfolgt.
Schließlich liegt noch unter Punkt 2 i der gestrigen Tagesordnung der Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 678, vor. — Er ist verteilt worden. Ich schlage vor, diesen Antrag dem Ausschuß für Verkehrswesen als federführendem Ausschuß und dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik als mitberatendem Ausschuß zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? — Das ist der Fall; die Überweisung ist beschlossen. Damit ist die Beratung des Punktes 2 a bis i der gestrigen Tagesordnung beendet.
Die Beratung des Punktes 3 der gestrigen Tagesordnung — Antrag betreffend Rhein-Seitenkanal — war vorgezogen worden.
Wir kommen also jetzt zu Punkt 4 der gestrigen Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Luftfahrt-Bundesamt .
Herr Minister, wollen Sie begründen? — Nach meinen Unterlagen ist eine Debatte vorgesehen. Das Wort hat der Herr Bundesverkehrsminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die deutsche Lufthoheit wird bekanntlich mit dem Inkrafttreten des Deutschland-Vertrages wiederhergestellt werden. Wesentliche Teile dieser Lufthoheit — allerdings zu unserem großen Bedauern mit Ausnahme des Motorflugwesens — sind der Bundesrepublik bereits unabhängig von dem Inkrafttreten dieses Vertragswerkes zurückgegeben worden.
Die Verkehrssicherheit der deutschen und der internationalen zivilen Luftfahrt in der Bundesrepublik erfordert neben einer Flugverkehrsordnung und einer Flugsicherung die Lufttüchtigkeit der Luftfahrer und des Luftfahrtgeräts. Die Verordnung über Luftverkehrsregeln vom 4. Juni 1953 entspricht den Erfordernissen des modernen Flugverkehrs. Die Flugsicherung wird durch das Gesetz
über die Bundesanstalt für die Flugsicherung vom 23. März 1953 und durch die auf Grund dieses Gesetzes errichtete Bundesanstalt für Flugsicherung in Frankfurt am Main und ihre Einrichtungen gewährleistet. Für die Lufttüchtigkeit der Luftfahrer wird durch die zur Zeit in Vorbereitung befindliche Neufassung der Prüfungsordnung für Luftfahrer Sorge getragen werden.
Die Lufttüchtigkeit des in Deutschland eingesetzten Luftfahrtgeräts dagegen soll in Ausführung des heute in erster Lesung vorgelegten Gesetzentwurfs über das Luftfahrt-Bundesamt gesichert werden. Dieser Gesetzentwurf tritt an die Stelle des im Frühjahr 1953 eingebrachten Gesetzentwurfs über das Bundesluftamt, der von dem 1. Deutschen Bundestag nicht mehr verabschiedet werden konnte. Die Ergebnisse der Erörterungen des damaligen Gesetzentwurfs in den Ausschüssen des Bundestages und in den Ausschüssen des Bundesrates sind in der neu vorgelegten Fassung berücksichtigt worden.
Das Luftfahrt-Bundesamt — sein Name ist der bereits eingeführten Bezeichnung „KraftfahrtBundesamt" nachgebildet — soll als Bundesoberbehörde errichtet werden. Seine Aufgaben sind im wesentlichen hoheitlicher Art. Für dieses Amt sind folgende Aufgaben vorgesehen:
1. Die Zulassung der Muster des Luftfahrtgeräts.
2. Die Zulassung des Luftfahrtgeräts zum Luftverkehr; ausgenommen sind Ballone und Segelflugzeuge und deren Startwinden, da diese Zulassungen durch die obersten Landesverkehrsbehörden wahrgenommen werden.
3. Die Führung der Luftfahrzeugrolle sowie sonstiger Verzeichnisse. für Luftfahrtgeräte.
4. Die Erteilung der Prüfungserlaubnis für die Ausübung der Tätigkeit als Prüfer für Luftfahrtgerät.
5. Die Vorarbeiten für den Erlaß der Bau- und Prüfvorschriften für Luftfahrtgerät.
6. Die fachliche Untersuchung der Störungen bei dem Betrieb von Luftfahrzeugen unter Mitwirkung der zuständigen obersten Landesverkehrsbehörden.
7. Die Mitwirkung bei der Durchführung des Such- und Rettungsdienstes.
8. Die Sammlung von Nachrichten über Luftfahrer und Luftfahrtgerät sowie die Auskunftserteilung über diese Nachrichten.
9. Die Sammlung und die Sichtung von Berichten und sonstigen Unterlagen über die Luftfahrttechnik, soweit sie für die Aufgaben des Luftfahrt-Bundesamts notwendig sind.
Ein Vergleich dieser Aufgaben des LuftfahrtBundesamts mit dem Aufgabenkreis, der dieser Bundesoberbehörde durch den vorjährigen Gesetzentwurf zugedacht war, zeigt, daß das Amt nicht wie bisher Prüf- und Zulassungsstelle, sondern nur Zulassungsstelle für Luftfahrtgerät sein soll. Die Prüfung des Geräts soll zukünftig — ich verweise auf § 3 des Gesetzentwurfs — Angelegenheit der Stellen sein, die von dem Bundesministerium für Verkehr mit Zustimmung des Bundesrates als Prüfstellen im Sinne der Prüfordnung für Luftfahrtgerät anerkannt werden. Diese Regelung, die eine Trennung der Prüfung von der Zulassung enthält, wird den Interessen aller Beteiligten wohl am besten gerecht und entspricht den Wünschen des Bundesrates und der beteiligten Industrie. Als Prüfstellen kommen insbesondere die in der Begründung bezeichneten Forschungs- und Versuchsinstitute in Betracht.
Die hier vorgeschlagene Regelung entspricht in großen Zügen dem Zustand, wie wir ihn in Deutschland vor 1933 gehabt haben. An die Stelle der früher allein mit der Prüfung beauftragten Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt werden allerdings in Zukunft mehrere Institute treten können. Praktisch führten aber gerade diese Institute auch schon früher, wenn auch nur im Namen der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt, die Prüfung gemeinsam mit dieser Anstalt durch, so daß die zukünftige Aufteilung der Prüfaufgaben auf mehrere Institute keine grundsätzliche Neuerung bedeutet. Im Innenverhältnis wird also die Prüfung wie bisher einheitlich erfolgen. Alle notwendigen Vorbereitungen, dieses Ergebnis sicherzustellen, sind bereits getroffen.
Wie vor 1933 sollen auch zukünftig die obersten Landesverkehrsbehörden die Ballone und Segelflugzeuge und ihre Startwinden zum Luftverkehr zulassen. Doch soll, um zu verhindern, daß zur Regelung technischer Fragen nach verschiedenen Gesichtspunkten verfahren wird, die Musterzulassung des Luftfahrtgeräts — als Voraussetzung für die Verkehrszulassung — in jedem Falle von dem Luftfahrt-Bundesamt vorgenommen werden.
Die Aufgabenkreise des Luftfahrt-Bundesamtes stehen untereinander in enger Verbindung. Die Aufgaben der Unfalluntersuchung und die Vorarbeiten für den Erlaß der Bau- und Prüfvorschriften z. B. sind voneinander gar nicht zu trennen, weil die Erkenntnisse, die sich aus der Untersuchung der Unfälle ergeben, die Voraussetzung für den Erlaß der Bau- und Prüfvorschriften bilden.
Die Nachrichtensammlung in der Luftfahrt soll jedem Interessenten eine zentrale Auskunftsmöglichkeit verschaffen und zugleich verhindern, daß die Dienststellen der Länder über Tatsachen in Unkenntnis bleiben, die für die Ausübung der ihnen überlassenen Verwaltungsbefugnisse entscheidend sind.
Ich möchte mich auf diese Einzelangaben beschränken und darf mir erlauben, auf die eingehende Begründung zum Gesetzentwurf Bezug zu nehmen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich eröffne die Aussprache in erster Lesung. — Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Höck.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Anbetracht der vorgeschrittenen Zeit bitte ich, den Gesetzentwurf ohne Aussprache dem Ausschuß für Verkehrswesen zu überweisen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben den Antrag gehört. Ist das Haus der gleichen Meinung? — Das scheint der Fall zu sein. Ich schließe daher die erste Beratung und darf unterstellen, daß das Haus damit einverstanden ist, daß die Gesetzesvorlage dem Ausschuß für Verkehrswesen überwiesen wird. — Das ist der Fall; die Überweisung ist beschlossen.
Ich rufe Punkt 5 der gestrigen Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Koordinierungsausschuß .
Ich erteile das Wort zur Geschäftsordnung dem Abgeordneten Dr. Krone.
Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob es angesichts der vorgerückten Zeit ratsam ist, jetzt noch eine Pressedebatte zu führen. Ich meine deshalb, wir sollten diesen Punkt zum mindesten heute von der Tagesordnug absetzen. Wir sind außerdem der Ansicht, daß das Anliegen des Antrags der SPD betreffend den Koordinierungsausschuß mit dem Brief des Herrn Bundeskanzlers sachlich erledigt ist.
Also jedenfalls heute Antrag auf Absetzung von der Tagesordnung.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Schoettle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Krone hat den erwarteten Antrag auf Absetzung von der Tagesordnung gestellt. Er hat ihn mit dem Hinweis auf die vorgeschrittene Zeit begründet. Das könnte plausibel erscheinen. In der Tat: Die Zeit ist vorgeschritten, und die Verkehrsdebatte hat uns alle einigermaßen mitgenommen, soweit wir an ihr leidend teilgenommen haben; das gilt ja für die meisten Damen und Herren im Hause.
Ich möchte trotzdem im Namen meiner Fraktion gegen diesen Antrag Widerspruch erheben. Wir sind der Meinung, daß es einfach nicht angeht, den Eindruck zu erwecken, als ob die Angelegenheit, die unser Antrag betrifft, mit dem Brief des Herrn Bundeskanzlers erledigt sei, worin er mitteilt, daß er seine Absichten — wenn man den Wortlaut richtig liest, offenbar vorläufig — aufgegeben habe.
Ich muß im Rahmen dieser Geschäftsordnungsdebatte sagen: Man kann doch nicht, nachdem der Herr Bundeskanzler, und zwar nicht aus freien Stücken, sondern zweifellos unter dem Druck der öffentlichen Meinung
und eines wesentlichen Teils des Parlaments, auch seiner eigenen Koalitionsparteien, den Rückzug angetreten hat, so tun, als ob gar nichts geschehen und damit die Geschichte aus der Welt sei.
Sie ist damit nicht erledigt, daß er sagt: Ich will das jetzt im Augenblick nicht tun, aber ich überlege mir, ob dasselbe Ziel nach den Ferien vielleicht auf andere Weise zu erreichen ist. Es ist ja doch einiges geschehen, meine Damen und Herren, was gar nicht ungefährlich ist. Da werden eines Tages die Öffentlichkeit und ein großer Teil des Parlaments — ich vermute sogar: auch einige Angehörige der Regierung — von der Mitteilung überrascht, daß man einen „Koordinierungsausschuß" schaffen wolle, der die Publizistik der Bundesregierung auf einen Nenner bringen und die zweckmäßige Verwendung von Mitteln überwachen solle, die der Bundesregierung zur Verfügung stünden.
Das ist eine Mitteilung, die, wenn man sie vom Wortlaut her auf ihren Sinn untersucht, eine solche Fülle von Fragen staatsrechtlicher, verfassungsrechtlicher und prinzipieller Natur aufwirft, daß darüber das Parlament einfach nicht zur Tagesordnung übergehen kann.
Ich will ganz davon absehen, daß durch diese Mitteilung einige unangenehme Erinnerungen aus der ersten Zeit gleich nach der Bundestagswahl heraufbeschworen worden sind. Daß der Herr Kollege Lenz im Zusammenhang damit genannt wurde, gab doch geradezu die Veranlassung, daran zu denken, daß man einmal von einem Informationsministerium gesprochen hatte, und — ohne daß ich jetzt persönlich werden will — schon in der Verbindung der Sache mit dem Namen ist eine Ankündigung gesehen worden, die nicht gerade Gutes verhieß. Man kann also sagen, daß prinzipielle Fragen aufgeworfen worden sind wie die eines Angriffs auf die Freiheit der Information der Öffentlichkeit.
— Ja, liebe Kollegen, denken Sie an Debatten in Ihren eigenen Reihen; ich werde Ihnen einige Kostproben davon geben!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Abgeordneter, darf ich Sie bitten, zur Geschäftsordnung zu sprechen!
Ich rede zur Geschäftsordnung. Ich rede gegen einen Antrag auf Absetzung eines Tagesordnungspunktes, und dafür muß ich eine Begründung geben können.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das habe ich auch nicht verhindern wollen.
Eben! — Ich bin fern davon, den Herrn Präsidenten kritisieren zu wollen; aber ich wehre mich um mein Recht als Abgeordneter.
Ich sage, in dieser Ankündigung, ist ein Angriff auf die Freiheit der Information erblickt worden.
Man könnte einen Angriff auf die Integrität des Parlaments darin erblicken, daß Abgeordnete offenkundig mit der Wahrnehmung von Funktionen der Exekutive betraut werden sollen.
Man könnte mit Recht einen Angriff auf das Haushaltsrecht des Parlaments in dem Umstand erblikken, daß ein gemischter Ausschuß, ein Ausschuß, der sich aus Vertretern der Exekutive und der Legislative zusammensetzen sollte, mit der zweckmäßigen Verwendung von Mitteln beschäftigen sollte.
Nach dem Haushaltsrecht ist es Aufgabe und Verpflichtung allein der Exekutive, dafür zu sorgen, daß die Mittel, die das Parlament bewilligt, auch zweckmäßig verwendet werden. Das ist keine Aufgabe für ein gemischtes Gremium.
Schließlich kann man auch einen Angriff auf das Prinzip der Gewaltenteilung darin erblicken, ein
Prinzip, das Sie selbst bei jeder Gelegenheit anrufen.
— Meine Herren, es tut mir leid, wenn ich Sie jetzt
etwas aufregen muß, aber das ist nun einmal so.
Auch die Parteien der Koalition waren in dieser Frage offenkundig etwas überfahren. Damit kein Zweifel darüber besteht, meine Damen und Herren: In Ihren eigenen Kreisen gab es lebhafte Debatten darüber. Wenn es Herrn Kollegen Vogel nur gelungen ist, 55 Unterschriften zu sammeln. so spricht das zwar dafür, daß die Erregung und die Ablehnung dieses Plans weite Kreise erfaßt hatte. Aber man kann dem Kollegen Vogel als Abgeordneter nur sagen: Es war kein Heldenstreich, Oktavio, was Sie sich da geleistet haben!
Ich will damit zum Schluß meiner Bemerkungen kommen. Wenn Vertreter der Koalition in internen Gesprächen die Auffassung vertreten haben, daß das Parlament in diesem Fall brüskiert worden ist und daß man von der Regierung klar Auskunft verlangen müsse, so haben wir mit unserem Antrag das bezwecken wollen. Deshalb sind wir der Meinung, daß man die Geschichte nicht einfach sang- und klanglos in der Versenkung verschwinden lassen kann.
Meine Damen und Herren, ich könnte aus Unterlagen, die mir in die Hand gekommen sind, merkwürdige, sehr scharfe Angriffe zitieren, Angriffe auf die Absichten, die mit der Ankündigung im Bulletin der Bundesregierung verfolgt worden sind. Ich will mich damit begnügen, mitzuteilen, was ein Abgeordneter in diesem Zusammenhang gesagt hat: Offensichtlich seien die Abgeordneten nur Statisten, und es sei unerträglich, immer wieder sagen zu müssen, man wisse von diesen Dingen nichts; solche Dinge könne man sich auf die Dauer nicht leisten.
Mit diesen Bemerkungen habe ich die Absicht verfolgt, an die Parlamentarier in diesem Hause zu appellieren, mit uns dafür einzutreten, daß die Integrität des Parlaments nicht nur eine schöne Redensart für Kundgebungen ist, sondern eine Realität wird und daß das Parlament sich für diese seine Integrität und Unabhängigkeit von der Regierung in jedem Augenblick selber zur Wehr setzen muß.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Prinz zu Löwenstein.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Übereinstimmung mit einer Anzahl meiner Freunde möchte ich der Absetzung des Punktes Koordinierungsausschuß von der Tagesordnung widersprechen. Wir halten diese Angelegenheit in der Sache nicht für erledigt,
da sich der Herr Bundeskanzler ausdrücklich vorbehält, auf den Plan nach den Parlamentsferien zurückzukommen, wenn auch in anderem Gewand und unter anderem Namen. Es ist auch in der letzten Zeit so allerlei geschehen, was uns veranlaßt, diesen Widerspruch zu erheben. Was der Herr Abgeordnete Dr. Dresbach und ich selber während der letzten Pressedebatte nur in höchst diskreter Weise angedeutet haben, ist ja inzwischen zur Tatsache geworden,
— daß da, wo der Lenz kommt, auch der Vogel sich einstellt.
Und was das neue Gewand und den neuen Namen anlangt, so darf ich vielleicht, da wir nun einmal ein gebildeter Bundestag, gewöhnt an klassische Zitate, sind, folgendes sagen. Man kann nämlich, was unsere Haltung zu diesem neuen Namen anlangt, mit einem Wort von Shakespeare aus Romeo und Julia antworten: „Eine Rose unter jedem anderen Namen riecht genau so süß"!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Krone.
Meine Damen und Herren! Ich muß dem Herrn Kollegen Schoettle attestieren, daß es ihm gelungen ist, schon in 'eine Sachdebatte einzutreten.
Das war die Absicht, ich habe es mir denken können. Aber, Herr Kollege Schoettle, Sie sind sonst immer sehr korrekt parlamentarisch. Ich bedaure sehr, daß Sie es gewesen sind,
der über den Weg einer Geschäftsordnungsdebatte in eine Sachdebatte eingetreten ist.
Ich stelle fest, Herr Kollege Schoettle, daß Ihr Antrag, der den Bundestag auffordert, die Regierung zu ersuchen, diesen Ausschuß, der mit Gänsefüßchen zitiert worden ist, aufzulösen, mit dem Schreiben des Herrn Bundeskanzlers sachlich seine Erledigung gefunden hat.
Wenn Sie wünschen, daß wir später noch einmal in eine Pressedebatte eintreten, steht dem von uns aus nichts entgegen.
Ich darf hinzufügen, daß wir an dem festhalten, was wir in der früheren Pressedebatte hier durch unsere Redner erklärt haben. Heute, meine ich, ist Ihr Antrag erledigt. Wir sollten deshalb diesen Punkt absetzen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, ich muß ja nun nach der Geschäftsordnung verfahren; der Punkt steht auf der Tagesordnung.
- Ich bitte, mich ausreden zu lassen. Der Punkt
steht auf der Tagesordnung. Nach § 26 Abs. 4 der
Geschäftsordnung kann der Antrag gestellt werden,
den Punkt von der Tagesordnung abzusetzen. Der Antrag ist hier gestellt worden. Einigkeit darüber besteht nicht, ich muß daher abstimmen lassen. Wer dem Antrag, den Punkt 5 der Tagesordnung von gestern heute abzusetzen — mehr ist nicht beantragt —, zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Wir sind uns nicht ganz einig. Wir wollen es einmal so probieren, damit die Zeit nicht unnötig verlorengeht. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag auf Absetzung zustimmen, sich von ihren Plätzen zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das Präsidium ist sich nicht einig. Ich bitte, durch Hammelsprung abzustimmen und den Saal zu verlassen.
Ich bitte, die Türen zu schließen. — Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen. —
Ich bitte die Türen zu schließen. Die Auszählung ist beendet.
Meine Damen und Herren! Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Ausgezählte Stimmen 288. Davon haben mit Ja 167, mit Nein 120 Abgeordnete gestimmt, bei einer Enthaltung.
Ich rufe Punkt 6 der gestrigen Tagesordnung auf: Erste Beratung des Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplanes des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1954 (Drucksache 653).
Das Haus verzichtet auf Berichterstattung? — Das ist der Fall. Eine Debatte ist nicht erwünscht. Ich schließe die erste Beratung und schlage dem Hause Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik vor. Ist das Haus damit einverstanden? — Das ist der Fall. Die Überweisung ist beschlossen.
Ich rufe nunmehr Punkt 1 der heutigen Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Zuckersteuergesetzes .
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Peters.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Drucksache 578 legt die sozialdemokratische Fraktion Ihnen den Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Zukkersteuergesetzes vor. Das Problem der Beseitigung bzw. Ermäßigung der Zuckersteuer hat, seitdem der Kontrollrat den Steuersatz von 21 Mark auf 40 Mark erhöhte, immer wieder zu Anträgen und Debatten geführt, sowohl im Wirtschaftsrat als auch im Deutschen Bundestag. Mit der heutigen Vorlage greifen wir diese Frage erneut auf. Wir möchten sie endgültig lösen, d. h. wir möchten die Zuckersteuer überhaupt beseitigen. Wir hoffen dabei, daß das Hohe Haus unserem Anliegen zustimmen wird. Meine Fraktion geht hierbei von der grundsätzlichen Erwägung aus, daß so lebensnotwendige Güter wie Zucker überhaupt nicht mit einer indirekten Steuer belegt werden dürfen, Wir möchten mit unserem Antrag allen Verbrauchern eine gewisse Erleichterung verschaffen. Wir möchten dem Rübenanbau Hilfe leisten und wir möchten auch im Außenhandel gewisse Hemmungen beseitigen.
Der deutsche Verbraucher zahlt heute für 1 kg Zucker 1,32 bis 1,36 DM und für 1 kg Kandiszukker 1,80 DM. Leider sind für Kandiszucker die Preise nicht gebunden, obwohl in gewissen Gebieten der Verbrauch an Kandiszucker eine wesentliche Rolle spielt. Im ostfriesischen Teetrinkergebiet z. B. werden 500/o Kandiszucker und 50% anderer Zucker verbraucht. In den von mir erwähnten Preisen sind 26,5 Pf. Zuckersteuer und 8,5 Pf. Umsatzsteuer enthalten. Bei Kandiszucker sind die Sätze der Umsatzsteuer entsprechend höher. Die Preise könnten also durch Fortfall der Steuerbelastung sofort um 27 bis 30 Pf. für 1 kg gesenkt werden.
Wir halten die Vorlage dieses Gesetzentwurfs gerade im jetzigen Zeitpunkt für richtig, weil die Gesetzentwürfe der Regierung für die groß angekündigte Steuerreform nur bei den direkten Steuern eine Senkung vorsehen, und zwar in einem fühlbaren Ausmaß nur für die Bezieher von hohen Einkommen. Die Vorlagen enthalten keinerlei Vorschläge für die Senkung der ungerechten und, wie wir meinen, in vielen Fällen sogar unmoralischen indirekten Besteuerung der Verbrauchsgüter der breiten Masse. Eine Steuerreform, die diesen Namen verdient, hätte gerade hier ansetzen müssen. Leider wird mit den Vorschlägen der Regierung die Entwicklung, die öffentlichen Ausgaben immer mehr aus den indirekten Steuern und weniger aus den direkten Steuern zu decken, fortgesetzt. Wir halten diese Steuerpolitik im Grundsatz für falsch, für ungerecht und auch für unsozial. Leider sind wir in diesem Hause nicht stark genug, diese Steuerpolitik grundsätzlich zu ändern. Wir möchten aber der Öffentlichkeit immer wieder sagen, daß wir die starke Belastung der Verbrauchsgüter wie Tee, Kaffee, Kakao, Zucker, Salz, Zündwaren usw. beseitigt wissen möchten. Wir werden dem Hohen Hause deshalb immer wieder entsprechende Anträge zuleiten.
Heute beschäftigen wir uns mit der Zuckersteuer, die den Verbraucher jährlich bis 400 Millionen DM kostet. Der Kontrollrat hat durch die Erhöhung des Steuersatzes auf 40 RM für den Doppelzentner dieses wichtige Volksnahrungsmittel in einem ungeheuren Ausmaß verteuert. Deshalb wollte auch der Wirtschaftsrat bereits im Jahre 1949 die Abgabe auf 30,50 DM für den Doppelzentner ermäßigen. Leider hat der Kontrollrat seine Zustimmung verweigert. Diese Ermäßigung kam dann erst durch einen Beschluß des Bundestages im April 1950 zustande. Mit der Herabsetzung des Steuersatzes um 9,50 DM konnten damals aber nur die erhöhten Herstellungskosten und die gestiegenen Rübenanbaukosten abgedeckt werden. Von diesen 9,50 DM flossen etwa 6 DM an den Bauern, 3 DM an die Fabrik und 50 Pf. an die Frachtenausgleichskasse. Man vermied mit der Ermäßigung des Steuersatzes damals also nur eine Erhöhung des Verbraucherpreises, brachte aber keine Verbilligung. Obwohl der Bundestagsausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bereits Ende 1949 die Senkung auf 21 DM zugunsten der Verbraucher erwogen hatte, beträgt der Steuersatz heute noch 26,50 DM.
Unser verehrter Herr Kollege Dr. Kneipp brachte bei der Debatte am 16. Dezember 1949 sehr interessante Zahlen über den Nutzen des Fiskus und über den Nutzen des Bauern pro Hektar angebauter
Zuckerrüben. Nach seinen Berechnungen zieht der Fiskus noch heute pro Hektar Zuckerrüben 12,20 DM aus dem Schweiß der Bauern. Herr Kollege Struve aber begründete, obwohl er Mitglied des Präsidiums des Deutschen Bauernverbandes ist, in der Debatte des Bundestags am 10. Dezember 1952 einen Antrag der CDU, die Zuckersteuer nicht, wie vom Ausschuß beantragt, auf 20,50 DM, sondern nur auf 26,50 DM herabzusetzen. Dieser Antrag wurde seinerzeit angenommen. Dadurch konnte zwar der Rübenpreis auf die auch von uns gewollte Höhe heraufgesetzt werden, verhindert aber wurde damit die Herabsetzung des Zuckerpreises, die Erhöhung des Zuckerverbrauchs und eine für die Landwirtschaft lohnende Vergrößerung der Anbaufläche von Zuckerrüben.
Wir wollen mit unserem heutigen Antrag auf Fortfall der Zuckersteuer nicht nur dem Verbraucher dienen, sondern auch den Bauern. Man kann mit ausreichenden und festen Preisen den deutschen Rübenanbau gesund, d. h. einen großen Teil der Landwirtschaft arbeitsfreudig und leistungsfähig erhalten, eine Feststellung, die schon andere getroffen haben, die wir Sozialdemokraten aber mit Nachdruck unterstützen möchten.
Herr Kollege Dr. Dr. Müller — seiner Fraktion fehlt zur Zeit im Hause bekanntlich nur eine Stimme zur absoluten Mehrheit — hat auf der großen Zuckertagung in Wiesbaden am 2. April dieses Jahres gesagt, daß man aus eigener Ernte, aus Importen und aus Abnahmeverpflichtungen mit einem Überhang von 425 000 t Zucker in diesem Wirtschaftsjahr rechnen müsse. Ich habe mir diese Zahlen vom Ministerium bestätigen lassen. Hinzu kommt, daß wir auch für 1955 eine Abnahmeverpflichtung gegenüber Kuba in Höhe von 175 000 t Rohzucker haben. Hinzu kommt weiterhin eine Vergrößerung der eigenen Anbaufläche um rund 12 %. Herr Dr. Müller folgert ganz logisch aus diesen Gegebenheiten, daß man zu einer Absatzförderung durch Abbau der Zuckersteuer kommen müsse. Soweit ich unterrichtet bin, hat man sich mit einem Steuersatz von 10 DM pro Doppelzentner beschäftigt. Wir freuen uns, daß er auch vom sozialpolitischen Standpunkt aus die Belastung des Grundnahrungsmittels Zucker für nicht länger vertretbar hält. Wir treffen uns mit ihm also in zwei Punkten, bei der Förderung der Landwirtschaft und vom sozialpolitischen Standpunkt aus. Soweit Sie also, meine Damen und Herren von der Mehrheit des Hauses, nicht geneigt sind, unseren Argumenten zu folgen, bitte ich Sie, sich dem Kollegen Dr. Dr. Müller anzuschließen.
Sie können sich aber auch den Argumenten anschließen, die von maßgebender Seite aus dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten kommen. Herr Staatssekretär Dr. Sonnemann hat auf derselben Tagung in Wiesbaden erklärt — ich darf mit Genehmigung des Präsidenten zitieren —:
Auf allen Gebieten taucht die Frage auf, was getan werden kann, um den Bedarf, die Nachfrage, den Verzehr zu steigern und damit zu einer echten und natürlichen Ausweitung des Marktes und der Absatzmöglichkeit für die Landwirtschaft zu kommen.
Zum Zuckerabsatz speziell sagt er:
Sowohl der Ausdehnungsspielraum für den inländischen Rübenbau als auch der Einfuhrbedarf, der gegenüber einer ganzen Anzahl
von zuckererzeugenden Ländern ein wichtiges handelspolitisches Kompensationsobjekt bedeutet, würden sich sofort ganz anders darstellen, wenn es z. B. dank Ihrer Bemühungen oder gleichzeitig infolge einer Senkung der Zuckersteuer gelingen würde, zu einer an sich möglichen Ausweitung des Verbrauchs zu kommen.
Dazu möchte ich sagen, daß der Bedarf vorhanden ist und daß wir die Ausbreitung des Verbrauchs nicht nur für möglich, sondern für notwendig erachten. Dies geht aber nicht, wie man vielleicht glauben mag, über eine billige Reklame, sondern nur über eine fühlbare Senkung des Zuckerpreises. In keinem vergleichbaren Land ist die Verbraucherbelastung so hoch wie in der Bundesrepublik. Der Herr Finanzminister hatte Einnahmen aus der Zuckersteuer im Jahre 1950 in Höhe von 378 Millionen DM, im Jahre 1950/51 in Höhe von 385 Millionen DM, im Jahre 1951/52 in Höhe von 400 Millionen DM, und er rechnet für das Etatjahr 1954/55 mit einem Aufkommen von 375 Millionen DM. Diese hohe Belastung bewirkt, daß die Bundesrepublik im Zuckerverbrauch an zwölfter Stelle steht.
In Schweden beträgt der Zuckerverbrauch pro Kopf der Bevölkerung im Jahre 45 kg, in den USA 43,8 kg, in England 36,4 kg, in der Tschechei 35,5 kg und in der Bundesrepublik, hoch geschätzt, 25 kg im Jahr. Davon entfallen etwa 16 kg auf die Haushaltsware.
Diese Zurückhaltung im Zuckerverbrauch bei uns ist durch die hohen Preise erzwungen.
Sie ist auch vom Standpunkt der Ernährung aus wenig begrüßenswert. Der Herr Finanzminister wird sicherlich nicht geneigt sein, auf die veranschlagten 375 Millionen DM aus der Zuckersteuer zu verzichten. Aber ich bitte Sie, meine Damen und Herren, seinen Argumenten, seinen zu erwartenden Einwendungen — wenn er auch heute nicht anwesend ist, so wird er sich sicherlich im Ausschuß dagegen wenden — nicht zu folgen. Der Herr Finanzminister hat dem Hohen Hause immer wieder erklärt, daß er auf diese Einnahme nicht verzichten oder jene Ausgabe nicht tragen könne. Nun, das Hohe Haus hat einige Male trotzdem anders beschlossen, und wir haben dann doch nicht die angekündigte Pleite im Bundeshaushalt erlebt. Der Herr Bundesfinanzminister will sogar von sich aus jetzt mit seinen Steuervorlagen den Beziehern großer Einkommen ansehnliche Steuergeschenke machen. Wir haben keine Veranlassung, bei beantragten Erleichterungen für die Allgemeinheit, wie sie die Beseitigung der Zuckersteuer sicherlich darstellen würde, immer an den Haushaltsausgleich zu denken. Dazu haben wir sicherlich Gelegenheit bei der Neufestsetzung des Einkommensteuertarifs.
Die Zuckersteuer wurde vor hundert Jahren eingeführt, als Zucker noch ein Luxusartikel war. Heute wird diese Steuer mit anderen Steuern zusammen von einem wichtigen Nahrungsmittel in einer Höhe erhoben, die die Herstellungskosten von Zucker noch um ein Drittel übersteigt.
Ihre Beseitigung wäre also ein Schritt fort von
einer völlig ungesunden und unsozialen Verbrauchsteuerpolitik. Sie wäre eine begrüßenswerte
Hilfe für den Rübenanbau, sie wäre eine Erleichterung im Außenhandel mit allen zuckererzeugenden Ländern, also eine Erleichterung für den Export der Erzeugnisse unserer Industrie. Wir würden, wenn wir die Zuckersteuer beseitigten, einmal den Erfordernissen der Gesamtwirtschaft gerecht werden. Wir haben auf dem Gebiete der Zuckerwirtschaft mit festen Preisen für den Rübenanbau und gleichen festen Preisen für den Verbrauch eine bewährte Marktordnung geschaffen. Beseitigen müssen wir aber alle Hemmnisse einer Ausweitung des Verbrauchs.
Es wäre sehr schön gewesen, wenn wir diese Vorlage heute in allen drei Lesungen hätten verabschieden können.
Das geht natürlich nicht. Ich beantrage deshalb die Überweisung unserer Vorlage an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Mitberatung. Wir hoffen dabei, daß die Ausschüsse zu einer baldigen Beratung und zu einer zustimmenden Beschlußfassung kommen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, ich eröffne die Aussprache der ersten Lesung. — Das Wort wird nicht gewünscht; ich schließe die Aussprache.
Es liegt vor der Antrag auf Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen — federführend — und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Mitberatung. Ist das Haus damit einverstanden, daß so verfahren wird? — Das ist der Fall; die Überweisung ist erfolgt.
Ich darf das Haus bitten, damit einverstanden zu sein, daß ich die Punkte 6 und 7 der heutigen Tagesordnung vorziehe, damit sie heute noch erledigt werden können, weil sie erledigt werden müssen, der eine aus wirtschaftlichen Gründen, der andere, weil der Bundesrat sich damit befassen soll. Ist das Haus damit einverstanden? - Das ist der Fall.
Dann rufe ich auf Punkt 6 der heutigen Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages zur Veräußerung von zwei Grundstücken in BerlinCharlottenburg, Kurfürstendamm 40/41, und Berlin-Charlottenburg, Knesebeckstraße 35/36, Ecke Mommsenstraße (Drucksachen 582, 322).
Ich erteile das Wort dem Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Ritzel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Haushaltsausschuß hat sich wiederholt mit dem Vorschlag befaßt, den der Herr Bundesfinanzminister in der Drucksache 322 dem Hohen Hause unterbreitet hat. Es handelt sich um einen Grundstückstausch. Das Grundstück Berlin, Kurfürstendamm 40/41 und das Grundstück Knesebeckstraße 35/36, Ecke Mommsenstraße im Gesamtwert von 477 000 DM sollen aus dem Besitz des Bundes auf die Firma TextilKontor-Gesellschaft mbH., die das Grundstück bisher bereits gepachtet hat, übergehen. Die Gesellschaft will dafür dem Bund zwei Grundstücke übereignen, Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm 46 und 44 mit einem Gesamtwert von 465 600 DM. Die Gesellschaft wird noch einen Barbetrag von 11 000 DM an den Bund zahlen.
Der Haushaltsausschuß hat sich eingehend mit der Angelegenheit auseinandergesetzt und einstimmig beschlossen, dem Hohen Hause diesen Grundstückstausch zu empfehlen. Ich bitte das Haus, dementsprechend zu beschließen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann komme ich zur Abstimmung. Wer dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache 582 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 7 der heutigen Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung der Bank deutscher Länder ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (Drucksache 593).
Ich erteile das Wort dem Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Thieme.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Im Telegrammstil: Das Hohe Haus hat in seiner 27. Sitzung am 30. April die Überweisung des soeben aufgerufenen Gesetzentwurfs, Drucksache 403, an den Ausschuß für Geld und Kredit beschlossen. Der Entwurf der Gesetzesänderung wurde vom Ausschuß in seiner Sitzung am 2.1. Mai behandelt. Das Ergebnis der Beratung ist der Antrag des Ausschusses, der Ihnen auf Drucksache 593 vorliegt.
Die Gesetzesänderung ist notwendig geworden, um die erforderliche Umschuldung des kurzfristigen Kredits des Währungsfonds zu ermöglichen. Da für die Kreditaufnahme weder Haushaltsmittel in diesem Umfang bereitgestellt werden können noch die Aufnahme einer Anleihe auf dem Kapitalmarkt erfolgen kann, kommt für eine Kreditaufnahme nur die Bank deutscher Länder in Frage. Voraussetzung für eine Kreditgewährung ist jedoch die Einräumung eines besonderen Kreditplafonds durch die mit dem vorliegenden Gesetzentwurf vorgeschlagene Änderung des BdL-Gesetzes.
Der unter § 1 genannte Höchstbetrag vin 1500 Millionen DM umfaßt auch die bereits effektiv bei Erwerb der Mitgliedschaft an den Internationalen Währungsfonds und die Internationale Bank gezahlten Beträge in der ungefähren Summe von 183 Millionen DM. Gleichfalls ist in dem Höchstbetrag eine Reserve von zirka 84 Millionen DM enthalten. § 1 begrenzt den zur Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung bestimmten Kredit auf den Betrag von 35 Millionen DM. Damit wird der bereits beim Beitritt der Bundesrepublik an diese Organisation gewährte Kredit von zirka 30 300 000 DM nicht überschritten. Der theoretisch noch offenen Spitze von zirka 4 700 000 DM
kommt kaum praktische Bedeutung zu, da das Gesetz nur eine Ermächtigung zur Kreditgewährung statuiert. Die Angabe des runden Betrages entspricht dem Charakter des BdL-Gesetzes.
Der in § 2 außer Kraft gesetzte Art. 3 des Beitrittsgesetzes vom 28. Juli 1952 ist deshalb überflüssig geworden, weil in § 1 die Beträge eingeschlossen sind, die auf Grund des Beitrittsgesetzes von der Bank deutscher Länder im Kreditwege hingegeben worden sind.
Den Änderungsvorschlägen des Bundesrates hat sich der Ausschuß nach kurzer Diskussion angeschlossen, ohne jedoch die Ansicht des Bundesrates zu teilen, daß die vorliegende Gesetzesänderung seiner Zustimmung bedarf. Als § 2 a wurde die Berlin-Klausel in das Gesetz eingefügt.
Der Ausschuß für Geld und Kredit empfiehlt dem Hohen Hause die Annahme des Gesetzentwurfs in der in der Drucksache 593 niedergelegten Form.
Für meine Person darf ich noch vorschlagen, daß der § 2 a, dessen Wortlaut Sie in Drucksache 593 finden, die Bezeichnung „§ 3" erhält und die ursprüngliche Bezeichnung „§ 3" in Drucksache 403 in „§ 4" geändert wird.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf § 1, — § 2, — § 2 a, — § 3, — Einleitung und Überschrift. — Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Ich komme zur Abstimmung. Wer den aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Einstimmig angenommen. Damit ist die zweite Lesung geschlossen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Ich rufe auf zur allgemeinen Beratung. Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich schließe die allgemeine Beratung. Da Änderungsanträge nicht vorliegen, entfällt die Einzelberatung.
Ich komme zur Schlußabstimmung. Wer dem soeben in der zweiten Lesung angenommenen Gesetz in dieser Form zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. — Ich stelle fest: einstimmige Annahme. Damit ist das Gesetz verabschiedet.
Es wurde mir eben gesagt, daß das Haus damit einverstanden sei, daß alle heute noch auf der Tagesordnung stehenden Materien, die sämtliche Zollsätze irgendwelcher Art betreffen, ohne Begründung und Debatte zur einheitlichen Bearbeitung an die jeweiligen Ausschüsse überwiesen werden. — Das ist der Fall. Dann verfahre ich so und rufe auf Punkt 2 der heutigen Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Aufhebung der Zollsätze für bespielte Tonbänder und Lichtbilder zur Nachrichtenübermittlung .
Wer damit einverstanden ist, daß dieser Antrag an den Ausschuß für Außenhandelsfragen als federführenden Ausschuß und den Ausschuß für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films als mitberatenden Ausschuß überwiesen wird, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 3 der Tagesordnung:
a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Aufhebung der Zollsätze für Zitronen, Kaffee, Tee und Kakaobohnen ;
b) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Allgemeine Senkung der Zollsätze ;
c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Müller , Bauknecht und Genossen betreffend Festsetzung eines Höchstzollsatzes für Kakaobohnen (Drucksache 580).
Das Haus verzichtet auf Begründung und Debatte. Ich schlage vor für Drucksache 550 Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen als mitberatende Ausschüsse. Ist das Haus damit einverstanden? — Das ist der Fall.
Drucksache 551, Allgemeine Senkung der Zollsätze. Vorgeschlagen ist die Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen — federführend — und an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik zur Mitberatung.
— Bitte!
Ich möchte bitten, die Drucksache 551 an den Außenpolitischen Ausschuß zur Mitberatung zu überweisen. Das ist mit den Kollegen der anderen Fraktionen so besprochen worden.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Es werden also noch die Zusatzanträge gestellt, die Drucksache 551 an den Außenpolitischen Ausschuß und den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen zu überweisen. Ist das Haus mit der Überweisung an die genannten Ausschüsse einverstanden?
— Das ist so beschlossen.
Schließlich die Drucksache 580, Festsetzung eines Höchstzollsatzes für Kakaobohnen. Vorgeschlagen ist die Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen — federführend — und zur Mitberatung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen. Ist das Haus mit der Überweisung in dieser Form einverstanden? — Das ist der Fall.
Ich rufe Punkt 4 der heutigen Tagesordnung auf:
Beratung des Entwurfs einer Neunzehnten Verordnung über Zollsatzänderungen (Drucksache 642).
Vorgeschlagen ist die Überweisung an den Ausschuß für Außenhandelsfragen. Ist das Haus damit einverstanden?
— Mitberatend Finanz- und Steuerausschuß. Wird auch das genehmigt?
— Dann ist die Überweisung entsprechend erfolgt. Soll auch an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten überwiesen werden?
- Bei Punkt 4 der Tagesordnung nicht.
Ich rufe die Punkte 5 a und b der heutigen Tagesordnung auf:
a) Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Zolländerungen .
b) Beratung des Entwurfs einer Achtzehnten Verordnung über Zollsatzänderungen .
Das Haus verzichtet auf Begründung und Debatte. Es ist vorgeschlagen worden, die Drucksache 664 an den Ausschuß für Außenhandelsfragen zu überweisen.
— Auch an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen. Die Drucksache 633 soll ebenfalls an den Ausschuß für Außenhandelsfragen — federführend
— überwiesen werden.
— Also nicht an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen. Ist das Haus mit diesen Vorschlägen einverstanden? — Das ist der Fall; dann ist so beschlossen. Diese beiden Entwürfe sind damit entsprechend überwiesen.
Damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir das beinahe unmöglich Scheinende erreicht, daß wir auch die heutige Tagesordnung noch zeitgerecht abgewickelt haben. Ich berufe die nächste, die 40. Sitzung des Deutschen Bundestags auf Mittwoch, den 14. Juli 1954, 9 Uhr, und schließe die heutige Sitzung.