Rede von
Erwin
Schoettle
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Krone hat den erwarteten Antrag auf Absetzung von der Tagesordnung gestellt. Er hat ihn mit dem Hinweis auf die vorgeschrittene Zeit begründet. Das könnte plausibel erscheinen. In der Tat: Die Zeit ist vorgeschritten, und die Verkehrsdebatte hat uns alle einigermaßen mitgenommen, soweit wir an ihr leidend teilgenommen haben; das gilt ja für die meisten Damen und Herren im Hause.
Ich möchte trotzdem im Namen meiner Fraktion gegen diesen Antrag Widerspruch erheben. Wir sind der Meinung, daß es einfach nicht angeht, den Eindruck zu erwecken, als ob die Angelegenheit, die unser Antrag betrifft, mit dem Brief des Herrn Bundeskanzlers erledigt sei, worin er mitteilt, daß er seine Absichten — wenn man den Wortlaut richtig liest, offenbar vorläufig — aufgegeben habe.
Ich muß im Rahmen dieser Geschäftsordnungsdebatte sagen: Man kann doch nicht, nachdem der Herr Bundeskanzler, und zwar nicht aus freien Stücken, sondern zweifellos unter dem Druck der öffentlichen Meinung
und eines wesentlichen Teils des Parlaments, auch seiner eigenen Koalitionsparteien, den Rückzug angetreten hat, so tun, als ob gar nichts geschehen und damit die Geschichte aus der Welt sei.
Sie ist damit nicht erledigt, daß er sagt: Ich will das jetzt im Augenblick nicht tun, aber ich überlege mir, ob dasselbe Ziel nach den Ferien vielleicht auf andere Weise zu erreichen ist. Es ist ja doch einiges geschehen, meine Damen und Herren, was gar nicht ungefährlich ist. Da werden eines Tages die Öffentlichkeit und ein großer Teil des Parlaments — ich vermute sogar: auch einige Angehörige der Regierung — von der Mitteilung überrascht, daß man einen „Koordinierungsausschuß" schaffen wolle, der die Publizistik der Bundesregierung auf einen Nenner bringen und die zweckmäßige Verwendung von Mitteln überwachen solle, die der Bundesregierung zur Verfügung stünden.
Das ist eine Mitteilung, die, wenn man sie vom Wortlaut her auf ihren Sinn untersucht, eine solche Fülle von Fragen staatsrechtlicher, verfassungsrechtlicher und prinzipieller Natur aufwirft, daß darüber das Parlament einfach nicht zur Tagesordnung übergehen kann.
Ich will ganz davon absehen, daß durch diese Mitteilung einige unangenehme Erinnerungen aus der ersten Zeit gleich nach der Bundestagswahl heraufbeschworen worden sind. Daß der Herr Kollege Lenz im Zusammenhang damit genannt wurde, gab doch geradezu die Veranlassung, daran zu denken, daß man einmal von einem Informationsministerium gesprochen hatte, und — ohne daß ich jetzt persönlich werden will — schon in der Verbindung der Sache mit dem Namen ist eine Ankündigung gesehen worden, die nicht gerade Gutes verhieß. Man kann also sagen, daß prinzipielle Fragen aufgeworfen worden sind wie die eines Angriffs auf die Freiheit der Information der Öffentlichkeit.
— Ja, liebe Kollegen, denken Sie an Debatten in Ihren eigenen Reihen; ich werde Ihnen einige Kostproben davon geben!