Bei der gestrigen Aussprache, die mehr oder weniger auch eine Debatte unter den Verkehrsexperten war, sind die Gesichtspunkte der Wirtschaft, der Produktion nicht zur Geltung gekommen. Der Regierungsentwurf legt meiner Ansicht nach das Schwergewicht nur auf zwei Punkte und wird dementsprechend der ferneren Entwicklung nicht genügend gerecht. Diese, die erst im Zuge der künftigen Tarifgestaltung und der wirklichen Sanierung der Bundesbahn sowie der Lösung der gesamten Frage des Straßenausbaus von entscheidender Bedeutung für uns wird, bleibt mehr oder weniger offen.
Es war eine Flut von Resolutionen und Denkschriften, von echten und frisierten Statistiken, die auf uns niederprasselte. Aber die Gesichtspunkte der Wirtschaft selbst, das Tempo der Produktion, die Geschmeidigkeit des Verkehrsapparates und seine Anpassung an die Produktion scheinen mir nicht genügend hervorgehoben worden zu sein. Wir haben, um über diesen Punkt einmal Klarheit zu bekommen, einen Vortrag des Herrn Verkehrsministers selbst gehört. Ich möchte daraus nur vier Sätze herausschälen. Der Minister Dr. Seebohm sagte:
Man muß bei allen Problemen des Verkehrs jedoch berücksichtigen, daß der Verkehr zweifellos der dynamischste Teil aller wirtschaftlichen Tätigkeit des Menschen ist. Er ist so ungeheuer dynamisch, daß er sich in die statische Form von Gesetzen und Verordnungen kaum fassen läßt. Wer immer Verkehrsgesetze vorschlägt, berät oder beschließt, muß sich darüber klar sein, daß diese Gesetze so gestaltet sein müssen, daß sie sich dieser ungeheuren Dynamik so leicht und schnell wie möglich anpassen lassen; denn eigentlich liegt ein Widersinn in dem Begriff, daß man für den Verkehr Gesetze macht. Es läßt sich diese ungeheure Dynamik doch wirklich kaum in in den Formen staatlicher Verwaltung einfangen.
Das ist es, was auch ich gegenüber dem Verkehrsministerium befürchtete: daß diese Ausführungen letztlich zutreffen. Die vorgelegten Gesetzentwürfe stellen den Versuch dar, die Dynamik der Straße in irgendeiner Form gesetzlich — beim Straßenentlastungsgesetz durch eine Verbotsliste — abzufangen. Das ist der Versuch, vielleicht doch noch eine technische Entwicklung irgendwie abzustoppen.
Niemand von uns denkt daran, die Bundesbahn etwa in ihrem jetzigen Zustand zu belassen, ihr nicht jede Hilfe zuteil werden zu lassen. Ich entsinne mich, daß dieses Thema nicht erst in den letzten Jahren diskutiert wird. Es wird schon seit Jahrzehnten debattiert, und als seinerzeit der vom Herrn Kollegen Schmidt zitierte Reichskraftwagenbetriebs-Verband gegründet wurde, hat gerade die damalige Deutsche Reichsbahn mit allen Mitteln darauf gedrungen, daß der Kraftwagen den Tarif der Schiene unbesehen übernahm. So ist es auch noch heute. Der Tarif, der im großen und ganzen vom Kraftwagen, d. h. vom gewerblichen Güterfernverkehr, benutzt wird und den dieser für seine Tarife und Frachtberechnungen zugrunde legen muß, ist im Grundsatz auch der Tarif der Schiene, der ja eigentlich, wie man immer wieder behauptet, ein gemeinwirtschaftlicher Tarif sei. Hier liegt einer der Kardinalpunkte. Daß sich diese beiden Verkehrsmittel, Schiene und Straße, in ihrer Technik, in ihrem Ausnutzungsgrad und in ihren Betriebsmitteln scharf voneinander abheben und unterscheiden, daß die fixen Kosten der Schiene 70 5 und die beweglichen 30 % ausmachen, während sie sich beim Kraftwagen genau umgekehrt, wie 30 zu 70, verhalten, ist im letzten geradezu eine harmonische Ergänzung im Verkehr zum Nutzen der ganzen Volkswirtschaft. Dadurch aber, daß ich die Vorzüge, die eigentlichen Stärken und Aufgabengebiete der Schiene und des Kraftwagens auf den gleichen Tarif, auf die gleiche Abwicklung presse, muß ich automatisch zu volkswirtschaftlichen Differenzen und auch zu schwersten Differenzen im Verkehr selbst kommen.
Das ist die heutige Lage. Deshalb ist der Vorschlag des Kollegen Müller-Hermann, eine Tarifdisparität ins Auge zu fassen, zu überlegen, wie man die Stärke jeweils des einen oder anderen Verkehrsträgers herausschälen kann, absolut richtig. Die Entwürfe des Kollegen Müller-Hermann schließen überhaupt, für die Zukunft gesehen, viele Sektoren ein, sie greifen viele Punkte auf, die im Regierungsentwurf nicht angepackt werden, die dort einfach offen bleiben. Man kann nicht auf der einen Seite eine Verbotsliste aufstellen und eine starke Belastung des Kraftwagens vorsehen, um den Straßenbau durchzuführen oder die Bundesbahn zu sanieren, und auf der anderen Seite die Frage der Tarifgestaltung, der wirklichen Durchführung des Straßenbaus und all dieser Dinge in mehr oder weniger lascher Form abrollen zu lassen.
Ich habe gestern ein etwas unangenehmes Gefühl gehabt, wenn ich daran dachte, wie die Tendenz überhaupt aussieht. Z. B. beim geplanten Personenbeförderungsgesetz legt doch die Exekutive das Schwergewicht in diesem Sektor praktisch mehr oder weniger auf die öffentliche Hand, auf den öffentlichen Betrieb. Nun hat der von mir persönlich hochgeschätzte Kollege Jahn in seinen gestrigen Ausführungen noch dazu gesagt, man müsse den Verkehr stark organisieren und ihn sozusagen in eine Unterabteilung der Bundesbahn hineinnehmen. Ich glaube doch hier Anklänge an das Experiment der Labour-Party in England zu sei en. Ich habe bisher in allen meinen Erfahrungen noch nicht gefunden, daß die Überleitung von privatwirtschaftlichen Betrieben aus dem Wettbewerbssektor, aus der — sagen wir es ruhig - Unternehmerinitiative heraus, in die öffentliche Hand schon die Lösung der Probleme gewesen wäre, weder sozial noch wirtschaftlich noch im Leistungseffekt selbst.
Die Stoßrichtung geht sehr stark gegen den Kraftwagen. Ich hätte gewünscht, das Straßenentlastungsgesetz wäre ein Straßenbaugesetz gewesen. Das Straßenentlastungsgesetz mit der Verbotsliste ist gestern am besten, sagen wir einmal, kritisiert worden vom Kollegen Donhauser, der aus dem Gebiet Bayerns, oder von Herrn Rademacher, der aus dem Gebiet des Schwarzwaldes und den Zonengrenzgebieten Beispiele brachte, die zeigen, daß man mit diesen mehr oder weniger polizeilichen Maßnahmen nicht durchkommt.
Ich denke in diesem Zusammenhang auch — das liegt uns etwas näher — an die Vertriebenenwirtschaft. Die Vertriebenen haben ja ihre Betriebe oft nicht in den Zentren der Industrieballungen aufbauen können, sondern sie mußten dorthin gehen, wo sich ihnen eine Gelegenheit bot, wo sie auch Arbeitskräfte fanden. Und sie haben es dort getan, wo die Flüchtlinge untergebracht wurden, auf abgelegenen Dörfern, oft weit von der Industrie Dort haben sie sich mühsam ihre Existenz aufge-
baut. Bei einem rigorosen Durchgreifen, so wie es die Regierungsentwürfe vorschlagen, würde für diese Betriebe der Vertriebenen eine wirkliche Krise eintreten, wie ja die Freiheit der Wahl der Transportmittel in diesem Moment überhaupt aufhören würde. Das scheint mir das Entscheidende zu sein: man kann nicht irgendeinem subalternen Beamten die Entscheidung darüber lassen, wie und auf welchem Wege ein Transport irgendwelcher Güter durchgezogen wird.
Ich habe bei der Frage der Berechnung, d. h. bei der Frage, wer welche Wege unterhalten und bezahlen muß, doch das Empfinden, daß uns exakte Unterlagen noch fehlen. Nach vielem, was ich gesehen habe, bin ich sogar sehr skeptisch auch gegenüber sogenannten wissenschaftlichen Untersuchungen geworden. Man sagt, der Kraftwagen zahlt nicht. Aber er zahlt auch. Im Jahre 1952 hat die Kraftverkehrswirtschaft 1,2 Milliarden aufgebracht. Die Straße ist ja, wie gesagt, nicht nur für den Kraftwagen da, sondern sie ist ein uraltes Element der Zivilisation, des Verkehrs und dient allen Staatsbürgern und sozusagen allen Richtungen. Welchen Zuschuß der Kraftwagen leisten muß, das müßte man in Expertenkreisen ausrechnen. Man rechnet heute z. B. aus, er müsse sich einrichten auf eine Belastung von 30 Milliarden und müsse dann auch noch die Verzinsung tragen. Das halte ich doch für weit überzogen. Der Herr Minister hat gestern gesagt: Wir müssen feststellen, daß der Volkswagen für den Straßenunterhalt dreizehnmal soviel bezahlt wie der Lkw. Daraus kann man doch nicht umgekehrt folgern, nun müsse der Lkw die dreizehnfache Summe seines bisherigen Anteils aufbringen. Die Wirtschaft ist bereit, dem Straßenbau zu helfen; sie hat das in mehreren Erklärungen immer wieder unterstrichen. Das ist auch richtig so, sie hat gar keinen anderen Weg. Aber die Argumentation, man würde bei einem Ausbau des Straßennetzes — es sind ja nach dem Kriege nur 0,2 % neue Straßen gebaut worden, wenn Sie das Streckennetz nehmen — nicht großzügig neue Straßen anlegen können; denn dann würde man dem Bauern, auch dem heimatvertriebenen Bauern aus dem deutschen Osten, die Möglichkeit nehmen, sich anzusiedeln, dann würden soundso viel Hektar Land verlorengehen, halte ich für völlig verfehlt. Denn mit dieser Begründung dürften wir keine Familienheime errichten,
mit dieser Begründung müßten wir aufhören, Wohnungsbau zu treiben, große Programme vorzulegen. Wir müßten allenfalls auf den Sektor des Wolkenkratzerbaus übergleiten, wo wir dann die Menschen auf geringstem Raum in einer Art Silo zusammenpressen. Das ist meiner Ansicht nach keine Argumentation.
Eins steht fest: daß der Werkverkehr, sofern er wirklich ein unechter Werkverkehr ist, eingedämmt werden muß, und daß man bei einer richtigen Tarifgestaltung — und darauf kommt es immer wieder an — auch die Herren Abteilungsleiter in den Versandabteilungen der Industrie dazu bewegt, sich zu überlegen, ob sich ihr Kraftwagenpark, die Fahrer, die sie dafür bereithalten, immer rentieren oder ob es nicht doch eine Art Luxus ist, den sie dort treiben. Aber sie selbst waren ja gar nicht schuldig. Wir haben es immer wieder gehört. Es lag nicht zuletzt auch an der Steuergesetzgebung.
— Auch am Mißbrauch, Kollege Rümmele, das ist sicher.
Ich möchte, ohne heute noch weitschweifig auf die Ausführungen des Herrn Ministers einzugehen, Ihr Augenmerk auf die Regelungen und die Entwicklungen z. B. in Holland lenken. Hier ist im stillen etwas über die Bühne gegangen, was zwar an und für sich nicht in jedem Fall für uns als Beispiel zu gelten hat, was uns aber viele Ansatzpunkte für ein Studium bieten kann. Der Verkehr
— man spricht immer von „verkehrskonform" — ist ja nicht ein Ding an sich und völlig losgelöst von der Wirtschaft, sondern ich habe die Überzeugung, der Verkehr ist letzten Endes ein Teil der Wirtschaft, und man kann die Entwicklung im Verkehr überhaupt nicht ohne ständige Fühlungnahme mit der Wirtschaft dirigieren.
Ich habe gestern die Ausführungen des Kollegen Jahn verstanden, aus denen seine Sorge um die Menschen, um das Personal der Deutschen Bundesbahn sprach. Ich weiß, daß hierbei auch ein gut Teil seiner eigenen Lebensarbeit mit zur Debatte steht. Aber ich glaube, daß der Herr Kollege Jahn auch dafür Verständnis haben wird, wenn sich an die Bundesbahn selbst und auch an das zuständige Ministerium der Appell richtet, alles zu tun und nichts zu unterlassen, um die Organisation der Bundesbahn nach kaufmännischen Gesichtspunkten aufzuziehen und an eine Rationalisierung heranzugehen. Man wird ihr dann natürlich auch — und das gilt auch für den Finanzminister — die Investitionsanleihen und die Möglichkeiten hierfür geben müssen. Das ist sicher.
Dabei habe ich Ihr Augenmerk auf einen Punkt zu lenken. Nach der letzten Bilanz oder, ich möchte sagen, Statistik steht es immer noch fest, daß die Deutsche Bundesbahn am Landverkehr mit einer Beförderungsleistung von 267 Millionen t beteiligt ist. Das ist ein riesenhafter Block. Damit entfällt auf die Bundesbahn ein Anteil von 56,1 % aller Tonnenkilometer. Der gewerbliche Fernverkehr aber, auf dem zum Teil in der schärfsten Weise — will ich ruhig einmal sagen — herumgehackt worden ist, hat von diesen 267 Millionen t 24 Millionen t befördert. Das sind für diesen Sektor nicht einmal ein Zehntel. Gestern wurde schon klar herausgestellt, daß die Bundesbahn selbst dann, wenn man all das, was hier verdient worden ist, verwendet, um das Defizit auszugleichen, noch nicht über den Berg ist. Damit wollte ich nur auf einen Punkt hinweisen, der gewiß besonderer Aufmerksamkeit bedarf. Die Belastung des Nahverkehrs, sei es des Güternahverkehrs oder des Werknahverkehrs, wie sie die Vorlage vorsieht, ist meiner Ansicht nach in dieser Form abzulehnen. Sie würde einen größeren Verwaltungskostenaufwand erforderlich machen, als zum Teil dabei überhaupt herausspringt.
Ich habe Ihnen aus der Fülle der Zuschriften nur ein Beispiel zu geben. Ein Werknahverkehr, der die Strecke Hameln — Detmold fährt, 24 Kunden besucht und damit 224 Tonnenkilometer mit einem Warenwert von 5600 DM leistet, ergibt eine Beförderungsteuer von 2,24 DM. Die Arbeit, die damit verbunden ist, das ganze Drum und Dran, kostet mehr als die 2,24 DM. Damit ist, glaube ich, dieser Gedanke schon in gewisser Form ad absurdum geführt.
Es wäre eine Aufgabe des Ausschusses bzw. der Experten — wie es gestern auch betont wurde —, zu überlegen, bis zu welchem Grad man überhaupt
im Fernverkehr — sei es im Güterfernverkehr oder im Werkfernverkehr — die Kraftverkehrswirtschaft belasten und sie mit zusätzlichen Steuern und all diesen Dingen — Mineralölsteuer, Kraftfahrzeugsteuer — zum Straßenausbau heranziehen kann. Das ist ein Problem, dessen Lösung nicht irgendwie kurz über den Daumen gepeilt werden kann, sondern das sorgfältig angepackt werden muß.
Dabei habe ich doch die Frage: Ist denn auf irgendeine Weise bei den Betrieben des Kraftverkehrs vorher einmal genau überprüft worden, bis zu welchem Punkt der Belastungsgrenze man denn überhaupt gehen kann? Das ist meiner Ansicht nach nicht geschehen; sondern es sind einfach von der Exekutive diese Zahlen errechnet oder in die Gesetzentwürfe eingesetzt worden.
Die Kraftfahrzeugsteuer! Es ist sicher richtig, daß man das Gesamtgewicht nimmt und daß man aus hundert Gründen heraus den Knick nach unten beseitigt. Es ist aber sehr fraglich, ob man dann einen Knick nach oben für die Lastfahrzeuge machen soll, und zwar in dieser scharfen Form, wie es nach der Vorlage beabsichtigt ist.
Das Problem der Anhänger ist auch noch offen. Ich persönlich halte nichts davon, den Anhänger zu verbieten. Ich glaube, daß wir dann eine viel größere Schwerfälligkeit und für manche Betriebe sehr große Schwierigkeiten bekommen werden, wenn man ihnen den Anhänger grundsätzlich untersagt.
— Ja, aber in der Form, wie es in der Vorlage beabsichtigt ist, läßt sich das nicht durchführen, Herr Kollege Rümmele. Wir können ja auch nicht — das wurde gestern auch gesagt — alle zwei Jahre diese Bestimmungen ändern. Weder die Betriebe noch die Produktion noch die Konstrukteure kommen dabei mit. Ich darf Ihnen nur einige Beispiele aus der Kraftfahrzeugsteuer dazu geben: Bei einem Lkw von 3 t kommen Sie mit der jetzigen Steuer von 630 DM auf 765 DM; das wären 21% Steigerung. Aber bei einem 6,6-Tonner kommen Sie von 840 DM auf 1530 DM; das wären 82% Steigerung. Beim Anhänger kämen Sie — immer nach der Vorlage; man muß die Zahlen ruhig einmal kurz nennen — von 220 DM auf 855 DM; das wären 288% Steigerung.
Ich glaube also, daß hier das Verkehrsministerium oder in diesem Fall das Finanzministerium sehr stark ins Geschirr gegangen ist. Die Betriebe würden enorme Summen aufzubringen haben. Es ist ja nun nicht unser Bestreben, die Betriebe von dieser Seite her zu ruinieren. Die Bilanzen der Betriebe würden, wenn diese Vorlage ohne jede Korrektur durchginge, eine außerordentlich starke Anspannung zeigen. Meiner Überzeugung nach würden die Bestimmungen sogar bei vielen Betrieben vor allen Dingen auch des gewerblichen Güterfernverkehrs im Zusammenhang mit der Verbotsliste zu einem glatten Ruin führen. Diese Betriebe müßten die Arbeit einstellen. Ob dies der Sinn des Ganzen ist? Ich glaube es nicht. Außerdem ist noch die Frage der Konzessionserteilung offen, und es ergeben sich Probleme in Verbindung mit den einschlägigen Bestimmungen des Grundgesetzes.
Ich halte es für sehr gut, daß in den Gesetzentwürfen des Kollegen Müller-Hermann besonders auch auf die Bekämpfung der Unfälle im Straßenverkehr eingegangen wird. Dabei berührt uns sehr sympathisch die geplante Einführung einer Haftpflicht auch für ausländische Fahrzeuge. Genau so begrüßen wir das Überholverbot für Lastzüge.
Zu dem Gedanken, einen vorläufigen Führerschein einzuführen, möchte ich noch folgendes sagen: Der Gedanke ist gut, und man sollte ihn durchführen, aber nicht in der Weise, daß man dann zwei obligatorische Prüfungen im Abstand von einem Jahr machen muß. Ich könnte mir vielmehr vorstellen, daß man dem Betreffenden die zweite Prüfung schenkt und ihm automatisch den endgültigen Führerschein gibt, wenn er in dem Jahr, während dem er nur einen Probeschein hat, sich nichts weiter hat zu schulden kommen lassen.
Den Sonderführerschein und alle diese Dinge will ich hier nicht weiter erörtern, auch nicht die Begrenzung von Länge und Tonnenzahl. Das sind alles Fachfragen, die wir gestern beinahe bis zum Überdruß gehört haben.
Der Gesetzentwurf über die Wiederherstellung der Wirtschaftlichkeit der Bundesbahn sieht die Übernahme betriebsfremder Lasten durch den Bund vor. Aber auch da will ich nur kurz andeuten. Was hier wirklich alles betriebsfremd ist, müßte dann auch noch geklärt werden. Was ich unterstützen möchte, dem aber gestern von der einen Seite widersprochen wurde, ist die Einführung des Präsidialprinzips bei der Bundesbahn.
Wenn die Bundesbahn wirklich saniert werden soll, wenn sie wirklich kaufmännisch geführt werden soll, dann muß man meiner Ansicht nach diese Änderung vom Kollegialprinzip zum Präsidialprinzip durchführen.
— Wir werden, Herr Kollege Rümmele, im Ausschuß Gelegenheit haben, uns darüber genügend zu unterhalten.
— Wenn es richtig ist, Herr Kollege Rümmele, dann bleibt aber noch offen, ob wir damit bis zum 1. Juni 1957 warten können. Das ist die Frage. ist es richtig, dann sollte man es sofort tun; denn es ist bei der Eisenbahn wirklich „höchste Eisenbahn".
— Ja, da komme ich wieder auf einen entscheidenden Punkt, der gerade den Initiator dieser Gesetzentwürfe, Herrn Kollegen Müller-Hermann, angeht, nämlich die Schaffung eines Bundesbahngerichts. Es war ein an und für sich auf den ersten Anhieb guter Gedanke, man solle der Bundesbahn Gelegenheit geben, gegen Auflagen und dergleichen Einspruch zu erheben. Aber sie laufen dann mit aufschiebender Wirkung. Dieses Gericht ist, nach dem, was ich gelesen habe, keine Vermittlungsinstanz, sondern seine Entscheidung soll endgültig sein. So habe ich es jedenfalls aufgefaßt. Ich glaube, dieser Gedanke kann nicht ohne weiteres akzeptiert werden. Denn die Entscheidungen in dem Spiel zwischen Legislative und Exekutive, zwischen Regierung oder Ressortministerium und irgendeinem der übrigen Zweige immer und in
immer stärkerem Maße in die Hand der Gerichte zu legen — Sie brauchen nur an die hohe und höchste Ebene zu denken —, ist meiner Ansicht nach im Prinzip falsch und führt dazu, daß wir statt einer Eleganz, einer gewissen Flüssigkeit eher Hemmungen in die Staatsapparatur hineinbekommen. Ich würde es nicht begrüßen, wenn hier zwischen Ministerium und verantwortlicher, auch kaufmännisch verantwortlicher Führung und Lenkung der Bundesbahn sich wiederum ein Gericht stellen würde, das dann gegen die Anordnungen oder Entscheidungen des Ministers vorgehen müßte.
— Ja, eben, das ist sehr richtig; es werden eben letzten Endes politische Entscheidungen werden.
Das Verkehrswegegesetz möchte ich besonders begrüßen. In diesem Punkte war gerade bei den Regierungsvorlagen eine Lücke vorhanden. Die Etatposten sollten auf weite Sicht geplant werden, damit die Bauwirtschaft und der Straßenbau nicht nur immer von Etatjahr zu Etatjahr operieren müssen. Damit würde auch das Herumzittern, ob und welche Mittel für den Straßenbau im nächsten Jahre wieder zur Verfügung stehen, aufhören. Ich halte es für das Entscheidende — das gilt auch für die Vorschläge des Kollegen Müller-Hermann —, daß der Anleihe- und der Finanzierungsplan sich wirklich in die Zukunft hinein — in diesem Falle auf sieben Jahre — erstrecken und daß auch in den Koordinierungsausschüssen zwischen Bund, Ländern, Kreisen und Gemeinden für weite Zeiträume geplant wird. Es darf bei der Aufholung aller rückständigen und der Durchführung neuer Arbeiten nicht nur an die Straße, sondern es muß auch an die Schiene gedacht werden.
Über die Freistellung des öffentlichen örtlichen Personenverkehrs von der Beförderungsteuer — ich denke an die Straßenbahn- und Omnibuslinien und dergleichen — ist kein weiteres Wort zu verlieren. Das ist gestern schon gesagt worden und wird von uns unterstrichen. Sie ist nötig, wenn wir hier nicht auf dem Umweg über Tariferhöhungen neue Spannungen auf dem sozialen Sektor haben wollen.
— Die Privatbahnen desgleichen, denn soweit ich die Bilanzen gesehen habe und orientiert bin, sind sie genau so notleidend wie die Bundesbahn. Wenn die Bundesbahn praktisch mehr oder weniger herunter ist von der Beförderungsteuer, sollte das auch bei den Privatbahnen geschehen.
Ich beeile mich, zum Schluß zu kommen, damit wir heute vormittag wenigstens noch etwas Zeit gewinnen.
Noch ein Wort zu dem Antrag betreffend die Koordinierung der Verkehrsträger. Da möchte ich an die Bundesbahn bzw. das Ressortministerium eine Frage richten. Als im Herbst 1953 die Abtarifierung der Klassen A bis C auf Wunsch und Willen der Bundesbahn über die Bühne ging, blieb es manchem zweifelhaft, ob die Bahn dabei gewinnt oder verliert. Es ist mir bis heute nicht gelungen, eine Antwort auf diese Frage zu erhalten. Nun liegt ja der Antrag vor, die damalige Maßnahme rückgängig zu machen.
Auch die Probleme des Haus-Haus-Verkehrs und der Gleisanschlüsse müssen geregelt werden. Wir haben sie aber heute vormittag nicht mehr zu behandeln. Über die Frage der Zusammenarbeit von Schiene und Straße sowie über das Gebiet Stück- und Eilgutverkehr haben Sie gestern ebenfalls genug gehört.
Eine Frage ist noch offengeblieben. Gerade wenn man die Situation der Bundesbahn, die Sicherheit der Straße und die Unfallziffern sowie die übermäßige Belastung der Straße in der Betrachtung miteinander verbindet, sieht man die Problematik des Einsatzes der Bundesbahn mit ihrem eigenen Lkw-Park. Es wäre außerordentlich interessant zu hören, ob der Lkw-Park, den die Bundesbahn selbst einsetzt, defizitär ist oder nicht. Ich habe darüber die verschiedensten Zahlen gehört. Vielleicht kann man vom zuständigen Ressortminister etwas Genaues erfahren.
Ich möchte noch besonders unterstreichen, daß wir Sachverständigenkommissionen benötigen; aber aber sie müssen nun langsam wirklich Resultate vorlegen.
Es ist sehr gut, daß der Gedanke zum Ausdruck gebracht worden ist, die Frage der strategisch wichtigen Verkehrswege unter dem Blickpunkt unseres Verteidigungsbeitrags unter die Lupe zu nehmen. Vielleicht ist von daher mehr zu erreichen als von irgendwelchem anderen Gesichtspunkt her.
Ich habe in Kürze einiges zu den Verkehrsproblemen gesagt. Man könnte das Thema noch stundenlang hin und her auswalzen, ohne daß deshalb der einzelne im Moment viel schlauer würde. Ich nehme an, daß sich der Herr Kollege Rümmele schon heute auf die Arbeit freut, die er im Verkehrsausschuß vor sich hat.
Wir werden uns dort noch genügend an die Köpfe bekommen.
Eines möchte ich aber noch dem Herrn Verkehrsminister sagen.
— Das ist schon öfter vorgekommen; daran sind wir gewöhnt. Ich wollte ihm sagen, daß die Stoßrichtung nicht im Prinzip und mit dem ganzen Gewicht gegen den Kraftwagen laufen darf. Man kann von dem Besitzer nicht verlangen, daß er gleichzeitig die Mittel aufbringt für die Wirtschaft, für die Produktion und für den Straßenbau. Man muß ihn arbeiten lassen. Er muß flüssig bleiben. Man muß ihn über die Distanz bringen und die aufkommenden Mittel wirklich für die Ausgestaltung des deutschen Straßennetzes anlegen. Die Sicherheit der Straße ist wieder vorhanden, wenn wir wirklich moderne Straßen haben. Eines geht nicht ohne das andere. Ich hielte es für falsch, wenn hier retardierend gewirkt und angenommen würde, daß die Epoche der Motorisierung mit Verbotslisten abgestoppt werden könnte.